Verwaltungsgericht Koblenz Urteil, 31. Jan. 2011 - 4 K 938/10.KO

ECLI: ECLI:DE:VGKOBLE:2011:0131.4K938.10.KO.0A
published on 31.01.2011 00:00
Verwaltungsgericht Koblenz Urteil, 31. Jan. 2011 - 4 K 938/10.KO
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Tenor

Die Erschließungsbeitrags-Vorausleistungsbescheide vom 13. November 2009 werden aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Kläger wenden sich gegen die Heranziehung zu einer Vorausleistung auf einen Erschließungsbeitrag.

2

Die Kläger sind Eheleute und Eigentümer des Grundstücks Gemarkung B. N., Flur ..., Flurstück ... Das 206 qm große, bebaute Grundstück grenzt im Norden an die Straße Am J..

3

Die Bezeichnung Am J. erhielt die Straße spätestens 1955. Sie beginnt im Westen an der Einmündung der U.-Straße und setzt sich Richtung Osten bis zur damaligen Gemarkungsgrenze H. und von dort weiter in der Gemarkung H. fort. Früher mündete die Straße Am J. in die Verlängerung der F.-Straße. Heute setzt sich die Straße Am J. an der Kreuzung mit der F.-Straße und der I.-Straße Richtung Nordosten in einer R.-Straße fort, die nach etwa 250 m wieder auf die I.-Straße trifft. Der zuletzt genannte Teil der Straße Am J. wurde im Zusammenhang mit dem Bebauungsplan „I.-Straße“ der Stadt B. N. hergestellt und ist nicht Gegenstand der streitgegenständlichen Maßnahme.

4

Die ehemalige Gemarkungsgrenze durch die Straße Am J. verlief schräg an den östlichen Grenzen der heutigen Parzellen 353 und 393. Die Straße selbst war bereits vor 1850 als sog. „Karrenweg“ vorhanden und bildete wegen seiner Höhenlage eine Umgehung der Ahr-Überschwemmungsgebiete und eine Verbindung von N. nach H. sowie eine Anbindung an die entsprechenden Ahrbrücken. Nach Auskunft des Landesamtes für Vermessung und Geobasisinformation Rheinland-Pfalz vom 17. November 2008 handelte es sich bei dem Verbindungsweg zwischen B. N. (J.) und H. ehemals um einen sog. „II-A-Weg“. Darunter wurden „Unterhaltene Fahrwege mit fester Fahrbahn – grobes Pflaster, Stein- und weiterer Schüttung – ohne besonderen Unterbau“ gefasst.

5

Sowohl in N. als auch in H. erfolgte bereits Ende des 19. Jahrhunderts (N.) bzw. ab den 1920er Jahren (H.) eine vereinzelte Bebauung an dem hier betroffenen Teil der Straße Am J. zwischen dem F.-Weg und der F.-Straße. Im Bereich der Gemarkung H. erfolgte bis 1959 eine beidseitige Bebauung mit insgesamt 7 Häusern auf einer Straßenlänge von etwa 100 m. Auf dem deutlichen längeren Straßenabschnitt in der Gemarkung N. von etwa 680 m wurden bis 1960 insgesamt 13 Häuser errichtet. In den 1960er Jahren wurden dort weitere 7 Häuser gebaut.

6

Mit dem Vierten Landesgesetz über die Verwaltungsvereinfachung im Lande Rheinland-Pfalz vom 10. Januar 1969 (GVBl. 1969, S. 5), in Kraft getreten am 7. Juni 1969, wurden unter anderem die Stadt B. N. und die Gemeinde H. aufgelöst und die Stadt B. N. als Rechtsnachfolgerin der aufgelösten Gebietskörperschaften gebildet.

7

Zwischen 1973 und 1984 wurde in der Straße Am J. in drei Abschnitten ein Kanal eingezogen. Ebenso wurden Gullys gesetzt. Im Bereich H. erfolgte diese Verlegung erst 1984, beginnend in der Nähe der ehemaligen Gemarkungsgrenze. Für diese Maßnahmen wurden auf Grundlage einer Kostenspaltung und einer Abschnittsbildung Teilerschließungsbeiträge erhoben, die auf den 26. November 1973, 9. Januar 1976 und 15. Juli 1985 datieren.

8

Mit Beschluss des Stadtrates der Beklagten vom 18. Dezember 2008 wurde entschieden, Straßenbauarbeiten für die erstmalige Herstellung der Straße Am J. vom F.-Weg bis zur F.-Straße auf Grundlage der Entwurfsplanung des Büros für Ingenieur- und Tiefbau GmbH B. aus B. N. ausführen zu lassen. Unter dem 14. September 2009 beschloss der Stadtrat Vorausleistungen in Höhe von 80 v.H. des voraussichtlichen endgültigen Erschließungsbeitrags zu erheben.

9

Mit getrennten Vorausleistungsbescheiden vom 13. November 2009 wurden die Kläger unter Hinweis auf die gesamtschuldnerische Haftung der Miteigentümer jeweils zu einer Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag in Höhe von 4.707,51 € herangezogen. Auf Grundlage eines geschätzten beitragsfähigen Aufwands in Höhe von 1.708.052,26 € wurde abzüglich des städtischen Anteils in Höhe von 10 v.H. der zu verteilende Aufwand von 1.537.247,30 € auf eine beitragspflichtige Gesamtfläche von 69.960,57 qm verteilt. Von dem danach errechnete Beitragssatz von 21,973053 €/qm wurden 80 v.H. als Vorausleistung, also 17,578442 €/qm als Beitragssatz zugrunde gelegt. Die beitragspflichtige Fläche der Kläger betrug auf Grundlage der Grundstückfläche von 206 qm zuzüglich einer Vervielfachung von 1,3 für 2 Vollgeschosse insgesamt 267,80 qm.

10

Die Prozessbevollmächtigten der Kläger legten mit Schreiben vom 27. November 2009, eingegangen bei der Beklagten am 2. Dezember 2009, jeweils Widerspruch gegen die Vorausleistungsbescheide ein. Insgesamt vertreten die Prozessbevollmächtigten 85 Widerspruchsführer. Die Beteiligten haben sich darauf verständigt, das vorliegende Verfahren sowie das Parallelverfahren 4 K 937/10.KO als Musterverfahren zu führen und die übrigen Verfahren dem Kreisrechtsausschuss nicht vorzulegen.

11

Über die Widersprüche ist bislang nicht entschieden.

12

Mit Schriftsatz vom 22. Juni 2010, eingegangen bei Gericht am 26. Juli 2010, hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger Klage erhoben. Er trägt zur Begründung im Wesentlichen vor, dass für die vorgenommenen Maßnahmen keine Erschließungsbeiträge und dementsprechend keine Vorausleistungen hierauf erhoben werden könnten. Die Straße Am J. sei bereits vor dem 30. Juni 1961 im erschließungsbeitragsrechtlichen Sinne hergestellt gewesen, so dass es sich vorliegend gemäß § 242 BauGB nicht um eine beitragspflichtige Erschließungs- sondern allenfalls um eine Ausbaumaßnahme handle. Die Straße Am J. habe hinsichtlich des Fahrbahnbelages, der Fahrbahnbreite und der Straßenentwässerung bereits vor 1961 den damals einschlägigen Herstellungsmerkmalen entsprochen. Sie habe dem innerörtlichen Verkehr gedient und sei bereits damals zum Anbau bestimmt gewesen. So seien auch bereits vor 1961 eine Reihe von Baugenehmigungen für die Straße Am J. erteilt worden. Zur Stütze seines Vortrags legt der Prozessbevollmächtigte mehrere Auszüge aus Polizeiverordnungen, Ortsstatuten, Protokollbüchern und historischen Texten bzw. Chroniken vor. Darüber hinaus werden Kopien historischer Aufnahmen vorgelegt.

13

Der Prozessbevollmächtigte der Kläger beantragt,

14

die Erschließungsbeitrags-Vorausleistungsbescheide der Beklagten vom 13. November 2009 aufzuheben,

15

Die Beklagte beantragt,

16

die Klage abzuweisen.

