Verwaltungsgericht Koblenz Urteil, 30. Sept. 2014 - 4 K 591/14.KO

ECLI:ECLI:DE:VGKOBLE:2014:0930.4K591.14.KO.0A
30.09.2014

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Tenor

Der Bescheid der Beklagten vom 7. Januar 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landkreises Cochem-Zell vom 21. Mai 2014 - KRA - W 71/2014 - wird aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Festsetzung von wiederkehrenden Beiträgen durch die Beklagte für die Jahre 2012 und 2013.

2

Die Klägerin war zuvor Miteigentümerin neben ihrer Mutter und ist seit 12. März 2013 Alleineigentümerin des Grundstücks der Gemarkung Kaimt, Flur ..., Parzelle ..., 13.627 qm groß (Straße „A...“).

3

Der Stadtrat der Beklagten beriet in der Sitzung vom 12. September 2011 eine Systemumstellung der Straßenbaubeiträge vom einmaligen zum wiederkehrenden Beitrag. Er beschloss am 8. November 2011 eine Ausbaubeitragssatzung wiederkehrender Beiträge, die am 1. Januar 2012 in Kraft trat.

4

Der Stadtrat der Beklagten beschloss am 28. Februar 2012 ein Ausbauprogramm für die Jahre 2012 bis 2016. In 2012/2013 sollte die B..., 2014 die C... Straße, 2015 die D... Straße und 2016 der E... Weg ausgebaut werden. Der Stadtrat beschloss am 23. April 2012 die Erhebung von Vorausleistungen auf den jährlichen wiederkehrenden Beitrag. Das Bauprogramm wurde in der Stadtratssitzung vom 27. Juni 2012 geändert und es wurde beschlossen, die F... Straße 2013 zusätzlich auszubauen.

5

Auf die Klage der Klägerin in dem Verfahren 4 K 521/13.KO hob die Beklagte den vorangegangenen Bescheid vom 25. Juli 2012 für das vorgenannte Grundstück und für das Jahr 2012 in der mündlichen Verhandlung vom 22. Oktober 2013 zur Niederschrift des Gerichts auf, nachdem die erkennende Kammer auf Bedenken gegen die Bestimmtheit der Satzung hingewiesen hatte. Das gerichtliche Verfahren wurde daraufhin übereinstimmend für erledigt erklärt.

6

Am 24. Februar 2014 beschloss der Stadtrat der Beklagten eine neue Ausbaubeitragssatzung wiederkehrende Beiträge – ABS –, welche mit Wirkung vom 1. Januar 2012 rückwirkend in Kraft gesetzt wurde. § 3 ABS lautet:

7

„Ermittlungsgebiete

8

(1) Sämtliche zum Anbau bestimmten Verkehrsanlagen des Stadtgebietes bilden als einheitliche öffentliche Einrichtung das Ermittlungsgebiet (Abrechnungseinheit). Das Ermittlungsgebiet wird gebildet von den zum Anbau bestimmten Verkehrsanlagen der Stadtteile Zell (Mosel), Zell-Merl, Zell-Kaimt und Zell-Barl.

9

Die Splittersiedlung „Siedlung Althaus" befindet sich im Außenbereich des Gebietes der Stadt Zell (Mosel) und ist durch die K 46 erschlossen. Bei der K 46 handelt es sich um eine nicht zum Anbau bestimmte Straße. Somit sind die Grundstücke der Siedlung Althaus zu den wiederkehrenden Ausbaubeiträgen nicht beitragspflichtig.

10

(2) Der beitragsfähige Aufwand wird für die eine Abrechnungseinheit bildenden Verkehrsanlagen nach dem Durchschnitt der im Zeitraum von 5 Jahren zu erwartenden Investitionsaufwendungen in der Abrechnungseinheit nach Abs. 1 ermittelt.“

11

Mit Bescheid vom 7. Januar 2014 setzte die Beklagte für die Jahre 2012 und 2013 einen wiederkehrenden Ausbaubeitrag in Höhe von insgesamt 6.432,70 Euro fest. Dem Beitrag liegt eine Grundstücksfläche von 13.627 qm zugrunde, die mit einem Vollgeschoßzuschlag von 30% und einem Gewerbezuschlag von 20 % gewichtet und mit dem Beitragssatz von 0,1513 Euro/qm multipliziert wurde. Dem Betragssatz liegen geschätzte Gesamtkosten des Bauprogramms abzüglich des Gemeindeanteils von 1.389.010 Euro und eine beitragspflichtige Gesamtfläche von 1.835.715,4 qm zugrunde. Der errechnete jährliche Beitrag beträgt 3.216,35 Euro und wurde hier für die Jahre 2012 und 2013 zusammen erhoben. Der Bescheid wurde im Hinblick auf den beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Vorlagebeschluss der Kammer vom 1. August 2011 – 4 K 1392/10.KO – für vorläufig erklärt und wie folgt überschrieben:

12

„ V o r l ä u f i g e r  B e i t r a g s b e s c h e i d

13

über die Erhebung eines endgültigen wiederkehrenden Beitrags für öffentliche Verkehrsanlagen für die Eigentümer der Grundstücke an den zum Anbau bestimmten Verkehrsanlagen des gesamten Stadtgebiets (gebildet aus der Stadt Zell (Mosel) und den Stadtteilen Zell-Barl, Zell-Kaimt und Zell-Merl - Abrechnungseinheit -) in der Stadt Zell (Mosel) für die Jahre 2012 und 2013“.

14

Am 22. Januar 2014 erhob die Klägerin Widerspruch und führte aus, auch der neue Bescheid leide an einem formalen Mangel, da er nicht allen Miteigentümern zugestellt worden sei. Ferner ergebe sich weder aus der Verwaltungsakte noch aus dem Beitragsbescheiden selbst, dass die beabsichtigten Straßenbaumaßnahmen beitragsfähige Aufwendungen darstellten. Der Gemeindeanteil sei ebenfalls fehlerhaft ermittelt worden. Der Begriff des Anliegerverkehrs könne hier nicht uneingeschränkt gelten, da in der Abrechnungseinheit drei unterschiedliche Baugebiete zusammengefasst worden seien. So diene der Verkehr in der F... Straße überwiegend nicht den Anliegern sondern der Allgemeinheit. Dies sei auch der Grund dafür, dass die Fahrbahndecke der F... Straße beschädigt worden sei. Was die Erneuerungsbedürftigkeit von Straßen anbelange, sei die B... schon in den 70er Jahren aufgrund der Beanspruchung durch zwei große Kellereien ausbaubedürftig gewesen und hätte bereits Mitte der 90er Jahre erneuert werden müssen. Die Beklagte habe nichts unternommen und notwendige Instandsetzungsmaßnahmen immer wieder aufgeschoben. Die F... Straße sei hingegen mangelhaft erstellt worden. Die Auswahl der auszubauenden Straßen sei nicht von sachgerechten Motiven geleitet worden. Ein notwendiger Ausbau beispielsweise auf dem Barl sei im jetzigen Bauprogramm unterblieben. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen VGH sei von einer Nutzung der Hauptverkehrsstraßen von 25 Jahren auszugehen, daher unterliege die F... Straße noch nicht dem beitragsfähigen Ausbau. Die Straßenbeleuchtung müsse nicht erneuert werden.

15

Der Kreisrechtsausschuss des Landkreises Cochem-Zell wies den Widerspruch mit am 22. Mai 2014 zugestelltem Widerspruchsbescheid vom 21. Mai 2014 - KRA - W 71/2014 - zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, einen Fall einer begründungsbedürftigen Aufteilung in Abrechnungseinheiten sehe die Regelung des § 3 ABS in der jetzigen Fassung – im Gegensatz zur bisherigen Satzung – nicht vor. Nach § 10a KAG könnten die Gemeinden anstelle der Erhebung von einmaligen Beiträgen auch diese Investitionsaufwendungen bis zu fünf Jahre für Verkehrsanlagen nach Abzug des Gemeindeanteils als wiederkehrende Beiträge auf die beitragspflichtigen Grundstücke verteilen. Es spiele in diesem Zusammenhang wegen des einheitlichen Einrichtungsbegriffs keine Rolle, ob ein Grundstück an einer reinen Gemeindestraße oder an einer klassifizierten Straße liege, bei der die Gemeinde nur die Baulast für den Gehweg und die Beleuchtung besitze. Es sei gerade Sinn und Zweck des wiederkehrenden Beitrages, dass alle in der Abrechnungseinheit liegenden beitragspflichtigen Grundstücke für den Ausbau einzelner Verkehrsanlagen herangezogen werden, unabhängig davon, ob sie an der auszubauenden Straßen lägen oder nicht. Der Bescheid sei im Hinblick auf den Vorlagebeschluss des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 1. August 2011 - 4 K 1392/10.KO - für vorläufig erklärt worden nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 KAG i.V.m. § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO, so dass es in dem vorliegenden Widerspruchsverfahren nicht auf die verfassungsrechtlichen Fragen ankomme. Es bestünden auch unabhängig von der Prüfungskompetenz des Kreisrechtsausschusses keine Bedenken an der Rechtsmäßigkeit der Satzung. Ebenso sei der Gemeindeanteil zutreffend ermittelt worden. Soweit die Beklagte in das Bauprogramm 2012 – 2016 Straßen aufgenommen habe, die nicht nur in einem Stadtteil lägen, sei dies zwar nicht zwingend, aber von der kommunalpolitischen Ermessensentscheidung gedeckt. Entscheidend sei, dass jede dieser Straßen unter den Ausbautatbestand falle. Die Nichtaufnahme weiterer Straßen in das jetzige Bauprogramm habe auch im Hinblick auf die finanzielle Belastung der Beitragspflichtigen getroffen werden können. Ein Rechtsanspruch auf die Aufnahme einer bestimmen Straße in das laufende Bauprogramm bestehe nicht. Die Aufnahme der F... Straße in das Bauprogramm sei nicht zu beanstanden. Sie liege zwar in einem noch nicht förmlich aufgehobenen Sanierungsgebiet, könne aber dennoch Bestandteil der Abrechnungseinheit sein. Komme somit die einschlägige Satzung der Stadt zur generellen Anwendung, bestehe eine grundsätzliche Beitragspflicht des veranlagten Grundstücks. Das Grundstück liege in der Abrechnungseinheit und eine Zugangs- bzw. Zufahrtsmöglichkeit zu einer Verkehrsanlage im Abrechnungsgebiet bestehe.

16

Mit Telefax ihrer Prozessbevollmächtigten hat die Klägerin am Montag, dem 23. Juni 2014, die vorliegende Klage erhoben und wiederholt und vertieft ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren. Sie weist auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Juni 2014 - 1 BvR 668/10 sowie 1 BvR 2104/10 -hin. Danach entfalle die auf § 10a KAG gestützte Rechtsgrundlage für die Entscheidung der Beklagten, nur eine einzige Abrechnungseinheit für die gesamte Stadt mit all ihren Stadtteilen rechts und links der Mosel sowie jenseits der B 53 auf den Höhen des Stadtteils Barl bilden zu können. In Großstädten oder Gemeinden ohne zusammenhängendes Gebiet, so wie in Zell (Mosel) mit all seinen Stadtteilen sei das eröffnete Satzungsermessen zur Bildung einer einheitlichen Verkehrsanlage im gesamten Gemeindegebiet insoweit von Verfassungs wegen auf Null reduziert, als nur so dem Gebot eines zurechenbaren Sondervorteils auch bei Berücksichtigung des Typisierungs- und Vereinfachungsspielraums des Satzungsgebers Rechnung getragen werden könne. Der Stadtteil Barl sei ein eigenständiges Industrie-, Gewerbe- und Wohngebiet, das mit dem gesamten Straßennetz unmittelbar nur an die B 53 anknüpfe. Der Stadtteil Kaimt wiederum habe ein in sich geschlossenes, örtlich gewachsenes Straßennetz, moselseits von der B 53. Er werde bergseits vom neuen Stadtteil Barl, der erst zu Beginn der 1970er Jahre begründet und stetig erweitert worden sei, durch die B 53 und talseits durch den Fluss von der Stadt Zell und dem Stadtteil Merl getrennt. Im Ergebnis seien drei getrennte Straßennetze nicht unmittelbar miteinander verbunden, so dass die Einrichtung von drei getrennten Abrechnungseinheiten zur Bildung gerechter Solidargemeinschaften angezeigt sei. Allein die Tatsache, dass der Fluss die Stadtteile rechts und links der Mosel trenne, widerlege die Auffassung der Beklagten.

17

Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,

18

den Bescheid der Verbandsgemeindeverwaltung Zell für die Stadt Zell/Mosel, vertreten durch den Bürgermeister, vom 7. Januar 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landkreises Cochem-Zell vom 21. Mai 2014 zu Az.: KRA - W 71/2014 - aufzuheben.

19

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

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die Klage abzuweisen.

21

Sie verweist auf den Widerspruchsbescheid und führt ergänzend aus, dass die Zusammenfassung der Stadtteile der Stadt Zell (Mosel) zu einer öffentlichen Einrichtung zulässig sei, da bei den Stadtteilen Kernstadt Zell und Merl aufgrund der herangerückten Bebauung keine klare topografische Abgrenzung gegeben sei. Außerdem seien die Stadtteile Kernstadt Zell und Zell (Kaimt) zwar durch die Mosel topografisch getrennt, jedoch verbänden die bestehende Autobrücke und die davon ca. 1,2 km moselabwärts gelegene Fußgängerbrücke die beiden Stadtteile wieder miteinander.

22

Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 28. und 29. August 2014 auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

23

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze und Unterlagen der Beteiligten, die vorgelegten Verwaltungs- und Widerspruchsakten sowie die Gerichtsakten 4 K 590/14.KO, 4 K 592/14.KO, 4 K 602/14.KO, 4 K 603/14.KO, 4 K 604/14.KO und 4 K 521/13.KO nebst den dort vorgelegten Verwaltungs- und Widerspruchsakten verwiesen; sämtliche Unterlagen waren Gegenstand der Beratung.

Entscheidungsgründe

24

Die Klage, über die die Kammer im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte (§ 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO), ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.

25

Die Klage ist zulässig; sie wurde rechtzeitig erhoben. Die Zustellung des Widerspruchsbescheids am 22. Mai 2014 löste die einmonatige Klagefrist (§ 74 VwGO) aus, die gemäß § 57 VwGO i.V.m. § 222 Abs. 2 der Zivilprozessordnung am Montag, dem 23. Juni 2014 endete. An diesem Tage hat die Klägerin die vorliegende Klage wirksam erhoben.

26

Die Klage ist auch begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 7. Januar 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landkreises Cochem-Zell vom 21. Mai 2014 – KRA – W 71/2014 – ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO); er ist daher aufzuheben. Dem die Klägerin belastenden Bescheid fehlt es an einer notwendigen Ermächtigungsgrundlage, da § 3 der Satzung zur Erhebung von wiederkehrenden Beiträgen für den Ausbau von Verkehrsanlagen (Ausbaubeitragssatzung wiederkehrende Beiträge) für die Stadt Zell – ABS – vom 25. Februar 2014 hinsichtlich des darin festgelegten Einrichtungsgebietes und damit die Satzung insgesamt rechtswidrig und nichtig ist.

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Der gerichtlichen Entscheidung unter Einbeziehung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in seinem Beschluss vom 25. Juni 2014 - 1 BvR 668/10 und 1 BvR 2104/10 – (WM 2014, 1693) und der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Satzung steht nicht entgegen, dass der Bescheid vom 7. Januar 2014 – gestützt auf § 3 Abs. 1 Nr. 4 des Kommunalabgabengesetzes – KAG – i.V.m. § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 der AbgabenordnungAO – im Hinblick auf den Vorlagebeschluss der Kammer vom 1. August 2011 – 4 K 1392/10.KO – (DWW 2012, 218) vorläufig erlassen wurde. Der Vorlagebeschluss wurde zwischenzeitlich nicht aufgehoben, sondern ist weiterhin bei dem Bundesverfassungsgericht anhängig und hat sich durch dessen o.a. Beschluss nicht erledigt. Die nach Auffassung der Kammer zur Verfassungswidrigkeit der Vorschriften der §§ 10, 10a KAG führenden Gründe (vgl. den Vorlagebeschluss a.a.O., S. 17-42 des Beschlussabdrucks - BA) wurden in dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Juni 2014 im Wesentlichen nicht aufgegriffen und verfassungsrechtlich geklärt, obwohl dieser den Vorlagebeschluss ausdrücklich als Beleg für den nichtsteuerlichen Abgabencharakter der wiederkehrenden Beiträge heranzieht (vgl. Beschluss vom 25. Juni 2014, a.a.O., S. 17 BA). Daher sind weiterhin eine Vielzahl von Fallgestaltungen gegeben, in denen die von der Kammer aufgeführten Gründe Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide haben (können), selbst wenn die vom Bundesverfassungsgericht aufgeführten Kriterien für die Zurechenbarkeit eines Vorteils beachtet werden.

28

Auch in dem vorliegenden Klageverfahren wären mehrere der im Vorlagebeschluss der Kammer aufgeworfenen Gründe entscheidungsrelevant. So käme es etwa auf die Gesetzgebungskompetenz des Landes für die Einbeziehung von Bundesstraßen in das kommunale Anbaustraßennetz (S. 17 f. BA) an, da die B 53 auf einem kurzen Stück südlich des Kreisels östlich der Mosel (Verbindung zur B 421) gerade im Bereich der Grundstücke der Klägerin in der A... (s.a. die weiteren Verfahren der Klägerin 4 K 590/14.KO und 4 K 592/14.KO) Anliegergrundstücke erschließt und nach Auffassung der Beklagten hier die Beitragspflicht gerade auch der Grundstücke der Klägerin begründet. Ähnliches gilt für die B 421 in diesem Bereich. Ebenso bliebe der von der Kammer angenommene Verstoß gegen die Regelung des § 127 Abs. 1 BauGB (vgl. S. 18 f. BA) von Bedeutung. Denn der nach § 10a KAG zwangsläufige Umstand, dass eine Erschließungsstraße, die bereits technisch hergestellt und gewidmet ist, jedoch noch nicht abrechenbar ist (oder abgerechnet wurde), gleichzeitig mit der Widmung zum Anbaustraßennetz gehört und damit als Ausbaumaßnahme über den wiederkehrenden Beitrag abrechenbar wäre, hat die Möglichkeit einer Doppelfinanzierung und damit eines Verstoßes gegen die Einmaligkeit der Beitragserhebung zur Folge. Auch die von der Beklagten erfolgte Einbeziehung der Kosten der Maßnahmen an der in einem förmlich festgesetzten Sanierungsgebiet nach dem Baugesetzbuch gelegenen F... Straße stellt einen Sachverhalt dar, der nach der im Vorlagebeschluss dargelegten Auffassung gegen die Normenwahrheit und -klarheit (S. 22 f. BA) verstößt. Zudem gibt es auch für Maßnahmen in Sanierungsgebieten besondere Finanzierungsmittel und -zuschüsse sowie die Verpflichtung zur Heranziehung der bevorteilten Eigentümer zu Ausgleichsbeträgen (vgl. §§ 154 ff. BauGB), so dass auch hier die naheliegende Gefahr der Doppelfinanzierung besteht. Darüber hinaus bleibt auch die Frage offen, ob etwa selbständige Fuß- und Radwege sowie selbständige Parkflächen und Grünanlagen (vgl. § 2 ABS) Teil einer Abrechnungseinheit sein können, auch wenn letztere schon keine Straßen sind und erstere wegen des anderen Widmungsinhalts (wie auch bei Fußgängerzonen und nicht befahrbaren Wohnwegen) nicht mit befahrbaren Straßen als einheitliche Einrichtung betrachtet werden können (S. 22, 26 BA)

29

Die vorliegende Klage ist jedoch auch ohne eine entsprechende verfassungsgerichtliche Klärung der vorgenannten Fragen und damit ohne Rücksicht auf den Vorläufigkeitsvermerk entscheidungsreif, da der hier als Rechtsgrundlage für den erlassenen Bescheid dienende und rückwirkend zum 1. Januar 2012 in Kraft gesetzte § 3 ABS nicht auf den verfassungskonform ausgelegten § 10a KAG gestützt werden kann. Denn vor der Frage der Vereinbarkeit der §§ 10 und 10a KAG mit höherrangigem Recht ist zunächst zu klären, ob die hier anzuwendende Satzung selbst mit höherrangigem (Gesetzes- und Verfassungs-)Recht vereinbar ist. Insbesondere § 3 ABS erfüllt nicht die vom Bundesverfassungsgericht in dem Beschluss vom 25. Juni 2014 (a.a.O.) gestellten verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine Abgabenerhebung, da ein individuell-konkret zurechenbarer, grundstücksbezogener Vorteil der beitragspflichtigen Grundstücke vom Anschluss an die von der Beklagten gebildeten Beitragseinheit nicht ausreichend vorhanden ist.

30

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem o.a. Beschluss vom 25. Juni 2014 die Verbindung der Erhebung von Beiträgen mit dem Grundsatz der Belastungsgleichheit nach Art. 3 Abs. 1 GG herausgestellt und fordert, dass die Differenzierung zwischen Beitragspflichtigen und nicht Beitragspflichtigen nach Maßgabe des konkret-zurechenbaren Vorteils vorgenommen wird, dessen Nutzungsmöglichkeit mit dem Beitrag abgegolten werden soll. Es hat die angegriffenen Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz (Beschlüsse vom 26. Januar 2010 – 6 A 11036/09.OVG – und vom 14. Juni 2010 – 6 A 10082/10.OVG –) aufgehoben, da sie die Beschwerdeführerinnen in ihren Grundrechten aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzen, und die Sachen zur Klärung der Frage, ob die angegriffenen Beitragssatzungen in den beiden Verfassungsbeschwerdeverfahren den durch diese Entscheidung geklärten verfassungsrechtlichen Anforderungen gerecht werden, an das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz zurückverwiesen. Zu der erforderlichen verfassungskonformen Auslegung des § 10a KAG RP führt das Bundesverfassungsgericht in dem Beschluss vom 25. Juni 2014 (a.a.O., S. 19 ff. BA) aus:

31

„Die Heranziehung zu wiederkehrenden Beiträgen nach Maßgabe des § 10a KAG RP verstößt bei verfassungskonformer Auslegung nicht gegen das Grundrecht auf Gleichbehandlung des Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Gebot der Belastungsgleichheit.

32

3. Werden Beiträge erhoben, verlangt Art. 3 Abs. 1 GG, dass die Differenzierung zwischen Beitragspflichtigen und nicht Beitragspflichtigen nach Maßgabe des Vorteils vorgenommen wird, dessen Nutzungsmöglichkeit mit dem Beitrag abgegolten werden soll. Erfolgt die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen grundstücksbezogen, können nach dem Grundsatz der abgabenrechtlichen Belastungsgleichheit nur solche Grundstücke herangezogen werden, deren Eigentümer aus der Möglichkeit, die ausgebauten Straßen in Anspruch zu nehmen, einen Sondervorteil schöpfen können, der sich von dem der Allgemeinheit der Straßennutzer unterscheidet.

33

Die Erhebung von Beiträgen erfordert hiernach hinreichende sachliche Gründe, welche eine individuelle Zurechnung des mit dem Beitrag belasteten Vorteils (siehe oben B. I.) zum Kreis der Belasteten rechtfertigen. Wesentlich für den Begriff des Beitrags ist der Gedanke der angebotenen Gegenleistung, des Ausgleichs von Vorteilen und Lasten: Wenn das Gemeinwesen in Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe eine besondere Einrichtung zur Verfügung stellt, so sollen diejenigen, die daraus besonderen wirtschaftlichen Nutzen ziehen oder ziehen können, zu den Kosten ihrer Errichtung und Unterhaltung beitragen (vgl. BVerfGE 14, 312 <317>). Die für die Kostentragungspflicht erforderliche individuelle Zurechenbarkeit lässt sich insbesondere aus der rechtlichen oder tatsächlichen Sachherrschaft oder -nähe und der damit verbundenen Möglichkeit herleiten, aus der Sache konkrete wirtschaftliche Vorteile oder Nutzen zu ziehen (vgl. BVerfGE 91, 207 <223>). Das schließt allerdings nicht aus, dass eine unbestimmte Vielzahl von Bürgern zu Beiträgen herangezogen wird, sofern ihnen jeweils ein Sondervorteil individuell-konkret zugerechnet werden kann (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 13. Mai 2014 - VGH B 35/12 -, juris, Rn. 103).

34

Soweit die Beitragserhebung grundstücksbezogen erfolgt, muss auch der Sondervorteil grundstücksbezogen definiert werden (vgl. Driehaus, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 8 Rn. 272 ; Beuscher, ebd. Rn. 2314); er kann zum Beispiel in einer Erhöhung des Gebrauchswertes des Grundstücks durch die Belegenheit in einem verkehrsmäßig erschlossenen Gebiet oder in der Möglichkeit der Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung oder Anlage bestehen, welche ihrerseits den Gebrauchswert des Grundstücks steigert. Eine Steigerung des Verkehrswertes ist nicht erforderlich (vgl. Arndt, in: Henneke/ Pünder/Waldhoff, Recht der Kommunalfinanzen, 2006, § 16 Rn. 130; Driehaus, a.a.O.; Schneider, Driehaus-Festschrift, 2005, S. 179 <184>).

35

Weitergehende verpflichtende Anforderungen, wie zum Beispiel die Existenz eines „funktionalen Zusammenhangs“ zwischen Verkehrsanlagen und den mit einem Ausbaubeitrag belasteten Grundstücken sind verfassungsrechtlich nicht geboten. Allerdings darf sich aus Gründen der Belastungsgleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG) der Sondervorteil, dessen Inanspruchnahme durch die Erhebung eines Beitrags ausgeglichen werden soll, nicht in der Weise auflösen, dass Beitragspflichtige keinen größeren Vorteil aus der potentiellen Inanspruchnahme der Gegenleistung ziehen können als die nichtbeitragspflichtige Allgemeinheit. Damit bleibt Raum für eine Ausgestaltung der Beitragsverpflichtung durch den Gesetz- oder Satzungsgeber. Der danach eröffnete Spielraum ist erst dann überschritten, wenn kein konkreter Bezug zwischen dem gesetzlich definierten Vorteil und den Abgabepflichtigen mehr erkennbar ist (vgl. Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, 1973, S. 88).

36

4. Nach diesen Maßgaben verstößt die Heranziehung zu wiederkehrenden Beiträgen nach § 10a KAG RP in verfassungskonformer Auslegung nicht gegen den Grundsatz der Belastungsgleichheit der Abgabepflichtigen. Der für die Beitragserhebung erforderliche Sondervorteil der Beitragspflichtigen liegt in der Möglichkeit des Zugangs von ihren Grundstücken zu den öffentlichen Verkehrsanlagen (a). Bei verfassungskonformer Auslegung von § 10a KAG RP und einer entsprechenden Umsetzung durch den jeweils zuständigen Satzungsgeber ist ein durch den Ausbau von Verkehrsanlagen bedingter Sondervorteil sämtlichen Abgabepflichtigen hinreichend individuell zurechenbar (b). Die Erhebung wiederkehrender Beiträge durch Satzung nach § 10a KAG RP führt bei verfassungskonformer Auslegung auch nicht zu einer Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem, weil sämtliche Grundstücke innerhalb einer einheitlichen öffentlichen Einrichtung abgabepflichtig wären, obwohl sie durch die Ausbaumaßnahmen wesentlich unterschiedlich begünstigt sind, sofern mit der Anlage ein Vorteil für das Grundstück, an das der Beitrag anknüpft, verbunden ist (c).

37

a) Der durch den Beitrag ausgeglichene Sondervorteil besteht nach dem Wortlaut des § 10a KAG RP und der Begründung des Gesetzentwurfs in der rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeit der Zufahrt oder des Zugangs zu einer öffentlichen Verkehrsanlage, die Teil einer einheitlichen öffentlichen Einrichtung ist. Dem steht die wiederkehrende Erhebung des Beitrags nicht entgegen (vgl. BVerfGE 42, 223 <228 f.>).

38

Der Gesetzgeber sieht den Sondervorteil in der Möglichkeit der Zufahrt oder des Zugangs zu einem Gesamtsystem der Verkehrsanlagen, das nach Maßgabe der Satzung grundsätzlich auch aus sämtlichen zum Ausbau bestimmten Verkehrsanlagen einer Gemeinde bestehen kann und damit eine einheitliche öffentliche Einrichtung bildet. Bereits nach der Vorgängerregelung des § 10 Abs. 6 KAG RP aus dem Jahre 1995 war die „rechtliche und tatsächliche Möglichkeit einer Zufahrt oder eines Zugangs zu einer in der Abrechnungseinheit gelegenen Verkehrsanlage“ der gesetzliche Anknüpfungspunkt für den Sondervorteil. Mit der Neuregelung wurde der Begriff der „Abrechnungseinheit“ durch den der „einheitlichen öffentlichen Einrichtung“ ersetzt. Während nach Auffassung des Landesgesetzgebers beim einmaligen Beitrag nach § 10 Abs. 5 KAG RP der Sondervorteil in der rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeit einer Zufahrt oder eines Zugangs „zu der hergestellten oder ausgebauten Verkehrsanlage“ besteht, soll beim (wiederkehrenden) Beitrag nach § 10a KAG RP die Möglichkeit der Zufahrt oder des Zugangs zu „einer der Verkehrsanlagen“ - also nicht nur zu einer bestimmten, gerade hergestellten oder ausgebauten Verkehrsanlage - genügen. Die einheitliche öffentliche Einrichtung bilde in ihrer Gesamtheit das einheitliche Straßensystem, welches den durch die einzelnen Verkehrsanlagen „erschlossenen“, qualifiziert nutzbaren Grundstücken die erforderliche Anbindung an das gesamte übrige innerörtliche und damit zugleich auch überörtliche Straßennetz ermögliche. In der Erhaltung, Verbesserung oder Erweiterung dieses Straßensystems seitens der Gemeinde durch entsprechende Ausbaumaßnahmen an den einzelnen Verkehrsanlagen liege der verfassungsrechtlich erforderliche, aber auch ausreichende Sondervorteil, der durch den wiederkehrenden Beitrag abgegolten werde (LTDrucks 15/318, S. 7 f.).

39

Der beitragspflichtige Vorteil liegt danach in der Möglichkeit der besseren Erreichbarkeit der beitragspflichtigen Grundstücke und der besseren Nutzbarkeit des Gesamtverkehrssystems sowie dessen Aufrechterhaltung und Verbesserung als solchem; er ist geeignet, den Gebrauchswert der Grundstücke positiv zu beeinflussen. Damit bewegt sich der Landesgesetzgeber innerhalb der durch den Gleichheitssatz gezogenen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit, indem er den Vorteil des einzelnen Grundstücks mit Rücksicht auf die straßenausbaubedingte Steigerung und den Erhalt der Funktionsfähigkeit des Gesamtverkehrssystems einer vom Satzungsgeber festzulegenden Einheit bestimmt. Mit dem Ausbaubeitrag wird folglich nicht die schlichte - auch der Allgemeinheit zustehende - Straßenbenutzungsmöglichkeit entgolten, sondern die einem Grundstück mit Baulandqualität zugutekommende Erhaltung der wegemäßigen Erschließung als Anbindung an das inner- und überörtliche Verkehrsnetz. Durch den Straßenausbau wird die Zugänglichkeit des Grundstücks gesichert und damit der Fortbestand der qualifizierten Nutzbarkeit (so auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20. November 2007 - 6 C 10601/07.OVG -, AS RP-SL 35, S. 209 <217>; Beschluss vom 24. Februar 2012 - 6 A 11492/11.OVG -, AS RP-SL 41, S. 69 <70 f.>; Beschluss vom 21. August 2012 - 6 C 10085/12.OVG -, AS RP-SL 41, S. 218 <221 f.>). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass zur wegemäßigen Erschließung eines bestimmten Grundstücks allein die Straße, an der es gelegen ist, regelmäßig nicht ausreicht. Vielmehr wird der Anschluss an das übrige Straßennetz meist erst über mehrere Verkehrsanlagen vermittelt (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20. November 2007 - 6 C 10601/07.OVG -, AS RP-SL 35, S. 209 <214>; Urteil vom 25. August 2010 - 6 A 10505/10.OVG -, AS RP-SL 39, S. 331 <335>; Urteil vom 15. März 2011 - 6 C 11187/10.OVG -, AS RP-SL 40, S. 4 <12>; Beschluss vom 24. Februar 2012 - 6 A 11492/11.OVG -, AS RP-SL 41, S. 69 <71>). Zwischen welchen Verkehrsanlagen eine ausreichend enge „Vermittlungsbeziehung“ hinsichtlich des Anschlusses an das übrige Straßennetz besteht, ist dagegen keine Frage des Vorliegens eines Vorteils, sondern dessen individueller Zurechenbarkeit zu einem einzelnen Grundstück.

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b) Der Vorteil ist bei Ausschöpfung der Möglichkeit zur Bildung einheitlicher öffentlicher Einrichtungen in abgrenzbaren Gebietsteilen der Gemeinden gemäß § 10a KAG RP individuell hinreichend zurechenbar.

41

§ 10a KAG RP eröffnet dem Satzungsgeber die Möglichkeit, einheitliche öffentliche Einrichtungen zu bilden, die nicht notwendig das gesamte Gemeindegebiet umfassen, sondern auch nur einzelne, abgrenzbare Gebietsteile. Dabei kann in der Satzung geregelt werden, dass sämtliche zum Anbau bestimmten Verkehrsanlagen des gesamten Gebiets oder einzelner voneinander abgrenzbarer Gebietsteile der Gemeinde eine oder mehrere einheitliche öffentliche Einrichtungen bilden, für deren Ausbau vorteilsbezogene Beiträge von Grundstücken erhoben werden können, welche die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit einer Zufahrt oder eines Zugangs zu diesen Verkehrsanlagen haben. Die Gemeinde hat dabei gemäß § 10a Abs. 1 Satz 3 KAG RP die örtlichen Gegebenheiten zu beachten. Wie aus der Pflicht zur weitergehenden Begründung für die Bestimmung von Verkehrsanlagen einzelner, voneinander abgrenzbarer Gebietsteile als einheitliche öffentliche Einrichtung gemäß § 10a Abs. 1 Satz 4 KAG RP sowie aus der Gesetzesbegründung (LTDrucks 15/318, S. 7) hervorgeht, sah der Gesetzgeber die Ausübung des Satzungsermessens dahingehend, dass sämtliche zum Anbau bestimmte Verkehrsanlagen einer Gemeinde eine einheitliche öffentliche Einrichtung bilden, als Regelfall an, was auch vor dem Hintergrund zu sehen ist, dass es in Rheinland-Pfalz besonders viele kleinere Gemeinden gibt (vgl. Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz, Statistisches Jahrbuch 2012, S. 34).“

42

§ 3 ABS verstößt gegen die vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten verfassungsrechtlichen Anforderungen, indem das gesamte im baurechtlichen Innenbereich gelegene Gebiet der Beklagten trotz erheblicher räumlicher Trennung in die einheitliche Einrichtung einbezogen wird. Nach Auffassung des Gerichts bedarf es im Gebiet der Beklagten der Aufteilung auf mehr als eine Einheit, um eine taugliche satzungsrechtliche Grundlage für die Erhebung von wiederkehrenden Beiträgen zu schaffen. Das Bundesverfassungsgericht führt zu den Anforderungen zur Annahme eines konkret-individuellen Vorteils für das beitragsbelastete Grundstück bei der Bildung einer einheitlichen Abrechnungseinheit in seinem Beschluss vom 25. Juni 2014 (a.a.O, S. 24 f. BA) aus:

43

„c) Die Bildung einer einzigen Abrechnungseinheit im gesamten Gemeindegebiet durch Satzung ist dann gerechtfertigt, wenn mit den Verkehrsanlagen ein Vorteil für das beitragsbelastete Grundstück verbunden ist. Besteht ein solcher Vorteil wie in Großstädten oder Gemeinden ohne zusammenhängendes Gebiet nicht, läge in der Heranziehung aller Grundstücke zur Beitragspflicht eine Gleichbehandlung wesentlich ungleicher Sachverhalte.

