Verwaltungsgericht Köln Urteil, 20. Apr. 2015 - 19 K 2562/13
Gericht
Tenor
Das beklagte Land wird verurteilt, die für den Zeitraum vom 01.08.2008 bis zum 30.06.2011 erstellte dienstliche Beurteilung vom 29.11.2012 aufzuheben und den Kläger für den vorgenannten Zeitraum erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts dienstlich zu beurteilen.
Das beklagte Land trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Das beklagte Land kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand
2Der am 00.00.1960 geborene Kläger steht als Polizeivollzugsbeamter im Dienst des beklagten Landes; er wurde im Mai 1995 zum Polizeihauptkommissar (A 11) ernannt und ist bei dem Polizeipräsidium C. eingesetzt.
3Im statusrechtlichen Amt eines Polizeihauptkommissars erhielt der Kläger zu den Beurteilungsstichtagen 01.06.1996, 01.06.1999, 01.06.2002, 01.10.2005 und 01.08.2008 dienstliche Beurteilungen. In der Beurteilung zum Stichtag 01.06.1996 hat der Kläger im Gesamturteil die Beurteilung „entspricht voll den Anforderungen (3 Punkte) erhalten. Die Beurteilungen zu den Stichtagen 01.06.1999, 01.06.2002, 01.10.2005 und 01.8.2008 lauteten jeweils im Gesamturteil auf das Ergebnis Leistung und Befähigung „übertreffen die Anforderungen“ (4 Punkte).
4Für den Beurteilungszeitraum 01.08.2008 bis 30.06.2011 hat der Polizeioberrat (POR) S. als Erstbeurteiler einen Beurteilungsentwurf abgegeben und den Kläger im Gesamturteil sowie in sechs der sieben Einzelmerkmale mit 4 Punkten und in dem weiteren Merkmal (Arbeitsweise) mit 3 Punkten bewertet. Zu dem Vorschlag des Erstbeurteilers hat der Leitende Regierungsdirektor (LRD) L. eine abweichende Stellungnahme abgegeben und den Kläger im Gesamturteil sowie in den Merkmalen Arbeitsorganisation, Leistungsumfang und Veränderungskompetenz mit 3 Punkten bewertet. In der Begründung zu der Abweichung heißt es: „Herr C1. ist ein sehr engagierter, leistungsorientierter ET-24-Trainer. Er befindet sich aber in einer sehr leistungsstarken Vergleichsgruppe, deren Mitglieder ein Spitzenamt ihrer Laufbahn anstreben. Dementsprechend hoch ist das Leistungsniveau innerhalb der Vergleichsgruppe. In dieser Gruppe befinden sich überaus leistungsstarke Beamtinnen und Beamte, welche teilweise über eine mehrjährige Erfahrung in der Bewältigung von Führungsaufgaben verfügen. Diese Beamtinnen und Beamten haben daher im Quervergleich bei der Anlegung eines strengen Maßstabes bessere Leistungen erbracht, so dass der Beurteilungsvorschlag für Herrn C1. in den Merkmalen Arbeitsorganisation, Leistungsumfang, Veränderungskompetenz und im Gesamturteil abzustufen ist. Die Ursache für die schlechtere Bewertung der Leistungen von Herrn C1. beruhen somit allein auf den Veränderungen bei der Zusammensetzung der Vergleichsgruppe und einer dadurch gesteigerten Leistungsdichte innerhalb dieser Gruppe, die den Leistungsstand von Herrn C1. bei relativer Betrachtung gegenüber den vorangegangenen Regelbeurteilungen als schwächer erscheinen lassen.“
5Für den Beurteilungszeitraum erhielt der Kläger zunächst unter dem 10.03.2012 eine Beurteilung, die im Gesamturteil und in den Einzelmerkmalen dem abweichenden Beurteilungsvorschlag entspricht. Schlussgezeichnet wurde diese Beurteilung von Polizeipräsident B. .
6Unter dem 29.05.2012 beantragte der Kläger die Abänderung dieser Beurteilung.
7Zu dem Abänderungsantrag des Klägers führte der Erstbeurteiler POR S. in einer Stellungnahme vom 12.06.2012 u.a. aus: „Welche tatsächlichen Gründe für die Entscheidungsfindung zur Abstufung in den entsprechenden Hauptmerkmalen beim Leiter ZA vorgelegen haben, entzieht sich meiner Kenntnis.“
8Nachdem die Abänderung zunächst unter dem 20.07.2012 abgelehnt wurde, hob das beklagte Land die Beurteilung vom 10.03.2012 schließlich auf.
