Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 30. Juni 2016 - 9 K 5293/15

bei uns veröffentlicht am30.06.2016

Tenor

1. Ziffer 2 und 3 des Bescheids des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 03.09.2015 und, soweit er diese Ziffern betrifft, der Widerspruchsbescheid vom 02.11.2015 werden aufgehoben.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligten je zur Hälfte.

4. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen die Rückforderung einer Beihilfe zu seinen Aufwendungen für belegärztliche Leistungen während eines Privatklinikaufenthalts seiner Ehefrau.
Der zwischenzeitlich pensionierte Kläger stand als Beamter im Dienst des beklagten Landes und ist gegenüber diesem hinsichtlich seiner Aufwendungen für seine Ehefrau mit einem Bemessungssatz von 70 Prozent beihilfeberechtigt. Mit Bescheid vom 01.02.2012 erkannte das Landesamt für Besoldung und Versorgung (im Folgenden: Landesamt) die Kosten einer 29-tägigen stationären Behandlung seiner Ehefrau in der ... dem Grunde nach als beihilfefähig an. Mit Anträgen vom 20.04.2012 und vom 17.05.2012 machte der Kläger unter anderem die Gewährung von Beihilfe zu seinen Auslagen für Leistungen an seine Ehefrau in der ... in Höhe von 3.054,93 EUR (Belegarzt-Rechnung Psychotherapie vom 10.04.2012) beziehungsweise 1.854,63 EUR (Belegarzt-Rechnung vom 02.05.2012) geltend. Mit Bescheiden vom 16.05.2012 und vom 14.06.2012 gewährte das Landesamt - unter Berücksichtigung des Bemessungssatzes - antragsgemäß die begehrte Beihilfe in Höhe von insgesamt 3.436,69 EUR.
Nach erfolgter Anhörung hob das Landesamt mit Bescheid vom 03.09.2015 die Bescheide vom 16.05.2012 und vom 14.06.2012 insoweit auf, als mit diesen Beihilfe zur Rechnung vom 10.04.2012 in Höhe von 3.054,93 EUR beziehungsweise zur Rechnung vom 02.05.2012 in Höhe von 1.854,63 EUR gewährt wurde (Ziffer 1). Darüber hinaus forderte es die ohne Rechtsgrund gezahlte Beihilfe in Höhe von insgesamt 3.436,69 EUR zurück (Ziffer 2). Weiter ordnete es an, dass der zu erstattende Betrag in Höhe von 2.138,45 EUR ab dem 17.05.2012 und der zu erstattende Betrag in Höhe von 1.298,24 EUR ab dem 15.06.2012 mit fünf Prozent über dem jeweils geltenden Basiszinssatz jährlich zu verzinsen sei (Ziffer 3). Zur Begründung führte das Landesamt aus, dass mit Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 09.02.2015 der Leiter der ... Dr. ... und dessen Ehefrau wegen gemeinschaftlichen gewerbsmäßigen Betrugs verurteilt worden seien. Im Zusammenhang mit diesem Verfahren habe es Kenntnis davon erlangt, dass die ... GmbH im Auftrag der Ärzte der ... erbrachte Leistungen wissentlich falsch abgerechnet habe, um bestimmte Aufwendungen für die Patienten erstattungsfähig zu machen. So sei beispielsweise für die nicht beihilfefähige und auch nicht in der Gebührenordnung für Ärzte (im Folgenden: GOÄ) aufgeführte Behandlung „Klangschale“ eine erstattungsfähige GOÄ-Ziffernkette (3306, 505, 506, 514, 558, 800, 831, 846) in Rechnung gestellt worden, um eine Erstattung durch Krankenversicherungen und Beihilfestellen zu gewährleisten. Seine Ehegattin habe Leistungen in Anspruch genommen, die nicht beihilfefähig und auch nicht als solche abgerechnet worden seien. Es habe sich dabei um Sonnen-Trance in der Gruppe, Körper-Seele-Integration, Sandliege, Biografie Arbeit, Dauerbrause, Trampolin in der Gruppe, Tanz in der Gruppe und Dorn-Teil-Dürbeck gehandelt. Für diese Leistungen seien GOÄ-Ziffernketten anstelle der tatsächlich erbrachten Leistungen in Rechnung gestellt worden. Somit seien Leistungen abgerechnet worden, die gar nicht erbracht worden seien. Darüber hinaus seien in der Rechnung vom 02.05.2012 ärztliche Visiten aufgeführt worden, die ebenfalls tatsächlich nie erbracht worden seien. Durch dieses Vorgehen seien höhere Rechnungsbeträge erzielt und zusätzlich die Erkennbarkeit der GOÄ-Ziffernketten weiter verschleiert worden. Dem habe auch gedient, dass sich die Abrechnung der Ziffernketten nicht ausschließlich auf den Tag der Leistung oder eine Rechnung beschränkt habe. Die vorgelegten Rechnungen spiegelten daher keinesfalls in zutreffender Weise die erbrachten ärztlichen Leistungen wider. Sie seien somit aufgrund der betrügerischen Abrechnungspraxis der ... GmbH in ihrer Gesamtheit unzutreffend beziehungsweise unrechtmäßig. Die Beihilfebescheide vom 16.05.2012 und vom 14.06.2012 seien daher rechtswidrig. Zwar dürfe ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige Geldleistung enthalte oder hierfür Voraussetzung sei, nach § 48 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsakts vertraut habe und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig sei. Auf Vertrauen könne sich der Begünstigte jedoch nach § 48 Abs. 2 Satz 3 LVwVfG nicht berufen, wenn er den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt habe, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gewesen seien (Nr. 2) oder er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts gekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt habe (Nr. 3). Bei Vergleich des für seine Ehefrau individuell erstellten Therapieplans mit den entsprechenden Arztrechnungen hätte man erkennen müssen, dass die durchgeführten Behandlungen laut Therapieplan nicht den abgerechneten Leistungen entsprächen und somit die Rechnungen nicht korrekt erstellt worden seien. In Kenntnis dessen habe der Kläger dennoch die Rechnungen vom 10.04.2012 und vom 02.05.2012 zur Erstattung eingereicht und damit Beihilfeleistungen durch Angaben erwirkt, die in wesentlicher Beziehung unrichtig gewesen seien. Somit habe er auch um die Rechtswidrigkeit der Bescheide gewusst; sein Vertrauen auf die Bestandskraft sei daher nicht geschützt. Das von § 48 LVwVfG eröffnete Ermessen werde unter Berücksichtigung aller Umstände dahin ausgeübt, die betreffenden Bescheide zurückzunehmen. Die Rückforderung der insoweit rechtsgrundlos gewährten Leistungen richte sich nach § 49a LVwVfG. Auf Entreicherung könne sich der Kläger nach § 49a Abs. 2 LVwVfG nicht berufen, da er die Umstände gekannt habe, die zur Rücknahme des Bescheids geführt hätten. Nach § 49a Abs. 3 LVwVfG sei der zu erstattende Betrag mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.
Zur Begründung seines hiergegen eingelegten Widerspruchs machte der Kläger geltend, er sei - ebenso wie seine Ehefrau - davon ausgegangen, dass die abgerechneten Leistungen tatsächlich erbracht worden seien. Das Landesamt behaupte zwar, dass die von ihm eingereichten Rechnungen in ihrer Gesamtheit unzutreffend beziehungsweise unrechtmäßig seien, habe jedoch nicht ansatzweise dargelegt, dass die in den vorgelegten Rechnungen aufgeführten Behandlungen nicht durchgeführt worden seien. Ein von seiner Ehefrau abgezeichneter Therapieplan sei vom Landesamt nicht angefordert worden, weshalb gar nicht ersichtlich sei, welche abgerechneten Therapien angeblich nicht erbracht worden seien. Auch die Kriminalpolizei habe „nur“ einen Beihilfeschaden in Höhe von 1.078,-- EUR errechnet. Allenfalls in dieser Höhe könnten die Beihilfebescheide daher als rechtswidrig angesehen werden. Die Klinik habe keineswegs nur Leistungen erbracht, die nicht beihilfefähig seien. Davon gehe offensichtlich auch die Kriminalpolizei nicht aus. Insoweit seien daher die Rechnungen zutreffend und die beiden Beihilfebescheide rechtmäßig. Selbst wenn man zu seinen Lasten unterstellte, dass die Beihilfebescheide (teilweise) rechtswidrig seien, so wäre der Rücknahmebescheid gleichwohl rechtswidrig, weil er nicht erkannt habe, dass seine Angaben gegenüber dem Landesamt unrichtig gewesen seien. Der Therapieplan seiner Ehefrau sei ihm nicht bekannt gewesen; er liege im Übrigen auch weiterhin nicht vor. Er sei zu keinem Zeitpunkt darauf hingewiesen worden, dass er seine Rechnung erst einreichen dürfe, nachdem er den Therapieplan mit den Rechnungen abgeglichen habe. Er sei medizinischer Laie und könne daher ohnehin nicht erkennen, ob die abgerechneten Leistungen mit dem Therapieplan übereinstimmten oder nicht. Dazu sei das Landesamt offensichtlich auch nicht in der Lage, da es einen derartigen Abgleich auch nicht vorgenommen habe. Er habe die Rechnungen von seiner Ehefrau erhalten und beim Landesamt eingereicht. Er habe keinen Anlass gehabt, daran zu zweifeln, dass die abgerechneten Leistungen auch tatsächlich erbracht worden seien und seine Ehefrau ebenfalls nicht. Er habe daher weder vorsätzlich noch grob fahrlässig die Rechtswidrigkeit der Bescheide erkannt beziehungsweise erkennen können. Damit sei sein Vertrauen weiterhin schutzwürdig.
Mit Widerspruchsbescheid vom 02.11.2015 wies das Landesamt den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte es aus, in den zur Beihilfe eingereichten Rechnungen seien pro abzurechnende Behandlung andere, erstattungsfähige GOÄ-Ziffern angesetzt worden. Von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossene Behandlungen seien so in der Rechnung als erstattungsfähig dargestellt worden. Die Schadensberechnung berücksichtige nicht alle falsch in Rechnung gestellten Leistungen. Die Schadensermittlung sei aufgrund der Komplexität des Vorgangs auf einige wenige Abrechnungsketten beschränkt worden, wie den Ermittlungsakten zu entnehmen sei. So seien beispielsweise Therapien, die in den Jahren 2009 bis 2012 weniger als 75 mal zur Anwendung gekommen seien, nicht berücksichtigt worden. In der Schadensermittlung für seine Ehegattin fehlten zum Beispiel die in Rechnung gestellten Visiten, die GOÄ-Ziffernketten für Sonnen-Trance in der Gruppe (862), für Atem-Entspannung in der Gruppe (862), für Persönl./Beziehung in der Gruppe (862, 846, 849), für Trampolin in der Gruppe (506, 558, 846) und für Tanz-Gruppe (2x 871). Auch einem Laien ohne Kenntnisse der GOÄ sei zuzumuten, Rechnungen dahingehend zu überprüfen, ob die aufgeführten Einzelleistungen und Therapien erbracht worden seien oder nicht. Unstimmigkeiten hierbei könne ausschließlich der Patient feststellen und nur dieser dürfe gegebenenfalls beim Rechnungssteller Nachfragen stellen. Dies sei der Beihilfestelle nicht möglich, weil sie nicht in Rechtsbeziehungen zum Rechnungssteller stehe. Sie habe daher auf die Richtigkeit der Angaben des Antragstellers zu vertrauen, welche in der Regel durch die Unterschrift auf dem Antragsformular bestätigt würden. Dies umfasse auch die Richtigkeit der geltend gemachten Aufwendungen/Rechnungen insoweit, als die geltend gemachten Leistungen tatsächlich erfolgt und damit entstanden sein müssten. Ebenfalls sollte auch ein medizinischer Laie in der Lage sein zu prüfen, ob beispielsweise Visiten, Infusionen oder Akupunkturen tatsächlich stattgefunden hätten. Auch die Überprüfung der Anzahl der in Rechnung gestellten tiefenpsychologischen Therapien oder verhaltenstherapeutischen Behandlungen erfordere keine besonderen Kenntnisse der GOÄ. Da der Kläger daher nicht auf den Bestand der Bescheide habe vertrauen können, habe er die Leistungen auch nicht gutgläubig verbrauchen können. Im Fall des § 48 Abs. 2 Satz 3 LVwVfG lenke § 48 Abs. 2 Satz 4 LVwVfG das der Behörde nach § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG zustehende Ermessen, indem er die Rücknahme des Verwaltungsakts für die Vergangenheit als Regel festlege. Folge das Verwaltungshandeln dieser Regel, seien Ermessenserwägungen der Behörde im Rücknahmebescheid nicht näher darzustellen.
Am 24.11.2015 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung wiederholt er im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen und macht ergänzend geltend, das Landesamt habe bis heute nicht nachgewiesen, dass die Bescheide vom 16.05.2012 und vom 14.06.2012 rechtswidrig seien. Auch aus der Beihilfeakte des Landesamts ergebe sich allenfalls, dass einige der gegenüber seiner Ehefrau erbrachten Leistungen unzutreffend abgerechnet sein könnten. Keineswegs würde dies jedoch bedeuten, dass die beim Landesamt zur Erstattung eingereichten Rechnungen der ... insgesamt unzutreffende Positionen enthielten. Vor allem habe das Landesamt bisher den Nachweis nicht erbracht, dass die abgerechneten Leistungen nicht sämtlich gegenüber seiner Ehefrau erbracht worden seien. Selbst wenn in den internen Aufzeichnungen der ... auch nicht abrechnungsfähige Leistungen enthalten sein sollten, bedeute dies im Umkehrschluss nicht, dass die in den Rechnungen aufgeführten Leistungen nicht erbracht worden seien. So sei beispielsweise der nicht einmal ansatzweise belegte Vorwurf des Landesamts, die Visiten hätten nicht stattgefunden, nicht geeignet, die Rechtswidrigkeit der Beihilfebescheide zu belegen. Die Visiten hätten stattgefunden und hätten daher auch rechtmäßig abgerechnet werden können. Er könne sich auch auf Vertrauensschutz berufen. Seine Ehefrau habe im Erstgespräch mit den behandelnden Ärzten, Herrn Dr. ... und Herrn ..., deutlich gemacht, dass sie nur mit solchen Behandlungen einverstanden sei, die auch von den Kostenträgern, nämlich der Krankenkasse und dem Beklagten übernommen würden. Eine Absprache darüber, dass nicht beihilfefähige Leistungen in Anspruch genommen werden sollten, habe nicht stattgefunden. Seiner Ehefrau sei bei Durchsicht der Rechnungen auch nicht aufgefallen, dass diese manipuliert gewesen seien. Während ihres Klinikaufenthalts sei eine Vielzahl von Visiten und Beratungsgesprächen erfolgt; die Behandlungen seien anhand eines Wochenplans vorgenommen worden. Nachdem die ... mit der Krankenkasse direkt abgerechnet habe, habe seine Ehefrau auch davon ausgehen müssen, dass nicht in der Rechnung stehende Anwendungen mit der Krankenkasse verrechnet worden seien. Von einer Patientin in der Lage seiner Ehefrau könne nicht erwartet werden, dass sie sich an jedem Tag genau notiere, welche Behandlungen und Gespräche stattgefunden hätten. Vielmehr habe sie davon ausgehen können, dass der Leistungserbringer zutreffend abrechne. Er habe aufgrund der Angaben seiner Ehefrau keine Veranlassung gehabt, die Richtigkeit der ihm übergebenen Rechnungen in Zweifel zu ziehen. Von einem wohl gewerbsmäßigen Betrug durch den Chefarzt der ... habe er nicht ausgehen können. Anders als das Landesamt meine, habe er nicht anhand eines Vergleichs des Therapieplans mit den Rechnungen feststellen können, dass falsch abgerechnet worden sei. Seiner Ehefrau sei für jede Woche ihres Klinikaufenthalts ein Wochenplan über Ort und Zeit der verordneten Behandlungen ausgehändigt worden. Diesen habe sie am Ende der Woche wieder zurückgeben müssen. Er selbst habe von diesen Wochenplänen weder Kenntnis gehabt, noch hätten ihm diese oder der vom Landesamt angeführte Therapieplan zu irgendeinem Zeitpunkt vorgelegen; Therapiepläne seien auch nicht den streitigen Rechnungen beigefügt gewesen. Damit habe er schlichtweg keine Möglichkeit gehabt, die Rechtswidrigkeit der Bescheide zu erkennen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 03.09.2015 und dessen Widerspruchsbescheid vom 02.11.2015 aufzuheben und die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
11 
Er verweist auf seine Ausführungen im Ausgangs- und im Widerspruchsverfahren und trägt ergänzend vor, der Kläger habe die Bescheide vom 16.05.2012 und vom 14.06.2012 im Sinne des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG durch Angaben erwirkt, die in wesentlicher Beziehung unrichtig gewesen seien. Auf ein Verschulden komme es insoweit nicht an. Darüber hinaus könne sich der Kläger, der sich das Wissen seiner Ehefrau zurechnen lassen müsse, auch deshalb nicht auf Vertrauensschutz berufen, weil er die Rechtswidrigkeit der betreffenden Bescheide entweder gekannt oder diese jedenfalls infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt habe (§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 LVwVfG). Dies ergebe sich aus den Feststellungen des Strafurteils des Landgerichts Ravensburg gegen die Betreiber der ... vom 09.02.2015 - 2 KLs 31 Js 14206/12 -. Dort sei auf Seite 13 ausgeführt:
12 
„Dazu gab der Angeklagte - auch über sein Personal - gegenüber den Patienten die Zusicherung ab, die Rechnung für diese Behandlung werde „so gestaltet“, dass die Kostenträger eine Erstattung vornehmen würden, was tatsächlich bedeutete, dass die Behandlungen dazu in den Endabrechnungen wahrheitswidrig dargestellt würden.“
13 
Zu der Abrechnungspraxis sei dort auf Seite 20 weiter festgestellt worden, dass jeder Patient eine für ihn bestimmte Abrechnung der tatsächlich erbrachten Leistungen erhalten habe, die mit dem hervorgehobenen Hinweis versehen worden sei: „nur für den Patienten, nicht für die Kostenträger bestimmt“.
14 
Aufgrund der Zusicherung und der Tatsache, dass es zwei Abrechnungen gegeben habe, sei dem Kläger bekannt gewesen, dass die Rechnung, die für den Kostenträger bestimmt gewesen sei, unrichtige Angaben enthalten habe. Mithin habe er gewusst, dass der beantragte Beihilfebescheid auf falschen Angaben beruht habe und damit rechtswidrig gewesen sei. Unabhängig von der Frage der Kenntnis habe jedenfalls grob fahrlässige Unkenntnis der Rechtswidrigkeit der Beihilfegewährung aufgrund der falschen Rechnungen vorgelegen. Bei Beamten sei auf Grund der Treuepflicht ein erhöhter Sorgfaltsmaßstab anzulegen. Der Dienstherr sei in Beihilfeangelegenheiten nicht in der Lage, die tatsächlich erbrachten Leistungen mit den auf der Rechnung ausgewiesenen Positionen zu vergleichen. Er sei daher darauf angewiesen, dass die Beamten dieser Kontrollaufgabe nachkämen. Auch wenn nicht jeder Beamte in der Lage sei, die GOÄ-Ziffern zu „lesen“ und diese zu überprüfen, so müsse wenigstens eine Plausibilitätskontrolle erfolgen. Dies sei auch möglich, weil die Rechnungen nicht nur die „reinen“ GOÄ-Ziffern auswiesen, sondern zumindest stichwortartig auch die erbrachten Leistungen angäben. Exemplarisch lasse sich dies am Zeitraum vom 29.02.2011 bis zum 27.03.2011 (gemeint ist wohl der entsprechende Zeitraum im Jahr 2012, Anmerkung der Kammer) aufzeigen. Im Behandlungsplan seiner Ehefrau seien für diesen Zeitraum (Bl. 10 d.A.) folgende Behandlungen aufgeführt: Sonnen-Trance Gruppe, Sandliege, Trampolin B Gruppe, Dorn-Teil-Dürbeck, Tanz Gruppe, Körp.-Seele-Integration, Dauerbrause. In den Rechnungen vom 10.04.2011 (gemeint ist wohl der 10.04.2012, Anmerkung der Kammer) und vom 02.05.2012 fänden sich diese „Behandlungen“ kein einziges Mal. Wenn sich, wie vorliegend, eine ausweislich des Behandlungsplans mehrfach durchgeführte „Behandlung“ kein einziges Mal in der Rechnung wiederfinde, in der Rechnung jedoch für die jeweiligen Tage eine lange Litanei von angeblich durchgeführten Behandlungen aufgeführt sei, die so jedenfalls nicht stattgefunden hätten, müsse und könne von jeder Person verlangt werden, dass sie sich diese Rechnung vom Rechnungssteller plausibilisieren lasse. Gemäß § 17 Abs. 1 und Abs. 3 Beihilfeverordnung werde Beihilfe nur zu den Aufwendungen gewährt, die durch (ordnungsgemäße und richtige) Belege nachgewiesen seien. Die Aufwendungen, die dem Kläger für den Aufenthalt seiner Ehefrau in der ... im Zeitraum vom 28.02.2012 bis zum 27.03.2012 entstanden seien, seien nicht durch ordnungsgemäßen Beleg nachgewiesen, denn die eingereichte Rechnung sei erwiesenermaßen falsch ausgestellt und daher für einen Nachweis im Sinne der Beihilfeverordnung in Gänze ungeeignet. Die Rückforderung umfasse daher berechtigterweise den gesamten Beihilfebetrag, der aufgrund dieser falschen Rechnung gewährt und ausbezahlt worden sei.
15 
In seiner Replik macht der Kläger geltend, das Landesamt habe nicht einmal ansatzweise den Nachweis erbracht, dass die Rechnungen tatsächlich (insgesamt) falsch seien. Bislang existiere alleine die Aufstellung der Kriminalpolizei (Bl. 60 der Beihilfeakte), aus der sich ein Beihilfeschaden in Höhe von 1.078,-- EUR ergeben solle. Hieraus ergebe sich jedoch nicht, dass die gegenüber seiner Ehefrau erbrachten Leistungen nicht erbracht worden seien. Soweit das Landesamt aus dem Strafurteil gegen die Klinikbetreiber zitiere, so ließen sich daraus keine Schlüsse darauf ziehen, wie im Fall seiner Ehefrau verfahren worden sei. Diese habe mit dem Klinikbetreiber keine Vereinbarung getroffen, dass Rechnungen abweichend von den erbrachten Leistungen ausgestellt werden sollten. Er habe auch keine grob fahrlässige Unkenntnis von der Rechtswidrigkeit der Beihilfegewährung gehabt. Soweit das Landesamt auf den „Behandlungsplan“ seiner Ehefrau verweise, sei festzuhalten, dass es sich dabei nicht um den dieser wöchentlich zur Verfügung gestellten Therapieplan handele, sondern um eine interne Abrechnungsunterlage des Klinikbetreibers. Insofern habe seine Ehefrau - unabhängig von der Tatsache, dass sie die Wochenpläne wieder habe zurückreichen müssen - keinen Vergleich zwischen dem „Behandlungsplan“ und den Rechnungen vornehmen können. Seine Ehefrau sei im guten Glauben davon ausgegangen, dass Behandlungen, die ihr gegenüber nicht in Rechnung gestellt worden seien, unmittelbar mit der Krankenversicherung abgerechnet worden seien. Hinzu komme, dass er zwei Rechnungen eingereicht habe. Das Landesamt differenziere aber nicht zwischen diesen beiden Rechnungen, sondern sehe diese vielmehr insgesamt als unrichtig an. Selbst wenn in einer der Rechnungen - unterstellt - eine nicht erfolgte Behandlung abgerechnet sein sollte, so bedeute dies nicht, dass die gesamte Rechnung „infiziert“ sei und das Landesamt diese Rechnung nicht als ordnungsgemäßen Beleg ansehen dürfe.
16 
Die Kammer hat in der mündlichen Verhandlung vom 30.06.2016 Beweis erhoben durch Einvernahme der Zeugin ... und des Zeugen ... Insoweit wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung verwiesen.
17 
Der Kammer liegen die beigezogene Beihilfeakte des Landesamts und das Strafurteil des Landgerichts Ravensburg vom 09.02.2015 - 2 KLs 31 Js 14206/12 - gegen den Klinikbetreiber und dessen Ehefrau sowie ein Auszug der zugehörigen Ermittlungsakten vor. Hierauf, auf die gewechselten Schriftsätze und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
18 
Die unbedenklich zulässige Klage ist unbegründet, soweit sie sich gegen Ziffer 1 des Bescheids des Landesamts vom 03.09.2015 richtet (hierzu 1.). Hingegen führt die Klage hinsichtlich der Ziffern 2 und 3 des angegriffenen Bescheids zum Erfolg (hierzu 2.).
19 
1. Ziffer 1 des Bescheids des Landesamts vom 03.09.2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
20 
a. Rechtsgrundlage für die teilweise Rücknahme der eine Beihilfe gewährenden Bescheide vom 16.05.2012 und vom 14.06.2012 ist § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG. Danach kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
21 
Die Bescheide vom 16.05.2012 und vom 14.06.2012 sind im Umfang ihrer Rücknahme rechtswidrig, denn die Voraussetzungen für die Gewährung einer Beihilfe lagen nicht vor. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung des Finanz- und Wirtschaftsministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen (Beihilfeverordnung – BVO) sind Aufwendungen beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind. Die vorliegend zur Beihilfe geltend gemachten Aufwendungen sind nicht notwendig, weil die in den eingereichten Rechnungen vom 10.04.2012 und vom 02.05.2012 ausgewiesenen Leistungen nicht erbracht wurden. Hierfür sprechen zunächst die Feststellungen im Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 09.02.2015 - 2 KLs 31 Js 14206/12 - S. 18 f. zur betrügerischen Abrechnungspraxis des Chefarztes der ..., an deren Richtigkeit die Kammer keine Zweifel hegt:
22 
„Dem Angeklagten war klar, dass bei wahrheitsgemäßer Darstellung der Behandlungen ihre Kostenerstattung durch die Kostenträger nicht stattgefunden hätte, sondern diese Behandlungen als von dem von der Klinik angesetzten Basis- und Abteilungspflegesatz gedeckt betrachtet worden wäre.
23 
Der Angeklagte beschloss deshalb, die o.a. Behandlungen in den für die Abrechnung mit den Kostenträgern bestimmten Rechnungen als von ihm nach dem Gebührenverzeichnis der GOÄ erbrachte Wahlarztleistungen zu deklarieren, wobei er die - angeblich von ihm erbrachten - Leistungen so bestimmte, dass die hierfür von ihm angesetzten Gebührensätze der GOÄ ungefähr den Betrag erreichten, zu dem er selbst die Behandlungen gegenüber den Patienten anbot. Er tüftelte aus, welche Gebührensätze in der Addition für eine Behandlung in einem Krankenhaus oder einem Sanatorium für Psychosomatik plausibel erschienen und den von ihm gewünschten Betrag ergäben. [...]
24 
Soweit die Additionen von Gebührensätzen nicht genügte, um den von ihm gewünschten Betrag zu erreichen, was regelmäßig der Fall war, fingierte er Visiten oder die Verabreichung von Spritzen.“
25 
Dass diese Abrechnungspraxis auch vorliegend zur Anwendung gelangte, schließt die Kammer aus dem in der Beihilfeakte befindlichen internen Therapieplan der ... und aus den vorgelegten Wochenplänen. Diesen ist zu entnehmen, dass die Ehefrau des Klägers in weitem Umfang nicht beihilfefähige Leistungen (etwa: Sonnen-Trance, Körper-Seele-Integration, Sandliege, Biografie Arbeit, Trampolin in der Gruppe, Dorn-Teil-Dürbeck, Atem-Entspannung) in Anspruch nahm. Dass - wie der Kläger mutmaßt - der Therapieplan in wesentlicher Hinsicht unrichtig sein könnte, ist nicht anzunehmen. Denn wie der Zeuge ... zur Überzeugung der Kammer ausgesagt hat, wurden die Therapeuten auf der Grundlage der für sie erstellten Tagespläne, die ihrerseits auf den Therapieplänen gründeten, entlohnt. Im Übrigen erschließt sich der Kammer nicht, weshalb das interne Abrechnungssystem der ... auf einer unrichtigen oder gar gefälschten Datengrundlage aufgebaut sein sollte. Schließlich hat die Zeugin ... - die Ehefrau des Klägers - in der mündlichen Verhandlung ausgesagt, die fraglichen Leistungen im Wesentlichen in Anspruch genommen zu haben. Die Kammer sieht keine Veranlassung, deren Aussagen in Zweifel zu ziehen, zumal sie ersichtlich um Aufklärung des Sachverhalts bemüht war und bereitwillig über die Verträglichkeit der von ihr in Anspruch genommenen Leistungen Auskunft gab. Da für sonstige Zahlungen an die ... keine Anhaltspunkte bestehen, liegt nach Lage der Dinge auf der Hand, dass die tatsächlich erbrachten, nicht beihilfefähigen Leistungen mit den Rechnungen vom 10.04.2012 und vom 02.05.2012 unter falscher Etikettierung abgerechnet wurden. Dass diese Leistungen - wie der Kläger mutmaßt - direkt mit der privaten Krankenversicherung abgerechnet sein könnten, entbehrt jeglicher Anhaltspunkte. Dies erscheint auch umso unwahrscheinlicher, als die tatsächlich in Anspruch genommenen Leistungen nicht vom regulären Leistungskatalog privater Krankenversicherungen umfasst sein dürften und insoweit auch keine Vollerstattung erfolgt wäre. Dass der Kläger oder seine Ehefrau eine private Zusatzversicherung abgeschlossen hätten, die auch die tatsächlich in Anspruch genommenen Leistungen umfassend abdeckte, ist nicht ersichtlich. Schließlich kann der Kläger auch nicht mit Erfolg einwenden, die Kriminalpolizei habe hinsichtlich der für seine Ehefrau erbrachten Beihilfe nur einen Schaden in Höhe von 1.078,-- EUR errechnet, weshalb die Beihilfebescheide auch nur in diesem Umfang als rechtswidrig anzusehen seien. Denn nach der ohne weiteres nachvollziehbaren und daher zur Überzeugung der Kammer zutreffenden Aussage des Zeugen ... beschränkte sich die Kriminalpolizei im Rahmen der Schadensermittlung auf jene Leistungen, die nach jeder denkbaren Betrachtungsweise nicht erstattungsfähig waren. Auch ist mit dem Landesamt davon auszugehen, dass sich die Strafverfolgungsbehörden aus Gründen der Verfahrensökonomie bei der Schadensberechnung auf jene Leistungen fokussierten, die - gemessen an der Gesamtzahl der Patienten - besonders häufig erbracht wurden. Da keinerlei Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das systemisch betrügerische Abrechnungssystem der ... einzelne Rechnungspositionen unberührt ließ, kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die in den Rechnungen vom 10.04.2012 und vom 02.05.2012 aufgeführten Leistungen vereinzelt tatsächlich erbracht wurden. Selbst wenn man Entsprechendes zu Gunsten des Klägers unterstellen wollte, so änderte dies im Ergebnis nichts. Denn die beiden Rechnungen weisen nach dem Gesagten derart schwerwiegende Mängel auf, dass sie nicht mehr als Beleg im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 1 BVO angesehen und in der Folge nicht mehr als Grundlage für eine Beihilfegewährung dienen können. Anders als der Kläger meint, ist es auch nicht die Aufgabe des Landesamts, die vorgelegten Rechnungen auf möglicherweise zu Recht geltend gemachte Positionen hin zu durchforsten. Vielmehr wäre es seine Sache gewesen, eine neue und zutreffende Rechnung vorzulegen und die - angesichts der Abrechnungspraxis der ... berechtigterweise bestehenden - Richtigkeitszweifel des Landesamts auszuräumen. Schließlich wären die Aufwendungen des Klägers auch dann nicht beihilfefähig, wenn man sie als auf die tatsächlich in Anspruch genommenen Leistungen erbracht ansehen wollte. Denn diese sind - ohne dass dies im Einzelnen auszuführen wäre - nicht beihilfefähig. Überdies hat der Kläger für die tatsächlich erbrachten Leistungen keine Rechnung vorgelegt und keinen Beihilfeantrag gestellt. Nach alledem lagen die Voraussetzungen für die Gewährung einer Beihilfe zu den Aufwendungen des Klägers auf die Rechnungen vom 10.04.2012 und vom 02.05.2012 nicht vor. Die Bescheide vom 16.05.2012 und vom 14.06.2012 sind daher im Umfang ihrer Rücknahme rechtswidrig.
26 
b. Nach § 48 Abs. 1 Satz 2 LVwVfG darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), nur unter den Einschränkungen des § 48 Abs. 2 bis 4 LVwVfG zurückgenommen werden. Vorliegend sind die Einschränkungen des § 48 Abs. 2 LVwVfG maßgeblich. Denn die rechtswidrigen Bescheide des Landesamts vom 16.05.2012 und vom 14.06.2012 gewährten eine einmalige Geldleistung in Form einer Beihilfe. Nach § 48 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG darf ein Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf seinen Bestand vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Nach § 48 Abs. 2 Satz 3 LVwVfG kann sich der Begünstigte auf Vertrauen nicht berufen, wenn er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat (Nr. 1), den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren (Nr. 2) oder er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (Nr. 3).
27 
aa. Der Kläger kann sich nach § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG nicht auf Vertrauensschutz berufen, weil er die Beihilfebescheide vom 16.05.2012 und vom 14.06.2012 durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig waren. Ein „Erwirken“ im Sinne dieser Bestimmung setzt nach allgemeinem Sprachgebrauch in objektiver Hinsicht zumindest voraus, dass die Angaben für den rechtswidrigen Verwaltungsakt mitursächlich wurden (BVerwG, Urteil vom 28.06.2012 - 2 C 13/11 -, BVerwGE 143, 230; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Aufl. 2014, § 48 Rn. 150, 154). Mit anderen Worten dürfen die fraglichen Angaben nicht hinweggedacht werden können, ohne dass der Verwaltungsakt nicht oder zumindest nicht mit diesem Inhalt erlassen worden wäre. Hingegen scheint in der Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt, welche Anforderungen mit dem Tatbestandsmerkmal des „Erwirkens“ in subjektiver Hinsicht verbunden sind. Teils werden insoweit recht hohe, augenscheinlich nahe an die Arglist heranreichende Anforderungen gestellt. So fordert der Bayerische Verwaltungsgerichtshof ein auf den Erlass des rechtswidrigen Verwaltungsakts gerichtetes „zweck- und zielgerichtetes Handeln“ (ders., Urteil vom 15.03.2001 - 7 B 00.107 -, NVwZ 2001, 931 m.w.N.; zustimmend: Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 17. Aufl. 2016, § 48 Rn. 116). Demgegenüber begnügt sich das Bundesverwaltungsgericht mit der Feststellung, ein „Erwirken“ habe nicht zur Voraussetzung, dass den Begünstigten ein Verschulden an der Unrichtigkeit der übermittelten Daten trifft (BVerwG, Urteil vom 28.06.2012 - 2 C 13/11 -, BVerwGE 143, 230). Die Rücknahme eines Verwaltungsakts könne bereits dann nicht mit dem Vertrauensschutz konfligieren, wenn dessen Rechtswidrigkeit - wie in den Fällen des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 (L)VwVfG - seine Ursache nicht in der Sphäre der Verwaltung, sondern in der Sphäre des Begünstigten finde. Es bestehe daher kein Anlass, zusätzlich auf ein Verschulden des Begünstigten abzuheben (BVerwG, Urteil vom 20.10.1987 - 9 C 255/86 -, BVerwGE 78, 139 unter Hinweis auf die Begründung des Regierungsentwurfs in BT-Drs. 7/910, S. 70). Auch aus Sicht der Kammer erfordert ein „Erwirken“ nicht, dass der Begünstigte durch ein ziel- und zweckgerichtetes Handeln den rechtswidrigen Verwaltungsakt hervorgerufen hat. Hierfür streitet neben den bereits angeführten Gründen, dass andernfalls für die Bestimmung des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG gegenüber § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 LVwVfG (Erwirken durch arglistige Täuschung) kaum mehr ein eigenständiger Anwendungsbereich verbliebe. Umgekehrt ist es - worauf der Kläger zu Recht abhebt - mit dem Wortlaut nicht zu vereinbaren, an das „Erwirken“ keinerlei subjektive Anforderungen zu stellen. Zwar ist mit dem Bundesverwaltungsgericht davon auszugehen, dass den Begünstigten hinsichtlich der Unrichtigkeit der Daten weder Vorsatz noch Fahrlässigkeit treffen muss. Allerdings ist dieser Ansatz dahin zu präzisieren, dass der Begünstigte die Angaben zumindest im Bewusstsein ihrer Rechtserheblichkeit übermittelt haben muss. Davon ist insbesondere dann auszugehen, wenn er erkennt, dass der (begehrte) Verwaltungsakt auf der Grundlage seiner Angaben ergeht und dessen Rechtmäßigkeit von der Richtigkeit der übermittelten Daten abhängt. Nach diesen Maßstäben kann sich der Kläger nach § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG nicht auf Vertrauensschutz berufen, weil er die objektiv unrichtigen Rechnungen der... GmbH vom 10.04.2012 und vom 02.05.2012 im Bewusstsein ihrer Rechtserheblichkeit beim Landesamt eingereicht und dadurch die rechtswidrigen Bewilligungsbescheide vom 16.05.2012 und vom 14.06.2012 kausal veranlasst hat (vgl. auch den entsprechend gelagerten Fall in VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 14.08.2015 - 2 S 384/14 -, juris). Dass die eingereichten Rechnungen (vorgebliche) Leistungen an die Ehefrau des Klägers betrafen, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Denn dies vermag nichts daran zu ändern, dass die Angaben nach der maßgeblichen „Lagertheorie“ aus der Sphäre des beihilfeberechtigten Klägers herrührten. Dies überzeugt auch deshalb, weil der Kläger - anders als die Beihilfestelle - unschwer die Möglichkeit gehabt hätte, bei seiner Ehefrau Rücksprache zu halten und die einzureichenden Rechnungen auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen. Dass er von dieser nahe liegenden Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht hat, rechtfertigt - ganz ungeachtet der Verschuldensfrage - jedenfalls nicht die Annahme, dass die von ihm eingereichten Rechnungen nicht aus seiner Sphäre stammten. Soweit der Kläger geltend macht, seine Frau sei in Folge ihrer Leiden nicht in der Lage gewesen, Angaben über die ihr verabreichten Leistungen zu machen, so vermag dem die Kammer gleichfalls nicht zu folgen. Denn ebenso wie die Kammer mehrere Jahre nach den maßgeblichen Vorgängen seine Ehefrau ergiebig vernommen hat, wäre es auch dem Kläger möglich gewesen, sie bereits im Jahr 2012 zu Umfang und Art der entgegengenommenen Leistungen zu befragen.
28 
bb. Bedenken gegen die Ausübung des Rücknahmeermessens bestehen nicht (vgl. § 114 Satz 1 VwGO). Liegen die Voraussetzungen für eine Rücknahme des rechtswidrigen Verwaltungsakts vor, steht die Rücknahme gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG zwar grundsätzlich im Ermessen der Behörden. Indessen lenkt § 48 Abs. 2 Satz 4 LVwVfG die Ermessensausübung in den Fällen des § 48 Abs. 2 Satz 3 LVwVfG, indem er die Rücknahme des Verwaltungsakts mit Wirkung für die Vergangenheit als Regel festlegt (sog. intendiertes Ermessen, vgl. Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Aufl. 2014, § 48 Rn. 165, § 40 Rn. 28 ff.; vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 14.08.2015 - 2 S 384/14 -, juris). Es müssen daher besondere Gründe vorliegen, wenn von der Rücknahme abgesehen werden soll. Liegt ein vom Regelfall abweichender Sachverhalt nicht vor, versteht sich das Ergebnis der Abwägung von selbst und bedarf es insoweit auch keiner das Selbstverständliche darstellenden Begründung. Nur dann, wenn der Behörde außergewöhnliche Umstände des Falles bekannt geworden oder erkennbar sind, die eine andere Entscheidung möglich erscheinen lassen, liegt ein rechtsfehlerhafter (Nicht-)Gebrauch des Ermessens vor, wenn diese Umstände von der Behörde nicht erwogen wurden. Die entsprechenden Erwägungen sind dann auch in der Begründung kenntlich zu machen (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.06.1997 - 3 C 22/96 -, NJW 1998, 2233; Urteil vom 10.12.2003 - 3 C 22/02 -, NVwZ-RR 2004, 413; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.05.2014 - 10 S 1719/13 -, juris).
29 
Entsprechende außergewöhnliche Umstände sind vorliegend nicht erkennbar. Soweit der Kläger geltend macht, sich sorgfaltspflichtentsprechend verhalten zu haben, so ist dies bereits im Ansatz nicht geeignet, einen außergewöhnlichen Umstand zu begründen. Denn wie bereits ausgeführt, kommt es für § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG nicht auf ein Verschulden, sondern alleine darauf an, aus welcher Sphäre die unrichtigen Informationen stammen. Wollte man gleichwohl davon ausgehen, dass fehlendes Verschulden für sich genommen einen außergewöhnlichen Umstand begründen kann, der ein Abgehen von dem intendierten Ermessen des § 48 Abs. 2 Satz 4 LVwVfG rechtfertigte, so wäre diese Bestimmung für den Fall des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG faktisch außer Kraft gesetzt. Das ist mit dem in § 48 Abs. 2 Satz 4 LVwVfG klar zu Tage tretenden gesetzgeberischen Willen nicht vereinbar. Auch das weitere Vorbringen des Klägers lässt - selbst in der Zusammenschau mit dem geltend gemachten fehlenden Verschulden - keine außergewöhnlichen Umstände, keine Atypik erkennen. Dass seine Ehefrau die Mitarbeiter der ... darauf hingewiesen haben soll, nur beihilfefähige Leistungen in Anspruch nehmen zu wollen, vermag eine Atypik nicht zu begründen. Denn der Kläger kann sich gegenüber dem Landesamt nicht auf ein - möglicherweise - betrügerisches Verhalten der Vertreter der ... gegenüber ihm oder seiner Ehefrau berufen. Soweit der Kläger insbesondere im Anhörungsverfahren die Rechtsauffassung vertrat, das Landesamt solle die gewährte Beihilfe von der ... zurückfordern, so verkennt er, dass im „beihilferechtlichen Dreiecksverhältnis“ keine Rechtsbeziehungen zwischen dem Beihilfeträger und dem Leistungserbringer bestehen. Die Beihilfestelle kann daher für Leistungsstörungen im Verhältnis des Beihilfeberechtigten zum Leistungserbringer nicht verantwortlich gemacht werden. Vielmehr ist es Sache des Beihilfeberechtigten, seine (Schadensersatz-)Ansprüche gegen den Leistungsträger geltend zu machen und sich an diesem schadlos zu halten. Hierbei auftretende Schwierigkeiten oder Hindernisse sind in Folge der aufgezeigten Rechtsbeziehungen konstitutiv nicht geeignet - etwa im Rahmen der Ermessensausübung bei der Beihilferückforderung -, Rechtspositionen gegen den Rechtsträger der Beihilfe zu begründen. Nach alledem sind vorliegend keine besonderen Umstände gegeben, die eine Ausnahme von dem intendierten Rücknahmeermessen des § 48 Abs. 2 Satz 4 LVwVfG rechtfertigten.
30 
Darüber hinaus - und ohne dass es darauf noch ankäme - teilt die Kammer auch nicht die Auffassung des Klägers, dass er den rechtswidrigen Beihilfebescheid ohne Sorgfaltspflichtverstoß erwirkt hat. Denn es hätte ihm oblegen, Rücksprache bei seiner Ehefrau zu halten und zu überprüfen, ob die abgerechneten Leistungen tatsächlich erbracht wurden. Hierbei wären ihm die manifesten Unrichtigkeiten in den Rechnungen vom 14.04.2012 und vom 02.05.2012 ohne Weiteres aufgefallen.
31 
Selbst wenn man - wofür nach dem Gesagten nichts spricht - von einem besonderen Ausnahmefall und damit nicht von einem intendierten Ermessen im Sinne des § 48 Abs. 2 Satz 4 LVwVfG ausgehen wollte, so wäre gleichwohl kein nach § 114 Satz 1 VwGO rügefähiger Ermessensfehler erkennbar. Denn das Landesamt hat bereits im Bescheid vom 03.09.2015 Ermessenserwägungen angestellt, weshalb nicht von einem Ermessensausfall ausgegangen werden kann. Auch einen Ermessensfehlgebrauch vermag die Kammer unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen nicht zu erkennen.
32 
c. Bedenken gegen die Wahrung der Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 LVwVfG bestehen nicht. Die Rücknahme der rechtswidrigen Bescheide vom 16.05.2012 und vom 14.06.2012 war nach alledem rechtmäßig.
33 
2. Ziffer 2 und - in der Folge auch - Ziffer 3 des Bescheids des Landesamts vom 03.09.2015 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger daher in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
34 
Das Landesamt stützt die Rückforderung der überzahlten Beihilfe auf § 49a Abs. 1 Satz 1 LVwVfG. Danach sind, soweit ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden ist, bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Für den Umfang der Erstattung mit Ausnahme der Verzinsung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung entsprechend. Auf den Wegfall der Bereicherung kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit er die Umstände kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte, die zur Rücknahme des Verwaltungsakts geführt haben (§ 49a Abs. 2 Satz 1 und 2 LVwVfG).
35 
Ob sich der Kläger auf den Wegfall der Bereicherung berufen kann, kann vorliegend dahinstehen, denn das Landesamt hat keine Billigkeitsentscheidung darüber getroffen, ob die zu Unrecht gewährte Beihilfe zurückzufordern war. Einer solchen hätte es jedoch in analoger Anwendung von § 15 Abs. 2 Satz 3 Landesbesoldungsgesetz Baden-Württemberg (LBesGBW) und § 5 Abs. 2 Satz 3 Landesbeamtenversorgungsgesetz Baden-Württemberg (LBeamtVGBW) bedurft. Zur Begründung hat die Kammer in ihrem Urteil vom 19.02.2015 - 9 K 1815/14 -, juris Folgendes ausgeführt:
36 
„Analogie ist die Übertragung der für einzelne bestimmte Tatbestände im Gesetz vorgesehenen Regel auf einen anderen, aber rechtsähnlichen Tatbestand, sofern das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke enthält (vgl. Sprau, in: Palandt, BGB, 74. Aufl. 2015, Einleitung, Rn. 48 m. w. N.). Diese Voraussetzungen liegen vor.
37 
α) Eine Regelungslücke ist gegeben. Während der Landesgesetzgeber die Rückforderung zu viel gezahlter Leistungen für das Besoldungsrecht in § 15 LBesGBW und für das Versorgungsrecht in § 5 LBeamtVGBW geregelt hat, fehlt es an einer entsprechenden, die Möglichkeit einer Billigkeitsentscheidung eröffnenden landesgesetzlichen Regelung für Fälle überzahlter Beihilfe.
38 
Das Bestehen der Regelungslücke wird nicht dadurch beseitigt, dass Belange, die in die Billigkeitsentscheidung einzustellen sind, jedenfalls teilweise auch im Rahmen des Rücknahmeermessens des § 48 LVwVfG Eingang finden könnten. So mag zwar denkbar sein, dass beispielsweise das Mitverschulden einer Behörde im Wege einer nur teilweisen Rücknahme berücksichtigt werden könnte. Die von §§ 15 LBesGBW und 5 LBeamtVGBW eröffnete Möglichkeit, eine Billigkeitsentscheidung zu treffen, geht aber deutlich weiter. Denn sie erlaubt es, alle individuellen Aspekte des jeweiligen Einzelfalls zu berücksichtigen und für den Betroffenen eine dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügende Lösung zu erarbeiten. Zu denken ist hierbei vor allem an die ratenweise Rückführung überzahlter Leistungen. Derartiges kann im Rahmen des Ermessens in § 48 LVwVfG dagegen nicht verwirklicht werden.
39 
β) Die Regelungslücke ist auch planwidrig.
40 
Ausgangspunkt der Überlegung bildet dabei der Umstand, dass vor der Dienstrechtsreform (vgl. hierzu das Gesetz zur Reform des öffentlichen Dienstrechts vom 9. November 2010, GBl. 2010, S. 793 – DRG) die Rückforderung überzahlter Beihilfe auf Grundlage des § 109 LBG a. F. erfolgen konnte. Er sah vor, dass für die Rückforderung von Leistungen des Dienstherrn, die nicht Besoldung oder Versorgung sind, § 12 Abs. 2 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) entsprechend anzuwenden war. Die Rückforderung von Beihilfe unterlag damit den gleichen Voraussetzungen wie die von Besoldungs- oder Versorgungsbezügen, insbesondere in Bezug auf das Erfordernis einer Billigkeitsentscheidung (vgl. § 12 BBesG und § 52 BeamtVG, die vor der Föderalismusreform auf Rückforderungen von Besoldungs- und Versorgungsbezügen anzuwenden waren).
41 
Diesen Gleichlauf hat der Landesgesetzgeber im Zuge der Dienstrechtsreform durch das Streichen der Vorschrift des § 109 LBG a. F., ohne dass hierfür ein sachlicher Grund ersichtlich wäre, beseitigt. Parallel dazu hat er im Landesbesoldungsgesetz Baden-Württemberg und im Landesbeamtenversorgungsgesetz Baden-Württemberg für überzahlte Besoldungs- beziehungsweise Versorgungsbezüge eigenständige Rechtsgrundlagen für die Rückforderung geschaffen, die jeweils eine Grundlage für Billigkeitsentscheidungen vorsehen. In der Gesetzesbegründung zu § 15 LBesGBW heißt es hierzu, dass die Bestimmung unverändert § 12 BBesG entspreche und, hinsichtlich der Absätze 2 bis 4, sie den Anspruch des Dienstherrn auf die Erstattung von ohne Rechtsgrund empfangenen Besoldungsleistungen regle (vgl. LT-Drs. 14/6694, S. 460). Zu § 5 Abs. 2 LBeamtVGBW heißt es (vgl. LT-Drs. 14/6694, S. 504): „Absatz 2 trifft eine eigenständige Regelung für die Rückforderung überzahlter Versorgungsbezüge“. Dagegen schweigt sich die Gesetzesbegründung zur Aufhebung des § 109 LBG a. F. aus.
42 
Auch aus den allgemeinen gesetzgeberischen Erwägungen lässt sich kein sachlicher Grund dafür ermitteln, weshalb für Besoldungs- und Versorgungsbezüge spezialgesetzliche Rückforderungsrechtsgrundlagen geschaffen wurden, während die Rückforderung der Beihilfe sich nunmehr nach der allgemeinen Bestimmung des § 49a LVwVfG richten soll, die eine Billigkeitsentscheidung nicht vorsieht. Das Dienstrechtsreformgesetz sollte eine Generalrevision der Rechtsverhältnisse der Beamtinnen und Beamten im Lande bringen (vgl. LT-Drs. 14/6694, S. 1) und in Bezug auf die besoldungsrechtlichen Regelungen eine umfassende Neukodifikation des bisherigen, im Land geltenden Besoldungsrechts schaffen. Gleichzeitig sollte die bestehende Unübersichtlichkeit im Besoldungsrecht beseitigt werden, indem möglichst viele der als Gesetz oder Rechtsverordnung derzeit bestehenden Rechtsvorschriften in einem Landesbesoldungsgesetz zusammengeführt werden (vgl. LT-Drs. 14/6694, S. 2). Angesichts dessen hätte es nahegelegen, die Rückforderung rechtsgrundlos gezahlter Beihilfe ebenfalls eigenständig zu regeln, zum Beispiel durch Aufnahme einer entsprechenden Bestimmung in oder im Anschluss an § 78 LBG.
43 
γ) Es liegt darüber hinaus die für einen Analogieschluss erforderliche vergleichbare Sach- und Interessenlage vor.
44 
Die Rückforderung von Besoldungs- und Versorgungsbezügen oder von überzahlter Beihilfe kann den Beamten – gemessen an seinem Monats- und Jahresverdienst – im Einzelfall hart treffen. Dies kann in dem Umstand begründet sein, dass unberechtigte Zahlungen über Jahre unbemerkt von ihrer Rechtswidrigkeit erfolgen können und sich so innerhalb der Verjährungsfrist hohe Rückzahlungsbeträge aufsummieren. Auch der vorliegende Fall ist hierfür ein geeignetes Beispiel. Im Zeitraum von März 2012 bis August 2013 konnten angesichts der erheblichen Erkrankung der Stieftochter des Klägers rasch große Summen an überzahlter Beihilfe auflaufen.
45 
Ein Beamter hat mit Ausnahme zulässiger Nebentätigkeit keine Möglichkeiten, die Höhe seiner Besoldung zu beeinflussen. Anders als Arbeitnehmer kann er seine Besoldung nicht etwa durch geschickte Gehaltsverhandlungen zu seinen Gunsten verändern, sondern muss die Entscheidung des Gesetzgebers zur Höhe hinnehmen. Steht demnach der finanzielle Verfügungsrahmen eines Beamten nahezu unverrückbar fest, so treffen ihn Rückforderungen in Höhen wie der vorliegenden mit besonderer Härte. Vor diesem Hintergrund ist die Entscheidung des Gesetzgebers nachvollziehbar und angemessen, im Rahmen einer Billigkeitsentscheidung die Möglichkeit für Erleichterungen bei der Rückzahlung zu schaffen.
46 
Da diese Härten sowohl bei überzahlten Besoldungs- und Versorgungsbezügen als auch gleichermaßen bei zu viel gezahlter Beihilfe auftreten können, ist die Sach- und Interessenlage ohne weiteres vergleichbar.“
47 
An diesen Erwägungen - die zwischenzeitlich vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg bestätigt und fortentwickelt wurden (ders., Urteil vom 20.09.2016 - 2 S 994/15 -, juris) - hält die Kammer nach neuerlicher Prüfung fest. Nach alledem ist die in Ziffer 2 des Bescheids vom 03.09.2015 verfügte Rückforderung der Beihilfe und in der Folge auch die dort in Ziffer 3 verfügte Zinszahlung rechtswidrig. Sie verletzen die Klägerin in ihren Rechten und sind daher aufzuheben.
48 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
49 
4. Die Berufung wird wegen der - zum Zeitpunkt der Entscheidungsfällung bestehenden - grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen.
50 
BESCHLUSS
51 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 3 GKG auf 3.436,69 EUR festgesetzt.
52 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Gründe

 
18 
Die unbedenklich zulässige Klage ist unbegründet, soweit sie sich gegen Ziffer 1 des Bescheids des Landesamts vom 03.09.2015 richtet (hierzu 1.). Hingegen führt die Klage hinsichtlich der Ziffern 2 und 3 des angegriffenen Bescheids zum Erfolg (hierzu 2.).
19 
1. Ziffer 1 des Bescheids des Landesamts vom 03.09.2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
20 
a. Rechtsgrundlage für die teilweise Rücknahme der eine Beihilfe gewährenden Bescheide vom 16.05.2012 und vom 14.06.2012 ist § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG. Danach kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
21 
Die Bescheide vom 16.05.2012 und vom 14.06.2012 sind im Umfang ihrer Rücknahme rechtswidrig, denn die Voraussetzungen für die Gewährung einer Beihilfe lagen nicht vor. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung des Finanz- und Wirtschaftsministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen (Beihilfeverordnung – BVO) sind Aufwendungen beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind. Die vorliegend zur Beihilfe geltend gemachten Aufwendungen sind nicht notwendig, weil die in den eingereichten Rechnungen vom 10.04.2012 und vom 02.05.2012 ausgewiesenen Leistungen nicht erbracht wurden. Hierfür sprechen zunächst die Feststellungen im Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 09.02.2015 - 2 KLs 31 Js 14206/12 - S. 18 f. zur betrügerischen Abrechnungspraxis des Chefarztes der ..., an deren Richtigkeit die Kammer keine Zweifel hegt:
22 
„Dem Angeklagten war klar, dass bei wahrheitsgemäßer Darstellung der Behandlungen ihre Kostenerstattung durch die Kostenträger nicht stattgefunden hätte, sondern diese Behandlungen als von dem von der Klinik angesetzten Basis- und Abteilungspflegesatz gedeckt betrachtet worden wäre.
23 
Der Angeklagte beschloss deshalb, die o.a. Behandlungen in den für die Abrechnung mit den Kostenträgern bestimmten Rechnungen als von ihm nach dem Gebührenverzeichnis der GOÄ erbrachte Wahlarztleistungen zu deklarieren, wobei er die - angeblich von ihm erbrachten - Leistungen so bestimmte, dass die hierfür von ihm angesetzten Gebührensätze der GOÄ ungefähr den Betrag erreichten, zu dem er selbst die Behandlungen gegenüber den Patienten anbot. Er tüftelte aus, welche Gebührensätze in der Addition für eine Behandlung in einem Krankenhaus oder einem Sanatorium für Psychosomatik plausibel erschienen und den von ihm gewünschten Betrag ergäben. [...]
24 
Soweit die Additionen von Gebührensätzen nicht genügte, um den von ihm gewünschten Betrag zu erreichen, was regelmäßig der Fall war, fingierte er Visiten oder die Verabreichung von Spritzen.“
25 
Dass diese Abrechnungspraxis auch vorliegend zur Anwendung gelangte, schließt die Kammer aus dem in der Beihilfeakte befindlichen internen Therapieplan der ... und aus den vorgelegten Wochenplänen. Diesen ist zu entnehmen, dass die Ehefrau des Klägers in weitem Umfang nicht beihilfefähige Leistungen (etwa: Sonnen-Trance, Körper-Seele-Integration, Sandliege, Biografie Arbeit, Trampolin in der Gruppe, Dorn-Teil-Dürbeck, Atem-Entspannung) in Anspruch nahm. Dass - wie der Kläger mutmaßt - der Therapieplan in wesentlicher Hinsicht unrichtig sein könnte, ist nicht anzunehmen. Denn wie der Zeuge ... zur Überzeugung der Kammer ausgesagt hat, wurden die Therapeuten auf der Grundlage der für sie erstellten Tagespläne, die ihrerseits auf den Therapieplänen gründeten, entlohnt. Im Übrigen erschließt sich der Kammer nicht, weshalb das interne Abrechnungssystem der ... auf einer unrichtigen oder gar gefälschten Datengrundlage aufgebaut sein sollte. Schließlich hat die Zeugin ... - die Ehefrau des Klägers - in der mündlichen Verhandlung ausgesagt, die fraglichen Leistungen im Wesentlichen in Anspruch genommen zu haben. Die Kammer sieht keine Veranlassung, deren Aussagen in Zweifel zu ziehen, zumal sie ersichtlich um Aufklärung des Sachverhalts bemüht war und bereitwillig über die Verträglichkeit der von ihr in Anspruch genommenen Leistungen Auskunft gab. Da für sonstige Zahlungen an die ... keine Anhaltspunkte bestehen, liegt nach Lage der Dinge auf der Hand, dass die tatsächlich erbrachten, nicht beihilfefähigen Leistungen mit den Rechnungen vom 10.04.2012 und vom 02.05.2012 unter falscher Etikettierung abgerechnet wurden. Dass diese Leistungen - wie der Kläger mutmaßt - direkt mit der privaten Krankenversicherung abgerechnet sein könnten, entbehrt jeglicher Anhaltspunkte. Dies erscheint auch umso unwahrscheinlicher, als die tatsächlich in Anspruch genommenen Leistungen nicht vom regulären Leistungskatalog privater Krankenversicherungen umfasst sein dürften und insoweit auch keine Vollerstattung erfolgt wäre. Dass der Kläger oder seine Ehefrau eine private Zusatzversicherung abgeschlossen hätten, die auch die tatsächlich in Anspruch genommenen Leistungen umfassend abdeckte, ist nicht ersichtlich. Schließlich kann der Kläger auch nicht mit Erfolg einwenden, die Kriminalpolizei habe hinsichtlich der für seine Ehefrau erbrachten Beihilfe nur einen Schaden in Höhe von 1.078,-- EUR errechnet, weshalb die Beihilfebescheide auch nur in diesem Umfang als rechtswidrig anzusehen seien. Denn nach der ohne weiteres nachvollziehbaren und daher zur Überzeugung der Kammer zutreffenden Aussage des Zeugen ... beschränkte sich die Kriminalpolizei im Rahmen der Schadensermittlung auf jene Leistungen, die nach jeder denkbaren Betrachtungsweise nicht erstattungsfähig waren. Auch ist mit dem Landesamt davon auszugehen, dass sich die Strafverfolgungsbehörden aus Gründen der Verfahrensökonomie bei der Schadensberechnung auf jene Leistungen fokussierten, die - gemessen an der Gesamtzahl der Patienten - besonders häufig erbracht wurden. Da keinerlei Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das systemisch betrügerische Abrechnungssystem der ... einzelne Rechnungspositionen unberührt ließ, kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die in den Rechnungen vom 10.04.2012 und vom 02.05.2012 aufgeführten Leistungen vereinzelt tatsächlich erbracht wurden. Selbst wenn man Entsprechendes zu Gunsten des Klägers unterstellen wollte, so änderte dies im Ergebnis nichts. Denn die beiden Rechnungen weisen nach dem Gesagten derart schwerwiegende Mängel auf, dass sie nicht mehr als Beleg im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 1 BVO angesehen und in der Folge nicht mehr als Grundlage für eine Beihilfegewährung dienen können. Anders als der Kläger meint, ist es auch nicht die Aufgabe des Landesamts, die vorgelegten Rechnungen auf möglicherweise zu Recht geltend gemachte Positionen hin zu durchforsten. Vielmehr wäre es seine Sache gewesen, eine neue und zutreffende Rechnung vorzulegen und die - angesichts der Abrechnungspraxis der ... berechtigterweise bestehenden - Richtigkeitszweifel des Landesamts auszuräumen. Schließlich wären die Aufwendungen des Klägers auch dann nicht beihilfefähig, wenn man sie als auf die tatsächlich in Anspruch genommenen Leistungen erbracht ansehen wollte. Denn diese sind - ohne dass dies im Einzelnen auszuführen wäre - nicht beihilfefähig. Überdies hat der Kläger für die tatsächlich erbrachten Leistungen keine Rechnung vorgelegt und keinen Beihilfeantrag gestellt. Nach alledem lagen die Voraussetzungen für die Gewährung einer Beihilfe zu den Aufwendungen des Klägers auf die Rechnungen vom 10.04.2012 und vom 02.05.2012 nicht vor. Die Bescheide vom 16.05.2012 und vom 14.06.2012 sind daher im Umfang ihrer Rücknahme rechtswidrig.
26 
b. Nach § 48 Abs. 1 Satz 2 LVwVfG darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), nur unter den Einschränkungen des § 48 Abs. 2 bis 4 LVwVfG zurückgenommen werden. Vorliegend sind die Einschränkungen des § 48 Abs. 2 LVwVfG maßgeblich. Denn die rechtswidrigen Bescheide des Landesamts vom 16.05.2012 und vom 14.06.2012 gewährten eine einmalige Geldleistung in Form einer Beihilfe. Nach § 48 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG darf ein Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf seinen Bestand vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Nach § 48 Abs. 2 Satz 3 LVwVfG kann sich der Begünstigte auf Vertrauen nicht berufen, wenn er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat (Nr. 1), den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren (Nr. 2) oder er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (Nr. 3).
27 
aa. Der Kläger kann sich nach § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG nicht auf Vertrauensschutz berufen, weil er die Beihilfebescheide vom 16.05.2012 und vom 14.06.2012 durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig waren. Ein „Erwirken“ im Sinne dieser Bestimmung setzt nach allgemeinem Sprachgebrauch in objektiver Hinsicht zumindest voraus, dass die Angaben für den rechtswidrigen Verwaltungsakt mitursächlich wurden (BVerwG, Urteil vom 28.06.2012 - 2 C 13/11 -, BVerwGE 143, 230; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Aufl. 2014, § 48 Rn. 150, 154). Mit anderen Worten dürfen die fraglichen Angaben nicht hinweggedacht werden können, ohne dass der Verwaltungsakt nicht oder zumindest nicht mit diesem Inhalt erlassen worden wäre. Hingegen scheint in der Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt, welche Anforderungen mit dem Tatbestandsmerkmal des „Erwirkens“ in subjektiver Hinsicht verbunden sind. Teils werden insoweit recht hohe, augenscheinlich nahe an die Arglist heranreichende Anforderungen gestellt. So fordert der Bayerische Verwaltungsgerichtshof ein auf den Erlass des rechtswidrigen Verwaltungsakts gerichtetes „zweck- und zielgerichtetes Handeln“ (ders., Urteil vom 15.03.2001 - 7 B 00.107 -, NVwZ 2001, 931 m.w.N.; zustimmend: Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 17. Aufl. 2016, § 48 Rn. 116). Demgegenüber begnügt sich das Bundesverwaltungsgericht mit der Feststellung, ein „Erwirken“ habe nicht zur Voraussetzung, dass den Begünstigten ein Verschulden an der Unrichtigkeit der übermittelten Daten trifft (BVerwG, Urteil vom 28.06.2012 - 2 C 13/11 -, BVerwGE 143, 230). Die Rücknahme eines Verwaltungsakts könne bereits dann nicht mit dem Vertrauensschutz konfligieren, wenn dessen Rechtswidrigkeit - wie in den Fällen des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 (L)VwVfG - seine Ursache nicht in der Sphäre der Verwaltung, sondern in der Sphäre des Begünstigten finde. Es bestehe daher kein Anlass, zusätzlich auf ein Verschulden des Begünstigten abzuheben (BVerwG, Urteil vom 20.10.1987 - 9 C 255/86 -, BVerwGE 78, 139 unter Hinweis auf die Begründung des Regierungsentwurfs in BT-Drs. 7/910, S. 70). Auch aus Sicht der Kammer erfordert ein „Erwirken“ nicht, dass der Begünstigte durch ein ziel- und zweckgerichtetes Handeln den rechtswidrigen Verwaltungsakt hervorgerufen hat. Hierfür streitet neben den bereits angeführten Gründen, dass andernfalls für die Bestimmung des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG gegenüber § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 LVwVfG (Erwirken durch arglistige Täuschung) kaum mehr ein eigenständiger Anwendungsbereich verbliebe. Umgekehrt ist es - worauf der Kläger zu Recht abhebt - mit dem Wortlaut nicht zu vereinbaren, an das „Erwirken“ keinerlei subjektive Anforderungen zu stellen. Zwar ist mit dem Bundesverwaltungsgericht davon auszugehen, dass den Begünstigten hinsichtlich der Unrichtigkeit der Daten weder Vorsatz noch Fahrlässigkeit treffen muss. Allerdings ist dieser Ansatz dahin zu präzisieren, dass der Begünstigte die Angaben zumindest im Bewusstsein ihrer Rechtserheblichkeit übermittelt haben muss. Davon ist insbesondere dann auszugehen, wenn er erkennt, dass der (begehrte) Verwaltungsakt auf der Grundlage seiner Angaben ergeht und dessen Rechtmäßigkeit von der Richtigkeit der übermittelten Daten abhängt. Nach diesen Maßstäben kann sich der Kläger nach § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG nicht auf Vertrauensschutz berufen, weil er die objektiv unrichtigen Rechnungen der... GmbH vom 10.04.2012 und vom 02.05.2012 im Bewusstsein ihrer Rechtserheblichkeit beim Landesamt eingereicht und dadurch die rechtswidrigen Bewilligungsbescheide vom 16.05.2012 und vom 14.06.2012 kausal veranlasst hat (vgl. auch den entsprechend gelagerten Fall in VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 14.08.2015 - 2 S 384/14 -, juris). Dass die eingereichten Rechnungen (vorgebliche) Leistungen an die Ehefrau des Klägers betrafen, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Denn dies vermag nichts daran zu ändern, dass die Angaben nach der maßgeblichen „Lagertheorie“ aus der Sphäre des beihilfeberechtigten Klägers herrührten. Dies überzeugt auch deshalb, weil der Kläger - anders als die Beihilfestelle - unschwer die Möglichkeit gehabt hätte, bei seiner Ehefrau Rücksprache zu halten und die einzureichenden Rechnungen auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen. Dass er von dieser nahe liegenden Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht hat, rechtfertigt - ganz ungeachtet der Verschuldensfrage - jedenfalls nicht die Annahme, dass die von ihm eingereichten Rechnungen nicht aus seiner Sphäre stammten. Soweit der Kläger geltend macht, seine Frau sei in Folge ihrer Leiden nicht in der Lage gewesen, Angaben über die ihr verabreichten Leistungen zu machen, so vermag dem die Kammer gleichfalls nicht zu folgen. Denn ebenso wie die Kammer mehrere Jahre nach den maßgeblichen Vorgängen seine Ehefrau ergiebig vernommen hat, wäre es auch dem Kläger möglich gewesen, sie bereits im Jahr 2012 zu Umfang und Art der entgegengenommenen Leistungen zu befragen.
28 
bb. Bedenken gegen die Ausübung des Rücknahmeermessens bestehen nicht (vgl. § 114 Satz 1 VwGO). Liegen die Voraussetzungen für eine Rücknahme des rechtswidrigen Verwaltungsakts vor, steht die Rücknahme gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG zwar grundsätzlich im Ermessen der Behörden. Indessen lenkt § 48 Abs. 2 Satz 4 LVwVfG die Ermessensausübung in den Fällen des § 48 Abs. 2 Satz 3 LVwVfG, indem er die Rücknahme des Verwaltungsakts mit Wirkung für die Vergangenheit als Regel festlegt (sog. intendiertes Ermessen, vgl. Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Aufl. 2014, § 48 Rn. 165, § 40 Rn. 28 ff.; vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 14.08.2015 - 2 S 384/14 -, juris). Es müssen daher besondere Gründe vorliegen, wenn von der Rücknahme abgesehen werden soll. Liegt ein vom Regelfall abweichender Sachverhalt nicht vor, versteht sich das Ergebnis der Abwägung von selbst und bedarf es insoweit auch keiner das Selbstverständliche darstellenden Begründung. Nur dann, wenn der Behörde außergewöhnliche Umstände des Falles bekannt geworden oder erkennbar sind, die eine andere Entscheidung möglich erscheinen lassen, liegt ein rechtsfehlerhafter (Nicht-)Gebrauch des Ermessens vor, wenn diese Umstände von der Behörde nicht erwogen wurden. Die entsprechenden Erwägungen sind dann auch in der Begründung kenntlich zu machen (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.06.1997 - 3 C 22/96 -, NJW 1998, 2233; Urteil vom 10.12.2003 - 3 C 22/02 -, NVwZ-RR 2004, 413; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.05.2014 - 10 S 1719/13 -, juris).
29 
Entsprechende außergewöhnliche Umstände sind vorliegend nicht erkennbar. Soweit der Kläger geltend macht, sich sorgfaltspflichtentsprechend verhalten zu haben, so ist dies bereits im Ansatz nicht geeignet, einen außergewöhnlichen Umstand zu begründen. Denn wie bereits ausgeführt, kommt es für § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG nicht auf ein Verschulden, sondern alleine darauf an, aus welcher Sphäre die unrichtigen Informationen stammen. Wollte man gleichwohl davon ausgehen, dass fehlendes Verschulden für sich genommen einen außergewöhnlichen Umstand begründen kann, der ein Abgehen von dem intendierten Ermessen des § 48 Abs. 2 Satz 4 LVwVfG rechtfertigte, so wäre diese Bestimmung für den Fall des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG faktisch außer Kraft gesetzt. Das ist mit dem in § 48 Abs. 2 Satz 4 LVwVfG klar zu Tage tretenden gesetzgeberischen Willen nicht vereinbar. Auch das weitere Vorbringen des Klägers lässt - selbst in der Zusammenschau mit dem geltend gemachten fehlenden Verschulden - keine außergewöhnlichen Umstände, keine Atypik erkennen. Dass seine Ehefrau die Mitarbeiter der ... darauf hingewiesen haben soll, nur beihilfefähige Leistungen in Anspruch nehmen zu wollen, vermag eine Atypik nicht zu begründen. Denn der Kläger kann sich gegenüber dem Landesamt nicht auf ein - möglicherweise - betrügerisches Verhalten der Vertreter der ... gegenüber ihm oder seiner Ehefrau berufen. Soweit der Kläger insbesondere im Anhörungsverfahren die Rechtsauffassung vertrat, das Landesamt solle die gewährte Beihilfe von der ... zurückfordern, so verkennt er, dass im „beihilferechtlichen Dreiecksverhältnis“ keine Rechtsbeziehungen zwischen dem Beihilfeträger und dem Leistungserbringer bestehen. Die Beihilfestelle kann daher für Leistungsstörungen im Verhältnis des Beihilfeberechtigten zum Leistungserbringer nicht verantwortlich gemacht werden. Vielmehr ist es Sache des Beihilfeberechtigten, seine (Schadensersatz-)Ansprüche gegen den Leistungsträger geltend zu machen und sich an diesem schadlos zu halten. Hierbei auftretende Schwierigkeiten oder Hindernisse sind in Folge der aufgezeigten Rechtsbeziehungen konstitutiv nicht geeignet - etwa im Rahmen der Ermessensausübung bei der Beihilferückforderung -, Rechtspositionen gegen den Rechtsträger der Beihilfe zu begründen. Nach alledem sind vorliegend keine besonderen Umstände gegeben, die eine Ausnahme von dem intendierten Rücknahmeermessen des § 48 Abs. 2 Satz 4 LVwVfG rechtfertigten.
30 
Darüber hinaus - und ohne dass es darauf noch ankäme - teilt die Kammer auch nicht die Auffassung des Klägers, dass er den rechtswidrigen Beihilfebescheid ohne Sorgfaltspflichtverstoß erwirkt hat. Denn es hätte ihm oblegen, Rücksprache bei seiner Ehefrau zu halten und zu überprüfen, ob die abgerechneten Leistungen tatsächlich erbracht wurden. Hierbei wären ihm die manifesten Unrichtigkeiten in den Rechnungen vom 14.04.2012 und vom 02.05.2012 ohne Weiteres aufgefallen.
31 
Selbst wenn man - wofür nach dem Gesagten nichts spricht - von einem besonderen Ausnahmefall und damit nicht von einem intendierten Ermessen im Sinne des § 48 Abs. 2 Satz 4 LVwVfG ausgehen wollte, so wäre gleichwohl kein nach § 114 Satz 1 VwGO rügefähiger Ermessensfehler erkennbar. Denn das Landesamt hat bereits im Bescheid vom 03.09.2015 Ermessenserwägungen angestellt, weshalb nicht von einem Ermessensausfall ausgegangen werden kann. Auch einen Ermessensfehlgebrauch vermag die Kammer unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen nicht zu erkennen.
32 
c. Bedenken gegen die Wahrung der Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 LVwVfG bestehen nicht. Die Rücknahme der rechtswidrigen Bescheide vom 16.05.2012 und vom 14.06.2012 war nach alledem rechtmäßig.
33 
2. Ziffer 2 und - in der Folge auch - Ziffer 3 des Bescheids des Landesamts vom 03.09.2015 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger daher in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
34 
Das Landesamt stützt die Rückforderung der überzahlten Beihilfe auf § 49a Abs. 1 Satz 1 LVwVfG. Danach sind, soweit ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden ist, bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Für den Umfang der Erstattung mit Ausnahme der Verzinsung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung entsprechend. Auf den Wegfall der Bereicherung kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit er die Umstände kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte, die zur Rücknahme des Verwaltungsakts geführt haben (§ 49a Abs. 2 Satz 1 und 2 LVwVfG).
35 
Ob sich der Kläger auf den Wegfall der Bereicherung berufen kann, kann vorliegend dahinstehen, denn das Landesamt hat keine Billigkeitsentscheidung darüber getroffen, ob die zu Unrecht gewährte Beihilfe zurückzufordern war. Einer solchen hätte es jedoch in analoger Anwendung von § 15 Abs. 2 Satz 3 Landesbesoldungsgesetz Baden-Württemberg (LBesGBW) und § 5 Abs. 2 Satz 3 Landesbeamtenversorgungsgesetz Baden-Württemberg (LBeamtVGBW) bedurft. Zur Begründung hat die Kammer in ihrem Urteil vom 19.02.2015 - 9 K 1815/14 -, juris Folgendes ausgeführt:
36 
„Analogie ist die Übertragung der für einzelne bestimmte Tatbestände im Gesetz vorgesehenen Regel auf einen anderen, aber rechtsähnlichen Tatbestand, sofern das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke enthält (vgl. Sprau, in: Palandt, BGB, 74. Aufl. 2015, Einleitung, Rn. 48 m. w. N.). Diese Voraussetzungen liegen vor.
37 
α) Eine Regelungslücke ist gegeben. Während der Landesgesetzgeber die Rückforderung zu viel gezahlter Leistungen für das Besoldungsrecht in § 15 LBesGBW und für das Versorgungsrecht in § 5 LBeamtVGBW geregelt hat, fehlt es an einer entsprechenden, die Möglichkeit einer Billigkeitsentscheidung eröffnenden landesgesetzlichen Regelung für Fälle überzahlter Beihilfe.
38 
Das Bestehen der Regelungslücke wird nicht dadurch beseitigt, dass Belange, die in die Billigkeitsentscheidung einzustellen sind, jedenfalls teilweise auch im Rahmen des Rücknahmeermessens des § 48 LVwVfG Eingang finden könnten. So mag zwar denkbar sein, dass beispielsweise das Mitverschulden einer Behörde im Wege einer nur teilweisen Rücknahme berücksichtigt werden könnte. Die von §§ 15 LBesGBW und 5 LBeamtVGBW eröffnete Möglichkeit, eine Billigkeitsentscheidung zu treffen, geht aber deutlich weiter. Denn sie erlaubt es, alle individuellen Aspekte des jeweiligen Einzelfalls zu berücksichtigen und für den Betroffenen eine dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügende Lösung zu erarbeiten. Zu denken ist hierbei vor allem an die ratenweise Rückführung überzahlter Leistungen. Derartiges kann im Rahmen des Ermessens in § 48 LVwVfG dagegen nicht verwirklicht werden.
39 
β) Die Regelungslücke ist auch planwidrig.
40 
Ausgangspunkt der Überlegung bildet dabei der Umstand, dass vor der Dienstrechtsreform (vgl. hierzu das Gesetz zur Reform des öffentlichen Dienstrechts vom 9. November 2010, GBl. 2010, S. 793 – DRG) die Rückforderung überzahlter Beihilfe auf Grundlage des § 109 LBG a. F. erfolgen konnte. Er sah vor, dass für die Rückforderung von Leistungen des Dienstherrn, die nicht Besoldung oder Versorgung sind, § 12 Abs. 2 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) entsprechend anzuwenden war. Die Rückforderung von Beihilfe unterlag damit den gleichen Voraussetzungen wie die von Besoldungs- oder Versorgungsbezügen, insbesondere in Bezug auf das Erfordernis einer Billigkeitsentscheidung (vgl. § 12 BBesG und § 52 BeamtVG, die vor der Föderalismusreform auf Rückforderungen von Besoldungs- und Versorgungsbezügen anzuwenden waren).
41 
Diesen Gleichlauf hat der Landesgesetzgeber im Zuge der Dienstrechtsreform durch das Streichen der Vorschrift des § 109 LBG a. F., ohne dass hierfür ein sachlicher Grund ersichtlich wäre, beseitigt. Parallel dazu hat er im Landesbesoldungsgesetz Baden-Württemberg und im Landesbeamtenversorgungsgesetz Baden-Württemberg für überzahlte Besoldungs- beziehungsweise Versorgungsbezüge eigenständige Rechtsgrundlagen für die Rückforderung geschaffen, die jeweils eine Grundlage für Billigkeitsentscheidungen vorsehen. In der Gesetzesbegründung zu § 15 LBesGBW heißt es hierzu, dass die Bestimmung unverändert § 12 BBesG entspreche und, hinsichtlich der Absätze 2 bis 4, sie den Anspruch des Dienstherrn auf die Erstattung von ohne Rechtsgrund empfangenen Besoldungsleistungen regle (vgl. LT-Drs. 14/6694, S. 460). Zu § 5 Abs. 2 LBeamtVGBW heißt es (vgl. LT-Drs. 14/6694, S. 504): „Absatz 2 trifft eine eigenständige Regelung für die Rückforderung überzahlter Versorgungsbezüge“. Dagegen schweigt sich die Gesetzesbegründung zur Aufhebung des § 109 LBG a. F. aus.
42 
Auch aus den allgemeinen gesetzgeberischen Erwägungen lässt sich kein sachlicher Grund dafür ermitteln, weshalb für Besoldungs- und Versorgungsbezüge spezialgesetzliche Rückforderungsrechtsgrundlagen geschaffen wurden, während die Rückforderung der Beihilfe sich nunmehr nach der allgemeinen Bestimmung des § 49a LVwVfG richten soll, die eine Billigkeitsentscheidung nicht vorsieht. Das Dienstrechtsreformgesetz sollte eine Generalrevision der Rechtsverhältnisse der Beamtinnen und Beamten im Lande bringen (vgl. LT-Drs. 14/6694, S. 1) und in Bezug auf die besoldungsrechtlichen Regelungen eine umfassende Neukodifikation des bisherigen, im Land geltenden Besoldungsrechts schaffen. Gleichzeitig sollte die bestehende Unübersichtlichkeit im Besoldungsrecht beseitigt werden, indem möglichst viele der als Gesetz oder Rechtsverordnung derzeit bestehenden Rechtsvorschriften in einem Landesbesoldungsgesetz zusammengeführt werden (vgl. LT-Drs. 14/6694, S. 2). Angesichts dessen hätte es nahegelegen, die Rückforderung rechtsgrundlos gezahlter Beihilfe ebenfalls eigenständig zu regeln, zum Beispiel durch Aufnahme einer entsprechenden Bestimmung in oder im Anschluss an § 78 LBG.
43 
γ) Es liegt darüber hinaus die für einen Analogieschluss erforderliche vergleichbare Sach- und Interessenlage vor.
44 
Die Rückforderung von Besoldungs- und Versorgungsbezügen oder von überzahlter Beihilfe kann den Beamten – gemessen an seinem Monats- und Jahresverdienst – im Einzelfall hart treffen. Dies kann in dem Umstand begründet sein, dass unberechtigte Zahlungen über Jahre unbemerkt von ihrer Rechtswidrigkeit erfolgen können und sich so innerhalb der Verjährungsfrist hohe Rückzahlungsbeträge aufsummieren. Auch der vorliegende Fall ist hierfür ein geeignetes Beispiel. Im Zeitraum von März 2012 bis August 2013 konnten angesichts der erheblichen Erkrankung der Stieftochter des Klägers rasch große Summen an überzahlter Beihilfe auflaufen.
45 
Ein Beamter hat mit Ausnahme zulässiger Nebentätigkeit keine Möglichkeiten, die Höhe seiner Besoldung zu beeinflussen. Anders als Arbeitnehmer kann er seine Besoldung nicht etwa durch geschickte Gehaltsverhandlungen zu seinen Gunsten verändern, sondern muss die Entscheidung des Gesetzgebers zur Höhe hinnehmen. Steht demnach der finanzielle Verfügungsrahmen eines Beamten nahezu unverrückbar fest, so treffen ihn Rückforderungen in Höhen wie der vorliegenden mit besonderer Härte. Vor diesem Hintergrund ist die Entscheidung des Gesetzgebers nachvollziehbar und angemessen, im Rahmen einer Billigkeitsentscheidung die Möglichkeit für Erleichterungen bei der Rückzahlung zu schaffen.
46 
Da diese Härten sowohl bei überzahlten Besoldungs- und Versorgungsbezügen als auch gleichermaßen bei zu viel gezahlter Beihilfe auftreten können, ist die Sach- und Interessenlage ohne weiteres vergleichbar.“
47 
An diesen Erwägungen - die zwischenzeitlich vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg bestätigt und fortentwickelt wurden (ders., Urteil vom 20.09.2016 - 2 S 994/15 -, juris) - hält die Kammer nach neuerlicher Prüfung fest. Nach alledem ist die in Ziffer 2 des Bescheids vom 03.09.2015 verfügte Rückforderung der Beihilfe und in der Folge auch die dort in Ziffer 3 verfügte Zinszahlung rechtswidrig. Sie verletzen die Klägerin in ihren Rechten und sind daher aufzuheben.
48 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
49 
4. Die Berufung wird wegen der - zum Zeitpunkt der Entscheidungsfällung bestehenden - grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen.
50 
BESCHLUSS
51 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 3 GKG auf 3.436,69 EUR festgesetzt.
52 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

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Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens übersch

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(1) Wird ein Versorgungsberechtigter durch eine gesetzliche Änderung seiner Versorgungsbezüge mit rückwirkender Kraft schlechter gestellt, so sind die Unterschiedsbeträge nicht zu erstatten. (2) Im Übrigen regelt sich die Rückforderung zuviel gez

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(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tatbestand

1

Die 1946 geborene Klägerin war als Bundesbeamtin, zuletzt im Amt einer Fernmeldebetriebsinspektorin, bei der Deutschen Telekom AG (Telekom) beschäftigt. Die Telekom versetzte sie mit Wirkung vom 1. Dezember 2000 wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand.