44

aa) Der Wortlaut des § 10a KAG RP steht einer solchen verfassungskonformen Auslegung nicht entgegen, da § 10a Abs. 1 Satz 4 KAG RP dem Satzungsgeber ausdrücklich vorschreibt, die örtlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen. In Großstädten oder Gemeinden ohne zusammenhängendes Gebiet ist das eröffnete Satzungsermessen zur Bildung einer einzigen Verkehrsanlage im gesamten Gemeindegebiet insoweit von Verfassungs wegen auf Null reduziert, als nur so dem Gebot eines zurechenbaren Sondervorteils auch bei Berücksichtigung des Typisierungs- und Vereinfachungsspielraums des Satzungsgebers Rechnung getragen werden kann. In dieser Auslegung ist § 10a KAG RP mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine Beitragserhebung (siehe oben B. I. 2.) in Einklang zu bringen.

45

bb) Bei der Ausübung seines Gestaltungsermessens muss der Satzungsgeber die verfassungsrechtlichen Grenzen einer Bestimmung der Verkehrsanlagen des gesamten Gemeindegebiets als einheitliche öffentliche Einrichtung in den Blick nehmen. Ein Beitrag für den Ausbau einer Straße als Teil einer öffentlichen Verkehrsanlage kommt nur für diejenigen Grundstücke in Betracht, die von der Verkehrsanlage einen jedenfalls potentiellen Gebrauchsvorteil haben, bei denen sich also der Vorteil der Möglichkeit der Nutzung der ausgebauten Straßen als Lagevorteil auf den Gebrauchswert des Grundstücks auswirkt. Nur in diesem Fall erscheint es nach dem Maßstab des Gleichheitssatzes gerechtfertigt, gerade den oder die Eigentümer dieses Grundstücks zu einem Beitrag für die Nutzung der ausgebauten Straße heranzuziehen.

46

Ob die herangezogenen Grundstücke einen konkret zurechenbaren Vorteil von dem Ausbau und der Erhaltung einer Verkehrsanlage haben, hängt dabei nicht von der politischen Zuordnung eines Gebiets, sondern vor allem von den tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten ab, etwa der Größe, der Existenz eines zusammenhängenden bebauten Gebiets, der Topographie wie der Lage von Bahnanlagen, Flüssen und größeren Straßen oder der typischen tatsächlichen Straßennutzung. Dabei dürfte in Großstädten die Aufteilung der Verkehrsanlagen in mehrere abgrenzbare Gebietsteile regelmäßig erforderlich und unbeschadet des ansonsten bestehenden Satzungsermessens die Annahme einer einheitlichen öffentlichen Einrichtung ausgeschlossen sein; in kleinen Gemeinden - insbesondere solchen, die aus nur einem kleinen, zusammenhängend bebauten Ort bestehen - werden sich einheitliche öffentliche Einrichtung und Gemeindegebiet dagegen häufig decken. Ein „funktionaler Zusammenhang“, wie er früher vom Landesgesetzgeber und den Verwaltungsgerichten gefordert wurde, ist für die Bildung einer Abrechnungseinheit von Verkehrsanlagen durch den Gleichheitssatz jedoch nicht vorgegeben (vgl. z.B. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 8. Oktober 1993 - 10 C 10237/93.OVG -, AS RP-SL 24, S. 261 <265>; Urteil vom 18. März 2003 - 6 C 10580/02.OVG -, NVwZ-RR 2003, S. 591 <593>). Aus verfassungsrechtlicher Sicht kommt es allein darauf an, dass eine hinreichende individuelle Zurechnung von Vorteil und Beitragspflicht hergestellt werden kann.

47

cc) Die Gemeinden werden zudem bei der Bildung der Abrechnungseinheiten zu berücksichtigen haben, ob dabei Gebiete mit strukturell gravierend unterschiedlichem Straßenausbauaufwand zusammengeschlossen werden, falls dies zu einer auch bei großzügiger Pauschalierungsbefugnis mit Rücksicht auf das Gebot der Belastungsgleichheit nicht mehr zu rechtfertigenden Umverteilung von Ausbaulasten führen würde.“

48

Die in dem von § 3 ABS geschaffenen Abrechnungsgebiet vorhandenen tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten gebieten die Aufteilung in mehrere abgegrenzte Gebietsteile. So trennt die Mosel mit ihrer Breite von über 135 m (ohne Uferbereich, Abstand der Moseluferstraßen „Mosel-Hamm-Ufer“ und „Moselpromenade“ mehr als 160 m, vgl. wie auch zu den folgenden Entfernungs- und Höhenangaben: www.geoportal.rlp.de) die links der Mosel gelegenen Stadtteile Kaimt und Barl von den rechts der Mosel gelegenen Stadteilen Merl und Zell. Eine vorteilsbegründende Verbindung dieser Bereiche kann auch nicht über die im Süden von Kaimt und der Kernstadt Zell gelegene Straßenbrücke der B 53 und die ca. 1.200 m nördlich davon gelegene Fußgängerbrücke über die Mosel angenommen werden. Hinsichtlich der Brücke der B 53 folgt dies bereits daraus, dass es sich bei der B 53 als Bundesfernstraße schon um eine „größere Straße“ im Sinne der zitierten Rechtsprechung handelt. Sie ist in dem Bereich Kaimt und Brücke auch als Umgehungsstraße mit erheblicher Breite konzipiert und gebaut. Auch im Bereich rechts der Mosel ist sie durch den Fahrradweg bzw. die Parkflächen und Seitenstreifen mit einer erheblichen Breite angelegt. Zudem hat die B 53 auf der linken Moselseite, auf der sie außerhalb der Ortslage Kaimt zwischen dieser, den Weinbergen und dem Ortsteil Barl in Richtung Norden verläuft, keinerlei Anbaubestimmung. Auch auf der rechten Moselseite, auf der sie nach der in West-Ost-Richtung verlaufenden Brücke nach dem Kreisel weiter nach Süden führt, erschließt sie auf einer Länge von 120 m nur einseitig und unmittelbar nur wenige (vier) Gewerbegrundstücke, nicht aber die Ortslage der Kernstadt Zell. Bei generalisierender Betrachtungsweise hat die B 53 im gesamten Stadtbereich keine Anbaubestimmung. Eine Straßenbrücke über einen in diesem Bereich ca. 150 m breiten Fluss, die sich als die Verbindung zweier nach generalisierender Betrachtung nicht zum Anbau bestimmter Straßen (-teilstücke) darstellt, kann selbst auch keine Verbindung zu dem individuell-konkreten, grundstücksbezogenen Vorteil darstellen.

49

Schon danach ist § 3 ABS rechtswidrig und nichtig und kann damit keine taugliche Ermächtigungsgrundlage für die angefochtenen Beitragsbescheide bilden.

50

Darüber hinaus liegt auch zwischen den links der Mosel gelegenen Stadtteilen Kaimt und Barl keine im Sinne der o.a. Rechtsprechung ausreichende Verbindung vor, die die Annahme eines individuell-konkreten Vorteils rechtfertigen könnte. Der Stadtteil Barl liegt mehr als 150 Höhenmeter oberhalb der Mosel und der Ortslage von Kaimt und ist von dieser nur über die B 53 und die K 56 erreichbar. Trennend dazwischen liegen die dem Außenbereich zuzuordnenden Weinberge, die selbst in Luftlinie gemessen eine Breite von mehr als 400 m zwischen den bebauten Ortslagen von Kaimt und Barl haben, in der sich (nahezu) keinerlei Bebauung befindet. Die B 53 hat, wie dargelegt, auf dieser (linken) Moselseite innerhalb der Stadt Zell keinerlei Anbaubestimmung. Die K 56 beginnt an der B 53, hat ebenfalls keine Anbaubestimmung, ist gesäumt von Weinbergen, überwindet einen Höhenunterschied von über 140 m und führt sodann zur Ortslage Barl und geht dort in Gemeindestraßen über. Damit ist eine für die Beitragserhebung notwendige zurechenbare Verbindung der hier betroffenen Grundstücke in Barl mit den Straßen in Kaimt nicht vorhanden.

51

Ob innerhalb des Stadtgebiets von Zell weitere Einheiten zu bilden wären, wenn die Beklagte auch zukünftig an der Erhebung von wiederkehrenden Beiträgen festhalten wollte, ist hier nicht zu entscheiden, zudem fehlen nähere Informationen über die weiteren nach der o.a. Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bedeutsamen Aspekte (vgl. Beschluss vom 25. Juni 2014, a.a.O., S. 25 BA). Daher bedarf es hier auch nicht der Klärung, ob etwa die durch die Ortslage verlaufende B 421 als Bundesfernstraße, selbst wenn sie dort Anbaubestimmung hat, generell trennend wirkt und als Bundesstraße überhaupt Teil der Abrechnungseinheit sein kann (vgl. Vorlagebeschluss der Kammer vom 1. August 2011 – 4 K 1392/10.KO – S. 18 f. d. BA). Ebenso wenig bedarf es der Ermittlung, ob die Beklagte hier Gebiete mit strukturell gravierend unterschiedlichem Straßenausbauaufwand zu einer Einheit zusammengeschlossen hat.

52

Die Kammer hat die Rechtswidrigkeit und damit Nichtigkeit der Satzung zwingend und von Amts wegen zu berücksichtigen (vgl. den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Juni 2014, a.a.O., S. 26 BA; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 29. September 2004 – 10 C 3.04 – DVBl. 2005, 255), zudem ist diese in dem vorliegenden Verfahren auch ausdrücklich gerügt worden. Da eine Abgabenerhebung nach § 2 Abs. 1 KAG eine wirksame Satzung voraussetzt, ist der hier angefochtene Bescheid vom 7. Januar 2014 mangels einer solchen aufzuheben. Die weiteren Einwendungen der Klägerin können danach dahingestellt bleiben. Jedoch ist davon auszugehen, dass sie schon seit März 2013 Alleineigentümerin des Grundstücks war und damit ein Bescheid ihr gegenüber ergehen konnte.

53

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.

54

Die Berufung war gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 124a Abs. 1 S. 1 VwGO zuzulassen, da die Rechtssache nach Auffassung der Kammer grundsätzliche Bedeutung hat.

55

Beschluss

56

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 6.432,70 Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 3, § 63 Abs. 2 GKG).

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Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

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(1) Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs. (2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.

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(1) Der Lauf einer Frist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung oder, wenn diese nicht vorgeschrieben ist, mit der Eröffnung oder Verkündung. (2) Für die Fristen gelten die Vorschriften der §§ 222, 224 Abs. 2 und 3, §§ 22

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(1) Soweit ungewiss ist, ob die Voraussetzungen für die Entstehung einer Steuer eingetreten sind, kann sie vorläufig festgesetzt werden. Diese Regelung ist auch anzuwenden, wenn1.ungewiss ist, ob und wann Verträge mit anderen Staaten über die Besteue

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(1) Soweit ungewiss ist, ob die Voraussetzungen für die Entstehung einer Steuer eingetreten sind, kann sie vorläufig festgesetzt werden. Diese Regelung ist auch anzuwenden, wenn

1.
ungewiss ist, ob und wann Verträge mit anderen Staaten über die Besteuerung (§ 2), die sich zugunsten des Steuerpflichtigen auswirken, für die Steuerfestsetzung wirksam werden,
2.
das Bundesverfassungsgericht die Unvereinbarkeit eines Steuergesetzes mit dem Grundgesetz festgestellt hat und der Gesetzgeber zu einer Neuregelung verpflichtet ist,
2a.
sich auf Grund einer Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union ein Bedarf für eine gesetzliche Neuregelung ergeben kann,
3.
die Vereinbarkeit eines Steuergesetzes mit höherrangigem Recht Gegenstand eines Verfahrens bei dem Gerichtshof der Europäischen Union, dem Bundesverfassungsgericht oder einem obersten Bundesgericht ist oder
4.
die Auslegung eines Steuergesetzes Gegenstand eines Verfahrens bei dem Bundesfinanzhof ist.
Umfang und Grund der Vorläufigkeit sind anzugeben. Unter den Voraussetzungen der Sätze 1 oder 2 kann die Steuerfestsetzung auch gegen oder ohne Sicherheitsleistung ausgesetzt werden.

(2) Soweit die Finanzbehörde eine Steuer vorläufig festgesetzt hat, kann sie die Festsetzung aufheben oder ändern. Wenn die Ungewissheit beseitigt ist, ist eine vorläufige Steuerfestsetzung aufzuheben, zu ändern oder für endgültig zu erklären; eine ausgesetzte Steuerfestsetzung ist nachzuholen. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 4 endet die Ungewissheit, sobald feststeht, dass die Grundsätze der Entscheidung des Bundesfinanzhofs über den entschiedenen Einzelfall hinaus allgemein anzuwenden sind. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 muss eine vorläufige Steuerfestsetzung nach Satz 2 nur auf Antrag des Steuerpflichtigen für endgültig erklärt werden, wenn sie nicht aufzuheben oder zu ändern ist.

(3) Die vorläufige Steuerfestsetzung kann mit einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung verbunden werden.


Tenor

Der Bescheid der Beklagten vom 7. Januar 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landkreises Cochem-Zell vom 21. Mai 2014 wird aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch die Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Festsetzung von wiederkehrenden Beiträgen durch die Beklagte für die Jahre 2012 und 2013.

2

Die Klägerin war zuvor Miteigentümerin neben ihrer Mutter und ist seit 12. März 2013 Alleineigentümerin des Grundstücks der Gemarkung Zell, Flur ..., Parzelle ..., 332 qm groß (Straße A...).

3

Der Stadtrat der Beklagten beriet in der Sitzung vom 12. September 2011 eine Systemumstellung der Straßenbaubeiträge vom einmaligen zum wiederkehrenden Beitrag. Er beschloss am 8. November 2011 eine Ausbaubeitragssatzung wiederkehrender Beiträge, die am 1. Januar 2012 in Kraft trat.

4

Der Stadtrat der Beklagten beschloss am 28. Februar 2012 ein Ausbauprogramm für die Jahre 2012 bis 2016. In 2012/2013 sollte die B..., 2014 die C... Straße, 2015 die D... Straße und 2016 der E... Weg ausgebaut werden. Der Stadtrat beschloss am 23. April 2012 die Erhebung von Vorausleistungen auf den jährlichen wiederkehrenden Beitrag. Das Bauprogramm wurde in der Stadtratssitzung vom 27. Juni 2012 geändert und es wurde beschlossen, die F... Straße 2013 zusätzlich auszubauen.

5

Auf die Klage der Klägerin in dem Verfahren 4 K 522/13.KO hob die Beklagte den vorangegangenen Bescheid vom 25. Juli 2012 für das vorgenannte Grundstück und für das Jahr 2012 in der mündlichen Verhandlung vom 22. Oktober 2013 zur Niederschrift des Gerichts auf, nachdem die erkennende Kammer auf Bedenken gegen die Bestimmtheit der Satzung hingewiesen hatte. Das gerichtliche Verfahren wurde daraufhin übereinstimmend für erledigt erklärt.

6

Am 24. Februar 2014 beschloss der Stadtrat der Beklagten eine neue Ausbaubeitragssatzung wiederkehrende Beiträge – ABS –, welche mit Wirkung vom 1. Januar 2012 rückwirkend in Kraft gesetzt wurde. § 3 ABS lautet:

7

„Ermittlungsgebiete

8

(1) Sämtliche zum Anbau bestimmten Verkehrsanlagen des Stadtgebietes bilden als einheitliche öffentliche Einrichtung das Ermittlungsgebiet (Abrechnungseinheit). Das Ermittlungsgebiet wird gebildet von den zum Anbau bestimmten Verkehrsanlagen der Stadtteile Zell (Mosel), Zell-Merl, Zell-Kaimt und Zell-Barl.

9

Die Splittersiedlung „Siedlung Althaus" befindet sich im Außenbereich des Gebietes der Stadt Zell (Mosel) und ist durch die K 46 erschlossen. Bei der K 46 handelt es sich um eine nicht zum Anbau bestimmte Straße. Somit sind die Grundstücke der Siedlung Althaus zu den wiederkehrenden Ausbaubeiträgen nicht beitragspflichtig.

10

(2) Der beitragsfähige Aufwand wird für die eine Abrechnungseinheit bildenden Verkehrsanlagen nach dem Durchschnitt der im Zeitraum von 5 Jahren zu erwartenden Investitionsaufwendungen in der Abrechnungseinheit nach Abs. 1 ermittelt.“

11

Mit Bescheid vom 7. Januar 2014 setzte die Beklagte für die Jahre 2012 und 2013 einen wiederkehrenden Ausbaubeitrag in Höhe von insgesamt 130,60 Euro fest. Dem Beitrag liegt eine Grundstücksfläche von 332 qm zugrunde, die mit einem Vollgeschoßzuschlag von 30% gewichtet und mit dem Beitragssatz von 0,1513 Euro/qm multipliziert wurde. Dem Beitragssatz liegen geschätzte Gesamtkosten des Bauprogramms abzüglich des Gemeindeanteils von 1.389.010 Euro und eine beitragspflichtige Gesamtfläche von 1.835.715,4 qm zugrunde. Der errechnete jährliche Beitrag beträgt 65,30 Euro und wurde hier für die Jahre 2012 und 2013 zusammen erhoben. Der Bescheid wurde im Hinblick auf den beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Vorlagebeschluss der Kammer vom 1. August 2011 – 4 K 1392/10.KO – für vorläufig erklärt und wie folgt überschrieben:

12

„V o r l ä u f i g e r  B e i t r a g s b e s c h e i d

13

über die Erhebung eines endgültigen wiederkehrenden Beitrags für öffentliche Verkehrsanlagen für die Eigentümer der Grundstücke an den zum Anbau bestimmten Verkehrsanlagen des gesamten Stadtgebiets (gebildet aus der Stadt Zell (Mosel) und den Stadtteilen Zell-Barl, Zell-Kaimt und Zell-Merl - Abrechnungseinheit -) in der Stadt Zell (Mosel) für die Jahre 2012 und 2013“.

14

Am 22. Januar 2014 erhob die Klägerin Widerspruch und führte aus, auch der neue Bescheid leide an einem formalen Mangel, da er nicht allen Miteigentümern zugestellt worden sei. Ferner ergebe sich weder aus der Verwaltungsakte noch aus dem Beitragsbescheiden selbst, dass die beabsichtigten Straßenbaumaßnahmen beitragsfähige Aufwendungen darstellten. Der Gemeindeanteil sei ebenfalls fehlerhaft ermittelt worden. Der Begriff des Anliegerverkehrs könne hier nicht uneingeschränkt gelten, da in der Abrechnungseinheit drei unterschiedliche Baugebiete zusammengefasst worden seien. So diene der Verkehr in der F... Straße überwiegend nicht den Anliegern sondern der Allgemeinheit. Dies sei auch der Grund dafür, dass die Fahrbahndecke der F... Straße beschädigt worden sei. Was die Erneuerungsbedürftigkeit von Straßen anbelange, sei die B... schon in den 70er Jahren aufgrund der Beanspruchung durch zwei große Kellereien ausbaubedürftig gewesen und hätte bereits Mitte der 90er Jahre erneuert werden müssen. Die Beklagte habe nichts unternommen und notwendige Instandsetzungsmaßnahmen immer wieder aufgeschoben. Die F... Straße sei hingegen mangelhaft erstellt worden. Die Auswahl der auszubauenden Straßen sei nicht von sachgerechten Motiven geleitet worden. Ein notwendiger Ausbau beispielsweise auf dem Barl sei im jetzigen Bauprogramm unterblieben. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen VGH sei von einer Nutzung der Hauptverkehrsstraßen von 25 Jahren auszugehen, daher unterliege die F... Straße noch nicht dem beitragsfähigen Ausbau. Die Straßenbeleuchtung müsse nicht erneuert werden.

15

Der Kreisrechtsausschuss des Landkreises Cochem-Zell wies den Widerspruch mit am 22. Mai 2014 zugestelltem Widerspruchsbescheid vom 21. Mai 2014 - KRA - W 67/2014 - zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, einen Fall einer begründungsbedürftigen Aufteilung in Abrechnungseinheiten sehe die Regelung des § 3 ABS in der jetzigen Fassung – im Gegensatz zur bisherigen Satzung – nicht vor. Nach § 10a KAG könnten die Gemeinden anstelle der Erhebung von einmaligen Beiträgen auch diese Investitionsaufwendungen bis zu fünf Jahre für Verkehrsanlagen nach Abzug des Gemeindeanteils als wiederkehrende Beiträge auf die beitragspflichtigen Grundstücke verteilen. Es spiele in diesem Zusammenhang wegen des einheitlichen Einrichtungsbegriffs keine Rolle, ob ein Grundstück an einer reinen Gemeindestraße oder an einer klassifizierten Straße liege, bei der die Gemeinde nur die Baulast für den Gehweg und die Beleuchtung besitze. Es sei gerade Sinn und Zweck des wiederkehrenden Beitrages, dass alle in der Abrechnungseinheit liegenden beitragspflichtigen Grundstücke für den Ausbau einzelner Verkehrsanlagen herangezogen werden, unabhängig davon, ob sie an der auszubauenden Straßen lägen oder nicht. Der Bescheid sei im Hinblick auf den Vorlagebeschluss des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 1. August 2011 - 4 K 1392/10.KO - für vorläufig erklärt worden nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 KAG i.V.m. § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO, so dass es in dem vorliegenden Widerspruchsverfahren nicht auf die verfassungsrechtlichen Fragen ankomme. Es bestünden auch unabhängig von der Prüfungskompetenz des Kreisrechtsausschusses keine Bedenken an der Rechtsmäßigkeit der Satzung. Ebenso sei der Gemeindeanteil zutreffend ermittelt worden. Soweit die Beklagte in das Bauprogramm 2012 – 2016 Straßen aufgenommen habe, die nicht nur in einem Stadtteil lägen, sei dies zwar nicht zwingend, aber von der kommunalpolitischen Ermessensentscheidung gedeckt. Entscheidend sei, dass jede dieser Straßen unter den Ausbautatbestand falle. Die Nichtaufnahme weiterer Straßen in das jetzige Bauprogramm habe auch im Hinblick auf die finanzielle Belastung der Beitragspflichtigen getroffen werden können. Ein Rechtsanspruch auf die Aufnahme einer bestimmen Straße in das laufende Bauprogramm bestehe nicht. Die Aufnahme der F... Straße in das Bauprogramm sei nicht zu beanstanden. Sie liege zwar in einem noch nicht förmlich aufgehobenen Sanierungsgebiet, könne aber dennoch Bestandteil der Abrechnungseinheit sein. Komme somit die einschlägige Satzung der Stadt zur generellen Anwendung, bestehe eine grundsätzliche Beitragspflicht des veranlagten Grundstücks. Das Grundstück liege in der Abrechnungseinheit und eine Zugangs- bzw. Zufahrtsmöglichkeit zu einer Verkehrsanlage im Abrechnungsgebiet bestehe.

16

Mit Telefax ihrer Prozessbevollmächtigten hat die Klägerin am Montag, dem 23. Juni 2014, die vorliegende Klage erhoben und wiederholt und vertieft ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren. Sie weist auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Juni 2014 - 1 BvR 668/10 sowie 1 BvR 2104/10 -hin. Danach entfalle die auf § 10a KAG gestützte Rechtsgrundlage für die Entscheidung der Beklagten, nur eine einzige Abrechnungseinheit für die gesamte Stadt mit all ihren Stadtteilen rechts und links der Mosel sowie jenseits der B 53 auf den Höhen des Stadtteils Barl bilden zu können. In Großstädten oder Gemeinden ohne zusammenhängendes Gebiet, so wie in Zell (Mosel) mit all seinen Stadtteilen sei das eröffnete Satzungsermessen zur Bildung einer einheitlichen Verkehrsanlage im gesamten Gemeindegebiet insoweit von Verfassungs wegen auf Null reduziert, als nur so dem Gebot eines zurechenbaren Sondervorteils auch bei Berücksichtigung des Typisierungs- und Vereinfachungsspielraums des Satzungsgebers Rechnung getragen werden könne. Der Stadtteil Barl sei ein eigenständiges Industrie-, Gewerbe- und Wohngebiet, das mit dem gesamten Straßennetz unmittelbar nur an die B 53 anknüpfe. Der Stadtteil Kaimt wiederum habe ein in sich geschlossenes, örtlich gewachsenes Straßennetz, moselseits von der B 53. Er werde bergseits vom neuen Stadtteil Barl, der erst zu Beginn der 1970er Jahre begründet und stetig erweitert worden sei, durch die B 53 und talseits durch den Fluss von der Stadt Zell und dem Stadtteil Merl getrennt. Im Ergebnis seien drei getrennte Straßennetze nicht unmittelbar miteinander verbunden, so dass die Einrichtung von drei getrennten Abrechnungseinheiten zur Bildung gerechter Solidargemeinschaften angezeigt sei. Allein die Tatsache, dass der Fluss die Stadtteile rechts und links der Mosel trenne, widerlege die Auffassung der Beklagten.

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Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,

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den Bescheid der Verbandsgemeindeverwaltung Zell für die Stadt Zell, vertreten durch den Bürgermeister, vom 7. Januar 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landkreises Cochem-Zell vom 21. Mai 2014 zu Az.: KRA - W 67/2014 aufzuheben.

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Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

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die Klage abzuweisen.

21

Sie verweist auf den Widerspruchsbescheid und führt ergänzend aus, dass die Zusammenfassung der Stadtteile der Stadt Zell (Mosel) zu einer öffentlichen Einrichtung zulässig sei, da bei den Stadtteilen Kernstadt Zell und Merl aufgrund der herangerückten Bebauung keine klare topografische Abgrenzung gegeben sei. Außerdem seien die Stadtteile Kernstadt Zell und Zell (Kaimt) zwar durch die Mosel topografisch getrennt, jedoch verbänden die bestehende Autobrücke und die davon ca. 1,2 km moselabwärts gelegene Fußgängerbrücke die beiden Stadtteile wieder miteinander.

22

Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 28. und 29. August 2014 auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

23

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze und Unterlagen der Beteiligten, die vorgelegten Verwaltungs- und Widerspruchsakten sowie die Gerichtsakten 4 K 591/14.KO, 4 K 592/14.KO, 4 K 602/14.KO, 4 K 603/14.KO, 4 K 604/14.KO und 4 K 522/13.KO nebst den dort vorgelegten Verwaltungs- und Widerspruchsakten verwiesen; sämtliche Unterlagen waren Gegenstand der Beratung.

Entscheidungsgründe

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Die Klage, über die die Kammer im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte (§ 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO), ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.

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Die Klage ist zulässig; sie wurde rechtzeitig erhoben. Die Zustellung des Widerspruchsbescheids am 22. Mai 2014 löste die einmonatige Klagefrist (§ 74 VwGO) aus, die gemäß § 57 VwGO i.V.m. § 222 Abs. 2 der Zivilprozessordnung am Montag, dem 23. Juni 2014 endete. An diesem Tage hat die Klägerin die vorliegende Klage wirksam erhoben.

26

Die Klage ist auch begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 7. Januar 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landkreises Cochem-Zell vom 21. Mai 2014 – KRA – W 67/2014 – ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO); er ist daher aufzuheben. Dem die Klägerin belastenden Bescheid fehlt es an einer notwendigen Ermächtigungsgrundlage, da § 3 der Satzung zur Erhebung von wiederkehrenden Beiträgen für den Ausbau von Verkehrsanlagen (Ausbaubeitragssatzung wiederkehrende Beiträge) für die Stadt Zell – ABS – vom 25. Februar 2014 hinsichtlich des darin festgelegten Einrichtungsgebietes und damit die Satzung insgesamt rechtswidrig und nichtig ist.

27

Der gerichtlichen Entscheidung unter Einbeziehung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in seinem Beschluss vom 25. Juni 2014 - 1 BvR 668/10 und 1 BvR 2104/10 – (WM 2014, 1693) und der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Satzung steht nicht entgegen, dass der Bescheid vom 7. Januar 2014 – gestützt auf § 3 Abs. 1 Nr. 4 des Kommunalabgabengesetzes – KAG – i.V.m. § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 der AbgabenordnungAO – im Hinblick auf den Vorlagebeschluss der Kammer vom 1. August 2011 – 4 K 1392/10.KO – (DWW 2012, 218) vorläufig erlassen wurde. Der Vorlagebeschluss wurde zwischenzeitlich nicht aufgehoben, sondern ist weiterhin bei dem Bundesverfassungsgericht anhängig und hat sich durch dessen o.a. Beschluss nicht erledigt. Die nach Auffassung der Kammer zur Verfassungswidrigkeit der Vorschriften der §§ 10, 10a KAG führenden Gründe (vgl. den Vorlagebeschluss a.a.O., S. 17-42 des Beschlussabdrucks - BA) wurden in dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Juni 2014 im Wesentlichen nicht aufgegriffen und verfassungsrechtlich geklärt, obwohl dieser den Vorlagebeschluss ausdrücklich als Beleg für den nichtsteuerlichen Abgabencharakter der wiederkehrenden Beiträge heranzieht (vgl. Beschluss vom 25. Juni 2014, a.a.O., S. 17 BA). Daher sind weiterhin eine Vielzahl von Fallgestaltungen gegeben, in denen die von der Kammer aufgeführten Gründe Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide haben (können), selbst wenn die vom Bundesverfassungsgericht aufgeführten Kriterien für die Zurechenbarkeit eines Vorteils beachtet werden.

28

Auch in dem vorliegenden Klageverfahren wären mehrere der im Vorlagebeschluss der Kammer aufgeworfenen Gründe entscheidungsrelevant. So käme es etwa auf die Gesetzgebungskompetenz des Landes für die Einbeziehung von Bundesstraßen in das kommunale Anbaustraßennetz (S. 17 f. BA) an, da die B 53 auf einem kurzen Stück südlich des Kreisels östlich der Mosel (Verbindung zur B 421) gerade im Bereich der Grundstücke der Klägerin in der A... (s.a. die weiteren Verfahren der Klägerin 4 K 591/14.KO und 4 K 592/14.KO) Anliegergrundstücke erschließt und nach Auffassung der Beklagten hier die Beitragspflicht gerade auch der Grundstücke der Klägerin begründet. Ähnliches gilt für die B 421 in diesem Bereich. Ebenso bliebe der von der Kammer angenommene Verstoß gegen die Regelung des § 127 Abs. 1 BauGB (vgl. S. 18 f. BA) von Bedeutung. Denn der nach § 10a KAG zwangsläufige Umstand, dass eine Erschließungsstraße, die bereits technisch hergestellt und gewidmet ist, jedoch noch nicht abrechenbar ist (oder abgerechnet wurde), gleichzeitig mit der Widmung zum Anbaustraßennetz gehört und damit als Ausbaumaßnahme über den wiederkehrenden Beitrag abrechenbar wäre, hat die Möglichkeit einer Doppelfinanzierung und damit eines Verstoßes gegen die Einmaligkeit der Beitragserhebung zur Folge. Auch die von der Beklagten erfolgte Einbeziehung der Kosten der Maßnahmen an der in einem förmlich festgesetzten Sanierungsgebiet nach dem Baugesetzbuch gelegenen F... Straße stellt einen Sachverhalt dar, der nach der im Vorlagebeschluss dargelegten Auffassung gegen die Normenwahrheit und -klarheit (S. 22 f. BA) verstößt. Zudem gibt es auch für Maßnahmen in Sanierungsgebieten besondere Finanzierungsmittel und -zuschüsse sowie die Verpflichtung zur Heranziehung der bevorteilten Eigentümer zu Ausgleichsbeträgen (vgl. §§ 154 ff. BauGB), so dass auch hier die naheliegende Gefahr der Doppelfinanzierung besteht. Darüber hinaus bleibt auch die Frage offen, ob etwa selbständige Fuß- und Radwege sowie selbständige Parkflächen und Grünanlagen (vgl. § 2 ABS) Teil einer Abrechnungseinheit sein können, auch wenn letztere schon keine Straßen sind und erstere wegen des anderen Widmungsinhalts (wie auch bei Fußgängerzonen und nicht befahrbaren Wohnwegen) nicht mit befahrbaren Straßen als einheitliche Einrichtung betrachtet werden können (S. 22, 26 BA)

29

Die vorliegende Klage ist jedoch auch ohne eine entsprechende verfassungsgerichtliche Klärung der vorgenannten Fragen und damit ohne Rücksicht auf den Vorläufigkeitsvermerk entscheidungsreif, da der hier als Rechtsgrundlage für den erlassenen Bescheid dienende und rückwirkend zum 1. Januar 2012 in Kraft gesetzte § 3 ABS nicht auf den verfassungskonform ausgelegten § 10a KAG gestützt werden kann. Denn vor der Frage der Vereinbarkeit der §§ 10 und 10a KAG mit höherrangigem Recht ist zunächst zu klären, ob die hier anzuwendende Satzung selbst mit höherrangigem (Gesetzes- und Verfassungs-)Recht vereinbar ist. Insbesondere § 3 ABS erfüllt nicht die vom Bundesverfassungsgericht in dem Beschluss vom 25. Juni 2014 (a.a.O.) gestellten verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine Abgabenerhebung, da ein individuell-konkret zurechenbarer, grundstücksbezogener Vorteil der beitragspflichtigen Grundstücke vom Anschluss an die von der Beklagten gebildeten Beitragseinheit nicht ausreichend vorhanden ist.

