Verwaltungsgericht Halle Urteil, 11. Sept. 2018 - 4 A 142/16

bei uns veröffentlicht am11.09.2018

Tatbestand

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Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zu Beiträgen für die Herstellung der zentralen öffentlichen Schmutzwasserbeseitigungsanlage des Beklagten.

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Sie war seit dem Jahr 2010 bzw. dem Jahr 2014 Eigentümerin der selbstständigen Buchgrundstücke Gemarkung {G.}, Flur, Flurstücke {H.}. Die Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. {I.} der mit der ortsüblichen Bekanntmachung seiner Genehmigung am 13. März 1996 in Kraft getreten ist.

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Im Januar 1996 schlossen die Stadt {G.} und der Abwasserzweckverband {G.} mit der {J.} mbH (Erschließungsunternehmerin) einen "Erschließungsvertrag gem. § 124 BauGB", der gemäß der zwischen dem Abwasserzweckverband {G.} und der Erschließungsunternehmerin geschlossenen Zusatzvereinbarung vom 23. Januar 1996 unter dem Vorbehalt der Zustimmung des Vorstands des Zweckverbands stehen sollte und dem die Verbandsversammlung des Zweckverbands am 03. April 1996 zustimmte. Danach übertrugen die Stadt {G.} und der Abwasserzweckverband {G.} der GmbH die wegemäßige und die abwassertechnische Erschließung des Bebauungsplangebiets mit Ausnahme des im Bebauungsplan vorgesehenen Landschaftsschutzgebiets. Unter § 9 des Vertrags vereinbarten sie folgende Regelung:

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"1.) Die Unternehmerin beabsichtigt, mit allen Fremdanliegern Werkverträge über die Erschließungsarbeiten abzuschließen. Zu diesem Zweck wird die Unternehmerin die gesamten Erschließungskosten entsprechend einem gesonderten Umlageschlüssel auf die Anlieger des Erschließungsgebietes umlegen. Falls es mit einem Fremdanlieger dadurch nicht zum Vertragsschluss kommt, dass das Eigentum an den Erschließungsanlagen bereits gem. Abs. 3 auf die Stadt bzw. den Abwasserzweckverband übergegangen ist, wird insoweit, je nach Gewerk, die Stadt und / oder der Abwasserzweckverband eintrittspflichtig. Im Falle der Eintrittspflicht wird der Eintrittspflichtige den Fremdanlieger zu entsprechenden Erschließungs- und Anschlussbeiträgen heranziehen und diese an die Unternehmerin weiterleiten. Ansonsten werden die Stadt und der Abwasserzweckverband von keinem Anlieger in diesem Erschließungsgebiet Erschließungs- oder Anschlussbeiträge für die öffentliche Erschließung erheben.

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2.) (…) Zusätzlich zu der, nach Maßgabe des Absatz 1 vollständigen, Kostenübernahme zahlt die Unternehmerin an den Abwasserzweckverband zur Abgeltung der Anschlussgebühren aller Anlieger des Erschließungsgebietes an den Hauptsammler und die Kläranlage eine einmalige Ausgleichszahlung in Höhe von 500.000,- DM incl. gesetzlicher Mehrwertsteuer. Dieser Betrag wird fällig bei Unterzeichnung dieses Vertrages.

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3.) Der Besitz und gegebenenfalls das Eigentum an den Erschließungsanlagen wird auf die Stadt bzw. den Abwasserzweckverband übertragen, sobald die Erschließungsanlage zur Gänze fertiggestellt ist und sämtliche Anlieger im Erschließungsgebiet ihre Zahlungen nach Abs. 1 vollständig an die Unternehmerin geleistet haben. Die Stadt bzw. der Abwasserzweckverband können eine vorherige Übereignung verlangen, falls sie für noch offene Zahlungen der Anlieger in voller Höhe in Vorleistung treten."

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Im Schreiben vom 22. Januar 1996 an den Abwasserzweckverband {G.} erläuterte die Erschließungsunternehmerin den als Ausgleichszahlung vorgesehen Betrag und führte aus, von den planenden Architekten seien die tatsächlichen Bruttogeschossflächen für die im Bebauungsplangebiet geplanten Maßnahmen ermittelt und ein nach der Beitragssatzung möglicher Beitrag in Höhe von 1.676.090,- DM errechnet worden. Dachgeschossflächen seien nicht entsprechend der Satzung mit 12,5 % berücksichtigt worden, da diese Regelung fehlerhaft sei. Die abwassertechnische Erschließung sei bereits abgeschlossen; dafür seien Kosten in Höhe von 926.081,11 DM angefallen, so dass sich ein Differenzbetrag von 750.008,89 DM ergebe. Im Hinblick darauf, dass mehrere Projekte im Bebauungsplangebiet erst im Jahre 1997 fertiggestellt würden und hinsichtlich zweier Vorhaben (Fachklinik für Geriatrie und Kur- und Konferenzzentrum) die Realisierung offen sei und deshalb insofern Beiträge noch nicht fällig seien, seien ein Zinsabschlag in Höhe von 146.404 DM und ein Risikoabschlag in Höhe von 103.604,89 DM vorzunehmen, woraus sich ein Ausgleichsbetrag von 500.000 DM ergebe.

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In der Folge zahlte die Erschließungsunternehmerin den vereinbarten Ausgleichsbetrag.

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Die Straße im Bebauungsplangebiet, in der die Kanalisation verlegt ist, steht weiterhin im Eigentum der Erschließungsunternehmerin, die nunmehr unter der Firma {K.}Gastronomie- und Verwaltungsgesellschaft firmiert. Nachdem sie unter Verweis auf ihr Eigentum am Straßengrundstück dem Abwasserzweckverband {G.} mit Schreiben vom 01. März 2016 die Nutzung der Abwasserleitung ab dem 02. September 2016 untersagt hatte, einigten sich beide mit Vertrag von 22./28. Juli 2016 auf die Bestellung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit zu Gunsten des Abwasserzweckverbands {G.} zur dauerhaften Nutzung der Leitung als Teil der öffentlichen Einrichtung gegen eine einmalige Zahlung von 250.000 Euro an die {L.} Gastronomie- und Verwaltungsgesellschaft. Die Dienstbarkeit wurde am 25. August 2016 im Grundbuch eingetragen.

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Am 15. Juni 2016 erklärte die Verbandsgemeinde An der Finne hinsichtlich der Gebiete, mit denen sie Mitglied im Abwasserzweckverband {G.} ist, ihren Austritt aus dem Verband, dem die Verbandsversammlung des Zweckverbands unter dem 23. November 2016 mit Wirkung zum 31. Dezember 2016 zustimmte und der vom Burgenlandkreis unter dem 21. Dezember 2016 genehmigt wurde. Zudem schlossen der Abwasserzweckverband {G.} und der Beklagte unter dem 21. Dezember 2016 einen Eingliederungsvertrag zur Eingliederung des Abwasserzweckverbands {G.} (ohne die Verbandsgemeinde {M.}) in den Beklagten zum 01. Januar 2017. Die Verbandsversammlung des Beklagten beschloss die diesbezügliche 15. Änderung der Verbandssatzung unter dem 23. November 2016, der Abwasserzweckverband {G.} stimmte dem mit Beschluss vom selben Tag zu. Die Veröffentlichung der 15. Änderungssatzung und deren Genehmigung erfolgten im Amtsblatt des Landesverwaltungsamts Sachsen-Anhalt vom 15. Dezember 2016. Im Rahmen der veröffentlichten Begründung wurde auch die Genehmigung des Austritts der Verbandsgemeinde An der Finne bekanntgegeben. Am 24. Juli 2018 erfolgte die Veröffentlichung in den Regionalausgaben der Mitteldeutschen Zeitung {N.} Tageblatt, {O.} Zeitung, {P.} Zeitung und {N.} Tageblatt/.

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Mit Beitragsbescheid vom 14. Dezember 2015 zog der Abwasserzweckverband {G.} die Klägerin – gestützt auf die Schmutzwasserbeitragssatzung vom 10. Oktober 2002 – betreffend "das Grundstück {Q.}" für die Herstellung der zentralen öffentlichen Abwasserbeseitigungseinrichtung {G.} zu einem Beitrag in Höhe von 605.948,- Euro heran. Im Bescheid sind die einzelnen Flurstücke mit der jeweiligen Größe sowie der angewandte Vollgeschossfaktor für vier zulässige Vollgeschosse und der Beitragssatz von 2 Euro/m² angegeben. Dagegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 14. Januar 2016 Widerspruch.

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Am 22. April 2016 hat die Klägerin Untätigkeitsklage gegen den Beitragsbescheid erhoben.

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Mit Schreiben vom 23. Juni 2016 haben die Prozessbevollmächtigten des Abwasserzweckverbands {G.} dessen Vertretung unter Vorlage einer Prozessvollmacht angezeigt. In dem Schriftsatz, der von der Rechtsanwältin {R.} unterzeichnet ist, hat diese ausgeführt, dass sie auf die vorgelegte Vollmacht für den Zweckverband den angefochtenen Bescheid dahin abzuändern habe, dass nicht mehr eine endgültige Festsetzung des Herstellungsbeitrags bewirkt, sondern die Klägerin zu einer Vorausleistung herangezogen werde. Die endgültige Festsetzung des Herstellungsbeitrags gegenüber der Klägerin werde aufgehoben; der Bescheid werde nunmehr ausdrücklich auf die Möglichkeit der Geltendmachung einer Vorausleistung gestützt. Die Abänderung sei notwendig, weil die Beitragspflicht aufgrund der Lage des Schmutzwasserkanals in einer Privatstraße und der damit verbundenen fehlenden dauerhaften Sicherung der Anschlussmöglichkeit noch nicht entstanden sei.

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Mit Schreiben vom 03. August 2016 haben die Prozessbevollmächtigten des Abwasserzweckverbands {G.} ausgeführt, die Abgabe der im Schriftsatz vom 23. Juni 2016 enthaltenen Erklärungen gegenüber der Klägerin sei nicht beabsichtigt gewesen. Der Schriftsatz sei durch Rechtsanwalt A. vor seiner Ortsabwesenheit lediglich als Entwurf gefertigt und zur Stellungnahme an den Zweckverband übermittelt worden. Während der Urlaubsabwesenheit des Rechtsanwalts habe seine Kollegin aufgrund der gerichtlichen Fristsetzung zur Klageerwiderung den Entwurf jedoch ausgefertigt und an das Gericht übersandt. Die Aufhebungs- bzw. Abänderungserklärung werde nach § 119 Abs. 1 BGB angefochten.

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Mit Änderungs- und Widerspruchsbescheid vom 31. August 2017 hat der Beklagte den Beitragsbescheid vom 14. Dezember 2015 hinsichtlich eines 418.810 Euro übersteigenden Betrags aufgehoben und den Widerspruch im Übrigen zurückgewiesen. Dabei hat er den Beitrag ausdrücklich für das jeweilige Flurstück unter Zugrundelegung des jeweiligen Vollgeschossfaktors und des Beitragssatzes von 2 Euro/m² festgesetzt und als rechtliche Grundlage nunmehr die Schmutzwasserbeitragssatzung vom 15. Dezember 2016 herangezogen, nachdem die Kammer (4 B 155/16 HAL und 4 B 159/16 HAL) und das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt (4 M 150/16 und 4 M 151/16) die Beitragssatzung vom 10. Oktober 2002 in mehreren Eilverfahren für unwirksam erachtet hatten.

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Mit Bescheid vom 13. August 2018 hat der Beklagte den Änderungs- und Widerspruchsbescheid vom 31. August 2017 zurückgenommen und einen neuen Änderungs- und Widerspruchsbescheid erlassen, mit dem er den Beitragsbescheid vom 14. Dezember 2015 hinsichtlich eines 567.114,80 Euro übersteigenden Betrags aufgehoben und den Widerspruch im Übrigen zurückgewiesen hat.

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Die Klägerin hat diesen Bescheid in der mündlichen Verhandlung in das Klageverfahren einbezogen. Soweit der Beklagte damit dem Widerspruch abgeholfen hat, d.h. in Höhe eines 567.114,80 Euro übersteigenden Beitrags, haben die Beteiligten den Rechtsstreit sodann in der Hauptsache für erledigt erklärt.

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Zur Begründung ihrer Klage macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, die Änderung des Bescheids in einen Vorausleistungsbescheid durch die Prozessbevollmächtigten des Abwasserzweckverbands {G.} sei nicht anfechtbar, weil eine Anfechtung von Prozesserklärungen dem Verwaltungsprozessrecht fremd sei. Zudem sei der Prozessbevollmächtigte A. aufgrund einer Dauererkrankung der Verbandsgeschäftsführerin auch als organschaftlicher Vertreter des Verbands tätig geworden. Schließlich ermögliche die Prozessvollmacht ein Anerkenntnis, woraus sich auch die Befugnis zur Aufhebung eines Bescheids ergebe. Der Vorausleistungsbescheid sei fehlerhaft, weil es dafür an einem Beschluss der Verbandsversammlung fehle. Die Beitragssatzung vom 15. Dezember 2016 sei ebenso wie die aus dem Jahr 2002 unwirksam. Es werde bestritten, dass die Satzung entsprechend den Regelungen einer wirksamen Verbandssatzung bekannt gemacht worden ist. Die früheren Verbandssatzungen des Zweckverbands seien allesamt nichtig, da sie nicht im Amtsblatt des Landesverwaltungsamts bekannt gemacht worden seien und es deshalb an einer Bekanntmachung in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt gemäß § 8 Abs. 5 GKG LSA fehle. Die von der Kommunalaufsichtsbehörde in der Hauptsatzung als Veröffentlichungsorgan für eigene Satzungen vorgesehene Mitteldeutsche Zeitung könne nicht als amtliches Veröffentlichungsblatt angesehen werden. Die Beitragssatzung sei zudem aus zahlreichen näher benannten Gründen formell und materiell rechtswidrig. An die Kläranlage {S.} könnten außerdem weitere Grundstücke nicht angeschlossen werden; die bereits bebauten Grundstücke im Bebauungsplangebiet würden dezentral entsorgt. Des Weiteren fehle es an einer rechtlichen Sicherung der leitungsgebundenen Anlage. Bei den veranlagten Grundstücken handele es sich zudem um Hinterliegergrundstücke, deren Anschluss nicht mehr zumutbar sei. Auch seien 10.789 m² lediglich als Stellfläche und ca. 25.200 m² als Naturschutzgebiet ausgewiesen und deshalb beitragsrechtlich nicht bevorteilt. Die Flurstücke seien zudem im Umfang von 5.500 m² mit Straßen bebaut und auch so geplant gewesen. Die Grundstücke seien überdies als übergroß anzusehen und allenfalls anteilig heranzuziehen, weil nach den Festsetzungen des Bebauungsplans Seniorenwohnen zulässig sei. Der Bescheid sei zu unbestimmt, da der auf die einzelnen Grundstücke entfallende Betrag nicht dargestellt sei. Des Weiteren sei der Beitrag bereits durch die Erschließungsunternehmerin in den 1990er Jahren abgelöst worden. Selbst wenn die Ablösevereinbarung nichtig gewesen sein sollte, seien die geleisteten Beträge anteilig abzusetzen. Da der Betrag nach beitragsrechtlichen Kriterien ermittelt worden sei, sei der Beitragsanspruch verwirkt. Unmittelbar nach dem Erlass der neuen Beitragssatzung sei ein erheblicher Teil des Verbandsgebiets aus dem Zuständigkeitsbereich des Zweckverbands ausgeschieden, weshalb ein Beitrag für eine Einrichtung erhoben werde, die kurz nach der Veröffentlichung der Satzung nicht mehr existiere. Schließlich habe der Zweckverband willkürlich nur einzelne Beitragsschuldner herangezogen, was die Rechtswidrigkeit der Abgabenerhebung begründe.

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Die Klägerin beantragt,

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den Bescheid des Beklagten vom 14. Dezember 2015 in der Gestalt des Änderungs- und Widerspruchsbescheids des Beklagten vom 13. August 2018 aufzuheben

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und die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Er macht im Wesentlichen geltend, der Prozessbevollmächtigte Rechtsanwalt A. sei zu keinem Zeitpunkt organschaftlicher Vertreter des Abwasserzweckverbands {G.} gewesen. Vielmehr habe ihm lediglich die Verbandsversammlung des Beklagten eine Vollmacht erteilt, alle notwendigen Geschäfte bis zur Genesung der im Jahr 2015 längerfristig erkrankten Verbandsgeschäftsführerin vorzunehmen. Die Vollmacht habe weder ein Handeln als Vorgesetzter noch das Führen eines Dienstsiegels umfasst. Soweit er im Bereich des Abwasserzweckverbands {G.} tätig geworden sei, sei dies auf der Grundlage eines zwischen dem Beklagten und dem Abwasserzweckverband {G.} geschlossenen Unterstützungs- und Managementvertrags erfolgt, wonach der Beklagte den Abwasserzweckverband Bad Kösen beratend unterstützen sollte. Vertretungen des Abwasserzweckverbands {G.} in Gerichtsverfahren seien ausschließlich aufgrund einzeln erteilter Prozessvollmachten erfolgt. Die Beitragssatzung vom 15. Dezember 2016 sei formell und materiell nicht zu beanstanden. Die Beitragskalkulation beziehe sich auf den Bereich der Kläranlage {G.} und trage damit dem Umstand Rechnung, dass nach der Ausgestaltung der Abwasserbeseitigungssatzung dieser Bereich eine eigene technische Einrichtung darstelle. Der Ortsteil {T.} und die dort vorhandene Kläranlage seien von der Kläranlage {G.} ebenso zu unterscheiden wie das Einzugsgebiet der Kläranlage {U.}Es handele sich bei beiden Kläranlagen um in den 1990er Jahren hergestellte Teichkläranlagen und insoweit um eigene öffentliche Einrichtungen. Aufgrund der Eintragung der Dienstbarkeit zur Sicherung des Leitungsrechts sei nunmehr eine dauerhaft gesicherte Anschlussmöglichkeit für die Grundstücke der Klägerin gegeben. Ihr seien zwischenzeitlich auch Entwässerungsgenehmigungen erteilt worden, so dass ein Anschluss an die Kläranlage erfolgen könne. Auf eine Ablösung des Beitrags durch die Erschließungsunternehmerin könne sie sich nicht berufen, weil die Vereinbarung nichtig sei. Sie sei zudem nicht mit der Klägerin geschlossen worden. Die Regelung für übergroße Wohngrundstücke sei nicht anwendbar, da die Grundstücke nicht bebaut seien. Schließlich habe er am 06. September 2018 eine Neufassung der Beitragssatzung beschlossen, deren Veröffentlichung am 08. September 2018 erfolgt sei.

Entscheidungsgründe

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Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.

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Im Übrigen hat die Klage Erfolg.

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Der angefochtene Beitragsbescheid des Abwasserzweckverbands {G.} vom 14. Dezember 2015 in der Gestalt des Änderungs- und Widerspruchsbescheids des Beklagten vom 13. August 2018 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

I.

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1. Die Klage richtet sich nunmehr gegen den Beklagten, nachdem die Verbandsgemeinde An der Finne aus dem Abwasserzweckverband {V.}ausgetreten und dieser dem Beklagten beigetreten ist.

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Der Austritt der Verbandsgemeinde An der Finne aus dem Abwasserzweckverband {G.} und dessen Beitritt zum Beklagten waren allerdings nicht schon durch die Veröffentlichung der Genehmigung des Austritts der Verbandsgemeinde {M.} aus dem Abwasserzweckverband {G.} und der 15. Änderungssatzung der Verbandssatzung des Beklagten vom 23. November 2016 und ihrer Genehmigung im Amtsblatt des Landesverwaltungsamts Sachsen-Anhalt vom 15. Dezember 2016 wirksam geworden.

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Gemäß § 14 Abs. 1 und 2 des Gesetzes über die kommunale Gemeinschaftsarbeit (GKG LSA), der gemäß den §§ 85 Abs. 1 Satz 4, Abs. 3 Satz 3, 83 Abs. 1 Satz 4 WG LSA für den Fall der Eingliederung eines Zweckverbands ebenfalls Anwendung findet, bedürfen u.a. Änderungen, die den Mitgliederbestand des Zweckverbands betreffen, der Genehmigung der Kommunalaufsichtsbehörde. Die Kommunalaufsichtsbehörde hat gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 8 Abs. 5 Satz 1 GKG LSA die Verbandssatzung (des aufnehmenden Verbands) und ihre Genehmigung sowie die Genehmigung des Austritts in ihrem amtlichen Veröffentlichungsblatt bekanntzumachen.

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Unter dem "amtlichen Veröffentlichungsblatt" der Kommunalaufsichtsbehörde im Sinne von § 8 Abs. 5 Satz 1 GKG ist das Medium zu verstehen sein, das die Kommunalaufsichtsbehörde für ihre amtlichen Veröffentlichungen nutzt. Das muss nicht notwendigerweise ein von ihr herausgegebenes Amtsblatt sein.

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Die Regelung des § 8 Abs. 5 Satz 1 GKG LSA ist durch Gesetz vom 04. Juli 1996 (GVBl. S. 218) damals als § 19 Abs. 5 Satz 1 in das GKG LSA eingefügt worden und ersetzte die zuvor geltende Bestimmung, wonach die kommunalen Gebietskörperschaften die erstmalige öffentliche Bekanntmachung der Verbandssatzung nach den für Satzungen geltenden Vorschriften vorzunehmen hatten und der Zweckverband als am Tag nach der letzten Bekanntmachung als gebildet galt, sofern nicht ein späterer Zeitpunkt bestimmt war. Ziel der gesetzlichen Neuregelung war es, eine klare Regelung der Zuständigkeit und der Art und Weise der Bekanntmachung zu schaffen, da seit dem In-Kraft-Treten des Gesetzes über kommunale Zusammenarbeit Rechtsunklarheiten bestanden, wie und durch wen eine öffentliche Bekanntmachung der Verbandssatzung zu erfolgen hatte und ob und gegebenenfalls wie und von wem eine Verbandssatzungsgenehmigungsverfügung öffentlich bekanntzumachen war (Gesetzentwurf vom 01. Februar 1996, LT-Drucksache 2/1882, S. 7).

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Da in der Regel die Landkreise die Kommunalaufsichtsbehörden sind (vgl. § 17 Abs. 1 Nr. 1 GKG LSA) und keine gesetzliche Verpflichtung der Landkreise zur Herausgabe eines eigenen Amtsblatts bestand bzw. besteht, würde – forderte man die Veröffentlichung in einem eigenen Amtsblatt der Kommunalaufsichtsbehörde – das gesetzgeberische Ziel der klaren und rechtssicheren Regelung der Bekanntmachungsanforderungen im Falle des Nichtvorhandenseins eines vom Landkreis herausgegebenen Amtsblatts verfehlt werden. Dem Gesetzgeber war auch die Konstellation, dass ein Landkreis kein eigenes Amtsblatt herausgibt, nicht unbekannt, wie ein Blick auf § 76 Abs. 5 GO LSA a. F. zeigt, der durch Gesetz vom 03. Februar 1994 (GVBl. S. 164) eingefügt wurde. Darin war bestimmt, dass die Gemeinschaftsvereinbarung mit der Genehmigung der Kommunalaufsichtsbehörde im amtlichen Verkündungsblatt des jeweiligen Regierungspräsidiums und im Amtsblatt des Landkreises, soweit dieser ein amtliches Verkündungsblatt herausgibt, zu veröffentlichen ist. Mit Gesetz vom 31. Juli 1997 (GVBl. LSA S. 721) wurde die Regelung sodann dahin gefasst, dass die Gemeinschaftsvereinbarung mit der Genehmigung der Kommunalaufsichtsbehörde im amtlichen Verkündungsblatt des Landkreises zu veröffentlichen ist (Satz 1), und wenn der Landkreis kein eigenes Verkündungsblatt herausgibt, die Gemeinschaftsvereinbarung im Amtsblatt für den jeweiligen Regierungsbezirk (nunmehr im Amtsblatt des Landesverwaltungsamts) veröffentlicht wird (Satz 2). Anders als ab 1997 in § 76 Abs. 5 GO LSA und später in § 18 Abs. 3 GO LSA für Gebietsänderungsvereinbarungen bzw. in § 1 Abs. 2 Satz 4 Verbandsgemeindegesetz (nunmehr § 89 Abs. 5 KVG LSA 2014) für Verbandsgemeindevereinbarungen hat der Gesetzgeber jedoch in § 8 Abs. 5 GKG LSA nicht auf die Herausgabe eines eigenen Amtsblatts abgestellt und keine Regelung für den Fall des Fehlens eines solchen getroffen. Der Gesetzgeber hat auch im Zusammenhang mit der Einführung von § 15a in das GKG LSA keine Notwendigkeit zur Ergänzung der Regelung entsprechend den genannten Bestimmungen in der Gemeindeordnung gesehen. Stattdessen bestimmt nunmehr § 15a Abs. 2 Satz 2 GKG LSA für den Fall des Formwechsels eines Zweckverbands, dass der Beschluss des Formwechsels und die Anstaltssatzung der Kommunalaufsichtsbehörde anzuzeigen und von dieser – wortgleich mit § 8 Abs. 5 GKG LSA – in ihrem amtlichen Veröffentlichungsblatt bekannt zu machen sind, ohne dass eine Regelung für den Fall getroffen wurde, dass die Kommunalaufsichtsbehörde kein eigenes Amtsblatt herausgibt.

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Vor diesem Hintergrund ist der Begriff des "amtlichen Veröffentlichungsblatts" der Kommunalaufsichtsbehörde in § 8 Abs. 5 GKG LSA funktionell auszulegen und erfasst das Verkündungsblatt, in dem die Behörde ihre amtlichen Bekanntmachungen veröffentlicht. Diese Auslegung entspricht letztlich auch der langjährigen Praxis des Burgenlandkreises. Dass § 9 Abs. 1 Satz 2 KVG LSA 2014 bestimmt, dass die Bekanntmachung von Satzungen durch Aushang, in einem amtlichen Bekanntmachungsblatt oder in einen oder mehreren Zeitungen erfolgen kann, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, gibt für die Auslegung des Begriffs des "amtlichen Veröffentlichungsblatts" in § 8 Abs. 5 GKG LSA nichts her.

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Nachdem der {W.} aber nunmehr die Genehmigung des Austritts der Verbandsgemeinde {M.} aus dem Abwasserzweckverband {G.} und die 15. Änderungssatzung zur Verbandssatzung des Beklagten vom 23. November 2016 und ihre Genehmigung nach § 16 Abs. 1 Satz 1 seiner Hauptsatzung vom 07. Juli 2014 in den Regionalausgaben der Mitteldeutschen Zeitung vom 24. Juli 2018 bekannt gemacht hat, sind der Austritt der Verbandsgemeinde {M.} aus dem Abwasserzweckverband {G.} und dessen Beitritt zum Beklagten gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 8 Abs. 5 Satz 2 GKG LSA am Tag nach der Veröffentlichung, d.h. am 25. Juli 2018, wirksam geworden. Der Abwasserzweckverband {G.} gilt mit der Eingliederung in den Beklagten als aufgelöst (§ 85 Abs. 4 Satz 2 WG LSA).

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Der in der mündlichen Verhandlung erhobene Einwand der Klägerin, eine Eingliederung des Abwasserzweckverbands {G.} habe nicht erfolgen können, da dieser weder wirksam gegründet worden sei noch als wirksam gegründet gelte, greift nicht durch.

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Allerdings ist fraglich, ob der Abwasserzweckverband {G.}, dessen Gründung schon mangels Ausfertigung (zur Notwendigkeit der Ausfertigung von Satzungsrecht BVerwG, Beschluss vom 27. Januar 1998 – BVerwG 4 NB 3.97 – Juris Rn. 16 m.w.N.) der zu seiner Bildung im Jahr 1993 beschlossenen Verbandssatzung (VS 1993) nicht wirksam erfolgte, gemäß § 8a Abs. 1 Satz 1 GKG LSA rückwirkend ab dem Tag nach der Veröffentlichung der VS 1993 als gebildet gilt. Nach dieser Vorschrift gelten wegen Gründungsfehlern nicht gebildete Zweckverbände rückwirkend ab dem Tag nach der öffentlichen Bekanntmachung ihrer Verbandssatzung als gebildet, sofern nicht ein späterer Zeitpunkt bestimmt ist.

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Zwar ist die öffentliche Bekanntmachung der Verbandssatzung nicht bereits deshalb fehlerhaft, weil sie in einer anderen als der durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Bekanntmachungsform erfolgt ist (§ 8a Abs. 1 Satz 4 GKG LSA). Jedoch muss die gewählte Form der Bekanntmachung noch rechtsstaatlichen Anforderungen genügen. Das Rechtsstaatsprinzip (Art. 2 Abs. 1 VerfLSA) gebietet, förmlich gesetzte Rechtsvorschriften zu verkünden. Dabei muss die Rechtsnorm der Öffentlichkeit in einer Weise förmlich zugänglich gemacht werden, dass sich die Betroffenen in zumutbarer Weise verlässliche Kenntnis von ihrem Inhalt verschaffen können. Dazu gehört zumindest, dass die gewählte Art der Verkündung das gesamte Gebiet erfasst, in dem die zu verkündende Regelung Geltung beansprucht (OVG LSA, Urteil vom 08. April 2008 – 4 L 53/06 – Juris Rn. 32 m.w.N.).

39

Die VS 1993 wurde in den "Amtlichen Mitteilungen der Verwaltungsgemeinschaft "{X.}" (Im Blickpunkt) mit den Gemeinden {Y.}, {Z.}, {AA.}, {AB.}, {AC.} und {AD.}und im Amtsblatt der Verwaltungsgemeinschaft {G.} (Kurstadt Kurier) mit den Mitgliedsgemeinden {AE.}{AF.}{AG.} und {AH.} jeweils am 16. Juni 1993 veröffentlicht. Die Veröffentlichung erfasste damit nicht das Gebiet aller Gemeinden, die nach § 2 Abs. 1 VS 1993 Mitglied des Zweckverbands sein sollten. Denn eine Veröffentlichung im Gebiet der ebenfalls als Verbandsmitglied geführten Gemeinde {AI.}, die am 16. März 1993 den Austritt aus dem Abwasserzweckverband "{AJ.}" und den Beitritt zum Beklagten beschlossen hatte, erfolgte nicht.

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Das könnte allenfalls dann unerheblich sein, wenn die Übertragung der Aufgabe der Abwasserbeseitigung auf den Abwasserzweckverband {G.} durch die Gemeinde {AI.} von vornherein ins Leere ging, weil ihr diese Aufgabe aufgrund der Mitgliedschaft im Abwasserzweckverband "{AJ.}" nicht mehr oblag und sie diese deshalb nicht übertragen konnte. Das wiederum hing davon ab, ob der Abwasserzweckverband "{AJ.}" wirksam gegründet worden war oder als gebildet galt bzw. ob die Gemeinde {AI.} wirksam aus diesem Verband ausgeschieden war. Insoweit ist wiederum zu berücksichtigen, dass allein der Beschluss der Gemeinde zum Austritt aus dem Abwasserzweckverband "{AJ.}" ein wirksames Ausscheiden nicht bewirken konnte, da es dafür der Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde und gegebenenfalls der Änderung und der Veröffentlichung der Verbandssatzung bedurfte (§ 25 GKG LSA in der Fassung vom 09. Oktober 1992 (GVBl. LSA S. 730).

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Ob der Abwasserzweckverband {G.} am Tag nach der am 16. Juni 1993 erfolgten Veröffentlichung der VS 1993 als wirksam gebildet galt, bedarf jedoch keiner Entscheidung. Das gilt ebenso hinsichtlich der Frage, ob – nachdem bereits mit der nach den vorliegenden Unterlagen (nur) im Amtsblatt der Verwaltungsgemeinschaft {G.} (Kurstadt Kurier) veröffentlichten 1. Änderungssatzung der VS 1993 vom 09. Dezember 1993 die Gemeinde {AI.} als Verbandsmitglied gestrichen wurde – die 2. Änderungssatzung der VS 1993 vom 11. Juli 1995 die Gründungsfiktion des Abwasserzweckverbands {G.} bewirken konnte, die ohne die Gemeinde {AI.} beschlossen und die in den das Gebiet der verbliebenen Mitgliedsgemeinden abdeckenden Amtsblättern der Verwaltungsgemeinschaft {AK.} (Heimatspiegel) vom 11. Oktober 1995 und der Verwaltungsgemeinschaft {G.} (Kurstadt Kurier) vom 13. September 1995 veröffentlicht wurde.

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Denn selbst wenn der Abwasserzweckverband {G.} weder aufgrund der Veröffentlichung der VS 1993 als gebildet gelten sollte noch aufgrund der Veröffentlichung der 2. Änderungssatzung der VS 1993 vom 11. Juli 1995 (weil die Gründungsfiktion des § 8a Abs. 1 GKG LSA die Veröffentlichung des Statuts bzw. der Verbandssatzung als solcher und nicht lediglich eine einzelne Vorschriften betreffende Änderung des Statuts bzw. der Verbandssatzung voraussetzte), galt er jedenfalls ab dem Tag nach der Bekanntmachung seiner – als Verband ohne die Gemeinde {AI.} – am 15. März 1994 beschlossenen (ersten) Beitrags- und Gebührensatzung im Amtsblatt der Verwaltungsgemeinschaft {G.} vom 15. Juni 1994 und im Amtsblatt der Verwaltungsgemeinschaft {AK.} vom 29. März 1995 nach § 8a Abs. 1 Satz 2 GKG LSA als gebildet. Nach dieser Vorschrift gilt, sofern Statut oder Verbandssatzung nicht öffentlich bekannt gemacht sind, als Zeitpunkt der Bildung des Verbands der Tag nach der öffentlichen Bekanntmachung der Genehmigungsverfügung, spätestens der Tag nach der öffentlichen Bekanntmachung der ersten Abgabensatzung des Verbands.

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2. Der Bescheid des Abwasserzweckverbands {G.} vom 14. Dezember 2015 wurde auch nicht vor Erlass des Änderungs- und Widerspruchsbescheids des Beklagten vom 31. August 2017 bzw. vom 13. August 2018 aufgehoben. Soweit in dem von der der seitens des Abwasserzweckverbands {G.} prozessbevollmächtigten Kanzlei angehörenden Rechtsanwältin unterzeichneten Schriftsatz vom 23. Juni 2016 eine Aufhebung des Bescheids erklärt wurde, erfüllt die Erklärung nicht die an einen Verwaltungsakt zu stellenden Anforderungen. Nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b KAG LSA i.V.m. § 118 AO ist Verwaltungsakt jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Die handelnde Rechtsanwältin ist jedoch weder Organ noch Bedienstete des Abwasserzweckverbands {G.} gewesen, weshalb es an einer hoheitlichen Maßnahme einer Behörde fehlt. Zwar kann auch eine von einem Privaten im Namen der Behörde erlassene Maßnahme, die den Privaten nach außen als Entscheidungsträger ausweist, der Behörde zuzurechnen sein und deshalb einen (wirksamen) Verwaltungsakt darstellen. Dies erfordert jedoch eine entsprechende Veranlassung durch die Behörde (vgl. Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, Kommentar, 7. Auflage 2008, § 35 Rn. 60 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind indes nicht erfüllt. Nach den Darlegungen des vom Abwasserzweckverband {G.} prozessbevollmächtigten Rechtsanwalts A. sei der von ihm lediglich als Entwurf erstellte o.g. Schriftsatz während seiner Urlaubsabwesenheit durch seine Kollegin an das Gericht übermittelt worden, obwohl eine Abstimmung mit dem Abwasserzweckverband {G.} noch ausgestanden habe. Greifbare Anhaltspunkte, diesen in der mündlichen Verhandlung durch die Verbandsgeschäftsführerin des Abwasserzweckverbands {G.} und Beklagten bestätigten Vortrag und die daraus folgende mangelnde Veranlassung der Aufhebung des Beitragsbescheids durch den Zweckverband in Zweifel zu ziehen, bestehen nicht. Auch die der bevollmächtigten Kanzlei durch den Zweckverband erteilte Prozessvollmacht deckt ein derartiges Tätigwerden nicht ab, sondern erstreckt sich auf die Prozessführung, die den Erlass eines Verwaltungsakts nicht umfasst. Entgegen der Auffassung der Klägerin folgt aus dem Umstand, dass die Prozessvollmacht auch die Anerkennung von Ansprüchen beinhaltet, keine Bevollmächtigung zum hoheitlichen Tätigwerden in Gestalt des Erlasses von Verwaltungsakten.

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II. Der angegriffene Bescheid kann auf eine wirksame rechtliche Grundlage nicht gestützt werden.

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1. Die im Bescheid angegebene "Satzung über die Erhebung von Schmutzwasserbeiträgen für die Entwässerung des Gebietes des Abwasserzweckverbandes {G.} ohne Ortsteil {T.} durch die zentrale Abwasserbeseitigungsanlage {G.} (Schmutzwasserbeitragssatzung AZV {G.})" vom 10. Oktober 2002 (SBS 2002) ist unwirksam, weil es an einer hinreichenden Regelung des Beitragsmaßstabs fehlt.

46

Im Anschlussbeitragsrecht muss der Satzungsgeber den Verteilungsmaßstab für alle im Versorgungsgebiet vorhandenen und während der Geltung der Beitragssatzung bzw. des Herstellungszeitraums der öffentlichen Einrichtung zu erwartenden Anwendungsfälle regeln (Grundsatz der konkreten Vollständigkeit, vgl. auch OVG LSA, Urteil vom 11. September 2012 – 4 L 155/09 – Juris Rn. 75 m.w.N.). Fehlt eine erforderliche Maßstabsregelung und ist der Maßstab deshalb unvollständig, mangelt es der Satzung an dem nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG LSA erforderlichen Mindestgehalt mit der Folge ihrer Ungültigkeit insgesamt (OVG LSA, Urteil vom 11. September 2012 – 4 L 155/09 – Juris Rn. 75).

47

So verhält es sich hier.

48

Der in den §§ 5 bis 7 SBS 2002 geregelte Vollgeschossmaßstab, der dem Grunde nach in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung des Landes Sachsen-Anhalt als zulässiger Beitragsmaßstab im Rahmen der Schmutzwasserbeseitigung anerkannt ist (OVG LSA, Urteil vom 05. Mai 2011 – 4 L 175/09 – Juris Rn. 17 und Beschluss vom 09. Juli 2007 – 4 O 172/07 – Juris Rn. 6), ist unvollständig. Er enthält nämlich keine hinreichende Regelung für sog. Hinterliegergrundstücke, die teilweise im Innenbereich und teilweise im Außenbereich gelegen sind.

49

Zwar ist in § 6 Abs. 2 Buchstabe b Satz 2 SBS 2002 bestimmt, dass bei teilweise im Innenbereich und teilweise im Außenbereich gelegenen Grundstücken, die nicht an eine Verkehrsanlage angrenzen, mit dieser aber durch einen Weg oder eine Zuwegung, die durch Baulast oder dingliches Baurecht gesichert ist, verbunden sind, als maßgebliche Grundstücksfläche die Fläche der zur Verkehrsanlage hin liegenden Grundstücksseite bis zu einer Tiefe von 50 m gilt, wobei Grundstücksteile, die ausschließlich eine wegemäßige Verbindung darstellen, bei der Bestimmung der Grundstückstiefe unberücksichtigt bleiben.

50

Diese (Tiefenbegrenzungs-)Regelung ist indes wegen Verstoßes gegen § 6 Abs. 5 Satz 1 KAG LSA, wonach Beiträge nach Vorteilen zu bemessen sind, nichtig.

51

Eine Tiefenbegrenzungsregelung dient dazu, das bevorteilte Bauland vom nicht bevorteilten Außenbereich typisierend abzugrenzen und lässt sich dabei von der Vermutung leiten, dass die vom Innenbereich in den Außenbereich hineinragenden Grundstücke ab einer bestimmten Grundstückstiefe dem Außenbereich zuzurechnen und deshalb baulich nicht mehr nutzbar sind. Sie orientiert sich in einer generalisierenden Weise an der ortsüblichen Tiefe der baulichen Nutzung von der jeweiligen (Anbau)Straße aus. Damit ist es aber ausgeschlossen, den Ausgangspunkt der Tiefenbegrenzung allein deshalb zu ändern, weil die Bebaubarkeit eines Grundstücks in Rede steht, das keinen oder nur einen wegemäßigen Zugang zu der Straße hat. Es gibt keinen Erfahrungssatz, wonach bei sog. Hinterliegergrundstücken der Außenbereich typischerweise erst nach einer bestimmten Entfernung hinter der der Straße zugewandten Seite dieses Grundstücks beginnt, sondern eine Tiefenbegrenzung ist immer von der Straße(ngrenze) aus zu messen (OVG LSA, Urteil vom 21. Februar 2012 – 4 L 98/10 – Juris Rn. 20).

52

Die Unwirksamkeit der Regelung des § 6 Abs. 2 Buchstabe b Satz 2 SBS 2002 hat zur Folge, dass der vorgesehene Verteilungsmaßstab für teilweise im Außenbereich gelegene Grundstücke, die nicht an eine Verkehrsanlage grenzen, keine Berechnung der maßgeblichen Beitragsfläche ermöglicht und insoweit lückenhaft ist.

53

Insbesondere werden diese Grundstücke nicht von der Regelung des § 6 Abs. 2 Buchstabe b Satz 1 SBS 2002 erfasst. Danach gilt bei Grundstücken innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils, die bebaut oder gewerblich genutzt werden oder für die eine solche Nutzung zulässig wäre und die entweder unmittelbar an ein Außenbereichsgrundstück angrenzen, ohne selbst schon (insgesamt) als Außenbereichsgrundstück im Sinne von § 35 BauGB zu gelten, oder in den Außenbereich übergehen, als Grundstücksfläche die Fläche von der Verkehrsanlage, an der sie angrenzen, bis zu einer Tiefe von 50 m. Diese Vorschrift betrifft nach Wortlaut und Inhalt ausschließlich Grundstücke, die an eine Verkehrsanlage grenzen, nicht aber Hinterliegergrundstücke. Insoweit unterscheidet sich die Regelung von derjenigen, die der vorgenannten Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt zugrunde lag und die nicht zwischen Vorderlieger- und Hinterliegergrundstücken differenzierte.

54

Eine entsprechende Verteilungsregelung ist auch nicht wegen Nichtvorhandenseins derartiger Fallkonstellationen entbehrlich, da es nach dem Vortrag des Abwasserzweckverbands {G.} im Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt zum Aktenzeichen 4 M 150/16 zwei derart betroffene Grundstücke gibt.

55

2. Die "Satzung über die Erhebung von Schmutzwasserbeiträgen für die Entwässerung des Gebietes des Abwasserzweckverbandes {G.} ohne Ortsteil {T.} durch die zentrale Abwasserbeseitigungsanlage {G.} (Schmutzwasserbeitragssatzung AZV {AL.}" vom 15. Dezember 2016 (SBS 2016) scheidet als Rechtsgrundlage ebenfalls aus.

56

a. Sie ist mangels ordnungsgemäßer Bekanntmachung nicht wirksam geworden.

57

Die Veröffentlichung der SBS 2016 erfolgte im "Wochenspiegel, Ausgabe A-Stadt, {AM.} und Umgebung" vom 29. Dezember 2016. Das entsprach zwar der Regelung in § 21 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 der Verbandssatzung des Abwasserzweckverbands {G.} vom 27. September 2005 (VS 2005) in der Fassung der 2. Änderungssatzung vom 27. Juli 2010, wonach alle nicht genehmigungspflichtigen Änderungen der Verbandssatzung und alle sonstigen Satzungen im "Wochenspiegel, Ausgabe A-Stadt, {AM.} und Umgebung" zu veröffentlichen sind.

58

Diese durch die 2. Änderungssatzung zur VS 2005 bestimmte Bekanntmachungsregelung ist indes ihrerseits nicht wirksam geworden.

59

aa. Schon die VS 2005 erlangte nämlich mangels ordnungsgemäßer Bekanntmachung keine Wirksamkeit.

60

Geht man mit dem Beklagten davon aus, dass die VS 2005 der Genehmigung und Veröffentlichung durch die Kommunalaufsichtsbehörde in deren amtlichen Veröffentlichungsblatt bedurfte (§§ 14 Abs. 2 i.V.m. § 8 Abs. 5 Satz 1 GLG LSA), fehlt es daran. Die Hauptsatzung des Burgenlandkreises vom 04. Mai 1998 in der im Jahr 2005 geltenden Fassung der 7. Änderung vom 09. Mai 2005 sah in § 15 Abs. 1 vor, dass die amtlichen Bekanntmachungen des Burgenlandkreises in der Mitteldeutschen Zeitung/{P.} Zeitung, im {N.} Tageblatt/Mitteldeutsche Zeitung und in der Mitteldeutschen Zeitung/{N.} Tageblatt {AM.} erfolgen. Die Veröffentlichung der VS 2005 erfolgte dagegen nach den vom Beklagten vorgelegten Unterlagen lediglich im {N.} Tageblatt/Mitteldeutsche Zeitung vom 19. November 2005. Belege oder sonstige Nachweise, dass die VS 2005 samt kommunalaufsichtlicher Genehmigung auch in den anderen beiden Regionalausgaben der Mitteldeutschen Zeitung bekannt gemacht wurde, liegen dagegen nicht vor. Vielmehr hat der Abwasserzweckverband {G.} in seinen Hinweisbekanntmachungen im Amtsblatt der Verwaltungsgemeinschaft {G.} vom 14. Dezember 2005 und im Amtsblatt der Verwaltungsgemeinschaft {AK.} vom 07. Dezember 2005 auch lediglich auf die Veröffentlichung der VS 2005 im {N.} Tageblatt/Mitteldeutsche Zeitung hingewiesen.

61

Die Bekanntmachung der VS 2005 ausschließlich im {N.} Tageblatt/Mitteldeutsche Zeitung entsprach im Übrigen auch keiner der Bekanntmachungsregelungen für das Satzungsrecht des Abwasserzweckverbands {G.}, die in der bis dahin geltenden VS 1993 einschließlich aller sechs Änderungssatzungen vorgesehen waren, und schließlich auch nicht der selbst in § 21 VS 2005 vorgesehenen Veröffentlichungsform, so dass die Satzung – auch wenn sie nicht durch die Kommunalaufsichtsbehörde bekanntzumachen gewesen wäre – unter keinem rechtlichen Blickwinkel ordnungsgemäß öffentlich bekannt gemacht worden ist.

62

Wegen der mit der fehlerhaften Veröffentlichung verbundenen Unwirksamkeit der VS 2005 gingen auch alle späteren Änderungen der Satzung ins Leere und sind deshalb unwirksam. Das gilt insbesondere hinsichtlich der 2. Änderungssatzung zur VS 2005 vom 27. Juli 2010, nach der die SBS 2016 bekannt gemacht worden ist.

63

bb. Selbst wenn die VS 2005 wirksam geworden wäre, ist die 2. Änderungssatzung zur VS 2005 vom 27. Juli 2010 mit der darin bestimmten Art und Weise der Bekanntmachungen des Abwasserzweckverbands {G.} nicht wirksam geworden und kann deshalb eine wirksame Bekanntmachung der SBS 2016 nicht begründen. Nach § 21 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 VS 2005 erfolgen alle nicht genehmigungspflichtigen Änderungen durch Veröffentlichungen im Amtsblatt der Verwaltungsgemeinschaft {G.} "Kurstadt Kurier", im Amtsblatt der Verwaltungsgemeinschaft {AK.} "Heimatspiegel" und im Amtsblatt der Verwaltungsgemeinschaft {AN.}. Diese Regelung ist durch die 1. Änderungssatzung vom 18. August 2009 dahingehend geändert worden, dass die Bekanntmachungen im Amtsblatt der Stadt {G.} "Kurstadt Kurier", im Amtsblatt der Verwaltungsgemeinschaft {AK.} "Heimatspiegel" und im Amtsblatt der Verbandsgemeinde {AO.}" erfolgen.

64

Die Bekanntmachungsregelung in § 21 Abs. 2 VS 2005 (in der Fassung der 1. Änderung) ist jedenfalls mit Einstellung des Amtsblatts der Stadt {G.} "Kurstadt Kurier" zum Ende des Jahres 2009 infolge der Eingemeindung der Stadt {G.} in die Stadt A-Stadt insgesamt unwirksam geworden.

65

Mit der Einstellung des Amtsblatts der Stadt {V.}ist die Veröffentlichung des Satzungsrechts des Abwasserzweckverbands {G.} in diesem Publikationsorgan dauerhaft unmöglich geworden. Die Bekanntmachungsregelung hat damit ihren Sinn und ihre Ordnungsfunktion verloren und ist funktionslos bzw. gegenstandslos geworden, ohne dass es dazu ihrer Aufhebung bedarf (ThürOVG, Urteil vom 21. Juli 2010 – 4 KO 173/08 – Juris Rn. 43; NdsOVG, Urteil vom 19. April 2012 – 1 KN 23/11 – Juris Rn. 61; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 11. Oktober 2006 – BVerwG 10 CN 2.05 – Juris Rn. 13 f.).

66

Die Unwirksamkeit der Regelung über die Veröffentlichung im Amtsblatt der Stadt {G.} hat die Unwirksamkeit der Bekanntmachungsregelung des § 21 Abs. 2 VS 2005 (in der Fassung der 1. Änderungssatzung) insgesamt zur Folge. Nach den allgemeinen Grundsätzen über die Teil- und Gesamtnichtigkeit führt die Ungültigkeit eines Teils einer kommunalen Satzungsbestimmung in entsprechender Anwendung von § 139 BGB nur dann nicht zu ihrer Gesamtunwirksamkeit, wenn die übrigen Teile auch ohne den ungültigen Teil sinnvoll bleiben (Grundsatz der Teilbarkeit) und mit Sicherheit anzunehmen ist, dass sie auch ohne diesen erlassen worden wären (Grundsatz des mutmaßlichen Willens des Normgebers) (OVG LSA, Beschluss vom 30. November 2006 – 4 L 320/06 – Juris Rn. 10).

67

Zwar stellte die Rest-Regelung der Veröffentlichung des Satzungsrechts im "Heimatspiegel" und im "{AP.} Kurier" eine sinnvolle Bekanntmachungsvorschrift dar. Es widerspräche auch nicht dem Rechtsstaatsprinzip, im Falle des Wegfalls eines Bekanntmachungsorgans die notleidend gewordene Bekanntmachungsregelung zumindest vorübergehend als Rechtsgrundlage für eine Bekanntmachung in dem verbliebenen Publikationsorgan heranzuziehen (BVerwG, Urteil vom 11. Oktober 2006 – BVerwG 10 CN 2.05 – Juris Rn. 20; OVG LSA, Beschluss vom 21. Dezember 2006 – 4 L 411/06 – Juris Rn. 3). Allerdings kann ein mutmaßlicher Wille des Satzungsgebers, für den Fall der Unwirksamkeit der Bestimmung über die Veröffentlichung des Satzungsrechts im "Kurstadt Kurier" allein die Veröffentlichung im "Heimatspiegel" und im "{AP.} Kurier" vorzusehen, nicht mit Sicherheit angenommen werden. Mit der vom Abwasserzweckverband {V.}vorgesehenen Bekanntmachungsregelung sollte nämlich ersichtlich das gesamte Verbandsgebiet abgedeckt werden, was aber durch die Veröffentlichung im "Heimatspiegel" und im "{AP.} Kurier" nicht gewährleistet wird, weil diese nur den Bereich der Verbandsgemeinden {M.} und {AK.} abdecken, dagegen den Bereich der (ehemaligen) Stadt {G.} einschließlich ihrer zehn weiteren Ortsteile nicht erfassen. Dem entsprechend hatte der Abwasserzweckverband {G.} mit dem "Wochenspiegel, Ausgabe A-Stadt, {AM.} und Umgebung", im Rahmen der 2. Änderungssatzung zur VS 2005 wieder ein im gesamten Verbandsgebiet erscheinendes Bekanntmachungsmedium bestimmt und diese Änderungssatzung nicht nur im "Heimatspiegel" und im "{AP.} Kurier" veröffentlicht, sondern auch im {N.} Tageblatt/ Mitteldeutsche Zeitung.

68

Ob darüber hinaus auch die Regelung über die Veröffentlichung im Amtsblatt der Verwaltungsgemeinschaft {AK.} "Heimatspiegel" dadurch unwirksam geworden ist, dass die Verwaltungsgemeinschaft zum 31. Dezember 2009 aufgelöst worden und damit deren Amtsblatt weggefallen ist, oder ob dies unerheblich ist, weil nunmehr die Verbandsgemeinde {AK.}, deren Mitglied die meisten Gemeinden der Verwaltungsgemeinschaft {AK.} geworden sind, den "Heimatspiegel" als Amtsblatt fortführt, mag dahin stehen. Das gilt ebenso hinsichtlich der Fragen, ob die Regelungen in § 21 Abs. 2 VS 2005 über die Veröffentlichung in den Amtsblättern der Verwaltungsgemeinschaften {G.} "Kurstadt Kurier" und {AQ.}Kurier" durch die Auflösung der Körperschaften zum 31. Dezember 2007 bzw. zum 01. Juli 2009 mit der Folge der Gesamtnichtigkeit der Bekanntmachungsvorschrift unwirksam geworden sind und ob die 1. Änderungssatzung, die am 16. Oktober 2009 im Amtsblatt der Verbandsgemeinde An der Finne, am 07. Oktober 2009 im Amtsblatt der Verwaltungsgemeinschaft {AK.} und am 14. Oktober 2009 im Amtsblatt der Stadt {G.} bekannt gemacht wurde, eine neue wirksame Bekanntmachungsregelung schaffen konnte, obwohl sie sich keine Rückwirkung (auf den Zeitpunkt des Wegfalls der Amtsblätter der Verwaltungsgemeinschaften {G.} und {M.}) beimaß (vgl. zur Gesamtnichtigkeit einer Verbandssatzung im Falle des Fehlens eines Mindestbestandteils OVG LSA, Beschluss vom 07. Dezember 2004 – 1 L 358/04 – n.v., und Urteil vom 08. April 2008 – 4 L 53/08 – Juris Rn. 38 f.; VG Magdeburg, Urteil vom 12. Mai 2012 – 9 A 298/09 MD – Juris Rn. 26 f.).

69

Enthielt die VS 2005 (in der Fassung der 1. Änderungssatzung) nach alledem im Zeitpunkt der Veröffentlichung der 2. Änderungssatzung vom 27. Juli 2010 keine wirksame Bekanntmachungsbestimmung mehr, hätte – ungeachtet der Frage einer notwendigen Rückwirkung auf den Zeitpunkt des Außerkrafttretens der bisherigen Regelung – deren Veröffentlichung in der Form erfolgen müssen, die die neue Regelung vorgibt, mithin im "Wochenspiegel, Ausgabe A-Stadt, {AM.} und Umgebung". Das ist – wie bereits dargelegt – jedoch nicht erfolgt.

70

cc. Die Wirksamkeit der Veröffentlichung der SBS 2016 im "Wochenspiegel, Ausgabe A-Stadt, {AM.} und Umgebung" kann schließlich nicht damit begründet werden, dass die Bekanntmachung von Satzungen des Abwasserzweckverbands {G.} seit dem Jahr 2010 über mehrere Jahre hinweg in dieser Zeitschrift erfolgte und deshalb ortsüblich gewesen ist. Das Gesetz über die kommunale Gemeinschaftsarbeit vom 09. Oktober 1992 (GVBl. LSA S. 730) bestimmt seit seinem In-Kraft-Treten am 16. Oktober 1992 – zunächst in § 19 Abs. 2 Nr. 4 und nunmehr in § 8 Abs. 2 Nr. 4 – dass die Verbandssatzung Art und Weise der öffentlichen Bekanntmachungen des Zweckverbands bestimmen muss. Aufgrund dessen setzt die ordnungsgemäße Bekanntmachung von Satzungsrecht eines Zweckverbands eine den gesetzlichen Anforderungen genügende Bekanntmachungsregelung in der Verbandssatzung voraus und es scheidet ein Rückgriff auf die "Ortsüblichkeit" der Bekanntmachungsform aus (OVG LSA, Urteil vom 11. September 2012 – 4 L 49/12 – n.v.; offenbar übersehen von OVG LSA, Urteil vom 04. Juni 2015 – 4 L 174/14 – Juris Rn. 29).

71

b. Die SBS 2016 kann auch aus materiell-rechtlichen Gründen nicht als Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid herangezogen werden, da der in § 8 Abs. 1 SBS 2016 vorgesehene Beitragssatz von 2,- Euro/m² mit § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA nicht in Einklang steht bzw. der Beklagte den ihm insoweit obliegenden Nachweis der Vereinbarkeit der Regelung mit § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA nicht geführt hat.

72

Nach dieser Regelung erheben Landkreise und Gemeinden bzw. Zweckverbände (§ 9 Abs. 1 Sätze 1 und 2 GKG LSA) zur Deckung ihres Aufwands u.a. für die erforderliche Herstellung ihrer öffentlichen leitungsgebundenen Einrichtungen von den Beitragspflichtigen im Sinne des Absatzes 8, denen durch die Inanspruchnahme oder die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Leistungen ein Vorteil entsteht, nur Beiträge, soweit der Aufwand nicht durch Gebühren gedeckt ist und soweit nicht ein privatrechtliches Entgelt gefordert wird. Die Vorschrift enthält zum einen ein Aufwandsüberschreitungsverbot, dessen Verletzung nur dann die Unwirksamkeit des satzungsrechtlich festgelegten Beitragssatzes nach sich zieht, wenn sich dieser im Ergebnis als nicht nur unerheblich überhöht erweist (OVG LSA, Urteil vom 29. April 2010 – 4 L 341/08 – Juris Rn. 26). Zum anderen enthält diese Regelung eine Beitragserhebungspflicht, deren Verletzung nach der neuesten Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt ebenfalls die Unwirksamkeit des satzungsrechtlich festgelegten Beitragssatzes nach sich zieht, wenn dieser den höchstzulässigen Beitragssatz erheblich unterschreitet (OVG LSA, Urteil vom 21. August 2018 – 4 K 221/15 – Juris Pressemitteilungen). Dabei obliegt es der beitragserhebenden Körperschaft, spätestens im gerichtlichen Verfahren eine Beitragskalkulation vorzulegen, aus der sich ergibt, dass der festgelegte Beitragssatz der Regelung des § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA genügt (OVG LSA, Urteil vom 10. März 2011 – 4 L 385/08 – Juris Rn. 26; Beschluss vom 02. August 2007 – 4 M 44/07 – Juris Rn. 3).

73

aa. Danach ist der in § 8 Abs. 1 SBS 2016 festgelegte Beitragssatz von 2 Euro/m² wegen Verstoßes gegen die Beitragserhebungspflicht unwirksam, weil er unter Zugrundelegung der vom Beklagten im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Beitragskalkulationen vom 03. März 2017 und vom 24. August 2018 den höchstzulässigen Beitragssatz mehr als nur unerheblich unterschreitet.

74

In der Kalkulation vom 03. März 2017 wurde ein höchstzulässiger Beitragssatz von 2,52 Euro/m² ermittelt, den der festgelegte Beitragssatz bereits um 20,6 % unterschreitet. Hinzu kommt, dass vom kalkulierten Investitionsaufwand fehlerhaft ein Betrag von 1.364.429 Euro für die verrechnete Abwasserabgabe abgezogen wurde. Die Verrechnung der Investitionsaufwendungen gegen die für die Einleitungen aus dem Klärwerk geschuldete Abwasserabgabe mindert nämlich nicht den Investitionsaufwand, sondern lässt lediglich die Verpflichtung zur Zahlung einer ansonsten geschuldeten Abgabe entfallen. Die Verrechnungsvorschriften des § 10 Abs. 3 und 4 AbwAG ergänzen die Regelungen zur Abwasserabgabe, von der eine Anreizwirkung zur Durchführung von Gewässerschutzmaßnahmen ausgehen soll, und haben einzig den Zweck, Maßnahmen zur Verringerung der Abwasserschädlichkeit anzustoßen (BVerwG, Urteil vom 21. November 2013 – BVerwG 7 C 12.12 – Juris Rn. 46), nicht aber, den beitragsfähigen Investitionsaufwand zu mindern.

75

Im Hinblick darauf ist der kalkulierte Gesamtaufwand von 9.076.561 Euro um den vorgenannten Betrag zu erhöhen, so dass sich – ausgehend von der Kalkulation des Beklagten vom 03. März 2017 – verteilungsfähige Kosten in Höhe von 10.440.990 Euro ergeben. Teilt man diese durch die ermittelte beitragsfähige Fläche von 3.596.539 m², errechnet sich ein kostendeckender (höchstzulässiger) Beitragssatz von 2,90 Euro/m².

76

Diesen unterschreitet der festgelegte Beitragssatz von 2 Euro/m² um 31,3 Prozent. Auch unter Berücksichtigung eines anzuerkennenden Sicherheitsabstands zwischen dem höchstzulässigen und dem festgesetzten Beitragssatz wird bei einer derartigen Abweichung dem grundsätzlichen Gebot der Festsetzung eines aufwandsdeckenden Beitragssatzes in § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA nicht hinreichend Genüge getan, was nach der obergerichtlichen Rechtsprechung die Unwirksamkeit der den Beitragssatz festsetzenden Vorschrift insgesamt zur Folge hat (OVG LSA, Urteil vom 21. August 2018 – 4 K 221/15 – Juris Pressemitteilungen) und was – da die Festsetzung des Beitragssatzes zum Mindestinhalt einer Abgabensatzung gehört (§ 2 Abs. 1 Satz 2 KAG LSA) – zugleich die Unwirksamkeit der Beitragssatzung im Ganzen nach sich zieht (OVG LSA, Urteil vom 27. März 2012 – 4 L 233/09 – Juris Rn. 61).

77

Nach der vom Beklagten zuletzt vorgelegten (aktuellen) Kalkulation vom 24. August 2018 beträgt der höchstzulässige Beitragssatz sogar 2,69 Euro/m², wobei auch in dieser Kalkulation die verrechnete Abwasserabgabe fehlerhaft als aufwandsmindernd berücksichtigt wurde. Unter Einbeziehung des darauf entfallenden Betrags in den Investitionsaufwand liegt der höchstzulässige Beitragssatz bei 3,07 Euro/m² ([9.691.567 + 1.364.429] / 3.596.539 m²), den der festgelegte Beitragssatz um 34,85 % unterschreitet.

78

bb. Im Hinblick darauf kann offen bleiben, ob die vorgelegten Kalkulationen nicht wegen eines ihnen anhaftenden methodischen Fehlers von vornherein die Feststellung unmöglich machen, dass der festgelegte Beitragssatz weder gegen das Aufwandsüberschreitungsverbot noch gegen die Beitragserhebungspflicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA verstößt und der Beklagte der ihn insoweit treffenden Obliegenheit zur Vorlage einer methodisch fehlerfreien Kalkulation nicht nachgekommen ist.

79

Insoweit ist zum einen zu berücksichtigen, dass der Abwasserzweckverband {G.} nach § 1 Abs. 1 Buchstabe a der Abwasserbeseitigungssatzung vom 24. Juni 2008 (veröffentlicht im Kurstadt Kurier vom 09. Juli 2008, im Heimatspiegel vom 16. Juli 2008 und im {AP.} Kurier vom 18. Juli 2008) eine rechtlich selbstständige öffentliche zentrale Schmutzwasserbeseitigungseinrichtung mit Behandlung in der Kläranlage {G.} und in der Kläranlage {AR.} betrieb. Durch die 1. Änderungssatzung vom 17. Dezember 2015 (veröffentlicht im Wochenspiegel, Ausgabe A-Stadt, {AM.} und Umgebung vom 27. Januar 2016) wurde die Vorschrift bzw. die öffentliche Einrichtung um den Einzugsbereich der Kläranlage {T.} erweitert. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass die SBS 2016 – ebenso wie die "Neufassung der Satzung über die Erhebung von Schmutzwasserbeiträgen für die Entwässerung des Gebietes des Abwasserzweckverbandes {G.} ohne Ortsteil {T.} durch die zentrale Abwasserbeseitigungsanlage {G.}" vom 06. September 2018 (SBS 2018) – zum 01. Januar 2015 in Kraft treten sollte, diese Satzungen zudem darauf verweisen, dass der Zweckverband nach Maßgabe der genannten Abwasserbeseitigungssatzungen eine Abwasserbeseitigungseinrichtung {G.} betreibt und bestimmen, dass der Beitrag für die Herstellung der Abwasserbeseitigungseinrichtung {V.}zur Entwässerung des Gebiets des Abwasserzweckverbands {G.}, ohne Ortsteil {T.}, erhoben wird (§ 1 SBS 2016 und SBS 2018). Da die Kläranlage {AR.} – anders als die Kläranlage {T.} – nach dem vorgelegten Auszug aus dem Abwasserbeseitigungskonzept keine Übergangslösung darstellte, spricht einiges dafür, dass den daran bis zum Austritt der Verbandsgemeinde {M.} angeschlossenen Grundstücken eine endgültig betriebsfertig hergestellte öffentliche Einrichtung des Abwasserzweckverbands {G.} zur Verfügung gestellt wurde mit der Folge, dass insoweit ein einheitlicher Beitrag zu kalkulieren und festzusetzen ist. Denn der Beitragssatz wird ermittelt, indem der gesamte Aufwand, der notwendig ist, um die öffentliche Einrichtung entsprechend dem Abwasserbeseitigungskonzept zu schaffen, auf die bevorteilte Fläche verteilt wird. In die vom Beklagten vorgelegten Kalkulationen vom 03. März 2017 und vom 24. August 2018 haben indes die auf den Einzugsbereich der Kläranlage {AR.} entfallenden Kosten und Flächen keinen Eingang gefunden. Darauf ist der Beklagte bereits mit richterlichem Hinweis vom 06. März 2018 aufmerksam gemacht worden. Er hat gleichwohl von der Möglichkeit einer Nachbesserung der Kalkulation abgesehen.

80

Ob es der Berücksichtigung der auf das Einzugsgebiet der Kläranlage {AR.} entfallenden Kosten und Flächen in der Beitragskalkulation bedarf, oder ob diese außer Betracht zu lassen sind, weil die Verbandsgemeinde an der Finne, zu der das Einzugsgebiet der Kläranlage {AR.} gehört, schon längere Zeit den Austritt aus dem Verband anstrebte und deshalb den durch diese Kläranlage erschlossenen Grundstücken keine dauerhafte Entsorgungsmöglichkeit durch eine zentrale Schmutzwasserbeseitigungseinrichtung des Abwasserzweckverbands {G.} geboten wurde, bedarf jedoch keiner Entscheidung. Liegt kein methodischer Kalkulationsfehler vor, erweist sich der festgelegte Beitragssatz aus den dargestellten Gründen (II.2.b.aa.) als erheblich zu niedrig und ist deshalb nichtig.

81

3. Auch die SBS 2018 (veröffentlicht in der Mitteldeutschen Zeitung, Ausgaben {P.} Zeitung, {O.} Zeitung und {N.} Tageblatt, vom 08./09. September 2018) kann als rechtliche Grundlage des angegriffenen Beitragsbescheids nicht herangezogen werden, da darin ebenfalls in § 8 Abs. 1 ein Beitragssatz von 2 Euro/m² festgelegt ist, dessen Vereinbarkeit mit § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA anhand der vom Beklagten erstellten Kalkulation(en) nicht festgestellt werden kann. Insoweit gelten die Ausführungen unter II.2. b. entsprechend.

82

4. Dass eine ältere satzungsrechtliche Grundlage für die geltend gemachten Beitragsansprüche in Betracht kommt, macht der Beklagte schon nicht geltend.