2

Durch Bescheid vom 4. Januar 2001 setzte die Telekom das Ruhegehalt der Klägerin fest und bewilligte den Familienzuschlag der Stufe 1, weil der 1979 geborene Sohn in der Wohnung der Klägerin lebte. In der Folgezeit wies die Telekom die Klägerin auf die Bedeutung der Einkommensverhältnisse des Sohnes für die Zuschlagsberechtigung hin und forderte sie mehrfach auf, hierzu Angaben zu machen. Erst im Juli 2004 holte die Klägerin die Angaben nach. Hieraus ergab sich, dass die Eigenmittel des Sohnes aufgrund seines Arbeitseinkommens seit Juli 2002 in insgesamt 23 Monaten die gesetzliche Grenze für die Zuschlagsgewährung überstiegen.

3

Daraufhin hob die Telekom durch Bescheid vom 25. Oktober 2004 die "bisher erteilten Bescheide" auf und forderte die der Klägerin in den 23 Monaten gezahlten Zuschläge von insgesamt 1 585,46 € zurück. Diesen Bescheid hob das Verwaltungsgericht durch Urteil vom 20. Juli 2006 rechtskräftig auf, weil die Begründung nicht erkennen lasse, dass die Telekom Ermessen ausgeübt habe.

4

Durch Bescheid vom 19. September 2006 widerrief die Telekom die Bewilligung des Familienzuschlags der Stufe 1 für die fraglichen Monate und setzte erneut einen Rückforderungsbetrag von 1 585,46 € fest. Zugleich erklärte sie sich bereit, der Klägerin Ratenzahlung zu gewähren.

5

Die nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. In dem Berufungsurteil hat das Oberverwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt:

6

Die Beklagte könne den festgesetzten Betrag zurückfordern, weil die Klägerin in dieser Höhe den Familienzuschlag der Stufe 1 zu Unrecht erhalten habe. Durch den Bescheid vom 19. September 2006 habe die Telekom die Bewilligung des Zuschlags für die fraglichen Monate innerhalb der hierfür geltenden Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG aufgehoben. Nach dem entsprechend anzuwendenden § 53 Abs. 1 VwVfG habe der vom Verwaltungsgericht aufgehobene Bescheid vom 25. Oktober 2004 die Jahresfrist bis zum Ablauf von sechs Monaten nach Einritt der Rechtskraft des Urteils vom 20. Juli 2006 gehemmt. Die Klägerin könne sich nicht darauf berufen, die überzahlten Beträge im Rahmen der Lebensführung verbraucht zu haben. Der Rückforderungsbetrag müsse nicht aus Billigkeitsgründen ermäßigt werden.

7

Hiergegen richtet sich die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision der Klägerin. Sie beantragt,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen vom 16. Februar 2011 und des Verwaltungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen vom 4. Dezember 2008 sowie den Bescheid der Deutschen Telekom AG vom 19. September 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juni 2007 aufzuheben.

8

Die in der Revisionsverhandlung nicht vertretene Beklagte hat schriftlich den Antrag angekündigt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision der Klägerin ist nicht begründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht im Ergebnis mit Bundesrecht im Einklang (§ 137 Abs. 1 Nr. 1, § 144 Abs. 4 VwGO). Der Beklagten stehen Rückforderungsansprüche in der festgesetzten Höhe nach § 52 Abs. 2 Satz 1 bis 3 des Beamtenversorgungsgesetzes - BeamtVG - zu.

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Die Zuständigkeit der Telekom für die Regelung der Versorgungsbezüge der Klägerin folgt aus § 14 Abs. 1 Satz 1 des Postpersonalrechtsgesetzes - PostPersRG - in der Fassung des Gesetzes vom 14. September 1994 (BGBl I S. 2325). Die Telekom ist nach Art. 143b Abs. 3 Satz 2 GG ermächtigt, die Dienstherrnbefugnisse für die bei ihr beschäftigten Bundesbeamten auszuüben (stRspr; vgl. nur Urteil vom 20. August 1996 - BVerwG 1 D 80.95 - BVerwGE 103, 375 <377 f.> = Buchholz 232 § 54 Satz 3 BBG Nr. 7 S. 20 f.).

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Nach § 52 Abs. 2 Satz 1 bis 3 BeamtVG steht dem Dienstherrn unter folgenden Voraussetzungen ein Rückforderungsanspruch gegen einen Ruhestandsbeamten zu: Er muss zuviel Versorgungsbezüge gezahlt haben (Satz 1). Hat der Ruhestandsbeamte die zuviel gezahlten Beträge für die Lebensführung verbraucht, schuldet er die Rückzahlung, wenn er erkannt hat oder hätte offensichtlich erkennen müssen, dass ihm das Geld nicht zugestanden hat (Satz 2). Schließlich muss die Rückforderung der Höhe nach der Billigkeit entsprechen (Satz 3).

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1. Versorgungsbezüge sind zuviel gezahlt im Sinne von § 52 Abs. 2 Satz 1 BeamtVG, wenn die Zahlungen nicht von den Festsetzungen des Versorgungsfestsetzungsbescheids gedeckt sind. Während die Dienstbezüge der aktiven Beamten unmittelbar aufgrund Gesetzes gezahlt werden, werden die Ansprüche der Ruhestandsbeamten und anderer Versorgungsempfänger auf Zahlung der Versorgungsbezüge durch den Versorgungsfestsetzungsbescheid begründet. Nach dem durch § 49 Abs. 1 BeamtVG vorgegebenen Regelungsgehalt ist dieser Bescheid die gesetzlich vorgeschriebene, rechtsverbindliche Mitteilung über die Höhe der Versorgungsbezüge. Er regelt die Versorgungsbezüge in ihrer Gesamtheit (stRspr; vgl. Urteil vom 24. April 1959 - BVerwG 6 C 91.57 - BVerwGE 8, 261 <265 f.> = Buchholz 232 § 87 BBG Nr. 1 S. 10 f.). Hierzu gehört der Familienzuschlag der Stufe 1, weil diese Leistung nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BeamtVG Bestandteil der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge ist.

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Der Anspruch auf Zahlung der festgesetzten Versorgungsbezüge monatlich im Voraus (§ 49 Abs. 4 BeamtVG, § 3 Abs. 4 Satz 1 BBesG) besteht unabhängig davon, ob die Festsetzungen den gesetzlichen Vorgaben entsprechen. Daher kann der Dienstherr festgesetzte Versorgungsbezüge erst dann als zuviel gezahlt zurückfordern, wenn und soweit er den Versorgungsfestsetzungsbescheid mit Wirkung für den Zeitraum der Zahlungen aufgehoben hat. § 52 Abs. 2 BeamtVG stellt keine Rechtsgrundlage für die Aufhebung dar, sondern setzt sie voraus (stRspr; vgl. Urteil vom 24. April 1959 a.a.O.).

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Dementsprechend hat die Telekom in dem angefochtenen Bescheid vom 19. September 2006 nicht nur den Rückforderungsbetrag festgesetzt, sondern zunächst den Versorgungsfestsetzungsbescheid vom 4. Januar 2001 aufgehoben, der die Rechtsgrundlage für die Zahlung des Familienzuschlags der Stufe 1 in den fraglichen Monaten war.

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2. Da der Versorgungsfestsetzungsbescheid eine laufende Geldleistung gewährt, ist er darauf gerichtet, dauerhaft Rechtswirkungen zu entfalten (sog. Dauerverwaltungsakt). Dies hat zur Folge, dass sich Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse, die nach seinem Erlass eintreten, unmittelbar auf die rechtliche Beurteilung auswirken können. Eine bei Erlass rechtmäßige Festsetzung kann nachträglich rechtswidrig werden. Die Aufhebung eines ursprünglich rechtmäßigen Versorgungsfestsetzungsbescheids wegen nachträglich eingetretener Rechtswidrigkeit richtet sich nicht nach den Bestimmungen des § 49 VwVfG über den Widerruf eines rechtmäßigen Verwaltungsakts, wie das Oberverwaltungsgericht angenommen hat, sondern nach den Bestimmungen des § 48 VwVfG über die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts (Urteile vom 16. November 1989 - BVerwG 2 C 43.87 - BVerwGE 84, 111 <113 f.> = Buchholz 232 § 87 BBG Nr. 64 S. 2 und vom 16. Juli 2009 - BVerwG 2 C 43.08 - Buchholz 239.1 § 11 BeamtVG Nr. 13 Rn. 15).

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Nach § 48 Abs. 1 und 2 Satz 1 bis 4 VwVfG ist die Rücknahme einer nach Erlass des Versorgungsfestsetzungsbescheids rechtswidrig gewordenen Festsetzung mit Wirkung für die Vergangenheit regelmäßig geboten, wenn das Vertrauen des Versorgungsempfängers in den Bestand dieser Festsetzung nicht schutzwürdig ist. Genießt der Versorgungsempfänger keinen Vertrauensschutz, ist die Behörde zur Rücknahme verpflichtet, wenn keine atypischen Umstände vorliegen.

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Nach § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 VwVfG kann sich der Begünstigte auf Vertrauen nicht berufen, wenn er den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren. Er muss objektiv eine Mitursache für den Erlass des rechtswidrigen Verwaltungsakts gesetzt haben. Auf Verschulden kommt es nicht an. Das Unterlassen von Angaben steht unrichtigen Angaben gleich, wenn eine Mitteilungspflicht besteht (Urteile vom 14. August 1986 - BVerwG 3 C 9.85 - BVerwGE 74, 357 <363 f.> = Buchholz 451.90 EWG-Recht Nr. 66 S. 137 f. und vom 19. Dezember 1995 - BVerwG 5 C 10.94 - BVerwGE 100, 199 <201> = Buchholz 435.12 § 45 SGB X Nr. 12 S. 2 f.).

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Nach dem Zweck des § 48 Abs. 2 VwVfG genießt ein Versorgungsempfänger auch dann keinen Vertrauensschutz, wenn er es versäumt hat, versorgungsrechtlich erhebliche Änderungen der Einkommensverhältnisse mitzuteilen. Er muss durch seine Untätigkeit dazu beigetragen haben, dass die Behörde den Eintritt der Rechtswidrigkeit des Versorgungsfestsetzungsbescheids nicht erkannt und daher die festgesetzte Leistung weiterhin gewährt hat. Zwar ist der Verlust des Vertrauensschutzes nach § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 VwVfG an das Erwirken, d.h. an den Erlass des Verwaltungsakts, durch unrichtige oder unvollständige Angaben geknüpft. Die Regelungen des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 bis 3 VwVfG legen aber nicht abschließend fest, wann der Vertrauensschutz entfällt. Vielmehr sind die darin zum Ausdruck kommenden Wertungen des Gesetzgebers auch bei der Entscheidung nach § 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG über die Rücknahme eines teilweise rechtswidrig gewordenen Dauerverwaltungsakts zu beachten.

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Danach ist der angefochtene Bescheid vom 19. September 2006 von § 48 Abs. 2 Satz 1 und 4 VwVfG gedeckt, soweit die Telekom die Bewilligung des Familienzuschlags der Stufe 1 in dem Versorgungsfestsetzungsbescheid vom 4. Januar 2001 für insgesamt 23 Monate aufgehoben hat:

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In diesem Umfang ist der Versorgungsfestsetzungsbescheid nach seinem Erlass rechtswidrig geworden, weil die Voraussetzungen des § 40 Abs. 1 Nr. 4 BBesG für die Gewährung des Familienzuschlags der Stufe 1 nicht vorlagen. Nach dieser Vorschrift, die nach § 50 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG auch auf Ruhestandsbeamte Anwendung findet, erhalten Beamte, die nicht bereits nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BBesG zuschlagsberechtigt sind, den Zuschlag, wenn sie eine unterhaltsberechtigte Person, für deren Unterhalt nicht mindestens Mittel in Höhe des Sechsfachen des Zuschlagsbetrags zur Verfügung stehen, in ihre Wohnung aufgenommen haben. Aufgrund der gesetzlichen Eigenmittelgrenze kann sich die Zuschlagsberechtigung von Monat zu Monat ändern (vgl. Urteil vom 3. November 2005 - BVerwG 2 C 16.04 - Buchholz 240 § 40 BBesG Nr. 35 Rn. 9). Das Oberverwaltungsgericht hat bindend (§ 137 Abs. 2 VwGO) festgestellt, dass die Eigenmittel des Sohnes diese Grenze in denjenigen Monaten überstieg, in denen er Arbeitseinkommen bezog.

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Die Klägerin genießt keinen Vertrauensschutz, weil sie die Ursache für die gesetzwidrigen Zahlungen gesetzt hat. Sie hat es trotz mehrerer Aufforderungen unterlassen, die erforderlichen Angaben zu den Einkommensverhältnissen ihres Sohnes zu machen. Ohne diese Angaben war es der Telekom nicht möglich, die Zuschlagsberechtigung zu beurteilen.

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3. Der angefochtene Rücknahmebescheid vom 19. September 2006 ist auch innerhalb der Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG ergangen. Allerdings folgt dies nicht aus der entsprechenden Anwendung des § 53 Abs. 1 Satz 1 und 2 VwVfG, wie das Oberverwaltungsgericht angenommen hat, sondern unmittelbar aus § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG. Das vom Oberverwaltungsgericht gefundene Ergebnis erweist sich daher aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO).

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Nach § 53 Abs. 1 Satz 1 und 2 VwVfG hemmt ein Verwaltungsakt, der zur Feststellung oder Durchsetzung des Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers erlassen wird, die Verjährung dieses Anspruchs bis zum Eintritt der Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts oder bis zum Ablauf von sechs Monaten nach seiner anderweitigen Erledigung. Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut ist der Anwendungsbereich des § 53 Abs. 1 Satz 1 und 2 VwVfG auf Verjährungsfristen beschränkt. Er kann nicht im Wege der Analogie auf die Ausschlussfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG erweitert werden.

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Die analoge Anwendung der von einer Norm angeordneten Rechtsfolge auf Sachverhalte, die dieser Norm nicht unterfallen, setzt eine planwidrige Regelungslücke voraus. Der Anwendungsbereich der Norm muss wegen eines versehentlichen, mit dem Normzweck unvereinbaren Regelungsversäumnisses des Normgebers unvollständig sein. Eine derartige Lücke darf von den Gerichten im Wege der Analogie geschlossen werden, wenn sich aufgrund der gesamten Umstände feststellen lässt, dass der Normgeber die von ihm angeordnete Rechtsfolge auch auf den nicht erfassten Sachverhalt erstreckt hätte, wenn er diesen bedacht hätte (stRspr; vgl. Urteil vom 13. Dezember 1978 - BVerwG 6 C 46.78 - BVerwGE 57, 183 <186 f.> = Buchholz 235 § 40 BBesG Nr. 1 S. 3 f.; Beschluss vom 7. Juli 1993 - BVerwG 6 P 15.91 - Buchholz 251.2 § 40 BlnPersVG Nr. 1 S. 3 f.).

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Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass es der Gesetzgeber versehentlich unterlassen hat, die Regelungen des § 53 Abs. 1 Satz 1 und 2 VwVfG über die Hemmung von Verjährungsfristen auf die Ausschlussfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG zu erstrecken. Die Annahme eines derartigen Versäumnisses liegt bereits aufgrund der gesetzlichen Systematik fern. Die Vorschrift des § 53 VwVfG steht in dem besonderen, nur sie umfassenden Abschnitt 3 des Teils III "Verwaltungsakt" des Verwaltungsverfahrensgesetzes mit der Abschnittsüberschrift "Verjährungsrechtliche Wirkungen des Verwaltungsaktes". Es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber den Begriff "Verjährung" zweimal nur versehentlich gebraucht, eigentlich aber neben Verjährungsfristen auch gesetzliche Ausschlussfristen gemeint hat.

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Darüber hinaus fehlt es an einer planwidrigen Regelungslücke, weil sich Beginn und Lauf der Ausschlussfrist durch Auslegung des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG abschließend bestimmen lassen.

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Nach § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG ist die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt zulässig, in dem die Behörde Kenntnis von Tatsachen erhält, welche die Rücknahme rechtfertigen. Diese Jahresfrist kann weder verlängert werden noch ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand möglich (Ausschlussfrist). Nach dem Normzweck handelt es sich nicht um eine Bearbeitungs-, sondern um eine Entscheidungsfrist. Der zuständigen Behörde wird ein Jahr Zeit eingeräumt, um die Entscheidung über die Rücknahme des Verwaltungsakts zu treffen. Daraus folgt, dass die Frist erst bei vollständiger behördlicher Kenntnis der für die Rücknahme maßgebenden Sach- und Rechtslage zu laufen beginnt. Erst wenn die Behörde auf der Grundlage aller entscheidungserheblichen Tatsachen den zutreffenden rechtlichen Schluss gezogen hat, dass ihr die Rücknahmebefugnis zusteht, muss sie innerhalb eines Jahres entscheiden, ob sie davon Gebrauch macht (Beschluss des Großen Senats des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Dezember 1984 - BVerwG Gr. Sen. 1.84 und 2.84 - BVerwGE 70, 356 <358 ff.> = Buchholz 316 § 48 VwVfG Nr. 33 S. 16 ff.).

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Daher setzt der Fristbeginn zum einen voraus, dass sich die zuständige Behörde über die Rechtswidrigkeit des begünstigenden Verwaltungsakts im Klaren ist. Sie muss zu der Erkenntnis gelangt sein, dass sie den Verwaltungsakt bislang zu Unrecht für rechtmäßig gehalten hat. Es ist unerheblich, ob sie sich zuvor in einem Irrtum über den entscheidungserheblichen Sachverhalt (Tatsachenirrtum) oder über dessen rechtliche Beurteilung (Rechtsirrtum) befunden hat. Auch wenn der Erlass des begünstigenden Verwaltungsakts darauf beruht, dass die Behörde den ihr vollständig bekannten Sachverhalt rechtsfehlerhaft gewürdigt oder das anzuwendende Recht verkannt hat, beginnt die Jahresfrist erst mit der Kenntnis des Rechtsfehlers zu laufen (Beschluss vom 19. Dezember 1984 a.a.O.; Urteile vom 19. Dezember 1995 - BVerwG 5 C 10.94 - BVerwGE 100, 199 <201 f.> = Buchholz 435.12 § 45 SGB X Nr. 12 S. 3 f. und vom 24. Januar 2001 - BVerwG 8 C 8.00 - BVerwGE 112, 360 <361 ff.> = Buchholz 316 § 49 VwVfG Nr. 40 S. 4 ff.).

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Zum anderen setzt der Fristbeginn voraus, dass sich die zuständige Behörde darüber im Klaren ist, dass sich aus der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts die Befugnis zu dessen Rücknahme ergibt. Sie muss zu der Erkenntnis gelangt sein, dass die weiteren Rücknahmevoraussetzungen des § 48 VwVfG gegeben sind. Dies ist anzunehmen, wenn die Behörde ohne weitere Sachaufklärung imstande ist, diese Voraussetzungen des § 48 VwVfG, d.h. vor allem die Schutzwürdigkeit des Vertrauens des Begünstigten in den Bestand des Verwaltungsakts, zutreffend zu beurteilen und daraus die richtigen rechtlichen Schlüsse zieht (Beschluss vom 19. Dezember 1984 a.a.O. S. 358 bzw. S. 16; Urteile vom 19. Dezember 1995 a.a.O. S. 202 bzw. S. 3 und vom 24. Januar 2001 a.a.O. S. 363 bzw. S. 6).

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Nach diesen Grundsätzen ist der Beginn des Laufs der Jahresfrist auch dann zu bestimmen, wenn ein erster Rücknahmebescheid im Widerspruchs- oder Klageverfahren aufgehoben wird. In diesen Fällen läuft die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG ab dem Zeitpunkt der Unanfechtbarkeit der aufhebenden Entscheidung. Dies gilt unabhängig davon, ob die Aufhebung auf tatsächlichen oder rechtlichen Erwägungen beruht. Die Gründe, auf denen die aufhebende Entscheidung beruht, verschaffen der Rücknahmebehörde die Kenntnis, welcher Tatsachen- oder Rechtsirrtum ihr angelastet wird. Erst dieses Wissen versetzt sie in die Lage, auf vollständiger tatsächlicher und rechtlicher Grundlage über die Ausübung der Rücknahmebefugnis zu entscheiden. Die der Aufhebung des ersten Rücknahmebescheids zugrunde liegende Rechtsauffassung ist maßgebend, weil Widerspruchsbehörde und Verwaltungsgericht die Aufhebungsbefugnis zusteht (§ 68 Abs. 1, § 113 Abs. 1 VwGO).

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Wird der erste Rücknahmebescheid im Widerspruchs- oder Klageverfahren aufgehoben, weil die Behörde bei Erlass dieses Bescheids nach Auffassung von Widerspruchsbehörde oder Verwaltungsgericht bestimmte Tatsachen nicht berücksichtigt hat, die ihr - aus welchen Gründen auch immer - nicht bekannt waren, erlangt die Behörde erst mit Kenntnis dieser Auffassung die für den Fristbeginn erforderliche vollständige Kenntnis des entscheidungserheblichen Sachverhalts (Beschluss vom 20. Mai 1988 - BVerwG 7 B 79.88 - Buchholz 316 § 48 VwVfG Nr. 56 S. 5 = NVwZ 1988, 822).

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Nichts anderes gilt, wenn der erste Rücknahmebescheid im Widerspruchs- oder Klageverfahren aufgehoben wird, weil die Behörde nach Auffassung von Widerspruchsbehörde oder Verwaltungsgericht den vollständig aufgeklärten Sachverhalt rechtsfehlerhaft gewürdigt oder das anzuwendende Recht verkannt hat. Dies ist auch anzunehmen, wenn die Behörde bestimmte, ihr bekannte Tatsachen aus Rechtsgründen für unerheblich gehalten hat. Auch in diesen Fällen erlangt die Behörde erst mit Kenntnis dieser Rechtsauffassung die für den Fristbeginn erforderlichen Rechtserkenntnisse.

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Dies gilt unabhängig davon, ob der der Behörde angelastete Rechtsanwendungsfehler die Rechtswidrigkeit des begünstigenden Verwaltungsakts oder eine weitere gesetzliche Rücknahmevoraussetzung betrifft. Die einheitliche Behandlung der beiden Fehlerarten ist die zwingende Folge des Verständnisses der Jahresfrist als reiner Entscheidungsfrist, das der Große Senat des Bundesverwaltungsgerichts vor allem aus dem Normzweck hergeleitet hat (Beschluss vom 19. Dezember 1984 a.a.O. S. 359 f. bzw. S. 17 f.). Auch der Wortlaut des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG legt diese Annahme nahe. Danach bezieht sich die den Fristbeginn auslösende Kenntnis der Behörde nicht auf die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts, sondern auf die Rechtfertigung seiner Rücknahme.

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Zwar hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts entschieden, dass nur ein Rechtsirrtum über die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts, nicht aber über eine weitere Rücknahmevoraussetzung dem Beginn des Laufs der Jahresfrist nach § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X entgegen steht (Urteil vom 19. Dezember 1995 a.a.O. S. 202 f. bzw. S. 3 f.). In Anbetracht des Beschlusses des Großen Senats vom 19. Dezember 1984 (a.a.O.) kann diese Rechtsprechung aber nicht auf § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG übertragen werden. Hinzu kommt, dass die Regelungen der §§ 44 f. SGB X die Befugnis zur Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte, die Sozialleistungen gewähren, gegenüber § 48 VwVfG deutlich einschränkt. So ist etwa die Rücknahme rechtswidriger Leistungsbescheide für die Vergangenheit und damit die Rückforderung der Leistungen nach § 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X bei unrichtigen oder unvollständigen Angaben des Begünstigten nur möglich, wenn ihm Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt.

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Danach hat im vorliegenden Fall die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG ungeachtet der tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts und deren Richtigkeit erst mit Rechtskraft des Urteils vom 20. Juli 2006 zu laufen begonnen. Demnach hat die Telekom durch den angefochtenen Bescheid vom 19. September 2006 den Versorgungsfestsetzungsbescheid vom 4. Januar 2001 in Bezug auf die Bewilligung des Familienzuschlags der Stufe 1 mit Wirkung für die fraglichen Monate rechtzeitig zurückgenommen, sodass die Klägerin für diese Zeit im Umfang der Rücknahme zuviel Versorgungsbezüge erhalten hat.

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4. Der Klägerin kommt nicht zugute, dass sie die ungerechtfertigten Zuschlagszahlungen für ihre Lebensführung verbraucht hat. Ruhestandsbeamte sind nach § 52 Abs. 2 Satz 2 BeamtVG zur Rückzahlung der zuviel gezahlten Beträge verpflichtet, wenn sie den offensichtlichen Mangel der Zahlung hätten erkennen müssen. Dies ist anzunehmen, wenn der Empfänger die Überzahlung nur deshalb nicht bemerkt hat, weil er die erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße außer Acht gelassen hat (stRspr; vgl. zuletzt Urteil vom 26. April 2012 - BVerwG 2 C 15.10 - juris Rn. 16 ).

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Ein derartiger Pflichtenverstoß ist der Klägerin anzulasten. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts wusste sie, dass ihr Sohn Arbeitseinkommen bezog. Auch musste ihr aufgrund der Hinweise und Belehrungen der Telekom klar sein, dass diese Mittel ihre Zuschlagsberechtigung für den jeweiligen Monat entfallen ließen.