30

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem o.a. Beschluss vom 25. Juni 2014 die Verbindung der Erhebung von Beiträgen mit dem Grundsatz der Belastungsgleichheit nach Art. 3 Abs. 1 GG herausgestellt und fordert, dass die Differenzierung zwischen Beitragspflichtigen und nicht Beitragspflichtigen nach Maßgabe des konkret-zurechenbaren Vorteils vorgenommen wird, dessen Nutzungsmöglichkeit mit dem Beitrag abgegolten werden soll. Es hat die angegriffenen Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz (Beschlüsse vom 26. Januar 2010 – 6 A 11036/09.OVG – und vom 14. Juni 2010 – 6 A 10082/10.OVG –) aufgehoben, da sie die Beschwerdeführerinnen in ihren Grundrechten aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzen, und die Sachen zur Klärung der Frage, ob die angegriffenen Beitragssatzungen in den beiden Verfassungsbeschwerdeverfahren den durch diese Entscheidung geklärten verfassungsrechtlichen Anforderungen gerecht werden, an das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz zurückverwiesen. Zu der erforderlichen verfassungskonformen Auslegung des § 10a KAG RP führt das Bundesverfassungsgericht in dem Beschluss vom 25. Juni 2014 (a.a.O., S. 19 ff. BA) aus:

31

„Die Heranziehung zu wiederkehrenden Beiträgen nach Maßgabe des § 10a KAG RP verstößt bei verfassungskonformer Auslegung nicht gegen das Grundrecht auf Gleichbehandlung des Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Gebot der Belastungsgleichheit.

32

3. Werden Beiträge erhoben, verlangt Art. 3 Abs. 1 GG, dass die Differenzierung zwischen Beitragspflichtigen und nicht Beitragspflichtigen nach Maßgabe des Vorteils vorgenommen wird, dessen Nutzungsmöglichkeit mit dem Beitrag abgegolten werden soll. Erfolgt die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen grundstücksbezogen, können nach dem Grundsatz der abgabenrechtlichen Belastungsgleichheit nur solche Grundstücke herangezogen werden, deren Eigentümer aus der Möglichkeit, die ausgebauten Straßen in Anspruch zu nehmen, einen Sondervorteil schöpfen können, der sich von dem der Allgemeinheit der Straßennutzer unterscheidet.

33

Die Erhebung von Beiträgen erfordert hiernach hinreichende sachliche Gründe, welche eine individuelle Zurechnung des mit dem Beitrag belasteten Vorteils (siehe oben B. I.) zum Kreis der Belasteten rechtfertigen. Wesentlich für den Begriff des Beitrags ist der Gedanke der angebotenen Gegenleistung, des Ausgleichs von Vorteilen und Lasten: Wenn das Gemeinwesen in Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe eine besondere Einrichtung zur Verfügung stellt, so sollen diejenigen, die daraus besonderen wirtschaftlichen Nutzen ziehen oder ziehen können, zu den Kosten ihrer Errichtung und Unterhaltung beitragen (vgl. BVerfGE 14, 312 <317>). Die für die Kostentragungspflicht erforderliche individuelle Zurechenbarkeit lässt sich insbesondere aus der rechtlichen oder tatsächlichen Sachherrschaft oder -nähe und der damit verbundenen Möglichkeit herleiten, aus der Sache konkrete wirtschaftliche Vorteile oder Nutzen zu ziehen (vgl. BVerfGE 91, 207 <223>). Das schließt allerdings nicht aus, dass eine unbestimmte Vielzahl von Bürgern zu Beiträgen herangezogen wird, sofern ihnen jeweils ein Sondervorteil individuell-konkret zugerechnet werden kann (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 13. Mai 2014 - VGH B 35/12 -, juris, Rn. 103).

34

Soweit die Beitragserhebung grundstücksbezogen erfolgt, muss auch der Sondervorteil grundstücksbezogen definiert werden (vgl. Driehaus, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 8 Rn. 272 ; Beuscher, ebd. Rn. 2314); er kann zum Beispiel in einer Erhöhung des Gebrauchswertes des Grundstücks durch die Belegenheit in einem verkehrsmäßig erschlossenen Gebiet oder in der Möglichkeit der Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung oder Anlage bestehen, welche ihrerseits den Gebrauchswert des Grundstücks steigert. Eine Steigerung des Verkehrswertes ist nicht erforderlich (vgl. Arndt, in: Henneke/ Pünder/Waldhoff, Recht der Kommunalfinanzen, 2006, § 16 Rn. 130; Driehaus, a.a.O.; Schneider, Driehaus-Festschrift, 2005, S. 179 <184>).

35

Weitergehende verpflichtende Anforderungen, wie zum Beispiel die Existenz eines „funktionalen Zusammenhangs“ zwischen Verkehrsanlagen und den mit einem Ausbaubeitrag belasteten Grundstücken sind verfassungsrechtlich nicht geboten. Allerdings darf sich aus Gründen der Belastungsgleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG) der Sondervorteil, dessen Inanspruchnahme durch die Erhebung eines Beitrags ausgeglichen werden soll, nicht in der Weise auflösen, dass Beitragspflichtige keinen größeren Vorteil aus der potentiellen Inanspruchnahme der Gegenleistung ziehen können als die nichtbeitragspflichtige Allgemeinheit. Damit bleibt Raum für eine Ausgestaltung der Beitragsverpflichtung durch den Gesetz- oder Satzungsgeber. Der danach eröffnete Spielraum ist erst dann überschritten, wenn kein konkreter Bezug zwischen dem gesetzlich definierten Vorteil und den Abgabepflichtigen mehr erkennbar ist (vgl. Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, 1973, S. 88).

36

4. Nach diesen Maßgaben verstößt die Heranziehung zu wiederkehrenden Beiträgen nach § 10a KAG RP in verfassungskonformer Auslegung nicht gegen den Grundsatz der Belastungsgleichheit der Abgabepflichtigen. Der für die Beitragserhebung erforderliche Sondervorteil der Beitragspflichtigen liegt in der Möglichkeit des Zugangs von ihren Grundstücken zu den öffentlichen Verkehrsanlagen (a). Bei verfassungskonformer Auslegung von § 10a KAG RP und einer entsprechenden Umsetzung durch den jeweils zuständigen Satzungsgeber ist ein durch den Ausbau von Verkehrsanlagen bedingter Sondervorteil sämtlichen Abgabepflichtigen hinreichend individuell zurechenbar (b). Die Erhebung wiederkehrender Beiträge durch Satzung nach § 10a KAG RP führt bei verfassungskonformer Auslegung auch nicht zu einer Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem, weil sämtliche Grundstücke innerhalb einer einheitlichen öffentlichen Einrichtung abgabepflichtig wären, obwohl sie durch die Ausbaumaßnahmen wesentlich unterschiedlich begünstigt sind, sofern mit der Anlage ein Vorteil für das Grundstück, an das der Beitrag anknüpft, verbunden ist (c).

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a) Der durch den Beitrag ausgeglichene Sondervorteil besteht nach dem Wortlaut des § 10a KAG RP und der Begründung des Gesetzentwurfs in der rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeit der Zufahrt oder des Zugangs zu einer öffentlichen Verkehrsanlage, die Teil einer einheitlichen öffentlichen Einrichtung ist. Dem steht die wiederkehrende Erhebung des Beitrags nicht entgegen (vgl. BVerfGE 42, 223 <228 f.>).

38

Der Gesetzgeber sieht den Sondervorteil in der Möglichkeit der Zufahrt oder des Zugangs zu einem Gesamtsystem der Verkehrsanlagen, das nach Maßgabe der Satzung grundsätzlich auch aus sämtlichen zum Ausbau bestimmten Verkehrsanlagen einer Gemeinde bestehen kann und damit eine einheitliche öffentliche Einrichtung bildet. Bereits nach der Vorgängerregelung des § 10 Abs. 6 KAG RP aus dem Jahre 1995 war die „rechtliche und tatsächliche Möglichkeit einer Zufahrt oder eines Zugangs zu einer in der Abrechnungseinheit gelegenen Verkehrsanlage“ der gesetzliche Anknüpfungspunkt für den Sondervorteil. Mit der Neuregelung wurde der Begriff der „Abrechnungseinheit“ durch den der „einheitlichen öffentlichen Einrichtung“ ersetzt. Während nach Auffassung des Landesgesetzgebers beim einmaligen Beitrag nach § 10 Abs. 5 KAG RP der Sondervorteil in der rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeit einer Zufahrt oder eines Zugangs „zu der hergestellten oder ausgebauten Verkehrsanlage“ besteht, soll beim (wiederkehrenden) Beitrag nach § 10a KAG RP die Möglichkeit der Zufahrt oder des Zugangs zu „einer der Verkehrsanlagen“ - also nicht nur zu einer bestimmten, gerade hergestellten oder ausgebauten Verkehrsanlage - genügen. Die einheitliche öffentliche Einrichtung bilde in ihrer Gesamtheit das einheitliche Straßensystem, welches den durch die einzelnen Verkehrsanlagen „erschlossenen“, qualifiziert nutzbaren Grundstücken die erforderliche Anbindung an das gesamte übrige innerörtliche und damit zugleich auch überörtliche Straßennetz ermögliche. In der Erhaltung, Verbesserung oder Erweiterung dieses Straßensystems seitens der Gemeinde durch entsprechende Ausbaumaßnahmen an den einzelnen Verkehrsanlagen liege der verfassungsrechtlich erforderliche, aber auch ausreichende Sondervorteil, der durch den wiederkehrenden Beitrag abgegolten werde (LTDrucks 15/318, S. 7 f.).

39

Der beitragspflichtige Vorteil liegt danach in der Möglichkeit der besseren Erreichbarkeit der beitragspflichtigen Grundstücke und der besseren Nutzbarkeit des Gesamtverkehrssystems sowie dessen Aufrechterhaltung und Verbesserung als solchem; er ist geeignet, den Gebrauchswert der Grundstücke positiv zu beeinflussen. Damit bewegt sich der Landesgesetzgeber innerhalb der durch den Gleichheitssatz gezogenen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit, indem er den Vorteil des einzelnen Grundstücks mit Rücksicht auf die straßenausbaubedingte Steigerung und den Erhalt der Funktionsfähigkeit des Gesamtverkehrssystems einer vom Satzungsgeber festzulegenden Einheit bestimmt. Mit dem Ausbaubeitrag wird folglich nicht die schlichte - auch der Allgemeinheit zustehende - Straßenbenutzungsmöglichkeit entgolten, sondern die einem Grundstück mit Baulandqualität zugutekommende Erhaltung der wegemäßigen Erschließung als Anbindung an das inner- und überörtliche Verkehrsnetz. Durch den Straßenausbau wird die Zugänglichkeit des Grundstücks gesichert und damit der Fortbestand der qualifizierten Nutzbarkeit (so auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20. November 2007 - 6 C 10601/07.OVG -, AS RP-SL 35, S. 209 <217>; Beschluss vom 24. Februar 2012 - 6 A 11492/11.OVG -, AS RP-SL 41, S. 69 <70 f.>; Beschluss vom 21. August 2012 - 6 C 10085/12.OVG -, AS RP-SL 41, S. 218 <221 f.>). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass zur wegemäßigen Erschließung eines bestimmten Grundstücks allein die Straße, an der es gelegen ist, regelmäßig nicht ausreicht. Vielmehr wird der Anschluss an das übrige Straßennetz meist erst über mehrere Verkehrsanlagen vermittelt (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20. November 2007 - 6 C 10601/07.OVG -, AS RP-SL 35, S. 209 <214>; Urteil vom 25. August 2010 - 6 A 10505/10.OVG -, AS RP-SL 39, S. 331 <335>; Urteil vom 15. März 2011 - 6 C 11187/10.OVG -, AS RP-SL 40, S. 4 <12>; Beschluss vom 24. Februar 2012 - 6 A 11492/11.OVG -, AS RP-SL 41, S. 69 <71>). Zwischen welchen Verkehrsanlagen eine ausreichend enge „Vermittlungsbeziehung“ hinsichtlich des Anschlusses an das übrige Straßennetz besteht, ist dagegen keine Frage des Vorliegens eines Vorteils, sondern dessen individueller Zurechenbarkeit zu einem einzelnen Grundstück.

40

b) Der Vorteil ist bei Ausschöpfung der Möglichkeit zur Bildung einheitlicher öffentlicher Einrichtungen in abgrenzbaren Gebietsteilen der Gemeinden gemäß § 10a KAG RP individuell hinreichend zurechenbar.

41

§ 10a KAG RP eröffnet dem Satzungsgeber die Möglichkeit, einheitliche öffentliche Einrichtungen zu bilden, die nicht notwendig das gesamte Gemeindegebiet umfassen, sondern auch nur einzelne, abgrenzbare Gebietsteile. Dabei kann in der Satzung geregelt werden, dass sämtliche zum Anbau bestimmten Verkehrsanlagen des gesamten Gebiets oder einzelner voneinander abgrenzbarer Gebietsteile der Gemeinde eine oder mehrere einheitliche öffentliche Einrichtungen bilden, für deren Ausbau vorteilsbezogene Beiträge von Grundstücken erhoben werden können, welche die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit einer Zufahrt oder eines Zugangs zu diesen Verkehrsanlagen haben. Die Gemeinde hat dabei gemäß § 10a Abs. 1 Satz 3 KAG RP die örtlichen Gegebenheiten zu beachten. Wie aus der Pflicht zur weitergehenden Begründung für die Bestimmung von Verkehrsanlagen einzelner, voneinander abgrenzbarer Gebietsteile als einheitliche öffentliche Einrichtung gemäß § 10a Abs. 1 Satz 4 KAG RP sowie aus der Gesetzesbegründung (LTDrucks 15/318, S. 7) hervorgeht, sah der Gesetzgeber die Ausübung des Satzungsermessens dahingehend, dass sämtliche zum Anbau bestimmte Verkehrsanlagen einer Gemeinde eine einheitliche öffentliche Einrichtung bilden, als Regelfall an, was auch vor dem Hintergrund zu sehen ist, dass es in Rheinland-Pfalz besonders viele kleinere Gemeinden gibt (vgl. Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz, Statistisches Jahrbuch 2012, S. 34).“

42

§ 3 ABS verstößt gegen die vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten verfassungsrechtlichen Anforderungen, indem das gesamte im baurechtlichen Innenbereich gelegene Gebiet der Beklagten trotz erheblicher räumlicher Trennung in die einheitliche Einrichtung einbezogen wird. Nach Auffassung des Gerichts bedarf es im Gebiet der Beklagten der Aufteilung auf mehr als eine Einheit, um eine taugliche satzungsrechtliche Grundlage für die Erhebung von wiederkehrenden Beiträgen zu schaffen. Das Bundesverfassungsgericht führt zu den Anforderungen zur Annahme eines konkret-individuellen Vorteils für das beitragsbelastete Grundstück bei der Bildung einer einheitlichen Abrechnungseinheit in seinem Beschluss vom 25. Juni 2014 (a.a.O, S. 24 f. BA) aus:

43

„c) Die Bildung einer einzigen Abrechnungseinheit im gesamten Gemeindegebiet durch Satzung ist dann gerechtfertigt, wenn mit den Verkehrsanlagen ein Vorteil für das beitragsbelastete Grundstück verbunden ist. Besteht ein solcher Vorteil wie in Großstädten oder Gemeinden ohne zusammenhängendes Gebiet nicht, läge in der Heranziehung aller Grundstücke zur Beitragspflicht eine Gleichbehandlung wesentlich ungleicher Sachverhalte.

44

aa) Der Wortlaut des § 10a KAG RP steht einer solchen verfassungskonformen Auslegung nicht entgegen, da § 10a Abs. 1 Satz 4 KAG RP dem Satzungsgeber ausdrücklich vorschreibt, die örtlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen. In Großstädten oder Gemeinden ohne zusammenhängendes Gebiet ist das eröffnete Satzungsermessen zur Bildung einer einzigen Verkehrsanlage im gesamten Gemeindegebiet insoweit von Verfassungs wegen auf Null reduziert, als nur so dem Gebot eines zurechenbaren Sondervorteils auch bei Berücksichtigung des Typisierungs- und Vereinfachungsspielraums des Satzungsgebers Rechnung getragen werden kann. In dieser Auslegung ist § 10a KAG RP mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine Beitragserhebung (siehe oben B. I. 2.) in Einklang zu bringen.

45

bb) Bei der Ausübung seines Gestaltungsermessens muss der Satzungsgeber die verfassungsrechtlichen Grenzen einer Bestimmung der Verkehrsanlagen des gesamten Gemeindegebiets als einheitliche öffentliche Einrichtung in den Blick nehmen. Ein Beitrag für den Ausbau einer Straße als Teil einer öffentlichen Verkehrsanlage kommt nur für diejenigen Grundstücke in Betracht, die von der Verkehrsanlage einen jedenfalls potentiellen Gebrauchsvorteil haben, bei denen sich also der Vorteil der Möglichkeit der Nutzung der ausgebauten Straßen als Lagevorteil auf den Gebrauchswert des Grundstücks auswirkt. Nur in diesem Fall erscheint es nach dem Maßstab des Gleichheitssatzes gerechtfertigt, gerade den oder die Eigentümer dieses Grundstücks zu einem Beitrag für die Nutzung der ausgebauten Straße heranzuziehen.

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Ob die herangezogenen Grundstücke einen konkret zurechenbaren Vorteil von dem Ausbau und der Erhaltung einer Verkehrsanlage haben, hängt dabei nicht von der politischen Zuordnung eines Gebiets, sondern vor allem von den tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten ab, etwa der Größe, der Existenz eines zusammenhängenden bebauten Gebiets, der Topographie wie der Lage von Bahnanlagen, Flüssen und größeren Straßen oder der typischen tatsächlichen Straßennutzung. Dabei dürfte in Großstädten die Aufteilung der Verkehrsanlagen in mehrere abgrenzbare Gebietsteile regelmäßig erforderlich und unbeschadet des ansonsten bestehenden Satzungsermessens die Annahme einer einheitlichen öffentlichen Einrichtung ausgeschlossen sein; in kleinen Gemeinden - insbesondere solchen, die aus nur einem kleinen, zusammenhängend bebauten Ort bestehen - werden sich einheitliche öffentliche Einrichtung und Gemeindegebiet dagegen häufig decken. Ein „funktionaler Zusammenhang“, wie er früher vom Landesgesetzgeber und den Verwaltungsgerichten gefordert wurde, ist für die Bildung einer Abrechnungseinheit von Verkehrsanlagen durch den Gleichheitssatz jedoch nicht vorgegeben (vgl. z.B. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 8. Oktober 1993 - 10 C 10237/93.OVG -, AS RP-SL 24, S. 261 <265>; Urteil vom 18. März 2003 - 6 C 10580/02.OVG -, NVwZ-RR 2003, S. 591 <593>). Aus verfassungsrechtlicher Sicht kommt es allein darauf an, dass eine hinreichende individuelle Zurechnung von Vorteil und Beitragspflicht hergestellt werden kann.

47

cc) Die Gemeinden werden zudem bei der Bildung der Abrechnungseinheiten zu berücksichtigen haben, ob dabei Gebiete mit strukturell gravierend unterschiedlichem Straßenausbauaufwand zusammengeschlossen werden, falls dies zu einer auch bei großzügiger Pauschalierungsbefugnis mit Rücksicht auf das Gebot der Belastungsgleichheit nicht mehr zu rechtfertigenden Umverteilung von Ausbaulasten führen würde.“

48

Die in dem von § 3 ABS geschaffenen Abrechnungsgebiet vorhandenen tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten gebieten die Aufteilung in mehrere abgegrenzte Gebietsteile. So trennt die Mosel mit ihrer Breite von über 135 m (ohne Uferbereich, Abstand der Moseluferstraßen „Mosel-Hamm-Ufer“ und „Moselpromenade“ mehr als 160 m, vgl. wie auch zu den folgenden Entfernungs- und Höhenangaben: www.geoportal.rlp.de) die links der Mosel gelegenen Stadtteile Kaimt und Barl von den rechts der Mosel gelegenen Stadteilen Merl und Zell. Eine vorteilsbegründende Verbindung dieser Bereiche kann auch nicht über die im Süden von Kaimt und der Kernstadt Zell gelegene Straßenbrücke der B 53 und die ca. 1.200 m nördlich davon gelegene Fußgängerbrücke über die Mosel angenommen werden. Hinsichtlich der Brücke der B 53 folgt dies bereits daraus, dass es sich bei der B 53 als Bundesfernstraße schon um eine „größere Straße“ im Sinne der zitierten Rechtsprechung handelt. Sie ist in dem Bereich Kaimt und Brücke auch als Umgehungsstraße mit erheblicher Breite konzipiert und gebaut. Auch im Bereich rechts der Mosel ist sie durch den Fahrradweg bzw. die Parkflächen und Seitenstreifen mit einer erheblichen Breite angelegt. Zudem hat die B 53 auf der linken Moselseite, auf der sie außerhalb der Ortslage Kaimt zwischen dieser, den Weinbergen und dem Ortsteil Barl in Richtung Norden verläuft, keinerlei Anbaubestimmung. Auch auf der rechten Moselseite, auf der sie nach der in West-Ost-Richtung verlaufenden Brücke nach dem Kreisel weiter nach Süden führt, erschließt sie auf einer Länge von 120 m nur einseitig und unmittelbar nur wenige (vier) Gewerbegrundstücke, nicht aber die Ortslage der Kernstadt Zell. Bei generalisierender Betrachtungsweise hat die B 53 im gesamten Stadtbereich keine Anbaubestimmung. Eine Straßenbrücke über einen in diesem Bereich ca. 150 m breiten Fluss, die sich als die Verbindung zweier nach generalisierender Betrachtung nicht zum Anbau bestimmter Straßen (-teilstücke) darstellt, kann selbst auch keine Verbindung zu dem individuell-konkreten, grundstücksbezogenen Vorteil darstellen.

49

Schon danach ist § 3 ABS rechtswidrig und nichtig und kann damit keine taugliche Ermächtigungsgrundlage für die angefochtenen Beitragsbescheide bilden.

50

Darüber hinaus liegt auch zwischen den links der Mosel gelegenen Stadtteilen Kaimt und Barl keine im Sinne der o.a. Rechtsprechung ausreichende Verbindung vor, die die Annahme eines individuell-konkreten Vorteils rechtfertigen könnte. Der Stadtteil Barl liegt mehr als 150 Höhenmeter oberhalb der Mosel und der Ortslage von Kaimt und ist von dieser nur über die B 53 und die K 56 erreichbar. Trennend dazwischen liegen die dem Außenbereich zuzuordnenden Weinberge, die selbst in Luftlinie gemessen eine Breite von mehr als 400 m zwischen die bebauten Ortslagen von Kaimt und Barl haben, in der sich (nahezu) keinerlei Bebauung befindet. Die B 53 hat, wie dargelegt, auf dieser (linken) Moselseite innerhalb der Stadt Zell keinerlei Anbaubestimmung. Die K 56 beginnt an der B 53, hat ebenfalls keine Anbaubestimmung, ist gesäumt von Weinbergen, überwindet einen Höhenunterschied von über 140 m und führt sodann zur Ortslage Barl und geht dort in Gemeindestraßen über. Damit ist eine für die Beitragserhebung notwendige zurechenbare Verbindung der hier betroffenen Grundstücke in Barl mit den Straßen in Kaimt nicht vorhanden.

51

Ob innerhalb des Stadtgebiets von Zell weitere Einheiten zu bilden wären, wenn die Beklagte auch zukünftig an der Erhebung von wiederkehrenden Beiträgen festhalten wollte, ist hier nicht zu entscheiden, zudem fehlen nähere Informationen über die weiteren nach der o.a. Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bedeutsamen Aspekte (vgl. Beschluss vom 25. Juni 2014, a.a.O., S. 25 BA). Daher bedarf es hier auch nicht der Klärung, ob etwa die durch die Ortslage verlaufende B 421 als Bundesfernstraße, selbst wenn sie dort Anbaubestimmung hat, generell trennend wirkt und als Bundesstraße überhaupt Teil der Abrechnungseinheit sein kann (vgl. Vorlagebeschluss der Kammer vom 1. August 2011 – 4 K 1392/10.KO – S. 18 f. d. BA). Ebenso wenig bedarf es der Ermittlung, ob die Beklagte hier Gebiete mit strukturell gravierend unterschiedlichem Straßenausbauaufwand zu einer Einheit zusammengeschlossen hat.

52

Die Kammer hat die Rechtswidrigkeit und damit Nichtigkeit der Satzung zwingend und von Amts wegen zu berücksichtigen (vgl. den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Juni 2014, a.a.O., S. 26 BA; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 29. September 2004 – 10 C 3.04 – DVBl. 2005, 255), zudem ist diese in dem vorliegenden Verfahren auch ausdrücklich gerügt worden. Da eine Abgabenerhebung nach § 2 Abs. 1 KAG eine wirksame Satzung voraussetzt, ist der hier angefochtene Bescheid vom 7. Januar 2014 mangels einer solchen aufzuheben. Die weiteren Einwendungen der Klägerin können danach dahingestellt bleiben. Jedoch ist davon auszugehen, dass sie schon seit März 2013 Alleineigentümerin des Grundstücks war und damit ein Bescheid ihr gegenüber ergehen konnte.

53

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 und § 711 ZPO.

54

Die Berufung war gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 124a Abs. 1 S. 1 VwGO zuzulassen, da die Rechtssache nach Auffassung der Kammer grundsätzliche Bedeutung hat.

55

Beschluss

56

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 130,60 Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 3, § 63 Abs. 2 GKG).

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Tenor

Der Bescheid der Beklagten vom 7. Januar 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landkreises Cochem-Zell vom 21. Mai 2014 – KRA – W 66/2014 – wird aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch die Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Festsetzung von wiederkehrenden Beiträgen durch die Beklagte für die Jahre 2012 und 2013.

2

Die Klägerin war zuvor Miteigentümerin neben ihrer Mutter und ist seit 12. März 2013 Alleineigentümerin des Grundstücks der Gemarkung Zell, Flur ..., Parzellen ... (19 qm groß) und ... (1.027 qm groß; Straße „A...“).

3

Der Stadtrat der Beklagten beriet in der Sitzung vom 12. September 2011 eine Systemumstellung der Straßenbaubeiträge vom einmaligen zum wiederkehrenden Beitrag. Er beschloss am 8. November 2011 eine Ausbaubeitragssatzung wiederkehrender Beiträge, die am 1. Januar 2012 in Kraft trat.

4

Der Stadtrat der Beklagten beschloss am 28. Februar 2012 ein Ausbauprogramm für die Jahre 2012 bis 2016. In 2012/2013 sollte die B..., 2014 die C... Straße, 2015 die D... Straße und 2016 der E... Weg ausgebaut werden. Der Stadtrat beschloss am 23. April 2012 die Erhebung von Vorausleistungen auf den jährlichen wiederkehrenden Beitrag. Das Bauprogramm wurde in der Stadtratsitzung vom 27. Juni 2012 geändert und es wurde beschlossen, die F... Straße 2013 zusätzlich auszubauen.

5

Auf die Klage der Klägerin in dem Verfahren 4 K 522/13.KO hob die Beklagte den vorangegangenen Bescheid vom 25. Juli 2012 für das vorgenannte Grundstück und für das Jahr 2012 in der mündlichen Verhandlung vom 22. Oktober 2013 zur Niederschrift des Gerichts auf, nachdem die erkennende Kammer auf Bedenken gegen die Bestimmtheit der Satzung hingewiesen hatte. Das gerichtliche Verfahren wurde daraufhin übereinstimmend für erledigt erklärt.

6

Am 24. Februar 2014 beschloss der Stadtrat der Beklagten eine neue Ausbaubeitragssatzung wiederkehrende Beiträge – ABS –, welche mit Wirkung vom 1. Januar 2012 rückwirkend in Kraft gesetzt wurde. § 3 ABS lautet:

7

„Ermittlungsgebiete

8

(1) Sämtliche zum Anbau bestimmten Verkehrsanlagen des Stadtgebietes bilden als einheitliche öffentliche Einrichtung das Ermittlungsgebiet (Abrechnungseinheit). Das Ermittlungsgebiet wird gebildet von den zum Anbau bestimmten Verkehrsanlagen der Stadtteile Zell (Mosel), Zell-Merl, Zell-Kaimt und Zell-Barl.

9

Die Splittersiedlung „Siedlung Althaus" befindet sich im Außenbereich des Gebietes der Stadt Zell (Mosel) und ist durch die K 46 erschlossen. Bei der K 46 handelt es sich um eine nicht zum Anbau bestimmte Straße. Somit sind die Grundstücke der Siedlung Althaus zu den wiederkehrenden Ausbaubeiträgen nicht beitragspflichtig.

10

(2) Der beitragsfähige Aufwand wird für die eine Abrechnungseinheit bildenden Verkehrsanlagen nach dem Durchschnitt der im Zeitraum von 5 Jahren zu erwartenden Investitionsaufwendungen in der Abrechnungseinheit nach Abs. 1 ermittelt.“

11

Mit Bescheid vom 7. Januar 2014 setzte die Beklagte für die Jahre 2012 und 2013 einen wiederkehrenden Ausbaubeitrag in Höhe von insgesamt 411,48 Euro fest. Dem Beitrag liegt eine Grundstücksfläche von 19 und 1.027 qm zugrunde, die mit einem Vollgeschoßzuschlag von 30% gewichtet und mit dem Beitragssatz von 0,1513 Euro/qm multipliziert wurde. Dem Betragssatz liegen geschätzte Gesamtkosten des Bauprogramms abzüglich des Gemeindeanteils von 1.389.010 Euro und eine beitragspflichtige Gesamtfläche von 1.835.715,4 qm zugrunde. Der errechnete jährliche Beitrag beträgt 205,74 Euro und wurde hier für die Jahre 2012 und 2013 zusammen erhoben. Der Bescheid wurde im Hinblick auf den beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Vorlagebeschluss der Kammer vom 1. August 2011 – 4 K 1392/10.KO – für vorläufig erklärt und wie folgt überschrieben:

12

„V o r l ä u f i g e r  B e i t r a g s b e s c h e i d

13

über die Erhebung eines endgültigen wiederkehrenden Beitrags für öffentliche Verkehrsanlagen für die Eigentümer der Grundstücke an den zum Anbau bestimmten Verkehrsanlagen des gesamten Stadtgebiets (gebildet aus der Stadt Zell (Mosel) und den Stadtteilen Zell-Barl, Zell-Kaimt und Zell-Merl - Abrechnungseinheit -) in der Stadt Zell (Mosel) für die Jahre 2012 und 2013“.

14

Am 22. Januar 2014 erhob die Klägerin Widerspruch und führte aus, auch der neue Bescheid leide an einem formalen Mangel, da er nicht allen Miteigentümern zugestellt worden sei. Ferner ergebe sich weder aus der Verwaltungsakte noch aus dem Beitragsbescheiden selbst, dass die beabsichtigten Straßenbaumaßnahmen beitragsfähige Aufwendungen darstellten. Der Gemeindeanteil sei ebenfalls fehlerhaft ermittelt worden. Der Begriff des Anliegerverkehrs könne hier nicht uneingeschränkt gelten, da in der Abrechnungseinheit drei unterschiedliche Baugebiete zusammengefasst worden seien. So diene der Verkehr in der F... Straße überwiegend nicht den Anliegern sondern der Allgemeinheit. Dies sei auch der Grund dafür, dass die Fahrbahndecke der F... Straße beschädigt worden sei. Was die Erneuerungsbedürftigkeit von Straßen anbelange, sei die B... schon in den 70er Jahren aufgrund der Beanspruchung durch zwei große Kellereien ausbaubedürftig gewesen und hätte bereits Mitte der 90er Jahre erneuert werden müssen. Die Beklagte habe nichts unternommen und notwendige Instandsetzungsmaßnahmen immer wieder aufgeschoben. Die F... Straße sei hingegen mangelhaft erstellt worden. Die Auswahl der auszubauenden Straßen sei nicht von sachgerechten Motiven geleitet worden. Ein notwendiger Ausbau beispielsweise auf dem Barl sei im jetzigen Bauprogramm unterblieben. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen VGH sei von einer Nutzung der Hauptverkehrsstraßen von 25 Jahren auszugehen, daher unterliege die F... Straße noch nicht dem beitragsfähigen Ausbau. Die Straßenbeleuchtung müsse nicht erneuert werden.

15

Der Kreisrechtsausschuss des Landkreises Cochem-Zell wies den Widerspruch mit am 22. Mai 2014 zugestelltem Widerspruchsbescheid vom 21. Mai 2014 - KRA - W 66/2014 - zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, einen Fall einer begründungsbedürftigen Aufteilung in Abrechnungseinheiten sehe die Regelung des § 3 ABS in der jetzigen Fassung – im Gegensatz zur bisherigen Satzung – nicht vor. Nach § 10a KAG könnten die Gemeinden anstelle der Erhebung von einmaligen Beiträgen auch diese Investitionsaufwendungen bis zu fünf Jahre für Verkehrsanlagen nach Abzug des Gemeindeanteils als wiederkehrende Beiträge auf die beitragspflichtigen Grundstücke verteilen. Es spiele in diesem Zusammenhang wegen des einheitlichen Einrichtungsbegriffs keine Rolle, ob ein Grundstück an einer reinen Gemeindestraße oder an einer klassifizierten Straße liege, bei der die Gemeinde nur die Baulast für den Gehweg und die Beleuchtung besitze. Es sei gerade Sinn und Zweck des wiederkehrenden Beitrages, dass alle in der Abrechnungseinheit liegenden beitragspflichtigen Grundstücke für den Ausbau einzelner Verkehrsanlagen herangezogen werden, unabhängig davon, ob sie an der auszubauenden Straßen lägen oder nicht. Der Bescheid sei im Hinblick auf den Vorlagebeschluss des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 1. August 2011 - 4 K 1392/10.KO - für vorläufig erklärt worden nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 KAG i.V.m. § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO, so dass es in dem vorliegenden Widerspruchsverfahren nicht auf die verfassungsrechtlichen Fragen ankomme. Es bestünden auch unabhängig von der Prüfungskompetenz des Kreisrechtsausschusses keine Bedenken an der Rechtsmäßigkeit der Satzung. Ebenso sei der Gemeindeanteil zutreffend ermittelt worden. Soweit die Beklagte in das Bauprogramm 2012 – 2016 Straßen aufgenommen habe, die nicht nur in einem Stadtteil lägen, sei dies zwar nicht zwingend, aber von der kommunalpolitischen Ermessensentscheidung gedeckt. Entscheidend sei, dass jede dieser Straßen unter den Ausbautatbestand falle. Die Nichtaufnahme weiterer Straßen in das jetzige Bauprogramm habe auch im Hinblick auf die finanzielle Belastung der Beitragspflichtigen getroffen werden können. Ein Rechtsanspruch auf die Aufnahme einer bestimmen Straße in das laufende Bauprogramm bestehe nicht. Die Aufnahme der F... Straße in das Bauprogramm sei nicht zu beanstanden. Sie liege zwar in einem noch nicht förmlich aufgehobenen Sanierungsgebiet, könne aber dennoch Bestandteil der Abrechnungseinheit sein. Komme somit die einschlägige Satzung der Stadt zur generellen Anwendung, bestehe eine grundsätzliche Beitragspflicht des veranlagten Grundstücks. Das Grundstück liege in der Abrechnungseinheit und eine Zugangs- bzw. Zufahrtsmöglichkeit zu einer Verkehrsanlage im Abrechnungsgebiet bestehe.