83

aa. Die "Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung des Abwasserzweckverbands {AS.} vom 15. März 1994 (BGS 1994) scheidet als Rechtsgrundlage aus. Sie enthält zum einen keine wirksame Bestimmung des Beitragspflichtigen. Unter Verstoß gegen § 6 Abs. 8 Satz 1 KAG LSA stellt die Regelung in § 6 Abs. 1 BGS 1994 nicht auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheids ab, sondern bestimmt als Beitragspflichtigen denjenigen, der im Zeitpunkt des Entstehens der Beitragsschuld Eigentümer bzw. Erbbauberechtigter ist. Zudem ist der in § 4 Abs. 1 BGS 1994 vorgesehene Beitragsmaßstab nicht vorteilsgerecht im Sinne von § 6 Abs. 5 Satz 1 KAG LSA und verstößt gegen den Grundsatz der konkreten Vollständigkeit. Nach der genannten Vorschrift wird der Beitrag nach der Fläche berechnet, die sich aus der Grundfläche eines Wohnhauses oder Gewerbegebäudes ergibt einschließlich eines Steigerungsbetrags von 25 % für jedes weitere Vollgeschoss. Für ausgebaute Dachgeschosse wird ein halbes Vollgeschoss angesetzt; Scheunen, Stallungen und andere Nebengebäude werden nicht berücksichtigt. Die Regelung berücksichtigt nicht hinreichend, dass sich der Verteilungsmaßstab am Umfang der wahrscheinlichen Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung zu orientieren hat und diese in erster Linie von der baulichen Nutzbarkeit des Grundstücks abhängt. Die in der BGS 1994 vorgesehene Regelung knüpft nämlich nicht an die bauliche Nutzbarkeit, d.h. die mögliche bauliche Nutzung eines Grundstücks an (vgl. zur Maßgeblichkeit der zulässigen baulichen Nutzung OVG LSA, Beschluss vom 10. November 1999 – B 3 S 29/98 – n.v.), sondern ausschließlich an die tatsächliche bauliche Nutzung, indem auf im Zeitpunkt der betriebsfertigen Herstellung der öffentlichen Einrichtung vorhandene Hauptgebäudegrundflächen und die Zahl der vorhandenen Vollgeschoss abgestellt wird. Damit kann der durch die öffentliche Einrichtung dem jeweiligen Grundstück vermittelte Vorteil – insbesondere in beplanten Gebieten – nicht sachgerecht erfasst werden. Darüber hinaus enthält diese Vorschrift keine Regelung für unbebaute, aber aufgrund ihrer Lage im Geltungsbereich eines Bebauungsplans oder im unbeplanten Innenbereich bebaubare Grundstücke. Diese Fehler im Beitragsmaßstab führen zur Unwirksamkeit des Maßstabs und der Satzung insgesamt (OVG LSA, Urteil vom 11. September 2012 – 4 L 155/09 – Juris Rn. 75).

84

bb. Ebenso scheidet die Schmutzwasserbeitragssatzung des Abwasserzweckverbands {G.} vom 01. Juli 1998 (SBS 1998) (veröffentlicht im Amtsblatt der Verwaltungsgemeinschaft {G.} und im Amtsblatt der Verwaltungsgemeinschaft {AK.} jeweils vom 09. September 1998) als Rechtsgrundlage des angegriffenen Bescheids aus.

85

Das gilt schon deshalb, weil der Abwasserzweckverband {G.} die SBS 1998 mit § 18 Satz 2 SBS 2002 aufgehoben hatte und diese im Zeitpunkt des Eintritts der beitragsrechtlichen Vorteilslage, die auf den Tag der Eintragung des Leitungsrechts hinsichtlich des Schmutzwasserkanals in der Privatstraße ({AT.} als beschränkte persönliche Dienstbarkeit zu Gunsten des Abwasserzweckverbands {G.} datiert (vgl. dazu OVG LSA, Beschluss vom 02. Dezember 2008 – 4 L 348/06 – Juris Rn. 4), keine Geltung mehr beanspruchte. Die Aufhebung teilte auch nicht das rechtliche Schicksal der Unwirksamkeit der SBS 2002 im Übrigen. Denn zum einen ist diese Regelung vom Rest der SBS 2002 teilbar und bleibt rechtlich sinnvoll. Zum anderen ist mit Sicherheit davon auszugehen, dass der Satzungsgeber die SBS 1998 auch dann aufgehoben hätte, wäre ihm die Unwirksamkeit der SBS 2002 im Übrigen bekannt gewesen. Denn der Satzungsgeber wollte die Beitragserhebung nicht mehr wie zuvor in der SBS 1998 auf einen Geschossflächenmaßstab stützen, sondern unter Heranziehung des sich davon grundlegend unterscheidenden Vollgeschossmaßstabs und eines danach kalkulierten Beitragssatzes von 2 Euro/m² (statt bislang 25 DM/m²) auf gänzlich neue Füße stellen. Von daher ist nicht davon auszugehen, dass der Abwasserzweckverband {G.} im Wissen um einen der SBS 2002 anhaftenden, zur Gesamtnichtigkeit führenden Fehler an der SBS 1998 festgehalten hätte.

86

Ungeachtet dessen verstieß der in der SBS 1998 vorgesehene Verteilungsmaßstab gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Die in § 7b Abs. 3 UA 2 Satz 3 SBS 1998 und § 7c Abs. 2 Sätze 3 und 4 SBS 1998 getroffenen Reglungen führen zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung von Grundstücken im unbeplanten Innenbereich, im Außenbereich bzw. in nicht nach § 7a SBS 1998 beplanten Gebieten einerseits und Grundstücken in nach § 7a SBS 1998 beplanten Gebieten andererseits. Nach § 7c Abs. 2 Sätze 3 und 4 SBS sind bei Grundstücken im unbeplanten Innenbereich und im Außenbereich, bei denen sich die (beitragsrechtlich relevante) Geschossfläche aus der Summe aller Vollgeschossflächen ergibt (§ 7c Abs. 1 SBS), Dachgeschosse in dem Umfang, in dem sie tatsächlich ausgebaut sind, den Vollgeschossflächen zur Hälfte unabhängig davon hinzuzurechnen, ob die Dachgeschosshöhe die Raumhöhe eines Vollgeschosses im Sinne der Landesbauordnung erreicht. Bei Grundstücken im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der keine Festsetzungen nach § 7a SBS 1998 enthält, werden nach § 7b Abs. 3 UA 2 Satz 3 SBS 1998 ausgebaute Dachgeschosse als halbes Vollgeschoss gezählt. Dagegen wird für Grundstücke im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der Festsetzungen zur Geschossflächenzahl, zur Größe der Geschossfläche, zur Zahl der Vollgeschosse oder zur Baumassenzahl enthält (§ 7a SBS 1998), die Geschossfläche anhand der Festsetzungen im Bebauungsplan ermittelt (§ 7a SBS). Grundstücke in nach § 7a SBS 1998 beplanten Gebieten werden mithin in unzulässiger Weise privilegiert, weil in diesen Gebieten Dachgeschosse, die keine Vollgeschosse im Sinne der Landesbauordnung sind, bei der Beitragsbemessung außer Acht bleiben, während sie in anderen Gebieten hinzugerechnet werden, ohne dass es für eine derartige Differenzierung einen rechtfertigenden Grund gibt. Ein solcher ergibt sich nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt insbesondere nicht daraus, dass nach dem gewählten Geschossflächenmaßstab für (in bestimmter Weise) beplante Gebiete auf das zulässige Nutzungsmaß, für andere Gebiete hingegen auf das tatsächliche Nutzungsmaß abgestellt wird. Denn die Ausgestaltung des Maßstabs darf nicht dazu führen, dass Grundstücke, deren Gebäude mit einem ausgebauten Dachgeschoss versehen sind, das kein Vollgeschoss ist, aufgrund ihrer Lage außerhalb des Geltungsbereichs eines (bestimmte Festsetzungen enthaltenden) Bebauungsplans bei der Veranlagung gegenüber Grundstücken in entsprechend beplanten Gebieten benachteiligt werden, obwohl sich das Maß der baulichen Nutzung nicht von den Gebäuden unterscheidet, die im beplanten Bereich mit einem ausgebauten Dachgeschoss ausgestattet sind, das kein Vollgeschoss beinhaltet (vgl. OVG LSA, Urteil vom 04. Dezember 2003 – 1 L 226/03 – Juris Rn. 31 ff.). Die Unwirksamkeit dieser Regelung hat die Gesamtnichtigkeit der Regelungen über den Verteilungsmaßstab und daher der Satzung zur Folge, da nicht mit Sicherheit davon auszugehen ist, dass der Beklagte die Verteilungsregelung auch ohne die Regelung über die Veranlagung von Dachgeschossflächen im nicht nach § 7a SBS 1998 beplanten Bereich erlassen hätte. Insbesondere kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Beklagte eine andere – nicht gleichheitswidrige – Regelung zur Berücksichtigung der Dachgeschossflächen innerhalb des Geschossflächenmaßstabs getroffen oder aber einen anderen, die Berücksichtigung von Dachgeschossflächen erfassenden Verteilungsmaßstab gewählt hätte.

87

Schließlich ist auch nicht ersichtlich, dass der in § 8 Abs. 1 SBS 1998 festgelegte Beitragssatz von 25 DM/m² mit § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA in Einklang steht. Eine diesen Beitragssatz rechtfertigende ordnungsgemäße Kalkulation ist nach dem Vortrag des Beklagten nie erstellt worden.

88

5. Soweit es das Flurstück {AU.} betrifft, scheidet die Heranziehung zu einem Beitrag schließlich auch deshalb aus, weil es nicht in schmutzwasserrelevanter Weise baulich genutzt werden kann.

89

Gemäß § 3 Abs. 1 SBS 2016/ § 3 Abs. 1 Buchstabe a SBS 2018 unterliegen der Beitragspflicht Grundstücke, die an die in § 1 definierte zentrale öffentliche Schmutzwasserbeseitigungseinrichtung angeschlossen werden können und für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist, sobald sie bebaut oder gewerblich genutzt werden dürfen.

90

Da der Beitrag der Abgeltung der durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der zentralen öffentlichen Schmutzwasserbeseitigungsanlage des Beklagten vermittelten Vorteile dient, muss die bauplanungsrechtliche Festsetzung eine schmutzwasserrelevante Nutzung des Grundstücks ermöglichen. Das ist hier nicht der Fall, weil nach der bauplanerischen Festsetzung im Bebauungsplan Nr. 6 "Kurgebiet {AV.}" auf dem Grundstück nur Stellplätze zulässig sind (vgl. auch OVG LSA, Urteil vom 16. April 2013 – 4 L 242/10 – Juris Rn. 32).

91

6. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 2 VwGO. Dem Beklagten sind auch die Kosten hinsichtlich des für erledigt erklärten Teils des Rechtsstreits aufzuerlegen, da er sich durch die teilweise Aufhebung des angefochtenen Bescheids in die Rolle des Unterlegenen begeben hat und er im Übrigen mangels rechtlicher Grundlage für den angefochtenen Bescheid auch ohne Eintritt der teilweisen Erledigung in der Sache unterlegen gewesen wäre. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.

92

7. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren ist nach § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig zu erklären. Notwendig ist die Zuziehung eines Bevollmächtigten dann, wenn es dem Widerspruchsführer nach seinen persönlichen Verhältnissen nicht zuzumuten war, das Vorverfahren selbst zu führen. Diese Voraussetzung ist bei Streitigkeiten über kommunale Abgaben regelmäßig erfüllt, weil in ihnen typischerweise schwierige Sach- und Rechtsfragen auftreten, die nur eine mit dieser Materie vertraute rechtskundige Person übersehen und (zuverlässig) beantworten kann (BVerwG, Urteil vom 15. Februar 1991 – BVerwG 8 C 83.88 – Juris Rn. 15). Anhaltspunkte, die die Annahme erlauben, hier müsse ausnahmsweise etwas anderes gelten, liegen nicht vor.


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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


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Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 119 Anfechtbarkeit wegen Irrtums


(1) Wer bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte, kann die Erklärung anfechten, wenn anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständ

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 25 Verteilungsverfahren nach der Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsordnung


Die Kosten des Verteilungsverfahrens nach der Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsordnung schuldet, wer das Verfahren beantragt hat.

Abgabenordnung - AO 1977 | § 118 Begriff des Verwaltungsakts


Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemein

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 8 Strafsachen, Bußgeldsachen


In Strafsachen werden die Kosten, die dem verurteilten Beschuldigten zur Last fallen, erst mit der Rechtskraft des Urteils fällig. Dies gilt in gerichtlichen Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten entsprechend.

Baugesetzbuch - BBauG | § 124 Erschließungspflicht nach abgelehntem Vertragsangebot


Hat die Gemeinde einen Bebauungsplan im Sinne des § 30 Absatz 1 erlassen und lehnt sie das zumutbare Angebot zum Abschluss eines städtebaulichen Vertrags über die Erschließung ab, ist sie verpflichtet, die Erschließung selbst durchzuführen.

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(1) Wird die Vornahme einer Handlung, mit der Auslagen verbunden sind, beantragt, hat derjenige, der die Handlung beantragt hat, einen zur Deckung der Auslagen hinreichenden Vorschuss zu zahlen. Das Gericht soll die Vornahme der Handlung von der vorh

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Hat die Gemeinde einen Bebauungsplan im Sinne des § 30 Absatz 1 erlassen und lehnt sie das zumutbare Angebot zum Abschluss eines städtebaulichen Vertrags über die Erschließung ab, ist sie verpflichtet, die Erschließung selbst durchzuführen.

(1) Wer bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte, kann die Erklärung anfechten, wenn anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde.

(2) Als Irrtum über den Inhalt der Erklärung gilt auch der Irrtum über solche Eigenschaften der Person oder der Sache, die im Verkehr als wesentlich angesehen werden.

In Strafsachen werden die Kosten, die dem verurteilten Beschuldigten zur Last fallen, erst mit der Rechtskraft des Urteils fällig. Dies gilt in gerichtlichen Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten entsprechend.

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

In Strafsachen werden die Kosten, die dem verurteilten Beschuldigten zur Last fallen, erst mit der Rechtskraft des Urteils fällig. Dies gilt in gerichtlichen Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten entsprechend.

(1) Wird die Vornahme einer Handlung, mit der Auslagen verbunden sind, beantragt, hat derjenige, der die Handlung beantragt hat, einen zur Deckung der Auslagen hinreichenden Vorschuss zu zahlen. Das Gericht soll die Vornahme der Handlung von der vorherigen Zahlung abhängig machen.

(2) Die Herstellung und Überlassung von Dokumenten auf Antrag sowie die Versendung von Akten können von der vorherigen Zahlung eines die Auslagen deckenden Vorschusses abhängig gemacht werden.

(3) Bei Handlungen, die von Amts wegen vorgenommen werden, kann ein Vorschuss zur Deckung der Auslagen erhoben werden.

(4) Absatz 1 gilt nicht in Musterverfahren nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz, für die Anordnung einer Haft und in Strafsachen nur für den Privatkläger, den Widerkläger sowie für den Nebenkläger, der Berufung oder Revision eingelegt hat. Absatz 2 gilt nicht in Strafsachen und in gerichtlichen Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, wenn der Beschuldigte oder sein Beistand Antragsteller ist. Absatz 3 gilt nicht in Strafsachen, in gerichtlichen Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten sowie in Verfahren über einen Schuldenbereinigungsplan (§ 306 der Insolvenzordnung).

In Strafsachen werden die Kosten, die dem verurteilten Beschuldigten zur Last fallen, erst mit der Rechtskraft des Urteils fällig. Dies gilt in gerichtlichen Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten entsprechend.

Bis zur Länderbildung nehmen die Regierungsbevollmächtigten für die Bezirke die Befugnisse aus § 2 Absatz 2 und § 8 Absatz 2 wahr.

In Strafsachen werden die Kosten, die dem verurteilten Beschuldigten zur Last fallen, erst mit der Rechtskraft des Urteils fällig. Dies gilt in gerichtlichen Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten entsprechend.

Die Kosten des Verteilungsverfahrens nach der Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsordnung schuldet, wer das Verfahren beantragt hat.

Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Erhebung von Anschlussbeiträgen für die Herstellung der öffentlichen Schmutzwasserbeseitigungsanlage der Beklagten.

2

Die 1991 gegründete Klägerin, die bis zum 28. März 2003 als Chemiewerke A-Stadt GmbH firmierte, übernahm Flächen eines ehemaligen Betriebsteils der VEB Sprengstoffwerk A-Stadt, die durch jahrzehntelange Sprengstoffherstellung kontaminiert worden waren. Nachdem die Produktion eingestellt worden war, begann die Klägerin mit der Altlastensanierung und der Vorbereitung der Flächen für eine Neubesiedlung, u.a. durch Dekontaminierung der Sprengstoffanlagen und die Demontage von Gebäuden. Ihr Unternehmensgegenstand wurde die Vermietung und Verpachtung von gewerblich nutzbaren Flächen. In dem Areal des ehemaligen Sprengstoffwerks befinden sich weitere ehemalige Industriegrundstücke anderer Eigentümer. Die Bebauung ist aufgelockert, es befinden sich dort Grünflächen und alter Baumbestand. Die Altlasten aus der Zeit der Nutzung des Geländes als Sprengstoffwerk führten zur Errichtung eines Sicherheitszaunes. Es besteht für das Areal ein Flächennutzungsplan sowie eine Innenbereichs- und Arrondierungssatzung der Beklagten.

3

Mit Bescheid vom 14. August 2002, gefertigt von der Abwasserentsorgung A-Stadt - (...) - GmbH namens und im Auftrag der Beklagten, wurde gegenüber der Klägerin nach Anhörung für eine aus den Flurstücken 137, 138, 139, 412/48, 418/48 und 48/5 bestehende 420.174 m2 große Fläche ein Herstellungsbeitrag in Höhe von 581.940,99 € festgesetzt. Ein Betrag in Höhe von 20.387,20 € wurde gestundet. Den gegen diesen Bescheid erhobenen Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23. Januar 2004 in einer Höhe von 568.710,78 € zurück (Nr. 1 des Tenors). Weiterhin wurde die bislang gewährte Aussetzung der Vollziehung hinsichtlich des Teilbetrages in Höhe von 407.140,75 € aufgehoben (Nr. 2 des Tenors), eine Kostengrundentscheidung zu Lasten der Klägerin getroffen (Nr. 3 des Tenors) und darauf hingewiesen, dass für den Widerspruchsbescheid eine Verwaltungsgebühr erhoben werde, wozu ein gesonderter Bescheid ergehe (Nr. 4 des Tenors).

4

Am 23. Januar 2004 entrichtete die Klägerin einen Betrag in Höhe von 20.000,- €.

5

Am 13. Februar 2004 hat die Klägerin beim Verwaltungsgericht Magdeburg Klage erhoben (9 A 39/04 MD) und einstweiligen Rechtsschutz begehrt. In dem Eilverfahren hat die Beklagte eine Berichtigung gem. § 129 AO vorgenommen und erklärt, unter Heranziehung einer beitragsrechtlich relevanten Fläche von 415.766 m2 ergebe sich für die Klägerin ein Kanalbaubeitrag in Höhe von 575.835,91 €.

6

Mit Beschluss vom 1. Juni 2004 (9 B 81/04 MD) hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet: Bei den herangezogenen Flurstücken handele es sich jeweils um eigene Grundstücke.

7

Die Beklagte hat daraufhin unter Bezugnahme auf diesen Beschluss einen „geänderten Widerspruchsbescheid“ vom 27. September 2004 erlassen. Darin hat sie unter Nr. 1 des Tenors jeweils für die als eigene Grundstücke anzusehenden Flurstücke 137, 138, 139, 48/5, 412/48, 414/48, 38/1 und 48/7 unter Zugrundelegung eines Nutzungsfaktors von 0,25 für zwei Geschosse gesonderte Anschlussbeiträge festgesetzt. Weiter heißt es in dem Tenor unter Nr. 1: „Im Übrigen wird der Heranziehungs- und Festsetzungsbescheid 0-1604 zum Beitrag für die öffentliche Schmutzwasserkanalisation vom 14.08.2002 aufgehoben. Der Widerspruchsbescheid vom 23.01.2004 bleibt in den übrigen Punkten unberührt.“ In der Nr. 2 des Tenors des Bescheides ist eine Kostengrundentscheidung zu Lasten der Beklagten erfolgt und unter Nr. 3 eine Entscheidung zur Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes. Unter Berücksichtigung von 20.000,- €, welche die Klägerin bereits bezahlt hatte, hat die Beklagte die Klägerin zur Zahlung von 561.990,86 € aufgefordert.

8

Am 1. November 2004 hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben und ausgeführt, ihre Klage richte sich allein gegen die belastenden Regelungen des Bescheides vom 27. September 2004.

9

In einem Schriftsatz vom 3. November 2008 hat die Beklagte “klarstellend und unter gleichzeitiger Berichtigung der Beitragsfestsetzungen im geänderten Widerspruchsbescheid vom 27. September 2004“ erklären lassen:

10

 - Der Beitrag für das Flurstück 10059 (früher 137) werde auf 291.726,70 € festgesetzt und der bislang höhere Beitrag aufgehoben.

 - Der Beitrag für das Grundstück aus den Flurstücken 10078 bis 10081 (früher 414/48) werde auf 199.499,55 € festgesetzt, aber in der Höhe auf den bisherigen Beitrag von 199.370,75 € beschränkt.

 - Der Beitrag für das Grundstück aus den Flurstücken 10084 und 10085 (früher 412/48) betrage an sich 42.480,72 €, solle aber bei 42.412,85 € verbleiben.

 - Der Beitrag für das Grundstück aus den Flurstücken 10082 und 10083 (früher 48/7) werde auf 4.398,76 € festgesetzt und der bislang höhere Beitrag aufgehoben.

 - Der Beitrag für das Flurstück 38/1 verbleibe unverändert bei 8.827,99 €.

11

In einem Schriftsatz vom 28. Januar 2009 hat die Beklagte erklären lassen, sie halte trotz eines Bestehens von drei Vollgeschossen auf dem Flurstück 10146 an dem für das Ausgangsflurstück 10059 festgesetzten Beitrag ebenso fest wie an dem Beitrag für die Flurstücke 10078, 10079, 10080, 10081. Hinsichtlich des Flurstücks 139 halte sie gleichfalls an dem festgesetzten Beitrag fest, da sie das Grundstück nicht habe betreten können. Für die übrigen Flurstücke hat sie den Beitrag unter Herabsetzung auf insgesamt 552.258,36 € im Einzelnen wie folgt abändern und Teilrücknahmen in Höhe von insgesamt 29.732,50 € erklären lassen:

12

 - Flurstücke 10082 und 10083 auf 2.199,38 € unter Zugrundlegung einer Bebauung mit einem Vollgeschoss,

 - Flurstücke 10084 und 10085 auf 21.240,36 €,

 - Flurstück 38/1 auf 4.413,99 €,

 - Flurstück 138 auf 968,12 €,

 - Flurstück 48/5 auf 755,52 €

13

jeweils unter Zugrundlegung einer Umgebungsbebauung mit einem Vollgeschoss.

14

Mit Schriftsatz vom 16. Oktober 2008 hat die Klägerin hilfsweise mit einem Rückforderungsanspruch von 115.752,50 € aufgerechnet. Ihr stehe ein „gegenwärtig nicht bezifferbarer Rückforderungsanspruch“ gegen die Beklagte in Höhe von 95.752,50 € aus einem Ablösungsvertrag nach dem BauGB zu, außerdem sei der von ihr bereits geleistete Betrag von 20.000,- € zurückzuzahlen.

15

Nachdem die Klägerin zunächst beantragt hatte, den geänderten Widerspruchsbescheid vom 27. September 2004 aufzuheben, hilfsweise den Bescheid vom 14. August 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 2004 und des geänderten Widerspruchsbescheides vom 27. September 2004 aufzuheben, hat sie mit Schriftsatz vom 2. Dezember 2008 beantragt, den als „geänderten Widerspruchsbescheid“ bezeichneten Bescheid vom 27. September 2004 in der ggfs. durch den Schriftsatz der Beklagten vom 3. November 2008 gefundenen Fassung aufzuheben, sowie „klageerweiternd im Wege der Untätigkeitsklage“ die Beklagte zu verpflichten, die auf Erlass und Stundung gerichteten Anträge zu bescheiden.

16

In einer mündlichen Verhandlung vom 16. Dezember 2008 hat das Verwaltungsgericht Beweis über die Altlastenproblematik durch Vernehmung einer Mitarbeiterin der Landesanstalt für Altlastenfreistellung erhoben. In einer mündlichen Verhandlung vom 14. Mai 2009 haben die Beteiligten einen Vergleich geschlossen und auf weitere mündliche Verhandlung verzichtet. Die Klägerin hat den Vergleich widerrufen, weil sie davon ausging, erhebliche Teilflächen der streitbefangenen Grundstücke lägen außerhalb des Bereiches der Innenbereichs - und Arrondierungssatzung der Beklagten.

17

Mit Urteil vom 24. Juni 2009 hat das Verwaltungsgericht das Verfahren teilweise eingestellt. Weiterhin hat es das Verfahren hinsichtlich der Verpflichtung zur Bescheidung der Billigkeitsanträge abgetrennt und unter dem Aktenzeichen 9 A 174/09 MD fortgeführt. Schließlich hat das Gericht den geänderten Widerspruchsbescheid vom 27. September 2004 in der Gestalt der Änderungen durch die Schriftsätze der Beklagten vom 3. November 2008 und vom 28. Januar 2009 aufgehoben, soweit die Beklagte für das Flurstück 139 einen Beitrag von 31.583,54 € und für das Flurstück 138 einen Beitrag von 968,12 € festgesetzt hat. Im Übrigen hat das Gericht die Klage abgewiesen:

18

Das Verfahren sei einzustellen gewesen, soweit die Klägerin ihre Klage durch Änderung ihres Klageantrages im Schriftsatz vom 2. Dezember 2008 inzident zurückgenommen habe. Soweit sie auf die Änderung des Bescheides durch Schriftsatz der Beklagten vom 28. Januar 2009 ihre Klage nicht geändert habe, sei die Klage unzulässig, da der Klägerin insoweit das Rechtsschutzbedürfnis fehle.

19

Die Klage sei im Übrigen zulässig. Zwar klage die Klägerin isoliert gegen einen als Widerspruchsbescheid bezeichneten Bescheid und der Ausgangsbescheid sei auch nicht etwa nichtig. Dennoch sei sie ausnahmsweise befugt, nur den Widerspruchsbescheid anzugreifen, weil dieser sich auf Grund der darin enthaltenen neuen Berechnungen und Festsetzungen wie ein erstmaliger Beitragsbescheid darstelle.

20

Der Bescheid finde seine Rechtsgrundlage in der rückwirkend zum 1. Januar 2006 in Kraft getretenen Abwasserabgabensatzung vom 14. Dezember 2006, bei der es sich um die erste wirksame Beitragssatzung der Beklagten handele. Formale Bedenken bestünden weder hinsichtlich der Satzung noch hinsichtlich des Bescheides in der Gestalt der letzten Änderung durch Schriftsatz der Beklagten. Die Satzung verstoße auch nicht gegen das Rückwirkungsverbot.

21

Die vom Beitragsbescheid in der nunmehrigen Fassung betroffenen Grundstücke der Klägerin seien grundsätzlich bebaubar. Sie befänden sich unfraglich jedenfalls im unbeplanten Innenbereich. Denn der Industriepark West bilde, unabhängig von der Wirksamkeit und rechtlichen Wirkung der von der Beklagten erlassenen Innenbereichs- und Arrondierungssatzung, selbst einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil. Er stelle sich nach seinem äußeren Eindruck als typisches Gewerbegebiet dar. Auch hinderten die auf dem Grundstück befindlichen Altlasten weder die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht noch minderten sie die der Beitragsbemessung zugrunde liegende Vorteilsfläche. Die Grundstücke seien nicht Unland gleichzusetzen, weil sie nicht auf unabsehbare Zeit unsanierbar seien. Dabei sei zu beachten, dass jeweils nur Teilflächen betroffen seien und die Klägerin von dem Vorteil der Anschlussmöglichkeit in der Vergangenheit durch Verkauf oder Vermietung sanierter Flächen auch Gebrauch gemacht habe. Die sachliche Beitragspflicht sei für die Flurstücke 48/5, 10078 - 10081, 10059, 10084/10085, 10082/10083 und 38/1 am 1. Januar 2006 entstanden, weil diese Flurstücke zu diesem Zeitpunkt im Eigentum der Klägerin gestanden und jeweils über eine gesicherte Anschlussmöglichkeit verfügt hätten. Auch die Billigkeitsregelungen nach § 8 Abs. 2 der Satzung führten nicht zur Kürzung des Beitragsanspruches. Denn danach werde lediglich die Vollgeschosszahl derjenigen Gebäude nicht berücksichtigt, die keinen Bedarf nach Anschluss hätten, nicht etwa werde die Grundstücksfläche um die Grundfläche der Gebäude gekürzt. Soweit die Klägerin mit einem angeblichen Gegenanspruch hilfsweise aufrechne, sei eine Aufrechnung nur mit unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Gegenansprüchen möglich.

22

Nur für die als Hinterliegergrundstücke anzusehenden Flurstücke 138 und 139 sei die sachliche Beitragspflicht noch nicht entstanden, weil die mit einer Grundstücksentwässerungsanlage zu überwindende Strecke ca. 400 m betrage und der damit einhergehende wirtschaftliche Aufwand unzumutbar sei.

23

Mit Bescheid vom 7. Juni 2010, gegen den die Klägerin - einen bislang noch nicht beschiedenen - Widerspruch erhoben hat, hat die Beklagte die Fälligkeit für mehrere Grundstücke und Teilflächen auf den 30. Juni 2010 festgesetzt und folgende Billigkeitsmaßnahmen vorgenommen:

24

Erlass des festgesetzten Beitrages für folgende Grundstücke.

25

 - 10059 (vormals 137) in einer Höhe von 173.457,40 €,

 - 38/1 vollständig (4.414,- €),

 - 414/48 (neues Flurstück 10124) in einer Höhe von 677,27 €.

26

Stundung des Beitrages bis zum 29. Juni 2025 mit einem Zinssatz von 1% p.a. für folgende Grundstücke:

27

 - 10146 (alt 137)

 113.257,- €,

 - 10147 (alt 414/48)

 123.285,78 €,

 - 10085 (alt 412/48)

  16.912,32 €,

 - 10083 (alt 48/7)

  1.334,45 €,

 - 48/5

  755,52 €.

28

In Schriftsätzen vom 3. August sowie 10. September 2010 und vom 30. August sowie 23. September 2010 haben die Beteiligten den Rechtsstreit in dem Verfahren teilweise für erledigt erklärt, soweit die Beitragsforderungen erlassen worden sind.

29

Mit Beschluss vom 27. September 2011 hat der erkennende Senat auf den Antrag der Klägerin die Berufung wegen besonderer tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten zugelassen.

30

Die Klägerin macht zur Begründung ihrer Berufung im Wesentlichen geltend:

31

Hinsichtlich der von Restitutions- und Vermögenszuordnungsbescheiden erfassten Flurstücke 48/5 und 48/7 sei noch vor dem 1. Januar 2006 ein Eigentumsübergang auf einen Dritten eingetreten. Die Eigentumsänderung nach dem VermG trete durch den Restitutionsbescheid selbst ein. Auch habe die Beklagte für Teilflächen durch notariellen Kaufvertrag die öffentlichen Lasten für leitungsgebundene Anlagen ab Besitzübergang übernommen, der vor dem 1. Januar 2006 gelegen habe.

32

In der Beitragssatzung vom 14. Dezember 2006 sei das Datum der Ausfertigung durch den Oberbürgermeister nicht angegeben und zwar sowohl in der Bekanntmachung als auch in der lediglich paraphierten Originalfassung. Sie habe durchgehend bestritten, dass die Satzung am Sonntag, dem 24. Dezember 2006, ortsüblich bekannt gegeben worden sei. Eine gemäß § 10 Abs. 1 KAG LSA zulässige satzungsmäßige Ermächtigung für die Beauftragung Dritter fehle in der Satzung.

33

Die rückwirkende Schaffung einer Satzungsgrundlage für den als Neufestsetzung anzusehenden, sogenannten geänderten Widerspruchsbescheid vom 27. September 2004 durch die Satzung vom 14. Dezember 2006 verstoße gegen die verfassungsrechtlichen Schranken rückwirkender Abgabensatzungen nach § 2 Abs. 2 Satz 1 KAG LSA. Es sei vorliegend eine sogenannte echte Rückwirkung gegeben, die mit dem Vertrauensschutz unvereinbar sei. Selbst wenn man eine lediglich unechte Rückwirkung annehmen wolle, scheitere sie bereits an der erforderlichen Abwägung, denn durch die neue Satzung seien die Unklarheiten nicht beseitigt, sondern verstärkt worden. Die landesgesetzlichen Schranken rückwirkender Abgabensatzungen nach § 2 Abs. 2 Satz 2 KAG LSA seien ebenfalls nicht gewahrt. Die Satzung verstoße auch gegen das Schlechterstellungsverbot des § 2 Abs. 2 Satz 4 KAG LSA.

34

Weiterhin seien durch die neue Beitragssatzung vom 30. Mai 2012 die abweichenden Bestimmungen der Vorgängersatzung aufgehoben worden, wozu auch die Rückwirkungsanordnung in der Satzung vom 14. Dezember 2006 gehöre. Allerdings sei die Festsetzungsverjährung zum maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses bereits abgelaufen und die ohne Rückwirkung erlassene Satzung vom 30. Mai 2012 könne den vor acht Jahren erlassenen Bescheiden nicht nachträglich die erforderliche Satzungsgrundlage verschaffen. Es werde beantragt, der Beklagten aufzugeben, mehrere der von ihr genannten Gerichtsurteile vorzulegen, und ihr - der Klägerin - für die Prüfung dieser Satzung eine Frist einzuräumen. Im Übrigen werde ausdrücklich gerügt, dass der Schriftsatz der Beklagten vom 11. Juni 2012 eingereicht worden sei, als die neue Satzung bereits veröffentlicht gewesen sei, was offenbar ihrer Irreführung und Desinformation habe dienen sollen.

35

Die Unrichtigkeit des Urteils ergebe sich aus der mangelnden Bestimmtheit des Bescheides vom 27. September 2004 in Verbindung mit diversen Änderungserklärungen in den Beklagtenschriftsätzen und mit dem auf diese verweisenden Urteilstenor. Selbst wenn durch die Bezeichnung der Buchgrundstücke zum 1. Januar 2006 in den Schriftsätzen dem Bestimmtheitserfordernis als solchem Genüge getan sein sollte, so werde verkannt, dass die sachliche Beitragspflicht neben einer wirksamen Satzung die konkrete Bevorteilung bei sonstiger, insbesondere straßenseitiger Erschließung und eine tatsächlich und rechtlich dauerhafte Sicherung der Anschlussmöglichkeit voraussetze. Es sei also nicht am 1. Januar 2006 zum Entstehen der sachlichen Beitragspflicht gekommen, sondern - wenn überhaupt - später zu unterschiedlichen Zeitpunkten, in denen wiederum überdies ganz andere Buchgrundstücke bestanden hätten. Die vermeintlich klarstellenden Schriftsätze hätten in Wirklichkeit zur Unklarheit und Unbestimmtheit geführt.

36

Die verkehrliche Erschließung der herangezogenen Grundflächen sei im maßgeblichen Zeitraum bis 2006 einschließlich ausdrücklich gerade nicht über die W-Straße und den M-Ring vorgenommen worden. Auch eine verkehrliche Erschließung über die Verlängerung der Hohendorfer Straße habe am 1. Januar 2006 nicht vorgelegen.

37

Weiterhin läge auf den noch streitgegenständlichen Flurstücken eine erhebliche Verunreinigung mit ökologischen Altlasten und mit Sprengstoffen vor, die die Flächen jedenfalls teilweise zu Unland mache. Mit Ausnahme des tatsächlich genutzten Verwaltungsgebäudes und der wenigen sanierten Flächen könne in keiner der ihr verbliebenen Teilflächen innerhalb des früheren eingefriedeten Sprengstoffwerkgeländes von einer selbständigen baulichen Nutzbarkeit ausgegangen werden. Gäbe es auf dem Gelände nachweislich nennenswerte unbelastete Flächen, hätte das Landesamt sie aus der Störerverantwortlichkeit entlassen müssen. In den vorliegenden Berichten seien einige hochgradig kontaminierte Flächen nicht erwähnt, insbesondere in Altkanälen. Daneben gebe es Bereiche, die bis heute nicht untersucht seien, in denen aber hohe Bodenbelastungen zu erwarten seien, so insbesondere im Bereich ehemaliger Tanklager. Auf Grund der Sanierungskosten könne für keines der verbleibenden, für den Beitrag herangezogenen Buchgrundstücke innerhalb der Umfriedung des früheren Sprengstoffwerks ein nach Abzug der Kosten der Altlastenbeseitigung noch verbleibender positiver Verkehrswert angenommen werden. Es fehle überdies an einer Beitragspflicht nach § 3 der Satzung vom 14. Dezember 2006, da große, großflächig kontaminierte Altlasten- und Altlastenverdachtsflächen nach der Verkehrsauffassung gerade kein Bauland seien. Ihr gesamtes Gelände sei im Altlastenkataster des Landes als Altlastenfläche ausgewiesen. Eine Beplanung von Altlastenflächen durch Bebauungsplan sei rechtswidrig und würde zu Amtshaftungsansprüchen gegen die Gemeinde führen. Daher könne selbst in Bereichen, in denen eine Bebauung im Zusammenhang oder ein Ortsteil als Planersatz vorläge, eine Nutzbarkeit von Altlastenflächen nicht angenommen werden.

38

Es handele sich bei den streitgegenständlichen Flächen insgesamt um Grundstücke im Außenbereich, mindestens gingen die meisten und insbesondere die größeren unter ihnen unmittelbar in den Außenbereich über. Es bleibe nach dem angefochtenen Urteil unklar, was das Verwaltungsgericht überhaupt als „Gebiet“ und was es als „Industriepark West“ ansehe und wo nach seiner Auffassung der Bebauungszusammenhang anfange und aufhöre. Die wenigen, am 1. Januar 2006 aufstehenden Gebäude, von denen ein Großteil Ruinen und durch Kontaminationen nicht nutzbar seien, hätten keinen Ortsteil und keinen Bebauungszusammenhang gebildet. Sie sei nicht auf eine gesonderte Anfechtung der lediglich deklaratorisch wirkenden Innenbereichs- und Arrondierungssatzung vom 28. November 2002 zu verweisen. Die Satzung enthalte mit der das gesamte umfriedete Werksgelände umfassenden „Klarstellungslinie“ eine Klarstellungsfestsetzung i.S.d. § 34 Abs. 4 Nr. 1 BauGB a.F. Einzelne herangezogene Flächen lägen indessen außerhalb dieser Linie und der Umfriedung des früheren Werks. Die Beklagte habe selbst mittelbar bestätigt, dass sie bestimmte Flächen in der Satzung selbst dem Außenbereich zugeordnet habe. Die Festsetzung sei auch im Übrigen unwirksam. Durch eine Klarstellungssatzung könnten allenfalls die Grenzen eines schon vorhandenen Ortsteils festgelegt werden, nicht aber eine Industriebrache im Außenbereich zum Ortsteil erhoben werden. Auch eine Festsetzung durch eine Abrundungs-, Einbeziehungs- oder Ergänzungssatzung wäre unwirksam und rechtswidrig.

39

Es habe keine Anschlüsse und Anschlussmöglichkeiten vor dem Jahr 2006 gegeben, da die Übergabeschächte nicht vor den von der Beklagten genannten Grundstücken, sondern hinter dazwischen liegenden Fremdgrundstücken bzw. hinter Außenbereichsflächen gelegen hätten. Am 1. Januar 2006 bis heute lägen zwischen den erst viel später hergestellten Abwasserleitungen in der M-Allee und in der W-Straße jeweils Fremdgrundstücke. Von dem damaligen Endpunkt der Abwasseranlage in der Hohendorfer Straße habe sie gerade nicht angeschlossen werden können. Ob irgendeiner der von der Beklagten angegebenen Kanalabschnitte an der sogenannten Grenzlinie ende oder ob eine rechtliche Anschlussmöglichkeit der Hinterliegergrundstücke über ein Leitungsrecht oder eine Dienstbarkeit zu den Straßen vorgelegen habe, sei nicht festgestellt. Diese Voraussetzungen lägen auch erkennbar nicht vor. Die maßgebliche Formulierung in der Satzung, dass die Beitragspflicht mit der betriebsfertigen Herstellung der Schmutzwasseranlage für das zu entwässernde Grundstück entstehe, sei mehr als unklar und unbestimmt. Die sachliche Beitragspflicht sei auch nicht bereits mit der betriebsfertigen Herstellung des Hauptsammlers entstanden, zu der - und deren Zeitpunkt - die Beklagte nichts weiter vortrage. Denn es habe mangels wirksamer Satzung keinen Erstattungsanspruch nach § 8 KAG LSA gegeben. Daneben seien die Hausanschlüsse, wie die Beklagte selbst vortrage, ausschließlich von dieser selbst herzustellen, so dass durchweg nicht die betriebsbereite Herstellung der Hauptsammler irgendwo vor den herangezogenen Grundstücken genüge.

40

Es fehle weiterhin auf Grund der Entfernungen von Hunderten von Metern und dazwischen liegenden Hindernisse (Altlasten, Ruinen, Betonfundamente, Altleitungen) jedenfalls an der Zumutbarkeit einer Anschlussnahme. Die durchschnittliche Leitungslänge habe über 200 m betragen. Fehlerhaft sei auch die Annahme des Verwaltungsgerichtes, dass es keine unverhältnismäßig hohen Kosten verursacht hätte, über das Flurstück 10085 und das Flurstück 10059 jeweils Anschlussleitungen zu den Hinterliegergrundstücken zu legen.

41

Bei der Ermittlung der Vollgeschosszahlen sei § 8 Abs. 2 Satz 1 der Satzung zu Unrecht nicht angewandt worden und zwar weder auf die zahlreichen Ruinen noch die denkmalgeschützten Baulichkeiten und Bunker noch die kontaminierten und deswegen nicht nutzbaren Baulichkeiten. Die Ermittlung sei weiterhin offenkundig fehlerhaft gewesen. Das Verwaltungsgericht beziehe sich auf die Durchschnittsbetrachtungen durch die (...) bzw. die ... aus dem Jahr 2002. Dabei seien die 25 einstöckigen und überwiegend denkmalgeschützten Bunker nicht berücksichtigt worden und es fehle eine Ermächtigung zur Beauftragung Dritter in der Satzung. Auch auf Grund der Änderungen in den maßgeblichen Satzungsregelungen und der Bebauung sei es unzulässig, auf diese Durchschnittszahlen zurückzugreifen. Zahlreiche Gebäude seien abgerissen worden. Weiterhin habe das Verwaltungsgericht einen methodischen Fehler begangen. Auch sei die Bezugnahme auf die „nähere Umgebung“ in der Beitragssatzung zu unbestimmt und die vorgenommene Ermittlung einer näheren Umgebung der streitbefangenen Grundstücke entspreche nicht den tatsächlichen Verhältnissen. Schließlich sei die flächendeckende Heranziehung mit zwei Vollgeschossen wegen Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz unzulässig, weil die benachbarte L... GmbH mit nur einem Vollgeschoss herangezogen worden sei.

42

Die vorgenommenen Aufrechnungen seien zu Unrecht nicht anerkannt worden. Die Zahlung und die Verrechnung eines Betrages in Höhe von 20.000,- € seien unstreitig. Sie habe die Hilfsaufrechnung allein deswegen nochmals erklärt, weil die verschiedenen Verrechnungen der Beklagten sich widersprochen hätten und die Beweislage ungewiss gewesen sei. Die weitergehende Aufrechnung mit einer Gegenforderung in Höhe von 95.752,50 € wegen des Ablösebetrages für den Straßenausbau sei nicht unzulässig. Diese Forderung sei nicht bestritten worden. Eine solche Feststellung ergebe sich weder aus einem Protokoll noch aus dem Tatbestand des Urteils oder einem Beklagtenschriftsatz. Die Anrechnung im angefochtenen Bescheid sei durch den Billigkeitsbescheid auch aufgehoben worden.

43

Ihr Eigentum werde durch diverse Zugriffe der öffentlichen Stellen des Landes gänzlich ausgehöhlt. Die Sanierungskosten gemeinsam mit den geforderten Beiträgen und den Kosten der behördlicherseits auferlegten Bewachung der Altlast hätten eine mit Art. 14 GG nicht zu vereinbarende erdrosselnde Wirkung.

44

Die Klägerin beantragt,

45

das Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 24. Juni 2009 abzuändern und den Heranziehungs- und Festsetzungsbescheid vom 14. August 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 23. Januar 2004, ihres Schriftsatzes vom 13. April 2004 und ihres Bescheides vom 27. September 2004 sowie der Schriftsätze der Beklagten vom 3. November 2008 und 28. Januar 2009 und ihres Bescheides vom 7. Juni 2010 aufzuheben, soweit das Verfahren nicht in der Hauptsache auf Grund des Billigkeitsbescheides vom 7. Juni 2010 übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist,

46

hilfsweise,

47

zum Beweis der Behauptung der Klägerin, es seien auf jedem einzelnen der streitgegenständlichen Grundstücke selbständig baulich nutzbare, von Altlasten unbelastete oder nur unwesentlich unterhalb der Gefahrenschwelle belastete Grundflächen nicht vorhanden, und zur Widerlegung der gegenteiligen Behauptung der Beklagten

48

die Einholung eines Sachverständigengutachtens,
die Einholung einer Auskunft der Landesanstalt für Altlastenfreistellung,
zum Beweis der Behauptung der Klägerin, es liege in der näheren Umgebung der streitgegenständlichen Grundstücke eine eingeschossige Bebauung vor,
die Einholung eines Sachverständigengutachtens,

49

weiter hilfsweise,

50

Beweis zu folgenden Fragen zu erheben:

51

welche Grundstücke der Klägerin sind von Altlasten betroffen, welche Altlasten lagern dort ?

52

Beeinträchtigten die Altlasten die Bebaubarkeit/Nutzung der Grundstücke und können die Altlasten beseitigt werden ?

53

In welchem Zeitraum und mit welchem Kostenaufwand können die Altlasten für die jeweiligen Grundstücke beseitigt werden ?

54

Die Beklagte beantragt,

55

die Berufung zurückzuweisen.

56

Sie trägt vor, die der Satzung vom 14. Dezember 2006 vorgehenden Abwasserbeseitigungsabgabensatzungen seien mit ihrem Beitragsteil jeweils nichtig, da sie einen unvollständigen und damit fehlerhaften Beitragsmaßstab enthielten.

57

Die Klägerin sei ausweislich einer Stellungnahme des Liegenschaftsamtes am 1. Januar 2006 Eigentümerin des Flurstücks 48/5 gewesen und ausweislich eines Schreibens des Amtsgerichts Schönebeck zu diesem Zeitpunkt ebenfalls Eigentümerin des Flurstücks 48/7.

58

Eine Kontamination durch Altlasten habe keinen Einfluss auf die Beitragshöhe. Alle Grundstücke seien schon allein wegen ihrer Bebauung und der auf ihr ausgeübten gewerblichen Nutzung fähig, aus der Anschlussmöglichkeit bevorteilt zu werden. Nur wenn durch die Kontamination für die Gesamtfläche eines Grundstücks jede Art einer beitragsrechtlich relevanten Nutzbarkeit ausgeschlossen sei, bleibe ein solches Grundstück bis zur Beseitigung des der Nutzbarkeit entgegen stehenden Hindernisses beitragsfrei. Derartige Gegebenheiten gebe es bei den streitbefangenen Grundstücken nicht. Ein Baugrundstück sei - mit Ausnahme von Grundstücken in Kerngebieten - nie vollständig überbaubar. Eine andere Frage sei, ob bei der Großflächigkeit der Altlastenbelastung nicht möglicherweise die uneingeschränkte Beitragsbelastung eine sachliche Härte darstelle. Der jetzt behaupteten „Schwerstkontamination“ müsse im Rahmen des Widerspruchs gegen den Billigkeitsbescheid vom 7. Juni 2010 nachgegangen werden. Eine künftige Nutzung von Teilflächen sei in den Berichten der von der Landesanstalt für Altlastenfreistellung beauftragten Firma nicht ausgeschlossen. Es sei auch relevant, dass auf Antrag der Klägerin die Aufstellung eines Bebauungsplans zur Errichtung eines Solarparks beschlossen worden sei, der teilweise streitbefangene Flächen erfasse. Bei den noch streitigen Grundstücksflächen, die von der Klägerin als „schwerst kontaminiert“ bezeichnet würden, handele es sich wohl um eine Fläche von 14.785 m2 südlich des sog. Sicherheitszaunes. Die Flurstücksbezeichnungen dieser „schwerst kontaminierten Flächen“ könnten nicht nachvollzogen werden.

59

Die Innenbereichs- und Arrondierungssatzung sei seit dem Jahre 2002 nicht überarbeitet worden. Nach dem aktuellen Flächennutzungsplan lägen Teilflächen der von der Beitragserhebung erfassten Grundstücke nicht im Geltungsbereich der Satzung. Durch den Neubau der im Oktober 2003 gewidmeten „W-Straße“ sei allerdings fraglich, ob die Annahme des Außenbereichs noch zutreffend sei. Auch das Verwaltungsgericht habe angenommen, der Industriepark West bilde selbst einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil.

60

Es komme nach der Satzungslage für das Entstehen der Vorteilslage jeweils nur auf die betriebsfertige Herstellung des Hauptsammlers an. Aus den bereits erstinstanzlich vorgelegten Unterlagen ergebe sich die betriebsfertige Herstellung der Einrichtung zur zentralen Schmutzwasserbeseitigung im Jahre 1999 in dem östlichen Teil der „Hohendorfer Straße“ bis westlich des heutigen Abzweigs der „W-Straße“. Von dem Endpunkt in der „Hohendorfer Straße“ habe die Klägerin mit dem früheren Flurstück 137 angeschlossen werden können. Von der „W-Straße“ aus seien zwei Grundstücksanschlüsse vom Flurstück 412/48 bereits im Jahre 2003 hergestellt worden. Darüber hinaus habe wegen der Eigentümeridentität auch für das aus den Flurstücken 10078, 10079, 10080 und 10081 bestehende bürgerlich-rechtliche Grundstück und für das aus den Flurstücken 10082 und 10083 bestehende bürgerlich-rechtliche Grundstück die tatsächlich und rechtlich gesicherte Inanspruchnahmemöglichkeit zur „W-Straße“ bestanden, da die Klägerin es allein in der Hand gehabt habe, ihre Anschlussrechte für das Flurstück 10085 wahrzunehmen. Dieser Anschluss wäre mit verhältnismäßig geringen Kosten möglich gewesen.

61

Die Widmung der Straßen im Industriepark West als öffentliche Straßen sei mit Eintritt der Bestandskraft der ortsüblichen Bekanntgabe am 10. Oktober 2003 erfolgt. Die „Hohendorfer Straße“ habe zunächst aus dem östlich des Flurstücks 38/1 verlaufenden Straßenteil bestanden, der seit Oktober 2003 straßenrechtlich öffentlich sei. Die auf dem Flurstück 38/1 verlaufende Teillänge der „Hohendorfer Straße“ sei u.a. einschließlich der Einrichtungen zur zentralen Schmutzwasserbeseitigung in der Zeit von Mai 2005 bis Juni 2006 endgültig hergestellt worden. Gewidmet worden sei diese Teillänge durch die nach dem 26. März 2007 bestandskräftig gewordene Widmungsverfügung. Da bereits Ende 1999 die Anschlussmöglichkeit gesichert gewesen sei, komme es auf die Verlegung der Einrichtung in der Verlängerung der „Hohendorfer Straße“ nicht an.

62

Die von der Klägerin geltend gemachten Gegenforderungen seien von ihr bestritten worden und würden weiterhin bestritten.

63

In ihrem Amtsblatt vom 10. Juni 2012 hat die Beklagte eine Abwasserabgabensatzung vom 30. Mai 2012 bekannt gemacht, die am Tag nach ihrer Bekanntmachung in Kraft treten sollte.

64

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten - jeweils dieses Verfahrens und des Streitverfahrens 4 L 160/09 - Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe

65

Das Verfahren ist zunächst einzustellen, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache auf Grund des Billigkeitsbescheides vom 7. Juni 2010 übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Dies betrifft zum einen auf Grund des in dem Billigkeitsbescheid vorgenommenen Erlasses die Festsetzung von Beiträgen in Höhe von 173.457,40 € für das (ehemalige) Flurstück 137, in Höhe von 4.414,- € für das Flurstück 38/1 und in Höhe von 677,27 € für das (ehemalige) Flurstück 414/48. Zum anderen ist der Rechtsstreit auch für erledigt erklärt worden, soweit in dem Billigkeitsbescheid für verschiedene Beitragsforderungen der Fälligkeitszeitraum nachträglich verringert worden ist. Auch wenn sich die Erledigungserklärungen teilweise nach ihrem Wortlaut nur auf die erlassenen Beiträge bezogen haben, ergab sich doch aus den Gesamtumständen, dass die Beteiligten der Erledigungswirkung des Billigkeitsbescheides Rechnung tragen wollten.

66

Die Berufung ist weiterhin ausweislich ihrer Begründung dahingehend auszulegen (§ 125 Abs. 1 i.V.m. § 88 VwGO), dass sie sich gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts richtet, soweit darin die Klage als unbegründet abgewiesen worden ist. Soweit in dem Urteil die Klage wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig abgewiesen worden ist, weil die Klägerin nicht auf die teilweise Bescheidaufhebung durch den Schriftsatz der Beklagten vom 28. Januar 2009 reagiert habe, ist damit das Urteil und insbesondere die damit verbundene Kostenentscheidung nicht Gegenstand der Berufung.

67

Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet.

68

Der Heranziehungs- und Festsetzungsbescheid vom 14. August 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 23. Januar 2004, ihres Schriftsatzes vom 13. April 2004 und ihres Bescheides vom 27. September 2004 sowie der Schriftsätze der Beklagten vom 3. November 2008 und 28. Januar 2009 und ihres Bescheides vom 7. Juni 2010 ist - soweit er im Berufungsverfahren noch streitbefangen ist - rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

69

1. Die Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) der Klägerin ist zulässig.

70

Die Klage hat insbesondere den richtigen Verwaltungsakt zum Klagegegenstand gemacht. Nach Erlass des Ausgangsbescheides vom 14. August 2002 und des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 2004 sowie einer Berichtigung nach § 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b KAG LSA i.V.m. § 129 AO in einem Schriftsatz vom 13. April 2004 hat die Beklagte einen „geänderten Widerspruchsbescheid“ vom 27. September 2004 erlassen. Es handelte sich dabei nach dem maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont trotz der missverständlichen Bezeichnung nicht um die Ersetzung, sondern die Abänderung (vgl. dazu auch Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 8 Rdnr. 1375 m.w.N., Rdnr. 1510) des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 2004. Wie sich aus der mehrfachen Bezugnahme auf den Eilbeschluss des Verwaltungsgerichts in der Einleitung und der Begründung des Bescheides vom 27. September 2004 ergibt, trug die Beklagte mit diesem Bescheid lediglich der Beanstandung der Veranlagung mehrerer selbständiger Grundstücke als ein Grundstück Rechnung. Der Widerspruchsbescheid vom 23. Januar 2004 sollte nach der Nr. 1 des Tenors des Bescheides vom 27. September 2004 ausdrücklich „in den übrigen Punkten unberührt“, d.h. bestehen, bleiben. Auch wenn Beiträge und Leistungsgebot neu festgesetzt worden sind, entfaltete danach zumindest die Aufhebung der gewährten Aussetzung der Vollziehung (Nr. 2 des Tenors des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 2004) weiter eine Regelungswirkung. Daneben sollte ersichtlich ansonsten die in dem Widerspruchsbescheid vom 23. Januar 2004 enthaltene Begründung für die Zurückweisung des Widerspruchs fortgelten. Eine zumindest der Sache nach vollständige Ersetzung (vgl. dazu OVG Sachsen, Beschl. v. 10. Februar 2012 - 5 A 12/09 -; OVG Thüringen, Beschl. v. 9. November 2011 - 4 EO 39/11 -, m.w.N. jeweils zit. nach JURIS) des Ausgangsbescheides in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 2004 liegt im Gegensatz zur Auffassung des Verwaltungsgerichts danach ebenfalls nicht vor. Die Rechtsbehelfsbelehrung des Bescheides vom 27. September 2004, in der auf die Klagemöglichkeit verwiesen wird, ist für die Unterscheidung zwischen Ersetzung und Abänderung von vornherein nicht maßgeblich, weil in beiden Fällen eine Anfechtungsklage zumindest statthaft wäre. Es macht auch keinen Unterschied, dass nur der Widerspruchsbescheid und nicht ausdrücklich der Ausgangsbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides abgeändert worden ist (vgl. auch OVG Niedersachsen, Urt. v. 12. Dezember 1989 - 9 A 62/88 -, NVwZ 1990, 590). Denn Ausgangs- und Widerspruchsbehörde sind vorliegend identisch und der Widerspruchsbescheid gab gem. § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO dem Ausgangsbescheid seine endgültige Gestalt. Dass in dem Bescheid vom 27. September 2004 der Ausgangsbescheid „im Übrigen“ aufgehoben worden ist, sollte daher auch lediglich klarstellen, dass die dem Bescheid vom 27. September 2004 entgegenstehenden Regelungsbestandteile des Ausgangsbescheides keine Rechtswirkung mehr entfalten sollten.

71

Durch die im Klageverfahren vorgelegten Schriftsätze der Beklagten vom 3. November 2008 und 28. Januar 2009 erfolgte ausdrücklich eine weitere Abänderung durch teilweise Aufhebung der Beitragsfestsetzungen. Schließlich wurde durch den Billigkeitsbescheid vom 7. Juni 2010 der Fälligkeitszeitpunkt für bestimmte Grundstücke und Teilflächen abweichend von der bisherigen Zahlungsanforderung auf den 30. Juni 2010 festgesetzt und damit eine teilweise Aufhebung des Bescheides vorgenommen.

72

Die im Klageverfahren erfolgte Einbeziehung des Schriftsatzes vom 3. November 2008 und die erst im Berufungsverfahren erfolgte Einbeziehung des Schriftsatzes vom 28. Januar 2009 und des Billigkeitsbescheides vom 7. Juni 2010 waren jeweils nach § 173 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO zulässige Klagebeschränkungen. Soweit die Klägerin erst im Berufungsverfahren den Ausgangsbescheid vom 14. August 2002, die Berichtigung in dem Schriftsatz vom 13. April 2004 sowie den Widerspruchsbescheid vom 23. Januar 2004 in ihren Klageantrag einbezogen hat, stellte dies eine nach § 173 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO zulässige Klageerweiterung dar.

73

2. Die Klage ist auch begründet.

74

Als erste wirksame Beitragssatzung kommt allein die im Juni 2012 in Kraft getretene Abwasserabgabensatzung der Beklagten vom 30. Mai 2012 - AAS 2012 - in Betracht (a). Deshalb kann die sachliche Beitragspflicht - bei unterstellter Wirksamkeit dieser Satzung - jeweils erst im Juni 2012 entstanden sein und die Klägerin für die zu diesem Zeitpunkt nicht (mehr) in ihrem Eigentum stehenden Grundstücke nicht herangezogen werden (b). Die zu diesem Zeitpunkt in ihrem Eigentum stehenden Grundstücke werden in dem streitbefangenen Beitragsbescheid nicht hinreichend benannt (c). Ob sonstige Einwendungen der Klägerin gegen die Beitragserhebung durchgreifen, muss danach nicht abschließend entschieden werden (d).

75

a) (1) Die vor der Abwasserabgabensatzung in der Fassung der 3. Änderungssatzung vom 14. Dezember 2006 erlassenen Abwasserabgabensatzungen der Beklagten waren sämtlich wegen Unvollständigkeit des jeweiligen Verteilungsmaßstabs zumindest in ihrem Beitragsteil nichtig. Grundsätzlich muss im Anschlussbeitragsrecht der Verteilungsmaßstab alle im Versorgungsgebiet in Betracht kommenden Anwendungsfälle regeln (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 30. Juni 2004 - 4 K 34/02 -; OVG Thüringen, Urt. v. 21. Juni 2006 - 4 N 574/98 -; OVG Niedersachsen, Beschl. v. 12. August 2003 - 9 LA 36/03 -; OVG Sachsen, Urt. v. 29. November 2001 - 5 D 25/00 -; jeweils zit. nach JURIS; BVerwG, Urt. v. 19. August 1994 - 8 C 23/92 -, zit. nach JURIS zum Erschließungsbeitragsrecht). Inwieweit auf eine Maßstabsregelung ausnahmsweise verzichtet werden kann, weil Anwendungsfälle tatsächlich nicht entstehen und auch nicht entstehen werden (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 27. Juni 2012 - OVG 9 B 20.11 -; jeweils zit. nach JURIS) oder die Unvollständigkeit ohne Auswirkung auf die im Beitragssatz zum Ausdruck kommende vorteilsgerechte Verteilung des Aufwandes bleibt (vgl. VG Magdeburg, Urt. v. 15. Dezember 2011 - 9 A 272/10 -, zit. nach JURIS; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 2200 m.w.N.) bzw. nur wenige atypische Fälle nicht geregelt werden (vgl. VGH Hessen, Urt. v. 17. März 1994 - 5 UE 2001/91 -, zit. nach JURIS; Rosenzweig/Freese, KAG Nds, § 6 Rdnr. 192), muss dabei angesichts des Umfanges der vorliegend jeweils nicht geregelten Anwendungsfälle nicht abschließend entschieden werden.

76

Die Abwasserabgabensatzung vom 27. Januar 1994 enthielt schon keine ausdrückliche Regelung zu Grundstücken im Außenbereich, sondern nur eine einheitliche Bestimmung bei Nichtbestehen eines Bebauungsplans. In der Abwasserabgabensatzung vom 3. April 1997 waren - auch in der Gestalt der Änderungssatzung vom 26. März 1998 - keine Regelungen für Grundstücke enthalten, die vom Innen- in den Außenbereich übergehen. In den Abwasserabgabensatzungen vom 27. Februar 2001 und vom 20. Juni 2002 fehlten Regelungen zur Zahl der Vollgeschosse bei Außenbereichsgrundstücken. Die Bestimmungen in § 4 Abs. 3 Buchst. d dieser Satzungen bezogen sich ersichtlich nur auf Innenbereichsgrundstücke. Zudem wäre es bei bebauten Außenbereichsgrundstücken nicht erlaubt, auf die Zahl der tatsächlich vorhandenen Vollgeschosse der Baulichkeiten auf einem Grundstück abzustellen, da es nur auf die angeschlossenen Baulichkeiten des Grundstücks ankommt.

77

(2) Die Abwasserabgabensatzung in der Fassung der 3. Änderungssatzung vom 14. Dezember 2006, die rückwirkend zum 1. Januar 2006 in Kraft treten sollte, ist nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht worden, da in dem veröffentlichten Satzungstext das Datum der bei der Ausfertigung geleisteten Unterschrift des zuständigen Amtsträgers fehlt und die Veröffentlichung des Datums auch nicht nachgeholt worden ist.

78

§ 6 Abs. 2 Satz 2 GO LSA bestimmt, dass Satzungen von dem Bürgermeister zu unterzeichnen und bekanntzumachen sind. Die Angabe des Datums der Unterschriftsleistung ist für die Wirksamkeit der Ausfertigung zwingend notwendig, weil nur so die Einhaltung der notwendigen zeitlichen Reihenfolge von Normerlass, Ausfertigung und Bekanntmachung gewährleistet werden kann (vgl. OVG Sachsen, Urt. v. 23. Oktober 2000 - 1 D 33/00 -, NVwZ-RR 2001, 426; OVG Niedersachsen, Urt. v. 5. September 2007 - 1 KN 204/05 -; zit. nach JURIS m.w.N.; Gern, Deutsches Kommunalrecht, 3. A., Rdnr. 279; Lübking/Beck, GO LSA, § 6 Rdnr. 40; Ziegler, DVBl. 1987, 280, 283; a.M.: Wiegand, Kommunalverfassungsrecht Sachsen-Anhalt, § 6 GO LSA, Nr. 7, S. 9). Da mit der Ausfertigung bezeugt wird, dass der Inhalt der Urkunde mit dem Beschluss des zuständigen Organs übereinstimmt, ist es weiterhin nicht nur unverzichtbar, dass die Unterschrift als nach der Gemeindeordnung für das Land Sachsen-Anhalt notwendiges Element des Rechtsetzungsverfahrens mit der Satzung veröffentlicht wird (so schon OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 24. November 2010 - 4 K 368/08 -, zit. nach JURIS), sondern auch das Datum der Unterschriftsleistung. Die Veröffentlichung der Ausfertigung bzw. des Ausfertigungsvermerks dient der Sicherung des Rechtsetzungsverfahrens, insbesondere der Gewährleistung der Übereinstimmung von Urkundeninhalt und Beschlussinhalt, und erfüllt darüber hinaus auch die Verlautbarungsfunktion der Bekanntmachung, die zum Ausdruck bringen muss, dass Gegenstand der Publikation eine Rechtsnorm ist, und als amtliche Verlautbarung im Sinne eines zum Rechtsetzungsverfahren gehörigen Formalakts erkennbar sein muss. Unterbleibt diese Veröffentlichung gemeinsam mit der Satzung, ist dies nur dann unbeachtlich, wenn die Satzung bei der Bekanntmachung tatsächlich ausgefertigt war und die Ausfertigung der Satzung in der üblichen Form jedenfalls nachträglich bestätigt wird.

79

(3) Durchgreifende Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit der im Amtsblatt der Beklagten vom 10. Juni 2012 (einem Sonntag) veröffentlichten Abwasserabgabensatzung vom 30. Mai 2012, insbesondere gegen die ordnungsgemäße Ausfertigung und Bekanntmachung dieser Satzung sind weder substanziiert geltend gemacht noch ersichtlich. Ein Bekanntmachungsnachweis für diese Satzung liegt vor. Der von der Klägerin gegen die Satzung vom 14. Dezember 2006 erhobene Einwand, eine ortsübliche Bekanntmachung einer Satzung in einem an einem Sonntag erscheinenden Amtsblatt sei nicht zulässig, verfängt nicht. Es gibt keinerlei rechtliche Begründung dafür, dass ein Amtsblatt nicht an einem Sonntag erscheinen darf.

80

Auch materiell-rechtliche Fehler der Satzung sind bislang nicht vorgetragen. Dass in der Satzung eine Regelung nach § 10 Abs. 1 KAG LSA für die Ermächtigung Dritter (vgl. dazu Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 2248; OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 20. August 2009 - 4 L 173/07 -, zit. nach JURIS) fehlt, stellt keinen Mangel der Satzung dar, sondern führt allenfalls zur Rechtswidrigkeit des Beitragsbescheides, falls ein Dritter bei der Beitragserhebung eingeschaltet worden ist.

81

Soweit die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 7. September 2012 anscheinend geltend macht, sie habe erst nachträglich von der Bekanntmachung dieser Satzung erfahren, und um eine „auskömmliche Prüfungs- und Erklärungsfrist von 8 Wochen“ bittet, war dem nicht nachzukommen. Es erscheint schon eher fernliegend, dass ein mit der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken im Gemeindegebiet befasstes Unternehmen nicht über die Veröffentlichung einer neuen Abwasserabgabensatzung dieser Gemeinde informiert sein soll. Auch obliegt es der Klägerin selbst, sich die vom Prozessgegner benannten Gerichtsurteile zu beschaffen. Jedenfalls aber kommt es die Wirksamkeit der Abwasserabgabensatzung der Beklagten vom 30. Mai 2012 nicht entscheidungserheblich an.

82

b) Denn die sachliche Beitragspflicht kann danach (frühestens) auf Grund dieser Abwasserabgabensatzung entstanden sein.

83

Werden in satzungsloser Zeit oder unter Geltung einer formell oder materiell unwirksamen Satzung die Anschlussvoraussetzungen für Grundstücke geschaffen, so entsteht für diese Grundstücke die sachliche Beitragspflicht erst mit Inkrafttreten der ersten - wirksamen - Abgabensatzung (OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 30. Mai 2012, a.a.O. m.w.N.; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 2202 m.w.N.). Eine solche nachträglich erlassene Beitragssatzung kann auch dann als Rechtsgrundlage für einen vorher erlassenen Beitragsbescheid dienen, wenn sie sich keine Rückwirkung auf den Zeitpunkt seiner Bekanntgabe oder der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides beimisst. Eine auf Grund fehlender Satzungsgrundlage bestehende Rechtswidrigkeit des Beitragsbescheides wird durch die neue Satzung ex nunc geheilt; der Betroffene ist prozessrechtlich dadurch geschützt, dass er das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklären kann (vgl. Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 173 m.w.N.).

