Verwaltungsgericht Halle Beschluss, 12. Juli 2017 - 3 B 30/17 HAL

bei uns veröffentlicht am12.07.2017

Tenor

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 26. Oktober 2016 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 20. Oktober 2016 zur Umlage des Beitrags für den Unterhaltungsverband Untere Saale für das Jahr 2014 wird angeordnet.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 415,33 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller wendet sich im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gegen seine Heranziehung zu Gewässerunterhaltungsbeiträgen für das Jahr 2014 durch die Antragsgegnerin.

2

Der Antragsteller ist Eigentümer von wohl weit überwiegend landwirtschaftlich genutzten Grundstücksflächen, die im Gebiet der Antragsgegnerin und zugleich im Gebiet des Beigeladenen gelegen sind.

3

Am 11. September 2013 beschloss die Antragsgegnerin die "Satzung zur Umlage der Verbandsbeiträge der Unterhaltungsverbände "Untere Saale" und "Wipper-Weida" (Gewässerumlagesatzung)" (zukünftig nur: GUS), die nach ihrem § 12 rückwirkend zum 01. Januar 2010 in Kraft trat und die vorherige Satzung vom 20. April 2011 ersetzte. Die Satzung wurde im Amtsblatt der Antragsgegnerin vom 02. Oktober 2013 veröffentlicht.

4

Die Satzung regelt unter anderem:

5

"§ 3 Umlageschuldner

6

(1) Umlageschuldner der Umlage ist vorrangig, wer während des Erhebungszeitraumes Eigentümer eines im Gemeindegebiet gelegenen, zum Verbandsgebiet gehörenden Grundstückes ist.

7

(2) Beim Wechsel des Umlageschuldners während des Erhebungszeitraumes geht mit Eintragung des Wechsels im Grundbuch die Umlageschuld auf den neuen Eigentümer über.

8

(3) Ist das Grundstück mit einem Erbbaurecht belastet, tritt an die Stelle des Eigentümers der Erbbauberechtigte.

9

(4) Sind Eigentümer oder Erbbauberechtigte des Grundstücks nicht ermittelbar, ist ersatzweise derjenige zur Umlage heranzuziehen, der während des Erhebungszeitraumes des Umlagebescheides das Grundstück nutzt.

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(5) Mehrere Umlageschuldner sind Gesamtschuldner.

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§ 4 Entstehung der Umlageschuld, Erhebungszeitraum

12

(1) Die Umlageschuld entsteht mit Beginn des Kalenderjahres für das die Umlage festzusetzen ist, frühestens jedoch mit Bekanntgabe der Beitragsbescheide der Unterhaltungsverbände. Erhebungszeitraum ist das Kalenderjahr.

13

(2) Die Festsetzung der Umlage erfolgt durch Bescheid und kann mit anderen Grundstücksabgaben oder Steuern zusammengefasst werden."

14

Der Beigeladene zog die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 23. Januar 2014 zum einem Flächenbeitrag von 91.806,30 € für eine Fläche von 9.265,7599 ha heran.

15

Mit "Ergänzungssatzung 2014 zur Gewässerumlagesatzung der Gemeinde Salzatal" vom 08. April 2016 bestimmte die Antragsgegnerin den Umlagesatz für das Jahr 2014 als Flächenbeitragssatz für den Beigeladenen auf 9,91 €/ha Grundstücksfläche. Diese Satzung wurde im Amtsblatt der Antragsgegnerin vom 23. April 2016 veröffentlicht.

16

Mit Bescheid vom 20. Oktober 2016 erhob die Antragsgegnerin Umlagebeiträge für den Beigeladenen. für das Jahr 2014 und forderte vom Antragsteller einen Betrag in Höhe von 1.661,33 €.