17

Sie ist der Ansicht, die Straße Am J. sei nicht bereits vor 1961 fertiggestellt gewesen und habe auch unter Geltung der späteren Erschließungsbeitragssatzungen zu keinem Zeitpunkt die erforderlichen Herstellungsmerkmale erfüllt. So hält der Prozessbevollmächtigte der Beklagten bereits das Bestehen einer funktionstüchtigen Straße für zweifelhaft. Jedenfalls fehle es vor 1961 an der erforderlichen Anbaubestimmung. Es habe lediglich eine lückenhafte Bebauung bestanden und die Baugenehmigungen seien als Ausnahmegenehmigungen ergangen. Von daher fehle es an einer systematischen Anbaubestimmung. Darüber hinaus sei davon auszugehen, dass sich die jeweiligen Ortsstatuten die Herstellungsmerkmale der Polizeiverordnungen zu Eigen gemacht hätten. Die danach erforderlichen Herstellungsmerkmale, insbesondere eine funktionsfähige Straßenentwässerung und Straßenbeleuchtung sowie Gehwege, habe die Straße Am J. nicht aufgewiesen. Auch auf Grundlage der späteren Erschließungsbeitragssatzungen könne nicht von einer endgültig hergestellten Erschließungsanlage ausgegangen werden. Auch hier fehle es an den genannten Einrichtungen wie Entwässerung, Straßenbeleuchtung und angelegten Gehwegen, wobei insbesondere zu berücksichtigen sei, dass die entsprechende Einrichtung nicht nur teilweise, sondern auf der gesamten Verkehrsanlage funktionstüchtig vorhanden sein müsse. Die ab 1973 errichtete Entwässerung sei nicht ausreichend, um eine funktionstüchtige Straßenentwässerung für die gesamte Verkehrsanlage zu begründen, da hiermit zwar auch Gullys gesetzt worden seien, der geregelte Abfluss des Straßenoberflächenwasser jedoch noch nicht für die gesamte Verkehrsanlage gewährleistet gewesen sei. Letztlich erfordere eine endgültige Herstellung neben den Herstellungsmerkmalen auch eine Errichtung im Umfang der gemeindlichen Planung. Diese werde vorliegend bereits seit 1965 in einer einheitlichen Planung der Beklagten betrieben, welche über die Jahre immer wieder modifiziert und angepasst worden sei und erst durch die nunmehr durchgeführte Maßnahme ihren Abschluss gefunden habe. Dementsprechend habe die Straße Am J. zwischenzeitlich zu keinem Zeitpunkt den Planungsvorstellungen der Beklagten entsprochen.

18

Der Beklagten wurde hinsichtlich der Vorlage weiterer Unterlagen zur Entwässerungssituation der Straße Am J. vor der hier abgerechneten Maßnahme ein Schriftsatznachlass gewährt.

19

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Sitzungsniederschrift, den Inhalt der zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze der Beteiligten, die Verwaltungsakten der Beklagten (1 Ordner), die mit Schriftsatz vom 26. Januar 2011 vorgelegten Bauakten sowie 2 Bebauungspläne Bezug genommen, die vorlagen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

20

Die Beklagte hat von der ihr eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht und mit dem nachgelassen Schriftsatz vom 10. Februar 2011 weitere Unterlagen zur Entwässerungssituation vor der hier gegenständlichen Maßnahme vorgelegt. Da die Beklagte insoweit lediglich ihren Vortrag aus der mündlichen Verhandlung unterlegt, war die mündliche Verhandlung nicht wieder zu eröffnen. Dies auch insbesondere deshalb, weil die Entscheidung letztlich nicht auf den nunmehr vorgelegten Dokumenten beruht. Aus diesem Grund war es auch nicht erforderlich, den Klägern erneut Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen.

21

Die zulässige Klage hat in der Sache Erfolg.

22

Die als Untätigkeitsklage erhobene Anfechtungsklage ist zulässig. Über den Widerspruch vom 2. Dezember 2009 war bei Eingang der Klageschrift am 26. Juli 2010 nach über sechs Monaten ohne zureichenden Grund noch nicht entschieden worden (§ 75 VwGO).

23

Die Klage ist auch begründet. Die Vorausleistungsbescheide vom 13. November 2009 sind rechtwidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

24

1. Die Vorausleistungsbescheide sind bereits rechtswidrig, weil sie nicht von einer gültigen Satzung gedeckt sind. Die zugrunde gelegte Erschließungsbeitragssatzung vom 12. Februar 2003 - EBS - enthält einen insgesamt ungültigen Verteilungsmaßstab.

25

Nach § 5 Abs. 1 EBS wird der beitragsfähige Erschließungsaufwand nach dem Grundstücksflächenmaßstab mit Zuschlägen für Art und Maß der Nutzung verteilt. Dabei wird das Maß der Nutzung durch einen Vollgeschosszuschlag gemäß § 5 Abs. 5 EBS berücksichtigt und mit einem degressiv gestaffelten Zuschlag versehen (zur Zulässigkeit der degressiven Staffelung, vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.11.2005 – 6 A 10938/05.OVG –). Die Art der Nutzung wird durch einen Artzuschlag nach § 5 Abs. 8 EBS berücksichtigt. Der (gebietsbezogene) Artzuschlag beträgt gemäß § 5 Abs. 8 Buchstabe b) EBS 20 % für alle Grundstücke in Kern-, Gewerbe- und Industriegebieten sowie Sondergebieten mit näher bezeichneten Nutzungsarten. Dies ist nicht zu beanstanden. Zu beanstanden ist jedoch der grundstücksbezogene Artzuschlag nach § 5 Abs. 8 Buchstabe b) EBS. Danach wird der Zuschlag von 20 % in anderen als unter Buchstabe a) genannten Gebieten erhoben,

26

„wenn sie überwiegend gewerblich, industriell oder in vergleichbarer Weise (z.B. Grundstücke mit Büro-, Verwaltungs-, Post-, Bahn-, Krankenhaus- oder Schulgebäuden) genutzt werden.“

27

Diese Regelung stellt für einen grundstücksbezogenen Artzuschlag zunächst in zulässiger Weise darauf ab, ob ein Grundstück in den sonstigen Baugebieten tatsächlich gewerblich oder gewerbeähnlich genutzt wird. Sodann wird ebenfalls zulässigerweise verlangt, dass diese tatsächliche Nutzung überwiegt, d.h. dass die gewerbliche Nutzung mehr als 50 % betragen muss.

28

Allerdings ist der Satzung bereits nicht ohne weiteres zu entnehmen, woran sich die tatsächliche gewerbliche oder gewerbeähnliche Nutzung bemisst, ob insoweit also in Anlehnung an den Grundstücksmaßstab die Grundstücksfläche, in Anlehnung an das Maß der baulichen Nutzung die Anzahl der Vollgeschosse oder als bislang nicht berücksichtigtes Nutzungsmaß die Geschossfläche herangezogen werden soll. Diese Frage ließe sich unter Umständen noch unter Rückgriff auf die Rechtsprechung mit der für eine Rechtsnorm erforderlichen Bestimmtheit beantworten. Das OVG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 27.03.1990 – 6 A 137/89.OVG –) hat hierzu ausgeführt, dass zur Bemessung der gewerblichen Nutzung nicht an den Verteilungsmaßstab anzuknüpfen sei, sondern stets (auch z.B. bei einem Verteilungsmaßstab nach Grundstücksfläche mit Vollgeschosszuschlag) an die Geschossfläche, weil nur so eine in sämtlichen Gebietsformen gleichmäßige Berücksichtigung einer gewerblichen oder gewerbeähnlichen Nutzung erfolgen könne.

29

Unabhängig davon, woran die (tatsächliche) gewerbliche Nutzung abgebildet wird, mangelt es jedoch an einer eindeutigen Bestimmung der Vergleichsgröße. So ist der Satzung nicht zu entnehmen, ob die tatsächliche gewerbliche Grundstücknutzung ins Verhältnis zur tatsächlichen Gesamtnutzung oder zur zulässigen Gesamtnutzung des Grundstücks zu setzen ist.