84

Ohne Erfolg macht die Klägerin daher geltend, eine ohne Rückwirkung erlassene Satzung könne nicht als Rechtsgrundlage für einen vorher erlassenen Beitragsbescheid dienen. Ebenfalls von vornherein nicht begründet ist ihr Vorbringen, die Festsetzungsverjährungsfrist des § 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b KAG LSA i.V.m. §§ 169 ff. AO sei abgelaufen. Dabei verkennt sie, dass die Festsetzungsfrist erst mit Ablauf des Jahres zu laufen beginnt, in dem die Abgabe entstanden ist (§ 170 Abs. 1 AO).

85

Da die sachliche Beitragspflicht erstmalig im Juni 2012 entstanden sein konnte, waren nach der zu diesem Zeitpunkt geltenden Grundbuchsituation allenfalls die noch im Eigentum der Klägerin befindlichen Flurstücke 10192, 10199 und 10203 beitragspflichtig, bei denen es sich jeweils um eigene Grundstücke handelt bzw. gehandelt hat. Die in der mit der Berufungserwiderung vorgelegten Aufstellung zusätzlich genannten Flurstücke 10202, 10197 und 10198 standen seit der am 5. April 2012 im Grundbuch erfolgten Eintragung im Eigentum der (...) C. GmbH.

86

Soweit in dem streitbefangenen Bescheid Grundstücke herangezogen werden, die im Juni 2012 im Eigentum von Dritten standen, ist der Bescheid schon deshalb rechtswidrig. Auch wenn § 6 Abs. 8 KAG LSA für die Entstehung der persönlichen Beitragspflicht auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheides abstellt, kann die persönliche Beitragspflicht nicht vor der sachlichen Beitragspflicht entstehen. Entstehen die sachlichen Beitragspflichten (ausnahmsweise) erst nach der Bekanntgabe des Bescheides, ist zwar grundsätzlich derjenige persönlich beitragspflichtig, dem der Bescheid bereits bekannt gegeben worden ist. Dies gilt allerdings nur, sofern er im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflichten noch Eigentümer bzw. Erbbau- oder Nutzungsberechtigter ist (so OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 30. Mai 2012 - 4 L 226/11 -; Beschl. v. 5. November 2009 - 4 M 94/09 - jeweils zit. nach JURIS).

87

c) Einem Entstehen der persönlichen Beitragspflicht und damit der Heranziehung der Flurstücke 10192, 10199 und 10203 steht entgegen, dass sie in dem streitbefangenen Bescheid nicht mit ihrer jeweiligen Flurstücksbezeichnung benannt werden.

88

Für eine Heilung eines Beitragsbescheids durch eine die sachliche Beitragspflicht an sich erst herbeiführende Beitragssatzung ist kein Raum, wenn das in diesem Bescheid benannte Grundstück vor Inkrafttreten der Satzung durch Vereinigung mit anderen Grundstücken bzw. Aufteilung in neue Grundstücke seine rechtliche Existenz verloren hat (so auch VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 9. April 1992 - 2 S 1958/90 -, zit. nach JURIS zum Erschließungsbeitragsrecht). Insoweit besteht eine Vergleichbarkeit mit dem erstmaligen Erlass eines Beitragsbescheides. Dass einer später wirksam gewordenen Beitragssatzung eine Heilungswirkung für einen vorher erlassenen Beitragsbescheid zugebilligt wird, beruht vor allem darauf, dass dieser Bescheid bei einer Aufhebung mit demselben Inhalt sofort wieder erlassen werden müsste (vgl. BVerwG, Urt. v. 27. April 1990 - 8 C 87/88 -, zit. nach JURIS). Dies ist hier gerade nicht der Fall. Weiterhin zwingt die Tatsache, dass ab Entstehen der sachlichen Beitragspflicht die öffentliche Last (§ 6 Abs. 9 KAG LSA) auf dem (Buch)Grundstück ruht, zu einer formalen Auslegung hinsichtlich der Benennung der von der Beitragspflicht erfassten Grundstücke.

89

Die im Juni 2012 bestehenden Buchgrundstücke der Klägerin waren auf Grund der abweichenden Flurstücksbezeichnungen nicht Gegenstand des streitbefangenen Beitragsbescheides, auch nicht in Gestalt der vorgenommenen Änderungen. Der Beitragsbescheid bezieht sich allein auf Grundstücke, die entweder nicht mehr im Eigentum der Klägerin stehen oder durch Trennungen rechtlich untergegangen sind. Auch können die Flächen der untergegangenen Grundstücke nicht auf die Flächen der neu gebildeten Grundstücke der Klägerin reduziert werden. Denn Gegenstand der Beitragserhebung ist das Grundstück im grundbuchrechtlichen Sinn. Eine Auslegung des angefochtenen Bescheides dahingehend, dass sich die Veranlagung der untergegangenen Grundstücke auf inzwischen neu gebildete Grundstücke beziehen soll, wäre mit dem Bestimmtheitserfordernis des § 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b KAG LSA i.V.m. § 119 Abs. 1 AO nicht vereinbar. Dieses Erfordernis setzt voraus, dass ein Beitragsbescheid in seinem verfügenden Teil, d.h. dem Entscheidungssatz oder Spruch, dem die Regelungswirkung zukommt, hinreichend deutlich erkennen lässt, von wem was für welche Maßnahme und für welches Grundstück gefordert wird (vgl. auch § 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b KAG LSA i.V.m. § 157 Abs. 1 Satz 2 AO). Den Anforderungen des Bestimmtheitsgebots ist genügt, wenn der Betroffene aus dem gesamten Inhalt des Bescheids, aus der von dem Beklagten gegebenen Begründung oder aus den ihm bekannten näheren Umständen des Erlasses im Wege einer am Grundsatz von Treu und Glauben orientierten Auslegung hinreichende Klarheit über den Inhalt des Spruchs gewinnen kann (OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 26. Oktober 2010 - 4 L 55/09 - und v. 13. Oktober 2008 - 4 L 408/06 -, m.w.N.; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 76, Rdnr. 1505). Danach muss der Beitragsbescheid das der sachlichen Beitragspflicht unterliegende (Buch-)Grundstück, für das der Beitrag festgesetzt wird, auch konkret benennen. Die bloße Erwähnung der zum Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht noch existenten Grundstücke der Klägerin in dem Billigkeitsbescheid vom 7. Juni 2010 oder in Berufungsschriftsätzen der Beklagten ist nicht ausreichend,

90

d) Zu den sonstigen Einwendungen der Klägerin weist der Senat - ohne insoweit eine abschließende Prüfung vorgenommen zu haben - auf folgendes hin:

91

Auf den von der Klägerin behaupteten Eigentumsübergang der Flurstücke 48/5 und 48/7 schon vor dem 1. Januar 2006 - dem die Beklagte allerdings substanziiert widersprochen hat - kommt es auf Grund der Nichtigkeit der Satzung vom 14. Dezember 2006 ebenso wenig an wie auf ihren Vortrag, die Beklagte habe mit einem notariellen Vertrag einer Übernahme öffentlicher Lasten schon ab Besitzübergang zugestimmt.

92

Ebenfalls nicht entschieden werden muss, ob die Rückwirkungsanordnung in dieser Satzung fehlerhaft ist. Allerdings liegt nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats zum Anschlussbeitragsrecht ein Verstoß gegen Vertrauensschutzgesichtspunkte nach § 2 Abs. 2 Satz 1 KAG LSA oder gegen § 2 Abs. 2 Satz 4 KAG LSA nicht vor, wenn die Beitragssatzung mit ihrer Rückwirkungsanordnung Zeiträume erfasst, in denen nichtige Beitragssatzungen eigentlich gelten sollten. Einer Rückwirkung steht auch nicht entgegen, dass zwischen der Bekanntgabe des Beitragsbescheides und dem Entstehen der sachlichen Beitragspflicht durch die rückwirkend in Kraft getretene Satzung Eigentumsveränderungen stattfanden. Dabei handelt es sich - wie oben dargelegt - um Fragen der persönlichen Beitragspflicht nach § 6 Abs. 8 KAG LSA.

93

Soweit streitig ist, ob die herangezogenen Grundstücke im Innenbereich oder (teilweise) im Außenbereich liegen, spricht Überwiegendes dafür, dass eine Innenbereichsabgrenzung durch eine nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB erlassene Satzung der Gemeinde für das Gericht bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines Anschlussbeitrags maßgeblich und verbindlich ist (VG Cottbus, Urt. v. 19. Mai 2011 - 6 K 198/08 -, zit. nach JURIS m.w.N.; vgl. auch Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 1031, 1465; a.M.: OVG Sachsen, Beschl. v. 2. März 2010 - 5 D 149/09 -; VG Dessau, Urt. v. 28. April 2006 - 1 A 466/05 -, jeweils zit. nach JURIS; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 550). Denn für die Beitragserhebung ist grundsätzlich von der Rechtsverbindlichkeit bauplanerischer Satzungen auszugehen, solange diese nicht aufgehoben oder durch (allgemein-)verbindlichen Ausspruch in einer gerichtlichen Entscheidung, ggf. in einem Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO für nichtig bzw. unwirksam erklärt worden sind (so OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 13. September 2011 - 4 L 196/10 -, zit. nach JURIS zu einem Bebauungsplan; vgl. auch OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 29. Juni 2005 - 1 L 411/04 -). Zwar ist die Gemeinde bei der Aufstellung nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB an die Grenzen des tatsächlich vorhandenen Innenbereichs gebunden; sie ist nicht ermächtigt, planerisch über die Zugehörigkeit von Flächen zum Innenbereich zu entscheiden. In diesem Sinne hat eine Klarstellungssatzung lediglich deklaratorische Wirkung (so BVerwG, Urt. v. 22. September 2010 - 4 CN 2/10 -, zit. nach JURIS). Entscheidend im Rahmen der Prüfung einer beitragsrechtlichen Vorteilslage dürfte aber sein, dass der Klarstellungssatzung gegenüber öffentlichen Planungsträgern und sonstigen öffentlichen Stellen - ähnlich dem § 7 BauGB - Bindungswirkung zukommt. Insbesondere ist die Baugenehmigungsbehörde an die Festlegung der Grenzen gebunden (so OVG Sachsen, Urt. v. 23. Oktober 2000 - 1 D 33/00 -, zit. nach JURIS; Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 34 Rdnr. 99; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 414). Soweit der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung anscheinend die Rechtsauffassung vertreten hat, die Klägerin könne im beitragsrechtlichen Verfahren mit Erfolg die Innenbereichslage ihrer Grundstücke negieren und gleichzeitig im bau(planungs)rechtlichen Verfahren einen Anspruch auf Bebauung dieser Grundstücke auf der Grundlage einer Innenbereichssatzung durchsetzen, trifft dies nicht zu.

94

Falls Grundstücke nur teilweise von der Geltungswirkung einer Innenbereichssatzung erfasst werden, dürfte allerdings nach den Vorgaben der Beitragssatzung vom 30. Mai 2012 von vornherein nur die von der Innenbereichssatzung erfasste Fläche herangezogen werden dürfen. Denn nach § 4 Abs. 3 Buchst. Nr. 3 AAS 2012 gilt bei Grundstücken, die im Bereich einer Satzung nach § 34 Abs. 4 BauGB liegen sowie bei Grundstücken, die über die Grenzen einer solchen Satzung hinausreichen, - sofern sie nicht unter Nr. 6 oder Nr. 7 fallen - die Fläche im Satzungsbereich, wenn diese baulich oder gewerblich genutzt werden kann. Damit dürfte eine Anwendbarkeit des § 4 Abs. 3 Nr. 4 Buchst. a AAS 2012 auf die Grundstücksteile, die nicht von der Innenbereichssatzung erfasst werden, ausgeschlossen sein.

95

Sollte es darauf ankommen, wo die Grenze eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils i.S.d. § 34 Abs. 1 BauGB und damit die Grenze zwischen Innen- und Außenbereich zum Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht verläuft, lässt sich dies nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des erkennenden Senats nicht unter Anwendung von geographisch-mathematischen Maßstäben bestimmen, sondern bedarf einer Beurteilung aufgrund einer „echten Wertung und Bewertung des konkreten Sachverhalts". Bei dieser Wertung und Bewertung kann nur eine komplexe, die gesamten örtlichen Gegebenheiten erschöpfend würdigende Betrachtungsweise im Einzelfall zu einer sachgerechten Entscheidung führen. Grundlage und Ausgangspunkt dieser bewertenden Beurteilung sind die tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten, also insbesondere die vorhandenen baulichen Anlagen, sowie darüber hinaus auch andere topographische Verhältnisse und Straßen. Zu berücksichtigen sind indes nur äußerlich erkennbare Umstände, d.h. mit dem Auge wahrnehmbare Gegebenheiten der vorhandenen Bebauung und der übrigen Geländeverhältnisse. Die Anwendbarkeit des § 34 BauGB setzt danach eine bestehende aufeinander folgende Bebauung voraus (Bebauungszusammenhang), die einen „Ortsteil“ bildet. Ortsteil in diesem Sinne ist jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist. Dabei erfordert das Merkmal der organischen Siedlungsstruktur nicht, dass es sich um eine nach Art und Zweckbestimmung einheitliche Bebauung handelt. Auch eine unterschiedliche, unter Umständen sogar eine in ihrer Art und Zweckbestimmung gegensätzliche Bebauung kann einen Ortsteil bilden. Ebenso wenig kommt es auf die Entstehungsweise der vorhandenen Bebauung oder darauf an, dass die Bebauung einem bestimmten städtebaulichen Ordnungsbild entspricht (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 27. April 2011 - 4 M 43/11 - und v. 19. Dezember 2011 - 4 L 75/11 -, jeweils zit. nach JURIS m.w.N.). Danach unterbricht ein tatsächlich bebautes Grundstück grundsätzlich nicht den Bebauungszusammenhang. Insoweit kann auch eine aufgegebene oder dem Verfall preisgegebene Bebauung eine fortdauernd prägende Wirkung entfalten. Unter den Begriff „Bebauung“ fallen allerdings auch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur Bauwerke, die maßstabsbildend, also optisch wahrnehmbar und nach Art und Gewicht geeignet sind, ein Gebiet als einen Ortsteil mit einem bestimmten städtebaulichen Charakter zu prägen. Hierzu zählen grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen zu dienen bestimmt sind. Eine ursprünglich vorhandene Prägung der näheren Umgebung kann zwar auch noch für eine gewisse Zeit nach Aufgabe einer Nutzung nachwirken. Eine tatsächlich beendete bauliche Nutzung verliert indes ihre maßstabsbildende Wirkung, wenn sie endgültig aufgegeben worden ist und nach der Verkehrsauffassung mit ihr nicht mehr gerechnet werden kann (so OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 27. April 2011 - 4 M 43/11 -, zit. nach JURIS m.w.N.).

96

Ein Vorteil i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA (vgl. dazu OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 5. Mai 2011 - 4 L 175/09 -, zit. nach JURIS m.w.N.; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 2152) entsteht nur bei baulich oder zumindest abwasserrechtlich vergleichbar nutzbaren Grundstücken. Dementsprechend macht § 3 Abs. 1 Nr. 2 AAS 2012 bei Grundstücken, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung nicht festgesetzt ist, die Beitragspflicht davon abhängig, ob sie nach der Verkehrsauffassung Bauland sind und nach der geordneten baulichen Entwicklung in der Stadt zur Bebauung oder gewerblichen Nutzung anstehen und es gilt gem. § 4 Abs. 3 Nr. 3 AAS 2012 bei der Flächenermittlung von Grundstücken im Bereich von § 34 BauGB-Satzungen eine Einschränkung hinsichtlich ihrer baulichen oder gewerblichen Nutzbarkeit.

97

Die Vorteilslage besteht nicht oder nicht in vollem Umfang, wenn die Bebaubarkeit bzw. Nutzbarkeit eines Grundstücks durch darauf lagernde Altlasten (wie hier durch Munition, Munitionsteile und andere chemische Stoffe) im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht vollständig ausgeschlossen ist. Dies ist voraussichtlich erst dann der Fall, wenn auch eine Räumung bzw. Sanierung des Grundstücks tatsächlich nicht möglich oder aus wirtschaftlichen Gründen objektiv nicht vertretbar ist. Dann ist es sog. Unland gleichzusetzen, zu dem gem. § 45 Abs. 1 BewG die Betriebsflächen von land- und forstwirtschaftlich genutzten Flächen gehören, die auch bei geordneter Wirtschaftsweise keinen Ertrag abwerfen können. Die Eintragung im Altlastenregister an sich bzw. die fehlende Entlassung der Klägerin aus der Störerverantwortlichkeit führt danach allerdings noch nicht zu einer fehlenden Vorteilslage, weil eine Sanierbarkeit gegeben sein könnte. Die Sanierungspflichten des Eigentümers nach § 4 Abs. 3 BBodSchG wiederum sind allein nicht ausreichend, eine Vorteilslage anzunehmen. Denn diese Pflichten sollen nach der Regelung lediglich Gefahren, Nachteile oder Belästigungen für Einzelne oder die Allgemeinheit ausschließen (Satz 1) und es wird ausdrücklich auf den Gesichtspunkt der Zumutbarkeit abgestellt (Satz 3).

98

Es spricht Überwiegendes dafür, dass im Gegensatz zur Rechtsauffassung der Beklagten nicht die Gesamtfläche eines Grundstücks durch Kontamination einer beitragsrechtlich relevanten Nutzbarkeit entzogen sein muss, um von einer fehlenden Bevorteilung auszugehen. Selbst wenn nur Teilflächen dieses Grundstücks derart betroffen sind, dürfte ein Vorteil für diese Teilflächen nicht gegeben sein. Dass bau(planungs)rechtlich nicht immer die gesamte Grundstücksfläche nutzbar ist, dürfte bei der Betroffenheit durch Altlasten weder dazu führen, dass diese Einschränkungen erst im Rahmen von Billigkeitsentscheidungen zu berücksichtigen sind, noch, dass hinsichtlich derart betroffener Flächen eine Gleichbehandlung mit den einen Verminderungszwang auslösenden öffentlich-rechtlichen Baubeschränkungen (vgl. dazu OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 10. März 2006 - 4 L 250/05 -, zit. nach JURIS; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 2178, 2181) vorzunehmen ist (a.M.: VGH Hessen, Urt. v. 17. Dezember 2003 - 5 UE 1734/02 -, zit. nach JURIS). Abgesehen davon, dass bei Anwendung des § 4 Abs. 3 Nr. 3 AAS 2012 schon auf Grund der ausdrücklichen Anordnung zur baulichen oder gewerblichen Nutzbarkeit der heranzuziehenden Grundstücksfläche eine solche Nutzbarkeit Voraussetzung für die Grundstücksflächenermittlung ist, besteht zwischen öffentlich-rechtlichen Baubeschränkungen und dem Ausschluss jeglicher Nutzbarkeit durch Altlasten ein substanzieller und auch rechtlich erheblicher Unterschied (vgl. auch OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 9. August 2006 - 4 L 255/06 -, zit. nach JURIS).

99

Die Ermittlung derart unsanierbarer Grundstücksflächen obliegt nach dem im Abgabenrecht geltenden Untersuchungsgrundsatz (§ 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a KAG LSA i.V.m. § 88 AO) der Behörde, die nach § 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a KAG LSA i.V.m. § 99 AO dazu Betretungsrechte hat. Sie kann dazu auch sachverständige Aussagen anderer Behörden, etwa der Landesanstalt für Altlastenfreistellung, verwenden. Jedoch hat der Grundstückseigentümer nach § 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a KAG LSA i.V.m. § 90 Abs. 1 AO umfassende Mitwirkungspflichten bei der Ermittlung von Art und Umfang der Kontaminierungen. Die pauschalen Behauptungen der Klägerin zu den bestehenden Altlasten ohne eine nähere Substanziierung wären daher keinesfalls ausreichend. Dies gilt umso mehr, weil die Klägerin einen Großteil der streitbefangenen Flächen zum Verkauf anbietet oder angeboten hat bzw. solche Flächen tatsächlich verkauft worden sind und schon deshalb zumindest eine erhebliche Indizwirkung dafür besteht, dass es sich dabei um baulich nutzbare Flächen handelt bzw. eine Sanierung wirtschaftlich vertretbar ist. Auf das Vorbringen der Klägerin, es seien auf jedem einzelnen der streitgegenständlichen Grundstücke selbständig baulich nutzbare, von Altlasten unbelastete oder nur unwesentlich unterhalb der Gefahrenschwelle belastete Grundflächen nicht vorhanden, kommt es schon deshalb nicht an, weil auch sanierungsfähige Flächen aus der Anschlussmöglichkeit einen wirtschaftlichen Vorteil ziehen können. Es kann daher offen bleiben, ob diese Behauptung zudem nicht schon durch ihren sonstigen Vortrag und die dargestellten tatsächlichen Umstände zu dem Verkauf von Teilflächen widerlegt wird.

100

Zur Entstehung der sachlichen Beitragspflicht muss - falls das herangezogene Grundstück nicht schon tatsächlich an die zentrale Abwasserentsorgungseinrichtung angeschlossen ist - jedenfalls die gesicherte Möglichkeit der Anschlussnahme an die Einrichtung gegeben sein. In diesem Zusammenhang ist die Regelung des § 6 Abs. 1 AAS 2012, wonach die Beitragspflicht mit der betriebsfertigen Herstellung der zentralen öffentlichen Schmutzwasseranlage für das zu entwässernde Grundstück entsteht, dahingehend auszulegen, dass dazu die betriebsfertige Herstellung des Hauptsammlers vor dem zu entwässernden Grundstück ausreicht. Im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin ist diese Regelung nicht zu unbestimmt. Die betriebsfertige Herstellung i.S.d. § 6 Abs. 1 AAS 2012 umfasst weiterhin nicht die Herstellung des Grundstücksanschlusses. Zwar gehören nach § 2 Abs. 8 Buchst. a Satz 2 der Abwassersatzung der Beklagten in der Fassung der 4. Novellierung vom 20. Juni 2002 in der Gestalt der 2. Änderungssatzung vom 10. März 2005 - AbwS - zur öffentlichen Einrichtung der zentralen Abwasseranlage auch die Grundstücksanschlüsse. Bei einer Erhebung von gesonderten Kosten für die Grundstücksanschlüsse, wie sie in den §§ 17 ff. AAS 2012 vorgesehen ist, genügt es für die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht, dass der Hauptsammler betriebsfertig hergestellt ist. Die in § 8 Satz 2 KAG LSA ausdrücklich vorgesehene Möglichkeit, für die Herstellung von Grundstücksanschlüssen auch dann Kostenerstattungen nach § 8 Satz 1 KAG LSA geltend zu machen, wenn der Grundstücksanschluss durch Satzung zum Bestandteil der öffentlichen Einrichtung bestimmt wurde, bewirkt eine Aufwandspaltung (so OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 8. September 2006 - 4 M 44/06 -, zit. nach JURIS; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 1068, Rdnr. 2204). Daher ist es auch unbeachtlich, dass die Herstellung der Grundstücksanschlüsse als Teil der öffentlichen Einrichtung gem. § 11 Abs. 3 AbwS der (...) GmbH oder einem von ihr beauftragten Unternehmen obliegt.

101

Soweit die Klägerin unter Hinweis auf die Größe der Grundstücke und Hindernisse auf den Grundstücken die Zumutbarkeit der Anschlussmöglichkeit bestreitet, fehlt sowohl hinsichtlich einer Anschlussmöglichkeit der Vorderliegergrundstücke (vgl. auch Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 542, Rdnr. 1050, Rdnr. 2205 jeweils m.w.N.) als auch hinsichtlich einer Anschlussmöglichkeit von Hinterliegergrundstücken (vgl. auch Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 1050b, Rdnr. 2211 jeweils m.w.N.; Rosenzweig/Freese, a.a.O., § 6 Rdnr. 243 m.w.N.) schon eine hinreichende Substanziierung. Die pauschale Auflistung von tatsächlichen Hindernissen ohne Anknüpfung an die konkrete Grundstückssituation und der bloße Hinweis auf eine „durchschnittliche Leitungslänge“ von „über 200 m“ und die bloße Rüge, das Verwaltungsgericht habe insbesondere verschiedene Kostenpositionen nicht ermittelt, ist nicht ausreichend. Darüber hinaus dürfte auch hier zu berücksichtigen sein, dass die Klägerin diese Flächen bzw. erhebliche Teile davon als Gewerbeflächen zum Verkauf anbietet und angeboten hat.

102

Soweit die Klägerin geltend macht, die Ermittlung der Vollgeschosszahlen, die sich bei Innenbereichsgrundstücken i.S.d. § 3 Abs. 3 Nr. 3 bis 5 AAS 2012 gem. § 4 Abs. 4 Nr. 4 Buchst. a und b AAS 2012 nach der höchsten Zahl der tatsächlich vorhandenen Vollgeschosse bei bebauten Grundstücken und der Zahl der in der näheren Umgebung überwiegend vorhandenen Vollgeschosse bei unbebauten Grundstücken richtet, sei auf Grund von Ermittlungsfehlern im Einzelfall und auf Grund von mehreren methodischen Fehlern offenkundig verfehlt, lässt ihr Vorbringen nicht einmal ansatzweise erkennen, von welchen Vollgeschosszahlen stattdessen auszugehen sei. Ihr Einwand, der Begriff „nähere Umgebung“ sei zu unbestimmt, ist angesichts der gleichlautenden Formulierung in § 34 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BauGB offensichtlich unbegründet (vgl. auch OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 16. Januar 2004 - 1 L 146/03 -, zit. nach JURIS). Der weiterhin geltend gemachte Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz hinsichtlich der benachbarten L... GmbH läuft auf eine unzulässige (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 2. September 2009 - 4 L 467/08 - und Beschl. v. 25. Juli 2006 - 4 M 293/06 -, jeweils zit. nach JURIS) Gleichbehandlung im Unrecht hinaus. Im Übrigen geht die Klägerin zu Unrecht von einer „flächendeckenden Heranziehung mit zwei Vollgeschossen“ aus. In dem Schriftsatz vom 28. Januar 2009 hat die Beklagte für mehrere Grundstücke nur noch eine (Umgebungs)Bebauung von einem Vollgeschoss angenommen und die Beiträge entsprechend festgesetzt.

103

Eine Aufrechnung mit dem von der Klägerin schon gezahlten Betrag in Höhe von 20.000,- € ist schon deshalb ausgeschlossen, weil es sich dabei nicht um einen Gegenanspruch i.S.d. § 13a Abs. 1 Satz 5 KAG LSA i.V.m. § 226 Abs. 3 AO handelt.

104

Hinsichtlich der Aufrechnung mit einer Rückforderung in Höhe von 95.752,50 € aus einem Ablösevertrag nach dem Baugesetzbuch müsste für die Frage, ob diese Forderung i.S.d. § 226 Abs. 3 AO unbestritten ist, im Einzelnen geprüft werden, wann die Beklagte den Anspruch bestritten hat und ob diese Erklärung nicht als verspätet angesehen werden muss (vgl. dazu Pahlke, AO, 2. A., § 226 Rdnr. 32; Klein, AO, 11. A., § 226 Rdnr. 40; vgl. auch BFH, Urt. v. 5. Februar 1985 - VII R 124/80 -, zit. nach JURIS).

105

Eine fehlerhafte Anwendung der satzungsrechtlichen Billigkeitsregelungen nach § 6c Abs. 3 KAG LSA hat die Klägerin lediglich behauptet, ohne substanziiert darzustellen, für welche Grundstücke eine abweichende Berechnung des Beitrages geboten gewesen wäre.

106

Der bloße Einwand, ihr Eigentum werde „gänzlich ausgehöhlt“ und die Belastungen durch staatliche Forderungen überstiegen den jeweiligen Grundstückswert, ist schließlich - unabhängig von der fehlenden Konkretisierung und Substanziierung dieser Behauptung - von vornherein nicht geeignet, im Rahmen einer Anfechtungsklage Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Beitragsfestsetzung zu wecken. Insoweit müsste die Klägerin mit einer Verpflichtungsklage Billigkeitsmaßnahmen nach § 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b KAG LSA i.V.m. § 163 Abs. 1 AO oder nach § 13a Abs. 1 KAG LSA i.V.m. § 227 AO verfolgen.

107

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 1, 161 Abs. 2 VwGO. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin voll obsiegt, für das erstinstanzliche Verfahren ist zu berücksichtigen, dass ein Teil der Klage unzulässig war. Im Rahmen der Kostenentscheidung gem. § 161 Abs. 2 VwGO über den durch die Erledigungserklärungen erfassten Teil des Rechtsstreits entspricht es billigem Ermessen, dass die Beklagte die Kosten des Verfahrens trägt. Denn die Klage hätte auch hinsichtlich der insoweit betroffenen Grundstücke Erfolg gehabt.


(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.

(1) Die Gebühr für die Anmeldung eines Anspruchs zum Musterverfahren nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz wird mit Einreichung der Anmeldungserklärung fällig. Die Auslagen des Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz werden mit dem rechtskräftigen Abschluss des Musterverfahrens fällig.

(2) Im Übrigen werden die Gebühren und die Auslagen fällig, wenn

1.
eine unbedingte Entscheidung über die Kosten ergangen ist,
2.
das Verfahren oder der Rechtszug durch Vergleich oder Zurücknahme beendet ist,
3.
das Verfahren sechs Monate ruht oder sechs Monate nicht betrieben worden ist,
4.
das Verfahren sechs Monate unterbrochen oder sechs Monate ausgesetzt war oder
5.
das Verfahren durch anderweitige Erledigung beendet ist.

(3) Die Dokumentenpauschale sowie die Auslagen für die Versendung von Akten werden sofort nach ihrer Entstehung fällig.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zu Beiträgen für die Herstellung der öffentlichen Trinkwasserversorgungsanlage des Beklagten.

2

Seit dem 10. April 2006 ist der Kläger Eigentümer der Grundstücke Am M. in A-Stadt (Flur A, Flurstück 1261/163 mit einer Größe von 1799 m² und Flurstück 1263/163 mit einer Größe von 4.515 m²).

3

Im Jahre 1997 verlegte der Beklagte in der Straße vor den klägerischen Grundstücken erstmals die Trinkwasserhauptleitung und errichtete für das Flurstück 1263/163 im Jahre 2006 einen Trinkwasserhausanschluss. Bis 2006 - und nach Angaben des Klägers bereits vor 1991 - wurde das Flurstück 1263/163 über das Flurstück 1284/0 mit Trinkwasser versorgt, d. h. das klägerische Grundstück war mit der grundstückseigenen Trinkwasserversorgungsanlage des Flurstücks 1284/0 verbunden, das seinerseits über die in der Neuen H. Straße verlegte Hauptleitung mit Trinkwasser versorgt wird. Das Flurstück 1284/0, eingetragen im Grundbuch von A-Stadt, Blatt A, stand vom 4. April 1991 bis zum 14. Oktober 1996 im Eigentum der Landtechnik Metallbau A-Stadt GmbH und vom 14. Oktober 1996 bis zum 2. Oktober 2002 im Eigentum der (...) Berlin. Seit dem 2. Oktober 2002 ist die (..) AG mit Sitz in H-Stadt Eigentümerin des Grundstücks. Die von dem Trinkwasserversorgungsnetz des Flurstücks 1284/0 abzweigende Leitung zum klägerischen Flurstück 1263/163 führt über die Flurstücke 1282/0, 1285/163 und 1280/0, die bis zum 13. Juni 2002 im Eigentum der Landtechnik Metallbau A-Stadt GmbH standen. Seit dem 13. Juni 2002 ist der Kläger Eigentümer dieser Flurstücke. Für das benachbarte Flurstück 1261/163 wurde kein eigener Hausanschluss errichtet.

4

Mit Bescheid vom 30. August 2006 setzte der Beklagte für das Flurstück 1261/163 einen Trinkwasserbeitrag in Höhe von 3.130,26 Euro (= 1.799 m² x 1,0 x 1,50 €/m² + 16 % MwSt.) und für das Flurstück 1263/163 einen solchen in Höhe von 7.861,32 Euro (= 4.518 m² x 1,0 x 1,50 €/m² + 16 % MwSt.) fest. Hiergegen legte der Kläger am 29. September 2006 Widerspruch ein, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. Oktober 2006 zurückwies.

5

Am 3. November 2006 hat der Kläger bei dem Verwaltungsgericht Magdeburg Klage erhoben und im Wesentlichen geltend gemacht, es sei bekannt, dass er Eigentümer der Grundstücke H. Straße 67a, b und c (= Flurstücke 1282/0, 1285/163 und 1280/0) sei. Über diese Grundstücke sei auch das Flurstück 1263/163 mittels einer Verbrauchsleitung mitversorgt worden, so dass die Herstellung der öffentlichen Wasserversorgungsanlage nicht im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA erforderlich gewesen sei. Des Weiteren sei nicht ersichtlich, wie der Beklagte die Erhebung von Beiträgen für das Flurstück 1261/163 begründen wolle. Zwar grenze das Grundstück an die im M. verlaufende zentrale öffentliche Wasserversorgungsleitung an und unterliege somit einer Beitragspflicht gemäß der Wasserbeitragssatzung des Beklagten. Jedoch verkenne der Beklagte, dass ihm § 3 Abs. 1 der Satzung ein Ermessen einräume. Den durch das Ermessen eingeräumten Spielraum habe der Beklagte nicht beachtet, indem er nicht berücksichtigt habe, dass er für das Flurstück 1261/163 keinen Anschluss benötige und das Flurstück 1263/163 im Übrigen bereits über einen Anschluss über einen auf dem Flurstück 1284/0 bestehenden Grundstücksanschluss von der Neuen H. Straße aus verfüge.

6

Der Kläger hat beantragt,

7

den Bescheid des Beklagten vom 30. August 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Oktober 2006 aufzuheben.

8

Der Beklagte hat beantragt,

9

die Klage abzuweisen.

10

Er hat vorgetragen, bei der von dem Grundstücksanschluss 1284/0 über weitere bürgerlich-rechtliche Grundstücke verlaufenden Verbrauchsleitung bis zum Flurstück 1263/163 handele es sich nicht um eine öffentliche Trinkwasserleitung, sondern eine Verbrauchsanlage des bzw. der damaligen Grundstückseigentümer. Die Grundstücke des Klägers verfügten über keinen eigenen Trinkwasseranschluss. Bis zur Herstellung des hier streitgegenständlichen Wasseranschlusses sei eine zentrale Wasser-versorgungsanlage für das klägerische Grundstück nicht betriebsfertig hergestellt gewesen.

11

Mit dem angefochtenen Urteil vom 18. Juni 2008 hat das Verwaltungsgericht Magdeburg den angefochtenen Bescheid des Beklagten aufgehoben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der in § 5 Abs. 1 der Wasserbeitragssatzung des Beklagten auf 1,50 €/m² festgesetzte Beitragssatz sei nichtig, weil der Beklagte auf der Flächenseite der Kalkulation zu wenig Grundstücke berücksichtigt habe. Ausweislich der vorgelegten Kalkulation und der Angaben des Beklagten in der mündlichen Verhandlung decke die Rechnungsperiode fast den gesamten Investitionsaufwand des Beklagten für die Herstellung der Trinkwasserversorgung ab. Berücksichtige er aber - wie vorgetragen - 90 % des Gesamtaufwandes für die Anlage, so müsse dieser Aufwand auch auf 90 % der bevorteilten Grundstücke verteilt werden. Dies sei vorliegend nicht geschehen. Vielmehr habe der Beklagte auf der Flächenseite der Kalkulation im Wesentlichen nur die Grundstücke eingestellt, die in der Rechnungsperiode neu angeschlossen worden seien. Dies ergebe sich zum einen aus der Aufstellung der Flächen in der Kalkulation (Stand 3/2008) und dem Vorwort zur Kalkulation („2.5.1.Flächenberechnung und Flächenaufstellung“), und es lasse sich zum anderen auch einem Vergleich der bevorteilten Flächen in der Globalkalkulation zum Herstellungsbeitrag für die Herstellung der öffentlichen Schmutzwasserbeseitigungsanlage mit der hier vorgelegten Kalkulation entnehmen. Bei der Kalkulation des Schmutzwasserbeitrags sei der Beklagte von einer Fläche von 8.052.046 m² ausgegangen, wohingegen er vorliegend nur eine Netto-Grundstücksfläche von 1.064.469 m² zugrunde lege, obgleich die Flächen nahezu identisch sein müssten, da in der Regel der Anfall von Abwasser eine Versorgung mit Trinkwasser voraussetze. Der Beklagte lege somit der Kalkulation der Trinkwasserbeiträge nur 1/8 der bevorteilten Grundstücksflächen zugrunde. Nicht zuletzt habe der Beklagte diese Angaben in der mündlichen Verhandlung auch bestätigt und lediglich die Rechtsansicht vertreten, es müssten nur die Grundstücke eingestellt werden, die in der Rechnungsperiode angeschlossen würden. Dies sei nicht zutreffend. Der Grundsatz der Repräsentativität verlange nicht nur das Einstellen eines repräsentativen Investitionsaufwandes, sondern auch das Einstellen repräsentativer Grundstücksflächen. Auch im Rahmen einer Rechnungsperiodenkalkulation gelte das Vorteilsprinzip, auch hier müsse der Aufwand gleichmäßig verteilt werden, d.h. ein Aufwand von 90 % müsse auf 90 % der Flächen verteilt werden, und zwar auf 90 % der Gesamtflächen, denn die Rechnungsperiodenkalkulation setze das Gesamtanlagenprinzip nicht außer Kraft. Soweit der Beklagte auf Schwierigkeiten bei der Ermittlung der zu berücksichtigenden Flächen verweise, spreche dies nicht gegen die vertretene Rechtsauffassung, sondern könne eine Indiz dafür sein, dass in Fällen, in welchen bereits ein erheblicher Teil der von der Anlage bevorteilten Flächen schon vor Beginn der Rechnungsperiode und vor Beginn der Zeit, in welcher ein großer Teil des Investitionsaufwandes getätigt worden sei, angeschlossen gewesen seien, eine Rechnungsperiodenkalkulation nicht mehr in Betracht komme, sondern im Wege der Globalkalkulation zu kalkulieren sei. In jedem Fall sei die Repräsentativität auch auf der Flächenseite zu gewährleisten.

12

Im Übrigen begegne der streitbefangene Bescheid jedenfalls insoweit teilweise rechtlichen Bedenken, als der Beklagte mit dem Flurstück 1263/163 ein Grundstück herangezogen habe, das jedenfalls nach Angaben des Klägers bereits vor 1991 an die öffentliche Trinkwasserversorgungsanlage angeschlossen gewesen sei. Der Kläger schulde in diesem Fall für dieses Grundstück gemäß § 6 Abs. 6 Satz 3 KAG LSA nur einen besonderen Herstellungsbeitrag im Sinne der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt. Insoweit fehle es indessen in der Beitragssatzung des Beklagten an der Festsetzung eines Beitragssatzes.

13

Der Beklagte macht zur Begründung der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung geltend, das Verwaltungsgericht habe die Unterschiede, die sich aus der Anwendung der Globalkalkulation einerseits und der Rechnungsperiodenkalkulation andererseits zwangsläufig ergäben, nicht hinreichend berücksichtigt. Anders als bei einer Globalkalkulation könnten bei der hier für die Trinkwasserversorgung streitgegenständlichen Rechnungsperiodenkalkulation für den Herstellungsbeitrag I nur diejenigen Grundstücke auf der Flächenseite berücksichtigt werden, die noch nicht angeschlossen seien und in dem gewählten Zeitraum der Periodenkalkulation noch angeschlossen würden. Grundstücke, die erst nach Beendigung der Kalkulationsperiode angeschlossen würden, blieben ebenso unberücksichtigt wie bereits angeschlossene Grundstücke. Wesen und bestimmendes Element der Periodenkalkulation sei es, dass nur diejenigen Kosten, die innerhalb des gewählten Zeitraums entstünden, auf die Grundstücke umgelegt würden, die durch die in der Periode durchgeführten Maßnahmen erstmals bevorteilt würden. Bereits angeschlossene Grundstücke könnten allenfalls über den Herstellungsbeitrag II an Kosten in der Rechnungsperiode beteiligt werden. Ein Herstellungsbeitrag II werde jedoch für die Trinkwasserversorgung nicht erhoben. Die vom Verwaltungsgericht bemängelten Unterschiede auf der Flächenseite der Kalkulation ergäben sich daraus, dass der Anschlussgrad an die zentrale Wasserversorgungsanlage wesentlich höher gewesen sei als bei der zentralen Abwasserbeseitigungsanlage, was sich auch der Trinkwasserkonzeption 1996-2006 entnehmen lasse. Die vom Verwaltungsgericht vertretene Ansicht, dass Grundstücksflächen bei der Kalkulation des Abwasserbeitrages und bei der Kalkulation des Trinkwasserbeitrages in etwa gleich sein müssten, sei auf Grund der unterschiedlichen Kalkulationsmethoden systemwidrig und berücksichtige nicht den unterschiedlichen Anschlussgrad der Grundstücke an die jeweilige Anlage. Auch der Grundsatz der Repräsentativität stehe nicht entgegen. Insoweit müssten sowohl die Planung als auch der Ausbauzustand in den Blick genommen werden. Wenn - wie im vorliegenden Fall - bei Übernahme existierender Anlagen ein sehr hoher Ausbauzustand bzw. Anschlussgrad vorhanden sei, sei der verbleibende Aufwand zur erstmaligen Herstellung der Anlage relativ gering und dementsprechend auf relativ wenige Grundstücke zu verteilen. Dabei ergebe sich systembedingt bei der Rechnungsperiodenkalkulation, dass nicht 100 % der Kosten für die endgültige Herstellung auf alle nicht angeschlossenen Grundstücke zu verteilen seien, sondern nur die in der gewählten Rechnungsperiode entstehenden Kosten auf die in der Rechnungsperiode neu anzuschließenden Grundstücke. Eine andere Vorgehensweise würde gegen die Grundzüge der Rechnungsperiodenkalkulation verstoßen.

14

Schließlich sei das klägerische Flurstück 1263/163 entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht bereits vor dem Jahre 1991 an die öffentliche Trinkwasserversorgungsanlage angeschlossen gewesen. Vielmehr stünden die Grundstücke, über die die Leitung zum Flurstück 1263/163 führe, in unterschiedlichem Eigentum. Ein direkter Anschluss an die Trinkwasserversorgungsanlage sei für das klägerische Grundstück nicht vorhanden gewesen. Auch bestehe keine dauerhafte Sicherung des Leitungsrechts zu Gunsten des Grundstücks. Hinzu komme, dass nach § 7 der Wasserbeitragssatzung die sachliche Beitragspflicht entweder mit betriebsfertiger Herstellung der öffentlichen Wasserversorgungsanlage vor dem Grundstück oder bei tatsächlicher Anschlussnahme im Sinne von § 3 Abs. 2 der Satzung gemäß § 7 Abs. 3 der Satzung mit dessen Genehmigung entstehe; die schlichte tatsächliche Anschlussnahme reiche demgemäß nicht aus.

15

Der Beklagte beantragt,

16

das Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg - 9. Kammer - vom 18. Juni 2008 zu ändern und die Klage abzuweisen.

17

Der Kläger beantragt,

18

die Berufung zurückzuweisen.

19

Er meint, die Beitragskalkulation des Beklagten sei in einem wesentlichen Punkt mangelhaft, da der Beklagte auf der Flächenseite der Kalkulation zu wenig Grundstücke berücksichtigt habe. Sinn und Zweck einer Rechnungsperiode sei, dass der ihr zugrunde gelegte Aufwand stellvertretend für den Aufwand der öffentlichen Einrichtungen in ihrer endgültigen Ausdehnung stehe. Eine Rechnungsperiode repräsentiere die Gesamtzeit dadurch, dass sie sowohl den in der Vergangenheit entstandenen als auch den zukünftigen Investitionsaufwand einschließe und für diesen Zeitraum die Verteilungseinheiten (hier: Beitragsflächen) bestimme. Eine Rechnungsperiode bestehe damit grundsätzlich aus einem in der Vergangenheit liegenden „Abrechnungszeitraum“ und einem in der Zukunft liegenden „Prognosezeitraum“. Der Beitragspflichtige werde so an den Kosten der Gesamtanlage, und zwar an den in der Vergangenheit entstandenen als auch an den zukünftig entstehenden Kosten, beteiligt. Methodisch werde also die Gesamtzeit von den Anfängen bis zur künftigen Fertigstellung der Anlage durch eine kürzere zeitnahe Rechnungsperiode ersetzt. Diese repräsentiere die Gesamtzeit dadurch, dass sie sowohl den in der Vergangenheit entstandenen als auch den zukünftigen Investitionsaufwand einschließe. Der in die Kalkulation einzustellende Investitionsaufwand und/oder das gewählte Verteilungsgebiet müssten unter Berücksichtigung der Siedlungsstruktur und Entwicklung zeitlich und räumlich hinreichend repräsentativ sein. Im Übrigen sei der Beitragssatz methodisch so zu ermitteln, dass stets der gesamte umlagefähige Aufwand für die Gesamtanlage durch die Summe der Maßstabseinheiten dividiert werde. Das gelte auch dann, wenn der durchschnittliche Aufwand auf der Grundlage repräsentativer Gebiete veranschlagt werde. Zusammenfassend bleibe festzuhalten, dass im Rahmen der Rechnungsperiodenkalkulation nicht hinreichend berücksichtigt worden sei, dass der Aufwand in der Rechnungsperiode stellvertretend für den Gesamtaufwand für die Anlage in ihrer endgültigen Ausdehnung stehe und somit der Aufwand gleichmäßig verteilt werden müsse, so dass ein 90%iger Aufwand auch eine ebenso repräsentative Fläche umfassen sollte. Im Übrigen bleibe er mit Blick auf den Grundstückskaufvertrag vom 19. April 2006 bei seiner Auffassung, dass das Flurstück 1263/163 bereits über einen Anschluss verfügt habe, so dass - auch mit Blick auf § 7 der Wasserbeitragssatzung - eine Herstellung des Anschlusses nicht erforderlich gewesen sei.

20

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

22

Das Verwaltungsgericht hat der Klage im Ergebnis zu Recht stattgegeben. Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 30. August 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Oktober 2006 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

23

1. Allerdings stimmt der Senat nicht der Auffassung des Verwaltungsgerichts zu, dass der angefochtene Bescheid jedenfalls insoweit teilweise rechtlichen Bedenken begegne, als der Beklagte mit dem Flurstück 1263/163 ein Grundstück herangezogen habe, das jedenfalls nach Angaben des Klägers bereits vor 1991 an die öffentliche Trinkwasserversorgungsanlage angeschlossen gewesen sei. Nach den im Berufungsverfahren aufgeklärten tatsächlichen (Eigentums-)Verhältnissen an den streitbefangenen Flurstücken war das klägerische Flurstück 1263/163 zwar vor 1991 mit der grundstückseigenen Trinkwasserversorgungsanlage des Flurstücks 1284/0 verbunden, das seinerseits über die in der Neuen H. Straße verlegte Hauptleitung mit Trinkwasser versorgt wurde. Da das Flurstück 1284/0 nach dem in der erstinstanzlichen Gerichtsakte befindlichen Lageplan nicht in unmittelbarer Nachbarschaft zum Flurstück 1263/163 liegt, führte die von dem Trinkwasserversorgungsnetz des Flurstücks 1284/0 abzweigende Leitung zum klägerischen Flurstück 1263/163 über die Flurstücke 1282/0, 1285/163 und 1280/0, die seit dem 13. Juni 2002 im Eigentum des Klägers stehen. Allerdings stand das hier maßgebliche „Versorgungsgrundstück“ 1284/0 zu keinem Zeitpunkt im Eigentum des Klägers. Auch ist eine dingliche Sicherung der Trinkwasserversorgung nicht geltend gemacht oder ersichtlich, so dass das Flurstück 1263/163 mangels gesicherter Vorteilslage nicht als bereits vor 1991 angeschlossen im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA gelten kann. Vielmehr ist für das Grundstück erst mit der Herstellung der Trinkwasserhauptleitung im Jahre 1997 die zur Beitragserhebung rechtfertigende Vorteilslage entstanden. Gleiches gilt im Übrigen für das Flurstück 1261/163, dem ebenfalls unstreitig erstmals mit der betriebsfertigen Herstellung der Trinkwasserhauptleitung im Jahre 1997 die Möglichkeit der Inanspruchnahme im Sinne des § 3 Abs. 1 der Wasserbeitragssatzung des Beklagten vom 8. September 2005 - WBS 05 -, die ordnungsgemäß am 30. November 2005 im Amtsblatt des Landkreises Wernigerode veröffentlicht worden ist und am 1. Januar 2006 in Kraft trat, eröffnet wurde; auf eine tatsächliche Anschlussnahme kommt es zur Begründung einer beitragsrelevanten Vorteilslage gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA nicht an.

24

2. Der angefochtene Bescheid erweist sich aber deswegen als rechtswidrig, weil die dem Bescheid zugrunde liegende Wasserbeitragssatzung des Beklagten vom 8. September 2005 hinsichtlich der Regelung des Beitragssatzes (§ 5 Abs. 1 WBS 05) nichtig ist. Dies wiederum zieht die Gesamtnichtigkeit der Satzung nach sich, weil diese ohne gültige Regelung zum Beitragssatz nicht mehr den Mindestanforderungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG LSA entspricht.

25

Dabei geht der Senat von folgenden Grundsätzen aus:

26

Die Festlegung eines der Höhe nach bestimmten Beitragssatzes, wie ihn eine Beitragssatzung im Recht der öffentlichen leitungsgebundenen Einrichtungen zwingend enthalten muss, beruht auf der Division des Betrages des beitragsfähigen Aufwands durch die Summe der Maßstabseinheiten, die in Anwendung der Maßstabsregelung der Satzung für die Gesamtheit der zu prognostizierenden Beitragsfälle zu ermitteln sind. Dabei erfordert die Bestimmung des Beitragssatzes eine differenzierte Kalkulation; denn sowohl die Aufwandsermittlung, die nur nach einer der aus § 6 Abs. 3 Satz 4 KAG LSA herzuleitenden Methoden erfolgen darf, als auch die Ermittlung der zu berücksichtigenden Grundstücksflächen sind komplexe Vorgänge, die bestimmten vom Satzungsgeber zu beachtenden gesetzlichen Anforderungen unterliegen. Fehler in der Beitragskalkulation, also in der Gesamtheit aller Ermittlungen, Berechnungen, Ermessens- und Wertentscheidungen sowie Schätzungen, die der Festsetzung des Beitragssatzes zu Grunde liegen, ziehen nur dann die Unwirksamkeit der Beitragssatzung nach sich, wenn das Aufwandsüberschreitungsverbot des § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA erheblich oder gröblich verletzt ist, d. h. Fehler bei der Aufwandsermittlung können nicht als solche, sondern nur im Hinblick auf eine etwaige Verletzung des Aufwandsüberschreitungsverbots zur Ungültigkeit der Beitragssatzregelung führen. Für die Gültigkeit des in einer Beitragssatzung festgesetzten Beitragssatzes kommt es nämlich allein darauf an, ob er sich im Ergebnis als „richtig" (im Sinne von „nicht überhöht" nach Maßgabe des Aufwandsüberschreitungsverbots) erweist (OVG LSA, Beschl. v. 02.08.2007 - 4 M 44/07 -; Urt. v. 27.07.2006 - 4 K 253/05 -; Urt. v. 07.09.2000 - 1 K 14/00 -; alle zit. nach juris). Solche zur Nichtigkeit der Beitragssatzregelung führenden Fehler bei der Aufwandsermittlung liegen erstens dann vor, wenn in erheblichem Umfang nicht beitragsfähiger Aufwand angesetzt und daher gegen das Aufwandsüberschreitungsverbot verstoßen wird (vgl. VG Halle, Urt. v. 18.12.2009 - 4 A 308/07 -, zit. nach juris, m. w. N.; BVerwG, Beschl. v. 30.04.1997 - BVerwG 8 B 105.97 -, zit. nach juris). Darüber hinaus führen Fehler der Beitragskalkulation - zweitens - aber auch dann zur Unwirksamkeit der Satzung, wenn erhebliche methodische Fehler die Feststellung unmöglich machen, ob das Aufwandsüberschreitungsverbot beachtet ist oder nicht (OVG NW, Beschl. v. 03.11.2000 - 15 A 2340/97 -; OVG Brandenburg, Urt. v. 03.12.2003 - 2 A 417/01 -, beide zit. nach juris).

27

Allerdings wird im gerichtlichen Verfahren die Kalkulation - vorbehaltlich konkreter Rügen auf der Klägerseite - nur insoweit überprüft, als es um die Plausibilität der Berechnung des konkreten Beitragssatzes geht (zum Prüfungsmaßstab des Abgabensatzes bei Abgabensatzungen: BVerwG, Urt. v. 17.04.2002 - BVerwG 9 CN 1.01 -, zit. nach juris; OVG LSA, Beschl. v. 02.03.2010 - 4 L 199/09 -, m. w. N.).

28

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist der von dem Beklagten in § 5 Abs. 1 WBS 05 festgesetzte Beitragssatz zu beanstanden; denn die zur Rechtfertigung des Beitragssatzes in Höhe von 1,50 Euro/m² vorgelegte Periodenkalkulation für die Wasserversorgung (Dokumentation April 2005 und Kontrollkalkulation Stand 4/2005 und 3/2008) weist erhebliche methodische Fehler auf.

29

2.1. Zwar ist die der Ermittlung der Beitragssätze zugrunde liegende sogenannte Rechnungsperiodenkalkulation eine grundsätzlich zulässige Berechnungsart für Beitragssätze (vgl. hierzu Klausing, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Kommentar, § 8 Rdnr. 998 ff.; OVG LSA, Beschl. v. 09.07.2007 - 4 M 168/07 -, m. w. N.). Sie erfasst nicht wie die Gesamtanlagenkalkulation im Sinne einer Globalkalkulation die gesamte öffentliche Einrichtung mit allen ihren vorhandenen und absehbar geplanten Anlagen (Kosten von Baubeginn bis Fertigstellung), sondern nur den in einem bestimmten Zeitraum, der zeitlich abgegrenzten Rechnungsperiode, durchschnittlich anfallenden Aufwand für die Einrichtung (Klausing, a. a. O., § 8 Rdnr. 994). Mit dem Verwaltungsgericht ist auch der Senat der Auffassung, dass das Kommunalabgabengesetz für das Land Sachsen-Anhalt dieser Kalkulationsmethode nicht entgegen steht, sondern der Zweckverband (bzw. die Gemeinde) in Ausübung seines (ihres) Ermessens wählen kann, ob er (sie) bei der Aufwandsermittlung auf die Gesamtanlage oder auf den in einer Rechnungsperiode durchschnittlich anfallenden Aufwand abstellen will. Zwar könnte die Formulierung der von dem Verwaltungsgericht in Bezug genommenen Vorschrift des § 6 Abs. 3 Satz 4 KAG LSA, wonach bei leitungsgebundenen Einrichtungen „der durchschnittliche Aufwand für die gesamte Einrichtung veranschlagt und zugrunde gelegt werden“ kann, gegen die Möglichkeit der Ermittlung des durchschnittlichen Aufwandes für eine Rechnungsperiode sprechen, weil die Vorschrift auf den durchschnittlichen Aufwand der „gesamten Einrichtung“ und damit auf den wesentlichen Anknüpfungspunkt der Globalkalkulation abstellt. Allerdings hebt die Vorschrift auch ab auf den „durchschnittlichen“ Aufwand, so dass sie - wie das Verwaltungsgericht zu Recht annimmt - auch „zeitlich“ in dem Sinne verstanden werden kann, dass der in einer bestimmten, zeitlich begrenzten Rechnungsperiode anfallende Investitionsaufwand für die Herstellung der gesamten Einrichtung in dieser Zeit zu ermitteln ist (vgl. Klausing, a. a. O., § 8 Rdnr. 998 m. w. N. zu ähnlichen Regelungen in § 8 Abs. 4 Satz 3 KAG des Landes Nordrhein-Westfalen, § 6 Abs. 3 Satz 5 KAG des Landes Niedersachsen). Ausgehend von diesen Erwägungen hält der Senat gemäß § 6 Abs. 3 Satz 4 KAG LSA sowohl die Global- als auch die Rechnungsperiodenkalkulation im Recht der leitungsgebundenen Einrichtungen nach dem KAG LSA für zulässig.

30

Auch ist dem Verwaltungsgericht darin zu folgen, dass die von dem Beklagten vorgenommene zeitliche Einordnung der Periode nicht zu beanstanden ist, soweit mit ihr zwar der Zeitpunkt seit der Übernahme der Trinkwasserversorgung im Verbandsgebiet, nicht aber der davor liegende Zeitpunkt des Inkrafttretens des KAG LSA abgedeckt wird. Insoweit hat das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen, dass der Beginn der Rechnungsperiode nicht zwingend mit dem erstmaligen Inkrafttreten des KAG LSA zusammen fallen muss (so aber OVG MV, Beschl. v. 15.02.2002 - 1 M 70/01 -, zit. nach juris); denn in dem Zeitraum vor 1996 war der Beklagte nicht Einrichtungsträger, so dass weder die Einrichtungsidentität gegeben war noch der Verband Investitionen tätigen konnte.

31

2.2. Die von dem Beklagten vorgelegte Rechnungsperiodenkalkulation weist jedoch methodische Fehler auf, indem sie den in der Rechnungsperiode entstandenen Aufwand, der nach den Angaben des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht 90 % des Gesamtaufwandes ausmacht, ausschließlich auf diejenigen Grundstücke verteilt, die noch nicht angeschlossen sind und in dem gewählten Zeitraum der Periodenkalkulation tatsächlich noch angeschlossen werden (vgl. Nr. 2.5.1. der Periodenkalkulation).

32

2.2.1. Dabei kann der Senat offen lassen, ob die Aufwandsermittlung, die für bereits abgeschlossene Investitionen und für die bis zum voraussichtlichen Ausbauzustand 2011 geplanten Anlagenteile prozentual bestimmte Kosten in Ansatz bringt, bezogen auf die Kosten für zentrale Einrichtungen den Grundsätzen einer Rechnungsperiodenkalkulation entspricht; insbesondere ist nicht erkennbar, ob der Beklagte bei der Veranschlagung der Kosten beachtet hat, dass diese (innerhalb einer bestimmten Rechnungsperiode hergestellten) Anlagenteile nach ihrer Funktion häufig einem größeren Gebiet, u. U. sogar dem gesamten Gebiet des Zweckverbands dienen als den Grundstücken, denen in der gewählten Rechnungsperiode eine Anschlussmöglichkeit geboten wird. Es wäre deshalb nicht gerechtfertigt, diese Aufwendungen in ihrer gesamten oder in einer zu geringen Höhe dem Aufwand für eine Rechnungsperiode zuzurechnen. Der Aufwand muss vielmehr zunächst auf die Summe der Maßstabseinheiten des gesamten Satzungsgebietes verteilt werden, um auf der Grundlage der auf die Rechnungsperiode entfallenden Maßstabseinheiten eine sachgerechte Zuordnung dieses Aufwandes zu ermöglichen (BayVGH, Urt. v. 09.07.2009 - 20 B 09.28 -, zit. nach juris; vgl. auch Dietzel, in: Driehaus, a. a. O., § 8 Rdnr. 590). Insoweit fließen in die Rechnungsperiodenkalkulation auch Elemente der Globalkalkulation ein (vgl. Hatopp Kommentar zum NKAG, § 6 Rdnr. 240). Ob der Beklagte diese Grundsätze befolgt hat, lässt sich nicht abschließend feststellen. Aus 2.5. (Kostenzusammenstellung) ergibt sich allerdings, dass Gegenstand der Kostenaufstellung (Anlage 1: Grunddaten Kostenaufstellung Wasserversorgung) das gesamte , also grundsätzlich auch das zentrale Anlagevermögen der Rechnungsperiode ist.

33

Auch bestehen vom Ansatz her mit Blick auf die noch nicht endgültige Herstellung der Trinkwasserversorgungseinrichtung des Beklagten keine Bedenken in Bezug auf die Länge der gewählten Periode von immerhin fünfzehn Jahren (1996 bis 2011).

34

2.2.2. Allein eine nicht zu beanstandende Zeitdauer reicht jedoch für eine ordnungsgemäß durchgeführte Rechnungsperiodenkalkulation nicht aus. Vielmehr ist kennzeichnendes Merkmal dieser Kalkulationsmethode, dass sie auf den durchschnittlichen Aufwand der Anlage in einem bestimmten Abschnitt aus der Zeit von Beginn der Herstellung bis zur Fertigstellung der Anlage abstellt. Dies wiederum macht es nach herrschender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur erforderlich, dass die gewählte Rechnungsperiode den Aufwand für die gesamte Anlage innerhalb der Gesamtzeit hinreichend repräsentiert (Dietzel, a. a. O., § 8 Rdnr. 589a; Hatopp, a. a. O., § 6 Rdnr. 238; Habermann, Kommentar zum KAG SH, § 8 Rdnr. 546). In diesem Sinne setzt die Rechnungsperiodenkalkulation kontinuierlich entstehenden und sich auf den Gesamtzeitraum etwa gleichmäßig verteilenden Aufwand voraus; sie ist deshalb vom Ansatz her zugeschnitten auf den laufend anfallenden Anschaffungsaufwand für das durch das Hinzukommen neuer Baugebiete ständig erweitere Leitungsnetz (vgl. BayVGH, Urt. v. 23.07.2009 - 20 BV 08.1197 -, zit. nach juris). Dabei kann auf den Durchschnitt der in der Vergangenheit und Zukunft angeschlossenen oder anzuschließenden Maßstabseinheiten abgestellt werden. Ebenso können Aspekte der gemeindlichen Siedlungsstruktur als typische Indizien für die durchschnittliche Entwicklung des Verteilungsgebiets herangezogen werden. Repräsentativ sind dabei Gebiete, die in ihrer Gesamtheit aufgrund der örtlichen, geographischen und geologischen Gegebenheiten und sonstiger relevanter Umstände mit den sonstigen Gebieten (im Gemeindegebiet) vergleichbar sind (vgl. VG Regensburg, Urt. v. 20.02.2008 - RN 3 K 07.00735 -, zit. nach juris, m. w. N.). Die Rechnungsperiodenkalkulation soll es dem Satzungsgeber also nur ermöglichen, stellvertretend für die gesamte Einrichtung auf einen zeitlichen Ausschnitt, der Rechnungsperiode, abzustellen. Im Ergebnis sollen danach der Investitionsaufwand und die in der Rechnungsperiode angeschlossenen Gebiete mit dem Durchschnitt des gesamten erschlossenen und zu erschließenden Satzungsgebietes vergleichbar sein. Mithin ist dem Repräsentativerfordernis, das die Anwendbarkeit der Rechnungsperiodenkalkulation im Hinblick auf den Solidaritätsgedanken (gleichbleibende Beitragsstruktur) einschränkt, nur Genüge getan, wenn - im Rahmen einer anzustellenden Kontrollberechnung - das Verhältnis von Aufwand und Maßstabeinheiten in der Rechnungsperiode mit dem Verhältnis von (Gesamt)Aufwand und den (prognostischen) Maßstabseinheiten im Gesamtgebiet des Verbandes vergleichbar ist. Nur dann ist das der Rechnungsperiode zugrunde liegende Gebiet als repräsentativ anzusehen (BayVGH, Urt. v. 23.07.2009, a. a. O.) Dabei mag sich angesichts einer der Globalkalkulation angenäherten Kontrollberechnung zwar die Frage nach der Sinnhaftigkeit der Rechnungsperiodenkalkulation stellen (vgl. zu den Vorteilen: Habermann, a. a. O., § 8 Rdnr. 544), eine Kontrollberechnung stellt sich indes mit Blick auf das Repräsentativerfordernis als nicht entbehrlich dar.

35

Diesen für eine Rechnungsperiodenkalkulation nach Auffassung des Senats durch die Verwendung des Begriffs „durchschnittlich“ in § 6 Abs. 3 Satz 4 KAG LSA notwendigen Vergleich mit der gesamten Einrichtung zur Wahrung des Grundsatzes der Repräsentativität hat der Beklagte im Rahmen seiner Periodenkalkulation jedoch unstreitig nicht angestellt, weil er die Auffassung vertritt und - auch noch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat - vertreten hat, Wesen und bestimmendes Element der Periodenkalkulation sei es, (schlicht) nur diejenigen Kosten, die innerhalb des gewählten Zeitraums entstünden, auf die Grundstücke umzulegen, die durch die in der Periode durchgeführten Maßnahmen erstmals bevorteilt würden (vgl. auch Schriftsatz vom 06.08.2008, Seite 3). Dementsprechend lässt die vorliegende Periodenkalkulation keine Beschränkung auf eine bestimmte als repräsentativ für den Gesamtzeitraum der Herstellung angesehene, zeitlich eingeschränkte Rechnungsperiode erkennen, sondern hebt ausschließlich auf die tatsächlichen Verhältnisse im Zeitraum ab Übernahme der Trinkwasserversorgung im Jahre 1996 bis zum Jahre 2011 ab. Folgerichtig lassen sich den Kalkulationsunterlagen - von dem Beklagten zu Unrecht auch als nicht erforderlich erachtete - Berechnungen, ob der für die Rechnungsperiode ermittelte Beitragssatz mit dem auf der Grundlage des Gesamtaufwandes und der Maßstabseinheiten insgesamt berechnete Satz vergleichbar ist, nicht entnehmen. Damit weicht der Beklagte aber von den maßgeblichen methodischen Grundsätzen der Rechnungsperiodenkalkulation ab, dass die Kalkulation nachvollziehbar und belegbar anhand einer für das gesamte Einrichtungsgebiet repräsentativen Rechnungsperiode zu erfolgen hat. Der bloße Hinweis des Beklagten, dass - mit Blick auf Beitragssätze weiterer Rechnungsperioden - durch die Länge der vorliegend gewählten Rechnungsperiode dem Repräsentativ- und Solidargedanken widersprechende Beitragssätze vermieden werden, ist allein nicht ausreichend.

36

2.2.3. Unabhängig davon hat der Beklagte im Rahmen seiner Periodenkalkulation methodisch fehlerhaft die bis zur Übernahme der Trinkwasserversorgung im Jahre 1996 angeschlossenen und anschließbaren Grundstücke bei der Ermittlung der Grundstücksflächen nicht berücksichtigt, obwohl auch sie durch die streitgegenständliche Trinkwasserversorgungseinrichtung erstmals bevorteilt werden und deshalb grundsätzlich der Herstellungsbeitragspflicht unterfallen (VG Cottbus, Urt. v. 05.02.2009 - 6 K 24/08 -, zit. nach juris). Denn erst mit der Übernahme der Trinkwasserversorgung durch den Beklagten kann ein hier im Rahmen der Beitragskalkulation für die hiesige Einrichtung zu berücksichtigender „Vorteil“ entstanden sein, auch wenn faktisch schon zuvor der Anschluss bestand bzw. eine Anschlussmöglichkeit gegeben war. Dem steht nicht entgegen, dass der Beklagte die Trinkwasserversorgung erst im Jahre 1996 übernommen hat. Ist die Aufgabe der Trinkwasserversorgung von einem Einrichtungsträger - hier den Stadtwerken - auf einen anderen Einrichtungsträger - hier den Beklagten - übergegangen, ist dieser grundsätzlich befugt, einen Herstellungsbeitrag zur Deckung des Aufwandes für seine öffentliche leitungsgebundene Einrichtung auch von den Eigentümern, die bereits vor der Übernahme an die öffentliche Einrichtung angeschlossen waren, zu erheben, da die öffentliche Einrichtung des Zweckverbandes mit der vormaligen Einrichtung nicht identisch ist (bei Wechsel von Mitgliedsgemeinde auf Zweckverband entschieden vom BayVGH, Urt. v. 31.03.1992 - 23 B 89.1906 -, KStZ 1994, 55 f.; VG Halle, Beschl. v. 26.03.2008 - 4 B 521/07 -, zit. nach juris).

37

Daraus folgt, dass zwar in der Zeit vor 1996 mangels Vorliegen einer wirksamen Satzung für kein Grundstück die sachliche Beitragspflicht entstanden ist, aber dennoch grundsätzlich alle Flächen, die in dieser Zeit (in tatsächlicher Hinsicht) bevorteilt werden bzw. wurden, in die Kalkulation einzubeziehen sind bzw. waren. Die sich in diesem Zusammenhang stellende Frage nach den „Baukostenzuschüssen“ ist in den vorgelegten Unterlagen nicht hinreichend aufgezeigt.