17

Gegen diesen Bescheid legte der Antragsteller mit Schreiben vom 26. Oktober 2016 Widerspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Zur Begründung trug er vor, der Umlagesatz sei überhöht und weise eine erhebliche Steigerung gegenüber dem Vorjahr auf. Die Heranziehung der Antragsgegnerin durch den Beigeladenen sei rechtswidrig. Der Beigeladene verfüge von Beginn an über keine wirksame Verbandssatzung. Denn die Festlegung des Verbandsgebietes – soweit sie überhaupt erfolgt sein sollte – sei rechtswidrig. Die Verbandssatzung vom 14. Januar 1993 weise keine Beschreibung des Verbandsgebietes aus. Der Hinweis auf einen Plan in § 4 der Verbandssatzung genüge dafür nicht. Dieser Mangel führe zur Nichtigkeit der Satzung. Dieser Mangel sei auch durch die nachfolgenden Änderungssatzungen nie behoben worden. Infolge der Gesamtnichtigkeit habe der Verbandsausschuss die Satzung auch nicht Teilen ändern können. Bei einer unwirksamen Verbandssatzung sei die Antragsgegnerin nicht verpflichtet gewesen den Beitrag zu zahlen. Trotzdem erfolgte Zahlungen könnte dann nicht auf die Grundstückseigentümer abgewälzt werden. Auch mit der 3. Änderungssatzung sei keine Karte über das Gebiet des Beigeladenen veröffentlicht worden. Der Hinweis in der Veröffentlichung der Änderungssatzung auf eine Einsichtsmöglichkeit in einem Amtszimmer reiche nicht aus. Es fehle zudem die vollständige Ortsangabe. Ferner weiche die Festlegung des Verbandsgebietes in § 1 Abs. 5 und Abs. 6 der Verbandssatzung 2009 von der gesetzlichen Festlegung in der Anlage 4 zu § 104 WG LSA a.F. ab, indem in der Satzung zusätzlich das Niederschlagsgebiet der Salza einbezogen sei. Die in der Verbandssatzung angeführte Gebietskarte sei nicht veröffentlich worden. Zum 01. Januar 2010 sei gesetzlich die "Vollmitgliedschaft" der Gemeinden in den Unterhaltungsverbänden eingeführt worden. Die Verbandssatzung 2009 habe indes noch die vorherige abweichende Mitgliederstruktur enthalten. Auch sei die Anzahl der Berufenen als Vertreter in der Verbandsversammlung zu niedrig und nicht gesetzeskonform bestimmt. Die 4. Änderungssatzung vom 30. Juni 2010 habe fälschlich nicht auf die Verbandsgemeinden als Mitglied abgestellt, sondern auf die Verbandsgemeinde angehörigen Gemeinden. Erst mit der 7. Änderung vom 19. Dezember 2012 sei dies korrigiert worden. Bei der 8. Änderungsatzung sei der veröffentlichte Inkrafttretenszeitpunkt von der Verbandsversammlung nicht beschlossen worden. Insgesamt gelte der gleiche Maßstab, wie er im Beschluss des Verwaltungsgerichts Halle vom 01. September 2016 im Verfahren 4 B 295/16 HAL in Bezug auf einen anderen Verband entwickelt worden sei, auch hier.

18

Mit Schreiben vom 08. November 2016 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ab.

19

Am 02. Dezember 2016 hat der Antragsteller aus den Gründen seines Widerspruchs beim erkennenden Gericht um vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutz ersucht.

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Der Antragsteller beantragt,

21

die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs vom 26. Oktober 2016 gegen den Umlagebescheid der Antragsgegnerin vom 20. Oktober 2016 anzuordnen.

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Die Antragsgegnerin stellt keinen Antrag und verweist auf die Bedeutung des Vortrags des Antragstellers, der die Existenz bzw. Gründung des Beigeladenen in Frage stelle.

23

Der Beigeladene stellt keinen Antrag und führt auch keinen Vortrag.

24

Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin und des Beigeladenen Bezug genommen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der Beratung gewesen.

II.

25

Der Antrag ist zulässig und begründet.

26

Die Anforderungen des § 80 Abs. 6 VwGO sind erfüllt.

27

Danach ist in den Fällen des § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Dies ist hier der Fall. Mit Schreiben vom 08. November 2016 hat die Antragsgegnerin den Antrag des Antragstellers auf Aussetzung der Vollziehung abgelehnt.

28

Es handelt sich zudem bei der strittigen Umlageforderung um einen Fall des § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die aufschiebende Wirkung entfällt gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nur bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO dient der Sicherung der Erfüllung öffentlicher Aufgaben. Im Interesse der Allgemeinheit und der öffentlichen Haushaltsführung soll eine stetig fortlaufende Deckung des öffentlichen Finanzbedarfs sichergestellt sein, damit die Finanzierung und Durchführung notwendiger öffentlicher Aufgaben nicht gefährdet wird. Nach dieser Zweckbestimmung des Gesetzes ist der Wegfall der aufschiebenden Wirkung nicht auf die klassischen Abgabearten beschränkt, sondern er erstreckt sich auf alle sonstigen Abgaben, die – wie Steuern, Gebühren und Beiträge – dazu bestimmt sind, bereits entstandene oder bevorstehende gesetzlich oder sonst festgelegte Aufwendungen der öffentlichen Hand abzudecken und bei denen der Abgabengläubiger deshalb auf die regelmäßige und pünktliche Erfüllung der Zahlungspflichten der Abgabeschuldner angewiesen ist, um seine öffentlichen Aufgaben erfüllen zu können (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 12. Oktober 2016 – 2 M 48/16 –, juris; OVG LSA, Beschluss vom 21. Mai 2008 – 3 M 286/07 und Beschluss vom 15. März 2006 – 4 M 307/05 - juris). Im Rahmen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO sind dabei solche Zahlungen gemeint, auf deren unverzüglichen Eingang die Abgabengläubiger in gesteigertem Maße angewiesen sind, weil sie nach materiellem Recht fest mit ihrem Eingang rechnen und daher in die Aufgabenerfüllung einplanen. Diese unverzügliche Finanzierungsfunktion erfüllt auch die Umlage des Gewässerunterhaltungsverbandsbeitrages.

29

Die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung fällt zu Gunsten des Antragstellers aus, da sein privates Interesse, vom Vollzug der Umlagebescheide der Antragsgegnerin vorläufig verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse am Sofortvollzug überwiegt.