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Schließlich kommt eine Ermäßigung des Rückforderungsbetrags nicht in Betracht, weil die Klägerin die Überzahlungen allein zu verantworten hat (vgl. Urteil vom 26. April 2012 a.a.O. Rn. 25 f.). Diese hatten ihre Ursache ausschließlich darin, dass die Klägerin trotz mehrerer Aufforderungen die Einkommensverhältnisse ihres Sohnes nicht mitgeteilt hat. Die Telekom war auf diese Angaben angewiesen, um Überschreitungen der gesetzlichen Eigenmittelgrenze festzustellen.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 01.10.2013 - 6 K 702/13 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen die Rückforderung von Kassenleistungen in Höhe von 3.237,60 EUR.
Die Klägerin ist B1-Mitglied bei der Beklagten. Sie war in der Zeit von Dezember 2003 bis Juli 2005 in Behandlung bei Dr. K. Dieser wurde mit Urteil des Landgerichts München I vom 24.08.2011 - 12 KLs 569 Js 39263/05 - wegen Betrugs in Mittäterschaft in 1554 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Dieser Verurteilung lag nach den Feststellungen des Landgerichts der Sachverhalt zugrunde, dass Dr. K. einem Teil seiner Patienten folgende Vorgehensweise vorschlug: Auf der Rechnung werde er nicht die tatsächlich erbrachten Leistungen der Bioresonanztherapie, der Bioenergetischen Fokalherdtherapie und der EAV-Testung aufführen. Vielmehr werde er statt der Bioresonanztherapie und der Bioenergetischen Fokalherdtherapie auf der Rechnung die Leistungen mit „Akupunktur“ (269a GOÄ), „Infiltrationsbehandlung“ (268 GOÄ) und „Systembezogene Untersuchung“ (5 GOÄ) ausweisen. Die EAV-Testung werde er auf der Rechnung mit „Epikutantest“ (380 GOÄ), „Pricktest“ (385 GOÄ), „Pricktest (20 x)“ (386 GOÄ) und „Pricktest (20 x)“ (387 GOÄ) bezeichnen. Die Patienten, die auf diesen Vorschlag eingegangen seien, werden in dem Strafurteil entsprechend der aus der Anklage vom 06.09.2010 übernommenen Nummer aufgeführt; danach wird die Klägerin unter den Nummern 1010, 1068, 1136, 1428 und 1498 ausdrücklich erwähnt. Das Urteil des Landgerichts München I ist seit 09.02.2012 rechtskräftig.
Mit Bescheid vom 17.10.2012 nahm die Beklagte die Leistungsabrechnungen gegenüber der Klägerin vom 04.02.2004, 22.03.2004, 11.05.2004, 25.11.2004, 25.01.2005 und 14.07.2005 zurück und forderte von der Klägerin die aus ihrer Sicht ohne Rechtsgrund erbrachten Leistungen in Höhe von insgesamt 6.795,83 EUR (Beihilfe- und Kassenleistungen) zurück. Hiergegen erhob die Klägerin mit der Begründung Widerspruch, es sei unzutreffend, dass falsche Rechnungsstellungen nach Absprache mit den Patienten getroffen worden seien. Jedenfalls zwischen ihr und Dr. K. habe es keine Absprache in Richtung auf eine falsche Rechnungsstellung gegeben. Sie sei von der Ordnungsgemäßheit dieser Rechnungen ausgegangen.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid des Widerspruchsausschusses II der Beklagten vom 24.01.2013 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt, der Rückforderungsanspruch werde hinsichtlich der Kassenleistungen in Höhe von 3237,60 EUR geltend gemacht. Die Rücknahme der Bewilligungsbescheide sei in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens erfolgt. Das Interesse der Versichertengemeinschaft an der Erbringung satzungsgemäßer Leistungen überwiege das Interesse der Klägerin am Behaltendürfen der rechtswidrigen Leistungen. Das Vertrauen der Klägerin sei nicht schutzwürdig. Der Rückforderungsanspruch sei nicht verjährt. Sie habe am 17.10.2012 festgestellt, dass der Klägerin an den oben genannten Daten Leistungen zu Unrecht gewährt worden seien. Am gleichen Tag sei die Rückforderung fristgerecht durchgeführt worden. Besondere Billigkeitsgesichtspunkte seien nicht vorhanden. Der Widerspruchsbescheid wurde am 29.01.2013 zugestellt.
Am 27.02.2013 hat die Klägerin Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben und beantragt, die angefochtenen Bescheide aufzuheben. Zur Begründung hat sie ausgeführt, bezüglich der Rückforderung von Leistungen fehle es an einer Ermessensausübung. Es sei nicht berücksichtigt worden, dass sie keine Ahnung von den fachspezifischen Eigenheiten ärztlicher Abrechnungen habe, die angesetzten Gebührenpositionen nicht gekannt habe und davon ausgegangen sei, dass der behandelnde Arzt seine Abrechnungen korrekt erstelle. Zu Unrecht werde ihr arglistige Täuschung und damit strafbares Verhalten unterstellt. Sie habe die Abrechnungen von Dr. K. ungeprüft bei der Beklagten eingereicht. Der Rückforderungsanspruch sei verjährt. Die polizeilichen Ermittlungen seien im Jahre 2008 abgeschlossen gewesen. Die den Regress begründenden Umstände seien der Beklagten bekannt gewesen und hätten bis Ende 2011 geltend gemacht werden müssen. Die Beklagte hat ihre ablehnende Position aufrecht erhalten und u.a. ausgeführt, nach dem landgerichtlichen Urteil stehe fest, dass die Rechnungen von Dr. K. von den Patienten entsprechend einem gemeinsamen Tatplan jedenfalls im zeitlichen Zusammenhang mit der Rechnungsstellung bei den jeweiligen Krankenversicherungen und Beihilfestellen zur Erstattung eingereicht worden seien. Die Rückforderung der rechtswidrig gewährten Leistungen sei zwingend vorgeschrieben. Insoweit habe kein Ermessensspielraum bestanden. Auch die Verjährungsvorschrift des § 79 Abs. 4 der Satzung der Beklagten stehe der Geltendmachung der Rückforderung nicht entgegen.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 01.10.2013 ohne mündliche Verhandlung abgewiesen und ausgeführt, die zulässige Klage sei nicht begründet. Rechtsgrundlage für die angefochtene Rücknahme der ursprünglichen Leistungsbescheide und für die Rückforderung von Leistungen in Höhe von 3.237,60 EUR sei § 30 Abs. 4 der Satzung der Beklagten in der zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids geltenden Fassung der 84. Änderung, Stand 01.01.2013 i.V.m. § 48 VwVfG. Nach § 30 Abs. 4 der Satzung seien zu Unrecht erbrachte Leistungen zu erstatten. Da die streitigen Leistungen der Klägerin durch die im Rückforderungsbescheid vom 17.10.2012 genannten Leistungsabrechnungen als Verwaltungsakte bewilligt worden seien, sei die Beklagte zutreffend davon ausgegangen, dass als Voraussetzung für die Rückforderung diese Verwaltungsakte zurückgenommen werden müssten. Die Rücknahme der ursprünglichen Leistungsbescheide durch den Bescheid vom 17.10.2012 sei auch rechtmäßig erfolgt. Die Leistungen seien objektiv zu Unrecht gewährt worden. Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige Geldleistung gewähre, dürfe zwar nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut habe und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig sei (§ 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG). Auf Vertrauensschutz könne sich der Begünstigte nach § 48 Abs. 2 Satz 3 VwVfG allerdings nicht berufen, wenn wie hier der Ausschlussgrund nach § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG vorliege. Denn die Klägerin habe die begünstigenden Leistungsbescheide durch arglistige Täuschung erwirkt. Sie seien von Anfang an rechtswidrig gewesen, da die geltend gemachten Leistungen von dem behandelnden Arzt nicht erbracht worden seien. Dr. K. sei deshalb strafgerichtlich wegen Betrugs in Mittäterschaft zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt worden. Im strafgerichtlichen Verfahren habe sich Dr. K. dahingehend eingelassen, dass er, nachdem bezüglich der von ihm durchgeführten Testungen und Therapien keine direkten Nummern in der GOÄ vorhanden seien, die Behandlungen analog anderer Nummern abgerechnet habe. Jeder Patient habe einen Hinweiszettel erhalten, durch welchen ihm bewusst gewesen sei, dass es sich um eine analoge Abrechnung handele. Der Patient hätte den Hinweiszettel bei seiner Versicherung mit einreichen sollen. In den Urteilsgründen des landgerichtlichen Urteils sei die Klägerin - neben einer Vielzahl anderer Patientinnen und Patienten - namentlich als Patientin aufgeführt, die sich mit der von Dr. K. vorgeschlagenen Vorgehensweise einverstanden erklärt habe. Weiter seien in den Gründen des landgerichtlichen Urteils die durch Leistungsbescheide der Beklagten vom 04.02.2004, 22.03.2004, 11.05.2004, 25.01.2005 und 14.07.2005 festgesetzten Kassenleistungen ausdrücklich aufgeführt. Die Klägerin gehöre daher zum Kreis derjenigen Personen, die am Betrug von Dr. K. als Mittäter beteiligt gewesen seien. Sie könne daher nicht mit Erfolg einwenden, sie habe gerade wegen des unterschriebenen Hinweisblattes davon ausgehen können, dass Dr. K. seine Leistungen korrekt abgerechnet habe. Die Feststelllungen im Strafurteil beruhten weiter auf der Zeugenaussage des polizeilichen Sachbearbeiters W. Dieser habe angegeben, dass bei der Durchsuchung in allen Patientenakten ein grünes, von den Patienten unterschriebenes Belehrungsblatt gefunden worden sei. In diesem sei der jeweilige Patient darauf hingewiesen worden, dass durch den Angeklagten die Bioresonanztherapie, die Bioenergetische Fokalherdtherapie und die EAV-Testung als ärztliche Leistungen erbracht worden seien und diese analog den Nummern für die GOÄ-Nummern der Leistungen „Systembezogene Untersuchung“, „Akupunktur‘, „Infiltrationsbehandlung“, „Pricktest“ und „Epikutantest“ abgerechnet worden seien. Die Klägerin räume ein, ein derartiges Belehrungsblatt unterschrieben zu haben, sich aber nicht mehr an dessen genauen Wortlaut erinnern zu können. Sie habe daher durch vorsätzliches Verhalten eine Ursache für den Erlass der rechtswidrigen Leistungsbescheide gesetzt. Obwohl Dr. K. sie ausdrücklich darüber informiert habe, dass er in seinen Rechnungen Leistungen aufführe, die er nicht erbracht habe, habe sie diese bei der Beklagten eingereicht, um die entsprechenden Kassenleistungen zu bekommen, und die beteiligten Mitarbeiter der Beklagten so arglistig getäuscht. Auch wenn der Leistungsbescheid vom 25.11.2004, in dem Kassenleistungen in Höhe von 923,36 EUR festgesetzt worden seien, nicht im Strafurteil aufgeführt sei, habe die Klägerin auch ihn durch unrichtige Angaben erwirkt. Denn in der mit dem Erstattungsantrag vorgelegten Rechnung des Dr. K. vom 02.11.2011 würden - wie in den Rechnungen, die Gegenstand des strafgerichtlichen Verfahrens gewesen seien,- Gebühren für Infiltrationsbehandlung und Akupunktur geltend gemacht.
Der Rücknahme der rechtswidrigen Bescheide stehe § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG nicht entgegen. Denn die darin vorgesehene Jahresfrist seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme gemäß § 48 Abs. 4 S. 2 VwVfG gelte nicht im Falle, dass der Begünstigte den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung erwirkt habe. Die Rücknahme sie auch ermessensfehlerfrei erfolgt. Unschädlich sei, dass die erforderlichen Ermessenserwägungen erst im Widerspruchsbescheid enthalten seien.
Seien somit die Leistungsbescheide nachträglich weggefallen, habe die Klägerin auch die von der Beklagten geforderten 3.237,60 EUR zurückzuerstatten. Die Rückforderung sei nach § 30 Abs. 5 Satz 1 der Satzung zwingend vorgeschrieben. Offen bleiben könne, ob insoweit § 49a Abs. 2 Satz 1 VwVfG ergänzend Anwendung finde, der für den Umfang der Erstattung auf die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verweise. Denn nach § 49a Abs. 2 Satz 2 VwVfG könne sich der Begünstigte auf den Wegfall der Bereicherung nicht berufen, soweit er die Umstände, die zur Rücknahme des Verwaltungsaktes geführt hätten, gekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt habe. Diese Voraussetzungen hätten bei der Klägerin vorgelegen. Damit sei ihr auch bei Anwendung des § 49a VwVfG der Entreicherungseinwand verwehrt.
Der Rückerstattungsanspruch sei auch noch nicht verjährt. Die dreijährige Verjährungsfrist des § 79 Abs. 4 Satz 1 der Satzung beginne mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden sei und die Beklagte von den in Anspruch begründenden Tatsachen Kenntnis erlangt habe (§ 79 Abs. 4 Satz 2 der Satzung). Da die Rückforderung erst mit Rücknahme der rechtswidrigen Abrechnungen im Bescheid vom 17.10.2012 entstanden sei, habe die Verjährungsfrist erst mit Ablauf des Jahres 2012 zu laufen begonnen.
10 
Die Klägerin hat die vom Senat zugelassene Berufung innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 07.05.2014 begründet. Sie trägt vor, die vom Verwaltungsgericht übernommene Feststellung aus dem strafgerichtlichen Urteil, es liege ein Betrug in Mittäterschaft der Klägerin vor, sei unzutreffend. Die Klägerin sei im landgerichtlichen Verfahren weder als Beschuldigte geführt noch sei gegen sie ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Sie sei dort nicht beteiligt und auch nicht als Zeugin gehört worden. Das Verwaltungsgericht habe durch die Übernahme dieser Feststellungen des Landgerichts gegen den Amtsermittlungsgrundsatz verstoßen. Es habe sich nämlich lediglich darauf beschränkt, die von der Beklagten vorgelegten Auszüge aus dem Strafurteil gegen Dr. K. zu übernehmen. Mögliche Beweismittel seien nicht erhoben worden. Darüber hinaus habe das Erstgericht eine überraschende Entscheidung getroffen und in diesem Zusammenhang auch gegen Hinweispflichten verstoßen. Es sei nicht darauf hingewiesen worden, dass ohne jegliche weiteren Ermittlungen zu entscheiden beabsichtigt sei und von der Beklagten vorgelegte Auszüge des Strafurteils gegen Dr. K. übernommen werden sollten. Eine Stellungnahme hierzu sei nicht möglich gewesen bzw. eine Gelegenheit zur Stellungnahme nicht eingeräumt worden. Das Original des vom Verwaltungsgericht zitierten, aber nicht beigezogenen Hinweisblattes weise unterhalb der Ausstellereigenschaft von Dr. K. Folgendes aus: „Die von mir gewünschte Behandlung ist nicht Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung. Die von mir gewünschte Behandlung kann nicht mit jeder Krankenkasse abgerechnet werden. Ich wünsche durch den behandelnden Arzt die folgenden Leistungen in Anspruch zu nehmen“. Sodann werde hinsichtlich der angebotenen Therapien, u.a. wie im Fall der Klägerin Bioresonanztherapie ausgeführt, dass die analog bestimmter GOÄ-Nummern unter Angabe des entsprechenden Gebührensatzes (2,3 bzw. 1,5) abgerechnet werde als Akupunktur, Infiltration und Symptomuntersuchung. Das Verwaltungsgericht habe auf dieser Basis zu Unrecht die bloße landgerichtliche Verurteilung und die dort getroffenen Feststellungen ausreichen lassen, um von einer arglistigen Täuschung durch die Klägerin auszugehen. Arglist sei nicht gegeben. Das Verwaltungsgericht zitiere unvollständig, denn im Strafurteil heiße es auf S. 8, der angeklagte Dr. K. habe diese Vorgehensweise vorgeschlagen, „um dennoch eine Erstattung der von ihm erbrachten Leistungen durch die Versicherungen und Beihilfestellen an die Patienten sicherzustellen“. Weder diese letztgenannte Unterstellung des Strafgerichts noch die vom Verwaltungsgericht durchgeführte Bezugnahme, die Klägerin sei als eine derjenigen Patientinnen genannt, welche auf diesen Vorschlag eingegangen seien, fänden aber irgendeine Grundlage in tatsächlichen Beweiserhebungen und Feststellungen. Die Klägerin sei nicht vernommen worden und habe sich nie zu strafrechtlichen Vorwürfen äußern können. Nicht einmal die Strafkammer habe konkrete unmittelbare Feststellungen zu dem grünen Hinweisblatt getroffen, sondern dieses nur indirekt über die Aussage des Kriminalbeamten W. eingeführt. Dabei seien die Aussagen auf diesem grünen Belehrungsblatt eindeutig inhaltlich gegenteilig, nämlich dahingehend, dass die gewünschte Behandlung nicht Bestandteil vertragsärztlicher Versorgung sei und nicht mit jeder Krankenkasse abgerechnet werden könne. Wenn aber von vornherein klar sei, dass nicht zweifelsfrei eine Erstattung durch die Krankenkasse erfolge, ergebe es keinen Sinn, dass die anschließend aufgeführte Darstellung der Abrechnungen der vereinbarten Leistungen nach analogen Tatbeständen der GOÄ eine rechtswidrige Zielrichtung haben solle. Vielmehr ergebe sich eine schlüssige Erklärung hierzu gerade aus der Bemerkung, die Dr. K. seinerzeit gegenüber der Klägerin gemacht habe, dass er diese Abrechnungsziffern analog deswegen wähle, weil für die von ihm erbrachten Behandlungen eigene GOÄ-Nummern noch fehlen würden. Ebenso wenig wie diesen Sachverhalt habe das Verwaltungsgericht weitere Gesichtspunkte gewürdigt, die gegen eine Arglist bzw. Mittäterschaft der Klägerin sprächen: Einem Laien wie der Klägerin sei nicht ohne weiteres erkennbar, ob und was für ein Unterschied zwischen Akupunkturbehandlungen und Bioresonanzbehandlungen liege. Das eine finde mit Metallnadeln statt, das andere mit Elektroden. Eine Analogie auch bei der Abrechnung, zumal wenn sie von dem Arzt erklärt werde, erscheine nicht ohne weiteres als zweifelhaft. Hätte Dr. K. tatsächlich allen Patienten, wie ihm zur Last gelegt, offengelegt, dass er falsch abrechne und die von ihm schriftlich angegebene analoge Abrechnung gerade nicht rechtmäßig sei, so hätte er damit 1.554 Personen zu Mitwissern seiner Falschabrechnung gemacht. Wäre dies richtig, so hätte er zwangsläufig damit rechnen müssen, binnen kurzer Zeit hinsichtlich seiner betrügerischen Aktion aufzufliegen. Tatsächlich habe er gerade mit dem grünen Hinweisblatt das gegenteilige Ziel verfolgt, nämlich die Rechtmäßigkeit seiner Abrechnungsweise den Patienten vorzuspiegeln, die somit nicht Mittäter, sondern Opfer oder Werkzeuge seines betrügerischen Handelns geworden seien.
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Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei die Regelung in § 48 Abs. 4 VwVfG einschlägig. Dies resultiere daraus, dass keine arglistige Täuschung der Klägerin vorliege. Die Beklagte hätte binnen Jahresfrist ab Kenntnis die Rückforderung geltend machen müssen, habe dies aber nicht getan, so dass sie mit ihrer Forderung ausgeschlossen sei. Hinzu komme, dass auch die dreijährige Verjährungsfrist einschlägig sei. Denn die Argumentation des Erstgerichts, die Verjährungsfrist beginne mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden sei und die Beklagte von den anspruchsbegründenden Tatsachen Kenntnis erlangt habe mit der Konsequenz, dass die Forderung erst mit der Rücknahme der rechtswidrigen Abrechnungen entstanden sei, stelle einen Zirkelschluss dar. Mit dieser Argumentation könne jede Behörde den Beginn der eigenen Verjährungsfrist erst aktiv festlegen durch ihren entsprechenden Bescheid. Dies wäre eine Umgehung der Verjährungsregelung. Die Beklagte müsse sich die Kenntniserlangung der anspruchsbegründenden Tatsachen, wenn ein entsprechender Anspruch denn bestünde, bereits im Jahr 2008 zurechnen lassen. Insoweit seien die Ausführungen im Strafurteil vom 28.04.2011 hinsichtlich des dortigen Ermittlungsganges zu verwerten, durch den die Beklagte auch Kenntnis erlangt habe. Da bereits in der Anklageschrift die Klägerin als eine der vielen Patienten/-innen mit falschen Abrechnungen von Dr. K. genannt sei, ergebe sich hieraus, dass die Beklagte spätestens im Jahr 2008 Kenntnis des Sachverhalts gehabt habe, nachdem in diesem Jahr die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft München abgeschlossen worden seien. Daher komme die Rückforderung erst 2012 zu spät.
12 
Schließlich sei die Klägerin auch entreichert. Ein doloses Handeln liege nicht vor. Die Klägerin habe aber auch keinen finanziellen Vorteil durch die angeblichen Betrügereien des Dr. K. erlangt. Sie habe die Rechnungen bezahlt und somit die vollständigen Erstattungsleistungen der Beklagten auf diese verwendet. Auch hieraus werde deutlich, dass sie nichts anderes als ein Werkzeug des Dr. K. gewesen sei, das in Unkenntnis der tatsächlichen Rechts- und Abrechnungslage diesem Einnahmen verschafft habe. Auch weil dieser Gesichtspunkt unzutreffend gewürdigt worden sei, habe die Beklagte ermessensfehlerhaft entschieden.
13 
Die Klägerin beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 01.10.2013 - 6 K 702/13 - aufzuheben, ebenso den Bescheid der Beklagten vom 17.10.2012 und deren Widerspruchsbescheid vom 24.01.2013, soweit jeweils Kassenleistungen betroffen sind;
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außerdem die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
16 
Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
18 
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und führt im Einzelnen aus: Gegen den Amtsermittlungsgrundsatz sei nicht verstoßen worden. Eine weitere Aufklärung habe sich nicht aufgedrängt. Die anwaltlich vertretene Klägerin habe es unterlassen, eine entsprechende Zeugenvernehmung zu beantragen. Auch eine Überraschungsentscheidung liege nicht vor, da die Klägerin bis zur Urteilsverkündung ausreichend Zeit gehabt habe, auf die Klageerwiderung der Beklagten Stellung zu nehmen und zu allen entscheidungserheblichen Tatsachen vorzutragen. Auch ein Verwertungsverbot hinsichtlich der strafgerichtlichen Verurteilung liege nicht vor. Unabhängig von der nicht entscheidungserheblichen Frage, ob ein strafbares Verhalten der Klägerin vorliege, stehe fest, dass auf den Rechnungen von Dr. K. nicht erbrachte Leistungen aufgeführt seien. Ein Hinweis auf eine analoge Abrechnung der Gebührennummern finde sich in den Rechnungen nicht. Indem die Klägerin diese Rechnungen bei der Beklagten zur Erstattung eingereicht habe, obwohl sie gewusst oder es jedenfalls für möglich gehalten habe, dass diese unrichtigen Angaben zu den erbrachten Leistungen keinerlei Hinweise auf eine mögliche analoge Abrechnung bestimmter Gebührenziffern enthielten, habe sie arglistig gehandelt. Ferner sei für die Klägerin die Fehlerhaftigkeit der Bescheide der Beklagten im Sinne des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG offensichtlich erkennbar gewesen. Sie habe aufgrund des gemeinsamen Tatplans und des Hinweises des behandelnden Arztes positive Kenntnis davon gehabt, dass die Leistungsabrechnungen der Beklagten fehlerhaft gewesen seien. Jedenfalls hätte die Klägerin aufgrund der jeweiligen eindeutigen Texte zu den einzelnen Gebührenpositionen der Rechnungen von Dr. K. ohne besondere Mühe und im Rahmen einer Parallelwertung in der Laiensphäre erkennen können, dass rechtswidrig ärztliche Leistungen erstattet worden seien, obwohl sie diese niemals erhalten gehabt habe. Spezielle Kenntnisse zu den Abrechnungsziffern der GOÄ seien hierzu nicht erforderlich gewesen. Nach den Feststellungen des Strafurteils habe eine arglistige Täuschung vorgelegen; jedenfalls habe die Klägerin Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der Leistungsbescheide gehabt bzw. die Rechtswidrigkeit grob fahrlässig verkannt. Die Fehlerhaftigkeit der Bescheide der Beklagten sei für die Klägerin offensichtlich erkennbar gewesen. Ihr habe sich aufdrängen müssen, dass sie gerade keine Injektionen und somit auch keine Infiltrationsbehandlung erhalten habe. Ihr sei es zumutbar gewesen die von ihr eingereichten Rechnungen auf Grundlage ihrer individuellen Kenntnisse und Fähigkeit auf Richtigkeit zu überprüfen und darauf zu achten, dass ausschließlich die tatsächlich erbrachten ärztlichen Leistungen aufgeführt seien. Vorliegend habe sie es unterlassen, die von ihr eingereichten Rechnungen auch nur ansatzweise auf Richtigkeit und Plausibilität zu überprüfen.
19 
Zutreffend führe das Verwaltungsgericht auch aus, dass die Rückforderung erst mit Rücknahme der rechtswidrigen Abrechnungen im Bescheid vom 17.10.2012 entstanden und damit der Rückforderungsanspruch nicht verjährt sei. Ferner sei die Rücknahme des rechtswidrigen Verwaltungsakts gemäß § 48 Abs. 4 VwVfG innerhalb der Jahresfrist seit Kenntnisnahme der Tatsachen, welche die Rücknahme rechtfertigten, erfolgt. Die Beklagte habe am 17.10.2012 positive Kenntnis erlangt, dass die fraglichen Leistungen zu Unrecht gewährt worden seien und die weiteren Voraussetzungen für eine Rücknahme vorlägen. Dagegen spreche auch nicht die Tatsache, dass die Beklagte im Rahmen des Ermittlungsverfahrens bzw. aus der Anklageschrift Kenntnis von dem - dem Strafverfahren zugrundeliegenden - Sachverhalt erlangt habe. Im vorliegenden Fall habe der Ausgang des Strafverfahrens gegen Dr. K. durch rechtskräftiges Strafurteil abgewartet werden müssen, da die Beklagte erst zu diesem Zeitpunkt eine sichere Kenntnis über die Tatsachen gehabt habe, die eine Rücknahme rechtfertigten. Schließlich könne sich die Klägerin nicht auf Entreicherung berufen.
20 
Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bei ihrer informatorischen Anhörung ausgeführt, sie sei von der Erstattungsfähigkeit der erbrachten Leistungen ausgegangen. Dr. K. habe sie einen grünen Zettel über Analogabrechnungen unterschreiben lassen, sie habe aber keine Mehrfertigung erhalten. Bei Rechnungsstellung mit Abrechnung von „Akupunktur“ habe sie dann in der Praxis nachgefragt und um Übersendung einer Kopie des grünen Zettels gebeten, diese aber nie erhalten. Ihr sei bei wiederholter Nachfrage von den Mitarbeiterinnen der Praxis mitgeteilt worden, die Rechnung habe wegen der Analogabrechnungen ihre Richtigkeit. Sie habe es dann unterlassen, weiter zu insistieren, und die Rechnungen eingereicht. Der Senat hat Zeugenbeweis durch Vernehmung von Dr. K. erhoben. Für das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf die Anlage zum Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
21 
Die Akten der Beklagten, das Strafurteil des Landgerichts München I und die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Stuttgart waren Gegenstand des Verfahrens. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird hierauf und auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
22 
Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 17.10.2012 und deren Widerspruchsbescheid vom 24.01.2013 - jeweils bezogen auf Kassenleistungen - sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
23 
Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass Rechtsgrundlage für die Rückforderung § 30 Abs. 4 der Satzung der beklagten Postbeamtenkrankenkasse in der zur Zeit des Erlasses des Widerspruchsbescheids geltenden Fassung der 84. Änderung, Stand 01.01.2013, i. V. m. § 48 VwVfG ist.
24 
Nach § 30 Abs. 4 der Satzung der Beklagten sind zu Unrecht erbrachte Leistungen zu erstatten. Da die im Rückforderungsbescheid vom 17.12.2012 genannten Leistungsabrechnungen als Verwaltungsakte ausgestaltet waren, bedurfte es als Voraussetzung einer Rückforderung zunächst der Aufhebung dieser Verwaltungsakte, was durch deren Rücknahme im Rahmen des Bescheids vom 17.12.2012 geschehen ist. Sowohl diese Rücknahme (1) als auch die Rückforderung (2) sind rechtmäßig erfolgt.
25 
1. Die Rücknahme der Geldleistung gewährenden Verwaltungsakte richtet sich nach § 48 Abs. 1 und 2 VwVfG.
26 
a) Die im Bescheid erfassten sechs Leistungsabrechnungen waren objektiv rechtswidrig (§ 48 Abs. 1 Satz 1 VwGO), da jeweils Leistungen abgerechnet wurden, die so nicht erbracht worden sind. Hiervon ist die Beklagte zu Recht ausgegangen. Das hat sich nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt. Darin hat der Zeuge angegeben, dass seine medizinischen Leistungen stets auf die Bioresonanztherapie und die weiteren im Tatbestand genannten Leistungen beschränkt waren und er herkömmliche Leistungen, wie sie formal den Abrechnungen zugrunde lagen, nicht erbracht hat. Dass er sich an den konkreten Patientenkontakt mit der Klägerin nicht erinnerte, beeinträchtigt die Glaubhaftigkeit seiner generellen Aussage nicht, sondern erscheint angesichts des Zeitabstands und der Vielzahl seiner Patientinnen und Patienten plausibel. Des weiteren spricht für die Richtigkeit seiner diesbezüglichen Aussage, dass sich seine Angaben hierzu mit den Feststellungen in dem gegen ihn ergangenen Strafurteil decken. Hinzu kommt, dass auch die Klägerin bei ihrer informatorischen Anhörung vor dem Senat angegeben hat, sich gerade wegen der Bioresonanztherapie zur Behandlung beim Zeugen begeben zu haben, da herkömmliche Therapien bei ihr erfolglos geblieben seien.
27 
b) Auf Vertrauensschutz, der grundsätzlich nach § 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG einer Rücknahme begünstigender Verwaltungsakte entgegensteht, kann sich die Klägerin nicht berufen, denn er wird im vorliegenden Fall durch § 48 Abs. 2 Satz 3 VwVfG ausgeschlossen.
28 
aa) Dabei folgt der Senat nicht der Annahme des Verwaltungsgerichts, die jeweiligen Verwaltungsakte seien durch arglistige Täuschung erwirkt, und damit sei § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG erfüllt. Die Klägerin hat insoweit formal zu Recht beanstandet, dass das Verwaltungsgericht die Annahme einer arglistigen Täuschung maßgeblich aus den Feststellungen des gegen den Zeugen ergangenen Strafurteils abgeleitet hat, obgleich die Klägerin trotz des dort erhobenen Kollusionsvorwurfs mit dem Zeugen weder in dieses Strafverfahren einbezogen noch überhaupt je gegen sie in diesem Zusammenhang ein Ermittlungsverfahren eröffnet wurde. Aber auch inhaltlich fehlt dem Senat nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung eine hinreichend sichere Überzeugung davon, dass die Klägerin arglistig getäuscht hat. Um arglistige Täuschung handelt es sich, wenn der Adressat des Verwaltungsakts durch Angaben, deren Unrichtigkeit ihm bewusst war oder deren Unrichtigkeit er für möglich hielt, jedoch in Kauf nahm, bei Behördenmitarbeitern einen Irrtum in dem Bewusstsein hervorruft, diese durch Täuschung zu einer für ihn günstigen Entscheidung zu bestimmen (BVerwG. Urteil vom 18.09.1985 - 2 C 30.84 - ZBR 1986, 52; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., § 48 Rn. 112). Die Klägerin hat hierzu bei ihrer Anhörung vor dem Senat ausgeführt, sie habe bei der Erwähnung der - tatsächlich nicht erbrachten - Akupunktur in der ersten Rechnung telefonisch nachgefragt und eine Kopie des von ihr unterschriebenen grünen Zettels über die Analogabrechnungen (erfolglos) erbeten, schließlich aber die Rechnungen unkommentiert weitergeleitet, weil ihr die Korrektheit der Abrechnung von Praxismitarbeiterinnen bestätigt worden sei. Zwar bestehen an ihrer Aussage Zweifel insofern, als ihre Behauptung, keine Mehrfertigung des grünen Zettels erhalten zu haben, in Widerspruch zu der Aussage des Zeugen steht, es seien stets Kopien des grünen Zettels an die Patienten ausgehändigt worden; außerdem erscheint es wenig plausibel, dass sie zunächst eine Kopie des grünen Zettels angefordert haben will, um ihn gegebenenfalls der bei der Kasse einzureichenden Arztrechnung beizufügen, dann aber - obwohl sie die angeforderte Kopie nicht erhalten habe - auf bloße telefonische Mitteilung, es habe alles seine Richtigkeit, die tatsächlich unrichtige Rechnung ohne erklärenden oder erläuternden Zusatz bei der Beklagten einreichte und die Richtigkeit der Angaben auf dem Erstattungsantrag versicherte. Gleichwohl hält es der Senat immerhin noch für möglich, dass die Klägerin insoweit die Augen verschlossen und nicht einen bewussten Täuschungsvorsatz gefasst hatte.
29 
bb) Die Klägerin kann sich aber auf Vertrauensschutz jedenfalls deshalb nicht berufen, weil die Voraussetzungen von § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und Nr. 3 VwVfG erfüllt sind.
30 
§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 VwVfG liegt vor, weil die Klägerin die Leistungsbescheide durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren, indem sie die Arztrechnungen ohne weitere Kommentierung oder Mitlieferung des ihr möglicherweise vorliegenden grünen Zettels eingereicht und die Richtigkeit ihrer Angaben versichert und damit zum Ausdruck gebracht hat, die konkret abgerechneten medizinischen Leistungen seien erbracht worden. Die entsprechenden Feststellungen lassen sich den Akten entnehmen und sind auch nicht streitig. Auf die Frage eines Verschuldens kommt es insoweit nicht an.
31 
Aber auch die Voraussetzungen von § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 sind gegeben. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Klägerin der grüne Zettel zur Analogabrechnung vorgelegen hat oder nicht. Denn die Rechtswidrigkeit der Bescheide, die auf von ihr erbrachten Fehlangaben beruhten, war ihr - wenn nicht bekannt - so doch zumindest infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt. Der Klägerin musste bei Parallelwertung in der Laiensphäre (vgl. dazu u. a. Kopp/Ramsauer, VwVfG 15. Aufl., § 48 Rn. 122) klar sein, dass ein auf unrichtigen oder in wesentlicher Hinsicht unvollständigen Sachverhaltsangaben beruhender Verwaltungsakt mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht rechtmäßig ist. In diesem Zusammenhang kann sie sich - anders als bei der Frage einer arglistigen Täuschung - weder mit dem Hinweis auf ein bloßes Vergessen des Hinzufügens weiterer Informationen noch mit dem Hinweis auf Unklarheiten oder Fehlvorstellungen im Zusammenhang mit dem Begriff analoger Abrechnungen entlasten.
32 
c) Ermessensfehler bei der Rücknahmeentscheidung kann die Klägerin nicht für sich geltend machen. Mit Blick auf den fehlenden Vertrauensschutz ist regelmäßig eine Ermessensreduktion in Richtung einer Rücknahme auch für die Vergangenheit anzunehmen, wenn - wie hier - für einen Ausnahmefall nichts ersichtlich ist (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG 15. Aufl., § 48 Rn.127b und 127c). Unabhängig davon ist die im Widerspruchsbescheid erfolgte Ermessensausübung nicht zu beanstanden.
33 
d) Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG stand der Rücknahme nicht entgegen. Mangels Nachweisbarkeit von Arglist folgt das allerdings noch nicht aus einer tatbestandlichen Unanwendbarkeit der Vorschrift (vgl. hierzu § 48 Abs. 4 Satz 2 VwVfG). Doch ist die Rücknahme rechtzeitig innerhalb der Frist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG erfolgt: Kenntnis von den gesamten Umständen lässt sich frühestens ab Rechtskraft des gegen den Zeugen wegen Abrechnungsbetrugs ergangenen Strafurteils annehmen (09.02.2012). Damit war die am 17.10.2012 erfolgte Rücknahme rechtzeitig. Ohne Erfolg versucht die Klägerin dem entgegenzuhalten, die Frist sei schon mit Kenntnis vom Abschluss der strafrechtlichen Ermittlungen im Zusammenhang des gegen den Zeugen gerichteten Strafverfahrens im Jahr 2008 in Lauf gesetzt worden, weshalb eine Rücknahme im Oktober 2012 verfristet sei. Sie verkennt hierbei, dass erst die positive und vollständige Kenntnis aller Tatsachen im weitesten Sinn, die für die Behördenentscheidung über eine Rücknahme relevant sind oder sein können einschließlich der für die zu treffende Ermessensentscheidung unter Umständen relevanten Tatsachen die Frist in Lauf setzt (Kopp/Ramsauer aaO, Rn. 153 m. w. N.). Vor dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens kann von einer solchen Kenntnis jedenfalls nicht die Rede sein.
34 
Damit war die Rücknahme der streitgegenständlichen Leistungsbescheide rechtmäßig. Dies gilt - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - auch hinsichtlich des im Strafurteil nicht erwähnten Leistungsbescheids, weil sich die vom Zeugen erbrachten Leistungen nach den übereinstimmenden Angaben des Zeugen und der Klägerin im gesamten Behandlungszeitraum auf Bioresonanztherapie beschränkt haben und auch der Abrechnungsmodus in der Weise unverändert geblieben ist, dass so nicht erbrachte Leistungen aufgeführt wurden, ohne dass in der Rechnung ein Hinweis auf diesbezüglich zu erwägende Analogansetzungen von Gebühren enthalten war.
35 
2. Die Rückforderung der zu Unrecht erbrachten Kassenleistungen nach § 30 Abs. 4 der Satzung ist ebenfalls rechtmäßig. Insoweit liegt eine zwingende Regelung vor.
36 
a) Mit dem Verwaltungsgericht kann offen bleiben, ob neben § 30 Abs. 4 der Satzung auch § 49a Abs. 2 VwVfG ergänzend anzuwenden ist, dessen Satz 1 für den Umfang der Erstattung auf die Vorschriften des BGB über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verweist. Denn die Klägerin kann sich - auch bei Anwendbarkeit von § 49a VwVfG - auf einen Wegfall der Bereicherung jedenfalls nach § 49a Abs. 2 Satz 2 VwVfG nicht berufen, weil sie die Umstände, die zur Rücknahme des Verwaltungsakts geführt haben, jedenfalls infolge grober Fahrlässigkeit (s. oben) nicht kannte.
37 
b) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Erstattungsanspruch auch nicht verjährt. § 79 Abs. 4 Satz 1 und 2 der Satzung bestimmt, dass Rückforderungsansprüche in drei Jahren verjähren und die Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist und die Beklagte von den Anspruch begründenden Tatsachen Kenntnis erlangt hat. Zu Recht verweist das Verwaltungsgericht in Auslegung dieser Bestimmung darauf, dass der Rückforderungsanspruch erst am 17.10.2012 entstanden und damit nicht verjährt ist, ohne dass es noch auf die Frage der Kenntnis der anspruchsbegründenden Tatsachen ankommt. Die Argumentation der Klägerin, hier würden Verjährungsvorschriften umgangen, ist ebenso unrichtig wie ihre Annahme, die rückforderungsbegründenden Umstände seien bereits mit Kenntnis des Abschlusses des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens 2008 bekannt gewesen. Letzteres wurde bereits im Zusammenhang mit der Frage einer möglichen Verfristung der Rücknahme nach § 48 Abs. 4 VwVfG verneint; hierauf wird verwiesen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
39 
Ein Ausspruch zu § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO ist nicht veranlasst, da die Klägerin nach § 154 Abs. 2 VwGO die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen hat und auch erstinstanzlich unterlegen ist, so dass für Erstattungsforderungen ihrerseits kein Raum ist.
40 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
41 
Beschluss vom 14. August 2015
42 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 3.237,60 EUR festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG).
43 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
22 
Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 17.10.2012 und deren Widerspruchsbescheid vom 24.01.2013 - jeweils bezogen auf Kassenleistungen - sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
23 
Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass Rechtsgrundlage für die Rückforderung § 30 Abs. 4 der Satzung der beklagten Postbeamtenkrankenkasse in der zur Zeit des Erlasses des Widerspruchsbescheids geltenden Fassung der 84. Änderung, Stand 01.01.2013, i. V. m. § 48 VwVfG ist.
24 
Nach § 30 Abs. 4 der Satzung der Beklagten sind zu Unrecht erbrachte Leistungen zu erstatten. Da die im Rückforderungsbescheid vom 17.12.2012 genannten Leistungsabrechnungen als Verwaltungsakte ausgestaltet waren, bedurfte es als Voraussetzung einer Rückforderung zunächst der Aufhebung dieser Verwaltungsakte, was durch deren Rücknahme im Rahmen des Bescheids vom 17.12.2012 geschehen ist. Sowohl diese Rücknahme (1) als auch die Rückforderung (2) sind rechtmäßig erfolgt.
25 
1. Die Rücknahme der Geldleistung gewährenden Verwaltungsakte richtet sich nach § 48 Abs. 1 und 2 VwVfG.
26 
a) Die im Bescheid erfassten sechs Leistungsabrechnungen waren objektiv rechtswidrig (§ 48 Abs. 1 Satz 1 VwGO), da jeweils Leistungen abgerechnet wurden, die so nicht erbracht worden sind. Hiervon ist die Beklagte zu Recht ausgegangen. Das hat sich nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt. Darin hat der Zeuge angegeben, dass seine medizinischen Leistungen stets auf die Bioresonanztherapie und die weiteren im Tatbestand genannten Leistungen beschränkt waren und er herkömmliche Leistungen, wie sie formal den Abrechnungen zugrunde lagen, nicht erbracht hat. Dass er sich an den konkreten Patientenkontakt mit der Klägerin nicht erinnerte, beeinträchtigt die Glaubhaftigkeit seiner generellen Aussage nicht, sondern erscheint angesichts des Zeitabstands und der Vielzahl seiner Patientinnen und Patienten plausibel. Des weiteren spricht für die Richtigkeit seiner diesbezüglichen Aussage, dass sich seine Angaben hierzu mit den Feststellungen in dem gegen ihn ergangenen Strafurteil decken. Hinzu kommt, dass auch die Klägerin bei ihrer informatorischen Anhörung vor dem Senat angegeben hat, sich gerade wegen der Bioresonanztherapie zur Behandlung beim Zeugen begeben zu haben, da herkömmliche Therapien bei ihr erfolglos geblieben seien.
27 
b) Auf Vertrauensschutz, der grundsätzlich nach § 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG einer Rücknahme begünstigender Verwaltungsakte entgegensteht, kann sich die Klägerin nicht berufen, denn er wird im vorliegenden Fall durch § 48 Abs. 2 Satz 3 VwVfG ausgeschlossen.
28 
aa) Dabei folgt der Senat nicht der Annahme des Verwaltungsgerichts, die jeweiligen Verwaltungsakte seien durch arglistige Täuschung erwirkt, und damit sei § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG erfüllt. Die Klägerin hat insoweit formal zu Recht beanstandet, dass das Verwaltungsgericht die Annahme einer arglistigen Täuschung maßgeblich aus den Feststellungen des gegen den Zeugen ergangenen Strafurteils abgeleitet hat, obgleich die Klägerin trotz des dort erhobenen Kollusionsvorwurfs mit dem Zeugen weder in dieses Strafverfahren einbezogen noch überhaupt je gegen sie in diesem Zusammenhang ein Ermittlungsverfahren eröffnet wurde. Aber auch inhaltlich fehlt dem Senat nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung eine hinreichend sichere Überzeugung davon, dass die Klägerin arglistig getäuscht hat. Um arglistige Täuschung handelt es sich, wenn der Adressat des Verwaltungsakts durch Angaben, deren Unrichtigkeit ihm bewusst war oder deren Unrichtigkeit er für möglich hielt, jedoch in Kauf nahm, bei Behördenmitarbeitern einen Irrtum in dem Bewusstsein hervorruft, diese durch Täuschung zu einer für ihn günstigen Entscheidung zu bestimmen (BVerwG. Urteil vom 18.09.1985 - 2 C 30.84 - ZBR 1986, 52; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., § 48 Rn. 112). Die Klägerin hat hierzu bei ihrer Anhörung vor dem Senat ausgeführt, sie habe bei der Erwähnung der - tatsächlich nicht erbrachten - Akupunktur in der ersten Rechnung telefonisch nachgefragt und eine Kopie des von ihr unterschriebenen grünen Zettels über die Analogabrechnungen (erfolglos) erbeten, schließlich aber die Rechnungen unkommentiert weitergeleitet, weil ihr die Korrektheit der Abrechnung von Praxismitarbeiterinnen bestätigt worden sei. Zwar bestehen an ihrer Aussage Zweifel insofern, als ihre Behauptung, keine Mehrfertigung des grünen Zettels erhalten zu haben, in Widerspruch zu der Aussage des Zeugen steht, es seien stets Kopien des grünen Zettels an die Patienten ausgehändigt worden; außerdem erscheint es wenig plausibel, dass sie zunächst eine Kopie des grünen Zettels angefordert haben will, um ihn gegebenenfalls der bei der Kasse einzureichenden Arztrechnung beizufügen, dann aber - obwohl sie die angeforderte Kopie nicht erhalten habe - auf bloße telefonische Mitteilung, es habe alles seine Richtigkeit, die tatsächlich unrichtige Rechnung ohne erklärenden oder erläuternden Zusatz bei der Beklagten einreichte und die Richtigkeit der Angaben auf dem Erstattungsantrag versicherte. Gleichwohl hält es der Senat immerhin noch für möglich, dass die Klägerin insoweit die Augen verschlossen und nicht einen bewussten Täuschungsvorsatz gefasst hatte.
29 
bb) Die Klägerin kann sich aber auf Vertrauensschutz jedenfalls deshalb nicht berufen, weil die Voraussetzungen von § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und Nr. 3 VwVfG erfüllt sind.
30 
§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 VwVfG liegt vor, weil die Klägerin die Leistungsbescheide durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren, indem sie die Arztrechnungen ohne weitere Kommentierung oder Mitlieferung des ihr möglicherweise vorliegenden grünen Zettels eingereicht und die Richtigkeit ihrer Angaben versichert und damit zum Ausdruck gebracht hat, die konkret abgerechneten medizinischen Leistungen seien erbracht worden. Die entsprechenden Feststellungen lassen sich den Akten entnehmen und sind auch nicht streitig. Auf die Frage eines Verschuldens kommt es insoweit nicht an.
31 
Aber auch die Voraussetzungen von § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 sind gegeben. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Klägerin der grüne Zettel zur Analogabrechnung vorgelegen hat oder nicht. Denn die Rechtswidrigkeit der Bescheide, die auf von ihr erbrachten Fehlangaben beruhten, war ihr - wenn nicht bekannt - so doch zumindest infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt. Der Klägerin musste bei Parallelwertung in der Laiensphäre (vgl. dazu u. a. Kopp/Ramsauer, VwVfG 15. Aufl., § 48 Rn. 122) klar sein, dass ein auf unrichtigen oder in wesentlicher Hinsicht unvollständigen Sachverhaltsangaben beruhender Verwaltungsakt mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht rechtmäßig ist. In diesem Zusammenhang kann sie sich - anders als bei der Frage einer arglistigen Täuschung - weder mit dem Hinweis auf ein bloßes Vergessen des Hinzufügens weiterer Informationen noch mit dem Hinweis auf Unklarheiten oder Fehlvorstellungen im Zusammenhang mit dem Begriff analoger Abrechnungen entlasten.
32 
c) Ermessensfehler bei der Rücknahmeentscheidung kann die Klägerin nicht für sich geltend machen. Mit Blick auf den fehlenden Vertrauensschutz ist regelmäßig eine Ermessensreduktion in Richtung einer Rücknahme auch für die Vergangenheit anzunehmen, wenn - wie hier - für einen Ausnahmefall nichts ersichtlich ist (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG 15. Aufl., § 48 Rn.127b und 127c). Unabhängig davon ist die im Widerspruchsbescheid erfolgte Ermessensausübung nicht zu beanstanden.
33 
d) Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG stand der Rücknahme nicht entgegen. Mangels Nachweisbarkeit von Arglist folgt das allerdings noch nicht aus einer tatbestandlichen Unanwendbarkeit der Vorschrift (vgl. hierzu § 48 Abs. 4 Satz 2 VwVfG). Doch ist die Rücknahme rechtzeitig innerhalb der Frist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG erfolgt: Kenntnis von den gesamten Umständen lässt sich frühestens ab Rechtskraft des gegen den Zeugen wegen Abrechnungsbetrugs ergangenen Strafurteils annehmen (09.02.2012). Damit war die am 17.10.2012 erfolgte Rücknahme rechtzeitig. Ohne Erfolg versucht die Klägerin dem entgegenzuhalten, die Frist sei schon mit Kenntnis vom Abschluss der strafrechtlichen Ermittlungen im Zusammenhang des gegen den Zeugen gerichteten Strafverfahrens im Jahr 2008 in Lauf gesetzt worden, weshalb eine Rücknahme im Oktober 2012 verfristet sei. Sie verkennt hierbei, dass erst die positive und vollständige Kenntnis aller Tatsachen im weitesten Sinn, die für die Behördenentscheidung über eine Rücknahme relevant sind oder sein können einschließlich der für die zu treffende Ermessensentscheidung unter Umständen relevanten Tatsachen die Frist in Lauf setzt (Kopp/Ramsauer aaO, Rn. 153 m. w. N.). Vor dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens kann von einer solchen Kenntnis jedenfalls nicht die Rede sein.
34 
Damit war die Rücknahme der streitgegenständlichen Leistungsbescheide rechtmäßig. Dies gilt - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - auch hinsichtlich des im Strafurteil nicht erwähnten Leistungsbescheids, weil sich die vom Zeugen erbrachten Leistungen nach den übereinstimmenden Angaben des Zeugen und der Klägerin im gesamten Behandlungszeitraum auf Bioresonanztherapie beschränkt haben und auch der Abrechnungsmodus in der Weise unverändert geblieben ist, dass so nicht erbrachte Leistungen aufgeführt wurden, ohne dass in der Rechnung ein Hinweis auf diesbezüglich zu erwägende Analogansetzungen von Gebühren enthalten war.
35 
2. Die Rückforderung der zu Unrecht erbrachten Kassenleistungen nach § 30 Abs. 4 der Satzung ist ebenfalls rechtmäßig. Insoweit liegt eine zwingende Regelung vor.
36 
a) Mit dem Verwaltungsgericht kann offen bleiben, ob neben § 30 Abs. 4 der Satzung auch § 49a Abs. 2 VwVfG ergänzend anzuwenden ist, dessen Satz 1 für den Umfang der Erstattung auf die Vorschriften des BGB über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verweist. Denn die Klägerin kann sich - auch bei Anwendbarkeit von § 49a VwVfG - auf einen Wegfall der Bereicherung jedenfalls nach § 49a Abs. 2 Satz 2 VwVfG nicht berufen, weil sie die Umstände, die zur Rücknahme des Verwaltungsakts geführt haben, jedenfalls infolge grober Fahrlässigkeit (s. oben) nicht kannte.
37 
b) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Erstattungsanspruch auch nicht verjährt. § 79 Abs. 4 Satz 1 und 2 der Satzung bestimmt, dass Rückforderungsansprüche in drei Jahren verjähren und die Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist und die Beklagte von den Anspruch begründenden Tatsachen Kenntnis erlangt hat. Zu Recht verweist das Verwaltungsgericht in Auslegung dieser Bestimmung darauf, dass der Rückforderungsanspruch erst am 17.10.2012 entstanden und damit nicht verjährt ist, ohne dass es noch auf die Frage der Kenntnis der anspruchsbegründenden Tatsachen ankommt. Die Argumentation der Klägerin, hier würden Verjährungsvorschriften umgangen, ist ebenso unrichtig wie ihre Annahme, die rückforderungsbegründenden Umstände seien bereits mit Kenntnis des Abschlusses des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens 2008 bekannt gewesen. Letzteres wurde bereits im Zusammenhang mit der Frage einer möglichen Verfristung der Rücknahme nach § 48 Abs. 4 VwVfG verneint; hierauf wird verwiesen.
38 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
39 
Ein Ausspruch zu § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO ist nicht veranlasst, da die Klägerin nach § 154 Abs. 2 VwGO die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen hat und auch erstinstanzlich unterlegen ist, so dass für Erstattungsforderungen ihrerseits kein Raum ist.
40 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
41 
Beschluss vom 14. August 2015
42 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 3.237,60 EUR festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG).
43 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 01.10.2013 - 6 K 702/13 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen die Rückforderung von Kassenleistungen in Höhe von 3.237,60 EUR.
Die Klägerin ist B1-Mitglied bei der Beklagten. Sie war in der Zeit von Dezember 2003 bis Juli 2005 in Behandlung bei Dr. K. Dieser wurde mit Urteil des Landgerichts München I vom 24.08.2011 - 12 KLs 569 Js 39263/05 - wegen Betrugs in Mittäterschaft in 1554 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Dieser Verurteilung lag nach den Feststellungen des Landgerichts der Sachverhalt zugrunde, dass Dr. K. einem Teil seiner Patienten folgende Vorgehensweise vorschlug: Auf der Rechnung werde er nicht die tatsächlich erbrachten Leistungen der Bioresonanztherapie, der Bioenergetischen Fokalherdtherapie und der EAV-Testung aufführen. Vielmehr werde er statt der Bioresonanztherapie und der Bioenergetischen Fokalherdtherapie auf der Rechnung die Leistungen mit „Akupunktur“ (269a GOÄ), „Infiltrationsbehandlung“ (268 GOÄ) und „Systembezogene Untersuchung“ (5 GOÄ) ausweisen. Die EAV-Testung werde er auf der Rechnung mit „Epikutantest“ (380 GOÄ), „Pricktest“ (385 GOÄ), „Pricktest (20 x)“ (386 GOÄ) und „Pricktest (20 x)“ (387 GOÄ) bezeichnen. Die Patienten, die auf diesen Vorschlag eingegangen seien, werden in dem Strafurteil entsprechend der aus der Anklage vom 06.09.2010 übernommenen Nummer aufgeführt; danach wird die Klägerin unter den Nummern 1010, 1068, 1136, 1428 und 1498 ausdrücklich erwähnt. Das Urteil des Landgerichts München I ist seit 09.02.2012 rechtskräftig.
Mit Bescheid vom 17.10.2012 nahm die Beklagte die Leistungsabrechnungen gegenüber der Klägerin vom 04.02.2004, 22.03.2004, 11.05.2004, 25.11.2004, 25.01.2005 und 14.07.2005 zurück und forderte von der Klägerin die aus ihrer Sicht ohne Rechtsgrund erbrachten Leistungen in Höhe von insgesamt 6.795,83 EUR (Beihilfe- und Kassenleistungen) zurück. Hiergegen erhob die Klägerin mit der Begründung Widerspruch, es sei unzutreffend, dass falsche Rechnungsstellungen nach Absprache mit den Patienten getroffen worden seien. Jedenfalls zwischen ihr und Dr. K. habe es keine Absprache in Richtung auf eine falsche Rechnungsstellung gegeben. Sie sei von der Ordnungsgemäßheit dieser Rechnungen ausgegangen.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid des Widerspruchsausschusses II der Beklagten vom 24.01.2013 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt, der Rückforderungsanspruch werde hinsichtlich der Kassenleistungen in Höhe von 3237,60 EUR geltend gemacht. Die Rücknahme der Bewilligungsbescheide sei in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens erfolgt. Das Interesse der Versichertengemeinschaft an der Erbringung satzungsgemäßer Leistungen überwiege das Interesse der Klägerin am Behaltendürfen der rechtswidrigen Leistungen. Das Vertrauen der Klägerin sei nicht schutzwürdig. Der Rückforderungsanspruch sei nicht verjährt. Sie habe am 17.10.2012 festgestellt, dass der Klägerin an den oben genannten Daten Leistungen zu Unrecht gewährt worden seien. Am gleichen Tag sei die Rückforderung fristgerecht durchgeführt worden. Besondere Billigkeitsgesichtspunkte seien nicht vorhanden. Der Widerspruchsbescheid wurde am 29.01.2013 zugestellt.
Am 27.02.2013 hat die Klägerin Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben und beantragt, die angefochtenen Bescheide aufzuheben. Zur Begründung hat sie ausgeführt, bezüglich der Rückforderung von Leistungen fehle es an einer Ermessensausübung. Es sei nicht berücksichtigt worden, dass sie keine Ahnung von den fachspezifischen Eigenheiten ärztlicher Abrechnungen habe, die angesetzten Gebührenpositionen nicht gekannt habe und davon ausgegangen sei, dass der behandelnde Arzt seine Abrechnungen korrekt erstelle. Zu Unrecht werde ihr arglistige Täuschung und damit strafbares Verhalten unterstellt. Sie habe die Abrechnungen von Dr. K. ungeprüft bei der Beklagten eingereicht. Der Rückforderungsanspruch sei verjährt. Die polizeilichen Ermittlungen seien im Jahre 2008 abgeschlossen gewesen. Die den Regress begründenden Umstände seien der Beklagten bekannt gewesen und hätten bis Ende 2011 geltend gemacht werden müssen. Die Beklagte hat ihre ablehnende Position aufrecht erhalten und u.a. ausgeführt, nach dem landgerichtlichen Urteil stehe fest, dass die Rechnungen von Dr. K. von den Patienten entsprechend einem gemeinsamen Tatplan jedenfalls im zeitlichen Zusammenhang mit der Rechnungsstellung bei den jeweiligen Krankenversicherungen und Beihilfestellen zur Erstattung eingereicht worden seien. Die Rückforderung der rechtswidrig gewährten Leistungen sei zwingend vorgeschrieben. Insoweit habe kein Ermessensspielraum bestanden. Auch die Verjährungsvorschrift des § 79 Abs. 4 der Satzung der Beklagten stehe der Geltendmachung der Rückforderung nicht entgegen.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 01.10.2013 ohne mündliche Verhandlung abgewiesen und ausgeführt, die zulässige Klage sei nicht begründet. Rechtsgrundlage für die angefochtene Rücknahme der ursprünglichen Leistungsbescheide und für die Rückforderung von Leistungen in Höhe von 3.237,60 EUR sei § 30 Abs. 4 der Satzung der Beklagten in der zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids geltenden Fassung der 84. Änderung, Stand 01.01.2013 i.V.m. § 48 VwVfG. Nach § 30 Abs. 4 der Satzung seien zu Unrecht erbrachte Leistungen zu erstatten. Da die streitigen Leistungen der Klägerin durch die im Rückforderungsbescheid vom 17.10.2012 genannten Leistungsabrechnungen als Verwaltungsakte bewilligt worden seien, sei die Beklagte zutreffend davon ausgegangen, dass als Voraussetzung für die Rückforderung diese Verwaltungsakte zurückgenommen werden müssten. Die Rücknahme der ursprünglichen Leistungsbescheide durch den Bescheid vom 17.10.2012 sei auch rechtmäßig erfolgt. Die Leistungen seien objektiv zu Unrecht gewährt worden. Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige Geldleistung gewähre, dürfe zwar nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut habe und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig sei (§ 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG). Auf Vertrauensschutz könne sich der Begünstigte nach § 48 Abs. 2 Satz 3 VwVfG allerdings nicht berufen, wenn wie hier der Ausschlussgrund nach § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG vorliege. Denn die Klägerin habe die begünstigenden Leistungsbescheide durch arglistige Täuschung erwirkt. Sie seien von Anfang an rechtswidrig gewesen, da die geltend gemachten Leistungen von dem behandelnden Arzt nicht erbracht worden seien. Dr. K. sei deshalb strafgerichtlich wegen Betrugs in Mittäterschaft zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt worden. Im strafgerichtlichen Verfahren habe sich Dr. K. dahingehend eingelassen, dass er, nachdem bezüglich der von ihm durchgeführten Testungen und Therapien keine direkten Nummern in der GOÄ vorhanden seien, die Behandlungen analog anderer Nummern abgerechnet habe. Jeder Patient habe einen Hinweiszettel erhalten, durch welchen ihm bewusst gewesen sei, dass es sich um eine analoge Abrechnung handele. Der Patient hätte den Hinweiszettel bei seiner Versicherung mit einreichen sollen. In den Urteilsgründen des landgerichtlichen Urteils sei die Klägerin - neben einer Vielzahl anderer Patientinnen und Patienten - namentlich als Patientin aufgeführt, die sich mit der von Dr. K. vorgeschlagenen Vorgehensweise einverstanden erklärt habe. Weiter seien in den Gründen des landgerichtlichen Urteils die durch Leistungsbescheide der Beklagten vom 04.02.2004, 22.03.2004, 11.05.2004, 25.01.2005 und 14.07.2005 festgesetzten Kassenleistungen ausdrücklich aufgeführt. Die Klägerin gehöre daher zum Kreis derjenigen Personen, die am Betrug von Dr. K. als Mittäter beteiligt gewesen seien. Sie könne daher nicht mit Erfolg einwenden, sie habe gerade wegen des unterschriebenen Hinweisblattes davon ausgehen können, dass Dr. K. seine Leistungen korrekt abgerechnet habe. Die Feststelllungen im Strafurteil beruhten weiter auf der Zeugenaussage des polizeilichen Sachbearbeiters W. Dieser habe angegeben, dass bei der Durchsuchung in allen Patientenakten ein grünes, von den Patienten unterschriebenes Belehrungsblatt gefunden worden sei. In diesem sei der jeweilige Patient darauf hingewiesen worden, dass durch den Angeklagten die Bioresonanztherapie, die Bioenergetische Fokalherdtherapie und die EAV-Testung als ärztliche Leistungen erbracht worden seien und diese analog den Nummern für die GOÄ-Nummern der Leistungen „Systembezogene Untersuchung“, „Akupunktur‘, „Infiltrationsbehandlung“, „Pricktest“ und „Epikutantest“ abgerechnet worden seien. Die Klägerin räume ein, ein derartiges Belehrungsblatt unterschrieben zu haben, sich aber nicht mehr an dessen genauen Wortlaut erinnern zu können. Sie habe daher durch vorsätzliches Verhalten eine Ursache für den Erlass der rechtswidrigen Leistungsbescheide gesetzt. Obwohl Dr. K. sie ausdrücklich darüber informiert habe, dass er in seinen Rechnungen Leistungen aufführe, die er nicht erbracht habe, habe sie diese bei der Beklagten eingereicht, um die entsprechenden Kassenleistungen zu bekommen, und die beteiligten Mitarbeiter der Beklagten so arglistig getäuscht. Auch wenn der Leistungsbescheid vom 25.11.2004, in dem Kassenleistungen in Höhe von 923,36 EUR festgesetzt worden seien, nicht im Strafurteil aufgeführt sei, habe die Klägerin auch ihn durch unrichtige Angaben erwirkt. Denn in der mit dem Erstattungsantrag vorgelegten Rechnung des Dr. K. vom 02.11.2011 würden - wie in den Rechnungen, die Gegenstand des strafgerichtlichen Verfahrens gewesen seien,- Gebühren für Infiltrationsbehandlung und Akupunktur geltend gemacht.
Der Rücknahme der rechtswidrigen Bescheide stehe § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG nicht entgegen. Denn die darin vorgesehene Jahresfrist seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme gemäß § 48 Abs. 4 S. 2 VwVfG gelte nicht im Falle, dass der Begünstigte den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung erwirkt habe. Die Rücknahme sie auch ermessensfehlerfrei erfolgt. Unschädlich sei, dass die erforderlichen Ermessenserwägungen erst im Widerspruchsbescheid enthalten seien.
Seien somit die Leistungsbescheide nachträglich weggefallen, habe die Klägerin auch die von der Beklagten geforderten 3.237,60 EUR zurückzuerstatten. Die Rückforderung sei nach § 30 Abs. 5 Satz 1 der Satzung zwingend vorgeschrieben. Offen bleiben könne, ob insoweit § 49a Abs. 2 Satz 1 VwVfG ergänzend Anwendung finde, der für den Umfang der Erstattung auf die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verweise. Denn nach § 49a Abs. 2 Satz 2 VwVfG könne sich der Begünstigte auf den Wegfall der Bereicherung nicht berufen, soweit er die Umstände, die zur Rücknahme des Verwaltungsaktes geführt hätten, gekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt habe. Diese Voraussetzungen hätten bei der Klägerin vorgelegen. Damit sei ihr auch bei Anwendung des § 49a VwVfG der Entreicherungseinwand verwehrt.
Der Rückerstattungsanspruch sei auch noch nicht verjährt. Die dreijährige Verjährungsfrist des § 79 Abs. 4 Satz 1 der Satzung beginne mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden sei und die Beklagte von den in Anspruch begründenden Tatsachen Kenntnis erlangt habe (§ 79 Abs. 4 Satz 2 der Satzung). Da die Rückforderung erst mit Rücknahme der rechtswidrigen Abrechnungen im Bescheid vom 17.10.2012 entstanden sei, habe die Verjährungsfrist erst mit Ablauf des Jahres 2012 zu laufen begonnen.
10 
Die Klägerin hat die vom Senat zugelassene Berufung innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 07.05.2014 begründet. Sie trägt vor, die vom Verwaltungsgericht übernommene Feststellung aus dem strafgerichtlichen Urteil, es liege ein Betrug in Mittäterschaft der Klägerin vor, sei unzutreffend. Die Klägerin sei im landgerichtlichen Verfahren weder als Beschuldigte geführt noch sei gegen sie ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Sie sei dort nicht beteiligt und auch nicht als Zeugin gehört worden. Das Verwaltungsgericht habe durch die Übernahme dieser Feststellungen des Landgerichts gegen den Amtsermittlungsgrundsatz verstoßen. Es habe sich nämlich lediglich darauf beschränkt, die von der Beklagten vorgelegten Auszüge aus dem Strafurteil gegen Dr. K. zu übernehmen. Mögliche Beweismittel seien nicht erhoben worden. Darüber hinaus habe das Erstgericht eine überraschende Entscheidung getroffen und in diesem Zusammenhang auch gegen Hinweispflichten verstoßen. Es sei nicht darauf hingewiesen worden, dass ohne jegliche weiteren Ermittlungen zu entscheiden beabsichtigt sei und von der Beklagten vorgelegte Auszüge des Strafurteils gegen Dr. K. übernommen werden sollten. Eine Stellungnahme hierzu sei nicht möglich gewesen bzw. eine Gelegenheit zur Stellungnahme nicht eingeräumt worden. Das Original des vom Verwaltungsgericht zitierten, aber nicht beigezogenen Hinweisblattes weise unterhalb der Ausstellereigenschaft von Dr. K. Folgendes aus: „Die von mir gewünschte Behandlung ist nicht Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung. Die von mir gewünschte Behandlung kann nicht mit jeder Krankenkasse abgerechnet werden. Ich wünsche durch den behandelnden Arzt die folgenden Leistungen in Anspruch zu nehmen“. Sodann werde hinsichtlich der angebotenen Therapien, u.a. wie im Fall der Klägerin Bioresonanztherapie ausgeführt, dass die analog bestimmter GOÄ-Nummern unter Angabe des entsprechenden Gebührensatzes (2,3 bzw. 1,5) abgerechnet werde als Akupunktur, Infiltration und Symptomuntersuchung. Das Verwaltungsgericht habe auf dieser Basis zu Unrecht die bloße landgerichtliche Verurteilung und die dort getroffenen Feststellungen ausreichen lassen, um von einer arglistigen Täuschung durch die Klägerin auszugehen. Arglist sei nicht gegeben. Das Verwaltungsgericht zitiere unvollständig, denn im Strafurteil heiße es auf S. 8, der angeklagte Dr. K. habe diese Vorgehensweise vorgeschlagen, „um dennoch eine Erstattung der von ihm erbrachten Leistungen durch die Versicherungen und Beihilfestellen an die Patienten sicherzustellen“. Weder diese letztgenannte Unterstellung des Strafgerichts noch die vom Verwaltungsgericht durchgeführte Bezugnahme, die Klägerin sei als eine derjenigen Patientinnen genannt, welche auf diesen Vorschlag eingegangen seien, fänden aber irgendeine Grundlage in tatsächlichen Beweiserhebungen und Feststellungen. Die Klägerin sei nicht vernommen worden und habe sich nie zu strafrechtlichen Vorwürfen äußern können. Nicht einmal die Strafkammer habe konkrete unmittelbare Feststellungen zu dem grünen Hinweisblatt getroffen, sondern dieses nur indirekt über die Aussage des Kriminalbeamten W. eingeführt. Dabei seien die Aussagen auf diesem grünen Belehrungsblatt eindeutig inhaltlich gegenteilig, nämlich dahingehend, dass die gewünschte Behandlung nicht Bestandteil vertragsärztlicher Versorgung sei und nicht mit jeder Krankenkasse abgerechnet werden könne. Wenn aber von vornherein klar sei, dass nicht zweifelsfrei eine Erstattung durch die Krankenkasse erfolge, ergebe es keinen Sinn, dass die anschließend aufgeführte Darstellung der Abrechnungen der vereinbarten Leistungen nach analogen Tatbeständen der GOÄ eine rechtswidrige Zielrichtung haben solle. Vielmehr ergebe sich eine schlüssige Erklärung hierzu gerade aus der Bemerkung, die Dr. K. seinerzeit gegenüber der Klägerin gemacht habe, dass er diese Abrechnungsziffern analog deswegen wähle, weil für die von ihm erbrachten Behandlungen eigene GOÄ-Nummern noch fehlen würden. Ebenso wenig wie diesen Sachverhalt habe das Verwaltungsgericht weitere Gesichtspunkte gewürdigt, die gegen eine Arglist bzw. Mittäterschaft der Klägerin sprächen: Einem Laien wie der Klägerin sei nicht ohne weiteres erkennbar, ob und was für ein Unterschied zwischen Akupunkturbehandlungen und Bioresonanzbehandlungen liege. Das eine finde mit Metallnadeln statt, das andere mit Elektroden. Eine Analogie auch bei der Abrechnung, zumal wenn sie von dem Arzt erklärt werde, erscheine nicht ohne weiteres als zweifelhaft. Hätte Dr. K. tatsächlich allen Patienten, wie ihm zur Last gelegt, offengelegt, dass er falsch abrechne und die von ihm schriftlich angegebene analoge Abrechnung gerade nicht rechtmäßig sei, so hätte er damit 1.554 Personen zu Mitwissern seiner Falschabrechnung gemacht. Wäre dies richtig, so hätte er zwangsläufig damit rechnen müssen, binnen kurzer Zeit hinsichtlich seiner betrügerischen Aktion aufzufliegen. Tatsächlich habe er gerade mit dem grünen Hinweisblatt das gegenteilige Ziel verfolgt, nämlich die Rechtmäßigkeit seiner Abrechnungsweise den Patienten vorzuspiegeln, die somit nicht Mittäter, sondern Opfer oder Werkzeuge seines betrügerischen Handelns geworden seien.
11 
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei die Regelung in § 48 Abs. 4 VwVfG einschlägig. Dies resultiere daraus, dass keine arglistige Täuschung der Klägerin vorliege. Die Beklagte hätte binnen Jahresfrist ab Kenntnis die Rückforderung geltend machen müssen, habe dies aber nicht getan, so dass sie mit ihrer Forderung ausgeschlossen sei. Hinzu komme, dass auch die dreijährige Verjährungsfrist einschlägig sei. Denn die Argumentation des Erstgerichts, die Verjährungsfrist beginne mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden sei und die Beklagte von den anspruchsbegründenden Tatsachen Kenntnis erlangt habe mit der Konsequenz, dass die Forderung erst mit der Rücknahme der rechtswidrigen Abrechnungen entstanden sei, stelle einen Zirkelschluss dar. Mit dieser Argumentation könne jede Behörde den Beginn der eigenen Verjährungsfrist erst aktiv festlegen durch ihren entsprechenden Bescheid. Dies wäre eine Umgehung der Verjährungsregelung. Die Beklagte müsse sich die Kenntniserlangung der anspruchsbegründenden Tatsachen, wenn ein entsprechender Anspruch denn bestünde, bereits im Jahr 2008 zurechnen lassen. Insoweit seien die Ausführungen im Strafurteil vom 28.04.2011 hinsichtlich des dortigen Ermittlungsganges zu verwerten, durch den die Beklagte auch Kenntnis erlangt habe. Da bereits in der Anklageschrift die Klägerin als eine der vielen Patienten/-innen mit falschen Abrechnungen von Dr. K. genannt sei, ergebe sich hieraus, dass die Beklagte spätestens im Jahr 2008 Kenntnis des Sachverhalts gehabt habe, nachdem in diesem Jahr die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft München abgeschlossen worden seien. Daher komme die Rückforderung erst 2012 zu spät.
12 
Schließlich sei die Klägerin auch entreichert. Ein doloses Handeln liege nicht vor. Die Klägerin habe aber auch keinen finanziellen Vorteil durch die angeblichen Betrügereien des Dr. K. erlangt. Sie habe die Rechnungen bezahlt und somit die vollständigen Erstattungsleistungen der Beklagten auf diese verwendet. Auch hieraus werde deutlich, dass sie nichts anderes als ein Werkzeug des Dr. K. gewesen sei, das in Unkenntnis der tatsächlichen Rechts- und Abrechnungslage diesem Einnahmen verschafft habe. Auch weil dieser Gesichtspunkt unzutreffend gewürdigt worden sei, habe die Beklagte ermessensfehlerhaft entschieden.
13 
Die Klägerin beantragt,
14 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 01.10.2013 - 6 K 702/13 - aufzuheben, ebenso den Bescheid der Beklagten vom 17.10.2012 und deren Widerspruchsbescheid vom 24.01.2013, soweit jeweils Kassenleistungen betroffen sind;
15 
außerdem die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
16 
Die Beklagte beantragt,
17 
die Berufung zurückzuweisen.
18 
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und führt im Einzelnen aus: Gegen den Amtsermittlungsgrundsatz sei nicht verstoßen worden. Eine weitere Aufklärung habe sich nicht aufgedrängt. Die anwaltlich vertretene Klägerin habe es unterlassen, eine entsprechende Zeugenvernehmung zu beantragen. Auch eine Überraschungsentscheidung liege nicht vor, da die Klägerin bis zur Urteilsverkündung ausreichend Zeit gehabt habe, auf die Klageerwiderung der Beklagten Stellung zu nehmen und zu allen entscheidungserheblichen Tatsachen vorzutragen. Auch ein Verwertungsverbot hinsichtlich der strafgerichtlichen Verurteilung liege nicht vor. Unabhängig von der nicht entscheidungserheblichen Frage, ob ein strafbares Verhalten der Klägerin vorliege, stehe fest, dass auf den Rechnungen von Dr. K. nicht erbrachte Leistungen aufgeführt seien. Ein Hinweis auf eine analoge Abrechnung der Gebührennummern finde sich in den Rechnungen nicht. Indem die Klägerin diese Rechnungen bei der Beklagten zur Erstattung eingereicht habe, obwohl sie gewusst oder es jedenfalls für möglich gehalten habe, dass diese unrichtigen Angaben zu den erbrachten Leistungen keinerlei Hinweise auf eine mögliche analoge Abrechnung bestimmter Gebührenziffern enthielten, habe sie arglistig gehandelt. Ferner sei für die Klägerin die Fehlerhaftigkeit der Bescheide der Beklagten im Sinne des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG offensichtlich erkennbar gewesen. Sie habe aufgrund des gemeinsamen Tatplans und des Hinweises des behandelnden Arztes positive Kenntnis davon gehabt, dass die Leistungsabrechnungen der Beklagten fehlerhaft gewesen seien. Jedenfalls hätte die Klägerin aufgrund der jeweiligen eindeutigen Texte zu den einzelnen Gebührenpositionen der Rechnungen von Dr. K. ohne besondere Mühe und im Rahmen einer Parallelwertung in der Laiensphäre erkennen können, dass rechtswidrig ärztliche Leistungen erstattet worden seien, obwohl sie diese niemals erhalten gehabt habe. Spezielle Kenntnisse zu den Abrechnungsziffern der GOÄ seien hierzu nicht erforderlich gewesen. Nach den Feststellungen des Strafurteils habe eine arglistige Täuschung vorgelegen; jedenfalls habe die Klägerin Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der Leistungsbescheide gehabt bzw. die Rechtswidrigkeit grob fahrlässig verkannt. Die Fehlerhaftigkeit der Bescheide der Beklagten sei für die Klägerin offensichtlich erkennbar gewesen. Ihr habe sich aufdrängen müssen, dass sie gerade keine Injektionen und somit auch keine Infiltrationsbehandlung erhalten habe. Ihr sei es zumutbar gewesen die von ihr eingereichten Rechnungen auf Grundlage ihrer individuellen Kenntnisse und Fähigkeit auf Richtigkeit zu überprüfen und darauf zu achten, dass ausschließlich die tatsächlich erbrachten ärztlichen Leistungen aufgeführt seien. Vorliegend habe sie es unterlassen, die von ihr eingereichten Rechnungen auch nur ansatzweise auf Richtigkeit und Plausibilität zu überprüfen.
19 
Zutreffend führe das Verwaltungsgericht auch aus, dass die Rückforderung erst mit Rücknahme der rechtswidrigen Abrechnungen im Bescheid vom 17.10.2012 entstanden und damit der Rückforderungsanspruch nicht verjährt sei. Ferner sei die Rücknahme des rechtswidrigen Verwaltungsakts gemäß § 48 Abs. 4 VwVfG innerhalb der Jahresfrist seit Kenntnisnahme der Tatsachen, welche die Rücknahme rechtfertigten, erfolgt. Die Beklagte habe am 17.10.2012 positive Kenntnis erlangt, dass die fraglichen Leistungen zu Unrecht gewährt worden seien und die weiteren Voraussetzungen für eine Rücknahme vorlägen. Dagegen spreche auch nicht die Tatsache, dass die Beklagte im Rahmen des Ermittlungsverfahrens bzw. aus der Anklageschrift Kenntnis von dem - dem Strafverfahren zugrundeliegenden - Sachverhalt erlangt habe. Im vorliegenden Fall habe der Ausgang des Strafverfahrens gegen Dr. K. durch rechtskräftiges Strafurteil abgewartet werden müssen, da die Beklagte erst zu diesem Zeitpunkt eine sichere Kenntnis über die Tatsachen gehabt habe, die eine Rücknahme rechtfertigten. Schließlich könne sich die Klägerin nicht auf Entreicherung berufen.
20 
Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bei ihrer informatorischen Anhörung ausgeführt, sie sei von der Erstattungsfähigkeit der erbrachten Leistungen ausgegangen. Dr. K. habe sie einen grünen Zettel über Analogabrechnungen unterschreiben lassen, sie habe aber keine Mehrfertigung erhalten. Bei Rechnungsstellung mit Abrechnung von „Akupunktur“ habe sie dann in der Praxis nachgefragt und um Übersendung einer Kopie des grünen Zettels gebeten, diese aber nie erhalten. Ihr sei bei wiederholter Nachfrage von den Mitarbeiterinnen der Praxis mitgeteilt worden, die Rechnung habe wegen der Analogabrechnungen ihre Richtigkeit. Sie habe es dann unterlassen, weiter zu insistieren, und die Rechnungen eingereicht. Der Senat hat Zeugenbeweis durch Vernehmung von Dr. K. erhoben. Für das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf die Anlage zum Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
21 
Die Akten der Beklagten, das Strafurteil des Landgerichts München I und die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Stuttgart waren Gegenstand des Verfahrens. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird hierauf und auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
22 
Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 17.10.2012 und deren Widerspruchsbescheid vom 24.01.2013 - jeweils bezogen auf Kassenleistungen - sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
23 
Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass Rechtsgrundlage für die Rückforderung § 30 Abs. 4 der Satzung der beklagten Postbeamtenkrankenkasse in der zur Zeit des Erlasses des Widerspruchsbescheids geltenden Fassung der 84. Änderung, Stand 01.01.2013, i. V. m. § 48 VwVfG ist.
24 
Nach § 30 Abs. 4 der Satzung der Beklagten sind zu Unrecht erbrachte Leistungen zu erstatten. Da die im Rückforderungsbescheid vom 17.12.2012 genannten Leistungsabrechnungen als Verwaltungsakte ausgestaltet waren, bedurfte es als Voraussetzung einer Rückforderung zunächst der Aufhebung dieser Verwaltungsakte, was durch deren Rücknahme im Rahmen des Bescheids vom 17.12.2012 geschehen ist. Sowohl diese Rücknahme (1) als auch die Rückforderung (2) sind rechtmäßig erfolgt.
25 
1. Die Rücknahme der Geldleistung gewährenden Verwaltungsakte richtet sich nach § 48 Abs. 1 und 2 VwVfG.
26 
a) Die im Bescheid erfassten sechs Leistungsabrechnungen waren objektiv rechtswidrig (§ 48 Abs. 1 Satz 1 VwGO), da jeweils Leistungen abgerechnet wurden, die so nicht erbracht worden sind. Hiervon ist die Beklagte zu Recht ausgegangen. Das hat sich nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt. Darin hat der Zeuge angegeben, dass seine medizinischen Leistungen stets auf die Bioresonanztherapie und die weiteren im Tatbestand genannten Leistungen beschränkt waren und er herkömmliche Leistungen, wie sie formal den Abrechnungen zugrunde lagen, nicht erbracht hat. Dass er sich an den konkreten Patientenkontakt mit der Klägerin nicht erinnerte, beeinträchtigt die Glaubhaftigkeit seiner generellen Aussage nicht, sondern erscheint angesichts des Zeitabstands und der Vielzahl seiner Patientinnen und Patienten plausibel. Des weiteren spricht für die Richtigkeit seiner diesbezüglichen Aussage, dass sich seine Angaben hierzu mit den Feststellungen in dem gegen ihn ergangenen Strafurteil decken. Hinzu kommt, dass auch die Klägerin bei ihrer informatorischen Anhörung vor dem Senat angegeben hat, sich gerade wegen der Bioresonanztherapie zur Behandlung beim Zeugen begeben zu haben, da herkömmliche Therapien bei ihr erfolglos geblieben seien.
27 
b) Auf Vertrauensschutz, der grundsätzlich nach § 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG einer Rücknahme begünstigender Verwaltungsakte entgegensteht, kann sich die Klägerin nicht berufen, denn er wird im vorliegenden Fall durch § 48 Abs. 2 Satz 3 VwVfG ausgeschlossen.
28 
aa) Dabei folgt der Senat nicht der Annahme des Verwaltungsgerichts, die jeweiligen Verwaltungsakte seien durch arglistige Täuschung erwirkt, und damit sei § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG erfüllt. Die Klägerin hat insoweit formal zu Recht beanstandet, dass das Verwaltungsgericht die Annahme einer arglistigen Täuschung maßgeblich aus den Feststellungen des gegen den Zeugen ergangenen Strafurteils abgeleitet hat, obgleich die Klägerin trotz des dort erhobenen Kollusionsvorwurfs mit dem Zeugen weder in dieses Strafverfahren einbezogen noch überhaupt je gegen sie in diesem Zusammenhang ein Ermittlungsverfahren eröffnet wurde. Aber auch inhaltlich fehlt dem Senat nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung eine hinreichend sichere Überzeugung davon, dass die Klägerin arglistig getäuscht hat. Um arglistige Täuschung handelt es sich, wenn der Adressat des Verwaltungsakts durch Angaben, deren Unrichtigkeit ihm bewusst war oder deren Unrichtigkeit er für möglich hielt, jedoch in Kauf nahm, bei Behördenmitarbeitern einen Irrtum in dem Bewusstsein hervorruft, diese durch Täuschung zu einer für ihn günstigen Entscheidung zu bestimmen (BVerwG. Urteil vom 18.09.1985 - 2 C 30.84 - ZBR 1986, 52; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., § 48 Rn. 112). Die Klägerin hat hierzu bei ihrer Anhörung vor dem Senat ausgeführt, sie habe bei der Erwähnung der - tatsächlich nicht erbrachten - Akupunktur in der ersten Rechnung telefonisch nachgefragt und eine Kopie des von ihr unterschriebenen grünen Zettels über die Analogabrechnungen (erfolglos) erbeten, schließlich aber die Rechnungen unkommentiert weitergeleitet, weil ihr die Korrektheit der Abrechnung von Praxismitarbeiterinnen bestätigt worden sei. Zwar bestehen an ihrer Aussage Zweifel insofern, als ihre Behauptung, keine Mehrfertigung des grünen Zettels erhalten zu haben, in Widerspruch zu der Aussage des Zeugen steht, es seien stets Kopien des grünen Zettels an die Patienten ausgehändigt worden; außerdem erscheint es wenig plausibel, dass sie zunächst eine Kopie des grünen Zettels angefordert haben will, um ihn gegebenenfalls der bei der Kasse einzureichenden Arztrechnung beizufügen, dann aber - obwohl sie die angeforderte Kopie nicht erhalten habe - auf bloße telefonische Mitteilung, es habe alles seine Richtigkeit, die tatsächlich unrichtige Rechnung ohne erklärenden oder erläuternden Zusatz bei der Beklagten einreichte und die Richtigkeit der Angaben auf dem Erstattungsantrag versicherte. Gleichwohl hält es der Senat immerhin noch für möglich, dass die Klägerin insoweit die Augen verschlossen und nicht einen bewussten Täuschungsvorsatz gefasst hatte.
29 
bb) Die Klägerin kann sich aber auf Vertrauensschutz jedenfalls deshalb nicht berufen, weil die Voraussetzungen von § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und Nr. 3 VwVfG erfüllt sind.
30 
§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 VwVfG liegt vor, weil die Klägerin die Leistungsbescheide durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren, indem sie die Arztrechnungen ohne weitere Kommentierung oder Mitlieferung des ihr möglicherweise vorliegenden grünen Zettels eingereicht und die Richtigkeit ihrer Angaben versichert und damit zum Ausdruck gebracht hat, die konkret abgerechneten medizinischen Leistungen seien erbracht worden. Die entsprechenden Feststellungen lassen sich den Akten entnehmen und sind auch nicht streitig. Auf die Frage eines Verschuldens kommt es insoweit nicht an.
31 
Aber auch die Voraussetzungen von § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 sind gegeben. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Klägerin der grüne Zettel zur Analogabrechnung vorgelegen hat oder nicht. Denn die Rechtswidrigkeit der Bescheide, die auf von ihr erbrachten Fehlangaben beruhten, war ihr - wenn nicht bekannt - so doch zumindest infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt. Der Klägerin musste bei Parallelwertung in der Laiensphäre (vgl. dazu u. a. Kopp/Ramsauer, VwVfG 15. Aufl., § 48 Rn. 122) klar sein, dass ein auf unrichtigen oder in wesentlicher Hinsicht unvollständigen Sachverhaltsangaben beruhender Verwaltungsakt mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht rechtmäßig ist. In diesem Zusammenhang kann sie sich - anders als bei der Frage einer arglistigen Täuschung - weder mit dem Hinweis auf ein bloßes Vergessen des Hinzufügens weiterer Informationen noch mit dem Hinweis auf Unklarheiten oder Fehlvorstellungen im Zusammenhang mit dem Begriff analoger Abrechnungen entlasten.
32 
c) Ermessensfehler bei der Rücknahmeentscheidung kann die Klägerin nicht für sich geltend machen. Mit Blick auf den fehlenden Vertrauensschutz ist regelmäßig eine Ermessensreduktion in Richtung einer Rücknahme auch für die Vergangenheit anzunehmen, wenn - wie hier - für einen Ausnahmefall nichts ersichtlich ist (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG 15. Aufl., § 48 Rn.127b und 127c). Unabhängig davon ist die im Widerspruchsbescheid erfolgte Ermessensausübung nicht zu beanstanden.
33 
d) Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG stand der Rücknahme nicht entgegen. Mangels Nachweisbarkeit von Arglist folgt das allerdings noch nicht aus einer tatbestandlichen Unanwendbarkeit der Vorschrift (vgl. hierzu § 48 Abs. 4 Satz 2 VwVfG). Doch ist die Rücknahme rechtzeitig innerhalb der Frist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG erfolgt: Kenntnis von den gesamten Umständen lässt sich frühestens ab Rechtskraft des gegen den Zeugen wegen Abrechnungsbetrugs ergangenen Strafurteils annehmen (09.02.2012). Damit war die am 17.10.2012 erfolgte Rücknahme rechtzeitig. Ohne Erfolg versucht die Klägerin dem entgegenzuhalten, die Frist sei schon mit Kenntnis vom Abschluss der strafrechtlichen Ermittlungen im Zusammenhang des gegen den Zeugen gerichteten Strafverfahrens im Jahr 2008 in Lauf gesetzt worden, weshalb eine Rücknahme im Oktober 2012 verfristet sei. Sie verkennt hierbei, dass erst die positive und vollständige Kenntnis aller Tatsachen im weitesten Sinn, die für die Behördenentscheidung über eine Rücknahme relevant sind oder sein können einschließlich der für die zu treffende Ermessensentscheidung unter Umständen relevanten Tatsachen die Frist in Lauf setzt (Kopp/Ramsauer aaO, Rn. 153 m. w. N.). Vor dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens kann von einer solchen Kenntnis jedenfalls nicht die Rede sein.
34 
Damit war die Rücknahme der streitgegenständlichen Leistungsbescheide rechtmäßig. Dies gilt - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - auch hinsichtlich des im Strafurteil nicht erwähnten Leistungsbescheids, weil sich die vom Zeugen erbrachten Leistungen nach den übereinstimmenden Angaben des Zeugen und der Klägerin im gesamten Behandlungszeitraum auf Bioresonanztherapie beschränkt haben und auch der Abrechnungsmodus in der Weise unverändert geblieben ist, dass so nicht erbrachte Leistungen aufgeführt wurden, ohne dass in der Rechnung ein Hinweis auf diesbezüglich zu erwägende Analogansetzungen von Gebühren enthalten war.
35 
2. Die Rückforderung der zu Unrecht erbrachten Kassenleistungen nach § 30 Abs. 4 der Satzung ist ebenfalls rechtmäßig. Insoweit liegt eine zwingende Regelung vor.
36 
a) Mit dem Verwaltungsgericht kann offen bleiben, ob neben § 30 Abs. 4 der Satzung auch § 49a Abs. 2 VwVfG ergänzend anzuwenden ist, dessen Satz 1 für den Umfang der Erstattung auf die Vorschriften des BGB über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verweist. Denn die Klägerin kann sich - auch bei Anwendbarkeit von § 49a VwVfG - auf einen Wegfall der Bereicherung jedenfalls nach § 49a Abs. 2 Satz 2 VwVfG nicht berufen, weil sie die Umstände, die zur Rücknahme des Verwaltungsakts geführt haben, jedenfalls infolge grober Fahrlässigkeit (s. oben) nicht kannte.
37 
b) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Erstattungsanspruch auch nicht verjährt. § 79 Abs. 4 Satz 1 und 2 der Satzung bestimmt, dass Rückforderungsansprüche in drei Jahren verjähren und die Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist und die Beklagte von den Anspruch begründenden Tatsachen Kenntnis erlangt hat. Zu Recht verweist das Verwaltungsgericht in Auslegung dieser Bestimmung darauf, dass der Rückforderungsanspruch erst am 17.10.2012 entstanden und damit nicht verjährt ist, ohne dass es noch auf die Frage der Kenntnis der anspruchsbegründenden Tatsachen ankommt. Die Argumentation der Klägerin, hier würden Verjährungsvorschriften umgangen, ist ebenso unrichtig wie ihre Annahme, die rückforderungsbegründenden Umstände seien bereits mit Kenntnis des Abschlusses des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens 2008 bekannt gewesen. Letzteres wurde bereits im Zusammenhang mit der Frage einer möglichen Verfristung der Rücknahme nach § 48 Abs. 4 VwVfG verneint; hierauf wird verwiesen.
38 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
39 
Ein Ausspruch zu § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO ist nicht veranlasst, da die Klägerin nach § 154 Abs. 2 VwGO die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen hat und auch erstinstanzlich unterlegen ist, so dass für Erstattungsforderungen ihrerseits kein Raum ist.
40 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
41 
Beschluss vom 14. August 2015
42 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 3.237,60 EUR festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG).
43 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
22 
Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 17.10.2012 und deren Widerspruchsbescheid vom 24.01.2013 - jeweils bezogen auf Kassenleistungen - sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
23 
Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass Rechtsgrundlage für die Rückforderung § 30 Abs. 4 der Satzung der beklagten Postbeamtenkrankenkasse in der zur Zeit des Erlasses des Widerspruchsbescheids geltenden Fassung der 84. Änderung, Stand 01.01.2013, i. V. m. § 48 VwVfG ist.
24 
Nach § 30 Abs. 4 der Satzung der Beklagten sind zu Unrecht erbrachte Leistungen zu erstatten. Da die im Rückforderungsbescheid vom 17.12.2012 genannten Leistungsabrechnungen als Verwaltungsakte ausgestaltet waren, bedurfte es als Voraussetzung einer Rückforderung zunächst der Aufhebung dieser Verwaltungsakte, was durch deren Rücknahme im Rahmen des Bescheids vom 17.12.2012 geschehen ist. Sowohl diese Rücknahme (1) als auch die Rückforderung (2) sind rechtmäßig erfolgt.
25 
1. Die Rücknahme der Geldleistung gewährenden Verwaltungsakte richtet sich nach § 48 Abs. 1 und 2 VwVfG.
26 
a) Die im Bescheid erfassten sechs Leistungsabrechnungen waren objektiv rechtswidrig (§ 48 Abs. 1 Satz 1 VwGO), da jeweils Leistungen abgerechnet wurden, die so nicht erbracht worden sind. Hiervon ist die Beklagte zu Recht ausgegangen. Das hat sich nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt. Darin hat der Zeuge angegeben, dass seine medizinischen Leistungen stets auf die Bioresonanztherapie und die weiteren im Tatbestand genannten Leistungen beschränkt waren und er herkömmliche Leistungen, wie sie formal den Abrechnungen zugrunde lagen, nicht erbracht hat. Dass er sich an den konkreten Patientenkontakt mit der Klägerin nicht erinnerte, beeinträchtigt die Glaubhaftigkeit seiner generellen Aussage nicht, sondern erscheint angesichts des Zeitabstands und der Vielzahl seiner Patientinnen und Patienten plausibel. Des weiteren spricht für die Richtigkeit seiner diesbezüglichen Aussage, dass sich seine Angaben hierzu mit den Feststellungen in dem gegen ihn ergangenen Strafurteil decken. Hinzu kommt, dass auch die Klägerin bei ihrer informatorischen Anhörung vor dem Senat angegeben hat, sich gerade wegen der Bioresonanztherapie zur Behandlung beim Zeugen begeben zu haben, da herkömmliche Therapien bei ihr erfolglos geblieben seien.
27 
b) Auf Vertrauensschutz, der grundsätzlich nach § 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG einer Rücknahme begünstigender Verwaltungsakte entgegensteht, kann sich die Klägerin nicht berufen, denn er wird im vorliegenden Fall durch § 48 Abs. 2 Satz 3 VwVfG ausgeschlossen.
28 
aa) Dabei folgt der Senat nicht der Annahme des Verwaltungsgerichts, die jeweiligen Verwaltungsakte seien durch arglistige Täuschung erwirkt, und damit sei § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG erfüllt. Die Klägerin hat insoweit formal zu Recht beanstandet, dass das Verwaltungsgericht die Annahme einer arglistigen Täuschung maßgeblich aus den Feststellungen des gegen den Zeugen ergangenen Strafurteils abgeleitet hat, obgleich die Klägerin trotz des dort erhobenen Kollusionsvorwurfs mit dem Zeugen weder in dieses Strafverfahren einbezogen noch überhaupt je gegen sie in diesem Zusammenhang ein Ermittlungsverfahren eröffnet wurde. Aber auch inhaltlich fehlt dem Senat nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung eine hinreichend sichere Überzeugung davon, dass die Klägerin arglistig getäuscht hat. Um arglistige Täuschung handelt es sich, wenn der Adressat des Verwaltungsakts durch Angaben, deren Unrichtigkeit ihm bewusst war oder deren Unrichtigkeit er für möglich hielt, jedoch in Kauf nahm, bei Behördenmitarbeitern einen Irrtum in dem Bewusstsein hervorruft, diese durch Täuschung zu einer für ihn günstigen Entscheidung zu bestimmen (BVerwG. Urteil vom 18.09.1985 - 2 C 30.84 - ZBR 1986, 52; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., § 48 Rn. 112). Die Klägerin hat hierzu bei ihrer Anhörung vor dem Senat ausgeführt, sie habe bei der Erwähnung der - tatsächlich nicht erbrachten - Akupunktur in der ersten Rechnung telefonisch nachgefragt und eine Kopie des von ihr unterschriebenen grünen Zettels über die Analogabrechnungen (erfolglos) erbeten, schließlich aber die Rechnungen unkommentiert weitergeleitet, weil ihr die Korrektheit der Abrechnung von Praxismitarbeiterinnen bestätigt worden sei. Zwar bestehen an ihrer Aussage Zweifel insofern, als ihre Behauptung, keine Mehrfertigung des grünen Zettels erhalten zu haben, in Widerspruch zu der Aussage des Zeugen steht, es seien stets Kopien des grünen Zettels an die Patienten ausgehändigt worden; außerdem erscheint es wenig plausibel, dass sie zunächst eine Kopie des grünen Zettels angefordert haben will, um ihn gegebenenfalls der bei der Kasse einzureichenden Arztrechnung beizufügen, dann aber - obwohl sie die angeforderte Kopie nicht erhalten habe - auf bloße telefonische Mitteilung, es habe alles seine Richtigkeit, die tatsächlich unrichtige Rechnung ohne erklärenden oder erläuternden Zusatz bei der Beklagten einreichte und die Richtigkeit der Angaben auf dem Erstattungsantrag versicherte. Gleichwohl hält es der Senat immerhin noch für möglich, dass die Klägerin insoweit die Augen verschlossen und nicht einen bewussten Täuschungsvorsatz gefasst hatte.
29 
bb) Die Klägerin kann sich aber auf Vertrauensschutz jedenfalls deshalb nicht berufen, weil die Voraussetzungen von § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und Nr. 3 VwVfG erfüllt sind.
30 
§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 VwVfG liegt vor, weil die Klägerin die Leistungsbescheide durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren, indem sie die Arztrechnungen ohne weitere Kommentierung oder Mitlieferung des ihr möglicherweise vorliegenden grünen Zettels eingereicht und die Richtigkeit ihrer Angaben versichert und damit zum Ausdruck gebracht hat, die konkret abgerechneten medizinischen Leistungen seien erbracht worden. Die entsprechenden Feststellungen lassen sich den Akten entnehmen und sind auch nicht streitig. Auf die Frage eines Verschuldens kommt es insoweit nicht an.
31 
Aber auch die Voraussetzungen von § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 sind gegeben. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Klägerin der grüne Zettel zur Analogabrechnung vorgelegen hat oder nicht. Denn die Rechtswidrigkeit der Bescheide, die auf von ihr erbrachten Fehlangaben beruhten, war ihr - wenn nicht bekannt - so doch zumindest infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt. Der Klägerin musste bei Parallelwertung in der Laiensphäre (vgl. dazu u. a. Kopp/Ramsauer, VwVfG 15. Aufl., § 48 Rn. 122) klar sein, dass ein auf unrichtigen oder in wesentlicher Hinsicht unvollständigen Sachverhaltsangaben beruhender Verwaltungsakt mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht rechtmäßig ist. In diesem Zusammenhang kann sie sich - anders als bei der Frage einer arglistigen Täuschung - weder mit dem Hinweis auf ein bloßes Vergessen des Hinzufügens weiterer Informationen noch mit dem Hinweis auf Unklarheiten oder Fehlvorstellungen im Zusammenhang mit dem Begriff analoger Abrechnungen entlasten.
32 
c) Ermessensfehler bei der Rücknahmeentscheidung kann die Klägerin nicht für sich geltend machen. Mit Blick auf den fehlenden Vertrauensschutz ist regelmäßig eine Ermessensreduktion in Richtung einer Rücknahme auch für die Vergangenheit anzunehmen, wenn - wie hier - für einen Ausnahmefall nichts ersichtlich ist (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG 15. Aufl., § 48 Rn.127b und 127c). Unabhängig davon ist die im Widerspruchsbescheid erfolgte Ermessensausübung nicht zu beanstanden.
33 
d) Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG stand der Rücknahme nicht entgegen. Mangels Nachweisbarkeit von Arglist folgt das allerdings noch nicht aus einer tatbestandlichen Unanwendbarkeit der Vorschrift (vgl. hierzu § 48 Abs. 4 Satz 2 VwVfG). Doch ist die Rücknahme rechtzeitig innerhalb der Frist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG erfolgt: Kenntnis von den gesamten Umständen lässt sich frühestens ab Rechtskraft des gegen den Zeugen wegen Abrechnungsbetrugs ergangenen Strafurteils annehmen (09.02.2012). Damit war die am 17.10.2012 erfolgte Rücknahme rechtzeitig. Ohne Erfolg versucht die Klägerin dem entgegenzuhalten, die Frist sei schon mit Kenntnis vom Abschluss der strafrechtlichen Ermittlungen im Zusammenhang des gegen den Zeugen gerichteten Strafverfahrens im Jahr 2008 in Lauf gesetzt worden, weshalb eine Rücknahme im Oktober 2012 verfristet sei. Sie verkennt hierbei, dass erst die positive und vollständige Kenntnis aller Tatsachen im weitesten Sinn, die für die Behördenentscheidung über eine Rücknahme relevant sind oder sein können einschließlich der für die zu treffende Ermessensentscheidung unter Umständen relevanten Tatsachen die Frist in Lauf setzt (Kopp/Ramsauer aaO, Rn. 153 m. w. N.). Vor dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens kann von einer solchen Kenntnis jedenfalls nicht die Rede sein.
34 
Damit war die Rücknahme der streitgegenständlichen Leistungsbescheide rechtmäßig. Dies gilt - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - auch hinsichtlich des im Strafurteil nicht erwähnten Leistungsbescheids, weil sich die vom Zeugen erbrachten Leistungen nach den übereinstimmenden Angaben des Zeugen und der Klägerin im gesamten Behandlungszeitraum auf Bioresonanztherapie beschränkt haben und auch der Abrechnungsmodus in der Weise unverändert geblieben ist, dass so nicht erbrachte Leistungen aufgeführt wurden, ohne dass in der Rechnung ein Hinweis auf diesbezüglich zu erwägende Analogansetzungen von Gebühren enthalten war.
35 
2. Die Rückforderung der zu Unrecht erbrachten Kassenleistungen nach § 30 Abs. 4 der Satzung ist ebenfalls rechtmäßig. Insoweit liegt eine zwingende Regelung vor.
36 
a) Mit dem Verwaltungsgericht kann offen bleiben, ob neben § 30 Abs. 4 der Satzung auch § 49a Abs. 2 VwVfG ergänzend anzuwenden ist, dessen Satz 1 für den Umfang der Erstattung auf die Vorschriften des BGB über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verweist. Denn die Klägerin kann sich - auch bei Anwendbarkeit von § 49a VwVfG - auf einen Wegfall der Bereicherung jedenfalls nach § 49a Abs. 2 Satz 2 VwVfG nicht berufen, weil sie die Umstände, die zur Rücknahme des Verwaltungsakts geführt haben, jedenfalls infolge grober Fahrlässigkeit (s. oben) nicht kannte.
37 
b) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Erstattungsanspruch auch nicht verjährt. § 79 Abs. 4 Satz 1 und 2 der Satzung bestimmt, dass Rückforderungsansprüche in drei Jahren verjähren und die Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist und die Beklagte von den Anspruch begründenden Tatsachen Kenntnis erlangt hat. Zu Recht verweist das Verwaltungsgericht in Auslegung dieser Bestimmung darauf, dass der Rückforderungsanspruch erst am 17.10.2012 entstanden und damit nicht verjährt ist, ohne dass es noch auf die Frage der Kenntnis der anspruchsbegründenden Tatsachen ankommt. Die Argumentation der Klägerin, hier würden Verjährungsvorschriften umgangen, ist ebenso unrichtig wie ihre Annahme, die rückforderungsbegründenden Umstände seien bereits mit Kenntnis des Abschlusses des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens 2008 bekannt gewesen. Letzteres wurde bereits im Zusammenhang mit der Frage einer möglichen Verfristung der Rücknahme nach § 48 Abs. 4 VwVfG verneint; hierauf wird verwiesen.
38 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
39 
Ein Ausspruch zu § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO ist nicht veranlasst, da die Klägerin nach § 154 Abs. 2 VwGO die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen hat und auch erstinstanzlich unterlegen ist, so dass für Erstattungsforderungen ihrerseits kein Raum ist.
40 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
41 
Beschluss vom 14. August 2015
42 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 3.237,60 EUR festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG).
43 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

1. Nr. 3 des Bescheids des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 15. November 2013 in Gestalt dessen Widerspruchsbescheids vom 21. Mai 2014 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligten jeweils zu 1/2.

3. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger, der als Polizeibeamter im Dienst des Beklagten steht, wendet sich gegen die Rücknahme von Beihilfebescheiden, mit denen Aufwendungen für seine am 3. Dezember 1988 geborene Stieftochter erstattet wurden, und die Rückforderung der ohne Rechtsgrund gezahlten Beihilfe.
Das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg (im Folgenden: Landesamt) bewilligte dem Kläger für seine Stieftochter wie folgt Beihilfe:
 Antrag vom …
 Bescheid vom …
 Bewilligte Beihilfe in Höhe von …
 20. März 2012
 4. April 2012
 188,57 EUR
(vor dem 1.1.2012 entstanden)