16

Mit Telefax ihrer Prozessbevollmächtigten hat die Klägerin am Montag, dem 23. Juni 2014, die vorliegende Klage erhoben und wiederholt und vertieft ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren. Sie weist auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Juni 2014 - 1 BvR 668/10 sowie 1 BvR 2104/10 -hin. Danach entfalle die auf § 10a KAG gestützte Rechtsgrundlage für die Entscheidung der Beklagten, nur eine einzige Abrechnungseinheit für die gesamte Stadt mit all ihren Stadtteilen rechts und links der Mosel sowie jenseits der B 53 auf den Höhen des Stadtteils Barl bilden zu können. In Großstädten oder Gemeinden ohne zusammenhängendes Gebiet, so wie in Zell (Mosel) mit all seinen Stadtteilen sei das eröffnete Satzungsermessen zur Bildung einer einheitlichen Verkehrsanlage im gesamten Gemeindegebiet insoweit von Verfassungs wegen auf Null reduziert, als nur so dem Gebot eines zurechenbaren Sondervorteils auch bei Berücksichtigung des Typisierungs- und Vereinfachungsspielraums des Satzungsgebers Rechnung getragen werden könne. Der Stadtteil Barl sei ein eigenständiges Industrie-, Gewerbe- und Wohngebiet, das mit dem gesamten Straßennetz unmittelbar nur an die B 53 anknüpfe. Der Stadtteil Kaimt wiederum habe ein in sich geschlossenes, örtlich gewachsenes Straßennetz, moselseits von der B 53. Er werde bergseits vom neuen Stadtteil Barl, der erst zu Beginn der 1970er Jahre begründet und stetig erweitert worden sei, durch die B 53 und talseits durch den Fluss von der Stadt Zell und dem Stadtteil Merl getrennt. Im Ergebnis seien drei getrennte Straßennetze nicht unmittelbar miteinander verbunden, so dass die Einrichtung von drei getrennten Abrechnungseinheiten zur Bildung gerechter Solidargemeinschaften angezeigt sei. Allein die Tatsache, dass der Fluss die Stadtteile rechts und links der Mosel trenne, widerlege die Auffassung der Beklagten.

17

Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,

18

den Bescheid der Verbandsgemeindeverwaltung Zell für die Stadt Zell/Mosel, vertreten durch den Bürgermeister, vom 7. Januar 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landkreises Cochem-Zell vom 21. Mai 2014 zu Az.: KRA - W 66/2014 - aufzuheben.

19

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

20

die Klage abzuweisen.

21

Sie verweist auf den Widerspruchsbescheid und führt ergänzend aus, dass die Zusammenfassung der Stadtteile der Stadt Zell (Mosel) zu einer öffentlichen Einrichtung zulässig sei, da bei den Stadtteilen Kernstadt Zell und Merl aufgrund der herangerückten Bebauung keine klare topografische Abgrenzung gegeben sei. Außerdem seien die Stadtteile Kernstadt Zell und Zell (Kaimt) zwar durch die Mosel topografisch getrennt, jedoch verbänden die bestehende Autobrücke und die davon ca. 1,2 km moselabwärts gelegene Fußgängerbrücke die beiden Stadtteile wieder miteinander.

22

Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 28. und 29. August 2014 auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

23

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze und Unterlagen der Beteiligten, die vorgelegten Verwaltungs- und Widerspruchsakten sowie die Gerichtsakten 4 K 590/14.KO, 4 K 591/14.KO, 4 K 602/14.KO, 4 K 603/14.KO, 4 K 604/14.KO und 4 K 522/13.KO nebst den dort vorgelegten Verwaltungs- und Widerspruchsakten verwiesen; sämtliche Unterlagen waren Gegenstand der Beratung.

Entscheidungsgründe

24

Die Klage, über die die Kammer im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte (§ 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO), ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.

25

Die Klage ist zulässig; sie wurde rechtzeitig erhoben. Die Zustellung des Widerspruchsbescheids am 22. Mai 2014 löste die einmonatige Klagefrist (§ 74 VwGO) aus, die gemäß § 57 VwGO i.V.m. § 222 Abs. 2 der Zivilprozessordnung am Montag, dem 23. Juni 2014 endete. An diesem Tage hat die Klägerin die vorliegende Klage wirksam erhoben.

26

Die Klage ist auch begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 7. Januar 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landkreises Cochem-Zell vom 21. Mai 2014 – KRA – W 66/2014 – ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO); er ist daher aufzuheben. Dem die Klägerin belastenden Bescheid fehlt es an einer notwendigen Ermächtigungsgrundlage, da § 3 der Satzung zur Erhebung von wiederkehrenden Beiträgen für den Ausbau von Verkehrsanlagen (Ausbaubeitragssatzung wiederkehrende Beiträge) für die Stadt Zell – ABS – vom 25. Februar 2014 hinsichtlich des darin festgelegten Einrichtungsgebietes und damit die Satzung insgesamt rechtswidrig und nichtig ist.

27

Der gerichtlichen Entscheidung unter Einbeziehung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in seinem Beschluss vom 25. Juni 2014 - 1 BvR 668/10 und 1 BvR 2104/10 – (WM 2014, 1693) und der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Satzung steht nicht entgegen, dass der Bescheid vom 7. Januar 2014 – gestützt auf § 3 Abs. 1 Nr. 4 des Kommunalabgabengesetzes – KAG – i.V.m. § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 der AbgabenordnungAO – im Hinblick auf den Vorlagebeschluss der Kammer vom 1. August 2011 – 4 K 1392/10.KO – (DWW 2012, 218) vorläufig erlassen wurde. Der Vorlagebeschluss wurde zwischenzeitlich nicht aufgehoben, sondern ist weiterhin bei dem Bundesverfassungsgericht anhängig und hat sich durch dessen o.a. Beschluss nicht erledigt. Die nach Auffassung der Kammer zur Verfassungswidrigkeit der Vorschriften der §§ 10, 10a KAG führenden Gründe (vgl. den Vorlagebeschluss a.a.O., S. 17-42 des Beschlussabdrucks - BA) wurden in dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Juni 2014 im Wesentlichen nicht aufgegriffen und verfassungsrechtlich geklärt, obwohl dieser den Vorlagebeschluss ausdrücklich als Beleg für den nichtsteuerlichen Abgabencharakter der wiederkehrenden Beiträge heranzieht (vgl. Beschluss vom 25. Juni 2014, a.a.O., S. 17 BA). Daher sind weiterhin eine Vielzahl von Fallgestaltungen gegeben, in denen die von der Kammer aufgeführten Gründe Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide haben (können), selbst wenn die vom Bundesverfassungsgericht aufgeführten Kriterien für die Zurechenbarkeit eines Vorteils beachtet werden.

28

Auch in dem vorliegenden Klageverfahren wären mehrere der im Vorlagebeschluss der Kammer aufgeworfenen Gründe entscheidungsrelevant. So käme es etwa auf die Gesetzgebungskompetenz des Landes für die Einbeziehung von Bundesstraßen in das kommunale Anbaustraßennetz (S. 17 f. BA) an, da die B 53 auf einem kurzen Stück südlich des Kreisels östlich der Mosel (Verbindung zur B 421) gerade im Bereich der Grundstücke der Klägerin in der A... (s.a. die weiteren Verfahren der Klägerin 4 K 590/14.KO und 4 K 591/14.KO) Anliegergrundstücke erschließt und nach Auffassung der Beklagten hier die Beitragspflicht gerade auch der Grundstücke der Klägerin begründet. Ähnliches gilt für die B 421 in diesem Bereich. Ebenso bliebe der von der Kammer angenommene Verstoß gegen die Regelung des § 127 Abs. 1 BauGB (vgl. S. 18 f. BA) von Bedeutung. Denn der nach § 10a KAG zwangsläufige Umstand, dass eine Erschließungsstraße, die bereits technisch hergestellt und gewidmet ist, jedoch noch nicht abrechenbar ist (oder abgerechnet wurde), gleichzeitig mit der Widmung zum Anbaustraßennetz gehört und damit als Ausbaumaßnahme über den wiederkehrenden Beitrag abrechenbar wäre, hat die Möglichkeit einer Doppelfinanzierung und damit eines Verstoßes gegen die Einmaligkeit der Beitragserhebung zur Folge. Auch die von der Beklagten erfolgte Einbeziehung der Kosten der Maßnahmen an der in einem förmlich festgesetzten Sanierungsgebiet nach dem Baugesetzbuch gelegenen F... Straße stellt einen Sachverhalt dar, der nach der im Vorlagebeschluss dargelegten Auffassung gegen die Normenwahrheit und -klarheit (S. 22 f. BA) verstößt. Zudem gibt es auch für Maßnahmen in Sanierungsgebieten besondere Finanzierungsmittel und -zuschüsse sowie die Verpflichtung zur Heranziehung der bevorteilten Eigentümer zu Ausgleichsbeträgen (vgl. §§ 154 ff. BauGB), so dass auch hier die naheliegende Gefahr der Doppelfinanzierung besteht. Darüber hinaus bleibt auch die Frage offen, ob etwa selbständige Fuß- und Radwege sowie selbständige Parkflächen und Grünanlagen (vgl. § 2 ABS) Teil einer Abrechnungseinheit sein können, auch wenn letztere schon keine Straßen sind und erstere wegen des anderen Widmungsinhalts (wie auch bei Fußgängerzonen und nicht befahrbaren Wohnwegen) nicht mit befahrbaren Straßen als einheitliche Einrichtung betrachtet werden können (S. 22, 26 BA)

29

Die vorliegende Klage ist jedoch auch ohne eine entsprechende verfassungsgerichtliche Klärung der vorgenannten Fragen und damit ohne Rücksicht auf den Vorläufigkeitsvermerk entscheidungsreif, da der hier als Rechtsgrundlage für den erlassenen Bescheid dienende und rückwirkend zum 1. Januar 2012 in Kraft gesetzte § 3 ABS nicht auf den verfassungskonform ausgelegten § 10a KAG gestützt werden kann. Denn vor der Frage der Vereinbarkeit der §§ 10 und 10a KAG mit höherrangigem Recht ist zunächst zu klären, ob die hier anzuwendende Satzung selbst mit höherrangigem (Gesetzes- und Verfassungs-)Recht vereinbar ist. Insbesondere § 3 ABS erfüllt nicht die vom Bundesverfassungsgericht in dem Beschluss vom 25. Juni 2014 (a.a.O.) gestellten verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine Abgabenerhebung, da ein individuell-konkret zurechenbarer, grundstücksbezogener Vorteil der beitragspflichtigen Grundstücke vom Anschluss an die von der Beklagten gebildeten Beitragseinheit nicht ausreichend vorhanden ist.

30

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem o.a. Beschluss vom 25. Juni 2014 die Verbindung der Erhebung von Beiträgen mit dem Grundsatz der Belastungsgleichheit nach Art. 3 Abs. 1 GG herausgestellt und fordert, dass die Differenzierung zwischen Beitragspflichtigen und nicht Beitragspflichtigen nach Maßgabe des konkret-zurechenbaren Vorteils vorgenommen wird, dessen Nutzungsmöglichkeit mit dem Beitrag abgegolten werden soll. Es hat die angegriffenen Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz (Beschlüsse vom 26. Januar 2010 – 6 A 11036/09.OVG – und vom 14. Juni 2010 – 6 A 10082/10.OVG –) aufgehoben, da sie die Beschwerdeführerinnen in ihren Grundrechten aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzen, und die Sachen zur Klärung der Frage, ob die angegriffenen Beitragssatzungen in den beiden Verfassungsbeschwerdeverfahren den durch diese Entscheidung geklärten verfassungsrechtlichen Anforderungen gerecht werden, an das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz zurückverwiesen. Zu der erforderlichen verfassungskonformen Auslegung des § 10a KAG RP führt das Bundesverfassungsgericht in dem Beschluss vom 25. Juni 2014 (a.a.O., S. 19 ff. BA) aus:

31

„Die Heranziehung zu wiederkehrenden Beiträgen nach Maßgabe des § 10a KAG RP verstößt bei verfassungskonformer Auslegung nicht gegen das Grundrecht auf Gleichbehandlung des Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Gebot der Belastungsgleichheit.

32

3. Werden Beiträge erhoben, verlangt Art. 3 Abs. 1 GG, dass die Differenzierung zwischen Beitragspflichtigen und nicht Beitragspflichtigen nach Maßgabe des Vorteils vorgenommen wird, dessen Nutzungsmöglichkeit mit dem Beitrag abgegolten werden soll. Erfolgt die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen grundstücksbezogen, können nach dem Grundsatz der abgabenrechtlichen Belastungsgleichheit nur solche Grundstücke herangezogen werden, deren Eigentümer aus der Möglichkeit, die ausgebauten Straßen in Anspruch zu nehmen, einen Sondervorteil schöpfen können, der sich von dem der Allgemeinheit der Straßennutzer unterscheidet.

33

Die Erhebung von Beiträgen erfordert hiernach hinreichende sachliche Gründe, welche eine individuelle Zurechnung des mit dem Beitrag belasteten Vorteils (siehe oben B. I.) zum Kreis der Belasteten rechtfertigen. Wesentlich für den Begriff des Beitrags ist der Gedanke der angebotenen Gegenleistung, des Ausgleichs von Vorteilen und Lasten: Wenn das Gemeinwesen in Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe eine besondere Einrichtung zur Verfügung stellt, so sollen diejenigen, die daraus besonderen wirtschaftlichen Nutzen ziehen oder ziehen können, zu den Kosten ihrer Errichtung und Unterhaltung beitragen (vgl. BVerfGE 14, 312 <317>). Die für die Kostentragungspflicht erforderliche individuelle Zurechenbarkeit lässt sich insbesondere aus der rechtlichen oder tatsächlichen Sachherrschaft oder -nähe und der damit verbundenen Möglichkeit herleiten, aus der Sache konkrete wirtschaftliche Vorteile oder Nutzen zu ziehen (vgl. BVerfGE 91, 207 <223>). Das schließt allerdings nicht aus, dass eine unbestimmte Vielzahl von Bürgern zu Beiträgen herangezogen wird, sofern ihnen jeweils ein Sondervorteil individuell-konkret zugerechnet werden kann (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 13. Mai 2014 - VGH B 35/12 -, juris, Rn. 103).

34

Soweit die Beitragserhebung grundstücksbezogen erfolgt, muss auch der Sondervorteil grundstücksbezogen definiert werden (vgl. Driehaus, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 8 Rn. 272 ; Beuscher, ebd. Rn. 2314); er kann zum Beispiel in einer Erhöhung des Gebrauchswertes des Grundstücks durch die Belegenheit in einem verkehrsmäßig erschlossenen Gebiet oder in der Möglichkeit der Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung oder Anlage bestehen, welche ihrerseits den Gebrauchswert des Grundstücks steigert. Eine Steigerung des Verkehrswertes ist nicht erforderlich (vgl. Arndt, in: Henneke/ Pünder/Waldhoff, Recht der Kommunalfinanzen, 2006, § 16 Rn. 130; Driehaus, a.a.O.; Schneider, Driehaus-Festschrift, 2005, S. 179 <184>).

35

Weitergehende verpflichtende Anforderungen, wie zum Beispiel die Existenz eines „funktionalen Zusammenhangs“ zwischen Verkehrsanlagen und den mit einem Ausbaubeitrag belasteten Grundstücken sind verfassungsrechtlich nicht geboten. Allerdings darf sich aus Gründen der Belastungsgleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG) der Sondervorteil, dessen Inanspruchnahme durch die Erhebung eines Beitrags ausgeglichen werden soll, nicht in der Weise auflösen, dass Beitragspflichtige keinen größeren Vorteil aus der potentiellen Inanspruchnahme der Gegenleistung ziehen können als die nichtbeitragspflichtige Allgemeinheit. Damit bleibt Raum für eine Ausgestaltung der Beitragsverpflichtung durch den Gesetz- oder Satzungsgeber. Der danach eröffnete Spielraum ist erst dann überschritten, wenn kein konkreter Bezug zwischen dem gesetzlich definierten Vorteil und den Abgabepflichtigen mehr erkennbar ist (vgl. Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, 1973, S. 88).

36

4. Nach diesen Maßgaben verstößt die Heranziehung zu wiederkehrenden Beiträgen nach § 10a KAG RP in verfassungskonformer Auslegung nicht gegen den Grundsatz der Belastungsgleichheit der Abgabepflichtigen. Der für die Beitragserhebung erforderliche Sondervorteil der Beitragspflichtigen liegt in der Möglichkeit des Zugangs von ihren Grundstücken zu den öffentlichen Verkehrsanlagen (a). Bei verfassungskonformer Auslegung von § 10a KAG RP und einer entsprechenden Umsetzung durch den jeweils zuständigen Satzungsgeber ist ein durch den Ausbau von Verkehrsanlagen bedingter Sondervorteil sämtlichen Abgabepflichtigen hinreichend individuell zurechenbar (b). Die Erhebung wiederkehrender Beiträge durch Satzung nach § 10a KAG RP führt bei verfassungskonformer Auslegung auch nicht zu einer Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem, weil sämtliche Grundstücke innerhalb einer einheitlichen öffentlichen Einrichtung abgabepflichtig wären, obwohl sie durch die Ausbaumaßnahmen wesentlich unterschiedlich begünstigt sind, sofern mit der Anlage ein Vorteil für das Grundstück, an das der Beitrag anknüpft, verbunden ist (c).

37

a) Der durch den Beitrag ausgeglichene Sondervorteil besteht nach dem Wortlaut des § 10a KAG RP und der Begründung des Gesetzentwurfs in der rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeit der Zufahrt oder des Zugangs zu einer öffentlichen Verkehrsanlage, die Teil einer einheitlichen öffentlichen Einrichtung ist. Dem steht die wiederkehrende Erhebung des Beitrags nicht entgegen (vgl. BVerfGE 42, 223 <228 f.>).

38

Der Gesetzgeber sieht den Sondervorteil in der Möglichkeit der Zufahrt oder des Zugangs zu einem Gesamtsystem der Verkehrsanlagen, das nach Maßgabe der Satzung grundsätzlich auch aus sämtlichen zum Ausbau bestimmten Verkehrsanlagen einer Gemeinde bestehen kann und damit eine einheitliche öffentliche Einrichtung bildet. Bereits nach der Vorgängerregelung des § 10 Abs. 6 KAG RP aus dem Jahre 1995 war die „rechtliche und tatsächliche Möglichkeit einer Zufahrt oder eines Zugangs zu einer in der Abrechnungseinheit gelegenen Verkehrsanlage“ der gesetzliche Anknüpfungspunkt für den Sondervorteil. Mit der Neuregelung wurde der Begriff der „Abrechnungseinheit“ durch den der „einheitlichen öffentlichen Einrichtung“ ersetzt. Während nach Auffassung des Landesgesetzgebers beim einmaligen Beitrag nach § 10 Abs. 5 KAG RP der Sondervorteil in der rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeit einer Zufahrt oder eines Zugangs „zu der hergestellten oder ausgebauten Verkehrsanlage“ besteht, soll beim (wiederkehrenden) Beitrag nach § 10a KAG RP die Möglichkeit der Zufahrt oder des Zugangs zu „einer der Verkehrsanlagen“ - also nicht nur zu einer bestimmten, gerade hergestellten oder ausgebauten Verkehrsanlage - genügen. Die einheitliche öffentliche Einrichtung bilde in ihrer Gesamtheit das einheitliche Straßensystem, welches den durch die einzelnen Verkehrsanlagen „erschlossenen“, qualifiziert nutzbaren Grundstücken die erforderliche Anbindung an das gesamte übrige innerörtliche und damit zugleich auch überörtliche Straßennetz ermögliche. In der Erhaltung, Verbesserung oder Erweiterung dieses Straßensystems seitens der Gemeinde durch entsprechende Ausbaumaßnahmen an den einzelnen Verkehrsanlagen liege der verfassungsrechtlich erforderliche, aber auch ausreichende Sondervorteil, der durch den wiederkehrenden Beitrag abgegolten werde (LTDrucks 15/318, S. 7 f.).

39

Der beitragspflichtige Vorteil liegt danach in der Möglichkeit der besseren Erreichbarkeit der beitragspflichtigen Grundstücke und der besseren Nutzbarkeit des Gesamtverkehrssystems sowie dessen Aufrechterhaltung und Verbesserung als solchem; er ist geeignet, den Gebrauchswert der Grundstücke positiv zu beeinflussen. Damit bewegt sich der Landesgesetzgeber innerhalb der durch den Gleichheitssatz gezogenen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit, indem er den Vorteil des einzelnen Grundstücks mit Rücksicht auf die straßenausbaubedingte Steigerung und den Erhalt der Funktionsfähigkeit des Gesamtverkehrssystems einer vom Satzungsgeber festzulegenden Einheit bestimmt. Mit dem Ausbaubeitrag wird folglich nicht die schlichte - auch der Allgemeinheit zustehende - Straßenbenutzungsmöglichkeit entgolten, sondern die einem Grundstück mit Baulandqualität zugutekommende Erhaltung der wegemäßigen Erschließung als Anbindung an das inner- und überörtliche Verkehrsnetz. Durch den Straßenausbau wird die Zugänglichkeit des Grundstücks gesichert und damit der Fortbestand der qualifizierten Nutzbarkeit (so auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20. November 2007 - 6 C 10601/07.OVG -, AS RP-SL 35, S. 209 <217>; Beschluss vom 24. Februar 2012 - 6 A 11492/11.OVG -, AS RP-SL 41, S. 69 <70 f.>; Beschluss vom 21. August 2012 - 6 C 10085/12.OVG -, AS RP-SL 41, S. 218 <221 f.>). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass zur wegemäßigen Erschließung eines bestimmten Grundstücks allein die Straße, an der es gelegen ist, regelmäßig nicht ausreicht. Vielmehr wird der Anschluss an das übrige Straßennetz meist erst über mehrere Verkehrsanlagen vermittelt (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20. November 2007 - 6 C 10601/07.OVG -, AS RP-SL 35, S. 209 <214>; Urteil vom 25. August 2010 - 6 A 10505/10.OVG -, AS RP-SL 39, S. 331 <335>; Urteil vom 15. März 2011 - 6 C 11187/10.OVG -, AS RP-SL 40, S. 4 <12>; Beschluss vom 24. Februar 2012 - 6 A 11492/11.OVG -, AS RP-SL 41, S. 69 <71>). Zwischen welchen Verkehrsanlagen eine ausreichend enge „Vermittlungsbeziehung“ hinsichtlich des Anschlusses an das übrige Straßennetz besteht, ist dagegen keine Frage des Vorliegens eines Vorteils, sondern dessen individueller Zurechenbarkeit zu einem einzelnen Grundstück.

40

b) Der Vorteil ist bei Ausschöpfung der Möglichkeit zur Bildung einheitlicher öffentlicher Einrichtungen in abgrenzbaren Gebietsteilen der Gemeinden gemäß § 10a KAG RP individuell hinreichend zurechenbar.

41

§ 10a KAG RP eröffnet dem Satzungsgeber die Möglichkeit, einheitliche öffentliche Einrichtungen zu bilden, die nicht notwendig das gesamte Gemeindegebiet umfassen, sondern auch nur einzelne, abgrenzbare Gebietsteile. Dabei kann in der Satzung geregelt werden, dass sämtliche zum Anbau bestimmten Verkehrsanlagen des gesamten Gebiets oder einzelner voneinander abgrenzbarer Gebietsteile der Gemeinde eine oder mehrere einheitliche öffentliche Einrichtungen bilden, für deren Ausbau vorteilsbezogene Beiträge von Grundstücken erhoben werden können, welche die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit einer Zufahrt oder eines Zugangs zu diesen Verkehrsanlagen haben. Die Gemeinde hat dabei gemäß § 10a Abs. 1 Satz 3 KAG RP die örtlichen Gegebenheiten zu beachten. Wie aus der Pflicht zur weitergehenden Begründung für die Bestimmung von Verkehrsanlagen einzelner, voneinander abgrenzbarer Gebietsteile als einheitliche öffentliche Einrichtung gemäß § 10a Abs. 1 Satz 4 KAG RP sowie aus der Gesetzesbegründung (LTDrucks 15/318, S. 7) hervorgeht, sah der Gesetzgeber die Ausübung des Satzungsermessens dahingehend, dass sämtliche zum Anbau bestimmte Verkehrsanlagen einer Gemeinde eine einheitliche öffentliche Einrichtung bilden, als Regelfall an, was auch vor dem Hintergrund zu sehen ist, dass es in Rheinland-Pfalz besonders viele kleinere Gemeinden gibt (vgl. Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz, Statistisches Jahrbuch 2012, S. 34).“

42

§ 3 ABS verstößt gegen die vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten verfassungsrechtlichen Anforderungen, indem das gesamte im baurechtlichen Innenbereich gelegene Gebiet der Beklagten trotz erheblicher räumlicher Trennung in die einheitliche Einrichtung einbezogen wird. Nach Auffassung des Gerichts bedarf es im Gebiet der Beklagten der Aufteilung auf mehr als eine Einheit, um eine taugliche satzungsrechtliche Grundlage für die Erhebung von wiederkehrenden Beiträgen zu schaffen. Das Bundesverfassungsgericht führt zu den Anforderungen zur Annahme eines konkret-individuellen Vorteils für das beitragsbelastete Grundstück bei der Bildung einer einheitlichen Abrechnungseinheit in seinem Beschluss vom 25. Juni 2014 (a.a.O, S. 24 f. BA) aus:

43

„c) Die Bildung einer einzigen Abrechnungseinheit im gesamten Gemeindegebiet durch Satzung ist dann gerechtfertigt, wenn mit den Verkehrsanlagen ein Vorteil für das beitragsbelastete Grundstück verbunden ist. Besteht ein solcher Vorteil wie in Großstädten oder Gemeinden ohne zusammenhängendes Gebiet nicht, läge in der Heranziehung aller Grundstücke zur Beitragspflicht eine Gleichbehandlung wesentlich ungleicher Sachverhalte.

44

aa) Der Wortlaut des § 10a KAG RP steht einer solchen verfassungskonformen Auslegung nicht entgegen, da § 10a Abs. 1 Satz 4 KAG RP dem Satzungsgeber ausdrücklich vorschreibt, die örtlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen. In Großstädten oder Gemeinden ohne zusammenhängendes Gebiet ist das eröffnete Satzungsermessen zur Bildung einer einzigen Verkehrsanlage im gesamten Gemeindegebiet insoweit von Verfassungs wegen auf Null reduziert, als nur so dem Gebot eines zurechenbaren Sondervorteils auch bei Berücksichtigung des Typisierungs- und Vereinfachungsspielraums des Satzungsgebers Rechnung getragen werden kann. In dieser Auslegung ist § 10a KAG RP mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine Beitragserhebung (siehe oben B. I. 2.) in Einklang zu bringen.

45

bb) Bei der Ausübung seines Gestaltungsermessens muss der Satzungsgeber die verfassungsrechtlichen Grenzen einer Bestimmung der Verkehrsanlagen des gesamten Gemeindegebiets als einheitliche öffentliche Einrichtung in den Blick nehmen. Ein Beitrag für den Ausbau einer Straße als Teil einer öffentlichen Verkehrsanlage kommt nur für diejenigen Grundstücke in Betracht, die von der Verkehrsanlage einen jedenfalls potentiellen Gebrauchsvorteil haben, bei denen sich also der Vorteil der Möglichkeit der Nutzung der ausgebauten Straßen als Lagevorteil auf den Gebrauchswert des Grundstücks auswirkt. Nur in diesem Fall erscheint es nach dem Maßstab des Gleichheitssatzes gerechtfertigt, gerade den oder die Eigentümer dieses Grundstücks zu einem Beitrag für die Nutzung der ausgebauten Straße heranzuziehen.

46

Ob die herangezogenen Grundstücke einen konkret zurechenbaren Vorteil von dem Ausbau und der Erhaltung einer Verkehrsanlage haben, hängt dabei nicht von der politischen Zuordnung eines Gebiets, sondern vor allem von den tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten ab, etwa der Größe, der Existenz eines zusammenhängenden bebauten Gebiets, der Topographie wie der Lage von Bahnanlagen, Flüssen und größeren Straßen oder der typischen tatsächlichen Straßennutzung. Dabei dürfte in Großstädten die Aufteilung der Verkehrsanlagen in mehrere abgrenzbare Gebietsteile regelmäßig erforderlich und unbeschadet des ansonsten bestehenden Satzungsermessens die Annahme einer einheitlichen öffentlichen Einrichtung ausgeschlossen sein; in kleinen Gemeinden - insbesondere solchen, die aus nur einem kleinen, zusammenhängend bebauten Ort bestehen - werden sich einheitliche öffentliche Einrichtung und Gemeindegebiet dagegen häufig decken. Ein „funktionaler Zusammenhang“, wie er früher vom Landesgesetzgeber und den Verwaltungsgerichten gefordert wurde, ist für die Bildung einer Abrechnungseinheit von Verkehrsanlagen durch den Gleichheitssatz jedoch nicht vorgegeben (vgl. z.B. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 8. Oktober 1993 - 10 C 10237/93.OVG -, AS RP-SL 24, S. 261 <265>; Urteil vom 18. März 2003 - 6 C 10580/02.OVG -, NVwZ-RR 2003, S. 591 <593>). Aus verfassungsrechtlicher Sicht kommt es allein darauf an, dass eine hinreichende individuelle Zurechnung von Vorteil und Beitragspflicht hergestellt werden kann.

47

cc) Die Gemeinden werden zudem bei der Bildung der Abrechnungseinheiten zu berücksichtigen haben, ob dabei Gebiete mit strukturell gravierend unterschiedlichem Straßenausbauaufwand zusammengeschlossen werden, falls dies zu einer auch bei großzügiger Pauschalierungsbefugnis mit Rücksicht auf das Gebot der Belastungsgleichheit nicht mehr zu rechtfertigenden Umverteilung von Ausbaulasten führen würde.“

48

Die in dem von § 3 ABS geschaffenen Abrechnungsgebiet vorhandenen tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten gebieten die Aufteilung in mehrere abgegrenzte Gebietsteile. So trennt die Mosel mit ihrer Breite von über 135 m (ohne Uferbereich, Abstand der Moseluferstraßen „Mosel-Hamm-Ufer“ und „Moselpromenade“ mehr als 160 m, vgl. wie auch zu den folgenden Entfernungs- und Höhenangaben: www.geoportal.rlp.de) die links der Mosel gelegenen Stadtteile Kaimt und Barl von den rechts der Mosel gelegenen Stadteilen Merl und Zell. Eine vorteilsbegründende Verbindung dieser Bereiche kann auch nicht über die im Süden von Kaimt und der Kernstadt Zell gelegene Straßenbrücke der B 53 und die ca. 1.200 m nördlich davon gelegene Fußgängerbrücke über die Mosel angenommen werden. Hinsichtlich der Brücke der B 53 folgt dies bereits daraus, dass es sich bei der B 53 als Bundesfernstraße schon um eine „größere Straße“ im Sinne der zitierten Rechtsprechung handelt. Sie ist in dem Bereich Kaimt und Brücke auch als Umgehungsstraße mit erheblicher Breite konzipiert und gebaut. Auch im Bereich rechts der Mosel ist sie durch den Fahrradweg bzw. die Parkflächen und Seitenstreifen mit einer erheblichen Breite angelegt. Zudem hat die B 53 auf der linken Moselseite, auf der sie außerhalb der Ortslage Kaimt zwischen dieser, den Weinbergen und dem Ortsteil Barl in Richtung Norden verläuft, keinerlei Anbaubestimmung. Auch auf der rechten Moselseite, auf der sie nach der in West-Ost-Richtung verlaufenden Brücke nach dem Kreisel weiter nach Süden führt, erschließt sie auf einer Länge von 120 m nur einseitig und unmittelbar nur wenige (vier) Gewerbegrundstücke, nicht aber die Ortslage der Kernstadt Zell. Bei generalisierender Betrachtungsweise hat die B 53 im gesamten Stadtbereich keine Anbaubestimmung. Eine Straßenbrücke über einen in diesem Bereich ca. 150 m breiten Fluss, die sich als die Verbindung zweier nach generalisierender Betrachtung nicht zum Anbau bestimmter Straßen (-teilstücke) darstellt, kann selbst auch keine Verbindung zu dem individuell-konkreten, grundstücksbezogenen Vorteil darstellen.

49

Schon danach ist § 3 ABS rechtswidrig und nichtig und kann damit keine taugliche Ermächtigungsgrundlage für die angefochtenen Beitragsbescheide bilden.

50

Darüber hinaus liegt auch zwischen den links der Mosel gelegenen Stadtteilen Kaimt und Barl keine im Sinne der o.a. Rechtsprechung ausreichende Verbindung vor, die die Annahme eines individuell-konkreten Vorteils rechtfertigen könnte. Der Stadtteil Barl liegt mehr als 150 Höhenmeter oberhalb der Mosel und der Ortslage von Kaimt und ist von dieser nur über die B 53 und die K 56 erreichbar. Trennend dazwischen liegen die dem Außenbereich zuzuordnenden Weinberge, die selbst in Luftlinie gemessen eine Breite von mehr als 400 m zwischen den bebauten Ortslagen von Kaimt und Barl haben, in der sich (nahezu) keinerlei Bebauung befindet. Die B 53 hat, wie dargelegt, auf dieser (linken) Moselseite innerhalb der Stadt Zell keinerlei Anbaubestimmung. Die K 56 beginnt an der B 53, hat ebenfalls keine Anbaubestimmung, ist gesäumt von Weinbergen, überwindet einen Höhenunterschied von über 140 m und führt sodann zur Ortslage Barl und geht dort in Gemeindestraßen über. Damit ist eine für die Beitragserhebung notwendige zurechenbare Verbindung der hier betroffenen Grundstücke in Barl mit den Straßen in Kaimt nicht vorhanden.

51

Ob innerhalb des Stadtgebiets von Zell weitere Einheiten zu bilden wären, wenn die Beklagte auch zukünftig an der Erhebung von wiederkehrenden Beiträgen festhalten wollte, ist hier nicht zu entscheiden, zudem fehlen nähere Informationen über die weiteren nach der o.a. Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bedeutsamen Aspekte (vgl. Beschluss vom 25. Juni 2014, a.a.O., S. 25 BA). Daher bedarf es hier auch nicht der Klärung, ob etwa die durch die Ortslage verlaufende B 421 als Bundesfernstraße, selbst wenn sie dort Anbaubestimmung hat, generell trennend wirkt und als Bundesstraße überhaupt Teil der Abrechnungseinheit sein kann (vgl. Vorlagebeschluss der Kammer vom 1. August 2011 – 4 K 1392/10.KO – S. 18 f. d. BA). Ebenso wenig bedarf es der Ermittlung, ob die Beklagte hier Gebiete mit strukturell gravierend unterschiedlichem Straßenausbauaufwand zu einer Einheit zusammengeschlossen hat.