9Für die erneute Beurteilung des Klägers erstellte der Erstbeurteiler POR S. einen weiteren Beurteilungsentwurf und beurteilte den Kläger im Gesamturteil mit 4 Punkten. In den Einzelmerkmalen beurteilte er den Kläger wie folgt:
10Arbeitsorganisation 4 Punkte
11Arbeitseinsatz 4 Punkte
12Arbeitsweise 3 Punkte
13Leistungsgüte 4 Punkte
14Leistungsumfang 4 Punkte
15Veränderungskompetenz 4 Punkte
16Soziale Kompetenz 4 Punkte.
17Am 05.10.2012 wurde ein Beurteilungsgespräch mit dem Kläger geführt.
18Am 02.11.2012 fand eine Beurteilerbesprechung statt, an der unter anderem POR S. und die Polizeipräsidentin C2. -T. teilnahmen. Ausweislich des Protokolls wurde in der Vergleichsgruppe A 11 über 9 Bedienstete gesprochen. Betreffend den Kläger heißt es im Protokoll: „Die Beurteilung des PHK I. C1. wurde im Vorfeld eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens durch die Behörde aufgehoben. Der Erstbeurteiler POR S. schlägt den Beamten mit 4 Punkten im Gesamturteil bei einer Summe der Merkmale von 1-7 mit 27 vor. Es wurde entschieden, die Merkmale Arbeitsorganisation, Leistungsumfang und Veränderungskompetenz sowie das Gesamturteil auf 3 Punkte abzustufen. Hierbei wurden die lange Verweildauer im Amt A 11 (seit 1995), die guten Vorbeurteilungen des Beamten und auch seine guten Leistungen, inklusive wahrgenommener Zusatzaufgaben im Beurteilungszeitraum berücksichtigt. Die ‚Verschlechterung‘ im Gesamturteil ist ausschließlich auf die hohe Leistungsdichte in der Vergleichsgruppe zurückzuführen und nicht auf einen Leistungsabfall.“
19Der Kläger hat eine dem Ergebnis der Beurteilerkonferenz entsprechende Beurteilung erhalten. Die Beurteilung wurde vom Erstbeurteiler am 22.12.2012 unterzeichnet und am 07.12.2012 von der Polizeipräsidentin C2. -T. schlussgezeichnet. Dem Klägerwurde sie am 29.11.2012 bekannt gegeben. Die Abweichung von dem Beurteilungsvorschlag des Erstbeurteilers wird dort wie folgt begründet: „In der Beurteilungsbesprechung wurden Leistung und Befähigung aller Angehörigen der Vergleichsgruppe bewertet und untereinander vergleichen. Die Anlegung eines strengen Maßstabs und der Quervergleich mit den anderen Beamtinnen und Beamten der Vergleichsgruppe führten zu einer abgestuften Bewertung der Merkmale Arbeitsorganisation, Leistungsumfang, Veränderungskompetenz und des Gesamturteils.“
20Der Kläger hat am 18.04.2013 Klage erhoben und macht über seinen Prozessbevollmächtigten im Wesentlichen geltend:
21Der Kläger, der in den vorangehenden Beurteilungen jeweils mit der Note „übertrifft die Anforderungen“ beurteilt worden sei, hätte darauf hingewiesen werden müssen, dass seine Leistungen im streitigen Beurteilungszeitraum als „schlechter“ bewertet würden, und zwar unabhängig davon, ob sich seine Leistungen tatsächlich verschlechtert hätten oder er nicht mehr an die steigenden Leistungen der Vergleichsgruppe hätte heranreichen können.