7.447,77 EUR
(nach dem 1.1.2012 entstanden)
 25. April 2012
 19. Juni 2012
 254,99 EUR
 6. August 2012
 9. August 2012
 7.750,04 EUR
 28. Oktober 2012
 9. November 2012
 336,10 EUR
 12. Dezember 2012
 3. Januar 2013
 7.473,02 EUR
 22. April 2013
 1. Mai 2013
 7.945,09 EUR
 18. Juli 2013
 16. August 2013
 1.528,54 EUR
 15. August 2013
 10. September 2013
 101,88 EUR
 Gesamt
 32.837,43 EUR
(Betrag ohne die vor dem 1.1.2012
entstandenen Aufwendungen)
Mit Schreiben vom 27. Mai 2013 unterrichtete der Kläger das Landesamt, dass er sich am 3. Juli 2013 von seiner Ehefrau, der Mutter der Stieftochter, scheiden lassen werde.
Mit am 24. Juni 2013 beim Landesamt eingegangenem Formular vom 19. Juni 2013 teilte der Kläger im Rahmen seiner Erklärung zum Familienzuschlag mit, dass er seit Juni 2011 von seiner Frau getrennt lebe. Am 17. Juli 2013 wurde die am 20. August 2008 geschlossene Ehe geschieden. Der Scheidungsbeschluss ist seit dem 3. September 2013 rechtskräftig.
In einem Telefonat vom 1. August 2013 mit der Familienkasse bat der Kläger darum, den wegen des Wegfalls der Stiefkindeigenschaft seiner Stieftochter seit Juni 2011 zu viel gezahlten kinderbezogenen Familienzuschlag von seinen Bezügen einzubehalten. Die Familienkasse zeigte diesen Umstand an diesem Tag der Beihilfestelle an.
Im Rahmen seiner Anhörung durch das Landesamt machte der Kläger geltend, dass die Behörde als Versorgungsträger im Scheidungsverfahren beteiligt gewesen sei und daher sowohl vom Scheidungsverfahren als auch vom Eintritt der Rechtskraft des gerichtlichen Beschlusses Kenntnis gehabt habe. Während der Ehezeit sei sein Stiefkind privat versichert gewesen. Eine vorzeitige einseitige Kündigung für seine Stieftochter sei ihm nach Auskunft der Krankenversicherung rechtlich nicht möglich gewesen, bis nicht die Scheidung in Rechtskraft erwachsen sei. Dementsprechend sei er davon ausgegangen, dass Gleiches für die Beihilfeberechtigung gelte. Mit einem Schreiben des Landesamts vom 25. März 2013 sei er auf die Berücksichtigungsfähigkeit seiner Stieftochter bis zum 31. Dezember 2014 hingewiesen worden. Mit Blick hierauf habe er auf den Bestand der Beihilfebescheide vertraut und auch keine unzutreffenden oder unvollständigen Angaben gemacht, die das Vertrauen beseitigen könnten. Er sei jedenfalls nicht mehr bereichert, da er die ausgezahlten Beträge sofort an seine Stieftochter zur Bezahlung der Arztrechnungen weitergereicht habe. Ihm sei nicht bewusst gewesen, dass ihm die gewährte Leistung materiell nicht zustehe. Grob fahrlässige Unkenntnis der Rechtswidrigkeit könne ihm ebenfalls nicht unterstellt werden, weil er fest davon überzeugt gewesen sei, auf die Leistung einen Anspruch zu haben.
Mit Bescheid vom 15. November 2013 änderte das Landesamt seinen Beihilfebescheid vom 4. April 2012 insoweit ab bzw. hob ihn insoweit auf, als zu den für sein Stiefkind ab 1. Januar 2012 entstandenen Aufwendungen Beihilfe gewährt worden war (Nr. 1), hob die Bescheide vom 19. Juni 2012, 9. August 2012, 9. November 2012, 3. Januar 2013, 1. Mai 2013, 16. August 2013 und 10. September 2013 auf (Nr. 2) und forderte die ohne Rechtsgrund gezahlte Beihilfe in Höhe von 32.837,43 Euro vom Kläger zurück (Nr. 3).
Zur Begründung führte es aus, die Voraussetzungen für die Rücknahme der Bescheide gemäß § 48 LVwVfG seien erfüllt. Eine Mitteilung des Klägers über den Wegfall der Stiefkindeigenschaft bei der Bezüge zahlenden Stelle bzw. der Familienkasse sei nicht zeitgerecht erfolgt, so dass bei Stellung der genannten Beihilfeanträge fälschlicherweise davon ausgegangen worden sei, dass seine Stieftochter auch über den 31. Dezember 2011 hinaus berücksichtigungsfähige Angehörige sei. Der Kläger habe damit die Verwaltungsakte durch unvollständige Angaben erwirkt und es sei unbeachtlich, ob ihm die möglichen Auswirkungen bewusst gewesen seien oder nicht. Zwar stehe der Behörde im Rahmen des § 48 LVwVfG hinsichtlich der Rücknahme ein Ermessen zu. Aber auch unter Berücksichtigung aller Umstände bei der Gesamtabwägung, insbesondere unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Auswirkungen und der Rechtmäßigkeit der Verwaltung, könnten die Bescheide zurückgenommen werden. Die Rückforderung der insoweit rechtsgrundlos gewährten Leistungen richte sich nach § 49a LVwVfG. Für den Umfang der Erstattung gälten die Vorschriften der §§ 812 ff. BGB. Der Anspruch auf Rückzahlung zu viel gezahlter Beihilfe bleibe ohne Rücksicht auf den Wegfall der Bereicherung bestehen, wenn der Beihilfeempfänger die Überzahlung durch schuldhafte Verletzung der ihm gegenüber seinem Dienstherrn obliegenden Pflichten verursacht habe oder der Beihilfeempfänger den Mangel des rechtlichen Grundes der Zahlung oder die Fehlerhaftigkeit des der Zahlung zu Grunde liegenden Bescheides beim Empfang der Beihilfe gekannt oder nachträglich erfahren habe oder der Mangel des rechtlichen Grundes der Zahlung oder die Fehlerhaftigkeit des Bescheides so offensichtlich gewesen sei, dass der Empfänger dies hätte erkennen müssen. Der Kläger habe in Bezug auf die Gewährung beziehungsweise Zahlung kinderbezogener Leistungen für seine Stieftochter entscheidungsrelevante, rechtzeitige Angaben gegenüber dem für die Zahlung seiner Dienstbezüge zuständigen Arbeitsgebiet unterlassen, sodass die Voraussetzungen für die Rückforderung erfüllt seien und der Wegfall der Bereicherung nicht geltend gemacht werden könne. Auch im Rahmen der in § 12 Abs. 2 BBesG vorgeschriebenen Billigkeitsentscheidung vermöge es weder ganz noch teilweise von der Rückforderung abzusehen.
10 
Am 13. Dezember 2013 erhob der Kläger Widerspruch. Zur Begründung führte er über sein Vorbringen im Rahmen seiner Anhörung hinaus aus, er habe keine Tatsachen verschwiegen, da er von der Beihilfeberechtigung seiner Stieftochter ausgegangen sei. Es sei deshalb von dem Grundsatz auszugehen, dass eine Rücknahme ausscheide, wenn der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut habe und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig sei. Es sei auch nicht berücksichtigt worden, dass dem Landesamt durch die Adressänderung der eingereichten Rechnungen die neue Anschrift der Stieftochter bekannt gewesen sei, die sich von seiner unterschieden habe. Im Übrigen sei das Ermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt worden. Denn er habe die Beihilfe nicht für sich verwendet, sondern unmittelbar seiner Tochter zukommen lassen. Deshalb lägen auch die Voraussetzungen des § 49a Abs. 2 Satz 2 LVwVfG nicht vor.
11 
Mit Widerspruchsbescheid vom 21. Mai 2014 wies das Landesamt den Widerspruch mit der Begründung zurück, auf Vertrauen könne sich der Begünstigte gemäß § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und 3 LVwVfG nicht berufen, wenn er den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt habe, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gewesen seien. In diesen Fällen werde der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Der Kläger habe keine bzw. verspätet Angaben über die Änderung seiner familiären Verhältnisse gemacht. Mit Schreiben vom 27. Mai 2013 sei die Besoldungsstelle zwar über den bevorstehenden Scheidungstermin in Kenntnis gesetzt worden. Die Tatsache, dass er von seiner früheren Ehefrau bereits seit dem Monat Juni 2011 getrennt lebe und seine Stieftochter nicht mehr im gemeinsamen Haushalt untergebracht sei, sei erst durch die Erklärung im Vordruck zum Familienzuschlag vom 19. Juni 2013 bekannt geworden. Ferner sei bereits in dem im Jahre 2008 vom Kläger mit seiner Besoldungsstelle geführten Schriftwechsel hinsichtlich der kinderbezogenen Leistungen für die Stieftochter (Erklärung zur Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen für Kindergeld und/oder kinderbezogenen Familienzuschlag – Vordrucke Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg 538b2 und Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg 3aeoed vom 29. September 2008) auf die Notwendigkeit der Haushaltszugehörigkeit des Kindes für die Leistung des Kindergeldes aufmerksam gemacht worden. Ungeachtet dessen habe aus der genannten Erklärung (Vordruck 538b2) die eindeutige Verpflichtung bestanden, jede Änderung der in dem Vordruck geforderten Angaben unverzüglich anzuzeigen. Im Vordruck habe der Kläger erklärt, dass seine Stieftochter dieselbe Anschrift habe wie er. Damit sei selbstredend, dass die geänderte Anschrift bei Auszug von seiner Stieftochter der Bezügestelle hätte mitgeteilt werden müssen. Auch habe er aus seiner Erklärung zum Familienzuschlag vom 27. August 2008 gewusst, dass Angaben zum Familienstand „getrenntlebend“ erforderlich seien und somit auch dieser Sachverhalt von Bedeutung sei. Der Kläger habe also wesentliche richtige und rechtzeitige Angaben bzw. Erklärungen unterlassen, was eine Fehlzahlung an Bezügen und Beihilfen zur Folge gehabt habe. Erst durch die rückwirkende Einbehaltung des kinderbezogenen Anteils im Familienzuschlag sei dem zuständigen Arbeitsgebiet bei der Beihilfestelle der Grund für den Wegfall durch einen geänderten Datenbestand bekannt geworden. Entgegen den Ausführungen des Klägers sei ihm – dem Landesamt – dies vor diesem Zeitpunkt nicht bekannt gewesen. Dies sei die Folge der aus § 88 Landesbeamtengesetz gesetzlich vorgeschriebenen Trennung der Beihilfestelle von der übrigen Personalverwaltung. Somit würden nicht automatisch Informationen aus den anderen Fachbereichen des Landesamts an die Beihilfestelle weitergeleitet. Ihr würden nur solche Beihilfestammdaten übermittelt, die als beihilferechtliche Konsequenz aus Bezügedaten festzustellen seien, insbesondere hinsichtlich der Berücksichtigung nach § 3 BVO. Aus seinen Gehaltsmitteilungen wisse der Kläger, dass seine Bezüge und seine Beihilfe/Heilfürsorge in verschiedenen Arbeitsgebieten bearbeitet würden. Die Regelung des Versorgungsausgleichs sei ein gesondertes Verfahren und stehe in keinem Zusammenhang mit der Gewährung von kinderbezogenen Leistungen. Insbesondere entbinde es den Kläger nicht von seinen allgemeinen Anzeigepflichten in anderen Bereichen. Im Übrigen gehe der Verweis auf das Verfahren hinsichtlich des Versorgungsausgleichs bereits deshalb fehl, weil die maßgebliche Trennung bereits in 2011 erfolgt sei, der Antrag auf Scheidung jedoch erst zu einem späteren Zeitpunkt. Gleichfalls könne sein Verweis auf das Schreiben der Beihilfestelle vom 25. März 2013 nicht greifen. Darin heiße es: „Die nachfolgende Bescheinigung wurde anhand der uns derzeit vorliegenden Unterlagen erstellt“. Unstrittig sei danach, dass zu diesem Zeitpunkt das Schreiben des Klägers vom 27. Mai 2013 noch nicht vorgelegen habe. Auch gehe der Verweis auf die geänderte Adresse der Stieftochter in den Rechnungsbelegen fehl, denn die Adresse eines Kindes sei für die Beihilfefestsetzung ohne Belang. Die Vorgehensweise der privaten Krankenversicherung sei nicht identisch mit den beihilferechtlichen Bestimmungen; eine Berufung hierauf sei nicht möglich. Die Fortzahlung der privaten Krankenversicherung für ein Kind könne zwar bis zur Rechtskraft einer Scheidung dem Berechtigten obliegen. Der Kläger könne jedoch nicht daraus den Schluss ziehen, dass das Kind bis zur Scheidung berücksichtigungsfähiger Angehöriger bleibe und er insoweit keine Anzeigepflichten habe. Im Übrigen gehöre es zur Dienst- und Treuepflicht des Beamten, sich über sein Dienstverhältnis betreffende Rechtsvorschriften selbst zu informieren. Zwar stehe der Behörde im Rahmen des § 48 LVwVfG hinsichtlich der Rücknahme Ermessen zu. Aber auch unter Berücksichtigung aller Umstände bei der Gesamtabwägung, insbesondere unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Auswirkungen und der Rechtmäßigkeit der Verwaltung, sowie dem Umstand, der zur Unrechtmäßigkeit der Bescheide führe, seien hier die Bescheide zu Recht zurückgenommen worden. Bei der Ermessensausübung sei berücksichtigt worden, dass bei rechtzeitiger Geltendmachung einer Bedarfsanpassung aufgrund seines Schreibens vom 6. November 2013 die Deckungslücke bei der privaten Krankenversicherung versicherbar gewesen wäre. Werde dies versäumt, so gehe dies aber nicht zu Lasten des Landes. Durch das Dienstrechtsreformgesetz vom 9. November 2010 sei das Landesbeamtengesetz grundlegend geändert worden. Für die Rückforderung von Beihilfe seien nun die einschlägigen Bestimmungen des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes maßgebend. Die zuvor geltenden Verweise auf § 12 Bundesbesoldungsgesetz und die danach erforderliche Billigkeitsentscheidung seien im Landesbeamtengesetz nicht enthalten. Somit richte sich die Rückforderung der insoweit rechtsgrundlos gewährten Leistungen nach § 49a LVwVfG. Auf den Wegfall der Bereicherung könne sich der Kläger nicht berufen, soweit er die Umstände gekannt habe, die zur Rücknahme des Verwaltungsakts geführt hätten. Die Entreicherungseinrede im Rahmen des § 49a Abs. 2 LVwVfG laufe somit immer dann leer, wenn sich der Bereicherte nicht auf schutzwürdiges Vertrauen berufen könne. Dies sei nach den obigen Ausführungen unzweifelhaft der Fall. Auf Antrag des Klägers könne jedoch über eine ratenweise Rückzahlung des Überzahlungsbetrages entschieden werden. Damit erscheine eine den Umständen gerecht werdende tragbare Lösung gegeben.
12 
Am 20. Juni 2014 hat der Kläger Klage erhoben, mit der er sein Vorbringen vertieft.
13 
Der Kläger beantragt,
14 
den Bescheid des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 15. November 2013 in Gestalt dessen Widerspruchsbescheids vom 21. Mai 2014 aufzuheben.
15 
Der Beklagte beantragt,
16 
die Klage abzuweisen.
17 
Er tritt der Klage unter Verweis auf seine Bescheide entgegen.
18 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze und die beigezogene Behördenakte (1 Bd.) verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
I.
19 
Die zulässige Klage gegen Nr. 1 und 2 des Bescheids des Landesamts vom 15. November 2013 in Gestalt dessen Widerspruchsbescheids vom 21. Mai 2014 bleibt ohne Erfolg (dazu unter 1.). Dagegen ist die gegen Nr. 3 des Bescheids des Landesamts vom 15. November 2013 in Gestalt dessen Widerspruchsbescheids vom 21. Mai 2014 gerichtete Klage zulässig und begründet (dazu unter 2.).
20 
1. Nr. 1 und 2 des Bescheids des Landesamts vom 15. November 2013 in Gestalt dessen Widerspruchsbescheids vom 21. Mai 2014 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
21 
Rechtsgrundlage für die Änderung beziehungsweise Aufhebung der Beihilfe gewährenden Bescheide ist § 48 Abs. 1, 2, 4 und 5 LVwVfG.
22 
a) Bedenken an der formellen Rechtmäßigkeit der Rücknahmeentscheidung bestehen keine. Insbesondere ist das Landesamt die nach § 48 Abs. 5 LVwVfG für die Rücknahme zuständige Behörde. Der Kläger wurde auch ordnungsgemäß nach § 28 Abs. 1 LVwVfG angehört.
23 
b) Die Rücknahme erweist sich auch als materiell rechtmäßig.
24 
aa) Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Die maßgeblichen Bescheide, mit denen das Landesamt dem Kläger Beihilfe für Aufwendungen seiner Stieftochter gewährt hat, sind rechtswidrig.
25 
Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Verordnung des Finanz- und Wirtschaftsministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen (Beihilfeverordnung – BVO) sind berücksichtigungsfähige Angehörige die im Familienzuschlag nach dem Landesbesoldungsgesetz Baden-Württemberg berücksichtigungsfähigen Kinder der Beihilfeberechtigten. Nach § 41 Abs. 3 Landesbesoldungsgesetz Baden-Württemberg erhalten einen kinderbezogenen Teil des Familienzuschlags für jedes Kind Beamte und Richter, denen Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz oder nach dem Bundeskindergeldgesetz zusteht oder ohne Berücksichtigung der §§ 64 oder 65 des Einkommensteuergesetzes oder der §§ 3 oder 4 des Bundeskindergeldgesetzes zustehen würde. Nach § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG werden als Kinder die vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommenen Kinder seines Ehegatten berücksichtigt. Nach § 3 Abs. 3 Satz 2 BVO endet die Berücksichtigung von Kindern mit dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie im Familienzuschlag nicht mehr berücksichtigungsfähig sind, bei Wegfall am 31. Dezember eines Jahres mit Ablauf des folgenden Kalenderjahres.
26 
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Stieftochter des Klägers seit Juni 2011 nicht mehr in dessen Haushalt lebt. Mit Blick auf die vorgenannten Bestimmungen war sie ab dem 1. Januar 2012 nicht mehr berücksichtigungsfähige Angehörige und der Kläger für ihre krankheitsbedingten Aufwendungen nicht mehr beihilfeberechtigt.
27 
bb) Nach § 48 Abs. 1 Satz 2 LVwVfG darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), nur unter den Einschränkungen des § 48 Abs. 2 bis 4 LVwVfG zurückgenommen werden.
28 
Im vorliegenden Fall bestimmen sich diese Einschränkungen nach § 48 Abs. 2 LVwVfG. Denn die Bescheide des Landesamts sind rechtswidrige Verwaltungsakte, die eine einmalige Geldleistung – hier in Form von Beihilfe – gewähren. Sie dürfen nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist.
29 
Nach § 48 Abs. 2 Satz 3 LVwVfG kann sich der Begünstigte auf Vertrauen allerdings nicht berufen, wenn er (1.) den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, (2.) den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren oder (3.) die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Im vorliegenden Fall sind die Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG erfüllt, denn der Kläger hat es pflichtwidrig unterlassen, den Auszug seiner Stieftochter aus dem gemeinsamen Haushalt dem Landesamt mitzuteilen.
30 
α) Die Besonderheit des Falles besteht darin, dass das Landesamt dem Kläger Beihilfe für Aufwendungen seiner Stieftochter gewährt hat, weil es von der maßgeblichen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse – keine Aufnahme der Stieftochter mehr im Haushalt des Klägers – zunächst keine Kenntnis hatte. Den Auszug der Stieftochter aus dem Haushalt des Klägers hat dieser unmittelbar gegenüber der Beihilfestelle nicht angezeigt.
31 
Ausgehend vom Wortlaut des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG erscheint fraglich, ob ein Unterlassen dem aktiven Tun gleichgestellt werden kann. Denn das Verb „erwirken“ kann so verstanden werden, dass ein bewusstes Handeln die Ursache für den Erlass des rechtswidrigen Verwaltungsakts gesetzt haben muss. In diesem Sinne wird in Teilen der obergerichtlichen Rechtsprechung auch vertreten, dass ein Unterlassen nicht von § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG erfasst wird (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 27. Juni 1994 – 4 M 2959/94 –, NVwZ-RR 1995, 40, allerdings zu § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X).
32 
Demgegenüber gibt es allerdings auch Stimmen, die, wenngleich ohne nähere oder spezifische Begründung für den vorliegenden Fall, das Unterlassen von erforderlichen Angaben dem aktiven Tun gleichstellen (vgl. Thüringer OVG, Urteil vom 27. April 2004 – 2 KO 433/03 –, juris; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl., § 48, Rn. 117).
33 
Aus Sicht der Kammer erscheint eine vermittelnde Lösung vorzugswürdig. Nach ihr steht das Unterlassen der Anzeige maßgeblicher Tatsachen, die Grundlage für die Gewährung der Geldleistung sind, nur dann dem Erwirken in Form von aktivem Tun gleich, wenn es pflichtwidrig erfolgt ist, also eine Rechtspflicht zum Handeln bestand.
34 
Mitwirkungspflichten sind dem Verwaltungsverfahren nicht fremd. Neben spezialgesetzlich normierten Mitwirkungspflichten, wie zum Beispiel der Pflicht zum persönlichen Erscheinen (vgl. nur § 6 Abs. 1 Satz 4 PassG), der Pflicht zur Beibringung erforderlicher Nachweise (vgl. § 82 Abs. 1 AufenthG) oder sonstiger Auskünfte (vgl. § 22 Abs. 1 GastG), sieht § 26 Abs. 2 LVwVfG generell für alle Verwaltungsverfahren vor, dass die Beteiligten bei der Ermittlung des Sachverhalts mitwirken sollen.
35 
Die Beihilfeverordnung oder die maßgeblichen Beamtengesetze kennen mit Blick auf den hier vorliegenden Fall keine spezialgesetzliche Mitwirkungspflicht. Sie ergibt sich aber aus allgemeinen aus dem Beamtenverhältnis fließenden Grundsätzen. Nach § 3 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (Beamtenstatusgesetz – BeamtStG) stehen Beamtinnen und Beamte zu ihrem Dienstherrn in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis (Beamtenverhältnis). Die Treuepflicht, die für den Beamten in den §§ 33 Abs. 1 Satz 3, 40 bis 42 BeamtStG besondere Ausprägungen gefunden hat, verlangt allgemein eine qualifizierte Berücksichtigung der Interessen des Dienstberechtigten. Die Treuepflicht enthält insoweit entsprechende Handlungs- und Unterlassungsgebote, durch deren Beachtung die Wahrung der berechtigten Interessen des Dienstherrn in angemessenem Umfang gesichert werden soll (vgl. v. Roetteken/Rothländer, Beamtenstatusgesetz, 17. Update 10/14, § 3 BeamtStG, Rn. 36 f. m. w. N.). Mit Blick hierauf sind Auskunftspflichten des Beamten bei einem ausdrücklichen Auskunftsbegehren seines Dienstherrn ohne weiteres anerkannt. Daneben können aber auch Offenbarungspflichten des Beamten bestehen, insbesondere dann, wenn die Bezugsberechtigung von Leistungen des Dienstherrn – wie hier – von bestimmten persönlichen Verhältnissen abhängt (vgl. Zängl, in GKÖD, Bd. I, K § 52, Rn. 11a).
36 
Die Beihilfegewährung durch den Beklagten ist im konkreten Fall maßgeblich davon abhängig, dass die tatsächlichen Voraussetzungen unverändert vorliegen. Für den Dienstherrn besteht hierbei die Schwierigkeit, dass die Beihilfegewährung für Aufwendungen der Stieftochter des Klägers davon abhängig ist, dass die tatsächlichen Verhältnisse – gemeinsamer Haushalt – nach wie vor unverändert vorliegen. In diesen privaten Bereich hat der Dienstherr regelmäßig keinen Einblick und ist daher auf die Mitwirkung seines Beamten in gesteigertem Maße angewiesen. Dies rechtfertigt es, abgeleitet aus dem beamtenrechtlichen Treueverhältnis, von einer entsprechenden Rechtspflicht zur unaufgeforderten Unterrichtung des Dienstherrn auszugehen.
37 
β) Es liegt auch der erforderliche Kausalzusammenhang vor.
38 
Maßgeblich ist dabei zunächst, dass die unzutreffenden oder unvollständigen Angaben zur Fehlerhaftigkeit des Verwaltungsakts geführt haben. Nicht entscheidend ist dagegen, dass sie Ursache seines Erlasses als solchem waren (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. August 1986 – 3 C 9.85 –, BVerwGE 74, 357; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl., § 48, Rn. 116).
39 
Da die Rechtswidrigkeit der Beihilfebescheide darauf beruht, dass der Kläger es pflichtwidrig unterlassen hat, die Änderung der tatsächlichen Verhältnisse anzuzeigen, ist die Kausalität notwendigerweise anders zu definieren als beim aktiven Tun. Dort ist von einer Ursächlichkeit auszugehen, wenn anzunehmen ist, dass die Behörde bei vollständiger beziehungsweise richtiger Angabe den Fehler nicht gemacht und den Verwaltungsakt nicht mit der getroffenen oder nur mit einer ungünstigeren Regelung erlassen hätte (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl., § 48, Rn. 117 m. w. N.). Während demnach beim aktiven Tun die schädliche Handlung hinweggedacht wird, ist im Falle des Unterlassens die vorzunehmende Handlung hinzuzudenken. Kausalität liegt demnach vor, wenn mit Gewissheit oder an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass bei pflichtgemäßer Offenbarung der veränderten tatsächlichen Umstände die Behörde keinen fehlerhaften Verwaltungsakt erlassen hätte. So liegt der Fall hier.
40 
Hätte der Kläger bereits im Zeitpunkt der veränderten tatsächlichen Verhältnisse, also im Juli 2011, die Beihilfestelle über den Auszug seiner Stieftochter aus seinem Haushalt als entscheidungserhebliche Angabe informiert, ist mit Gewissheit davon auszugehen, dass sie keine Beihilfe mehr für die ab dem 1. Januar 2012 entstandenen Aufwendungen der Stieftochter bewilligt hätte. Denn durch eine rechtzeitige Anzeige der veränderten Verhältnisse wäre die Beihilfestelle in die Lage versetzt worden, die Anspruchsvoraussetzungen neu zu prüfen.
41 
γ) Ob es der Kläger nicht nur objektiv pflichtwidrig, sondern auch schuldhaft, also zumindest leicht fahrlässig unterlassen hat, die Beihilfestelle über den Auszug seiner Stieftochter zu informieren, kann offenbleiben. Dafür spricht zwar einiges, es kommt im vorliegenden rechtlichen Zusammenhang aber nicht darauf an. Die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts hat ihre maßgebliche Ursache auch dann in dem Verantwortungsbereich des Klägers als Begünstigtem, wenn ihn an der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit seiner Angaben, auf die die Rechtswidrigkeit zurückzuführen ist, kein Verschulden trifft. Insoweit kommt es also allein auf die objektive Unrichtigkeit seiner Angaben an (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. August 1986 – 3 C 9.85 –, BVerwGE 74, 357). Dies gilt gleichermaßen für den hier vorliegenden Fall einer Unterlassung.
42 
cc) Das Landesamt hat die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 LVwVfG gewahrt.
43 
Erhält die Behörde nach dieser Vorschrift von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig.
44 
Der – hier maßgeblichen – Beihilfestelle ist anlässlich der Mitteilung der Familienkasse am 1. August 2013 der Auszug der Stieftochter aus dem Haushalt des Klägers bekannt geworden. Der am 15. November 2013 ergangene Ausgangsbescheid wahrt demnach ohne weiteres die Jahresfrist.
45 
dd) Das Landesamt hat schließlich das ihm im Rahmen der Rücknahmeentscheidung eingeräumte Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise ausgeübt. Ermessensfehler im Sinne des § 114 Satz 1 VwGO sind nicht ersichtlich.
46 
Liegt – wie hier – ein Fall des § 48 Abs. 2 Satz 3 LVwVfG vor, lenkt § 48 Abs. 2 Satz 4 LVwVfG das der Behörde nach § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG zustehende Ermessen, indem er die Rücknahme des Verwaltungsakts mit Wirkung für die Vergangenheit als Regel festlegt. Folgt das Verwaltungshandeln dieser Regel, müssen Ermessenserwägungen der Behörde im Rücknahmebescheid nicht näher dargestellt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Mai 1996 – 3 C 13.94 –, Buchholz 451.513 Sonst. Marktordnungsrecht Nr. 1). Einen – gerichtlich voll überprüfbaren – atypischen Sachverhalt, aufgrund dessen das Landesamt gezwungen sein könnte, von der Rücknahme ganz oder auch nur teilweise abzusehen, vermag die Kammer nicht zu erkennen.
47 
α) Der Kläger hat hierzu insbesondere geltend gemacht, das Landesamt sei am Scheidungsverfahren beteiligt gewesen und hätte daher auf die Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse schließen können. Ferner habe er aufgrund der fehlenden vorzeitigen Kündigungsmöglichkeit der privaten Krankenversicherung darauf geschlossen, dass die Beihilfe für diese Dauer noch geltend gemacht werden könne. Zudem habe er sich auf die Angaben in dem Schreiben vom 25. März 2013 verlassen. Auch sei dem Landesamt die neue Anschrift seiner Stieftochter bekannt gewesen. Im Übrigen habe er die für seine Stieftochter geleistete Beihilfe dieser sofort weitergeleitet.
48 
Diese Gründe sind nicht derart außergewöhnlich, dass vom Regelfall der Rücknahme abzuweichen wäre.
49 
Dies gilt zunächst für diejenigen Belange, die ein Mitverschulden der Behörde aufzeigen sollen. Insbesondere ist die Beteiligung des Landesamts im Scheidungsverfahren unerheblich. Denn aus diesem Verfahren ergibt sich für das Landesamt nicht, ob die Anspruchsvoraussetzungen für die Beihilfegewährung für Aufwendungen der Stieftochter noch vorliegen oder bereits entfallen sind. Insbesondere sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass das Landesamt aus dem Scheidungsverfahren ableiten konnte, dass die Stieftochter nicht mehr im Haushalt des Klägers aufgenommen war.
50 
Auch der Inhalt des Schreibens des Landesamts vom 25. März 2013 begründet keine Atypik. Dem Kläger wird zwar versichert, dass für die Stieftochter ein Anspruch auf Beihilfe besteht. Einleitend wird in dem Schreiben aber darauf hingewiesen, dass diese Auskunft auf den „derzeit vorliegenden Unterlagen“ erstellt wurde. Die Beihilfestelle hatte zu diesem Zeitpunkt noch keine Kenntnis vom Auszug der Stieftochter aus dem Haushalt des Klägers. Aus ihrer Sicht traf diese Aussage daher zu.
51 
Der Hinweis auf die neue Adresse der Stieftochter begründet ebenfalls keinen außergewöhnlichen Umstand. Die Gründe für eine Adressänderung können vielfältig sein. Es ist nicht auszuschließen, dass die 1988 geborene Stieftochter anlässlich ihrer Ausbildung den gemeinsamen Haushalt verlassen hat. Auch andere Gründe, die zu einer Adressänderung geführt haben, erscheinen in dem Alter der Stieftochter zu diesem Zeitpunkt nicht außergewöhnlich. Von dem Landesamt an dieser Stelle zu verlangen, die Hintergründe einer Adressänderung zu erforschen, würde die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Verwaltung überspannen.
52 
Nichts anderes ergibt sich aus den Gesichtspunkten, die der Kläger zum Beleg seines fehlenden Verschuldens anführt. Der Verweis auf die fehlende Möglichkeit zur Kündigung der privaten Krankenversicherung anlässlich des Auszugs der Stieftochter aus dem Haushalt des Klägers ist unerheblich. Es handelt sich bei der Beihilfe und der privaten Krankenversicherung um grundlegend unterschiedliche Systeme mit der Folge unterschiedlicher Regeln in Bezug auf die einzubeziehenden Berechtigten beziehungsweise mitversicherten Personen. Ein Rückschluss von den Voraussetzungen des einen Systems auf das andere verbietet sich daher.
53 
Auch der Umstand, dass der Kläger die geleistete Beihilfe sofort an seine Stieftochter weitergereicht hat, führt nicht zur Annahme eines atypischen Falls. Zwar ist dieser Umstand grundsätzlich geeignet, Vertrauen in den Bestand des maßgeblichen Verwaltungsakts – hier der Beihilfebescheide – zu begründen (vgl. § 48 Abs. 2 Satz 2 Var. 2 LVwVfG). Dieses Vertrauen ist im vorliegenden Fall, wie bereits dargelegt, aber mit Blick auf § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG nicht schutzwürdig. Es kann somit nicht auf der Rechtsfolgenseite nochmals berücksichtigt werden.
54 
β) Dass das Landesamt im Rahmen des von § 48 Abs. 1 LVwVfG eingeräumten Ermessens keine Billigkeitsentscheidung getroffen hat, ist ebenfalls nicht ermessensfehlerhaft. Raum für eine derartige Entscheidung ist in § 48 LVwVfG nicht vorgesehen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Mai 2013 – 2 S 2314/12 –, juris).
55 
2. Nr. 3 des Bescheids des Landesamts vom 15. November 2013 in Gestalt dessen Widerspruchsbescheids vom 21. Mai 2014 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger deshalb in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
56 
Die Rückforderung der überzahlten Beihilfe ist auf § 49a Abs. 1 und 2 LVwVfG gestützt. Danach gilt, dass, soweit ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder widerrufen worden oder infolge Eintritts einer auflösenden Bedingung unwirksam geworden ist, bereits erbrachte Leistungen zu erstatten sind. Die zu erstattende Leistung ist durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen. Für den Umfang der Erstattung mit Ausnahme der Verzinsung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung entsprechend. Auf den Wegfall der Bereicherung kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit er die Umstände kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte, die zur Rücknahme, zum Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes geführt haben.
57 
Diese Voraussetzungen liegen vor (dazu unter a). Die Rückforderungsentscheidung ist gleichwohl rechtswidrig, da das Landesamt keine Billigkeitsentscheidung getroffen hat (dazu unter b).
58 
a) Das Landesamt hat die rechtswidrigen Beihilfebescheide, die Rechtsgrundlage der gezahlten Beihilfe waren, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Bereits erbrachte Leistungen sind daher zu erstatten.
59 
Der Umfang dieses Erstattungsanspruchs ergibt sich aus §§ 818 ff. BGB. Der Kläger hat sich insoweit auf den Wegfall der Bereicherung gemäß § 818 Abs. 3 BGB berufen, da die ihm zugewendete Beihilfe nicht mehr in seinem Vermögen vorhanden ist. Vielmehr hat er die Zahlungen des Landesamts unmittelbar nach Erhalt an seine Stieftochter weitergeleitet. Nach § 818 Abs. 3 BGB wäre demnach grundsätzlich die Verpflichtung zur Herausgabe oder – hier – zum Ersatz des Wertes ausgeschlossen, weil der Kläger als Empfänger der Leistung nicht mehr bereichert ist.
60 
Auf den Wegfall der Bereicherung kann sich der Begünstigte nach § 49a Abs. 2 Satz 2 LVwVfG allerdings nicht berufen, soweit er die Umstände kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte, die zur Rücknahme, zum Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes geführt haben. So liegt der Fall hier.
61 
Maßgeblich ist dabei, dass sich die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Erstattungspflichtigen nur auf die tatsächlichen Voraussetzungen der die Rücknahme auslösenden Rechtswidrigkeit, nicht auch auf die Rechtswidrigkeit selbst beziehen muss (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. November 1997 – 3 C 33.96 –, BVerwGE 105, 354). Es ist demnach nicht erforderlich, dass der Kläger den Schluss auf die Rechtswidrigkeit der Beihilfebescheide gezogen hat. Vielmehr genügt seine Kenntnis von den tatsächlichen Umständen, die die Rechtswidrigkeit dieser Bescheide ausgelöst hat. Diese hatte er ohne weiteres, denn der Auszug seiner Stieftochter aus seinem Haushalt war ihm bekannt.
62 
b) Ist das Landesamt demnach – grundsätzlich – berechtigt, vom Kläger die Rückzahlung von 32.837,43 Euro an Beihilfe zu verlangen, so ist die Rückforderungsentscheidung gleichwohl rechtswidrig, da es keine Billigkeitsentscheidung getroffen hat. Einer solchen hätte es aber in analoger Anwendung von § 15 Abs. 2 Satz 3 Landesbesoldungsgesetz Baden-Württemberg (LBesGBW) und § 5 Abs. 2 Satz 3 Landesbeamtenversorgungsgesetz Baden-Württemberg (LBeamtVGBW) bedurft.
63 
Analogie ist die Übertragung der für einzelne bestimmte Tatbestände im Gesetz vorgesehenen Regel auf einen anderen, aber rechtsähnlichen Tatbestand, sofern das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke enthält (vgl. Sprau, in: Palandt, BGB, 74. Aufl. 2015, Einleitung, Rn. 48 m. w. N.). Diese Voraussetzungen liegen vor.
64 
α) Eine Regelungslücke ist gegeben. Während der Landesgesetzgeber die Rückforderung zu viel gezahlter Leistungen für das Besoldungsrecht in § 15 LBesGBW und für das Versorgungsrecht in § 5 LBeamtVGBW geregelt hat, fehlt es an einer entsprechenden, die Möglichkeit einer Billigkeitsentscheidung eröffnenden landesgesetzlichen Regelung für Fälle überzahlter Beihilfe.
65 
Das Bestehen der Regelungslücke wird nicht dadurch beseitigt, dass Belange, die in die Billigkeitsentscheidung einzustellen sind, jedenfalls teilweise auch im Rahmen des Rücknahmeermessens des § 48 LVwVfG Eingang finden könnten. So mag zwar denkbar sein, dass beispielsweise das Mitverschulden einer Behörde im Wege einer nur teilweisen Rücknahme berücksichtigt werden könnte. Die von §§ 15 LBesGBW und 5 LBeamtVGBW eröffnete Möglichkeit, eine Billigkeitsentscheidung zu treffen, geht aber deutlich weiter. Denn sie erlaubt es, alle individuellen Aspekte des jeweiligen Einzelfalls zu berücksichtigen und für den Betroffenen eine dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügende Lösung zu erarbeiten. Zu denken ist hierbei vor allem an die ratenweise Rückführung überzahlter Leistungen. Derartiges kann im Rahmen des Ermessens in § 48 LVwVfG dagegen nicht verwirklicht werden.
66 
β) Die Regelungslücke ist auch planwidrig.
67 
Ausgangspunkt der Überlegung bildet dabei der Umstand, dass vor der Dienstrechtsreform (vgl. hierzu das Gesetz zur Reform des öffentlichen Dienstrechts vom 9. November 2010, GBl. 2010, S. 793 – DRG) die Rückforderung überzahlter Beihilfe auf Grundlage des § 109 LBG a. F. erfolgen konnte. Er sah vor, dass für die Rückforderung von Leistungen des Dienstherrn, die nicht Besoldung oder Versorgung sind, § 12 Abs. 2 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) entsprechend anzuwenden war. Die Rückforderung von Beihilfe unterlag damit den gleichen Voraussetzungen wie die von Besoldungs- oder Versorgungsbezügen, insbesondere in Bezug auf das Erfordernis einer Billigkeitsentscheidung (vgl. § 12 BBesG und § 52 BeamtVG, die vor der Föderalismusreform auf Rückforderungen von Besoldungs- und Versorgungsbezügen anzuwenden waren).
68 
Diesen Gleichlauf hat der Landesgesetzgeber im Zuge der Dienstrechtsreform durch das Streichen der Vorschrift des § 109 LBG a. F., ohne dass hierfür ein sachlicher Grund ersichtlich wäre, beseitigt. Parallel dazu hat er im Landesbesoldungsgesetz Baden-Württemberg und im Landesbeamtenversorgungsgesetz Baden-Württemberg für überzahlte Besoldungs- beziehungsweise Versorgungsbezüge eigenständige Rechtsgrundlagen für die Rückforderung geschaffen, die jeweils eine Grundlage für Billigkeitsentscheidungen vorsehen. In der Gesetzesbegründung zu § 15 LBesGBW heißt es hierzu, dass die Bestimmung unverändert § 12 BBesG entspreche und, hinsichtlich der Absätze 2 bis 4, sie den Anspruch des Dienstherrn auf die Erstattung von ohne Rechtsgrund empfangenen Besoldungsleistungen regle (vgl. LT-Drs. 14/6694, S. 460). Zu § 5 Abs. 2 LBeamtVGBW heißt es (vgl. LT-Drs. 14/6694, S. 504): „Absatz 2 trifft eine eigenständige Regelung für die Rückforderung überzahlter Versorgungsbezüge“. Dagegen schweigt sich die Gesetzesbegründung zur Aufhebung des § 109 LBG a. F. aus.
69 
Auch aus den allgemeinen gesetzgeberischen Erwägungen lässt sich kein sachlicher Grund dafür ermitteln, weshalb für Besoldungs- und Versorgungsbezüge spezialgesetzliche Rückforderungsrechtsgrundlagen geschaffen wurden, während die Rückforderung der Beihilfe sich nunmehr nach der allgemeinen Bestimmung des § 49a LVwVfG richten soll, die eine Billigkeitsentscheidung nicht vorsieht. Das Dienstrechtsreformgesetz sollte eine Generalrevision der Rechtsverhältnisse der Beamtinnen und Beamten im Lande bringen (vgl. LT-Drs. 14/6694, S. 1) und in Bezug auf die besoldungsrechtlichen Regelungen eine umfassende Neukodifikation des bisherigen, im Land geltenden Besoldungsrechts schaffen. Gleichzeitig sollte die bestehende Unübersichtlichkeit im Besoldungsrecht beseitigt werden, indem möglichst viele der als Gesetz oder Rechtsverordnung derzeit bestehenden Rechtsvorschriften in einem Landesbesoldungsgesetz zusammengeführt werden (vgl. LT-Drs. 14/6694, S. 2). Angesichts dessen hätte es nahegelegen, die Rückforderung rechtsgrundlos gezahlter Beihilfe ebenfalls eigenständig zu regeln, zum Beispiel durch Aufnahme einer entsprechenden Bestimmung in oder im Anschluss an § 78 LBG.
70 
γ) Es liegt darüber hinaus die für einen Analogieschluss erforderliche vergleichbare Sach- und Interessenlage vor.
71 
Die Rückforderung von Besoldungs- und Versorgungsbezügen oder von überzahlter Beihilfe kann den Beamten – gemessen an seinem Monats- und Jahresverdienst – im Einzelfall hart treffen. Dies kann in dem Umstand begründet sein, dass unberechtigte Zahlungen über Jahre unbemerkt von ihrer Rechtswidrigkeit erfolgen können und sich so innerhalb der Verjährungsfrist hohe Rückzahlungsbeträge aufsummieren. Auch der vorliegende Fall ist hierfür ein geeignetes Beispiel. Im Zeitraum von März 2012 bis August 2013 konnten angesichts der erheblichen Erkrankung der Stieftochter des Klägers rasch große Summen an überzahlter Beihilfe auflaufen.
72 
Ein Beamter hat mit Ausnahme zulässiger Nebentätigkeit keine Möglichkeiten, die Höhe seiner Besoldung zu beeinflussen. Anders als Arbeitnehmer kann er seine Besoldung nicht etwa durch geschickte Gehaltsverhandlungen zu seinen Gunsten verändern, sondern muss die Entscheidung des Gesetzgebers zur Höhe hinnehmen. Steht demnach der finanzielle Verfügungsrahmen eines Beamten nahezu unverrückbar fest, so treffen ihn Rückforderungen in Höhen wie der vorliegenden mit besonderer Härte. Vor diesem Hintergrund ist die Entscheidung des Gesetzgebers nachvollziehbar und angemessen, im Rahmen einer Billigkeitsentscheidung die Möglichkeit für Erleichterungen bei der Rückzahlung zu schaffen.
73 
Da diese Härten sowohl bei überzahlten Besoldungs- und Versorgungsbezügen als auch gleichermaßen bei zu viel gezahlter Beihilfe auftreten können, ist die Sach- und Interessenlage ohne weiteres vergleichbar.
74 
δ) Das Landesamt hat in dem für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Widerspruchsbescheid keine Billigkeitsentscheidung getroffen, obwohl hierfür angesichts der erheblichen Rückforderungshöhe und eines möglichen Mitverschuldens der Behörde, was die Beihilfebescheide vom 16. August 2013 und 10. September 2013 betrifft, Anlass bestanden hätte. Die Ankündigung, auf entsprechenden Antrag eine Ratenzahlung zu bewilligen, genügt insoweit nicht (vgl. zuletzt BVerwG, Urteil vom 24. September 2013 – 2 C 52.11 –, NVwZ-RR 2014, 274). Angesichts dessen ist der Rückforderungsbescheid aufzuheben und dem Landesamt so Gelegenheit einzuräumen, eine angemessene Billigkeitsentscheidung treffen zu können.
II.
75 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Von einer Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wird gemäß § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO abgesehen.
III.
76 
Die Berufung wird wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen.
77 
Beschluss
78 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 3 GKG auf 32.837,43 EUR Euro festgesetzt.
79 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Gründe

 
I.
19 
Die zulässige Klage gegen Nr. 1 und 2 des Bescheids des Landesamts vom 15. November 2013 in Gestalt dessen Widerspruchsbescheids vom 21. Mai 2014 bleibt ohne Erfolg (dazu unter 1.). Dagegen ist die gegen Nr. 3 des Bescheids des Landesamts vom 15. November 2013 in Gestalt dessen Widerspruchsbescheids vom 21. Mai 2014 gerichtete Klage zulässig und begründet (dazu unter 2.).
20 
1. Nr. 1 und 2 des Bescheids des Landesamts vom 15. November 2013 in Gestalt dessen Widerspruchsbescheids vom 21. Mai 2014 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
21 
Rechtsgrundlage für die Änderung beziehungsweise Aufhebung der Beihilfe gewährenden Bescheide ist § 48 Abs. 1, 2, 4 und 5 LVwVfG.
22 
a) Bedenken an der formellen Rechtmäßigkeit der Rücknahmeentscheidung bestehen keine. Insbesondere ist das Landesamt die nach § 48 Abs. 5 LVwVfG für die Rücknahme zuständige Behörde. Der Kläger wurde auch ordnungsgemäß nach § 28 Abs. 1 LVwVfG angehört.
23 
b) Die Rücknahme erweist sich auch als materiell rechtmäßig.
24 
aa) Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Die maßgeblichen Bescheide, mit denen das Landesamt dem Kläger Beihilfe für Aufwendungen seiner Stieftochter gewährt hat, sind rechtswidrig.
25 
Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Verordnung des Finanz- und Wirtschaftsministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen (Beihilfeverordnung – BVO) sind berücksichtigungsfähige Angehörige die im Familienzuschlag nach dem Landesbesoldungsgesetz Baden-Württemberg berücksichtigungsfähigen Kinder der Beihilfeberechtigten. Nach § 41 Abs. 3 Landesbesoldungsgesetz Baden-Württemberg erhalten einen kinderbezogenen Teil des Familienzuschlags für jedes Kind Beamte und Richter, denen Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz oder nach dem Bundeskindergeldgesetz zusteht oder ohne Berücksichtigung der §§ 64 oder 65 des Einkommensteuergesetzes oder der §§ 3 oder 4 des Bundeskindergeldgesetzes zustehen würde. Nach § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG werden als Kinder die vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommenen Kinder seines Ehegatten berücksichtigt. Nach § 3 Abs. 3 Satz 2 BVO endet die Berücksichtigung von Kindern mit dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie im Familienzuschlag nicht mehr berücksichtigungsfähig sind, bei Wegfall am 31. Dezember eines Jahres mit Ablauf des folgenden Kalenderjahres.
26 
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Stieftochter des Klägers seit Juni 2011 nicht mehr in dessen Haushalt lebt. Mit Blick auf die vorgenannten Bestimmungen war sie ab dem 1. Januar 2012 nicht mehr berücksichtigungsfähige Angehörige und der Kläger für ihre krankheitsbedingten Aufwendungen nicht mehr beihilfeberechtigt.
27 
bb) Nach § 48 Abs. 1 Satz 2 LVwVfG darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), nur unter den Einschränkungen des § 48 Abs. 2 bis 4 LVwVfG zurückgenommen werden.
28 
Im vorliegenden Fall bestimmen sich diese Einschränkungen nach § 48 Abs. 2 LVwVfG. Denn die Bescheide des Landesamts sind rechtswidrige Verwaltungsakte, die eine einmalige Geldleistung – hier in Form von Beihilfe – gewähren. Sie dürfen nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist.
29 
Nach § 48 Abs. 2 Satz 3 LVwVfG kann sich der Begünstigte auf Vertrauen allerdings nicht berufen, wenn er (1.) den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, (2.) den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren oder (3.) die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Im vorliegenden Fall sind die Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG erfüllt, denn der Kläger hat es pflichtwidrig unterlassen, den Auszug seiner Stieftochter aus dem gemeinsamen Haushalt dem Landesamt mitzuteilen.
30 
α) Die Besonderheit des Falles besteht darin, dass das Landesamt dem Kläger Beihilfe für Aufwendungen seiner Stieftochter gewährt hat, weil es von der maßgeblichen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse – keine Aufnahme der Stieftochter mehr im Haushalt des Klägers – zunächst keine Kenntnis hatte. Den Auszug der Stieftochter aus dem Haushalt des Klägers hat dieser unmittelbar gegenüber der Beihilfestelle nicht angezeigt.
31 
Ausgehend vom Wortlaut des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG erscheint fraglich, ob ein Unterlassen dem aktiven Tun gleichgestellt werden kann. Denn das Verb „erwirken“ kann so verstanden werden, dass ein bewusstes Handeln die Ursache für den Erlass des rechtswidrigen Verwaltungsakts gesetzt haben muss. In diesem Sinne wird in Teilen der obergerichtlichen Rechtsprechung auch vertreten, dass ein Unterlassen nicht von § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG erfasst wird (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 27. Juni 1994 – 4 M 2959/94 –, NVwZ-RR 1995, 40, allerdings zu § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X).
32 
Demgegenüber gibt es allerdings auch Stimmen, die, wenngleich ohne nähere oder spezifische Begründung für den vorliegenden Fall, das Unterlassen von erforderlichen Angaben dem aktiven Tun gleichstellen (vgl. Thüringer OVG, Urteil vom 27. April 2004 – 2 KO 433/03 –, juris; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl., § 48, Rn. 117).
33 
Aus Sicht der Kammer erscheint eine vermittelnde Lösung vorzugswürdig. Nach ihr steht das Unterlassen der Anzeige maßgeblicher Tatsachen, die Grundlage für die Gewährung der Geldleistung sind, nur dann dem Erwirken in Form von aktivem Tun gleich, wenn es pflichtwidrig erfolgt ist, also eine Rechtspflicht zum Handeln bestand.
34 
Mitwirkungspflichten sind dem Verwaltungsverfahren nicht fremd. Neben spezialgesetzlich normierten Mitwirkungspflichten, wie zum Beispiel der Pflicht zum persönlichen Erscheinen (vgl. nur § 6 Abs. 1 Satz 4 PassG), der Pflicht zur Beibringung erforderlicher Nachweise (vgl. § 82 Abs. 1 AufenthG) oder sonstiger Auskünfte (vgl. § 22 Abs. 1 GastG), sieht § 26 Abs. 2 LVwVfG generell für alle Verwaltungsverfahren vor, dass die Beteiligten bei der Ermittlung des Sachverhalts mitwirken sollen.
35 
Die Beihilfeverordnung oder die maßgeblichen Beamtengesetze kennen mit Blick auf den hier vorliegenden Fall keine spezialgesetzliche Mitwirkungspflicht. Sie ergibt sich aber aus allgemeinen aus dem Beamtenverhältnis fließenden Grundsätzen. Nach § 3 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (Beamtenstatusgesetz – BeamtStG) stehen Beamtinnen und Beamte zu ihrem Dienstherrn in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis (Beamtenverhältnis). Die Treuepflicht, die für den Beamten in den §§ 33 Abs. 1 Satz 3, 40 bis 42 BeamtStG besondere Ausprägungen gefunden hat, verlangt allgemein eine qualifizierte Berücksichtigung der Interessen des Dienstberechtigten. Die Treuepflicht enthält insoweit entsprechende Handlungs- und Unterlassungsgebote, durch deren Beachtung die Wahrung der berechtigten Interessen des Dienstherrn in angemessenem Umfang gesichert werden soll (vgl. v. Roetteken/Rothländer, Beamtenstatusgesetz, 17. Update 10/14, § 3 BeamtStG, Rn. 36 f. m. w. N.). Mit Blick hierauf sind Auskunftspflichten des Beamten bei einem ausdrücklichen Auskunftsbegehren seines Dienstherrn ohne weiteres anerkannt. Daneben können aber auch Offenbarungspflichten des Beamten bestehen, insbesondere dann, wenn die Bezugsberechtigung von Leistungen des Dienstherrn – wie hier – von bestimmten persönlichen Verhältnissen abhängt (vgl. Zängl, in GKÖD, Bd. I, K § 52, Rn. 11a).
36 
Die Beihilfegewährung durch den Beklagten ist im konkreten Fall maßgeblich davon abhängig, dass die tatsächlichen Voraussetzungen unverändert vorliegen. Für den Dienstherrn besteht hierbei die Schwierigkeit, dass die Beihilfegewährung für Aufwendungen der Stieftochter des Klägers davon abhängig ist, dass die tatsächlichen Verhältnisse – gemeinsamer Haushalt – nach wie vor unverändert vorliegen. In diesen privaten Bereich hat der Dienstherr regelmäßig keinen Einblick und ist daher auf die Mitwirkung seines Beamten in gesteigertem Maße angewiesen. Dies rechtfertigt es, abgeleitet aus dem beamtenrechtlichen Treueverhältnis, von einer entsprechenden Rechtspflicht zur unaufgeforderten Unterrichtung des Dienstherrn auszugehen.
37 
β) Es liegt auch der erforderliche Kausalzusammenhang vor.
38 
Maßgeblich ist dabei zunächst, dass die unzutreffenden oder unvollständigen Angaben zur Fehlerhaftigkeit des Verwaltungsakts geführt haben. Nicht entscheidend ist dagegen, dass sie Ursache seines Erlasses als solchem waren (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. August 1986 – 3 C 9.85 –, BVerwGE 74, 357; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl., § 48, Rn. 116).
39 
Da die Rechtswidrigkeit der Beihilfebescheide darauf beruht, dass der Kläger es pflichtwidrig unterlassen hat, die Änderung der tatsächlichen Verhältnisse anzuzeigen, ist die Kausalität notwendigerweise anders zu definieren als beim aktiven Tun. Dort ist von einer Ursächlichkeit auszugehen, wenn anzunehmen ist, dass die Behörde bei vollständiger beziehungsweise richtiger Angabe den Fehler nicht gemacht und den Verwaltungsakt nicht mit der getroffenen oder nur mit einer ungünstigeren Regelung erlassen hätte (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl., § 48, Rn. 117 m. w. N.). Während demnach beim aktiven Tun die schädliche Handlung hinweggedacht wird, ist im Falle des Unterlassens die vorzunehmende Handlung hinzuzudenken. Kausalität liegt demnach vor, wenn mit Gewissheit oder an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass bei pflichtgemäßer Offenbarung der veränderten tatsächlichen Umstände die Behörde keinen fehlerhaften Verwaltungsakt erlassen hätte. So liegt der Fall hier.
40 
Hätte der Kläger bereits im Zeitpunkt der veränderten tatsächlichen Verhältnisse, also im Juli 2011, die Beihilfestelle über den Auszug seiner Stieftochter aus seinem Haushalt als entscheidungserhebliche Angabe informiert, ist mit Gewissheit davon auszugehen, dass sie keine Beihilfe mehr für die ab dem 1. Januar 2012 entstandenen Aufwendungen der Stieftochter bewilligt hätte. Denn durch eine rechtzeitige Anzeige der veränderten Verhältnisse wäre die Beihilfestelle in die Lage versetzt worden, die Anspruchsvoraussetzungen neu zu prüfen.
41 
γ) Ob es der Kläger nicht nur objektiv pflichtwidrig, sondern auch schuldhaft, also zumindest leicht fahrlässig unterlassen hat, die Beihilfestelle über den Auszug seiner Stieftochter zu informieren, kann offenbleiben. Dafür spricht zwar einiges, es kommt im vorliegenden rechtlichen Zusammenhang aber nicht darauf an. Die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts hat ihre maßgebliche Ursache auch dann in dem Verantwortungsbereich des Klägers als Begünstigtem, wenn ihn an der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit seiner Angaben, auf die die Rechtswidrigkeit zurückzuführen ist, kein Verschulden trifft. Insoweit kommt es also allein auf die objektive Unrichtigkeit seiner Angaben an (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. August 1986 – 3 C 9.85 –, BVerwGE 74, 357). Dies gilt gleichermaßen für den hier vorliegenden Fall einer Unterlassung.
42 
cc) Das Landesamt hat die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 LVwVfG gewahrt.
43 
Erhält die Behörde nach dieser Vorschrift von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig.
44 
Der – hier maßgeblichen – Beihilfestelle ist anlässlich der Mitteilung der Familienkasse am 1. August 2013 der Auszug der Stieftochter aus dem Haushalt des Klägers bekannt geworden. Der am 15. November 2013 ergangene Ausgangsbescheid wahrt demnach ohne weiteres die Jahresfrist.
45 
dd) Das Landesamt hat schließlich das ihm im Rahmen der Rücknahmeentscheidung eingeräumte Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise ausgeübt. Ermessensfehler im Sinne des § 114 Satz 1 VwGO sind nicht ersichtlich.
46 
Liegt – wie hier – ein Fall des § 48 Abs. 2 Satz 3 LVwVfG vor, lenkt § 48 Abs. 2 Satz 4 LVwVfG das der Behörde nach § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG zustehende Ermessen, indem er die Rücknahme des Verwaltungsakts mit Wirkung für die Vergangenheit als Regel festlegt. Folgt das Verwaltungshandeln dieser Regel, müssen Ermessenserwägungen der Behörde im Rücknahmebescheid nicht näher dargestellt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Mai 1996 – 3 C 13.94 –, Buchholz 451.513 Sonst. Marktordnungsrecht Nr. 1). Einen – gerichtlich voll überprüfbaren – atypischen Sachverhalt, aufgrund dessen das Landesamt gezwungen sein könnte, von der Rücknahme ganz oder auch nur teilweise abzusehen, vermag die Kammer nicht zu erkennen.
47 
α) Der Kläger hat hierzu insbesondere geltend gemacht, das Landesamt sei am Scheidungsverfahren beteiligt gewesen und hätte daher auf die Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse schließen können. Ferner habe er aufgrund der fehlenden vorzeitigen Kündigungsmöglichkeit der privaten Krankenversicherung darauf geschlossen, dass die Beihilfe für diese Dauer noch geltend gemacht werden könne. Zudem habe er sich auf die Angaben in dem Schreiben vom 25. März 2013 verlassen. Auch sei dem Landesamt die neue Anschrift seiner Stieftochter bekannt gewesen. Im Übrigen habe er die für seine Stieftochter geleistete Beihilfe dieser sofort weitergeleitet.
48 
Diese Gründe sind nicht derart außergewöhnlich, dass vom Regelfall der Rücknahme abzuweichen wäre.
49 
Dies gilt zunächst für diejenigen Belange, die ein Mitverschulden der Behörde aufzeigen sollen. Insbesondere ist die Beteiligung des Landesamts im Scheidungsverfahren unerheblich. Denn aus diesem Verfahren ergibt sich für das Landesamt nicht, ob die Anspruchsvoraussetzungen für die Beihilfegewährung für Aufwendungen der Stieftochter noch vorliegen oder bereits entfallen sind. Insbesondere sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass das Landesamt aus dem Scheidungsverfahren ableiten konnte, dass die Stieftochter nicht mehr im Haushalt des Klägers aufgenommen war.
50 
Auch der Inhalt des Schreibens des Landesamts vom 25. März 2013 begründet keine Atypik. Dem Kläger wird zwar versichert, dass für die Stieftochter ein Anspruch auf Beihilfe besteht. Einleitend wird in dem Schreiben aber darauf hingewiesen, dass diese Auskunft auf den „derzeit vorliegenden Unterlagen“ erstellt wurde. Die Beihilfestelle hatte zu diesem Zeitpunkt noch keine Kenntnis vom Auszug der Stieftochter aus dem Haushalt des Klägers. Aus ihrer Sicht traf diese Aussage daher zu.
51 
Der Hinweis auf die neue Adresse der Stieftochter begründet ebenfalls keinen außergewöhnlichen Umstand. Die Gründe für eine Adressänderung können vielfältig sein. Es ist nicht auszuschließen, dass die 1988 geborene Stieftochter anlässlich ihrer Ausbildung den gemeinsamen Haushalt verlassen hat. Auch andere Gründe, die zu einer Adressänderung geführt haben, erscheinen in dem Alter der Stieftochter zu diesem Zeitpunkt nicht außergewöhnlich. Von dem Landesamt an dieser Stelle zu verlangen, die Hintergründe einer Adressänderung zu erforschen, würde die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Verwaltung überspannen.
52 
Nichts anderes ergibt sich aus den Gesichtspunkten, die der Kläger zum Beleg seines fehlenden Verschuldens anführt. Der Verweis auf die fehlende Möglichkeit zur Kündigung der privaten Krankenversicherung anlässlich des Auszugs der Stieftochter aus dem Haushalt des Klägers ist unerheblich. Es handelt sich bei der Beihilfe und der privaten Krankenversicherung um grundlegend unterschiedliche Systeme mit der Folge unterschiedlicher Regeln in Bezug auf die einzubeziehenden Berechtigten beziehungsweise mitversicherten Personen. Ein Rückschluss von den Voraussetzungen des einen Systems auf das andere verbietet sich daher.
53 
Auch der Umstand, dass der Kläger die geleistete Beihilfe sofort an seine Stieftochter weitergereicht hat, führt nicht zur Annahme eines atypischen Falls. Zwar ist dieser Umstand grundsätzlich geeignet, Vertrauen in den Bestand des maßgeblichen Verwaltungsakts – hier der Beihilfebescheide – zu begründen (vgl. § 48 Abs. 2 Satz 2 Var. 2 LVwVfG). Dieses Vertrauen ist im vorliegenden Fall, wie bereits dargelegt, aber mit Blick auf § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG nicht schutzwürdig. Es kann somit nicht auf der Rechtsfolgenseite nochmals berücksichtigt werden.
54 
β) Dass das Landesamt im Rahmen des von § 48 Abs. 1 LVwVfG eingeräumten Ermessens keine Billigkeitsentscheidung getroffen hat, ist ebenfalls nicht ermessensfehlerhaft. Raum für eine derartige Entscheidung ist in § 48 LVwVfG nicht vorgesehen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Mai 2013 – 2 S 2314/12 –, juris).
55 
2. Nr. 3 des Bescheids des Landesamts vom 15. November 2013 in Gestalt dessen Widerspruchsbescheids vom 21. Mai 2014 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger deshalb in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
56 
Die Rückforderung der überzahlten Beihilfe ist auf § 49a Abs. 1 und 2 LVwVfG gestützt. Danach gilt, dass, soweit ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder widerrufen worden oder infolge Eintritts einer auflösenden Bedingung unwirksam geworden ist, bereits erbrachte Leistungen zu erstatten sind. Die zu erstattende Leistung ist durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen. Für den Umfang der Erstattung mit Ausnahme der Verzinsung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung entsprechend. Auf den Wegfall der Bereicherung kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit er die Umstände kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte, die zur Rücknahme, zum Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes geführt haben.
57 
Diese Voraussetzungen liegen vor (dazu unter a). Die Rückforderungsentscheidung ist gleichwohl rechtswidrig, da das Landesamt keine Billigkeitsentscheidung getroffen hat (dazu unter b).
58 
a) Das Landesamt hat die rechtswidrigen Beihilfebescheide, die Rechtsgrundlage der gezahlten Beihilfe waren, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Bereits erbrachte Leistungen sind daher zu erstatten.
59 
Der Umfang dieses Erstattungsanspruchs ergibt sich aus §§ 818 ff. BGB. Der Kläger hat sich insoweit auf den Wegfall der Bereicherung gemäß § 818 Abs. 3 BGB berufen, da die ihm zugewendete Beihilfe nicht mehr in seinem Vermögen vorhanden ist. Vielmehr hat er die Zahlungen des Landesamts unmittelbar nach Erhalt an seine Stieftochter weitergeleitet. Nach § 818 Abs. 3 BGB wäre demnach grundsätzlich die Verpflichtung zur Herausgabe oder – hier – zum Ersatz des Wertes ausgeschlossen, weil der Kläger als Empfänger der Leistung nicht mehr bereichert ist.
60 
Auf den Wegfall der Bereicherung kann sich der Begünstigte nach § 49a Abs. 2 Satz 2 LVwVfG allerdings nicht berufen, soweit er die Umstände kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte, die zur Rücknahme, zum Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes geführt haben. So liegt der Fall hier.
61 
Maßgeblich ist dabei, dass sich die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Erstattungspflichtigen nur auf die tatsächlichen Voraussetzungen der die Rücknahme auslösenden Rechtswidrigkeit, nicht auch auf die Rechtswidrigkeit selbst beziehen muss (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. November 1997 – 3 C 33.96 –, BVerwGE 105, 354). Es ist demnach nicht erforderlich, dass der Kläger den Schluss auf die Rechtswidrigkeit der Beihilfebescheide gezogen hat. Vielmehr genügt seine Kenntnis von den tatsächlichen Umständen, die die Rechtswidrigkeit dieser Bescheide ausgelöst hat. Diese hatte er ohne weiteres, denn der Auszug seiner Stieftochter aus seinem Haushalt war ihm bekannt.
62 
b) Ist das Landesamt demnach – grundsätzlich – berechtigt, vom Kläger die Rückzahlung von 32.837,43 Euro an Beihilfe zu verlangen, so ist die Rückforderungsentscheidung gleichwohl rechtswidrig, da es keine Billigkeitsentscheidung getroffen hat. Einer solchen hätte es aber in analoger Anwendung von § 15 Abs. 2 Satz 3 Landesbesoldungsgesetz Baden-Württemberg (LBesGBW) und § 5 Abs. 2 Satz 3 Landesbeamtenversorgungsgesetz Baden-Württemberg (LBeamtVGBW) bedurft.
63 
Analogie ist die Übertragung der für einzelne bestimmte Tatbestände im Gesetz vorgesehenen Regel auf einen anderen, aber rechtsähnlichen Tatbestand, sofern das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke enthält (vgl. Sprau, in: Palandt, BGB, 74. Aufl. 2015, Einleitung, Rn. 48 m. w. N.). Diese Voraussetzungen liegen vor.
64 
α) Eine Regelungslücke ist gegeben. Während der Landesgesetzgeber die Rückforderung zu viel gezahlter Leistungen für das Besoldungsrecht in § 15 LBesGBW und für das Versorgungsrecht in § 5 LBeamtVGBW geregelt hat, fehlt es an einer entsprechenden, die Möglichkeit einer Billigkeitsentscheidung eröffnenden landesgesetzlichen Regelung für Fälle überzahlter Beihilfe.
65 
Das Bestehen der Regelungslücke wird nicht dadurch beseitigt, dass Belange, die in die Billigkeitsentscheidung einzustellen sind, jedenfalls teilweise auch im Rahmen des Rücknahmeermessens des § 48 LVwVfG Eingang finden könnten. So mag zwar denkbar sein, dass beispielsweise das Mitverschulden einer Behörde im Wege einer nur teilweisen Rücknahme berücksichtigt werden könnte. Die von §§ 15 LBesGBW und 5 LBeamtVGBW eröffnete Möglichkeit, eine Billigkeitsentscheidung zu treffen, geht aber deutlich weiter. Denn sie erlaubt es, alle individuellen Aspekte des jeweiligen Einzelfalls zu berücksichtigen und für den Betroffenen eine dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügende Lösung zu erarbeiten. Zu denken ist hierbei vor allem an die ratenweise Rückführung überzahlter Leistungen. Derartiges kann im Rahmen des Ermessens in § 48 LVwVfG dagegen nicht verwirklicht werden.
66 
β) Die Regelungslücke ist auch planwidrig.
67 
Ausgangspunkt der Überlegung bildet dabei der Umstand, dass vor der Dienstrechtsreform (vgl. hierzu das Gesetz zur Reform des öffentlichen Dienstrechts vom 9. November 2010, GBl. 2010, S. 793 – DRG) die Rückforderung überzahlter Beihilfe auf Grundlage des § 109 LBG a. F. erfolgen konnte. Er sah vor, dass für die Rückforderung von Leistungen des Dienstherrn, die nicht Besoldung oder Versorgung sind, § 12 Abs. 2 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) entsprechend anzuwenden war. Die Rückforderung von Beihilfe unterlag damit den gleichen Voraussetzungen wie die von Besoldungs- oder Versorgungsbezügen, insbesondere in Bezug auf das Erfordernis einer Billigkeitsentscheidung (vgl. § 12 BBesG und § 52 BeamtVG, die vor der Föderalismusreform auf Rückforderungen von Besoldungs- und Versorgungsbezügen anzuwenden waren).
68 
Diesen Gleichlauf hat der Landesgesetzgeber im Zuge der Dienstrechtsreform durch das Streichen der Vorschrift des § 109 LBG a. F., ohne dass hierfür ein sachlicher Grund ersichtlich wäre, beseitigt. Parallel dazu hat er im Landesbesoldungsgesetz Baden-Württemberg und im Landesbeamtenversorgungsgesetz Baden-Württemberg für überzahlte Besoldungs- beziehungsweise Versorgungsbezüge eigenständige Rechtsgrundlagen für die Rückforderung geschaffen, die jeweils eine Grundlage für Billigkeitsentscheidungen vorsehen. In der Gesetzesbegründung zu § 15 LBesGBW heißt es hierzu, dass die Bestimmung unverändert § 12 BBesG entspreche und, hinsichtlich der Absätze 2 bis 4, sie den Anspruch des Dienstherrn auf die Erstattung von ohne Rechtsgrund empfangenen Besoldungsleistungen regle (vgl. LT-Drs. 14/6694, S. 460). Zu § 5 Abs. 2 LBeamtVGBW heißt es (vgl. LT-Drs. 14/6694, S. 504): „Absatz 2 trifft eine eigenständige Regelung für die Rückforderung überzahlter Versorgungsbezüge“. Dagegen schweigt sich die Gesetzesbegründung zur Aufhebung des § 109 LBG a. F. aus.
69 
Auch aus den allgemeinen gesetzgeberischen Erwägungen lässt sich kein sachlicher Grund dafür ermitteln, weshalb für Besoldungs- und Versorgungsbezüge spezialgesetzliche Rückforderungsrechtsgrundlagen geschaffen wurden, während die Rückforderung der Beihilfe sich nunmehr nach der allgemeinen Bestimmung des § 49a LVwVfG richten soll, die eine Billigkeitsentscheidung nicht vorsieht. Das Dienstrechtsreformgesetz sollte eine Generalrevision der Rechtsverhältnisse der Beamtinnen und Beamten im Lande bringen (vgl. LT-Drs. 14/6694, S. 1) und in Bezug auf die besoldungsrechtlichen Regelungen eine umfassende Neukodifikation des bisherigen, im Land geltenden Besoldungsrechts schaffen. Gleichzeitig sollte die bestehende Unübersichtlichkeit im Besoldungsrecht beseitigt werden, indem möglichst viele der als Gesetz oder Rechtsverordnung derzeit bestehenden Rechtsvorschriften in einem Landesbesoldungsgesetz zusammengeführt werden (vgl. LT-Drs. 14/6694, S. 2). Angesichts dessen hätte es nahegelegen, die Rückforderung rechtsgrundlos gezahlter Beihilfe ebenfalls eigenständig zu regeln, zum Beispiel durch Aufnahme einer entsprechenden Bestimmung in oder im Anschluss an § 78 LBG.
70 
γ) Es liegt darüber hinaus die für einen Analogieschluss erforderliche vergleichbare Sach- und Interessenlage vor.
71 
Die Rückforderung von Besoldungs- und Versorgungsbezügen oder von überzahlter Beihilfe kann den Beamten – gemessen an seinem Monats- und Jahresverdienst – im Einzelfall hart treffen. Dies kann in dem Umstand begründet sein, dass unberechtigte Zahlungen über Jahre unbemerkt von ihrer Rechtswidrigkeit erfolgen können und sich so innerhalb der Verjährungsfrist hohe Rückzahlungsbeträge aufsummieren. Auch der vorliegende Fall ist hierfür ein geeignetes Beispiel. Im Zeitraum von März 2012 bis August 2013 konnten angesichts der erheblichen Erkrankung der Stieftochter des Klägers rasch große Summen an überzahlter Beihilfe auflaufen.
72 
Ein Beamter hat mit Ausnahme zulässiger Nebentätigkeit keine Möglichkeiten, die Höhe seiner Besoldung zu beeinflussen. Anders als Arbeitnehmer kann er seine Besoldung nicht etwa durch geschickte Gehaltsverhandlungen zu seinen Gunsten verändern, sondern muss die Entscheidung des Gesetzgebers zur Höhe hinnehmen. Steht demnach der finanzielle Verfügungsrahmen eines Beamten nahezu unverrückbar fest, so treffen ihn Rückforderungen in Höhen wie der vorliegenden mit besonderer Härte. Vor diesem Hintergrund ist die Entscheidung des Gesetzgebers nachvollziehbar und angemessen, im Rahmen einer Billigkeitsentscheidung die Möglichkeit für Erleichterungen bei der Rückzahlung zu schaffen.
73 
Da diese Härten sowohl bei überzahlten Besoldungs- und Versorgungsbezügen als auch gleichermaßen bei zu viel gezahlter Beihilfe auftreten können, ist die Sach- und Interessenlage ohne weiteres vergleichbar.
74 
δ) Das Landesamt hat in dem für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Widerspruchsbescheid keine Billigkeitsentscheidung getroffen, obwohl hierfür angesichts der erheblichen Rückforderungshöhe und eines möglichen Mitverschuldens der Behörde, was die Beihilfebescheide vom 16. August 2013 und 10. September 2013 betrifft, Anlass bestanden hätte. Die Ankündigung, auf entsprechenden Antrag eine Ratenzahlung zu bewilligen, genügt insoweit nicht (vgl. zuletzt BVerwG, Urteil vom 24. September 2013 – 2 C 52.11 –, NVwZ-RR 2014, 274). Angesichts dessen ist der Rückforderungsbescheid aufzuheben und dem Landesamt so Gelegenheit einzuräumen, eine angemessene Billigkeitsentscheidung treffen zu können.
II.
75 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Von einer Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wird gemäß § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO abgesehen.
III.
76 
Die Berufung wird wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen.
77 
Beschluss
78 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 3 GKG auf 32.837,43 EUR Euro festgesetzt.
79 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

(1) Wird ein Beamter, Richter oder Soldat durch eine gesetzliche Änderung seiner Bezüge einschließlich der Einreihung seines Amtes in die Besoldungsgruppen der Besoldungsordnungen rückwirkend schlechter gestellt, so sind die Unterschiedsbeträge nicht zu erstatten.

(2) Im Übrigen regelt sich die Rückforderung zuviel gezahlter Bezüge nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Der Kenntnis des Mangels des rechtlichen Grundes der Zahlung steht es gleich, wenn der Mangel so offensichtlich war, dass der Empfänger ihn hätte erkennen müssen. Von der Rückforderung kann aus Billigkeitsgründen mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle ganz oder teilweise abgesehen werden.

(3) Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Tode des Beamten, Richters oder Soldaten auf ein Konto bei einem Geldinstitut überwiesen wurden, gelten als unter Vorbehalt erbracht. Das Geldinstitut hat sie der überweisenden Stelle zurück zu überweisen, wenn diese sie als zu Unrecht erbracht zurückfordert. Eine Verpflichtung zur Rücküberweisung besteht nicht, soweit über den entsprechenden Betrag bei Eingang der Rückforderung bereits anderweitig verfügt wurde, es sei denn, dass die Rücküberweisung aus einem Guthaben erfolgen kann. Das Geldinstitut darf den überwiesenen Betrag nicht zur Befriedigung eigener Forderungen verwenden.

(4) Soweit Geldleistungen für die Zeit nach dem Tode des Beamten, Richters oder Soldaten zu Unrecht erbracht worden sind, haben die Personen, die die Geldleistungen in Empfang genommen oder über den entsprechenden Betrag verfügt haben, diesen Betrag der überweisenden Stelle zu erstatten, sofern er nicht nach Absatz 3 von dem Geldinstitut zurücküberwiesen wird. Ein Geldinstitut, das eine Rücküberweisung mit dem Hinweis abgelehnt hat, dass über den entsprechenden Betrag bereits anderweitig verfügt wurde, hat der überweisenden Stelle auf Verlangen Namen und Anschrift der Personen, die über den Betrag verfügt haben, und etwaiger neuer Kontoinhaber zu benennen. Ein Anspruch gegen die Erben bleibt unberührt.

(1) Wird ein Versorgungsberechtigter durch eine gesetzliche Änderung seiner Versorgungsbezüge mit rückwirkender Kraft schlechter gestellt, so sind die Unterschiedsbeträge nicht zu erstatten.

(2) Im Übrigen regelt sich die Rückforderung zuviel gezahlter Versorgungsbezüge nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Der Kenntnis des Mangels des rechtlichen Grundes der Zahlung steht es gleich, wenn der Mangel so offensichtlich war, dass der Empfänger ihn hätte erkennen müssen. Von der Rückforderung kann aus Billigkeitsgründen mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle ganz oder teilweise abgesehen werden.

(3) Die Rückforderung von Beträgen von weniger als fünf Euro unterbleibt. Treffen mehrere Einzelbeträge zusammen, gilt die Grenze für die Gesamtrückforderung.

(4) § 118 Abs. 3 bis 5 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch gilt entsprechend.

(5) (weggefallen)

(1) Wird ein Beamter, Richter oder Soldat durch eine gesetzliche Änderung seiner Bezüge einschließlich der Einreihung seines Amtes in die Besoldungsgruppen der Besoldungsordnungen rückwirkend schlechter gestellt, so sind die Unterschiedsbeträge nicht zu erstatten.

(2) Im Übrigen regelt sich die Rückforderung zuviel gezahlter Bezüge nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Der Kenntnis des Mangels des rechtlichen Grundes der Zahlung steht es gleich, wenn der Mangel so offensichtlich war, dass der Empfänger ihn hätte erkennen müssen. Von der Rückforderung kann aus Billigkeitsgründen mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle ganz oder teilweise abgesehen werden.

(3) Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Tode des Beamten, Richters oder Soldaten auf ein Konto bei einem Geldinstitut überwiesen wurden, gelten als unter Vorbehalt erbracht. Das Geldinstitut hat sie der überweisenden Stelle zurück zu überweisen, wenn diese sie als zu Unrecht erbracht zurückfordert. Eine Verpflichtung zur Rücküberweisung besteht nicht, soweit über den entsprechenden Betrag bei Eingang der Rückforderung bereits anderweitig verfügt wurde, es sei denn, dass die Rücküberweisung aus einem Guthaben erfolgen kann. Das Geldinstitut darf den überwiesenen Betrag nicht zur Befriedigung eigener Forderungen verwenden.

(4) Soweit Geldleistungen für die Zeit nach dem Tode des Beamten, Richters oder Soldaten zu Unrecht erbracht worden sind, haben die Personen, die die Geldleistungen in Empfang genommen oder über den entsprechenden Betrag verfügt haben, diesen Betrag der überweisenden Stelle zu erstatten, sofern er nicht nach Absatz 3 von dem Geldinstitut zurücküberwiesen wird. Ein Geldinstitut, das eine Rücküberweisung mit dem Hinweis abgelehnt hat, dass über den entsprechenden Betrag bereits anderweitig verfügt wurde, hat der überweisenden Stelle auf Verlangen Namen und Anschrift der Personen, die über den Betrag verfügt haben, und etwaiger neuer Kontoinhaber zu benennen. Ein Anspruch gegen die Erben bleibt unberührt.