38

2.2.4. Die unter 2.2.2. und 2.2.3. festgestellten schwerwiegenden methodischen Fehler führen ohne weitere Nachprüfung der Kalkulationsunterlagen zur Nichtigkeit des kalkulierten Beitragssatzes und der Unwirksamkeit der Satzung insgesamt; denn die Kalkulation beruht offensichtlich nicht nur auf einem fehlerhaften Rechenvorgang, der vom Gericht korrigiert werden könnte, sondern macht aufgrund der fehlerhaften Grundannahmen des Beklagten von vornherein die Feststellung unmöglich, ob das Aufwandsüberschreitungsverbot beachtet ist oder nicht (vgl. OVG NW, Beschl. v. 03.11.2000 -, a. a. O.). Insoweit war das Gericht auch eine mit Blick auf die für das Land Sachsen-Anhalt entwickelte ständige obergerichtliche sog. Ergebnisrechtsprechung (vgl. z. B. OVG LSA, Beschl. v. 02.08.2007, a. a. O.) nicht gehalten, den Beklagten aufzufordern, spätestens bis zur mündlichen Verhandlung eine nachvollziehbare und fehlerfreie Kalkulation unter Einbeziehung einer Kontrollberechnung im vorstehenden Sinne vorzulegen. Insbesondere liegt die Bestimmung des zeitlichen Rahmens der Rechnungsperiode, dem nach den vorstehenden Ausführungen maßgebliche Bedeutung für die Wahrung des Repräsentativerfordernisses zukommt, im Ermessen des Beklagten und ist damit nicht vom Gericht vorzugeben.

39

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

40

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

41

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.


Tatbestand

1

Die Antragsteller, die Eigentümer von Grundstücken im Gemeindegebiet der Antragsgegnerin sind, wenden sich gegen eine Satzung der Antragsgegnerin zur Erhebung eines allgemeinen Herstellungsbeitrages sowie eines sog. besonderen Herstellungsbeitrages (Herstellungsbeitrag II), jeweils für die Schmutzwasserbeseitigung.

2

Seit dem 1. Januar 2013 ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts der Antragsgegnerin, die Abwasserbeseitigung A-Stadt AöR, für die Abwasserentsorgung im Gebiet der Antragsgegnerin zuständig. Die Anstalt ist durch Formwechsel nach § 15a GKG LSA aus dem Zweckverband für Abwasserentsorgung A-Stadt gebildet worden. Der Zweckverband hatte nur Benutzungsgebühren für die Schmutzwasserbeseitigung erhoben. Auf der Grundlage einer vom Zweckverband erstmalig im Jahre 2012 erlassenen Herstellungsbeitragssatzung waren keine Beiträge erhoben worden. Zur Abwasserbeseitigung betreibt die Anstalt u.a. die Kläranlage A-Stadt. Bis zum Jahr 2000 wurde die Kläranlage zu einer biologisch arbeitenden Kläranlage mit 76.500 EW ausgebaut. Auf der Grundlage eines Genehmigungsbescheides vom 29. November 2012 erfolgte ein weiterer Ausbau der Kläranlage auf 125.000 EW. Am 9. Juli 2015 beschloss die Antragsgegnerin eine Satzung über die Erhebung von Beiträgen für die Schmutzwasserbeseitigung der Abwasserbeseitigung A-Stadt - Anstalt öffentlichen Rechts -, die im Amtsblatt der Antragsgegnerin vom 19. Juli 2015 bekannt gemacht wurde und am Tag nach ihrer öffentlichen Bekanntmachung in Kraft treten sollte. Darin wurde der Beitragssatz für den allgemeinen Herstellungsbeitrag auf 2,02 pro m2 der gewichteten beitragspflichtigen Grundstücksfläche und für den Herstellungsbeitrag II auf 0,73 pro m2 der gewichteten beitragspflichtigen Grundstücksfläche festgelegt. In der Kalkulation waren die höchstzulässigen Beitragssätze mit 2,38 € pro m2 (allgemeiner Herstellungsbeitrag) bzw. 0,86 € pro m2 (Herstellungsbeitrag II) ermittelt worden. Die Antragsteller, welche die Abwasserbeseitigung A-Stadt AöR zu einem allgemeinen Herstellungsbeitrag in Höhe von 1.670,90 € bzw. einem Herstellungsbeitrag II in Höhe von 247,62 € herangezogen hatte, haben am 22. Dezember 2015 einen Normenkontrollantrag gestellt, der sich ausdrücklich gegen die Anstalt richtete. In einem Erörterungstermin vom 4. Februar 2016 hat die Prozessbevollmächtigte der Antragsteller erklärt, dass sich der Antrag gegen die Körperschaft richten solle, welche die Satzung erlassen hat.

3

Die Antragsteller machen geltend, die Kosten für den Ausbau der nach dem damaligen Anlagenkonzept des Zweckverbandes und der Genehmigungsplanung bereits im Jahre 2000 endgültig hergestellten Kläranlage A-Stadt in Höhe von etwas über 13 Mio. € seien aus den beitragsfähigen Kosten für den allgemeinen Herstellungsbeitrag und den Herstellungsbeitrag II auszugliedern, weil es sich dabei um eine beitragsrechtliche Erweiterung gehandelt habe. Die Kläranlage sei im Jahr 2000 nach dem Willen des Trägers endgültig mit der geplanten Kapazität von 76.500 EW fertig gestellt gewesen. Die Bagatellgrenze von 3 % sei sehr deutlich überschritten, wobei auch der von der Antragsgegnerin beschlossene Deckungsgrad von 85 % zu berücksichtigen sei. Der Abzug des Kostenanteils von 15 % sei als bewusste Finanzierungsentscheidung anzusehen.

4

Die Inanspruchnahme dieser Kläranlage entfalle nach Angaben der Antragsgegnerin derzeit zu 70 % auf die Lebensmittelindustrie, vor allem den (T.)-Schlachthof, und zu 30 % auf kommunale Einleiter. Die Erweiterung auf 125.000 EW sei nach den Angaben in den Planungsunterlagen zu 100 % den industriellen Großeinleitern zuzurechnen. Produktionsabwässer aus Schlachthöfen seien auch extrem stark organisch belastet, was durch den Starkverschmutzerzuschlag im Rahmen der Gebührenerhebung deutlich werde. Nach der Kalkulation seien die kommunalen Einleiter mit ca. 97 % und die Großeinleiter mit ca. 3 % des beitragsfähigen Gesamtaufwands einschließlich der Erweiterungskosten belastet. So nehme der Großeinleiter (T.) 30 % der Anlagenkapazität in Anspruch und trage nur 1,63 % des Aufwands. Es liege damit ein Verstoß gegen den Vorteilsbegriff des § 6 Abs. 5 Satz 1 KAG LSA vor. Die Gleichbehandlung von kommunalen Einleitern und industriellen Großeinleitern nach einem Flächenmaßstab verstoße gegen den Grundsatz der Abgabengerechtigkeit und gegen das abgabenrechtliche Äquivalenzprinzip. Der Sachverhalt gebiete eine Differenzierung zwischen den kommunalen Einleitern und den vier Großeinleitern. Das Abstellen auf den Nutzungsumfang entspreche dem Grundanliegen des Beitragsrechts, die einem Grundstück gebotenen Vorteile zutreffend zu erfassen. Welcher grundsätzliche Fehler in dieser Betrachtungsweise liege, lasse die Antragsgegnerin offen. Jedenfalls könne die Bestimmung eines grundstücksbezogenen Vorteils nicht maßgeblich von den bauplanungsrechtlichen Ausweisungen abhängig gemacht werden. Die Gleichbehandlung der industriellen Einleiter mit den kommunalen Einleitern sei willkürlich. Der entscheidende Unterschied liege darin, dass den industriellen Einleitern neben dem Vorteil, sanitäre Abwässer zentral zu entsorgen, der auch den kommunalen Einleitern zugutekomme, zusätzlich der Vorteil geboten werde, ihre Produktionsabwässer in die zentrale Entsorgungsanlage einzuleiten und dadurch die Kläranlage vergleichsweise weit überproportional in Anspruch zu nehmen. Welche Schlussfolgerungen aus dem Vorbringen der Antragsgegnerin zu der - wohl rein rechnerischen - Kapazitätserhöhung von 76.500 EW im Jahr 2000 auf angeblich 99.050 EW im Jahr 2013 zu ziehen seien, bleibe offen. Ob diese Angaben zutreffend seien, habe nicht nachgeprüft werden können. Als Mehrkosten seien die Kosten für die Kläranlagenerweiterung anzusehen sowie die Kosten, die nach dem Vortrag der Antragsgegnerin zwar von (T.) getragen worden sein sollen, aber als Abzugsposten nicht aufgeführt seien. Die in einem von der Antragsgegnerin eingeholten Gutachten dargelegte Anwendung des Grundsatzes der Typengerechtigkeit komme schon nicht in Betracht. Abgesehen davon, dass die Antragsgegnerin durch die Vorgabe einer bestimmten Berechnungsweise die Erstellung eines eigenständigen Gutachtens ohnehin von vornherein verhindert habe, sei die 10%-Grenze auch nach dem im Gutachten angeführten Beispiel eigentlich überschritten. Allerdings sei der Gutachter in seiner Vergleichsrechnung für die tatsächlich geplante Kläranlage systemisch verfehlt von anderen Annahmen ausgegangen als für die fiktiv berechnete Kläranlage und habe dabei die von ihm für mitentscheidend gehaltene Flächenverteilung vollkommen außer Betracht gelassen. In dem Gutachten werde die Preisbasis für die Herstellung der Kläranlage in den Jahren nach 1994 vermischt mit den fast 20 Jahre später anfallenden aktuellen Kosten der Erweiterung und die Teuerungsrate werde vernachlässigt. Zudem habe der Gutachter zu Unrecht bei der Ermittlung der fiktiven Kläranlage ohne Großeinleiter Fördermittel für industrielle Einleiter nicht berücksichtigt.

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Auch aus anderen Gründen liege ein Verstoß gegen das Aufwandsüberschreitungsverbot des § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA vor.

6

Eine eigentlich gebotene Prüfung, ob die beiden Regenüberlaufbecken mit Kosten von insgesamt 8,5 Mio. € nicht vollständig der Niederschlagsentwässerung dienten, sei der Kalkulation nicht zu entnehmen. Darüber hinaus sei der angesetzte Anteil von 43,47 % für die Schmutzwasserbeseitigung zu hoch, da ein Regenrückhaltebecken nur und ausschließlich zur Regulierung des Zulaufs zur Kläranlage bei Regenwetter benötigt werde. Die Problematik des Fremdwassers sei, soweit ersichtlich, nicht erkannt bzw. gewürdigt worden, obwohl gerade das Verbandsgebiet mit seiner Lage im Einzugsgebiet der Saale stärker als das anderer Verbände betroffen sei. Die Antragsgegnerin habe auch noch immer zu der von dem Anlagenbetreiber pflichtgemäß jährlich zu ermittelnden Fremdwassermenge nichts schriftliches vorgelegt, sondern beschränke sich auf eine durch nichts belegte Angabe von Prozentsätzen, deren Richtigkeit sie unter Hinweis auf die anderslautenden bekannten Planungsunterlagen sowie auf das Vorliegen schriftlicher Unterlagen bei der Abwasserbeseitigung A-Stadt AöR bezweifelten. Der Aufwand, der der Beseitigung und Behandlung von Fremdwasser zuzurechnen sei, hätte aus dem Aufwand für die Schmutzwasserbeseitigung ausgeklammert werden müssen. Da die Dimensionierung der reinen Schmutzwasserleitungen nach dem gültigen Regelwerk wegen des Fremdwasseranfalls um 100% größer ausgefallen sei, seien die Aufwendungen für die Herstellung von Schmutzwasserkanälen zu 50% auszugliedern. Die Kosten für die Kanalsanierungen dürften nur bedingt einbezogen werden, weil dadurch (zumindest auch) Erhaltungsaufwand für Instandsetzung und -haltung, mithin dem Gebührenbereich zuzuordnende Kosten, als beitragsfähige Investitionskosten behandelt würden. Da die Aufwandsermittlung betriebswirtschaftlichen Grundsätzen folgen solle, könne die Zuordnung des Aufwands nicht dem freien Ermessen der abgabenerhebenden Körperschaft überlassen bleiben. Die Kosten könnten daher allenfalls als Erneuerungsaufwand angesehen werden. Selbst wenn man davon ausginge, die übernommenen Altanlagen seien noch nicht hergestellt, wäre jedenfalls eine Erhebung des Herstellungsbeitrags II derzeit unzulässig, weil das Alt-Kanalnetz lediglich als Provisorium zu betrachten wäre, das nicht geeignet sei, eine Beitragspflicht auszulösen. Den Kalkulationsunterlagen könnten keine Angaben zum Kanalbestand mit Art, Ausführung, Herstellungsjahr usw. entnommen werden und auch nicht zu der Frage, ob die Übernahme entgeltlich oder unentgeltlich erfolgt sei. Damit sei keine Prüfung möglich, ob Kosten für Kanäle zu Recht angesetzt worden seien. Es handele sich um einen systematischen Fehler. Aus den Unterlagen zur Planung im Jahr 1994 ergäben sich Anhaltspunkte für eine abweichende Referenzgröße zur Bestimmung des „Anteilsfaktors“, mit dem der anteilige Aufwand für Altanschließer berechnet worden sei. Der Kalkulation lasse sich nicht entnehmen, ob bzw. in welcher Weise ein Kostenanteil für die Mitbenutzung der Schmutzwasserbeseitigungsanlage durch die Autobahnsiedlung (Z.) abgesetzt worden sei; insoweit sei kein Flächenanteil angesetzt worden. Die vorgelegte Vergleichsermittlung sei unbrauchbar, weil lediglich Flächen, jedoch kein Aufwand dargestellt sei, so dass eine nachvollziehbare Grundlage für eine Nachberechnung fehle. Bis 2000 und danach habe der Zweckverband bzw. der von ihm beauftragte Betriebsführer, die Stadtwerke A-Stadt GmbH, pflichtwidrig keine Fördermittel für die Herstellung der Kläranlage beantragt, obwohl mit einer Förderung von bis zu 68 % der Herstellungskosten habe sicher gerechnet werden können. Die Beitragspflichtigen seien entsprechend zu entlasten, nachdem der Anstalt Schadensersatzansprüche in Höhe der nicht realisierten Fördermittel zustünden. Infolge des pflichtwidrig fehlerhaften Anlagebetriebes mindestens in den Jahren 2006 bis 2011 und der Festsetzung von erhöhten Abwasserabgaben von ca. 10 Mio. € gegen den Zweckverband hätten allein von 2007 bis 2009 mind. 582.527,47 € nicht gem. § 10 Abs. 4 AbwAG verrechnet werden können, weil die Anlage nicht entsprechend den Anforderungen des § 18b WHG betrieben worden sei. Das gleiche gelte für die Folgejahre, wobei die Beträge nicht bekannt seien. Auch diesbezüglich führe die Anstalt zivilrechtliche Schadensersatzverfahren gegen den ehemaligen Betriebsführer. Die Beitragspflichtigen seien so zu stellen, wie sie stehen würden, wenn sich der Zweckverband pflichtgemäß verhalten hätte. Außerdem habe die Anstalt bei der Angabe der Kostenerstattung einen wesentlich zu niedrigen Betrag angesetzt. Ausgewiesen seien für den Abzug bei „Kostenerstattungen“ für Kanäle nur 236.480,66 €. Die Kostenbeteiligung der Antragsgegnerin für „Herstellung und Erneuerung Entwässerungskanalisation für öffentliche Straßen in der Straßenbaulast der Stadt Weißenfels“ sowie für „Baukostenzuschüsse“ sei viel höher. Zudem seien die bislang übersandten Unterlagen derart unvollständig, dass eine gewissenhafte Überprüfung der sachlichen Richtigkeit des Kalkulationsergebnisses nicht gewährleistet sei. Es sei die Vorlage weiterer Unterlagen erforderlich. Dies betreffe fehlende Fördermittelbescheide, sog. MIDEWA-Verträge, Nachweise über die durch Gebühren erwirtschafteten Abschreibungen, Angaben zur Verrechnung von Investitionsaufwand mit der Abwasserabgabe sowie Nachweise zu Kostenerstattungen.

7

Weitere Einwendungen beträfen den „Grundsatz der konkreten Vollständigkeit“. Eine Präklusion durch die zeitlich früher abgegebene Erklärung, wonach der Normkontrollantrag auf die Unwirksamkeit der Beitragssatzermittlung gestützt werden solle, bestehe nicht. Die maßgeblichen Entscheidungen seien seinerzeit noch nicht bekannt gewesen und die anstehenden Fragen seien durch das Gericht unabhängig vom Parteivortrag von Amts wegen einer Prüfung zu unterziehen. Hinsichtlich der Satzungsregelungen zur Ermittlung der maßgeblichen Zahl der Vollgeschosse in § 4 Abs. 4 der angegriffenen Satzung vom 9. Juli 2015 - BS 2015 - liege eine Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor. Die Regelungen zur Zahl der Vollgeschosse für Bebauungsplangebiete seien unvollständig. Die Vollgeschossdefinition sei unvollständig, weil es an einer Regelung für die Fälle fehle, in denen sich nach der Auffangregelung des § 4 Abs. 2 Nr. 4 BS 2015 eine Zahl von „Null“ Vollgeschossen ergebe. Die „Höhe der baulichen Anlagen“ in § 4 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. b und Nr. 3 BS 2015 werde im Hinblick auf Firsthöhe bzw. Traufhöhe nicht spezifiziert. Auch hier könne bei der Anwendung der Berechnungsvorschrift das Ergebnis „Null“ lauten, zumal ausdrücklich bestimmt sei, dass auf ganze Zahlen abgerundet werden müsse. § 4 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. e Unterbuchst. cc BS 2015 sei unklar und deshalb nicht anwendbar. Soweit in der Satzung zur Bestimmung der maßgeblichen Zahl der Vollgeschosse auf die „in der näheren Umgebung überwiegend“ vorhandenen Vollgeschosse abgestellt werde, fehle im Hinblick auf § 34 BauGB der Bezug zu dem Umfang der Inanspruchnahmemöglichkeit der öffentlichen Einrichtung. Die Auswirkungen der unvollständigen Maßstabsregelungen erstreckten sich infolge der Bezugnahme in § 4 Abs. 5 BS 2015 auf alle Grundstücke im Geltungsbereich von Satzungen nach § 34 Abs. 4 BauGB oder nach § 35 Abs. 6 BauGB. Für bestimmte Grundstücke (z.B. Dauerkleingärten und Friedhöfe) fehle eine satzungsrechtliche Festlegung der maßgeblichen Grundstücksfläche für den Fall, dass sie über die Grenzen des Bebauungsplanes bzw. der Innenbereichssatzung nach § 34 Abs. 4 BauGB bzw. über die Grenzen des Innenbereichs hinaus genutzt würden.

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Die Antragsteller beantragen,

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die Satzung der Antragsgegnerin über die Erhebung von Beiträgen für die Schmutzwasserbeseitigung der Abwasserbeseitigung A-Stadt - Anstalt öffentlichen Rechts - vom 9. Juli 2015 für unwirksam zu erklären.

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Die Antragsgegnerin beantragt,

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den Antrag abzulehnen.

12

Sie macht geltend, die Antragsteller hätten ihren Antrag, der erst auf Grund der im Februar 2016 erfolgten Klageänderung gegen sie rechtshängig sei, zunächst konkludent und später ausdrücklich mit Schriftsatz vom 30. August 2016 auf die Beitragssatzregelung des § 5 BS 2015 beschränkt. Die mit Schriftsatz vom 25. Juli 2018 erfolgte Erweiterung des Normenkontrollantrags auf verschiedene Regelungen des § 4 BS 2015 sei deshalb der Überprüfung durch das Gericht entzogen. Dieser Schriftsatz sei ihr schon nicht entsprechend den Vorgaben der Verwaltungsgerichtsordnung durch das Gericht zugestellt worden. Weiterhin werde einer Antragserweiterung nicht zugestimmt; diese sei auch nicht sachdienlich. Schließlich sei die Antragserweiterung verfristet und die Antragsteller hätten durch ihre Erklärung im Hinblick auf andere Gründe der Unwirksamkeit explizit auf das Antragsrecht und eine Überprüfung verzichtet.

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§ 5 BS 2015 sei rechtmäßig. Die Kosten für die Erweiterung der Kläranlage A-Stadt hätten in den Herstellungsbeitrag miteinbezogen werden dürfen, da maßgeblich allein das Abwasserbeseitigungskonzept mit dem darin enthaltenen Schmutzwasserbeseitigungskonzept sei. Nach dieser Konzeption sei die Kläranlage noch nicht fertig hergestellt gewesen. Die Wirksamkeit der Beitragssatzfestlegung sei dadurch, dass zur Berücksichtigung von Prognoserisiken nur 85 % des kalkulatorisch ermittelten höchstzulässigen Beitragssatzes festgelegt worden seien, nicht berührt. Ein Beitragssatz, der hinter dem höchstzulässigen Beitragssatz zurückbleibe, führe nicht zur Unwirksamkeit der Satzung.

14

Die tatsächlichen Behauptungen der Antragsteller seien teilweise unzutreffend. Die Kläranlage sei in den Jahren 2013 bis 2015 nur von 99.050 EW auf 125.000 EW ausgebaut worden. Zu berücksichtigen seien zwischenzeitlich durchgeführte, nicht planfeststellungs- oder wasserrechtlich genehmigungsbedürftige Erweiterungsmaßnahmen sowie Kapazitätsnachberechnungen. Daher sei die Schlussfolgerung der Antragsteller falsch, dass die Erweiterung zu 100 % den Großeinleitern zuzurechnen sei. Auch die von den Antragstellern genannte Verteilung der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung mit 70 % für die industriellen Einleiter und 30 % für die sonstigen Einleiter sei falsch. Eine erhöhte Schmutzfracht durch Produktionsabwasser des Schlachthofes sei auf Grund der fleischwerkeigenen Vorbehandlung nicht gegeben. Es habe vielmehr kommunale Qualität.

15

Das Vorteilsprinzip sei nicht verletzt. Ausgehend vom Prinzip der Solidargemeinschaft werde es üblicherweise weder für erforderlich gehalten, Aufwand für bestimmte Benutzer/Benutzergruppen auszugliedern, noch unterschiedliche Beitragssätze zu bilden. Der Einwohnerzahl-Einwohnergleichwert-Kostenvergleich sei auch methodisch unhaltbar. Verfehlt sei weiterhin die Berufung darauf, dass im Gebührenrecht differenzierte Gebührensätze gemäß dem Gebot der Leistungsproportionalität möglich seien. Ein Zwang zum Abschluss von Mehrkostenvereinbarungen zwischen der beitragserhebenden Körperschaft und am Ort vorhandenen Großeinleitern, die besonders viel oder besonders stark verschmutztes Abwasser lieferten, bestehe im Rahmen der Heranziehung zu Herstellungsbeiträgen nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts nicht. Bei dem Vorteil gehe es um (subjektive) Gebrauchs- und Nutzungswerte; ein genereller Gewerbezuschlag komme aber nicht in Betracht. Die Art der baulichen Nutzung sei entgegen der Auffassung der Antragsteller kein geeignetes Abgrenzungs- und Differenzierungskriterium. In ihrem Gebiet seien auch keine konkreten bauplanungsrechtlichen Festlegungen für Gebiete mit besonders abwasserintensiven Industrien o.ä. getroffen worden, die dem Satzungsgeber auf Grund der dadurch für bestimmte Grundstücke dauerhaft festgeschriebenen Vorteilslage von vornherein eine entsprechende grundstücksbezogene Gruppenbildung aufdrängen würde.

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Zur Beantwortung der Frage, ob nicht ausnahmsweise doch eine - wie auch immer geartete - Differenzierung bei der Beitragsbemessung unter besonderer Berücksichtigung der abwasserintensiven Industrie erforderlich sei, sei ein Sachverständigengutachten eingeholt worden. Zum Vergleich seien die Investitionskosten ermittelt worden, die angefallen wären, wenn die öffentliche Einrichtung ausschließlich an kommunalen Zwecken ausgerichtet und ein dementsprechendes Netz sowie eine hierfür auskömmliche kleinere Kläranlage mit einer Kapazität von 50.000 Einwohnerwerten errichtet worden wäre. Eine Differenzierung sei danach nicht zwingend gewesen, da die industriebedingten Mehrkosten innerhalb der anerkannten Typisierungsgrenzen von 10 - 12 % lägen. Außerdem wären die rechtlichen Risiken zu groß gewesen, wenn sie sich für eine Differenzierung entschieden hätte. Die Kritik der Antragsteller an dem Gutachten sei nicht substanziiert; sie könnten nicht darlegen, dass sie den ihr zustehenden Beurteilungs- und Bewertungsspielraum überschritten habe. Ein Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip sei nicht gegeben. Das Vorteilsprinzip werde durch die Beitragsfestsetzung gewahrt. Eine sonstige gröbliche Störung des Ausgleichsverhältnisses sei nicht dargetan und liege auch nicht vor.

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Das Aufwandsüberschreitungsverbot sei ebenfalls nicht verletzt.

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Die Regenüberlaufbecken seien direkter Bestandteil der Mischwasserkanalisation. Daher sei es folgerichtig, dass für den Mischwasserkanal wie für diese Becken die Kostenverteilungsschlüssel nach der Drei-Kanal-Methode angewandt würden, um den Kostenanteil der Niederschlagswasserbeseitigung als Abzugskapital festzustellen. Dass die Becken nur mit einem Anteil von 11 % anzusetzen seien, könnten die Antragsteller nicht belegen, so dass der Einwand insoweit unsubstanziiert bleibe. Eine auf § 6 Abs. 5 Satz 4 KAG LSA beruhende Ausscheidung von Kosten für die Beseitigung von sog. Fremdwasser werde von der herrschenden Rechtsprechung bereits im Ansatz verneint. Zudem könne es sich nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts allenfalls um Materialkosten handeln, die zu einer marginalen Steigerung der Herstellungskosten führten. Im Übrigen seien sie und ihre Aufgabenträgerin insoweit nicht untätig geblieben. Habe die Planung des Jahres 1994 noch einen Fremdwasseranteil von 40 - 50 % berücksichtigt, sei in der Planung 2011 nur noch ein Anteil von 20 % eingestellt worden; aktuell sei der Fremdwasseranteil noch niedriger. Auch die Kanalsanierungskosten für die in das Abwasserbeseitigungskonzept aufgenommenen Kanalbaumaßnahmen seien nach einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts vom 28. Oktober 2009 dem Herstellungsaufwand zuzurechnen. Die Frage, ob es sich bei den Altkanälen um Provisorien gehandelt habe, spiele nur bei der konkreten Beitragserhebung eine Rolle. Das Vorbringen der Antragsteller zur richtigen Referenzgröße zur Ermittlung des Anteilsfaktors für die Altanschließer beruhe auf einem Missverständnis. Die durch die Anstalt entsorgten Grundstücke der sog. Autobahnsiedlung (Z.) seien in die Flächenermittlung aufgenommen worden. Die Einbeziehung des darauf entfallenden Aufwandes und der Flächen sei als Prognoseentscheidung nicht zu beanstanden, weil mit allen Beteiligten eine Aufgabenübertragung bereits abgesprochen gewesen sei. Aber selbst bei einer Herausnahme sei ausweislich einer vorgenommenen Nachberechnung der höchstzulässige Beitragssatz des allgemeinen Herstellungsbeitrages nicht überschritten. Im Gegensatz zur Darstellung der Antragsteller habe sich der ehemals zuständige Zweckverband für den Neubau der Kläranlage Ende der 90er Jahre in erheblichem Maße um Fördermittel bemüht. Mit vier Anträgen seien zwischen 1995 und 1996 Mittel in einem Gesamtvolumen von etwas mehr als 126 Mio. € beantragt worden. Die Forderung der Antragsteller, den beitragsfähigen Aufwand zu mindern, sei unsubstanziiert, konkrete Versäumnisse hätten sie nicht benennen können. Die GRW-Mittel seien deshalb abgelehnt worden, weil der gewerbliche Anteil der Einleiter für nicht ausreichend erachtet worden sei. Das Aufwandsüberschreitungsverbot sei auch nicht hinsichtlich der erhöhten Abwasserabgaben bzw. der abgelehnten Verrechenbarkeit verletzt. Die Abwasserabgabezahlungen stellten schon keinen Herstellungsaufwand dar und seien daher nicht in den Herstellungsaufwand eingeflossen. Die gegen den Zweckverband gerichteten Forderungen seien sämtlich von ihr geleistet worden. Die sog. Verrechenbarkeit der Abwasserabgabe führe nicht zu einer unmittelbaren Minderung der Investitionskosten für die öffentliche Einrichtung. Die Verrechnung sei allenfalls gebühren-, aber nicht investitionskosten- und damit auch nicht beitragsrelevant. Sei also schon die tatsächlich verrechnete Abwasserabgabe nicht beitragsrelevant, gelte dies umso mehr für die nicht verrechnete Abgabe. Zusätzliche Fördermittel seien nicht zu berücksichtigen. Die in einem MZ-Artikel genannten 15 Mio. € seien vom Land Sachsen-Anhalt außerplanmäßig gewährt worden. Von 15 geförderten Maßnahmen hätte acht ganz und drei teilweise die Niederschlagswasserkanalisation betroffen. Die Bewilligung für Maßnahmen an der Schmutzwasserkanalisation sei im Zeitpunkt der Fertigstellung der Globalkalkulation am 6. Mai 2015 nicht absehbar gewesen, so dass sie nicht, auch nicht prognostisch, in Ansatz hätten gebracht werden können. Denn nicht nur sei die Gewährung von einer hochwasserbedingten Schädigung der Anlagen abhängig gewesen, sondern auch davon, dass in Abhängigkeit von allen anderen Antragstellern hinreichende Haushaltsmittel zur Verfügung gestanden hätten. Darüber hinaus wäre auch bei einer Berücksichtigung der Fördermittel das Aufwandsüberschreitungsverbot nicht verletzt. Aus dem Beteiligungsbericht 2015 für das Geschäftsjahr 2014 ergebe sich auch nicht, dass die Anstalt für die Jahre 2014 und 2015 mit Fördermitteln in Höhe von 14,8 Mio. € gerechnet habe. Außerdem seien nur die Fördermittel einzuberechnen, welche die Schmutzwasserbeseitigung beträfen. Falsch sei die Auffassung, es seien zu wenige Kostenerstattungen in Abzug gebracht worden und es seien auch die Kostenerstattungen der Stadt als Straßenbaulastträgerin zu berücksichtigen. Die Kostenerstattungen der Straßenbaulastträger, welche die Niederschlagswasserentsorgung beträfen, seien nicht gesondert zu berücksichtigen, weil diese Kostenanteile von vornherein ausgegliedert worden seien. Solche Erstattungen beträfen allein das Innenverhältnis zwischen dem Träger der Straßenbaulast und der Anstalt. Weitere Unterlagen als die bislang überreichten müsse sie nicht vorlegen.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Beiakten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe

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Der Normenkontrollantrag ist ganz überwiegend zulässig (I.) und insoweit auch begründet (II.).

21

I. Der Antrag ist fristgerecht innerhalb eines Jahres nach der Bekanntmachung der angegriffenen Satzung über die Erhebung von Beiträgen für die Schmutzwasserbeseitigung der Abwasserbeseitigung A-Stadt - Anstalt öffentlichen Rechts - vom 9. Juli 2015 - BS 2015 - gestellt worden. Die Antragsteller können auch als Grundstückseigentümer, die mit noch nicht bestandskräftigen Bescheiden auf der Grundlage der Satzung zu einem allgemeinen Herstellungsbeitrag bzw. zu einem Herstellungsbeitrag II herangezogen worden sind, geltend machen, durch die Anwendung der Regelungen in der Satzung i.S.d. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO in ihren Rechten verletzt zu sein.

22

Die Antragsgegnerin hat i.S.d. § 47 Abs. 2 Satz 2 VwGO die Satzung erlassen. Insoweit haben die Antragsteller im gerichtlichen Verfahren eine subjektive Antragsänderung vorgenommen. Bei der Erklärung der Prozessbevollmächtigten der Antragsteller in dem Erörterungstermin, mit der erst die Antragsgegnerin benannt worden ist, handelt es sich nicht um eine Klarstellung bzw. eine die Identität des Beteiligten nicht berührende Berichtigung der Parteibezeichnung (vgl. BVerwG, Urt. v. 18. Dezember 2002 - 8 C 3.02 -, zit. nach JURIS; Eyermann, VwGO, 14. A., § 91 Rdnr. 22). Der Antrag hatte sich zunächst ausdrücklich gegen die Abwasserbeseitigung A-Stadt AöR als eigenständige juristische Person (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 AnstG LSA; vgl. auch § 47 Abs. 2 Satz 2 VwGO) gerichtet. Aus der Begründung des Antrags ergab sich insbesondere auch nicht, dass die Körperschaft als Antragsgegner benannt werden sollte, welche die Satzung erlassen hat und sich die Antragsteller lediglich in der Bezeichnung geirrt haben. Eine analoge Anwendung des § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO kommt nicht in Betracht, da es sich dabei um eine auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen zugeschnittene Norm handelt und § 47 Abs. 2 Satz 2 VwGO für Normenkontrollverfahren eine eigenständige Regelung trifft. Die Auswechslung des Antragsgegners, die innerhalb der Jahresfrist erfolgt ist, ist vielmehr wie eine Klageänderung i.S.d. § 91 VwGO zu behandeln (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20. Januar 1993 - 7 B 158.92 -; VGH Hessen, Beschl. v. 5. August 1987 - 5 N 538/85 -, jeweils zit. nach JURIS). § 91 VwGO ist im Normenkontrollverfahren entsprechend anzuwenden (BVerwG, Urt. v. 8. Dezember 2016 - 4 CN 4.16 -, zit. nach JURIS; Sodan/Ziekow, VwGO, 4. A., § 91 Rdnr. 4, m.w.N.; Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 91 Rdnr. 94). Diese subjektive Antragsänderung ist zulässig, weil sich die Beteiligten rügelos auf sie eingelassen haben (§ 91 Abs. 2 VwGO); sie wäre im Übrigen auch sachdienlich i.S.d. § 91 Abs. 1 VwGO.

23

Dass die Antragsteller mit Schriftsatz vom 25. Juli 2018 noch weitere Einwendungen gegen die Satzung erhoben haben, führt nicht zu einer teilweisen Unzulässigkeit des Antrags. Der Normenkontrollantrag richtete sich entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin von vornherein nicht nur gegen § 5 Abs. 1 und 2 BS 2015, mit dem die Beitragssätze festgelegt werden. Vielmehr war der Antrag umfassend gestellt; lediglich die Begründung beschränkte sich ausdrücklich auf Einwendungen gegen einzelne Satzungsregelungen. Auch die Erklärung der Antragsteller mit Schriftsatz vom 30. August 2016, dass die Unwirksamkeit der Satzung auf die Fehlerhaftigkeit der Beitragssätze gestützt und andere zeitweilig in Betracht gezogene andere Unwirksamkeitsgründe nicht geltend gemacht werden sollten, betraf allein die Begründung des Antrags und nicht dessen Gegenstand. Dies ergibt sich schon daraus, dass dieser Schriftsatz auf eine Aufforderung des Berichterstatters mit Verfügung vom 8. August 2016 erfolgte. Danach sollten die Antragsteller, falls sie eine Unwirksamkeit der Satzung auch aus anderen Gründen annähmen, diese Einwendungen nunmehr erheben, damit die Antragsgegnerin insoweit Stellung nehmen könne. Im Übrigen wäre eine Antragsbeschränkung auf die Regelung des § 5 Abs. 1 und 2 BS 2015 sinnlos gewesen, da bei einer Rechtswidrigkeit dieser Bestimmungen die Satzung ohnehin gesamtnichtig ist.

24

Soweit mit dem Antrag § 15 Abs. 1 und 2 BS 2015 angegriffen wird, ist er allerdings unzulässig. Danach stellt die Nichterfüllung bestimmter Pflichten aus den §§ 12 und 13 BS 2015 jeweils eine Ordnungswidrigkeit dar und kann mit einer Geldbuße in einer bestimmten Höhe geahndet werden. Gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Oberverwaltungsgericht im „Rahmen seiner Gerichtsbarkeit“ über die Gültigkeit von bestimmten Rechtsvorschriften. Dies hat zur Folge, dass Vorschriften rein ordnungswidrigkeitsrechtlichen Inhalts nicht der Prüfung im Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO unterliegen, weil gegen die auf solche Normen gestützten Bußgeldbescheide nach § 68 OWiG allein die ordentlichen Gerichte angerufen werden können (vgl. BVerwG, Urt. v. 17. Februar 2005 - 7 CN 6.04 -, zit. nach JURIS; OVG Sachsen-Anhalt, Urteile vom 21. Februar 2017 - 4 K 168/14 - und - 4 K 185/16 -, jeweils zit. nach JURIS, m.w.N.). Da § 15 Abs. 1 und 2 BS 2015 über die Festlegung als bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeitenbestimmung keinen weiteren Regelungsinhalt hat, ist für seine Überprüfung der Verwaltungsrechtsweg nicht eröffnet.

25

II. Soweit er zulässig ist, ist der Antrag begründet.

26

Die von den Antragstellern erhobenen Einwendungen sind zwar nicht durchgreifend (1. - 2.). Die §§ 1 bis 14, 15 Abs. 3 und 16 BS 2015 sind aber deshalb ungültig (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO), da die in § 5 Abs. 1 und 2 BS 2015 festgesetzten Beitragssätze die jeweils höchstzulässigen Beitragssätze in einem solchen Umfang unterschreiten, dass eine zur Gesamtnichtigkeit der Satzung führende Verletzung der Beitragserhebungspflicht des § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA vorliegt (3.). Auf die Fehlerhaftigkeit der von den Antragstellern gerügten Bestimmungen des § 4 BS 2015 kommt es danach nicht mehr an (4.).

27

1. Die Gleichbehandlung von kommunalen Einleitern und industriellen Großeinleitern nach dem Vollgeschossmaßstab des § 4 BS 2015 verstößt entgegen der Auffassung der Antragsteller weder gegen das Vorteilsprinzip (a) noch gegen das abgabenrechtliche Äquivalenzprinzip (b) noch gegen den Gleichheitsgrundsatz (c).

28

Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 BS 2015 werden der allgemeine Herstellungsbeitrag und der Herstellungsbeitrag II nach einem nutzungsbezogenen Flächenmaßstab berechnet, der im Wesentlichen auf die (zulässige) Zahl der Vollgeschosse (§ 4 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 4 BS 2015) sowie die Grundstücksfläche nach ihrer baulichen oder gewerblichen Nutzbarkeit (§ 4 Abs. 3 BS 2015) abstellt (sog. Vollgeschossmaßstab).

29

a) Nach sachsen-anhaltischem Landesrecht ist von einem eher aufgabenbezogenen Begriff der öffentlichen Einrichtung auszugehen (so OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 28. September 2009 - 4 K 356/08 -, zit. nach JURIS). Ein Vorteil i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 KAG LSA besteht (jedenfalls) dann, wenn mit der Anschlussnahme an die Einrichtung bzw. der Möglichkeit dazu eine grundsätzliche Erhöhung des Gebrauchs- und Nutzungswertes und dadurch des Verkehrswertes des Grundstückes verbunden ist. Es handelt sich dabei um einen durch die (Möglichkeit der) Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung vermittelten besonderen wirtschaftlichen Nutzen, der den objektiven Gebrauchswert des Grundstückes steigert, ohne dass es von Belang wäre, ob der Wertzuwachs konkret bezifferbar ist, sofern das Grundstück nach der Verkehrsauffassung in seinem Wert steigt. Da der Beitrag nach § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA also den durch die Anschlussnahme bzw. die Möglichkeit der Anschlussnahme der Einrichtung vermittelten Vorteil abgelten soll, ist nach dem Kommunalabgabengesetz Sachsen-Anhalt im Anschlussbeitragsrecht bei der Vorteilsbemessung i.S.d. § 6 Abs. 5 Satz 1 KAG LSA vorrangig den Unterschieden in der wahrscheinlichen Inanspruchnahme der Einrichtung Rechnung zu tragen. Daraus folgt, dass hinsichtlich der Schmutzwasserbeseitigung neben der anrechenbaren Grundstücksfläche auch die Anzahl der (zulässigen) Vollgeschosse berücksichtigt werden darf. Denn insoweit vergrößert sich mit steigender baulicher Nutzung und zu erwartendem steigenden Schmutzwasseranfall auch der Gebrauchs- und Nutzungswert eines Grundstückes (so OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v 5. Mai 2011 - 4 L 175/09 -, zit. nach JURIS). Ein nutzungsbezogener Flächenmaßstab und damit auch der in der angegriffenen Satzung verwendete Vollgeschossmaßstab verstößt danach nicht gegen das Gebot, Beiträge nach Vorteilen zu bemessen (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 31. August 2005 - 4 M 255/05 -, m.w.N.; Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 8 Rdnr. 2166). Dass es einige wenige (industrielle) Großeinleiter gibt, zwingt unter Vorteilsgesichtspunkten schon nicht zu einer Änderung oder Ergänzung des Maßstabes oder zur Vornahme besonderer Vereinbarungen mit diesen Großeinleitern, unabhängig von der Zulässigkeit solcher Regelungen und Vereinbarungen. Da vorrangig den Unterschieden in der wahrscheinlichen Inanspruchnahme der Einrichtung Rechnung zu tragen ist und daher die abwasserrelevante Nutzbarkeit eines Grundstückes Basis für den Beitragsmaßstab sein muss, kann es - anders als im Benutzungsgebührenrecht - nicht auf Art und Umfang der tatsächlichen Einleitung von Abwasser ankommen (vgl. auch OVG Thüringen, Urt. v. 17. November 2015 - 4 KO 252/12 -; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 13. November 2001 - 4 K 24/99 -, jeweils zit. nach JURIS). Ansonsten könnten unbebaute, aber bebaubare Grundstücke nicht herangezogen werden. Ein genereller Artzuschlag für gewerblich oder industriell genutzte bzw. nutzbare Grundstücke wäre mit § 6 Abs. 5 Satz 1 KAG LSA unvereinbar, da es keinen allgemeinen Erfahrungssatz gibt, dass von solchen Grundstücken aus die öffentliche Schmutzwasserbeseitigungseinrichtung typischerweise stärker als von Wohngrundstücken aus benutzt wird (OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 21. Dezember 2016 - 4 M 221/16 (4 M 171/16) -; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 2171; Rdnr. 1041; vgl. auch OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 31. August 2005 - 4 M 255/05 -, m.w.N.; Rosenzweig/Freese/v. Waldthausen, NdsKAG, § 6 Rdnr. 208, m.w.N.; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 12. November 2009 - 2 S 434/07 -, zit. nach JURIS; vgl. weiter BVerwG, Beschl. v. 30. April 1996 - 8 B 31.96 - und Beschl. v. 26. Juli 1993 - 8 B 85.93 -, jeweils zit. nach JURIS). Besondere Regelungen für Großeinleiter (vgl. z.B. § 20 Satz 1 SächsKAG; vgl. dazu Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 1184a) bestehen in Sachsen-Anhalt gerade nicht. Ein möglicher Sonderfall, der zu differenzierten Maßstabsregelungen zwingen könnte, wären planungsrechtliche Vorgaben, mit denen eine abwasserintensive Nutzungsmöglichkeit für bestimmte Grundstücke festgelegt wurde, wobei es nicht darauf ankommt, ob und inwieweit von der abwasserintensiven Nutzungsmöglichkeit tatsächlich Gebrauch gemacht wird (vgl. VGH Bayern, Urt. v. 22. Oktober 1998 - 23 B 96.4172 -, zit. nach JURIS). Dass solche Vorgaben im Satzungsgebiet bestehen, ist weder ersichtlich noch geltend gemacht. Die Antragsgegnerin hat dies vielmehr ausdrücklich bestritten.

30

b) Eine Verletzung des Äquivalenzprinzips ist ebenfalls nicht gegeben. Es besagt als der auf den Beitrag bezogene Ausdruck des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgebots, dass der Beitrag nicht in einem Missverhältnis zu dem von der Verwaltung erbrachten Vorteil stehen darf; dabei schützt es nur vor einer gröblichen Störung des Ausgleichsverhältnisses zwischen dem Beitrag und dem einem Grundstück durch die öffentliche Einrichtung vermittelten Vorteil (BVerwG, Beschl. v. 15. April 2015 - 9 C 19.14 -; Beschl. v. 11. Dezember 2006 - 10 BN 3.06 -; OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 10. März 2011 - 4 L 67/09 -, jeweils zit. nach JURIS, m.w.N.). Diese Voraussetzung ist im Fall eines Beitragssatzes (vgl. § 5 Abs. 1 und 2 BS 2015) für die Schmutzwasserentsorgung von 2,02 € pro m2 der gewichteten beitragspflichtigen Grundstücksfläche (allgemeiner Herstellungsbeitrag) bzw. 0,73 € pro m2 der gewichteten beitragspflichtigen Grundstücksfläche (Herstellungsbeitrag II) keinesfalls erfüllt.

31

c) Der nutzungsbezogene Flächenmaßstab in der angegriffenen Beitragssatzung verstößt trotz des Fehlens weiterer Regelungen oder Vereinbarungen für (industrielle) Großeinleiter auch nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG (vgl. dazu allgemein OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 31. August 2005 - 4 M 255/05 -, m.w.N.). Dem landesrechtlichen Vorteilsbegriff werden bundesrechtlich durch den Gleichheitssatz und das Äquivalenzprinzip sehr weite Grenzen gezogen (so BVerwG, Beschl. v. 15. April 2015 - 9 C 19.14 -; Beschl. v. 22. März 2007 - 10 BN 5.06 -, jeweils zit. nach JURIS, m.w.N.). Soweit vertreten wird, dass der Gleichheitssatz es gebieten könnte, die Eigentümer solcher Grundstücke, die in besonders abwasserintensiver Weise genutzt werden, mit höheren Beiträgen zu belasten, wenn die ihretwegen erforderlich gewordene größere Dimensionierung und bessere Ausstattung der Kläranlage auch tatsächlich beitragsfähige Mehrkosten verursacht hat (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 12. November 2009 - 2 S 434/07 -; vgl. auch VGH Bayern, Beschl. v. 16. März 2005 - 23 BV 04.2295 -; VG Würzburg, Urt. v. 9. Mai 2012 - W 2 K 11.1038 -, jeweils zit. nach JURIS), folgt der Senat dem nicht (noch offen gelassen in OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 10. März 2011, a.a.O.). Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz könnte nur an die unterschiedlich hohen Einleitmengen von industriellen Großeinleitern und den übrigen Einleitern anknüpfen. Dass den Grundstücken dieser Großeinleiter durch die Schaffung der Anschlussmöglichkeit eine derartige Erhöhung des Gebrauchs- und Nutzungswerts zuteil werde, dass es grundsätzlich nicht mehr gerechtfertigt wäre, die entsprechend größeren Vorteile im Wege einer an sich zulässigen Typisierung zu vernachlässigen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 12. November 2009 a.a.O.), ist nach dem in Sachsen-Anhalt geltenden Vorteilsbegriff des § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 KAG LSA gerade nicht der Fall. Die Verursachung unterschiedlich hoher Aufwendungen trotz eines vergleichbaren beitragsrechtlichen Vorteils ist von vornherein ungeeignet, eine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG zu begründen. Denn das Kommunalabgabengesetz stellt mit § 6 Abs. 5 KAG LSA für die Beitragsbemessung bewusst nicht auf die durch das Grundstück verursachten Entsorgungskosten ab. Danach gilt nicht das Veranlassungsprinzip, sondern das Solidarprinzip, und jeder Grundstückseigentümer hat sich an den Kosten der Einrichtung nur in dem Umfang zu beteiligen, in dem sein Grundstück Vorteile von der Einrichtung hat (vgl. auch Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 2149; vgl. weiter OVG Schleswig-Holstein, Urt. v. 13. Januar 2011 - 2 LB 17/10 -; VGH Bayern, Urt. v. 23. Juli 2009 - 20 BV 08.1197 -, jeweils zit. nach JURIS).

32

d) Es kann danach offen bleiben, ob nach dem Grundsatz der Typengerechtigkeit (vgl. BVerwG, Beschl. v. 11. November 2011 - 9 B 41.11 -; Beschl. v. 24. September 2009 - 9 BN 1.09 -; vgl. auch OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 8. April 2008 - 4 L 181/07 -, jeweils zit. nach JURIS) eine Gleichbehandlung jedenfalls gerechtfertigt wäre. Die Anwendung dieses Grundsatzes wäre angesichts der erheblichen rechtlichen Schwierigkeiten, die mit zusätzlichen Regelungen oder besonderen Vereinbarungen verbunden wären, nicht ausgeschlossen (so i.E. auch VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 12. November 2009, a.a.O.; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 667i, m.w.N.).

33

2. Auch verstoßen die festgesetzten Beitragssätze in § 5 Abs. 1 und 2 BS 2015 nicht gegen das Aufwandsüberschreitungsverbot des § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA (vgl. dazu allgemein OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 29. April 2010 - 4 L 341/08 -, zit. nach JURIS).

34

Zum beitragsfähigen Aufwand gehört beim Herstellungsbeitrag der gesamte Aufwand, der notwendig ist, um die Einrichtung i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA zu schaffen. Dabei ist, um den Anforderungen des § 6 Abs. 6 Satz 3 KAG LSA zu genügen, lediglich der Aufwand abzuziehen, der notwendig geworden ist, um nach dem 15. Juni 1991 erstmals Grundstücken eine Anschlussmöglichkeit zu bieten (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 28. Oktober 2009 - 4 L 117/07 -, zit. nach JURIS, Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 2126).

35

a) Die Kosten für den zusätzlichen Ausbau der Kläranlage A-Stadt auf der Grundlage der im Jahr 2012 erteilten Genehmigung mussten nicht deshalb aus dem Aufwand für die streitbefangenen Herstellungsbeiträge ausgeschieden werden, weil die bis zum Jahr 2000 unstreitig ausgebaute Kläranlage schon zu diesem Zeitpunkt als Teileinrichtung fertig hergestellt worden war und es sich daher bei dem zusätzlichen Ausbau um eine Erweiterung der (Teil)Einrichtung handelte (so Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 2130, Rdnr. 975, 978).

36

Voraussetzung für die Herstellung einer öffentlichen leitungsgebundenen Einrichtung i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA zur Abwasserentsorgung ist die Aufstellung eines Abwasserbeseitigungskonzepts durch die abwasserbeseitigungspflichtige Körperschaft (so OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 28. Oktober 2009 - 4 L 117/07 -, zit. nach JURIS), so dass dieses Konzept auch entscheidend für die Frage ist, wann eine Einrichtung als fertig hergestellt zu betrachten ist. Denn das Abwasserbeseitigungskonzept ist maßgebend für den Umfang der (erstmaligen) Herstellung der Einrichtung und der Abgrenzung zu anderen beitragspflichtigen Maßnahmen. Zum beitragsfähigen Aufwand gehört beim Herstellungsbeitrag der gesamte Aufwand, der notwendig ist, um die Einrichtung entsprechend dem Abwasserbeseitigungskonzept zu schaffen und sie ist erst dann (fertig) hergestellt, wenn die Gesamtanlage in der gesamten Ausdehnung entsprechend dem Abwasserbeseitigungskonzept betriebsbereit geschaffen worden ist (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 28. Oktober 2009, a.a.O.; Urt. v. 19. Mai 2005 - 1 L 252/04 -, zit. nach JURIS; Driehaus, a.a.O. § 8 Rdnr. 2126; vgl. auch OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 5. Oktober 2011 - 4 L 172/11 -). Die Merkmale der erstmaligen Fertigstellung sind durch das Gesetz nicht vorgegeben; auch bedarf es dafür keiner Regelung in der Satzung. Vielmehr besteht bezüglich Art und Umfang der Maßnahmen und deren zeitlicher Durchführung ein als Planungsermessen bezeichneter Gestaltungsspielraum der insoweit verpflichteten Körperschaft, der seine Grenze erst im Willkürverbot findet (OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 29. April 2010 - 4 L 347/08 -, zit. nach JURIS).

37

Soweit die Antragsteller vortragen, dass nach der „Genehmigungsplanung und dem damaligen Anlagenkonzept des ZAW“ die Kläranlage bereits im Jahr 2000 erstmals endgültig hergestellt gewesen sei, obwohl das Kanalnetz noch nicht gleichzeitig mit der Kläranlage ebenfalls erstmalig hergestellt gewesen sei, machen sie schon nicht geltend, dass es sich dabei um ein Abwasserbeseitigungskonzept gehandelt habe. Dem ersten für das Gebiet der Antragsgegnerin erstellten Abwasserbeseitigungskonzept des Zweckverbandes für Abwasserentsorgung A-Stadt vom 11. Dezember 2006 lässt sich nicht in hinreichender Weise entnehmen, dass der Verband die Kläranlage schon im Jahr 2000 als bereits fertig hergestellt ansah. Vielmehr wird in dem Erläuterungsbericht ausdrücklich darauf verwiesen, dass im Rahmen der Erweiterung des Schlachthofes in A-Stadt der Ausbau der Verbandskläranlage auf 114.750 EW geplant sei. Der Umstand, dass in dem Erläuterungsbericht und auch der dazugehörenden Tabellenübersicht der Klärwerke von einer „Erweiterung“ der Kläranlage gesprochen wird, steht dem nicht entgegen. Es handelt sich dabei ersichtlich um einen untechnischen Gebrauch dieser Formulierung als Synonym für den im Zusammenhang mit der Kläranlage mehrfach benutzten Begriff „Ausbau“ (vgl. im Gegensatz dazu OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 29. April 2010, a.a.O., in dem ein „Erneuerungskonzept“ aufgestellt worden war).

38

Ob trotz Fehlens eines Abwasserbeseitigungskonzeptes eine Kläranlage schon als Teileinrichtung als fertig hergestellt betrachtet werden kann, muss nicht im Einzelnen geklärt werden. Jedenfalls müsste eine mit einem Abwasserbeseitigungskonzept insoweit vergleichbare, für Dritte erkennbare und schriftlich fixierte Willensäußerung der zuständigen Körperschaft vorliegen, ab wann die Kläranlage vor der Herstellung der gesamten Einrichtung als fertig hergestellt angesehen werden solle. Eine solche Willensäußerung ist weder hinreichend vorgetragen noch sonst ersichtlich und ergibt sich insbesondere nicht aus der von den Antragstellern genannten Genehmigungsplanung oder dem Anlagenkonzept.

39

An ihrem Vorbringen, sowohl der Zweckverband als auch die Abwasserbeseitigung A-Stadt AöR hätten auch das zu der „alten“ Kläranlage zugehörige Kanalnetz als bereits endgültig hergestellt betrachtet, halten die Antragsteller nach den Ausführungen ihrer Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung nicht mehr fest. Zudem haben sie auch insoweit nicht geltend gemacht, diese Festlegungen seien in einem Abwasserbeseitigungskonzept getroffen worden, sondern auf die Definition der Einrichtungen in den Abwasserbeseitigungssatzungen des Zweckverbandes und der Anstalt verwiesen. Eine Widmung von Anlagen oder Anlagenteilen als öffentliche Einrichtung, der Erlass einer Abgabensatzung, die Erhebung von Abgaben oder auch die Wiedergabe des Planungswillens der Körperschaft in Einzelunterlagen können ein Abwasserbeseitigungskonzept aber nicht ersetzen (OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 12. November 2011 - 4 L 140/09 -; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 2126, m.w.N.). Dass vor Geltung des ersten Abwasserbeseitigungskonzepts eine vergleichbare Willenserklärung des Zweckverbandes vorlag, ist schon nicht geltend gemacht und auch sonst nicht ersichtlich.

40

b) Im Gegensatz zur Auffassung der Antragsteller dienen die beiden neu errichteten Regenüberlaufbecken nicht vollständig der Niederschlagsentwässerung. Wenn die Becken in einer in eine Kläranlage entwässernde Mischwasserkanalisation eingebunden sind und damit für die Funktion des Netzes notwendig sind, handelt es sich nicht um Niederschlagswasserbauwerke, sondern um Mischwasseranlagen, auf die aus Praktikabilitätsgründen der für das Mischwasserkanalnetz anwendbare Kostenverteilungsschlüssel angewandt werden kann (vgl. OVG Sachsen, Urt. v. 26. August 2015 - 5 A 786/13 -, zit. nach JURIS: pauschal 50 % für Schmutzwasserentsorgung; vgl. auch VGH Bayern, Urt. v. 31. März 2003 - 23 B 02.1936 -, zit. nach JURIS). Nur wenn die Becken - was sich auch aus der von den Antragstellern als Beleg für ihre Auffassung zitierten Stelle der Kalkulation (BA R, Bl. 104) ergibt - zur reinen Entlastung des Vorfluters dienen, muss möglicherweise eine vollständige Zuordnung zu der Niederschlagsentwässerung erfolgen. Die Antragsgegnerin hat aber unwidersprochen dargelegt, dass die Becken hydraulisch den Zufluss zur Kläranlage begrenzen.

41

Dass der in der Kalkulation für das Mischwasserkanalnetz berechnete Verteilungsschlüssel von 43,47 % für den Schmutzwasserbeseitigungsanteil, der nach der sog. Dreikanalmethode errechnet worden ist (vgl. Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 2142; zum Gebührenrecht: OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 24. November 2010 - 4 L 115/09 -, zit. nach JURIS), für sich genommen fehlerhaft ist, ist weder ersichtlich noch von den Antragstellern dargelegt.

42

c) Der beitragsfähige Aufwand ist nicht unter Berücksichtigung der Regelung des § 6 Abs. 5 Satz 4 KAG LSA um einen auf die Ableitung von unzulässig in die Anlagen eindringendes oder eingeleitetes Drän- oder Regenwasser (Fremdwasser) entfallenden Anteil zu vermindern (so auch VG Halle, Urt. v. 18. Dezember 2009 - 4 A 308/07 -, zit. nach JURIS; vgl. auch Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 738; OVG Sachsen, Urt. v. 18. Dezember 2013 - 5 D 18/07 - und v. 28. Oktober 2010 - 5 D 5/06 -, jeweils zit. nach JURIS; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 24. März 1983 - 2 S 361/81 -, LS zit. nach JURIS; noch offen gelassen in OVG Sachsen-Anhalt, Urt. vom 10. März 2011 - 4 L 67/09 -, zit. nach JURIS).

43

Nach den einschlägigen technischen Regelwerken wird bei der Bemessung der Größe der Schmutzwasserkanäle für Fremdwasser ein „Sicherheitszuschlag“ empfohlen. Teilweise wird eine Berücksichtigung des Kostenanteils für das Fremdwasser bzw. dieses „Sicherheitszuschlags“ im Rahmen des sog. „Gemeindeanteils“ verlangt (VG Potsdam, Urt. v. 18. September 2008 - 9 K 1128/05 -, zit. nach JURIS; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 1843). Ein Abzug derjenigen Kosten, die sich daraus ergeben haben, dass die Schmutzwasserbeseitigungseinrichtung technisch so ausgerichtet ist, dass sie einen bestimmten „Fremdwassereintrag“ verkraften kann, wäre nach § 6 Abs. 5 Satz 4 KAG LSA vorzunehmen, wenn ein Vorteil der Allgemeinheit bestünde, der - wie etwa der Straßenentwässerungsanteil an der Oberflächenentwässerung - über den jedem baulich nutzbaren oder genutzten Grundstück vermittelten Vorteil hinausgeht (vgl. dazu OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 27. April 2006 - 4 L 186/05 -, zit. nach JURIS, m.w.N.). Der konstruktive Fremdwasserzuschlag und die dadurch bewirkte etwas größere Auslegung von Anlagenteilen (z.B. der Kanalquerschnitte) kommt aber den Benutzern der Einrichtung zugute; dies entspricht dem Vorsorgegedanken. Die Aufnahmefähigkeit für Abwässer und die Funktionssicherheit der Einrichtung sollen auch bei widrigen Umständen möglichst jederzeit gewährleistet sein. Auch in solchen Situationen sollen eine Kapazitätsüberlastung, gegebenenfalls Rückstaus und Grundstücksüberschwemmungen vermieden werden. Dies kommt ebenso wie die Einrichtung überhaupt den Benutzern im Verbandsgebiet zu Gute und gegebenenfalls sonstigen rechtmäßigen Benutzern. Insoweit ist insbesondere auch keine Kostenaufteilung wegen nebenbei erfolgender Niederschlagswasserbeseitigung veranlasst. Dass die Einrichtung Schächte aufweist, bei denen in Kauf genommen werden muss, dass in Extremsituationen von der normalen Niederschlagsentwässerung nicht gefasstes Niederschlagswasser eindringen kann, ändert nichts an der alleinigen Zweckbestimmung der Einrichtung und aller ihrer Funktionselemente zur gesicherten Schmutzwasserentsorgung. Hinsichtlich der Art und Weise der Zweckerreichung (hier: Fremdwasserzuschlag) besteht ein Gestaltungsspielraum für den Einrichtungsträger, zumal eine technisch dichte Lösung zwar auf der einen Seite zu bestimmten Ersparnissen geführt hätte (so etwa durch geringere Rohrdurchmesser), auf der anderen Seite aber mit gewissen Mehraufwendungen verbunden gewesen wäre (so etwa erhöhtem Aufwand für besonders korrosionsbeständige Materialien oder Korrosionsschutz, Aufwand für häufige Druck- und Dichtigkeitsprüfungen, ggf. auch häufigerer Austausch von Teilen (so auch OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 23. Juli 2013 - OVG 9 B 64.11 -, zit. nach JURIS; a.M.: Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 1843). Soweit die Antragsteller auf eine Entscheidung des OVG Niedersachsen vom 24. März 2014 (- 9 LC 191/11 -, zit. nach JURIS) verweisen, war dort die Erhebung von Niederschlagswassergebühren streitbefangen. Für die Beitragserhebung lässt sich der Entscheidung - wovon die Antragsteller hinsichtlich einer von der Antragsgegnerin genannten Entscheidung sogar selbst ausgehen - nichts entnehmen.

44

Ob eine andere Bewertung geboten ist, wenn der Einrichtungsträger auf Grund eigener Untätigkeit einen außergewöhnlich hohen Fremdwasseranteil zu verantworten hat (vgl. dazu OVG Sachsen, Urt. v. 18. Dezember 2013, a.a.O.), kann offen bleiben. Eine solche Fallgestaltung ist schon weder ersichtlich noch substanziiert geltend gemacht. Vielmehr hat die Antragsgegnerin unter Vorlage entsprechender Unterlagen (Eigenüberwachungsergebnisse der Abwasserbeseitigung A-Stadt AöR für die Jahre 2015 bis 2017) hinreichend belegt, dass der Fremdwasseranteil stetig gesunken ist.

45

d) Die Aufwendungen für Kanalsanierungen mussten nicht als (zumindest teilweiser) Erhaltungsaufwand für Instandsetzung und Instandhaltung behandelt werden.

46

Die Kosten der Sanierung für Altkanäle, d.h. für Ersatzinvestitionen in Anlagen, die bereits am 15. Juni 1991 vorhanden waren, dürfen in den Aufwand für den Herstellungsbeitrag II einbezogen werden, selbst wenn die Sanierungsmaßnahmen bis zum Ende des Kalkulationszeitraumes ausgedehnt werden. Die Einbeziehung auch solcher Ersatzinvestitionen, die erst nach der wesentlichen Fertigstellung der Anlage im Übrigen durchgeführt werden, widerspricht dabei nicht Sinn und Zweck des § 6 Abs. 6 Satz 3 KAG LSA (so OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 28. Oktober 2009 - 4 L 117/07 -, zit. nach JURIS; OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 30. Oktober 2017 - 4 L 81/17 -). Es handelt sich auch nicht um eine nicht beitragsfähige laufende Unterhaltung oder Instandsetzung der Einrichtung, sondern allein um Aufwand der - nach dem maßgeblichen Abwasserbeseitigungskonzept - nach wie vor nicht abgeschlossenen erstmaligen Herstellung der Einrichtung (OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 30. Oktober 2017 - 4 L 81/17 -; vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 23. Juli 2013 - OVG 9 B 64.11 -, zit. nach JURIS). Soweit die Antragsteller auf Darlegungen des Landesrechnungshofes zur Abgrenzung von Herstellung und Erhaltung hinweist sowie darauf, dass die Entscheidung des Senats vom 28. Oktober 2009 zur „Kameralistik“ ergangen sei, ergibt sich daraus nichts anderes. Die Bilanzierungsmethode hat für die Beantwortung der rechtlichen Frage, ob Kosten der Sanierung für Altkanäle in den Aufwand für den Herstellungsbeitrag II eingestellt werden dürfen, keine Bedeutung.

47

Dass in die Kalkulation Unterhaltungskosten für erst nach dem 15. Juni 1991 gebaute Kanäle eingestellt worden sind, ist ebenfalls weder ersichtlich noch überhaupt von den Antragstellern substanziiert geltend gemacht worden.

48

e) Ob die Altkanäle als Provisorien anzusehen sind (vgl. dazu allgemein OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 12. Oktober 2011 - 4 L 140/09 -, zit. nach JURIS; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 2127, m.w.N.; vgl. auch OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 5. Juli 2007 - 4 L 229/06 - zit. nach JURIS), hat - wie die Antragsgegnerin zu Recht geltend macht - für die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Beitragssatzung keine Bedeutung. Es handelt sich dabei um eine Frage, die allein die konkrete Beitragserhebung im Einzelfall betrifft. Im Übrigen spricht alles dafür, dass das Altkanalnetz nach dem Willen sämtlicher Einrichtungsträger eine dauerhafte Entsorgungsmöglichkeit bieten sollte.

49

f) In der Kalkulation für den Herstellungsbeitrag II sind keine Kosten für Aufwendungen enthalten, die allein dem allgemeinen Herstellungsbeitrag zuzuordnen sind.

50

Bei dem Herstellungsbeitrag II handelt es sich dem Grunde nach um einen Herstellungsbeitrag i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA, der sich lediglich wegen der Regelung in § 6 Abs. 6 Satz 3 KAG LSA von einem „normalen“ Herstellungsbeitrag unterscheidet. § 6 Abs. 6 Satz 3 KAG LSA bestimmt zum einen, dass für die Grundstücke, die bereits vor Inkrafttreten des KAG LSA am 16. Juni 1991 an eine zentrale öffentliche leitungsgebundene Entsorgungsanlage angeschlossen waren oder eine Anschlussmöglichkeit hatten, in Abweichung von § 6 Abs. 6 Satz 2 KAG LSA eine Beitragspflicht i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA nicht für Investitionen entsteht, die vor Inkrafttreten des Kommunalabgabengesetzes Sachsen-Anhalt abgeschlossen worden sind. Zum anderen folgt aus der Regelung, dass bei der Bemessung des besonderen Herstellungsbeitrages für die Grundstücke, die bereits vor Inkrafttreten des Kommunalabgabengesetzes angeschlossen waren oder angeschlossen werden konnten, d.h. bei der Ermittlung der nach dem 15. Juni 1991 getätigten Investitionen, der Aufwand für die nach diesem Zeitpunkt neu erschlossenen oder zu erschließenden Gebiete unberücksichtigt bleiben muss. Danach gehört zum beitragsfähigen Aufwand beim Herstellungsbeitrag II der gesamte Aufwand, der notwendig ist, um die jeweilige öffentliche leitungsgebundene Einrichtung i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA entsprechend dem Abwasserbeseitigungskonzept zu schaffen und es ist lediglich der Aufwand abzuziehen, der notwendig geworden ist, um nach dem 15. Juni 1991 erstmals Grundstücken eine Anschlussmöglichkeit zu bieten (OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 17. Februar 2016 - 4 L 119/15 -, zit. nach JURIS, m.w.N.; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 2225).