22Ferner sei die Absenkung der Beurteilung nach dem Vorschlag des Erstbeurteilers im Rahmen des so genannten Quervergleichs letztlich willkürlich erfolgt. Auch nach der Absenkung müsse aus der Beurteilung ersichtlich sein, wo der Beurteilte seine Stärken und Schwächen habe. Dies sei nur gewährleistet, wenn der Endbeurteiler bei der Absenkung mit dem Erstbeurteiler dahingehende Rücksprache halte, welches der Einzelmerkmale abzusenken sei. Eine solche Rücksprache sei nicht erfolgt. Vielmehr sei die Absenkung einzelner Merkmale willkürlich erfolgt. So sei zum Beispiel das Merkmal „Veränderungskompetenz“ abgestuft worden, wobei offenbar unberücksichtigt geblieben sei, dass die Tätigkeit des Klägers als Trainer in der integrierten Fortbildung des Polizeipräsidiums C. auf eine Dauer von mindestens vier Jahren angelegt und der Kläger entsprechend gebunden gewesen sei. Unberücksichtigt sei insoweit auch geblieben, dass diese Tätigkeit dem Kläger umfangreiche Erfahrungen vermittelt habe und letztlich eine hohe Bandbreite an anschließenden Einsatzmöglichkeiten gewährleiste.
23Auch könnten die in einer Verwaltungsvorschrift festgelegten Richtsätze die Grundsätze aus Art. 33 Abs. 2 GG nicht einschränken. Der Kläger habe einen verfassungsrechtlichen Anspruch darauf, ausschließlich nach seiner Leistung beurteilt zu werden. Hingegen sei es unerheblich für den Beurteilungsanspruch, ob oder wann die Richtsätze der Beurteilungsrichtlinien erfüllt seien.
24Der Kläger beantragt,
25das beklagte Land zu verurteilen, die für den Zeitraum vom 01.08.2008 bis zum 30.06.2011 erstellte dienstliche Beurteilung vom 29.11.2012 aufzuheben und ihn für den vorgenannten Zeitraum erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts dienstlich zu beurteilen.
26Das beklagte Land beantragt,
27die Klage abzuweisen.
28Das beklagte Land verteidigt die angefochtene Beurteilung und führt ergänzend aus:
29Die Beurteilung sei entsprechend den Beurteilungsrichtlinien im Bereich der Polizei des Landes NRW rechtmäßig erstellt worden.
30Die im Vergleich zu früheren Beurteilungen schlechtere Beurteilung des Klägers zum Stichtag 01.07.2011 sei nicht ausschließlich in den Leistungen des Klägers selbst begründet, sondern vielmehr in einer höheren Leistungsdichte innerhalb der Vergleichsgruppe A 11. Daher könne auch nicht von einem Leistungsabfall gesprochen werden, der in einem Mitarbeitergespräch zu erörtern gewesen wäre. Ein allenfalls unterbliebener Hinweis auf eine eventuell vorzunehmende Leistungssteigerung, die notwendig gewesen wäre, damit der Kläger an die gestiegene Leistungsdichte in der Vergleichsgruppe noch hätte anknüpfen können, begründe nicht die Rechtswidrigkeit der Beurteilung.
31Auch habe es einen Austausch zwischen der Endbeurteilerin und dem Erstbeurteiler gegeben. Die Abstufung der Beurteilung sei durch die Endbeurteilerin in der Beurteilerbesprechung am 02.11.2012 erfolgt, bei der auch der Erstbeurteiler anwesend gewesen sei. Im Rahmen des Quervergleichs seien Leistung und Befähigung der Beamtinnen und Beamten der Vergleichsgruppe individuell miteinander verglichen worden. Bei diesem Vergleich habe der Kläger gegenüber anderen Beamtinnen und Beamten zurückstehen müssen. Die Herabstufung weiterer Merkmale wäre dagegen nicht sachgerecht gewesen, zumal der Kläger in diesem Fall im „Leistungsranking“ hinter Beamte zurückgefallen wäre, die als weniger leistungsstark angesehen worden seien.
32Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
33Entscheidungsgründe
34Die zulässige Klage ist auch begründet.
35Die angegriffene Beurteilung ist rechtswidrig; der Kläger hat einen Anspruch darauf, für den Beurteilungszeitraum vom 01.08.2008 bis zum 30.06.2011 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut dienstlich beurteilt zu werden.
36Rechtsgrundlage der dienstlichen Beurteilung ist § 93 Abs. 1 des Landesbeamtengesetzes Nordrhein-Westfalen (LBG NRW). Danach dienen Beurteilungen dem Zweck, Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Beamten festzustellen. Diese sollen unter anderem unabhängig von konkreten Anlässen in regelmäßigen Abständen in so genannten Regelbeurteilungen dienstlich beurteilt werden. Nach dem Sinn der gesetzlichen Regelung sollen allein der Dienstherr oder der für ihn handelnde Vorgesetzte ein persönlichkeitsbedingtes Werturteil darüber abgeben, ob der Beamte den – ebenfalls von dem Dienstherrn zu bestimmenden – vielfältigen fachlichen und persönlichen Anforderungen des ihm übertragenen Amtes und seiner Laufbahn entspricht.