30

Diese Unterscheidung ist von erheblicher praktischer Bedeutung, wenn z.B. die Nutzungsmöglichkeiten des Grundstücks nicht ausgeschöpft sind oder wenn sie den zulässigen Rahmen übersteigen. Dies lässt sich anhand folgender Tabellen mit Erläuterungen veranschaulichen, wobei auf die zusätzlichen Bewertungsprobleme bei Lagerflächen nur am Rande hingewiesen sei.

31

Die erste Tabelle basiert auf einem Vergleich der Nutzungen anhand der Geschossfläche:

32
        

Größe 

zulässige Geschossfläche

tatsächl.Geschossfl.

gewerblich

Lagerplatz

1       

1000

800

800

400

0

2       

1000

800

600

400

0

3       

1000

800

1000

500

0

4       

1000

800

400

400

0

5       

1000

800

400

200

100

6       

1000

800

200

0

300

7       

1000

800

200

0

500

8       

1000

800

0

0

500

33

Angenommen, das Grundstück hat eine Größe von 1000 qm und die Geschossflächenzahl beträgt 0,8, dann umfasst die zulässige Geschossfläche immer 800 qm. In der dritten Spalte sind die tatsächlich vorhandenen Geschossflächen aufgeführt. Die fünfte Spalte gibt an, wie viel davon gewerblich genutzt werden. Die sechste Spalte enthält die gewerblichen Lagerflächen auf dem Grundstück.

34

Wenn die Satzung nicht regelt, ob sich das Überwiegen der gewerblichen Nutzung auf die zulässige oder die tatsächliche Gesamtnutzung (hier: bemessen an der Geschossfläche) bezieht, dann ist nur die 1. Zeile eindeutig zu entscheiden: Hier scheidet ein Artzuschlag auf jeden Fall aus, denn die tatsächliche gewerbliche Nutzung von 400 qm beträgt nicht mehr als 50 %, egal ob in Bezug auf die zulässige oder die tatsächliche Geschossfläche.

35

In der 2. und 4. Zeile wäre ein Überwiegen nur dann zu bejahen, wenn die tatsächliche Gesamtgeschossfläche der maßgebende Bezugspunkt wäre. Bezieht man sich hingegen auf die zulässige Gesamtgeschossfläche, fehlte es an einem Überwiegen der gewerblichen Nutzung, weil nicht mehr als 50 % der zulässigen Geschossfläche erreicht werden. In der 3. Zeile wäre genau umgekehrt zu entscheiden.

36

Ab der 5. Zeile werden auch Lagerflächen außerhalb des Gebäudes in die Betrachtung einbezogen. Hier kommt es letztlich darauf an, ob die Satzung zusätzliche Regelungen dazu enthält, wie Lagerflächen auf die tatsächlich genutzte gewerbliche Fläche (hier: bemessen an der Geschossfläche) anzurechnen sind. Im Übrigen verbleibt es bei der oben geschilderten Problematik.

37

Die zweite Tabelle überträgt die Auswirkungen einer in der Satzung nicht festgelegten Vergleichsgröße auf einen Verteilungsmaßstab, der nur oder auch auf die Zahl der Vollgeschosse abstellt.

38
        

zulässige Vollgeschosse

tatsächliche Vollgeschosse

gewerblich genutzte
Vollgeschosse

gewerblich genutzter
Lagerplatz

1       

I

0

0

100 %

2       

I

I

I

0

3       

II

0

0

100 %

4       

II

I

I

0

5       

II

II

II

0

6       

III

0

0

100 %

7       

III

I

I

0

8       

III

II

I

0

9       

III

II

II

0

10    

III

II

I

100 %

11    

III

III

I

100 %

39

Wenn die Satzung hier nicht angibt, ob nur die tatsächliche gewerbliche Nutzung in den Vollgeschossen oder auch auf den Lagerflächen gemeint ist, und ob sich diese tatsächliche Nutzung nur auf die zulässigen oder auch auf die tatsächlichen Vollgeschosse und/oder die Lagerflächen bezieht, lässt sich eine überwiegende Nutzung nur für die Zeilen 2, 5 und 9 eindeutig entscheiden. Der Rest ist unklar.

40

Weiterer Ausführungen zur Bedeutsamkeit der Vergleichsgröße erübrigen sich vor dem Hintergrund der dargestellten Beispiele. Danach bedarf eine Beitragssatzung, die den Anforderungen an die Bestimmtheit zu genügen hat, eines festgelegten Vergleichsmaßstabes, wenn – wie hier – ein grundstücksbezogener Artzuschlag für eine „überwiegende“ gewerbliche Nutzung erhoben wird.

41

Das OVG Rheinland-Pfalz (a.a.O.) hat zwar auch hinsichtlich des Vergleichsmaßstabes Stellung bezogen und insoweit ausgeführt, dass die tatsächliche gewerbliche Nutzung immer ins Verhältnis zur zulässigen Gesamtnutzung (dort bemessen an der zulässigen Geschossflächenzahl) zu setzen sei. An dieser Ausschließlichkeit, die der Satzung auch ohne festgelegte Vergleichsgröße (zulässige oder tatsächliche Gesamtnutzung?) zur erforderlichen Bestimmtheit verhelfen würde, lässt sich zur Überzeugung der Kammer jedoch nicht festhalten.

42

So hat beispielsweise das OVG Münster (Urteil vom 21.04.1999 – 3 A 954/94 –, nach juris) eine gegenläufige Position zur Frage bezogen, welche Vergleichsgröße zur überwiegenden gewerblichen Nutzung heranzuziehen ist, wenn die Satzung diese nicht ausdrücklich bestimmt. Hierzu hat es ausgeführt (OVG Münster, a.a.O., nach juris Rz. 15):

43

„Die Satzungsbestimmung nennt allerdings nicht die dem gegenüberzustellende Nutzungsart, im Vergleich zu der die gewerbliche Nutzung überwiegen muß. Die Regelung ist im vorliegenden Fall eines kombinierten Grundstücksflächen/Vollgeschoß-Maßstabs in dem Sinne auszulegen, daß die Konträr-Nutzung jede andere verwirklichte, beitragsrechtlich relevante, nicht-gewerbliche Nutzung ist. Bedeutung und Konsequenzen der drei genannten Kriterien ergeben sich aus Folgendem: Das Merkmal der verwirklichten Nutzung ist unmittelbare Konsequenz dessen, daß die Satzung auf die tatsächliche Nutzung abstellt.“

44

Dort wird folglich – als Auslegungsergebnis – eine Bilanzierung der tatsächlichen gewerblichen Nutzung mit der „verwirklichten, beitragsrechtlich relevanten, nicht-gewerblichen Nutzung“ vorgenommen – im Sinne der hier verwendeten Begriffe also ein Vergleich zwischen der tatsächlichen gewerblichen Nutzung zur tatsächlichen („verwirklichten“) Gesamtnutzung.

45

Die Vereinbarkeit dieses Auslegungsergebnisses mit den bundesrechtlichen Vorgaben des § 131 Abs. 3 BauGB hat das Bundesverwaltungsgericht (Beschluss vom 04.02.2000 – 11 B 39/99 –, NVwZ-RR 2000, 456) bestätigt. So hat es zu dem vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen zur Beurteilung des Überwiegens herangezogenen Vergleich zwischen tatsächlicher gewerblicher Nutzung und tatsächlicher Gesamtnutzung ausgeführt (BVwerG, a.a.O., nach juris Rz. 5):