52

Die Kammer hat die Rechtswidrigkeit und damit Nichtigkeit der Satzung zwingend und von Amts wegen zu berücksichtigen (vgl. den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Juni 2014, a.a.O., S. 26 BA; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 29. September 2004 – 10 C 3.04 – DVBl. 2005, 255), zudem ist diese in dem vorliegenden Verfahren auch ausdrücklich gerügt worden. Da eine Abgabenerhebung nach § 2 Abs. 1 KAG eine wirksame Satzung voraussetzt, ist der hier angefochtene Bescheid vom 7. Januar 2014 mangels einer solchen aufzuheben. Die weiteren Einwendungen der Klägerin können danach dahingestellt bleiben. Jedoch ist davon auszugehen, dass sie schon seit März 2013 Alleineigentümerin des Grundstücks war und damit ein Bescheid ihr gegenüber ergehen konnte.

53

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 und § 711 ZPO.

54

Die Berufung war gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 124a Abs. 1 S. 1 VwGO zuzulassen, da die Rechtssache nach Auffassung der Kammer grundsätzliche Bedeutung hat.

55

Beschluss

56

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 411,48 Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 3, § 63 Abs. 2 GKG).

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Tenor

Die Bescheide der Beklagten vom 7. Januar 2014 und 12. März 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landkreises D. vom 22. Mai 2014 – KRA – W 64, 92/2014 – werden aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch die Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Festsetzung von wiederkehrenden Beiträgen durch die Beklagte für die Jahre 2012 und 2013 sowie gegen Vorausleistungen hierauf für das Jahr 2014.

2

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks der Gemarkung K., Flur ..., ParX.e ... (A... Straße ...), 349 qm groß. Das Grundstück ist im Geltungsbereich des Bebauungsplans „K. Süd“ gelegen.

3

Der Stadtrat der Beklagten beriet in der Sitzung vom 12. September 2011 eine Systemumstellung der Straßenbaubeiträge vom einmaligen zum wiederkehrenden Beitrag. Er beschloss am 8. November 2011 eine Ausbaubeitragssatzung wiederkehrender Beiträge, die am 1. Januar 2012 in Kraft trat.

4

Der Stadtrat der Beklagten beschloss am 28. Februar 2012 ein Ausbauprogramm für die Jahre 2012 bis 2016. In 2012/2013 sollte die B..., 2014 die C... Straße, 2015 die D... Straße und 2016 der E... Weg ausgebaut werden. Der Stadtrat beschloss am 23. April 2012 die Erhebung von Vorausleistungen auf den jährlichen wiederkehrenden Beitrag. Das Bauprogramm wurde in der Stadtratssitzung vom 27. Juni 2012 geändert und es wurde beschlossen, die F... Straße 2013 zusätzlich auszubauen.

5

Auf die Klage der Klägerin in dem Verfahren 4 K 96/13.KO hob die Beklagte den vorangegangenen Bescheid vom 25. Juli 2012 für das vorgenannte Grundstück und für das Jahr 2012 in der mündlichen Verhandlung vom 22. Oktober 2013 zur Niederschrift des Gerichts auf, nachdem die erkennende Kammer auf Bedenken gegen die Bestimmtheit der Satzung hingewiesen hatte. Das gerichtliche Verfahren wurde daraufhin übereinstimmend für erledigt erklärt.

6

Am 24. Februar 2014 beschloss der Stadtrat der Beklagten eine neue Ausbaubeitragssatzung wiederkehrende Beiträge – ABS –, welche mit Wirkung vom 1. Januar 2012 rückwirkend in Kraft gesetzt wurde. § 3 ABS lautet:

7

„Ermittlungsgebiete

8

(1) Sämtliche zum Anbau bestimmten Verkehrsanlagen des Stadtgebietes bilden als einheitliche öffentliche Einrichtung das Ermittlungsgebiet (Abrechnungseinheit). Das Ermittlungsgebiet wird gebildet von den zum Anbau bestimmten Verkehrsanlagen der Stadtteile X. (Mosel), X.-Merl, X.-K. und X.-Barl.

9

Die Splittersiedlung „Siedlung Althaus" befindet sich im Außenbereich des Gebietes der Stadt X. (Mosel) und ist durch die K 46 erschlossen. Bei der K 46 handelt es sich um eine nicht zum Anbau bestimmte Straße. Somit sind die Grundstücke der Siedlung Althaus zu den wiederkehrenden Ausbaubeiträgen nicht beitragspflichtig.

10

(2) Der beitragsfähige Aufwand wird für die eine Abrechnungseinheit bildenden Verkehrsanlagen nach dem Durchschnitt der im Zeitraum von 5 Jahren zu erwartenden Investitionsaufwendungen in der Abrechnungseinheit nach Abs. 1 ermittelt.“

11

Mit Bescheid vom 7. Januar 2014 setzte die Beklagte für die Jahre 2012 und 2013 einen wiederkehrenden Ausbaubeitrag in Höhe von insgesamt 153,14 Euro fest. Dem Beitrag liegt eine Grundstücksfläche von 349 qm zugrunde, die mit einem Vollgeschoßzuschlag (für drei Vollgeschosse) von 45 % gewichtet und mit dem Beitragssatz von 0,1513 Euro/qm multipliziert wurde. Dem Betragssatz liegen geschätzte Gesamtkosten des Bauprogramms abzüglich des Gemeindeanteils von 1.389.010 Euro und eine beitragspflichtige Gesamtfläche von 1.835.715,4 qm zugrunde. Der errechnete jährliche Beitrag beträgt 76,57 Euro und wurde hier für die Jahre 2012 und 2013 zusammen erhoben. Der Bescheid wurde im Hinblick auf den beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Vorlagebeschluss der Kammer vom 1. August 2011 – 4 K 1392/10.KO – für vorläufig erklärt und wie folgt überschrieben:

12

„ V o r l ä u f i g e r  B e i t r a g s b e s c h e i d

13

über die Erhebung eines endgültigen wiederkehrenden Beitrags für öffentliche Verkehrsanlagen für die Eigentümer der Grundstücke an den zum Anbau bestimmten Verkehrsanlagen des gesamten Stadtgebiets (gebildet aus der Stadt X. (Mosel) und den Stadtteilen X.-Barl, X.-K. und X.-Merl - Abrechnungseinheit -) in der Stadt X. (Mosel) für die Jahre 2012 und 2013“.

14

Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 13. Januar 2014, eingegangen bei der Beklagten am 14. Januar 2014, erhob die Klägerin Widerspruch.

15

Mit Bescheid vom 12. März 2014 setzte die Beklagte für das vorgenannte Grundstück eine Vorausleistung für das Jahr 2014 von 76,57 Euro fest. Die Berechnungsgrundlagen waren identisch mit dem Bescheid vom 7. Januar 2014. Hiergegen erhob die Klägerin mit Telefax ihrer Prozessbevollmächtigten vom 21. März 2014 Widerspruch.

16

Die Klägerin führte im Widerspruchsverfahren aus, der Stadtteil B. sei als selbständige Abrechnungseinheit zu sehen. Die Grundstücke auf dem B. müssten 34 v.H. der gesamten Kosten des Fünfjahresprogramms bezahlen. Eine solche Verfahrensweise sei nicht gerecht. Eine Abrechnungseinheit sei zwar vom Gesetzgeber als Regelfall vorgesehen worden; die Berücksichtigung besonderer örtlicher Gegebenheiten sei aber ausdrücklich möglich. Sie seien hier gegeben. Die F... Straße habe nicht in das Bauprogramm aufgenommen werden dürfen. Die ADD in Trier habe der Beklagten mitgeteilt, dass die F... Straße solange nicht als Fußgängerzone ausgebaut werden dürfe, bevor nicht die Umgehungsstraße (Moseltangente) tatsächlich gebaut worden sei. Auch sei ein Ratsmitglied an der Abstimmung beteiligt gewesen, dessen Grundstück von der Verschonungsregelung betroffen sei.

17

Der Kreisrechtsausschuss des Landkreises D. wies den Widerspruch mit am 26. Mai 2014 zugestelltem Widerspruchsbescheid vom 22. Mai 2014 - KRA - W 64, 92/2014 - zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, ein Fall einer begründungsbedürftigen Aufteilung und Abrechnungseinheiten sehe die Regelung des § 3 ABS in der jetzigen Fassung – im Gegensatz zur bisherigen Satzung – nicht vor. Nach § 10a KAG könnten die Gemeinden anstelle der Erhebung von einmaligen Beiträgen auch diese Investitionsaufwendungen bis zu fünf Jahre für Verkehrsanlagen nach Abzug des Gemeindeanteils als wiederkehrende Beiträge auf die beitragspflichtigen Grundstücke verteilen. Es spiele in diesem Zusammenhang wegen des einheitlichen Einrichtungsbegriffs keine Rolle, ob ein Grundstück an einer reinen Gemeindestraße oder an einer klassifizierten Straße liege, bei der die Gemeinde nur die Baulast für den Gehweg und die Beleuchtung besitze. Es sei gerade Sinn und Zweck des wiederkehrenden Beitrages, dass alle in der Abrechnungseinheit liegenden beitragspflichtigen Grundstücke für den Ausbau einzelner Verkehrsanlagen herangezogen werden, unabhängig davon, ob sie an der auszubauenden Straßen lägen oder nicht. Der Bescheid sei im Hinblick auf den Vorlagebeschluss des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 1. August 2011 - 4 K 1392/10.KO - für vorläufig erklärt worden nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 KAG i.V.m. § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO, so dass es in dem vorliegenden Widerspruchsverfahren nicht auf die verfassungsrechtlichen Fragen ankomme. Es bestünden auch unabhängig von der Prüfungskompetenz des Kreisrechtsausschusses keine Bedenken an der Rechtsmäßigkeit der Satzung. Der fehlerhaften Mitwirkung eines Ratsmitglieds an der früheren Satzung sei durch die Neufassung der Satzung ohne dessen Beteiligung Rechnung getragen worden. Ebenso sei der Gemeindeanteil zutreffend ermittelt worden. Soweit die Beklagte in das Bauprogramm 2012 – 2016 Straßen aufgenommen habe, die nicht nur in einem Stadtteil lägen, sei dies zwar nicht zwingend, aber von der kommunalpolitischen Ermessensentscheidung gedeckt. Entscheidend sei, dass jede dieser Straßen unter den Ausbautatbestand falle. Die Nichtaufnahme weiterer Straßen in das jetzige Bauprogramm habe auch im Hinblick auf die finanzielle Belastung der Beitragspflichtigen getroffen werden können. Komme somit die einschlägige Satzung der Stadt zur generellen Anwendung, bestünden eine grundsätzliche Beitragspflicht des veranlagten Grundstücks. Das Grundstück liege in der Abrechnungseinheit und eine Zugangs- bzw. Zufahrtsmöglichkeit zu einer Verkehrsanlage im Abrechnungsgebiet bestehe.

18

Mit Telefax ihrer Prozessbevollmächtigten hat die Klägerin am 26. Juni 2014 die vorliegende Klage erhoben und verweist auf ihr Vorbringen im Widerspruchsverfahren und im vorangegangenen Klageverfahren 4 K 96/13.KO. Sie weist auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Juni 2014 - 1 BvR 668/10 sowie 1 BvR 2104/10 - hin. Danach entfalle die auf § 10a KAG gestützte Rechtsgrundlage für die Entscheidung der Beklagten, nur eine einzige Abrechnungseinheit für die gesamte Stadt mit all ihren Stadtteilen rechts und links der Mosel sowie jenseits der B 53 auf den Höhen des Stadtteils B. bilden zu können. In Großstädten oder Gemeinden ohne zusammenhängendes Gebiet, so wie in X. (Mosel) mit all seinen Stadtteilen sei das eröffnete Satzungsermessen zur Bildung einer einheitlichen Verkehrsanlage im gesamten Gemeindegebiet insoweit von Verfassungs wegen auf Null reduziert, als nur so dem Gebot eines zurechenbaren Sondervorteils auch bei Berücksichtigung des Typisierungs- und Vereinfachungsspielraums des Satzungsgebers Rechnung getragen werden könne. Der Stadtteil B. sei ein eigenständiges Industrie-, Gewerbe- und Wohngebiet, das mit dem gesamten Straßennetz unmittelbar nur an die B 53 anknüpfe. Der Stadtteil K. wiederum habe ein in sich geschlossenes, örtlich gewachsenes Straßennetz, moselseits von der B 53. Er werde bergseits vom neuen Stadtteil B., der erst zu Beginn der 1970er Jahre begründet und stetig erweitert worden sei, durch die B 53 und talseits durch den Fluss von der Stadt X. und dem Stadtteil M. getrennt. Im Ergebnis seien drei getrennte Straßennetze nicht unmittelbar miteinander verbunden, so dass die Einrichtung von drei getrennten Abrechnungseinheiten zur Bildung gerechter Solidargemeinschaften angezeigt sei. Allein die Tatsache, dass der Fluss die Stadtteile rechts und links der Mosel trenne, widerlege die Auffassung der Beklagten.

19

Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,

20

die Bescheide der Verbandsgemeindeverwaltung X. für die Stadt X./Mosel, vertreten durch den Bürgermeister, vom 7. Januar 2014 und vom 12. März 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landkreises D. vom 22. Mai 2014 zu Az.: KRA - W 64, 92/2014 aufzuheben.

21

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

22

die Klage abzuweisen.

23

Sie verweist auf den Widerspruchsbescheid und führt ergänzend aus, dass die Zusammenfassung der Stadtteil der Stadt X. (Mosel) zu einer öffentlichen Einrichtung zulässige sei, da bei den Stadtteilen Kernstadt X. und M. aufgrund er herangerückten Bebauung keine klare topografisch Abgrenzung gegeben sei. Außerdem seien die Stadtteil Kernstadt X. und X. (K.) zwar durch die Mosel topografisch getrennt, jedoch verbänden die bestehende Autobrücke und die davon ca. 1,2 km moselabwärts gelegene Fußgängerbrücke die beiden Stadtteile wieder miteinander.

24

Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 28. und 29. August 2014 auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

25

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze und Unterlagen der Beteiligten, die vorgelegten Verwaltungs- und Widerspruchsakten sowie die Gerichtsakten 4 K 590/14.KO, 4 K 591/14.KO, 4 K 592/14.KO, 4 K 603/14.KO, 4 K 604/14.KO und 4 K 96/13.KO nebst den dort vorgelegten Verwaltungs- und Widerspruchsakten verwiesen; sämtliche Unterlagen waren Gegenstand der Beratung.

Entscheidungsgründe

26

Die zulässige Klage, über die die Kammer im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte (§ 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO), hat in der Sache Erfolg.

27

Die Bescheide der Beklagten vom 7. Januar und 12. März 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landkreises D. vom 22. Mai 2014 – KRA – W 64, 92/2014 – sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO); sie sind daher aufzuheben. Den die Klägerin belastenden Bescheiden fehlt es an einer notwendigen Ermächtigungsgrundlage, da § 3 der Satzung zur Erhebung von wiederkehrenden Beiträgen für den Ausbau von Verkehrsanlagen (Ausbaubeitragssatzung wiederkehrende Beiträge) für die Stadt X. – ABS – vom 25. Februar 2014 hinsichtlich des darin festgelegten Einrichtungsgebietes und damit die Satzung insgesamt rechtswidrig und nichtig ist.

28

Der gerichtlichen Entscheidung unter Einbeziehung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in seinem Beschluss vom 25. Juni 2014 - 1 BvR 668/10 und 1 BvR 2104/10 – (WM 2014, 1693) und der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Satzung steht nicht entgegen, dass die Bescheide vom 7. Januar und 12. März 2014 – gestützt auf § 3 Abs. 1 Nr. 4 des Kommunalabgabengesetzes – KAG – i.V.m. § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 der AbgabenordnungAO – im Hinblick auf den Vorlagebeschluss der Kammer vom 1. August 2011 – 4 K 1392/10.KO – (DWW 2012, 218) vorläufig erlassen wurden. Der Vorlagebeschluss wurde zwischenzeitlich nicht aufgehoben, sondern ist weiterhin bei dem Bundesverfassungsgericht anhängig und hat sich durch dessen o.a. Beschluss nicht erledigt. Die nach Auffassung der Kammer zur Verfassungswidrigkeit der Vorschriften der §§ 10, 10a KAG führenden Gründe (vgl. den Vorlagebeschluss a.a.O., S. 17-42 des Beschlussabdrucks - BA) wurden in dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Juni 2014 im Wesentlichen nicht aufgegriffen und verfassungsrechtlich geklärt, obwohl dieser den Vorlagebeschluss ausdrücklich als Beleg für den nichtsteuerlichen Abgabencharakter der wiederkehrenden Beiträge heranzieht (vgl. Beschluss vom 25. Juni 2014, a.a.O., S. 17 BA). Daher sind weiterhin eine Vielzahl von Fallgestaltungen gegeben, in denen die von der Kammer aufgeführten Gründe Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide haben (können), selbst wenn die vom Bundesverfassungsgericht aufgeführten Kriterien für die Zurechenbarkeit eines Vorteils beachtet werden.

29

Auch in dem vorliegenden Klageverfahren wären mehrere der im Vorlagebeschluss der Kammer aufgeworfenen Gründe entscheidungsrelevant. So käme es etwa auf die Gesetzgebungskompetenz des Landes für die Einbeziehung von Bundesstraßen in das kommunale Anbaustraßennetz (S. 17 f. BA) an, da die B 53 auf einem kurzen Stück südlich des Kreisels östlich der Mosel sowie die dort in dem Kreisel beginnende B 421 Anliegergrundstücke erschließen. Ebenso bliebe der von der Kammer angenommene Verstoß gegen die Regelung des § 127 Abs. 1 BauGB (vgl. S. 18 f. BA) von Bedeutung. Denn der nach § 10a KAG zwangsläufige Umstand, dass eine Erschließungsstraße, die bereits technisch hergestellt und gewidmet ist, jedoch noch nicht abrechenbar ist (oder abgerechnet wurde), gleichzeitig mit der Widmung zum Anbaustraßennetz gehört und damit als Ausbaumaßnahme über den wiederkehrenden Beitrag abrechenbar wäre, hat die Möglichkeit einer Doppelfinanzierung und damit eines Verstoßes gegen die Einmaligkeit der Beitragserhebung zur Folge. Auch die von der Beklagten erfolgte Einbeziehung der Kosten der Maßnahmen an der in einem förmlich festgesetzten Sanierungsgebiet nach dem Baugesetzbuch gelegenen F... Straße stellt einen Sachverhalt dar, der nach der im Vorlagebeschluss dargelegten Auffassung gegen die Normenwahrheit und -klarheit (S. 22 f. BA) verstößt. Zudem gibt es auch für Maßnahmen in Sanierungsgebieten besondere Finanzierungsmittel und -zuschüsse sowie die Verpflichtung zur Heranziehung der bevorteilten Eigentümer zu Ausgleichsbeträgen (vgl. §§ 154 ff. BauGB), so dass auch hier die naheliegende Gefahr der Doppelfinanzierung besteht. Darüber hinaus bleibt auch die Frage offen, ob etwa selbständige Fuß- und Radwege sowie selbständige Parkflächen und Grünanlagen (vgl. § 2 ABS) Teil einer Abrechnungseinheit sein können, auch wenn letztere schon keine Straßen sind und erstere wegen des anderen Widmungsinhalts (wie auch bei Fußgängerzonen und nicht befahrbaren Wohnwegen) nicht mit befahrbaren Straßen als einheitliche Einrichtung betrachtet werden können (S. 22, 26 BA)

30

Die vorliegende Klage ist jedoch auch ohne eine entsprechende verfassungsgerichtliche Klärung der vorgenannten Fragen und damit ohne Rücksicht auf den Vorläufigkeitsvermerk entscheidungsreif, da der hier als Rechtsgrundlage für die erlassenen Bescheide dienende und rückwirkend zum 1. Januar 2012 in Kraft gesetzte § 3 ABS nicht auf den verfassungskonform ausgelegten § 10a KAG gestützt werden kann. Denn vor der Frage der Vereinbarkeit der §§ 10 und 10a KAG mit höherrangigem Recht ist zunächst zu klären, ob die hier anzuwendende Satzung selbst mit höherrangigem (Gesetzes- und Verfassungs-)Recht vereinbar ist. Insbesondere § 3 ABS erfüllt nicht die vom Bundesverfassungsgericht in dem Beschluss vom 25. Juni 2014 (a.a.O.) gestellten verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine Abgabenerhebung, da ein individuell-konkret zurechenbarer, grundstücksbezogener Vorteil der beitragspflichtigen Grundstücke vom Anschluss an die von der Beklagten gebildeten Beitragseinheit nicht ausreichend vorhanden ist.

31

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem o.a. Beschluss vom 25. Juni 2014 die Verbindung der Erhebung von Beiträgen mit dem Grundsatz der Belastungsgleichheit nach Art. 3 Abs. 1 GG herausgestellt und fordert, dass die Differenzierung zwischen Beitragspflichtigen und nicht Beitragspflichtigen nach Maßgabe des konkret-zurechenbaren Vorteils vorgenommen wird, dessen Nutzungsmöglichkeit mit dem Beitrag abgegolten werden soll. Es hat die angegriffenen Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz (Beschlüsse vom 26. Januar 2010 – 6 A 11036/09.OVG – und vom 14. Juni 2010 – 6 A 10082/10.OVG –) aufgehoben, da sie die Beschwerdeführerinnen in ihren Grundrechten aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzen, und die Sachen zur Klärung der Frage, ob die angegriffenen Beitragssatzungen in den beiden Verfassungsbeschwerdeverfahren den durch diese Entscheidung geklärten verfassungsrechtlichen Anforderungen gerecht werden, an das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz zurückverwiesen. Zu der erforderlichen verfassungskonformen Auslegung des § 10a KAG RP führt das Bundesverfassungsgericht in dem Beschluss vom 25. Juni 2014 (a.a.O., S. 19 ff. BA) aus:

32

„Die Heranziehung zu wiederkehrenden Beiträgen nach Maßgabe des § 10a KAG RP verstößt bei verfassungskonformer Auslegung nicht gegen das Grundrecht auf Gleichbehandlung des Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Gebot der Belastungsgleichheit.

33

3. Werden Beiträge erhoben, verlangt Art. 3 Abs. 1 GG, dass die Differenzierung zwischen Beitragspflichtigen und nicht Beitragspflichtigen nach Maßgabe des Vorteils vorgenommen wird, dessen Nutzungsmöglichkeit mit dem Beitrag abgegolten werden soll. Erfolgt die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen grundstücksbezogen, können nach dem Grundsatz der abgabenrechtlichen Belastungsgleichheit nur solche Grundstücke herangezogen werden, deren Eigentümer aus der Möglichkeit, die ausgebauten Straßen in Anspruch zu nehmen, einen Sondervorteil schöpfen können, der sich von dem der Allgemeinheit der Straßennutzer unterscheidet.

34

Die Erhebung von Beiträgen erfordert hiernach hinreichende sachliche Gründe, welche eine individuelle Zurechnung des mit dem Beitrag belasteten Vorteils (siehe oben B. I.) zum Kreis der Belasteten rechtfertigen. Wesentlich für den Begriff des Beitrags ist der Gedanke der angebotenen Gegenleistung, des Ausgleichs von Vorteilen und Lasten: Wenn das Gemeinwesen in Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe eine besondere Einrichtung zur Verfügung stellt, so sollen diejenigen, die daraus besonderen wirtschaftlichen Nutzen ziehen oder ziehen können, zu den Kosten ihrer Errichtung und Unterhaltung beitragen (vgl. BVerfGE 14, 312 <317>). Die für die Kostentragungspflicht erforderliche individuelle Zurechenbarkeit lässt sich insbesondere aus der rechtlichen oder tatsächlichen Sachherrschaft oder -nähe und der damit verbundenen Möglichkeit herleiten, aus der Sache konkrete wirtschaftliche Vorteile oder Nutzen zu ziehen (vgl. BVerfGE 91, 207 <223>). Das schließt allerdings nicht aus, dass eine unbestimmte Vielzahl von Bürgern zu Beiträgen herangezogen wird, sofern ihnen jeweils ein Sondervorteil individuell-konkret zugerechnet werden kann (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 13. Mai 2014 - VGH B 35/12 -, juris, Rn. 103).

35

Soweit die Beitragserhebung grundstücksbezogen erfolgt, muss auch der Sondervorteil grundstücksbezogen definiert werden (vgl. Driehaus, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 8 Rn. 272 ; Beuscher, ebd. Rn. 2314); er kann zum Beispiel in einer Erhöhung des Gebrauchswertes des Grundstücks durch die Belegenheit in einem verkehrsmäßig erschlossenen Gebiet oder in der Möglichkeit der Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung oder Anlage bestehen, welche ihrerseits den Gebrauchswert des Grundstücks steigert. Eine Steigerung des Verkehrswertes ist nicht erforderlich (vgl. Arndt, in: Henneke/ Pünder/Waldhoff, Recht der Kommunalfinanzen, 2006, § 16 Rn. 130; Driehaus, a.a.O.; Schneider, Driehaus-Festschrift, 2005, S. 179 <184>).

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Weitergehende verpflichtende Anforderungen, wie zum Beispiel die Existenz eines „funktionalen Zusammenhangs“ zwischen Verkehrsanlagen und den mit einem Ausbaubeitrag belasteten Grundstücken sind verfassungsrechtlich nicht geboten. Allerdings darf sich aus Gründen der Belastungsgleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG) der Sondervorteil, dessen Inanspruchnahme durch die Erhebung eines Beitrags ausgeglichen werden soll, nicht in der Weise auflösen, dass Beitragspflichtige keinen größeren Vorteil aus der potentiellen Inanspruchnahme der Gegenleistung ziehen können als die nichtbeitragspflichtige Allgemeinheit. Damit bleibt Raum für eine Ausgestaltung der Beitragsverpflichtung durch den Gesetz- oder Satzungsgeber. Der danach eröffnete Spielraum ist erst dann überschritten, wenn kein konkreter Bezug zwischen dem gesetzlich definierten Vorteil und den Abgabepflichtigen mehr erkennbar ist (vgl. Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, 1973, S. 88).

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4. Nach diesen Maßgaben verstößt die Heranziehung zu wiederkehrenden Beiträgen nach § 10a KAG RP in verfassungskonformer Auslegung nicht gegen den Grundsatz der Belastungsgleichheit der Abgabepflichtigen. Der für die Beitragserhebung erforderliche Sondervorteil der Beitragspflichtigen liegt in der Möglichkeit des Zugangs von ihren Grundstücken zu den öffentlichen Verkehrsanlagen (a). Bei verfassungskonformer Auslegung von § 10a KAG RP und einer entsprechenden Umsetzung durch den jeweils zuständigen Satzungsgeber ist ein durch den Ausbau von Verkehrsanlagen bedingter Sondervorteil sämtlichen Abgabepflichtigen hinreichend individuell zurechenbar (b). Die Erhebung wiederkehrender Beiträge durch Satzung nach § 10a KAG RP führt bei verfassungskonformer Auslegung auch nicht zu einer Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem, weil sämtliche Grundstücke innerhalb einer einheitlichen öffentlichen Einrichtung abgabepflichtig wären, obwohl sie durch die Ausbaumaßnahmen wesentlich unterschiedlich begünstigt sind, sofern mit der Anlage ein Vorteil für das Grundstück, an das der Beitrag anknüpft, verbunden ist (c).

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a) Der durch den Beitrag ausgeglichene Sondervorteil besteht nach dem Wortlaut des § 10a KAG RP und der Begründung des Gesetzentwurfs in der rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeit der Zufahrt oder des Zugangs zu einer öffentlichen Verkehrsanlage, die Teil einer einheitlichen öffentlichen Einrichtung ist. Dem steht die wiederkehrende Erhebung des Beitrags nicht entgegen (vgl. BVerfGE 42, 223 <228 f.>).

39

Der Gesetzgeber sieht den Sondervorteil in der Möglichkeit der Zufahrt oder des Zugangs zu einem Gesamtsystem der Verkehrsanlagen, das nach Maßgabe der Satzung grundsätzlich auch aus sämtlichen zum Ausbau bestimmten Verkehrsanlagen einer Gemeinde bestehen kann und damit eine einheitliche öffentliche Einrichtung bildet. Bereits nach der Vorgängerregelung des § 10 Abs. 6 KAG RP aus dem Jahre 1995 war die „rechtliche und tatsächliche Möglichkeit einer Zufahrt oder eines Zugangs zu einer in der Abrechnungseinheit gelegenen Verkehrsanlage“ der gesetzliche Anknüpfungspunkt für den Sondervorteil. Mit der Neuregelung wurde der Begriff der „Abrechnungseinheit“ durch den der „einheitlichen öffentlichen Einrichtung“ ersetzt. Während nach Auffassung des Landesgesetzgebers beim einmaligen Beitrag nach § 10 Abs. 5 KAG RP der Sondervorteil in der rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeit einer Zufahrt oder eines Zugangs „zu der hergestellten oder ausgebauten Verkehrsanlage“ besteht, soll beim (wiederkehrenden) Beitrag nach § 10a KAG RP die Möglichkeit der Zufahrt oder des Zugangs zu „einer der Verkehrsanlagen“ - also nicht nur zu einer bestimmten, gerade hergestellten oder ausgebauten Verkehrsanlage - genügen. Die einheitliche öffentliche Einrichtung bilde in ihrer Gesamtheit das einheitliche Straßensystem, welches den durch die einzelnen Verkehrsanlagen „erschlossenen“, qualifiziert nutzbaren Grundstücken die erforderliche Anbindung an das gesamte übrige innerörtliche und damit zugleich auch überörtliche Straßennetz ermögliche. In der Erhaltung, Verbesserung oder Erweiterung dieses Straßensystems seitens der Gemeinde durch entsprechende Ausbaumaßnahmen an den einzelnen Verkehrsanlagen liege der verfassungsrechtlich erforderliche, aber auch ausreichende Sondervorteil, der durch den wiederkehrenden Beitrag abgegolten werde (LTDrucks 15/318, S. 7 f.).

40

Der beitragspflichtige Vorteil liegt danach in der Möglichkeit der besseren Erreichbarkeit der beitragspflichtigen Grundstücke und der besseren Nutzbarkeit des Gesamtverkehrssystems sowie dessen Aufrechterhaltung und Verbesserung als solchem; er ist geeignet, den Gebrauchswert der Grundstücke positiv zu beeinflussen. Damit bewegt sich der Landesgesetzgeber innerhalb der durch den Gleichheitssatz gezogenen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit, indem er den Vorteil des einzelnen Grundstücks mit Rücksicht auf die straßenausbaubedingte Steigerung und den Erhalt der Funktionsfähigkeit des Gesamtverkehrssystems einer vom Satzungsgeber festzulegenden Einheit bestimmt. Mit dem Ausbaubeitrag wird folglich nicht die schlichte - auch der Allgemeinheit zustehende - Straßenbenutzungsmöglichkeit entgolten, sondern die einem Grundstück mit Baulandqualität zugutekommende Erhaltung der wegemäßigen Erschließung als Anbindung an das inner- und überörtliche Verkehrsnetz. Durch den Straßenausbau wird die Zugänglichkeit des Grundstücks gesichert und damit der Fortbestand der qualifizierten Nutzbarkeit (so auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20. November 2007 - 6 C 10601/07.OVG -, AS RP-SL 35, S. 209 <217>; Beschluss vom 24. Februar 2012 - 6 A 11492/11.OVG -, AS RP-SL 41, S. 69 <70 f.>; Beschluss vom 21. August 2012 - 6 C 10085/12.OVG -, AS RP-SL 41, S. 218 <221 f.>). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass zur wegemäßigen Erschließung eines bestimmten Grundstücks allein die Straße, an der es gelegen ist, regelmäßig nicht ausreicht. Vielmehr wird der Anschluss an das übrige Straßennetz meist erst über mehrere Verkehrsanlagen vermittelt (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20. November 2007 - 6 C 10601/07.OVG -, AS RP-SL 35, S. 209 <214>; Urteil vom 25. August 2010 - 6 A 10505/10.OVG -, AS RP-SL 39, S. 331 <335>; Urteil vom 15. März 2011 - 6 C 11187/10.OVG -, AS RP-SL 40, S. 4 <12>; Beschluss vom 24. Februar 2012 - 6 A 11492/11.OVG -, AS RP-SL 41, S. 69 <71>). Zwischen welchen Verkehrsanlagen eine ausreichend enge „Vermittlungsbeziehung“ hinsichtlich des Anschlusses an das übrige Straßennetz besteht, ist dagegen keine Frage des Vorliegens eines Vorteils, sondern dessen individueller Zurechenbarkeit zu einem einzelnen Grundstück.

41

b) Der Vorteil ist bei Ausschöpfung der Möglichkeit zur Bildung einheitlicher öffentlicher Einrichtungen in abgrenzbaren Gebietsteilen der Gemeinden gemäß § 10a KAG RP individuell hinreichend zurechenbar.

42

§ 10a KAG RP eröffnet dem Satzungsgeber die Möglichkeit, einheitliche öffentliche Einrichtungen zu bilden, die nicht notwendig das gesamte Gemeindegebiet umfassen, sondern auch nur einzelne, abgrenzbare Gebietsteile. Dabei kann in der Satzung geregelt werden, dass sämtliche zum Anbau bestimmten Verkehrsanlagen des gesamten Gebiets oder einzelner voneinander abgrenzbarer Gebietsteile der Gemeinde eine oder mehrere einheitliche öffentliche Einrichtungen bilden, für deren Ausbau vorteilsbezogene Beiträge von Grundstücken erhoben werden können, welche die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit einer Zufahrt oder eines Zugangs zu diesen Verkehrsanlagen haben. Die Gemeinde hat dabei gemäß § 10a Abs. 1 Satz 3 KAG RP die örtlichen Gegebenheiten zu beachten. Wie aus der Pflicht zur weitergehenden Begründung für die Bestimmung von Verkehrsanlagen einzelner, voneinander abgrenzbarer Gebietsteile als einheitliche öffentliche Einrichtung gemäß § 10a Abs. 1 Satz 4 KAG RP sowie aus der Gesetzesbegründung (LTDrucks 15/318, S. 7) hervorgeht, sah der Gesetzgeber die Ausübung des Satzungsermessens dahingehend, dass sämtliche zum Anbau bestimmte Verkehrsanlagen einer Gemeinde eine einheitliche öffentliche Einrichtung bilden, als Regelfall an, was auch vor dem Hintergrund zu sehen ist, dass es in Rheinland-Pfalz besonders viele kleinere Gemeinden gibt (vgl. Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz, Statistisches Jahrbuch 2012, S. 34).“

43

§ 3 ABS verstößt gegen die vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten verfassungsrechtlichen Anforderungen, indem das gesamte im baurechtlichen Innenbereich gelegene Gebiet der Beklagten trotz erheblicher räumlicher Trennung in die einheitliche Einrichtung einbezogen wird. Nach Auffassung des Gerichts bedarf es im Gebiet der Beklagten der Aufteilung auf mehr als eine Einheit, um eine taugliche satzungsrechtliche Grundlage für die Erhebung von wiederkehrenden Beiträgen zu schaffen. Das Bundesverfassungsgericht führt zu den Anforderungen zur Annahme eines konkret-individuellen Vorteils für das beitragsbelastete Grundstück bei der Bildung einer einheitlichen Abrechnungseinheit in seinem Beschluss vom 25. Juni 2014 (a.a.O, S. 24 f. BA) aus:

44

„c) Die Bildung einer einzigen Abrechnungseinheit im gesamten Gemeindegebiet durch Satzung ist dann gerechtfertigt, wenn mit den Verkehrsanlagen ein Vorteil für das beitragsbelastete Grundstück verbunden ist. Besteht ein solcher Vorteil wie in Großstädten oder Gemeinden ohne zusammenhängendes Gebiet nicht, läge in der Heranziehung aller Grundstücke zur Beitragspflicht eine Gleichbehandlung wesentlich ungleicher Sachverhalte.