51

(1) Konkrete Anhaltspunkte, dass in dem Herstellungsbeitrag II Aufwendungen enthalten sind, die vor Inkrafttreten des Kommunalabgabengesetzes Sachsen-Anhalt abgeschlossene Investitionen betreffen und damit nicht nach dem 15. Juni 1991 getätigt worden sind bzw. dass nach dem 15. Juni 1991 angefallene Übernahmekosten von vor diesem Zeitpunkt errichteten Altanlagen (vgl. dazu OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 4. Dezember 2003 - 1 L 226/03 -, zit. nach JURIS; vgl. auch OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 30. Oktober 2017 - 4 L 81/17 -) berücksichtigt worden sind, gibt es nicht. Die Prozessbevollmächtigte der Antragsgegnerin hat vielmehr in der mündlichen Verhandlung noch einmal ausdrücklich bestätigt, dass keine derartigen Übernahmekosten in der Kalkulation enthalten seien. Der bloße Hinweis der Antragsteller, es seien z.B. für das Anschaffungsjahr 1996 auffällig umfangreiche Anschaffungs- und Herstellungskosten für das Kanalnetz eingestellt worden, ist demgegenüber nicht ausreichend. Die Annahme, möglicherweise sei damit vor dem 15. Juni 1991 angefallener Aufwand in die Kalkulation eingegangen, weil es sich bei diesen Positionen um die Wiedergabe des Buchwertes der Altanlagenteile zum Zeitpunkt der Übernahme durch den Zweckverband für Abwasserentsorgung A-Stadt gehandelt habe, wird damit nicht belegt. Dem steht schon entgegen, dass überhaupt nur etwa ein Viertel dieser Kanäle in der Kalkulation mit Aufwendungen bei dem Herstellungsbeitrag II eingerechnet wird. Ein weiteres Viertel dieser Kanäle wird mit 0,- € bei den Anschaffungs-/Herstellungskosten gewertet, die restlichen Kanäle werden nur bei dem allgemeinen Herstellungsbeitrag berücksichtigt.

52

Soweit die Antragsteller geltend machen, wegen fehlender Unterlagen zu dem Anlagenverzeichnis und der Übernahme von Altanlagen sei keine Prüfung möglich, ob Kosten für Kanäle zu Recht angesetzt worden seien, und es stelle auch einen systematischen Fehler dar, dass die Kalkulation keine Angaben zu Art, Ausführung und Herstellungsjahr sowie zu der Frage enthalte, ob die Übernahme entgeltlich oder unentgeltlich erfolgt sei, haben sie keinen Erfolg. In der Kalkulation werden die Kanäle im Einzelnen mit einer genauen Bezeichnung aufgelistet und das Herstellungsjahr, die Anschaffungskosten und der Restbuchwert genannt. Weiter wird angegeben, ob und in welcher Höhe diese Aufwendungen in die Kalkulation des Herstellungsbeitrages II eingegangen sind. Es wäre Sache der Antragsteller gewesen, sich - gegebenenfalls mit einer gerichtlich durchzusetzenden - Einsicht in die Verwaltungsunterlagen weitere Informationen zu verschaffen.

53

(2) Soweit Aufwendungen in Rede stehen, die unter (1) fallen oder ausschließlich Investitionen für die nach dem 15. Juni 1991 neu erschlossenen oder zu erschließenden Gebiete betreffen, sind sie allein im allgemeinen Herstellungsbeitrag zu berücksichtigen. Insoweit ist in der Kalkulation des Herstellungsbeitrages II ein Betrag in Höhe von 14.709.850,- € vom beitragsfähigen Aufwand des allgemeinen Herstellungsbeitrages (48.932.751,48 €) in Abzug gebracht worden. Diese Aufwendungen wurden nach der Kalkulation nicht als beitragsfähig für den Herstellungsbeitrag II angesehen. Im Anschluss daran sind, was ebenfalls nicht zu beanstanden ist, Fördermittel und Zuwendungen, gemindert um Auflösungsbeträge, in einer Höhe von 7.053.823,54 € abgezogen worden.

54

(3) Zu Unrecht ist dann allerdings der Restbetrag von 27.169.077,62 € mit einem Anteilsfaktor von 0,5578 multipliziert worden, um nach der Kalkulation eine Abgrenzung der auf den Herstellungsbeitrag II entfallenden Aufwendungen zu erzielen, weil dieser (nur) die anteiligen Investitionen zur ausschließlichen Erweiterung des Entsorgungsgebietes berücksichtige.

55

Soweit Aufwendungen vollständig den Altanschlussnehmern zugutekommen, d.h. Investitionen betreffen, die allein der Entsorgung ihrer Grundstücke dienen (z.B. Sanierungskosten von Altkanälen, die keine Grundstücke von Neuanschlussnehmern entsorgen), sind sie in voller Höhe sowohl dem allgemeinen Herstellungsbeitrag als auch dem Herstellungsbeitrag II zuzuordnen. Denn dabei handelt es sich um Kosten der Herstellung der Einrichtung i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA, die gerade nicht von § 6 Abs. 6 Satz 3 KAG LSA erfasst sind. Eine solche Kostenaufteilung ist der Kalkulation nicht zu entnehmen. Dass es derartige Aufwendungen nicht gegeben haben soll, ist schwer vollstellbar.

56

Aber selbst wenn es sich bei dem in Rede stehenden Restbetrag um nach dem 15. Juni 1991 getätigten und nicht (1) unterfallenden Aufwand für Anlagen(teile) handelt, die sowohl der Entsorgung von Altanschließern als auch von Neuanschließern dienen, ist dieser Aufwand im Rahmen des Herstellungsbeitrages II nicht lediglich teilweise anzusetzen (so aber VG Magdeburg, Urt. v. 26. März 2015 - 9 A 253/14 -, zit. nach JURIS; vgl. auch Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 2225), sondern sowohl bei dem allgemeinen Herstellungsbeitrag als auch bei dem Herstellungsbeitrag II in voller Höhe einzustellen.

57

Nach Sinn und Zweck des § 6 Abs. 6 Satz 3 KAG LSA sollen Altanschlussnehmer (auch) dadurch privilegiert werden, indem sie nicht mit dem Aufwand belastet werden, der nach Inkrafttreten des Kommunalabgabengesetzes für die Anschlussnahme weiterer Grundstücke angefallen ist (OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 4. Dezember 2003 - 1 L 226/03 -; Urt. v. 25. Mai 2005 - 1 L 21/03 -, jeweils zit. nach JURIS). Mit der in § 6 Abs. 6 Satz 3 KAG LSA vorgesehenen Differenzierung zwischen anschließbaren und anzuschließenden Grundstücken hat sich der Gesetzgeber von der Annahme leiten lassen, dass die Anschlussmöglichkeit, die für Grundstückseigentümer, die vor Inkrafttreten des Kommunalabgabengesetzes an eine leitungsgebundene Einrichtung angeschlossen waren, jedenfalls faktisch dauerhaft gesichert war, so dass ihnen eine dem § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA der Sache nach gleichkommende Vorteilslage bereits vor dem Inkrafttreten des Kommunalabgabengesetzes geboten worden ist (OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 18. November 2004 - 1 M 62/04 -, zit. nach JURIS). Diese Privilegierung der Altanschlussnehmer besteht jedoch allein darin, dass Aufwand für die nach dem 15. Juni 1991 geschaffenen Anlagenteile, die ausschließlich dazu dienen, neue Flächen durch die zentrale Abwasserbeseitigungsanlage zu erschließen, bei der Bemessung des besonderen Herstellungsbeitrages ausgeschieden wird (so OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 28. Oktober 2009 - 4 L 117/07 -, zit. nach JURIS; Beschl. v. 24. April 2006 - 4 L 213/05 -; Beschl. v. 18. November 2004 - 1 M 62/04 -, a.a.O.). Eine weitergehende Privilegierung dergestalt, dass Aufwand für Anlagenteile, die sowohl Neu- als auch Altanschließern dienen, bei dem Herstellungsbeitrag II - im Gegensatz zu dem allgemeinen Herstellungsbeitrag - nur zu einem bestimmten Anteil eingestellt wird, lässt sich der Zweckbestimmung des § 6 Abs. 6 Satz 3 KAG LSA nicht entnehmen. Kosten für Maßnahmen an vor dem 15. Juni 1991 gebauten Anlagen sowie für den Neubau von Anlagen nach dem 15. Juni 1991 sind daher nur dann aus der Kalkulation für den Herstellungsbeitrag II auszuscheiden, wenn diese Maßnahmen allein den Neuanschließern dienen (vgl. auch OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 24. April 2006, a.a.O.; OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 19. Mai 2005 - 1 L 252/04 -, zit. nach JURIS).

58

Danach ist ein Betrag in Höhe von 12.014.166,12 € zu Unrecht von dem beitragsfähigen Aufwand für den Herstellungsbeitrag II abgezogen worden, so dass sich der umlagefähige Aufwand auf 27.169.077,62 € beläuft, mit der Folge, dass der höchstzulässige Beitragssatz für den Herstellungsbeitrag II schon dadurch um mindestens 0,68 €/m2 ansteigt.

59

g) Hinsichtlich der durch die Abwasserbeseitigung A-Stadt AöR auch tatsächlich entsorgten Grundstücke der sog. Autobahnsiedlung (Z.) ist nach dem substanziierten Vorbringen der Antragsgegnerin in ihrer Antragserwiderung nicht nur der darauf entfallende Aufwand, sondern auch die Fläche der Grundstücke in die Flächenermittlung aufgenommen worden. Dem sind die Antragsteller nicht substanziiert entgegengetreten.

60

h) Soweit die Antragsteller geltend machen, bis 2000 und danach habe der Zweckverband für Abwasserentsorgung A-Stadt bzw. der von ihm beauftragte Betriebsführer, die Stadtwerke A-Stadt GmbH, pflichtwidrig keine Fördermittel für die Herstellung der Kläranlage beantragt, ist schon fraglich, ob nicht realisierte und damit „fiktive“ Zuwendungen in der Kalkulation zu berücksichtigen sind. Dies käme allenfalls in Betracht, wenn eine Gewährung hinreichend sicher erfolgt wäre und somit ein pflichtwidriges Unterlassen der zuständigen Körperschaft vorlag. Allerdings fehlt es insoweit schon an einer Substanziierung der Antragsteller. Ihre Behauptung, nach der „damaligen Praxis“ habe mit einer Förderung von „bis zu 68 % der Herstellungskosten sicher gerechnet werden können“, belegen sie nicht einmal ansatzweise. Der bloße Verweis auf eine Zeugenaussage der ehemaligen Verbandsgeschäftsführerin und die Einholung eines Sachverständigengutachtens ist nicht ausreichend. Demgegenüber stellt die Antragsgegnerin im Einzelnen dar, dass 1995 und 1996 Fördermittel in erheblicher Höhe beantragt und abgelehnt worden seien.

61

i) Die mit dem Investitionsaufwand verrechenbare Abwasserabgabe gem. § 10 Abs. 4 AbwAG ist im Gegensatz zur Auffassung der Antragsteller nicht im Rahmen der Kalkulation als „verkürzte Abwicklung von Fördermitteln“ als Abzugsposten bei der Ermittlung des beitragsfähigen Aufwandes zu berücksichtigen, da lediglich eine Verminderung der eigentlich zu leistenden Abwasserabgabe bewirkt wird (vgl. VG Magdeburg, Urt. v. 26. März 2015 - 9 A 253/14 -, zit. nach JURIS; wohl auch VGH Hessen, Beschl. v. 10. Mai 2012 - 5 C 3180/09.N -, zit. nach JURIS). Die für die Einrichtung geleisteten Abwasserabgaben sind Kosten der Einrichtung i.S.d. § 5 Abs. 2 KAG LSA (vgl. auch § 7 Abs. 3 Satz 2 AG AbwAG LSA), die durch Benutzungsgebühren gedeckt werden. Soweit der Antragsgegnerin bzw. dem Zweckverband für Abwasserentsorgung A-Stadt Kosten durch die Abgabepflicht nach dem Abwasserabgabengesetz nicht entstanden sind, weil mit Investitionen verrechnet wurde, konnte allein der nur fiktive Aufwand nicht gem. § 7 Abs. 1, Abs. 3 AG AbwAG LSA auf die Gebührenschuldner abgewälzt werden (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 9. Oktober 2003 - 1 K 459/01 -, zit. nach JURIS). Dementsprechend sind die Abwasserabgabezahlungen nach der Darstellung der Antragsgegnerin von vornherein nicht in die Kalkulation des Herstellungsbeitrages eingeflossen. Ein von den Antragstellern behaupteter „unmittelbarer Effekt der Abwasserabgabenkürzung auf die Höhe der Investitionskosten“ besteht gerade nicht.

62

Es kann danach weiterhin offen bleiben, ob wegen pflichtwidrig fehlerhaften Anlagebetriebes und der Festsetzung von erhöhten Abwasserabgaben gegen den Zweckverband mindestens 582.527,47 € nicht gem. § 10 Abs. 4 AbwAG verrechnet werden konnten. Selbst wenn es zu einer Verrechnung gekommen wäre, hätte sich der beitragsfähige Herstellungsaufwand nicht verringert.

63

j) Dass über die von der Antragsgegnerin eingestellten Zuwendungen hinaus zum maßgeblichen Zeitpunkt weitere Zuwendungen für die Schmutzwasserbeseitigung gewährt worden sind bzw. sicher zu erwarten waren, ist weder ersichtlich noch substanziiert geltend gemacht. Die Antragsgegnerin legt auch im Einzelnen dar, dass und warum keine weiteren Zuwendungen zu berücksichtigen waren. Ihrem Vorbringen in der Antragserwiderung, aus den Beteiligungsberichten 2015 und 2016 ergebe sich entgegen der Auffassung der Antragsteller lediglich, dass als Fördermittel für 2014 ein Betrag von 30.000,- € und für 2015 ein Betrag von 5.564.000,- € gewährt worden sei und auch nur die die Schmutzwasserentsorgung betreffenden Fördermittel hätten berücksichtigt werden müssen, sind die Antragsteller nicht entgegengetreten. Soweit Fördermittel für den Hochwasserschutz in Höhe von ca. 15 Mio. € in Rede stehen, verweist die Antragsgegnerin ebenfalls unwidersprochen darauf, dass diese Mittel nach Teil E Ziff. 2.1. der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Beseitigung der Hochwasserschäden 2013 nur zur Beseitigung im Einzelnen nachzuweisender hochwasserbedingter Schäden dienten. Damit handelte es sich nicht um Zuwendungen Dritter i.S.d. § 6 Abs. 5 Satz 5 KAG LSA für die Herstellung der Schmutzwasserbeseitigungseinrichtung der Antragsgegnerin. Zudem sind diese Fördermittel nach dem substanziierten Vorbringen der Antragsgegnerin größtenteils für nicht in der Kalkulation enthaltene Maßnahmen gewährt worden.

64

k) Hinsichtlich des Vorbringens der Antragsteller, über den Abzug von „Kostenerstattungen“ für Kanäle in Höhe von 236.480,66 € hinaus sei die an die Abwasserbeseitigung A-Stadt AöR geleistete Kostenbeteiligung der Antragsgegnerin für „Herstellung und Erneuerung Entwässerungskanalisation für öffentliche Straßen in der Straßenbaulast der Stadt Weißenfels“ sowie für „Baukostenzuschüsse“ in Höhe von insgesamt 5.389.900,19 € zu berücksichtigen, führt die Antragsgegnerin aus, dass es sich dabei um die Niederschlagswasserentsorgung betreffende Kostenerstattungen durch sie als Straßenbaulastträgerin handele. Dass diese Beträge als Erstattungen für Aufwendungen für die Schmutzwasserentsorgungseinrichtung gezahlt wurden, ist weder ersichtlich noch von den Antragstellern substanziiert geltend gemacht. Das Schreiben der Kommunalaufsicht vom 1. Dezember 2015, in dem ihrer Ansicht nach von einer schriftlichen Vereinbarung zwischen Anstalt und Antragsgegnerin zur Höhe der Kostenbeteiligung an Maßnahmen der Anstalt die Rede sei, betrifft Maßnahmen nach § 25 Abs. 5 StrG LSA, also Maßnahmen der Straßenentwässerung. Der an dieses Schreiben anknüpfende Vortrag der Antragsteller zu möglichen Vereinbarungen mit eingemeindeten Gemeinden ist ebenfalls unsubstanziiert.

65

l) Die über Benutzungsgebühren für die Schmutzwasserbeseitigung erwirtschafteten Abschreibungserlöse bzw. die Abschreibungsbeträge selbst - hier nach der Kalkulation (BA R, Bl. 12, 388) die Abschreibungen bis zum 31. Dezember 2015 - sind jedenfalls für die Zeiträume ab 20. Juni 1996 in der Kalkulation eines Herstellungsbeitrages im Anschlussbeitragsrecht nicht, auch nicht zur Verhinderung einer Doppelbelastung, zu berücksichtigen.

66

(1) Soweit - wie gem. § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA in der seit 20. Juni 1996 geltenden Fassung - eine Beitragserhebungspflicht besteht (vgl. LVerfG LSA, Urt. v. 15. Januar 2002 - LVG 3/01 -, zit. nach JURIS; OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 26. September 2016 - 4 L 12/16 -; Beschl. v. 29. Juni 2015 - 4 M 54/15 -; Beschl. v. 23. Juni 2009 - 4 L 114/09 -, zit. nach JURIS; VG Halle, Urt. v. 24. April 2013 - 6 A 143/11 HAL -; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 2108) können Aufwendungen für die Herstellung einer Einrichtung originär nur über die Erhebung von Beiträgen und nicht über Benutzungsgebühren erhoben werden (vgl. Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 2109, m.w.N.). Dem steht nicht entgegen, dass § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA (vgl. auch § 2 Abs. 1 BS 2015) bestimmt, dass Beiträge u.a. nur erhoben werden dürfen, „soweit der Aufwand nicht durch Gebühren gedeckt ist“. Diese Regelung soll verhindern, dass die abgabenerhebende Körperschaft den Aufwand, den sie in der Vergangenheit bereits ganz oder teilweise durch das Ansammeln von Abschreibungserlösen abgedeckt hat, nunmehr über die Erhebung von Beiträgen nochmals verteilt. Aus dieser Zweckbestimmung, die durch ihre Entstehungsgeschichte bestätigt wird (vgl. Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 2110), ergibt sich zugleich, dass Abschreibungserlöse - und damit auch Abschreibungsbeträge selbst - jedenfalls bei der Kalkulation von vorliegend in Rede stehenden Herstellungsbeiträgen nicht abzuziehen sind (so OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 1. Juli 2003 - 1 M 492/02 -, zit. nach JURIS; OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 11. Juli 2005 - 4 M 195/05 -; VG Magdeburg, Urt. v. 26. März 2015 - 9 A 253/14 MD -, zit. nach JURIS; vgl. auch OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 7. November 2001 - 1 L 152/01 -; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 2109f., 2147; vgl. weiter Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 848). Denn während Beiträge i. S. d. § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA der Kapitalbeschaffung für eine beitragsfähige Maßnahme dienen, soll mit der Berücksichtigung von Abschreibungen auf Herstellungskosten bei der Gebührenkalkulation (vgl. § 5 Abs. 2 a Satz 1 KAG LSA) der Werteverzehr eines Anlageguts während einer Kalkulationsperiode berücksichtigt werden, damit das Kapital erhalten werden kann (so OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 1. Juli 2003, a.a.O.). Abschreibungserlöse sind daher nur bei einer Ermittlung eines Erneuerungsaufwandes abzuziehen (so auch VG Halle, Urt. v. 31. März 2005 - 4 A 598/03 -; VG Magdeburg, Beschl. v. 12. November 2004 - 9 B 295/04 -, jeweils zit. nach JURIS). Dass die eigentlich zur Erhebung von Herstellungsbeiträgen verpflichtete Körperschaft allein Benutzungsgebühren erhoben hat, steht dem im Hinblick auf die aus § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA folgende Beitragserhebungspflicht nicht entgegen.

67

(2) Ob auf Grund der bis zum 19. Juni 1996 geltenden Fassung des § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA - KAG LSA a.F. -, wonach die Landkreise und Gemeinden Beiträge erheben konnten, bis zu diesem Zeitpunkt eine Deckung des Herstellungsaufwandes (auch) durch Benutzungsgebühren erlaubt war (so OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 7. September 2000 - 1 K 14/00 -, zit. nach JURIS; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 2110), kann offen bleiben. Selbst wenn man annimmt, dass Herstellungskosten zumindest in diesem Zeitraum durch Benutzungsgebühren (teilweise) gedeckt werden konnten, und zudem hier noch eine entsprechende Zwecksetzung bezüglich der in diesem Zeitraum erhobenen Benutzungsgebühren unterstellt, könnten für die Vermeidung einer Doppelbelastung allein die bis 19. Juni 1996 über Gebühren erwirtschafteten Abschreibungserlöse in der Kalkulation des Herstellungsbeitrages vom beitragsfähigen Aufwand abgezogen werden. Darüber hinaus wäre zu prüfen, ob mit der Berücksichtigung von Abschreibungserlösen bei der Kalkulation des Herstellungsbeitrages eine Doppelbelastung in hinreichender Weise ausgeschlossen ist und ob nicht vielmehr ein auf der Billigkeitsebene stattfindender Ausgleich derjenigen Beitragspflichtigen geboten ist, die schon Gebühren bezahlt haben. Denn bei einer Deckung von Herstellungskosten durch Benutzungsgebühren werden diejenigen nicht belastet, die nicht angeschlossen sind, aber durch die Möglichkeit eines Anschlusses einen - beitragsrechtlich relevanten - Vorteil haben.

68

(3) Auch wenn man lediglich den Abzug der Abschreibungen für den Zeitraum ab 20. Juni 1996 rückgängig macht und im Gegenzug den Ansatz von Auflösungsbeträgen bei Zuwendungen und Erstattungen anteilig streicht, verringern sich die in der Kalkulation für den Schmutzwasserbereich angesetzten Abschreibungen, die nach den Erläuterungen der Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin 15.485.844,67 € betragen (vgl. auch BA R, Bl. 386 unten, Bl. 388 oben), in erheblichem Umfang. Denn nach der Kalkulation beginnen die längsten Abschreibungszeiträume erst im Jahr 1996; die weitaus meisten Abschreibungszeiträume beginnen sogar erst nach diesem Jahr. Zudem scheint erst Ende 1995 die erste Benutzungsgebührensatzung des Zweckverbandes für Abwasserentsorgung A-Stadt bekannt gemacht worden zu sein. Selbst bei der sehr zurückhaltenden Annahme, dass ein Betrag in Höhe von mindestens 10 Mio. € zu Unrecht als Abschreibungssumme für die Zeiträume ab 20. Juni 1996 angesetzt worden ist, würde der höchstzulässige Beitragssatz für den allgemeinen Herstellungsbeitrag um mindestens 0,56 €/m2 höher liegen.

69

Soweit die Antragsteller darauf abstellen, die Abschreibungen seien nach der Kalkulation vom Aufwand in Abzug gebracht worden, so dass sie deshalb richtig berechnet sein müssten, und die Antragsgegnerin habe die Möglichkeit einer Neukalkulation, ist dem nicht zu folgen. Vielmehr sind die fehlerhaft einbezogenen Abschreibungen bei der Prüfung der Kalkulation und der Ermittlung des höchstzulässigen Beitragssatzes nicht zu berücksichtigten. Es handelt sich dabei nicht um eine Entscheidung innerhalb der Kalkulation, für die der beitragserhebenden Körperschaft ein Spielraum eingeräumt ist. Der Ansatz sämtlicher Abschreibungen ist vielmehr eine Entscheidung auf Grund eines rechtlichen Irrtums, vergleichbar mit dem Ansatz von Aufwendungen von Anlagenteilen, die nicht der Schmutzwasserbeseitigung zuzuordnen sind. Darin liegt auch - unabhängig von ihrer Zulässigkeit - keine bewusste Finanzierungsentscheidung, mit der der Verband gerade auf eine 100%ige Deckung der beitragsfähigen Kosten durch den Herstellungsbeitrag verzichtet hat. Vielmehr wurde in der Beitragskalkulation ausdrücklich (BA R, Bl. 7) ein Abzug zur Vermeidung eines Verstoßes gegen das Verbot der Doppelbelastung angenommen, und die Antragsgegnerin trägt dazu vor, die Berücksichtigung der Abschreibungen sei im Hinblick auf die zeitliche Obergrenze für die Beitragserhebung gemäß dem „Vorsichtsprinzip“ erfolgt.

70

m) Soweit die Antragsteller geltend machen, die bislang übersandten Unterlagen seien derart unvollständig, dass eine gewissenhafte Überprüfung der sachlichen Richtigkeit des Kalkulationsergebnisses nicht gewährleistet sei, und es sei die Vorlage weiterer Unterlagen erforderlich (fehlende Fördermittelbescheide; MIDEWA-Verträge; Nachweise über die durch Gebühren erwirtschafteten Abschreibungen; Angaben zur Verrechnung von Investitionsaufwand mit der Abwasserabgabe; Nachweise zu Kostenerstattungen), haben sie keinen Erfolg.

71

Dass weitere Bescheide zu Fördermitteln, die fehlerhaft nicht berücksichtigt worden sind, oder zu Unrecht nicht berücksichtigte Kostenerstattungen Dritter existieren, ist - wie oben dargelegt - weder ersichtlich noch substanziiert geltend gemacht. Für die Vorlage von über die Berechnungen in Anlage 3 hinausgehenden Nachweisen zu den durch Gebühren erwirtschafteten Abschreibungen besteht schon keine Notwendigkeit. Eine Vorlage von MIDEWA-Verträgen zur Übernahme von Altanlagen und des Anlagenverzeichnisses ist ebenfalls nicht erforderlich. Die Anlage 3 enthält eine Auflistung sämtlicher in die Kalkulationen übernommenen Anlagen(teile). Dass diese Auflistung fehlerhaft ist, ist weder ersichtlich noch substanziiert geltend gemacht. Der von den Antragstellern vertretenen Rechtsauffassung zum Abzug von mit der Investitionsabgabe verrechneten Investitionsaufwand ist schon nicht zu folgen (vgl. II. 2. i).

72

Im Übrigen stand es den Antragstellern während des gesamten Normenkontrollverfahrens frei, unmittelbar bei der Antragsgegnerin eine Akteneinsicht in die von ihr als notwendig erachteten Unterlagen vorzunehmen bzw. eine solche gerichtlich durchzusetzen.

73

3. Nach den obigen Darlegungen beträgt der Unterschied zwischen den festgesetzten und den höchstzulässigen Beitragssätzen jeweils deutlich mehr als die nach der Kalkulation bewusst angenommenen 15 %. Der festgesetzte Beitragssatz für den allgemeinen Herstellungsbeitrag liegt mindestens 31 % unter dem höchstzulässigen Beitragssatz (vgl. 2. l). Bei dem Herstellungsbeitrag II liegt die Unterschreitung bei mindestens 52 % [vgl. 2. f) (3)]; infolge der fehlerhaften Berücksichtigung von Abschreibungen ist die Unterschreitung sogar noch höher. Damit besteht ein durchgreifender Fehler, der zur Nichtigkeit der Satzung führt.

74

Es gehört nach der ständigen Rechtsprechung des Senats zwar nicht zu den Aufgaben des Oberverwaltungsgerichts im Normenkontrollverfahren, „gleichsam ungefragt“ in die Suche nach Fehlern einer (Abgaben)Satzung einzutreten (OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 22. Juni 2010 - 4 K 252/08 -, Beschl. v. 28. Oktober 2009 - 4 K 470/08 - und Beschl. v. 28. September 2009 - 4 K 356/08 -, jeweils zit. nach JURIS, m.w.N.; Urt. v. 8. Oktober 2015 - 4 K 115/14 -). Allerdings ist es dem Gericht bei der Prüfung eines Abgabensatzes jedenfalls nicht verwehrt, selbst bei Fehlen entsprechender Rügen zumindest eine Prüfung wichtiger Eckpunkte der Kalkulation vorzunehmen und sich aufdrängenden Mängeln nachzugehen (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 27. Juli 2006 - 4 K 253/05 -, zit. nach JURIS zu einer Gebührenkalkulation) bzw. eine Überprüfung vorzunehmen, soweit es um die Plausibilität der Berechnung des konkreten Beitragssatzes geht (OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 29. April 2010 - 4 L 341/08 -, zit. nach JURIS).

75

Infolge der Beitragserhebungspflicht des § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA muss bei Herstellungsbeiträgen grundsätzlich ein aufwandsdeckender Beitragssatz festgesetzt werden (vgl. VG Magdeburg, Urt. v. 26. März 2015 - 9 A 253/14 -, zit. nach JURIS; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 1617, m.w.N.; so wohl auch Rdnr. 2108, 2111, 2215; OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 13. Februar 1986 - 12 A 31/85 -, NVwZ 1986, 162f.; OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 8. Dezember 2009 - 4 L 159/09 -, zit. nach JURIS zum Straßenausbaubeitragsrecht; BVerwG, Urt. v. 28. November 2007 - 9 C 10.07 -, zit. nach JURIS zum Erschließungsbeitragsrecht). Dass § 6 KAG LSA keine dem § 5 Abs. 1 Satz 2 HS 1 KAG LSA entsprechende Formulierung enthält, steht dem nicht entgegen. Diese Verpflichtung ergibt sich aus der Gesetzessystematik sowie dem Sinn und Zweck des Gesetzes. Denn mit der Verpflichtung zur Aufwandsdeckung wird der kommunalhaushaltsrechtlichen Forderung Rechnung getragen, dass die Kommunen die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Finanzmittel aus Entgelten für ihre Leistungen, soweit dies vertretbar und geboten ist, und im Übrigen aus Steuern zu beschaffen haben, soweit die sonstigen Finanzmittel nicht ausreichen (vgl. § 99 Abs. 1 und 2 KVG LSA; vgl. auch § 91 Abs. 1 und 2 GO LSA in der bis 30. Juni 2014 geltenden Fassung). Zudem wäre es den beitragserhebenden Körperschaften sonst ohne weiteres möglich, die Beitragserhebungspflicht zu unterlaufen.

76

Eine bewusste Finanzierungsentscheidung, mit der auf eine eigentlich mögliche Aufwandsdeckung durch Beiträge aus (sozial)politischen oder damit vergleichbaren Gründen oder auf Grund einer Fehleinschätzung zur Aufwandsdeckung durch Gebühren verzichtet wird, ist daher nicht zulässig. Allerdings darf die beitragserhebende Körperschaft den Unwägbarkeiten einer Beitragskalkulation und insbesondere den Risiken einer möglichen gerichtlichen Überprüfung Rechnung tragen. Insoweit unterliegt die Beitragserhebungspflicht einer schon aus Praktikabilitätsgesichtspunkten gebotenen immanenten Beschränkung. Es ist der Körperschaft erlaubt, einen „Sicherheitsabstand“ zwischen festgesetztem und höchstzulässigem Beitragssatz vorzunehmen und eine unter 100 % liegende Deckungsquote festzusetzen, ohne insoweit eine spezifische Begründung zu den konkreten Risiken geben zu müssen. Die Höhe dieses Abstands ist im Spannungsfeld zwischen der Verpflichtung zur möglichst vollständigen Aufwandsdeckung und den dabei auftretenden praktischen Schwierigkeiten der beitragserhebenden Körperschaften zu bestimmen und muss der beitragserhebenden Körperschaft einen Spielraum belassen, um eine nach ihrer Auffassung ausreichende Rechtssicherheit zu erlangen. Diesen „Sicherheitsabstand“ bemisst der Senat im Wege richterlicher Normkonkretisierung auf bis zu 20 %, so dass eine aus Vorsorgegesichtspunkten festgesetzte Deckungsquote zwischen 80 % und 100 % zulässig ist. Eine niedrigere Deckungsquote ist allerdings selbst unter Berufung auf spezifische Risiken nicht zulässig. Dass der bei einer Verletzung des Aufwandsüberschreitungsverbots zu berücksichtigende Bagatellspielraum erheblich niedriger anzusetzen ist (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 19. Oktober 2009 - 4 L 101/09 -; vgl. auch Urt. v. 4. November 2004 - 1 L 252/03 -, zit. nach JURIS; vgl. auch Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 2214), ergibt sich aus dem grundlegenden Unterschied zwischen dem Aufwandsüberschreitungsverbot und der hier in Rede stehenden Verpflichtung zur Festsetzung aufwandsdeckender Beitragssätze.

77

Soweit der 1. Senat des Oberverwaltungsgerichts Sachsen-Anhalt im Hinblick auf die Unterschreitung des höchstzulässigen Beitragssatzes entschieden hat, es käme allein darauf an, dass der festgesetzte Beitragssatz im Ergebnis nicht dem Aufwandsüberschreitungsverbot widerspricht (so Urt. v. 26. September 2002 - 1 L 408/01 -), hält der nunmehr zuständige Senat an dieser Rechtsprechung nicht fest (vgl. zur grundsätzlichen Zulässigkeit einer Rechtsprechungsänderung etwa BVerwG, Beschl. v. 20. August 2015 - 9 B 13.15 -, zit. nach JURIS, m.w.N). Im Übrigen bestand in dieser Entscheidung und auch in anderen Entscheidungen auf Grund der dortigen Differenzen zwischen Beitragsfestsetzung und höchstzulässigem Beitragssatz bzw. den erhobenen Einwendungen keine Veranlassung zu einer Beanstandung nach den oben genannten Kriterien.

78

Eine Überschreitung des „Sicherheitsabstands“ von bis zu 20 % des höchstzulässigen aufwandsdeckenden Beitragssatzes hat eine Verletzung der Beitragserhebungspflicht zur Folge und führt zur Nichtigkeit des Beitragssatzes und damit zur Nichtigkeit der gesamten Beitragssatzung. Die Auffassung, dass ein zu geringer Beitragssatz die Beitragspflichtigen nicht beschwert und deshalb die Beitragssatzung (ihnen gegenüber) nicht nichtig sei, sondern nur kommunalaufsichtliche Maßnahmen erlaubt seien (so VG Magdeburg, Urt. v. 26. März 2015, a.a.O.; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 2215; wohl auch OVG Saarland, Urt. v. 14. Februar 1991 - 1 R 618/88 -, zit. nach JURIS), trägt dem Unterschied zwischen Verwaltungsakt und Rechtsnorm nicht ausreichend Rechnung. Denn im Rahmen einer Normenkontrolle, aber auch bei der Anfechtung eines Beitragsbescheides, kommt es allein darauf an, ob die Satzung als Rechtsnorm mit höherrangigem Recht vereinbar ist. Ist sie dies nicht, kann sie nicht Rechtsgrundlage für einen belastenden Verwaltungsakt sein (vgl. auch OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 27. Juli 2006 - 4 K 253/06 - zum Gebührenrecht, zit. nach JURIS). Das Erfordernis der subjektiven Rechtsverletzung in § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO bezieht sich ausschließlich auf die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts und ist bei materiellrechtlichen Fehlern eines belastenden Bescheids - wie der fehlenden (wirksamen) Rechtsgrundlage - jedenfalls infolge des zumindest vorliegenden Eingriffs in Art. 2 Abs. 1 GG erfüllt. Ein spezifischer Bezug zwischen den zur Nichtigkeit der Norm als Rechtsgrundlage des angefochtenen Verwaltungsakts führenden Mängeln und einer subjektiven Betroffenheit des Klägers wird von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht verlangt (OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 14. April 2014 - 17 A 1263/13 -, zit. nach JURIS). Das korrespondiert mit dem eingeschränkten Prüfungsprogramm des § 47 VwGO, das angesichts der durch (erhebliche) Rechtsfehler ausgelösten Nichtigkeit einer Norm für den Erfolg eines Normenkontrollantrags keine subjektive Rechtsverletzung des Antragstellers verlangt (so VGH Bayern, Beschl. v. 14. April 2003 - 4 ZB 02.2836 -, zit. nach JURIS). Eine Trennung des § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA in eine Schutznorm für den Abgabepflichtigen in Bezug auf Art, Höhe sowie andere Umstände der Abgabe und einen normenkonkretisierenden und -ausfüllenden Teil im Sinne kommunalrechtlicher Haushaltsvorschriften sowie eine damit verbundene Aufteilung des Rechtsverstoßes der Satzung in einen den Abgabenpflichtigen belastenden Teil und einen lediglich kommunalrechtliche Aufsichtsmaßnahmen auslösenden Teil lässt sich nicht vornehmen. Ein derartiger Regelungsgehalt ergibt sich weder aus dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA noch aus dem Sinn und Zweck der Bestimmung oder der Gesetzessystematik. Er wäre im Übrigen auch rechtlich folgenlos, weil eine nichtige Norm (für und gegenüber jedermann) rechtlich nicht existent ist.

79

Auch folgt aus § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA nicht, dass bei einer zur Verletzung der Beitragserhebungspflicht führenden Unterschreitung des höchstzulässigen und damit aufwandsdeckenden Beitragssatzes jedenfalls der festgesetzte Beitragssatz als „minus“ wirksam ist, Weder bei der Prüfung einer Verletzung des Aufwandsüberschreitungsverbotes noch bei der Prüfung der Einhaltung der grundsätzlichen Verpflichtung zur Aufwandsdeckung ist eine derartige Trennung vorzunehmen.

80

4. Ob die von den Antragstellern gerügten Bestimmungen des § 4 BS 2015 zu beanstanden sind, ist danach nicht zu entscheiden. Daher war auch dem insoweit gestellten Antrag der Antragsgegnerin auf Schriftsatznachlass nicht zu entsprechen. Der Senat gibt aber zur Vermeidung weiterer Rechtsstreitigkeiten folgende Hinweise:

81

a) Die Umrechnungsregelungen des § 4 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. b und c BS 2015 erfassen für den Fall, dass im Bebauungsplan keine höchstzulässige Zahl der Vollgeschosse festgesetzt ist, zwar nur die Festsetzung der baulichen Höhe sowie die Festsetzung einer Baumassenzahl. Nach § 16 Abs. 2 BauNVO kann im Bebauungsplan das Maß der baulichen Nutzung auch bestimmt werden durch Festsetzung der Grundflächenzahl oder der Größe der Grundflächen der baulichen Anlagen (Nr. 1), der Geschossflächenzahl oder der Größe der Geschossfläche, der Baumassenzahl oder der Baumasse (Nr. 2). Allerdings enthält § 4 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. e BS 2015 eine Auffangregelung für den Fall, dass „in einem Bebauungsplan weder die Zahl der Vollgeschosse noch die Höhe der baulichen Anlagen bzw. die Baumassenzahl festgesetzt sind“. Der von den Antragstellern gerügte Fehler besteht daher nicht. Falls gleichzeitig Höhe und Baumassenzahl in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dürfte sich weiterhin aus der Systematik von § 4 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. b und c BS 2015 ergeben, dass dann § 4 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. b BS 2015 Vorrang hat. Damit liegt auch eine ausreichende Kollisionsregelung vor.

82

b) Soweit die Antragsteller geltend machen, die Vollgeschossdefinition sei unvollständig, weil es an einer Regelung für die Fälle fehle, in denen sich nach der Auffangregelung des § 4 Abs. 2 Nr. 4 BS 2015 eine Zahl von „Null“ Vollgeschossen ergebe, ist dem aller Voraussicht nach nicht zu folgen. Es handelt sich dabei um einen in der Praxis üblichen Auffangtatbestand (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 31. März 2010 - 4 L 375/08 -; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 2169, 1025a) für die Fälle, in denen ein Grundstück bei der Verteilung des Aufwands unberücksichtigt bleiben müsste, weil die Geschosse in dem aufstehenden Gebäude die Mindesthöhe für Vollgeschosse nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 BS 2015 unterschreiten (so OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 23. November 2004 - 1 L 26/03 -). Dass der Satzungsgeber ausdrücklich auf vollendete 3,50 m bzw. 2,30 m abstellt und auch keine Festlegung dahingehend vornimmt, dass mindestens ein Vollgeschoss anzunehmen ist, liegt wohl innerhalb seines Gestaltungsspielraums. Mit dieser Bestimmung können zwar Fälle verbunden sein, in denen möglicherweise trotz vorhandener und zur abwasserrelevanten Nutzung geeigneter Bebauung kein Vollgeschoss festgestellt wird. Zum einen dürfte es sich dabei aber um eine äußerst geringe Zahl von Fällen handeln, zum anderen können auch mit einer Mindestregelung Fälle erfasst werden, in denen trotz einer nicht zur abwasserrelevanten Nutzung geeigneten Bebauung ein Vollgeschoss festgesetzt wird.

83

c) Die Regelung in § 4 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. b BS 2015 ist nicht zu beanstanden. Als „Höhe der baulichen Anlage“ ist, wie sich dem Verweis auf die „höchstzulässige Gebäudehöhe“ in der Regelung in hinreichender Weise entnehmen lässt, die Firsthöhe eines Gebäudes anzunehmen (so OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 19. Januar 2017 - 4 M 238/16 - zu einer wortgleichen Norm; vgl. auch OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 21. April 2015 - 1 K 46/11 -, zit. nach JURIS; vgl. weiter OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 20. April 2009 - 4 M 34/09 -). Dass in § 4 Abs. 2 Nr. 4 BS 2015, der eine Ersatzregelung für bestehende Baulichkeiten enthält, als Höhe des Bauwerks in einem Klammerzusatz ausdrücklich die Traufhöhe festgelegt wird, ist für die Auslegung des die Bebaubarkeit des Grundstückes betreffenden § 4 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. b BS 2015 nicht maßgeblich (so auch OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 19. Januar 2017, a.a.O.). Da § 4 Abs. 4 Nr. 3 BS 2015 auf § 4 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. b BS 2015 lediglich Bezug nimmt, ist diese Bestimmung ebenfalls nicht zu beanstanden.

84

Dass bei der Anwendung der Berechnungsvorschrift das Ergebnis „Null“ lauten kann, dürfte auf Grund des dem Antragsgegner einzuräumenden Spielraums (siehe oben unter b) ebenfalls rechtmäßig sein (vgl. auch Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 2197, 1039a).

85

d) § 4 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. e Unterbuchst. cc BS 2015 gilt für den Fall, dass der Bebauungsplan für das Grundstück weder Vollgeschosszahl, Höhe der baulichen Anlage oder Baumassenzahl festsetzt und auch keine Nutzung als Fläche für die Landwirtschaft oder Wochenendhausgebiet festgesetzt ist, der „in der näheren Umgebung überwiegend festgesetzte und/oder tatsächlich vorhandene (§ 34 BauGB) Berechnungswert nach lit. a) bis lit c)“. Diese Auffangnorm ist im Gegensatz zur Auffassung der Antragsteller wohl nicht unklar (vgl. auch Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 1039b). Dass auch auf den „tatsächlich vorhandenen Berechnungswert“ abgestellt wird, hat seinen Grund darin, dass sich - wie die Antragsteller selbst erkannt haben - die nähere Umgebung des Grundstückes teilweise auch im unbeplanten Innenbereich befinden kann (vgl. auch OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 24. März 2004 - 1 L 58/02 -, zit. nach JURIS). Der Begriff „Berechnungswert“ dürfte dann nach Sinn und Zweck der Vorschrift erkennbar dahingehend auszulegen sein, dass auf die höchste Zahl der tatsächlich vorhandenen Vollgeschosse abzustellen ist.

86

e) In § 4 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. e Unterbuchst. cc) und Nr. 4 Buchst. b BS 2015 wird für den Fall, dass keine Festsetzungen zu Vollgeschossen in einem Bebauungsplan für das Grundstück enthalten sind bzw. die im unbeplanten Innenbereich liegenden Grundstücke unbebaut sind, auf die Zahl der in der näheren Umgebung überwiegend festgesetzten bzw. vorhandenen Vollgeschosse abgestellt. Dass sich möglicherweise aus § 34 BauGB für ein konkretes Bauprojekt auf dem Grundstück auf Grund der Bewertung der Umgebungsbebauung eine andere Festlegung der Zahl der Vollgeschosse ergeben könnte, ist wohl hinzunehmen. Durch diese Satzungsregelungen soll im Interesse der Verwaltungspraktikabilität eine tiefgehende bau(planungs)rechtliche Prüfung in jedem Einzelfall vermieden werden. Diese in der obergerichtlichen Rechtsprechung anerkannten Regelungen sind daher aller Voraussicht nach nicht zu beanstanden (vgl. Nachweise bei Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 1919; vgl. auch OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 18. Juni 2018 - 4 M 16/18 -; Urt. v. 11. September 2012 - 4 L 155/09 -; a.M.: VG Potsdam, Urt. v. 19. März 2007 - 9 K 421/07 -, zit. nach JURIS; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 1919a ff.).

87

f) Soweit Wochenendhausgebiete, Dauerkleingärten, Schwimmbäder, Camping- oder Festplätze sowie Sportplätze, Friedhöfe oder Landwirtschaftsflächen unter einer bestimmten Voraussetzung aus den Regelungen des § 4 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b und Nr. 4 Buchst b BS 2015 herausgenommen und lediglich den Bestimmungen des § 4 Abs. 3 Nr. 6 und 7 BS 2015 unterworfen sind, dürften dagegen ebenfalls keine durchgreifenden Bedenken bestehen. Voraussetzung für eine Heranziehung des § 4 Abs. 3 Nr. 6 und 7 BS 2015 ist jeweils, dass für das gesamte Grundstück eine entsprechende Nutzung in einem Bebauungsplan, einer Satzung nach § 34 Abs. 4 BauGB oder einer Satzung nach § 35 Abs. 6 BauGB festgesetzt ist oder das gesamte Grundstück innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils, soweit das möglich ist, tatsächlich so genutzt wird. Damit sind auf die von den Antragstellern genannten Grundstücke, welche über die Grenzen des Bebauungsplanes bzw. der Innenbereichssatzung nach § 34 Abs. 4 BauGB bzw. über die Grenzen des Innenbereichs hinaus genutzt würden, die Regelungen in § 4 Abs. 3 Nr. 2, Nr. 3 und Nr. 4 BS 2015 anzuwenden. Dass diese Regelungen bei den in Rede stehenden Grundstücken nicht zu vorteilsgerechten Ergebnissen führen, ist schon nicht substanziiert geltend gemacht.

88

g) Ob die Definition von Vollgeschossen in § 4 Abs. 2 Nr. 2 und 3 BS 2015 mit den maßgeblichen rechtlichen Vorgaben in Einklang steht, bedarf dagegen einer näheren rechtlichen Prüfung.

89

Grundsätzlich ist es dem Satzungsgeber - solange er damit nicht gegen die Verpflichtung des § 6 Abs. 5 Satz 1 KAG LSA verstößt, die Beiträge nach den Vorteilen zu bemessen - erlaubt, im Rahmen der Festsetzung des Beitragsmaßstabes eigenständige Begriffsbestimmungen zu treffen (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 9. März 2016 - 4 L 136/15 -; Urt. v. 10. März 2011 - 4 L 385/08 -, zit. nach JURIS; Beschl. v. 8. Dezember 2005 - 4 L 210/05 -, jeweils zum Begriff des Vollgeschosses). Während sich § 4 Abs. 2 Nr. 1 BS 2015 für die Definition eines Vollgeschosses im Wesentlichen an die Übergangsregelung des § 87 Abs. 2 Satz 1 und 2 BauO LSA sowie an § 2 Abs. 6 Satz 2 BauO LSA anlehnt, gelten gem. § 4 Abs. 2 Nr. 2 BS 2015 in Wohngebäuden der Gebäudeklassen 1 und 2 (§ 2 Abs. 3 Ziff. 1 und Ziff. 2 der Bauordnung des Landes Sachsen-Anhalt - BauO LSA in der Fassung der Bekanntmachung vom 10.09.2013, GVBl. S. 440) als Vollgeschosse bereits Geschosse, die über mindestens zwei Drittel ihrer Grundfläche eine für Aufenthaltsräume in solchen Gebäuden erforderliche lichte Höhe von 2,00 m haben. Im Übrigen werden nach § 4 Abs. 2 Nr. 3 BS 2015 Geschosse, die keine Schrägen haben und wie ein Vollgeschoss zu Wohnzwecken oder Gewerbezwecken genutzt werden können, obwohl ihre lichte Höhe den Wert von 2,30 m nicht erreicht, ab einer lichten Höhe von 2,00 m wie Vollgeschosse behandelt.

90

(1) Es ist zumindest problematisch, ob § 4 Abs. 2 Nr. 2 und 3 BS 2015 eine i.S.d. § 6 Abs. 5 Satz 1 KAG LSA vorteilsgerechte Definition von Vollgeschossen vornehmen.

91

Hinsichtlich einer § 4 Abs. 2 Nr. 2 BS 2015 vergleichbaren Regelung hat das Verwaltungsgericht Magdeburg (Urt. v. 14. März 2018 - 4 L 77/78 -) die Auffassung vertreten, eine an § 87 Abs. 2 Satz 3 BauO LSA anknüpfende Vollgeschossdefinition begegne rechtlichen Bedenken, weil keine sachlichen Gründe dafür ersichtlich seien, warum Wohngebäude allein wegen ihrer bauordnungsrechtlichen Aufteilung in Gebäudeklassen bzw. hinsichtlich ihrer Art der Nutzung unterschiedliche Vorteile aus der Abwasserentsorgung haben sollten. Gemäß § 87 Abs. 2 Satz 3 BauO LSA gelten in Wohngebäuden der Gebäudeklassen 1 und 2 Geschosse, die über mindestens zwei Drittel ihrer Grundfläche eine für Aufenthaltsräume in solchen Gebäuden erforderliche lichte Höhe haben, als Vollgeschosse. Selbst wenn man dem Verwaltungsgericht Magdeburg nicht zustimmen sollte, bliebe offen, worauf sich die Festsetzung von 2,00 m lichte Höhe in der Satzung der Antragsgegnerin stützt (vgl. auch OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 10. März 2011 - 4 L 385/08 -, a.a.O.). In der Landesbauordnung wird die nach § 87 Abs. 2 Satz 3 BauO LSA „erforderliche lichte Höhe“ nicht festgesetzt, da § 46 Satz 1 BauO LSA, der für Aufenthaltsräume eine lichte Raumhöhe von mind. 2,40 m festsetzt, gem. Satz 2 für Aufenthaltsräume in Wohngebäuden der Gebäudeklassen 1 und 2 nicht gilt. Für § 4 Abs. 2 Nr. 3 BS 2015 besteht schon keine entsprechende Regelung in der Landesbauordnung.

92

(2) Darüber hinaus müsste untersucht werden, ob durch § 4 Abs. 2 Nr. 2 und 3 BS 2015 eine Ungleichbehandlung zwischen Grundstücken in Bebauungsplangebieten besteht, für die eine höchstzulässige Zahl der Vollgeschosse festgesetzt ist, und zwischen Grundstücken, die außerhalb eines Bebauungsplanes liegen bzw. bei denen der Bebauungsplan keine Festsetzung enthält oder diese überschritten ist. Wenn bestimmte Geschosse nur bei letztgenannten Grundstücken als Vollgeschosse angesehen werden, dürfte dies zu einer unzulässigen Privilegierung der erstgenannten Grundstücke führen (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 4. Dezember 2003 - 1 L 226/03 -, zit. nach JURIS).

93

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1 und 2, 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Hinsichtlich des durch subjektive Antragsänderung ausgeschiedenen Beteiligten, der Abwasserbeseitigung A-Stadt AöR, ist jedenfalls dann, wenn - wie hier - eine isolierte Kostenentscheidung durch Beschluss (vgl. dazu Kopp/Schenke, VwGO, 23. A., § 91 Rdnr. 26, § 155, Rdnr. 8; Redeker/v. Oertzen, VwGO, 15. A., § 91 Rdnr. 27; Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Vorbemerkung § 154 Rdnr. 29; § 155 Rdnr. 15) unterblieben ist, im Urteil eine Kostenentscheidung zu treffen (vgl. VGH Bayern, Beschl. v. 11. Februar 1999 - 4 C 99.227 -, zit. nach JURIS; vgl. auch Sodan/Ziekow, VwGO, 4. A., § 155 Rdnr. 44, m.w.N.; Eyermann, VwGO, 14. A., § 91 Rdnr. 37). Es kann weiterhin offen bleiben, ob es sich bei der subjektiven Antragsänderung durch Auswechseln des Antragsgegners hinsichtlich des ausgeschiedenen Beteiligten um eine Rücknahme handelt (so Sodan/Ziekow, a.a.O., § 91, Rdnr. 24; Schoch/Schneider/Bier, a.a.O., § 155 Rdnr. 15; Eyermann, a.a.O. § 91 Rdnr. 37; a.M. Schoch/Schneider/Bier, a.a.O., § 91 Rdnr. 17; Kopp/Schenke, a.a.O., § 91, Rdnr. 26; wohl auch Sodan/Ziekow, a.a.O., § 155 Rdnr. 43). Unabhängig davon hat der Antragsteller, der die subjektive Antragsänderung vorgenommen hat, in unmittelbarer oder entsprechender Anwendung des § 155 Abs. 2 VwGO die außergerichtlichen Kosten des ausgeschiedenen Beteiligten zu tragen (vgl. Sodan/Ziekow, a.a.O., § 155 Rdnr. 43; Redeker/v. Oertzen, a.a.O., § 91 Rdnr. 27; Kopp/Schenke, a.a.O., § 91, Rdnr. 26).

94

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO in entsprechender Anwendung i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

95

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe vorliegt.


(1) Nicht abgabepflichtig ist das Einleiten von

1.
Schmutzwasser, das vor Gebrauch einem Gewässer entnommen worden ist und über die bei der Entnahme vorhandene Schädlichkeit im Sinne dieses Gesetzes hinaus keine weitere Schädlichkeit im Sinne dieses Gesetzes aufweist,
2.
Schmutzwasser in ein beim Abbau von mineralischen Rohstoffen entstandenes oberirdisches Gewässer, sofern das Wasser nur zum Waschen der dort gewonnenen Erzeugnisse gebraucht wird und keine anderen schädlichen Stoffe als die abgebauten enthält und soweit gewährleistet ist, dass keine schädlichen Stoffe in andere Gewässer gelangen,
3.
Schmutzwasser von Wasserfahrzeugen, das auf ihnen anfällt,
4.
Niederschlagswasser von bis zu drei Hektar großen befestigten gewerblichen Flächen und von Schienenwegen der Eisenbahnen, wenn es nicht über eine öffentliche Kanalisation vorgenommen wird.

(2) Die Länder können bestimmen, dass das Einleiten von Abwasser in Untergrundschichten, in denen das Grundwasser wegen seiner natürlichen Beschaffenheit für eine Trinkwassergewinnung mit den herkömmlichen Aufbereitungsverfahren nicht geeignet ist, nicht abgabepflichtig ist.

(3) Werden Abwasserbehandlungsanlagen errichtet oder erweitert, deren Betrieb eine Minderung der Fracht einer der bewerteten Schadstoffe und Schadstoffgruppen in einem zu behandelnden Abwasserstrom um mindestens 20 vom Hundert sowie eine Minderung der Gesamtschadstofffracht beim Einleiten in das Gewässer erwarten lässt, so können die für die Errichtung oder Erweiterung der Anlage entstandenen Aufwendungen mit der für die in den drei Jahren vor der vorgesehenen Inbetriebnahme der Anlage insgesamt für diese Einleitung geschuldeten Abgabe verrechnet werden. Dies gilt nicht für den nach § 4 Abs. 4 erhöhten Teil der Abgabe. Ist die Abgabe bereits gezahlt, besteht ein entsprechender Rückzahlungsanspruch; dieser Anspruch ist nicht zu verzinsen. Die Abgabe ist nachzuerheben, wenn die Anlage nicht in Betrieb genommen wird oder eine Minderung um mindestens 20 vom Hundert nicht erreicht wird. Die nacherhobene Abgabe ist rückwirkend vom Zeitpunkt der Fälligkeit an entsprechend § 238 der Abgabenordnung zu verzinsen.

(4) Für Anlagen, die das Abwasser vorhandener Einleitungen einer Abwasserbehandlungsanlage zuführen, die den Anforderungen des § 60 Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes entspricht oder angepasst wird, gilt Absatz 3 entsprechend mit der Maßgabe, dass bei den Einleitungen insgesamt eine Minderung der Schadstofffracht zu erwarten ist.

(5) Werden in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet Abwasseranlagen errichtet oder erweitert, deren Aufwendungen nach Absatz 3 oder 4 verrechnungsfähig sind, so können die Aufwendungen oder Leistungen hierzu nach Maßgabe der Absätze 3 und 4 auch mit Abwasserabgaben verrechnet werden, die der Abgabepflichtige für andere Einleitungen in diesem Gebiet bis zum Veranlagungsjahr 2005 schuldet.

Tatbestand

1

Die Antragsteller, die Eigentümer von Grundstücken im Gemeindegebiet der Antragsgegnerin sind, wenden sich gegen eine Satzung der Antragsgegnerin zur Erhebung eines allgemeinen Herstellungsbeitrages sowie eines sog. besonderen Herstellungsbeitrages (Herstellungsbeitrag II), jeweils für die Schmutzwasserbeseitigung.

2

Seit dem 1. Januar 2013 ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts der Antragsgegnerin, die Abwasserbeseitigung A-Stadt AöR, für die Abwasserentsorgung im Gebiet der Antragsgegnerin zuständig. Die Anstalt ist durch Formwechsel nach § 15a GKG LSA aus dem Zweckverband für Abwasserentsorgung A-Stadt gebildet worden. Der Zweckverband hatte nur Benutzungsgebühren für die Schmutzwasserbeseitigung erhoben. Auf der Grundlage einer vom Zweckverband erstmalig im Jahre 2012 erlassenen Herstellungsbeitragssatzung waren keine Beiträge erhoben worden. Zur Abwasserbeseitigung betreibt die Anstalt u.a. die Kläranlage A-Stadt. Bis zum Jahr 2000 wurde die Kläranlage zu einer biologisch arbeitenden Kläranlage mit 76.500 EW ausgebaut. Auf der Grundlage eines Genehmigungsbescheides vom 29. November 2012 erfolgte ein weiterer Ausbau der Kläranlage auf 125.000 EW. Am 9. Juli 2015 beschloss die Antragsgegnerin eine Satzung über die Erhebung von Beiträgen für die Schmutzwasserbeseitigung der Abwasserbeseitigung A-Stadt - Anstalt öffentlichen Rechts -, die im Amtsblatt der Antragsgegnerin vom 19. Juli 2015 bekannt gemacht wurde und am Tag nach ihrer öffentlichen Bekanntmachung in Kraft treten sollte. Darin wurde der Beitragssatz für den allgemeinen Herstellungsbeitrag auf 2,02 pro m2 der gewichteten beitragspflichtigen Grundstücksfläche und für den Herstellungsbeitrag II auf 0,73 pro m2 der gewichteten beitragspflichtigen Grundstücksfläche festgelegt. In der Kalkulation waren die höchstzulässigen Beitragssätze mit 2,38 € pro m2 (allgemeiner Herstellungsbeitrag) bzw. 0,86 € pro m2 (Herstellungsbeitrag II) ermittelt worden. Die Antragsteller, welche die Abwasserbeseitigung A-Stadt AöR zu einem allgemeinen Herstellungsbeitrag in Höhe von 1.670,90 € bzw. einem Herstellungsbeitrag II in Höhe von 247,62 € herangezogen hatte, haben am 22. Dezember 2015 einen Normenkontrollantrag gestellt, der sich ausdrücklich gegen die Anstalt richtete. In einem Erörterungstermin vom 4. Februar 2016 hat die Prozessbevollmächtigte der Antragsteller erklärt, dass sich der Antrag gegen die Körperschaft richten solle, welche die Satzung erlassen hat.

3

Die Antragsteller machen geltend, die Kosten für den Ausbau der nach dem damaligen Anlagenkonzept des Zweckverbandes und der Genehmigungsplanung bereits im Jahre 2000 endgültig hergestellten Kläranlage A-Stadt in Höhe von etwas über 13 Mio. € seien aus den beitragsfähigen Kosten für den allgemeinen Herstellungsbeitrag und den Herstellungsbeitrag II auszugliedern, weil es sich dabei um eine beitragsrechtliche Erweiterung gehandelt habe. Die Kläranlage sei im Jahr 2000 nach dem Willen des Trägers endgültig mit der geplanten Kapazität von 76.500 EW fertig gestellt gewesen. Die Bagatellgrenze von 3 % sei sehr deutlich überschritten, wobei auch der von der Antragsgegnerin beschlossene Deckungsgrad von 85 % zu berücksichtigen sei. Der Abzug des Kostenanteils von 15 % sei als bewusste Finanzierungsentscheidung anzusehen.

4

Die Inanspruchnahme dieser Kläranlage entfalle nach Angaben der Antragsgegnerin derzeit zu 70 % auf die Lebensmittelindustrie, vor allem den (T.)-Schlachthof, und zu 30 % auf kommunale Einleiter. Die Erweiterung auf 125.000 EW sei nach den Angaben in den Planungsunterlagen zu 100 % den industriellen Großeinleitern zuzurechnen. Produktionsabwässer aus Schlachthöfen seien auch extrem stark organisch belastet, was durch den Starkverschmutzerzuschlag im Rahmen der Gebührenerhebung deutlich werde. Nach der Kalkulation seien die kommunalen Einleiter mit ca. 97 % und die Großeinleiter mit ca. 3 % des beitragsfähigen Gesamtaufwands einschließlich der Erweiterungskosten belastet. So nehme der Großeinleiter (T.) 30 % der Anlagenkapazität in Anspruch und trage nur 1,63 % des Aufwands. Es liege damit ein Verstoß gegen den Vorteilsbegriff des § 6 Abs. 5 Satz 1 KAG LSA vor. Die Gleichbehandlung von kommunalen Einleitern und industriellen Großeinleitern nach einem Flächenmaßstab verstoße gegen den Grundsatz der Abgabengerechtigkeit und gegen das abgabenrechtliche Äquivalenzprinzip. Der Sachverhalt gebiete eine Differenzierung zwischen den kommunalen Einleitern und den vier Großeinleitern. Das Abstellen auf den Nutzungsumfang entspreche dem Grundanliegen des Beitragsrechts, die einem Grundstück gebotenen Vorteile zutreffend zu erfassen. Welcher grundsätzliche Fehler in dieser Betrachtungsweise liege, lasse die Antragsgegnerin offen. Jedenfalls könne die Bestimmung eines grundstücksbezogenen Vorteils nicht maßgeblich von den bauplanungsrechtlichen Ausweisungen abhängig gemacht werden. Die Gleichbehandlung der industriellen Einleiter mit den kommunalen Einleitern sei willkürlich. Der entscheidende Unterschied liege darin, dass den industriellen Einleitern neben dem Vorteil, sanitäre Abwässer zentral zu entsorgen, der auch den kommunalen Einleitern zugutekomme, zusätzlich der Vorteil geboten werde, ihre Produktionsabwässer in die zentrale Entsorgungsanlage einzuleiten und dadurch die Kläranlage vergleichsweise weit überproportional in Anspruch zu nehmen. Welche Schlussfolgerungen aus dem Vorbringen der Antragsgegnerin zu der - wohl rein rechnerischen - Kapazitätserhöhung von 76.500 EW im Jahr 2000 auf angeblich 99.050 EW im Jahr 2013 zu ziehen seien, bleibe offen. Ob diese Angaben zutreffend seien, habe nicht nachgeprüft werden können. Als Mehrkosten seien die Kosten für die Kläranlagenerweiterung anzusehen sowie die Kosten, die nach dem Vortrag der Antragsgegnerin zwar von (T.) getragen worden sein sollen, aber als Abzugsposten nicht aufgeführt seien. Die in einem von der Antragsgegnerin eingeholten Gutachten dargelegte Anwendung des Grundsatzes der Typengerechtigkeit komme schon nicht in Betracht. Abgesehen davon, dass die Antragsgegnerin durch die Vorgabe einer bestimmten Berechnungsweise die Erstellung eines eigenständigen Gutachtens ohnehin von vornherein verhindert habe, sei die 10%-Grenze auch nach dem im Gutachten angeführten Beispiel eigentlich überschritten. Allerdings sei der Gutachter in seiner Vergleichsrechnung für die tatsächlich geplante Kläranlage systemisch verfehlt von anderen Annahmen ausgegangen als für die fiktiv berechnete Kläranlage und habe dabei die von ihm für mitentscheidend gehaltene Flächenverteilung vollkommen außer Betracht gelassen. In dem Gutachten werde die Preisbasis für die Herstellung der Kläranlage in den Jahren nach 1994 vermischt mit den fast 20 Jahre später anfallenden aktuellen Kosten der Erweiterung und die Teuerungsrate werde vernachlässigt. Zudem habe der Gutachter zu Unrecht bei der Ermittlung der fiktiven Kläranlage ohne Großeinleiter Fördermittel für industrielle Einleiter nicht berücksichtigt.

5

Auch aus anderen Gründen liege ein Verstoß gegen das Aufwandsüberschreitungsverbot des § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA vor.

6

Eine eigentlich gebotene Prüfung, ob die beiden Regenüberlaufbecken mit Kosten von insgesamt 8,5 Mio. € nicht vollständig der Niederschlagsentwässerung dienten, sei der Kalkulation nicht zu entnehmen. Darüber hinaus sei der angesetzte Anteil von 43,47 % für die Schmutzwasserbeseitigung zu hoch, da ein Regenrückhaltebecken nur und ausschließlich zur Regulierung des Zulaufs zur Kläranlage bei Regenwetter benötigt werde. Die Problematik des Fremdwassers sei, soweit ersichtlich, nicht erkannt bzw. gewürdigt worden, obwohl gerade das Verbandsgebiet mit seiner Lage im Einzugsgebiet der Saale stärker als das anderer Verbände betroffen sei. Die Antragsgegnerin habe auch noch immer zu der von dem Anlagenbetreiber pflichtgemäß jährlich zu ermittelnden Fremdwassermenge nichts schriftliches vorgelegt, sondern beschränke sich auf eine durch nichts belegte Angabe von Prozentsätzen, deren Richtigkeit sie unter Hinweis auf die anderslautenden bekannten Planungsunterlagen sowie auf das Vorliegen schriftlicher Unterlagen bei der Abwasserbeseitigung A-Stadt AöR bezweifelten. Der Aufwand, der der Beseitigung und Behandlung von Fremdwasser zuzurechnen sei, hätte aus dem Aufwand für die Schmutzwasserbeseitigung ausgeklammert werden müssen. Da die Dimensionierung der reinen Schmutzwasserleitungen nach dem gültigen Regelwerk wegen des Fremdwasseranfalls um 100% größer ausgefallen sei, seien die Aufwendungen für die Herstellung von Schmutzwasserkanälen zu 50% auszugliedern. Die Kosten für die Kanalsanierungen dürften nur bedingt einbezogen werden, weil dadurch (zumindest auch) Erhaltungsaufwand für Instandsetzung und -haltung, mithin dem Gebührenbereich zuzuordnende Kosten, als beitragsfähige Investitionskosten behandelt würden. Da die Aufwandsermittlung betriebswirtschaftlichen Grundsätzen folgen solle, könne die Zuordnung des Aufwands nicht dem freien Ermessen der abgabenerhebenden Körperschaft überlassen bleiben. Die Kosten könnten daher allenfalls als Erneuerungsaufwand angesehen werden. Selbst wenn man davon ausginge, die übernommenen Altanlagen seien noch nicht hergestellt, wäre jedenfalls eine Erhebung des Herstellungsbeitrags II derzeit unzulässig, weil das Alt-Kanalnetz lediglich als Provisorium zu betrachten wäre, das nicht geeignet sei, eine Beitragspflicht auszulösen. Den Kalkulationsunterlagen könnten keine Angaben zum Kanalbestand mit Art, Ausführung, Herstellungsjahr usw. entnommen werden und auch nicht zu der Frage, ob die Übernahme entgeltlich oder unentgeltlich erfolgt sei. Damit sei keine Prüfung möglich, ob Kosten für Kanäle zu Recht angesetzt worden seien. Es handele sich um einen systematischen Fehler. Aus den Unterlagen zur Planung im Jahr 1994 ergäben sich Anhaltspunkte für eine abweichende Referenzgröße zur Bestimmung des „Anteilsfaktors“, mit dem der anteilige Aufwand für Altanschließer berechnet worden sei. Der Kalkulation lasse sich nicht entnehmen, ob bzw. in welcher Weise ein Kostenanteil für die Mitbenutzung der Schmutzwasserbeseitigungsanlage durch die Autobahnsiedlung (Z.) abgesetzt worden sei; insoweit sei kein Flächenanteil angesetzt worden. Die vorgelegte Vergleichsermittlung sei unbrauchbar, weil lediglich Flächen, jedoch kein Aufwand dargestellt sei, so dass eine nachvollziehbare Grundlage für eine Nachberechnung fehle. Bis 2000 und danach habe der Zweckverband bzw. der von ihm beauftragte Betriebsführer, die Stadtwerke A-Stadt GmbH, pflichtwidrig keine Fördermittel für die Herstellung der Kläranlage beantragt, obwohl mit einer Förderung von bis zu 68 % der Herstellungskosten habe sicher gerechnet werden können. Die Beitragspflichtigen seien entsprechend zu entlasten, nachdem der Anstalt Schadensersatzansprüche in Höhe der nicht realisierten Fördermittel zustünden. Infolge des pflichtwidrig fehlerhaften Anlagebetriebes mindestens in den Jahren 2006 bis 2011 und der Festsetzung von erhöhten Abwasserabgaben von ca. 10 Mio. € gegen den Zweckverband hätten allein von 2007 bis 2009 mind. 582.527,47 € nicht gem. § 10 Abs. 4 AbwAG verrechnet werden können, weil die Anlage nicht entsprechend den Anforderungen des § 18b WHG betrieben worden sei. Das gleiche gelte für die Folgejahre, wobei die Beträge nicht bekannt seien. Auch diesbezüglich führe die Anstalt zivilrechtliche Schadensersatzverfahren gegen den ehemaligen Betriebsführer. Die Beitragspflichtigen seien so zu stellen, wie sie stehen würden, wenn sich der Zweckverband pflichtgemäß verhalten hätte. Außerdem habe die Anstalt bei der Angabe der Kostenerstattung einen wesentlich zu niedrigen Betrag angesetzt. Ausgewiesen seien für den Abzug bei „Kostenerstattungen“ für Kanäle nur 236.480,66 €. Die Kostenbeteiligung der Antragsgegnerin für „Herstellung und Erneuerung Entwässerungskanalisation für öffentliche Straßen in der Straßenbaulast der Stadt Weißenfels“ sowie für „Baukostenzuschüsse“ sei viel höher. Zudem seien die bislang übersandten Unterlagen derart unvollständig, dass eine gewissenhafte Überprüfung der sachlichen Richtigkeit des Kalkulationsergebnisses nicht gewährleistet sei. Es sei die Vorlage weiterer Unterlagen erforderlich. Dies betreffe fehlende Fördermittelbescheide, sog. MIDEWA-Verträge, Nachweise über die durch Gebühren erwirtschafteten Abschreibungen, Angaben zur Verrechnung von Investitionsaufwand mit der Abwasserabgabe sowie Nachweise zu Kostenerstattungen.