46

§ 131 Abs. 3 BauGB räumt dem Ortsgesetzgeber für die Berücksichtigung der Nutzungsart im Verteilungsmaßstab ein weitgehendes Bewertungsermessen ein. Die Ausübung dieses Ermessens ist zwar durch die Grundsätze des Willkürverbots, der Verhältnismäßigkeit und des Vorteilsprinzips eingeschränkt (BVerwGE 62, 300 <302>). Die dadurch gezogenen Grenzen sind jedoch nicht überschritten, wenn eine Verteilungsregelung erhebliche, hinreichend abgrenzbare Unterschiede der baulichen oder sonstigen Nutzung in typischen Fallgruppen angemessen vorteilsgerecht und zugleich in der Weise erfaßt, daß das Heranziehungsverfahren praktikabel und überschaubar bleibt (BVerwGE 57, 240 <246>). Die ausschließliche Anknüpfung des Artzuschlags an tatsächlich verwirklichte Nutzungen unter Nichtberücksichtigung ungenutzter Grundstücksteile hält sich in diesem Rahmen [Hervorhebung durch die Kammer]. Denn durch die Einbeziehung ungenutzter Grundstücksteile, für die gerade keine Art der baulichen oder sonstigen Nutzung festgestellt werden kann und die daher auch für die Bewertung des größeren oder kleineren Erschließungsvorteils des betreffenden Grundstücks im Verhältnis zu anderen Grundstücken ohne eigene Aussagekraft sind, würde die Unterscheidung zwischen gewerblicher/industrieller und anderer Nutzung, die bei der durch § 131 Abs. 3 BauGB gebotenen Differenzierung nach der Art der Nutzung mindestens gegeben sein muß, erheblich relativiert. Da es in der Regel unmöglich ist, jene Grundstücksteile einer auf dem Grundstück verwirklichten Nutzungsart eindeutig zuzuordnen, käme es zudem in vielen Fällen zu unangemessenen Abgrenzungsschwierigkeiten, so daß auch insoweit die Praktikabilität und Überschaubarkeit des Heranziehungsverfahrens nicht mehr gewährleistet wäre.“

47

Danach steht fest, dass die vom OVG Münster (a.a.O.) vorgenommene Bilanzierung zur Ermittlung der überwiegenden gewerblichen Nutzung unter Anknüpfung „an tatsächlich verwirklichte Nutzungen“ (BVerwG, a.a.O.) eine zulässige Berücksichtigung der Nutzungsart darstellt und als weitere Möglichkeit zur Bemessung der überwiegenden gewerblichen Nutzung neben dem vom OVG Rheinland-Pfalz (a.a.O.) befürworteten Vergleichsmaßstab in Betracht kommt.

48

Dies hat zur Konsequenz, dass dem Satzungsgeber ein Wahlrecht zusteht, auf Grundlage welchen Vergleichs er für eine überwiegende gewerbliche Nutzung einen Artzuschlag erhebt. Bedenken an der Vereinbarkeit der beiden geschilderten Möglichkeiten mit den Vorgaben des § 131 Abs. 3 BauGB bestehen insoweit nicht.

49

Vor diesem Hintergrund hat das VG Koblenz bereits mit Urteil vom 23. Januar 2002 – 8 K 1067/01.KO – entschieden, dass eine Satzung ungültig ist, wenn sie den grundstücksbezogenen Artzuschlag von der überwiegenden gewerblichen Nutzung abhängig macht, ohne anzugeben, welche Nutzung als Vergleichsmaßstab heranzuziehen ist. Die rechtskräftige Entscheidung betraf die Erschließungsbeitragssatzung der Beklagten vom 8. Mai 1996.

50

Auch der hier zugrunde liegenden Satzung vom 12. Februar 2003 fehlt eine eindeutige Bestimmung, auf welchen Vergleichsmaßstab zur Bemessung einer überwiegenden gewerblichen Nutzung abzustellen ist. Das Gericht hat mit den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung die oben dargestellten Fallbeispiele erörtert, die sich wegen des unklaren Wortlauts des § 5 Abs. 8 Buchstabe b) EBS entweder nicht oder nur durch am jeweiligen "Gerechtigkeitsempfinden" des Normanwenders orientierte Willkürakte entscheiden lassen.

51

Die maßgebliche Vergleichsgröße lässt sich hier auch nicht im Wege der Auslegung ermitteln. So wird in § 5 Abs. 8 Buchstabe b) EBS einerseits auf die tatsächlichen Verhältnisse abgestellt, indem der Zuschlag erhoben wird, wenn die genannten Grundstücke „überwiegend gewerblich […] genutzt werden“. Andererseits wird durch § 5 Abs. 8 EBS auf das Ergebnis der Gewichtung nach Absatz 5, also auf eine am zulässigen Maß der Nutzung orientierte Flächenvervielfachung verwiesen. Insoweit bleibt jedoch offen, ob der Verweis auf das Ergebnis nach Absatz 5 lediglich den Bezugspunkt für die Berechnung des Artzuschlags in Höhe von 40 v.H. darstellt oder ob damit auch gleichzeitig der Vergleich am zulässigen und nicht am tatsächlichen Nutzungsmaß bestimmt wird.

52

In diesem Punkt unterscheiden sich die hier zu beurteilende Satzung und die alte Mustersatzung erheblich. Die Mustersatzung enthält nach Ansicht des Gerichts eindeutige Hinweise auf einen Vergleich der tatsächlichen Gegebenheiten und ist dementsprechend auslegungsfähig. So wird der grundstücksbezogene Artzuschlag nach § 6 Abs. 1 Satz 3, 2. Hs. der Mustersatzung ebenfalls für die überwiegende gewerbliche Nutzung vorgesehen. Da nach § 6 Abs. 1 der Mustersatzung jedoch allein die Grundstücksfläche als Verteilungsmaßstab herangezogen wird, tritt das oben beschriebene Zuordnungsproblem nicht auf, weil bei der Grundstücksfläche nicht zwischen einer tatsächlichen und zulässigen Grundstücksfläche unterschieden werden kann. Auch wenn nach § 6 Abs. 2 der Mustersatzung in Gebieten mit unterschiedlicher Nutzung auf die Geschossfläche als Verteilungsmaßstab abgestellt wird und dementsprechend bei der Frage der überwiegenden gewerblichen Nutzung nunmehr Raum für eine Unterscheidung zwischen tatsächlicher Gesamtnutzung und zulässiger Gesamtnutzung wäre, führt eine Auslegung zur Ermittlung des Bezugspunktes zu einem Vergleich der tatsächlichen Verhältnisse, da insoweit Absatz 2 im Kontext mit Absatz 1 zu betrachten ist, welcher eindeutig auf die tatsächlichen Verhältnisse abstellt.

53

Die Unbestimmtheit des § 5 Abs. 8 Buchstabe b) EBS führt zur Gesamtnichtigkeit des Verteilungsmaßstabs. Würde nur die nichtige Bestimmung aus der Satzung der Beklagten entfernt, bliebe § 5 Abs. 8 Buchstabe a) EBS übrig, der nur einen gebietsbezogenen Artzuschlag vorsieht. Da aber in beplanten oder faktischen Mischgebieten, die es auch in B. N. gibt, typischerweise zahlreiche Gewerbebetriebe vorhanden sind (§ 6 Abs. 2 Nr. 2 - 8 BauNVO), die gegenüber einer bloßen Wohnnutzung einen größeren Ziel- und Quellverkehr auslösen, muss eine Beitragssatzung entsprechend dem Auftrag des § 131 Abs. 3 BauGB auf jeden Fall zumindest einen grundstücksbezogenen Artzuschlag enthalten (so ausdrücklich OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 27.06.1995 – 6 B 1103/95.OVG – und ebenso Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 7. Auflage, § 18 Rn. 51). Also genügt der gebietsbezogene Artzuschlag des § 5 Abs. 8 Buchstabe a) EBS für sich alleine nicht. Mithin wäre die Regelung des Artzuschlags unvollständig, wenn man von einer bloßen Teilnichtigkeit des § 5 Abs. 8 Buchstabe b) EBS ausginge. Ein Verteilungsmaßstab, der keine hinreichende Artzuschlagsregelung enthält, verstößt gegen § 131 Abs. 3 BauGB. Ein unvollständiger Verteilungsmaßstab führt zur Unanwendbarkeit der Satzung (so bereits VG Koblenz, a.a.O.).