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aa) Der Wortlaut des § 10a KAG RP steht einer solchen verfassungskonformen Auslegung nicht entgegen, da § 10a Abs. 1 Satz 4 KAG RP dem Satzungsgeber ausdrücklich vorschreibt, die örtlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen. In Großstädten oder Gemeinden ohne zusammenhängendes Gebiet ist das eröffnete Satzungsermessen zur Bildung einer einzigen Verkehrsanlage im gesamten Gemeindegebiet insoweit von Verfassungs wegen auf Null reduziert, als nur so dem Gebot eines zurechenbaren Sondervorteils auch bei Berücksichtigung des Typisierungs- und Vereinfachungsspielraums des Satzungsgebers Rechnung getragen werden kann. In dieser Auslegung ist § 10a KAG RP mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine Beitragserhebung (siehe oben B. I. 2.) in Einklang zu bringen.

46

bb) Bei der Ausübung seines Gestaltungsermessens muss der Satzungsgeber die verfassungsrechtlichen Grenzen einer Bestimmung der Verkehrsanlagen des gesamten Gemeindegebiets als einheitliche öffentliche Einrichtung in den Blick nehmen. Ein Beitrag für den Ausbau einer Straße als Teil einer öffentlichen Verkehrsanlage kommt nur für diejenigen Grundstücke in Betracht, die von der Verkehrsanlage einen jedenfalls potentiellen Gebrauchsvorteil haben, bei denen sich also der Vorteil der Möglichkeit der Nutzung der ausgebauten Straßen als Lagevorteil auf den Gebrauchswert des Grundstücks auswirkt. Nur in diesem Fall erscheint es nach dem Maßstab des Gleichheitssatzes gerechtfertigt, gerade den oder die Eigentümer dieses Grundstücks zu einem Beitrag für die Nutzung der ausgebauten Straße heranzuziehen.

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Ob die herangezogenen Grundstücke einen konkret zurechenbaren Vorteil von dem Ausbau und der Erhaltung einer Verkehrsanlage haben, hängt dabei nicht von der politischen Zuordnung eines Gebiets, sondern vor allem von den tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten ab, etwa der Größe, der Existenz eines zusammenhängenden bebauten Gebiets, der Topographie wie der Lage von Bahnanlagen, Flüssen und größeren Straßen oder der typischen tatsächlichen Straßennutzung. Dabei dürfte in Großstädten die Aufteilung der Verkehrsanlagen in mehrere abgrenzbare Gebietsteile regelmäßig erforderlich und unbeschadet des ansonsten bestehenden Satzungsermessens die Annahme einer einheitlichen öffentlichen Einrichtung ausgeschlossen sein; in kleinen Gemeinden - insbesondere solchen, die aus nur einem kleinen, zusammenhängend bebauten Ort bestehen - werden sich einheitliche öffentliche Einrichtung und Gemeindegebiet dagegen häufig decken. Ein „funktionaler Zusammenhang“, wie er früher vom Landesgesetzgeber und den Verwaltungsgerichten gefordert wurde, ist für die Bildung einer Abrechnungseinheit von Verkehrsanlagen durch den Gleichheitssatz jedoch nicht vorgegeben (vgl. z.B. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 8. Oktober 1993 - 10 C 10237/93.OVG -, AS RP-SL 24, S. 261 <265>; Urteil vom 18. März 2003 - 6 C 10580/02.OVG -, NVwZ-RR 2003, S. 591 <593>). Aus verfassungsrechtlicher Sicht kommt es allein darauf an, dass eine hinreichende individuelle Zurechnung von Vorteil und Beitragspflicht hergestellt werden kann.

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cc) Die Gemeinden werden zudem bei der Bildung der Abrechnungseinheiten zu berücksichtigen haben, ob dabei Gebiete mit strukturell gravierend unterschiedlichem Straßenausbauaufwand zusammengeschlossen werden, falls dies zu einer auch bei großzügiger Pauschalierungsbefugnis mit Rücksicht auf das Gebot der Belastungsgleichheit nicht mehr zu rechtfertigenden Umverteilung von Ausbaulasten führen würde.“

49

Die in dem von § 3 ABS geschaffenen Abrechnungsgebiet vorhandenen tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten gebieten die Aufteilung in mehrere abgegrenzte Gebietsteile. So trennt die Mosel mit ihrer Breite von über 135 m (ohne Uferbereich, Abstand der Moseluferstraßen „Mosel-Hamm-Ufer“ und „Moselpromenade“ mehr als 160 m, vgl. wie auch zu den folgenden Entfernungs- und Höhenangaben: www.geoportal.rlp.de) die links der Mosel gelegenen Stadtteile K. und B. von den rechts der Mosel gelegenen Stadteilen M. und X.. Eine vorteilsbegründende Verbindung dieser Bereiche kann auch nicht über die im Süden von K. und der Kernstadt X. gelegene Straßenbrücke der B 53 und die ca. 1.200 m nördlich davon gelegene Fußgängerbrücke über die Mosel angenommen werden. Hinsichtlich der Brücke der B 53 folgt dies bereits daraus, dass es sich bei der B 53 als Bundesfernstraße schon um eine „größere Straße“ im Sinne der zitierten Rechtsprechung handelt. Sie ist in dem Bereich K. und Brücke auch als Umgehungsstraße mit erheblicher Breite konzipiert und gebaut. Auch im Bereich rechts der Mosel ist sie durch den Fahrradweg bzw. die Parkflächen und Seitenstreifen mit einer erheblichen Breite angelegt. Zudem hat die B 53 auf der linken Moselseite, auf der sie außerhalb der Ortslage K. zwischen dieser, den Weinbergen und dem Ortsteil B. in Richtung Norden verläuft, keinerlei Anbaubestimmung. Auch auf der rechten Moselseite, auf der sie nach der in West-Ost-Richtung verlaufenden Brücke nach dem Kreisel weiter nach Süden führt, erschließt sie auf einer Länge von 120 m nur einseitig und unmittelbar nur wenige (vier) Gewerbegrundstücke, nicht aber die Ortslage der Kernstadt X.. Bei generalisierender Betrachtungsweise hat die B 53 im gesamten Stadtbereich keine Anbaubestimmung. Eine Straßenbrücke über einen in diesem Bereich ca. 150 m breiten Fluss, die sich als die Verbindung zweier nach generalisierender Betrachtung nicht zum Anbau bestimmter Straßen (-teilstücke) darstellt, kann selbst auch keine Verbindung zu dem individuell-konkreten, grundstücksbezogenen Vorteil darstellen.

50

Schon danach ist § 3 ABS rechtswidrig und nichtig und kann damit keine taugliche Ermächtigungsgrundlage für die angefochtenen Beitragsbescheide bilden.

51

Darüber hinaus liegt auch zwischen den links der Mosel gelegenen Stadtteilen K. und B. keine im Sinne der o.a. Rechtsprechung ausreichende Verbindung vor, die die Annahme eines individuell-konkreten Vorteils rechtfertigen könnte. Der Stadtteil B. liegt mehr als 150 Höhenmeter oberhalb der Mosel und der Ortslage von K. und ist von dieser nur über die B 53 und die K 56 erreichbar. Trennend dazwischen liegen die dem Außenbereich zuzuordnenden Weinberge, die selbst in Luftlinie gemessen eine Breite von mehr als 400 m zwischen die bebauten Ortslagen von K. und B. haben, in der sich (nahezu) keinerlei Bebauung befindet. Die B 53 hat, wie dargelegt, auf dieser (linken) Moselseite innerhalb der Stadt X. keinerlei Anbaubestimmung. Die K 56 beginnt an der B 53, hat ebenfalls keine Anbaubestimmung, ist gesäumt von Weinbergen, überwindet einen Höhenunterschied von über 140 m und führt sodann zur Ortslage B. und geht dort in Gemeindestraßen über. Damit ist eine für die Beitragserhebung notwendige zurechenbare Verbindung der hier betroffenen Grundstücke in B. mit den Straßen in K. nicht vorhanden.

52

Ob innerhalb des Stadtgebiets von X. weitere Einheiten zu bilden wären, wenn die Beklagte auch zukünftig an der Erhebung von wiederkehrenden Beiträgen festhalten wollte, ist hier nicht zu entscheiden, zudem fehlen nähere Informationen über die weiteren nach der o.a. Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bedeutsamen Aspekte (vgl. Beschluss vom 25. Juni 2014, a.a.O., S. 25 BA). Daher bedarf es hier auch nicht der Klärung, ob etwa die durch die Ortslage verlaufende B 421 als Bundesfernstraße, selbst wenn sie dort Anbaubestimmung hat, generell trennend wirkt und als Bundesstraße überhaupt Teil der Abrechnungseinheit sein kann (vgl. Vorlagebeschluss der Kammer vom 1. August 2011 – 4 K 1392/10.KO – S. 18 f. d. BA). Ebenso wenig bedarf es der Ermittlung, ob die Beklagte hier Gebiete mit strukturell gravierend unterschiedlichem Straßenausbauaufwand zu einer Einheit zusammengeschlossen hat.

53

Die Kammer hat die Rechtswidrigkeit und damit Nichtigkeit der Satzung zwingend und von Amts wegen zu berücksichtigen (vgl. den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Juni 2014, a.a.O., S. 26 BA; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 29. September 2004 – 10 C 3.04 – DVBl. 2005, 255), zudem ist diese in dem vorliegenden Verfahren auch ausdrücklich gerügt worden. Da eine Abgabenerhebung nach § 2 Abs. 1 KAG eine wirksame Satzung voraussetzt, sind die hier angefochtenen Bescheide vom 7. Januar und 12. März 2014 mangels einer solchen aufzuheben. Die weiteren Einwendungen der Klägerin können danach dahingestellt bleiben.

54

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 und § 711 ZPO.

55

Die Berufung war gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 124a Abs. 1 S. 1 VwGO zuzulassen, da die Rechtssache nach Auffassung der Kammer grundsätzliche Bedeutung hat.

56

Beschluss

57

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 229,71 Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 3, § 63 Abs. 2 GKG).

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Tenor

Die Bescheide der Beklagten vom 7. Januar 2014 und 12. März 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landkreises Cochem-Zell vom 22. Mai 2014 – KRA – W 63, 87/2014 – werden aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch den Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Festsetzung von wiederkehrenden Beiträgen durch die Beklagte für die Jahre 2012 und 2013 sowie gegen Vorausleistungen hierauf für das Jahr 2014.

2

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks der Gemarkung Kaimt, Flur ..., Parzelle ... (A... Straße ...), 1376 qm groß. Das Grundstück ist im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Barl I“ gelegen.

3

Der Stadtrat der Beklagten beriet in der Sitzung vom 12. September 2011 eine Systemumstellung der Straßenbaubeiträge vom einmaligen zum wiederkehrenden Beitrag. Er beschloss am 8. November 2011 eine Ausbaubeitragssatzung wiederkehrender Beiträge, die am 1. Januar 2012 in Kraft trat.

4

Der Stadtrat der Beklagten beschloss am 28. Februar 2012 ein Ausbauprogramm für die Jahre 2012 bis 2016. In 2012/2013 sollte die B..., 2014 die C... Straße, 2015 die D... Straße und 2016 der E... Weg ausgebaut werden. Der Stadtrat beschloss am 23. April 2012 die Erhebung von Vorausleistungen auf den jährlichen wiederkehrenden Beitrag. Das Bauprogramm wurde in der Stadtratsitzung vom 27. Juni 2012 geändert und es wurde beschlossen, die F... Straße 2013 zusätzlich auszubauen.

5

Auf die Klage des Klägers in dem Verfahren 4 K 95/13.KO hob die Beklagte den vorangegangenen Bescheid vom 27. Juli 2012 für das vorgenannte Grundstück und für das Jahr 2012 in der mündlichen Verhandlung vom 22. Oktober 2013 zur Niederschrift des Gerichts auf, nachdem die erkennende Kammer auf Bedenken gegen die Bestimmtheit der Satzung hingewiesen hatte. Das gerichtliche Verfahren wurde daraufhin übereinstimmend für erledigt erklärt.

6

Am 24. Februar 2014 beschloss der Stadtrat der Beklagten eine neue Ausbaubeitragssatzung wiederkehrende Beiträge – ABS –, welche mit Wirkung vom 1. Januar 2012 rückwirkend in Kraft gesetzt wurde. § 3 ABS lautet:

7

„Ermittlungsgebiete

8

(1) Sämtliche zum Anbau bestimmten Verkehrsanlagen des Stadtgebietes bilden als einheitliche öffentliche Einrichtung das Ermittlungsgebiet (Abrechnungseinheit). Das Ermittlungsgebiet wird gebildet von den zum Anbau bestimmten Verkehrsanlagen der Stadtteile Zell (Mosel), Zell-Merl, Zell-Kaimt und Zell-Barl.

9

Die Splittersiedlung „Siedlung Althaus" befindet sich im Außenbereich des Gebietes der Stadt Zell (Mosel) und ist durch die K 46 erschlossen. Bei der K 46 handelt es sich um eine nicht zum Anbau bestimmte Straße. Somit sind die Grundstücke der Siedlung Althaus zu den wiederkehrenden Ausbaubeiträgen nicht beitragspflichtig.

10

(2) Der beitragsfähige Aufwand wird für die eine Abrechnungseinheit bildenden Verkehrsanlagen nach dem Durchschnitt der im Zeitraum von 5 Jahren zu erwartenden Investitionsaufwendungen in der Abrechnungseinheit nach Abs. 1 ermittelt.“

11

Mit Bescheid vom 7. Januar 2014 setzte die Beklagte für die Jahre 2012 und 2013 einen wiederkehrenden Ausbaubeitrag in Höhe von insgesamt 603,74 Euro fest. Dem Beitrag liegt eine Grundstücksfläche von 1.376 qm zugrunde, die mit einem Vollgeschoßzuschlag von 30 % gewichtet und mit dem Beitragssatz von 0,1513 Euro/qm multipliziert wurde. Dem Betragssatz liegen geschätzte Gesamtkosten des Bauprogramms abzüglich des Gemeindeanteils von 1.389.010 Euro und eine beitragspflichtige Gesamtfläche von 1.835.715,4 qm zugrunde. Der errechnete jährliche Beitrag beträgt 301,87 Euro und wurde hier für die Jahre 2012 und 2013 zusammen erhoben. Der Bescheid wurde im Hinblick auf den beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Vorlagebeschluss der Kammer vom 1. August 2011 – 4 K 1392/10.KO – für vorläufig erklärt und wie folgt überschrieben:

12

„ V o r l ä u f i g e r  B e i t r a g s b e s c h e i d

13

über die Erhebung eines endgültigen wiederkehrenden Beitrags für öffentliche Verkehrsanlagen für die Eigentümer der Grundstücke an den zum Anbau bestimmten Verkehrsanlagen des gesamten Stadtgebiets (gebildet aus der Stadt Zell (Mosel) und den Stadtteilen Zell-Barl, Zell-Kaimt und Zell-Merl - Abrechnungseinheit -) in der Stadt Zell (Mosel) für die Jahre 2012 und 2013“.

14

Mit Telefax vom 21. Januar 2014 erhob der Kläger Widerspruch.

15

Mit Bescheid vom 12. März 2014 setzte die Beklagte für das vorgenannte Grundstück eine Vorausleistung für das Jahr 2014 von 301,87 Euro fest. Die Berechnungsgrundlagen waren identisch mit dem Bescheid vom 7. Januar 2014. Hiergegen erhob der Kläger mit Telefax vom 23. März 2014 Widerspruch.

16

Der Kläger führte im Widerspruchsverfahren aus, der Stadtteil Barl sei als selbständige Abrechnungseinheit zu sehen. Die Grundstücke auf dem Barl müssten 34 v.H. der gesamten Kosten des Fünfjahresprogramms bezahlen. Eine solche Verfahrensweise sei nicht gerecht. Eine Abrechnungseinheit sei zwar vom Gesetzgeber als Regelfall vorgesehen worden; die Berücksichtigung besonderer örtlicher Gegebenheiten sei aber ausdrücklich möglich. Sie seien hier gegeben. Die F... Straße habe nicht in das Bauprogramm aufgenommen werden dürfen. Die ADD in Trier habe der Beklagten mitgeteilt, dass die F... Straße solange nicht als Fußgängerzone ausgebaut werden dürfe, bevor nicht die Umgehungsstraße (Moseltangente) tatsächlich gebaut worden sei. Auch sei ein Ratsmitglied an der Abstimmung beteiligt gewesen, dessen Grundstück von der Verschonungsregelung betroffen sei.

17

Der Kreisrechtsausschuss des Landkreises Cochem-Zell wies den Widerspruch mit am 26. Mai 2014 zugestelltem Widerspruchsbescheid vom 22. Mai 2014 - KRA - W 63, 87/2014 - zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, ein Fall einer begründungsbedürftigen Aufteilung und Abrechnungseinheiten sehe die Regelung des § 3 ABS in der jetzigen Fassung – im Gegensatz zur bisherigen Satzung – nicht vor. Nach § 10a KAG könnten die Gemeinden anstelle der Erhebung von einmaligen Beiträgen auch diese Investitionsaufwendungen bis zu fünf Jahre für Verkehrsanlagen nach Abzug des Gemeindeanteils als wiederkehrende Beiträge auf die beitragspflichtigen Grundstücke verteilen. Es spiele in diesem Zusammenhang wegen des einheitlichen Einrichtungsbegriffs keine Rolle, ob ein Grundstück an einer reinen Gemeindestraße oder an einer klassifizierten Straße liege, bei der die Gemeinde nur die Baulast für den Gehweg und die Beleuchtung besitze. Es sei gerade Sinn und Zweck des wiederkehrenden Beitrages, dass alle in der Abrechnungseinheit liegenden beitragspflichtigen Grundstücke für den Ausbau einzelner Verkehrsanlagen herangezogen werden, unabhängig davon, ob sie an der auszubauenden Straßen lägen oder nicht. Der Bescheid sei im Hinblick auf den Vorlagebeschluss des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 1. August 2011 - 4 K 1392/10.KO - für vorläufig erklärt worden nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 KAG i.V.m. § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO, so dass es in dem vorliegenden Widerspruchsverfahren nicht auf die verfassungsrechtlichen Fragen ankomme. Es bestünden auch unabhängig von der Prüfungskompetenz des Kreisrechtsausschusses keine Bedenken an der Rechtsmäßigkeit der Satzung. Der fehlerhaften Mitwirkung eines Ratsmitglieds an der früheren Satzung sei durch die Neufassung der Satzung ohne dessen Beteiligung Rechnung getragen worden. Ebenso sei der Gemeindeanteil zutreffend ermittelt worden. Soweit die Beklagte in das Bauprogramm 2012 – 2016 Straßen aufgenommen habe, die nicht nur in einem Stadtteil lägen, sei dies zwar nicht zwingend, aber von der kommunalpolitischen Ermessensentscheidung gedeckt. Entscheidend sei, dass jede dieser Straßen unter den Ausbautatbestand falle. Die Nichtaufnahme weiterer Straßen in das jetzige Bauprogramm habe auch im Hinblick auf die finanzielle Belastung der Beitragspflichtigen getroffen werden können. Komme somit die einschlägige Satzung der Stadt zur generellen Anwendung, bestünden eine grundsätzliche Beitragspflicht des veranlagten Grundstücks. Das Grundstück liege in der Abrechnungseinheit und eine Zugangs- bzw. Zufahrtsmöglichkeit zu einer Verkehrsanlage im Abrechnungsgebiet bestehe.

18

Mit Telefax vom 26. Juni 2014 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben und verweist auf sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren und im vorangegangenen Klageverfahren 4 K 95/13.KO. Er weist auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Juni 2014 - 1 BvR 668/10 sowie 1 BvR 2104/10 - hin. Danach entfalle die auf § 10a KAG gestützte Rechtsgrundlage für die Entscheidung der Beklagten, nur eine einzige Abrechnungseinheit für die gesamte Stadt mit all ihren Stadtteilen rechts und links der Mosel sowie jenseits der B 53 auf den Höhen des Stadtteils Barl bilden zu können. In Großstädten oder Gemeinden ohne zusammenhängendes Gebiet, so wie in Zell (Mosel) mit all seinen Stadtteilen sei das eröffnete Satzungsermessen zur Bildung einer einheitlichen Verkehrsanlage im gesamten Gemeindegebiet insoweit von Verfassungs wegen auf Null reduziert, als nur so dem Gebot eines zurechenbaren Sondervorteils auch bei Berücksichtigung des Typisierungs- und Vereinfachungsspielraums des Satzungsgebers Rechnung getragen werden könne. Der Stadtteil Barl sei ein eigenständiges Industrie-, Gewerbe- und Wohngebiet, das mit dem gesamten Straßennetz unmittelbar nur an die B 53 anknüpfe. Der Stadtteil Kaimt wiederum habe ein in sich geschlossenes, örtlich gewachsenes Straßennetz, moselseits von der B 53. Er werde bergseits vom neuen Stadtteil Barl, der erst zu Beginn der 1970er Jahre begründet und stetig erweitert worden sei, durch die B 53 und talseits durch den Fluss von der Stadt Zell und dem Stadtteil Merl getrennt. Im Ergebnis seien drei getrennte Straßennetze nicht unmittelbar miteinander verbunden, so dass die Einrichtung von drei getrennten Abrechnungseinheiten zur Bildung gerechter Solidargemeinschaften angezeigt sei. Allein die Tatsache, dass der Fluss die Stadtteile rechts und links der Mosel trenne, widerlege die Auffassung der Beklagten.

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Der Kläger beantragt schriftsätzlich,

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die Bescheide der Verbandsgemeindeverwaltung Zell für die Stadt Zell/Mosel, vertreten durch den Bürgermeister, vom 7. Januar 2014 und vom 12. März 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landkreises Cochem-Zell vom 22. Mai 2014 zu Az.: KRA - W 63, 87/2014 aufzuheben.

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Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

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die Klage abzuweisen.

23

Sie verweist auf den Widerspruchsbescheid und führt ergänzend aus, dass die Zusammenfassung der Stadtteil der Stadt Zell (Mosel) zu einer öffentlichen Einrichtung zulässige sei, da bei den Stadtteilen Kernstadt Zell und Merl aufgrund er herangerückten Bebauung keine klare topografisch Abgrenzung gegeben sei. Außerdem seien die Stadtteil Kernstadt Zell und Zell (Kaimt) zwar durch die Mosel topografisch getrennt, jedoch verbänden die bestehende Autobrücke und die davon ca. 1,2 km moselabwärts gelegene Fußgängerbrücke die beiden Stadtteile wieder miteinander.

24

Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 28. und 29. August 2014 auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

25

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze und Unterlagen der Beteiligten, die vorgelegten Verwaltungs- und Widerspruchsakten sowie die Gerichtsakten 4 K 590/14.KO, 4 K 591/14.KO, 4 K 592/14.KO, 4 K 602/14.KO, 4 K 604/14.KO und 4 K 95/13.KO nebst den dort vorgelegten Verwaltungs- und Widerspruchsakten verwiesen; sämtliche Unterlagen waren Gegenstand der Beratung.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage, über die die Kammer im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte (§ 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO), hat in der Sache Erfolg.

27

Die Bescheide der Beklagten vom 7. Januar und 12. März 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landkreises Cochem-Zell vom 22. Mai 2014 – KRA – W 63, 87/2014 – sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO); sie sind daher aufzuheben. Den den Kläger belastenden Bescheiden fehlt es an einer notwendigen Ermächtigungsgrundlage, da § 3 der Satzung zur Erhebung von wiederkehrenden Beiträgen für den Ausbau von Verkehrsanlagen (Ausbaubeitragssatzung wiederkehrende Beiträge) für die Stadt Zell – ABS – vom 25. Februar 2014 hinsichtlich des darin festgelegten Einrichtungsgebietes und damit die Satzung insgesamt rechtswidrig und nichtig ist.

28

Der gerichtlichen Entscheidung unter Einbeziehung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in seinem Beschluss vom 25. Juni 2014 - 1 BvR 668/10 und 1 BvR 2104/10 – (WM 2014, 1693) und der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Satzung steht nicht entgegen, dass die Bescheide vom 7. Januar und 12. März 2014 – gestützt auf § 3 Abs. 1 Nr. 4 des Kommunalabgabengesetzes – KAG – i.V.m. § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 der AbgabenordnungAO – im Hinblick auf den Vorlagebeschluss der Kammer vom 1. August 2011 – 4 K 1392/10.KO – (DWW 2012, 218) vorläufig erlassen wurden. Der Vorlagebeschluss wurde zwischenzeitlich nicht aufgehoben, sondern ist weiterhin bei dem Bundesverfassungsgericht anhängig und hat sich durch dessen o.a. Beschluss nicht erledigt. Die nach Auffassung der Kammer zur Verfassungswidrigkeit der Vorschriften der §§ 10, 10a KAG führenden Gründe (vgl. den Vorlagebeschluss a.a.O., S. 17-42 des Beschlussabdrucks - BA) wurden in dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Juni 2014 im Wesentlichen nicht aufgegriffen und verfassungsrechtlich geklärt, obwohl dieser den Vorlagebeschluss ausdrücklich als Beleg für den nichtsteuerlichen Abgabencharakter der wiederkehrenden Beiträge heranzieht (vgl. Beschluss vom 25. Juni 2014, a.a.O., S. 17 BA). Daher sind weiterhin eine Vielzahl von Fallgestaltungen gegeben, in denen die von der Kammer aufgeführten Gründe Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide haben (können), selbst wenn die vom Bundesverfassungsgericht aufgeführten Kriterien für die Zurechenbarkeit eines Vorteils beachtet werden.

29

Auch in dem vorliegenden Klageverfahren wären mehrere der im Vorlagebeschluss der Kammer aufgeworfenen Gründe entscheidungsrelevant. So käme es etwa auf die Gesetzgebungskompetenz des Landes für die Einbeziehung von Bundesstraßen in das kommunale Anbaustraßennetz (S. 17 f. BA) an, da die B 53 auf einem kurzen Stück südlich des Kreisels östlich der Mosel sowie die dort in dem Kreisel beginnende B 421 Anliegergrundstücke erschließen. Ebenso bliebe der von der Kammer angenommene Verstoß gegen die Regelung des § 127 Abs. 1 BauGB (vgl. S. 18 f. BA) von Bedeutung. Denn der nach § 10a KAG zwangsläufige Umstand, dass eine Erschließungsstraße, die bereits technisch hergestellt und gewidmet ist, jedoch noch nicht abrechenbar ist (oder abgerechnet wurde), gleichzeitig mit der Widmung zum Anbaustraßennetz gehört und damit als Ausbaumaßnahme über den wiederkehrenden Beitrag abrechenbar wäre, hat die Möglichkeit einer Doppelfinanzierung und damit eines Verstoßes gegen die Einmaligkeit der Beitragserhebung zur Folge. Auch die von der Beklagten erfolgte Einbeziehung der Kosten der Maßnahmen an der in einem förmlich festgesetzten Sanierungsgebiet nach dem Baugesetzbuch gelegenen F... Straße stellt einen Sachverhalt dar, der nach der im Vorlagebeschluss dargelegten Auffassung gegen die Normenwahrheit und -klarheit (S. 22 f. BA) verstößt. Zudem gibt es auch für Maßnahmen in Sanierungsgebieten besondere Finanzierungsmittel und -zuschüsse sowie die Verpflichtung zur Heranziehung der bevorteilten Eigentümer zu Ausgleichsbeträgen (vgl. §§ 154 ff. BauGB), so dass auch hier die naheliegende Gefahr der Doppelfinanzierung besteht. Darüber hinaus bleibt auch die Frage offen, ob etwa selbständige Fuß- und Radwege sowie selbständige Parkflächen und Grünanlagen (vgl. § 2 ABS) Teil einer Abrechnungseinheit sein können, auch wenn letztere schon keine Straßen sind und erstere wegen des anderen Widmungsinhalts (wie auch bei Fußgängerzonen und nicht befahrbaren Wohnwegen) nicht mit befahrbaren Straßen als einheitliche Einrichtung betrachtet werden können (S. 22, 26 BA)

30

Die vorliegende Klage ist jedoch auch ohne eine entsprechende verfassungsgerichtliche Klärung der vorgenannten Fragen und damit ohne Rücksicht auf den Vorläufigkeitsvermerk entscheidungsreif, da der hier als Rechtsgrundlage für die erlassenen Bescheide dienende und rückwirkend zum 1. Januar 2012 in Kraft gesetzte § 3 ABS nicht auf den verfassungskonform ausgelegten § 10a KAG gestützt werden kann. Denn vor der Frage der Vereinbarkeit der §§ 10 und 10a KAG mit höherrangigem Recht ist zunächst zu klären, ob die hier anzuwendende Satzung selbst mit höherrangigem (Gesetzes- und Verfassungs-)Recht vereinbar ist. Insbesondere § 3 ABS erfüllt nicht die vom Bundesverfassungsgericht in dem Beschluss vom 25. Juni 2014 (a.a.O.) gestellten verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine Abgabenerhebung, da ein individuell-konkret zurechenbarer, grundstücksbezogener Vorteil der beitragspflichtigen Grundstücke vom Anschluss an die von der Beklagten gebildeten Beitragseinheit nicht ausreichend vorhanden ist.

31

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem o.a. Beschluss vom 25. Juni 2014 die Verbindung der Erhebung von Beiträgen mit dem Grundsatz der Belastungsgleichheit nach Art. 3 Abs. 1 GG herausgestellt und fordert, dass die Differenzierung zwischen Beitragspflichtigen und nicht Beitragspflichtigen nach Maßgabe des konkret-zurechenbaren Vorteils vorgenommen wird, dessen Nutzungsmöglichkeit mit dem Beitrag abgegolten werden soll. Es hat die angegriffenen Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz (Beschlüsse vom 26. Januar 2010 – 6 A 11036/09.OVG – und vom 14. Juni 2010 – 6 A 10082/10.OVG –) aufgehoben, da sie die Beschwerdeführerinnen in ihren Grundrechten aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzen, und die Sachen zur Klärung der Frage, ob die angegriffenen Beitragssatzungen in den beiden Verfassungsbeschwerdeverfahren den durch diese Entscheidung geklärten verfassungsrechtlichen Anforderungen gerecht werden, an das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz zurückverwiesen. Zu der erforderlichen verfassungskonformen Auslegung des § 10a KAG RP führt das Bundesverfassungsgericht in dem Beschluss vom 25. Juni 2014 (a.a.O., S. 19 ff. BA) aus:

32

„Die Heranziehung zu wiederkehrenden Beiträgen nach Maßgabe des § 10a KAG RP verstößt bei verfassungskonformer Auslegung nicht gegen das Grundrecht auf Gleichbehandlung des Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Gebot der Belastungsgleichheit.

33

3. Werden Beiträge erhoben, verlangt Art. 3 Abs. 1 GG, dass die Differenzierung zwischen Beitragspflichtigen und nicht Beitragspflichtigen nach Maßgabe des Vorteils vorgenommen wird, dessen Nutzungsmöglichkeit mit dem Beitrag abgegolten werden soll. Erfolgt die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen grundstücksbezogen, können nach dem Grundsatz der abgabenrechtlichen Belastungsgleichheit nur solche Grundstücke herangezogen werden, deren Eigentümer aus der Möglichkeit, die ausgebauten Straßen in Anspruch zu nehmen, einen Sondervorteil schöpfen können, der sich von dem der Allgemeinheit der Straßennutzer unterscheidet.

34

Die Erhebung von Beiträgen erfordert hiernach hinreichende sachliche Gründe, welche eine individuelle Zurechnung des mit dem Beitrag belasteten Vorteils (siehe oben B. I.) zum Kreis der Belasteten rechtfertigen. Wesentlich für den Begriff des Beitrags ist der Gedanke der angebotenen Gegenleistung, des Ausgleichs von Vorteilen und Lasten: Wenn das Gemeinwesen in Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe eine besondere Einrichtung zur Verfügung stellt, so sollen diejenigen, die daraus besonderen wirtschaftlichen Nutzen ziehen oder ziehen können, zu den Kosten ihrer Errichtung und Unterhaltung beitragen (vgl. BVerfGE 14, 312 <317>). Die für die Kostentragungspflicht erforderliche individuelle Zurechenbarkeit lässt sich insbesondere aus der rechtlichen oder tatsächlichen Sachherrschaft oder -nähe und der damit verbundenen Möglichkeit herleiten, aus der Sache konkrete wirtschaftliche Vorteile oder Nutzen zu ziehen (vgl. BVerfGE 91, 207 <223>). Das schließt allerdings nicht aus, dass eine unbestimmte Vielzahl von Bürgern zu Beiträgen herangezogen wird, sofern ihnen jeweils ein Sondervorteil individuell-konkret zugerechnet werden kann (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 13. Mai 2014 - VGH B 35/12 -, juris, Rn. 103).

35

Soweit die Beitragserhebung grundstücksbezogen erfolgt, muss auch der Sondervorteil grundstücksbezogen definiert werden (vgl. Driehaus, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 8 Rn. 272 ; Beuscher, ebd. Rn. 2314); er kann zum Beispiel in einer Erhöhung des Gebrauchswertes des Grundstücks durch die Belegenheit in einem verkehrsmäßig erschlossenen Gebiet oder in der Möglichkeit der Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung oder Anlage bestehen, welche ihrerseits den Gebrauchswert des Grundstücks steigert. Eine Steigerung des Verkehrswertes ist nicht erforderlich (vgl. Arndt, in: Henneke/ Pünder/Waldhoff, Recht der Kommunalfinanzen, 2006, § 16 Rn. 130; Driehaus, a.a.O.; Schneider, Driehaus-Festschrift, 2005, S. 179 <184>).