Tenor

Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger, der als Polizeibeamter im Dienst des Beklagten steht, wendet sich mit seiner Klage gegen die Rücknahme von Beihilfebescheiden, mit denen Aufwendungen für seine am 03.12.1988 geborene Stieftochter erstattet wurden, und die Rückforderung der ohne Rechtsgrund gezahlten Beihilfe. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist nur noch die Rückforderung in Höhe von insgesamt 32.837,43 EUR.
Der Kläger erhielt seit seiner Eheschließung im Jahr 2008 laufend Beihilfeleistungen für seine Stieftochter. Mit Schreiben vom 27.05.2013 unterrichtete der Kläger das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg (im Folgenden: Landesamt), dass er sich am 03.07.2013 von seiner Ehefrau, der Mutter der Stieftochter, scheiden lassen werde. Mit am 24.06.2013 beim Landesamt eingegangenem Formular vom 19.06.2013 teilte der Kläger im Rahmen seiner Erklärung zum Familienzuschlag mit, dass er seit Juni 2011 von seiner Frau getrennt lebe. Am 17.07.2013 wurde die am 20.08.2008 geschlossene Ehe geschieden. Der Scheidungsbeschluss ist seit dem 03.09.2013 rechtskräftig.
Das Landesamt hörte den Kläger zur beabsichtigten Rücknahme von Beihilfebescheiden für nach dem 01.01.2012 entstandenen Aufwendungen der Stieftochter an. Dabei gab der Kläger an, dass er aufgrund verschiedener Auskünfte davon ausgegangen sei, dass die Beihilfeberechtigung für seine Stieftochter bis zur Rechtskraft des Scheidungsurteils bestehe. Er sei jedenfalls nicht mehr bereichert, da er die ausgezahlten Beträge sofort an seine Stieftochter zur Bezahlung der Arztrechnungen weitergereicht habe. Ihm sei nicht bewusst gewesen, dass ihm die gewährte Leistung materiell nicht zustehe.
Mit Bescheid vom 15.11.2013 änderte das Landesamt seinen Beihilfebescheid vom 04.04.2012 insoweit ab bzw. hob ihn insoweit auf, als zu den für das Stiefkind ab 01.01.2012 entstandenen Aufwendungen Beihilfe gewährt worden war (Nr. 1), hob die Bescheide vom 19.06.2012, 09.08.2012, 09.11.2012, 03.01.2013, 01.05.2013, 16.08.2013 und 10.09.2013 auf (Nr. 2) und forderte die ohne Rechtsgrund gezahlte Beihilfe in Höhe von 32.837,43 Euro vom Kläger zurück (Nr. 3).
Zur Begründung führte es aus, die Voraussetzungen für die Rücknahme der Bescheide gemäß § 48 LVwVfG seien erfüllt. Eine Mitteilung des Klägers über den Wegfall der Stiefkindeigenschaft bei der Bezüge zahlenden Stelle bzw. der Familienkasse sei nicht zeitgerecht erfolgt, so dass bei Stellung der genannten Beihilfeanträge fälschlicherweise davon ausgegangen worden sei, dass seine Stieftochter auch über den 31.12.2011 hinaus berücksichtigungsfähige Angehörige sei. Der Kläger habe damit die Verwaltungsakte durch unvollständige Angaben erwirkt und es sei unbeachtlich, ob ihm die möglichen Auswirkungen bewusst gewesen seien oder nicht. Zwar stehe der Behörde im Rahmen des § 48 LVwVfG hinsichtlich der Rücknahme ein Ermessen zu. Aber auch unter Berücksichtigung aller Umstände bei der Gesamtabwägung, insbesondere unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Auswirkungen und der Rechtmäßigkeit der Verwaltung, könnten die Bescheide zurückgenommen werden. Die Rückforderung der insoweit rechtsgrundlos gewährten Leistungen richte sich nach § 49a LVwVfG. Für den Umfang der Erstattung gälten die Vorschriften der §§ 812 ff. BGB. Der Anspruch auf Rückzahlung zu viel gezahlter Beihilfe bleibe ohne Rücksicht auf den Wegfall der Bereicherung bestehen, wenn der Beihilfeempfänger die Überzahlung durch schuldhafte Verletzung der ihm gegenüber seinem Dienstherrn obliegenden Pflichten verursacht habe oder der Beihilfeempfänger den Mangel des rechtlichen Grundes der Zahlung oder die Fehlerhaftigkeit des der Zahlung zu Grunde liegenden Bescheides beim Empfang der Beihilfe gekannt oder nachträglich erfahren habe oder der Mangel des rechtlichen Grundes der Zahlung oder die Fehlerhaftigkeit des Bescheides so offensichtlich gewesen sei, dass der Empfänger dies hätte erkennen müssen. Der Kläger habe in Bezug auf die Gewährung beziehungsweise Zahlung kinderbezogener Leistungen für seine Stieftochter entscheidungsrelevante, rechtzeitige Angaben gegenüber dem für die Zahlung seiner Dienstbezüge zuständigen Arbeitsgebiet unterlassen, sodass die Voraussetzungen für die Rückforderung erfüllt seien und der Wegfall der Bereicherung nicht geltend gemacht werden könne. Auch im Rahmen der in § 12 Abs. 2 BBesG vorgeschriebenen Billigkeitsentscheidung vermöge es weder ganz noch teilweise von der Rückforderung abzusehen.
Den vom Kläger dagegen fristgerecht erhobenen Widerspruch wies das Landesamt mit Widerspruchsbescheid vom 21.05.2014 zurück. Zur Begründung wurde ergänzend ausgeführt, dass bei der Ermessensausübung berücksichtigt worden sei, dass bei rechtzeitiger Geltendmachung einer Bedarfsanpassung die Deckungslücke bei der privaten Krankenversicherung versicherbar gewesen wäre. Werde dies versäumt, so gehe dies aber nicht zu Lasten des Landes. Durch das Dienstrechtsreformgesetz vom 09.11.2010 sei das Landesbeamtengesetz grundlegend geändert worden. Für die Rückforderung von Beihilfe seien nun die einschlägigen Bestimmungen des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes maßgebend. Die zuvor geltenden Verweise auf § 12 Bundesbesoldungsgesetz und die danach erforderliche Billigkeitsentscheidung seien im Landesbeamtengesetz nicht enthalten. Somit richte sich die Rückforderung der insoweit rechtsgrundlos gewährten Leistungen nach § 49a LVwVfG. Auf den Wegfall der Bereicherung könne sich der Kläger nicht berufen, soweit er die Umstände gekannt habe, die zur Rücknahme des Verwaltungsakts geführt hätten. Die Entreicherungseinrede im Rahmen des § 49a Abs. 2 LVwVfG laufe somit immer dann leer, wenn sich der Bereicherte nicht auf schutzwürdiges Vertrauen berufen könne. Dies sei nach den obigen Ausführungen unzweifelhaft der Fall. Auf Antrag des Klägers könne jedoch über eine ratenweise Rückzahlung des Überzahlungsbetrages entschieden werden. Damit erscheine eine den Umständen gerecht werdende tragbare Lösung gegeben.
Auf die am 20.06.2014 erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe den angefochtenen Bescheid hinsichtlich der Rückforderung (Nr. 3) aufgehoben und im Übrigen die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen wird u.a. ausgeführt: Die Voraussetzungen einer Rückforderung der überzahlten Beihilfe nach § 49a Abs. 1 und 2 LVwVfG lägen zwar vor. Die Rückforderungsentscheidung sei gleichwohl rechtswidrig, da das Landesamt keine Billigkeitsentscheidung getroffen habe. Einer solchen hätte es aber in analoger Anwendung von § 15 Abs. 2 Satz 3 Landesbesoldungsgesetz Baden-Württemberg (LBesGBW) und § 5 Abs. 2 Satz 3 Landesbeamtenversorgungsgesetz Baden-Württemberg (LBeamtVGBW) wegen einer planwidrigen Regelungslücke bedurft.
Ausgangspunkt der Überlegung bilde dabei der Umstand, dass vor der Dienstrechtsreform (vgl. hierzu das Gesetz zur Reform des öffentlichen Dienstrechts vom 09.11.2010, GBl. 2010, S. 793 – DRG) die Rückforderung überzahlter Beihilfe auf Grundlage des § 109 LBG a.F. habe erfolgen können. Er habe vorgesehen, dass für die Rückforderung von Leistungen des Dienstherrn, die nicht Besoldung oder Versorgung sind, § 12 Abs. 2 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) entsprechend anzuwenden gewesen sei. Die Rückforderung von Beihilfe habe damit den gleichen Voraussetzungen wie die von Besoldungs- oder Versorgungsbezügen unterlegen, insbesondere in Bezug auf das Erfordernis einer Billigkeitsentscheidung.
Diesen Gleichlauf habe der Landesgesetzgeber im Zuge der Dienstrechtsreform durch das Streichen der Vorschrift des § 109 LBG a.F., ohne dass hierfür ein sachlicher Grund ersichtlich sei, beseitigt. Parallel dazu habe er im Landesbesoldungsgesetz Baden-Württemberg und im Landesbeamtenversorgungsgesetz Baden-Württemberg für überzahlte Besoldungs- beziehungsweise Versorgungsbezüge eigenständige Rechtsgrundlagen für die Rückforderung geschaffen, die jeweils eine Grundlage für Billigkeitsentscheidungen vorsähen. Es lasse sich kein sachlicher Grund dafür ermitteln, weshalb für Besoldungs- und Versorgungsbezüge spezialgesetzliche Rückforderungsrechtsgrundlagen geschaffen worden seien, während die Rückforderung der Beihilfe sich nunmehr nach der allgemeinen Bestimmung des § 49a LVwVfG richten solle, die eine Billigkeitsentscheidung nicht vorsehe. Es liege darüber hinaus die für einen Analogieschluss erforderliche vergleichbare Sach- und Interessenlage vor. Die Rückforderung von Besoldungs- und Versorgungsbezügen oder von überzahlter Beihilfe könne den Beamten – gemessen an seinem Monats- und Jahresverdienst – im Einzelfall hart treffen. Auch der vorliegende Fall sei hierfür ein geeignetes Beispiel. Das Landesamt habe in dem für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Widerspruchsbescheid keine Billigkeitsentscheidung getroffen, obwohl hierfür angesichts der erheblichen Rückforderungshöhe und eines möglichen Mitverschuldens der Behörde, was die Beihilfebescheide vom 16.08.2013 und 10.09.2013 betreffe, Anlass bestanden hätte. Die Ankündigung, auf entsprechenden Antrag eine Ratenzahlung zu bewilligen, genüge insoweit nicht. Angesichts dessen sei der Rückforderungsbescheid aufzuheben und dem Landesamt so Gelegenheit einzuräumen, eine angemessene Billigkeitsentscheidung treffen zu können.
10 
Die vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Berufung hat der Beklagte - soweit der Klage stattgegeben wurde - fristgerecht eingelegt und begründet. Der Beklagte macht geltend: Das Verwaltungsgericht habe sich in rechtlich unzulässiger Weise über den eindeutigen Wortlaut des § 49a Abs. 1 und 2 LVwVfG hinweggesetzt und eine Analogie zu § 15 Abs. 2 Satz 3 LBesG und § 5 Abs. 2 Satz 3 LBeamtVG gebildet. Dabei habe es zum einen übersehen, dass Analogien von Ausnahmetatbeständen systemisch verboten seien und zum anderen in rechtsirrtümlicher Weise angenommen, dass die Voraussetzungen einer Analogie gegeben seien. Im Streitfalle habe das Verwaltungsgericht Karlsruhe richtigerweise geurteilt, dass § 49a LVwVfG grundsätzlich zur Anwendung kommen müsse. Dabei handele es sich um die Grundregel der Erstattung von erbrachten Leistungen nach Rücknahme von rechtswidrigen Verwaltungsakten, und zwar für sämtliche Bereiche der Verwaltung. Der Gesetzgeber habe insofern eben gerade kein Ermessen vorgesehen. In einigen spezialrechtlichen Bereichen, wie z.B. im Besoldungs- und Versorgungsrecht habe der Gesetzgeber mit § 15 LBesG und § 5 LBeamtVG ausnahmsweise Vorkehrungen getroffen, die einer Behörde erlaubten, entgegen dem Grundsatz von § 49a LVwVfG ggf. eine Billigkeitsentscheidung zu treffen, also Ermessen im weiteren Sinne auszuüben. Diese Vorschriften gälten allerdings ausschließlich für diese eng abgrenzbaren Bereiche der Besoldung und Versorgung und eben gerade nicht für weitere Rechtsgebiete. Doch darüber hinaus lägen auch die kumulativen Voraussetzungen einer Analogie nicht vor. Insbesondere sei die vermeintliche Regelungslücke nicht planwidrig. Wie das Verwaltungsgericht Karlsruhe richtigerweise ausgeführt habe, sei am 09.11.2010 das öffentliche Dienstrecht umfassend reformiert worden. Das heiße, der Gesetzgeber habe nicht nur einzelne Bereiche des Dienstrechts überarbeitet, sondern habe sich Gedanken über das öffentliche Dienstrecht insgesamt gemacht. Während er den § 109 LBG a.F. abgeschafft und für die Bereiche der Besoldung und Versorgung eigene Vorschriften geschaffen habe, habe er für die Beihilfe offensichtlich keine spezielle Regelung treffen wollen, sondern habe nach dem Klammerprinzip die §§ 48 ff. LVwVfG für den Bereich der Beihilfe wieder aufleben lassen. Dass die vermeintliche Regelungslücke nicht planwidrig sei, ergebe sich also schon aus dem Umkehrschluss der Reform und Schaffung der § 15 LBesG und § 5 LBeamtVG. Schließlich liege auch keine vergleichbare Interessenlage vor. Allein die Tatsache, dass es sowohl im Bereich der Besoldung als auch der Beihilfe zur Rückforderung von hohen Beträgen kommen könne, stelle noch keine vergleichbare Sachlage dar. Ansonsten wären alle möglichen Lebenssachverhalte vergleichbar, etwa auch die Rückforderung von Subventionen, da insofern ebenfalls stets hohe Beträge im Streite stünden. Bei der Beihilfe handele es sich um zweckgebundene Leistungen, anders als bei der Besoldung oder der Versorgung. Während die Besoldung und Versorgung dem Beamten zur freien Verfügung stehe, um sein Leben zu bestreiten und es nach seinen Vorlieben zu gestalten, sei die Beihilfe zweckgebunden und verbleibe letztlich nicht beim Beamten, sondern werde an den medizinischen Dienstleister weitergereicht. Allein hieraus ergäbe sich, dass die Interessenlage eine völlig andere sei.
11 
Der Beklagte beantragt,
12 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 19.02.2015 - 9 K 1815/14 - zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
13 
Der Kläger beantragt,
14 
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
15 
Er verweist in erster Linie auf das angefochtene Urteil und macht ergänzend geltend, dass das Verwaltungsgericht Karlsruhe insbesondere substantiiert dargelegt habe, dass auch eine vergleichbare Interessenlage vorliege und gerade der vorliegende Fall ein geeignetes Beispiel dafür sei, dass die Rückforderung von Besoldungs- und Versorgungsbezügen oder von überzahlter Beihilfe den Beamten im Einzelnen hart treffen könne. Im vorliegenden Falle sei die Stieftochter des Klägers an Multipler Sklerose erkrankt. Es seien allein im Zeitraum von März 2012 bis August 2013 Arzneikosten von mindestens 32.837,43 EUR entstanden. Der Kläger habe diesen Betrag - im Gegensatz zu einem zu viel gezahlten Besoldungsbetrag - direkt an die behandelnden Arzte weitergeleitet. Er gerate als Autobahnpolizeibeamter im Streifendienst in größte wirtschaftliche Existenzbedrohung, wenn er den geforderten Betrag zuzüglich Zinsen zurückzahlen müsse. Weitere Einkünfte als sein Beamtengehalt habe er natürlich nicht.
16 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akten der Beklagten und des Verwaltungsgerichts sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
17 
Nach §§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO entscheidet der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.
18 
Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet. Zu Recht ist das Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil davon ausgegangen, dass die Rückforderungsentscheidung in Nr. 3 des Bescheids des Landesamts vom 15.11.2013 in Gestalt dessen Widerspruchsbescheids vom 21.05.2014 rechtswidrig ist und den Kläger deshalb in seinen Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dies gilt allerdings nicht lediglich im Hinblick auf das Fehlen einer Billigkeitsentscheidung, sondern schon bezüglich der Rückforderungsentscheidung selbst, welche von einem unrichtigen Maßstab bezüglich der Kenntnis des Mangels des rechtlichen Grundes für die Zahlung ausgeht. Denn hinsichtlich beider Entscheidungen besteht derzeit eine planwidrige Regelungslücke (dazu 1.), welche bis zu einer ausdrücklichen Entscheidung des Gesetzgebers durch eine analoge Anwendung von § 15 Abs. 2 LBesG zu schließen ist (dazu 2.).
19 
1. Zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass durch die umfangreichen Neuregelungen des Dienstrechtsreformgesetzes in einen Teilbereich eine planwidrige Regelungslücke für die Rückforderung zu viel gezahlter Geldleistungen des Dienstherrn aufgrund beamtenrechtlicher Vorschriften entstanden ist. Denn der Landesgesetzgeber hat nur für die Rückforderung zu viel bezahlter Bezüge (§ 15 Abs. 2 LBesG) und zu viel bezahlter Versorgungsbezüge bzw. zu viel gezahlten Alters- oder Hinterbliebenengeldes (§ 5 Abs. 2 LBeamtVG) eine ausdrückliche gesetzliche Regelung getroffen. Beide Rückforderungsvorschriften sind wegen der Begriffsbestimmungen der Bezüge in § 1 LBesG einerseits bzw. der Versorgungsbezüge in § 17 LBeamtVG andererseits nach ihrem Wortlaut auf den vorliegenden Fall der Rückforderung von Beihilfe nicht unmittelbar anwendbar. Eine „Auffangvorschrift“ für die Rückforderung von „sonstigen“ Leistungen des Dienstherrn aufgrund beamtenrechtlicher Vorschriften, also solchen Geldleistungen, die nicht Besoldung i.S.v. § 1 LBesG oder Versorgung i.S.v. § 17 LBeamtVG sind, fehlt in dem durch die Dienstrechtsreform mit Geltung zum 01.01.2011 ebenfalls neugefassten Landesbeamtengesetz. Zuvor, also nach der bis zum 31.12.2010 geltenden Vorschrift des § 109 LBG in der Fassung vom 19.03.1996 (bzw. der Vorgängerfassung vom 08.08.1979) war für Rückforderungen von Leistungen des Dienstherrn, die nicht Besoldung oder Versorgung sind, § 12 Abs. 2 des Bundesbesoldungsgesetzes entsprechend anzuwenden. Diese Vorschrift galt bis zur Dienstrechtsreform für Landesbeamte hinsichtlich der Rückforderung von Bezügen noch unmittelbar. Durch den ersatzlosen Wegfall von § 109 LBG a.F. besteht somit seit dem 01.01.2011 keine ausdrückliche Regelung für die Rückforderung sonstiger Leistungen des Dienstherrn aufgrund beamtenrechtlicher Vorschriften mehr. Jedenfalls im Ergebnis zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass hierdurch eine planwidrige Regelungslücke eingetreten ist.
20 
Zu Unrecht wendet der Beklagte hiergegen ein, dass § 49a LVwVfG geeignet sei, den Eintritt einer Regelungslücke zu verhindern. Denn § 49a LVwVfG findet nach Abs. 1 (unmittelbar) nur Anwendung, soweit ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder widerrufen oder infolge Eintritts einer auflösenden Bedingung unwirksam geworden ist. Dementsprechend stellt Abs. 2 Satz 2 der Vorschrift auch auf die Kenntnis der Umstände ab, die zu Rücknahme, Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsakts geführt haben. Der Anwendungsbereich von § 109 LBG a.F. setzte dagegen - wie auch § 12 Abs. 2 BBesG und andere beamtenrechtliche Rückforderungsregelungen - gerade nicht voraus, dass die (Geld-)leistung durch Verwaltungsakt gewährt sein musste. Vielmehr wurde auch die Rückforderung von Geldleistungen ermöglicht, bei denen es von vornherein an einem Verwaltungsakt als Rechtsgrund für das Behaltendürfen fehlte. Schon dieser Unterschied im Anwendungsbereich zeigt, dass § 49a LVwVfG nicht geeignet ist, die durch den Wegfall von § 109 LBG a.F. entstandene Regelungslücke vollständig zu schließen. Zudem dürfte § 49a LVwVfG wie auch die gleichlautende bundesrechtliche Regelung des § 49a VwVfG nur auf Erstattungsansprüche des Staates gegen den Bürger unmittelbar anzuwenden sein (vgl. Baumeister in Obermayer/Funke-Kaiser, VwVfG, Kommentar, 4. Auflage 2014, § 49a Rn. 6). Jedenfalls ist der allgemeine Erstattungsanspruch des § 49a LVwVfG nicht geeignet, dem besonderen Verhältnis zwischen Beamten und Dienstherrn, welches geprägt ist durch eine Treuepflicht einerseits und eine Fürsorgepflicht andererseits, und dessen Auswirkungen bei der Rückforderung von in diesem besonderen Pflichtenverhältnis bezahlten Geldleistungen gerecht zu werden.
21 
Schon die Gesetzgebungshistorie zeigt, dass seit Bestehen der Bundesrepublik anerkannt war, dass für Beamte bei der Rückforderung von Leistungen aus dem Dienstverhältnis besondere Regelungen gelten sollten, welche vom damals noch nicht kodifizierten allgemeinen Erstattungsanspruch des späteren § 49a VwVfG für Leistungen zwischen Staat und Bürger abweichen und nicht nur Leistungen umfassen, welche durch Verwaltungsakt gewährt wurden. Diesem Gedanken trug die Rahmengesetzgebung des Bundes zum Beamtenrecht Rechnung, indem § 53 Abs. 2 BRRG in der Fassung vom 01.07.1957 (BGBl. I 667) wortgleich mit dem für Bundesbeamte geltenden § 87 Abs. 2 BBG in der Fassung vom 18.09.1957 (BGBl. I 1338) auch für Landesbeamte vorsah, dass sich der Umfang der Bereicherung zwar - vergleichbar dem allgemeinen Erstattungsanspruch - nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung ergeben sollte, eine Berufung auf den Wegfall der Bereicherung aber nur ausgeschlossen war, wenn der Beamte den Mangel des rechtlichen Grundes kannte oder dieser so offensichtlich war, dass er ihn hätte kennen müssen. Dieser für den Beamten im Vergleich zu dem allgemeinen Erstattungsanspruch (bei dem eine Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis der Umstände, welche zur Rücknahme oder zum Widerruf des Verwaltungsakts geführt hatte, erforderlich war) günstigere Regelung sollte den Besonderheiten des Beamtenverhältnisses Rechnung tragen. Sie beinhaltete daher von Anfang an noch die Möglichkeit, aus Billigkeitsgründen von einer Rückforderung ganz oder teilweise abzusehen. § 53 Abs. 2 BRRG wurde - ebenso wie die wortgleiche Vorschrift des § 87 Abs. 2 BBG - trotz des Wortlauts nicht allein auf die Rückforderung von Dienst- oder Versorgungsbezügen im engeren Sinne, sondern auf sämtliche Leistungen des Dienstherrn aus dem Beamtenverhältnis (entsprechend) angewandt (vgl. Plog/Wiedow, Bundesbeamtengesetz, Kommentar, Stand 29.10.1961, Rn. 5 zu § 87). Eine ausdrückliche Umsetzung des Landesgesetzgebers entsprechend der Verpflichtung in § 1 Abs. 2 BRRG a.F. erfolgte erst mit Neufassung des Landesbeamtengesetzes vom 08.08.1979 in Form des § 109 LBG, welcher bis zum Inkrafttreten des Dienstrechtsreformgesetzes eine analoge Anwendung der damals für die Rückforderung von Bezügen von Landesbeamten unmittelbar geltenden Vorschrift des § 12 Abs. 2 BBesG vorsah. Somit bestand in der Gesetzgebung der Bundesrepublik durchgehend (auch) für Beamte des Landes Baden-Württemberg eine gegenüber dem allgemeinen Erstattungsanspruch günstigere Rückforderungsregelung für sonstige Geldleistungen aus dem Beamtenverhältnis. Hätte der Landesgesetzgeber diese „Begünstigung“ durch das Dienstrechtsreformgesetz aufheben und durch die ungünstigere allgemeine Regelung des § 49a Abs. 2 LVwVfG ersetzen wollen, hätte es dazu angesichts der deutlichen Schlechterstellung der Landesbeamten für die Zukunft ausdrücklicher Erwägungen bedurft. Insoweit fehlt es, worauf das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen hat, an jeglichen Anhaltspunkten in den umfangreichen Gesetzgebungsmaterialien. In der Zielsetzung der Gesetzesbegründung wird darauf abgestellt, dass die hinzugewonnenen Gesetzgebungskompetenzen genutzt werden sollen, um die Rechtsverhältnisse der Beamtinnen und Beamten im Lande einer Generalrevision zu unterziehen und den modernen Erfordernissen, den Interessen der Beamtinnen und Beamten sowie den Belangen des Landes und sonstiger Dienstherrn anzupassen (LT-Dr. 14/6694, S. 1). Bei der Wiedergabe des „wesentlichen Inhalts“ der Neuregelungen findet sich weder in Bezug auf beamtenrechtliche noch hinsichtlich besoldungsrechtlicher Regelungen ein Hinweis auf eine beabsichtigte Änderung der Rückforderungsvorschriften (aaO S. 2). Zur Neuregelung des § 15 LBesG wird z.B. ausgeführt, dass die Bestimmung unverändert § 12 BBesG entspreche (aaO S. 460). Zur Änderung der Beihilfeverordnung wird ausgeführt, dass (lediglich) redaktionelle Anpassungen an die geänderte Paragrafenfolge des Landesbeamtengesetzes sowie eine Umstellung von Verweisungen des Bundesbesoldungs- und Versorgungsrechts auf das neue Landesbesoldungs- und Versorgungsrecht vorgenommen würden (aaO S. 599). Hieraus ergeben sich somit keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber speziell im Beihilferecht strengere Rückforderungsregelungen beabsichtigt hat. Auch der Hinweis des Beklagten auf die vollständige Streichung aller Paragrafen des 3. Unterabschnitts des alten Landesbeamtengesetzes mit Ausnahme von § 110 LBG ist nicht geeignet, eine bewusste Abschaffung der früheren Rückforderungsregelung zu belegen. Denn dieser Unterabschnitt (§§ 106 – 110) stand unter der Überschrift Besoldung, Versorgung und sonstige Leistungen, welche keineswegs ersatzlos weggefallen sind, sondern überwiegend (§§ 106 – 108) im neugefassten Landesbesoldungs- bzw. Versorgungsgesetz geregelt wurden. Lediglich der auch in diesem Abschnitt des alten Landesbeamtengesetzes geregelte Übergang des Schadensersatzanspruchs eines Beamten gegen einen Dritten (§ 110) wurde ins neugefasste Landesbeamtengesetz übernommen. Demgegenüber entfiel die Regelung des § 109 LBG a.F. ersatzlos. Dass damit nicht nur eine redaktionelle Umstellung von Verweisungen (vgl. LT-Dr. 14/6694, S. 599 zu Artikel 47) im Hinblick auf das nicht mehr für Landesbeamte anwendbare Bundesbesoldungsgesetz, sondern eine inhaltliche Abschaffung der beamtenrechtlichen Sonderregelung für Rückforderungen sonstiger Leistungen durch den Gesetzgeber erfolgt sein sollte, entbehrt jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte.
22 
Neben der Gesetzgebungshistorie spricht auch ein Blick auf die Rechtslage in anderen Bundesländern dafür, dass dem baden-württembergischen Landesgesetzgeber bei der Novellierung des Landesbeamtengesetzes im Rahmen der Dienstrechtsreform zum 01.01.2011 der ersatzlose Wegfall einer Regelung zu Grundsätzen des bundeseinheitlichen Berufsbeamtentums nicht bewusst war. Denn in den anderen Bundesländern wurde jeweils nach dem Wechsel der Gesetzgebungskompetenz eine „Neuregelung“ für die Rückforderung sonstiger Geldleistungen im Rahmen des Beamtenverhältnisses getroffen (s. etwa § 87 Niedersächsisches Beamtengesetz vom 25.03.2009 oder Art. 13 Bayerisches Beamtengesetz vom 29.07.2008). Soweit mit der Neufassung des Bundesbeamtengesetzes vom 05.02.2009 zunächst die entsprechende Regelung des § 87 Abs. 2 BBG (a.F.) wegfallen war, wurde diese „Regelungslücke“ durch Einfügung des § 84a BBG zum 14.03.2015 inzwischen geschlossen.
23 
Schließlich dürfte sich auch aus verfassungsrechtlichen Gründen ergeben, dass eine Geltung des allgemeinen Rückforderungsanspruchs nach § 49a LVwVfG auch für Beamte infolge der ersatzlosen Abschaffung der bisherigen Sonderregelung zur Rückforderung sonstiger Leistungen aus dem Beamtenverhältnis einschließlich der Eröffnung einer Billigkeitsentscheidung nicht zulässig gewesen wäre. Zwar gelten auch für Verwaltungsakte zu Geldleistungen aus dem Beamtenverhältnis grundsätzlich die allgemeinen Regelungen der §§ 48, 49 LVwVfG auf der ersten Stufe der Frage, ob der Verwaltungsakt zurückgenommen oder widerrufen werden darf. Die separat auf einer zweiten Stufe zu prüfende Frage der Rückforderung muss jedoch den Besonderheiten des Berufsbeamtentums Rechnung tragen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts muss es die Alimentierung den Beamten ermöglichen, sich ganz dem öffentlichen Dienst als Lebensberuf zu widmen und in rechtlicher und wirtschaftlicher Sicherheit und Unabhängigkeit zur Erfüllung der ihnen zugewiesenen Aufgaben beizutragen (st. Rspr., zuletzt Beschluss vom 17.11.2015 - 2 BvL 19/09 u.a. - Rn. 97 nach juris). Die in dieser Rechtsprechung hervorgehobene Qualitätssicherung des Berufsbeamtentums beinhaltet auch die Verpflichtung des Dienstherrn zur Wahrung eines amtsangemessenen Lebensunterhalts trotz laufender Aufwendungen für die Risikovorsorge oder besonderer Belastungen wegen Krankheit (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.06.2004 - 2 C 50/02 - Rn. 9 u. 120 nach juris). Fehl geht daher die Annahme des Beklagten, dass Rückforderungen von Beihilfeleistungen grundsätzlich einer anderen Behandlung durch den Gesetzgeber zugänglich seien. Wie gerade der vorliegende Fall zeigt, kann auch die Rückforderung von Beihilfe im Einzelfall zu einer existenziellen Notlage des Beamten führen, welche geeignet ist, seine rechtliche und wirtschaftliche Unabhängigkeit zu gefährden. Daher ist es bei Rückforderungen des Dienstherrn gegenüber seinem Beamten geboten, eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, damit nicht jede Verletzung einer Anzeigepflicht aufgrund strenger haushaltsrechtlicher Vorschriften automatisch zu einer Rückforderung mit möglicherweise existenzbedrohenden Folgen für den Beamten führt. Gerade auch der Umstand, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung zur früher anwendbaren Regelung des § 12 Abs. 2 BBesG stets davon ausgegangen ist, dass eine Billigkeitsprüfung unter Würdigung der besonderen Umstände des Einzelfalls untrennbarer Bestandteil der Rückforderungsentscheidung ist, zeigt, dass Beamte aufgrund des besonderen gegenseitigen Pflichtenverhältnisses insoweit nicht den starren Regelungen des § 49a LVwVfG unterworfen sein dürfen.
24 
Davon ging im Übrigen der Beklagte selbst noch im Zeitpunkt des Erlasses des Ausgangsbescheids aus, indem er § 12 BBesG wenigstens erwähnt hat. Weshalb er dann im Widerspruchsbescheid und im gerichtlichen Verfahren vehement die Rechtsauffassung vertritt, dem Dienstherrn sei seit Inkrafttreten des Dienstrechtsreformgesetzes eine Billigkeitsentscheidung verwehrt, weil auch bei nur geringem Verschulden eine vollständige Rückforderung ohne die Möglichkeit der Berücksichtigung von Besonderheiten oder Härten des Einzelfalls entsprechend den allgemeinen zwischen Staat und Bürger geltenden Vorschriften zwingend sei, erschließt sich dem Senat nicht.
25 
2. Die durch das Dienstrechtsreformgesetz eingetretene planwidrige Regelungslücke hinsichtlich der Rückforderung „sonstiger“ zu viel gezahlter Geldleistungen ist bis zu einer ausdrücklichen Regelung des Landesgesetzgebers durch analoge Anwendung anderer (neuer) beamtenrechtlicher Vorschriften zu schließen. Ungeachtet der Wortgleichheit der dafür zur Verfügung stehenden neugefassten Rückforderungsregelungen im Besoldungs- bzw. Versorgungsrecht ist der Senat der Auffassung, dass eine analoge Anwendung von § 15 Abs. 2 LBesG vorzunehmen ist, da dies der früheren Regelung des § 109 LBG a.F. mit seinem Verweis auf die damals geltenden besoldungsrechtlichen Vorschriften am Nächsten kommt.
26 
Ausgehend davon hat das Verwaltungsgericht zu Recht die gesamte Rückforderungsentscheidung (Nr. 3 des angefochtenen Bescheids) aufgehoben und der Klage insoweit stattgegeben. Der Beklagte ist nicht gehindert, anhand des geänderten Maßstabs des § 15 Abs. 2 LBesG nochmals über die Rückforderung ggf. einschließlich einer Billigkeitsprüfung zu entscheiden.
27 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
28 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
29 
Beschluss vom 20. September 2016
30 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 32.837,43 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
31 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
17 
Nach §§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO entscheidet der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.
18 
Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet. Zu Recht ist das Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil davon ausgegangen, dass die Rückforderungsentscheidung in Nr. 3 des Bescheids des Landesamts vom 15.11.2013 in Gestalt dessen Widerspruchsbescheids vom 21.05.2014 rechtswidrig ist und den Kläger deshalb in seinen Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dies gilt allerdings nicht lediglich im Hinblick auf das Fehlen einer Billigkeitsentscheidung, sondern schon bezüglich der Rückforderungsentscheidung selbst, welche von einem unrichtigen Maßstab bezüglich der Kenntnis des Mangels des rechtlichen Grundes für die Zahlung ausgeht. Denn hinsichtlich beider Entscheidungen besteht derzeit eine planwidrige Regelungslücke (dazu 1.), welche bis zu einer ausdrücklichen Entscheidung des Gesetzgebers durch eine analoge Anwendung von § 15 Abs. 2 LBesG zu schließen ist (dazu 2.).
19 
1. Zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass durch die umfangreichen Neuregelungen des Dienstrechtsreformgesetzes in einen Teilbereich eine planwidrige Regelungslücke für die Rückforderung zu viel gezahlter Geldleistungen des Dienstherrn aufgrund beamtenrechtlicher Vorschriften entstanden ist. Denn der Landesgesetzgeber hat nur für die Rückforderung zu viel bezahlter Bezüge (§ 15 Abs. 2 LBesG) und zu viel bezahlter Versorgungsbezüge bzw. zu viel gezahlten Alters- oder Hinterbliebenengeldes (§ 5 Abs. 2 LBeamtVG) eine ausdrückliche gesetzliche Regelung getroffen. Beide Rückforderungsvorschriften sind wegen der Begriffsbestimmungen der Bezüge in § 1 LBesG einerseits bzw. der Versorgungsbezüge in § 17 LBeamtVG andererseits nach ihrem Wortlaut auf den vorliegenden Fall der Rückforderung von Beihilfe nicht unmittelbar anwendbar. Eine „Auffangvorschrift“ für die Rückforderung von „sonstigen“ Leistungen des Dienstherrn aufgrund beamtenrechtlicher Vorschriften, also solchen Geldleistungen, die nicht Besoldung i.S.v. § 1 LBesG oder Versorgung i.S.v. § 17 LBeamtVG sind, fehlt in dem durch die Dienstrechtsreform mit Geltung zum 01.01.2011 ebenfalls neugefassten Landesbeamtengesetz. Zuvor, also nach der bis zum 31.12.2010 geltenden Vorschrift des § 109 LBG in der Fassung vom 19.03.1996 (bzw. der Vorgängerfassung vom 08.08.1979) war für Rückforderungen von Leistungen des Dienstherrn, die nicht Besoldung oder Versorgung sind, § 12 Abs. 2 des Bundesbesoldungsgesetzes entsprechend anzuwenden. Diese Vorschrift galt bis zur Dienstrechtsreform für Landesbeamte hinsichtlich der Rückforderung von Bezügen noch unmittelbar. Durch den ersatzlosen Wegfall von § 109 LBG a.F. besteht somit seit dem 01.01.2011 keine ausdrückliche Regelung für die Rückforderung sonstiger Leistungen des Dienstherrn aufgrund beamtenrechtlicher Vorschriften mehr. Jedenfalls im Ergebnis zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass hierdurch eine planwidrige Regelungslücke eingetreten ist.
20 
Zu Unrecht wendet der Beklagte hiergegen ein, dass § 49a LVwVfG geeignet sei, den Eintritt einer Regelungslücke zu verhindern. Denn § 49a LVwVfG findet nach Abs. 1 (unmittelbar) nur Anwendung, soweit ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder widerrufen oder infolge Eintritts einer auflösenden Bedingung unwirksam geworden ist. Dementsprechend stellt Abs. 2 Satz 2 der Vorschrift auch auf die Kenntnis der Umstände ab, die zu Rücknahme, Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsakts geführt haben. Der Anwendungsbereich von § 109 LBG a.F. setzte dagegen - wie auch § 12 Abs. 2 BBesG und andere beamtenrechtliche Rückforderungsregelungen - gerade nicht voraus, dass die (Geld-)leistung durch Verwaltungsakt gewährt sein musste. Vielmehr wurde auch die Rückforderung von Geldleistungen ermöglicht, bei denen es von vornherein an einem Verwaltungsakt als Rechtsgrund für das Behaltendürfen fehlte. Schon dieser Unterschied im Anwendungsbereich zeigt, dass § 49a LVwVfG nicht geeignet ist, die durch den Wegfall von § 109 LBG a.F. entstandene Regelungslücke vollständig zu schließen. Zudem dürfte § 49a LVwVfG wie auch die gleichlautende bundesrechtliche Regelung des § 49a VwVfG nur auf Erstattungsansprüche des Staates gegen den Bürger unmittelbar anzuwenden sein (vgl. Baumeister in Obermayer/Funke-Kaiser, VwVfG, Kommentar, 4. Auflage 2014, § 49a Rn. 6). Jedenfalls ist der allgemeine Erstattungsanspruch des § 49a LVwVfG nicht geeignet, dem besonderen Verhältnis zwischen Beamten und Dienstherrn, welches geprägt ist durch eine Treuepflicht einerseits und eine Fürsorgepflicht andererseits, und dessen Auswirkungen bei der Rückforderung von in diesem besonderen Pflichtenverhältnis bezahlten Geldleistungen gerecht zu werden.
21 
Schon die Gesetzgebungshistorie zeigt, dass seit Bestehen der Bundesrepublik anerkannt war, dass für Beamte bei der Rückforderung von Leistungen aus dem Dienstverhältnis besondere Regelungen gelten sollten, welche vom damals noch nicht kodifizierten allgemeinen Erstattungsanspruch des späteren § 49a VwVfG für Leistungen zwischen Staat und Bürger abweichen und nicht nur Leistungen umfassen, welche durch Verwaltungsakt gewährt wurden. Diesem Gedanken trug die Rahmengesetzgebung des Bundes zum Beamtenrecht Rechnung, indem § 53 Abs. 2 BRRG in der Fassung vom 01.07.1957 (BGBl. I 667) wortgleich mit dem für Bundesbeamte geltenden § 87 Abs. 2 BBG in der Fassung vom 18.09.1957 (BGBl. I 1338) auch für Landesbeamte vorsah, dass sich der Umfang der Bereicherung zwar - vergleichbar dem allgemeinen Erstattungsanspruch - nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung ergeben sollte, eine Berufung auf den Wegfall der Bereicherung aber nur ausgeschlossen war, wenn der Beamte den Mangel des rechtlichen Grundes kannte oder dieser so offensichtlich war, dass er ihn hätte kennen müssen. Dieser für den Beamten im Vergleich zu dem allgemeinen Erstattungsanspruch (bei dem eine Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis der Umstände, welche zur Rücknahme oder zum Widerruf des Verwaltungsakts geführt hatte, erforderlich war) günstigere Regelung sollte den Besonderheiten des Beamtenverhältnisses Rechnung tragen. Sie beinhaltete daher von Anfang an noch die Möglichkeit, aus Billigkeitsgründen von einer Rückforderung ganz oder teilweise abzusehen. § 53 Abs. 2 BRRG wurde - ebenso wie die wortgleiche Vorschrift des § 87 Abs. 2 BBG - trotz des Wortlauts nicht allein auf die Rückforderung von Dienst- oder Versorgungsbezügen im engeren Sinne, sondern auf sämtliche Leistungen des Dienstherrn aus dem Beamtenverhältnis (entsprechend) angewandt (vgl. Plog/Wiedow, Bundesbeamtengesetz, Kommentar, Stand 29.10.1961, Rn. 5 zu § 87). Eine ausdrückliche Umsetzung des Landesgesetzgebers entsprechend der Verpflichtung in § 1 Abs. 2 BRRG a.F. erfolgte erst mit Neufassung des Landesbeamtengesetzes vom 08.08.1979 in Form des § 109 LBG, welcher bis zum Inkrafttreten des Dienstrechtsreformgesetzes eine analoge Anwendung der damals für die Rückforderung von Bezügen von Landesbeamten unmittelbar geltenden Vorschrift des § 12 Abs. 2 BBesG vorsah. Somit bestand in der Gesetzgebung der Bundesrepublik durchgehend (auch) für Beamte des Landes Baden-Württemberg eine gegenüber dem allgemeinen Erstattungsanspruch günstigere Rückforderungsregelung für sonstige Geldleistungen aus dem Beamtenverhältnis. Hätte der Landesgesetzgeber diese „Begünstigung“ durch das Dienstrechtsreformgesetz aufheben und durch die ungünstigere allgemeine Regelung des § 49a Abs. 2 LVwVfG ersetzen wollen, hätte es dazu angesichts der deutlichen Schlechterstellung der Landesbeamten für die Zukunft ausdrücklicher Erwägungen bedurft. Insoweit fehlt es, worauf das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen hat, an jeglichen Anhaltspunkten in den umfangreichen Gesetzgebungsmaterialien. In der Zielsetzung der Gesetzesbegründung wird darauf abgestellt, dass die hinzugewonnenen Gesetzgebungskompetenzen genutzt werden sollen, um die Rechtsverhältnisse der Beamtinnen und Beamten im Lande einer Generalrevision zu unterziehen und den modernen Erfordernissen, den Interessen der Beamtinnen und Beamten sowie den Belangen des Landes und sonstiger Dienstherrn anzupassen (LT-Dr. 14/6694, S. 1). Bei der Wiedergabe des „wesentlichen Inhalts“ der Neuregelungen findet sich weder in Bezug auf beamtenrechtliche noch hinsichtlich besoldungsrechtlicher Regelungen ein Hinweis auf eine beabsichtigte Änderung der Rückforderungsvorschriften (aaO S. 2). Zur Neuregelung des § 15 LBesG wird z.B. ausgeführt, dass die Bestimmung unverändert § 12 BBesG entspreche (aaO S. 460). Zur Änderung der Beihilfeverordnung wird ausgeführt, dass (lediglich) redaktionelle Anpassungen an die geänderte Paragrafenfolge des Landesbeamtengesetzes sowie eine Umstellung von Verweisungen des Bundesbesoldungs- und Versorgungsrechts auf das neue Landesbesoldungs- und Versorgungsrecht vorgenommen würden (aaO S. 599). Hieraus ergeben sich somit keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber speziell im Beihilferecht strengere Rückforderungsregelungen beabsichtigt hat. Auch der Hinweis des Beklagten auf die vollständige Streichung aller Paragrafen des 3. Unterabschnitts des alten Landesbeamtengesetzes mit Ausnahme von § 110 LBG ist nicht geeignet, eine bewusste Abschaffung der früheren Rückforderungsregelung zu belegen. Denn dieser Unterabschnitt (§§ 106 – 110) stand unter der Überschrift Besoldung, Versorgung und sonstige Leistungen, welche keineswegs ersatzlos weggefallen sind, sondern überwiegend (§§ 106 – 108) im neugefassten Landesbesoldungs- bzw. Versorgungsgesetz geregelt wurden. Lediglich der auch in diesem Abschnitt des alten Landesbeamtengesetzes geregelte Übergang des Schadensersatzanspruchs eines Beamten gegen einen Dritten (§ 110) wurde ins neugefasste Landesbeamtengesetz übernommen. Demgegenüber entfiel die Regelung des § 109 LBG a.F. ersatzlos. Dass damit nicht nur eine redaktionelle Umstellung von Verweisungen (vgl. LT-Dr. 14/6694, S. 599 zu Artikel 47) im Hinblick auf das nicht mehr für Landesbeamte anwendbare Bundesbesoldungsgesetz, sondern eine inhaltliche Abschaffung der beamtenrechtlichen Sonderregelung für Rückforderungen sonstiger Leistungen durch den Gesetzgeber erfolgt sein sollte, entbehrt jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte.
22 
Neben der Gesetzgebungshistorie spricht auch ein Blick auf die Rechtslage in anderen Bundesländern dafür, dass dem baden-württembergischen Landesgesetzgeber bei der Novellierung des Landesbeamtengesetzes im Rahmen der Dienstrechtsreform zum 01.01.2011 der ersatzlose Wegfall einer Regelung zu Grundsätzen des bundeseinheitlichen Berufsbeamtentums nicht bewusst war. Denn in den anderen Bundesländern wurde jeweils nach dem Wechsel der Gesetzgebungskompetenz eine „Neuregelung“ für die Rückforderung sonstiger Geldleistungen im Rahmen des Beamtenverhältnisses getroffen (s. etwa § 87 Niedersächsisches Beamtengesetz vom 25.03.2009 oder Art. 13 Bayerisches Beamtengesetz vom 29.07.2008). Soweit mit der Neufassung des Bundesbeamtengesetzes vom 05.02.2009 zunächst die entsprechende Regelung des § 87 Abs. 2 BBG (a.F.) wegfallen war, wurde diese „Regelungslücke“ durch Einfügung des § 84a BBG zum 14.03.2015 inzwischen geschlossen.
23 
Schließlich dürfte sich auch aus verfassungsrechtlichen Gründen ergeben, dass eine Geltung des allgemeinen Rückforderungsanspruchs nach § 49a LVwVfG auch für Beamte infolge der ersatzlosen Abschaffung der bisherigen Sonderregelung zur Rückforderung sonstiger Leistungen aus dem Beamtenverhältnis einschließlich der Eröffnung einer Billigkeitsentscheidung nicht zulässig gewesen wäre. Zwar gelten auch für Verwaltungsakte zu Geldleistungen aus dem Beamtenverhältnis grundsätzlich die allgemeinen Regelungen der §§ 48, 49 LVwVfG auf der ersten Stufe der Frage, ob der Verwaltungsakt zurückgenommen oder widerrufen werden darf. Die separat auf einer zweiten Stufe zu prüfende Frage der Rückforderung muss jedoch den Besonderheiten des Berufsbeamtentums Rechnung tragen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts muss es die Alimentierung den Beamten ermöglichen, sich ganz dem öffentlichen Dienst als Lebensberuf zu widmen und in rechtlicher und wirtschaftlicher Sicherheit und Unabhängigkeit zur Erfüllung der ihnen zugewiesenen Aufgaben beizutragen (st. Rspr., zuletzt Beschluss vom 17.11.2015 - 2 BvL 19/09 u.a. - Rn. 97 nach juris). Die in dieser Rechtsprechung hervorgehobene Qualitätssicherung des Berufsbeamtentums beinhaltet auch die Verpflichtung des Dienstherrn zur Wahrung eines amtsangemessenen Lebensunterhalts trotz laufender Aufwendungen für die Risikovorsorge oder besonderer Belastungen wegen Krankheit (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.06.2004 - 2 C 50/02 - Rn. 9 u. 120 nach juris). Fehl geht daher die Annahme des Beklagten, dass Rückforderungen von Beihilfeleistungen grundsätzlich einer anderen Behandlung durch den Gesetzgeber zugänglich seien. Wie gerade der vorliegende Fall zeigt, kann auch die Rückforderung von Beihilfe im Einzelfall zu einer existenziellen Notlage des Beamten führen, welche geeignet ist, seine rechtliche und wirtschaftliche Unabhängigkeit zu gefährden. Daher ist es bei Rückforderungen des Dienstherrn gegenüber seinem Beamten geboten, eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, damit nicht jede Verletzung einer Anzeigepflicht aufgrund strenger haushaltsrechtlicher Vorschriften automatisch zu einer Rückforderung mit möglicherweise existenzbedrohenden Folgen für den Beamten führt. Gerade auch der Umstand, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung zur früher anwendbaren Regelung des § 12 Abs. 2 BBesG stets davon ausgegangen ist, dass eine Billigkeitsprüfung unter Würdigung der besonderen Umstände des Einzelfalls untrennbarer Bestandteil der Rückforderungsentscheidung ist, zeigt, dass Beamte aufgrund des besonderen gegenseitigen Pflichtenverhältnisses insoweit nicht den starren Regelungen des § 49a LVwVfG unterworfen sein dürfen.
24 
Davon ging im Übrigen der Beklagte selbst noch im Zeitpunkt des Erlasses des Ausgangsbescheids aus, indem er § 12 BBesG wenigstens erwähnt hat. Weshalb er dann im Widerspruchsbescheid und im gerichtlichen Verfahren vehement die Rechtsauffassung vertritt, dem Dienstherrn sei seit Inkrafttreten des Dienstrechtsreformgesetzes eine Billigkeitsentscheidung verwehrt, weil auch bei nur geringem Verschulden eine vollständige Rückforderung ohne die Möglichkeit der Berücksichtigung von Besonderheiten oder Härten des Einzelfalls entsprechend den allgemeinen zwischen Staat und Bürger geltenden Vorschriften zwingend sei, erschließt sich dem Senat nicht.
25 
2. Die durch das Dienstrechtsreformgesetz eingetretene planwidrige Regelungslücke hinsichtlich der Rückforderung „sonstiger“ zu viel gezahlter Geldleistungen ist bis zu einer ausdrücklichen Regelung des Landesgesetzgebers durch analoge Anwendung anderer (neuer) beamtenrechtlicher Vorschriften zu schließen. Ungeachtet der Wortgleichheit der dafür zur Verfügung stehenden neugefassten Rückforderungsregelungen im Besoldungs- bzw. Versorgungsrecht ist der Senat der Auffassung, dass eine analoge Anwendung von § 15 Abs. 2 LBesG vorzunehmen ist, da dies der früheren Regelung des § 109 LBG a.F. mit seinem Verweis auf die damals geltenden besoldungsrechtlichen Vorschriften am Nächsten kommt.
26 
Ausgehend davon hat das Verwaltungsgericht zu Recht die gesamte Rückforderungsentscheidung (Nr. 3 des angefochtenen Bescheids) aufgehoben und der Klage insoweit stattgegeben. Der Beklagte ist nicht gehindert, anhand des geänderten Maßstabs des § 15 Abs. 2 LBesG nochmals über die Rückforderung ggf. einschließlich einer Billigkeitsprüfung zu entscheiden.
27 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
28 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
29 
Beschluss vom 20. September 2016
30 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 32.837,43 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
31 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tatbestand

1

Die 1946 geborene Klägerin war als Bundesbeamtin, zuletzt im Amt einer Fernmeldebetriebsinspektorin, bei der Deutschen Telekom AG (Telekom) beschäftigt. Die Telekom versetzte sie mit Wirkung vom 1. Dezember 2000 wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand.

2

Durch Bescheid vom 4. Januar 2001 setzte die Telekom das Ruhegehalt der Klägerin fest und bewilligte den Familienzuschlag der Stufe 1, weil der 1979 geborene Sohn in der Wohnung der Klägerin lebte. In der Folgezeit wies die Telekom die Klägerin auf die Bedeutung der Einkommensverhältnisse des Sohnes für die Zuschlagsberechtigung hin und forderte sie mehrfach auf, hierzu Angaben zu machen. Erst im Juli 2004 holte die Klägerin die Angaben nach. Hieraus ergab sich, dass die Eigenmittel des Sohnes aufgrund seines Arbeitseinkommens seit Juli 2002 in insgesamt 23 Monaten die gesetzliche Grenze für die Zuschlagsgewährung überstiegen.

3

Daraufhin hob die Telekom durch Bescheid vom 25. Oktober 2004 die "bisher erteilten Bescheide" auf und forderte die der Klägerin in den 23 Monaten gezahlten Zuschläge von insgesamt 1 585,46 € zurück. Diesen Bescheid hob das Verwaltungsgericht durch Urteil vom 20. Juli 2006 rechtskräftig auf, weil die Begründung nicht erkennen lasse, dass die Telekom Ermessen ausgeübt habe.

4

Durch Bescheid vom 19. September 2006 widerrief die Telekom die Bewilligung des Familienzuschlags der Stufe 1 für die fraglichen Monate und setzte erneut einen Rückforderungsbetrag von 1 585,46 € fest. Zugleich erklärte sie sich bereit, der Klägerin Ratenzahlung zu gewähren.

5

Die nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. In dem Berufungsurteil hat das Oberverwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt:

6

Die Beklagte könne den festgesetzten Betrag zurückfordern, weil die Klägerin in dieser Höhe den Familienzuschlag der Stufe 1 zu Unrecht erhalten habe. Durch den Bescheid vom 19. September 2006 habe die Telekom die Bewilligung des Zuschlags für die fraglichen Monate innerhalb der hierfür geltenden Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG aufgehoben. Nach dem entsprechend anzuwendenden § 53 Abs. 1 VwVfG habe der vom Verwaltungsgericht aufgehobene Bescheid vom 25. Oktober 2004 die Jahresfrist bis zum Ablauf von sechs Monaten nach Einritt der Rechtskraft des Urteils vom 20. Juli 2006 gehemmt. Die Klägerin könne sich nicht darauf berufen, die überzahlten Beträge im Rahmen der Lebensführung verbraucht zu haben. Der Rückforderungsbetrag müsse nicht aus Billigkeitsgründen ermäßigt werden.

7

Hiergegen richtet sich die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision der Klägerin. Sie beantragt,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen vom 16. Februar 2011 und des Verwaltungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen vom 4. Dezember 2008 sowie den Bescheid der Deutschen Telekom AG vom 19. September 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juni 2007 aufzuheben.

8

Die in der Revisionsverhandlung nicht vertretene Beklagte hat schriftlich den Antrag angekündigt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Klägerin ist nicht begründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht im Ergebnis mit Bundesrecht im Einklang (§ 137 Abs. 1 Nr. 1, § 144 Abs. 4 VwGO). Der Beklagten stehen Rückforderungsansprüche in der festgesetzten Höhe nach § 52 Abs. 2 Satz 1 bis 3 des Beamtenversorgungsgesetzes - BeamtVG - zu.

10

Die Zuständigkeit der Telekom für die Regelung der Versorgungsbezüge der Klägerin folgt aus § 14 Abs. 1 Satz 1 des Postpersonalrechtsgesetzes - PostPersRG - in der Fassung des Gesetzes vom 14. September 1994 (BGBl I S. 2325). Die Telekom ist nach Art. 143b Abs. 3 Satz 2 GG ermächtigt, die Dienstherrnbefugnisse für die bei ihr beschäftigten Bundesbeamten auszuüben (stRspr; vgl. nur Urteil vom 20. August 1996 - BVerwG 1 D 80.95 - BVerwGE 103, 375 <377 f.> = Buchholz 232 § 54 Satz 3 BBG Nr. 7 S. 20 f.).

11

Nach § 52 Abs. 2 Satz 1 bis 3 BeamtVG steht dem Dienstherrn unter folgenden Voraussetzungen ein Rückforderungsanspruch gegen einen Ruhestandsbeamten zu: Er muss zuviel Versorgungsbezüge gezahlt haben (Satz 1). Hat der Ruhestandsbeamte die zuviel gezahlten Beträge für die Lebensführung verbraucht, schuldet er die Rückzahlung, wenn er erkannt hat oder hätte offensichtlich erkennen müssen, dass ihm das Geld nicht zugestanden hat (Satz 2). Schließlich muss die Rückforderung der Höhe nach der Billigkeit entsprechen (Satz 3).

12

1. Versorgungsbezüge sind zuviel gezahlt im Sinne von § 52 Abs. 2 Satz 1 BeamtVG, wenn die Zahlungen nicht von den Festsetzungen des Versorgungsfestsetzungsbescheids gedeckt sind. Während die Dienstbezüge der aktiven Beamten unmittelbar aufgrund Gesetzes gezahlt werden, werden die Ansprüche der Ruhestandsbeamten und anderer Versorgungsempfänger auf Zahlung der Versorgungsbezüge durch den Versorgungsfestsetzungsbescheid begründet. Nach dem durch § 49 Abs. 1 BeamtVG vorgegebenen Regelungsgehalt ist dieser Bescheid die gesetzlich vorgeschriebene, rechtsverbindliche Mitteilung über die Höhe der Versorgungsbezüge. Er regelt die Versorgungsbezüge in ihrer Gesamtheit (stRspr; vgl. Urteil vom 24. April 1959 - BVerwG 6 C 91.57 - BVerwGE 8, 261 <265 f.> = Buchholz 232 § 87 BBG Nr. 1 S. 10 f.). Hierzu gehört der Familienzuschlag der Stufe 1, weil diese Leistung nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BeamtVG Bestandteil der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge ist.

13

Der Anspruch auf Zahlung der festgesetzten Versorgungsbezüge monatlich im Voraus (§ 49 Abs. 4 BeamtVG, § 3 Abs. 4 Satz 1 BBesG) besteht unabhängig davon, ob die Festsetzungen den gesetzlichen Vorgaben entsprechen. Daher kann der Dienstherr festgesetzte Versorgungsbezüge erst dann als zuviel gezahlt zurückfordern, wenn und soweit er den Versorgungsfestsetzungsbescheid mit Wirkung für den Zeitraum der Zahlungen aufgehoben hat. § 52 Abs. 2 BeamtVG stellt keine Rechtsgrundlage für die Aufhebung dar, sondern setzt sie voraus (stRspr; vgl. Urteil vom 24. April 1959 a.a.O.).

14

Dementsprechend hat die Telekom in dem angefochtenen Bescheid vom 19. September 2006 nicht nur den Rückforderungsbetrag festgesetzt, sondern zunächst den Versorgungsfestsetzungsbescheid vom 4. Januar 2001 aufgehoben, der die Rechtsgrundlage für die Zahlung des Familienzuschlags der Stufe 1 in den fraglichen Monaten war.

15

2. Da der Versorgungsfestsetzungsbescheid eine laufende Geldleistung gewährt, ist er darauf gerichtet, dauerhaft Rechtswirkungen zu entfalten (sog. Dauerverwaltungsakt). Dies hat zur Folge, dass sich Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse, die nach seinem Erlass eintreten, unmittelbar auf die rechtliche Beurteilung auswirken können. Eine bei Erlass rechtmäßige Festsetzung kann nachträglich rechtswidrig werden. Die Aufhebung eines ursprünglich rechtmäßigen Versorgungsfestsetzungsbescheids wegen nachträglich eingetretener Rechtswidrigkeit richtet sich nicht nach den Bestimmungen des § 49 VwVfG über den Widerruf eines rechtmäßigen Verwaltungsakts, wie das Oberverwaltungsgericht angenommen hat, sondern nach den Bestimmungen des § 48 VwVfG über die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts (Urteile vom 16. November 1989 - BVerwG 2 C 43.87 - BVerwGE 84, 111 <113 f.> = Buchholz 232 § 87 BBG Nr. 64 S. 2 und vom 16. Juli 2009 - BVerwG 2 C 43.08 - Buchholz 239.1 § 11 BeamtVG Nr. 13 Rn. 15).

16

Nach § 48 Abs. 1 und 2 Satz 1 bis 4 VwVfG ist die Rücknahme einer nach Erlass des Versorgungsfestsetzungsbescheids rechtswidrig gewordenen Festsetzung mit Wirkung für die Vergangenheit regelmäßig geboten, wenn das Vertrauen des Versorgungsempfängers in den Bestand dieser Festsetzung nicht schutzwürdig ist. Genießt der Versorgungsempfänger keinen Vertrauensschutz, ist die Behörde zur Rücknahme verpflichtet, wenn keine atypischen Umstände vorliegen.

17

Nach § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 VwVfG kann sich der Begünstigte auf Vertrauen nicht berufen, wenn er den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren. Er muss objektiv eine Mitursache für den Erlass des rechtswidrigen Verwaltungsakts gesetzt haben. Auf Verschulden kommt es nicht an. Das Unterlassen von Angaben steht unrichtigen Angaben gleich, wenn eine Mitteilungspflicht besteht (Urteile vom 14. August 1986 - BVerwG 3 C 9.85 - BVerwGE 74, 357 <363 f.> = Buchholz 451.90 EWG-Recht Nr. 66 S. 137 f. und vom 19. Dezember 1995 - BVerwG 5 C 10.94 - BVerwGE 100, 199 <201> = Buchholz 435.12 § 45 SGB X Nr. 12 S. 2 f.).

18

Nach dem Zweck des § 48 Abs. 2 VwVfG genießt ein Versorgungsempfänger auch dann keinen Vertrauensschutz, wenn er es versäumt hat, versorgungsrechtlich erhebliche Änderungen der Einkommensverhältnisse mitzuteilen. Er muss durch seine Untätigkeit dazu beigetragen haben, dass die Behörde den Eintritt der Rechtswidrigkeit des Versorgungsfestsetzungsbescheids nicht erkannt und daher die festgesetzte Leistung weiterhin gewährt hat. Zwar ist der Verlust des Vertrauensschutzes nach § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 VwVfG an das Erwirken, d.h. an den Erlass des Verwaltungsakts, durch unrichtige oder unvollständige Angaben geknüpft. Die Regelungen des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 bis 3 VwVfG legen aber nicht abschließend fest, wann der Vertrauensschutz entfällt. Vielmehr sind die darin zum Ausdruck kommenden Wertungen des Gesetzgebers auch bei der Entscheidung nach § 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG über die Rücknahme eines teilweise rechtswidrig gewordenen Dauerverwaltungsakts zu beachten.

19

Danach ist der angefochtene Bescheid vom 19. September 2006 von § 48 Abs. 2 Satz 1 und 4 VwVfG gedeckt, soweit die Telekom die Bewilligung des Familienzuschlags der Stufe 1 in dem Versorgungsfestsetzungsbescheid vom 4. Januar 2001 für insgesamt 23 Monate aufgehoben hat:

20

In diesem Umfang ist der Versorgungsfestsetzungsbescheid nach seinem Erlass rechtswidrig geworden, weil die Voraussetzungen des § 40 Abs. 1 Nr. 4 BBesG für die Gewährung des Familienzuschlags der Stufe 1 nicht vorlagen. Nach dieser Vorschrift, die nach § 50 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG auch auf Ruhestandsbeamte Anwendung findet, erhalten Beamte, die nicht bereits nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BBesG zuschlagsberechtigt sind, den Zuschlag, wenn sie eine unterhaltsberechtigte Person, für deren Unterhalt nicht mindestens Mittel in Höhe des Sechsfachen des Zuschlagsbetrags zur Verfügung stehen, in ihre Wohnung aufgenommen haben. Aufgrund der gesetzlichen Eigenmittelgrenze kann sich die Zuschlagsberechtigung von Monat zu Monat ändern (vgl. Urteil vom 3. November 2005 - BVerwG 2 C 16.04 - Buchholz 240 § 40 BBesG Nr. 35 Rn. 9). Das Oberverwaltungsgericht hat bindend (§ 137 Abs. 2 VwGO) festgestellt, dass die Eigenmittel des Sohnes diese Grenze in denjenigen Monaten überstieg, in denen er Arbeitseinkommen bezog.

21

Die Klägerin genießt keinen Vertrauensschutz, weil sie die Ursache für die gesetzwidrigen Zahlungen gesetzt hat. Sie hat es trotz mehrerer Aufforderungen unterlassen, die erforderlichen Angaben zu den Einkommensverhältnissen ihres Sohnes zu machen. Ohne diese Angaben war es der Telekom nicht möglich, die Zuschlagsberechtigung zu beurteilen.

22

3. Der angefochtene Rücknahmebescheid vom 19. September 2006 ist auch innerhalb der Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG ergangen. Allerdings folgt dies nicht aus der entsprechenden Anwendung des § 53 Abs. 1 Satz 1 und 2 VwVfG, wie das Oberverwaltungsgericht angenommen hat, sondern unmittelbar aus § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG. Das vom Oberverwaltungsgericht gefundene Ergebnis erweist sich daher aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO).

23

Nach § 53 Abs. 1 Satz 1 und 2 VwVfG hemmt ein Verwaltungsakt, der zur Feststellung oder Durchsetzung des Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers erlassen wird, die Verjährung dieses Anspruchs bis zum Eintritt der Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts oder bis zum Ablauf von sechs Monaten nach seiner anderweitigen Erledigung. Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut ist der Anwendungsbereich des § 53 Abs. 1 Satz 1 und 2 VwVfG auf Verjährungsfristen beschränkt. Er kann nicht im Wege der Analogie auf die Ausschlussfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG erweitert werden.

24

Die analoge Anwendung der von einer Norm angeordneten Rechtsfolge auf Sachverhalte, die dieser Norm nicht unterfallen, setzt eine planwidrige Regelungslücke voraus. Der Anwendungsbereich der Norm muss wegen eines versehentlichen, mit dem Normzweck unvereinbaren Regelungsversäumnisses des Normgebers unvollständig sein. Eine derartige Lücke darf von den Gerichten im Wege der Analogie geschlossen werden, wenn sich aufgrund der gesamten Umstände feststellen lässt, dass der Normgeber die von ihm angeordnete Rechtsfolge auch auf den nicht erfassten Sachverhalt erstreckt hätte, wenn er diesen bedacht hätte (stRspr; vgl. Urteil vom 13. Dezember 1978 - BVerwG 6 C 46.78 - BVerwGE 57, 183 <186 f.> = Buchholz 235 § 40 BBesG Nr. 1 S. 3 f.; Beschluss vom 7. Juli 1993 - BVerwG 6 P 15.91 - Buchholz 251.2 § 40 BlnPersVG Nr. 1 S. 3 f.).

25

Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass es der Gesetzgeber versehentlich unterlassen hat, die Regelungen des § 53 Abs. 1 Satz 1 und 2 VwVfG über die Hemmung von Verjährungsfristen auf die Ausschlussfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG zu erstrecken. Die Annahme eines derartigen Versäumnisses liegt bereits aufgrund der gesetzlichen Systematik fern. Die Vorschrift des § 53 VwVfG steht in dem besonderen, nur sie umfassenden Abschnitt 3 des Teils III "Verwaltungsakt" des Verwaltungsverfahrensgesetzes mit der Abschnittsüberschrift "Verjährungsrechtliche Wirkungen des Verwaltungsaktes". Es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber den Begriff "Verjährung" zweimal nur versehentlich gebraucht, eigentlich aber neben Verjährungsfristen auch gesetzliche Ausschlussfristen gemeint hat.

26

Darüber hinaus fehlt es an einer planwidrigen Regelungslücke, weil sich Beginn und Lauf der Ausschlussfrist durch Auslegung des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG abschließend bestimmen lassen.

27

Nach § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG ist die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt zulässig, in dem die Behörde Kenntnis von Tatsachen erhält, welche die Rücknahme rechtfertigen. Diese Jahresfrist kann weder verlängert werden noch ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand möglich (Ausschlussfrist). Nach dem Normzweck handelt es sich nicht um eine Bearbeitungs-, sondern um eine Entscheidungsfrist. Der zuständigen Behörde wird ein Jahr Zeit eingeräumt, um die Entscheidung über die Rücknahme des Verwaltungsakts zu treffen. Daraus folgt, dass die Frist erst bei vollständiger behördlicher Kenntnis der für die Rücknahme maßgebenden Sach- und Rechtslage zu laufen beginnt. Erst wenn die Behörde auf der Grundlage aller entscheidungserheblichen Tatsachen den zutreffenden rechtlichen Schluss gezogen hat, dass ihr die Rücknahmebefugnis zusteht, muss sie innerhalb eines Jahres entscheiden, ob sie davon Gebrauch macht (Beschluss des Großen Senats des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Dezember 1984 - BVerwG Gr. Sen. 1.84 und 2.84 - BVerwGE 70, 356 <358 ff.> = Buchholz 316 § 48 VwVfG Nr. 33 S. 16 ff.).

28

Daher setzt der Fristbeginn zum einen voraus, dass sich die zuständige Behörde über die Rechtswidrigkeit des begünstigenden Verwaltungsakts im Klaren ist. Sie muss zu der Erkenntnis gelangt sein, dass sie den Verwaltungsakt bislang zu Unrecht für rechtmäßig gehalten hat. Es ist unerheblich, ob sie sich zuvor in einem Irrtum über den entscheidungserheblichen Sachverhalt (Tatsachenirrtum) oder über dessen rechtliche Beurteilung (Rechtsirrtum) befunden hat. Auch wenn der Erlass des begünstigenden Verwaltungsakts darauf beruht, dass die Behörde den ihr vollständig bekannten Sachverhalt rechtsfehlerhaft gewürdigt oder das anzuwendende Recht verkannt hat, beginnt die Jahresfrist erst mit der Kenntnis des Rechtsfehlers zu laufen (Beschluss vom 19. Dezember 1984 a.a.O.; Urteile vom 19. Dezember 1995 - BVerwG 5 C 10.94 - BVerwGE 100, 199 <201 f.> = Buchholz 435.12 § 45 SGB X Nr. 12 S. 3 f. und vom 24. Januar 2001 - BVerwG 8 C 8.00 - BVerwGE 112, 360 <361 ff.> = Buchholz 316 § 49 VwVfG Nr. 40 S. 4 ff.).

29

Zum anderen setzt der Fristbeginn voraus, dass sich die zuständige Behörde darüber im Klaren ist, dass sich aus der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts die Befugnis zu dessen Rücknahme ergibt. Sie muss zu der Erkenntnis gelangt sein, dass die weiteren Rücknahmevoraussetzungen des § 48 VwVfG gegeben sind. Dies ist anzunehmen, wenn die Behörde ohne weitere Sachaufklärung imstande ist, diese Voraussetzungen des § 48 VwVfG, d.h. vor allem die Schutzwürdigkeit des Vertrauens des Begünstigten in den Bestand des Verwaltungsakts, zutreffend zu beurteilen und daraus die richtigen rechtlichen Schlüsse zieht (Beschluss vom 19. Dezember 1984 a.a.O. S. 358 bzw. S. 16; Urteile vom 19. Dezember 1995 a.a.O. S. 202 bzw. S. 3 und vom 24. Januar 2001 a.a.O. S. 363 bzw. S. 6).

30

Nach diesen Grundsätzen ist der Beginn des Laufs der Jahresfrist auch dann zu bestimmen, wenn ein erster Rücknahmebescheid im Widerspruchs- oder Klageverfahren aufgehoben wird. In diesen Fällen läuft die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG ab dem Zeitpunkt der Unanfechtbarkeit der aufhebenden Entscheidung. Dies gilt unabhängig davon, ob die Aufhebung auf tatsächlichen oder rechtlichen Erwägungen beruht. Die Gründe, auf denen die aufhebende Entscheidung beruht, verschaffen der Rücknahmebehörde die Kenntnis, welcher Tatsachen- oder Rechtsirrtum ihr angelastet wird. Erst dieses Wissen versetzt sie in die Lage, auf vollständiger tatsächlicher und rechtlicher Grundlage über die Ausübung der Rücknahmebefugnis zu entscheiden. Die der Aufhebung des ersten Rücknahmebescheids zugrunde liegende Rechtsauffassung ist maßgebend, weil Widerspruchsbehörde und Verwaltungsgericht die Aufhebungsbefugnis zusteht (§ 68 Abs. 1, § 113 Abs. 1 VwGO).

31

Wird der erste Rücknahmebescheid im Widerspruchs- oder Klageverfahren aufgehoben, weil die Behörde bei Erlass dieses Bescheids nach Auffassung von Widerspruchsbehörde oder Verwaltungsgericht bestimmte Tatsachen nicht berücksichtigt hat, die ihr - aus welchen Gründen auch immer - nicht bekannt waren, erlangt die Behörde erst mit Kenntnis dieser Auffassung die für den Fristbeginn erforderliche vollständige Kenntnis des entscheidungserheblichen Sachverhalts (Beschluss vom 20. Mai 1988 - BVerwG 7 B 79.88 - Buchholz 316 § 48 VwVfG Nr. 56 S. 5 = NVwZ 1988, 822).

32

Nichts anderes gilt, wenn der erste Rücknahmebescheid im Widerspruchs- oder Klageverfahren aufgehoben wird, weil die Behörde nach Auffassung von Widerspruchsbehörde oder Verwaltungsgericht den vollständig aufgeklärten Sachverhalt rechtsfehlerhaft gewürdigt oder das anzuwendende Recht verkannt hat. Dies ist auch anzunehmen, wenn die Behörde bestimmte, ihr bekannte Tatsachen aus Rechtsgründen für unerheblich gehalten hat. Auch in diesen Fällen erlangt die Behörde erst mit Kenntnis dieser Rechtsauffassung die für den Fristbeginn erforderlichen Rechtserkenntnisse.

33

Dies gilt unabhängig davon, ob der der Behörde angelastete Rechtsanwendungsfehler die Rechtswidrigkeit des begünstigenden Verwaltungsakts oder eine weitere gesetzliche Rücknahmevoraussetzung betrifft. Die einheitliche Behandlung der beiden Fehlerarten ist die zwingende Folge des Verständnisses der Jahresfrist als reiner Entscheidungsfrist, das der Große Senat des Bundesverwaltungsgerichts vor allem aus dem Normzweck hergeleitet hat (Beschluss vom 19. Dezember 1984 a.a.O. S. 359 f. bzw. S. 17 f.). Auch der Wortlaut des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG legt diese Annahme nahe. Danach bezieht sich die den Fristbeginn auslösende Kenntnis der Behörde nicht auf die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts, sondern auf die Rechtfertigung seiner Rücknahme.

34

Zwar hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts entschieden, dass nur ein Rechtsirrtum über die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts, nicht aber über eine weitere Rücknahmevoraussetzung dem Beginn des Laufs der Jahresfrist nach § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X entgegen steht (Urteil vom 19. Dezember 1995 a.a.O. S. 202 f. bzw. S. 3 f.). In Anbetracht des Beschlusses des Großen Senats vom 19. Dezember 1984 (a.a.O.) kann diese Rechtsprechung aber nicht auf § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG übertragen werden. Hinzu kommt, dass die Regelungen der §§ 44 f. SGB X die Befugnis zur Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte, die Sozialleistungen gewähren, gegenüber § 48 VwVfG deutlich einschränkt. So ist etwa die Rücknahme rechtswidriger Leistungsbescheide für die Vergangenheit und damit die Rückforderung der Leistungen nach § 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X bei unrichtigen oder unvollständigen Angaben des Begünstigten nur möglich, wenn ihm Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt.

35

Danach hat im vorliegenden Fall die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG ungeachtet der tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts und deren Richtigkeit erst mit Rechtskraft des Urteils vom 20. Juli 2006 zu laufen begonnen. Demnach hat die Telekom durch den angefochtenen Bescheid vom 19. September 2006 den Versorgungsfestsetzungsbescheid vom 4. Januar 2001 in Bezug auf die Bewilligung des Familienzuschlags der Stufe 1 mit Wirkung für die fraglichen Monate rechtzeitig zurückgenommen, sodass die Klägerin für diese Zeit im Umfang der Rücknahme zuviel Versorgungsbezüge erhalten hat.

36

4. Der Klägerin kommt nicht zugute, dass sie die ungerechtfertigten Zuschlagszahlungen für ihre Lebensführung verbraucht hat. Ruhestandsbeamte sind nach § 52 Abs. 2 Satz 2 BeamtVG zur Rückzahlung der zuviel gezahlten Beträge verpflichtet, wenn sie den offensichtlichen Mangel der Zahlung hätten erkennen müssen. Dies ist anzunehmen, wenn der Empfänger die Überzahlung nur deshalb nicht bemerkt hat, weil er die erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße außer Acht gelassen hat (stRspr; vgl. zuletzt Urteil vom 26. April 2012 - BVerwG 2 C 15.10 - juris Rn. 16 ).

37

Ein derartiger Pflichtenverstoß ist der Klägerin anzulasten. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts wusste sie, dass ihr Sohn Arbeitseinkommen bezog. Auch musste ihr aufgrund der Hinweise und Belehrungen der Telekom klar sein, dass diese Mittel ihre Zuschlagsberechtigung für den jeweiligen Monat entfallen ließen.