54

2. Mit Blick darauf, dass die Beteiligten im vorliegenden Verfahren im Kern eine gerichtliche Klärung über die Abgrenzung zwischen Erschließungs- und Ausbaumaßnahme anstreben, die Klage (zusammen mit dem Parallelverfahren 4 K 937/10.KO) als Musterverfahren für insgesamt 85 anhängige Widersprüche geführt wird, es darüber hinaus (erst) um die Erhebung von Vorausleistungen geht und der oben dargelegte Satzungsmangel heilbar ist, weist das erkennende Gericht unter Berücksichtigung des Vorbringens der Beteiligten und der ausführlichen Erörterung im Rahmen der mündlichen Verhandlung ergänzend auf Folgendes hin:

55

Nach derzeitigem Sachstand, den vorgelegten Unterlagen und der Erörterung in der mündlichen Verhandlung handelt es sich bei der Maßnahme an der Straße Am J. aller Voraussicht nach um eine beitragspflichtige Erschließungsmaßnahme.

56

a) Eine vor in Kraft treten des Bundesbaugesetzes zum 30. Juni 1961 vorhandene Erschließungsanlage, die nach § 242 Abs. 1 BauGB eine Beitragspflicht für Erschließungsmaßnahmen ausschließen würde, lag nicht vor.

57

Insoweit ist als Ausgangspunkt zu berücksichtigen, dass die Straße Am J. seinerzeit noch durch die selbständigen Gebietskörperschaften H. und N. verlief. Das hier betroffene Grundstück der Kläger lag im Gebiet der Gemeinde N. Danach ist die Prüfung, ob die Straße Am J. bereits vor dem 30. Juni 1961 eine vorhandene Erschließungsanlage war, am Ortsrecht der Gemeinde N. zu bemessen.

58

Von einer sogenannten „vorhandenen Straße“ im Sinne des preußischen Rechts, d.h. einer Straße, die bereits vor Inkrafttreten des ersten Ortsstatuts vorhanden, zum Anbau bestimmt und zur Bewältigung des innerörtlichen Verkehrs geeignet war, kann bezüglich der Straße Am J. im Bereich N. nicht ausgegangen werden. So datiert ein erstes Ortsstatut bereits vom 25. Februar 1889, das in Auszügen von den Klägerbevollmächtigten mit der Klage vorgelegt wurde (Bl. 20 ff. GA). Das nächste Ortsstatut stammt vom 19. Februar 1900 und wurde zusammen mit der Polizeiverordnung vom selben Tag erlassen. Zu diesem Zeitpunkt handelte es sich bei der heutigen Straße Am J. um einen Karrenweg, an den im Gebiet der Gemeinde N. lediglich ein 1883 errichtetes Gebäude (R.-Hof, heutige Hausnummer 75) angrenzte und der dementsprechend mangels Anbaubestimmung nach preußischem Recht keine vorhandene Straße sein konnte. In den Jahren 1902 und 1903 wurden Am J. zwei weitere Gebäude errichtet, die jedoch ebenfalls noch keine Anbaubestimmung begründeten.

59

Mit in Kraft treten des Ortsstatuts von 1900 bestimmt sich die Frage, ob eine vorhandene Erschließungsanlage i.S.d. § 242 Abs. 1 BauGB vorgelegen hat danach, ob die Straße die programmmäßigen Herstellungsmerkmale des Ortsstatuts aufwies. Insoweit ist die Beklagte dafür beibringungs- und beweispflichtig, welches die maßgeblichen Merkmale waren, und dafür, dass die Straße diese nicht erfüllte (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.01.1979 – IV C 52/76 –; BVerwG, Urteil vom 09.12.1988 – 8 C 72/87 – beide nach juris). Diesen Anforderungen hat die Beklagte genügt. Sie hat das Ortsstatut von 1900 gemeinsam mit der Polizeiverordnung aus demselben Jahr in der mündlichen Verhandlung vorgelegt. Aus § 1 des Ortsstatuts ergibt sich insoweit, dass ein Anbau an Straßen untersagt ist, wenn die Straße nicht den Vorgaben der Polizeiverordnung entspricht.

60

Die Polizeiverordnung von 1900 benennt als Herstellungsmerkmale unter anderem neben einem freigelegten und befestigten Straßendamm auch Bürgersteige, Straßenrinnen und eine ausreichende Beleuchtung. Da die Straße Am J. bis zum in Kraft treten des Bundesbaugesetzes keine Bürgersteige aufwies, scheidet eine programmmäßig hergestellte Straße nach den Vorgaben des Ortsstatuts bereits deshalb aus.

61

Immerhin folgt aus § 3 Nr. 21 der Polizeiverordnung vom 23. Januar 1930 (vgl. Bl. 138 GA), dass es in N. von der S.-Straße bis zur Gemarkungsgrenze H. ein Baugebiet in offener Bauweise gab. Seit diesem Zeitpunkt war hier eine generelle Anbaubestimmung gegeben.

62

In der Satzung über die Erhebung von Anliegerbeiträgen in der Stadt B. N. vom 20. August 1955, die ausweislich des § 1 Nr. 1 der Satzung auch Beiträge für die „erste Herstellung“ umfasst, werden keine konkreten Herstellungsmerkmale benannt. Dies führt alternativ dazu, dass entweder weiterhin auf die zuvor nach dem alten Ortsstatut geltenden Herstellungsmerkmale abzustellen ist, da diese nicht ausdrücklich aufgehoben wurden. Oder es sind mangels festgelegter Herstellungsmerkmale die örtlichen Gepflogenheiten heranzuziehen, da eine Straße, die – auch ohne ausdrückliche Herstellungsmerkmale – den örtlichen Gepflogenheiten entsprach, nach dem Willen der Gemeinde wegen des hinreichenden Ausbauzustands die Funktion einer Erschließungsanlage erfüllen konnte (vgl. VGH Mannheim, Beschluss vom 16.05.1989 – 2 S 125/89 – nach juris). Nach beiden Varianten war die Straße nicht hergestellt. Berücksichtigt man für den Fall, dass auf die örtlichen Gepflogenheiten abzustellen ist, dass bis 1956 die Herstellungsmerkmale der Polizeiverordnung zugrunde gelegt wurden und die Vorgaben für neue Erschließungsanlagen bildeten (s.o.), bestehen aus Sicht des erkennenden Gerichts keine Bedenken, diese Voraussetzungen im Folgenden als die Ortsüblichen nach dem Willen der Gemeinde hinreichenden Anforderungen zu betrachten. Damit fehlt es in der Zeit zwischen 1955 und 1961 trotz der zwischenzeitlich vorangeschrittenen Bebauung jedenfalls an Bürgersteigen, um eine vorhandene Erschließungsanlage nach § 242 Abs. 1 BauGB annehmen zu können.

63

b) Auch nach in Kraft treten des Bundesbaugesetzes am 1. Juli 1961 war zu keinem Zeitpunkt eine fertiggestellte Erschließungsanlage vorhanden.

64

Die erste Erschließungsbeitragssatzung der Stadt B. N. nach Einführung des Bundesbaugesetzes datiert auf den 12. Oktober 1961. Die späteren Änderungen vom 19. Juni 1965 und 17. Januar 1967 ließen die Herstellungsmerkmale unberührt. Nach § 7 Abs. 1 EBS 1961 waren

65

1. eine Pflasterung, eine Asphalt-, Teer, Beton- oder ähnliche Decke,

2. Straßenentwässerung sowie die etwa vorgesehene Beleuchtung,

3. Anschluss an eine dem öffentlichen Verkehr gewidmete Straße,

66

als Herstellungsmerkmale vorgesehen. Aufschluss über die Straßenbeschaffenheit geben die von der Beklagten vorgelegten Aufnahmen aus dem Jahr 1972. Fotos, die auf Höhe der heutigen Hausnummern 48 und 55 bzw. 57 aufgenommen wurden, sowie weitere Aufnahmen an der östlichen Grenze der heutigen Hausnummer 75 (R.-Hof, Gemarkung B. N.) und 70 bzw. 70a, zeigen eine asphaltierte Fahrbahnoberfläche. Gehwege sind nicht vorhanden. Diese sind nach § 7 Abs. 1 EBS 1961 allerdings auch kein Herstellungsmerkmal mehr. Auf der Aufnahme sind weiter Beleuchtungseinrichtungen zu erkennen. Darauf kommt es jedoch letztlich nicht an, da die in der Satzung bezeichnete „etwa vorgesehene Beleuchtung“ zu unbestimmt ist und dementsprechend kein Herstellungsmerkmal ist (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 02.12.1977 – IV C 55/75 – nach juris Rz. 12).