7

Weitere Einwendungen beträfen den „Grundsatz der konkreten Vollständigkeit“. Eine Präklusion durch die zeitlich früher abgegebene Erklärung, wonach der Normkontrollantrag auf die Unwirksamkeit der Beitragssatzermittlung gestützt werden solle, bestehe nicht. Die maßgeblichen Entscheidungen seien seinerzeit noch nicht bekannt gewesen und die anstehenden Fragen seien durch das Gericht unabhängig vom Parteivortrag von Amts wegen einer Prüfung zu unterziehen. Hinsichtlich der Satzungsregelungen zur Ermittlung der maßgeblichen Zahl der Vollgeschosse in § 4 Abs. 4 der angegriffenen Satzung vom 9. Juli 2015 - BS 2015 - liege eine Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor. Die Regelungen zur Zahl der Vollgeschosse für Bebauungsplangebiete seien unvollständig. Die Vollgeschossdefinition sei unvollständig, weil es an einer Regelung für die Fälle fehle, in denen sich nach der Auffangregelung des § 4 Abs. 2 Nr. 4 BS 2015 eine Zahl von „Null“ Vollgeschossen ergebe. Die „Höhe der baulichen Anlagen“ in § 4 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. b und Nr. 3 BS 2015 werde im Hinblick auf Firsthöhe bzw. Traufhöhe nicht spezifiziert. Auch hier könne bei der Anwendung der Berechnungsvorschrift das Ergebnis „Null“ lauten, zumal ausdrücklich bestimmt sei, dass auf ganze Zahlen abgerundet werden müsse. § 4 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. e Unterbuchst. cc BS 2015 sei unklar und deshalb nicht anwendbar. Soweit in der Satzung zur Bestimmung der maßgeblichen Zahl der Vollgeschosse auf die „in der näheren Umgebung überwiegend“ vorhandenen Vollgeschosse abgestellt werde, fehle im Hinblick auf § 34 BauGB der Bezug zu dem Umfang der Inanspruchnahmemöglichkeit der öffentlichen Einrichtung. Die Auswirkungen der unvollständigen Maßstabsregelungen erstreckten sich infolge der Bezugnahme in § 4 Abs. 5 BS 2015 auf alle Grundstücke im Geltungsbereich von Satzungen nach § 34 Abs. 4 BauGB oder nach § 35 Abs. 6 BauGB. Für bestimmte Grundstücke (z.B. Dauerkleingärten und Friedhöfe) fehle eine satzungsrechtliche Festlegung der maßgeblichen Grundstücksfläche für den Fall, dass sie über die Grenzen des Bebauungsplanes bzw. der Innenbereichssatzung nach § 34 Abs. 4 BauGB bzw. über die Grenzen des Innenbereichs hinaus genutzt würden.

8

Die Antragsteller beantragen,

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die Satzung der Antragsgegnerin über die Erhebung von Beiträgen für die Schmutzwasserbeseitigung der Abwasserbeseitigung A-Stadt - Anstalt öffentlichen Rechts - vom 9. Juli 2015 für unwirksam zu erklären.

10

Die Antragsgegnerin beantragt,

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den Antrag abzulehnen.

12

Sie macht geltend, die Antragsteller hätten ihren Antrag, der erst auf Grund der im Februar 2016 erfolgten Klageänderung gegen sie rechtshängig sei, zunächst konkludent und später ausdrücklich mit Schriftsatz vom 30. August 2016 auf die Beitragssatzregelung des § 5 BS 2015 beschränkt. Die mit Schriftsatz vom 25. Juli 2018 erfolgte Erweiterung des Normenkontrollantrags auf verschiedene Regelungen des § 4 BS 2015 sei deshalb der Überprüfung durch das Gericht entzogen. Dieser Schriftsatz sei ihr schon nicht entsprechend den Vorgaben der Verwaltungsgerichtsordnung durch das Gericht zugestellt worden. Weiterhin werde einer Antragserweiterung nicht zugestimmt; diese sei auch nicht sachdienlich. Schließlich sei die Antragserweiterung verfristet und die Antragsteller hätten durch ihre Erklärung im Hinblick auf andere Gründe der Unwirksamkeit explizit auf das Antragsrecht und eine Überprüfung verzichtet.

13

§ 5 BS 2015 sei rechtmäßig. Die Kosten für die Erweiterung der Kläranlage A-Stadt hätten in den Herstellungsbeitrag miteinbezogen werden dürfen, da maßgeblich allein das Abwasserbeseitigungskonzept mit dem darin enthaltenen Schmutzwasserbeseitigungskonzept sei. Nach dieser Konzeption sei die Kläranlage noch nicht fertig hergestellt gewesen. Die Wirksamkeit der Beitragssatzfestlegung sei dadurch, dass zur Berücksichtigung von Prognoserisiken nur 85 % des kalkulatorisch ermittelten höchstzulässigen Beitragssatzes festgelegt worden seien, nicht berührt. Ein Beitragssatz, der hinter dem höchstzulässigen Beitragssatz zurückbleibe, führe nicht zur Unwirksamkeit der Satzung.

14

Die tatsächlichen Behauptungen der Antragsteller seien teilweise unzutreffend. Die Kläranlage sei in den Jahren 2013 bis 2015 nur von 99.050 EW auf 125.000 EW ausgebaut worden. Zu berücksichtigen seien zwischenzeitlich durchgeführte, nicht planfeststellungs- oder wasserrechtlich genehmigungsbedürftige Erweiterungsmaßnahmen sowie Kapazitätsnachberechnungen. Daher sei die Schlussfolgerung der Antragsteller falsch, dass die Erweiterung zu 100 % den Großeinleitern zuzurechnen sei. Auch die von den Antragstellern genannte Verteilung der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung mit 70 % für die industriellen Einleiter und 30 % für die sonstigen Einleiter sei falsch. Eine erhöhte Schmutzfracht durch Produktionsabwasser des Schlachthofes sei auf Grund der fleischwerkeigenen Vorbehandlung nicht gegeben. Es habe vielmehr kommunale Qualität.

15

Das Vorteilsprinzip sei nicht verletzt. Ausgehend vom Prinzip der Solidargemeinschaft werde es üblicherweise weder für erforderlich gehalten, Aufwand für bestimmte Benutzer/Benutzergruppen auszugliedern, noch unterschiedliche Beitragssätze zu bilden. Der Einwohnerzahl-Einwohnergleichwert-Kostenvergleich sei auch methodisch unhaltbar. Verfehlt sei weiterhin die Berufung darauf, dass im Gebührenrecht differenzierte Gebührensätze gemäß dem Gebot der Leistungsproportionalität möglich seien. Ein Zwang zum Abschluss von Mehrkostenvereinbarungen zwischen der beitragserhebenden Körperschaft und am Ort vorhandenen Großeinleitern, die besonders viel oder besonders stark verschmutztes Abwasser lieferten, bestehe im Rahmen der Heranziehung zu Herstellungsbeiträgen nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts nicht. Bei dem Vorteil gehe es um (subjektive) Gebrauchs- und Nutzungswerte; ein genereller Gewerbezuschlag komme aber nicht in Betracht. Die Art der baulichen Nutzung sei entgegen der Auffassung der Antragsteller kein geeignetes Abgrenzungs- und Differenzierungskriterium. In ihrem Gebiet seien auch keine konkreten bauplanungsrechtlichen Festlegungen für Gebiete mit besonders abwasserintensiven Industrien o.ä. getroffen worden, die dem Satzungsgeber auf Grund der dadurch für bestimmte Grundstücke dauerhaft festgeschriebenen Vorteilslage von vornherein eine entsprechende grundstücksbezogene Gruppenbildung aufdrängen würde.

16

Zur Beantwortung der Frage, ob nicht ausnahmsweise doch eine - wie auch immer geartete - Differenzierung bei der Beitragsbemessung unter besonderer Berücksichtigung der abwasserintensiven Industrie erforderlich sei, sei ein Sachverständigengutachten eingeholt worden. Zum Vergleich seien die Investitionskosten ermittelt worden, die angefallen wären, wenn die öffentliche Einrichtung ausschließlich an kommunalen Zwecken ausgerichtet und ein dementsprechendes Netz sowie eine hierfür auskömmliche kleinere Kläranlage mit einer Kapazität von 50.000 Einwohnerwerten errichtet worden wäre. Eine Differenzierung sei danach nicht zwingend gewesen, da die industriebedingten Mehrkosten innerhalb der anerkannten Typisierungsgrenzen von 10 - 12 % lägen. Außerdem wären die rechtlichen Risiken zu groß gewesen, wenn sie sich für eine Differenzierung entschieden hätte. Die Kritik der Antragsteller an dem Gutachten sei nicht substanziiert; sie könnten nicht darlegen, dass sie den ihr zustehenden Beurteilungs- und Bewertungsspielraum überschritten habe. Ein Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip sei nicht gegeben. Das Vorteilsprinzip werde durch die Beitragsfestsetzung gewahrt. Eine sonstige gröbliche Störung des Ausgleichsverhältnisses sei nicht dargetan und liege auch nicht vor.

17

Das Aufwandsüberschreitungsverbot sei ebenfalls nicht verletzt.

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Die Regenüberlaufbecken seien direkter Bestandteil der Mischwasserkanalisation. Daher sei es folgerichtig, dass für den Mischwasserkanal wie für diese Becken die Kostenverteilungsschlüssel nach der Drei-Kanal-Methode angewandt würden, um den Kostenanteil der Niederschlagswasserbeseitigung als Abzugskapital festzustellen. Dass die Becken nur mit einem Anteil von 11 % anzusetzen seien, könnten die Antragsteller nicht belegen, so dass der Einwand insoweit unsubstanziiert bleibe. Eine auf § 6 Abs. 5 Satz 4 KAG LSA beruhende Ausscheidung von Kosten für die Beseitigung von sog. Fremdwasser werde von der herrschenden Rechtsprechung bereits im Ansatz verneint. Zudem könne es sich nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts allenfalls um Materialkosten handeln, die zu einer marginalen Steigerung der Herstellungskosten führten. Im Übrigen seien sie und ihre Aufgabenträgerin insoweit nicht untätig geblieben. Habe die Planung des Jahres 1994 noch einen Fremdwasseranteil von 40 - 50 % berücksichtigt, sei in der Planung 2011 nur noch ein Anteil von 20 % eingestellt worden; aktuell sei der Fremdwasseranteil noch niedriger. Auch die Kanalsanierungskosten für die in das Abwasserbeseitigungskonzept aufgenommenen Kanalbaumaßnahmen seien nach einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts vom 28. Oktober 2009 dem Herstellungsaufwand zuzurechnen. Die Frage, ob es sich bei den Altkanälen um Provisorien gehandelt habe, spiele nur bei der konkreten Beitragserhebung eine Rolle. Das Vorbringen der Antragsteller zur richtigen Referenzgröße zur Ermittlung des Anteilsfaktors für die Altanschließer beruhe auf einem Missverständnis. Die durch die Anstalt entsorgten Grundstücke der sog. Autobahnsiedlung (Z.) seien in die Flächenermittlung aufgenommen worden. Die Einbeziehung des darauf entfallenden Aufwandes und der Flächen sei als Prognoseentscheidung nicht zu beanstanden, weil mit allen Beteiligten eine Aufgabenübertragung bereits abgesprochen gewesen sei. Aber selbst bei einer Herausnahme sei ausweislich einer vorgenommenen Nachberechnung der höchstzulässige Beitragssatz des allgemeinen Herstellungsbeitrages nicht überschritten. Im Gegensatz zur Darstellung der Antragsteller habe sich der ehemals zuständige Zweckverband für den Neubau der Kläranlage Ende der 90er Jahre in erheblichem Maße um Fördermittel bemüht. Mit vier Anträgen seien zwischen 1995 und 1996 Mittel in einem Gesamtvolumen von etwas mehr als 126 Mio. € beantragt worden. Die Forderung der Antragsteller, den beitragsfähigen Aufwand zu mindern, sei unsubstanziiert, konkrete Versäumnisse hätten sie nicht benennen können. Die GRW-Mittel seien deshalb abgelehnt worden, weil der gewerbliche Anteil der Einleiter für nicht ausreichend erachtet worden sei. Das Aufwandsüberschreitungsverbot sei auch nicht hinsichtlich der erhöhten Abwasserabgaben bzw. der abgelehnten Verrechenbarkeit verletzt. Die Abwasserabgabezahlungen stellten schon keinen Herstellungsaufwand dar und seien daher nicht in den Herstellungsaufwand eingeflossen. Die gegen den Zweckverband gerichteten Forderungen seien sämtlich von ihr geleistet worden. Die sog. Verrechenbarkeit der Abwasserabgabe führe nicht zu einer unmittelbaren Minderung der Investitionskosten für die öffentliche Einrichtung. Die Verrechnung sei allenfalls gebühren-, aber nicht investitionskosten- und damit auch nicht beitragsrelevant. Sei also schon die tatsächlich verrechnete Abwasserabgabe nicht beitragsrelevant, gelte dies umso mehr für die nicht verrechnete Abgabe. Zusätzliche Fördermittel seien nicht zu berücksichtigen. Die in einem MZ-Artikel genannten 15 Mio. € seien vom Land Sachsen-Anhalt außerplanmäßig gewährt worden. Von 15 geförderten Maßnahmen hätte acht ganz und drei teilweise die Niederschlagswasserkanalisation betroffen. Die Bewilligung für Maßnahmen an der Schmutzwasserkanalisation sei im Zeitpunkt der Fertigstellung der Globalkalkulation am 6. Mai 2015 nicht absehbar gewesen, so dass sie nicht, auch nicht prognostisch, in Ansatz hätten gebracht werden können. Denn nicht nur sei die Gewährung von einer hochwasserbedingten Schädigung der Anlagen abhängig gewesen, sondern auch davon, dass in Abhängigkeit von allen anderen Antragstellern hinreichende Haushaltsmittel zur Verfügung gestanden hätten. Darüber hinaus wäre auch bei einer Berücksichtigung der Fördermittel das Aufwandsüberschreitungsverbot nicht verletzt. Aus dem Beteiligungsbericht 2015 für das Geschäftsjahr 2014 ergebe sich auch nicht, dass die Anstalt für die Jahre 2014 und 2015 mit Fördermitteln in Höhe von 14,8 Mio. € gerechnet habe. Außerdem seien nur die Fördermittel einzuberechnen, welche die Schmutzwasserbeseitigung beträfen. Falsch sei die Auffassung, es seien zu wenige Kostenerstattungen in Abzug gebracht worden und es seien auch die Kostenerstattungen der Stadt als Straßenbaulastträgerin zu berücksichtigen. Die Kostenerstattungen der Straßenbaulastträger, welche die Niederschlagswasserentsorgung beträfen, seien nicht gesondert zu berücksichtigen, weil diese Kostenanteile von vornherein ausgegliedert worden seien. Solche Erstattungen beträfen allein das Innenverhältnis zwischen dem Träger der Straßenbaulast und der Anstalt. Weitere Unterlagen als die bislang überreichten müsse sie nicht vorlegen.

19

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Beiakten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe

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Der Normenkontrollantrag ist ganz überwiegend zulässig (I.) und insoweit auch begründet (II.).

21

I. Der Antrag ist fristgerecht innerhalb eines Jahres nach der Bekanntmachung der angegriffenen Satzung über die Erhebung von Beiträgen für die Schmutzwasserbeseitigung der Abwasserbeseitigung A-Stadt - Anstalt öffentlichen Rechts - vom 9. Juli 2015 - BS 2015 - gestellt worden. Die Antragsteller können auch als Grundstückseigentümer, die mit noch nicht bestandskräftigen Bescheiden auf der Grundlage der Satzung zu einem allgemeinen Herstellungsbeitrag bzw. zu einem Herstellungsbeitrag II herangezogen worden sind, geltend machen, durch die Anwendung der Regelungen in der Satzung i.S.d. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO in ihren Rechten verletzt zu sein.

22

Die Antragsgegnerin hat i.S.d. § 47 Abs. 2 Satz 2 VwGO die Satzung erlassen. Insoweit haben die Antragsteller im gerichtlichen Verfahren eine subjektive Antragsänderung vorgenommen. Bei der Erklärung der Prozessbevollmächtigten der Antragsteller in dem Erörterungstermin, mit der erst die Antragsgegnerin benannt worden ist, handelt es sich nicht um eine Klarstellung bzw. eine die Identität des Beteiligten nicht berührende Berichtigung der Parteibezeichnung (vgl. BVerwG, Urt. v. 18. Dezember 2002 - 8 C 3.02 -, zit. nach JURIS; Eyermann, VwGO, 14. A., § 91 Rdnr. 22). Der Antrag hatte sich zunächst ausdrücklich gegen die Abwasserbeseitigung A-Stadt AöR als eigenständige juristische Person (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 AnstG LSA; vgl. auch § 47 Abs. 2 Satz 2 VwGO) gerichtet. Aus der Begründung des Antrags ergab sich insbesondere auch nicht, dass die Körperschaft als Antragsgegner benannt werden sollte, welche die Satzung erlassen hat und sich die Antragsteller lediglich in der Bezeichnung geirrt haben. Eine analoge Anwendung des § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO kommt nicht in Betracht, da es sich dabei um eine auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen zugeschnittene Norm handelt und § 47 Abs. 2 Satz 2 VwGO für Normenkontrollverfahren eine eigenständige Regelung trifft. Die Auswechslung des Antragsgegners, die innerhalb der Jahresfrist erfolgt ist, ist vielmehr wie eine Klageänderung i.S.d. § 91 VwGO zu behandeln (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20. Januar 1993 - 7 B 158.92 -; VGH Hessen, Beschl. v. 5. August 1987 - 5 N 538/85 -, jeweils zit. nach JURIS). § 91 VwGO ist im Normenkontrollverfahren entsprechend anzuwenden (BVerwG, Urt. v. 8. Dezember 2016 - 4 CN 4.16 -, zit. nach JURIS; Sodan/Ziekow, VwGO, 4. A., § 91 Rdnr. 4, m.w.N.; Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 91 Rdnr. 94). Diese subjektive Antragsänderung ist zulässig, weil sich die Beteiligten rügelos auf sie eingelassen haben (§ 91 Abs. 2 VwGO); sie wäre im Übrigen auch sachdienlich i.S.d. § 91 Abs. 1 VwGO.

23

Dass die Antragsteller mit Schriftsatz vom 25. Juli 2018 noch weitere Einwendungen gegen die Satzung erhoben haben, führt nicht zu einer teilweisen Unzulässigkeit des Antrags. Der Normenkontrollantrag richtete sich entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin von vornherein nicht nur gegen § 5 Abs. 1 und 2 BS 2015, mit dem die Beitragssätze festgelegt werden. Vielmehr war der Antrag umfassend gestellt; lediglich die Begründung beschränkte sich ausdrücklich auf Einwendungen gegen einzelne Satzungsregelungen. Auch die Erklärung der Antragsteller mit Schriftsatz vom 30. August 2016, dass die Unwirksamkeit der Satzung auf die Fehlerhaftigkeit der Beitragssätze gestützt und andere zeitweilig in Betracht gezogene andere Unwirksamkeitsgründe nicht geltend gemacht werden sollten, betraf allein die Begründung des Antrags und nicht dessen Gegenstand. Dies ergibt sich schon daraus, dass dieser Schriftsatz auf eine Aufforderung des Berichterstatters mit Verfügung vom 8. August 2016 erfolgte. Danach sollten die Antragsteller, falls sie eine Unwirksamkeit der Satzung auch aus anderen Gründen annähmen, diese Einwendungen nunmehr erheben, damit die Antragsgegnerin insoweit Stellung nehmen könne. Im Übrigen wäre eine Antragsbeschränkung auf die Regelung des § 5 Abs. 1 und 2 BS 2015 sinnlos gewesen, da bei einer Rechtswidrigkeit dieser Bestimmungen die Satzung ohnehin gesamtnichtig ist.

24

Soweit mit dem Antrag § 15 Abs. 1 und 2 BS 2015 angegriffen wird, ist er allerdings unzulässig. Danach stellt die Nichterfüllung bestimmter Pflichten aus den §§ 12 und 13 BS 2015 jeweils eine Ordnungswidrigkeit dar und kann mit einer Geldbuße in einer bestimmten Höhe geahndet werden. Gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Oberverwaltungsgericht im „Rahmen seiner Gerichtsbarkeit“ über die Gültigkeit von bestimmten Rechtsvorschriften. Dies hat zur Folge, dass Vorschriften rein ordnungswidrigkeitsrechtlichen Inhalts nicht der Prüfung im Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO unterliegen, weil gegen die auf solche Normen gestützten Bußgeldbescheide nach § 68 OWiG allein die ordentlichen Gerichte angerufen werden können (vgl. BVerwG, Urt. v. 17. Februar 2005 - 7 CN 6.04 -, zit. nach JURIS; OVG Sachsen-Anhalt, Urteile vom 21. Februar 2017 - 4 K 168/14 - und - 4 K 185/16 -, jeweils zit. nach JURIS, m.w.N.). Da § 15 Abs. 1 und 2 BS 2015 über die Festlegung als bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeitenbestimmung keinen weiteren Regelungsinhalt hat, ist für seine Überprüfung der Verwaltungsrechtsweg nicht eröffnet.

25

II. Soweit er zulässig ist, ist der Antrag begründet.

26

Die von den Antragstellern erhobenen Einwendungen sind zwar nicht durchgreifend (1. - 2.). Die §§ 1 bis 14, 15 Abs. 3 und 16 BS 2015 sind aber deshalb ungültig (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO), da die in § 5 Abs. 1 und 2 BS 2015 festgesetzten Beitragssätze die jeweils höchstzulässigen Beitragssätze in einem solchen Umfang unterschreiten, dass eine zur Gesamtnichtigkeit der Satzung führende Verletzung der Beitragserhebungspflicht des § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA vorliegt (3.). Auf die Fehlerhaftigkeit der von den Antragstellern gerügten Bestimmungen des § 4 BS 2015 kommt es danach nicht mehr an (4.).

27

1. Die Gleichbehandlung von kommunalen Einleitern und industriellen Großeinleitern nach dem Vollgeschossmaßstab des § 4 BS 2015 verstößt entgegen der Auffassung der Antragsteller weder gegen das Vorteilsprinzip (a) noch gegen das abgabenrechtliche Äquivalenzprinzip (b) noch gegen den Gleichheitsgrundsatz (c).

28

Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 BS 2015 werden der allgemeine Herstellungsbeitrag und der Herstellungsbeitrag II nach einem nutzungsbezogenen Flächenmaßstab berechnet, der im Wesentlichen auf die (zulässige) Zahl der Vollgeschosse (§ 4 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 4 BS 2015) sowie die Grundstücksfläche nach ihrer baulichen oder gewerblichen Nutzbarkeit (§ 4 Abs. 3 BS 2015) abstellt (sog. Vollgeschossmaßstab).

29

a) Nach sachsen-anhaltischem Landesrecht ist von einem eher aufgabenbezogenen Begriff der öffentlichen Einrichtung auszugehen (so OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 28. September 2009 - 4 K 356/08 -, zit. nach JURIS). Ein Vorteil i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 KAG LSA besteht (jedenfalls) dann, wenn mit der Anschlussnahme an die Einrichtung bzw. der Möglichkeit dazu eine grundsätzliche Erhöhung des Gebrauchs- und Nutzungswertes und dadurch des Verkehrswertes des Grundstückes verbunden ist. Es handelt sich dabei um einen durch die (Möglichkeit der) Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung vermittelten besonderen wirtschaftlichen Nutzen, der den objektiven Gebrauchswert des Grundstückes steigert, ohne dass es von Belang wäre, ob der Wertzuwachs konkret bezifferbar ist, sofern das Grundstück nach der Verkehrsauffassung in seinem Wert steigt. Da der Beitrag nach § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA also den durch die Anschlussnahme bzw. die Möglichkeit der Anschlussnahme der Einrichtung vermittelten Vorteil abgelten soll, ist nach dem Kommunalabgabengesetz Sachsen-Anhalt im Anschlussbeitragsrecht bei der Vorteilsbemessung i.S.d. § 6 Abs. 5 Satz 1 KAG LSA vorrangig den Unterschieden in der wahrscheinlichen Inanspruchnahme der Einrichtung Rechnung zu tragen. Daraus folgt, dass hinsichtlich der Schmutzwasserbeseitigung neben der anrechenbaren Grundstücksfläche auch die Anzahl der (zulässigen) Vollgeschosse berücksichtigt werden darf. Denn insoweit vergrößert sich mit steigender baulicher Nutzung und zu erwartendem steigenden Schmutzwasseranfall auch der Gebrauchs- und Nutzungswert eines Grundstückes (so OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v 5. Mai 2011 - 4 L 175/09 -, zit. nach JURIS). Ein nutzungsbezogener Flächenmaßstab und damit auch der in der angegriffenen Satzung verwendete Vollgeschossmaßstab verstößt danach nicht gegen das Gebot, Beiträge nach Vorteilen zu bemessen (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 31. August 2005 - 4 M 255/05 -, m.w.N.; Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 8 Rdnr. 2166). Dass es einige wenige (industrielle) Großeinleiter gibt, zwingt unter Vorteilsgesichtspunkten schon nicht zu einer Änderung oder Ergänzung des Maßstabes oder zur Vornahme besonderer Vereinbarungen mit diesen Großeinleitern, unabhängig von der Zulässigkeit solcher Regelungen und Vereinbarungen. Da vorrangig den Unterschieden in der wahrscheinlichen Inanspruchnahme der Einrichtung Rechnung zu tragen ist und daher die abwasserrelevante Nutzbarkeit eines Grundstückes Basis für den Beitragsmaßstab sein muss, kann es - anders als im Benutzungsgebührenrecht - nicht auf Art und Umfang der tatsächlichen Einleitung von Abwasser ankommen (vgl. auch OVG Thüringen, Urt. v. 17. November 2015 - 4 KO 252/12 -; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 13. November 2001 - 4 K 24/99 -, jeweils zit. nach JURIS). Ansonsten könnten unbebaute, aber bebaubare Grundstücke nicht herangezogen werden. Ein genereller Artzuschlag für gewerblich oder industriell genutzte bzw. nutzbare Grundstücke wäre mit § 6 Abs. 5 Satz 1 KAG LSA unvereinbar, da es keinen allgemeinen Erfahrungssatz gibt, dass von solchen Grundstücken aus die öffentliche Schmutzwasserbeseitigungseinrichtung typischerweise stärker als von Wohngrundstücken aus benutzt wird (OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 21. Dezember 2016 - 4 M 221/16 (4 M 171/16) -; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 2171; Rdnr. 1041; vgl. auch OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 31. August 2005 - 4 M 255/05 -, m.w.N.; Rosenzweig/Freese/v. Waldthausen, NdsKAG, § 6 Rdnr. 208, m.w.N.; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 12. November 2009 - 2 S 434/07 -, zit. nach JURIS; vgl. weiter BVerwG, Beschl. v. 30. April 1996 - 8 B 31.96 - und Beschl. v. 26. Juli 1993 - 8 B 85.93 -, jeweils zit. nach JURIS). Besondere Regelungen für Großeinleiter (vgl. z.B. § 20 Satz 1 SächsKAG; vgl. dazu Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 1184a) bestehen in Sachsen-Anhalt gerade nicht. Ein möglicher Sonderfall, der zu differenzierten Maßstabsregelungen zwingen könnte, wären planungsrechtliche Vorgaben, mit denen eine abwasserintensive Nutzungsmöglichkeit für bestimmte Grundstücke festgelegt wurde, wobei es nicht darauf ankommt, ob und inwieweit von der abwasserintensiven Nutzungsmöglichkeit tatsächlich Gebrauch gemacht wird (vgl. VGH Bayern, Urt. v. 22. Oktober 1998 - 23 B 96.4172 -, zit. nach JURIS). Dass solche Vorgaben im Satzungsgebiet bestehen, ist weder ersichtlich noch geltend gemacht. Die Antragsgegnerin hat dies vielmehr ausdrücklich bestritten.

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b) Eine Verletzung des Äquivalenzprinzips ist ebenfalls nicht gegeben. Es besagt als der auf den Beitrag bezogene Ausdruck des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgebots, dass der Beitrag nicht in einem Missverhältnis zu dem von der Verwaltung erbrachten Vorteil stehen darf; dabei schützt es nur vor einer gröblichen Störung des Ausgleichsverhältnisses zwischen dem Beitrag und dem einem Grundstück durch die öffentliche Einrichtung vermittelten Vorteil (BVerwG, Beschl. v. 15. April 2015 - 9 C 19.14 -; Beschl. v. 11. Dezember 2006 - 10 BN 3.06 -; OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 10. März 2011 - 4 L 67/09 -, jeweils zit. nach JURIS, m.w.N.). Diese Voraussetzung ist im Fall eines Beitragssatzes (vgl. § 5 Abs. 1 und 2 BS 2015) für die Schmutzwasserentsorgung von 2,02 € pro m2 der gewichteten beitragspflichtigen Grundstücksfläche (allgemeiner Herstellungsbeitrag) bzw. 0,73 € pro m2 der gewichteten beitragspflichtigen Grundstücksfläche (Herstellungsbeitrag II) keinesfalls erfüllt.

31

c) Der nutzungsbezogene Flächenmaßstab in der angegriffenen Beitragssatzung verstößt trotz des Fehlens weiterer Regelungen oder Vereinbarungen für (industrielle) Großeinleiter auch nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG (vgl. dazu allgemein OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 31. August 2005 - 4 M 255/05 -, m.w.N.). Dem landesrechtlichen Vorteilsbegriff werden bundesrechtlich durch den Gleichheitssatz und das Äquivalenzprinzip sehr weite Grenzen gezogen (so BVerwG, Beschl. v. 15. April 2015 - 9 C 19.14 -; Beschl. v. 22. März 2007 - 10 BN 5.06 -, jeweils zit. nach JURIS, m.w.N.). Soweit vertreten wird, dass der Gleichheitssatz es gebieten könnte, die Eigentümer solcher Grundstücke, die in besonders abwasserintensiver Weise genutzt werden, mit höheren Beiträgen zu belasten, wenn die ihretwegen erforderlich gewordene größere Dimensionierung und bessere Ausstattung der Kläranlage auch tatsächlich beitragsfähige Mehrkosten verursacht hat (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 12. November 2009 - 2 S 434/07 -; vgl. auch VGH Bayern, Beschl. v. 16. März 2005 - 23 BV 04.2295 -; VG Würzburg, Urt. v. 9. Mai 2012 - W 2 K 11.1038 -, jeweils zit. nach JURIS), folgt der Senat dem nicht (noch offen gelassen in OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 10. März 2011, a.a.O.). Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz könnte nur an die unterschiedlich hohen Einleitmengen von industriellen Großeinleitern und den übrigen Einleitern anknüpfen. Dass den Grundstücken dieser Großeinleiter durch die Schaffung der Anschlussmöglichkeit eine derartige Erhöhung des Gebrauchs- und Nutzungswerts zuteil werde, dass es grundsätzlich nicht mehr gerechtfertigt wäre, die entsprechend größeren Vorteile im Wege einer an sich zulässigen Typisierung zu vernachlässigen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 12. November 2009 a.a.O.), ist nach dem in Sachsen-Anhalt geltenden Vorteilsbegriff des § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 KAG LSA gerade nicht der Fall. Die Verursachung unterschiedlich hoher Aufwendungen trotz eines vergleichbaren beitragsrechtlichen Vorteils ist von vornherein ungeeignet, eine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG zu begründen. Denn das Kommunalabgabengesetz stellt mit § 6 Abs. 5 KAG LSA für die Beitragsbemessung bewusst nicht auf die durch das Grundstück verursachten Entsorgungskosten ab. Danach gilt nicht das Veranlassungsprinzip, sondern das Solidarprinzip, und jeder Grundstückseigentümer hat sich an den Kosten der Einrichtung nur in dem Umfang zu beteiligen, in dem sein Grundstück Vorteile von der Einrichtung hat (vgl. auch Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 2149; vgl. weiter OVG Schleswig-Holstein, Urt. v. 13. Januar 2011 - 2 LB 17/10 -; VGH Bayern, Urt. v. 23. Juli 2009 - 20 BV 08.1197 -, jeweils zit. nach JURIS).

32

d) Es kann danach offen bleiben, ob nach dem Grundsatz der Typengerechtigkeit (vgl. BVerwG, Beschl. v. 11. November 2011 - 9 B 41.11 -; Beschl. v. 24. September 2009 - 9 BN 1.09 -; vgl. auch OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 8. April 2008 - 4 L 181/07 -, jeweils zit. nach JURIS) eine Gleichbehandlung jedenfalls gerechtfertigt wäre. Die Anwendung dieses Grundsatzes wäre angesichts der erheblichen rechtlichen Schwierigkeiten, die mit zusätzlichen Regelungen oder besonderen Vereinbarungen verbunden wären, nicht ausgeschlossen (so i.E. auch VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 12. November 2009, a.a.O.; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 667i, m.w.N.).

33

2. Auch verstoßen die festgesetzten Beitragssätze in § 5 Abs. 1 und 2 BS 2015 nicht gegen das Aufwandsüberschreitungsverbot des § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA (vgl. dazu allgemein OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 29. April 2010 - 4 L 341/08 -, zit. nach JURIS).

34

Zum beitragsfähigen Aufwand gehört beim Herstellungsbeitrag der gesamte Aufwand, der notwendig ist, um die Einrichtung i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA zu schaffen. Dabei ist, um den Anforderungen des § 6 Abs. 6 Satz 3 KAG LSA zu genügen, lediglich der Aufwand abzuziehen, der notwendig geworden ist, um nach dem 15. Juni 1991 erstmals Grundstücken eine Anschlussmöglichkeit zu bieten (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 28. Oktober 2009 - 4 L 117/07 -, zit. nach JURIS, Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 2126).

35

a) Die Kosten für den zusätzlichen Ausbau der Kläranlage A-Stadt auf der Grundlage der im Jahr 2012 erteilten Genehmigung mussten nicht deshalb aus dem Aufwand für die streitbefangenen Herstellungsbeiträge ausgeschieden werden, weil die bis zum Jahr 2000 unstreitig ausgebaute Kläranlage schon zu diesem Zeitpunkt als Teileinrichtung fertig hergestellt worden war und es sich daher bei dem zusätzlichen Ausbau um eine Erweiterung der (Teil)Einrichtung handelte (so Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 2130, Rdnr. 975, 978).

36

Voraussetzung für die Herstellung einer öffentlichen leitungsgebundenen Einrichtung i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA zur Abwasserentsorgung ist die Aufstellung eines Abwasserbeseitigungskonzepts durch die abwasserbeseitigungspflichtige Körperschaft (so OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 28. Oktober 2009 - 4 L 117/07 -, zit. nach JURIS), so dass dieses Konzept auch entscheidend für die Frage ist, wann eine Einrichtung als fertig hergestellt zu betrachten ist. Denn das Abwasserbeseitigungskonzept ist maßgebend für den Umfang der (erstmaligen) Herstellung der Einrichtung und der Abgrenzung zu anderen beitragspflichtigen Maßnahmen. Zum beitragsfähigen Aufwand gehört beim Herstellungsbeitrag der gesamte Aufwand, der notwendig ist, um die Einrichtung entsprechend dem Abwasserbeseitigungskonzept zu schaffen und sie ist erst dann (fertig) hergestellt, wenn die Gesamtanlage in der gesamten Ausdehnung entsprechend dem Abwasserbeseitigungskonzept betriebsbereit geschaffen worden ist (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 28. Oktober 2009, a.a.O.; Urt. v. 19. Mai 2005 - 1 L 252/04 -, zit. nach JURIS; Driehaus, a.a.O. § 8 Rdnr. 2126; vgl. auch OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 5. Oktober 2011 - 4 L 172/11 -). Die Merkmale der erstmaligen Fertigstellung sind durch das Gesetz nicht vorgegeben; auch bedarf es dafür keiner Regelung in der Satzung. Vielmehr besteht bezüglich Art und Umfang der Maßnahmen und deren zeitlicher Durchführung ein als Planungsermessen bezeichneter Gestaltungsspielraum der insoweit verpflichteten Körperschaft, der seine Grenze erst im Willkürverbot findet (OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 29. April 2010 - 4 L 347/08 -, zit. nach JURIS).

37

Soweit die Antragsteller vortragen, dass nach der „Genehmigungsplanung und dem damaligen Anlagenkonzept des ZAW“ die Kläranlage bereits im Jahr 2000 erstmals endgültig hergestellt gewesen sei, obwohl das Kanalnetz noch nicht gleichzeitig mit der Kläranlage ebenfalls erstmalig hergestellt gewesen sei, machen sie schon nicht geltend, dass es sich dabei um ein Abwasserbeseitigungskonzept gehandelt habe. Dem ersten für das Gebiet der Antragsgegnerin erstellten Abwasserbeseitigungskonzept des Zweckverbandes für Abwasserentsorgung A-Stadt vom 11. Dezember 2006 lässt sich nicht in hinreichender Weise entnehmen, dass der Verband die Kläranlage schon im Jahr 2000 als bereits fertig hergestellt ansah. Vielmehr wird in dem Erläuterungsbericht ausdrücklich darauf verwiesen, dass im Rahmen der Erweiterung des Schlachthofes in A-Stadt der Ausbau der Verbandskläranlage auf 114.750 EW geplant sei. Der Umstand, dass in dem Erläuterungsbericht und auch der dazugehörenden Tabellenübersicht der Klärwerke von einer „Erweiterung“ der Kläranlage gesprochen wird, steht dem nicht entgegen. Es handelt sich dabei ersichtlich um einen untechnischen Gebrauch dieser Formulierung als Synonym für den im Zusammenhang mit der Kläranlage mehrfach benutzten Begriff „Ausbau“ (vgl. im Gegensatz dazu OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 29. April 2010, a.a.O., in dem ein „Erneuerungskonzept“ aufgestellt worden war).

38

Ob trotz Fehlens eines Abwasserbeseitigungskonzeptes eine Kläranlage schon als Teileinrichtung als fertig hergestellt betrachtet werden kann, muss nicht im Einzelnen geklärt werden. Jedenfalls müsste eine mit einem Abwasserbeseitigungskonzept insoweit vergleichbare, für Dritte erkennbare und schriftlich fixierte Willensäußerung der zuständigen Körperschaft vorliegen, ab wann die Kläranlage vor der Herstellung der gesamten Einrichtung als fertig hergestellt angesehen werden solle. Eine solche Willensäußerung ist weder hinreichend vorgetragen noch sonst ersichtlich und ergibt sich insbesondere nicht aus der von den Antragstellern genannten Genehmigungsplanung oder dem Anlagenkonzept.

39

An ihrem Vorbringen, sowohl der Zweckverband als auch die Abwasserbeseitigung A-Stadt AöR hätten auch das zu der „alten“ Kläranlage zugehörige Kanalnetz als bereits endgültig hergestellt betrachtet, halten die Antragsteller nach den Ausführungen ihrer Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung nicht mehr fest. Zudem haben sie auch insoweit nicht geltend gemacht, diese Festlegungen seien in einem Abwasserbeseitigungskonzept getroffen worden, sondern auf die Definition der Einrichtungen in den Abwasserbeseitigungssatzungen des Zweckverbandes und der Anstalt verwiesen. Eine Widmung von Anlagen oder Anlagenteilen als öffentliche Einrichtung, der Erlass einer Abgabensatzung, die Erhebung von Abgaben oder auch die Wiedergabe des Planungswillens der Körperschaft in Einzelunterlagen können ein Abwasserbeseitigungskonzept aber nicht ersetzen (OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 12. November 2011 - 4 L 140/09 -; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 2126, m.w.N.). Dass vor Geltung des ersten Abwasserbeseitigungskonzepts eine vergleichbare Willenserklärung des Zweckverbandes vorlag, ist schon nicht geltend gemacht und auch sonst nicht ersichtlich.

40

b) Im Gegensatz zur Auffassung der Antragsteller dienen die beiden neu errichteten Regenüberlaufbecken nicht vollständig der Niederschlagsentwässerung. Wenn die Becken in einer in eine Kläranlage entwässernde Mischwasserkanalisation eingebunden sind und damit für die Funktion des Netzes notwendig sind, handelt es sich nicht um Niederschlagswasserbauwerke, sondern um Mischwasseranlagen, auf die aus Praktikabilitätsgründen der für das Mischwasserkanalnetz anwendbare Kostenverteilungsschlüssel angewandt werden kann (vgl. OVG Sachsen, Urt. v. 26. August 2015 - 5 A 786/13 -, zit. nach JURIS: pauschal 50 % für Schmutzwasserentsorgung; vgl. auch VGH Bayern, Urt. v. 31. März 2003 - 23 B 02.1936 -, zit. nach JURIS). Nur wenn die Becken - was sich auch aus der von den Antragstellern als Beleg für ihre Auffassung zitierten Stelle der Kalkulation (BA R, Bl. 104) ergibt - zur reinen Entlastung des Vorfluters dienen, muss möglicherweise eine vollständige Zuordnung zu der Niederschlagsentwässerung erfolgen. Die Antragsgegnerin hat aber unwidersprochen dargelegt, dass die Becken hydraulisch den Zufluss zur Kläranlage begrenzen.

41

Dass der in der Kalkulation für das Mischwasserkanalnetz berechnete Verteilungsschlüssel von 43,47 % für den Schmutzwasserbeseitigungsanteil, der nach der sog. Dreikanalmethode errechnet worden ist (vgl. Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 2142; zum Gebührenrecht: OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 24. November 2010 - 4 L 115/09 -, zit. nach JURIS), für sich genommen fehlerhaft ist, ist weder ersichtlich noch von den Antragstellern dargelegt.

42

c) Der beitragsfähige Aufwand ist nicht unter Berücksichtigung der Regelung des § 6 Abs. 5 Satz 4 KAG LSA um einen auf die Ableitung von unzulässig in die Anlagen eindringendes oder eingeleitetes Drän- oder Regenwasser (Fremdwasser) entfallenden Anteil zu vermindern (so auch VG Halle, Urt. v. 18. Dezember 2009 - 4 A 308/07 -, zit. nach JURIS; vgl. auch Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 738; OVG Sachsen, Urt. v. 18. Dezember 2013 - 5 D 18/07 - und v. 28. Oktober 2010 - 5 D 5/06 -, jeweils zit. nach JURIS; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 24. März 1983 - 2 S 361/81 -, LS zit. nach JURIS; noch offen gelassen in OVG Sachsen-Anhalt, Urt. vom 10. März 2011 - 4 L 67/09 -, zit. nach JURIS).

43

Nach den einschlägigen technischen Regelwerken wird bei der Bemessung der Größe der Schmutzwasserkanäle für Fremdwasser ein „Sicherheitszuschlag“ empfohlen. Teilweise wird eine Berücksichtigung des Kostenanteils für das Fremdwasser bzw. dieses „Sicherheitszuschlags“ im Rahmen des sog. „Gemeindeanteils“ verlangt (VG Potsdam, Urt. v. 18. September 2008 - 9 K 1128/05 -, zit. nach JURIS; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 1843). Ein Abzug derjenigen Kosten, die sich daraus ergeben haben, dass die Schmutzwasserbeseitigungseinrichtung technisch so ausgerichtet ist, dass sie einen bestimmten „Fremdwassereintrag“ verkraften kann, wäre nach § 6 Abs. 5 Satz 4 KAG LSA vorzunehmen, wenn ein Vorteil der Allgemeinheit bestünde, der - wie etwa der Straßenentwässerungsanteil an der Oberflächenentwässerung - über den jedem baulich nutzbaren oder genutzten Grundstück vermittelten Vorteil hinausgeht (vgl. dazu OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 27. April 2006 - 4 L 186/05 -, zit. nach JURIS, m.w.N.). Der konstruktive Fremdwasserzuschlag und die dadurch bewirkte etwas größere Auslegung von Anlagenteilen (z.B. der Kanalquerschnitte) kommt aber den Benutzern der Einrichtung zugute; dies entspricht dem Vorsorgegedanken. Die Aufnahmefähigkeit für Abwässer und die Funktionssicherheit der Einrichtung sollen auch bei widrigen Umständen möglichst jederzeit gewährleistet sein. Auch in solchen Situationen sollen eine Kapazitätsüberlastung, gegebenenfalls Rückstaus und Grundstücksüberschwemmungen vermieden werden. Dies kommt ebenso wie die Einrichtung überhaupt den Benutzern im Verbandsgebiet zu Gute und gegebenenfalls sonstigen rechtmäßigen Benutzern. Insoweit ist insbesondere auch keine Kostenaufteilung wegen nebenbei erfolgender Niederschlagswasserbeseitigung veranlasst. Dass die Einrichtung Schächte aufweist, bei denen in Kauf genommen werden muss, dass in Extremsituationen von der normalen Niederschlagsentwässerung nicht gefasstes Niederschlagswasser eindringen kann, ändert nichts an der alleinigen Zweckbestimmung der Einrichtung und aller ihrer Funktionselemente zur gesicherten Schmutzwasserentsorgung. Hinsichtlich der Art und Weise der Zweckerreichung (hier: Fremdwasserzuschlag) besteht ein Gestaltungsspielraum für den Einrichtungsträger, zumal eine technisch dichte Lösung zwar auf der einen Seite zu bestimmten Ersparnissen geführt hätte (so etwa durch geringere Rohrdurchmesser), auf der anderen Seite aber mit gewissen Mehraufwendungen verbunden gewesen wäre (so etwa erhöhtem Aufwand für besonders korrosionsbeständige Materialien oder Korrosionsschutz, Aufwand für häufige Druck- und Dichtigkeitsprüfungen, ggf. auch häufigerer Austausch von Teilen (so auch OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 23. Juli 2013 - OVG 9 B 64.11 -, zit. nach JURIS; a.M.: Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 1843). Soweit die Antragsteller auf eine Entscheidung des OVG Niedersachsen vom 24. März 2014 (- 9 LC 191/11 -, zit. nach JURIS) verweisen, war dort die Erhebung von Niederschlagswassergebühren streitbefangen. Für die Beitragserhebung lässt sich der Entscheidung - wovon die Antragsteller hinsichtlich einer von der Antragsgegnerin genannten Entscheidung sogar selbst ausgehen - nichts entnehmen.

44

Ob eine andere Bewertung geboten ist, wenn der Einrichtungsträger auf Grund eigener Untätigkeit einen außergewöhnlich hohen Fremdwasseranteil zu verantworten hat (vgl. dazu OVG Sachsen, Urt. v. 18. Dezember 2013, a.a.O.), kann offen bleiben. Eine solche Fallgestaltung ist schon weder ersichtlich noch substanziiert geltend gemacht. Vielmehr hat die Antragsgegnerin unter Vorlage entsprechender Unterlagen (Eigenüberwachungsergebnisse der Abwasserbeseitigung A-Stadt AöR für die Jahre 2015 bis 2017) hinreichend belegt, dass der Fremdwasseranteil stetig gesunken ist.

45

d) Die Aufwendungen für Kanalsanierungen mussten nicht als (zumindest teilweiser) Erhaltungsaufwand für Instandsetzung und Instandhaltung behandelt werden.

46

Die Kosten der Sanierung für Altkanäle, d.h. für Ersatzinvestitionen in Anlagen, die bereits am 15. Juni 1991 vorhanden waren, dürfen in den Aufwand für den Herstellungsbeitrag II einbezogen werden, selbst wenn die Sanierungsmaßnahmen bis zum Ende des Kalkulationszeitraumes ausgedehnt werden. Die Einbeziehung auch solcher Ersatzinvestitionen, die erst nach der wesentlichen Fertigstellung der Anlage im Übrigen durchgeführt werden, widerspricht dabei nicht Sinn und Zweck des § 6 Abs. 6 Satz 3 KAG LSA (so OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 28. Oktober 2009 - 4 L 117/07 -, zit. nach JURIS; OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 30. Oktober 2017 - 4 L 81/17 -). Es handelt sich auch nicht um eine nicht beitragsfähige laufende Unterhaltung oder Instandsetzung der Einrichtung, sondern allein um Aufwand der - nach dem maßgeblichen Abwasserbeseitigungskonzept - nach wie vor nicht abgeschlossenen erstmaligen Herstellung der Einrichtung (OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 30. Oktober 2017 - 4 L 81/17 -; vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 23. Juli 2013 - OVG 9 B 64.11 -, zit. nach JURIS). Soweit die Antragsteller auf Darlegungen des Landesrechnungshofes zur Abgrenzung von Herstellung und Erhaltung hinweist sowie darauf, dass die Entscheidung des Senats vom 28. Oktober 2009 zur „Kameralistik“ ergangen sei, ergibt sich daraus nichts anderes. Die Bilanzierungsmethode hat für die Beantwortung der rechtlichen Frage, ob Kosten der Sanierung für Altkanäle in den Aufwand für den Herstellungsbeitrag II eingestellt werden dürfen, keine Bedeutung.

47

Dass in die Kalkulation Unterhaltungskosten für erst nach dem 15. Juni 1991 gebaute Kanäle eingestellt worden sind, ist ebenfalls weder ersichtlich noch überhaupt von den Antragstellern substanziiert geltend gemacht worden.

48

e) Ob die Altkanäle als Provisorien anzusehen sind (vgl. dazu allgemein OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 12. Oktober 2011 - 4 L 140/09 -, zit. nach JURIS; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 2127, m.w.N.; vgl. auch OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 5. Juli 2007 - 4 L 229/06 - zit. nach JURIS), hat - wie die Antragsgegnerin zu Recht geltend macht - für die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Beitragssatzung keine Bedeutung. Es handelt sich dabei um eine Frage, die allein die konkrete Beitragserhebung im Einzelfall betrifft. Im Übrigen spricht alles dafür, dass das Altkanalnetz nach dem Willen sämtlicher Einrichtungsträger eine dauerhafte Entsorgungsmöglichkeit bieten sollte.

49

f) In der Kalkulation für den Herstellungsbeitrag II sind keine Kosten für Aufwendungen enthalten, die allein dem allgemeinen Herstellungsbeitrag zuzuordnen sind.

50

Bei dem Herstellungsbeitrag II handelt es sich dem Grunde nach um einen Herstellungsbeitrag i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA, der sich lediglich wegen der Regelung in § 6 Abs. 6 Satz 3 KAG LSA von einem „normalen“ Herstellungsbeitrag unterscheidet. § 6 Abs. 6 Satz 3 KAG LSA bestimmt zum einen, dass für die Grundstücke, die bereits vor Inkrafttreten des KAG LSA am 16. Juni 1991 an eine zentrale öffentliche leitungsgebundene Entsorgungsanlage angeschlossen waren oder eine Anschlussmöglichkeit hatten, in Abweichung von § 6 Abs. 6 Satz 2 KAG LSA eine Beitragspflicht i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA nicht für Investitionen entsteht, die vor Inkrafttreten des Kommunalabgabengesetzes Sachsen-Anhalt abgeschlossen worden sind. Zum anderen folgt aus der Regelung, dass bei der Bemessung des besonderen Herstellungsbeitrages für die Grundstücke, die bereits vor Inkrafttreten des Kommunalabgabengesetzes angeschlossen waren oder angeschlossen werden konnten, d.h. bei der Ermittlung der nach dem 15. Juni 1991 getätigten Investitionen, der Aufwand für die nach diesem Zeitpunkt neu erschlossenen oder zu erschließenden Gebiete unberücksichtigt bleiben muss. Danach gehört zum beitragsfähigen Aufwand beim Herstellungsbeitrag II der gesamte Aufwand, der notwendig ist, um die jeweilige öffentliche leitungsgebundene Einrichtung i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA entsprechend dem Abwasserbeseitigungskonzept zu schaffen und es ist lediglich der Aufwand abzuziehen, der notwendig geworden ist, um nach dem 15. Juni 1991 erstmals Grundstücken eine Anschlussmöglichkeit zu bieten (OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 17. Februar 2016 - 4 L 119/15 -, zit. nach JURIS, m.w.N.; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 2225).

51

(1) Konkrete Anhaltspunkte, dass in dem Herstellungsbeitrag II Aufwendungen enthalten sind, die vor Inkrafttreten des Kommunalabgabengesetzes Sachsen-Anhalt abgeschlossene Investitionen betreffen und damit nicht nach dem 15. Juni 1991 getätigt worden sind bzw. dass nach dem 15. Juni 1991 angefallene Übernahmekosten von vor diesem Zeitpunkt errichteten Altanlagen (vgl. dazu OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 4. Dezember 2003 - 1 L 226/03 -, zit. nach JURIS; vgl. auch OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 30. Oktober 2017 - 4 L 81/17 -) berücksichtigt worden sind, gibt es nicht. Die Prozessbevollmächtigte der Antragsgegnerin hat vielmehr in der mündlichen Verhandlung noch einmal ausdrücklich bestätigt, dass keine derartigen Übernahmekosten in der Kalkulation enthalten seien. Der bloße Hinweis der Antragsteller, es seien z.B. für das Anschaffungsjahr 1996 auffällig umfangreiche Anschaffungs- und Herstellungskosten für das Kanalnetz eingestellt worden, ist demgegenüber nicht ausreichend. Die Annahme, möglicherweise sei damit vor dem 15. Juni 1991 angefallener Aufwand in die Kalkulation eingegangen, weil es sich bei diesen Positionen um die Wiedergabe des Buchwertes der Altanlagenteile zum Zeitpunkt der Übernahme durch den Zweckverband für Abwasserentsorgung A-Stadt gehandelt habe, wird damit nicht belegt. Dem steht schon entgegen, dass überhaupt nur etwa ein Viertel dieser Kanäle in der Kalkulation mit Aufwendungen bei dem Herstellungsbeitrag II eingerechnet wird. Ein weiteres Viertel dieser Kanäle wird mit 0,- € bei den Anschaffungs-/Herstellungskosten gewertet, die restlichen Kanäle werden nur bei dem allgemeinen Herstellungsbeitrag berücksichtigt.

52

Soweit die Antragsteller geltend machen, wegen fehlender Unterlagen zu dem Anlagenverzeichnis und der Übernahme von Altanlagen sei keine Prüfung möglich, ob Kosten für Kanäle zu Recht angesetzt worden seien, und es stelle auch einen systematischen Fehler dar, dass die Kalkulation keine Angaben zu Art, Ausführung und Herstellungsjahr sowie zu der Frage enthalte, ob die Übernahme entgeltlich oder unentgeltlich erfolgt sei, haben sie keinen Erfolg. In der Kalkulation werden die Kanäle im Einzelnen mit einer genauen Bezeichnung aufgelistet und das Herstellungsjahr, die Anschaffungskosten und der Restbuchwert genannt. Weiter wird angegeben, ob und in welcher Höhe diese Aufwendungen in die Kalkulation des Herstellungsbeitrages II eingegangen sind. Es wäre Sache der Antragsteller gewesen, sich - gegebenenfalls mit einer gerichtlich durchzusetzenden - Einsicht in die Verwaltungsunterlagen weitere Informationen zu verschaffen.

53

(2) Soweit Aufwendungen in Rede stehen, die unter (1) fallen oder ausschließlich Investitionen für die nach dem 15. Juni 1991 neu erschlossenen oder zu erschließenden Gebiete betreffen, sind sie allein im allgemeinen Herstellungsbeitrag zu berücksichtigen. Insoweit ist in der Kalkulation des Herstellungsbeitrages II ein Betrag in Höhe von 14.709.850,- € vom beitragsfähigen Aufwand des allgemeinen Herstellungsbeitrages (48.932.751,48 €) in Abzug gebracht worden. Diese Aufwendungen wurden nach der Kalkulation nicht als beitragsfähig für den Herstellungsbeitrag II angesehen. Im Anschluss daran sind, was ebenfalls nicht zu beanstanden ist, Fördermittel und Zuwendungen, gemindert um Auflösungsbeträge, in einer Höhe von 7.053.823,54 € abgezogen worden.

54

(3) Zu Unrecht ist dann allerdings der Restbetrag von 27.169.077,62 € mit einem Anteilsfaktor von 0,5578 multipliziert worden, um nach der Kalkulation eine Abgrenzung der auf den Herstellungsbeitrag II entfallenden Aufwendungen zu erzielen, weil dieser (nur) die anteiligen Investitionen zur ausschließlichen Erweiterung des Entsorgungsgebietes berücksichtige.

55

Soweit Aufwendungen vollständig den Altanschlussnehmern zugutekommen, d.h. Investitionen betreffen, die allein der Entsorgung ihrer Grundstücke dienen (z.B. Sanierungskosten von Altkanälen, die keine Grundstücke von Neuanschlussnehmern entsorgen), sind sie in voller Höhe sowohl dem allgemeinen Herstellungsbeitrag als auch dem Herstellungsbeitrag II zuzuordnen. Denn dabei handelt es sich um Kosten der Herstellung der Einrichtung i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA, die gerade nicht von § 6 Abs. 6 Satz 3 KAG LSA erfasst sind. Eine solche Kostenaufteilung ist der Kalkulation nicht zu entnehmen. Dass es derartige Aufwendungen nicht gegeben haben soll, ist schwer vollstellbar.

56

Aber selbst wenn es sich bei dem in Rede stehenden Restbetrag um nach dem 15. Juni 1991 getätigten und nicht (1) unterfallenden Aufwand für Anlagen(teile) handelt, die sowohl der Entsorgung von Altanschließern als auch von Neuanschließern dienen, ist dieser Aufwand im Rahmen des Herstellungsbeitrages II nicht lediglich teilweise anzusetzen (so aber VG Magdeburg, Urt. v. 26. März 2015 - 9 A 253/14 -, zit. nach JURIS; vgl. auch Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 2225), sondern sowohl bei dem allgemeinen Herstellungsbeitrag als auch bei dem Herstellungsbeitrag II in voller Höhe einzustellen.

57

Nach Sinn und Zweck des § 6 Abs. 6 Satz 3 KAG LSA sollen Altanschlussnehmer (auch) dadurch privilegiert werden, indem sie nicht mit dem Aufwand belastet werden, der nach Inkrafttreten des Kommunalabgabengesetzes für die Anschlussnahme weiterer Grundstücke angefallen ist (OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 4. Dezember 2003 - 1 L 226/03 -; Urt. v. 25. Mai 2005 - 1 L 21/03 -, jeweils zit. nach JURIS). Mit der in § 6 Abs. 6 Satz 3 KAG LSA vorgesehenen Differenzierung zwischen anschließbaren und anzuschließenden Grundstücken hat sich der Gesetzgeber von der Annahme leiten lassen, dass die Anschlussmöglichkeit, die für Grundstückseigentümer, die vor Inkrafttreten des Kommunalabgabengesetzes an eine leitungsgebundene Einrichtung angeschlossen waren, jedenfalls faktisch dauerhaft gesichert war, so dass ihnen eine dem § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA der Sache nach gleichkommende Vorteilslage bereits vor dem Inkrafttreten des Kommunalabgabengesetzes geboten worden ist (OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 18. November 2004 - 1 M 62/04 -, zit. nach JURIS). Diese Privilegierung der Altanschlussnehmer besteht jedoch allein darin, dass Aufwand für die nach dem 15. Juni 1991 geschaffenen Anlagenteile, die ausschließlich dazu dienen, neue Flächen durch die zentrale Abwasserbeseitigungsanlage zu erschließen, bei der Bemessung des besonderen Herstellungsbeitrages ausgeschieden wird (so OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 28. Oktober 2009 - 4 L 117/07 -, zit. nach JURIS; Beschl. v. 24. April 2006 - 4 L 213/05 -; Beschl. v. 18. November 2004 - 1 M 62/04 -, a.a.O.). Eine weitergehende Privilegierung dergestalt, dass Aufwand für Anlagenteile, die sowohl Neu- als auch Altanschließern dienen, bei dem Herstellungsbeitrag II - im Gegensatz zu dem allgemeinen Herstellungsbeitrag - nur zu einem bestimmten Anteil eingestellt wird, lässt sich der Zweckbestimmung des § 6 Abs. 6 Satz 3 KAG LSA nicht entnehmen. Kosten für Maßnahmen an vor dem 15. Juni 1991 gebauten Anlagen sowie für den Neubau von Anlagen nach dem 15. Juni 1991 sind daher nur dann aus der Kalkulation für den Herstellungsbeitrag II auszuscheiden, wenn diese Maßnahmen allein den Neuanschließern dienen (vgl. auch OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 24. April 2006, a.a.O.; OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 19. Mai 2005 - 1 L 252/04 -, zit. nach JURIS).

58

Danach ist ein Betrag in Höhe von 12.014.166,12 € zu Unrecht von dem beitragsfähigen Aufwand für den Herstellungsbeitrag II abgezogen worden, so dass sich der umlagefähige Aufwand auf 27.169.077,62 € beläuft, mit der Folge, dass der höchstzulässige Beitragssatz für den Herstellungsbeitrag II schon dadurch um mindestens 0,68 €/m2 ansteigt.

59

g) Hinsichtlich der durch die Abwasserbeseitigung A-Stadt AöR auch tatsächlich entsorgten Grundstücke der sog. Autobahnsiedlung (Z.) ist nach dem substanziierten Vorbringen der Antragsgegnerin in ihrer Antragserwiderung nicht nur der darauf entfallende Aufwand, sondern auch die Fläche der Grundstücke in die Flächenermittlung aufgenommen worden. Dem sind die Antragsteller nicht substanziiert entgegengetreten.

60

h) Soweit die Antragsteller geltend machen, bis 2000 und danach habe der Zweckverband für Abwasserentsorgung A-Stadt bzw. der von ihm beauftragte Betriebsführer, die Stadtwerke A-Stadt GmbH, pflichtwidrig keine Fördermittel für die Herstellung der Kläranlage beantragt, ist schon fraglich, ob nicht realisierte und damit „fiktive“ Zuwendungen in der Kalkulation zu berücksichtigen sind. Dies käme allenfalls in Betracht, wenn eine Gewährung hinreichend sicher erfolgt wäre und somit ein pflichtwidriges Unterlassen der zuständigen Körperschaft vorlag. Allerdings fehlt es insoweit schon an einer Substanziierung der Antragsteller. Ihre Behauptung, nach der „damaligen Praxis“ habe mit einer Förderung von „bis zu 68 % der Herstellungskosten sicher gerechnet werden können“, belegen sie nicht einmal ansatzweise. Der bloße Verweis auf eine Zeugenaussage der ehemaligen Verbandsgeschäftsführerin und die Einholung eines Sachverständigengutachtens ist nicht ausreichend. Demgegenüber stellt die Antragsgegnerin im Einzelnen dar, dass 1995 und 1996 Fördermittel in erheblicher Höhe beantragt und abgelehnt worden seien.

61

i) Die mit dem Investitionsaufwand verrechenbare Abwasserabgabe gem. § 10 Abs. 4 AbwAG ist im Gegensatz zur Auffassung der Antragsteller nicht im Rahmen der Kalkulation als „verkürzte Abwicklung von Fördermitteln“ als Abzugsposten bei der Ermittlung des beitragsfähigen Aufwandes zu berücksichtigen, da lediglich eine Verminderung der eigentlich zu leistenden Abwasserabgabe bewirkt wird (vgl. VG Magdeburg, Urt. v. 26. März 2015 - 9 A 253/14 -, zit. nach JURIS; wohl auch VGH Hessen, Beschl. v. 10. Mai 2012 - 5 C 3180/09.N -, zit. nach JURIS). Die für die Einrichtung geleisteten Abwasserabgaben sind Kosten der Einrichtung i.S.d. § 5 Abs. 2 KAG LSA (vgl. auch § 7 Abs. 3 Satz 2 AG AbwAG LSA), die durch Benutzungsgebühren gedeckt werden. Soweit der Antragsgegnerin bzw. dem Zweckverband für Abwasserentsorgung A-Stadt Kosten durch die Abgabepflicht nach dem Abwasserabgabengesetz nicht entstanden sind, weil mit Investitionen verrechnet wurde, konnte allein der nur fiktive Aufwand nicht gem. § 7 Abs. 1, Abs. 3 AG AbwAG LSA auf die Gebührenschuldner abgewälzt werden (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 9. Oktober 2003 - 1 K 459/01 -, zit. nach JURIS). Dementsprechend sind die Abwasserabgabezahlungen nach der Darstellung der Antragsgegnerin von vornherein nicht in die Kalkulation des Herstellungsbeitrages eingeflossen. Ein von den Antragstellern behaupteter „unmittelbarer Effekt der Abwasserabgabenkürzung auf die Höhe der Investitionskosten“ besteht gerade nicht.

62

Es kann danach weiterhin offen bleiben, ob wegen pflichtwidrig fehlerhaften Anlagebetriebes und der Festsetzung von erhöhten Abwasserabgaben gegen den Zweckverband mindestens 582.527,47 € nicht gem. § 10 Abs. 4 AbwAG verrechnet werden konnten. Selbst wenn es zu einer Verrechnung gekommen wäre, hätte sich der beitragsfähige Herstellungsaufwand nicht verringert.

63

j) Dass über die von der Antragsgegnerin eingestellten Zuwendungen hinaus zum maßgeblichen Zeitpunkt weitere Zuwendungen für die Schmutzwasserbeseitigung gewährt worden sind bzw. sicher zu erwarten waren, ist weder ersichtlich noch substanziiert geltend gemacht. Die Antragsgegnerin legt auch im Einzelnen dar, dass und warum keine weiteren Zuwendungen zu berücksichtigen waren. Ihrem Vorbringen in der Antragserwiderung, aus den Beteiligungsberichten 2015 und 2016 ergebe sich entgegen der Auffassung der Antragsteller lediglich, dass als Fördermittel für 2014 ein Betrag von 30.000,- € und für 2015 ein Betrag von 5.564.000,- € gewährt worden sei und auch nur die die Schmutzwasserentsorgung betreffenden Fördermittel hätten berücksichtigt werden müssen, sind die Antragsteller nicht entgegengetreten. Soweit Fördermittel für den Hochwasserschutz in Höhe von ca. 15 Mio. € in Rede stehen, verweist die Antragsgegnerin ebenfalls unwidersprochen darauf, dass diese Mittel nach Teil E Ziff. 2.1. der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Beseitigung der Hochwasserschäden 2013 nur zur Beseitigung im Einzelnen nachzuweisender hochwasserbedingter Schäden dienten. Damit handelte es sich nicht um Zuwendungen Dritter i.S.d. § 6 Abs. 5 Satz 5 KAG LSA für die Herstellung der Schmutzwasserbeseitigungseinrichtung der Antragsgegnerin. Zudem sind diese Fördermittel nach dem substanziierten Vorbringen der Antragsgegnerin größtenteils für nicht in der Kalkulation enthaltene Maßnahmen gewährt worden.