38

Schließlich kommt eine Ermäßigung des Rückforderungsbetrags nicht in Betracht, weil die Klägerin die Überzahlungen allein zu verantworten hat (vgl. Urteil vom 26. April 2012 a.a.O. Rn. 25 f.). Diese hatten ihre Ursache ausschließlich darin, dass die Klägerin trotz mehrerer Aufforderungen die Einkommensverhältnisse ihres Sohnes nicht mitgeteilt hat. Die Telekom war auf diese Angaben angewiesen, um Überschreitungen der gesetzlichen Eigenmittelgrenze festzustellen.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 01.10.2013 - 6 K 702/13 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen die Rückforderung von Kassenleistungen in Höhe von 3.237,60 EUR.
Die Klägerin ist B1-Mitglied bei der Beklagten. Sie war in der Zeit von Dezember 2003 bis Juli 2005 in Behandlung bei Dr. K. Dieser wurde mit Urteil des Landgerichts München I vom 24.08.2011 - 12 KLs 569 Js 39263/05 - wegen Betrugs in Mittäterschaft in 1554 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Dieser Verurteilung lag nach den Feststellungen des Landgerichts der Sachverhalt zugrunde, dass Dr. K. einem Teil seiner Patienten folgende Vorgehensweise vorschlug: Auf der Rechnung werde er nicht die tatsächlich erbrachten Leistungen der Bioresonanztherapie, der Bioenergetischen Fokalherdtherapie und der EAV-Testung aufführen. Vielmehr werde er statt der Bioresonanztherapie und der Bioenergetischen Fokalherdtherapie auf der Rechnung die Leistungen mit „Akupunktur“ (269a GOÄ), „Infiltrationsbehandlung“ (268 GOÄ) und „Systembezogene Untersuchung“ (5 GOÄ) ausweisen. Die EAV-Testung werde er auf der Rechnung mit „Epikutantest“ (380 GOÄ), „Pricktest“ (385 GOÄ), „Pricktest (20 x)“ (386 GOÄ) und „Pricktest (20 x)“ (387 GOÄ) bezeichnen. Die Patienten, die auf diesen Vorschlag eingegangen seien, werden in dem Strafurteil entsprechend der aus der Anklage vom 06.09.2010 übernommenen Nummer aufgeführt; danach wird die Klägerin unter den Nummern 1010, 1068, 1136, 1428 und 1498 ausdrücklich erwähnt. Das Urteil des Landgerichts München I ist seit 09.02.2012 rechtskräftig.
Mit Bescheid vom 17.10.2012 nahm die Beklagte die Leistungsabrechnungen gegenüber der Klägerin vom 04.02.2004, 22.03.2004, 11.05.2004, 25.11.2004, 25.01.2005 und 14.07.2005 zurück und forderte von der Klägerin die aus ihrer Sicht ohne Rechtsgrund erbrachten Leistungen in Höhe von insgesamt 6.795,83 EUR (Beihilfe- und Kassenleistungen) zurück. Hiergegen erhob die Klägerin mit der Begründung Widerspruch, es sei unzutreffend, dass falsche Rechnungsstellungen nach Absprache mit den Patienten getroffen worden seien. Jedenfalls zwischen ihr und Dr. K. habe es keine Absprache in Richtung auf eine falsche Rechnungsstellung gegeben. Sie sei von der Ordnungsgemäßheit dieser Rechnungen ausgegangen.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid des Widerspruchsausschusses II der Beklagten vom 24.01.2013 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt, der Rückforderungsanspruch werde hinsichtlich der Kassenleistungen in Höhe von 3237,60 EUR geltend gemacht. Die Rücknahme der Bewilligungsbescheide sei in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens erfolgt. Das Interesse der Versichertengemeinschaft an der Erbringung satzungsgemäßer Leistungen überwiege das Interesse der Klägerin am Behaltendürfen der rechtswidrigen Leistungen. Das Vertrauen der Klägerin sei nicht schutzwürdig. Der Rückforderungsanspruch sei nicht verjährt. Sie habe am 17.10.2012 festgestellt, dass der Klägerin an den oben genannten Daten Leistungen zu Unrecht gewährt worden seien. Am gleichen Tag sei die Rückforderung fristgerecht durchgeführt worden. Besondere Billigkeitsgesichtspunkte seien nicht vorhanden. Der Widerspruchsbescheid wurde am 29.01.2013 zugestellt.
Am 27.02.2013 hat die Klägerin Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben und beantragt, die angefochtenen Bescheide aufzuheben. Zur Begründung hat sie ausgeführt, bezüglich der Rückforderung von Leistungen fehle es an einer Ermessensausübung. Es sei nicht berücksichtigt worden, dass sie keine Ahnung von den fachspezifischen Eigenheiten ärztlicher Abrechnungen habe, die angesetzten Gebührenpositionen nicht gekannt habe und davon ausgegangen sei, dass der behandelnde Arzt seine Abrechnungen korrekt erstelle. Zu Unrecht werde ihr arglistige Täuschung und damit strafbares Verhalten unterstellt. Sie habe die Abrechnungen von Dr. K. ungeprüft bei der Beklagten eingereicht. Der Rückforderungsanspruch sei verjährt. Die polizeilichen Ermittlungen seien im Jahre 2008 abgeschlossen gewesen. Die den Regress begründenden Umstände seien der Beklagten bekannt gewesen und hätten bis Ende 2011 geltend gemacht werden müssen. Die Beklagte hat ihre ablehnende Position aufrecht erhalten und u.a. ausgeführt, nach dem landgerichtlichen Urteil stehe fest, dass die Rechnungen von Dr. K. von den Patienten entsprechend einem gemeinsamen Tatplan jedenfalls im zeitlichen Zusammenhang mit der Rechnungsstellung bei den jeweiligen Krankenversicherungen und Beihilfestellen zur Erstattung eingereicht worden seien. Die Rückforderung der rechtswidrig gewährten Leistungen sei zwingend vorgeschrieben. Insoweit habe kein Ermessensspielraum bestanden. Auch die Verjährungsvorschrift des § 79 Abs. 4 der Satzung der Beklagten stehe der Geltendmachung der Rückforderung nicht entgegen.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 01.10.2013 ohne mündliche Verhandlung abgewiesen und ausgeführt, die zulässige Klage sei nicht begründet. Rechtsgrundlage für die angefochtene Rücknahme der ursprünglichen Leistungsbescheide und für die Rückforderung von Leistungen in Höhe von 3.237,60 EUR sei § 30 Abs. 4 der Satzung der Beklagten in der zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids geltenden Fassung der 84. Änderung, Stand 01.01.2013 i.V.m. § 48 VwVfG. Nach § 30 Abs. 4 der Satzung seien zu Unrecht erbrachte Leistungen zu erstatten. Da die streitigen Leistungen der Klägerin durch die im Rückforderungsbescheid vom 17.10.2012 genannten Leistungsabrechnungen als Verwaltungsakte bewilligt worden seien, sei die Beklagte zutreffend davon ausgegangen, dass als Voraussetzung für die Rückforderung diese Verwaltungsakte zurückgenommen werden müssten. Die Rücknahme der ursprünglichen Leistungsbescheide durch den Bescheid vom 17.10.2012 sei auch rechtmäßig erfolgt. Die Leistungen seien objektiv zu Unrecht gewährt worden. Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige Geldleistung gewähre, dürfe zwar nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut habe und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig sei (§ 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG). Auf Vertrauensschutz könne sich der Begünstigte nach § 48 Abs. 2 Satz 3 VwVfG allerdings nicht berufen, wenn wie hier der Ausschlussgrund nach § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG vorliege. Denn die Klägerin habe die begünstigenden Leistungsbescheide durch arglistige Täuschung erwirkt. Sie seien von Anfang an rechtswidrig gewesen, da die geltend gemachten Leistungen von dem behandelnden Arzt nicht erbracht worden seien. Dr. K. sei deshalb strafgerichtlich wegen Betrugs in Mittäterschaft zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt worden. Im strafgerichtlichen Verfahren habe sich Dr. K. dahingehend eingelassen, dass er, nachdem bezüglich der von ihm durchgeführten Testungen und Therapien keine direkten Nummern in der GOÄ vorhanden seien, die Behandlungen analog anderer Nummern abgerechnet habe. Jeder Patient habe einen Hinweiszettel erhalten, durch welchen ihm bewusst gewesen sei, dass es sich um eine analoge Abrechnung handele. Der Patient hätte den Hinweiszettel bei seiner Versicherung mit einreichen sollen. In den Urteilsgründen des landgerichtlichen Urteils sei die Klägerin - neben einer Vielzahl anderer Patientinnen und Patienten - namentlich als Patientin aufgeführt, die sich mit der von Dr. K. vorgeschlagenen Vorgehensweise einverstanden erklärt habe. Weiter seien in den Gründen des landgerichtlichen Urteils die durch Leistungsbescheide der Beklagten vom 04.02.2004, 22.03.2004, 11.05.2004, 25.01.2005 und 14.07.2005 festgesetzten Kassenleistungen ausdrücklich aufgeführt. Die Klägerin gehöre daher zum Kreis derjenigen Personen, die am Betrug von Dr. K. als Mittäter beteiligt gewesen seien. Sie könne daher nicht mit Erfolg einwenden, sie habe gerade wegen des unterschriebenen Hinweisblattes davon ausgehen können, dass Dr. K. seine Leistungen korrekt abgerechnet habe. Die Feststelllungen im Strafurteil beruhten weiter auf der Zeugenaussage des polizeilichen Sachbearbeiters W. Dieser habe angegeben, dass bei der Durchsuchung in allen Patientenakten ein grünes, von den Patienten unterschriebenes Belehrungsblatt gefunden worden sei. In diesem sei der jeweilige Patient darauf hingewiesen worden, dass durch den Angeklagten die Bioresonanztherapie, die Bioenergetische Fokalherdtherapie und die EAV-Testung als ärztliche Leistungen erbracht worden seien und diese analog den Nummern für die GOÄ-Nummern der Leistungen „Systembezogene Untersuchung“, „Akupunktur‘, „Infiltrationsbehandlung“, „Pricktest“ und „Epikutantest“ abgerechnet worden seien. Die Klägerin räume ein, ein derartiges Belehrungsblatt unterschrieben zu haben, sich aber nicht mehr an dessen genauen Wortlaut erinnern zu können. Sie habe daher durch vorsätzliches Verhalten eine Ursache für den Erlass der rechtswidrigen Leistungsbescheide gesetzt. Obwohl Dr. K. sie ausdrücklich darüber informiert habe, dass er in seinen Rechnungen Leistungen aufführe, die er nicht erbracht habe, habe sie diese bei der Beklagten eingereicht, um die entsprechenden Kassenleistungen zu bekommen, und die beteiligten Mitarbeiter der Beklagten so arglistig getäuscht. Auch wenn der Leistungsbescheid vom 25.11.2004, in dem Kassenleistungen in Höhe von 923,36 EUR festgesetzt worden seien, nicht im Strafurteil aufgeführt sei, habe die Klägerin auch ihn durch unrichtige Angaben erwirkt. Denn in der mit dem Erstattungsantrag vorgelegten Rechnung des Dr. K. vom 02.11.2011 würden - wie in den Rechnungen, die Gegenstand des strafgerichtlichen Verfahrens gewesen seien,- Gebühren für Infiltrationsbehandlung und Akupunktur geltend gemacht.
Der Rücknahme der rechtswidrigen Bescheide stehe § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG nicht entgegen. Denn die darin vorgesehene Jahresfrist seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme gemäß § 48 Abs. 4 S. 2 VwVfG gelte nicht im Falle, dass der Begünstigte den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung erwirkt habe. Die Rücknahme sie auch ermessensfehlerfrei erfolgt. Unschädlich sei, dass die erforderlichen Ermessenserwägungen erst im Widerspruchsbescheid enthalten seien.
Seien somit die Leistungsbescheide nachträglich weggefallen, habe die Klägerin auch die von der Beklagten geforderten 3.237,60 EUR zurückzuerstatten. Die Rückforderung sei nach § 30 Abs. 5 Satz 1 der Satzung zwingend vorgeschrieben. Offen bleiben könne, ob insoweit § 49a Abs. 2 Satz 1 VwVfG ergänzend Anwendung finde, der für den Umfang der Erstattung auf die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verweise. Denn nach § 49a Abs. 2 Satz 2 VwVfG könne sich der Begünstigte auf den Wegfall der Bereicherung nicht berufen, soweit er die Umstände, die zur Rücknahme des Verwaltungsaktes geführt hätten, gekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt habe. Diese Voraussetzungen hätten bei der Klägerin vorgelegen. Damit sei ihr auch bei Anwendung des § 49a VwVfG der Entreicherungseinwand verwehrt.
Der Rückerstattungsanspruch sei auch noch nicht verjährt. Die dreijährige Verjährungsfrist des § 79 Abs. 4 Satz 1 der Satzung beginne mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden sei und die Beklagte von den in Anspruch begründenden Tatsachen Kenntnis erlangt habe (§ 79 Abs. 4 Satz 2 der Satzung). Da die Rückforderung erst mit Rücknahme der rechtswidrigen Abrechnungen im Bescheid vom 17.10.2012 entstanden sei, habe die Verjährungsfrist erst mit Ablauf des Jahres 2012 zu laufen begonnen.
10 
Die Klägerin hat die vom Senat zugelassene Berufung innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 07.05.2014 begründet. Sie trägt vor, die vom Verwaltungsgericht übernommene Feststellung aus dem strafgerichtlichen Urteil, es liege ein Betrug in Mittäterschaft der Klägerin vor, sei unzutreffend. Die Klägerin sei im landgerichtlichen Verfahren weder als Beschuldigte geführt noch sei gegen sie ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Sie sei dort nicht beteiligt und auch nicht als Zeugin gehört worden. Das Verwaltungsgericht habe durch die Übernahme dieser Feststellungen des Landgerichts gegen den Amtsermittlungsgrundsatz verstoßen. Es habe sich nämlich lediglich darauf beschränkt, die von der Beklagten vorgelegten Auszüge aus dem Strafurteil gegen Dr. K. zu übernehmen. Mögliche Beweismittel seien nicht erhoben worden. Darüber hinaus habe das Erstgericht eine überraschende Entscheidung getroffen und in diesem Zusammenhang auch gegen Hinweispflichten verstoßen. Es sei nicht darauf hingewiesen worden, dass ohne jegliche weiteren Ermittlungen zu entscheiden beabsichtigt sei und von der Beklagten vorgelegte Auszüge des Strafurteils gegen Dr. K. übernommen werden sollten. Eine Stellungnahme hierzu sei nicht möglich gewesen bzw. eine Gelegenheit zur Stellungnahme nicht eingeräumt worden. Das Original des vom Verwaltungsgericht zitierten, aber nicht beigezogenen Hinweisblattes weise unterhalb der Ausstellereigenschaft von Dr. K. Folgendes aus: „Die von mir gewünschte Behandlung ist nicht Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung. Die von mir gewünschte Behandlung kann nicht mit jeder Krankenkasse abgerechnet werden. Ich wünsche durch den behandelnden Arzt die folgenden Leistungen in Anspruch zu nehmen“. Sodann werde hinsichtlich der angebotenen Therapien, u.a. wie im Fall der Klägerin Bioresonanztherapie ausgeführt, dass die analog bestimmter GOÄ-Nummern unter Angabe des entsprechenden Gebührensatzes (2,3 bzw. 1,5) abgerechnet werde als Akupunktur, Infiltration und Symptomuntersuchung. Das Verwaltungsgericht habe auf dieser Basis zu Unrecht die bloße landgerichtliche Verurteilung und die dort getroffenen Feststellungen ausreichen lassen, um von einer arglistigen Täuschung durch die Klägerin auszugehen. Arglist sei nicht gegeben. Das Verwaltungsgericht zitiere unvollständig, denn im Strafurteil heiße es auf S. 8, der angeklagte Dr. K. habe diese Vorgehensweise vorgeschlagen, „um dennoch eine Erstattung der von ihm erbrachten Leistungen durch die Versicherungen und Beihilfestellen an die Patienten sicherzustellen“. Weder diese letztgenannte Unterstellung des Strafgerichts noch die vom Verwaltungsgericht durchgeführte Bezugnahme, die Klägerin sei als eine derjenigen Patientinnen genannt, welche auf diesen Vorschlag eingegangen seien, fänden aber irgendeine Grundlage in tatsächlichen Beweiserhebungen und Feststellungen. Die Klägerin sei nicht vernommen worden und habe sich nie zu strafrechtlichen Vorwürfen äußern können. Nicht einmal die Strafkammer habe konkrete unmittelbare Feststellungen zu dem grünen Hinweisblatt getroffen, sondern dieses nur indirekt über die Aussage des Kriminalbeamten W. eingeführt. Dabei seien die Aussagen auf diesem grünen Belehrungsblatt eindeutig inhaltlich gegenteilig, nämlich dahingehend, dass die gewünschte Behandlung nicht Bestandteil vertragsärztlicher Versorgung sei und nicht mit jeder Krankenkasse abgerechnet werden könne. Wenn aber von vornherein klar sei, dass nicht zweifelsfrei eine Erstattung durch die Krankenkasse erfolge, ergebe es keinen Sinn, dass die anschließend aufgeführte Darstellung der Abrechnungen der vereinbarten Leistungen nach analogen Tatbeständen der GOÄ eine rechtswidrige Zielrichtung haben solle. Vielmehr ergebe sich eine schlüssige Erklärung hierzu gerade aus der Bemerkung, die Dr. K. seinerzeit gegenüber der Klägerin gemacht habe, dass er diese Abrechnungsziffern analog deswegen wähle, weil für die von ihm erbrachten Behandlungen eigene GOÄ-Nummern noch fehlen würden. Ebenso wenig wie diesen Sachverhalt habe das Verwaltungsgericht weitere Gesichtspunkte gewürdigt, die gegen eine Arglist bzw. Mittäterschaft der Klägerin sprächen: Einem Laien wie der Klägerin sei nicht ohne weiteres erkennbar, ob und was für ein Unterschied zwischen Akupunkturbehandlungen und Bioresonanzbehandlungen liege. Das eine finde mit Metallnadeln statt, das andere mit Elektroden. Eine Analogie auch bei der Abrechnung, zumal wenn sie von dem Arzt erklärt werde, erscheine nicht ohne weiteres als zweifelhaft. Hätte Dr. K. tatsächlich allen Patienten, wie ihm zur Last gelegt, offengelegt, dass er falsch abrechne und die von ihm schriftlich angegebene analoge Abrechnung gerade nicht rechtmäßig sei, so hätte er damit 1.554 Personen zu Mitwissern seiner Falschabrechnung gemacht. Wäre dies richtig, so hätte er zwangsläufig damit rechnen müssen, binnen kurzer Zeit hinsichtlich seiner betrügerischen Aktion aufzufliegen. Tatsächlich habe er gerade mit dem grünen Hinweisblatt das gegenteilige Ziel verfolgt, nämlich die Rechtmäßigkeit seiner Abrechnungsweise den Patienten vorzuspiegeln, die somit nicht Mittäter, sondern Opfer oder Werkzeuge seines betrügerischen Handelns geworden seien.
11 
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei die Regelung in § 48 Abs. 4 VwVfG einschlägig. Dies resultiere daraus, dass keine arglistige Täuschung der Klägerin vorliege. Die Beklagte hätte binnen Jahresfrist ab Kenntnis die Rückforderung geltend machen müssen, habe dies aber nicht getan, so dass sie mit ihrer Forderung ausgeschlossen sei. Hinzu komme, dass auch die dreijährige Verjährungsfrist einschlägig sei. Denn die Argumentation des Erstgerichts, die Verjährungsfrist beginne mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden sei und die Beklagte von den anspruchsbegründenden Tatsachen Kenntnis erlangt habe mit der Konsequenz, dass die Forderung erst mit der Rücknahme der rechtswidrigen Abrechnungen entstanden sei, stelle einen Zirkelschluss dar. Mit dieser Argumentation könne jede Behörde den Beginn der eigenen Verjährungsfrist erst aktiv festlegen durch ihren entsprechenden Bescheid. Dies wäre eine Umgehung der Verjährungsregelung. Die Beklagte müsse sich die Kenntniserlangung der anspruchsbegründenden Tatsachen, wenn ein entsprechender Anspruch denn bestünde, bereits im Jahr 2008 zurechnen lassen. Insoweit seien die Ausführungen im Strafurteil vom 28.04.2011 hinsichtlich des dortigen Ermittlungsganges zu verwerten, durch den die Beklagte auch Kenntnis erlangt habe. Da bereits in der Anklageschrift die Klägerin als eine der vielen Patienten/-innen mit falschen Abrechnungen von Dr. K. genannt sei, ergebe sich hieraus, dass die Beklagte spätestens im Jahr 2008 Kenntnis des Sachverhalts gehabt habe, nachdem in diesem Jahr die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft München abgeschlossen worden seien. Daher komme die Rückforderung erst 2012 zu spät.
12 
Schließlich sei die Klägerin auch entreichert. Ein doloses Handeln liege nicht vor. Die Klägerin habe aber auch keinen finanziellen Vorteil durch die angeblichen Betrügereien des Dr. K. erlangt. Sie habe die Rechnungen bezahlt und somit die vollständigen Erstattungsleistungen der Beklagten auf diese verwendet. Auch hieraus werde deutlich, dass sie nichts anderes als ein Werkzeug des Dr. K. gewesen sei, das in Unkenntnis der tatsächlichen Rechts- und Abrechnungslage diesem Einnahmen verschafft habe. Auch weil dieser Gesichtspunkt unzutreffend gewürdigt worden sei, habe die Beklagte ermessensfehlerhaft entschieden.
13 
Die Klägerin beantragt,
14 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 01.10.2013 - 6 K 702/13 - aufzuheben, ebenso den Bescheid der Beklagten vom 17.10.2012 und deren Widerspruchsbescheid vom 24.01.2013, soweit jeweils Kassenleistungen betroffen sind;
15 
außerdem die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
16 
Die Beklagte beantragt,
17 
die Berufung zurückzuweisen.
18 
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und führt im Einzelnen aus: Gegen den Amtsermittlungsgrundsatz sei nicht verstoßen worden. Eine weitere Aufklärung habe sich nicht aufgedrängt. Die anwaltlich vertretene Klägerin habe es unterlassen, eine entsprechende Zeugenvernehmung zu beantragen. Auch eine Überraschungsentscheidung liege nicht vor, da die Klägerin bis zur Urteilsverkündung ausreichend Zeit gehabt habe, auf die Klageerwiderung der Beklagten Stellung zu nehmen und zu allen entscheidungserheblichen Tatsachen vorzutragen. Auch ein Verwertungsverbot hinsichtlich der strafgerichtlichen Verurteilung liege nicht vor. Unabhängig von der nicht entscheidungserheblichen Frage, ob ein strafbares Verhalten der Klägerin vorliege, stehe fest, dass auf den Rechnungen von Dr. K. nicht erbrachte Leistungen aufgeführt seien. Ein Hinweis auf eine analoge Abrechnung der Gebührennummern finde sich in den Rechnungen nicht. Indem die Klägerin diese Rechnungen bei der Beklagten zur Erstattung eingereicht habe, obwohl sie gewusst oder es jedenfalls für möglich gehalten habe, dass diese unrichtigen Angaben zu den erbrachten Leistungen keinerlei Hinweise auf eine mögliche analoge Abrechnung bestimmter Gebührenziffern enthielten, habe sie arglistig gehandelt. Ferner sei für die Klägerin die Fehlerhaftigkeit der Bescheide der Beklagten im Sinne des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG offensichtlich erkennbar gewesen. Sie habe aufgrund des gemeinsamen Tatplans und des Hinweises des behandelnden Arztes positive Kenntnis davon gehabt, dass die Leistungsabrechnungen der Beklagten fehlerhaft gewesen seien. Jedenfalls hätte die Klägerin aufgrund der jeweiligen eindeutigen Texte zu den einzelnen Gebührenpositionen der Rechnungen von Dr. K. ohne besondere Mühe und im Rahmen einer Parallelwertung in der Laiensphäre erkennen können, dass rechtswidrig ärztliche Leistungen erstattet worden seien, obwohl sie diese niemals erhalten gehabt habe. Spezielle Kenntnisse zu den Abrechnungsziffern der GOÄ seien hierzu nicht erforderlich gewesen. Nach den Feststellungen des Strafurteils habe eine arglistige Täuschung vorgelegen; jedenfalls habe die Klägerin Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der Leistungsbescheide gehabt bzw. die Rechtswidrigkeit grob fahrlässig verkannt. Die Fehlerhaftigkeit der Bescheide der Beklagten sei für die Klägerin offensichtlich erkennbar gewesen. Ihr habe sich aufdrängen müssen, dass sie gerade keine Injektionen und somit auch keine Infiltrationsbehandlung erhalten habe. Ihr sei es zumutbar gewesen die von ihr eingereichten Rechnungen auf Grundlage ihrer individuellen Kenntnisse und Fähigkeit auf Richtigkeit zu überprüfen und darauf zu achten, dass ausschließlich die tatsächlich erbrachten ärztlichen Leistungen aufgeführt seien. Vorliegend habe sie es unterlassen, die von ihr eingereichten Rechnungen auch nur ansatzweise auf Richtigkeit und Plausibilität zu überprüfen.
19 
Zutreffend führe das Verwaltungsgericht auch aus, dass die Rückforderung erst mit Rücknahme der rechtswidrigen Abrechnungen im Bescheid vom 17.10.2012 entstanden und damit der Rückforderungsanspruch nicht verjährt sei. Ferner sei die Rücknahme des rechtswidrigen Verwaltungsakts gemäß § 48 Abs. 4 VwVfG innerhalb der Jahresfrist seit Kenntnisnahme der Tatsachen, welche die Rücknahme rechtfertigten, erfolgt. Die Beklagte habe am 17.10.2012 positive Kenntnis erlangt, dass die fraglichen Leistungen zu Unrecht gewährt worden seien und die weiteren Voraussetzungen für eine Rücknahme vorlägen. Dagegen spreche auch nicht die Tatsache, dass die Beklagte im Rahmen des Ermittlungsverfahrens bzw. aus der Anklageschrift Kenntnis von dem - dem Strafverfahren zugrundeliegenden - Sachverhalt erlangt habe. Im vorliegenden Fall habe der Ausgang des Strafverfahrens gegen Dr. K. durch rechtskräftiges Strafurteil abgewartet werden müssen, da die Beklagte erst zu diesem Zeitpunkt eine sichere Kenntnis über die Tatsachen gehabt habe, die eine Rücknahme rechtfertigten. Schließlich könne sich die Klägerin nicht auf Entreicherung berufen.
20 
Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bei ihrer informatorischen Anhörung ausgeführt, sie sei von der Erstattungsfähigkeit der erbrachten Leistungen ausgegangen. Dr. K. habe sie einen grünen Zettel über Analogabrechnungen unterschreiben lassen, sie habe aber keine Mehrfertigung erhalten. Bei Rechnungsstellung mit Abrechnung von „Akupunktur“ habe sie dann in der Praxis nachgefragt und um Übersendung einer Kopie des grünen Zettels gebeten, diese aber nie erhalten. Ihr sei bei wiederholter Nachfrage von den Mitarbeiterinnen der Praxis mitgeteilt worden, die Rechnung habe wegen der Analogabrechnungen ihre Richtigkeit. Sie habe es dann unterlassen, weiter zu insistieren, und die Rechnungen eingereicht. Der Senat hat Zeugenbeweis durch Vernehmung von Dr. K. erhoben. Für das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf die Anlage zum Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
21 
Die Akten der Beklagten, das Strafurteil des Landgerichts München I und die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Stuttgart waren Gegenstand des Verfahrens. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird hierauf und auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
22 
Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 17.10.2012 und deren Widerspruchsbescheid vom 24.01.2013 - jeweils bezogen auf Kassenleistungen - sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
23 
Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass Rechtsgrundlage für die Rückforderung § 30 Abs. 4 der Satzung der beklagten Postbeamtenkrankenkasse in der zur Zeit des Erlasses des Widerspruchsbescheids geltenden Fassung der 84. Änderung, Stand 01.01.2013, i. V. m. § 48 VwVfG ist.
24 
Nach § 30 Abs. 4 der Satzung der Beklagten sind zu Unrecht erbrachte Leistungen zu erstatten. Da die im Rückforderungsbescheid vom 17.12.2012 genannten Leistungsabrechnungen als Verwaltungsakte ausgestaltet waren, bedurfte es als Voraussetzung einer Rückforderung zunächst der Aufhebung dieser Verwaltungsakte, was durch deren Rücknahme im Rahmen des Bescheids vom 17.12.2012 geschehen ist. Sowohl diese Rücknahme (1) als auch die Rückforderung (2) sind rechtmäßig erfolgt.
25 
1. Die Rücknahme der Geldleistung gewährenden Verwaltungsakte richtet sich nach § 48 Abs. 1 und 2 VwVfG.
26 
a) Die im Bescheid erfassten sechs Leistungsabrechnungen waren objektiv rechtswidrig (§ 48 Abs. 1 Satz 1 VwGO), da jeweils Leistungen abgerechnet wurden, die so nicht erbracht worden sind. Hiervon ist die Beklagte zu Recht ausgegangen. Das hat sich nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt. Darin hat der Zeuge angegeben, dass seine medizinischen Leistungen stets auf die Bioresonanztherapie und die weiteren im Tatbestand genannten Leistungen beschränkt waren und er herkömmliche Leistungen, wie sie formal den Abrechnungen zugrunde lagen, nicht erbracht hat. Dass er sich an den konkreten Patientenkontakt mit der Klägerin nicht erinnerte, beeinträchtigt die Glaubhaftigkeit seiner generellen Aussage nicht, sondern erscheint angesichts des Zeitabstands und der Vielzahl seiner Patientinnen und Patienten plausibel. Des weiteren spricht für die Richtigkeit seiner diesbezüglichen Aussage, dass sich seine Angaben hierzu mit den Feststellungen in dem gegen ihn ergangenen Strafurteil decken. Hinzu kommt, dass auch die Klägerin bei ihrer informatorischen Anhörung vor dem Senat angegeben hat, sich gerade wegen der Bioresonanztherapie zur Behandlung beim Zeugen begeben zu haben, da herkömmliche Therapien bei ihr erfolglos geblieben seien.
27 
b) Auf Vertrauensschutz, der grundsätzlich nach § 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG einer Rücknahme begünstigender Verwaltungsakte entgegensteht, kann sich die Klägerin nicht berufen, denn er wird im vorliegenden Fall durch § 48 Abs. 2 Satz 3 VwVfG ausgeschlossen.
28 
aa) Dabei folgt der Senat nicht der Annahme des Verwaltungsgerichts, die jeweiligen Verwaltungsakte seien durch arglistige Täuschung erwirkt, und damit sei § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG erfüllt. Die Klägerin hat insoweit formal zu Recht beanstandet, dass das Verwaltungsgericht die Annahme einer arglistigen Täuschung maßgeblich aus den Feststellungen des gegen den Zeugen ergangenen Strafurteils abgeleitet hat, obgleich die Klägerin trotz des dort erhobenen Kollusionsvorwurfs mit dem Zeugen weder in dieses Strafverfahren einbezogen noch überhaupt je gegen sie in diesem Zusammenhang ein Ermittlungsverfahren eröffnet wurde. Aber auch inhaltlich fehlt dem Senat nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung eine hinreichend sichere Überzeugung davon, dass die Klägerin arglistig getäuscht hat. Um arglistige Täuschung handelt es sich, wenn der Adressat des Verwaltungsakts durch Angaben, deren Unrichtigkeit ihm bewusst war oder deren Unrichtigkeit er für möglich hielt, jedoch in Kauf nahm, bei Behördenmitarbeitern einen Irrtum in dem Bewusstsein hervorruft, diese durch Täuschung zu einer für ihn günstigen Entscheidung zu bestimmen (BVerwG. Urteil vom 18.09.1985 - 2 C 30.84 - ZBR 1986, 52; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., § 48 Rn. 112). Die Klägerin hat hierzu bei ihrer Anhörung vor dem Senat ausgeführt, sie habe bei der Erwähnung der - tatsächlich nicht erbrachten - Akupunktur in der ersten Rechnung telefonisch nachgefragt und eine Kopie des von ihr unterschriebenen grünen Zettels über die Analogabrechnungen (erfolglos) erbeten, schließlich aber die Rechnungen unkommentiert weitergeleitet, weil ihr die Korrektheit der Abrechnung von Praxismitarbeiterinnen bestätigt worden sei. Zwar bestehen an ihrer Aussage Zweifel insofern, als ihre Behauptung, keine Mehrfertigung des grünen Zettels erhalten zu haben, in Widerspruch zu der Aussage des Zeugen steht, es seien stets Kopien des grünen Zettels an die Patienten ausgehändigt worden; außerdem erscheint es wenig plausibel, dass sie zunächst eine Kopie des grünen Zettels angefordert haben will, um ihn gegebenenfalls der bei der Kasse einzureichenden Arztrechnung beizufügen, dann aber - obwohl sie die angeforderte Kopie nicht erhalten habe - auf bloße telefonische Mitteilung, es habe alles seine Richtigkeit, die tatsächlich unrichtige Rechnung ohne erklärenden oder erläuternden Zusatz bei der Beklagten einreichte und die Richtigkeit der Angaben auf dem Erstattungsantrag versicherte. Gleichwohl hält es der Senat immerhin noch für möglich, dass die Klägerin insoweit die Augen verschlossen und nicht einen bewussten Täuschungsvorsatz gefasst hatte.
29 
bb) Die Klägerin kann sich aber auf Vertrauensschutz jedenfalls deshalb nicht berufen, weil die Voraussetzungen von § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und Nr. 3 VwVfG erfüllt sind.
30 
§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 VwVfG liegt vor, weil die Klägerin die Leistungsbescheide durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren, indem sie die Arztrechnungen ohne weitere Kommentierung oder Mitlieferung des ihr möglicherweise vorliegenden grünen Zettels eingereicht und die Richtigkeit ihrer Angaben versichert und damit zum Ausdruck gebracht hat, die konkret abgerechneten medizinischen Leistungen seien erbracht worden. Die entsprechenden Feststellungen lassen sich den Akten entnehmen und sind auch nicht streitig. Auf die Frage eines Verschuldens kommt es insoweit nicht an.
31 
Aber auch die Voraussetzungen von § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 sind gegeben. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Klägerin der grüne Zettel zur Analogabrechnung vorgelegen hat oder nicht. Denn die Rechtswidrigkeit der Bescheide, die auf von ihr erbrachten Fehlangaben beruhten, war ihr - wenn nicht bekannt - so doch zumindest infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt. Der Klägerin musste bei Parallelwertung in der Laiensphäre (vgl. dazu u. a. Kopp/Ramsauer, VwVfG 15. Aufl., § 48 Rn. 122) klar sein, dass ein auf unrichtigen oder in wesentlicher Hinsicht unvollständigen Sachverhaltsangaben beruhender Verwaltungsakt mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht rechtmäßig ist. In diesem Zusammenhang kann sie sich - anders als bei der Frage einer arglistigen Täuschung - weder mit dem Hinweis auf ein bloßes Vergessen des Hinzufügens weiterer Informationen noch mit dem Hinweis auf Unklarheiten oder Fehlvorstellungen im Zusammenhang mit dem Begriff analoger Abrechnungen entlasten.
32 
c) Ermessensfehler bei der Rücknahmeentscheidung kann die Klägerin nicht für sich geltend machen. Mit Blick auf den fehlenden Vertrauensschutz ist regelmäßig eine Ermessensreduktion in Richtung einer Rücknahme auch für die Vergangenheit anzunehmen, wenn - wie hier - für einen Ausnahmefall nichts ersichtlich ist (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG 15. Aufl., § 48 Rn.127b und 127c). Unabhängig davon ist die im Widerspruchsbescheid erfolgte Ermessensausübung nicht zu beanstanden.
33 
d) Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG stand der Rücknahme nicht entgegen. Mangels Nachweisbarkeit von Arglist folgt das allerdings noch nicht aus einer tatbestandlichen Unanwendbarkeit der Vorschrift (vgl. hierzu § 48 Abs. 4 Satz 2 VwVfG). Doch ist die Rücknahme rechtzeitig innerhalb der Frist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG erfolgt: Kenntnis von den gesamten Umständen lässt sich frühestens ab Rechtskraft des gegen den Zeugen wegen Abrechnungsbetrugs ergangenen Strafurteils annehmen (09.02.2012). Damit war die am 17.10.2012 erfolgte Rücknahme rechtzeitig. Ohne Erfolg versucht die Klägerin dem entgegenzuhalten, die Frist sei schon mit Kenntnis vom Abschluss der strafrechtlichen Ermittlungen im Zusammenhang des gegen den Zeugen gerichteten Strafverfahrens im Jahr 2008 in Lauf gesetzt worden, weshalb eine Rücknahme im Oktober 2012 verfristet sei. Sie verkennt hierbei, dass erst die positive und vollständige Kenntnis aller Tatsachen im weitesten Sinn, die für die Behördenentscheidung über eine Rücknahme relevant sind oder sein können einschließlich der für die zu treffende Ermessensentscheidung unter Umständen relevanten Tatsachen die Frist in Lauf setzt (Kopp/Ramsauer aaO, Rn. 153 m. w. N.). Vor dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens kann von einer solchen Kenntnis jedenfalls nicht die Rede sein.
34 
Damit war die Rücknahme der streitgegenständlichen Leistungsbescheide rechtmäßig. Dies gilt - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - auch hinsichtlich des im Strafurteil nicht erwähnten Leistungsbescheids, weil sich die vom Zeugen erbrachten Leistungen nach den übereinstimmenden Angaben des Zeugen und der Klägerin im gesamten Behandlungszeitraum auf Bioresonanztherapie beschränkt haben und auch der Abrechnungsmodus in der Weise unverändert geblieben ist, dass so nicht erbrachte Leistungen aufgeführt wurden, ohne dass in der Rechnung ein Hinweis auf diesbezüglich zu erwägende Analogansetzungen von Gebühren enthalten war.
35 
2. Die Rückforderung der zu Unrecht erbrachten Kassenleistungen nach § 30 Abs. 4 der Satzung ist ebenfalls rechtmäßig. Insoweit liegt eine zwingende Regelung vor.
36 
a) Mit dem Verwaltungsgericht kann offen bleiben, ob neben § 30 Abs. 4 der Satzung auch § 49a Abs. 2 VwVfG ergänzend anzuwenden ist, dessen Satz 1 für den Umfang der Erstattung auf die Vorschriften des BGB über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verweist. Denn die Klägerin kann sich - auch bei Anwendbarkeit von § 49a VwVfG - auf einen Wegfall der Bereicherung jedenfalls nach § 49a Abs. 2 Satz 2 VwVfG nicht berufen, weil sie die Umstände, die zur Rücknahme des Verwaltungsakts geführt haben, jedenfalls infolge grober Fahrlässigkeit (s. oben) nicht kannte.
37 
b) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Erstattungsanspruch auch nicht verjährt. § 79 Abs. 4 Satz 1 und 2 der Satzung bestimmt, dass Rückforderungsansprüche in drei Jahren verjähren und die Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist und die Beklagte von den Anspruch begründenden Tatsachen Kenntnis erlangt hat. Zu Recht verweist das Verwaltungsgericht in Auslegung dieser Bestimmung darauf, dass der Rückforderungsanspruch erst am 17.10.2012 entstanden und damit nicht verjährt ist, ohne dass es noch auf die Frage der Kenntnis der anspruchsbegründenden Tatsachen ankommt. Die Argumentation der Klägerin, hier würden Verjährungsvorschriften umgangen, ist ebenso unrichtig wie ihre Annahme, die rückforderungsbegründenden Umstände seien bereits mit Kenntnis des Abschlusses des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens 2008 bekannt gewesen. Letzteres wurde bereits im Zusammenhang mit der Frage einer möglichen Verfristung der Rücknahme nach § 48 Abs. 4 VwVfG verneint; hierauf wird verwiesen.
38 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
39 
Ein Ausspruch zu § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO ist nicht veranlasst, da die Klägerin nach § 154 Abs. 2 VwGO die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen hat und auch erstinstanzlich unterlegen ist, so dass für Erstattungsforderungen ihrerseits kein Raum ist.
40 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
41 
Beschluss vom 14. August 2015
42 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 3.237,60 EUR festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG).
43 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
22 
Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 17.10.2012 und deren Widerspruchsbescheid vom 24.01.2013 - jeweils bezogen auf Kassenleistungen - sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
23 
Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass Rechtsgrundlage für die Rückforderung § 30 Abs. 4 der Satzung der beklagten Postbeamtenkrankenkasse in der zur Zeit des Erlasses des Widerspruchsbescheids geltenden Fassung der 84. Änderung, Stand 01.01.2013, i. V. m. § 48 VwVfG ist.
24 
Nach § 30 Abs. 4 der Satzung der Beklagten sind zu Unrecht erbrachte Leistungen zu erstatten. Da die im Rückforderungsbescheid vom 17.12.2012 genannten Leistungsabrechnungen als Verwaltungsakte ausgestaltet waren, bedurfte es als Voraussetzung einer Rückforderung zunächst der Aufhebung dieser Verwaltungsakte, was durch deren Rücknahme im Rahmen des Bescheids vom 17.12.2012 geschehen ist. Sowohl diese Rücknahme (1) als auch die Rückforderung (2) sind rechtmäßig erfolgt.
25 
1. Die Rücknahme der Geldleistung gewährenden Verwaltungsakte richtet sich nach § 48 Abs. 1 und 2 VwVfG.
26 
a) Die im Bescheid erfassten sechs Leistungsabrechnungen waren objektiv rechtswidrig (§ 48 Abs. 1 Satz 1 VwGO), da jeweils Leistungen abgerechnet wurden, die so nicht erbracht worden sind. Hiervon ist die Beklagte zu Recht ausgegangen. Das hat sich nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt. Darin hat der Zeuge angegeben, dass seine medizinischen Leistungen stets auf die Bioresonanztherapie und die weiteren im Tatbestand genannten Leistungen beschränkt waren und er herkömmliche Leistungen, wie sie formal den Abrechnungen zugrunde lagen, nicht erbracht hat. Dass er sich an den konkreten Patientenkontakt mit der Klägerin nicht erinnerte, beeinträchtigt die Glaubhaftigkeit seiner generellen Aussage nicht, sondern erscheint angesichts des Zeitabstands und der Vielzahl seiner Patientinnen und Patienten plausibel. Des weiteren spricht für die Richtigkeit seiner diesbezüglichen Aussage, dass sich seine Angaben hierzu mit den Feststellungen in dem gegen ihn ergangenen Strafurteil decken. Hinzu kommt, dass auch die Klägerin bei ihrer informatorischen Anhörung vor dem Senat angegeben hat, sich gerade wegen der Bioresonanztherapie zur Behandlung beim Zeugen begeben zu haben, da herkömmliche Therapien bei ihr erfolglos geblieben seien.
27 
b) Auf Vertrauensschutz, der grundsätzlich nach § 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG einer Rücknahme begünstigender Verwaltungsakte entgegensteht, kann sich die Klägerin nicht berufen, denn er wird im vorliegenden Fall durch § 48 Abs. 2 Satz 3 VwVfG ausgeschlossen.
28 
aa) Dabei folgt der Senat nicht der Annahme des Verwaltungsgerichts, die jeweiligen Verwaltungsakte seien durch arglistige Täuschung erwirkt, und damit sei § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG erfüllt. Die Klägerin hat insoweit formal zu Recht beanstandet, dass das Verwaltungsgericht die Annahme einer arglistigen Täuschung maßgeblich aus den Feststellungen des gegen den Zeugen ergangenen Strafurteils abgeleitet hat, obgleich die Klägerin trotz des dort erhobenen Kollusionsvorwurfs mit dem Zeugen weder in dieses Strafverfahren einbezogen noch überhaupt je gegen sie in diesem Zusammenhang ein Ermittlungsverfahren eröffnet wurde. Aber auch inhaltlich fehlt dem Senat nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung eine hinreichend sichere Überzeugung davon, dass die Klägerin arglistig getäuscht hat. Um arglistige Täuschung handelt es sich, wenn der Adressat des Verwaltungsakts durch Angaben, deren Unrichtigkeit ihm bewusst war oder deren Unrichtigkeit er für möglich hielt, jedoch in Kauf nahm, bei Behördenmitarbeitern einen Irrtum in dem Bewusstsein hervorruft, diese durch Täuschung zu einer für ihn günstigen Entscheidung zu bestimmen (BVerwG. Urteil vom 18.09.1985 - 2 C 30.84 - ZBR 1986, 52; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., § 48 Rn. 112). Die Klägerin hat hierzu bei ihrer Anhörung vor dem Senat ausgeführt, sie habe bei der Erwähnung der - tatsächlich nicht erbrachten - Akupunktur in der ersten Rechnung telefonisch nachgefragt und eine Kopie des von ihr unterschriebenen grünen Zettels über die Analogabrechnungen (erfolglos) erbeten, schließlich aber die Rechnungen unkommentiert weitergeleitet, weil ihr die Korrektheit der Abrechnung von Praxismitarbeiterinnen bestätigt worden sei. Zwar bestehen an ihrer Aussage Zweifel insofern, als ihre Behauptung, keine Mehrfertigung des grünen Zettels erhalten zu haben, in Widerspruch zu der Aussage des Zeugen steht, es seien stets Kopien des grünen Zettels an die Patienten ausgehändigt worden; außerdem erscheint es wenig plausibel, dass sie zunächst eine Kopie des grünen Zettels angefordert haben will, um ihn gegebenenfalls der bei der Kasse einzureichenden Arztrechnung beizufügen, dann aber - obwohl sie die angeforderte Kopie nicht erhalten habe - auf bloße telefonische Mitteilung, es habe alles seine Richtigkeit, die tatsächlich unrichtige Rechnung ohne erklärenden oder erläuternden Zusatz bei der Beklagten einreichte und die Richtigkeit der Angaben auf dem Erstattungsantrag versicherte. Gleichwohl hält es der Senat immerhin noch für möglich, dass die Klägerin insoweit die Augen verschlossen und nicht einen bewussten Täuschungsvorsatz gefasst hatte.
29 
bb) Die Klägerin kann sich aber auf Vertrauensschutz jedenfalls deshalb nicht berufen, weil die Voraussetzungen von § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und Nr. 3 VwVfG erfüllt sind.
30 
§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 VwVfG liegt vor, weil die Klägerin die Leistungsbescheide durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren, indem sie die Arztrechnungen ohne weitere Kommentierung oder Mitlieferung des ihr möglicherweise vorliegenden grünen Zettels eingereicht und die Richtigkeit ihrer Angaben versichert und damit zum Ausdruck gebracht hat, die konkret abgerechneten medizinischen Leistungen seien erbracht worden. Die entsprechenden Feststellungen lassen sich den Akten entnehmen und sind auch nicht streitig. Auf die Frage eines Verschuldens kommt es insoweit nicht an.
31 
Aber auch die Voraussetzungen von § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 sind gegeben. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Klägerin der grüne Zettel zur Analogabrechnung vorgelegen hat oder nicht. Denn die Rechtswidrigkeit der Bescheide, die auf von ihr erbrachten Fehlangaben beruhten, war ihr - wenn nicht bekannt - so doch zumindest infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt. Der Klägerin musste bei Parallelwertung in der Laiensphäre (vgl. dazu u. a. Kopp/Ramsauer, VwVfG 15. Aufl., § 48 Rn. 122) klar sein, dass ein auf unrichtigen oder in wesentlicher Hinsicht unvollständigen Sachverhaltsangaben beruhender Verwaltungsakt mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht rechtmäßig ist. In diesem Zusammenhang kann sie sich - anders als bei der Frage einer arglistigen Täuschung - weder mit dem Hinweis auf ein bloßes Vergessen des Hinzufügens weiterer Informationen noch mit dem Hinweis auf Unklarheiten oder Fehlvorstellungen im Zusammenhang mit dem Begriff analoger Abrechnungen entlasten.
32 
c) Ermessensfehler bei der Rücknahmeentscheidung kann die Klägerin nicht für sich geltend machen. Mit Blick auf den fehlenden Vertrauensschutz ist regelmäßig eine Ermessensreduktion in Richtung einer Rücknahme auch für die Vergangenheit anzunehmen, wenn - wie hier - für einen Ausnahmefall nichts ersichtlich ist (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG 15. Aufl., § 48 Rn.127b und 127c). Unabhängig davon ist die im Widerspruchsbescheid erfolgte Ermessensausübung nicht zu beanstanden.
33 
d) Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG stand der Rücknahme nicht entgegen. Mangels Nachweisbarkeit von Arglist folgt das allerdings noch nicht aus einer tatbestandlichen Unanwendbarkeit der Vorschrift (vgl. hierzu § 48 Abs. 4 Satz 2 VwVfG). Doch ist die Rücknahme rechtzeitig innerhalb der Frist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG erfolgt: Kenntnis von den gesamten Umständen lässt sich frühestens ab Rechtskraft des gegen den Zeugen wegen Abrechnungsbetrugs ergangenen Strafurteils annehmen (09.02.2012). Damit war die am 17.10.2012 erfolgte Rücknahme rechtzeitig. Ohne Erfolg versucht die Klägerin dem entgegenzuhalten, die Frist sei schon mit Kenntnis vom Abschluss der strafrechtlichen Ermittlungen im Zusammenhang des gegen den Zeugen gerichteten Strafverfahrens im Jahr 2008 in Lauf gesetzt worden, weshalb eine Rücknahme im Oktober 2012 verfristet sei. Sie verkennt hierbei, dass erst die positive und vollständige Kenntnis aller Tatsachen im weitesten Sinn, die für die Behördenentscheidung über eine Rücknahme relevant sind oder sein können einschließlich der für die zu treffende Ermessensentscheidung unter Umständen relevanten Tatsachen die Frist in Lauf setzt (Kopp/Ramsauer aaO, Rn. 153 m. w. N.). Vor dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens kann von einer solchen Kenntnis jedenfalls nicht die Rede sein.
34 
Damit war die Rücknahme der streitgegenständlichen Leistungsbescheide rechtmäßig. Dies gilt - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - auch hinsichtlich des im Strafurteil nicht erwähnten Leistungsbescheids, weil sich die vom Zeugen erbrachten Leistungen nach den übereinstimmenden Angaben des Zeugen und der Klägerin im gesamten Behandlungszeitraum auf Bioresonanztherapie beschränkt haben und auch der Abrechnungsmodus in der Weise unverändert geblieben ist, dass so nicht erbrachte Leistungen aufgeführt wurden, ohne dass in der Rechnung ein Hinweis auf diesbezüglich zu erwägende Analogansetzungen von Gebühren enthalten war.
35 
2. Die Rückforderung der zu Unrecht erbrachten Kassenleistungen nach § 30 Abs. 4 der Satzung ist ebenfalls rechtmäßig. Insoweit liegt eine zwingende Regelung vor.
36 
a) Mit dem Verwaltungsgericht kann offen bleiben, ob neben § 30 Abs. 4 der Satzung auch § 49a Abs. 2 VwVfG ergänzend anzuwenden ist, dessen Satz 1 für den Umfang der Erstattung auf die Vorschriften des BGB über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verweist. Denn die Klägerin kann sich - auch bei Anwendbarkeit von § 49a VwVfG - auf einen Wegfall der Bereicherung jedenfalls nach § 49a Abs. 2 Satz 2 VwVfG nicht berufen, weil sie die Umstände, die zur Rücknahme des Verwaltungsakts geführt haben, jedenfalls infolge grober Fahrlässigkeit (s. oben) nicht kannte.
37 
b) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Erstattungsanspruch auch nicht verjährt. § 79 Abs. 4 Satz 1 und 2 der Satzung bestimmt, dass Rückforderungsansprüche in drei Jahren verjähren und die Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist und die Beklagte von den Anspruch begründenden Tatsachen Kenntnis erlangt hat. Zu Recht verweist das Verwaltungsgericht in Auslegung dieser Bestimmung darauf, dass der Rückforderungsanspruch erst am 17.10.2012 entstanden und damit nicht verjährt ist, ohne dass es noch auf die Frage der Kenntnis der anspruchsbegründenden Tatsachen ankommt. Die Argumentation der Klägerin, hier würden Verjährungsvorschriften umgangen, ist ebenso unrichtig wie ihre Annahme, die rückforderungsbegründenden Umstände seien bereits mit Kenntnis des Abschlusses des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens 2008 bekannt gewesen. Letzteres wurde bereits im Zusammenhang mit der Frage einer möglichen Verfristung der Rücknahme nach § 48 Abs. 4 VwVfG verneint; hierauf wird verwiesen.
38 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
39 
Ein Ausspruch zu § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO ist nicht veranlasst, da die Klägerin nach § 154 Abs. 2 VwGO die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen hat und auch erstinstanzlich unterlegen ist, so dass für Erstattungsforderungen ihrerseits kein Raum ist.
40 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
41 
Beschluss vom 14. August 2015
42 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 3.237,60 EUR festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG).
43 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 01.10.2013 - 6 K 702/13 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen die Rückforderung von Kassenleistungen in Höhe von 3.237,60 EUR.
Die Klägerin ist B1-Mitglied bei der Beklagten. Sie war in der Zeit von Dezember 2003 bis Juli 2005 in Behandlung bei Dr. K. Dieser wurde mit Urteil des Landgerichts München I vom 24.08.2011 - 12 KLs 569 Js 39263/05 - wegen Betrugs in Mittäterschaft in 1554 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Dieser Verurteilung lag nach den Feststellungen des Landgerichts der Sachverhalt zugrunde, dass Dr. K. einem Teil seiner Patienten folgende Vorgehensweise vorschlug: Auf der Rechnung werde er nicht die tatsächlich erbrachten Leistungen der Bioresonanztherapie, der Bioenergetischen Fokalherdtherapie und der EAV-Testung aufführen. Vielmehr werde er statt der Bioresonanztherapie und der Bioenergetischen Fokalherdtherapie auf der Rechnung die Leistungen mit „Akupunktur“ (269a GOÄ), „Infiltrationsbehandlung“ (268 GOÄ) und „Systembezogene Untersuchung“ (5 GOÄ) ausweisen. Die EAV-Testung werde er auf der Rechnung mit „Epikutantest“ (380 GOÄ), „Pricktest“ (385 GOÄ), „Pricktest (20 x)“ (386 GOÄ) und „Pricktest (20 x)“ (387 GOÄ) bezeichnen. Die Patienten, die auf diesen Vorschlag eingegangen seien, werden in dem Strafurteil entsprechend der aus der Anklage vom 06.09.2010 übernommenen Nummer aufgeführt; danach wird die Klägerin unter den Nummern 1010, 1068, 1136, 1428 und 1498 ausdrücklich erwähnt. Das Urteil des Landgerichts München I ist seit 09.02.2012 rechtskräftig.
Mit Bescheid vom 17.10.2012 nahm die Beklagte die Leistungsabrechnungen gegenüber der Klägerin vom 04.02.2004, 22.03.2004, 11.05.2004, 25.11.2004, 25.01.2005 und 14.07.2005 zurück und forderte von der Klägerin die aus ihrer Sicht ohne Rechtsgrund erbrachten Leistungen in Höhe von insgesamt 6.795,83 EUR (Beihilfe- und Kassenleistungen) zurück. Hiergegen erhob die Klägerin mit der Begründung Widerspruch, es sei unzutreffend, dass falsche Rechnungsstellungen nach Absprache mit den Patienten getroffen worden seien. Jedenfalls zwischen ihr und Dr. K. habe es keine Absprache in Richtung auf eine falsche Rechnungsstellung gegeben. Sie sei von der Ordnungsgemäßheit dieser Rechnungen ausgegangen.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid des Widerspruchsausschusses II der Beklagten vom 24.01.2013 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt, der Rückforderungsanspruch werde hinsichtlich der Kassenleistungen in Höhe von 3237,60 EUR geltend gemacht. Die Rücknahme der Bewilligungsbescheide sei in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens erfolgt. Das Interesse der Versichertengemeinschaft an der Erbringung satzungsgemäßer Leistungen überwiege das Interesse der Klägerin am Behaltendürfen der rechtswidrigen Leistungen. Das Vertrauen der Klägerin sei nicht schutzwürdig. Der Rückforderungsanspruch sei nicht verjährt. Sie habe am 17.10.2012 festgestellt, dass der Klägerin an den oben genannten Daten Leistungen zu Unrecht gewährt worden seien. Am gleichen Tag sei die Rückforderung fristgerecht durchgeführt worden. Besondere Billigkeitsgesichtspunkte seien nicht vorhanden. Der Widerspruchsbescheid wurde am 29.01.2013 zugestellt.
Am 27.02.2013 hat die Klägerin Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben und beantragt, die angefochtenen Bescheide aufzuheben. Zur Begründung hat sie ausgeführt, bezüglich der Rückforderung von Leistungen fehle es an einer Ermessensausübung. Es sei nicht berücksichtigt worden, dass sie keine Ahnung von den fachspezifischen Eigenheiten ärztlicher Abrechnungen habe, die angesetzten Gebührenpositionen nicht gekannt habe und davon ausgegangen sei, dass der behandelnde Arzt seine Abrechnungen korrekt erstelle. Zu Unrecht werde ihr arglistige Täuschung und damit strafbares Verhalten unterstellt. Sie habe die Abrechnungen von Dr. K. ungeprüft bei der Beklagten eingereicht. Der Rückforderungsanspruch sei verjährt. Die polizeilichen Ermittlungen seien im Jahre 2008 abgeschlossen gewesen. Die den Regress begründenden Umstände seien der Beklagten bekannt gewesen und hätten bis Ende 2011 geltend gemacht werden müssen. Die Beklagte hat ihre ablehnende Position aufrecht erhalten und u.a. ausgeführt, nach dem landgerichtlichen Urteil stehe fest, dass die Rechnungen von Dr. K. von den Patienten entsprechend einem gemeinsamen Tatplan jedenfalls im zeitlichen Zusammenhang mit der Rechnungsstellung bei den jeweiligen Krankenversicherungen und Beihilfestellen zur Erstattung eingereicht worden seien. Die Rückforderung der rechtswidrig gewährten Leistungen sei zwingend vorgeschrieben. Insoweit habe kein Ermessensspielraum bestanden. Auch die Verjährungsvorschrift des § 79 Abs. 4 der Satzung der Beklagten stehe der Geltendmachung der Rückforderung nicht entgegen.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 01.10.2013 ohne mündliche Verhandlung abgewiesen und ausgeführt, die zulässige Klage sei nicht begründet. Rechtsgrundlage für die angefochtene Rücknahme der ursprünglichen Leistungsbescheide und für die Rückforderung von Leistungen in Höhe von 3.237,60 EUR sei § 30 Abs. 4 der Satzung der Beklagten in der zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids geltenden Fassung der 84. Änderung, Stand 01.01.2013 i.V.m. § 48 VwVfG. Nach § 30 Abs. 4 der Satzung seien zu Unrecht erbrachte Leistungen zu erstatten. Da die streitigen Leistungen der Klägerin durch die im Rückforderungsbescheid vom 17.10.2012 genannten Leistungsabrechnungen als Verwaltungsakte bewilligt worden seien, sei die Beklagte zutreffend davon ausgegangen, dass als Voraussetzung für die Rückforderung diese Verwaltungsakte zurückgenommen werden müssten. Die Rücknahme der ursprünglichen Leistungsbescheide durch den Bescheid vom 17.10.2012 sei auch rechtmäßig erfolgt. Die Leistungen seien objektiv zu Unrecht gewährt worden. Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige Geldleistung gewähre, dürfe zwar nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut habe und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig sei (§ 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG). Auf Vertrauensschutz könne sich der Begünstigte nach § 48 Abs. 2 Satz 3 VwVfG allerdings nicht berufen, wenn wie hier der Ausschlussgrund nach § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG vorliege. Denn die Klägerin habe die begünstigenden Leistungsbescheide durch arglistige Täuschung erwirkt. Sie seien von Anfang an rechtswidrig gewesen, da die geltend gemachten Leistungen von dem behandelnden Arzt nicht erbracht worden seien. Dr. K. sei deshalb strafgerichtlich wegen Betrugs in Mittäterschaft zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt worden. Im strafgerichtlichen Verfahren habe sich Dr. K. dahingehend eingelassen, dass er, nachdem bezüglich der von ihm durchgeführten Testungen und Therapien keine direkten Nummern in der GOÄ vorhanden seien, die Behandlungen analog anderer Nummern abgerechnet habe. Jeder Patient habe einen Hinweiszettel erhalten, durch welchen ihm bewusst gewesen sei, dass es sich um eine analoge Abrechnung handele. Der Patient hätte den Hinweiszettel bei seiner Versicherung mit einreichen sollen. In den Urteilsgründen des landgerichtlichen Urteils sei die Klägerin - neben einer Vielzahl anderer Patientinnen und Patienten - namentlich als Patientin aufgeführt, die sich mit der von Dr. K. vorgeschlagenen Vorgehensweise einverstanden erklärt habe. Weiter seien in den Gründen des landgerichtlichen Urteils die durch Leistungsbescheide der Beklagten vom 04.02.2004, 22.03.2004, 11.05.2004, 25.01.2005 und 14.07.2005 festgesetzten Kassenleistungen ausdrücklich aufgeführt. Die Klägerin gehöre daher zum Kreis derjenigen Personen, die am Betrug von Dr. K. als Mittäter beteiligt gewesen seien. Sie könne daher nicht mit Erfolg einwenden, sie habe gerade wegen des unterschriebenen Hinweisblattes davon ausgehen können, dass Dr. K. seine Leistungen korrekt abgerechnet habe. Die Feststelllungen im Strafurteil beruhten weiter auf der Zeugenaussage des polizeilichen Sachbearbeiters W. Dieser habe angegeben, dass bei der Durchsuchung in allen Patientenakten ein grünes, von den Patienten unterschriebenes Belehrungsblatt gefunden worden sei. In diesem sei der jeweilige Patient darauf hingewiesen worden, dass durch den Angeklagten die Bioresonanztherapie, die Bioenergetische Fokalherdtherapie und die EAV-Testung als ärztliche Leistungen erbracht worden seien und diese analog den Nummern für die GOÄ-Nummern der Leistungen „Systembezogene Untersuchung“, „Akupunktur‘, „Infiltrationsbehandlung“, „Pricktest“ und „Epikutantest“ abgerechnet worden seien. Die Klägerin räume ein, ein derartiges Belehrungsblatt unterschrieben zu haben, sich aber nicht mehr an dessen genauen Wortlaut erinnern zu können. Sie habe daher durch vorsätzliches Verhalten eine Ursache für den Erlass der rechtswidrigen Leistungsbescheide gesetzt. Obwohl Dr. K. sie ausdrücklich darüber informiert habe, dass er in seinen Rechnungen Leistungen aufführe, die er nicht erbracht habe, habe sie diese bei der Beklagten eingereicht, um die entsprechenden Kassenleistungen zu bekommen, und die beteiligten Mitarbeiter der Beklagten so arglistig getäuscht. Auch wenn der Leistungsbescheid vom 25.11.2004, in dem Kassenleistungen in Höhe von 923,36 EUR festgesetzt worden seien, nicht im Strafurteil aufgeführt sei, habe die Klägerin auch ihn durch unrichtige Angaben erwirkt. Denn in der mit dem Erstattungsantrag vorgelegten Rechnung des Dr. K. vom 02.11.2011 würden - wie in den Rechnungen, die Gegenstand des strafgerichtlichen Verfahrens gewesen seien,- Gebühren für Infiltrationsbehandlung und Akupunktur geltend gemacht.
Der Rücknahme der rechtswidrigen Bescheide stehe § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG nicht entgegen. Denn die darin vorgesehene Jahresfrist seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme gemäß § 48 Abs. 4 S. 2 VwVfG gelte nicht im Falle, dass der Begünstigte den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung erwirkt habe. Die Rücknahme sie auch ermessensfehlerfrei erfolgt. Unschädlich sei, dass die erforderlichen Ermessenserwägungen erst im Widerspruchsbescheid enthalten seien.
Seien somit die Leistungsbescheide nachträglich weggefallen, habe die Klägerin auch die von der Beklagten geforderten 3.237,60 EUR zurückzuerstatten. Die Rückforderung sei nach § 30 Abs. 5 Satz 1 der Satzung zwingend vorgeschrieben. Offen bleiben könne, ob insoweit § 49a Abs. 2 Satz 1 VwVfG ergänzend Anwendung finde, der für den Umfang der Erstattung auf die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verweise. Denn nach § 49a Abs. 2 Satz 2 VwVfG könne sich der Begünstigte auf den Wegfall der Bereicherung nicht berufen, soweit er die Umstände, die zur Rücknahme des Verwaltungsaktes geführt hätten, gekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt habe. Diese Voraussetzungen hätten bei der Klägerin vorgelegen. Damit sei ihr auch bei Anwendung des § 49a VwVfG der Entreicherungseinwand verwehrt.
Der Rückerstattungsanspruch sei auch noch nicht verjährt. Die dreijährige Verjährungsfrist des § 79 Abs. 4 Satz 1 der Satzung beginne mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden sei und die Beklagte von den in Anspruch begründenden Tatsachen Kenntnis erlangt habe (§ 79 Abs. 4 Satz 2 der Satzung). Da die Rückforderung erst mit Rücknahme der rechtswidrigen Abrechnungen im Bescheid vom 17.10.2012 entstanden sei, habe die Verjährungsfrist erst mit Ablauf des Jahres 2012 zu laufen begonnen.
10 
Die Klägerin hat die vom Senat zugelassene Berufung innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 07.05.2014 begründet. Sie trägt vor, die vom Verwaltungsgericht übernommene Feststellung aus dem strafgerichtlichen Urteil, es liege ein Betrug in Mittäterschaft der Klägerin vor, sei unzutreffend. Die Klägerin sei im landgerichtlichen Verfahren weder als Beschuldigte geführt noch sei gegen sie ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Sie sei dort nicht beteiligt und auch nicht als Zeugin gehört worden. Das Verwaltungsgericht habe durch die Übernahme dieser Feststellungen des Landgerichts gegen den Amtsermittlungsgrundsatz verstoßen. Es habe sich nämlich lediglich darauf beschränkt, die von der Beklagten vorgelegten Auszüge aus dem Strafurteil gegen Dr. K. zu übernehmen. Mögliche Beweismittel seien nicht erhoben worden. Darüber hinaus habe das Erstgericht eine überraschende Entscheidung getroffen und in diesem Zusammenhang auch gegen Hinweispflichten verstoßen. Es sei nicht darauf hingewiesen worden, dass ohne jegliche weiteren Ermittlungen zu entscheiden beabsichtigt sei und von der Beklagten vorgelegte Auszüge des Strafurteils gegen Dr. K. übernommen werden sollten. Eine Stellungnahme hierzu sei nicht möglich gewesen bzw. eine Gelegenheit zur Stellungnahme nicht eingeräumt worden. Das Original des vom Verwaltungsgericht zitierten, aber nicht beigezogenen Hinweisblattes weise unterhalb der Ausstellereigenschaft von Dr. K. Folgendes aus: „Die von mir gewünschte Behandlung ist nicht Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung. Die von mir gewünschte Behandlung kann nicht mit jeder Krankenkasse abgerechnet werden. Ich wünsche durch den behandelnden Arzt die folgenden Leistungen in Anspruch zu nehmen“. Sodann werde hinsichtlich der angebotenen Therapien, u.a. wie im Fall der Klägerin Bioresonanztherapie ausgeführt, dass die analog bestimmter GOÄ-Nummern unter Angabe des entsprechenden Gebührensatzes (2,3 bzw. 1,5) abgerechnet werde als Akupunktur, Infiltration und Symptomuntersuchung. Das Verwaltungsgericht habe auf dieser Basis zu Unrecht die bloße landgerichtliche Verurteilung und die dort getroffenen Feststellungen ausreichen lassen, um von einer arglistigen Täuschung durch die Klägerin auszugehen. Arglist sei nicht gegeben. Das Verwaltungsgericht zitiere unvollständig, denn im Strafurteil heiße es auf S. 8, der angeklagte Dr. K. habe diese Vorgehensweise vorgeschlagen, „um dennoch eine Erstattung der von ihm erbrachten Leistungen durch die Versicherungen und Beihilfestellen an die Patienten sicherzustellen“. Weder diese letztgenannte Unterstellung des Strafgerichts noch die vom Verwaltungsgericht durchgeführte Bezugnahme, die Klägerin sei als eine derjenigen Patientinnen genannt, welche auf diesen Vorschlag eingegangen seien, fänden aber irgendeine Grundlage in tatsächlichen Beweiserhebungen und Feststellungen. Die Klägerin sei nicht vernommen worden und habe sich nie zu strafrechtlichen Vorwürfen äußern können. Nicht einmal die Strafkammer habe konkrete unmittelbare Feststellungen zu dem grünen Hinweisblatt getroffen, sondern dieses nur indirekt über die Aussage des Kriminalbeamten W. eingeführt. Dabei seien die Aussagen auf diesem grünen Belehrungsblatt eindeutig inhaltlich gegenteilig, nämlich dahingehend, dass die gewünschte Behandlung nicht Bestandteil vertragsärztlicher Versorgung sei und nicht mit jeder Krankenkasse abgerechnet werden könne. Wenn aber von vornherein klar sei, dass nicht zweifelsfrei eine Erstattung durch die Krankenkasse erfolge, ergebe es keinen Sinn, dass die anschließend aufgeführte Darstellung der Abrechnungen der vereinbarten Leistungen nach analogen Tatbeständen der GOÄ eine rechtswidrige Zielrichtung haben solle. Vielmehr ergebe sich eine schlüssige Erklärung hierzu gerade aus der Bemerkung, die Dr. K. seinerzeit gegenüber der Klägerin gemacht habe, dass er diese Abrechnungsziffern analog deswegen wähle, weil für die von ihm erbrachten Behandlungen eigene GOÄ-Nummern noch fehlen würden. Ebenso wenig wie diesen Sachverhalt habe das Verwaltungsgericht weitere Gesichtspunkte gewürdigt, die gegen eine Arglist bzw. Mittäterschaft der Klägerin sprächen: Einem Laien wie der Klägerin sei nicht ohne weiteres erkennbar, ob und was für ein Unterschied zwischen Akupunkturbehandlungen und Bioresonanzbehandlungen liege. Das eine finde mit Metallnadeln statt, das andere mit Elektroden. Eine Analogie auch bei der Abrechnung, zumal wenn sie von dem Arzt erklärt werde, erscheine nicht ohne weiteres als zweifelhaft. Hätte Dr. K. tatsächlich allen Patienten, wie ihm zur Last gelegt, offengelegt, dass er falsch abrechne und die von ihm schriftlich angegebene analoge Abrechnung gerade nicht rechtmäßig sei, so hätte er damit 1.554 Personen zu Mitwissern seiner Falschabrechnung gemacht. Wäre dies richtig, so hätte er zwangsläufig damit rechnen müssen, binnen kurzer Zeit hinsichtlich seiner betrügerischen Aktion aufzufliegen. Tatsächlich habe er gerade mit dem grünen Hinweisblatt das gegenteilige Ziel verfolgt, nämlich die Rechtmäßigkeit seiner Abrechnungsweise den Patienten vorzuspiegeln, die somit nicht Mittäter, sondern Opfer oder Werkzeuge seines betrügerischen Handelns geworden seien.
11 
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei die Regelung in § 48 Abs. 4 VwVfG einschlägig. Dies resultiere daraus, dass keine arglistige Täuschung der Klägerin vorliege. Die Beklagte hätte binnen Jahresfrist ab Kenntnis die Rückforderung geltend machen müssen, habe dies aber nicht getan, so dass sie mit ihrer Forderung ausgeschlossen sei. Hinzu komme, dass auch die dreijährige Verjährungsfrist einschlägig sei. Denn die Argumentation des Erstgerichts, die Verjährungsfrist beginne mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden sei und die Beklagte von den anspruchsbegründenden Tatsachen Kenntnis erlangt habe mit der Konsequenz, dass die Forderung erst mit der Rücknahme der rechtswidrigen Abrechnungen entstanden sei, stelle einen Zirkelschluss dar. Mit dieser Argumentation könne jede Behörde den Beginn der eigenen Verjährungsfrist erst aktiv festlegen durch ihren entsprechenden Bescheid. Dies wäre eine Umgehung der Verjährungsregelung. Die Beklagte müsse sich die Kenntniserlangung der anspruchsbegründenden Tatsachen, wenn ein entsprechender Anspruch denn bestünde, bereits im Jahr 2008 zurechnen lassen. Insoweit seien die Ausführungen im Strafurteil vom 28.04.2011 hinsichtlich des dortigen Ermittlungsganges zu verwerten, durch den die Beklagte auch Kenntnis erlangt habe. Da bereits in der Anklageschrift die Klägerin als eine der vielen Patienten/-innen mit falschen Abrechnungen von Dr. K. genannt sei, ergebe sich hieraus, dass die Beklagte spätestens im Jahr 2008 Kenntnis des Sachverhalts gehabt habe, nachdem in diesem Jahr die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft München abgeschlossen worden seien. Daher komme die Rückforderung erst 2012 zu spät.
12 
Schließlich sei die Klägerin auch entreichert. Ein doloses Handeln liege nicht vor. Die Klägerin habe aber auch keinen finanziellen Vorteil durch die angeblichen Betrügereien des Dr. K. erlangt. Sie habe die Rechnungen bezahlt und somit die vollständigen Erstattungsleistungen der Beklagten auf diese verwendet. Auch hieraus werde deutlich, dass sie nichts anderes als ein Werkzeug des Dr. K. gewesen sei, das in Unkenntnis der tatsächlichen Rechts- und Abrechnungslage diesem Einnahmen verschafft habe. Auch weil dieser Gesichtspunkt unzutreffend gewürdigt worden sei, habe die Beklagte ermessensfehlerhaft entschieden.
13 
Die Klägerin beantragt,
14 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 01.10.2013 - 6 K 702/13 - aufzuheben, ebenso den Bescheid der Beklagten vom 17.10.2012 und deren Widerspruchsbescheid vom 24.01.2013, soweit jeweils Kassenleistungen betroffen sind;
15 
außerdem die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
16 
Die Beklagte beantragt,
17 
die Berufung zurückzuweisen.
18 
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und führt im Einzelnen aus: Gegen den Amtsermittlungsgrundsatz sei nicht verstoßen worden. Eine weitere Aufklärung habe sich nicht aufgedrängt. Die anwaltlich vertretene Klägerin habe es unterlassen, eine entsprechende Zeugenvernehmung zu beantragen. Auch eine Überraschungsentscheidung liege nicht vor, da die Klägerin bis zur Urteilsverkündung ausreichend Zeit gehabt habe, auf die Klageerwiderung der Beklagten Stellung zu nehmen und zu allen entscheidungserheblichen Tatsachen vorzutragen. Auch ein Verwertungsverbot hinsichtlich der strafgerichtlichen Verurteilung liege nicht vor. Unabhängig von der nicht entscheidungserheblichen Frage, ob ein strafbares Verhalten der Klägerin vorliege, stehe fest, dass auf den Rechnungen von Dr. K. nicht erbrachte Leistungen aufgeführt seien. Ein Hinweis auf eine analoge Abrechnung der Gebührennummern finde sich in den Rechnungen nicht. Indem die Klägerin diese Rechnungen bei der Beklagten zur Erstattung eingereicht habe, obwohl sie gewusst oder es jedenfalls für möglich gehalten habe, dass diese unrichtigen Angaben zu den erbrachten Leistungen keinerlei Hinweise auf eine mögliche analoge Abrechnung bestimmter Gebührenziffern enthielten, habe sie arglistig gehandelt. Ferner sei für die Klägerin die Fehlerhaftigkeit der Bescheide der Beklagten im Sinne des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG offensichtlich erkennbar gewesen. Sie habe aufgrund des gemeinsamen Tatplans und des Hinweises des behandelnden Arztes positive Kenntnis davon gehabt, dass die Leistungsabrechnungen der Beklagten fehlerhaft gewesen seien. Jedenfalls hätte die Klägerin aufgrund der jeweiligen eindeutigen Texte zu den einzelnen Gebührenpositionen der Rechnungen von Dr. K. ohne besondere Mühe und im Rahmen einer Parallelwertung in der Laiensphäre erkennen können, dass rechtswidrig ärztliche Leistungen erstattet worden seien, obwohl sie diese niemals erhalten gehabt habe. Spezielle Kenntnisse zu den Abrechnungsziffern der GOÄ seien hierzu nicht erforderlich gewesen. Nach den Feststellungen des Strafurteils habe eine arglistige Täuschung vorgelegen; jedenfalls habe die Klägerin Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der Leistungsbescheide gehabt bzw. die Rechtswidrigkeit grob fahrlässig verkannt. Die Fehlerhaftigkeit der Bescheide der Beklagten sei für die Klägerin offensichtlich erkennbar gewesen. Ihr habe sich aufdrängen müssen, dass sie gerade keine Injektionen und somit auch keine Infiltrationsbehandlung erhalten habe. Ihr sei es zumutbar gewesen die von ihr eingereichten Rechnungen auf Grundlage ihrer individuellen Kenntnisse und Fähigkeit auf Richtigkeit zu überprüfen und darauf zu achten, dass ausschließlich die tatsächlich erbrachten ärztlichen Leistungen aufgeführt seien. Vorliegend habe sie es unterlassen, die von ihr eingereichten Rechnungen auch nur ansatzweise auf Richtigkeit und Plausibilität zu überprüfen.
19 
Zutreffend führe das Verwaltungsgericht auch aus, dass die Rückforderung erst mit Rücknahme der rechtswidrigen Abrechnungen im Bescheid vom 17.10.2012 entstanden und damit der Rückforderungsanspruch nicht verjährt sei. Ferner sei die Rücknahme des rechtswidrigen Verwaltungsakts gemäß § 48 Abs. 4 VwVfG innerhalb der Jahresfrist seit Kenntnisnahme der Tatsachen, welche die Rücknahme rechtfertigten, erfolgt. Die Beklagte habe am 17.10.2012 positive Kenntnis erlangt, dass die fraglichen Leistungen zu Unrecht gewährt worden seien und die weiteren Voraussetzungen für eine Rücknahme vorlägen. Dagegen spreche auch nicht die Tatsache, dass die Beklagte im Rahmen des Ermittlungsverfahrens bzw. aus der Anklageschrift Kenntnis von dem - dem Strafverfahren zugrundeliegenden - Sachverhalt erlangt habe. Im vorliegenden Fall habe der Ausgang des Strafverfahrens gegen Dr. K. durch rechtskräftiges Strafurteil abgewartet werden müssen, da die Beklagte erst zu diesem Zeitpunkt eine sichere Kenntnis über die Tatsachen gehabt habe, die eine Rücknahme rechtfertigten. Schließlich könne sich die Klägerin nicht auf Entreicherung berufen.
20 
Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bei ihrer informatorischen Anhörung ausgeführt, sie sei von der Erstattungsfähigkeit der erbrachten Leistungen ausgegangen. Dr. K. habe sie einen grünen Zettel über Analogabrechnungen unterschreiben lassen, sie habe aber keine Mehrfertigung erhalten. Bei Rechnungsstellung mit Abrechnung von „Akupunktur“ habe sie dann in der Praxis nachgefragt und um Übersendung einer Kopie des grünen Zettels gebeten, diese aber nie erhalten. Ihr sei bei wiederholter Nachfrage von den Mitarbeiterinnen der Praxis mitgeteilt worden, die Rechnung habe wegen der Analogabrechnungen ihre Richtigkeit. Sie habe es dann unterlassen, weiter zu insistieren, und die Rechnungen eingereicht. Der Senat hat Zeugenbeweis durch Vernehmung von Dr. K. erhoben. Für das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf die Anlage zum Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
21 
Die Akten der Beklagten, das Strafurteil des Landgerichts München I und die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Stuttgart waren Gegenstand des Verfahrens. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird hierauf und auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
22 
Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 17.10.2012 und deren Widerspruchsbescheid vom 24.01.2013 - jeweils bezogen auf Kassenleistungen - sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
23 
Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass Rechtsgrundlage für die Rückforderung § 30 Abs. 4 der Satzung der beklagten Postbeamtenkrankenkasse in der zur Zeit des Erlasses des Widerspruchsbescheids geltenden Fassung der 84. Änderung, Stand 01.01.2013, i. V. m. § 48 VwVfG ist.
24 
Nach § 30 Abs. 4 der Satzung der Beklagten sind zu Unrecht erbrachte Leistungen zu erstatten. Da die im Rückforderungsbescheid vom 17.12.2012 genannten Leistungsabrechnungen als Verwaltungsakte ausgestaltet waren, bedurfte es als Voraussetzung einer Rückforderung zunächst der Aufhebung dieser Verwaltungsakte, was durch deren Rücknahme im Rahmen des Bescheids vom 17.12.2012 geschehen ist. Sowohl diese Rücknahme (1) als auch die Rückforderung (2) sind rechtmäßig erfolgt.
25 
1. Die Rücknahme der Geldleistung gewährenden Verwaltungsakte richtet sich nach § 48 Abs. 1 und 2 VwVfG.
26 
a) Die im Bescheid erfassten sechs Leistungsabrechnungen waren objektiv rechtswidrig (§ 48 Abs. 1 Satz 1 VwGO), da jeweils Leistungen abgerechnet wurden, die so nicht erbracht worden sind. Hiervon ist die Beklagte zu Recht ausgegangen. Das hat sich nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt. Darin hat der Zeuge angegeben, dass seine medizinischen Leistungen stets auf die Bioresonanztherapie und die weiteren im Tatbestand genannten Leistungen beschränkt waren und er herkömmliche Leistungen, wie sie formal den Abrechnungen zugrunde lagen, nicht erbracht hat. Dass er sich an den konkreten Patientenkontakt mit der Klägerin nicht erinnerte, beeinträchtigt die Glaubhaftigkeit seiner generellen Aussage nicht, sondern erscheint angesichts des Zeitabstands und der Vielzahl seiner Patientinnen und Patienten plausibel. Des weiteren spricht für die Richtigkeit seiner diesbezüglichen Aussage, dass sich seine Angaben hierzu mit den Feststellungen in dem gegen ihn ergangenen Strafurteil decken. Hinzu kommt, dass auch die Klägerin bei ihrer informatorischen Anhörung vor dem Senat angegeben hat, sich gerade wegen der Bioresonanztherapie zur Behandlung beim Zeugen begeben zu haben, da herkömmliche Therapien bei ihr erfolglos geblieben seien.
27 
b) Auf Vertrauensschutz, der grundsätzlich nach § 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG einer Rücknahme begünstigender Verwaltungsakte entgegensteht, kann sich die Klägerin nicht berufen, denn er wird im vorliegenden Fall durch § 48 Abs. 2 Satz 3 VwVfG ausgeschlossen.
28 
aa) Dabei folgt der Senat nicht der Annahme des Verwaltungsgerichts, die jeweiligen Verwaltungsakte seien durch arglistige Täuschung erwirkt, und damit sei § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG erfüllt. Die Klägerin hat insoweit formal zu Recht beanstandet, dass das Verwaltungsgericht die Annahme einer arglistigen Täuschung maßgeblich aus den Feststellungen des gegen den Zeugen ergangenen Strafurteils abgeleitet hat, obgleich die Klägerin trotz des dort erhobenen Kollusionsvorwurfs mit dem Zeugen weder in dieses Strafverfahren einbezogen noch überhaupt je gegen sie in diesem Zusammenhang ein Ermittlungsverfahren eröffnet wurde. Aber auch inhaltlich fehlt dem Senat nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung eine hinreichend sichere Überzeugung davon, dass die Klägerin arglistig getäuscht hat. Um arglistige Täuschung handelt es sich, wenn der Adressat des Verwaltungsakts durch Angaben, deren Unrichtigkeit ihm bewusst war oder deren Unrichtigkeit er für möglich hielt, jedoch in Kauf nahm, bei Behördenmitarbeitern einen Irrtum in dem Bewusstsein hervorruft, diese durch Täuschung zu einer für ihn günstigen Entscheidung zu bestimmen (BVerwG. Urteil vom 18.09.1985 - 2 C 30.84 - ZBR 1986, 52; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., § 48 Rn. 112). Die Klägerin hat hierzu bei ihrer Anhörung vor dem Senat ausgeführt, sie habe bei der Erwähnung der - tatsächlich nicht erbrachten - Akupunktur in der ersten Rechnung telefonisch nachgefragt und eine Kopie des von ihr unterschriebenen grünen Zettels über die Analogabrechnungen (erfolglos) erbeten, schließlich aber die Rechnungen unkommentiert weitergeleitet, weil ihr die Korrektheit der Abrechnung von Praxismitarbeiterinnen bestätigt worden sei. Zwar bestehen an ihrer Aussage Zweifel insofern, als ihre Behauptung, keine Mehrfertigung des grünen Zettels erhalten zu haben, in Widerspruch zu der Aussage des Zeugen steht, es seien stets Kopien des grünen Zettels an die Patienten ausgehändigt worden; außerdem erscheint es wenig plausibel, dass sie zunächst eine Kopie des grünen Zettels angefordert haben will, um ihn gegebenenfalls der bei der Kasse einzureichenden Arztrechnung beizufügen, dann aber - obwohl sie die angeforderte Kopie nicht erhalten habe - auf bloße telefonische Mitteilung, es habe alles seine Richtigkeit, die tatsächlich unrichtige Rechnung ohne erklärenden oder erläuternden Zusatz bei der Beklagten einreichte und die Richtigkeit der Angaben auf dem Erstattungsantrag versicherte. Gleichwohl hält es der Senat immerhin noch für möglich, dass die Klägerin insoweit die Augen verschlossen und nicht einen bewussten Täuschungsvorsatz gefasst hatte.
29 
bb) Die Klägerin kann sich aber auf Vertrauensschutz jedenfalls deshalb nicht berufen, weil die Voraussetzungen von § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und Nr. 3 VwVfG erfüllt sind.
30 
§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 VwVfG liegt vor, weil die Klägerin die Leistungsbescheide durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren, indem sie die Arztrechnungen ohne weitere Kommentierung oder Mitlieferung des ihr möglicherweise vorliegenden grünen Zettels eingereicht und die Richtigkeit ihrer Angaben versichert und damit zum Ausdruck gebracht hat, die konkret abgerechneten medizinischen Leistungen seien erbracht worden. Die entsprechenden Feststellungen lassen sich den Akten entnehmen und sind auch nicht streitig. Auf die Frage eines Verschuldens kommt es insoweit nicht an.
31 
Aber auch die Voraussetzungen von § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 sind gegeben. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Klägerin der grüne Zettel zur Analogabrechnung vorgelegen hat oder nicht. Denn die Rechtswidrigkeit der Bescheide, die auf von ihr erbrachten Fehlangaben beruhten, war ihr - wenn nicht bekannt - so doch zumindest infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt. Der Klägerin musste bei Parallelwertung in der Laiensphäre (vgl. dazu u. a. Kopp/Ramsauer, VwVfG 15. Aufl., § 48 Rn. 122) klar sein, dass ein auf unrichtigen oder in wesentlicher Hinsicht unvollständigen Sachverhaltsangaben beruhender Verwaltungsakt mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht rechtmäßig ist. In diesem Zusammenhang kann sie sich - anders als bei der Frage einer arglistigen Täuschung - weder mit dem Hinweis auf ein bloßes Vergessen des Hinzufügens weiterer Informationen noch mit dem Hinweis auf Unklarheiten oder Fehlvorstellungen im Zusammenhang mit dem Begriff analoger Abrechnungen entlasten.
32 
c) Ermessensfehler bei der Rücknahmeentscheidung kann die Klägerin nicht für sich geltend machen. Mit Blick auf den fehlenden Vertrauensschutz ist regelmäßig eine Ermessensreduktion in Richtung einer Rücknahme auch für die Vergangenheit anzunehmen, wenn - wie hier - für einen Ausnahmefall nichts ersichtlich ist (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG 15. Aufl., § 48 Rn.127b und 127c). Unabhängig davon ist die im Widerspruchsbescheid erfolgte Ermessensausübung nicht zu beanstanden.
33 
d) Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG stand der Rücknahme nicht entgegen. Mangels Nachweisbarkeit von Arglist folgt das allerdings noch nicht aus einer tatbestandlichen Unanwendbarkeit der Vorschrift (vgl. hierzu § 48 Abs. 4 Satz 2 VwVfG). Doch ist die Rücknahme rechtzeitig innerhalb der Frist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG erfolgt: Kenntnis von den gesamten Umständen lässt sich frühestens ab Rechtskraft des gegen den Zeugen wegen Abrechnungsbetrugs ergangenen Strafurteils annehmen (09.02.2012). Damit war die am 17.10.2012 erfolgte Rücknahme rechtzeitig. Ohne Erfolg versucht die Klägerin dem entgegenzuhalten, die Frist sei schon mit Kenntnis vom Abschluss der strafrechtlichen Ermittlungen im Zusammenhang des gegen den Zeugen gerichteten Strafverfahrens im Jahr 2008 in Lauf gesetzt worden, weshalb eine Rücknahme im Oktober 2012 verfristet sei. Sie verkennt hierbei, dass erst die positive und vollständige Kenntnis aller Tatsachen im weitesten Sinn, die für die Behördenentscheidung über eine Rücknahme relevant sind oder sein können einschließlich der für die zu treffende Ermessensentscheidung unter Umständen relevanten Tatsachen die Frist in Lauf setzt (Kopp/Ramsauer aaO, Rn. 153 m. w. N.). Vor dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens kann von einer solchen Kenntnis jedenfalls nicht die Rede sein.
34 
Damit war die Rücknahme der streitgegenständlichen Leistungsbescheide rechtmäßig. Dies gilt - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - auch hinsichtlich des im Strafurteil nicht erwähnten Leistungsbescheids, weil sich die vom Zeugen erbrachten Leistungen nach den übereinstimmenden Angaben des Zeugen und der Klägerin im gesamten Behandlungszeitraum auf Bioresonanztherapie beschränkt haben und auch der Abrechnungsmodus in der Weise unverändert geblieben ist, dass so nicht erbrachte Leistungen aufgeführt wurden, ohne dass in der Rechnung ein Hinweis auf diesbezüglich zu erwägende Analogansetzungen von Gebühren enthalten war.
35 
2. Die Rückforderung der zu Unrecht erbrachten Kassenleistungen nach § 30 Abs. 4 der Satzung ist ebenfalls rechtmäßig. Insoweit liegt eine zwingende Regelung vor.
36 
a) Mit dem Verwaltungsgericht kann offen bleiben, ob neben § 30 Abs. 4 der Satzung auch § 49a Abs. 2 VwVfG ergänzend anzuwenden ist, dessen Satz 1 für den Umfang der Erstattung auf die Vorschriften des BGB über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verweist. Denn die Klägerin kann sich - auch bei Anwendbarkeit von § 49a VwVfG - auf einen Wegfall der Bereicherung jedenfalls nach § 49a Abs. 2 Satz 2 VwVfG nicht berufen, weil sie die Umstände, die zur Rücknahme des Verwaltungsakts geführt haben, jedenfalls infolge grober Fahrlässigkeit (s. oben) nicht kannte.
37 
b) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Erstattungsanspruch auch nicht verjährt. § 79 Abs. 4 Satz 1 und 2 der Satzung bestimmt, dass Rückforderungsansprüche in drei Jahren verjähren und die Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist und die Beklagte von den Anspruch begründenden Tatsachen Kenntnis erlangt hat. Zu Recht verweist das Verwaltungsgericht in Auslegung dieser Bestimmung darauf, dass der Rückforderungsanspruch erst am 17.10.2012 entstanden und damit nicht verjährt ist, ohne dass es noch auf die Frage der Kenntnis der anspruchsbegründenden Tatsachen ankommt. Die Argumentation der Klägerin, hier würden Verjährungsvorschriften umgangen, ist ebenso unrichtig wie ihre Annahme, die rückforderungsbegründenden Umstände seien bereits mit Kenntnis des Abschlusses des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens 2008 bekannt gewesen. Letzteres wurde bereits im Zusammenhang mit der Frage einer möglichen Verfristung der Rücknahme nach § 48 Abs. 4 VwVfG verneint; hierauf wird verwiesen.
38 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
39 
Ein Ausspruch zu § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO ist nicht veranlasst, da die Klägerin nach § 154 Abs. 2 VwGO die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen hat und auch erstinstanzlich unterlegen ist, so dass für Erstattungsforderungen ihrerseits kein Raum ist.
40 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
41 
Beschluss vom 14. August 2015
42 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 3.237,60 EUR festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG).
43 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
22 
Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 17.10.2012 und deren Widerspruchsbescheid vom 24.01.2013 - jeweils bezogen auf Kassenleistungen - sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
23 
Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass Rechtsgrundlage für die Rückforderung § 30 Abs. 4 der Satzung der beklagten Postbeamtenkrankenkasse in der zur Zeit des Erlasses des Widerspruchsbescheids geltenden Fassung der 84. Änderung, Stand 01.01.2013, i. V. m. § 48 VwVfG ist.
24 
Nach § 30 Abs. 4 der Satzung der Beklagten sind zu Unrecht erbrachte Leistungen zu erstatten. Da die im Rückforderungsbescheid vom 17.12.2012 genannten Leistungsabrechnungen als Verwaltungsakte ausgestaltet waren, bedurfte es als Voraussetzung einer Rückforderung zunächst der Aufhebung dieser Verwaltungsakte, was durch deren Rücknahme im Rahmen des Bescheids vom 17.12.2012 geschehen ist. Sowohl diese Rücknahme (1) als auch die Rückforderung (2) sind rechtmäßig erfolgt.
25 
1. Die Rücknahme der Geldleistung gewährenden Verwaltungsakte richtet sich nach § 48 Abs. 1 und 2 VwVfG.
26 
a) Die im Bescheid erfassten sechs Leistungsabrechnungen waren objektiv rechtswidrig (§ 48 Abs. 1 Satz 1 VwGO), da jeweils Leistungen abgerechnet wurden, die so nicht erbracht worden sind. Hiervon ist die Beklagte zu Recht ausgegangen. Das hat sich nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt. Darin hat der Zeuge angegeben, dass seine medizinischen Leistungen stets auf die Bioresonanztherapie und die weiteren im Tatbestand genannten Leistungen beschränkt waren und er herkömmliche Leistungen, wie sie formal den Abrechnungen zugrunde lagen, nicht erbracht hat. Dass er sich an den konkreten Patientenkontakt mit der Klägerin nicht erinnerte, beeinträchtigt die Glaubhaftigkeit seiner generellen Aussage nicht, sondern erscheint angesichts des Zeitabstands und der Vielzahl seiner Patientinnen und Patienten plausibel. Des weiteren spricht für die Richtigkeit seiner diesbezüglichen Aussage, dass sich seine Angaben hierzu mit den Feststellungen in dem gegen ihn ergangenen Strafurteil decken. Hinzu kommt, dass auch die Klägerin bei ihrer informatorischen Anhörung vor dem Senat angegeben hat, sich gerade wegen der Bioresonanztherapie zur Behandlung beim Zeugen begeben zu haben, da herkömmliche Therapien bei ihr erfolglos geblieben seien.
27 
b) Auf Vertrauensschutz, der grundsätzlich nach § 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG einer Rücknahme begünstigender Verwaltungsakte entgegensteht, kann sich die Klägerin nicht berufen, denn er wird im vorliegenden Fall durch § 48 Abs. 2 Satz 3 VwVfG ausgeschlossen.
28 
aa) Dabei folgt der Senat nicht der Annahme des Verwaltungsgerichts, die jeweiligen Verwaltungsakte seien durch arglistige Täuschung erwirkt, und damit sei § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG erfüllt. Die Klägerin hat insoweit formal zu Recht beanstandet, dass das Verwaltungsgericht die Annahme einer arglistigen Täuschung maßgeblich aus den Feststellungen des gegen den Zeugen ergangenen Strafurteils abgeleitet hat, obgleich die Klägerin trotz des dort erhobenen Kollusionsvorwurfs mit dem Zeugen weder in dieses Strafverfahren einbezogen noch überhaupt je gegen sie in diesem Zusammenhang ein Ermittlungsverfahren eröffnet wurde. Aber auch inhaltlich fehlt dem Senat nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung eine hinreichend sichere Überzeugung davon, dass die Klägerin arglistig getäuscht hat. Um arglistige Täuschung handelt es sich, wenn der Adressat des Verwaltungsakts durch Angaben, deren Unrichtigkeit ihm bewusst war oder deren Unrichtigkeit er für möglich hielt, jedoch in Kauf nahm, bei Behördenmitarbeitern einen Irrtum in dem Bewusstsein hervorruft, diese durch Täuschung zu einer für ihn günstigen Entscheidung zu bestimmen (BVerwG. Urteil vom 18.09.1985 - 2 C 30.84 - ZBR 1986, 52; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., § 48 Rn. 112). Die Klägerin hat hierzu bei ihrer Anhörung vor dem Senat ausgeführt, sie habe bei der Erwähnung der - tatsächlich nicht erbrachten - Akupunktur in der ersten Rechnung telefonisch nachgefragt und eine Kopie des von ihr unterschriebenen grünen Zettels über die Analogabrechnungen (erfolglos) erbeten, schließlich aber die Rechnungen unkommentiert weitergeleitet, weil ihr die Korrektheit der Abrechnung von Praxismitarbeiterinnen bestätigt worden sei. Zwar bestehen an ihrer Aussage Zweifel insofern, als ihre Behauptung, keine Mehrfertigung des grünen Zettels erhalten zu haben, in Widerspruch zu der Aussage des Zeugen steht, es seien stets Kopien des grünen Zettels an die Patienten ausgehändigt worden; außerdem erscheint es wenig plausibel, dass sie zunächst eine Kopie des grünen Zettels angefordert haben will, um ihn gegebenenfalls der bei der Kasse einzureichenden Arztrechnung beizufügen, dann aber - obwohl sie die angeforderte Kopie nicht erhalten habe - auf bloße telefonische Mitteilung, es habe alles seine Richtigkeit, die tatsächlich unrichtige Rechnung ohne erklärenden oder erläuternden Zusatz bei der Beklagten einreichte und die Richtigkeit der Angaben auf dem Erstattungsantrag versicherte. Gleichwohl hält es der Senat immerhin noch für möglich, dass die Klägerin insoweit die Augen verschlossen und nicht einen bewussten Täuschungsvorsatz gefasst hatte.
29 
bb) Die Klägerin kann sich aber auf Vertrauensschutz jedenfalls deshalb nicht berufen, weil die Voraussetzungen von § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und Nr. 3 VwVfG erfüllt sind.
30 
§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 VwVfG liegt vor, weil die Klägerin die Leistungsbescheide durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren, indem sie die Arztrechnungen ohne weitere Kommentierung oder Mitlieferung des ihr möglicherweise vorliegenden grünen Zettels eingereicht und die Richtigkeit ihrer Angaben versichert und damit zum Ausdruck gebracht hat, die konkret abgerechneten medizinischen Leistungen seien erbracht worden. Die entsprechenden Feststellungen lassen sich den Akten entnehmen und sind auch nicht streitig. Auf die Frage eines Verschuldens kommt es insoweit nicht an.
31 
Aber auch die Voraussetzungen von § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 sind gegeben. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Klägerin der grüne Zettel zur Analogabrechnung vorgelegen hat oder nicht. Denn die Rechtswidrigkeit der Bescheide, die auf von ihr erbrachten Fehlangaben beruhten, war ihr - wenn nicht bekannt - so doch zumindest infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt. Der Klägerin musste bei Parallelwertung in der Laiensphäre (vgl. dazu u. a. Kopp/Ramsauer, VwVfG 15. Aufl., § 48 Rn. 122) klar sein, dass ein auf unrichtigen oder in wesentlicher Hinsicht unvollständigen Sachverhaltsangaben beruhender Verwaltungsakt mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht rechtmäßig ist. In diesem Zusammenhang kann sie sich - anders als bei der Frage einer arglistigen Täuschung - weder mit dem Hinweis auf ein bloßes Vergessen des Hinzufügens weiterer Informationen noch mit dem Hinweis auf Unklarheiten oder Fehlvorstellungen im Zusammenhang mit dem Begriff analoger Abrechnungen entlasten.
32 
c) Ermessensfehler bei der Rücknahmeentscheidung kann die Klägerin nicht für sich geltend machen. Mit Blick auf den fehlenden Vertrauensschutz ist regelmäßig eine Ermessensreduktion in Richtung einer Rücknahme auch für die Vergangenheit anzunehmen, wenn - wie hier - für einen Ausnahmefall nichts ersichtlich ist (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG 15. Aufl., § 48 Rn.127b und 127c). Unabhängig davon ist die im Widerspruchsbescheid erfolgte Ermessensausübung nicht zu beanstanden.
33 
d) Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG stand der Rücknahme nicht entgegen. Mangels Nachweisbarkeit von Arglist folgt das allerdings noch nicht aus einer tatbestandlichen Unanwendbarkeit der Vorschrift (vgl. hierzu § 48 Abs. 4 Satz 2 VwVfG). Doch ist die Rücknahme rechtzeitig innerhalb der Frist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG erfolgt: Kenntnis von den gesamten Umständen lässt sich frühestens ab Rechtskraft des gegen den Zeugen wegen Abrechnungsbetrugs ergangenen Strafurteils annehmen (09.02.2012). Damit war die am 17.10.2012 erfolgte Rücknahme rechtzeitig. Ohne Erfolg versucht die Klägerin dem entgegenzuhalten, die Frist sei schon mit Kenntnis vom Abschluss der strafrechtlichen Ermittlungen im Zusammenhang des gegen den Zeugen gerichteten Strafverfahrens im Jahr 2008 in Lauf gesetzt worden, weshalb eine Rücknahme im Oktober 2012 verfristet sei. Sie verkennt hierbei, dass erst die positive und vollständige Kenntnis aller Tatsachen im weitesten Sinn, die für die Behördenentscheidung über eine Rücknahme relevant sind oder sein können einschließlich der für die zu treffende Ermessensentscheidung unter Umständen relevanten Tatsachen die Frist in Lauf setzt (Kopp/Ramsauer aaO, Rn. 153 m. w. N.). Vor dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens kann von einer solchen Kenntnis jedenfalls nicht die Rede sein.
34 
Damit war die Rücknahme der streitgegenständlichen Leistungsbescheide rechtmäßig. Dies gilt - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - auch hinsichtlich des im Strafurteil nicht erwähnten Leistungsbescheids, weil sich die vom Zeugen erbrachten Leistungen nach den übereinstimmenden Angaben des Zeugen und der Klägerin im gesamten Behandlungszeitraum auf Bioresonanztherapie beschränkt haben und auch der Abrechnungsmodus in der Weise unverändert geblieben ist, dass so nicht erbrachte Leistungen aufgeführt wurden, ohne dass in der Rechnung ein Hinweis auf diesbezüglich zu erwägende Analogansetzungen von Gebühren enthalten war.
35 
2. Die Rückforderung der zu Unrecht erbrachten Kassenleistungen nach § 30 Abs. 4 der Satzung ist ebenfalls rechtmäßig. Insoweit liegt eine zwingende Regelung vor.
36 
a) Mit dem Verwaltungsgericht kann offen bleiben, ob neben § 30 Abs. 4 der Satzung auch § 49a Abs. 2 VwVfG ergänzend anzuwenden ist, dessen Satz 1 für den Umfang der Erstattung auf die Vorschriften des BGB über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verweist. Denn die Klägerin kann sich - auch bei Anwendbarkeit von § 49a VwVfG - auf einen Wegfall der Bereicherung jedenfalls nach § 49a Abs. 2 Satz 2 VwVfG nicht berufen, weil sie die Umstände, die zur Rücknahme des Verwaltungsakts geführt haben, jedenfalls infolge grober Fahrlässigkeit (s. oben) nicht kannte.
37 
b) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Erstattungsanspruch auch nicht verjährt. § 79 Abs. 4 Satz 1 und 2 der Satzung bestimmt, dass Rückforderungsansprüche in drei Jahren verjähren und die Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist und die Beklagte von den Anspruch begründenden Tatsachen Kenntnis erlangt hat. Zu Recht verweist das Verwaltungsgericht in Auslegung dieser Bestimmung darauf, dass der Rückforderungsanspruch erst am 17.10.2012 entstanden und damit nicht verjährt ist, ohne dass es noch auf die Frage der Kenntnis der anspruchsbegründenden Tatsachen ankommt. Die Argumentation der Klägerin, hier würden Verjährungsvorschriften umgangen, ist ebenso unrichtig wie ihre Annahme, die rückforderungsbegründenden Umstände seien bereits mit Kenntnis des Abschlusses des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens 2008 bekannt gewesen. Letzteres wurde bereits im Zusammenhang mit der Frage einer möglichen Verfristung der Rücknahme nach § 48 Abs. 4 VwVfG verneint; hierauf wird verwiesen.
38 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
39 
Ein Ausspruch zu § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO ist nicht veranlasst, da die Klägerin nach § 154 Abs. 2 VwGO die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen hat und auch erstinstanzlich unterlegen ist, so dass für Erstattungsforderungen ihrerseits kein Raum ist.
40 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
41 
Beschluss vom 14. August 2015
42 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 3.237,60 EUR festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG).
43 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