36

Weitergehende verpflichtende Anforderungen, wie zum Beispiel die Existenz eines „funktionalen Zusammenhangs“ zwischen Verkehrsanlagen und den mit einem Ausbaubeitrag belasteten Grundstücken sind verfassungsrechtlich nicht geboten. Allerdings darf sich aus Gründen der Belastungsgleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG) der Sondervorteil, dessen Inanspruchnahme durch die Erhebung eines Beitrags ausgeglichen werden soll, nicht in der Weise auflösen, dass Beitragspflichtige keinen größeren Vorteil aus der potentiellen Inanspruchnahme der Gegenleistung ziehen können als die nichtbeitragspflichtige Allgemeinheit. Damit bleibt Raum für eine Ausgestaltung der Beitragsverpflichtung durch den Gesetz- oder Satzungsgeber. Der danach eröffnete Spielraum ist erst dann überschritten, wenn kein konkreter Bezug zwischen dem gesetzlich definierten Vorteil und den Abgabepflichtigen mehr erkennbar ist (vgl. Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, 1973, S. 88).

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4. Nach diesen Maßgaben verstößt die Heranziehung zu wiederkehrenden Beiträgen nach § 10a KAG RP in verfassungskonformer Auslegung nicht gegen den Grundsatz der Belastungsgleichheit der Abgabepflichtigen. Der für die Beitragserhebung erforderliche Sondervorteil der Beitragspflichtigen liegt in der Möglichkeit des Zugangs von ihren Grundstücken zu den öffentlichen Verkehrsanlagen (a). Bei verfassungskonformer Auslegung von § 10a KAG RP und einer entsprechenden Umsetzung durch den jeweils zuständigen Satzungsgeber ist ein durch den Ausbau von Verkehrsanlagen bedingter Sondervorteil sämtlichen Abgabepflichtigen hinreichend individuell zurechenbar (b). Die Erhebung wiederkehrender Beiträge durch Satzung nach § 10a KAG RP führt bei verfassungskonformer Auslegung auch nicht zu einer Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem, weil sämtliche Grundstücke innerhalb einer einheitlichen öffentlichen Einrichtung abgabepflichtig wären, obwohl sie durch die Ausbaumaßnahmen wesentlich unterschiedlich begünstigt sind, sofern mit der Anlage ein Vorteil für das Grundstück, an das der Beitrag anknüpft, verbunden ist (c).

38

a) Der durch den Beitrag ausgeglichene Sondervorteil besteht nach dem Wortlaut des § 10a KAG RP und der Begründung des Gesetzentwurfs in der rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeit der Zufahrt oder des Zugangs zu einer öffentlichen Verkehrsanlage, die Teil einer einheitlichen öffentlichen Einrichtung ist. Dem steht die wiederkehrende Erhebung des Beitrags nicht entgegen (vgl. BVerfGE 42, 223 <228 f.>).

39

Der Gesetzgeber sieht den Sondervorteil in der Möglichkeit der Zufahrt oder des Zugangs zu einem Gesamtsystem der Verkehrsanlagen, das nach Maßgabe der Satzung grundsätzlich auch aus sämtlichen zum Ausbau bestimmten Verkehrsanlagen einer Gemeinde bestehen kann und damit eine einheitliche öffentliche Einrichtung bildet. Bereits nach der Vorgängerregelung des § 10 Abs. 6 KAG RP aus dem Jahre 1995 war die „rechtliche und tatsächliche Möglichkeit einer Zufahrt oder eines Zugangs zu einer in der Abrechnungseinheit gelegenen Verkehrsanlage“ der gesetzliche Anknüpfungspunkt für den Sondervorteil. Mit der Neuregelung wurde der Begriff der „Abrechnungseinheit“ durch den der „einheitlichen öffentlichen Einrichtung“ ersetzt. Während nach Auffassung des Landesgesetzgebers beim einmaligen Beitrag nach § 10 Abs. 5 KAG RP der Sondervorteil in der rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeit einer Zufahrt oder eines Zugangs „zu der hergestellten oder ausgebauten Verkehrsanlage“ besteht, soll beim (wiederkehrenden) Beitrag nach § 10a KAG RP die Möglichkeit der Zufahrt oder des Zugangs zu „einer der Verkehrsanlagen“ - also nicht nur zu einer bestimmten, gerade hergestellten oder ausgebauten Verkehrsanlage - genügen. Die einheitliche öffentliche Einrichtung bilde in ihrer Gesamtheit das einheitliche Straßensystem, welches den durch die einzelnen Verkehrsanlagen „erschlossenen“, qualifiziert nutzbaren Grundstücken die erforderliche Anbindung an das gesamte übrige innerörtliche und damit zugleich auch überörtliche Straßennetz ermögliche. In der Erhaltung, Verbesserung oder Erweiterung dieses Straßensystems seitens der Gemeinde durch entsprechende Ausbaumaßnahmen an den einzelnen Verkehrsanlagen liege der verfassungsrechtlich erforderliche, aber auch ausreichende Sondervorteil, der durch den wiederkehrenden Beitrag abgegolten werde (LTDrucks 15/318, S. 7 f.).

40

Der beitragspflichtige Vorteil liegt danach in der Möglichkeit der besseren Erreichbarkeit der beitragspflichtigen Grundstücke und der besseren Nutzbarkeit des Gesamtverkehrssystems sowie dessen Aufrechterhaltung und Verbesserung als solchem; er ist geeignet, den Gebrauchswert der Grundstücke positiv zu beeinflussen. Damit bewegt sich der Landesgesetzgeber innerhalb der durch den Gleichheitssatz gezogenen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit, indem er den Vorteil des einzelnen Grundstücks mit Rücksicht auf die straßenausbaubedingte Steigerung und den Erhalt der Funktionsfähigkeit des Gesamtverkehrssystems einer vom Satzungsgeber festzulegenden Einheit bestimmt. Mit dem Ausbaubeitrag wird folglich nicht die schlichte - auch der Allgemeinheit zustehende - Straßenbenutzungsmöglichkeit entgolten, sondern die einem Grundstück mit Baulandqualität zugutekommende Erhaltung der wegemäßigen Erschließung als Anbindung an das inner- und überörtliche Verkehrsnetz. Durch den Straßenausbau wird die Zugänglichkeit des Grundstücks gesichert und damit der Fortbestand der qualifizierten Nutzbarkeit (so auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20. November 2007 - 6 C 10601/07.OVG -, AS RP-SL 35, S. 209 <217>; Beschluss vom 24. Februar 2012 - 6 A 11492/11.OVG -, AS RP-SL 41, S. 69 <70 f.>; Beschluss vom 21. August 2012 - 6 C 10085/12.OVG -, AS RP-SL 41, S. 218 <221 f.>). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass zur wegemäßigen Erschließung eines bestimmten Grundstücks allein die Straße, an der es gelegen ist, regelmäßig nicht ausreicht. Vielmehr wird der Anschluss an das übrige Straßennetz meist erst über mehrere Verkehrsanlagen vermittelt (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20. November 2007 - 6 C 10601/07.OVG -, AS RP-SL 35, S. 209 <214>; Urteil vom 25. August 2010 - 6 A 10505/10.OVG -, AS RP-SL 39, S. 331 <335>; Urteil vom 15. März 2011 - 6 C 11187/10.OVG -, AS RP-SL 40, S. 4 <12>; Beschluss vom 24. Februar 2012 - 6 A 11492/11.OVG -, AS RP-SL 41, S. 69 <71>). Zwischen welchen Verkehrsanlagen eine ausreichend enge „Vermittlungsbeziehung“ hinsichtlich des Anschlusses an das übrige Straßennetz besteht, ist dagegen keine Frage des Vorliegens eines Vorteils, sondern dessen individueller Zurechenbarkeit zu einem einzelnen Grundstück.

41

b) Der Vorteil ist bei Ausschöpfung der Möglichkeit zur Bildung einheitlicher öffentlicher Einrichtungen in abgrenzbaren Gebietsteilen der Gemeinden gemäß § 10a KAG RP individuell hinreichend zurechenbar.

42

§ 10a KAG RP eröffnet dem Satzungsgeber die Möglichkeit, einheitliche öffentliche Einrichtungen zu bilden, die nicht notwendig das gesamte Gemeindegebiet umfassen, sondern auch nur einzelne, abgrenzbare Gebietsteile. Dabei kann in der Satzung geregelt werden, dass sämtliche zum Anbau bestimmten Verkehrsanlagen des gesamten Gebiets oder einzelner voneinander abgrenzbarer Gebietsteile der Gemeinde eine oder mehrere einheitliche öffentliche Einrichtungen bilden, für deren Ausbau vorteilsbezogene Beiträge von Grundstücken erhoben werden können, welche die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit einer Zufahrt oder eines Zugangs zu diesen Verkehrsanlagen haben. Die Gemeinde hat dabei gemäß § 10a Abs. 1 Satz 3 KAG RP die örtlichen Gegebenheiten zu beachten. Wie aus der Pflicht zur weitergehenden Begründung für die Bestimmung von Verkehrsanlagen einzelner, voneinander abgrenzbarer Gebietsteile als einheitliche öffentliche Einrichtung gemäß § 10a Abs. 1 Satz 4 KAG RP sowie aus der Gesetzesbegründung (LTDrucks 15/318, S. 7) hervorgeht, sah der Gesetzgeber die Ausübung des Satzungsermessens dahingehend, dass sämtliche zum Anbau bestimmte Verkehrsanlagen einer Gemeinde eine einheitliche öffentliche Einrichtung bilden, als Regelfall an, was auch vor dem Hintergrund zu sehen ist, dass es in Rheinland-Pfalz besonders viele kleinere Gemeinden gibt (vgl. Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz, Statistisches Jahrbuch 2012, S. 34).“

43

§ 3 ABS verstößt gegen die vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten verfassungsrechtlichen Anforderungen, indem das gesamte im baurechtlichen Innenbereich gelegene Gebiet der Beklagten trotz erheblicher räumlicher Trennung in die einheitliche Einrichtung einbezogen wird. Nach Auffassung des Gerichts bedarf es im Gebiet der Beklagten der Aufteilung auf mehr als eine Einheit, um eine taugliche satzungsrechtliche Grundlage für die Erhebung von wiederkehrenden Beiträgen zu schaffen. Das Bundesverfassungsgericht führt zu den Anforderungen zur Annahme eines konkret-individuellen Vorteils für das beitragsbelastete Grundstück bei der Bildung einer einheitlichen Abrechnungseinheit in seinem Beschluss vom 25. Juni 2014 (a.a.O, S. 24 f. BA) aus:

44

„c) Die Bildung einer einzigen Abrechnungseinheit im gesamten Gemeindegebiet durch Satzung ist dann gerechtfertigt, wenn mit den Verkehrsanlagen ein Vorteil für das beitragsbelastete Grundstück verbunden ist. Besteht ein solcher Vorteil wie in Großstädten oder Gemeinden ohne zusammenhängendes Gebiet nicht, läge in der Heranziehung aller Grundstücke zur Beitragspflicht eine Gleichbehandlung wesentlich ungleicher Sachverhalte.

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aa) Der Wortlaut des § 10a KAG RP steht einer solchen verfassungskonformen Auslegung nicht entgegen, da § 10a Abs. 1 Satz 4 KAG RP dem Satzungsgeber ausdrücklich vorschreibt, die örtlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen. In Großstädten oder Gemeinden ohne zusammenhängendes Gebiet ist das eröffnete Satzungsermessen zur Bildung einer einzigen Verkehrsanlage im gesamten Gemeindegebiet insoweit von Verfassungs wegen auf Null reduziert, als nur so dem Gebot eines zurechenbaren Sondervorteils auch bei Berücksichtigung des Typisierungs- und Vereinfachungsspielraums des Satzungsgebers Rechnung getragen werden kann. In dieser Auslegung ist § 10a KAG RP mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine Beitragserhebung (siehe oben B. I. 2.) in Einklang zu bringen.

46

bb) Bei der Ausübung seines Gestaltungsermessens muss der Satzungsgeber die verfassungsrechtlichen Grenzen einer Bestimmung der Verkehrsanlagen des gesamten Gemeindegebiets als einheitliche öffentliche Einrichtung in den Blick nehmen. Ein Beitrag für den Ausbau einer Straße als Teil einer öffentlichen Verkehrsanlage kommt nur für diejenigen Grundstücke in Betracht, die von der Verkehrsanlage einen jedenfalls potentiellen Gebrauchsvorteil haben, bei denen sich also der Vorteil der Möglichkeit der Nutzung der ausgebauten Straßen als Lagevorteil auf den Gebrauchswert des Grundstücks auswirkt. Nur in diesem Fall erscheint es nach dem Maßstab des Gleichheitssatzes gerechtfertigt, gerade den oder die Eigentümer dieses Grundstücks zu einem Beitrag für die Nutzung der ausgebauten Straße heranzuziehen.

47

Ob die herangezogenen Grundstücke einen konkret zurechenbaren Vorteil von dem Ausbau und der Erhaltung einer Verkehrsanlage haben, hängt dabei nicht von der politischen Zuordnung eines Gebiets, sondern vor allem von den tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten ab, etwa der Größe, der Existenz eines zusammenhängenden bebauten Gebiets, der Topographie wie der Lage von Bahnanlagen, Flüssen und größeren Straßen oder der typischen tatsächlichen Straßennutzung. Dabei dürfte in Großstädten die Aufteilung der Verkehrsanlagen in mehrere abgrenzbare Gebietsteile regelmäßig erforderlich und unbeschadet des ansonsten bestehenden Satzungsermessens die Annahme einer einheitlichen öffentlichen Einrichtung ausgeschlossen sein; in kleinen Gemeinden - insbesondere solchen, die aus nur einem kleinen, zusammenhängend bebauten Ort bestehen - werden sich einheitliche öffentliche Einrichtung und Gemeindegebiet dagegen häufig decken. Ein „funktionaler Zusammenhang“, wie er früher vom Landesgesetzgeber und den Verwaltungsgerichten gefordert wurde, ist für die Bildung einer Abrechnungseinheit von Verkehrsanlagen durch den Gleichheitssatz jedoch nicht vorgegeben (vgl. z.B. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 8. Oktober 1993 - 10 C 10237/93.OVG -, AS RP-SL 24, S. 261 <265>; Urteil vom 18. März 2003 - 6 C 10580/02.OVG -, NVwZ-RR 2003, S. 591 <593>). Aus verfassungsrechtlicher Sicht kommt es allein darauf an, dass eine hinreichende individuelle Zurechnung von Vorteil und Beitragspflicht hergestellt werden kann.

48

cc) Die Gemeinden werden zudem bei der Bildung der Abrechnungseinheiten zu berücksichtigen haben, ob dabei Gebiete mit strukturell gravierend unterschiedlichem Straßenausbauaufwand zusammengeschlossen werden, falls dies zu einer auch bei großzügiger Pauschalierungsbefugnis mit Rücksicht auf das Gebot der Belastungsgleichheit nicht mehr zu rechtfertigenden Umverteilung von Ausbaulasten führen würde.“

49

Die in dem von § 3 ABS geschaffenen Abrechnungsgebiet vorhandenen tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten gebieten die Aufteilung in mehrere abgegrenzte Gebietsteile. So trennt die Mosel mit ihrer Breite von über 135 m (ohne Uferbereich, Abstand der Moseluferstraßen „Mosel-Hamm-Ufer“ und „Moselpromenade“ mehr als 160 m, vgl. wie auch zu den folgenden Entfernungs- und Höhenangaben: www.geoportal.rlp.de) die links der Mosel gelegenen Stadtteile Kaimt und Barl von den rechts der Mosel gelegenen Stadteilen Merl und Zell. Eine vorteilsbegründende Verbindung dieser Bereiche kann auch nicht über die im Süden von Kaimt und der Kernstadt Zell gelegene Straßenbrücke der B 53 und die ca. 1.200 m nördlich davon gelegene Fußgängerbrücke über die Mosel angenommen werden. Hinsichtlich der Brücke der B 53 folgt dies bereits daraus, dass es sich bei der B 53 als Bundesfernstraße schon um eine „größere Straße“ im Sinne der zitierten Rechtsprechung handelt. Sie ist in dem Bereich Kaimt und Brücke auch als Umgehungsstraße mit erheblicher Breite konzipiert und gebaut. Auch im Bereich rechts der Mosel ist sie durch den Fahrradweg bzw. die Parkflächen und Seitenstreifen mit einer erheblichen Breite angelegt. Zudem hat die B 53 auf der linken Moselseite, auf der sie außerhalb der Ortslage Kaimt zwischen dieser, den Weinbergen und dem Ortsteil Barl in Richtung Norden verläuft, keinerlei Anbaubestimmung. Auch auf der rechten Moselseite, auf der sie nach der in West-Ost-Richtung verlaufenden Brücke nach dem Kreisel weiter nach Süden führt, erschließt sie auf einer Länge von 120 m nur einseitig und unmittelbar nur wenige (vier) Gewerbegrundstücke, nicht aber die Ortslage der Kernstadt Zell. Bei generalisierender Betrachtungsweise hat die B 53 im gesamten Stadtbereich keine Anbaubestimmung. Eine Straßenbrücke über einen in diesem Bereich ca. 150 m breiten Fluss, die sich als die Verbindung zweier nach generalisierender Betrachtung nicht zum Anbau bestimmter Straßen (-teilstücke) darstellt, kann selbst auch keine Verbindung zu dem individuell-konkreten, grundstücksbezogenen Vorteil darstellen.

50

Schon danach ist § 3 ABS rechtswidrig und nichtig und kann damit keine taugliche Ermächtigungsgrundlage für die angefochtenen Beitragsbescheide bilden.

51

Darüber hinaus liegt auch zwischen den links der Mosel gelegenen Stadtteilen Kaimt und Barl keine im Sinne der o.a. Rechtsprechung ausreichende Verbindung vor, die die Annahme eines individuell-konkreten Vorteils rechtfertigen könnte. Der Stadtteil Barl liegt mehr als 150 Höhenmeter oberhalb der Mosel und der Ortslage von Kaimt und ist von dieser nur über die B 53 und die K 56 erreichbar. Trennend dazwischen liegen die dem Außenbereich zuzuordnenden Weinberge, die selbst in Luftlinie gemessen eine Breite von mehr als 400 m zwischen den bebauten Ortslagen von Kaimt und Barl haben, in der sich (nahezu) keinerlei Bebauung befindet. Die B 53 hat, wie dargelegt, auf dieser (linken) Moselseite innerhalb der Stadt Zell keinerlei Anbaubestimmung. Die K 56 beginnt an der B 53, hat ebenfalls keine Anbaubestimmung, ist gesäumt von Weinbergen, überwindet einen Höhenunterschied von über 140 m und führt sodann zur Ortslage Barl und geht dort in Gemeindestraßen über. Damit ist eine für die Beitragserhebung notwendige zurechenbare Verbindung der hier betroffenen Grundstücke in Barl mit den Straßen in Kaimt nicht vorhanden.

52

Ob innerhalb des Stadtgebiets von Zell weitere Einheiten zu bilden wären, wenn die Beklagte auch zukünftig an der Erhebung von wiederkehrenden Beiträgen festhalten wollte, ist hier nicht zu entscheiden, zudem fehlen nähere Informationen über die weiteren nach der o.a. Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bedeutsamen Aspekte (vgl. Beschluss vom 25. Juni 2014, a.a.O., S. 25 BA). Daher bedarf es hier auch nicht der Klärung, ob etwa die durch die Ortslage verlaufende B 421 als Bundesfernstraße, selbst wenn sie dort Anbaubestimmung hat, generell trennend wirkt und als Bundesstraße überhaupt Teil der Abrechnungseinheit sein kann (vgl. Vorlagebeschluss der Kammer vom 1. August 2011 – 4 K 1392/10.KO – S. 18 f. d. BA). Ebenso wenig bedarf es der Ermittlung, ob die Beklagte hier Gebiete mit strukturell gravierend unterschiedlichem Straßenausbauaufwand zu einer Einheit zusammengeschlossen hat.

53

Die Kammer hat die Rechtswidrigkeit und damit Nichtigkeit der Satzung zwingend und von Amts wegen zu berücksichtigen (vgl. den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Juni 2014, a.a.O., S. 26 BA; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 29. September 2004 – 10 C 3.04 – DVBl. 2005, 255), zudem ist diese in dem vorliegenden Verfahren auch ausdrücklich gerügt worden. Da eine Abgabenerhebung nach § 2 Abs. 1 KAG eine wirksame Satzung voraussetzt, sind die hier angefochtenen Bescheide vom 7. Januar und 12. März 2014 mangels einer solchen aufzuheben. Die weiteren Einwendungen des Klägers können danach dahingestellt bleiben.

54

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 und § 711 ZPO.

55

Die Berufung war gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 124a Abs. 1 S. 1 VwGO zuzulassen, da die Rechtssache nach Auffassung der Kammer grundsätzliche Bedeutung hat.

56

Beschluss

57

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 905,61 Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 3, § 63 Abs. 2 GKG).

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Tenor

Die Bescheide der Beklagten vom 7. Januar 2014 und 12. März 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landkreises Cochem-Zell vom 22. Mai 2014 – KRA – W 65, 91/2014 – werden aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch den Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Festsetzung von wiederkehrenden Beiträgen durch die Beklagte für die Jahre 2012 und 2013 sowie gegen Vorausleistungen hierauf für das Jahr 2014.

2

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks der Gemarkung Kaimt, Flur ..., Parzelle ... (A... Straße ...), 942 qm groß. Das Grundstück ist im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Barl I“ gelegen.

3

Der Stadtrat der Beklagten beriet in der Sitzung vom 12. September 2011 eine Systemumstellung der Straßenbaubeiträge vom einmaligen zum wiederkehrenden Beitrag. Er beschloss am 8. November 2011 eine Ausbaubeitragssatzung wiederkehrender Beiträge, die am 1. Januar 2012 in Kraft trat.

4

Der Stadtrat der Beklagten beschloss am 28. Februar 2012 ein Ausbauprogramm für die Jahre 2012 bis 2016. In 2012/2013 sollte die B..., 2014 die C... Straße, 2015 die D... Straße und 2016 der E... Weg ausgebaut werden. Der Stadtrat beschloss am 23. April 2012 die Erhebung von Vorausleistungen auf den jährlichen wiederkehrenden Beitrag. Das Bauprogramm wurde in der Stadtratssitzung vom 27. Juni 2012 geändert und es wurde beschlossen, die F... Straße 2013 zusätzlich auszubauen.

5

Auf die Klage des Klägers in dem Verfahren 4 K 98/13.KO hob die Beklagte den vorangegangenen Bescheid vom 27. Juli 2012 für das vorgenannte Grundstück und für das Jahr 2012 in der mündlichen Verhandlung vom 22. Oktober 2013 zur Niederschrift des Gerichts auf, nachdem die erkennende Kammer auf Bedenken gegen die Bestimmtheit der Satzung hingewiesen hatte. Das gerichtliche Verfahren wurde daraufhin übereinstimmend für erledigt erklärt.

6

Am 24. Februar 2014 beschloss der Stadtrat der Beklagten eine neue Ausbaubeitragssatzung wiederkehrende Beiträge – ABS –, welche mit Wirkung vom 1. Januar 2012 rückwirkend in Kraft gesetzt wurde. § 3 ABS lautet:

7

„Ermittlungsgebiete

8

(1) Sämtliche zum Anbau bestimmten Verkehrsanlagen des Stadtgebietes bilden als einheitliche öffentliche Einrichtung das Ermittlungsgebiet (Abrechnungseinheit). Das Ermittlungsgebiet wird gebildet von den zum Anbau bestimmten Verkehrsanlagen der Stadtteile Zell (Mosel), Zell-Merl, Zell-Kaimt und Zell-Barl.

9

Die Splittersiedlung „Siedlung Althaus" befindet sich im Außenbereich des Gebietes der Stadt Zell (Mosel) und ist durch die K 46 erschlossen. Bei der K 46 handelt es sich um eine nicht zum Anbau bestimmte Straße. Somit sind die Grundstücke der Siedlung Althaus zu den wiederkehrenden Ausbaubeiträgen nicht beitragspflichtig.

10

(2) Der beitragsfähige Aufwand wird für die eine Abrechnungseinheit bildenden Verkehrsanlagen nach dem Durchschnitt der im Zeitraum von 5 Jahren zu erwartenden Investitionsaufwendungen in der Abrechnungseinheit nach Abs. 1 ermittelt.“

11

Mit Bescheid vom 7. Januar 2014 setzte die Beklagte für die Jahre 2012 und 2013 einen wiederkehrenden Ausbaubeitrag in Höhe von insgesamt 370,56 Euro fest. Dem Beitrag liegt eine Grundstücksfläche von 942 qm zugrunde, die mit einem Vollgeschoßzuschlag von 30 % gewichtet und mit dem Beitragssatz von 0,1513 Euro/qm multipliziert wurde. Dem Betragssatz liegen geschätzte Gesamtkosten des Bauprogramms abzüglich des Gemeindeanteils von 1.389.010 Euro und eine beitragspflichtige Gesamtfläche von 1.835.715,4 qm zugrunde. Der errechnete jährliche Beitrag beträgt 185,28 Euro und wurde hier für die Jahre 2012 und 2013 zusammen erhoben. Der Bescheid wurde im Hinblick auf den beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Vorlagebeschluss der Kammer vom 1. August 2011 – 4 K 1392/10.KO – für vorläufig erklärt und wie folgt überschrieben:

12

„V o r l ä u f i g e r  B e i t r a g s b e s c h e i d

13

über die Erhebung eines endgültigen wiederkehrenden Beitrags für öffentliche Verkehrsanlagen für die Eigentümer der Grundstücke an den zum Anbau bestimmten Verkehrsanlagen des gesamten Stadtgebiets (gebildet aus der Stadt Zell (Mosel) und den Stadtteilen Zell-Barl, Zell-Kaimt und Zell-Merl - Abrechnungseinheit -) in der Stadt Zell (Mosel) für die Jahre 2012 und 2013“.

14

Mit Telefax seiner Prozessbevollmächtigten vom 15. Januar 2014 erhob der Kläger Widerspruch.

15

Mit Bescheid vom 12. März 2014 setzte die Beklagte für das vorgenannte Grundstück eine Vorausleistung für das Jahr 2014 von 185,28 Euro fest. Die Berechnungsgrundlagen waren identisch mit dem Bescheid vom 7. Januar 2014. Hiergegen erhob der Kläger mit Telefax seiner Prozessbevollmächtigten vom 26. März 2014 Widerspruch.

16

Der Kläger führte im Widerspruchsverfahren aus, der Stadtteil Barl sei als selbständige Abrechnungseinheit zu sehen. Die Grundstücke auf dem Barl müssten 34 v.H. der gesamten Kosten des Fünfjahresprogramms bezahlen. Eine solche Verfahrensweise sei nicht gerecht. Eine Abrechnungseinheit sei zwar vom Gesetzgeber als Regelfall vorgesehen worden; die Berücksichtigung besonderer örtlicher Gegebenheiten sei aber ausdrücklich möglich. Sie seien hier gegeben. Die F... Straße habe nicht in das Bauprogramm aufgenommen werden dürfen. Die ADD in Trier habe der Beklagten mitgeteilt, dass die F... Straße solange nicht als Fußgängerzone ausgebaut werden dürfe, bevor nicht die Umgehungsstraße (Moseltangente) tatsächlich gebaut worden sei. Auch sei ein Ratsmitglied an der Abstimmung beteiligt gewesen, dessen Grundstück von der Verschonungsregelung betroffen sei.

17

Der Kreisrechtsausschuss des Landkreises Cochem-Zell wies den Widerspruch mit am 16. Juni 2014 zugestelltem Widerspruchsbescheid vom 22. Mai 2014 - KRA - W 63, 87/2014 - zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, ein Fall einer begründungsbedürftigen Aufteilung und Abrechnungseinheiten sehe die Regelung des § 3 ABS in der jetzigen Fassung – im Gegensatz zur bisherigen Satzung – nicht vor. Nach § 10a KAG könnten die Gemeinden anstelle der Erhebung von einmaligen Beiträgen auch diese Investitionsaufwendungen bis zu fünf Jahre für Verkehrsanlagen nach Abzug des Gemeindeanteils als wiederkehrende Beiträge auf die beitragspflichtigen Grundstücke verteilen. Es spiele in diesem Zusammenhang wegen des einheitlichen Einrichtungsbegriffs keine Rolle, ob ein Grundstück an einer reinen Gemeindestraße oder an einer klassifizierten Straße liege, bei der die Gemeinde nur die Baulast für den Gehweg und die Beleuchtung besitze. Es sei gerade Sinn und Zweck des wiederkehrenden Beitrages, dass alle in der Abrechnungseinheit liegenden beitragspflichtigen Grundstücke für den Ausbau einzelner Verkehrsanlagen herangezogen werden, unabhängig davon, ob sie an der auszubauenden Straßen lägen oder nicht. Der Bescheid sei im Hinblick auf den Vorlagebeschluss des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 1. August 2011 - 4 K 1392/10.KO - für vorläufig erklärt worden nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 KAG i.V.m. § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO, so dass es in dem vorliegenden Widerspruchsverfahren nicht auf die verfassungsrechtlichen Fragen ankomme. Es bestünden auch unabhängig von der Prüfungskompetenz des Kreisrechtsausschusses keine Bedenken an der Rechtsmäßigkeit der Satzung. Der fehlerhaften Mitwirkung eines Ratsmitglieds an der früheren Satzung sei durch die Neufassung der Satzung ohne dessen Beteiligung Rechnung getragen worden. Ebenso sei der Gemeindeanteil zutreffend ermittelt worden. Soweit die Beklagte in das Bauprogramm 2012 – 2016 Straßen aufgenommen habe, die nicht nur in einem Stadtteil lägen, sei dies zwar nicht zwingend, aber von der kommunalpolitischen Ermessensentscheidung gedeckt. Entscheidend sei, dass jede dieser Straßen unter den Ausbautatbestand falle. Die Nichtaufnahme weiterer Straßen in das jetzige Bauprogramm habe auch im Hinblick auf die finanzielle Belastung der Beitragspflichtigen getroffen werden können. Komme somit die einschlägige Satzung der Stadt zur generellen Anwendung, bestünden eine grundsätzliche Beitragspflicht des veranlagten Grundstücks. Das Grundstück liege in der Abrechnungseinheit und eine Zugangs- bzw. Zufahrtsmöglichkeit zu einer Verkehrsanlage im Abrechnungsgebiet bestehe.

18

Mit Telefax seiner Prozessbevollmächtigten vom 26. Juni 2014 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben und verweist auf sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren und im vorangegangenen Klageverfahren 4 K 98/13.KO. Er weist auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Juni 2014 - 1 BvR 668/10 sowie 1 BvR 2104/10 - hin. Danach entfalle die auf § 10a KAG gestützte Rechtsgrundlage für die Entscheidung der Beklagten, nur eine einzige Abrechnungseinheit für die gesamte Stadt mit all ihren Stadtteilen rechts und links der Mosel sowie jenseits der B 53 auf den Höhen des Stadtteils Barl bilden zu können. In Großstädten oder Gemeinden ohne zusammenhängendes Gebiet, so wie in Zell (Mosel) mit all seinen Stadtteilen sei das eröffnete Satzungsermessen zur Bildung einer einheitlichen Verkehrsanlage im gesamten Gemeindegebiet insoweit von Verfassungs wegen auf Null reduziert, als nur so dem Gebot eines zurechenbaren Sondervorteils auch bei Berücksichtigung des Typisierungs- und Vereinfachungsspielraums des Satzungsgebers Rechnung getragen werden könne. Der Stadtteil Barl sei ein eigenständiges Industrie-, Gewerbe- und Wohngebiet, das mit dem gesamten Straßennetz unmittelbar nur an die B 53 anknüpfe. Der Stadtteil Kaimt wiederum habe ein in sich geschlossenes, örtlich gewachsenes Straßennetz, moselseits von der B 53. Er werde bergseits vom neuen Stadtteil Barl, der erst zu Beginn der 1970er Jahre begründet und stetig erweitert worden sei, durch die B 53 und talseits durch den Fluss von der Stadt Zell und dem Stadtteil Merl getrennt. Im Ergebnis seien drei getrennte Straßennetze nicht unmittelbar miteinander verbunden, so dass die Einrichtung von drei getrennten Abrechnungseinheiten zur Bildung gerechter Solidargemeinschaften angezeigt sei. Allein die Tatsache, dass der Fluss die Stadtteile rechts und links der Mosel trenne, widerlege die Auffassung der Beklagten.

19

Der Kläger beantragt schriftsätzlich,

20

die Bescheide der Verbandsgemeindeverwaltung Zell für die Stadt Zell/Mosel, vertreten durch den Bürgermeister, vom 7. Januar 2014 und vom 12. März 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landkreises Cochem-Zell vom 22. Mai 2014 zu Az.: KRA - W 65, 91/2014 aufzuheben.

21

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

22

die Klage abzuweisen.

23

Sie verweist auf den Widerspruchsbescheid und führt ergänzend aus, dass die Zusammenfassung der Stadtteil der Stadt Zell (Mosel) zu einer öffentlichen Einrichtung zulässige sei, da bei den Stadtteilen Kernstadt Zell und Merl aufgrund er herangerückten Bebauung keine klare topografisch Abgrenzung gegeben sei. Außerdem seien die Stadtteil Kernstadt Zell und Zell (Kaimt) zwar durch die Mosel topografisch getrennt, jedoch verbänden die bestehende Autobrücke und die davon ca. 1,2 km moselabwärts gelegene Fußgängerbrücke die beiden Stadtteile wieder miteinander.

24

Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 28. und 29. August 2014 auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

25

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze und Unterlagen der Beteiligten, die vorgelegten Verwaltungs- und Widerspruchsakten sowie die Gerichtsakten 4 K 590/14.KO, 4 K 591/14.KO, 4 K 592/14.KO, 4 K 602/14.KO, 4 K 603/14.KO und 4 K 98/13.KO nebst den dort vorgelegten Verwaltungs- und Widerspruchsakten verwiesen; sämtliche Unterlagen waren Gegenstand der Beratung.

Entscheidungsgründe

26

Die zulässige Klage, über die die Kammer im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte (§ 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO), hat in der Sache Erfolg.

27

Die Bescheide der Beklagten vom 7. Januar und 12. März 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landkreises Cochem-Zell vom 22. Mai 2014 – KRA – W 65, 91/2014 – sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO); sie sind daher aufzuheben. Den den Kläger belastenden Bescheiden fehlt es an einer notwendigen Ermächtigungsgrundlage, da § 3 der Satzung zur Erhebung von wiederkehrenden Beiträgen für den Ausbau von Verkehrsanlagen (Ausbaubeitragssatzung wiederkehrende Beiträge) für die Stadt Zell – ABS – vom 25. Februar 2014 hinsichtlich des darin festgelegten Einrichtungsgebietes und damit die Satzung insgesamt rechtswidrig und nichtig ist.