67

Auf den genannten Aufnahmen ist überdies erkennbar, dass keinerlei Straßenentwässerung vorhanden war. So sind weder Einlaufschächte noch sonstige systematische Entwässerungseinrichtungen, wie beispielsweise Seitengräben, erkennbar. Nach dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagten, die sich letztlich auch mit den Aufnahmen von 1972 decken, wurde ein Kanal, der auch Ablaufschächte enthielt, erst mit den Arbeiten von 1973, 1974 und 1984 in die Straße Am J. eingezogen, wobei die Arbeiten im hier betroffene Bereich B. N. in den Jahren 1973 und 1974 erfolgten. Eine wilde Entwässerung im Sinne eines unkontrollierten Ablaufs mit Versickerung auf anliegenden Grundstücken genügte den Anforderungen an eine Straßenentwässerung nicht (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 03.12.1998 – 6 A 12594/98.OVG – unveröffentlicht). Damit war die Straße Am J. auch seinerzeit – nach Wegfall der Gehwege als Herstellungsmerkmal – noch nicht fertiggestellt, weil es an einer Straßenentwässerung nach § 7 Abs. 1 Nr. 2 EBS 1961 fehlte.

68

Die Anforderungen der Erschließungsbeitragssatzung von 1961, geändert mit Satzungen vom 19. Juni 1965 und 17. Januar 1967, galten schließlich bis zum in Kraft der ersten Erschließungsbeitragssatzung der Stadt B. N. vom 4. Dezember 1972. Zwar erfolgte die Zusammenlegung bereits am 7. Juni 1969 mit in Kraft treten des Vierten Landesgesetzes über die Verwaltungsvereinfachung im Lande Rheinland-Pfalz vom 10. Januar 1969 (GVBl. 1969, S. 5). Nach § 122 Abs. 1 dieses Gesetzes blieb in den aufgelösten Gemeinden jedoch das bisherige Ortsrecht in Kraft, bis es aufgehoben oder durch neues (gemeinsames) Ortsrecht ersetzt wurde. Die erste gemeinsame Satzung der neu gebildeten Stadt B. N., ohne dass zwischenzeitlich das alte Ortsrecht aufgehoben worden ist, datiert auf den 4. Dezember 1972. Aus diesem Grund ist – trotz der Zusammenlegung der Gemeinden am 7. Juni 1969 – die Straße Am J. noch bis zum in Kraft treten der Erschließungsbeitragssatzung vom 4. Dezember 1972 zum 1. Januar 1973 aus Rechtsgründen getrennt für die Bereiche H. und N. zu betrachten.

69

Mit in Kraft treten der genannten Erschließungsbeitragssatzung der Stadt B. N. vom 4. Dezember 1972 zum 1. Januar 1973 ist die Verkehrsanlage Am J. über die ehemalige Gemarkungsgrenze hinweg als einheitlichen Verkehrsanlage in den Blick zu nehmen. Die satzungsmäßigen Herstellungsmerkmale müssen nunmehr im Bereich zwischen F.-Weg und F.-Straße insgesamt vorliegen, da es nicht ausreicht, wenn die Herstellungsmerkmale punktuell verwirklicht sind, aber in Bezug auf die gesamte Verkehrsanlage noch Teile fehlen (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.1985 – 8 C 66/84 – nach juris Rz. 32).

70

§ 7 Abs. 1 EBS 1972 formulierte dieselben Herstellungsmerkmale wie die vorangegangene Erschließungsbeitragssatzung der Stadt B. N. von 1961 (s.o.). Aus diesem Grund steht § 122 Abs. 2 des Vierten Landesgesetzes über die Verwaltungsvereinfachung im Lande Rheinland-Pfalz vom 10. Januar 1969 (GVBl. 1969, S. 5), in der Fassung vom 28. Juli 1970 (GVBl. 1970, S. 302), wonach – kurz gefasst – abgabenrechtliche Satzungen der zusammengelegten Gemeinden bis zum 31. Dezember 1973 nicht zum Nachteil der Abgabenpflichtigen geändert werden dürfen, der bereits zum 1. Januar 1973 in Kraft getretenen neuen Erschließungsbeitragssatzung der Stadt B. N. nicht entgegen.

71

Wie bereits zur Fertigstellung unter Geltung der Erschließungsbeitragssatzung Stadt B. N. von 1961 ausgeführt, fehlt es auch für den Zeitraum ab 1973 an einer Straßenentwässerung. Dies gilt bereits deshalb, weil im letzten Teil der nunmehr zu betrachtenden Verkehrsanlage erst 1984 ein Straßenkanal eingezogen wurde (s.o.). In wieweit nach Abschluss dieser Maßnahme eine funktionsfähige Straßenentwässerung der Straße Am J. vorhanden war (dazu gleich), kann an dieser Stelle noch offen bleiben, da zu diesem Zeitpunkt bereits die Erschließungsbeitragssatzung der Stadt B. N.-A. vom 19. Juli 1976 galt.

72

§ 7 Abs. 1 EBS 1976, der die Herstellungsmerkmale bestimmt, lautete wie folgt:

73

„(1) Die öffentlichen, zum Anbau bestimmten Straßen, Wege und Plätze sowie Sammelstraßen und Parkflächen sind endgültig hergestellt, wenn die Stadt die erforderlichen Grundstücke erworben hat und die Erschließungsanlagen die nachstehenden Merkmale aufweisen:

74

1. eine Pflasterung, eine Asphalt-, Teer, Beton- oder ähnliche Decke neuzeitlicher Bauart,

2. Straßenentwässerung und Straßenbeleuchtung sowie

3. Anschluss an eine dem öffentlichen Verkehr gewidmete Straße.“

75

Damit wurden mit in Kraft treten der Satzung am 1. Juli 1976 neben der Straßenentwässerung nunmehr auch die Straßenbeleuchtung und der Eigentumserwerb zu Herstellungsmerkmalen.

76

Die hier hervorgehobenen Herstellungsmerkmale, also Straßenentwässerung, Beleuchtung und Eigentumserwerb, sind bis zur nunmehr angewendeten Beitragssatzung vom 12. Februar 2003 im Wesentlichen unverändert geblieben. So finden sich entsprechende Anforderungen in den Satzungen vom 8. Mai 1996, vom 30. April 2002 und vom 12. Februar 2003 (jeweils in § 8). Eine Erweiterung bzw. Konkretisierung erfuhr das Merkmal der Entwässerung in § 8 Abs. 1 Nr. 2 der Erschließungsbeitragssatzung von 2002, indem eine Versickerung von Niederschlagswasser nach Maßgabe der Vorschriften des Wasserhaushaltsgesetzes und des Landeswassergesetzes einer betriebsfertigen Entwässerungseinrichtung gleich gesetzt wurde, wenn sie tatsächlich möglich, wirtschaftlich vertretbar und rechtlich zulässig war. Dieselbe Regelung findet sich in der Erschließungsbeitragssatzung 2003.

77

Für eine endgültige Herstellung der Straße Am J. fehlt es in der Zeit zwischen 1. Juli 1976 und der hier abgerechneten Maßnahme weiterhin an einer funktionsfähigen Entwässerung. Darüber hinaus dürfte auch der erforderliche Grunderwerb einer endgültigen Herstellung entgegen stehen.

78

Hinsichtlich der Entwässerung ist mit Blick auf die obigen Ausführungen allein noch die Situation ab 1984 zu betrachten. Erst ab diesem Zeitpunkt war – nach übereinstimmendem Vortrag der Beteiligten – in der gesamten Verkehrsanlage zumindest ein Kanal eingezogen. Hierzu hat der Kläger zu 1) in der mündlichen Verhandlung weiter vorgetragen, dass die Straße nach den Kanalarbeiten zwischen 1973 und 1984 über Einlaufschächte verfügt habe. Hierzu hat er eine Aufnahme vom Zustand vor der hier abgerechneten Maßnahme vorgelegt, die im Bereich seines Grundstücks einen Gully in der Fahrbahn erkennen lässt. Weiter hat der Kläger zu 1) erklärt, dass an seiner Hauszufahrt eine Mulde vorhanden gewesen sei, damit das Wasser nicht in seine Einfahrt laufe. Wohin das Wasser von dort geflossen sei, könne er nicht sagen. Die Mulde sei nicht überall vorhanden gewesen, teilweise sei das Wasser entlang der Mauern geflossen.