1. Nr. 3 des Bescheids des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 15. November 2013 in Gestalt dessen Widerspruchsbescheids vom 21. Mai 2014 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligten jeweils zu 1/2.

3. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger, der als Polizeibeamter im Dienst des Beklagten steht, wendet sich gegen die Rücknahme von Beihilfebescheiden, mit denen Aufwendungen für seine am 3. Dezember 1988 geborene Stieftochter erstattet wurden, und die Rückforderung der ohne Rechtsgrund gezahlten Beihilfe.
Das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg (im Folgenden: Landesamt) bewilligte dem Kläger für seine Stieftochter wie folgt Beihilfe:
 Antrag vom …
 Bescheid vom …
 Bewilligte Beihilfe in Höhe von …
 20. März 2012
 4. April 2012
 188,57 EUR
(vor dem 1.1.2012 entstanden)

7.447,77 EUR
(nach dem 1.1.2012 entstanden)
 25. April 2012
 19. Juni 2012
 254,99 EUR
 6. August 2012
 9. August 2012
 7.750,04 EUR
 28. Oktober 2012
 9. November 2012
 336,10 EUR
 12. Dezember 2012
 3. Januar 2013
 7.473,02 EUR
 22. April 2013
 1. Mai 2013
 7.945,09 EUR
 18. Juli 2013
 16. August 2013
 1.528,54 EUR
 15. August 2013
 10. September 2013
 101,88 EUR
 Gesamt
 32.837,43 EUR
(Betrag ohne die vor dem 1.1.2012
entstandenen Aufwendungen)
Mit Schreiben vom 27. Mai 2013 unterrichtete der Kläger das Landesamt, dass er sich am 3. Juli 2013 von seiner Ehefrau, der Mutter der Stieftochter, scheiden lassen werde.
Mit am 24. Juni 2013 beim Landesamt eingegangenem Formular vom 19. Juni 2013 teilte der Kläger im Rahmen seiner Erklärung zum Familienzuschlag mit, dass er seit Juni 2011 von seiner Frau getrennt lebe. Am 17. Juli 2013 wurde die am 20. August 2008 geschlossene Ehe geschieden. Der Scheidungsbeschluss ist seit dem 3. September 2013 rechtskräftig.
In einem Telefonat vom 1. August 2013 mit der Familienkasse bat der Kläger darum, den wegen des Wegfalls der Stiefkindeigenschaft seiner Stieftochter seit Juni 2011 zu viel gezahlten kinderbezogenen Familienzuschlag von seinen Bezügen einzubehalten. Die Familienkasse zeigte diesen Umstand an diesem Tag der Beihilfestelle an.
Im Rahmen seiner Anhörung durch das Landesamt machte der Kläger geltend, dass die Behörde als Versorgungsträger im Scheidungsverfahren beteiligt gewesen sei und daher sowohl vom Scheidungsverfahren als auch vom Eintritt der Rechtskraft des gerichtlichen Beschlusses Kenntnis gehabt habe. Während der Ehezeit sei sein Stiefkind privat versichert gewesen. Eine vorzeitige einseitige Kündigung für seine Stieftochter sei ihm nach Auskunft der Krankenversicherung rechtlich nicht möglich gewesen, bis nicht die Scheidung in Rechtskraft erwachsen sei. Dementsprechend sei er davon ausgegangen, dass Gleiches für die Beihilfeberechtigung gelte. Mit einem Schreiben des Landesamts vom 25. März 2013 sei er auf die Berücksichtigungsfähigkeit seiner Stieftochter bis zum 31. Dezember 2014 hingewiesen worden. Mit Blick hierauf habe er auf den Bestand der Beihilfebescheide vertraut und auch keine unzutreffenden oder unvollständigen Angaben gemacht, die das Vertrauen beseitigen könnten. Er sei jedenfalls nicht mehr bereichert, da er die ausgezahlten Beträge sofort an seine Stieftochter zur Bezahlung der Arztrechnungen weitergereicht habe. Ihm sei nicht bewusst gewesen, dass ihm die gewährte Leistung materiell nicht zustehe. Grob fahrlässige Unkenntnis der Rechtswidrigkeit könne ihm ebenfalls nicht unterstellt werden, weil er fest davon überzeugt gewesen sei, auf die Leistung einen Anspruch zu haben.
Mit Bescheid vom 15. November 2013 änderte das Landesamt seinen Beihilfebescheid vom 4. April 2012 insoweit ab bzw. hob ihn insoweit auf, als zu den für sein Stiefkind ab 1. Januar 2012 entstandenen Aufwendungen Beihilfe gewährt worden war (Nr. 1), hob die Bescheide vom 19. Juni 2012, 9. August 2012, 9. November 2012, 3. Januar 2013, 1. Mai 2013, 16. August 2013 und 10. September 2013 auf (Nr. 2) und forderte die ohne Rechtsgrund gezahlte Beihilfe in Höhe von 32.837,43 Euro vom Kläger zurück (Nr. 3).
Zur Begründung führte es aus, die Voraussetzungen für die Rücknahme der Bescheide gemäß § 48 LVwVfG seien erfüllt. Eine Mitteilung des Klägers über den Wegfall der Stiefkindeigenschaft bei der Bezüge zahlenden Stelle bzw. der Familienkasse sei nicht zeitgerecht erfolgt, so dass bei Stellung der genannten Beihilfeanträge fälschlicherweise davon ausgegangen worden sei, dass seine Stieftochter auch über den 31. Dezember 2011 hinaus berücksichtigungsfähige Angehörige sei. Der Kläger habe damit die Verwaltungsakte durch unvollständige Angaben erwirkt und es sei unbeachtlich, ob ihm die möglichen Auswirkungen bewusst gewesen seien oder nicht. Zwar stehe der Behörde im Rahmen des § 48 LVwVfG hinsichtlich der Rücknahme ein Ermessen zu. Aber auch unter Berücksichtigung aller Umstände bei der Gesamtabwägung, insbesondere unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Auswirkungen und der Rechtmäßigkeit der Verwaltung, könnten die Bescheide zurückgenommen werden. Die Rückforderung der insoweit rechtsgrundlos gewährten Leistungen richte sich nach § 49a LVwVfG. Für den Umfang der Erstattung gälten die Vorschriften der §§ 812 ff. BGB. Der Anspruch auf Rückzahlung zu viel gezahlter Beihilfe bleibe ohne Rücksicht auf den Wegfall der Bereicherung bestehen, wenn der Beihilfeempfänger die Überzahlung durch schuldhafte Verletzung der ihm gegenüber seinem Dienstherrn obliegenden Pflichten verursacht habe oder der Beihilfeempfänger den Mangel des rechtlichen Grundes der Zahlung oder die Fehlerhaftigkeit des der Zahlung zu Grunde liegenden Bescheides beim Empfang der Beihilfe gekannt oder nachträglich erfahren habe oder der Mangel des rechtlichen Grundes der Zahlung oder die Fehlerhaftigkeit des Bescheides so offensichtlich gewesen sei, dass der Empfänger dies hätte erkennen müssen. Der Kläger habe in Bezug auf die Gewährung beziehungsweise Zahlung kinderbezogener Leistungen für seine Stieftochter entscheidungsrelevante, rechtzeitige Angaben gegenüber dem für die Zahlung seiner Dienstbezüge zuständigen Arbeitsgebiet unterlassen, sodass die Voraussetzungen für die Rückforderung erfüllt seien und der Wegfall der Bereicherung nicht geltend gemacht werden könne. Auch im Rahmen der in § 12 Abs. 2 BBesG vorgeschriebenen Billigkeitsentscheidung vermöge es weder ganz noch teilweise von der Rückforderung abzusehen.
10 
Am 13. Dezember 2013 erhob der Kläger Widerspruch. Zur Begründung führte er über sein Vorbringen im Rahmen seiner Anhörung hinaus aus, er habe keine Tatsachen verschwiegen, da er von der Beihilfeberechtigung seiner Stieftochter ausgegangen sei. Es sei deshalb von dem Grundsatz auszugehen, dass eine Rücknahme ausscheide, wenn der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut habe und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig sei. Es sei auch nicht berücksichtigt worden, dass dem Landesamt durch die Adressänderung der eingereichten Rechnungen die neue Anschrift der Stieftochter bekannt gewesen sei, die sich von seiner unterschieden habe. Im Übrigen sei das Ermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt worden. Denn er habe die Beihilfe nicht für sich verwendet, sondern unmittelbar seiner Tochter zukommen lassen. Deshalb lägen auch die Voraussetzungen des § 49a Abs. 2 Satz 2 LVwVfG nicht vor.
11 
Mit Widerspruchsbescheid vom 21. Mai 2014 wies das Landesamt den Widerspruch mit der Begründung zurück, auf Vertrauen könne sich der Begünstigte gemäß § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und 3 LVwVfG nicht berufen, wenn er den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt habe, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gewesen seien. In diesen Fällen werde der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Der Kläger habe keine bzw. verspätet Angaben über die Änderung seiner familiären Verhältnisse gemacht. Mit Schreiben vom 27. Mai 2013 sei die Besoldungsstelle zwar über den bevorstehenden Scheidungstermin in Kenntnis gesetzt worden. Die Tatsache, dass er von seiner früheren Ehefrau bereits seit dem Monat Juni 2011 getrennt lebe und seine Stieftochter nicht mehr im gemeinsamen Haushalt untergebracht sei, sei erst durch die Erklärung im Vordruck zum Familienzuschlag vom 19. Juni 2013 bekannt geworden. Ferner sei bereits in dem im Jahre 2008 vom Kläger mit seiner Besoldungsstelle geführten Schriftwechsel hinsichtlich der kinderbezogenen Leistungen für die Stieftochter (Erklärung zur Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen für Kindergeld und/oder kinderbezogenen Familienzuschlag – Vordrucke Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg 538b2 und Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg 3aeoed vom 29. September 2008) auf die Notwendigkeit der Haushaltszugehörigkeit des Kindes für die Leistung des Kindergeldes aufmerksam gemacht worden. Ungeachtet dessen habe aus der genannten Erklärung (Vordruck 538b2) die eindeutige Verpflichtung bestanden, jede Änderung der in dem Vordruck geforderten Angaben unverzüglich anzuzeigen. Im Vordruck habe der Kläger erklärt, dass seine Stieftochter dieselbe Anschrift habe wie er. Damit sei selbstredend, dass die geänderte Anschrift bei Auszug von seiner Stieftochter der Bezügestelle hätte mitgeteilt werden müssen. Auch habe er aus seiner Erklärung zum Familienzuschlag vom 27. August 2008 gewusst, dass Angaben zum Familienstand „getrenntlebend“ erforderlich seien und somit auch dieser Sachverhalt von Bedeutung sei. Der Kläger habe also wesentliche richtige und rechtzeitige Angaben bzw. Erklärungen unterlassen, was eine Fehlzahlung an Bezügen und Beihilfen zur Folge gehabt habe. Erst durch die rückwirkende Einbehaltung des kinderbezogenen Anteils im Familienzuschlag sei dem zuständigen Arbeitsgebiet bei der Beihilfestelle der Grund für den Wegfall durch einen geänderten Datenbestand bekannt geworden. Entgegen den Ausführungen des Klägers sei ihm – dem Landesamt – dies vor diesem Zeitpunkt nicht bekannt gewesen. Dies sei die Folge der aus § 88 Landesbeamtengesetz gesetzlich vorgeschriebenen Trennung der Beihilfestelle von der übrigen Personalverwaltung. Somit würden nicht automatisch Informationen aus den anderen Fachbereichen des Landesamts an die Beihilfestelle weitergeleitet. Ihr würden nur solche Beihilfestammdaten übermittelt, die als beihilferechtliche Konsequenz aus Bezügedaten festzustellen seien, insbesondere hinsichtlich der Berücksichtigung nach § 3 BVO. Aus seinen Gehaltsmitteilungen wisse der Kläger, dass seine Bezüge und seine Beihilfe/Heilfürsorge in verschiedenen Arbeitsgebieten bearbeitet würden. Die Regelung des Versorgungsausgleichs sei ein gesondertes Verfahren und stehe in keinem Zusammenhang mit der Gewährung von kinderbezogenen Leistungen. Insbesondere entbinde es den Kläger nicht von seinen allgemeinen Anzeigepflichten in anderen Bereichen. Im Übrigen gehe der Verweis auf das Verfahren hinsichtlich des Versorgungsausgleichs bereits deshalb fehl, weil die maßgebliche Trennung bereits in 2011 erfolgt sei, der Antrag auf Scheidung jedoch erst zu einem späteren Zeitpunkt. Gleichfalls könne sein Verweis auf das Schreiben der Beihilfestelle vom 25. März 2013 nicht greifen. Darin heiße es: „Die nachfolgende Bescheinigung wurde anhand der uns derzeit vorliegenden Unterlagen erstellt“. Unstrittig sei danach, dass zu diesem Zeitpunkt das Schreiben des Klägers vom 27. Mai 2013 noch nicht vorgelegen habe. Auch gehe der Verweis auf die geänderte Adresse der Stieftochter in den Rechnungsbelegen fehl, denn die Adresse eines Kindes sei für die Beihilfefestsetzung ohne Belang. Die Vorgehensweise der privaten Krankenversicherung sei nicht identisch mit den beihilferechtlichen Bestimmungen; eine Berufung hierauf sei nicht möglich. Die Fortzahlung der privaten Krankenversicherung für ein Kind könne zwar bis zur Rechtskraft einer Scheidung dem Berechtigten obliegen. Der Kläger könne jedoch nicht daraus den Schluss ziehen, dass das Kind bis zur Scheidung berücksichtigungsfähiger Angehöriger bleibe und er insoweit keine Anzeigepflichten habe. Im Übrigen gehöre es zur Dienst- und Treuepflicht des Beamten, sich über sein Dienstverhältnis betreffende Rechtsvorschriften selbst zu informieren. Zwar stehe der Behörde im Rahmen des § 48 LVwVfG hinsichtlich der Rücknahme Ermessen zu. Aber auch unter Berücksichtigung aller Umstände bei der Gesamtabwägung, insbesondere unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Auswirkungen und der Rechtmäßigkeit der Verwaltung, sowie dem Umstand, der zur Unrechtmäßigkeit der Bescheide führe, seien hier die Bescheide zu Recht zurückgenommen worden. Bei der Ermessensausübung sei berücksichtigt worden, dass bei rechtzeitiger Geltendmachung einer Bedarfsanpassung aufgrund seines Schreibens vom 6. November 2013 die Deckungslücke bei der privaten Krankenversicherung versicherbar gewesen wäre. Werde dies versäumt, so gehe dies aber nicht zu Lasten des Landes. Durch das Dienstrechtsreformgesetz vom 9. November 2010 sei das Landesbeamtengesetz grundlegend geändert worden. Für die Rückforderung von Beihilfe seien nun die einschlägigen Bestimmungen des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes maßgebend. Die zuvor geltenden Verweise auf § 12 Bundesbesoldungsgesetz und die danach erforderliche Billigkeitsentscheidung seien im Landesbeamtengesetz nicht enthalten. Somit richte sich die Rückforderung der insoweit rechtsgrundlos gewährten Leistungen nach § 49a LVwVfG. Auf den Wegfall der Bereicherung könne sich der Kläger nicht berufen, soweit er die Umstände gekannt habe, die zur Rücknahme des Verwaltungsakts geführt hätten. Die Entreicherungseinrede im Rahmen des § 49a Abs. 2 LVwVfG laufe somit immer dann leer, wenn sich der Bereicherte nicht auf schutzwürdiges Vertrauen berufen könne. Dies sei nach den obigen Ausführungen unzweifelhaft der Fall. Auf Antrag des Klägers könne jedoch über eine ratenweise Rückzahlung des Überzahlungsbetrages entschieden werden. Damit erscheine eine den Umständen gerecht werdende tragbare Lösung gegeben.
12 
Am 20. Juni 2014 hat der Kläger Klage erhoben, mit der er sein Vorbringen vertieft.
13 
Der Kläger beantragt,
14 
den Bescheid des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 15. November 2013 in Gestalt dessen Widerspruchsbescheids vom 21. Mai 2014 aufzuheben.
15 
Der Beklagte beantragt,
16 
die Klage abzuweisen.
17 
Er tritt der Klage unter Verweis auf seine Bescheide entgegen.
18 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze und die beigezogene Behördenakte (1 Bd.) verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
I.
19 
Die zulässige Klage gegen Nr. 1 und 2 des Bescheids des Landesamts vom 15. November 2013 in Gestalt dessen Widerspruchsbescheids vom 21. Mai 2014 bleibt ohne Erfolg (dazu unter 1.). Dagegen ist die gegen Nr. 3 des Bescheids des Landesamts vom 15. November 2013 in Gestalt dessen Widerspruchsbescheids vom 21. Mai 2014 gerichtete Klage zulässig und begründet (dazu unter 2.).
20 
1. Nr. 1 und 2 des Bescheids des Landesamts vom 15. November 2013 in Gestalt dessen Widerspruchsbescheids vom 21. Mai 2014 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
21 
Rechtsgrundlage für die Änderung beziehungsweise Aufhebung der Beihilfe gewährenden Bescheide ist § 48 Abs. 1, 2, 4 und 5 LVwVfG.
22 
a) Bedenken an der formellen Rechtmäßigkeit der Rücknahmeentscheidung bestehen keine. Insbesondere ist das Landesamt die nach § 48 Abs. 5 LVwVfG für die Rücknahme zuständige Behörde. Der Kläger wurde auch ordnungsgemäß nach § 28 Abs. 1 LVwVfG angehört.
23 
b) Die Rücknahme erweist sich auch als materiell rechtmäßig.
24 
aa) Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Die maßgeblichen Bescheide, mit denen das Landesamt dem Kläger Beihilfe für Aufwendungen seiner Stieftochter gewährt hat, sind rechtswidrig.
25 
Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Verordnung des Finanz- und Wirtschaftsministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen (Beihilfeverordnung – BVO) sind berücksichtigungsfähige Angehörige die im Familienzuschlag nach dem Landesbesoldungsgesetz Baden-Württemberg berücksichtigungsfähigen Kinder der Beihilfeberechtigten. Nach § 41 Abs. 3 Landesbesoldungsgesetz Baden-Württemberg erhalten einen kinderbezogenen Teil des Familienzuschlags für jedes Kind Beamte und Richter, denen Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz oder nach dem Bundeskindergeldgesetz zusteht oder ohne Berücksichtigung der §§ 64 oder 65 des Einkommensteuergesetzes oder der §§ 3 oder 4 des Bundeskindergeldgesetzes zustehen würde. Nach § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG werden als Kinder die vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommenen Kinder seines Ehegatten berücksichtigt. Nach § 3 Abs. 3 Satz 2 BVO endet die Berücksichtigung von Kindern mit dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie im Familienzuschlag nicht mehr berücksichtigungsfähig sind, bei Wegfall am 31. Dezember eines Jahres mit Ablauf des folgenden Kalenderjahres.
26 
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Stieftochter des Klägers seit Juni 2011 nicht mehr in dessen Haushalt lebt. Mit Blick auf die vorgenannten Bestimmungen war sie ab dem 1. Januar 2012 nicht mehr berücksichtigungsfähige Angehörige und der Kläger für ihre krankheitsbedingten Aufwendungen nicht mehr beihilfeberechtigt.
27 
bb) Nach § 48 Abs. 1 Satz 2 LVwVfG darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), nur unter den Einschränkungen des § 48 Abs. 2 bis 4 LVwVfG zurückgenommen werden.
28 
Im vorliegenden Fall bestimmen sich diese Einschränkungen nach § 48 Abs. 2 LVwVfG. Denn die Bescheide des Landesamts sind rechtswidrige Verwaltungsakte, die eine einmalige Geldleistung – hier in Form von Beihilfe – gewähren. Sie dürfen nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist.
29 
Nach § 48 Abs. 2 Satz 3 LVwVfG kann sich der Begünstigte auf Vertrauen allerdings nicht berufen, wenn er (1.) den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, (2.) den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren oder (3.) die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Im vorliegenden Fall sind die Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG erfüllt, denn der Kläger hat es pflichtwidrig unterlassen, den Auszug seiner Stieftochter aus dem gemeinsamen Haushalt dem Landesamt mitzuteilen.
30 
α) Die Besonderheit des Falles besteht darin, dass das Landesamt dem Kläger Beihilfe für Aufwendungen seiner Stieftochter gewährt hat, weil es von der maßgeblichen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse – keine Aufnahme der Stieftochter mehr im Haushalt des Klägers – zunächst keine Kenntnis hatte. Den Auszug der Stieftochter aus dem Haushalt des Klägers hat dieser unmittelbar gegenüber der Beihilfestelle nicht angezeigt.
31 
Ausgehend vom Wortlaut des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG erscheint fraglich, ob ein Unterlassen dem aktiven Tun gleichgestellt werden kann. Denn das Verb „erwirken“ kann so verstanden werden, dass ein bewusstes Handeln die Ursache für den Erlass des rechtswidrigen Verwaltungsakts gesetzt haben muss. In diesem Sinne wird in Teilen der obergerichtlichen Rechtsprechung auch vertreten, dass ein Unterlassen nicht von § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG erfasst wird (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 27. Juni 1994 – 4 M 2959/94 –, NVwZ-RR 1995, 40, allerdings zu § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X).
32 
Demgegenüber gibt es allerdings auch Stimmen, die, wenngleich ohne nähere oder spezifische Begründung für den vorliegenden Fall, das Unterlassen von erforderlichen Angaben dem aktiven Tun gleichstellen (vgl. Thüringer OVG, Urteil vom 27. April 2004 – 2 KO 433/03 –, juris; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl., § 48, Rn. 117).
33 
Aus Sicht der Kammer erscheint eine vermittelnde Lösung vorzugswürdig. Nach ihr steht das Unterlassen der Anzeige maßgeblicher Tatsachen, die Grundlage für die Gewährung der Geldleistung sind, nur dann dem Erwirken in Form von aktivem Tun gleich, wenn es pflichtwidrig erfolgt ist, also eine Rechtspflicht zum Handeln bestand.
34 
Mitwirkungspflichten sind dem Verwaltungsverfahren nicht fremd. Neben spezialgesetzlich normierten Mitwirkungspflichten, wie zum Beispiel der Pflicht zum persönlichen Erscheinen (vgl. nur § 6 Abs. 1 Satz 4 PassG), der Pflicht zur Beibringung erforderlicher Nachweise (vgl. § 82 Abs. 1 AufenthG) oder sonstiger Auskünfte (vgl. § 22 Abs. 1 GastG), sieht § 26 Abs. 2 LVwVfG generell für alle Verwaltungsverfahren vor, dass die Beteiligten bei der Ermittlung des Sachverhalts mitwirken sollen.
35 
Die Beihilfeverordnung oder die maßgeblichen Beamtengesetze kennen mit Blick auf den hier vorliegenden Fall keine spezialgesetzliche Mitwirkungspflicht. Sie ergibt sich aber aus allgemeinen aus dem Beamtenverhältnis fließenden Grundsätzen. Nach § 3 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (Beamtenstatusgesetz – BeamtStG) stehen Beamtinnen und Beamte zu ihrem Dienstherrn in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis (Beamtenverhältnis). Die Treuepflicht, die für den Beamten in den §§ 33 Abs. 1 Satz 3, 40 bis 42 BeamtStG besondere Ausprägungen gefunden hat, verlangt allgemein eine qualifizierte Berücksichtigung der Interessen des Dienstberechtigten. Die Treuepflicht enthält insoweit entsprechende Handlungs- und Unterlassungsgebote, durch deren Beachtung die Wahrung der berechtigten Interessen des Dienstherrn in angemessenem Umfang gesichert werden soll (vgl. v. Roetteken/Rothländer, Beamtenstatusgesetz, 17. Update 10/14, § 3 BeamtStG, Rn. 36 f. m. w. N.). Mit Blick hierauf sind Auskunftspflichten des Beamten bei einem ausdrücklichen Auskunftsbegehren seines Dienstherrn ohne weiteres anerkannt. Daneben können aber auch Offenbarungspflichten des Beamten bestehen, insbesondere dann, wenn die Bezugsberechtigung von Leistungen des Dienstherrn – wie hier – von bestimmten persönlichen Verhältnissen abhängt (vgl. Zängl, in GKÖD, Bd. I, K § 52, Rn. 11a).
36 
Die Beihilfegewährung durch den Beklagten ist im konkreten Fall maßgeblich davon abhängig, dass die tatsächlichen Voraussetzungen unverändert vorliegen. Für den Dienstherrn besteht hierbei die Schwierigkeit, dass die Beihilfegewährung für Aufwendungen der Stieftochter des Klägers davon abhängig ist, dass die tatsächlichen Verhältnisse – gemeinsamer Haushalt – nach wie vor unverändert vorliegen. In diesen privaten Bereich hat der Dienstherr regelmäßig keinen Einblick und ist daher auf die Mitwirkung seines Beamten in gesteigertem Maße angewiesen. Dies rechtfertigt es, abgeleitet aus dem beamtenrechtlichen Treueverhältnis, von einer entsprechenden Rechtspflicht zur unaufgeforderten Unterrichtung des Dienstherrn auszugehen.
37 
β) Es liegt auch der erforderliche Kausalzusammenhang vor.
38 
Maßgeblich ist dabei zunächst, dass die unzutreffenden oder unvollständigen Angaben zur Fehlerhaftigkeit des Verwaltungsakts geführt haben. Nicht entscheidend ist dagegen, dass sie Ursache seines Erlasses als solchem waren (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. August 1986 – 3 C 9.85 –, BVerwGE 74, 357; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl., § 48, Rn. 116).
39 
Da die Rechtswidrigkeit der Beihilfebescheide darauf beruht, dass der Kläger es pflichtwidrig unterlassen hat, die Änderung der tatsächlichen Verhältnisse anzuzeigen, ist die Kausalität notwendigerweise anders zu definieren als beim aktiven Tun. Dort ist von einer Ursächlichkeit auszugehen, wenn anzunehmen ist, dass die Behörde bei vollständiger beziehungsweise richtiger Angabe den Fehler nicht gemacht und den Verwaltungsakt nicht mit der getroffenen oder nur mit einer ungünstigeren Regelung erlassen hätte (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl., § 48, Rn. 117 m. w. N.). Während demnach beim aktiven Tun die schädliche Handlung hinweggedacht wird, ist im Falle des Unterlassens die vorzunehmende Handlung hinzuzudenken. Kausalität liegt demnach vor, wenn mit Gewissheit oder an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass bei pflichtgemäßer Offenbarung der veränderten tatsächlichen Umstände die Behörde keinen fehlerhaften Verwaltungsakt erlassen hätte. So liegt der Fall hier.
40 
Hätte der Kläger bereits im Zeitpunkt der veränderten tatsächlichen Verhältnisse, also im Juli 2011, die Beihilfestelle über den Auszug seiner Stieftochter aus seinem Haushalt als entscheidungserhebliche Angabe informiert, ist mit Gewissheit davon auszugehen, dass sie keine Beihilfe mehr für die ab dem 1. Januar 2012 entstandenen Aufwendungen der Stieftochter bewilligt hätte. Denn durch eine rechtzeitige Anzeige der veränderten Verhältnisse wäre die Beihilfestelle in die Lage versetzt worden, die Anspruchsvoraussetzungen neu zu prüfen.
41 
γ) Ob es der Kläger nicht nur objektiv pflichtwidrig, sondern auch schuldhaft, also zumindest leicht fahrlässig unterlassen hat, die Beihilfestelle über den Auszug seiner Stieftochter zu informieren, kann offenbleiben. Dafür spricht zwar einiges, es kommt im vorliegenden rechtlichen Zusammenhang aber nicht darauf an. Die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts hat ihre maßgebliche Ursache auch dann in dem Verantwortungsbereich des Klägers als Begünstigtem, wenn ihn an der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit seiner Angaben, auf die die Rechtswidrigkeit zurückzuführen ist, kein Verschulden trifft. Insoweit kommt es also allein auf die objektive Unrichtigkeit seiner Angaben an (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. August 1986 – 3 C 9.85 –, BVerwGE 74, 357). Dies gilt gleichermaßen für den hier vorliegenden Fall einer Unterlassung.
42 
cc) Das Landesamt hat die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 LVwVfG gewahrt.
43 
Erhält die Behörde nach dieser Vorschrift von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig.
44 
Der – hier maßgeblichen – Beihilfestelle ist anlässlich der Mitteilung der Familienkasse am 1. August 2013 der Auszug der Stieftochter aus dem Haushalt des Klägers bekannt geworden. Der am 15. November 2013 ergangene Ausgangsbescheid wahrt demnach ohne weiteres die Jahresfrist.
45 
dd) Das Landesamt hat schließlich das ihm im Rahmen der Rücknahmeentscheidung eingeräumte Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise ausgeübt. Ermessensfehler im Sinne des § 114 Satz 1 VwGO sind nicht ersichtlich.
46 
Liegt – wie hier – ein Fall des § 48 Abs. 2 Satz 3 LVwVfG vor, lenkt § 48 Abs. 2 Satz 4 LVwVfG das der Behörde nach § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG zustehende Ermessen, indem er die Rücknahme des Verwaltungsakts mit Wirkung für die Vergangenheit als Regel festlegt. Folgt das Verwaltungshandeln dieser Regel, müssen Ermessenserwägungen der Behörde im Rücknahmebescheid nicht näher dargestellt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Mai 1996 – 3 C 13.94 –, Buchholz 451.513 Sonst. Marktordnungsrecht Nr. 1). Einen – gerichtlich voll überprüfbaren – atypischen Sachverhalt, aufgrund dessen das Landesamt gezwungen sein könnte, von der Rücknahme ganz oder auch nur teilweise abzusehen, vermag die Kammer nicht zu erkennen.
47 
α) Der Kläger hat hierzu insbesondere geltend gemacht, das Landesamt sei am Scheidungsverfahren beteiligt gewesen und hätte daher auf die Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse schließen können. Ferner habe er aufgrund der fehlenden vorzeitigen Kündigungsmöglichkeit der privaten Krankenversicherung darauf geschlossen, dass die Beihilfe für diese Dauer noch geltend gemacht werden könne. Zudem habe er sich auf die Angaben in dem Schreiben vom 25. März 2013 verlassen. Auch sei dem Landesamt die neue Anschrift seiner Stieftochter bekannt gewesen. Im Übrigen habe er die für seine Stieftochter geleistete Beihilfe dieser sofort weitergeleitet.
48 
Diese Gründe sind nicht derart außergewöhnlich, dass vom Regelfall der Rücknahme abzuweichen wäre.
49 
Dies gilt zunächst für diejenigen Belange, die ein Mitverschulden der Behörde aufzeigen sollen. Insbesondere ist die Beteiligung des Landesamts im Scheidungsverfahren unerheblich. Denn aus diesem Verfahren ergibt sich für das Landesamt nicht, ob die Anspruchsvoraussetzungen für die Beihilfegewährung für Aufwendungen der Stieftochter noch vorliegen oder bereits entfallen sind. Insbesondere sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass das Landesamt aus dem Scheidungsverfahren ableiten konnte, dass die Stieftochter nicht mehr im Haushalt des Klägers aufgenommen war.
50 
Auch der Inhalt des Schreibens des Landesamts vom 25. März 2013 begründet keine Atypik. Dem Kläger wird zwar versichert, dass für die Stieftochter ein Anspruch auf Beihilfe besteht. Einleitend wird in dem Schreiben aber darauf hingewiesen, dass diese Auskunft auf den „derzeit vorliegenden Unterlagen“ erstellt wurde. Die Beihilfestelle hatte zu diesem Zeitpunkt noch keine Kenntnis vom Auszug der Stieftochter aus dem Haushalt des Klägers. Aus ihrer Sicht traf diese Aussage daher zu.
51 
Der Hinweis auf die neue Adresse der Stieftochter begründet ebenfalls keinen außergewöhnlichen Umstand. Die Gründe für eine Adressänderung können vielfältig sein. Es ist nicht auszuschließen, dass die 1988 geborene Stieftochter anlässlich ihrer Ausbildung den gemeinsamen Haushalt verlassen hat. Auch andere Gründe, die zu einer Adressänderung geführt haben, erscheinen in dem Alter der Stieftochter zu diesem Zeitpunkt nicht außergewöhnlich. Von dem Landesamt an dieser Stelle zu verlangen, die Hintergründe einer Adressänderung zu erforschen, würde die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Verwaltung überspannen.
52 
Nichts anderes ergibt sich aus den Gesichtspunkten, die der Kläger zum Beleg seines fehlenden Verschuldens anführt. Der Verweis auf die fehlende Möglichkeit zur Kündigung der privaten Krankenversicherung anlässlich des Auszugs der Stieftochter aus dem Haushalt des Klägers ist unerheblich. Es handelt sich bei der Beihilfe und der privaten Krankenversicherung um grundlegend unterschiedliche Systeme mit der Folge unterschiedlicher Regeln in Bezug auf die einzubeziehenden Berechtigten beziehungsweise mitversicherten Personen. Ein Rückschluss von den Voraussetzungen des einen Systems auf das andere verbietet sich daher.
53 
Auch der Umstand, dass der Kläger die geleistete Beihilfe sofort an seine Stieftochter weitergereicht hat, führt nicht zur Annahme eines atypischen Falls. Zwar ist dieser Umstand grundsätzlich geeignet, Vertrauen in den Bestand des maßgeblichen Verwaltungsakts – hier der Beihilfebescheide – zu begründen (vgl. § 48 Abs. 2 Satz 2 Var. 2 LVwVfG). Dieses Vertrauen ist im vorliegenden Fall, wie bereits dargelegt, aber mit Blick auf § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG nicht schutzwürdig. Es kann somit nicht auf der Rechtsfolgenseite nochmals berücksichtigt werden.
54 
β) Dass das Landesamt im Rahmen des von § 48 Abs. 1 LVwVfG eingeräumten Ermessens keine Billigkeitsentscheidung getroffen hat, ist ebenfalls nicht ermessensfehlerhaft. Raum für eine derartige Entscheidung ist in § 48 LVwVfG nicht vorgesehen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Mai 2013 – 2 S 2314/12 –, juris).
55 
2. Nr. 3 des Bescheids des Landesamts vom 15. November 2013 in Gestalt dessen Widerspruchsbescheids vom 21. Mai 2014 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger deshalb in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
56 
Die Rückforderung der überzahlten Beihilfe ist auf § 49a Abs. 1 und 2 LVwVfG gestützt. Danach gilt, dass, soweit ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder widerrufen worden oder infolge Eintritts einer auflösenden Bedingung unwirksam geworden ist, bereits erbrachte Leistungen zu erstatten sind. Die zu erstattende Leistung ist durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen. Für den Umfang der Erstattung mit Ausnahme der Verzinsung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung entsprechend. Auf den Wegfall der Bereicherung kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit er die Umstände kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte, die zur Rücknahme, zum Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes geführt haben.
57 
Diese Voraussetzungen liegen vor (dazu unter a). Die Rückforderungsentscheidung ist gleichwohl rechtswidrig, da das Landesamt keine Billigkeitsentscheidung getroffen hat (dazu unter b).
58 
a) Das Landesamt hat die rechtswidrigen Beihilfebescheide, die Rechtsgrundlage der gezahlten Beihilfe waren, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Bereits erbrachte Leistungen sind daher zu erstatten.
59 
Der Umfang dieses Erstattungsanspruchs ergibt sich aus §§ 818 ff. BGB. Der Kläger hat sich insoweit auf den Wegfall der Bereicherung gemäß § 818 Abs. 3 BGB berufen, da die ihm zugewendete Beihilfe nicht mehr in seinem Vermögen vorhanden ist. Vielmehr hat er die Zahlungen des Landesamts unmittelbar nach Erhalt an seine Stieftochter weitergeleitet. Nach § 818 Abs. 3 BGB wäre demnach grundsätzlich die Verpflichtung zur Herausgabe oder – hier – zum Ersatz des Wertes ausgeschlossen, weil der Kläger als Empfänger der Leistung nicht mehr bereichert ist.
60 
Auf den Wegfall der Bereicherung kann sich der Begünstigte nach § 49a Abs. 2 Satz 2 LVwVfG allerdings nicht berufen, soweit er die Umstände kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte, die zur Rücknahme, zum Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes geführt haben. So liegt der Fall hier.
61 
Maßgeblich ist dabei, dass sich die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Erstattungspflichtigen nur auf die tatsächlichen Voraussetzungen der die Rücknahme auslösenden Rechtswidrigkeit, nicht auch auf die Rechtswidrigkeit selbst beziehen muss (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. November 1997 – 3 C 33.96 –, BVerwGE 105, 354). Es ist demnach nicht erforderlich, dass der Kläger den Schluss auf die Rechtswidrigkeit der Beihilfebescheide gezogen hat. Vielmehr genügt seine Kenntnis von den tatsächlichen Umständen, die die Rechtswidrigkeit dieser Bescheide ausgelöst hat. Diese hatte er ohne weiteres, denn der Auszug seiner Stieftochter aus seinem Haushalt war ihm bekannt.
62 
b) Ist das Landesamt demnach – grundsätzlich – berechtigt, vom Kläger die Rückzahlung von 32.837,43 Euro an Beihilfe zu verlangen, so ist die Rückforderungsentscheidung gleichwohl rechtswidrig, da es keine Billigkeitsentscheidung getroffen hat. Einer solchen hätte es aber in analoger Anwendung von § 15 Abs. 2 Satz 3 Landesbesoldungsgesetz Baden-Württemberg (LBesGBW) und § 5 Abs. 2 Satz 3 Landesbeamtenversorgungsgesetz Baden-Württemberg (LBeamtVGBW) bedurft.
63 
Analogie ist die Übertragung der für einzelne bestimmte Tatbestände im Gesetz vorgesehenen Regel auf einen anderen, aber rechtsähnlichen Tatbestand, sofern das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke enthält (vgl. Sprau, in: Palandt, BGB, 74. Aufl. 2015, Einleitung, Rn. 48 m. w. N.). Diese Voraussetzungen liegen vor.
64 
α) Eine Regelungslücke ist gegeben. Während der Landesgesetzgeber die Rückforderung zu viel gezahlter Leistungen für das Besoldungsrecht in § 15 LBesGBW und für das Versorgungsrecht in § 5 LBeamtVGBW geregelt hat, fehlt es an einer entsprechenden, die Möglichkeit einer Billigkeitsentscheidung eröffnenden landesgesetzlichen Regelung für Fälle überzahlter Beihilfe.
65 
Das Bestehen der Regelungslücke wird nicht dadurch beseitigt, dass Belange, die in die Billigkeitsentscheidung einzustellen sind, jedenfalls teilweise auch im Rahmen des Rücknahmeermessens des § 48 LVwVfG Eingang finden könnten. So mag zwar denkbar sein, dass beispielsweise das Mitverschulden einer Behörde im Wege einer nur teilweisen Rücknahme berücksichtigt werden könnte. Die von §§ 15 LBesGBW und 5 LBeamtVGBW eröffnete Möglichkeit, eine Billigkeitsentscheidung zu treffen, geht aber deutlich weiter. Denn sie erlaubt es, alle individuellen Aspekte des jeweiligen Einzelfalls zu berücksichtigen und für den Betroffenen eine dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügende Lösung zu erarbeiten. Zu denken ist hierbei vor allem an die ratenweise Rückführung überzahlter Leistungen. Derartiges kann im Rahmen des Ermessens in § 48 LVwVfG dagegen nicht verwirklicht werden.
66 
β) Die Regelungslücke ist auch planwidrig.
67 
Ausgangspunkt der Überlegung bildet dabei der Umstand, dass vor der Dienstrechtsreform (vgl. hierzu das Gesetz zur Reform des öffentlichen Dienstrechts vom 9. November 2010, GBl. 2010, S. 793 – DRG) die Rückforderung überzahlter Beihilfe auf Grundlage des § 109 LBG a. F. erfolgen konnte. Er sah vor, dass für die Rückforderung von Leistungen des Dienstherrn, die nicht Besoldung oder Versorgung sind, § 12 Abs. 2 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) entsprechend anzuwenden war. Die Rückforderung von Beihilfe unterlag damit den gleichen Voraussetzungen wie die von Besoldungs- oder Versorgungsbezügen, insbesondere in Bezug auf das Erfordernis einer Billigkeitsentscheidung (vgl. § 12 BBesG und § 52 BeamtVG, die vor der Föderalismusreform auf Rückforderungen von Besoldungs- und Versorgungsbezügen anzuwenden waren).
68 
Diesen Gleichlauf hat der Landesgesetzgeber im Zuge der Dienstrechtsreform durch das Streichen der Vorschrift des § 109 LBG a. F., ohne dass hierfür ein sachlicher Grund ersichtlich wäre, beseitigt. Parallel dazu hat er im Landesbesoldungsgesetz Baden-Württemberg und im Landesbeamtenversorgungsgesetz Baden-Württemberg für überzahlte Besoldungs- beziehungsweise Versorgungsbezüge eigenständige Rechtsgrundlagen für die Rückforderung geschaffen, die jeweils eine Grundlage für Billigkeitsentscheidungen vorsehen. In der Gesetzesbegründung zu § 15 LBesGBW heißt es hierzu, dass die Bestimmung unverändert § 12 BBesG entspreche und, hinsichtlich der Absätze 2 bis 4, sie den Anspruch des Dienstherrn auf die Erstattung von ohne Rechtsgrund empfangenen Besoldungsleistungen regle (vgl. LT-Drs. 14/6694, S. 460). Zu § 5 Abs. 2 LBeamtVGBW heißt es (vgl. LT-Drs. 14/6694, S. 504): „Absatz 2 trifft eine eigenständige Regelung für die Rückforderung überzahlter Versorgungsbezüge“. Dagegen schweigt sich die Gesetzesbegründung zur Aufhebung des § 109 LBG a. F. aus.
69 
Auch aus den allgemeinen gesetzgeberischen Erwägungen lässt sich kein sachlicher Grund dafür ermitteln, weshalb für Besoldungs- und Versorgungsbezüge spezialgesetzliche Rückforderungsrechtsgrundlagen geschaffen wurden, während die Rückforderung der Beihilfe sich nunmehr nach der allgemeinen Bestimmung des § 49a LVwVfG richten soll, die eine Billigkeitsentscheidung nicht vorsieht. Das Dienstrechtsreformgesetz sollte eine Generalrevision der Rechtsverhältnisse der Beamtinnen und Beamten im Lande bringen (vgl. LT-Drs. 14/6694, S. 1) und in Bezug auf die besoldungsrechtlichen Regelungen eine umfassende Neukodifikation des bisherigen, im Land geltenden Besoldungsrechts schaffen. Gleichzeitig sollte die bestehende Unübersichtlichkeit im Besoldungsrecht beseitigt werden, indem möglichst viele der als Gesetz oder Rechtsverordnung derzeit bestehenden Rechtsvorschriften in einem Landesbesoldungsgesetz zusammengeführt werden (vgl. LT-Drs. 14/6694, S. 2). Angesichts dessen hätte es nahegelegen, die Rückforderung rechtsgrundlos gezahlter Beihilfe ebenfalls eigenständig zu regeln, zum Beispiel durch Aufnahme einer entsprechenden Bestimmung in oder im Anschluss an § 78 LBG.
70 
γ) Es liegt darüber hinaus die für einen Analogieschluss erforderliche vergleichbare Sach- und Interessenlage vor.
71 
Die Rückforderung von Besoldungs- und Versorgungsbezügen oder von überzahlter Beihilfe kann den Beamten – gemessen an seinem Monats- und Jahresverdienst – im Einzelfall hart treffen. Dies kann in dem Umstand begründet sein, dass unberechtigte Zahlungen über Jahre unbemerkt von ihrer Rechtswidrigkeit erfolgen können und sich so innerhalb der Verjährungsfrist hohe Rückzahlungsbeträge aufsummieren. Auch der vorliegende Fall ist hierfür ein geeignetes Beispiel. Im Zeitraum von März 2012 bis August 2013 konnten angesichts der erheblichen Erkrankung der Stieftochter des Klägers rasch große Summen an überzahlter Beihilfe auflaufen.
72 
Ein Beamter hat mit Ausnahme zulässiger Nebentätigkeit keine Möglichkeiten, die Höhe seiner Besoldung zu beeinflussen. Anders als Arbeitnehmer kann er seine Besoldung nicht etwa durch geschickte Gehaltsverhandlungen zu seinen Gunsten verändern, sondern muss die Entscheidung des Gesetzgebers zur Höhe hinnehmen. Steht demnach der finanzielle Verfügungsrahmen eines Beamten nahezu unverrückbar fest, so treffen ihn Rückforderungen in Höhen wie der vorliegenden mit besonderer Härte. Vor diesem Hintergrund ist die Entscheidung des Gesetzgebers nachvollziehbar und angemessen, im Rahmen einer Billigkeitsentscheidung die Möglichkeit für Erleichterungen bei der Rückzahlung zu schaffen.
73 
Da diese Härten sowohl bei überzahlten Besoldungs- und Versorgungsbezügen als auch gleichermaßen bei zu viel gezahlter Beihilfe auftreten können, ist die Sach- und Interessenlage ohne weiteres vergleichbar.
74 
δ) Das Landesamt hat in dem für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Widerspruchsbescheid keine Billigkeitsentscheidung getroffen, obwohl hierfür angesichts der erheblichen Rückforderungshöhe und eines möglichen Mitverschuldens der Behörde, was die Beihilfebescheide vom 16. August 2013 und 10. September 2013 betrifft, Anlass bestanden hätte. Die Ankündigung, auf entsprechenden Antrag eine Ratenzahlung zu bewilligen, genügt insoweit nicht (vgl. zuletzt BVerwG, Urteil vom 24. September 2013 – 2 C 52.11 –, NVwZ-RR 2014, 274). Angesichts dessen ist der Rückforderungsbescheid aufzuheben und dem Landesamt so Gelegenheit einzuräumen, eine angemessene Billigkeitsentscheidung treffen zu können.
II.
75 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Von einer Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wird gemäß § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO abgesehen.
III.
76 
Die Berufung wird wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen.
77 
Beschluss
78 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 3 GKG auf 32.837,43 EUR Euro festgesetzt.
79 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Gründe