28

Der gerichtlichen Entscheidung unter Einbeziehung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in seinem Beschluss vom 25. Juni 2014 - 1 BvR 668/10 und 1 BvR 2104/10 – (WM 2014, 1693) und der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Satzung steht nicht entgegen, dass die Bescheide vom 7. Januar und 12. März 2014 – gestützt auf § 3 Abs. 1 Nr. 4 des Kommunalabgabengesetzes – KAG – i.V.m. § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 der AbgabenordnungAO – im Hinblick auf den Vorlagebeschluss der Kammer vom 1. August 2011 – 4 K 1392/10.KO – (DWW 2012, 218) vorläufig erlassen wurden. Der Vorlagebeschluss wurde zwischenzeitlich nicht aufgehoben, sondern ist weiterhin bei dem Bundesverfassungsgericht anhängig und hat sich durch dessen o.a. Beschluss nicht erledigt. Die nach Auffassung der Kammer zur Verfassungswidrigkeit der Vorschriften der §§ 10, 10a KAG führenden Gründe (vgl. den Vorlagebeschluss a.a.O., S. 17-42 des Beschlussabdrucks - BA) wurden in dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Juni 2014 im Wesentlichen nicht aufgegriffen und verfassungsrechtlich geklärt, obwohl dieser den Vorlagebeschluss ausdrücklich als Beleg für den nichtsteuerlichen Abgabencharakter der wiederkehrenden Beiträge heranzieht (vgl. Beschluss vom 25. Juni 2014, a.a.O., S. 17 BA). Daher sind weiterhin eine Vielzahl von Fallgestaltungen gegeben, in denen die von der Kammer aufgeführten Gründe Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide haben (können), selbst wenn die vom Bundesverfassungsgericht aufgeführten Kriterien für die Zurechenbarkeit eines Vorteils beachtet werden.

29

Auch in dem vorliegenden Klageverfahren wären mehrere der im Vorlagebeschluss der Kammer aufgeworfenen Gründe entscheidungsrelevant. So käme es etwa auf die Gesetzgebungskompetenz des Landes für die Einbeziehung von Bundesstraßen in das kommunale Anbaustraßennetz (S. 17 f. BA) an, da die B 53 auf einem kurzen Stück südlich des Kreisels östlich der Mosel sowie die dort in dem Kreisel beginnende B 421 Anliegergrundstücke erschließen. Ebenso bliebe der von der Kammer angenommene Verstoß gegen die Regelung des § 127 Abs. 1 BauGB (vgl. S. 18 f. BA) von Bedeutung. Denn der nach § 10a KAG zwangsläufige Umstand, dass eine Erschließungsstraße, die bereits technisch hergestellt und gewidmet ist, jedoch noch nicht abrechenbar ist (oder abgerechnet wurde), gleichzeitig mit der Widmung zum Anbaustraßennetz gehört und damit als Ausbaumaßnahme über den wiederkehrenden Beitrag abrechenbar wäre, hat die Möglichkeit einer Doppelfinanzierung und damit eines Verstoßes gegen die Einmaligkeit der Beitragserhebung zur Folge. Auch die von der Beklagten erfolgte Einbeziehung der Kosten der Maßnahmen an der in einem förmlich festgesetzten Sanierungsgebiet nach dem Baugesetzbuch gelegenen F... Straße stellt einen Sachverhalt dar, der nach der im Vorlagebeschluss dargelegten Auffassung gegen die Normenwahrheit und -klarheit (S. 22 f. BA) verstößt. Zudem gibt es auch für Maßnahmen in Sanierungsgebieten besondere Finanzierungsmittel und -zuschüsse sowie die Verpflichtung zur Heranziehung der bevorteilten Eigentümer zu Ausgleichsbeträgen (vgl. §§ 154 ff. BauGB), so dass auch hier die naheliegende Gefahr der Doppelfinanzierung besteht. Darüber hinaus bleibt auch die Frage offen, ob etwa selbständige Fuß- und Radwege sowie selbständige Parkflächen und Grünanlagen (vgl. § 2 ABS) Teil einer Abrechnungseinheit sein können, auch wenn letztere schon keine Straßen sind und erstere wegen des anderen Widmungsinhalts (wie auch bei Fußgängerzonen und nicht befahrbaren Wohnwegen) nicht mit befahrbaren Straßen als einheitliche Einrichtung betrachtet werden können (S. 22, 26 BA)

30

Die vorliegende Klage ist jedoch auch ohne eine entsprechende verfassungsgerichtliche Klärung der vorgenannten Fragen und damit ohne Rücksicht auf den Vorläufigkeitsvermerk entscheidungsreif, da der hier als Rechtsgrundlage für die erlassenen Bescheide dienende und rückwirkend zum 1. Januar 2012 in Kraft gesetzte § 3 ABS nicht auf den verfassungskonform ausgelegten § 10a KAG gestützt werden kann. Denn vor der Frage der Vereinbarkeit der §§ 10 und 10a KAG mit höherrangigem Recht ist zunächst zu klären, ob die hier anzuwendende Satzung selbst mit höherrangigem (Gesetzes- und Verfassungs-)Recht vereinbar ist. Insbesondere § 3 ABS erfüllt nicht die vom Bundesverfassungsgericht in dem Beschluss vom 25. Juni 2014 (a.a.O.) gestellten verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine Abgabenerhebung, da ein individuell-konkret zurechenbarer, grundstücksbezogener Vorteil der beitragspflichtigen Grundstücke vom Anschluss an die von der Beklagten gebildeten Beitragseinheit nicht ausreichend vorhanden ist.

31

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem o.a. Beschluss vom 25. Juni 2014 die Verbindung der Erhebung von Beiträgen mit dem Grundsatz der Belastungsgleichheit nach Art. 3 Abs. 1 GG herausgestellt und fordert, dass die Differenzierung zwischen Beitragspflichtigen und nicht Beitragspflichtigen nach Maßgabe des konkret-zurechenbaren Vorteils vorgenommen wird, dessen Nutzungsmöglichkeit mit dem Beitrag abgegolten werden soll. Es hat die angegriffenen Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz (Beschlüsse vom 26. Januar 2010 – 6 A 11036/09.OVG – und vom 14. Juni 2010 – 6 A 10082/10.OVG –) aufgehoben, da sie die Beschwerdeführerinnen in ihren Grundrechten aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzen, und die Sachen zur Klärung der Frage, ob die angegriffenen Beitragssatzungen in den beiden Verfassungsbeschwerdeverfahren den durch diese Entscheidung geklärten verfassungsrechtlichen Anforderungen gerecht werden, an das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz zurückverwiesen. Zu der erforderlichen verfassungskonformen Auslegung des § 10a KAG RP führt das Bundesverfassungsgericht in dem Beschluss vom 25. Juni 2014 (a.a.O., S. 19 ff. BA) aus:

32

„Die Heranziehung zu wiederkehrenden Beiträgen nach Maßgabe des § 10a KAG RP verstößt bei verfassungskonformer Auslegung nicht gegen das Grundrecht auf Gleichbehandlung des Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Gebot der Belastungsgleichheit.

33

3. Werden Beiträge erhoben, verlangt Art. 3 Abs. 1 GG, dass die Differenzierung zwischen Beitragspflichtigen und nicht Beitragspflichtigen nach Maßgabe des Vorteils vorgenommen wird, dessen Nutzungsmöglichkeit mit dem Beitrag abgegolten werden soll. Erfolgt die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen grundstücksbezogen, können nach dem Grundsatz der abgabenrechtlichen Belastungsgleichheit nur solche Grundstücke herangezogen werden, deren Eigentümer aus der Möglichkeit, die ausgebauten Straßen in Anspruch zu nehmen, einen Sondervorteil schöpfen können, der sich von dem der Allgemeinheit der Straßennutzer unterscheidet.

34

Die Erhebung von Beiträgen erfordert hiernach hinreichende sachliche Gründe, welche eine individuelle Zurechnung des mit dem Beitrag belasteten Vorteils (siehe oben B. I.) zum Kreis der Belasteten rechtfertigen. Wesentlich für den Begriff des Beitrags ist der Gedanke der angebotenen Gegenleistung, des Ausgleichs von Vorteilen und Lasten: Wenn das Gemeinwesen in Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe eine besondere Einrichtung zur Verfügung stellt, so sollen diejenigen, die daraus besonderen wirtschaftlichen Nutzen ziehen oder ziehen können, zu den Kosten ihrer Errichtung und Unterhaltung beitragen (vgl. BVerfGE 14, 312 <317>). Die für die Kostentragungspflicht erforderliche individuelle Zurechenbarkeit lässt sich insbesondere aus der rechtlichen oder tatsächlichen Sachherrschaft oder -nähe und der damit verbundenen Möglichkeit herleiten, aus der Sache konkrete wirtschaftliche Vorteile oder Nutzen zu ziehen (vgl. BVerfGE 91, 207 <223>). Das schließt allerdings nicht aus, dass eine unbestimmte Vielzahl von Bürgern zu Beiträgen herangezogen wird, sofern ihnen jeweils ein Sondervorteil individuell-konkret zugerechnet werden kann (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 13. Mai 2014 - VGH B 35/12 -, juris, Rn. 103).

35

Soweit die Beitragserhebung grundstücksbezogen erfolgt, muss auch der Sondervorteil grundstücksbezogen definiert werden (vgl. Driehaus, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 8 Rn. 272 ; Beuscher, ebd. Rn. 2314); er kann zum Beispiel in einer Erhöhung des Gebrauchswertes des Grundstücks durch die Belegenheit in einem verkehrsmäßig erschlossenen Gebiet oder in der Möglichkeit der Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung oder Anlage bestehen, welche ihrerseits den Gebrauchswert des Grundstücks steigert. Eine Steigerung des Verkehrswertes ist nicht erforderlich (vgl. Arndt, in: Henneke/ Pünder/Waldhoff, Recht der Kommunalfinanzen, 2006, § 16 Rn. 130; Driehaus, a.a.O.; Schneider, Driehaus-Festschrift, 2005, S. 179 <184>).

36

Weitergehende verpflichtende Anforderungen, wie zum Beispiel die Existenz eines „funktionalen Zusammenhangs“ zwischen Verkehrsanlagen und den mit einem Ausbaubeitrag belasteten Grundstücken sind verfassungsrechtlich nicht geboten. Allerdings darf sich aus Gründen der Belastungsgleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG) der Sondervorteil, dessen Inanspruchnahme durch die Erhebung eines Beitrags ausgeglichen werden soll, nicht in der Weise auflösen, dass Beitragspflichtige keinen größeren Vorteil aus der potentiellen Inanspruchnahme der Gegenleistung ziehen können als die nichtbeitragspflichtige Allgemeinheit. Damit bleibt Raum für eine Ausgestaltung der Beitragsverpflichtung durch den Gesetz- oder Satzungsgeber. Der danach eröffnete Spielraum ist erst dann überschritten, wenn kein konkreter Bezug zwischen dem gesetzlich definierten Vorteil und den Abgabepflichtigen mehr erkennbar ist (vgl. Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz, 1973, S. 88).

37

4. Nach diesen Maßgaben verstößt die Heranziehung zu wiederkehrenden Beiträgen nach § 10a KAG RP in verfassungskonformer Auslegung nicht gegen den Grundsatz der Belastungsgleichheit der Abgabepflichtigen. Der für die Beitragserhebung erforderliche Sondervorteil der Beitragspflichtigen liegt in der Möglichkeit des Zugangs von ihren Grundstücken zu den öffentlichen Verkehrsanlagen (a). Bei verfassungskonformer Auslegung von § 10a KAG RP und einer entsprechenden Umsetzung durch den jeweils zuständigen Satzungsgeber ist ein durch den Ausbau von Verkehrsanlagen bedingter Sondervorteil sämtlichen Abgabepflichtigen hinreichend individuell zurechenbar (b). Die Erhebung wiederkehrender Beiträge durch Satzung nach § 10a KAG RP führt bei verfassungskonformer Auslegung auch nicht zu einer Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem, weil sämtliche Grundstücke innerhalb einer einheitlichen öffentlichen Einrichtung abgabepflichtig wären, obwohl sie durch die Ausbaumaßnahmen wesentlich unterschiedlich begünstigt sind, sofern mit der Anlage ein Vorteil für das Grundstück, an das der Beitrag anknüpft, verbunden ist (c).

38

a) Der durch den Beitrag ausgeglichene Sondervorteil besteht nach dem Wortlaut des § 10a KAG RP und der Begründung des Gesetzentwurfs in der rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeit der Zufahrt oder des Zugangs zu einer öffentlichen Verkehrsanlage, die Teil einer einheitlichen öffentlichen Einrichtung ist. Dem steht die wiederkehrende Erhebung des Beitrags nicht entgegen (vgl. BVerfGE 42, 223 <228 f.>).

39

Der Gesetzgeber sieht den Sondervorteil in der Möglichkeit der Zufahrt oder des Zugangs zu einem Gesamtsystem der Verkehrsanlagen, das nach Maßgabe der Satzung grundsätzlich auch aus sämtlichen zum Ausbau bestimmten Verkehrsanlagen einer Gemeinde bestehen kann und damit eine einheitliche öffentliche Einrichtung bildet. Bereits nach der Vorgängerregelung des § 10 Abs. 6 KAG RP aus dem Jahre 1995 war die „rechtliche und tatsächliche Möglichkeit einer Zufahrt oder eines Zugangs zu einer in der Abrechnungseinheit gelegenen Verkehrsanlage“ der gesetzliche Anknüpfungspunkt für den Sondervorteil. Mit der Neuregelung wurde der Begriff der „Abrechnungseinheit“ durch den der „einheitlichen öffentlichen Einrichtung“ ersetzt. Während nach Auffassung des Landesgesetzgebers beim einmaligen Beitrag nach § 10 Abs. 5 KAG RP der Sondervorteil in der rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeit einer Zufahrt oder eines Zugangs „zu der hergestellten oder ausgebauten Verkehrsanlage“ besteht, soll beim (wiederkehrenden) Beitrag nach § 10a KAG RP die Möglichkeit der Zufahrt oder des Zugangs zu „einer der Verkehrsanlagen“ - also nicht nur zu einer bestimmten, gerade hergestellten oder ausgebauten Verkehrsanlage - genügen. Die einheitliche öffentliche Einrichtung bilde in ihrer Gesamtheit das einheitliche Straßensystem, welches den durch die einzelnen Verkehrsanlagen „erschlossenen“, qualifiziert nutzbaren Grundstücken die erforderliche Anbindung an das gesamte übrige innerörtliche und damit zugleich auch überörtliche Straßennetz ermögliche. In der Erhaltung, Verbesserung oder Erweiterung dieses Straßensystems seitens der Gemeinde durch entsprechende Ausbaumaßnahmen an den einzelnen Verkehrsanlagen liege der verfassungsrechtlich erforderliche, aber auch ausreichende Sondervorteil, der durch den wiederkehrenden Beitrag abgegolten werde (LTDrucks 15/318, S. 7 f.).

40

Der beitragspflichtige Vorteil liegt danach in der Möglichkeit der besseren Erreichbarkeit der beitragspflichtigen Grundstücke und der besseren Nutzbarkeit des Gesamtverkehrssystems sowie dessen Aufrechterhaltung und Verbesserung als solchem; er ist geeignet, den Gebrauchswert der Grundstücke positiv zu beeinflussen. Damit bewegt sich der Landesgesetzgeber innerhalb der durch den Gleichheitssatz gezogenen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit, indem er den Vorteil des einzelnen Grundstücks mit Rücksicht auf die straßenausbaubedingte Steigerung und den Erhalt der Funktionsfähigkeit des Gesamtverkehrssystems einer vom Satzungsgeber festzulegenden Einheit bestimmt. Mit dem Ausbaubeitrag wird folglich nicht die schlichte - auch der Allgemeinheit zustehende - Straßenbenutzungsmöglichkeit entgolten, sondern die einem Grundstück mit Baulandqualität zugutekommende Erhaltung der wegemäßigen Erschließung als Anbindung an das inner- und überörtliche Verkehrsnetz. Durch den Straßenausbau wird die Zugänglichkeit des Grundstücks gesichert und damit der Fortbestand der qualifizierten Nutzbarkeit (so auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20. November 2007 - 6 C 10601/07.OVG -, AS RP-SL 35, S. 209 <217>; Beschluss vom 24. Februar 2012 - 6 A 11492/11.OVG -, AS RP-SL 41, S. 69 <70 f.>; Beschluss vom 21. August 2012 - 6 C 10085/12.OVG -, AS RP-SL 41, S. 218 <221 f.>). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass zur wegemäßigen Erschließung eines bestimmten Grundstücks allein die Straße, an der es gelegen ist, regelmäßig nicht ausreicht. Vielmehr wird der Anschluss an das übrige Straßennetz meist erst über mehrere Verkehrsanlagen vermittelt (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20. November 2007 - 6 C 10601/07.OVG -, AS RP-SL 35, S. 209 <214>; Urteil vom 25. August 2010 - 6 A 10505/10.OVG -, AS RP-SL 39, S. 331 <335>; Urteil vom 15. März 2011 - 6 C 11187/10.OVG -, AS RP-SL 40, S. 4 <12>; Beschluss vom 24. Februar 2012 - 6 A 11492/11.OVG -, AS RP-SL 41, S. 69 <71>). Zwischen welchen Verkehrsanlagen eine ausreichend enge „Vermittlungsbeziehung“ hinsichtlich des Anschlusses an das übrige Straßennetz besteht, ist dagegen keine Frage des Vorliegens eines Vorteils, sondern dessen individueller Zurechenbarkeit zu einem einzelnen Grundstück.

41

b) Der Vorteil ist bei Ausschöpfung der Möglichkeit zur Bildung einheitlicher öffentlicher Einrichtungen in abgrenzbaren Gebietsteilen der Gemeinden gemäß § 10a KAG RP individuell hinreichend zurechenbar.

42

§ 10a KAG RP eröffnet dem Satzungsgeber die Möglichkeit, einheitliche öffentliche Einrichtungen zu bilden, die nicht notwendig das gesamte Gemeindegebiet umfassen, sondern auch nur einzelne, abgrenzbare Gebietsteile. Dabei kann in der Satzung geregelt werden, dass sämtliche zum Anbau bestimmten Verkehrsanlagen des gesamten Gebiets oder einzelner voneinander abgrenzbarer Gebietsteile der Gemeinde eine oder mehrere einheitliche öffentliche Einrichtungen bilden, für deren Ausbau vorteilsbezogene Beiträge von Grundstücken erhoben werden können, welche die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit einer Zufahrt oder eines Zugangs zu diesen Verkehrsanlagen haben. Die Gemeinde hat dabei gemäß § 10a Abs. 1 Satz 3 KAG RP die örtlichen Gegebenheiten zu beachten. Wie aus der Pflicht zur weitergehenden Begründung für die Bestimmung von Verkehrsanlagen einzelner, voneinander abgrenzbarer Gebietsteile als einheitliche öffentliche Einrichtung gemäß § 10a Abs. 1 Satz 4 KAG RP sowie aus der Gesetzesbegründung (LTDrucks 15/318, S. 7) hervorgeht, sah der Gesetzgeber die Ausübung des Satzungsermessens dahingehend, dass sämtliche zum Anbau bestimmte Verkehrsanlagen einer Gemeinde eine einheitliche öffentliche Einrichtung bilden, als Regelfall an, was auch vor dem Hintergrund zu sehen ist, dass es in Rheinland-Pfalz besonders viele kleinere Gemeinden gibt (vgl. Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz, Statistisches Jahrbuch 2012, S. 34).“

43

§ 3 ABS verstößt gegen die vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten verfassungsrechtlichen Anforderungen, indem das gesamte im baurechtlichen Innenbereich gelegene Gebiet der Beklagten trotz erheblicher räumlicher Trennung in die einheitliche Einrichtung einbezogen wird. Nach Auffassung des Gerichts bedarf es im Gebiet der Beklagten der Aufteilung auf mehr als eine Einheit, um eine taugliche satzungsrechtliche Grundlage für die Erhebung von wiederkehrenden Beiträgen zu schaffen. Das Bundesverfassungsgericht führt zu den Anforderungen zur Annahme eines konkret-individuellen Vorteils für das beitragsbelastete Grundstück bei der Bildung einer einheitlichen Abrechnungseinheit in seinem Beschluss vom 25. Juni 2014 (a.a.O, S. 24 f. BA) aus:

44

„c) Die Bildung einer einzigen Abrechnungseinheit im gesamten Gemeindegebiet durch Satzung ist dann gerechtfertigt, wenn mit den Verkehrsanlagen ein Vorteil für das beitragsbelastete Grundstück verbunden ist. Besteht ein solcher Vorteil wie in Großstädten oder Gemeinden ohne zusammenhängendes Gebiet nicht, läge in der Heranziehung aller Grundstücke zur Beitragspflicht eine Gleichbehandlung wesentlich ungleicher Sachverhalte.

45

aa) Der Wortlaut des § 10a KAG RP steht einer solchen verfassungskonformen Auslegung nicht entgegen, da § 10a Abs. 1 Satz 4 KAG RP dem Satzungsgeber ausdrücklich vorschreibt, die örtlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen. In Großstädten oder Gemeinden ohne zusammenhängendes Gebiet ist das eröffnete Satzungsermessen zur Bildung einer einzigen Verkehrsanlage im gesamten Gemeindegebiet insoweit von Verfassungs wegen auf Null reduziert, als nur so dem Gebot eines zurechenbaren Sondervorteils auch bei Berücksichtigung des Typisierungs- und Vereinfachungsspielraums des Satzungsgebers Rechnung getragen werden kann. In dieser Auslegung ist § 10a KAG RP mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine Beitragserhebung (siehe oben B. I. 2.) in Einklang zu bringen.

46

bb) Bei der Ausübung seines Gestaltungsermessens muss der Satzungsgeber die verfassungsrechtlichen Grenzen einer Bestimmung der Verkehrsanlagen des gesamten Gemeindegebiets als einheitliche öffentliche Einrichtung in den Blick nehmen. Ein Beitrag für den Ausbau einer Straße als Teil einer öffentlichen Verkehrsanlage kommt nur für diejenigen Grundstücke in Betracht, die von der Verkehrsanlage einen jedenfalls potentiellen Gebrauchsvorteil haben, bei denen sich also der Vorteil der Möglichkeit der Nutzung der ausgebauten Straßen als Lagevorteil auf den Gebrauchswert des Grundstücks auswirkt. Nur in diesem Fall erscheint es nach dem Maßstab des Gleichheitssatzes gerechtfertigt, gerade den oder die Eigentümer dieses Grundstücks zu einem Beitrag für die Nutzung der ausgebauten Straße heranzuziehen.

47

Ob die herangezogenen Grundstücke einen konkret zurechenbaren Vorteil von dem Ausbau und der Erhaltung einer Verkehrsanlage haben, hängt dabei nicht von der politischen Zuordnung eines Gebiets, sondern vor allem von den tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten ab, etwa der Größe, der Existenz eines zusammenhängenden bebauten Gebiets, der Topographie wie der Lage von Bahnanlagen, Flüssen und größeren Straßen oder der typischen tatsächlichen Straßennutzung. Dabei dürfte in Großstädten die Aufteilung der Verkehrsanlagen in mehrere abgrenzbare Gebietsteile regelmäßig erforderlich und unbeschadet des ansonsten bestehenden Satzungsermessens die Annahme einer einheitlichen öffentlichen Einrichtung ausgeschlossen sein; in kleinen Gemeinden - insbesondere solchen, die aus nur einem kleinen, zusammenhängend bebauten Ort bestehen - werden sich einheitliche öffentliche Einrichtung und Gemeindegebiet dagegen häufig decken. Ein „funktionaler Zusammenhang“, wie er früher vom Landesgesetzgeber und den Verwaltungsgerichten gefordert wurde, ist für die Bildung einer Abrechnungseinheit von Verkehrsanlagen durch den Gleichheitssatz jedoch nicht vorgegeben (vgl. z.B. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 8. Oktober 1993 - 10 C 10237/93.OVG -, AS RP-SL 24, S. 261 <265>; Urteil vom 18. März 2003 - 6 C 10580/02.OVG -, NVwZ-RR 2003, S. 591 <593>). Aus verfassungsrechtlicher Sicht kommt es allein darauf an, dass eine hinreichende individuelle Zurechnung von Vorteil und Beitragspflicht hergestellt werden kann.

48

cc) Die Gemeinden werden zudem bei der Bildung der Abrechnungseinheiten zu berücksichtigen haben, ob dabei Gebiete mit strukturell gravierend unterschiedlichem Straßenausbauaufwand zusammengeschlossen werden, falls dies zu einer auch bei großzügiger Pauschalierungsbefugnis mit Rücksicht auf das Gebot der Belastungsgleichheit nicht mehr zu rechtfertigenden Umverteilung von Ausbaulasten führen würde.“

49

Die in dem von § 3 ABS geschaffenen Abrechnungsgebiet vorhandenen tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten gebieten die Aufteilung in mehrere abgegrenzte Gebietsteile. So trennt die Mosel mit ihrer Breite von über 135 m (ohne Uferbereich, Abstand der Moseluferstraßen „Mosel-Hamm-Ufer“ und „Moselpromenade“ mehr als 160 m, vgl. wie auch zu den folgenden Entfernungs- und Höhenangaben: www.geoportal.rlp.de) die links der Mosel gelegenen Stadtteile Kaimt und Barl von den rechts der Mosel gelegenen Stadteilen Merl und Zell. Eine vorteilsbegründende Verbindung dieser Bereiche kann auch nicht über die im Süden von Kaimt und der Kernstadt Zell gelegene Straßenbrücke der B 53 und die ca. 1.200 m nördlich davon gelegene Fußgängerbrücke über die Mosel angenommen werden. Hinsichtlich der Brücke der B 53 folgt dies bereits daraus, dass es sich bei der B 53 als Bundesfernstraße schon um eine „größere Straße“ im Sinne der zitierten Rechtsprechung handelt. Sie ist in dem Bereich Kaimt und Brücke auch als Umgehungsstraße mit erheblicher Breite konzipiert und gebaut. Auch im Bereich rechts der Mosel ist sie durch den Fahrradweg bzw. die Parkflächen und Seitenstreifen mit einer erheblichen Breite angelegt. Zudem hat die B 53 auf der linken Moselseite, auf der sie außerhalb der Ortslage Kaimt zwischen dieser, den Weinbergen und dem Ortsteil Barl in Richtung Norden verläuft, keinerlei Anbaubestimmung. Auch auf der rechten Moselseite, auf der sie nach der in West-Ost-Richtung verlaufenden Brücke nach dem Kreisel weiter nach Süden führt, erschließt sie auf einer Länge von 120 m nur einseitig und unmittelbar nur wenige (vier) Gewerbegrundstücke, nicht aber die Ortslage der Kernstadt Zell. Bei generalisierender Betrachtungsweise hat die B 53 im gesamten Stadtbereich keine Anbaubestimmung. Eine Straßenbrücke über einen in diesem Bereich ca. 150 m breiten Fluss, die sich als die Verbindung zweier nach generalisierender Betrachtung nicht zum Anbau bestimmter Straßen (-teilstücke) darstellt, kann selbst auch keine Verbindung zu dem individuell-konkreten, grundstücksbezogenen Vorteil darstellen.

50

Schon danach ist § 3 ABS rechtswidrig und nichtig und kann damit keine taugliche Ermächtigungsgrundlage für die angefochtenen Beitragsbescheide bilden.

51

Darüber hinaus liegt auch zwischen den links der Mosel gelegenen Stadtteilen Kaimt und Barl keine im Sinne der o.a. Rechtsprechung ausreichende Verbindung vor, die die Annahme eines individuell-konkreten Vorteils rechtfertigen könnte. Der Stadtteil Barl liegt mehr als 150 Höhenmeter oberhalb der Mosel und der Ortslage von Kaimt und ist von dieser nur über die B 53 und die K 56 erreichbar. Trennend dazwischen liegen die dem Außenbereich zuzuordnenden Weinberge, die selbst in Luftlinie gemessen eine Breite von mehr als 400 m zwischen den bebauten Ortslagen von Kaimt und Barl haben, in der sich (nahezu) keinerlei Bebauung befindet. Die B 53 hat, wie dargelegt, auf dieser (linken) Moselseite innerhalb der Stadt Zell keinerlei Anbaubestimmung. Die K 56 beginnt an der B 53, hat ebenfalls keine Anbaubestimmung, ist gesäumt von Weinbergen, überwindet einen Höhenunterschied von über 140 m und führt sodann zur Ortslage Barl und geht dort in Gemeindestraßen über. Damit ist eine für die Beitragserhebung notwendige zurechenbare Verbindung der hier betroffenen Grundstücke in Barl mit den Straßen in Kaimt nicht vorhanden.

52

Ob innerhalb des Stadtgebiets von Zell weitere Einheiten zu bilden wären, wenn die Beklagte auch zukünftig an der Erhebung von wiederkehrenden Beiträgen festhalten wollte, ist hier nicht zu entscheiden, zudem fehlen nähere Informationen über die weiteren nach der o.a. Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bedeutsamen Aspekte (vgl. Beschluss vom 25. Juni 2014, a.a.O., S. 25 BA). Daher bedarf es hier auch nicht der Klärung, ob etwa die durch die Ortslage verlaufende B 421 als Bundesfernstraße, selbst wenn sie dort Anbaubestimmung hat, generell trennend wirkt und als Bundesstraße überhaupt Teil der Abrechnungseinheit sein kann (vgl. Vorlagebeschluss der Kammer vom 1. August 2011 – 4 K 1392/10.KO – S. 18 f. d. BA). Ebenso wenig bedarf es der Ermittlung, ob die Beklagte hier Gebiete mit strukturell gravierend unterschiedlichem Straßenausbauaufwand zu einer Einheit zusammengeschlossen hat.

53

Die Kammer hat die Rechtswidrigkeit und damit Nichtigkeit der Satzung zwingend und von Amts wegen zu berücksichtigen (vgl. den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Juni 2014, a.a.O., S. 26 BA; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 29. September 2004 – 10 C 3.04 – DVBl. 2005, 255), zudem ist diese in dem vorliegenden Verfahren auch ausdrücklich gerügt worden. Da eine Abgabenerhebung nach § 2 Abs. 1 KAG eine wirksame Satzung voraussetzt, sind die hier angefochtenen Bescheide vom 7. Januar und 12. März 2014 mangels einer solchen aufzuheben. Die weiteren Einwendungen des Klägers können danach dahingestellt bleiben.

54

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 und § 711 ZPO.

55

Die Berufung war gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 124a Abs. 1 S. 1 VwGO zuzulassen, da die Rechtssache nach Auffassung der Kammer grundsätzliche Bedeutung hat.

56

Beschluss

57

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 555,84 Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 3, § 63 Abs. 2 GKG).

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Der Lauf einer Frist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung oder, wenn diese nicht vorgeschrieben ist, mit der Eröffnung oder Verkündung.

(2) Für die Fristen gelten die Vorschriften der §§ 222, 224 Abs. 2 und 3, §§ 225 und 226 der Zivilprozeßordnung.

(1) Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.

(3) Bei der Berechnung einer Frist, die nach Stunden bestimmt ist, werden Sonntage, allgemeine Feiertage und Sonnabende nicht mitgerechnet.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Soweit ungewiss ist, ob die Voraussetzungen für die Entstehung einer Steuer eingetreten sind, kann sie vorläufig festgesetzt werden. Diese Regelung ist auch anzuwenden, wenn

1.
ungewiss ist, ob und wann Verträge mit anderen Staaten über die Besteuerung (§ 2), die sich zugunsten des Steuerpflichtigen auswirken, für die Steuerfestsetzung wirksam werden,
2.
das Bundesverfassungsgericht die Unvereinbarkeit eines Steuergesetzes mit dem Grundgesetz festgestellt hat und der Gesetzgeber zu einer Neuregelung verpflichtet ist,
2a.
sich auf Grund einer Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union ein Bedarf für eine gesetzliche Neuregelung ergeben kann,
3.
die Vereinbarkeit eines Steuergesetzes mit höherrangigem Recht Gegenstand eines Verfahrens bei dem Gerichtshof der Europäischen Union, dem Bundesverfassungsgericht oder einem obersten Bundesgericht ist oder
4.
die Auslegung eines Steuergesetzes Gegenstand eines Verfahrens bei dem Bundesfinanzhof ist.
Umfang und Grund der Vorläufigkeit sind anzugeben. Unter den Voraussetzungen der Sätze 1 oder 2 kann die Steuerfestsetzung auch gegen oder ohne Sicherheitsleistung ausgesetzt werden.

(2) Soweit die Finanzbehörde eine Steuer vorläufig festgesetzt hat, kann sie die Festsetzung aufheben oder ändern. Wenn die Ungewissheit beseitigt ist, ist eine vorläufige Steuerfestsetzung aufzuheben, zu ändern oder für endgültig zu erklären; eine ausgesetzte Steuerfestsetzung ist nachzuholen. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 4 endet die Ungewissheit, sobald feststeht, dass die Grundsätze der Entscheidung des Bundesfinanzhofs über den entschiedenen Einzelfall hinaus allgemein anzuwenden sind. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 muss eine vorläufige Steuerfestsetzung nach Satz 2 nur auf Antrag des Steuerpflichtigen für endgültig erklärt werden, wenn sie nicht aufzuheben oder zu ändern ist.

(3) Die vorläufige Steuerfestsetzung kann mit einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung verbunden werden.

(1) Die Gemeinden erheben zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für Erschließungsanlagen einen Erschließungsbeitrag nach Maßgabe der folgenden Vorschriften.

(2) Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind

1.
die öffentlichen zum Anbau bestimmten Straßen, Wege und Plätze;
2.
die öffentlichen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen mit Kraftfahrzeugen nicht befahrbaren Verkehrsanlagen innerhalb der Baugebiete (z. B. Fußwege, Wohnwege);
3.
Sammelstraßen innerhalb der Baugebiete; Sammelstraßen sind öffentliche Straßen, Wege und Plätze, die selbst nicht zum Anbau bestimmt, aber zur Erschließung der Baugebiete notwendig sind;
4.
Parkflächen und Grünanlagen mit Ausnahme von Kinderspielplätzen, soweit sie Bestandteil der in den Nummern 1 bis 3 genannten Verkehrsanlagen oder nach städtebaulichen Grundsätzen innerhalb der Baugebiete zu deren Erschließung notwendig sind;
5.
Anlagen zum Schutz von Baugebieten gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, auch wenn sie nicht Bestandteil der Erschließungsanlagen sind.

(3) Der Erschließungsbeitrag kann für den Grunderwerb, die Freilegung und für Teile der Erschließungsanlagen selbständig erhoben werden (Kostenspaltung).

(4) Das Recht, Abgaben für Anlagen zu erheben, die nicht Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind, bleibt unberührt. Dies gilt insbesondere für Anlagen zur Ableitung von Abwasser sowie zur Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.