79

Die Beklagte hat das Vorhandensein von Einlaufschächten in der Straße bestätigt. Allerdings habe es sich hierbei um eine punktuelle Entwässerung gehandelt, da zwar teilweise Einlaufschächte vorhanden gewesen seien, es allerdings an einer systematischen Zuführung des Oberflächenwassers zu diesen gefehlt habe. Mit dem nachgelassenen Schriftsatz hat die Beklagte Straßenbestandspläne aus dem Jahr 2001 und eine vollständige Bilddokumentation der Straße aus dem Jahr 2008 (vor der streitgegenständlichen Maßnahme) vorgelegt. Der Straßenplan weist auf der gesamten Strecke zwischen dem F.-Weg und der F.-Straße (ca. 780 m) insgesamt nur acht Einlaufschächte auf, welche zum Teil einen Abstand von über 290 m aufwiesen (F.-Weg bis Hausnummer 59). Auch Rinnen oder ähnliches, um das anfallende Oberflächenwasser systematisch zu den wenigen Einlaufschächten zu führen, sind nur punktuell (z.B. im Bereich Hausnummer 65/67/69) vorhanden. Dieser Eindruck wird durch die vorgelegte Bilddokumentation bestätigt, aus der sich insbesondere auch ergibt, dass die Fahrbahnoberfläche selbst – wenn überhaupt – nur in geringem Umfang einen Zufluss zu den Einlaufschächten bewirkt. Hier gibt es keine Mittelrinnen oder ähnliches, die das Wasser zu den mittig in der Fahrbahn liegenden Einlaufschächten führen könnten. Das übrige Wasser musste auf den Nachbargrundstücken versickern. Eine Genehmigung für eine Versickerung vor Ort bestand nicht.

80

Das sich damit abzeichnende Bild der örtlichen Entwässerung bietet aus Sicht der Kammer lediglich eine punktuelle Entwässerung, die nicht ausreicht, um eine funktionsfähige Entwässerung der gesamten Verkehrsanlage zu begründen. Auch die im Wege der Kostenspaltung vorgenommene Abrechnung für die Entwässerung in den Jahren 1973, 1976 und 1985 ändert daran nichts, da insoweit keine Teilbeitragspflichten entstehen konnten (vgl. dazu VGH München, Urteil vom 18.07.2002 – 6 B 97.2065 – nach juris).

81

Darüber hinaus dürfte auch das seit 1976 vorgesehene Herstellungsmerkmal des Grunderwerbs einer endgültigen Herstellung entgegenstehen. So liegen dem Gericht zwar keine konkreten Ausbaupläne von damals vor, aus denen sich ergibt, in welchem Umfang Grunderwerb vorgesehen war. Allerdings bietet auch hier der Straßenbestandsplan von 2001 Anhaltspunkte, der mit dem Übersichtsplan zum Eigentumserwerb der hier abgerechneten Maßnahme (Bl. 79 VerwA) verglichen werden kann. Beispielweise sei hier die Grundstückssituation an der Einmündung des D.-Wegs herausgegriffen. Nach dem Erwerbsplan (Bl. 79 VerwA) wies die ehemalige Wegeparzelle Am J. vor dem Haus mit der Nummer 48 einen starken Knick auf, während auf den Aufnahmen von 2008 und dem Straßenplan von 2001 an dieser Stelle lediglich noch ein leicht geschwungener Straßenverlauf erkennbar ist. Darüber hinaus lief die ehemalige Wegeparzelle unmittelbar am Haus Nummer 48 entlang, während nunmehr die asphaltierte Fahrbahn bis zu 20 m von dem Gebäude entfernt liegt. Damit reichte der asphaltierte Bereich bereits damals deutlich in Teile der Parzelle 382/6 hinein. Ein noch zu vermessender Teil der genannten Parzelle wurde jedoch erst im Jahr 2009, also nach Beschlussfassung über die hier abgerechnete Maßnahme, erworben (vgl. Nr. 7, Bl. 74 f. VerwA). Dementsprechend spricht Vieles dafür, dass der erforderliche Grunderwerb vor der hier abgerechneten Maßnahme noch nicht vollständig durchgeführt wurde. Die Frage des Grunderwerbs bedürfte jedoch – sofern eine funktionsfähige Entwässerung nach den Kanalarbeiten von 1984 vorhanden gewesen sein sollte – weiterer Aufklärung und Erörterung.

82

3. Danach liegt nach derzeitigem Stand zwar eine Erschließungsmaßnahme vor, zu der die Kläger grundsätzlich auch zu einer Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag herangezogen werden könnten. Aufgrund der oben dargelegten Nichtigkeit der Erschließungsbeitragssatzung war der Klage jedoch stattzugeben und der Beklagten die Kosten des Verfahrens gemäß § 154 Abs. 1 VwGO aufzuerlegen.

83

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

84

Die Berufung durch das erkennende Gericht wird gemäß § 124 Abs. 1 und § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zugelassen, da die Frage zu den Bestimmtheitsanforderungen der Erschließungsbeitragssatzung von grundsätzlicher Bedeutung ist (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

85

Beschluss

86

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 4.707,51 € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).

87

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren durch die Kläger wird für notwendig erklärt.

88

Die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren ist anzuerkennen (§ 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO), wenn sie vom Standpunkt einer verständigen, nicht rechtskundigen Partei im Zeitpunkt der Bestellung für erforderlich gehalten werden durfte (vgl. näher Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung mit Erläuterungen, Rn. 18 zu § 162 VwGO m.w.N.), also - wie hier aus der Sicht der Kläger - nicht willkürlich und überflüssig, sondern zweckdienlich erscheint.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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published on 05.12.2011 00:00

Tenor Der Erschließungsbeitragsbescheid vom 23. Februar 2011 wird aufgehoben. Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Tatbestand 1 Die Klägerin wendet sich
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Annotations

(1) Für vorhandene Erschließungsanlagen, für die eine Beitragspflicht auf Grund der bis zum 29. Juni 1961 geltenden Vorschriften nicht entstehen konnte, kann auch nach diesem Gesetzbuch kein Beitrag erhoben werden.

(2) Soweit am 29. Juni 1961 zur Erfüllung von Anliegerbeitragspflichten langfristige Verträge oder sonstige Vereinbarungen, insbesondere über das Ansammeln von Mitteln für den Straßenbau in Straßenbaukassen oder auf Sonderkonten bestanden, können die Länder ihre Abwicklung durch Gesetz regeln.

(3) § 125 Absatz 3 ist auch auf Bebauungspläne anzuwenden, die vor dem 1. Juli 1987 in Kraft getreten sind.

(4) § 127 Absatz 2 Nummer 2 ist auch auf Verkehrsanlagen anzuwenden, die vor dem 1. Juli 1987 endgültig hergestellt worden sind. Ist vor dem 1. Juli 1987 eine Beitragspflicht nach Landesrecht entstanden, so verbleibt es dabei.

(5) Ist für einen Kinderspielplatz eine Beitragspflicht bereits auf Grund der vor dem 1. Juli 1987 geltenden Vorschriften (§ 127 Absatz 2 Nummer 3 und 4 des Bundesbaugesetzes) entstanden, so verbleibt es dabei. Die Gemeinde soll von der Erhebung des Erschließungsbeitrags ganz oder teilweise absehen, wenn dies auf Grund der örtlichen Verhältnisse, insbesondere unter Berücksichtigung des Nutzens des Kinderspielplatzes für die Allgemeinheit, geboten ist. Satz 2 ist auch auf vor dem 1. Juli 1987 entstandene Beiträge anzuwenden, wenn

1.
der Beitrag noch nicht entrichtet ist oder
2.
er entrichtet worden, aber der Beitragsbescheid noch nicht unanfechtbar geworden ist.