37Bei einem derartigen, dem Dienstherrn vorbehaltenen Akt wertender Erkenntnis steht diesem ein Beurteilungsspielraum zu. Die verwaltungsgerichtliche Überprüfung der erstellten Beurteilung ist daher eingeschränkt. Die gerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle hat sich darauf zu beschränken, ob der Dienstvorgesetzte den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich frei bewegen kann, verkannt hat, ob er von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat.
38Vgl. für viele: Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 13.05.1965 – II C 146.62 –, juris, Rn. 40 (m.w.N.); Urteil vom 27.10.1988 – 2 A 2/87 –, juris, Rn. 13 (m.w.N.); Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 24.01.2011 – 1 A 1810/08 –, juris, Rn. 30 (m.w.N.); Beschluss vom 27.12.2007 – 6 A 1603/05 –, juris, Rn. 27.
39Zu den Pflichten des Dienstherrn zählt die allgemeine Pflicht zur Plausibilisierung dienstlicher Beurteilungen. In Ausprägung dessen bestimmt Nr. 9.2 Abs. 3 Satz 1 BRL Pol, dass der Schlusszeichnende die abweichende Beurteilung zu begründen hat, wenn Erst- und Endbeurteiler bei der Bewertung der Einzelmerkmale und des Gesamturteils nicht übereinstimmen.
40Dabei haben sich Umfang und Intensität der durch Nr. 9.2 Abs. 3 Satz 1 BRL Pol vorgeschriebenen Begründung daran zu orientieren, was bei dem vorgesehenen Beurteilungsverfahren überhaupt möglich und zulässig ist. Der mögliche Inhalt der Abweichungsbegründung wird zwar nicht ausschließlich, jedoch ausschlaggebend von dem Grund bestimmt, der den Endbeurteiler zu einer abweichenden Beurteilung veranlasst. Liegt dieser in einer anders lautenden Bewertung allein des individuellen Leistungs- und Befähigungsprofils des beurteilten Beamten, so muss dies der Wahrheit gemäß in der Abweichungsbegründung deutlich werden. Die Abweichungsbegründung wird sich in diesem Fall auf die individuellen Besonderheiten des Einzelfalles beziehen, also insoweit konkret und singulär sein. Liegt der Grund für die Abweichung hingegen vorrangig in einzelfallübergreifenden Erwägungen, so muss die Abweichungsbegründung diesen Aspekt in den Mittelpunkt stellen. Allgemeine Erwägungen führen zwangsläufig zu einer Abstrahierung vom Einzelfall und finden sich wegen ihrer fallübergreifenden Relevanz ebenso zwangsläufig in ähnlicher oder gleicher Wortwahl auch in den Beurteilungen anderer Beamter wieder.
41Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19.04.2011 – 6 B 35/11 – juris, Rn. 23 f.
42Zu beachten ist jedoch, dass auch der Quervergleich in aller Regel – von dem hier nicht gegebenen Fall einer generellen Maßstabsverkennung eines Erstbeurteilers abgesehen – nicht ohne den Blick auf die Leistungen des betreffenden Beamten auskommt. Bei einer Absenkung der Beurteilung aufgrund des Quervergleichs muss der Beurteiler – sollen nicht sämtliche betrachteten Bewertungen herabgesetzt werden – nach sachgerechten Kriterien die Entscheidung treffen, in welchen Fällen und in welchem Umfang diese vorgenommen werden soll. Dies schließt eine entsprechend differenzierte Kenntnis von der Leistung und Befähigung des Beamten notwendig ein. Verfügt der Endbeurteiler über dieses Wissen nicht persönlich – was regelmäßig der Fall sein wird –, so hat er auf die Erkenntnisse personen- und sachkundiger Bediensteter zurückzugreifen (Nr. 9.2 Abs. 2 BRL Pol). Der Endbeurteiler hat jedoch den einzelnen Fall nicht nur – wie der Erstbeurteiler – mit der kleineren Gruppe derjenigen Beamten zu vergleichen, die letzterer bewertet hat, sondern er hat sie – unter Beachtung der vorgegebenen Richtsätze nach Nr. 8.2.2 BRL Pol – in Beziehung zu den Leistungen sämtlicher von ihm zu beurteilender Beamter zu setzen.
43Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19.04.2011 – 6 B 35/11 – juris, Rn. 30 (m.w.N.)
44Gemessen daran hat die Endbeurteilerin vorliegend die abweichende Beurteilung nicht hinreichend mit nachvollziehbaren Gründen erläutert.
45In der Beurteilung selbst hat die Endbeurteilerin die Absenkung von drei Leistungs- bzw. Befähigungsmerkmalen sowie des Gesamturteils allein wie folgt begründet: „In der Beurteilungsbesprechung wurden Leistung und Befähigung aller Angehörigen der Vergleichsgruppe bewertet und untereinander vergleichen. Die Anlegung eines strengen Maßstabs und der Quervergleich mit den anderen Beamtinnen und Beamten der Vergleichsgruppe führten zu einer abgestuften Bewertung der Merkmale Arbeitsorganisation, Leistungsumfang, Veränderungskompetenz und des Gesamturteils.“
46Eine solche auf den Quervergleich mit anderen Beamten der Vergleichsgruppe gestützte Begründung kann grundsätzlich die Notenabsenkung plausibilisieren. Das gilt insbesondere, wenn es sich um eine lineare Absenkung sämtlicher Beurteilungsmerkmale einschließlich der Gesamtnote handelt, etwa wegen der Anwendung eines zu milden Beurteilungsmaßstabs durch den Erstbeurteiler oder einer insgesamt leistungsstarken Vergleichsgruppe,
47vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22.12.2014 – 6 A 1123/14 –, juris, Rn. 8.
48Vorliegend ist es anhand dieser Begründung für das Gericht – insbesondere unter Berücksichtigung des im weiteren Verfahren vorgelegten Zahlenmaterials – nachvollziehbar, dass der Kläger sich in einer leistungsstarken Vergleichsgruppe befand und die Leistungsdichte im Vergleich zu dem vorangegangenen Beurteilungszeitraum noch zugenommen hat.
49Dies mag ferner bei einem Quervergleich unter Berücksichtigung der Richtwerte – auch wenn zum Leistungsbild des Klägers und den schwächsten der Vergleichsgruppe, mit denen der Kläger letztlich zu vergleichen war, keine näheren Angaben gemacht werden – dazu geführt haben, dass die Beurteilung des Klägers abzusenken war.
50Die hier erklärte, allgemeine und nicht nach Einzelmerkmalen differenzierende Bezugnahme auf den Quervergleich und die Leistungsdichte erklärt ohne weitere Erläuterung jedoch nur unzureichend, weshalb sich die Endbeurteilerin veranlasst gesehen hat, gerade die Bewertung in der in der Abweichungsbegründung genannten drei von insgesamt sieben Einzelmerkmalen abzusenken.
51Vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 10.06.2010 – 6 A 534/08 –, juris, Rn. 10 ff.; OVG NRW, Beschluss vom 22.12.2014 – 6 A 1123/14 –, juris, Rn. 9; VG Minden, Beschluss vom 17.02.2015 – 4 L 888/14 –, juris, Rn. 22; VG Münster, Urteil vom 17.04.2014 – 4 K 23/13 – juris, Rn. 25 ff.
52Auch das Protokoll der Beurteilerbesprechung vom 02.11.2012 liefert hierzu keine weitergehende Begründung.
53Die Endbeurteilerin hat auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ihre Abweichungsentscheidung nicht weitergehend begründet, obwohl der Kläger hinreichend substantiierte Einwände gegen seine Beurteilung vorgebracht hat.
54Vgl. zur nachträglichen Erläuterung und Behebung von Begründungsmängeln: OVG NRW, Beschluss vom 07.08.2007 – 6 A 2317/05 –, juris, Rn. 7 ff. (m.w.N.), Urteil vom 29.08.2001 – 6 A 2967/00 –, juris, Rn. 23 (m.w.N.).
55Der Kläger hat bereits in der Klageschrift gerügt, dass die Auswahl der abgesenkten Merkmale für ihn nicht nachvollziehbar sei und daher gleichermaßen „willkürlich“ erfolgt sein könnte. Beispielhaft führte er aus, dass insbesondere die Abstufung des Merkmals der Veränderungskompetenz sich für ihn nicht erschließe, da er langjährig gebunden als Trainer der integrierten Fortbildung tätig gewesen sei. Dies habe zum einen eine berufliche Veränderung ausgeschlossen; zeige andererseits jedoch auch, dass der Kläger aufgrund seiner langjährigen Erfahrung in der Ausbildung in der Lage wäre, ein breites Spektrum von Aufgaben aus dem polizeilichen Einsatzbereich wahrzunehmen.