 
I.
19 
Die zulässige Klage gegen Nr. 1 und 2 des Bescheids des Landesamts vom 15. November 2013 in Gestalt dessen Widerspruchsbescheids vom 21. Mai 2014 bleibt ohne Erfolg (dazu unter 1.). Dagegen ist die gegen Nr. 3 des Bescheids des Landesamts vom 15. November 2013 in Gestalt dessen Widerspruchsbescheids vom 21. Mai 2014 gerichtete Klage zulässig und begründet (dazu unter 2.).
20 
1. Nr. 1 und 2 des Bescheids des Landesamts vom 15. November 2013 in Gestalt dessen Widerspruchsbescheids vom 21. Mai 2014 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
21 
Rechtsgrundlage für die Änderung beziehungsweise Aufhebung der Beihilfe gewährenden Bescheide ist § 48 Abs. 1, 2, 4 und 5 LVwVfG.
22 
a) Bedenken an der formellen Rechtmäßigkeit der Rücknahmeentscheidung bestehen keine. Insbesondere ist das Landesamt die nach § 48 Abs. 5 LVwVfG für die Rücknahme zuständige Behörde. Der Kläger wurde auch ordnungsgemäß nach § 28 Abs. 1 LVwVfG angehört.
23 
b) Die Rücknahme erweist sich auch als materiell rechtmäßig.
24 
aa) Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Die maßgeblichen Bescheide, mit denen das Landesamt dem Kläger Beihilfe für Aufwendungen seiner Stieftochter gewährt hat, sind rechtswidrig.
25 
Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Verordnung des Finanz- und Wirtschaftsministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen (Beihilfeverordnung – BVO) sind berücksichtigungsfähige Angehörige die im Familienzuschlag nach dem Landesbesoldungsgesetz Baden-Württemberg berücksichtigungsfähigen Kinder der Beihilfeberechtigten. Nach § 41 Abs. 3 Landesbesoldungsgesetz Baden-Württemberg erhalten einen kinderbezogenen Teil des Familienzuschlags für jedes Kind Beamte und Richter, denen Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz oder nach dem Bundeskindergeldgesetz zusteht oder ohne Berücksichtigung der §§ 64 oder 65 des Einkommensteuergesetzes oder der §§ 3 oder 4 des Bundeskindergeldgesetzes zustehen würde. Nach § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG werden als Kinder die vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommenen Kinder seines Ehegatten berücksichtigt. Nach § 3 Abs. 3 Satz 2 BVO endet die Berücksichtigung von Kindern mit dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie im Familienzuschlag nicht mehr berücksichtigungsfähig sind, bei Wegfall am 31. Dezember eines Jahres mit Ablauf des folgenden Kalenderjahres.
26 
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Stieftochter des Klägers seit Juni 2011 nicht mehr in dessen Haushalt lebt. Mit Blick auf die vorgenannten Bestimmungen war sie ab dem 1. Januar 2012 nicht mehr berücksichtigungsfähige Angehörige und der Kläger für ihre krankheitsbedingten Aufwendungen nicht mehr beihilfeberechtigt.
27 
bb) Nach § 48 Abs. 1 Satz 2 LVwVfG darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), nur unter den Einschränkungen des § 48 Abs. 2 bis 4 LVwVfG zurückgenommen werden.
28 
Im vorliegenden Fall bestimmen sich diese Einschränkungen nach § 48 Abs. 2 LVwVfG. Denn die Bescheide des Landesamts sind rechtswidrige Verwaltungsakte, die eine einmalige Geldleistung – hier in Form von Beihilfe – gewähren. Sie dürfen nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist.
29 
Nach § 48 Abs. 2 Satz 3 LVwVfG kann sich der Begünstigte auf Vertrauen allerdings nicht berufen, wenn er (1.) den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, (2.) den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren oder (3.) die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Im vorliegenden Fall sind die Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG erfüllt, denn der Kläger hat es pflichtwidrig unterlassen, den Auszug seiner Stieftochter aus dem gemeinsamen Haushalt dem Landesamt mitzuteilen.
30 
α) Die Besonderheit des Falles besteht darin, dass das Landesamt dem Kläger Beihilfe für Aufwendungen seiner Stieftochter gewährt hat, weil es von der maßgeblichen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse – keine Aufnahme der Stieftochter mehr im Haushalt des Klägers – zunächst keine Kenntnis hatte. Den Auszug der Stieftochter aus dem Haushalt des Klägers hat dieser unmittelbar gegenüber der Beihilfestelle nicht angezeigt.
31 
Ausgehend vom Wortlaut des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG erscheint fraglich, ob ein Unterlassen dem aktiven Tun gleichgestellt werden kann. Denn das Verb „erwirken“ kann so verstanden werden, dass ein bewusstes Handeln die Ursache für den Erlass des rechtswidrigen Verwaltungsakts gesetzt haben muss. In diesem Sinne wird in Teilen der obergerichtlichen Rechtsprechung auch vertreten, dass ein Unterlassen nicht von § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG erfasst wird (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 27. Juni 1994 – 4 M 2959/94 –, NVwZ-RR 1995, 40, allerdings zu § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X).
32 
Demgegenüber gibt es allerdings auch Stimmen, die, wenngleich ohne nähere oder spezifische Begründung für den vorliegenden Fall, das Unterlassen von erforderlichen Angaben dem aktiven Tun gleichstellen (vgl. Thüringer OVG, Urteil vom 27. April 2004 – 2 KO 433/03 –, juris; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl., § 48, Rn. 117).
33 
Aus Sicht der Kammer erscheint eine vermittelnde Lösung vorzugswürdig. Nach ihr steht das Unterlassen der Anzeige maßgeblicher Tatsachen, die Grundlage für die Gewährung der Geldleistung sind, nur dann dem Erwirken in Form von aktivem Tun gleich, wenn es pflichtwidrig erfolgt ist, also eine Rechtspflicht zum Handeln bestand.
34 
Mitwirkungspflichten sind dem Verwaltungsverfahren nicht fremd. Neben spezialgesetzlich normierten Mitwirkungspflichten, wie zum Beispiel der Pflicht zum persönlichen Erscheinen (vgl. nur § 6 Abs. 1 Satz 4 PassG), der Pflicht zur Beibringung erforderlicher Nachweise (vgl. § 82 Abs. 1 AufenthG) oder sonstiger Auskünfte (vgl. § 22 Abs. 1 GastG), sieht § 26 Abs. 2 LVwVfG generell für alle Verwaltungsverfahren vor, dass die Beteiligten bei der Ermittlung des Sachverhalts mitwirken sollen.
35 
Die Beihilfeverordnung oder die maßgeblichen Beamtengesetze kennen mit Blick auf den hier vorliegenden Fall keine spezialgesetzliche Mitwirkungspflicht. Sie ergibt sich aber aus allgemeinen aus dem Beamtenverhältnis fließenden Grundsätzen. Nach § 3 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (Beamtenstatusgesetz – BeamtStG) stehen Beamtinnen und Beamte zu ihrem Dienstherrn in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis (Beamtenverhältnis). Die Treuepflicht, die für den Beamten in den §§ 33 Abs. 1 Satz 3, 40 bis 42 BeamtStG besondere Ausprägungen gefunden hat, verlangt allgemein eine qualifizierte Berücksichtigung der Interessen des Dienstberechtigten. Die Treuepflicht enthält insoweit entsprechende Handlungs- und Unterlassungsgebote, durch deren Beachtung die Wahrung der berechtigten Interessen des Dienstherrn in angemessenem Umfang gesichert werden soll (vgl. v. Roetteken/Rothländer, Beamtenstatusgesetz, 17. Update 10/14, § 3 BeamtStG, Rn. 36 f. m. w. N.). Mit Blick hierauf sind Auskunftspflichten des Beamten bei einem ausdrücklichen Auskunftsbegehren seines Dienstherrn ohne weiteres anerkannt. Daneben können aber auch Offenbarungspflichten des Beamten bestehen, insbesondere dann, wenn die Bezugsberechtigung von Leistungen des Dienstherrn – wie hier – von bestimmten persönlichen Verhältnissen abhängt (vgl. Zängl, in GKÖD, Bd. I, K § 52, Rn. 11a).
36 
Die Beihilfegewährung durch den Beklagten ist im konkreten Fall maßgeblich davon abhängig, dass die tatsächlichen Voraussetzungen unverändert vorliegen. Für den Dienstherrn besteht hierbei die Schwierigkeit, dass die Beihilfegewährung für Aufwendungen der Stieftochter des Klägers davon abhängig ist, dass die tatsächlichen Verhältnisse – gemeinsamer Haushalt – nach wie vor unverändert vorliegen. In diesen privaten Bereich hat der Dienstherr regelmäßig keinen Einblick und ist daher auf die Mitwirkung seines Beamten in gesteigertem Maße angewiesen. Dies rechtfertigt es, abgeleitet aus dem beamtenrechtlichen Treueverhältnis, von einer entsprechenden Rechtspflicht zur unaufgeforderten Unterrichtung des Dienstherrn auszugehen.
37 
β) Es liegt auch der erforderliche Kausalzusammenhang vor.
38 
Maßgeblich ist dabei zunächst, dass die unzutreffenden oder unvollständigen Angaben zur Fehlerhaftigkeit des Verwaltungsakts geführt haben. Nicht entscheidend ist dagegen, dass sie Ursache seines Erlasses als solchem waren (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. August 1986 – 3 C 9.85 –, BVerwGE 74, 357; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl., § 48, Rn. 116).
39 
Da die Rechtswidrigkeit der Beihilfebescheide darauf beruht, dass der Kläger es pflichtwidrig unterlassen hat, die Änderung der tatsächlichen Verhältnisse anzuzeigen, ist die Kausalität notwendigerweise anders zu definieren als beim aktiven Tun. Dort ist von einer Ursächlichkeit auszugehen, wenn anzunehmen ist, dass die Behörde bei vollständiger beziehungsweise richtiger Angabe den Fehler nicht gemacht und den Verwaltungsakt nicht mit der getroffenen oder nur mit einer ungünstigeren Regelung erlassen hätte (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl., § 48, Rn. 117 m. w. N.). Während demnach beim aktiven Tun die schädliche Handlung hinweggedacht wird, ist im Falle des Unterlassens die vorzunehmende Handlung hinzuzudenken. Kausalität liegt demnach vor, wenn mit Gewissheit oder an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass bei pflichtgemäßer Offenbarung der veränderten tatsächlichen Umstände die Behörde keinen fehlerhaften Verwaltungsakt erlassen hätte. So liegt der Fall hier.
40 
Hätte der Kläger bereits im Zeitpunkt der veränderten tatsächlichen Verhältnisse, also im Juli 2011, die Beihilfestelle über den Auszug seiner Stieftochter aus seinem Haushalt als entscheidungserhebliche Angabe informiert, ist mit Gewissheit davon auszugehen, dass sie keine Beihilfe mehr für die ab dem 1. Januar 2012 entstandenen Aufwendungen der Stieftochter bewilligt hätte. Denn durch eine rechtzeitige Anzeige der veränderten Verhältnisse wäre die Beihilfestelle in die Lage versetzt worden, die Anspruchsvoraussetzungen neu zu prüfen.
41 
γ) Ob es der Kläger nicht nur objektiv pflichtwidrig, sondern auch schuldhaft, also zumindest leicht fahrlässig unterlassen hat, die Beihilfestelle über den Auszug seiner Stieftochter zu informieren, kann offenbleiben. Dafür spricht zwar einiges, es kommt im vorliegenden rechtlichen Zusammenhang aber nicht darauf an. Die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts hat ihre maßgebliche Ursache auch dann in dem Verantwortungsbereich des Klägers als Begünstigtem, wenn ihn an der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit seiner Angaben, auf die die Rechtswidrigkeit zurückzuführen ist, kein Verschulden trifft. Insoweit kommt es also allein auf die objektive Unrichtigkeit seiner Angaben an (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. August 1986 – 3 C 9.85 –, BVerwGE 74, 357). Dies gilt gleichermaßen für den hier vorliegenden Fall einer Unterlassung.
42 
cc) Das Landesamt hat die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 LVwVfG gewahrt.
43 
Erhält die Behörde nach dieser Vorschrift von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig.
44 
Der – hier maßgeblichen – Beihilfestelle ist anlässlich der Mitteilung der Familienkasse am 1. August 2013 der Auszug der Stieftochter aus dem Haushalt des Klägers bekannt geworden. Der am 15. November 2013 ergangene Ausgangsbescheid wahrt demnach ohne weiteres die Jahresfrist.
45 
dd) Das Landesamt hat schließlich das ihm im Rahmen der Rücknahmeentscheidung eingeräumte Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise ausgeübt. Ermessensfehler im Sinne des § 114 Satz 1 VwGO sind nicht ersichtlich.
46 
Liegt – wie hier – ein Fall des § 48 Abs. 2 Satz 3 LVwVfG vor, lenkt § 48 Abs. 2 Satz 4 LVwVfG das der Behörde nach § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG zustehende Ermessen, indem er die Rücknahme des Verwaltungsakts mit Wirkung für die Vergangenheit als Regel festlegt. Folgt das Verwaltungshandeln dieser Regel, müssen Ermessenserwägungen der Behörde im Rücknahmebescheid nicht näher dargestellt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Mai 1996 – 3 C 13.94 –, Buchholz 451.513 Sonst. Marktordnungsrecht Nr. 1). Einen – gerichtlich voll überprüfbaren – atypischen Sachverhalt, aufgrund dessen das Landesamt gezwungen sein könnte, von der Rücknahme ganz oder auch nur teilweise abzusehen, vermag die Kammer nicht zu erkennen.
47 
α) Der Kläger hat hierzu insbesondere geltend gemacht, das Landesamt sei am Scheidungsverfahren beteiligt gewesen und hätte daher auf die Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse schließen können. Ferner habe er aufgrund der fehlenden vorzeitigen Kündigungsmöglichkeit der privaten Krankenversicherung darauf geschlossen, dass die Beihilfe für diese Dauer noch geltend gemacht werden könne. Zudem habe er sich auf die Angaben in dem Schreiben vom 25. März 2013 verlassen. Auch sei dem Landesamt die neue Anschrift seiner Stieftochter bekannt gewesen. Im Übrigen habe er die für seine Stieftochter geleistete Beihilfe dieser sofort weitergeleitet.
48 
Diese Gründe sind nicht derart außergewöhnlich, dass vom Regelfall der Rücknahme abzuweichen wäre.
49 
Dies gilt zunächst für diejenigen Belange, die ein Mitverschulden der Behörde aufzeigen sollen. Insbesondere ist die Beteiligung des Landesamts im Scheidungsverfahren unerheblich. Denn aus diesem Verfahren ergibt sich für das Landesamt nicht, ob die Anspruchsvoraussetzungen für die Beihilfegewährung für Aufwendungen der Stieftochter noch vorliegen oder bereits entfallen sind. Insbesondere sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass das Landesamt aus dem Scheidungsverfahren ableiten konnte, dass die Stieftochter nicht mehr im Haushalt des Klägers aufgenommen war.
50 
Auch der Inhalt des Schreibens des Landesamts vom 25. März 2013 begründet keine Atypik. Dem Kläger wird zwar versichert, dass für die Stieftochter ein Anspruch auf Beihilfe besteht. Einleitend wird in dem Schreiben aber darauf hingewiesen, dass diese Auskunft auf den „derzeit vorliegenden Unterlagen“ erstellt wurde. Die Beihilfestelle hatte zu diesem Zeitpunkt noch keine Kenntnis vom Auszug der Stieftochter aus dem Haushalt des Klägers. Aus ihrer Sicht traf diese Aussage daher zu.
51 
Der Hinweis auf die neue Adresse der Stieftochter begründet ebenfalls keinen außergewöhnlichen Umstand. Die Gründe für eine Adressänderung können vielfältig sein. Es ist nicht auszuschließen, dass die 1988 geborene Stieftochter anlässlich ihrer Ausbildung den gemeinsamen Haushalt verlassen hat. Auch andere Gründe, die zu einer Adressänderung geführt haben, erscheinen in dem Alter der Stieftochter zu diesem Zeitpunkt nicht außergewöhnlich. Von dem Landesamt an dieser Stelle zu verlangen, die Hintergründe einer Adressänderung zu erforschen, würde die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Verwaltung überspannen.
52 
Nichts anderes ergibt sich aus den Gesichtspunkten, die der Kläger zum Beleg seines fehlenden Verschuldens anführt. Der Verweis auf die fehlende Möglichkeit zur Kündigung der privaten Krankenversicherung anlässlich des Auszugs der Stieftochter aus dem Haushalt des Klägers ist unerheblich. Es handelt sich bei der Beihilfe und der privaten Krankenversicherung um grundlegend unterschiedliche Systeme mit der Folge unterschiedlicher Regeln in Bezug auf die einzubeziehenden Berechtigten beziehungsweise mitversicherten Personen. Ein Rückschluss von den Voraussetzungen des einen Systems auf das andere verbietet sich daher.
53 
Auch der Umstand, dass der Kläger die geleistete Beihilfe sofort an seine Stieftochter weitergereicht hat, führt nicht zur Annahme eines atypischen Falls. Zwar ist dieser Umstand grundsätzlich geeignet, Vertrauen in den Bestand des maßgeblichen Verwaltungsakts – hier der Beihilfebescheide – zu begründen (vgl. § 48 Abs. 2 Satz 2 Var. 2 LVwVfG). Dieses Vertrauen ist im vorliegenden Fall, wie bereits dargelegt, aber mit Blick auf § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG nicht schutzwürdig. Es kann somit nicht auf der Rechtsfolgenseite nochmals berücksichtigt werden.
54 
β) Dass das Landesamt im Rahmen des von § 48 Abs. 1 LVwVfG eingeräumten Ermessens keine Billigkeitsentscheidung getroffen hat, ist ebenfalls nicht ermessensfehlerhaft. Raum für eine derartige Entscheidung ist in § 48 LVwVfG nicht vorgesehen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Mai 2013 – 2 S 2314/12 –, juris).
55 
2. Nr. 3 des Bescheids des Landesamts vom 15. November 2013 in Gestalt dessen Widerspruchsbescheids vom 21. Mai 2014 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger deshalb in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
56 
Die Rückforderung der überzahlten Beihilfe ist auf § 49a Abs. 1 und 2 LVwVfG gestützt. Danach gilt, dass, soweit ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder widerrufen worden oder infolge Eintritts einer auflösenden Bedingung unwirksam geworden ist, bereits erbrachte Leistungen zu erstatten sind. Die zu erstattende Leistung ist durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen. Für den Umfang der Erstattung mit Ausnahme der Verzinsung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung entsprechend. Auf den Wegfall der Bereicherung kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit er die Umstände kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte, die zur Rücknahme, zum Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes geführt haben.
57 
Diese Voraussetzungen liegen vor (dazu unter a). Die Rückforderungsentscheidung ist gleichwohl rechtswidrig, da das Landesamt keine Billigkeitsentscheidung getroffen hat (dazu unter b).
58 
a) Das Landesamt hat die rechtswidrigen Beihilfebescheide, die Rechtsgrundlage der gezahlten Beihilfe waren, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Bereits erbrachte Leistungen sind daher zu erstatten.
59 
Der Umfang dieses Erstattungsanspruchs ergibt sich aus §§ 818 ff. BGB. Der Kläger hat sich insoweit auf den Wegfall der Bereicherung gemäß § 818 Abs. 3 BGB berufen, da die ihm zugewendete Beihilfe nicht mehr in seinem Vermögen vorhanden ist. Vielmehr hat er die Zahlungen des Landesamts unmittelbar nach Erhalt an seine Stieftochter weitergeleitet. Nach § 818 Abs. 3 BGB wäre demnach grundsätzlich die Verpflichtung zur Herausgabe oder – hier – zum Ersatz des Wertes ausgeschlossen, weil der Kläger als Empfänger der Leistung nicht mehr bereichert ist.
60 
Auf den Wegfall der Bereicherung kann sich der Begünstigte nach § 49a Abs. 2 Satz 2 LVwVfG allerdings nicht berufen, soweit er die Umstände kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte, die zur Rücknahme, zum Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes geführt haben. So liegt der Fall hier.
61 
Maßgeblich ist dabei, dass sich die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Erstattungspflichtigen nur auf die tatsächlichen Voraussetzungen der die Rücknahme auslösenden Rechtswidrigkeit, nicht auch auf die Rechtswidrigkeit selbst beziehen muss (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. November 1997 – 3 C 33.96 –, BVerwGE 105, 354). Es ist demnach nicht erforderlich, dass der Kläger den Schluss auf die Rechtswidrigkeit der Beihilfebescheide gezogen hat. Vielmehr genügt seine Kenntnis von den tatsächlichen Umständen, die die Rechtswidrigkeit dieser Bescheide ausgelöst hat. Diese hatte er ohne weiteres, denn der Auszug seiner Stieftochter aus seinem Haushalt war ihm bekannt.
62 
b) Ist das Landesamt demnach – grundsätzlich – berechtigt, vom Kläger die Rückzahlung von 32.837,43 Euro an Beihilfe zu verlangen, so ist die Rückforderungsentscheidung gleichwohl rechtswidrig, da es keine Billigkeitsentscheidung getroffen hat. Einer solchen hätte es aber in analoger Anwendung von § 15 Abs. 2 Satz 3 Landesbesoldungsgesetz Baden-Württemberg (LBesGBW) und § 5 Abs. 2 Satz 3 Landesbeamtenversorgungsgesetz Baden-Württemberg (LBeamtVGBW) bedurft.
63 
Analogie ist die Übertragung der für einzelne bestimmte Tatbestände im Gesetz vorgesehenen Regel auf einen anderen, aber rechtsähnlichen Tatbestand, sofern das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke enthält (vgl. Sprau, in: Palandt, BGB, 74. Aufl. 2015, Einleitung, Rn. 48 m. w. N.). Diese Voraussetzungen liegen vor.
64 
α) Eine Regelungslücke ist gegeben. Während der Landesgesetzgeber die Rückforderung zu viel gezahlter Leistungen für das Besoldungsrecht in § 15 LBesGBW und für das Versorgungsrecht in § 5 LBeamtVGBW geregelt hat, fehlt es an einer entsprechenden, die Möglichkeit einer Billigkeitsentscheidung eröffnenden landesgesetzlichen Regelung für Fälle überzahlter Beihilfe.
65 
Das Bestehen der Regelungslücke wird nicht dadurch beseitigt, dass Belange, die in die Billigkeitsentscheidung einzustellen sind, jedenfalls teilweise auch im Rahmen des Rücknahmeermessens des § 48 LVwVfG Eingang finden könnten. So mag zwar denkbar sein, dass beispielsweise das Mitverschulden einer Behörde im Wege einer nur teilweisen Rücknahme berücksichtigt werden könnte. Die von §§ 15 LBesGBW und 5 LBeamtVGBW eröffnete Möglichkeit, eine Billigkeitsentscheidung zu treffen, geht aber deutlich weiter. Denn sie erlaubt es, alle individuellen Aspekte des jeweiligen Einzelfalls zu berücksichtigen und für den Betroffenen eine dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügende Lösung zu erarbeiten. Zu denken ist hierbei vor allem an die ratenweise Rückführung überzahlter Leistungen. Derartiges kann im Rahmen des Ermessens in § 48 LVwVfG dagegen nicht verwirklicht werden.
66 
β) Die Regelungslücke ist auch planwidrig.
67 
Ausgangspunkt der Überlegung bildet dabei der Umstand, dass vor der Dienstrechtsreform (vgl. hierzu das Gesetz zur Reform des öffentlichen Dienstrechts vom 9. November 2010, GBl. 2010, S. 793 – DRG) die Rückforderung überzahlter Beihilfe auf Grundlage des § 109 LBG a. F. erfolgen konnte. Er sah vor, dass für die Rückforderung von Leistungen des Dienstherrn, die nicht Besoldung oder Versorgung sind, § 12 Abs. 2 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) entsprechend anzuwenden war. Die Rückforderung von Beihilfe unterlag damit den gleichen Voraussetzungen wie die von Besoldungs- oder Versorgungsbezügen, insbesondere in Bezug auf das Erfordernis einer Billigkeitsentscheidung (vgl. § 12 BBesG und § 52 BeamtVG, die vor der Föderalismusreform auf Rückforderungen von Besoldungs- und Versorgungsbezügen anzuwenden waren).
68 
Diesen Gleichlauf hat der Landesgesetzgeber im Zuge der Dienstrechtsreform durch das Streichen der Vorschrift des § 109 LBG a. F., ohne dass hierfür ein sachlicher Grund ersichtlich wäre, beseitigt. Parallel dazu hat er im Landesbesoldungsgesetz Baden-Württemberg und im Landesbeamtenversorgungsgesetz Baden-Württemberg für überzahlte Besoldungs- beziehungsweise Versorgungsbezüge eigenständige Rechtsgrundlagen für die Rückforderung geschaffen, die jeweils eine Grundlage für Billigkeitsentscheidungen vorsehen. In der Gesetzesbegründung zu § 15 LBesGBW heißt es hierzu, dass die Bestimmung unverändert § 12 BBesG entspreche und, hinsichtlich der Absätze 2 bis 4, sie den Anspruch des Dienstherrn auf die Erstattung von ohne Rechtsgrund empfangenen Besoldungsleistungen regle (vgl. LT-Drs. 14/6694, S. 460). Zu § 5 Abs. 2 LBeamtVGBW heißt es (vgl. LT-Drs. 14/6694, S. 504): „Absatz 2 trifft eine eigenständige Regelung für die Rückforderung überzahlter Versorgungsbezüge“. Dagegen schweigt sich die Gesetzesbegründung zur Aufhebung des § 109 LBG a. F. aus.
69 
Auch aus den allgemeinen gesetzgeberischen Erwägungen lässt sich kein sachlicher Grund dafür ermitteln, weshalb für Besoldungs- und Versorgungsbezüge spezialgesetzliche Rückforderungsrechtsgrundlagen geschaffen wurden, während die Rückforderung der Beihilfe sich nunmehr nach der allgemeinen Bestimmung des § 49a LVwVfG richten soll, die eine Billigkeitsentscheidung nicht vorsieht. Das Dienstrechtsreformgesetz sollte eine Generalrevision der Rechtsverhältnisse der Beamtinnen und Beamten im Lande bringen (vgl. LT-Drs. 14/6694, S. 1) und in Bezug auf die besoldungsrechtlichen Regelungen eine umfassende Neukodifikation des bisherigen, im Land geltenden Besoldungsrechts schaffen. Gleichzeitig sollte die bestehende Unübersichtlichkeit im Besoldungsrecht beseitigt werden, indem möglichst viele der als Gesetz oder Rechtsverordnung derzeit bestehenden Rechtsvorschriften in einem Landesbesoldungsgesetz zusammengeführt werden (vgl. LT-Drs. 14/6694, S. 2). Angesichts dessen hätte es nahegelegen, die Rückforderung rechtsgrundlos gezahlter Beihilfe ebenfalls eigenständig zu regeln, zum Beispiel durch Aufnahme einer entsprechenden Bestimmung in oder im Anschluss an § 78 LBG.
70 
γ) Es liegt darüber hinaus die für einen Analogieschluss erforderliche vergleichbare Sach- und Interessenlage vor.
71 
Die Rückforderung von Besoldungs- und Versorgungsbezügen oder von überzahlter Beihilfe kann den Beamten – gemessen an seinem Monats- und Jahresverdienst – im Einzelfall hart treffen. Dies kann in dem Umstand begründet sein, dass unberechtigte Zahlungen über Jahre unbemerkt von ihrer Rechtswidrigkeit erfolgen können und sich so innerhalb der Verjährungsfrist hohe Rückzahlungsbeträge aufsummieren. Auch der vorliegende Fall ist hierfür ein geeignetes Beispiel. Im Zeitraum von März 2012 bis August 2013 konnten angesichts der erheblichen Erkrankung der Stieftochter des Klägers rasch große Summen an überzahlter Beihilfe auflaufen.
72 
Ein Beamter hat mit Ausnahme zulässiger Nebentätigkeit keine Möglichkeiten, die Höhe seiner Besoldung zu beeinflussen. Anders als Arbeitnehmer kann er seine Besoldung nicht etwa durch geschickte Gehaltsverhandlungen zu seinen Gunsten verändern, sondern muss die Entscheidung des Gesetzgebers zur Höhe hinnehmen. Steht demnach der finanzielle Verfügungsrahmen eines Beamten nahezu unverrückbar fest, so treffen ihn Rückforderungen in Höhen wie der vorliegenden mit besonderer Härte. Vor diesem Hintergrund ist die Entscheidung des Gesetzgebers nachvollziehbar und angemessen, im Rahmen einer Billigkeitsentscheidung die Möglichkeit für Erleichterungen bei der Rückzahlung zu schaffen.
73 
Da diese Härten sowohl bei überzahlten Besoldungs- und Versorgungsbezügen als auch gleichermaßen bei zu viel gezahlter Beihilfe auftreten können, ist die Sach- und Interessenlage ohne weiteres vergleichbar.
74 
δ) Das Landesamt hat in dem für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Widerspruchsbescheid keine Billigkeitsentscheidung getroffen, obwohl hierfür angesichts der erheblichen Rückforderungshöhe und eines möglichen Mitverschuldens der Behörde, was die Beihilfebescheide vom 16. August 2013 und 10. September 2013 betrifft, Anlass bestanden hätte. Die Ankündigung, auf entsprechenden Antrag eine Ratenzahlung zu bewilligen, genügt insoweit nicht (vgl. zuletzt BVerwG, Urteil vom 24. September 2013 – 2 C 52.11 –, NVwZ-RR 2014, 274). Angesichts dessen ist der Rückforderungsbescheid aufzuheben und dem Landesamt so Gelegenheit einzuräumen, eine angemessene Billigkeitsentscheidung treffen zu können.
II.
75 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Von einer Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wird gemäß § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO abgesehen.
III.
76 
Die Berufung wird wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen.
77 
Beschluss
78 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 3 GKG auf 32.837,43 EUR Euro festgesetzt.
79 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

(1) Wird ein Beamter, Richter oder Soldat durch eine gesetzliche Änderung seiner Bezüge einschließlich der Einreihung seines Amtes in die Besoldungsgruppen der Besoldungsordnungen rückwirkend schlechter gestellt, so sind die Unterschiedsbeträge nicht zu erstatten.

(2) Im Übrigen regelt sich die Rückforderung zuviel gezahlter Bezüge nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Der Kenntnis des Mangels des rechtlichen Grundes der Zahlung steht es gleich, wenn der Mangel so offensichtlich war, dass der Empfänger ihn hätte erkennen müssen. Von der Rückforderung kann aus Billigkeitsgründen mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle ganz oder teilweise abgesehen werden.

(3) Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Tode des Beamten, Richters oder Soldaten auf ein Konto bei einem Geldinstitut überwiesen wurden, gelten als unter Vorbehalt erbracht. Das Geldinstitut hat sie der überweisenden Stelle zurück zu überweisen, wenn diese sie als zu Unrecht erbracht zurückfordert. Eine Verpflichtung zur Rücküberweisung besteht nicht, soweit über den entsprechenden Betrag bei Eingang der Rückforderung bereits anderweitig verfügt wurde, es sei denn, dass die Rücküberweisung aus einem Guthaben erfolgen kann. Das Geldinstitut darf den überwiesenen Betrag nicht zur Befriedigung eigener Forderungen verwenden.

(4) Soweit Geldleistungen für die Zeit nach dem Tode des Beamten, Richters oder Soldaten zu Unrecht erbracht worden sind, haben die Personen, die die Geldleistungen in Empfang genommen oder über den entsprechenden Betrag verfügt haben, diesen Betrag der überweisenden Stelle zu erstatten, sofern er nicht nach Absatz 3 von dem Geldinstitut zurücküberwiesen wird. Ein Geldinstitut, das eine Rücküberweisung mit dem Hinweis abgelehnt hat, dass über den entsprechenden Betrag bereits anderweitig verfügt wurde, hat der überweisenden Stelle auf Verlangen Namen und Anschrift der Personen, die über den Betrag verfügt haben, und etwaiger neuer Kontoinhaber zu benennen. Ein Anspruch gegen die Erben bleibt unberührt.

(1) Wird ein Versorgungsberechtigter durch eine gesetzliche Änderung seiner Versorgungsbezüge mit rückwirkender Kraft schlechter gestellt, so sind die Unterschiedsbeträge nicht zu erstatten.

(2) Im Übrigen regelt sich die Rückforderung zuviel gezahlter Versorgungsbezüge nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Der Kenntnis des Mangels des rechtlichen Grundes der Zahlung steht es gleich, wenn der Mangel so offensichtlich war, dass der Empfänger ihn hätte erkennen müssen. Von der Rückforderung kann aus Billigkeitsgründen mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle ganz oder teilweise abgesehen werden.

(3) Die Rückforderung von Beträgen von weniger als fünf Euro unterbleibt. Treffen mehrere Einzelbeträge zusammen, gilt die Grenze für die Gesamtrückforderung.

(4) § 118 Abs. 3 bis 5 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch gilt entsprechend.

(5) (weggefallen)

(1) Wird ein Beamter, Richter oder Soldat durch eine gesetzliche Änderung seiner Bezüge einschließlich der Einreihung seines Amtes in die Besoldungsgruppen der Besoldungsordnungen rückwirkend schlechter gestellt, so sind die Unterschiedsbeträge nicht zu erstatten.

(2) Im Übrigen regelt sich die Rückforderung zuviel gezahlter Bezüge nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Der Kenntnis des Mangels des rechtlichen Grundes der Zahlung steht es gleich, wenn der Mangel so offensichtlich war, dass der Empfänger ihn hätte erkennen müssen. Von der Rückforderung kann aus Billigkeitsgründen mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle ganz oder teilweise abgesehen werden.

(3) Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Tode des Beamten, Richters oder Soldaten auf ein Konto bei einem Geldinstitut überwiesen wurden, gelten als unter Vorbehalt erbracht. Das Geldinstitut hat sie der überweisenden Stelle zurück zu überweisen, wenn diese sie als zu Unrecht erbracht zurückfordert. Eine Verpflichtung zur Rücküberweisung besteht nicht, soweit über den entsprechenden Betrag bei Eingang der Rückforderung bereits anderweitig verfügt wurde, es sei denn, dass die Rücküberweisung aus einem Guthaben erfolgen kann. Das Geldinstitut darf den überwiesenen Betrag nicht zur Befriedigung eigener Forderungen verwenden.

(4) Soweit Geldleistungen für die Zeit nach dem Tode des Beamten, Richters oder Soldaten zu Unrecht erbracht worden sind, haben die Personen, die die Geldleistungen in Empfang genommen oder über den entsprechenden Betrag verfügt haben, diesen Betrag der überweisenden Stelle zu erstatten, sofern er nicht nach Absatz 3 von dem Geldinstitut zurücküberwiesen wird. Ein Geldinstitut, das eine Rücküberweisung mit dem Hinweis abgelehnt hat, dass über den entsprechenden Betrag bereits anderweitig verfügt wurde, hat der überweisenden Stelle auf Verlangen Namen und Anschrift der Personen, die über den Betrag verfügt haben, und etwaiger neuer Kontoinhaber zu benennen. Ein Anspruch gegen die Erben bleibt unberührt.

Tenor

Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger, der als Polizeibeamter im Dienst des Beklagten steht, wendet sich mit seiner Klage gegen die Rücknahme von Beihilfebescheiden, mit denen Aufwendungen für seine am 03.12.1988 geborene Stieftochter erstattet wurden, und die Rückforderung der ohne Rechtsgrund gezahlten Beihilfe. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist nur noch die Rückforderung in Höhe von insgesamt 32.837,43 EUR.
Der Kläger erhielt seit seiner Eheschließung im Jahr 2008 laufend Beihilfeleistungen für seine Stieftochter. Mit Schreiben vom 27.05.2013 unterrichtete der Kläger das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg (im Folgenden: Landesamt), dass er sich am 03.07.2013 von seiner Ehefrau, der Mutter der Stieftochter, scheiden lassen werde. Mit am 24.06.2013 beim Landesamt eingegangenem Formular vom 19.06.2013 teilte der Kläger im Rahmen seiner Erklärung zum Familienzuschlag mit, dass er seit Juni 2011 von seiner Frau getrennt lebe. Am 17.07.2013 wurde die am 20.08.2008 geschlossene Ehe geschieden. Der Scheidungsbeschluss ist seit dem 03.09.2013 rechtskräftig.
Das Landesamt hörte den Kläger zur beabsichtigten Rücknahme von Beihilfebescheiden für nach dem 01.01.2012 entstandenen Aufwendungen der Stieftochter an. Dabei gab der Kläger an, dass er aufgrund verschiedener Auskünfte davon ausgegangen sei, dass die Beihilfeberechtigung für seine Stieftochter bis zur Rechtskraft des Scheidungsurteils bestehe. Er sei jedenfalls nicht mehr bereichert, da er die ausgezahlten Beträge sofort an seine Stieftochter zur Bezahlung der Arztrechnungen weitergereicht habe. Ihm sei nicht bewusst gewesen, dass ihm die gewährte Leistung materiell nicht zustehe.
Mit Bescheid vom 15.11.2013 änderte das Landesamt seinen Beihilfebescheid vom 04.04.2012 insoweit ab bzw. hob ihn insoweit auf, als zu den für das Stiefkind ab 01.01.2012 entstandenen Aufwendungen Beihilfe gewährt worden war (Nr. 1), hob die Bescheide vom 19.06.2012, 09.08.2012, 09.11.2012, 03.01.2013, 01.05.2013, 16.08.2013 und 10.09.2013 auf (Nr. 2) und forderte die ohne Rechtsgrund gezahlte Beihilfe in Höhe von 32.837,43 Euro vom Kläger zurück (Nr. 3).
Zur Begründung führte es aus, die Voraussetzungen für die Rücknahme der Bescheide gemäß § 48 LVwVfG seien erfüllt. Eine Mitteilung des Klägers über den Wegfall der Stiefkindeigenschaft bei der Bezüge zahlenden Stelle bzw. der Familienkasse sei nicht zeitgerecht erfolgt, so dass bei Stellung der genannten Beihilfeanträge fälschlicherweise davon ausgegangen worden sei, dass seine Stieftochter auch über den 31.12.2011 hinaus berücksichtigungsfähige Angehörige sei. Der Kläger habe damit die Verwaltungsakte durch unvollständige Angaben erwirkt und es sei unbeachtlich, ob ihm die möglichen Auswirkungen bewusst gewesen seien oder nicht. Zwar stehe der Behörde im Rahmen des § 48 LVwVfG hinsichtlich der Rücknahme ein Ermessen zu. Aber auch unter Berücksichtigung aller Umstände bei der Gesamtabwägung, insbesondere unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Auswirkungen und der Rechtmäßigkeit der Verwaltung, könnten die Bescheide zurückgenommen werden. Die Rückforderung der insoweit rechtsgrundlos gewährten Leistungen richte sich nach § 49a LVwVfG. Für den Umfang der Erstattung gälten die Vorschriften der §§ 812 ff. BGB. Der Anspruch auf Rückzahlung zu viel gezahlter Beihilfe bleibe ohne Rücksicht auf den Wegfall der Bereicherung bestehen, wenn der Beihilfeempfänger die Überzahlung durch schuldhafte Verletzung der ihm gegenüber seinem Dienstherrn obliegenden Pflichten verursacht habe oder der Beihilfeempfänger den Mangel des rechtlichen Grundes der Zahlung oder die Fehlerhaftigkeit des der Zahlung zu Grunde liegenden Bescheides beim Empfang der Beihilfe gekannt oder nachträglich erfahren habe oder der Mangel des rechtlichen Grundes der Zahlung oder die Fehlerhaftigkeit des Bescheides so offensichtlich gewesen sei, dass der Empfänger dies hätte erkennen müssen. Der Kläger habe in Bezug auf die Gewährung beziehungsweise Zahlung kinderbezogener Leistungen für seine Stieftochter entscheidungsrelevante, rechtzeitige Angaben gegenüber dem für die Zahlung seiner Dienstbezüge zuständigen Arbeitsgebiet unterlassen, sodass die Voraussetzungen für die Rückforderung erfüllt seien und der Wegfall der Bereicherung nicht geltend gemacht werden könne. Auch im Rahmen der in § 12 Abs. 2 BBesG vorgeschriebenen Billigkeitsentscheidung vermöge es weder ganz noch teilweise von der Rückforderung abzusehen.
Den vom Kläger dagegen fristgerecht erhobenen Widerspruch wies das Landesamt mit Widerspruchsbescheid vom 21.05.2014 zurück. Zur Begründung wurde ergänzend ausgeführt, dass bei der Ermessensausübung berücksichtigt worden sei, dass bei rechtzeitiger Geltendmachung einer Bedarfsanpassung die Deckungslücke bei der privaten Krankenversicherung versicherbar gewesen wäre. Werde dies versäumt, so gehe dies aber nicht zu Lasten des Landes. Durch das Dienstrechtsreformgesetz vom 09.11.2010 sei das Landesbeamtengesetz grundlegend geändert worden. Für die Rückforderung von Beihilfe seien nun die einschlägigen Bestimmungen des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes maßgebend. Die zuvor geltenden Verweise auf § 12 Bundesbesoldungsgesetz und die danach erforderliche Billigkeitsentscheidung seien im Landesbeamtengesetz nicht enthalten. Somit richte sich die Rückforderung der insoweit rechtsgrundlos gewährten Leistungen nach § 49a LVwVfG. Auf den Wegfall der Bereicherung könne sich der Kläger nicht berufen, soweit er die Umstände gekannt habe, die zur Rücknahme des Verwaltungsakts geführt hätten. Die Entreicherungseinrede im Rahmen des § 49a Abs. 2 LVwVfG laufe somit immer dann leer, wenn sich der Bereicherte nicht auf schutzwürdiges Vertrauen berufen könne. Dies sei nach den obigen Ausführungen unzweifelhaft der Fall. Auf Antrag des Klägers könne jedoch über eine ratenweise Rückzahlung des Überzahlungsbetrages entschieden werden. Damit erscheine eine den Umständen gerecht werdende tragbare Lösung gegeben.
Auf die am 20.06.2014 erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe den angefochtenen Bescheid hinsichtlich der Rückforderung (Nr. 3) aufgehoben und im Übrigen die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen wird u.a. ausgeführt: Die Voraussetzungen einer Rückforderung der überzahlten Beihilfe nach § 49a Abs. 1 und 2 LVwVfG lägen zwar vor. Die Rückforderungsentscheidung sei gleichwohl rechtswidrig, da das Landesamt keine Billigkeitsentscheidung getroffen habe. Einer solchen hätte es aber in analoger Anwendung von § 15 Abs. 2 Satz 3 Landesbesoldungsgesetz Baden-Württemberg (LBesGBW) und § 5 Abs. 2 Satz 3 Landesbeamtenversorgungsgesetz Baden-Württemberg (LBeamtVGBW) wegen einer planwidrigen Regelungslücke bedurft.
Ausgangspunkt der Überlegung bilde dabei der Umstand, dass vor der Dienstrechtsreform (vgl. hierzu das Gesetz zur Reform des öffentlichen Dienstrechts vom 09.11.2010, GBl. 2010, S. 793 – DRG) die Rückforderung überzahlter Beihilfe auf Grundlage des § 109 LBG a.F. habe erfolgen können. Er habe vorgesehen, dass für die Rückforderung von Leistungen des Dienstherrn, die nicht Besoldung oder Versorgung sind, § 12 Abs. 2 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) entsprechend anzuwenden gewesen sei. Die Rückforderung von Beihilfe habe damit den gleichen Voraussetzungen wie die von Besoldungs- oder Versorgungsbezügen unterlegen, insbesondere in Bezug auf das Erfordernis einer Billigkeitsentscheidung.
Diesen Gleichlauf habe der Landesgesetzgeber im Zuge der Dienstrechtsreform durch das Streichen der Vorschrift des § 109 LBG a.F., ohne dass hierfür ein sachlicher Grund ersichtlich sei, beseitigt. Parallel dazu habe er im Landesbesoldungsgesetz Baden-Württemberg und im Landesbeamtenversorgungsgesetz Baden-Württemberg für überzahlte Besoldungs- beziehungsweise Versorgungsbezüge eigenständige Rechtsgrundlagen für die Rückforderung geschaffen, die jeweils eine Grundlage für Billigkeitsentscheidungen vorsähen. Es lasse sich kein sachlicher Grund dafür ermitteln, weshalb für Besoldungs- und Versorgungsbezüge spezialgesetzliche Rückforderungsrechtsgrundlagen geschaffen worden seien, während die Rückforderung der Beihilfe sich nunmehr nach der allgemeinen Bestimmung des § 49a LVwVfG richten solle, die eine Billigkeitsentscheidung nicht vorsehe. Es liege darüber hinaus die für einen Analogieschluss erforderliche vergleichbare Sach- und Interessenlage vor. Die Rückforderung von Besoldungs- und Versorgungsbezügen oder von überzahlter Beihilfe könne den Beamten – gemessen an seinem Monats- und Jahresverdienst – im Einzelfall hart treffen. Auch der vorliegende Fall sei hierfür ein geeignetes Beispiel. Das Landesamt habe in dem für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Widerspruchsbescheid keine Billigkeitsentscheidung getroffen, obwohl hierfür angesichts der erheblichen Rückforderungshöhe und eines möglichen Mitverschuldens der Behörde, was die Beihilfebescheide vom 16.08.2013 und 10.09.2013 betreffe, Anlass bestanden hätte. Die Ankündigung, auf entsprechenden Antrag eine Ratenzahlung zu bewilligen, genüge insoweit nicht. Angesichts dessen sei der Rückforderungsbescheid aufzuheben und dem Landesamt so Gelegenheit einzuräumen, eine angemessene Billigkeitsentscheidung treffen zu können.
10 
Die vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Berufung hat der Beklagte - soweit der Klage stattgegeben wurde - fristgerecht eingelegt und begründet. Der Beklagte macht geltend: Das Verwaltungsgericht habe sich in rechtlich unzulässiger Weise über den eindeutigen Wortlaut des § 49a Abs. 1 und 2 LVwVfG hinweggesetzt und eine Analogie zu § 15 Abs. 2 Satz 3 LBesG und § 5 Abs. 2 Satz 3 LBeamtVG gebildet. Dabei habe es zum einen übersehen, dass Analogien von Ausnahmetatbeständen systemisch verboten seien und zum anderen in rechtsirrtümlicher Weise angenommen, dass die Voraussetzungen einer Analogie gegeben seien. Im Streitfalle habe das Verwaltungsgericht Karlsruhe richtigerweise geurteilt, dass § 49a LVwVfG grundsätzlich zur Anwendung kommen müsse. Dabei handele es sich um die Grundregel der Erstattung von erbrachten Leistungen nach Rücknahme von rechtswidrigen Verwaltungsakten, und zwar für sämtliche Bereiche der Verwaltung. Der Gesetzgeber habe insofern eben gerade kein Ermessen vorgesehen. In einigen spezialrechtlichen Bereichen, wie z.B. im Besoldungs- und Versorgungsrecht habe der Gesetzgeber mit § 15 LBesG und § 5 LBeamtVG ausnahmsweise Vorkehrungen getroffen, die einer Behörde erlaubten, entgegen dem Grundsatz von § 49a LVwVfG ggf. eine Billigkeitsentscheidung zu treffen, also Ermessen im weiteren Sinne auszuüben. Diese Vorschriften gälten allerdings ausschließlich für diese eng abgrenzbaren Bereiche der Besoldung und Versorgung und eben gerade nicht für weitere Rechtsgebiete. Doch darüber hinaus lägen auch die kumulativen Voraussetzungen einer Analogie nicht vor. Insbesondere sei die vermeintliche Regelungslücke nicht planwidrig. Wie das Verwaltungsgericht Karlsruhe richtigerweise ausgeführt habe, sei am 09.11.2010 das öffentliche Dienstrecht umfassend reformiert worden. Das heiße, der Gesetzgeber habe nicht nur einzelne Bereiche des Dienstrechts überarbeitet, sondern habe sich Gedanken über das öffentliche Dienstrecht insgesamt gemacht. Während er den § 109 LBG a.F. abgeschafft und für die Bereiche der Besoldung und Versorgung eigene Vorschriften geschaffen habe, habe er für die Beihilfe offensichtlich keine spezielle Regelung treffen wollen, sondern habe nach dem Klammerprinzip die §§ 48 ff. LVwVfG für den Bereich der Beihilfe wieder aufleben lassen. Dass die vermeintliche Regelungslücke nicht planwidrig sei, ergebe sich also schon aus dem Umkehrschluss der Reform und Schaffung der § 15 LBesG und § 5 LBeamtVG. Schließlich liege auch keine vergleichbare Interessenlage vor. Allein die Tatsache, dass es sowohl im Bereich der Besoldung als auch der Beihilfe zur Rückforderung von hohen Beträgen kommen könne, stelle noch keine vergleichbare Sachlage dar. Ansonsten wären alle möglichen Lebenssachverhalte vergleichbar, etwa auch die Rückforderung von Subventionen, da insofern ebenfalls stets hohe Beträge im Streite stünden. Bei der Beihilfe handele es sich um zweckgebundene Leistungen, anders als bei der Besoldung oder der Versorgung. Während die Besoldung und Versorgung dem Beamten zur freien Verfügung stehe, um sein Leben zu bestreiten und es nach seinen Vorlieben zu gestalten, sei die Beihilfe zweckgebunden und verbleibe letztlich nicht beim Beamten, sondern werde an den medizinischen Dienstleister weitergereicht. Allein hieraus ergäbe sich, dass die Interessenlage eine völlig andere sei.
11 
Der Beklagte beantragt,
12 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 19.02.2015 - 9 K 1815/14 - zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
13 
Der Kläger beantragt,
14 
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
15 
Er verweist in erster Linie auf das angefochtene Urteil und macht ergänzend geltend, dass das Verwaltungsgericht Karlsruhe insbesondere substantiiert dargelegt habe, dass auch eine vergleichbare Interessenlage vorliege und gerade der vorliegende Fall ein geeignetes Beispiel dafür sei, dass die Rückforderung von Besoldungs- und Versorgungsbezügen oder von überzahlter Beihilfe den Beamten im Einzelnen hart treffen könne. Im vorliegenden Falle sei die Stieftochter des Klägers an Multipler Sklerose erkrankt. Es seien allein im Zeitraum von März 2012 bis August 2013 Arzneikosten von mindestens 32.837,43 EUR entstanden. Der Kläger habe diesen Betrag - im Gegensatz zu einem zu viel gezahlten Besoldungsbetrag - direkt an die behandelnden Arzte weitergeleitet. Er gerate als Autobahnpolizeibeamter im Streifendienst in größte wirtschaftliche Existenzbedrohung, wenn er den geforderten Betrag zuzüglich Zinsen zurückzahlen müsse. Weitere Einkünfte als sein Beamtengehalt habe er natürlich nicht.
16 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akten der Beklagten und des Verwaltungsgerichts sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
17 
Nach §§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO entscheidet der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.
18 
Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet. Zu Recht ist das Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil davon ausgegangen, dass die Rückforderungsentscheidung in Nr. 3 des Bescheids des Landesamts vom 15.11.2013 in Gestalt dessen Widerspruchsbescheids vom 21.05.2014 rechtswidrig ist und den Kläger deshalb in seinen Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dies gilt allerdings nicht lediglich im Hinblick auf das Fehlen einer Billigkeitsentscheidung, sondern schon bezüglich der Rückforderungsentscheidung selbst, welche von einem unrichtigen Maßstab bezüglich der Kenntnis des Mangels des rechtlichen Grundes für die Zahlung ausgeht. Denn hinsichtlich beider Entscheidungen besteht derzeit eine planwidrige Regelungslücke (dazu 1.), welche bis zu einer ausdrücklichen Entscheidung des Gesetzgebers durch eine analoge Anwendung von § 15 Abs. 2 LBesG zu schließen ist (dazu 2.).
19 
1. Zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass durch die umfangreichen Neuregelungen des Dienstrechtsreformgesetzes in einen Teilbereich eine planwidrige Regelungslücke für die Rückforderung zu viel gezahlter Geldleistungen des Dienstherrn aufgrund beamtenrechtlicher Vorschriften entstanden ist. Denn der Landesgesetzgeber hat nur für die Rückforderung zu viel bezahlter Bezüge (§ 15 Abs. 2 LBesG) und zu viel bezahlter Versorgungsbezüge bzw. zu viel gezahlten Alters- oder Hinterbliebenengeldes (§ 5 Abs. 2 LBeamtVG) eine ausdrückliche gesetzliche Regelung getroffen. Beide Rückforderungsvorschriften sind wegen der Begriffsbestimmungen der Bezüge in § 1 LBesG einerseits bzw. der Versorgungsbezüge in § 17 LBeamtVG andererseits nach ihrem Wortlaut auf den vorliegenden Fall der Rückforderung von Beihilfe nicht unmittelbar anwendbar. Eine „Auffangvorschrift“ für die Rückforderung von „sonstigen“ Leistungen des Dienstherrn aufgrund beamtenrechtlicher Vorschriften, also solchen Geldleistungen, die nicht Besoldung i.S.v. § 1 LBesG oder Versorgung i.S.v. § 17 LBeamtVG sind, fehlt in dem durch die Dienstrechtsreform mit Geltung zum 01.01.2011 ebenfalls neugefassten Landesbeamtengesetz. Zuvor, also nach der bis zum 31.12.2010 geltenden Vorschrift des § 109 LBG in der Fassung vom 19.03.1996 (bzw. der Vorgängerfassung vom 08.08.1979) war für Rückforderungen von Leistungen des Dienstherrn, die nicht Besoldung oder Versorgung sind, § 12 Abs. 2 des Bundesbesoldungsgesetzes entsprechend anzuwenden. Diese Vorschrift galt bis zur Dienstrechtsreform für Landesbeamte hinsichtlich der Rückforderung von Bezügen noch unmittelbar. Durch den ersatzlosen Wegfall von § 109 LBG a.F. besteht somit seit dem 01.01.2011 keine ausdrückliche Regelung für die Rückforderung sonstiger Leistungen des Dienstherrn aufgrund beamtenrechtlicher Vorschriften mehr. Jedenfalls im Ergebnis zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass hierdurch eine planwidrige Regelungslücke eingetreten ist.
20 
Zu Unrecht wendet der Beklagte hiergegen ein, dass § 49a LVwVfG geeignet sei, den Eintritt einer Regelungslücke zu verhindern. Denn § 49a LVwVfG findet nach Abs. 1 (unmittelbar) nur Anwendung, soweit ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder widerrufen oder infolge Eintritts einer auflösenden Bedingung unwirksam geworden ist. Dementsprechend stellt Abs. 2 Satz 2 der Vorschrift auch auf die Kenntnis der Umstände ab, die zu Rücknahme, Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsakts geführt haben. Der Anwendungsbereich von § 109 LBG a.F. setzte dagegen - wie auch § 12 Abs. 2 BBesG und andere beamtenrechtliche Rückforderungsregelungen - gerade nicht voraus, dass die (Geld-)leistung durch Verwaltungsakt gewährt sein musste. Vielmehr wurde auch die Rückforderung von Geldleistungen ermöglicht, bei denen es von vornherein an einem Verwaltungsakt als Rechtsgrund für das Behaltendürfen fehlte. Schon dieser Unterschied im Anwendungsbereich zeigt, dass § 49a LVwVfG nicht geeignet ist, die durch den Wegfall von § 109 LBG a.F. entstandene Regelungslücke vollständig zu schließen. Zudem dürfte § 49a LVwVfG wie auch die gleichlautende bundesrechtliche Regelung des § 49a VwVfG nur auf Erstattungsansprüche des Staates gegen den Bürger unmittelbar anzuwenden sein (vgl. Baumeister in Obermayer/Funke-Kaiser, VwVfG, Kommentar, 4. Auflage 2014, § 49a Rn. 6). Jedenfalls ist der allgemeine Erstattungsanspruch des § 49a LVwVfG nicht geeignet, dem besonderen Verhältnis zwischen Beamten und Dienstherrn, welches geprägt ist durch eine Treuepflicht einerseits und eine Fürsorgepflicht andererseits, und dessen Auswirkungen bei der Rückforderung von in diesem besonderen Pflichtenverhältnis bezahlten Geldleistungen gerecht zu werden.
21 
Schon die Gesetzgebungshistorie zeigt, dass seit Bestehen der Bundesrepublik anerkannt war, dass für Beamte bei der Rückforderung von Leistungen aus dem Dienstverhältnis besondere Regelungen gelten sollten, welche vom damals noch nicht kodifizierten allgemeinen Erstattungsanspruch des späteren § 49a VwVfG für Leistungen zwischen Staat und Bürger abweichen und nicht nur Leistungen umfassen, welche durch Verwaltungsakt gewährt wurden. Diesem Gedanken trug die Rahmengesetzgebung des Bundes zum Beamtenrecht Rechnung, indem § 53 Abs. 2 BRRG in der Fassung vom 01.07.1957 (BGBl. I 667) wortgleich mit dem für Bundesbeamte geltenden § 87 Abs. 2 BBG in der Fassung vom 18.09.1957 (BGBl. I 1338) auch für Landesbeamte vorsah, dass sich der Umfang der Bereicherung zwar - vergleichbar dem allgemeinen Erstattungsanspruch - nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung ergeben sollte, eine Berufung auf den Wegfall der Bereicherung aber nur ausgeschlossen war, wenn der Beamte den Mangel des rechtlichen Grundes kannte oder dieser so offensichtlich war, dass er ihn hätte kennen müssen. Dieser für den Beamten im Vergleich zu dem allgemeinen Erstattungsanspruch (bei dem eine Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis der Umstände, welche zur Rücknahme oder zum Widerruf des Verwaltungsakts geführt hatte, erforderlich war) günstigere Regelung sollte den Besonderheiten des Beamtenverhältnisses Rechnung tragen. Sie beinhaltete daher von Anfang an noch die Möglichkeit, aus Billigkeitsgründen von einer Rückforderung ganz oder teilweise abzusehen. § 53 Abs. 2 BRRG wurde - ebenso wie die wortgleiche Vorschrift des § 87 Abs. 2 BBG - trotz des Wortlauts nicht allein auf die Rückforderung von Dienst- oder Versorgungsbezügen im engeren Sinne, sondern auf sämtliche Leistungen des Dienstherrn aus dem Beamtenverhältnis (entsprechend) angewandt (vgl. Plog/Wiedow, Bundesbeamtengesetz, Kommentar, Stand 29.10.1961, Rn. 5 zu § 87). Eine ausdrückliche Umsetzung des Landesgesetzgebers entsprechend der Verpflichtung in § 1 Abs. 2 BRRG a.F. erfolgte erst mit Neufassung des Landesbeamtengesetzes vom 08.08.1979 in Form des § 109 LBG, welcher bis zum Inkrafttreten des Dienstrechtsreformgesetzes eine analoge Anwendung der damals für die Rückforderung von Bezügen von Landesbeamten unmittelbar geltenden Vorschrift des § 12 Abs. 2 BBesG vorsah. Somit bestand in der Gesetzgebung der Bundesrepublik durchgehend (auch) für Beamte des Landes Baden-Württemberg eine gegenüber dem allgemeinen Erstattungsanspruch günstigere Rückforderungsregelung für sonstige Geldleistungen aus dem Beamtenverhältnis. Hätte der Landesgesetzgeber diese „Begünstigung“ durch das Dienstrechtsreformgesetz aufheben und durch die ungünstigere allgemeine Regelung des § 49a Abs. 2 LVwVfG ersetzen wollen, hätte es dazu angesichts der deutlichen Schlechterstellung der Landesbeamten für die Zukunft ausdrücklicher Erwägungen bedurft. Insoweit fehlt es, worauf das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen hat, an jeglichen Anhaltspunkten in den umfangreichen Gesetzgebungsmaterialien. In der Zielsetzung der Gesetzesbegründung wird darauf abgestellt, dass die hinzugewonnenen Gesetzgebungskompetenzen genutzt werden sollen, um die Rechtsverhältnisse der Beamtinnen und Beamten im Lande einer Generalrevision zu unterziehen und den modernen Erfordernissen, den Interessen der Beamtinnen und Beamten sowie den Belangen des Landes und sonstiger Dienstherrn anzupassen (LT-Dr. 14/6694, S. 1). Bei der Wiedergabe des „wesentlichen Inhalts“ der Neuregelungen findet sich weder in Bezug auf beamtenrechtliche noch hinsichtlich besoldungsrechtlicher Regelungen ein Hinweis auf eine beabsichtigte Änderung der Rückforderungsvorschriften (aaO S. 2). Zur Neuregelung des § 15 LBesG wird z.B. ausgeführt, dass die Bestimmung unverändert § 12 BBesG entspreche (aaO S. 460). Zur Änderung der Beihilfeverordnung wird ausgeführt, dass (lediglich) redaktionelle Anpassungen an die geänderte Paragrafenfolge des Landesbeamtengesetzes sowie eine Umstellung von Verweisungen des Bundesbesoldungs- und Versorgungsrechts auf das neue Landesbesoldungs- und Versorgungsrecht vorgenommen würden (aaO S. 599). Hieraus ergeben sich somit keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber speziell im Beihilferecht strengere Rückforderungsregelungen beabsichtigt hat. Auch der Hinweis des Beklagten auf die vollständige Streichung aller Paragrafen des 3. Unterabschnitts des alten Landesbeamtengesetzes mit Ausnahme von § 110 LBG ist nicht geeignet, eine bewusste Abschaffung der früheren Rückforderungsregelung zu belegen. Denn dieser Unterabschnitt (§§ 106 – 110) stand unter der Überschrift Besoldung, Versorgung und sonstige Leistungen, welche keineswegs ersatzlos weggefallen sind, sondern überwiegend (§§ 106 – 108) im neugefassten Landesbesoldungs- bzw. Versorgungsgesetz geregelt wurden. Lediglich der auch in diesem Abschnitt des alten Landesbeamtengesetzes geregelte Übergang des Schadensersatzanspruchs eines Beamten gegen einen Dritten (§ 110) wurde ins neugefasste Landesbeamtengesetz übernommen. Demgegenüber entfiel die Regelung des § 109 LBG a.F. ersatzlos. Dass damit nicht nur eine redaktionelle Umstellung von Verweisungen (vgl. LT-Dr. 14/6694, S. 599 zu Artikel 47) im Hinblick auf das nicht mehr für Landesbeamte anwendbare Bundesbesoldungsgesetz, sondern eine inhaltliche Abschaffung der beamtenrechtlichen Sonderregelung für Rückforderungen sonstiger Leistungen durch den Gesetzgeber erfolgt sein sollte, entbehrt jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte.
22 
Neben der Gesetzgebungshistorie spricht auch ein Blick auf die Rechtslage in anderen Bundesländern dafür, dass dem baden-württembergischen Landesgesetzgeber bei der Novellierung des Landesbeamtengesetzes im Rahmen der Dienstrechtsreform zum 01.01.2011 der ersatzlose Wegfall einer Regelung zu Grundsätzen des bundeseinheitlichen Berufsbeamtentums nicht bewusst war. Denn in den anderen Bundesländern wurde jeweils nach dem Wechsel der Gesetzgebungskompetenz eine „Neuregelung“ für die Rückforderung sonstiger Geldleistungen im Rahmen des Beamtenverhältnisses getroffen (s. etwa § 87 Niedersächsisches Beamtengesetz vom 25.03.2009 oder Art. 13 Bayerisches Beamtengesetz vom 29.07.2008). Soweit mit der Neufassung des Bundesbeamtengesetzes vom 05.02.2009 zunächst die entsprechende Regelung des § 87 Abs. 2 BBG (a.F.) wegfallen war, wurde diese „Regelungslücke“ durch Einfügung des § 84a BBG zum 14.03.2015 inzwischen geschlossen.
23 
Schließlich dürfte sich auch aus verfassungsrechtlichen Gründen ergeben, dass eine Geltung des allgemeinen Rückforderungsanspruchs nach § 49a LVwVfG auch für Beamte infolge der ersatzlosen Abschaffung der bisherigen Sonderregelung zur Rückforderung sonstiger Leistungen aus dem Beamtenverhältnis einschließlich der Eröffnung einer Billigkeitsentscheidung nicht zulässig gewesen wäre. Zwar gelten auch für Verwaltungsakte zu Geldleistungen aus dem Beamtenverhältnis grundsätzlich die allgemeinen Regelungen der §§ 48, 49 LVwVfG auf der ersten Stufe der Frage, ob der Verwaltungsakt zurückgenommen oder widerrufen werden darf. Die separat auf einer zweiten Stufe zu prüfende Frage der Rückforderung muss jedoch den Besonderheiten des Berufsbeamtentums Rechnung tragen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts muss es die Alimentierung den Beamten ermöglichen, sich ganz dem öffentlichen Dienst als Lebensberuf zu widmen und in rechtlicher und wirtschaftlicher Sicherheit und Unabhängigkeit zur Erfüllung der ihnen zugewiesenen Aufgaben beizutragen (st. Rspr., zuletzt Beschluss vom 17.11.2015 - 2 BvL 19/09 u.a. - Rn. 97 nach juris). Die in dieser Rechtsprechung hervorgehobene Qualitätssicherung des Berufsbeamtentums beinhaltet auch die Verpflichtung des Dienstherrn zur Wahrung eines amtsangemessenen Lebensunterhalts trotz laufender Aufwendungen für die Risikovorsorge oder besonderer Belastungen wegen Krankheit (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.06.2004 - 2 C 50/02 - Rn. 9 u. 120 nach juris). Fehl geht daher die Annahme des Beklagten, dass Rückforderungen von Beihilfeleistungen grundsätzlich einer anderen Behandlung durch den Gesetzgeber zugänglich seien. Wie gerade der vorliegende Fall zeigt, kann auch die Rückforderung von Beihilfe im Einzelfall zu einer existenziellen Notlage des Beamten führen, welche geeignet ist, seine rechtliche und wirtschaftliche Unabhängigkeit zu gefährden. Daher ist es bei Rückforderungen des Dienstherrn gegenüber seinem Beamten geboten, eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, damit nicht jede Verletzung einer Anzeigepflicht aufgrund strenger haushaltsrechtlicher Vorschriften automatisch zu einer Rückforderung mit möglicherweise existenzbedrohenden Folgen für den Beamten führt. Gerade auch der Umstand, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung zur früher anwendbaren Regelung des § 12 Abs. 2 BBesG stets davon ausgegangen ist, dass eine Billigkeitsprüfung unter Würdigung der besonderen Umstände des Einzelfalls untrennbarer Bestandteil der Rückforderungsentscheidung ist, zeigt, dass Beamte aufgrund des besonderen gegenseitigen Pflichtenverhältnisses insoweit nicht den starren Regelungen des § 49a LVwVfG unterworfen sein dürfen.
24 
Davon ging im Übrigen der Beklagte selbst noch im Zeitpunkt des Erlasses des Ausgangsbescheids aus, indem er § 12 BBesG wenigstens erwähnt hat. Weshalb er dann im Widerspruchsbescheid und im gerichtlichen Verfahren vehement die Rechtsauffassung vertritt, dem Dienstherrn sei seit Inkrafttreten des Dienstrechtsreformgesetzes eine Billigkeitsentscheidung verwehrt, weil auch bei nur geringem Verschulden eine vollständige Rückforderung ohne die Möglichkeit der Berücksichtigung von Besonderheiten oder Härten des Einzelfalls entsprechend den allgemeinen zwischen Staat und Bürger geltenden Vorschriften zwingend sei, erschließt sich dem Senat nicht.
25 
2. Die durch das Dienstrechtsreformgesetz eingetretene planwidrige Regelungslücke hinsichtlich der Rückforderung „sonstiger“ zu viel gezahlter Geldleistungen ist bis zu einer ausdrücklichen Regelung des Landesgesetzgebers durch analoge Anwendung anderer (neuer) beamtenrechtlicher Vorschriften zu schließen. Ungeachtet der Wortgleichheit der dafür zur Verfügung stehenden neugefassten Rückforderungsregelungen im Besoldungs- bzw. Versorgungsrecht ist der Senat der Auffassung, dass eine analoge Anwendung von § 15 Abs. 2 LBesG vorzunehmen ist, da dies der früheren Regelung des § 109 LBG a.F. mit seinem Verweis auf die damals geltenden besoldungsrechtlichen Vorschriften am Nächsten kommt.
26 
Ausgehend davon hat das Verwaltungsgericht zu Recht die gesamte Rückforderungsentscheidung (Nr. 3 des angefochtenen Bescheids) aufgehoben und der Klage insoweit stattgegeben. Der Beklagte ist nicht gehindert, anhand des geänderten Maßstabs des § 15 Abs. 2 LBesG nochmals über die Rückforderung ggf. einschließlich einer Billigkeitsprüfung zu entscheiden.
27 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
28 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
29 
Beschluss vom 20. September 2016
30 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 32.837,43 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
31 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
17 
Nach §§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO entscheidet der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.
18 
Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet. Zu Recht ist das Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil davon ausgegangen, dass die Rückforderungsentscheidung in Nr. 3 des Bescheids des Landesamts vom 15.11.2013 in Gestalt dessen Widerspruchsbescheids vom 21.05.2014 rechtswidrig ist und den Kläger deshalb in seinen Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dies gilt allerdings nicht lediglich im Hinblick auf das Fehlen einer Billigkeitsentscheidung, sondern schon bezüglich der Rückforderungsentscheidung selbst, welche von einem unrichtigen Maßstab bezüglich der Kenntnis des Mangels des rechtlichen Grundes für die Zahlung ausgeht. Denn hinsichtlich beider Entscheidungen besteht derzeit eine planwidrige Regelungslücke (dazu 1.), welche bis zu einer ausdrücklichen Entscheidung des Gesetzgebers durch eine analoge Anwendung von § 15 Abs. 2 LBesG zu schließen ist (dazu 2.).
19 
1. Zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass durch die umfangreichen Neuregelungen des Dienstrechtsreformgesetzes in einen Teilbereich eine planwidrige Regelungslücke für die Rückforderung zu viel gezahlter Geldleistungen des Dienstherrn aufgrund beamtenrechtlicher Vorschriften entstanden ist. Denn der Landesgesetzgeber hat nur für die Rückforderung zu viel bezahlter Bezüge (§ 15 Abs. 2 LBesG) und zu viel bezahlter Versorgungsbezüge bzw. zu viel gezahlten Alters- oder Hinterbliebenengeldes (§ 5 Abs. 2 LBeamtVG) eine ausdrückliche gesetzliche Regelung getroffen. Beide Rückforderungsvorschriften sind wegen der Begriffsbestimmungen der Bezüge in § 1 LBesG einerseits bzw. der Versorgungsbezüge in § 17 LBeamtVG andererseits nach ihrem Wortlaut auf den vorliegenden Fall der Rückforderung von Beihilfe nicht unmittelbar anwendbar. Eine „Auffangvorschrift“ für die Rückforderung von „sonstigen“ Leistungen des Dienstherrn aufgrund beamtenrechtlicher Vorschriften, also solchen Geldleistungen, die nicht Besoldung i.S.v. § 1 LBesG oder Versorgung i.S.v. § 17 LBeamtVG sind, fehlt in dem durch die Dienstrechtsreform mit Geltung zum 01.01.2011 ebenfalls neugefassten Landesbeamtengesetz. Zuvor, also nach der bis zum 31.12.2010 geltenden Vorschrift des § 109 LBG in der Fassung vom 19.03.1996 (bzw. der Vorgängerfassung vom 08.08.1979) war für Rückforderungen von Leistungen des Dienstherrn, die nicht Besoldung oder Versorgung sind, § 12 Abs. 2 des Bundesbesoldungsgesetzes entsprechend anzuwenden. Diese Vorschrift galt bis zur Dienstrechtsreform für Landesbeamte hinsichtlich der Rückforderung von Bezügen noch unmittelbar. Durch den ersatzlosen Wegfall von § 109 LBG a.F. besteht somit seit dem 01.01.2011 keine ausdrückliche Regelung für die Rückforderung sonstiger Leistungen des Dienstherrn aufgrund beamtenrechtlicher Vorschriften mehr. Jedenfalls im Ergebnis zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass hierdurch eine planwidrige Regelungslücke eingetreten ist.
20 
Zu Unrecht wendet der Beklagte hiergegen ein, dass § 49a LVwVfG geeignet sei, den Eintritt einer Regelungslücke zu verhindern. Denn § 49a LVwVfG findet nach Abs. 1 (unmittelbar) nur Anwendung, soweit ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder widerrufen oder infolge Eintritts einer auflösenden Bedingung unwirksam geworden ist. Dementsprechend stellt Abs. 2 Satz 2 der Vorschrift auch auf die Kenntnis der Umstände ab, die zu Rücknahme, Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsakts geführt haben. Der Anwendungsbereich von § 109 LBG a.F. setzte dagegen - wie auch § 12 Abs. 2 BBesG und andere beamtenrechtliche Rückforderungsregelungen - gerade nicht voraus, dass die (Geld-)leistung durch Verwaltungsakt gewährt sein musste. Vielmehr wurde auch die Rückforderung von Geldleistungen ermöglicht, bei denen es von vornherein an einem Verwaltungsakt als Rechtsgrund für das Behaltendürfen fehlte. Schon dieser Unterschied im Anwendungsbereich zeigt, dass § 49a LVwVfG nicht geeignet ist, die durch den Wegfall von § 109 LBG a.F. entstandene Regelungslücke vollständig zu schließen. Zudem dürfte § 49a LVwVfG wie auch die gleichlautende bundesrechtliche Regelung des § 49a VwVfG nur auf Erstattungsansprüche des Staates gegen den Bürger unmittelbar anzuwenden sein (vgl. Baumeister in Obermayer/Funke-Kaiser, VwVfG, Kommentar, 4. Auflage 2014, § 49a Rn. 6). Jedenfalls ist der allgemeine Erstattungsanspruch des § 49a LVwVfG nicht geeignet, dem besonderen Verhältnis zwischen Beamten und Dienstherrn, welches geprägt ist durch eine Treuepflicht einerseits und eine Fürsorgepflicht andererseits, und dessen Auswirkungen bei der Rückforderung von in diesem besonderen Pflichtenverhältnis bezahlten Geldleistungen gerecht zu werden.
21 
Schon die Gesetzgebungshistorie zeigt, dass seit Bestehen der Bundesrepublik anerkannt war, dass für Beamte bei der Rückforderung von Leistungen aus dem Dienstverhältnis besondere Regelungen gelten sollten, welche vom damals noch nicht kodifizierten allgemeinen Erstattungsanspruch des späteren § 49a VwVfG für Leistungen zwischen Staat und Bürger abweichen und nicht nur Leistungen umfassen, welche durch Verwaltungsakt gewährt wurden. Diesem Gedanken trug die Rahmengesetzgebung des Bundes zum Beamtenrecht Rechnung, indem § 53 Abs. 2 BRRG in der Fassung vom 01.07.1957 (BGBl. I 667) wortgleich mit dem für Bundesbeamte geltenden § 87 Abs. 2 BBG in der Fassung vom 18.09.1957 (BGBl. I 1338) auch für Landesbeamte vorsah, dass sich der Umfang der Bereicherung zwar - vergleichbar dem allgemeinen Erstattungsanspruch - nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung ergeben sollte, eine Berufung auf den Wegfall der Bereicherung aber nur ausgeschlossen war, wenn der Beamte den Mangel des rechtlichen Grundes kannte oder dieser so offensichtlich war, dass er ihn hätte kennen müssen. Dieser für den Beamten im Vergleich zu dem allgemeinen Erstattungsanspruch (bei dem eine Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis der Umstände, welche zur Rücknahme oder zum Widerruf des Verwaltungsakts geführt hatte, erforderlich war) günstigere Regelung sollte den Besonderheiten des Beamtenverhältnisses Rechnung tragen. Sie beinhaltete daher von Anfang an noch die Möglichkeit, aus Billigkeitsgründen von einer Rückforderung ganz oder teilweise abzusehen. § 53 Abs. 2 BRRG wurde - ebenso wie die wortgleiche Vorschrift des § 87 Abs. 2 BBG - trotz des Wortlauts nicht allein auf die Rückforderung von Dienst- oder Versorgungsbezügen im engeren Sinne, sondern auf sämtliche Leistungen des Dienstherrn aus dem Beamtenverhältnis (entsprechend) angewandt (vgl. Plog/Wiedow, Bundesbeamtengesetz, Kommentar, Stand 29.10.1961, Rn. 5 zu § 87). Eine ausdrückliche Umsetzung des Landesgesetzgebers entsprechend der Verpflichtung in § 1 Abs. 2 BRRG a.F. erfolgte erst mit Neufassung des Landesbeamtengesetzes vom 08.08.1979 in Form des § 109 LBG, welcher bis zum Inkrafttreten des Dienstrechtsreformgesetzes eine analoge Anwendung der damals für die Rückforderung von Bezügen von Landesbeamten unmittelbar geltenden Vorschrift des § 12 Abs. 2 BBesG vorsah. Somit bestand in der Gesetzgebung der Bundesrepublik durchgehend (auch) für Beamte des Landes Baden-Württemberg eine gegenüber dem allgemeinen Erstattungsanspruch günstigere Rückforderungsregelung für sonstige Geldleistungen aus dem Beamtenverhältnis. Hätte der Landesgesetzgeber diese „Begünstigung“ durch das Dienstrechtsreformgesetz aufheben und durch die ungünstigere allgemeine Regelung des § 49a Abs. 2 LVwVfG ersetzen wollen, hätte es dazu angesichts der deutlichen Schlechterstellung der Landesbeamten für die Zukunft ausdrücklicher Erwägungen bedurft. Insoweit fehlt es, worauf das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen hat, an jeglichen Anhaltspunkten in den umfangreichen Gesetzgebungsmaterialien. In der Zielsetzung der Gesetzesbegründung wird darauf abgestellt, dass die hinzugewonnenen Gesetzgebungskompetenzen genutzt werden sollen, um die Rechtsverhältnisse der Beamtinnen und Beamten im Lande einer Generalrevision zu unterziehen und den modernen Erfordernissen, den Interessen der Beamtinnen und Beamten sowie den Belangen des Landes und sonstiger Dienstherrn anzupassen (LT-Dr. 14/6694, S. 1). Bei der Wiedergabe des „wesentlichen Inhalts“ der Neuregelungen findet sich weder in Bezug auf beamtenrechtliche noch hinsichtlich besoldungsrechtlicher Regelungen ein Hinweis auf eine beabsichtigte Änderung der Rückforderungsvorschriften (aaO S. 2). Zur Neuregelung des § 15 LBesG wird z.B. ausgeführt, dass die Bestimmung unverändert § 12 BBesG entspreche (aaO S. 460). Zur Änderung der Beihilfeverordnung wird ausgeführt, dass (lediglich) redaktionelle Anpassungen an die geänderte Paragrafenfolge des Landesbeamtengesetzes sowie eine Umstellung von Verweisungen des Bundesbesoldungs- und Versorgungsrechts auf das neue Landesbesoldungs- und Versorgungsrecht vorgenommen würden (aaO S. 599). Hieraus ergeben sich somit keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber speziell im Beihilferecht strengere Rückforderungsregelungen beabsichtigt hat. Auch der Hinweis des Beklagten auf die vollständige Streichung aller Paragrafen des 3. Unterabschnitts des alten Landesbeamtengesetzes mit Ausnahme von § 110 LBG ist nicht geeignet, eine bewusste Abschaffung der früheren Rückforderungsregelung zu belegen. Denn dieser Unterabschnitt (§§ 106 – 110) stand unter der Überschrift Besoldung, Versorgung und sonstige Leistungen, welche keineswegs ersatzlos weggefallen sind, sondern überwiegend (§§ 106 – 108) im neugefassten Landesbesoldungs- bzw. Versorgungsgesetz geregelt wurden. Lediglich der auch in diesem Abschnitt des alten Landesbeamtengesetzes geregelte Übergang des Schadensersatzanspruchs eines Beamten gegen einen Dritten (§ 110) wurde ins neugefasste Landesbeamtengesetz übernommen. Demgegenüber entfiel die Regelung des § 109 LBG a.F. ersatzlos. Dass damit nicht nur eine redaktionelle Umstellung von Verweisungen (vgl. LT-Dr. 14/6694, S. 599 zu Artikel 47) im Hinblick auf das nicht mehr für Landesbeamte anwendbare Bundesbesoldungsgesetz, sondern eine inhaltliche Abschaffung der beamtenrechtlichen Sonderregelung für Rückforderungen sonstiger Leistungen durch den Gesetzgeber erfolgt sein sollte, entbehrt jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte.
22 
Neben der Gesetzgebungshistorie spricht auch ein Blick auf die Rechtslage in anderen Bundesländern dafür, dass dem baden-württembergischen Landesgesetzgeber bei der Novellierung des Landesbeamtengesetzes im Rahmen der Dienstrechtsreform zum 01.01.2011 der ersatzlose Wegfall einer Regelung zu Grundsätzen des bundeseinheitlichen Berufsbeamtentums nicht bewusst war. Denn in den anderen Bundesländern wurde jeweils nach dem Wechsel der Gesetzgebungskompetenz eine „Neuregelung“ für die Rückforderung sonstiger Geldleistungen im Rahmen des Beamtenverhältnisses getroffen (s. etwa § 87 Niedersächsisches Beamtengesetz vom 25.03.2009 oder Art. 13 Bayerisches Beamtengesetz vom 29.07.2008). Soweit mit der Neufassung des Bundesbeamtengesetzes vom 05.02.2009 zunächst die entsprechende Regelung des § 87 Abs. 2 BBG (a.F.) wegfallen war, wurde diese „Regelungslücke“ durch Einfügung des § 84a BBG zum 14.03.2015 inzwischen geschlossen.
23 
Schließlich dürfte sich auch aus verfassungsrechtlichen Gründen ergeben, dass eine Geltung des allgemeinen Rückforderungsanspruchs nach § 49a LVwVfG auch für Beamte infolge der ersatzlosen Abschaffung der bisherigen Sonderregelung zur Rückforderung sonstiger Leistungen aus dem Beamtenverhältnis einschließlich der Eröffnung einer Billigkeitsentscheidung nicht zulässig gewesen wäre. Zwar gelten auch für Verwaltungsakte zu Geldleistungen aus dem Beamtenverhältnis grundsätzlich die allgemeinen Regelungen der §§ 48, 49 LVwVfG auf der ersten Stufe der Frage, ob der Verwaltungsakt zurückgenommen oder widerrufen werden darf. Die separat auf einer zweiten Stufe zu prüfende Frage der Rückforderung muss jedoch den Besonderheiten des Berufsbeamtentums Rechnung tragen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts muss es die Alimentierung den Beamten ermöglichen, sich ganz dem öffentlichen Dienst als Lebensberuf zu widmen und in rechtlicher und wirtschaftlicher Sicherheit und Unabhängigkeit zur Erfüllung der ihnen zugewiesenen Aufgaben beizutragen (st. Rspr., zuletzt Beschluss vom 17.11.2015 - 2 BvL 19/09 u.a. - Rn. 97 nach juris). Die in dieser Rechtsprechung hervorgehobene Qualitätssicherung des Berufsbeamtentums beinhaltet auch die Verpflichtung des Dienstherrn zur Wahrung eines amtsangemessenen Lebensunterhalts trotz laufender Aufwendungen für die Risikovorsorge oder besonderer Belastungen wegen Krankheit (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.06.2004 - 2 C 50/02 - Rn. 9 u. 120 nach juris). Fehl geht daher die Annahme des Beklagten, dass Rückforderungen von Beihilfeleistungen grundsätzlich einer anderen Behandlung durch den Gesetzgeber zugänglich seien. Wie gerade der vorliegende Fall zeigt, kann auch die Rückforderung von Beihilfe im Einzelfall zu einer existenziellen Notlage des Beamten führen, welche geeignet ist, seine rechtliche und wirtschaftliche Unabhängigkeit zu gefährden. Daher ist es bei Rückforderungen des Dienstherrn gegenüber seinem Beamten geboten, eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, damit nicht jede Verletzung einer Anzeigepflicht aufgrund strenger haushaltsrechtlicher Vorschriften automatisch zu einer Rückforderung mit möglicherweise existenzbedrohenden Folgen für den Beamten führt. Gerade auch der Umstand, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung zur früher anwendbaren Regelung des § 12 Abs. 2 BBesG stets davon ausgegangen ist, dass eine Billigkeitsprüfung unter Würdigung der besonderen Umstände des Einzelfalls untrennbarer Bestandteil der Rückforderungsentscheidung ist, zeigt, dass Beamte aufgrund des besonderen gegenseitigen Pflichtenverhältnisses insoweit nicht den starren Regelungen des § 49a LVwVfG unterworfen sein dürfen.
24 
Davon ging im Übrigen der Beklagte selbst noch im Zeitpunkt des Erlasses des Ausgangsbescheids aus, indem er § 12 BBesG wenigstens erwähnt hat. Weshalb er dann im Widerspruchsbescheid und im gerichtlichen Verfahren vehement die Rechtsauffassung vertritt, dem Dienstherrn sei seit Inkrafttreten des Dienstrechtsreformgesetzes eine Billigkeitsentscheidung verwehrt, weil auch bei nur geringem Verschulden eine vollständige Rückforderung ohne die Möglichkeit der Berücksichtigung von Besonderheiten oder Härten des Einzelfalls entsprechend den allgemeinen zwischen Staat und Bürger geltenden Vorschriften zwingend sei, erschließt sich dem Senat nicht.
25 
2. Die durch das Dienstrechtsreformgesetz eingetretene planwidrige Regelungslücke hinsichtlich der Rückforderung „sonstiger“ zu viel gezahlter Geldleistungen ist bis zu einer ausdrücklichen Regelung des Landesgesetzgebers durch analoge Anwendung anderer (neuer) beamtenrechtlicher Vorschriften zu schließen. Ungeachtet der Wortgleichheit der dafür zur Verfügung stehenden neugefassten Rückforderungsregelungen im Besoldungs- bzw. Versorgungsrecht ist der Senat der Auffassung, dass eine analoge Anwendung von § 15 Abs. 2 LBesG vorzunehmen ist, da dies der früheren Regelung des § 109 LBG a.F. mit seinem Verweis auf die damals geltenden besoldungsrechtlichen Vorschriften am Nächsten kommt.
26 
Ausgehend davon hat das Verwaltungsgericht zu Recht die gesamte Rückforderungsentscheidung (Nr. 3 des angefochtenen Bescheids) aufgehoben und der Klage insoweit stattgegeben. Der Beklagte ist nicht gehindert, anhand des geänderten Maßstabs des § 15 Abs. 2 LBesG nochmals über die Rückforderung ggf. einschließlich einer Billigkeitsprüfung zu entscheiden.
27 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
28 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
29 
Beschluss vom 20. September 2016
30 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 32.837,43 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
31 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.