(6) § 128 Absatz 1 ist auch anzuwenden, wenn der Umlegungsplan (§ 66 des Bundesbaugesetzes) oder die Vorwegregelung (§ 76 des Bundesbaugesetzes) vor dem 1. Juli 1987 ortsüblich bekannt gemacht worden ist (§ 71 des Bundesbaugesetzes).

(7) Ist vor dem 1. Juli 1987 über die Stundung des Beitrags für landwirtschaftlich genutzte Grundstücke (§ 135 Absatz 4 des Bundesbaugesetzes) entschieden und ist die Entscheidung noch nicht unanfechtbar geworden, ist § 135 Absatz 4 dieses Gesetzbuchs anzuwenden.

(8) § 124 Absatz 2 Satz 2 in der bis zum 21. Juni 2013 geltenden Fassung ist auch auf Kostenvereinbarungen in Erschließungsverträgen anzuwenden, die vor dem 1. Mai 1993 geschlossen worden sind. Auf diese Verträge ist § 129 Absatz 1 Satz 3 weiterhin anzuwenden.

(9) Für Erschließungsanlagen oder Teile von Erschließungsanlagen in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrags genannten Gebiet, die vor dem Wirksamwerden des Beitritts bereits hergestellt worden sind, kann nach diesem Gesetz ein Erschließungsbeitrag nicht erhoben werden. Bereits hergestellte Erschließungsanlagen oder Teile von Erschließungsanlagen sind die einem technischen Ausbauprogramm oder den örtlichen Ausbaugepflogenheiten entsprechend fertiggestellten Erschließungsanlagen oder Teile von Erschließungsanlagen. Leistungen, die Beitragspflichtige für die Herstellung von Erschließungsanlagen oder Teilen von Erschließungsanlagen erbracht haben, sind auf den Erschließungsbeitrag anzurechnen. Die Landesregierungen werden ermächtigt, bei Bedarf Überleitungsregelungen durch Rechtsverordnung zu treffen.

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der ermittelte beitragsfähige Erschließungsaufwand für eine Erschließungsanlage ist auf die durch die Anlage erschlossenen Grundstücke zu verteilen. Mehrfach erschlossene Grundstücke sind bei gemeinsamer Aufwandsermittlung in einer Erschließungseinheit (§ 130 Absatz 2 Satz 3) bei der Verteilung des Erschließungsaufwands nur einmal zu berücksichtigen.

(2) Verteilungsmaßstäbe sind

1.
die Art und das Maß der baulichen oder sonstigen Nutzung;
2.
die Grundstücksflächen;
3.
die Grundstücksbreite an der Erschließungsanlage.
Die Verteilungsmaßstäbe können miteinander verbunden werden.

(3) In Gebieten, die nach dem Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes erschlossen werden, sind, wenn eine unterschiedliche bauliche oder sonstige Nutzung zulässig ist, die Maßstäbe nach Absatz 2 in der Weise anzuwenden, dass der Verschiedenheit dieser Nutzung nach Art und Maß entsprochen wird.

(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Geschäfts- und Bürogebäude,
3.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
4.
sonstige Gewerbebetriebe,
5.
Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
6.
Gartenbaubetriebe,
7.
Tankstellen,
8.
Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind.

(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 außerhalb der in Absatz 2 Nummer 8 bezeichneten Teile des Gebiets zugelassen werden.

(1) Der ermittelte beitragsfähige Erschließungsaufwand für eine Erschließungsanlage ist auf die durch die Anlage erschlossenen Grundstücke zu verteilen. Mehrfach erschlossene Grundstücke sind bei gemeinsamer Aufwandsermittlung in einer Erschließungseinheit (§ 130 Absatz 2 Satz 3) bei der Verteilung des Erschließungsaufwands nur einmal zu berücksichtigen.

(2) Verteilungsmaßstäbe sind

1.
die Art und das Maß der baulichen oder sonstigen Nutzung;
2.
die Grundstücksflächen;
3.
die Grundstücksbreite an der Erschließungsanlage.
Die Verteilungsmaßstäbe können miteinander verbunden werden.

(3) In Gebieten, die nach dem Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes erschlossen werden, sind, wenn eine unterschiedliche bauliche oder sonstige Nutzung zulässig ist, die Maßstäbe nach Absatz 2 in der Weise anzuwenden, dass der Verschiedenheit dieser Nutzung nach Art und Maß entsprochen wird.

(1) Für vorhandene Erschließungsanlagen, für die eine Beitragspflicht auf Grund der bis zum 29. Juni 1961 geltenden Vorschriften nicht entstehen konnte, kann auch nach diesem Gesetzbuch kein Beitrag erhoben werden.

(2) Soweit am 29. Juni 1961 zur Erfüllung von Anliegerbeitragspflichten langfristige Verträge oder sonstige Vereinbarungen, insbesondere über das Ansammeln von Mitteln für den Straßenbau in Straßenbaukassen oder auf Sonderkonten bestanden, können die Länder ihre Abwicklung durch Gesetz regeln.

(3) § 125 Absatz 3 ist auch auf Bebauungspläne anzuwenden, die vor dem 1. Juli 1987 in Kraft getreten sind.

(4) § 127 Absatz 2 Nummer 2 ist auch auf Verkehrsanlagen anzuwenden, die vor dem 1. Juli 1987 endgültig hergestellt worden sind. Ist vor dem 1. Juli 1987 eine Beitragspflicht nach Landesrecht entstanden, so verbleibt es dabei.

(5) Ist für einen Kinderspielplatz eine Beitragspflicht bereits auf Grund der vor dem 1. Juli 1987 geltenden Vorschriften (§ 127 Absatz 2 Nummer 3 und 4 des Bundesbaugesetzes) entstanden, so verbleibt es dabei. Die Gemeinde soll von der Erhebung des Erschließungsbeitrags ganz oder teilweise absehen, wenn dies auf Grund der örtlichen Verhältnisse, insbesondere unter Berücksichtigung des Nutzens des Kinderspielplatzes für die Allgemeinheit, geboten ist. Satz 2 ist auch auf vor dem 1. Juli 1987 entstandene Beiträge anzuwenden, wenn

1.
der Beitrag noch nicht entrichtet ist oder
2.
er entrichtet worden, aber der Beitragsbescheid noch nicht unanfechtbar geworden ist.

(6) § 128 Absatz 1 ist auch anzuwenden, wenn der Umlegungsplan (§ 66 des Bundesbaugesetzes) oder die Vorwegregelung (§ 76 des Bundesbaugesetzes) vor dem 1. Juli 1987 ortsüblich bekannt gemacht worden ist (§ 71 des Bundesbaugesetzes).

(7) Ist vor dem 1. Juli 1987 über die Stundung des Beitrags für landwirtschaftlich genutzte Grundstücke (§ 135 Absatz 4 des Bundesbaugesetzes) entschieden und ist die Entscheidung noch nicht unanfechtbar geworden, ist § 135 Absatz 4 dieses Gesetzbuchs anzuwenden.

(8) § 124 Absatz 2 Satz 2 in der bis zum 21. Juni 2013 geltenden Fassung ist auch auf Kostenvereinbarungen in Erschließungsverträgen anzuwenden, die vor dem 1. Mai 1993 geschlossen worden sind. Auf diese Verträge ist § 129 Absatz 1 Satz 3 weiterhin anzuwenden.

(9) Für Erschließungsanlagen oder Teile von Erschließungsanlagen in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrags genannten Gebiet, die vor dem Wirksamwerden des Beitritts bereits hergestellt worden sind, kann nach diesem Gesetz ein Erschließungsbeitrag nicht erhoben werden. Bereits hergestellte Erschließungsanlagen oder Teile von Erschließungsanlagen sind die einem technischen Ausbauprogramm oder den örtlichen Ausbaugepflogenheiten entsprechend fertiggestellten Erschließungsanlagen oder Teile von Erschließungsanlagen. Leistungen, die Beitragspflichtige für die Herstellung von Erschließungsanlagen oder Teilen von Erschließungsanlagen erbracht haben, sind auf den Erschließungsbeitrag anzurechnen. Die Landesregierungen werden ermächtigt, bei Bedarf Überleitungsregelungen durch Rechtsverordnung zu treffen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.