56In ihrem Schriftsatz vom 16.05.2013 erläuterte die Endbeurteilerin zunächst: „Der Grund für diese Abweichung liege neben individuellen Gründen in einzelfallübergreifenden Erwägungen, nämlich in dem allgemeinen Quervergleich unter gleichzeitiger Berücksichtigung der Richtsätze und der maßstabsbildenden Kriterien.“ Auf eine Anfrage des Gerichts stellte das beklagte Land mit Schriftsatz vom 07.03.2014 klar, dass die Ausführungen missverständlich gewesen sein mögen und sich die Abstufung der Beurteilung des Klägers in der besonderen Leistungsdichte der Vergleichsgruppe A 11 begründe. Im Rahmen des Leistungsvergleichs seien Leistung und Befähigung der Beamtinnen und Beamten individuell miteinander verglichen worden. Bei diesem Vergleich habe der Kläger zurückstehen müssen. Dagegen sei die Herabstufung weiterer Merkmale nicht sachgerecht gewesen, weil der Kläger sonst im „Leistungsranking“ hinter weniger leistungsstarke Beamte zurückgefallen wäre.
57Die zuletzt gegebene Erklärung plausibilisiert allenfalls, dass die Beurteilung des Klägers, um im „Ranking“ nach Auffassung der Beurteiler seinen Leistungen entsprechend eingeordnet werden zu können, in der Gesamtnote um einen Punkt und in der Summe der Einzelmerkmale um insgesamt 3 Punkte abzusenken war. Welche Gründe für die Abweichung in den ausgewählten Einzelmerkmalen bestanden, ergibt sich daraus indes nicht.
58Zur weiteren Aufklärung hat das Gericht den Erstbeurteiler POR S. , der auch in der Beurteilerbesprechung am 02.11.2012 anwesend war, als Zeugen vernommen. Der Zeuge hat geäußert, dass in der Beurteilerkonferenz nicht erörtert worden sei, welche Einzelmerkmale herabgestuft werden sollten, bzw. er keine Erinnerung dazu habe, mit welcher Begründung die zuständige Endbeurteilerin die Abstufung der Beurteilungsnote begründet habe. Er hat ferner angegeben, in den Entscheidungsprozess betreffend die Absenkung nicht eingebunden gewesen zu sein. Zu der Absenkung des ersten Beurteilungsvorschlages zu der letztlich aufgehobenen Beurteilung hatte er in seiner Stellungnahme vom 12.06.2012 bereits ähnlich angemerkt, dass es sich seiner Kenntnis entziehe, welche Gründe für die Abstufung in den entsprechenden Einzelmerkmalen vorgelegen hätten. Aus den glaubhaften Angaben des Erstbeurteilers ergeben sich im Ergebnis ebenfalls keine tragfähigen Anhaltspunkte für eine nachvollziehbare Begründung für die Absenkung der einzelnen, ausgewählten Merkmale.
59Soweit der Vertreter des beklagten Landes hiergegen einwendet, dass sich aus dem Protokoll ergebe, dass über die Einzelmerkmale in der Beurteilerkonferenz gesprochen worden sei, trägt dies im Ergebnis nicht. Denn wenn man dies – entgegen der Aussage des Zeugen – unterstellte, ließe sich auch daraus keine für das Gericht nachvollziehbare Begründung ableiten. Das Protokoll gibt letztlich nämlich nur das Ergebnis der Entscheidung wieder. Der Inhalt der – möglichen – Erörterung ist in dem Protokoll nicht wiedergegeben. Auch der Vertreter des beklagten Landes, der selbst bei der Beurteilerbesprechung anwesend war, hat die Gründe, die zur Absenkung eben der gewählten Merkmale geführt haben, in der mündlichen Verhandlung nicht näher erläutert. Die Endbeurteilerin hatte bereits schriftsätzlich mitgeteilt, dass sie im Falle ihrer Vernehmung dem schriftsätzlichen Vortrag nichts hinzuzufügen hätte.
60Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
moreResultsText
Annotations
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.