64

k) Hinsichtlich des Vorbringens der Antragsteller, über den Abzug von „Kostenerstattungen“ für Kanäle in Höhe von 236.480,66 € hinaus sei die an die Abwasserbeseitigung A-Stadt AöR geleistete Kostenbeteiligung der Antragsgegnerin für „Herstellung und Erneuerung Entwässerungskanalisation für öffentliche Straßen in der Straßenbaulast der Stadt Weißenfels“ sowie für „Baukostenzuschüsse“ in Höhe von insgesamt 5.389.900,19 € zu berücksichtigen, führt die Antragsgegnerin aus, dass es sich dabei um die Niederschlagswasserentsorgung betreffende Kostenerstattungen durch sie als Straßenbaulastträgerin handele. Dass diese Beträge als Erstattungen für Aufwendungen für die Schmutzwasserentsorgungseinrichtung gezahlt wurden, ist weder ersichtlich noch von den Antragstellern substanziiert geltend gemacht. Das Schreiben der Kommunalaufsicht vom 1. Dezember 2015, in dem ihrer Ansicht nach von einer schriftlichen Vereinbarung zwischen Anstalt und Antragsgegnerin zur Höhe der Kostenbeteiligung an Maßnahmen der Anstalt die Rede sei, betrifft Maßnahmen nach § 25 Abs. 5 StrG LSA, also Maßnahmen der Straßenentwässerung. Der an dieses Schreiben anknüpfende Vortrag der Antragsteller zu möglichen Vereinbarungen mit eingemeindeten Gemeinden ist ebenfalls unsubstanziiert.

65

l) Die über Benutzungsgebühren für die Schmutzwasserbeseitigung erwirtschafteten Abschreibungserlöse bzw. die Abschreibungsbeträge selbst - hier nach der Kalkulation (BA R, Bl. 12, 388) die Abschreibungen bis zum 31. Dezember 2015 - sind jedenfalls für die Zeiträume ab 20. Juni 1996 in der Kalkulation eines Herstellungsbeitrages im Anschlussbeitragsrecht nicht, auch nicht zur Verhinderung einer Doppelbelastung, zu berücksichtigen.

66

(1) Soweit - wie gem. § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA in der seit 20. Juni 1996 geltenden Fassung - eine Beitragserhebungspflicht besteht (vgl. LVerfG LSA, Urt. v. 15. Januar 2002 - LVG 3/01 -, zit. nach JURIS; OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 26. September 2016 - 4 L 12/16 -; Beschl. v. 29. Juni 2015 - 4 M 54/15 -; Beschl. v. 23. Juni 2009 - 4 L 114/09 -, zit. nach JURIS; VG Halle, Urt. v. 24. April 2013 - 6 A 143/11 HAL -; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 2108) können Aufwendungen für die Herstellung einer Einrichtung originär nur über die Erhebung von Beiträgen und nicht über Benutzungsgebühren erhoben werden (vgl. Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 2109, m.w.N.). Dem steht nicht entgegen, dass § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA (vgl. auch § 2 Abs. 1 BS 2015) bestimmt, dass Beiträge u.a. nur erhoben werden dürfen, „soweit der Aufwand nicht durch Gebühren gedeckt ist“. Diese Regelung soll verhindern, dass die abgabenerhebende Körperschaft den Aufwand, den sie in der Vergangenheit bereits ganz oder teilweise durch das Ansammeln von Abschreibungserlösen abgedeckt hat, nunmehr über die Erhebung von Beiträgen nochmals verteilt. Aus dieser Zweckbestimmung, die durch ihre Entstehungsgeschichte bestätigt wird (vgl. Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 2110), ergibt sich zugleich, dass Abschreibungserlöse - und damit auch Abschreibungsbeträge selbst - jedenfalls bei der Kalkulation von vorliegend in Rede stehenden Herstellungsbeiträgen nicht abzuziehen sind (so OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 1. Juli 2003 - 1 M 492/02 -, zit. nach JURIS; OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 11. Juli 2005 - 4 M 195/05 -; VG Magdeburg, Urt. v. 26. März 2015 - 9 A 253/14 MD -, zit. nach JURIS; vgl. auch OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 7. November 2001 - 1 L 152/01 -; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 2109f., 2147; vgl. weiter Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 848). Denn während Beiträge i. S. d. § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA der Kapitalbeschaffung für eine beitragsfähige Maßnahme dienen, soll mit der Berücksichtigung von Abschreibungen auf Herstellungskosten bei der Gebührenkalkulation (vgl. § 5 Abs. 2 a Satz 1 KAG LSA) der Werteverzehr eines Anlageguts während einer Kalkulationsperiode berücksichtigt werden, damit das Kapital erhalten werden kann (so OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 1. Juli 2003, a.a.O.). Abschreibungserlöse sind daher nur bei einer Ermittlung eines Erneuerungsaufwandes abzuziehen (so auch VG Halle, Urt. v. 31. März 2005 - 4 A 598/03 -; VG Magdeburg, Beschl. v. 12. November 2004 - 9 B 295/04 -, jeweils zit. nach JURIS). Dass die eigentlich zur Erhebung von Herstellungsbeiträgen verpflichtete Körperschaft allein Benutzungsgebühren erhoben hat, steht dem im Hinblick auf die aus § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA folgende Beitragserhebungspflicht nicht entgegen.

67

(2) Ob auf Grund der bis zum 19. Juni 1996 geltenden Fassung des § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA - KAG LSA a.F. -, wonach die Landkreise und Gemeinden Beiträge erheben konnten, bis zu diesem Zeitpunkt eine Deckung des Herstellungsaufwandes (auch) durch Benutzungsgebühren erlaubt war (so OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 7. September 2000 - 1 K 14/00 -, zit. nach JURIS; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 2110), kann offen bleiben. Selbst wenn man annimmt, dass Herstellungskosten zumindest in diesem Zeitraum durch Benutzungsgebühren (teilweise) gedeckt werden konnten, und zudem hier noch eine entsprechende Zwecksetzung bezüglich der in diesem Zeitraum erhobenen Benutzungsgebühren unterstellt, könnten für die Vermeidung einer Doppelbelastung allein die bis 19. Juni 1996 über Gebühren erwirtschafteten Abschreibungserlöse in der Kalkulation des Herstellungsbeitrages vom beitragsfähigen Aufwand abgezogen werden. Darüber hinaus wäre zu prüfen, ob mit der Berücksichtigung von Abschreibungserlösen bei der Kalkulation des Herstellungsbeitrages eine Doppelbelastung in hinreichender Weise ausgeschlossen ist und ob nicht vielmehr ein auf der Billigkeitsebene stattfindender Ausgleich derjenigen Beitragspflichtigen geboten ist, die schon Gebühren bezahlt haben. Denn bei einer Deckung von Herstellungskosten durch Benutzungsgebühren werden diejenigen nicht belastet, die nicht angeschlossen sind, aber durch die Möglichkeit eines Anschlusses einen - beitragsrechtlich relevanten - Vorteil haben.

68

(3) Auch wenn man lediglich den Abzug der Abschreibungen für den Zeitraum ab 20. Juni 1996 rückgängig macht und im Gegenzug den Ansatz von Auflösungsbeträgen bei Zuwendungen und Erstattungen anteilig streicht, verringern sich die in der Kalkulation für den Schmutzwasserbereich angesetzten Abschreibungen, die nach den Erläuterungen der Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin 15.485.844,67 € betragen (vgl. auch BA R, Bl. 386 unten, Bl. 388 oben), in erheblichem Umfang. Denn nach der Kalkulation beginnen die längsten Abschreibungszeiträume erst im Jahr 1996; die weitaus meisten Abschreibungszeiträume beginnen sogar erst nach diesem Jahr. Zudem scheint erst Ende 1995 die erste Benutzungsgebührensatzung des Zweckverbandes für Abwasserentsorgung A-Stadt bekannt gemacht worden zu sein. Selbst bei der sehr zurückhaltenden Annahme, dass ein Betrag in Höhe von mindestens 10 Mio. € zu Unrecht als Abschreibungssumme für die Zeiträume ab 20. Juni 1996 angesetzt worden ist, würde der höchstzulässige Beitragssatz für den allgemeinen Herstellungsbeitrag um mindestens 0,56 €/m2 höher liegen.

69

Soweit die Antragsteller darauf abstellen, die Abschreibungen seien nach der Kalkulation vom Aufwand in Abzug gebracht worden, so dass sie deshalb richtig berechnet sein müssten, und die Antragsgegnerin habe die Möglichkeit einer Neukalkulation, ist dem nicht zu folgen. Vielmehr sind die fehlerhaft einbezogenen Abschreibungen bei der Prüfung der Kalkulation und der Ermittlung des höchstzulässigen Beitragssatzes nicht zu berücksichtigten. Es handelt sich dabei nicht um eine Entscheidung innerhalb der Kalkulation, für die der beitragserhebenden Körperschaft ein Spielraum eingeräumt ist. Der Ansatz sämtlicher Abschreibungen ist vielmehr eine Entscheidung auf Grund eines rechtlichen Irrtums, vergleichbar mit dem Ansatz von Aufwendungen von Anlagenteilen, die nicht der Schmutzwasserbeseitigung zuzuordnen sind. Darin liegt auch - unabhängig von ihrer Zulässigkeit - keine bewusste Finanzierungsentscheidung, mit der der Verband gerade auf eine 100%ige Deckung der beitragsfähigen Kosten durch den Herstellungsbeitrag verzichtet hat. Vielmehr wurde in der Beitragskalkulation ausdrücklich (BA R, Bl. 7) ein Abzug zur Vermeidung eines Verstoßes gegen das Verbot der Doppelbelastung angenommen, und die Antragsgegnerin trägt dazu vor, die Berücksichtigung der Abschreibungen sei im Hinblick auf die zeitliche Obergrenze für die Beitragserhebung gemäß dem „Vorsichtsprinzip“ erfolgt.

70

m) Soweit die Antragsteller geltend machen, die bislang übersandten Unterlagen seien derart unvollständig, dass eine gewissenhafte Überprüfung der sachlichen Richtigkeit des Kalkulationsergebnisses nicht gewährleistet sei, und es sei die Vorlage weiterer Unterlagen erforderlich (fehlende Fördermittelbescheide; MIDEWA-Verträge; Nachweise über die durch Gebühren erwirtschafteten Abschreibungen; Angaben zur Verrechnung von Investitionsaufwand mit der Abwasserabgabe; Nachweise zu Kostenerstattungen), haben sie keinen Erfolg.

71

Dass weitere Bescheide zu Fördermitteln, die fehlerhaft nicht berücksichtigt worden sind, oder zu Unrecht nicht berücksichtigte Kostenerstattungen Dritter existieren, ist - wie oben dargelegt - weder ersichtlich noch substanziiert geltend gemacht. Für die Vorlage von über die Berechnungen in Anlage 3 hinausgehenden Nachweisen zu den durch Gebühren erwirtschafteten Abschreibungen besteht schon keine Notwendigkeit. Eine Vorlage von MIDEWA-Verträgen zur Übernahme von Altanlagen und des Anlagenverzeichnisses ist ebenfalls nicht erforderlich. Die Anlage 3 enthält eine Auflistung sämtlicher in die Kalkulationen übernommenen Anlagen(teile). Dass diese Auflistung fehlerhaft ist, ist weder ersichtlich noch substanziiert geltend gemacht. Der von den Antragstellern vertretenen Rechtsauffassung zum Abzug von mit der Investitionsabgabe verrechneten Investitionsaufwand ist schon nicht zu folgen (vgl. II. 2. i).

72

Im Übrigen stand es den Antragstellern während des gesamten Normenkontrollverfahrens frei, unmittelbar bei der Antragsgegnerin eine Akteneinsicht in die von ihr als notwendig erachteten Unterlagen vorzunehmen bzw. eine solche gerichtlich durchzusetzen.

73

3. Nach den obigen Darlegungen beträgt der Unterschied zwischen den festgesetzten und den höchstzulässigen Beitragssätzen jeweils deutlich mehr als die nach der Kalkulation bewusst angenommenen 15 %. Der festgesetzte Beitragssatz für den allgemeinen Herstellungsbeitrag liegt mindestens 31 % unter dem höchstzulässigen Beitragssatz (vgl. 2. l). Bei dem Herstellungsbeitrag II liegt die Unterschreitung bei mindestens 52 % [vgl. 2. f) (3)]; infolge der fehlerhaften Berücksichtigung von Abschreibungen ist die Unterschreitung sogar noch höher. Damit besteht ein durchgreifender Fehler, der zur Nichtigkeit der Satzung führt.

74

Es gehört nach der ständigen Rechtsprechung des Senats zwar nicht zu den Aufgaben des Oberverwaltungsgerichts im Normenkontrollverfahren, „gleichsam ungefragt“ in die Suche nach Fehlern einer (Abgaben)Satzung einzutreten (OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 22. Juni 2010 - 4 K 252/08 -, Beschl. v. 28. Oktober 2009 - 4 K 470/08 - und Beschl. v. 28. September 2009 - 4 K 356/08 -, jeweils zit. nach JURIS, m.w.N.; Urt. v. 8. Oktober 2015 - 4 K 115/14 -). Allerdings ist es dem Gericht bei der Prüfung eines Abgabensatzes jedenfalls nicht verwehrt, selbst bei Fehlen entsprechender Rügen zumindest eine Prüfung wichtiger Eckpunkte der Kalkulation vorzunehmen und sich aufdrängenden Mängeln nachzugehen (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 27. Juli 2006 - 4 K 253/05 -, zit. nach JURIS zu einer Gebührenkalkulation) bzw. eine Überprüfung vorzunehmen, soweit es um die Plausibilität der Berechnung des konkreten Beitragssatzes geht (OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 29. April 2010 - 4 L 341/08 -, zit. nach JURIS).

75

Infolge der Beitragserhebungspflicht des § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA muss bei Herstellungsbeiträgen grundsätzlich ein aufwandsdeckender Beitragssatz festgesetzt werden (vgl. VG Magdeburg, Urt. v. 26. März 2015 - 9 A 253/14 -, zit. nach JURIS; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 1617, m.w.N.; so wohl auch Rdnr. 2108, 2111, 2215; OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 13. Februar 1986 - 12 A 31/85 -, NVwZ 1986, 162f.; OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 8. Dezember 2009 - 4 L 159/09 -, zit. nach JURIS zum Straßenausbaubeitragsrecht; BVerwG, Urt. v. 28. November 2007 - 9 C 10.07 -, zit. nach JURIS zum Erschließungsbeitragsrecht). Dass § 6 KAG LSA keine dem § 5 Abs. 1 Satz 2 HS 1 KAG LSA entsprechende Formulierung enthält, steht dem nicht entgegen. Diese Verpflichtung ergibt sich aus der Gesetzessystematik sowie dem Sinn und Zweck des Gesetzes. Denn mit der Verpflichtung zur Aufwandsdeckung wird der kommunalhaushaltsrechtlichen Forderung Rechnung getragen, dass die Kommunen die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Finanzmittel aus Entgelten für ihre Leistungen, soweit dies vertretbar und geboten ist, und im Übrigen aus Steuern zu beschaffen haben, soweit die sonstigen Finanzmittel nicht ausreichen (vgl. § 99 Abs. 1 und 2 KVG LSA; vgl. auch § 91 Abs. 1 und 2 GO LSA in der bis 30. Juni 2014 geltenden Fassung). Zudem wäre es den beitragserhebenden Körperschaften sonst ohne weiteres möglich, die Beitragserhebungspflicht zu unterlaufen.

76

Eine bewusste Finanzierungsentscheidung, mit der auf eine eigentlich mögliche Aufwandsdeckung durch Beiträge aus (sozial)politischen oder damit vergleichbaren Gründen oder auf Grund einer Fehleinschätzung zur Aufwandsdeckung durch Gebühren verzichtet wird, ist daher nicht zulässig. Allerdings darf die beitragserhebende Körperschaft den Unwägbarkeiten einer Beitragskalkulation und insbesondere den Risiken einer möglichen gerichtlichen Überprüfung Rechnung tragen. Insoweit unterliegt die Beitragserhebungspflicht einer schon aus Praktikabilitätsgesichtspunkten gebotenen immanenten Beschränkung. Es ist der Körperschaft erlaubt, einen „Sicherheitsabstand“ zwischen festgesetztem und höchstzulässigem Beitragssatz vorzunehmen und eine unter 100 % liegende Deckungsquote festzusetzen, ohne insoweit eine spezifische Begründung zu den konkreten Risiken geben zu müssen. Die Höhe dieses Abstands ist im Spannungsfeld zwischen der Verpflichtung zur möglichst vollständigen Aufwandsdeckung und den dabei auftretenden praktischen Schwierigkeiten der beitragserhebenden Körperschaften zu bestimmen und muss der beitragserhebenden Körperschaft einen Spielraum belassen, um eine nach ihrer Auffassung ausreichende Rechtssicherheit zu erlangen. Diesen „Sicherheitsabstand“ bemisst der Senat im Wege richterlicher Normkonkretisierung auf bis zu 20 %, so dass eine aus Vorsorgegesichtspunkten festgesetzte Deckungsquote zwischen 80 % und 100 % zulässig ist. Eine niedrigere Deckungsquote ist allerdings selbst unter Berufung auf spezifische Risiken nicht zulässig. Dass der bei einer Verletzung des Aufwandsüberschreitungsverbots zu berücksichtigende Bagatellspielraum erheblich niedriger anzusetzen ist (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 19. Oktober 2009 - 4 L 101/09 -; vgl. auch Urt. v. 4. November 2004 - 1 L 252/03 -, zit. nach JURIS; vgl. auch Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 2214), ergibt sich aus dem grundlegenden Unterschied zwischen dem Aufwandsüberschreitungsverbot und der hier in Rede stehenden Verpflichtung zur Festsetzung aufwandsdeckender Beitragssätze.

77

Soweit der 1. Senat des Oberverwaltungsgerichts Sachsen-Anhalt im Hinblick auf die Unterschreitung des höchstzulässigen Beitragssatzes entschieden hat, es käme allein darauf an, dass der festgesetzte Beitragssatz im Ergebnis nicht dem Aufwandsüberschreitungsverbot widerspricht (so Urt. v. 26. September 2002 - 1 L 408/01 -), hält der nunmehr zuständige Senat an dieser Rechtsprechung nicht fest (vgl. zur grundsätzlichen Zulässigkeit einer Rechtsprechungsänderung etwa BVerwG, Beschl. v. 20. August 2015 - 9 B 13.15 -, zit. nach JURIS, m.w.N). Im Übrigen bestand in dieser Entscheidung und auch in anderen Entscheidungen auf Grund der dortigen Differenzen zwischen Beitragsfestsetzung und höchstzulässigem Beitragssatz bzw. den erhobenen Einwendungen keine Veranlassung zu einer Beanstandung nach den oben genannten Kriterien.

78

Eine Überschreitung des „Sicherheitsabstands“ von bis zu 20 % des höchstzulässigen aufwandsdeckenden Beitragssatzes hat eine Verletzung der Beitragserhebungspflicht zur Folge und führt zur Nichtigkeit des Beitragssatzes und damit zur Nichtigkeit der gesamten Beitragssatzung. Die Auffassung, dass ein zu geringer Beitragssatz die Beitragspflichtigen nicht beschwert und deshalb die Beitragssatzung (ihnen gegenüber) nicht nichtig sei, sondern nur kommunalaufsichtliche Maßnahmen erlaubt seien (so VG Magdeburg, Urt. v. 26. März 2015, a.a.O.; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 2215; wohl auch OVG Saarland, Urt. v. 14. Februar 1991 - 1 R 618/88 -, zit. nach JURIS), trägt dem Unterschied zwischen Verwaltungsakt und Rechtsnorm nicht ausreichend Rechnung. Denn im Rahmen einer Normenkontrolle, aber auch bei der Anfechtung eines Beitragsbescheides, kommt es allein darauf an, ob die Satzung als Rechtsnorm mit höherrangigem Recht vereinbar ist. Ist sie dies nicht, kann sie nicht Rechtsgrundlage für einen belastenden Verwaltungsakt sein (vgl. auch OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 27. Juli 2006 - 4 K 253/06 - zum Gebührenrecht, zit. nach JURIS). Das Erfordernis der subjektiven Rechtsverletzung in § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO bezieht sich ausschließlich auf die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts und ist bei materiellrechtlichen Fehlern eines belastenden Bescheids - wie der fehlenden (wirksamen) Rechtsgrundlage - jedenfalls infolge des zumindest vorliegenden Eingriffs in Art. 2 Abs. 1 GG erfüllt. Ein spezifischer Bezug zwischen den zur Nichtigkeit der Norm als Rechtsgrundlage des angefochtenen Verwaltungsakts führenden Mängeln und einer subjektiven Betroffenheit des Klägers wird von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht verlangt (OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 14. April 2014 - 17 A 1263/13 -, zit. nach JURIS). Das korrespondiert mit dem eingeschränkten Prüfungsprogramm des § 47 VwGO, das angesichts der durch (erhebliche) Rechtsfehler ausgelösten Nichtigkeit einer Norm für den Erfolg eines Normenkontrollantrags keine subjektive Rechtsverletzung des Antragstellers verlangt (so VGH Bayern, Beschl. v. 14. April 2003 - 4 ZB 02.2836 -, zit. nach JURIS). Eine Trennung des § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA in eine Schutznorm für den Abgabepflichtigen in Bezug auf Art, Höhe sowie andere Umstände der Abgabe und einen normenkonkretisierenden und -ausfüllenden Teil im Sinne kommunalrechtlicher Haushaltsvorschriften sowie eine damit verbundene Aufteilung des Rechtsverstoßes der Satzung in einen den Abgabenpflichtigen belastenden Teil und einen lediglich kommunalrechtliche Aufsichtsmaßnahmen auslösenden Teil lässt sich nicht vornehmen. Ein derartiger Regelungsgehalt ergibt sich weder aus dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA noch aus dem Sinn und Zweck der Bestimmung oder der Gesetzessystematik. Er wäre im Übrigen auch rechtlich folgenlos, weil eine nichtige Norm (für und gegenüber jedermann) rechtlich nicht existent ist.

79

Auch folgt aus § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA nicht, dass bei einer zur Verletzung der Beitragserhebungspflicht führenden Unterschreitung des höchstzulässigen und damit aufwandsdeckenden Beitragssatzes jedenfalls der festgesetzte Beitragssatz als „minus“ wirksam ist, Weder bei der Prüfung einer Verletzung des Aufwandsüberschreitungsverbotes noch bei der Prüfung der Einhaltung der grundsätzlichen Verpflichtung zur Aufwandsdeckung ist eine derartige Trennung vorzunehmen.

80

4. Ob die von den Antragstellern gerügten Bestimmungen des § 4 BS 2015 zu beanstanden sind, ist danach nicht zu entscheiden. Daher war auch dem insoweit gestellten Antrag der Antragsgegnerin auf Schriftsatznachlass nicht zu entsprechen. Der Senat gibt aber zur Vermeidung weiterer Rechtsstreitigkeiten folgende Hinweise:

81

a) Die Umrechnungsregelungen des § 4 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. b und c BS 2015 erfassen für den Fall, dass im Bebauungsplan keine höchstzulässige Zahl der Vollgeschosse festgesetzt ist, zwar nur die Festsetzung der baulichen Höhe sowie die Festsetzung einer Baumassenzahl. Nach § 16 Abs. 2 BauNVO kann im Bebauungsplan das Maß der baulichen Nutzung auch bestimmt werden durch Festsetzung der Grundflächenzahl oder der Größe der Grundflächen der baulichen Anlagen (Nr. 1), der Geschossflächenzahl oder der Größe der Geschossfläche, der Baumassenzahl oder der Baumasse (Nr. 2). Allerdings enthält § 4 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. e BS 2015 eine Auffangregelung für den Fall, dass „in einem Bebauungsplan weder die Zahl der Vollgeschosse noch die Höhe der baulichen Anlagen bzw. die Baumassenzahl festgesetzt sind“. Der von den Antragstellern gerügte Fehler besteht daher nicht. Falls gleichzeitig Höhe und Baumassenzahl in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dürfte sich weiterhin aus der Systematik von § 4 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. b und c BS 2015 ergeben, dass dann § 4 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. b BS 2015 Vorrang hat. Damit liegt auch eine ausreichende Kollisionsregelung vor.

82

b) Soweit die Antragsteller geltend machen, die Vollgeschossdefinition sei unvollständig, weil es an einer Regelung für die Fälle fehle, in denen sich nach der Auffangregelung des § 4 Abs. 2 Nr. 4 BS 2015 eine Zahl von „Null“ Vollgeschossen ergebe, ist dem aller Voraussicht nach nicht zu folgen. Es handelt sich dabei um einen in der Praxis üblichen Auffangtatbestand (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 31. März 2010 - 4 L 375/08 -; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 2169, 1025a) für die Fälle, in denen ein Grundstück bei der Verteilung des Aufwands unberücksichtigt bleiben müsste, weil die Geschosse in dem aufstehenden Gebäude die Mindesthöhe für Vollgeschosse nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 BS 2015 unterschreiten (so OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 23. November 2004 - 1 L 26/03 -). Dass der Satzungsgeber ausdrücklich auf vollendete 3,50 m bzw. 2,30 m abstellt und auch keine Festlegung dahingehend vornimmt, dass mindestens ein Vollgeschoss anzunehmen ist, liegt wohl innerhalb seines Gestaltungsspielraums. Mit dieser Bestimmung können zwar Fälle verbunden sein, in denen möglicherweise trotz vorhandener und zur abwasserrelevanten Nutzung geeigneter Bebauung kein Vollgeschoss festgestellt wird. Zum einen dürfte es sich dabei aber um eine äußerst geringe Zahl von Fällen handeln, zum anderen können auch mit einer Mindestregelung Fälle erfasst werden, in denen trotz einer nicht zur abwasserrelevanten Nutzung geeigneten Bebauung ein Vollgeschoss festgesetzt wird.

83

c) Die Regelung in § 4 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. b BS 2015 ist nicht zu beanstanden. Als „Höhe der baulichen Anlage“ ist, wie sich dem Verweis auf die „höchstzulässige Gebäudehöhe“ in der Regelung in hinreichender Weise entnehmen lässt, die Firsthöhe eines Gebäudes anzunehmen (so OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 19. Januar 2017 - 4 M 238/16 - zu einer wortgleichen Norm; vgl. auch OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 21. April 2015 - 1 K 46/11 -, zit. nach JURIS; vgl. weiter OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 20. April 2009 - 4 M 34/09 -). Dass in § 4 Abs. 2 Nr. 4 BS 2015, der eine Ersatzregelung für bestehende Baulichkeiten enthält, als Höhe des Bauwerks in einem Klammerzusatz ausdrücklich die Traufhöhe festgelegt wird, ist für die Auslegung des die Bebaubarkeit des Grundstückes betreffenden § 4 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. b BS 2015 nicht maßgeblich (so auch OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 19. Januar 2017, a.a.O.). Da § 4 Abs. 4 Nr. 3 BS 2015 auf § 4 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. b BS 2015 lediglich Bezug nimmt, ist diese Bestimmung ebenfalls nicht zu beanstanden.

84

Dass bei der Anwendung der Berechnungsvorschrift das Ergebnis „Null“ lauten kann, dürfte auf Grund des dem Antragsgegner einzuräumenden Spielraums (siehe oben unter b) ebenfalls rechtmäßig sein (vgl. auch Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 2197, 1039a).

85

d) § 4 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. e Unterbuchst. cc BS 2015 gilt für den Fall, dass der Bebauungsplan für das Grundstück weder Vollgeschosszahl, Höhe der baulichen Anlage oder Baumassenzahl festsetzt und auch keine Nutzung als Fläche für die Landwirtschaft oder Wochenendhausgebiet festgesetzt ist, der „in der näheren Umgebung überwiegend festgesetzte und/oder tatsächlich vorhandene (§ 34 BauGB) Berechnungswert nach lit. a) bis lit c)“. Diese Auffangnorm ist im Gegensatz zur Auffassung der Antragsteller wohl nicht unklar (vgl. auch Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 1039b). Dass auch auf den „tatsächlich vorhandenen Berechnungswert“ abgestellt wird, hat seinen Grund darin, dass sich - wie die Antragsteller selbst erkannt haben - die nähere Umgebung des Grundstückes teilweise auch im unbeplanten Innenbereich befinden kann (vgl. auch OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 24. März 2004 - 1 L 58/02 -, zit. nach JURIS). Der Begriff „Berechnungswert“ dürfte dann nach Sinn und Zweck der Vorschrift erkennbar dahingehend auszulegen sein, dass auf die höchste Zahl der tatsächlich vorhandenen Vollgeschosse abzustellen ist.

86

e) In § 4 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. e Unterbuchst. cc) und Nr. 4 Buchst. b BS 2015 wird für den Fall, dass keine Festsetzungen zu Vollgeschossen in einem Bebauungsplan für das Grundstück enthalten sind bzw. die im unbeplanten Innenbereich liegenden Grundstücke unbebaut sind, auf die Zahl der in der näheren Umgebung überwiegend festgesetzten bzw. vorhandenen Vollgeschosse abgestellt. Dass sich möglicherweise aus § 34 BauGB für ein konkretes Bauprojekt auf dem Grundstück auf Grund der Bewertung der Umgebungsbebauung eine andere Festlegung der Zahl der Vollgeschosse ergeben könnte, ist wohl hinzunehmen. Durch diese Satzungsregelungen soll im Interesse der Verwaltungspraktikabilität eine tiefgehende bau(planungs)rechtliche Prüfung in jedem Einzelfall vermieden werden. Diese in der obergerichtlichen Rechtsprechung anerkannten Regelungen sind daher aller Voraussicht nach nicht zu beanstanden (vgl. Nachweise bei Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 1919; vgl. auch OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 18. Juni 2018 - 4 M 16/18 -; Urt. v. 11. September 2012 - 4 L 155/09 -; a.M.: VG Potsdam, Urt. v. 19. März 2007 - 9 K 421/07 -, zit. nach JURIS; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 1919a ff.).

87

f) Soweit Wochenendhausgebiete, Dauerkleingärten, Schwimmbäder, Camping- oder Festplätze sowie Sportplätze, Friedhöfe oder Landwirtschaftsflächen unter einer bestimmten Voraussetzung aus den Regelungen des § 4 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b und Nr. 4 Buchst b BS 2015 herausgenommen und lediglich den Bestimmungen des § 4 Abs. 3 Nr. 6 und 7 BS 2015 unterworfen sind, dürften dagegen ebenfalls keine durchgreifenden Bedenken bestehen. Voraussetzung für eine Heranziehung des § 4 Abs. 3 Nr. 6 und 7 BS 2015 ist jeweils, dass für das gesamte Grundstück eine entsprechende Nutzung in einem Bebauungsplan, einer Satzung nach § 34 Abs. 4 BauGB oder einer Satzung nach § 35 Abs. 6 BauGB festgesetzt ist oder das gesamte Grundstück innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils, soweit das möglich ist, tatsächlich so genutzt wird. Damit sind auf die von den Antragstellern genannten Grundstücke, welche über die Grenzen des Bebauungsplanes bzw. der Innenbereichssatzung nach § 34 Abs. 4 BauGB bzw. über die Grenzen des Innenbereichs hinaus genutzt würden, die Regelungen in § 4 Abs. 3 Nr. 2, Nr. 3 und Nr. 4 BS 2015 anzuwenden. Dass diese Regelungen bei den in Rede stehenden Grundstücken nicht zu vorteilsgerechten Ergebnissen führen, ist schon nicht substanziiert geltend gemacht.

88

g) Ob die Definition von Vollgeschossen in § 4 Abs. 2 Nr. 2 und 3 BS 2015 mit den maßgeblichen rechtlichen Vorgaben in Einklang steht, bedarf dagegen einer näheren rechtlichen Prüfung.

89

Grundsätzlich ist es dem Satzungsgeber - solange er damit nicht gegen die Verpflichtung des § 6 Abs. 5 Satz 1 KAG LSA verstößt, die Beiträge nach den Vorteilen zu bemessen - erlaubt, im Rahmen der Festsetzung des Beitragsmaßstabes eigenständige Begriffsbestimmungen zu treffen (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 9. März 2016 - 4 L 136/15 -; Urt. v. 10. März 2011 - 4 L 385/08 -, zit. nach JURIS; Beschl. v. 8. Dezember 2005 - 4 L 210/05 -, jeweils zum Begriff des Vollgeschosses). Während sich § 4 Abs. 2 Nr. 1 BS 2015 für die Definition eines Vollgeschosses im Wesentlichen an die Übergangsregelung des § 87 Abs. 2 Satz 1 und 2 BauO LSA sowie an § 2 Abs. 6 Satz 2 BauO LSA anlehnt, gelten gem. § 4 Abs. 2 Nr. 2 BS 2015 in Wohngebäuden der Gebäudeklassen 1 und 2 (§ 2 Abs. 3 Ziff. 1 und Ziff. 2 der Bauordnung des Landes Sachsen-Anhalt - BauO LSA in der Fassung der Bekanntmachung vom 10.09.2013, GVBl. S. 440) als Vollgeschosse bereits Geschosse, die über mindestens zwei Drittel ihrer Grundfläche eine für Aufenthaltsräume in solchen Gebäuden erforderliche lichte Höhe von 2,00 m haben. Im Übrigen werden nach § 4 Abs. 2 Nr. 3 BS 2015 Geschosse, die keine Schrägen haben und wie ein Vollgeschoss zu Wohnzwecken oder Gewerbezwecken genutzt werden können, obwohl ihre lichte Höhe den Wert von 2,30 m nicht erreicht, ab einer lichten Höhe von 2,00 m wie Vollgeschosse behandelt.

90

(1) Es ist zumindest problematisch, ob § 4 Abs. 2 Nr. 2 und 3 BS 2015 eine i.S.d. § 6 Abs. 5 Satz 1 KAG LSA vorteilsgerechte Definition von Vollgeschossen vornehmen.

91

Hinsichtlich einer § 4 Abs. 2 Nr. 2 BS 2015 vergleichbaren Regelung hat das Verwaltungsgericht Magdeburg (Urt. v. 14. März 2018 - 4 L 77/78 -) die Auffassung vertreten, eine an § 87 Abs. 2 Satz 3 BauO LSA anknüpfende Vollgeschossdefinition begegne rechtlichen Bedenken, weil keine sachlichen Gründe dafür ersichtlich seien, warum Wohngebäude allein wegen ihrer bauordnungsrechtlichen Aufteilung in Gebäudeklassen bzw. hinsichtlich ihrer Art der Nutzung unterschiedliche Vorteile aus der Abwasserentsorgung haben sollten. Gemäß § 87 Abs. 2 Satz 3 BauO LSA gelten in Wohngebäuden der Gebäudeklassen 1 und 2 Geschosse, die über mindestens zwei Drittel ihrer Grundfläche eine für Aufenthaltsräume in solchen Gebäuden erforderliche lichte Höhe haben, als Vollgeschosse. Selbst wenn man dem Verwaltungsgericht Magdeburg nicht zustimmen sollte, bliebe offen, worauf sich die Festsetzung von 2,00 m lichte Höhe in der Satzung der Antragsgegnerin stützt (vgl. auch OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 10. März 2011 - 4 L 385/08 -, a.a.O.). In der Landesbauordnung wird die nach § 87 Abs. 2 Satz 3 BauO LSA „erforderliche lichte Höhe“ nicht festgesetzt, da § 46 Satz 1 BauO LSA, der für Aufenthaltsräume eine lichte Raumhöhe von mind. 2,40 m festsetzt, gem. Satz 2 für Aufenthaltsräume in Wohngebäuden der Gebäudeklassen 1 und 2 nicht gilt. Für § 4 Abs. 2 Nr. 3 BS 2015 besteht schon keine entsprechende Regelung in der Landesbauordnung.

92

(2) Darüber hinaus müsste untersucht werden, ob durch § 4 Abs. 2 Nr. 2 und 3 BS 2015 eine Ungleichbehandlung zwischen Grundstücken in Bebauungsplangebieten besteht, für die eine höchstzulässige Zahl der Vollgeschosse festgesetzt ist, und zwischen Grundstücken, die außerhalb eines Bebauungsplanes liegen bzw. bei denen der Bebauungsplan keine Festsetzung enthält oder diese überschritten ist. Wenn bestimmte Geschosse nur bei letztgenannten Grundstücken als Vollgeschosse angesehen werden, dürfte dies zu einer unzulässigen Privilegierung der erstgenannten Grundstücke führen (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 4. Dezember 2003 - 1 L 226/03 -, zit. nach JURIS).

93

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1 und 2, 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Hinsichtlich des durch subjektive Antragsänderung ausgeschiedenen Beteiligten, der Abwasserbeseitigung A-Stadt AöR, ist jedenfalls dann, wenn - wie hier - eine isolierte Kostenentscheidung durch Beschluss (vgl. dazu Kopp/Schenke, VwGO, 23. A., § 91 Rdnr. 26, § 155, Rdnr. 8; Redeker/v. Oertzen, VwGO, 15. A., § 91 Rdnr. 27; Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Vorbemerkung § 154 Rdnr. 29; § 155 Rdnr. 15) unterblieben ist, im Urteil eine Kostenentscheidung zu treffen (vgl. VGH Bayern, Beschl. v. 11. Februar 1999 - 4 C 99.227 -, zit. nach JURIS; vgl. auch Sodan/Ziekow, VwGO, 4. A., § 155 Rdnr. 44, m.w.N.; Eyermann, VwGO, 14. A., § 91 Rdnr. 37). Es kann weiterhin offen bleiben, ob es sich bei der subjektiven Antragsänderung durch Auswechseln des Antragsgegners hinsichtlich des ausgeschiedenen Beteiligten um eine Rücknahme handelt (so Sodan/Ziekow, a.a.O., § 91, Rdnr. 24; Schoch/Schneider/Bier, a.a.O., § 155 Rdnr. 15; Eyermann, a.a.O. § 91 Rdnr. 37; a.M. Schoch/Schneider/Bier, a.a.O., § 91 Rdnr. 17; Kopp/Schenke, a.a.O., § 91, Rdnr. 26; wohl auch Sodan/Ziekow, a.a.O., § 155 Rdnr. 43). Unabhängig davon hat der Antragsteller, der die subjektive Antragsänderung vorgenommen hat, in unmittelbarer oder entsprechender Anwendung des § 155 Abs. 2 VwGO die außergerichtlichen Kosten des ausgeschiedenen Beteiligten zu tragen (vgl. Sodan/Ziekow, a.a.O., § 155 Rdnr. 43; Redeker/v. Oertzen, a.a.O., § 91 Rdnr. 27; Kopp/Schenke, a.a.O., § 91, Rdnr. 26).

94

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO in entsprechender Anwendung i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

95

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe vorliegt.


Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Erhebung von Anschlussbeiträgen für die Herstellung der öffentlichen Schmutzwasserbeseitigungsanlage der Beklagten.

2

Die 1991 gegründete Klägerin, die bis zum 28. März 2003 als Chemiewerke A-Stadt GmbH firmierte, übernahm Flächen eines ehemaligen Betriebsteils der VEB Sprengstoffwerk A-Stadt, die durch jahrzehntelange Sprengstoffherstellung kontaminiert worden waren. Nachdem die Produktion eingestellt worden war, begann die Klägerin mit der Altlastensanierung und der Vorbereitung der Flächen für eine Neubesiedlung, u.a. durch Dekontaminierung der Sprengstoffanlagen und die Demontage von Gebäuden. Ihr Unternehmensgegenstand wurde die Vermietung und Verpachtung von gewerblich nutzbaren Flächen. In dem Areal des ehemaligen Sprengstoffwerks befinden sich weitere ehemalige Industriegrundstücke anderer Eigentümer. Die Bebauung ist aufgelockert, es befinden sich dort Grünflächen und alter Baumbestand. Die Altlasten aus der Zeit der Nutzung des Geländes als Sprengstoffwerk führten zur Errichtung eines Sicherheitszaunes. Es besteht für das Areal ein Flächennutzungsplan sowie eine Innenbereichs- und Arrondierungssatzung der Beklagten.

3

Mit Bescheid vom 14. August 2002, gefertigt von der Abwasserentsorgung A-Stadt - (...) - GmbH namens und im Auftrag der Beklagten, wurde gegenüber der Klägerin nach Anhörung für eine aus den Flurstücken 137, 138, 139, 412/48, 418/48 und 48/5 bestehende 420.174 m2 große Fläche ein Herstellungsbeitrag in Höhe von 581.940,99 € festgesetzt. Ein Betrag in Höhe von 20.387,20 € wurde gestundet. Den gegen diesen Bescheid erhobenen Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23. Januar 2004 in einer Höhe von 568.710,78 € zurück (Nr. 1 des Tenors). Weiterhin wurde die bislang gewährte Aussetzung der Vollziehung hinsichtlich des Teilbetrages in Höhe von 407.140,75 € aufgehoben (Nr. 2 des Tenors), eine Kostengrundentscheidung zu Lasten der Klägerin getroffen (Nr. 3 des Tenors) und darauf hingewiesen, dass für den Widerspruchsbescheid eine Verwaltungsgebühr erhoben werde, wozu ein gesonderter Bescheid ergehe (Nr. 4 des Tenors).

4

Am 23. Januar 2004 entrichtete die Klägerin einen Betrag in Höhe von 20.000,- €.

5

Am 13. Februar 2004 hat die Klägerin beim Verwaltungsgericht Magdeburg Klage erhoben (9 A 39/04 MD) und einstweiligen Rechtsschutz begehrt. In dem Eilverfahren hat die Beklagte eine Berichtigung gem. § 129 AO vorgenommen und erklärt, unter Heranziehung einer beitragsrechtlich relevanten Fläche von 415.766 m2 ergebe sich für die Klägerin ein Kanalbaubeitrag in Höhe von 575.835,91 €.

6

Mit Beschluss vom 1. Juni 2004 (9 B 81/04 MD) hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet: Bei den herangezogenen Flurstücken handele es sich jeweils um eigene Grundstücke.

7

Die Beklagte hat daraufhin unter Bezugnahme auf diesen Beschluss einen „geänderten Widerspruchsbescheid“ vom 27. September 2004 erlassen. Darin hat sie unter Nr. 1 des Tenors jeweils für die als eigene Grundstücke anzusehenden Flurstücke 137, 138, 139, 48/5, 412/48, 414/48, 38/1 und 48/7 unter Zugrundelegung eines Nutzungsfaktors von 0,25 für zwei Geschosse gesonderte Anschlussbeiträge festgesetzt. Weiter heißt es in dem Tenor unter Nr. 1: „Im Übrigen wird der Heranziehungs- und Festsetzungsbescheid 0-1604 zum Beitrag für die öffentliche Schmutzwasserkanalisation vom 14.08.2002 aufgehoben. Der Widerspruchsbescheid vom 23.01.2004 bleibt in den übrigen Punkten unberührt.“ In der Nr. 2 des Tenors des Bescheides ist eine Kostengrundentscheidung zu Lasten der Beklagten erfolgt und unter Nr. 3 eine Entscheidung zur Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes. Unter Berücksichtigung von 20.000,- €, welche die Klägerin bereits bezahlt hatte, hat die Beklagte die Klägerin zur Zahlung von 561.990,86 € aufgefordert.

8

Am 1. November 2004 hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben und ausgeführt, ihre Klage richte sich allein gegen die belastenden Regelungen des Bescheides vom 27. September 2004.

9

In einem Schriftsatz vom 3. November 2008 hat die Beklagte “klarstellend und unter gleichzeitiger Berichtigung der Beitragsfestsetzungen im geänderten Widerspruchsbescheid vom 27. September 2004“ erklären lassen:

10

 - Der Beitrag für das Flurstück 10059 (früher 137) werde auf 291.726,70 € festgesetzt und der bislang höhere Beitrag aufgehoben.

 - Der Beitrag für das Grundstück aus den Flurstücken 10078 bis 10081 (früher 414/48) werde auf 199.499,55 € festgesetzt, aber in der Höhe auf den bisherigen Beitrag von 199.370,75 € beschränkt.

 - Der Beitrag für das Grundstück aus den Flurstücken 10084 und 10085 (früher 412/48) betrage an sich 42.480,72 €, solle aber bei 42.412,85 € verbleiben.

 - Der Beitrag für das Grundstück aus den Flurstücken 10082 und 10083 (früher 48/7) werde auf 4.398,76 € festgesetzt und der bislang höhere Beitrag aufgehoben.

 - Der Beitrag für das Flurstück 38/1 verbleibe unverändert bei 8.827,99 €.

11

In einem Schriftsatz vom 28. Januar 2009 hat die Beklagte erklären lassen, sie halte trotz eines Bestehens von drei Vollgeschossen auf dem Flurstück 10146 an dem für das Ausgangsflurstück 10059 festgesetzten Beitrag ebenso fest wie an dem Beitrag für die Flurstücke 10078, 10079, 10080, 10081. Hinsichtlich des Flurstücks 139 halte sie gleichfalls an dem festgesetzten Beitrag fest, da sie das Grundstück nicht habe betreten können. Für die übrigen Flurstücke hat sie den Beitrag unter Herabsetzung auf insgesamt 552.258,36 € im Einzelnen wie folgt abändern und Teilrücknahmen in Höhe von insgesamt 29.732,50 € erklären lassen:

12

 - Flurstücke 10082 und 10083 auf 2.199,38 € unter Zugrundlegung einer Bebauung mit einem Vollgeschoss,

 - Flurstücke 10084 und 10085 auf 21.240,36 €,

 - Flurstück 38/1 auf 4.413,99 €,

 - Flurstück 138 auf 968,12 €,

 - Flurstück 48/5 auf 755,52 €

13

jeweils unter Zugrundlegung einer Umgebungsbebauung mit einem Vollgeschoss.

14

Mit Schriftsatz vom 16. Oktober 2008 hat die Klägerin hilfsweise mit einem Rückforderungsanspruch von 115.752,50 € aufgerechnet. Ihr stehe ein „gegenwärtig nicht bezifferbarer Rückforderungsanspruch“ gegen die Beklagte in Höhe von 95.752,50 € aus einem Ablösungsvertrag nach dem BauGB zu, außerdem sei der von ihr bereits geleistete Betrag von 20.000,- € zurückzuzahlen.

15

Nachdem die Klägerin zunächst beantragt hatte, den geänderten Widerspruchsbescheid vom 27. September 2004 aufzuheben, hilfsweise den Bescheid vom 14. August 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 2004 und des geänderten Widerspruchsbescheides vom 27. September 2004 aufzuheben, hat sie mit Schriftsatz vom 2. Dezember 2008 beantragt, den als „geänderten Widerspruchsbescheid“ bezeichneten Bescheid vom 27. September 2004 in der ggfs. durch den Schriftsatz der Beklagten vom 3. November 2008 gefundenen Fassung aufzuheben, sowie „klageerweiternd im Wege der Untätigkeitsklage“ die Beklagte zu verpflichten, die auf Erlass und Stundung gerichteten Anträge zu bescheiden.

16

In einer mündlichen Verhandlung vom 16. Dezember 2008 hat das Verwaltungsgericht Beweis über die Altlastenproblematik durch Vernehmung einer Mitarbeiterin der Landesanstalt für Altlastenfreistellung erhoben. In einer mündlichen Verhandlung vom 14. Mai 2009 haben die Beteiligten einen Vergleich geschlossen und auf weitere mündliche Verhandlung verzichtet. Die Klägerin hat den Vergleich widerrufen, weil sie davon ausging, erhebliche Teilflächen der streitbefangenen Grundstücke lägen außerhalb des Bereiches der Innenbereichs - und Arrondierungssatzung der Beklagten.

17

Mit Urteil vom 24. Juni 2009 hat das Verwaltungsgericht das Verfahren teilweise eingestellt. Weiterhin hat es das Verfahren hinsichtlich der Verpflichtung zur Bescheidung der Billigkeitsanträge abgetrennt und unter dem Aktenzeichen 9 A 174/09 MD fortgeführt. Schließlich hat das Gericht den geänderten Widerspruchsbescheid vom 27. September 2004 in der Gestalt der Änderungen durch die Schriftsätze der Beklagten vom 3. November 2008 und vom 28. Januar 2009 aufgehoben, soweit die Beklagte für das Flurstück 139 einen Beitrag von 31.583,54 € und für das Flurstück 138 einen Beitrag von 968,12 € festgesetzt hat. Im Übrigen hat das Gericht die Klage abgewiesen:

18

Das Verfahren sei einzustellen gewesen, soweit die Klägerin ihre Klage durch Änderung ihres Klageantrages im Schriftsatz vom 2. Dezember 2008 inzident zurückgenommen habe. Soweit sie auf die Änderung des Bescheides durch Schriftsatz der Beklagten vom 28. Januar 2009 ihre Klage nicht geändert habe, sei die Klage unzulässig, da der Klägerin insoweit das Rechtsschutzbedürfnis fehle.

19

Die Klage sei im Übrigen zulässig. Zwar klage die Klägerin isoliert gegen einen als Widerspruchsbescheid bezeichneten Bescheid und der Ausgangsbescheid sei auch nicht etwa nichtig. Dennoch sei sie ausnahmsweise befugt, nur den Widerspruchsbescheid anzugreifen, weil dieser sich auf Grund der darin enthaltenen neuen Berechnungen und Festsetzungen wie ein erstmaliger Beitragsbescheid darstelle.

20

Der Bescheid finde seine Rechtsgrundlage in der rückwirkend zum 1. Januar 2006 in Kraft getretenen Abwasserabgabensatzung vom 14. Dezember 2006, bei der es sich um die erste wirksame Beitragssatzung der Beklagten handele. Formale Bedenken bestünden weder hinsichtlich der Satzung noch hinsichtlich des Bescheides in der Gestalt der letzten Änderung durch Schriftsatz der Beklagten. Die Satzung verstoße auch nicht gegen das Rückwirkungsverbot.

21

Die vom Beitragsbescheid in der nunmehrigen Fassung betroffenen Grundstücke der Klägerin seien grundsätzlich bebaubar. Sie befänden sich unfraglich jedenfalls im unbeplanten Innenbereich. Denn der Industriepark West bilde, unabhängig von der Wirksamkeit und rechtlichen Wirkung der von der Beklagten erlassenen Innenbereichs- und Arrondierungssatzung, selbst einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil. Er stelle sich nach seinem äußeren Eindruck als typisches Gewerbegebiet dar. Auch hinderten die auf dem Grundstück befindlichen Altlasten weder die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht noch minderten sie die der Beitragsbemessung zugrunde liegende Vorteilsfläche. Die Grundstücke seien nicht Unland gleichzusetzen, weil sie nicht auf unabsehbare Zeit unsanierbar seien. Dabei sei zu beachten, dass jeweils nur Teilflächen betroffen seien und die Klägerin von dem Vorteil der Anschlussmöglichkeit in der Vergangenheit durch Verkauf oder Vermietung sanierter Flächen auch Gebrauch gemacht habe. Die sachliche Beitragspflicht sei für die Flurstücke 48/5, 10078 - 10081, 10059, 10084/10085, 10082/10083 und 38/1 am 1. Januar 2006 entstanden, weil diese Flurstücke zu diesem Zeitpunkt im Eigentum der Klägerin gestanden und jeweils über eine gesicherte Anschlussmöglichkeit verfügt hätten. Auch die Billigkeitsregelungen nach § 8 Abs. 2 der Satzung führten nicht zur Kürzung des Beitragsanspruches. Denn danach werde lediglich die Vollgeschosszahl derjenigen Gebäude nicht berücksichtigt, die keinen Bedarf nach Anschluss hätten, nicht etwa werde die Grundstücksfläche um die Grundfläche der Gebäude gekürzt. Soweit die Klägerin mit einem angeblichen Gegenanspruch hilfsweise aufrechne, sei eine Aufrechnung nur mit unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Gegenansprüchen möglich.

22

Nur für die als Hinterliegergrundstücke anzusehenden Flurstücke 138 und 139 sei die sachliche Beitragspflicht noch nicht entstanden, weil die mit einer Grundstücksentwässerungsanlage zu überwindende Strecke ca. 400 m betrage und der damit einhergehende wirtschaftliche Aufwand unzumutbar sei.

23

Mit Bescheid vom 7. Juni 2010, gegen den die Klägerin - einen bislang noch nicht beschiedenen - Widerspruch erhoben hat, hat die Beklagte die Fälligkeit für mehrere Grundstücke und Teilflächen auf den 30. Juni 2010 festgesetzt und folgende Billigkeitsmaßnahmen vorgenommen:

24

Erlass des festgesetzten Beitrages für folgende Grundstücke.

25

 - 10059 (vormals 137) in einer Höhe von 173.457,40 €,

 - 38/1 vollständig (4.414,- €),

 - 414/48 (neues Flurstück 10124) in einer Höhe von 677,27 €.

26

Stundung des Beitrages bis zum 29. Juni 2025 mit einem Zinssatz von 1% p.a. für folgende Grundstücke:

27

 - 10146 (alt 137)

 113.257,- €,

 - 10147 (alt 414/48)

 123.285,78 €,

 - 10085 (alt 412/48)

  16.912,32 €,

 - 10083 (alt 48/7)

  1.334,45 €,

 - 48/5

  755,52 €.

28

In Schriftsätzen vom 3. August sowie 10. September 2010 und vom 30. August sowie 23. September 2010 haben die Beteiligten den Rechtsstreit in dem Verfahren teilweise für erledigt erklärt, soweit die Beitragsforderungen erlassen worden sind.

29

Mit Beschluss vom 27. September 2011 hat der erkennende Senat auf den Antrag der Klägerin die Berufung wegen besonderer tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten zugelassen.

30

Die Klägerin macht zur Begründung ihrer Berufung im Wesentlichen geltend:

31

Hinsichtlich der von Restitutions- und Vermögenszuordnungsbescheiden erfassten Flurstücke 48/5 und 48/7 sei noch vor dem 1. Januar 2006 ein Eigentumsübergang auf einen Dritten eingetreten. Die Eigentumsänderung nach dem VermG trete durch den Restitutionsbescheid selbst ein. Auch habe die Beklagte für Teilflächen durch notariellen Kaufvertrag die öffentlichen Lasten für leitungsgebundene Anlagen ab Besitzübergang übernommen, der vor dem 1. Januar 2006 gelegen habe.

32

In der Beitragssatzung vom 14. Dezember 2006 sei das Datum der Ausfertigung durch den Oberbürgermeister nicht angegeben und zwar sowohl in der Bekanntmachung als auch in der lediglich paraphierten Originalfassung. Sie habe durchgehend bestritten, dass die Satzung am Sonntag, dem 24. Dezember 2006, ortsüblich bekannt gegeben worden sei. Eine gemäß § 10 Abs. 1 KAG LSA zulässige satzungsmäßige Ermächtigung für die Beauftragung Dritter fehle in der Satzung.

33

Die rückwirkende Schaffung einer Satzungsgrundlage für den als Neufestsetzung anzusehenden, sogenannten geänderten Widerspruchsbescheid vom 27. September 2004 durch die Satzung vom 14. Dezember 2006 verstoße gegen die verfassungsrechtlichen Schranken rückwirkender Abgabensatzungen nach § 2 Abs. 2 Satz 1 KAG LSA. Es sei vorliegend eine sogenannte echte Rückwirkung gegeben, die mit dem Vertrauensschutz unvereinbar sei. Selbst wenn man eine lediglich unechte Rückwirkung annehmen wolle, scheitere sie bereits an der erforderlichen Abwägung, denn durch die neue Satzung seien die Unklarheiten nicht beseitigt, sondern verstärkt worden. Die landesgesetzlichen Schranken rückwirkender Abgabensatzungen nach § 2 Abs. 2 Satz 2 KAG LSA seien ebenfalls nicht gewahrt. Die Satzung verstoße auch gegen das Schlechterstellungsverbot des § 2 Abs. 2 Satz 4 KAG LSA.

34

Weiterhin seien durch die neue Beitragssatzung vom 30. Mai 2012 die abweichenden Bestimmungen der Vorgängersatzung aufgehoben worden, wozu auch die Rückwirkungsanordnung in der Satzung vom 14. Dezember 2006 gehöre. Allerdings sei die Festsetzungsverjährung zum maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses bereits abgelaufen und die ohne Rückwirkung erlassene Satzung vom 30. Mai 2012 könne den vor acht Jahren erlassenen Bescheiden nicht nachträglich die erforderliche Satzungsgrundlage verschaffen. Es werde beantragt, der Beklagten aufzugeben, mehrere der von ihr genannten Gerichtsurteile vorzulegen, und ihr - der Klägerin - für die Prüfung dieser Satzung eine Frist einzuräumen. Im Übrigen werde ausdrücklich gerügt, dass der Schriftsatz der Beklagten vom 11. Juni 2012 eingereicht worden sei, als die neue Satzung bereits veröffentlicht gewesen sei, was offenbar ihrer Irreführung und Desinformation habe dienen sollen.

35

Die Unrichtigkeit des Urteils ergebe sich aus der mangelnden Bestimmtheit des Bescheides vom 27. September 2004 in Verbindung mit diversen Änderungserklärungen in den Beklagtenschriftsätzen und mit dem auf diese verweisenden Urteilstenor. Selbst wenn durch die Bezeichnung der Buchgrundstücke zum 1. Januar 2006 in den Schriftsätzen dem Bestimmtheitserfordernis als solchem Genüge getan sein sollte, so werde verkannt, dass die sachliche Beitragspflicht neben einer wirksamen Satzung die konkrete Bevorteilung bei sonstiger, insbesondere straßenseitiger Erschließung und eine tatsächlich und rechtlich dauerhafte Sicherung der Anschlussmöglichkeit voraussetze. Es sei also nicht am 1. Januar 2006 zum Entstehen der sachlichen Beitragspflicht gekommen, sondern - wenn überhaupt - später zu unterschiedlichen Zeitpunkten, in denen wiederum überdies ganz andere Buchgrundstücke bestanden hätten. Die vermeintlich klarstellenden Schriftsätze hätten in Wirklichkeit zur Unklarheit und Unbestimmtheit geführt.

36

Die verkehrliche Erschließung der herangezogenen Grundflächen sei im maßgeblichen Zeitraum bis 2006 einschließlich ausdrücklich gerade nicht über die W-Straße und den M-Ring vorgenommen worden. Auch eine verkehrliche Erschließung über die Verlängerung der Hohendorfer Straße habe am 1. Januar 2006 nicht vorgelegen.

37

Weiterhin läge auf den noch streitgegenständlichen Flurstücken eine erhebliche Verunreinigung mit ökologischen Altlasten und mit Sprengstoffen vor, die die Flächen jedenfalls teilweise zu Unland mache. Mit Ausnahme des tatsächlich genutzten Verwaltungsgebäudes und der wenigen sanierten Flächen könne in keiner der ihr verbliebenen Teilflächen innerhalb des früheren eingefriedeten Sprengstoffwerkgeländes von einer selbständigen baulichen Nutzbarkeit ausgegangen werden. Gäbe es auf dem Gelände nachweislich nennenswerte unbelastete Flächen, hätte das Landesamt sie aus der Störerverantwortlichkeit entlassen müssen. In den vorliegenden Berichten seien einige hochgradig kontaminierte Flächen nicht erwähnt, insbesondere in Altkanälen. Daneben gebe es Bereiche, die bis heute nicht untersucht seien, in denen aber hohe Bodenbelastungen zu erwarten seien, so insbesondere im Bereich ehemaliger Tanklager. Auf Grund der Sanierungskosten könne für keines der verbleibenden, für den Beitrag herangezogenen Buchgrundstücke innerhalb der Umfriedung des früheren Sprengstoffwerks ein nach Abzug der Kosten der Altlastenbeseitigung noch verbleibender positiver Verkehrswert angenommen werden. Es fehle überdies an einer Beitragspflicht nach § 3 der Satzung vom 14. Dezember 2006, da große, großflächig kontaminierte Altlasten- und Altlastenverdachtsflächen nach der Verkehrsauffassung gerade kein Bauland seien. Ihr gesamtes Gelände sei im Altlastenkataster des Landes als Altlastenfläche ausgewiesen. Eine Beplanung von Altlastenflächen durch Bebauungsplan sei rechtswidrig und würde zu Amtshaftungsansprüchen gegen die Gemeinde führen. Daher könne selbst in Bereichen, in denen eine Bebauung im Zusammenhang oder ein Ortsteil als Planersatz vorläge, eine Nutzbarkeit von Altlastenflächen nicht angenommen werden.

38

Es handele sich bei den streitgegenständlichen Flächen insgesamt um Grundstücke im Außenbereich, mindestens gingen die meisten und insbesondere die größeren unter ihnen unmittelbar in den Außenbereich über. Es bleibe nach dem angefochtenen Urteil unklar, was das Verwaltungsgericht überhaupt als „Gebiet“ und was es als „Industriepark West“ ansehe und wo nach seiner Auffassung der Bebauungszusammenhang anfange und aufhöre. Die wenigen, am 1. Januar 2006 aufstehenden Gebäude, von denen ein Großteil Ruinen und durch Kontaminationen nicht nutzbar seien, hätten keinen Ortsteil und keinen Bebauungszusammenhang gebildet. Sie sei nicht auf eine gesonderte Anfechtung der lediglich deklaratorisch wirkenden Innenbereichs- und Arrondierungssatzung vom 28. November 2002 zu verweisen. Die Satzung enthalte mit der das gesamte umfriedete Werksgelände umfassenden „Klarstellungslinie“ eine Klarstellungsfestsetzung i.S.d. § 34 Abs. 4 Nr. 1 BauGB a.F. Einzelne herangezogene Flächen lägen indessen außerhalb dieser Linie und der Umfriedung des früheren Werks. Die Beklagte habe selbst mittelbar bestätigt, dass sie bestimmte Flächen in der Satzung selbst dem Außenbereich zugeordnet habe. Die Festsetzung sei auch im Übrigen unwirksam. Durch eine Klarstellungssatzung könnten allenfalls die Grenzen eines schon vorhandenen Ortsteils festgelegt werden, nicht aber eine Industriebrache im Außenbereich zum Ortsteil erhoben werden. Auch eine Festsetzung durch eine Abrundungs-, Einbeziehungs- oder Ergänzungssatzung wäre unwirksam und rechtswidrig.

39

Es habe keine Anschlüsse und Anschlussmöglichkeiten vor dem Jahr 2006 gegeben, da die Übergabeschächte nicht vor den von der Beklagten genannten Grundstücken, sondern hinter dazwischen liegenden Fremdgrundstücken bzw. hinter Außenbereichsflächen gelegen hätten. Am 1. Januar 2006 bis heute lägen zwischen den erst viel später hergestellten Abwasserleitungen in der M-Allee und in der W-Straße jeweils Fremdgrundstücke. Von dem damaligen Endpunkt der Abwasseranlage in der Hohendorfer Straße habe sie gerade nicht angeschlossen werden können. Ob irgendeiner der von der Beklagten angegebenen Kanalabschnitte an der sogenannten Grenzlinie ende oder ob eine rechtliche Anschlussmöglichkeit der Hinterliegergrundstücke über ein Leitungsrecht oder eine Dienstbarkeit zu den Straßen vorgelegen habe, sei nicht festgestellt. Diese Voraussetzungen lägen auch erkennbar nicht vor. Die maßgebliche Formulierung in der Satzung, dass die Beitragspflicht mit der betriebsfertigen Herstellung der Schmutzwasseranlage für das zu entwässernde Grundstück entstehe, sei mehr als unklar und unbestimmt. Die sachliche Beitragspflicht sei auch nicht bereits mit der betriebsfertigen Herstellung des Hauptsammlers entstanden, zu der - und deren Zeitpunkt - die Beklagte nichts weiter vortrage. Denn es habe mangels wirksamer Satzung keinen Erstattungsanspruch nach § 8 KAG LSA gegeben. Daneben seien die Hausanschlüsse, wie die Beklagte selbst vortrage, ausschließlich von dieser selbst herzustellen, so dass durchweg nicht die betriebsbereite Herstellung der Hauptsammler irgendwo vor den herangezogenen Grundstücken genüge.

40

Es fehle weiterhin auf Grund der Entfernungen von Hunderten von Metern und dazwischen liegenden Hindernisse (Altlasten, Ruinen, Betonfundamente, Altleitungen) jedenfalls an der Zumutbarkeit einer Anschlussnahme. Die durchschnittliche Leitungslänge habe über 200 m betragen. Fehlerhaft sei auch die Annahme des Verwaltungsgerichtes, dass es keine unverhältnismäßig hohen Kosten verursacht hätte, über das Flurstück 10085 und das Flurstück 10059 jeweils Anschlussleitungen zu den Hinterliegergrundstücken zu legen.

41

Bei der Ermittlung der Vollgeschosszahlen sei § 8 Abs. 2 Satz 1 der Satzung zu Unrecht nicht angewandt worden und zwar weder auf die zahlreichen Ruinen noch die denkmalgeschützten Baulichkeiten und Bunker noch die kontaminierten und deswegen nicht nutzbaren Baulichkeiten. Die Ermittlung sei weiterhin offenkundig fehlerhaft gewesen. Das Verwaltungsgericht beziehe sich auf die Durchschnittsbetrachtungen durch die (...) bzw. die ... aus dem Jahr 2002. Dabei seien die 25 einstöckigen und überwiegend denkmalgeschützten Bunker nicht berücksichtigt worden und es fehle eine Ermächtigung zur Beauftragung Dritter in der Satzung. Auch auf Grund der Änderungen in den maßgeblichen Satzungsregelungen und der Bebauung sei es unzulässig, auf diese Durchschnittszahlen zurückzugreifen. Zahlreiche Gebäude seien abgerissen worden. Weiterhin habe das Verwaltungsgericht einen methodischen Fehler begangen. Auch sei die Bezugnahme auf die „nähere Umgebung“ in der Beitragssatzung zu unbestimmt und die vorgenommene Ermittlung einer näheren Umgebung der streitbefangenen Grundstücke entspreche nicht den tatsächlichen Verhältnissen. Schließlich sei die flächendeckende Heranziehung mit zwei Vollgeschossen wegen Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz unzulässig, weil die benachbarte L... GmbH mit nur einem Vollgeschoss herangezogen worden sei.

42

Die vorgenommenen Aufrechnungen seien zu Unrecht nicht anerkannt worden. Die Zahlung und die Verrechnung eines Betrages in Höhe von 20.000,- € seien unstreitig. Sie habe die Hilfsaufrechnung allein deswegen nochmals erklärt, weil die verschiedenen Verrechnungen der Beklagten sich widersprochen hätten und die Beweislage ungewiss gewesen sei. Die weitergehende Aufrechnung mit einer Gegenforderung in Höhe von 95.752,50 € wegen des Ablösebetrages für den Straßenausbau sei nicht unzulässig. Diese Forderung sei nicht bestritten worden. Eine solche Feststellung ergebe sich weder aus einem Protokoll noch aus dem Tatbestand des Urteils oder einem Beklagtenschriftsatz. Die Anrechnung im angefochtenen Bescheid sei durch den Billigkeitsbescheid auch aufgehoben worden.

43

Ihr Eigentum werde durch diverse Zugriffe der öffentlichen Stellen des Landes gänzlich ausgehöhlt. Die Sanierungskosten gemeinsam mit den geforderten Beiträgen und den Kosten der behördlicherseits auferlegten Bewachung der Altlast hätten eine mit Art. 14 GG nicht zu vereinbarende erdrosselnde Wirkung.

44

Die Klägerin beantragt,

45

das Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 24. Juni 2009 abzuändern und den Heranziehungs- und Festsetzungsbescheid vom 14. August 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 23. Januar 2004, ihres Schriftsatzes vom 13. April 2004 und ihres Bescheides vom 27. September 2004 sowie der Schriftsätze der Beklagten vom 3. November 2008 und 28. Januar 2009 und ihres Bescheides vom 7. Juni 2010 aufzuheben, soweit das Verfahren nicht in der Hauptsache auf Grund des Billigkeitsbescheides vom 7. Juni 2010 übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist,

46

hilfsweise,

47

zum Beweis der Behauptung der Klägerin, es seien auf jedem einzelnen der streitgegenständlichen Grundstücke selbständig baulich nutzbare, von Altlasten unbelastete oder nur unwesentlich unterhalb der Gefahrenschwelle belastete Grundflächen nicht vorhanden, und zur Widerlegung der gegenteiligen Behauptung der Beklagten

48

die Einholung eines Sachverständigengutachtens,
die Einholung einer Auskunft der Landesanstalt für Altlastenfreistellung,
zum Beweis der Behauptung der Klägerin, es liege in der näheren Umgebung der streitgegenständlichen Grundstücke eine eingeschossige Bebauung vor,
die Einholung eines Sachverständigengutachtens,

49

weiter hilfsweise,

50

Beweis zu folgenden Fragen zu erheben:

51

welche Grundstücke der Klägerin sind von Altlasten betroffen, welche Altlasten lagern dort ?

52

Beeinträchtigten die Altlasten die Bebaubarkeit/Nutzung der Grundstücke und können die Altlasten beseitigt werden ?

53

In welchem Zeitraum und mit welchem Kostenaufwand können die Altlasten für die jeweiligen Grundstücke beseitigt werden ?

54

Die Beklagte beantragt,

55

die Berufung zurückzuweisen.

56

Sie trägt vor, die der Satzung vom 14. Dezember 2006 vorgehenden Abwasserbeseitigungsabgabensatzungen seien mit ihrem Beitragsteil jeweils nichtig, da sie einen unvollständigen und damit fehlerhaften Beitragsmaßstab enthielten.

57

Die Klägerin sei ausweislich einer Stellungnahme des Liegenschaftsamtes am 1. Januar 2006 Eigentümerin des Flurstücks 48/5 gewesen und ausweislich eines Schreibens des Amtsgerichts Schönebeck zu diesem Zeitpunkt ebenfalls Eigentümerin des Flurstücks 48/7.

58

Eine Kontamination durch Altlasten habe keinen Einfluss auf die Beitragshöhe. Alle Grundstücke seien schon allein wegen ihrer Bebauung und der auf ihr ausgeübten gewerblichen Nutzung fähig, aus der Anschlussmöglichkeit bevorteilt zu werden. Nur wenn durch die Kontamination für die Gesamtfläche eines Grundstücks jede Art einer beitragsrechtlich relevanten Nutzbarkeit ausgeschlossen sei, bleibe ein solches Grundstück bis zur Beseitigung des der Nutzbarkeit entgegen stehenden Hindernisses beitragsfrei. Derartige Gegebenheiten gebe es bei den streitbefangenen Grundstücken nicht. Ein Baugrundstück sei - mit Ausnahme von Grundstücken in Kerngebieten - nie vollständig überbaubar. Eine andere Frage sei, ob bei der Großflächigkeit der Altlastenbelastung nicht möglicherweise die uneingeschränkte Beitragsbelastung eine sachliche Härte darstelle. Der jetzt behaupteten „Schwerstkontamination“ müsse im Rahmen des Widerspruchs gegen den Billigkeitsbescheid vom 7. Juni 2010 nachgegangen werden. Eine künftige Nutzung von Teilflächen sei in den Berichten der von der Landesanstalt für Altlastenfreistellung beauftragten Firma nicht ausgeschlossen. Es sei auch relevant, dass auf Antrag der Klägerin die Aufstellung eines Bebauungsplans zur Errichtung eines Solarparks beschlossen worden sei, der teilweise streitbefangene Flächen erfasse. Bei den noch streitigen Grundstücksflächen, die von der Klägerin als „schwerst kontaminiert“ bezeichnet würden, handele es sich wohl um eine Fläche von 14.785 m2 südlich des sog. Sicherheitszaunes. Die Flurstücksbezeichnungen dieser „schwerst kontaminierten Flächen“ könnten nicht nachvollzogen werden.

59

Die Innenbereichs- und Arrondierungssatzung sei seit dem Jahre 2002 nicht überarbeitet worden. Nach dem aktuellen Flächennutzungsplan lägen Teilflächen der von der Beitragserhebung erfassten Grundstücke nicht im Geltungsbereich der Satzung. Durch den Neubau der im Oktober 2003 gewidmeten „W-Straße“ sei allerdings fraglich, ob die Annahme des Außenbereichs noch zutreffend sei. Auch das Verwaltungsgericht habe angenommen, der Industriepark West bilde selbst einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil.

60

Es komme nach der Satzungslage für das Entstehen der Vorteilslage jeweils nur auf die betriebsfertige Herstellung des Hauptsammlers an. Aus den bereits erstinstanzlich vorgelegten Unterlagen ergebe sich die betriebsfertige Herstellung der Einrichtung zur zentralen Schmutzwasserbeseitigung im Jahre 1999 in dem östlichen Teil der „Hohendorfer Straße“ bis westlich des heutigen Abzweigs der „W-Straße“. Von dem Endpunkt in der „Hohendorfer Straße“ habe die Klägerin mit dem früheren Flurstück 137 angeschlossen werden können. Von der „W-Straße“ aus seien zwei Grundstücksanschlüsse vom Flurstück 412/48 bereits im Jahre 2003 hergestellt worden. Darüber hinaus habe wegen der Eigentümeridentität auch für das aus den Flurstücken 10078, 10079, 10080 und 10081 bestehende bürgerlich-rechtliche Grundstück und für das aus den Flurstücken 10082 und 10083 bestehende bürgerlich-rechtliche Grundstück die tatsächlich und rechtlich gesicherte Inanspruchnahmemöglichkeit zur „W-Straße“ bestanden, da die Klägerin es allein in der Hand gehabt habe, ihre Anschlussrechte für das Flurstück 10085 wahrzunehmen. Dieser Anschluss wäre mit verhältnismäßig geringen Kosten möglich gewesen.

61

Die Widmung der Straßen im Industriepark West als öffentliche Straßen sei mit Eintritt der Bestandskraft der ortsüblichen Bekanntgabe am 10. Oktober 2003 erfolgt. Die „Hohendorfer Straße“ habe zunächst aus dem östlich des Flurstücks 38/1 verlaufenden Straßenteil bestanden, der seit Oktober 2003 straßenrechtlich öffentlich sei. Die auf dem Flurstück 38/1 verlaufende Teillänge der „Hohendorfer Straße“ sei u.a. einschließlich der Einrichtungen zur zentralen Schmutzwasserbeseitigung in der Zeit von Mai 2005 bis Juni 2006 endgültig hergestellt worden. Gewidmet worden sei diese Teillänge durch die nach dem 26. März 2007 bestandskräftig gewordene Widmungsverfügung. Da bereits Ende 1999 die Anschlussmöglichkeit gesichert gewesen sei, komme es auf die Verlegung der Einrichtung in der Verlängerung der „Hohendorfer Straße“ nicht an.

62

Die von der Klägerin geltend gemachten Gegenforderungen seien von ihr bestritten worden und würden weiterhin bestritten.

63

In ihrem Amtsblatt vom 10. Juni 2012 hat die Beklagte eine Abwasserabgabensatzung vom 30. Mai 2012 bekannt gemacht, die am Tag nach ihrer Bekanntmachung in Kraft treten sollte.

64

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten - jeweils dieses Verfahrens und des Streitverfahrens 4 L 160/09 - Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe

65

Das Verfahren ist zunächst einzustellen, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache auf Grund des Billigkeitsbescheides vom 7. Juni 2010 übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Dies betrifft zum einen auf Grund des in dem Billigkeitsbescheid vorgenommenen Erlasses die Festsetzung von Beiträgen in Höhe von 173.457,40 € für das (ehemalige) Flurstück 137, in Höhe von 4.414,- € für das Flurstück 38/1 und in Höhe von 677,27 € für das (ehemalige) Flurstück 414/48. Zum anderen ist der Rechtsstreit auch für erledigt erklärt worden, soweit in dem Billigkeitsbescheid für verschiedene Beitragsforderungen der Fälligkeitszeitraum nachträglich verringert worden ist. Auch wenn sich die Erledigungserklärungen teilweise nach ihrem Wortlaut nur auf die erlassenen Beiträge bezogen haben, ergab sich doch aus den Gesamtumständen, dass die Beteiligten der Erledigungswirkung des Billigkeitsbescheides Rechnung tragen wollten.

66

Die Berufung ist weiterhin ausweislich ihrer Begründung dahingehend auszulegen (§ 125 Abs. 1 i.V.m. § 88 VwGO), dass sie sich gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts richtet, soweit darin die Klage als unbegründet abgewiesen worden ist. Soweit in dem Urteil die Klage wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig abgewiesen worden ist, weil die Klägerin nicht auf die teilweise Bescheidaufhebung durch den Schriftsatz der Beklagten vom 28. Januar 2009 reagiert habe, ist damit das Urteil und insbesondere die damit verbundene Kostenentscheidung nicht Gegenstand der Berufung.

67

Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet.

68

Der Heranziehungs- und Festsetzungsbescheid vom 14. August 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 23. Januar 2004, ihres Schriftsatzes vom 13. April 2004 und ihres Bescheides vom 27. September 2004 sowie der Schriftsätze der Beklagten vom 3. November 2008 und 28. Januar 2009 und ihres Bescheides vom 7. Juni 2010 ist - soweit er im Berufungsverfahren noch streitbefangen ist - rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

69

1. Die Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) der Klägerin ist zulässig.

70

Die Klage hat insbesondere den richtigen Verwaltungsakt zum Klagegegenstand gemacht. Nach Erlass des Ausgangsbescheides vom 14. August 2002 und des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 2004 sowie einer Berichtigung nach § 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b KAG LSA i.V.m. § 129 AO in einem Schriftsatz vom 13. April 2004 hat die Beklagte einen „geänderten Widerspruchsbescheid“ vom 27. September 2004 erlassen. Es handelte sich dabei nach dem maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont trotz der missverständlichen Bezeichnung nicht um die Ersetzung, sondern die Abänderung (vgl. dazu auch Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 8 Rdnr. 1375 m.w.N., Rdnr. 1510) des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 2004. Wie sich aus der mehrfachen Bezugnahme auf den Eilbeschluss des Verwaltungsgerichts in der Einleitung und der Begründung des Bescheides vom 27. September 2004 ergibt, trug die Beklagte mit diesem Bescheid lediglich der Beanstandung der Veranlagung mehrerer selbständiger Grundstücke als ein Grundstück Rechnung. Der Widerspruchsbescheid vom 23. Januar 2004 sollte nach der Nr. 1 des Tenors des Bescheides vom 27. September 2004 ausdrücklich „in den übrigen Punkten unberührt“, d.h. bestehen, bleiben. Auch wenn Beiträge und Leistungsgebot neu festgesetzt worden sind, entfaltete danach zumindest die Aufhebung der gewährten Aussetzung der Vollziehung (Nr. 2 des Tenors des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 2004) weiter eine Regelungswirkung. Daneben sollte ersichtlich ansonsten die in dem Widerspruchsbescheid vom 23. Januar 2004 enthaltene Begründung für die Zurückweisung des Widerspruchs fortgelten. Eine zumindest der Sache nach vollständige Ersetzung (vgl. dazu OVG Sachsen, Beschl. v. 10. Februar 2012 - 5 A 12/09 -; OVG Thüringen, Beschl. v. 9. November 2011 - 4 EO 39/11 -, m.w.N. jeweils zit. nach JURIS) des Ausgangsbescheides in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 2004 liegt im Gegensatz zur Auffassung des Verwaltungsgerichts danach ebenfalls nicht vor. Die Rechtsbehelfsbelehrung des Bescheides vom 27. September 2004, in der auf die Klagemöglichkeit verwiesen wird, ist für die Unterscheidung zwischen Ersetzung und Abänderung von vornherein nicht maßgeblich, weil in beiden Fällen eine Anfechtungsklage zumindest statthaft wäre. Es macht auch keinen Unterschied, dass nur der Widerspruchsbescheid und nicht ausdrücklich der Ausgangsbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides abgeändert worden ist (vgl. auch OVG Niedersachsen, Urt. v. 12. Dezember 1989 - 9 A 62/88 -, NVwZ 1990, 590). Denn Ausgangs- und Widerspruchsbehörde sind vorliegend identisch und der Widerspruchsbescheid gab gem. § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO dem Ausgangsbescheid seine endgültige Gestalt. Dass in dem Bescheid vom 27. September 2004 der Ausgangsbescheid „im Übrigen“ aufgehoben worden ist, sollte daher auch lediglich klarstellen, dass die dem Bescheid vom 27. September 2004 entgegenstehenden Regelungsbestandteile des Ausgangsbescheides keine Rechtswirkung mehr entfalten sollten.

71

Durch die im Klageverfahren vorgelegten Schriftsätze der Beklagten vom 3. November 2008 und 28. Januar 2009 erfolgte ausdrücklich eine weitere Abänderung durch teilweise Aufhebung der Beitragsfestsetzungen. Schließlich wurde durch den Billigkeitsbescheid vom 7. Juni 2010 der Fälligkeitszeitpunkt für bestimmte Grundstücke und Teilflächen abweichend von der bisherigen Zahlungsanforderung auf den 30. Juni 2010 festgesetzt und damit eine teilweise Aufhebung des Bescheides vorgenommen.

72

Die im Klageverfahren erfolgte Einbeziehung des Schriftsatzes vom 3. November 2008 und die erst im Berufungsverfahren erfolgte Einbeziehung des Schriftsatzes vom 28. Januar 2009 und des Billigkeitsbescheides vom 7. Juni 2010 waren jeweils nach § 173 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO zulässige Klagebeschränkungen. Soweit die Klägerin erst im Berufungsverfahren den Ausgangsbescheid vom 14. August 2002, die Berichtigung in dem Schriftsatz vom 13. April 2004 sowie den Widerspruchsbescheid vom 23. Januar 2004 in ihren Klageantrag einbezogen hat, stellte dies eine nach § 173 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO zulässige Klageerweiterung dar.

73

2. Die Klage ist auch begründet.

74

Als erste wirksame Beitragssatzung kommt allein die im Juni 2012 in Kraft getretene Abwasserabgabensatzung der Beklagten vom 30. Mai 2012 - AAS 2012 - in Betracht (a). Deshalb kann die sachliche Beitragspflicht - bei unterstellter Wirksamkeit dieser Satzung - jeweils erst im Juni 2012 entstanden sein und die Klägerin für die zu diesem Zeitpunkt nicht (mehr) in ihrem Eigentum stehenden Grundstücke nicht herangezogen werden (b). Die zu diesem Zeitpunkt in ihrem Eigentum stehenden Grundstücke werden in dem streitbefangenen Beitragsbescheid nicht hinreichend benannt (c). Ob sonstige Einwendungen der Klägerin gegen die Beitragserhebung durchgreifen, muss danach nicht abschließend entschieden werden (d).

75

a) (1) Die vor der Abwasserabgabensatzung in der Fassung der 3. Änderungssatzung vom 14. Dezember 2006 erlassenen Abwasserabgabensatzungen der Beklagten waren sämtlich wegen Unvollständigkeit des jeweiligen Verteilungsmaßstabs zumindest in ihrem Beitragsteil nichtig. Grundsätzlich muss im Anschlussbeitragsrecht der Verteilungsmaßstab alle im Versorgungsgebiet in Betracht kommenden Anwendungsfälle regeln (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 30. Juni 2004 - 4 K 34/02 -; OVG Thüringen, Urt. v. 21. Juni 2006 - 4 N 574/98 -; OVG Niedersachsen, Beschl. v. 12. August 2003 - 9 LA 36/03 -; OVG Sachsen, Urt. v. 29. November 2001 - 5 D 25/00 -; jeweils zit. nach JURIS; BVerwG, Urt. v. 19. August 1994 - 8 C 23/92 -, zit. nach JURIS zum Erschließungsbeitragsrecht). Inwieweit auf eine Maßstabsregelung ausnahmsweise verzichtet werden kann, weil Anwendungsfälle tatsächlich nicht entstehen und auch nicht entstehen werden (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 27. Juni 2012 - OVG 9 B 20.11 -; jeweils zit. nach JURIS) oder die Unvollständigkeit ohne Auswirkung auf die im Beitragssatz zum Ausdruck kommende vorteilsgerechte Verteilung des Aufwandes bleibt (vgl. VG Magdeburg, Urt. v. 15. Dezember 2011 - 9 A 272/10 -, zit. nach JURIS; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 2200 m.w.N.) bzw. nur wenige atypische Fälle nicht geregelt werden (vgl. VGH Hessen, Urt. v. 17. März 1994 - 5 UE 2001/91 -, zit. nach JURIS; Rosenzweig/Freese, KAG Nds, § 6 Rdnr. 192), muss dabei angesichts des Umfanges der vorliegend jeweils nicht geregelten Anwendungsfälle nicht abschließend entschieden werden.

76

Die Abwasserabgabensatzung vom 27. Januar 1994 enthielt schon keine ausdrückliche Regelung zu Grundstücken im Außenbereich, sondern nur eine einheitliche Bestimmung bei Nichtbestehen eines Bebauungsplans. In der Abwasserabgabensatzung vom 3. April 1997 waren - auch in der Gestalt der Änderungssatzung vom 26. März 1998 - keine Regelungen für Grundstücke enthalten, die vom Innen- in den Außenbereich übergehen. In den Abwasserabgabensatzungen vom 27. Februar 2001 und vom 20. Juni 2002 fehlten Regelungen zur Zahl der Vollgeschosse bei Außenbereichsgrundstücken. Die Bestimmungen in § 4 Abs. 3 Buchst. d dieser Satzungen bezogen sich ersichtlich nur auf Innenbereichsgrundstücke. Zudem wäre es bei bebauten Außenbereichsgrundstücken nicht erlaubt, auf die Zahl der tatsächlich vorhandenen Vollgeschosse der Baulichkeiten auf einem Grundstück abzustellen, da es nur auf die angeschlossenen Baulichkeiten des Grundstücks ankommt.

77

(2) Die Abwasserabgabensatzung in der Fassung der 3. Änderungssatzung vom 14. Dezember 2006, die rückwirkend zum 1. Januar 2006 in Kraft treten sollte, ist nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht worden, da in dem veröffentlichten Satzungstext das Datum der bei der Ausfertigung geleisteten Unterschrift des zuständigen Amtsträgers fehlt und die Veröffentlichung des Datums auch nicht nachgeholt worden ist.

78

§ 6 Abs. 2 Satz 2 GO LSA bestimmt, dass Satzungen von dem Bürgermeister zu unterzeichnen und bekanntzumachen sind. Die Angabe des Datums der Unterschriftsleistung ist für die Wirksamkeit der Ausfertigung zwingend notwendig, weil nur so die Einhaltung der notwendigen zeitlichen Reihenfolge von Normerlass, Ausfertigung und Bekanntmachung gewährleistet werden kann (vgl. OVG Sachsen, Urt. v. 23. Oktober 2000 - 1 D 33/00 -, NVwZ-RR 2001, 426; OVG Niedersachsen, Urt. v. 5. September 2007 - 1 KN 204/05 -; zit. nach JURIS m.w.N.; Gern, Deutsches Kommunalrecht, 3. A., Rdnr. 279; Lübking/Beck, GO LSA, § 6 Rdnr. 40; Ziegler, DVBl. 1987, 280, 283; a.M.: Wiegand, Kommunalverfassungsrecht Sachsen-Anhalt, § 6 GO LSA, Nr. 7, S. 9). Da mit der Ausfertigung bezeugt wird, dass der Inhalt der Urkunde mit dem Beschluss des zuständigen Organs übereinstimmt, ist es weiterhin nicht nur unverzichtbar, dass die Unterschrift als nach der Gemeindeordnung für das Land Sachsen-Anhalt notwendiges Element des Rechtsetzungsverfahrens mit der Satzung veröffentlicht wird (so schon OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 24. November 2010 - 4 K 368/08 -, zit. nach JURIS), sondern auch das Datum der Unterschriftsleistung. Die Veröffentlichung der Ausfertigung bzw. des Ausfertigungsvermerks dient der Sicherung des Rechtsetzungsverfahrens, insbesondere der Gewährleistung der Übereinstimmung von Urkundeninhalt und Beschlussinhalt, und erfüllt darüber hinaus auch die Verlautbarungsfunktion der Bekanntmachung, die zum Ausdruck bringen muss, dass Gegenstand der Publikation eine Rechtsnorm ist, und als amtliche Verlautbarung im Sinne eines zum Rechtsetzungsverfahren gehörigen Formalakts erkennbar sein muss. Unterbleibt diese Veröffentlichung gemeinsam mit der Satzung, ist dies nur dann unbeachtlich, wenn die Satzung bei der Bekanntmachung tatsächlich ausgefertigt war und die Ausfertigung der Satzung in der üblichen Form jedenfalls nachträglich bestätigt wird.

79

(3) Durchgreifende Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit der im Amtsblatt der Beklagten vom 10. Juni 2012 (einem Sonntag) veröffentlichten Abwasserabgabensatzung vom 30. Mai 2012, insbesondere gegen die ordnungsgemäße Ausfertigung und Bekanntmachung dieser Satzung sind weder substanziiert geltend gemacht noch ersichtlich. Ein Bekanntmachungsnachweis für diese Satzung liegt vor. Der von der Klägerin gegen die Satzung vom 14. Dezember 2006 erhobene Einwand, eine ortsübliche Bekanntmachung einer Satzung in einem an einem Sonntag erscheinenden Amtsblatt sei nicht zulässig, verfängt nicht. Es gibt keinerlei rechtliche Begründung dafür, dass ein Amtsblatt nicht an einem Sonntag erscheinen darf.

80

Auch materiell-rechtliche Fehler der Satzung sind bislang nicht vorgetragen. Dass in der Satzung eine Regelung nach § 10 Abs. 1 KAG LSA für die Ermächtigung Dritter (vgl. dazu Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 2248; OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 20. August 2009 - 4 L 173/07 -, zit. nach JURIS) fehlt, stellt keinen Mangel der Satzung dar, sondern führt allenfalls zur Rechtswidrigkeit des Beitragsbescheides, falls ein Dritter bei der Beitragserhebung eingeschaltet worden ist.

81

Soweit die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 7. September 2012 anscheinend geltend macht, sie habe erst nachträglich von der Bekanntmachung dieser Satzung erfahren, und um eine „auskömmliche Prüfungs- und Erklärungsfrist von 8 Wochen“ bittet, war dem nicht nachzukommen. Es erscheint schon eher fernliegend, dass ein mit der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken im Gemeindegebiet befasstes Unternehmen nicht über die Veröffentlichung einer neuen Abwasserabgabensatzung dieser Gemeinde informiert sein soll. Auch obliegt es der Klägerin selbst, sich die vom Prozessgegner benannten Gerichtsurteile zu beschaffen. Jedenfalls aber kommt es die Wirksamkeit der Abwasserabgabensatzung der Beklagten vom 30. Mai 2012 nicht entscheidungserheblich an.

82

b) Denn die sachliche Beitragspflicht kann danach (frühestens) auf Grund dieser Abwasserabgabensatzung entstanden sein.

83

Werden in satzungsloser Zeit oder unter Geltung einer formell oder materiell unwirksamen Satzung die Anschlussvoraussetzungen für Grundstücke geschaffen, so entsteht für diese Grundstücke die sachliche Beitragspflicht erst mit Inkrafttreten der ersten - wirksamen - Abgabensatzung (OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 30. Mai 2012, a.a.O. m.w.N.; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 2202 m.w.N.). Eine solche nachträglich erlassene Beitragssatzung kann auch dann als Rechtsgrundlage für einen vorher erlassenen Beitragsbescheid dienen, wenn sie sich keine Rückwirkung auf den Zeitpunkt seiner Bekanntgabe oder der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides beimisst. Eine auf Grund fehlender Satzungsgrundlage bestehende Rechtswidrigkeit des Beitragsbescheides wird durch die neue Satzung ex nunc geheilt; der Betroffene ist prozessrechtlich dadurch geschützt, dass er das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklären kann (vgl. Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 173 m.w.N.).

84

Ohne Erfolg macht die Klägerin daher geltend, eine ohne Rückwirkung erlassene Satzung könne nicht als Rechtsgrundlage für einen vorher erlassenen Beitragsbescheid dienen. Ebenfalls von vornherein nicht begründet ist ihr Vorbringen, die Festsetzungsverjährungsfrist des § 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b KAG LSA i.V.m. §§ 169 ff. AO sei abgelaufen. Dabei verkennt sie, dass die Festsetzungsfrist erst mit Ablauf des Jahres zu laufen beginnt, in dem die Abgabe entstanden ist (§ 170 Abs. 1 AO).

85

Da die sachliche Beitragspflicht erstmalig im Juni 2012 entstanden sein konnte, waren nach der zu diesem Zeitpunkt geltenden Grundbuchsituation allenfalls die noch im Eigentum der Klägerin befindlichen Flurstücke 10192, 10199 und 10203 beitragspflichtig, bei denen es sich jeweils um eigene Grundstücke handelt bzw. gehandelt hat. Die in der mit der Berufungserwiderung vorgelegten Aufstellung zusätzlich genannten Flurstücke 10202, 10197 und 10198 standen seit der am 5. April 2012 im Grundbuch erfolgten Eintragung im Eigentum der (...) C. GmbH.

86

Soweit in dem streitbefangenen Bescheid Grundstücke herangezogen werden, die im Juni 2012 im Eigentum von Dritten standen, ist der Bescheid schon deshalb rechtswidrig. Auch wenn § 6 Abs. 8 KAG LSA für die Entstehung der persönlichen Beitragspflicht auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheides abstellt, kann die persönliche Beitragspflicht nicht vor der sachlichen Beitragspflicht entstehen. Entstehen die sachlichen Beitragspflichten (ausnahmsweise) erst nach der Bekanntgabe des Bescheides, ist zwar grundsätzlich derjenige persönlich beitragspflichtig, dem der Bescheid bereits bekannt gegeben worden ist. Dies gilt allerdings nur, sofern er im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflichten noch Eigentümer bzw. Erbbau- oder Nutzungsberechtigter ist (so OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 30. Mai 2012 - 4 L 226/11 -; Beschl. v. 5. November 2009 - 4 M 94/09 - jeweils zit. nach JURIS).

87

c) Einem Entstehen der persönlichen Beitragspflicht und damit der Heranziehung der Flurstücke 10192, 10199 und 10203 steht entgegen, dass sie in dem streitbefangenen Bescheid nicht mit ihrer jeweiligen Flurstücksbezeichnung benannt werden.

88

Für eine Heilung eines Beitragsbescheids durch eine die sachliche Beitragspflicht an sich erst herbeiführende Beitragssatzung ist kein Raum, wenn das in diesem Bescheid benannte Grundstück vor Inkrafttreten der Satzung durch Vereinigung mit anderen Grundstücken bzw. Aufteilung in neue Grundstücke seine rechtliche Existenz verloren hat (so auch VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 9. April 1992 - 2 S 1958/90 -, zit. nach JURIS zum Erschließungsbeitragsrecht). Insoweit besteht eine Vergleichbarkeit mit dem erstmaligen Erlass eines Beitragsbescheides. Dass einer später wirksam gewordenen Beitragssatzung eine Heilungswirkung für einen vorher erlassenen Beitragsbescheid zugebilligt wird, beruht vor allem darauf, dass dieser Bescheid bei einer Aufhebung mit demselben Inhalt sofort wieder erlassen werden müsste (vgl. BVerwG, Urt. v. 27. April 1990 - 8 C 87/88 -, zit. nach JURIS). Dies ist hier gerade nicht der Fall. Weiterhin zwingt die Tatsache, dass ab Entstehen der sachlichen Beitragspflicht die öffentliche Last (§ 6 Abs. 9 KAG LSA) auf dem (Buch)Grundstück ruht, zu einer formalen Auslegung hinsichtlich der Benennung der von der Beitragspflicht erfassten Grundstücke.

89

Die im Juni 2012 bestehenden Buchgrundstücke der Klägerin waren auf Grund der abweichenden Flurstücksbezeichnungen nicht Gegenstand des streitbefangenen Beitragsbescheides, auch nicht in Gestalt der vorgenommenen Änderungen. Der Beitragsbescheid bezieht sich allein auf Grundstücke, die entweder nicht mehr im Eigentum der Klägerin stehen oder durch Trennungen rechtlich untergegangen sind. Auch können die Flächen der untergegangenen Grundstücke nicht auf die Flächen der neu gebildeten Grundstücke der Klägerin reduziert werden. Denn Gegenstand der Beitragserhebung ist das Grundstück im grundbuchrechtlichen Sinn. Eine Auslegung des angefochtenen Bescheides dahingehend, dass sich die Veranlagung der untergegangenen Grundstücke auf inzwischen neu gebildete Grundstücke beziehen soll, wäre mit dem Bestimmtheitserfordernis des § 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b KAG LSA i.V.m. § 119 Abs. 1 AO nicht vereinbar. Dieses Erfordernis setzt voraus, dass ein Beitragsbescheid in seinem verfügenden Teil, d.h. dem Entscheidungssatz oder Spruch, dem die Regelungswirkung zukommt, hinreichend deutlich erkennen lässt, von wem was für welche Maßnahme und für welches Grundstück gefordert wird (vgl. auch § 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b KAG LSA i.V.m. § 157 Abs. 1 Satz 2 AO). Den Anforderungen des Bestimmtheitsgebots ist genügt, wenn der Betroffene aus dem gesamten Inhalt des Bescheids, aus der von dem Beklagten gegebenen Begründung oder aus den ihm bekannten näheren Umständen des Erlasses im Wege einer am Grundsatz von Treu und Glauben orientierten Auslegung hinreichende Klarheit über den Inhalt des Spruchs gewinnen kann (OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 26. Oktober 2010 - 4 L 55/09 - und v. 13. Oktober 2008 - 4 L 408/06 -, m.w.N.; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 76, Rdnr. 1505). Danach muss der Beitragsbescheid das der sachlichen Beitragspflicht unterliegende (Buch-)Grundstück, für das der Beitrag festgesetzt wird, auch konkret benennen. Die bloße Erwähnung der zum Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht noch existenten Grundstücke der Klägerin in dem Billigkeitsbescheid vom 7. Juni 2010 oder in Berufungsschriftsätzen der Beklagten ist nicht ausreichend,

90

d) Zu den sonstigen Einwendungen der Klägerin weist der Senat - ohne insoweit eine abschließende Prüfung vorgenommen zu haben - auf folgendes hin:

91

Auf den von der Klägerin behaupteten Eigentumsübergang der Flurstücke 48/5 und 48/7 schon vor dem 1. Januar 2006 - dem die Beklagte allerdings substanziiert widersprochen hat - kommt es auf Grund der Nichtigkeit der Satzung vom 14. Dezember 2006 ebenso wenig an wie auf ihren Vortrag, die Beklagte habe mit einem notariellen Vertrag einer Übernahme öffentlicher Lasten schon ab Besitzübergang zugestimmt.

92

Ebenfalls nicht entschieden werden muss, ob die Rückwirkungsanordnung in dieser Satzung fehlerhaft ist. Allerdings liegt nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats zum Anschlussbeitragsrecht ein Verstoß gegen Vertrauensschutzgesichtspunkte nach § 2 Abs. 2 Satz 1 KAG LSA oder gegen § 2 Abs. 2 Satz 4 KAG LSA nicht vor, wenn die Beitragssatzung mit ihrer Rückwirkungsanordnung Zeiträume erfasst, in denen nichtige Beitragssatzungen eigentlich gelten sollten. Einer Rückwirkung steht auch nicht entgegen, dass zwischen der Bekanntgabe des Beitragsbescheides und dem Entstehen der sachlichen Beitragspflicht durch die rückwirkend in Kraft getretene Satzung Eigentumsveränderungen stattfanden. Dabei handelt es sich - wie oben dargelegt - um Fragen der persönlichen Beitragspflicht nach § 6 Abs. 8 KAG LSA.

93

Soweit streitig ist, ob die herangezogenen Grundstücke im Innenbereich oder (teilweise) im Außenbereich liegen, spricht Überwiegendes dafür, dass eine Innenbereichsabgrenzung durch eine nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB erlassene Satzung der Gemeinde für das Gericht bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines Anschlussbeitrags maßgeblich und verbindlich ist (VG Cottbus, Urt. v. 19. Mai 2011 - 6 K 198/08 -, zit. nach JURIS m.w.N.; vgl. auch Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 1031, 1465; a.M.: OVG Sachsen, Beschl. v. 2. März 2010 - 5 D 149/09 -; VG Dessau, Urt. v. 28. April 2006 - 1 A 466/05 -, jeweils zit. nach JURIS; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 550). Denn für die Beitragserhebung ist grundsätzlich von der Rechtsverbindlichkeit bauplanerischer Satzungen auszugehen, solange diese nicht aufgehoben oder durch (allgemein-)verbindlichen Ausspruch in einer gerichtlichen Entscheidung, ggf. in einem Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO für nichtig bzw. unwirksam erklärt worden sind (so OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 13. September 2011 - 4 L 196/10 -, zit. nach JURIS zu einem Bebauungsplan; vgl. auch OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 29. Juni 2005 - 1 L 411/04 -). Zwar ist die Gemeinde bei der Aufstellung nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB an die Grenzen des tatsächlich vorhandenen Innenbereichs gebunden; sie ist nicht ermächtigt, planerisch über die Zugehörigkeit von Flächen zum Innenbereich zu entscheiden. In diesem Sinne hat eine Klarstellungssatzung lediglich deklaratorische Wirkung (so BVerwG, Urt. v. 22. September 2010 - 4 CN 2/10 -, zit. nach JURIS). Entscheidend im Rahmen der Prüfung einer beitragsrechtlichen Vorteilslage dürfte aber sein, dass der Klarstellungssatzung gegenüber öffentlichen Planungsträgern und sonstigen öffentlichen Stellen - ähnlich dem § 7 BauGB - Bindungswirkung zukommt. Insbesondere ist die Baugenehmigungsbehörde an die Festlegung der Grenzen gebunden (so OVG Sachsen, Urt. v. 23. Oktober 2000 - 1 D 33/00 -, zit. nach JURIS; Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 34 Rdnr. 99; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 414). Soweit der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung anscheinend die Rechtsauffassung vertreten hat, die Klägerin könne im beitragsrechtlichen Verfahren mit Erfolg die Innenbereichslage ihrer Grundstücke negieren und gleichzeitig im bau(planungs)rechtlichen Verfahren einen Anspruch auf Bebauung dieser Grundstücke auf der Grundlage einer Innenbereichssatzung durchsetzen, trifft dies nicht zu.

94

Falls Grundstücke nur teilweise von der Geltungswirkung einer Innenbereichssatzung erfasst werden, dürfte allerdings nach den Vorgaben der Beitragssatzung vom 30. Mai 2012 von vornherein nur die von der Innenbereichssatzung erfasste Fläche herangezogen werden dürfen. Denn nach § 4 Abs. 3 Buchst. Nr. 3 AAS 2012 gilt bei Grundstücken, die im Bereich einer Satzung nach § 34 Abs. 4 BauGB liegen sowie bei Grundstücken, die über die Grenzen einer solchen Satzung hinausreichen, - sofern sie nicht unter Nr. 6 oder Nr. 7 fallen - die Fläche im Satzungsbereich, wenn diese baulich oder gewerblich genutzt werden kann. Damit dürfte eine Anwendbarkeit des § 4 Abs. 3 Nr. 4 Buchst. a AAS 2012 auf die Grundstücksteile, die nicht von der Innenbereichssatzung erfasst werden, ausgeschlossen sein.

95

Sollte es darauf ankommen, wo die Grenze eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils i.S.d. § 34 Abs. 1 BauGB und damit die Grenze zwischen Innen- und Außenbereich zum Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht verläuft, lässt sich dies nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des erkennenden Senats nicht unter Anwendung von geographisch-mathematischen Maßstäben bestimmen, sondern bedarf einer Beurteilung aufgrund einer „echten Wertung und Bewertung des konkreten Sachverhalts". Bei dieser Wertung und Bewertung kann nur eine komplexe, die gesamten örtlichen Gegebenheiten erschöpfend würdigende Betrachtungsweise im Einzelfall zu einer sachgerechten Entscheidung führen. Grundlage und Ausgangspunkt dieser bewertenden Beurteilung sind die tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten, also insbesondere die vorhandenen baulichen Anlagen, sowie darüber hinaus auch andere topographische Verhältnisse und Straßen. Zu berücksichtigen sind indes nur äußerlich erkennbare Umstände, d.h. mit dem Auge wahrnehmbare Gegebenheiten der vorhandenen Bebauung und der übrigen Geländeverhältnisse. Die Anwendbarkeit des § 34 BauGB setzt danach eine bestehende aufeinander folgende Bebauung voraus (Bebauungszusammenhang), die einen „Ortsteil“ bildet. Ortsteil in diesem Sinne ist jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist. Dabei erfordert das Merkmal der organischen Siedlungsstruktur nicht, dass es sich um eine nach Art und Zweckbestimmung einheitliche Bebauung handelt. Auch eine unterschiedliche, unter Umständen sogar eine in ihrer Art und Zweckbestimmung gegensätzliche Bebauung kann einen Ortsteil bilden. Ebenso wenig kommt es auf die Entstehungsweise der vorhandenen Bebauung oder darauf an, dass die Bebauung einem bestimmten städtebaulichen Ordnungsbild entspricht (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 27. April 2011 - 4 M 43/11 - und v. 19. Dezember 2011 - 4 L 75/11 -, jeweils zit. nach JURIS m.w.N.). Danach unterbricht ein tatsächlich bebautes Grundstück grundsätzlich nicht den Bebauungszusammenhang. Insoweit kann auch eine aufgegebene oder dem Verfall preisgegebene Bebauung eine fortdauernd prägende Wirkung entfalten. Unter den Begriff „Bebauung“ fallen allerdings auch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur Bauwerke, die maßstabsbildend, also optisch wahrnehmbar und nach Art und Gewicht geeignet sind, ein Gebiet als einen Ortsteil mit einem bestimmten städtebaulichen Charakter zu prägen. Hierzu zählen grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen zu dienen bestimmt sind. Eine ursprünglich vorhandene Prägung der näheren Umgebung kann zwar auch noch für eine gewisse Zeit nach Aufgabe einer Nutzung nachwirken. Eine tatsächlich beendete bauliche Nutzung verliert indes ihre maßstabsbildende Wirkung, wenn sie endgültig aufgegeben worden ist und nach der Verkehrsauffassung mit ihr nicht mehr gerechnet werden kann (so OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 27. April 2011 - 4 M 43/11 -, zit. nach JURIS m.w.N.).

96

Ein Vorteil i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA (vgl. dazu OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 5. Mai 2011 - 4 L 175/09 -, zit. nach JURIS m.w.N.; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 2152) entsteht nur bei baulich oder zumindest abwasserrechtlich vergleichbar nutzbaren Grundstücken. Dementsprechend macht § 3 Abs. 1 Nr. 2 AAS 2012 bei Grundstücken, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung nicht festgesetzt ist, die Beitragspflicht davon abhängig, ob sie nach der Verkehrsauffassung Bauland sind und nach der geordneten baulichen Entwicklung in der Stadt zur Bebauung oder gewerblichen Nutzung anstehen und es gilt gem. § 4 Abs. 3 Nr. 3 AAS 2012 bei der Flächenermittlung von Grundstücken im Bereich von § 34 BauGB-Satzungen eine Einschränkung hinsichtlich ihrer baulichen oder gewerblichen Nutzbarkeit.

97

Die Vorteilslage besteht nicht oder nicht in vollem Umfang, wenn die Bebaubarkeit bzw. Nutzbarkeit eines Grundstücks durch darauf lagernde Altlasten (wie hier durch Munition, Munitionsteile und andere chemische Stoffe) im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht vollständig ausgeschlossen ist. Dies ist voraussichtlich erst dann der Fall, wenn auch eine Räumung bzw. Sanierung des Grundstücks tatsächlich nicht möglich oder aus wirtschaftlichen Gründen objektiv nicht vertretbar ist. Dann ist es sog. Unland gleichzusetzen, zu dem gem. § 45 Abs. 1 BewG die Betriebsflächen von land- und forstwirtschaftlich genutzten Flächen gehören, die auch bei geordneter Wirtschaftsweise keinen Ertrag abwerfen können. Die Eintragung im Altlastenregister an sich bzw. die fehlende Entlassung der Klägerin aus der Störerverantwortlichkeit führt danach allerdings noch nicht zu einer fehlenden Vorteilslage, weil eine Sanierbarkeit gegeben sein könnte. Die Sanierungspflichten des Eigentümers nach § 4 Abs. 3 BBodSchG wiederum sind allein nicht ausreichend, eine Vorteilslage anzunehmen. Denn diese Pflichten sollen nach der Regelung lediglich Gefahren, Nachteile oder Belästigungen für Einzelne oder die Allgemeinheit ausschließen (Satz 1) und es wird ausdrücklich auf den Gesichtspunkt der Zumutbarkeit abgestellt (Satz 3).

98

Es spricht Überwiegendes dafür, dass im Gegensatz zur Rechtsauffassung der Beklagten nicht die Gesamtfläche eines Grundstücks durch Kontamination einer beitragsrechtlich relevanten Nutzbarkeit entzogen sein muss, um von einer fehlenden Bevorteilung auszugehen. Selbst wenn nur Teilflächen dieses Grundstücks derart betroffen sind, dürfte ein Vorteil für diese Teilflächen nicht gegeben sein. Dass bau(planungs)rechtlich nicht immer die gesamte Grundstücksfläche nutzbar ist, dürfte bei der Betroffenheit durch Altlasten weder dazu führen, dass diese Einschränkungen erst im Rahmen von Billigkeitsentscheidungen zu berücksichtigen sind, noch, dass hinsichtlich derart betroffener Flächen eine Gleichbehandlung mit den einen Verminderungszwang auslösenden öffentlich-rechtlichen Baubeschränkungen (vgl. dazu OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 10. März 2006 - 4 L 250/05 -, zit. nach JURIS; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 2178, 2181) vorzunehmen ist (a.M.: VGH Hessen, Urt. v. 17. Dezember 2003 - 5 UE 1734/02 -, zit. nach JURIS). Abgesehen davon, dass bei Anwendung des § 4 Abs. 3 Nr. 3 AAS 2012 schon auf Grund der ausdrücklichen Anordnung zur baulichen oder gewerblichen Nutzbarkeit der heranzuziehenden Grundstücksfläche eine solche Nutzbarkeit Voraussetzung für die Grundstücksflächenermittlung ist, besteht zwischen öffentlich-rechtlichen Baubeschränkungen und dem Ausschluss jeglicher Nutzbarkeit durch Altlasten ein substanzieller und auch rechtlich erheblicher Unterschied (vgl. auch OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 9. August 2006 - 4 L 255/06 -, zit. nach JURIS).

99

Die Ermittlung derart unsanierbarer Grundstücksflächen obliegt nach dem im Abgabenrecht geltenden Untersuchungsgrundsatz (§ 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a KAG LSA i.V.m. § 88 AO) der Behörde, die nach § 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a KAG LSA i.V.m. § 99 AO dazu Betretungsrechte hat. Sie kann dazu auch sachverständige Aussagen anderer Behörden, etwa der Landesanstalt für Altlastenfreistellung, verwenden. Jedoch hat der Grundstückseigentümer nach § 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a KAG LSA i.V.m. § 90 Abs. 1 AO umfassende Mitwirkungspflichten bei der Ermittlung von Art und Umfang der Kontaminierungen. Die pauschalen Behauptungen der Klägerin zu den bestehenden Altlasten ohne eine nähere Substanziierung wären daher keinesfalls ausreichend. Dies gilt umso mehr, weil die Klägerin einen Großteil der streitbefangenen Flächen zum Verkauf anbietet oder angeboten hat bzw. solche Flächen tatsächlich verkauft worden sind und schon deshalb zumindest eine erhebliche Indizwirkung dafür besteht, dass es sich dabei um baulich nutzbare Flächen handelt bzw. eine Sanierung wirtschaftlich vertretbar ist. Auf das Vorbringen der Klägerin, es seien auf jedem einzelnen der streitgegenständlichen Grundstücke selbständig baulich nutzbare, von Altlasten unbelastete oder nur unwesentlich unterhalb der Gefahrenschwelle belastete Grundflächen nicht vorhanden, kommt es schon deshalb nicht an, weil auch sanierungsfähige Flächen aus der Anschlussmöglichkeit einen wirtschaftlichen Vorteil ziehen können. Es kann daher offen bleiben, ob diese Behauptung zudem nicht schon durch ihren sonstigen Vortrag und die dargestellten tatsächlichen Umstände zu dem Verkauf von Teilflächen widerlegt wird.

100

Zur Entstehung der sachlichen Beitragspflicht muss - falls das herangezogene Grundstück nicht schon tatsächlich an die zentrale Abwasserentsorgungseinrichtung angeschlossen ist - jedenfalls die gesicherte Möglichkeit der Anschlussnahme an die Einrichtung gegeben sein. In diesem Zusammenhang ist die Regelung des § 6 Abs. 1 AAS 2012, wonach die Beitragspflicht mit der betriebsfertigen Herstellung der zentralen öffentlichen Schmutzwasseranlage für das zu entwässernde Grundstück entsteht, dahingehend auszulegen, dass dazu die betriebsfertige Herstellung des Hauptsammlers vor dem zu entwässernden Grundstück ausreicht. Im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin ist diese Regelung nicht zu unbestimmt. Die betriebsfertige Herstellung i.S.d. § 6 Abs. 1 AAS 2012 umfasst weiterhin nicht die Herstellung des Grundstücksanschlusses. Zwar gehören nach § 2 Abs. 8 Buchst. a Satz 2 der Abwassersatzung der Beklagten in der Fassung der 4. Novellierung vom 20. Juni 2002 in der Gestalt der 2. Änderungssatzung vom 10. März 2005 - AbwS - zur öffentlichen Einrichtung der zentralen Abwasseranlage auch die Grundstücksanschlüsse. Bei einer Erhebung von gesonderten Kosten für die Grundstücksanschlüsse, wie sie in den §§ 17 ff. AAS 2012 vorgesehen ist, genügt es für die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht, dass der Hauptsammler betriebsfertig hergestellt ist. Die in § 8 Satz 2 KAG LSA ausdrücklich vorgesehene Möglichkeit, für die Herstellung von Grundstücksanschlüssen auch dann Kostenerstattungen nach § 8 Satz 1 KAG LSA geltend zu machen, wenn der Grundstücksanschluss durch Satzung zum Bestandteil der öffentlichen Einrichtung bestimmt wurde, bewirkt eine Aufwandspaltung (so OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 8. September 2006 - 4 M 44/06 -, zit. nach JURIS; Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 1068, Rdnr. 2204). Daher ist es auch unbeachtlich, dass die Herstellung der Grundstücksanschlüsse als Teil der öffentlichen Einrichtung gem. § 11 Abs. 3 AbwS der (...) GmbH oder einem von ihr beauftragten Unternehmen obliegt.

101

Soweit die Klägerin unter Hinweis auf die Größe der Grundstücke und Hindernisse auf den Grundstücken die Zumutbarkeit der Anschlussmöglichkeit bestreitet, fehlt sowohl hinsichtlich einer Anschlussmöglichkeit der Vorderliegergrundstücke (vgl. auch Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 542, Rdnr. 1050, Rdnr. 2205 jeweils m.w.N.) als auch hinsichtlich einer Anschlussmöglichkeit von Hinterliegergrundstücken (vgl. auch Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 1050b, Rdnr. 2211 jeweils m.w.N.; Rosenzweig/Freese, a.a.O., § 6 Rdnr. 243 m.w.N.) schon eine hinreichende Substanziierung. Die pauschale Auflistung von tatsächlichen Hindernissen ohne Anknüpfung an die konkrete Grundstückssituation und der bloße Hinweis auf eine „durchschnittliche Leitungslänge“ von „über 200 m“ und die bloße Rüge, das Verwaltungsgericht habe insbesondere verschiedene Kostenpositionen nicht ermittelt, ist nicht ausreichend. Darüber hinaus dürfte auch hier zu berücksichtigen sein, dass die Klägerin diese Flächen bzw. erhebliche Teile davon als Gewerbeflächen zum Verkauf anbietet und angeboten hat.

102

Soweit die Klägerin geltend macht, die Ermittlung der Vollgeschosszahlen, die sich bei Innenbereichsgrundstücken i.S.d. § 3 Abs. 3 Nr. 3 bis 5 AAS 2012 gem. § 4 Abs. 4 Nr. 4 Buchst. a und b AAS 2012 nach der höchsten Zahl der tatsächlich vorhandenen Vollgeschosse bei bebauten Grundstücken und der Zahl der in der näheren Umgebung überwiegend vorhandenen Vollgeschosse bei unbebauten Grundstücken richtet, sei auf Grund von Ermittlungsfehlern im Einzelfall und auf Grund von mehreren methodischen Fehlern offenkundig verfehlt, lässt ihr Vorbringen nicht einmal ansatzweise erkennen, von welchen Vollgeschosszahlen stattdessen auszugehen sei. Ihr Einwand, der Begriff „nähere Umgebung“ sei zu unbestimmt, ist angesichts der gleichlautenden Formulierung in § 34 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BauGB offensichtlich unbegründet (vgl. auch OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 16. Januar 2004 - 1 L 146/03 -, zit. nach JURIS). Der weiterhin geltend gemachte Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz hinsichtlich der benachbarten L... GmbH läuft auf eine unzulässige (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 2. September 2009 - 4 L 467/08 - und Beschl. v. 25. Juli 2006 - 4 M 293/06 -, jeweils zit. nach JURIS) Gleichbehandlung im Unrecht hinaus. Im Übrigen geht die Klägerin zu Unrecht von einer „flächendeckenden Heranziehung mit zwei Vollgeschossen“ aus. In dem Schriftsatz vom 28. Januar 2009 hat die Beklagte für mehrere Grundstücke nur noch eine (Umgebungs)Bebauung von einem Vollgeschoss angenommen und die Beiträge entsprechend festgesetzt.

103

Eine Aufrechnung mit dem von der Klägerin schon gezahlten Betrag in Höhe von 20.000,- € ist schon deshalb ausgeschlossen, weil es sich dabei nicht um einen Gegenanspruch i.S.d. § 13a Abs. 1 Satz 5 KAG LSA i.V.m. § 226 Abs. 3 AO handelt.

104

Hinsichtlich der Aufrechnung mit einer Rückforderung in Höhe von 95.752,50 € aus einem Ablösevertrag nach dem Baugesetzbuch müsste für die Frage, ob diese Forderung i.S.d. § 226 Abs. 3 AO unbestritten ist, im Einzelnen geprüft werden, wann die Beklagte den Anspruch bestritten hat und ob diese Erklärung nicht als verspätet angesehen werden muss (vgl. dazu Pahlke, AO, 2. A., § 226 Rdnr. 32; Klein, AO, 11. A., § 226 Rdnr. 40; vgl. auch BFH, Urt. v. 5. Februar 1985 - VII R 124/80 -, zit. nach JURIS).

105

Eine fehlerhafte Anwendung der satzungsrechtlichen Billigkeitsregelungen nach § 6c Abs. 3 KAG LSA hat die Klägerin lediglich behauptet, ohne substanziiert darzustellen, für welche Grundstücke eine abweichende Berechnung des Beitrages geboten gewesen wäre.

106

Der bloße Einwand, ihr Eigentum werde „gänzlich ausgehöhlt“ und die Belastungen durch staatliche Forderungen überstiegen den jeweiligen Grundstückswert, ist schließlich - unabhängig von der fehlenden Konkretisierung und Substanziierung dieser Behauptung - von vornherein nicht geeignet, im Rahmen einer Anfechtungsklage Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Beitragsfestsetzung zu wecken. Insoweit müsste die Klägerin mit einer Verpflichtungsklage Billigkeitsmaßnahmen nach § 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b KAG LSA i.V.m. § 163 Abs. 1 AO oder nach § 13a Abs. 1 KAG LSA i.V.m. § 227 AO verfolgen.

107

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 1, 161 Abs. 2 VwGO. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin voll obsiegt, für das erstinstanzliche Verfahren ist zu berücksichtigen, dass ein Teil der Klage unzulässig war. Im Rahmen der Kostenentscheidung gem. § 161 Abs. 2 VwGO über den durch die Erledigungserklärungen erfassten Teil des Rechtsstreits entspricht es billigem Ermessen, dass die Beklagte die Kosten des Verfahrens trägt. Denn die Klage hätte auch hinsichtlich der insoweit betroffenen Grundstücke Erfolg gehabt.


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zu einem Beitrag für die Verbesserung der Einrichtung zur zentralen Schmutzwasserentsorgung des Beklagten.

2

Sie ist Eigentümerin des 2960 m² großen, auf einer Fläche von 942 m² mit flachen „Reihengaragen“ bebauten Grundstücks August-Bebel-Straße 32, Flurstück 1695/437, Flur A, der Gemarkung D-Stadt.

3

Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass sich das Grundstück im unbeplanten Innenbereich befindet, bereits vor dem 15. Juni 1991 an die seinerzeit bestehende öffentliche Schmutzwasserreinigungsanlage angeschlossen werden konnte und die nähere Umgebung mit dreigeschossigen Gebäuden bebaut ist.

4

Mit Bescheid vom 1. Oktober 2008 zog der Beklagte die Klägerin zu einem Beitrag für die Verbesserung der zentralen öffentlichen Anlagen für die Schmutzwasserentsorgung in Höhe von 7.814,40 € heran. Hierbei legte er eine heranzuziehende Grundstücksfläche von 2.960 m² bei einem Vollgeschossfaktor für drei Vollgeschosse von 0,55 und einen Beitragssatz von 4,80 €/m² zu Grunde.

5

Gegen den Beitragsbescheid vom 1. Oktober 2008 legte die Klägerin mit Schreiben vom 22. Oktober 2008 Widerspruch ein.

6

Mit Schreiben vom 19. November 2008 stellte die Klägerin bei dem Beklagten für die auf dem Grundstück befindlichen Garagengebäude einen Antrag auf Beitragsfreistellung nach § 10 Abs. 2 der Verbesserungsbeitragssatzung des Beklagten. Mit an die Klägerin gerichtetem Bescheid vom 15. Dezember 2008 stellte der Beklagte die Beitragsfreiheit für die mit Garagen bebaute anteilige Fläche von 942 m² fest und reduzierte das Leistungsgebot aus dem Bescheid vom 1. Oktober 2008 auf 5.327,52 €.

7

Mit Schreiben vom 9. Januar 2009 legte die Klägerin (erneut) Widerspruch gegen den Bescheid vom 1. Oktober 2008 ein. Zur Begründung des Widerspruchs führte die Klägerin aus, dass allenfalls die Berücksichtigung eines Vollgeschosses erfolgen dürfe. Dies ergebe sich aus der Regelung des § 10 Abs. 2 der Verbesserungsbeitragssatzung i. V. m. § 6c Abs. 3 KAG LSA. Mit dieser Regelung habe der Gesetzgeber beabsichtigt, beitragserhöhende Faktoren zu eliminieren, indem er bestimme, dass Umstände der derzeitigen tatsächlichen Nutzung bei der Beitragsermittlung zu berücksichtigen seien. Danach müssten in der Satzung beitragsbildende Elemente vorhanden sein, die auf die tatsächliche Nutzung abstellten.

8

Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 27. Februar 2009 zurück und führte zur Begründung aus, dass die Anzahl der tatsächlich vorhandenen Vollgeschosse bei Garagengebäuden wegzudenken sei, weil diesen baulichen Anlagen eine den Umfang des Vorteils bestimmende Abwasserrelevanz fehle.

9

Die Klägerin hat am 11. März 2009 bei dem Verwaltungsgericht Magdeburg Klage erhoben und im Wesentlichen geltend gemacht, dass die auf dem Grundstück aufstehenden Lagerhallen eine für die Vorteilslage bauordnungsrechtliche Relevanz aufwiesen. Es komme daher nicht auf die Geschossigkeit der Umgebungsbebauung an, sondern allein auf die Frage, ob die Gebäude Anschlussbedarf hätten.

10

Die Klägerin hat beantragt,

11

den Bescheid des Beklagten vom 1. Oktober 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 2009 in Höhe von 4.262,40 € aufzuheben.

12

Der Beklagte hat beantragt,

13

die Klage abzuweisen,

14

und zur Begründung ausgeführt, dass auf das höchst zulässige Maß der Nutzung abzustellen sei. Mache der Grundstückseigentümer von der Möglichkeit der Bebauung keinen Gebrauch oder bleibe er mit der geplanten oder verwirklichten Bebauung hinter dem Möglichen zurück, so sei dieser Umstand nicht von Relevanz, da die Entscheidung jederzeit revidiert und das Maß der baulichen Nutzung auf das Zulässige erhöht werden könnte.

15

Mit dem angefochtenen Urteil vom 12. November 2010 hat das Verwaltungsgericht Magdeburg die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beklagte das Grundstück der Klägerin zu Recht als ein unbebautes im Sinne von § 3 Abs. 4 Nr. 4 b der Verbesserungsbeitragssatzung angesehen habe. Der Umfang des einem Grundstück aus der Inanspruchnahmemöglichkeit vermittelten Vorteils (§ 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 KAG LSA) bestimme sich danach, wie stark die öffentliche Einrichtung vom Grundstück aus in Anspruch genommen werden könne. Dafür gebe die bauliche Nutzbarkeit des Grundstücks Anhaltspunkte, weil das Wasserversorgungs- bzw. das Abwasserbeseitigungssystem von einem baulich stärker nutzbaren Grundstück erfahrungsgemäß mehr in Anspruch genommen werde als von einem weniger stark baulich nutzbaren Grundstück. Dies berücksichtigend bemesse sich der konkrete Vorteil eines Grundstücks bei einem nutzungsbezogenen Flächenmaßstab nach der Fläche und dem Maß der Bebauung/Bebaubarkeit, wobei ein Grundstück von einer der Schmutzwasserbeseitigung dienenden öffentlichen Einrichtung nur dann bevorteilt sei, wenn es überhaupt in abwasserrelevanter Weise - bei tatsächlich vorhandener Bebauung genutzt bzw. - beim Abstellen auf seine Bebaubarkeit - nutzbar sei. Denn nur ein solches Grundstück erfahre infolge seiner Anschlussmöglichkeit an eine öffentliche Schmutzwasserentsorgungseinrichtung einen sich in erster Linie in seiner Gebrauchswertsteigerung ausdrückenden Inanspruchnahmevorteil. Daraus folge, dass Grundstücke, die mit einer baulichen Anlage im Sinne der §§ 29 Abs. 1 BauGB, 2 Abs. 1 BauO LSA bebaut seien, nicht gleichsam als „bebaut“ im Sinne der entsprechenden Satzungsvorschriften zu gelten hätten. Die auf dem Grundstück aufstehenden „Reihengaragen“ dienten nach § 2 Abs. 7 Satz 1 BauO LSA ausschließlich dem Abstellen von Kraftfahrzeugen. Dieser baulichen Anlage fehle es mithin an einer den Umfang des Vorteils bestimmenden Abwasserrelevanz, wovon die Beteiligten auch übereinstimmend ausgingen.

16

Zur Begründung der von dem erkennenden Senat mit Beschluss vom 15. Februar 2012 zugelassenen Berufung trägt die Klägerin vor: Die auf Sinn und Zweck gestützte Argumentation des Verwaltungsgerichts greife nicht. Insoweit argumentiere das Verwaltungsgericht einzig mit der Frage einer zulässigen Vorteilsbemessung, die vorliegend außer Frage stehe. Der Vollgeschossmaßstab für bebaute und unbebaute Grundstücke im unbeplanten Innenbereich verstoße unstreitig nicht gegen das Gebot, Beiträge nach den Vorteilen zu bemessen (§ 6 Abs. 5 Satz 1 KAG LSA). Der Grund für die streitgegenständliche Regelung liege vielmehr im Interesse an einem einfach und rechtssicher anwendbaren Maßstab, der letztlich der Verwaltungspraktikabilität hinreichend Rechnung trage. Diese sachliche Erwägung würde die Satzungsregelung nicht mehr tragen, wenn schon im Zeitpunkt der Kalkulation des Beitragssatzes die Frage geklärt werden müsse, ob der verwirklichten Bebauung Abwasserrelevanz zukomme. Hinreichender Anknüpfungspunkt für das Maß der wahrscheinlichen Inanspruchnahme der Einrichtung biete das tatsächliche Maß der Bebauung für bebaute Grundstücke im unbeplanten Innenbereich, wobei die Beurteilung des Begriffs „bebaut“ sich nach der auf dem Grundstück verwirklichten Bausubstanz zu beurteilen habe, ohne dass es auf die weitergehende Klärung des Vorliegens einer Abwasserrelevanz ankomme.

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Die Klägerin beantragt,

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das Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg - 9. Kammer - vom 12. November 2010 zu ändern und den Heranziehungsbescheid des Beklagten vom 1. Oktober 2008 in Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 2009 in Höhe von 4.262,40 € aufzuheben.

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Der Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen,

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und verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung.

22

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Berufung ist begründet.

24

Der (allein streitgegenständliche) Beitragsbescheid des Beklagten vom 1. Oktober 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 2009 ist in der angegriffenen Höhe rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

25

Rechtsgrundlage für die Erhebung des hier angefochtenen besonderen Herstellungsbeitrages ist § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA i. V. m. der Verbesserungsbeitragssatzung des Beklagten vom 17. März 2007 in der Fassung der 1. Änderungssatzung vom 8. Oktober 2007 - VBS -.

26

Nach welcher satzungsrechtlichen Grundlage der Beitrag zu bemessen ist, richtet sich nach dem im Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht geltenden Recht. Die Beitragspflicht entsteht gemäß § 6 Abs. 6 Satz 2 KAG LSA, sobald das Grundstück an die Einrichtung angeschlossen werden kann, frühestens jedoch mit dem Inkrafttreten der ersten wirksamen Satzung (zum besonderen Herstellungsbeitrag vgl. Beschl. d. Senats v. 13.07.2006 - 4 L 127/06 -, zit. n. JURIS).

27

Hiernach ist - mit der Vorinstanz - die sachliche Beitragspflicht mit dem rückwirkenden Inkrafttreten der Verbesserungsbeitragssatzung des Beklagten am 1. Januar 2007 entstanden.

28

Das Grundstück der Klägerin unterliegt auch unstreitig der Beitragspflicht. Dabei handelt es sich zwar nicht um die - im Sinne der Satzung des Beklagten - Erhebung eines Verbesserungsbeitrags, sondern wegen der Regelung in § 6 Abs. 6 Satz 3 KAG LSA um einen besonderen Herstellungsbeitrag i. S. d. § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA. Gleichwohl ist die Satzung insoweit nicht zu beanstanden, weil die fehlerhafte Bezeichnung eines beitragsfähigen Tatbestandes in der Satzung nicht zu dessen Nichtigkeit führt. Denn § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG LSA setzt nur voraus, dass der Abgabentatbestand bestimmt ist. Die zutreffende Bezeichnung des in der Satzung zu bestimmenden Tatbestandes ist jedoch nicht Voraussetzung für ihre Wirksamkeit (vgl. Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 8 Rdnr. 2223).

29

Streitig ist vorliegend allein, ob die unter Zugrundelegung eines Vollgeschossfaktors von 0,55 für drei Vollgeschosse erfolgte Beitragsfestsetzung zutreffend ist.

30

Gemäß § 3 Abs. 4 Nr. 4 VBS gilt als Zahl der Vollgeschosse bei Grundstücken, die - wie vorliegend - a) bebaut sind, die höchste Zahl der tatsächlich vorhandenen Vollgeschosse, b) unbebaut sind, die Zahl der in der näheren Umgebung überwiegend vorhandenen Vollgeschosse.

31

Entgegen der Auffassung der Vorinstanz ist der Begriff „bebaut“ i. S. v. § 3 Abs. 4 Nr. 4 a) VBS nach seinem allgemeinen Wortsinn nur dahingehend zu verstehen, dass er die Existenz einer Bausubstanz erfasst. Die von dem Verwaltungsgericht vorgenommene Auslegung, eine Bebauung nur dann anzunehmen, soweit sie auch eine Abwasserrelevanz aufweist, geht über den eindeutigen Wortlaut der Regelung hinaus.

32

§ 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA verlangt zwar für die Beitragserhebung das Vorliegen eines Vorteils. Dieser liegt jedoch schon dann vor, wenn die Möglichkeit der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung besteht. Ein Vorteil in der Form einer konkreten aktuellen Nützlichkeit ist danach gerade nicht zu fordern. Dass Garagengrundstücke in der Regel nicht auf eine Schmutzwasserbeseitigung angewiesen sind, da entsprechend ihrer Zweckbestimmung kein Schmutzwasser anfällt, bleibt damit ohne Einfluss auf die Vorteilslage. Abweichendes mag für die hier nicht gegebene Fallkonstellation gelten, bei der ein Bebauungsplan zwingend die Nutzung als Garagengrundstück vorgibt (vgl. auch VG Koblenz, Urt. v. 15.11.2010 - 3 K 446/10 -; VG Saarland, Gerichtsbescheid v. 30.03.2010 - 11 K 1554/08 -; jeweils zit. n. JURIS).

33

Für eine Auslegung im vorstehenden Sinn spricht auch der Vergleich der streitgegenständlichen Regelung mit § 3 Abs. 3 Nr. 9 VBS, der die Begrifflichkeit „schmutzwasserrelevant“ verwendet und im Gegenschluss auf einen Willen des Satzungsgebers schließen lässt, im Rahmen des § 3 Abs. 4 Nr. 4 b) VBS eine „Bebauung“ nicht einschränkend mit einer Abwasserrelevanz zu verknüpfen. Dem Satzungsgeber wäre es im Übrigen unbenommen geblieben, anstelle des vorliegend gewählten, auf die tatsächliche Bebauung abstellenden Maßstabes (von vornherein) auf die zulässige (Umgebungs-)Bebauung abzustellen (vgl. nur Rosenzweig u. a., NKAG, § 6, Rdn. 212f.). Wird stattdessen auf die tatsächliche Bebauung abgestellt, ist ein - bei entsprechenden Fallkonstellationen - geringerer Beitragsanspruch „systemimmanent“.

34

Folgt man danach einem rein baurechtlichen Ansatz bei der Auslegung des Begriffs „bebaut“, ist nicht zweifelhaft, dass eine Reihengarage als Gebäude im Sinne der Bauordnung eine Bebauung darstellt und dieser Bebauung eine nicht nur gänzlich untergeordnete Bedeutung zukommt (vgl. dazu Urt. d. 1. Senats vom 16.01.2004 - 1 L 146/03 -). Dies alles führt dazu, der Beitragsberechnung ein Vollgeschoss zugrunde zu legen, wobei sich eine entsprechende Anwendung der für den Geltungsbereich eines Bebauungsplanes getroffenen Regelung des § 3 Abs. 4 Nr. 1 d) VBS anbietet. Danach ist als Zahl der Vollgeschosse bei Garagen die Zahl von einem Vollgeschoss je Nutzungsebene vorgesehen. Damit ergibt sich ein Beitrag von 3552,00 € (2960 m² x 0,25 x 4,80 €).

35

Die Regelung des § 6c KAG LSA ist erst auf der auf Antrag des Beitragspflichtigen (vgl. § 10 Abs. 3 VBS unter Hinweis auf die Regelung des § 6c KAG LSA) einzuleitenden - verfahrensrechtlich gesondert zu betrachtenden - Billigkeitsebene anzuwenden (a. A. VG Halle, Urt. v. 19.02.2010 - 4 A 435/08 -, das ein Gebäude ohne Anschlussbedarf im Sinne des § 6c KAG LSA im Rahmen der Beitragsfestsetzung fiktiv als unbebaut behandelt mit der Folge, dass es für die Zahl der anzusetzenden Vollgeschosse auf die Umstände ankommt, die für unbebaute Grundstück maßgeblich sind). Mit Blick auf die hier allein streitgegenständliche Festsetzung des Beitrages ergeben sich in Anwendung des hier in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung ausgestalteten Vollgeschossmaßstabes jedenfalls keine aus Gleichheitsgesichtspunkten herzuleitenden durchgreifenden Bedenken. Auf die hier nicht streitige Billigkeitsentscheidung des Beklagten vom 15. Dezember 2008 ist hier nicht weiter einzugehen (vgl. dazu aber Beschl. d. Senats v. 26.03.2010 - 4 M 48/10 -).

36

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

37

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.