30

Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1, 1. Alt. VwGO in Verbindung mit § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO in entsprechender Anwendung kann das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs gegen einen nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO sofort vollziehbaren Abgabenbescheid anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgabepflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel im vorgenannten Sinne liegen nur dann vor, wenn ein Erfolg des Rechtsmittels im Hauptsacheverfahren wahrscheinlicher ist als ein Misserfolg. Denn der Gesetzgeber hat – wie zuvor dargestellt - die sofortige Vollziehbarkeit von Abgabebescheiden in § 80 Abs. 2 Satz 1 VwGO angeordnet, um der öffentlichen Hand die für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Finanzmittel zu sichern.

31

Zwar ist bei der Prüfung eines solchen vorläufigen Rechtsschutzverfahrens in erster Linie vom Vortrag der Beteiligten auszugehen. Hier verhält es sich indessen so, dass die Kammer mit Beschlüssen vom 09. Juni 2017 (Az.: 3 B 99/17HAL) und vom 13. Juni 2017 (Az.: 3 B 100/13 HAL) in vergleichbaren Verfahren zur Umlage von Gewässerunterhaltungsbeiträgen eine gleichartige gemeindliche Umlagesatzung beanstandet hat und diese Erkenntnisse auch für dieses Verfahren von Amts wegen in Ansatz zu bringen sind.

32

In Anwendung dieser Grundsätze ist von einer überwiegenden Erfolgsaussicht des Antragstellers in der Hauptsache auszugehen. Die Heranziehung des Antragstellers zu der Umlage für den Gewässerunterhaltungsverband erfolgte nach der hier gebotenen summarischen Prüfung nicht auf einer rechtmäßigen satzungsrechtlichen Ermächtigungsgrundlage.

33

Rechtsgrundlage für die Erhebung einer Umlage durch die Gemeinde zur Finanzierung des Beitrages für einen Gewässerunterhaltungsverband ist § 56 Abs. 2 des Wassergesetzes für das Land Sachsen-Anhalt (WG LSA). Danach werden die Umlagen wie Kommunalabgaben erhoben und beigetrieben. Nach dem danach entsprechend anzuwendenden Kommunalabgabengesetz des Landes Sachsen-Anhalt (KAG LSA) dürfen Beiträge nur aufgrund einer den Vorgaben des § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG LSA genügenden Satzung erhoben werden. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG LSA muss die Satzung den Kreis der Abgabeschuldner, den die Abgabe begründenden Tatbestand, den Maßstab und den Satz der Abgabe sowie die Entstehung und den Zeitpunkt der Fälligkeit der Schuld bestimmen. Eine derartige Gewässerumlagesatzung (GUS) zur Umlage der Verbandsbeiträge für die Unterhaltung öffentlicher Gewässer II. Ordnung hat die Antragsgegnerin am 11. September 2013 rückwirkend beschlossen. Sie ist nach Veröffentlichung im örtlichen Amtsblatt vom 02. Oktober 2013 rückwirkend zum 01. Januar 2010 zur Ersetzung ihrer bisherigen Umlagesatzung in Kraft getreten.

34

Diese hier maßgebliche GUS erweist sich nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung als rechtswidrig.

35

Sie verstößt mit ihren Regelungen in den §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 GUS gegen höherrangiges Recht, genauer gegen den Zweck des § 56 WG LSA. Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 WG LSA kann die Gemeinde, die nicht einer Verbandsgemeinde angehört, oder eine Verbandsgemeinde als Mitglied eines Unterhaltungsverbandes, die Verbandsbeiträge für Grundstücke, die nicht im Eigentum der Gemeinde oder der Verbandsgemeinde stehen, einschließlich der Kosten, die der Unterhaltungsverband an das Land abzuführen hat, sowie die bei der Umlegung der Verbandsbeiträge entstehenden Verwaltungskosten vorrangig auf die Eigentümer, Erbbauberechtigten oder ersatzweise auf die Nutzer der im Gemeindegebiet oder im Verbandsgemeindegebiet gelegenen, zum Verbandsgebiet gehörenden Grundstücke umlegen. Die Umlagen werden dabei wie Gebühren nach dem Kommunalabgabengesetz erhoben (Abs. 2).

36

Die Norm zielt darauf ab, es der Gemeinde zu ermöglichen, den ihr jährlich entstehenden Aufwand unter anderem an die Grundstückseigentümer weiterzureichen; denn den Grundstückseigentümern wird ihre Gewässerunterhaltungspflicht abgenommen (BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2007 – BVerwG 9 C 1.07 – juris, Rdnr. 33 f.). Da es um einen jährlichen Vorteil geht, kann der Schuldner der Umlageforderung nur derjenige sein, der in dem betreffenden Jahr auch Eigentümer/Erbbauberechtigter/Nutzer des Grundstücks war. Geht ein solches Recht im Laufe eines Kalenderjahres auf eine andere Person über, muss die Schuld anteilig berechnet werden.

37

Aufgrund des Prinzips des Vorteilsausgleichs ist eine Regelung rechtswidrig, nach der derjenige zum Umlageschuldner bestimmt wird, der nur oder bis zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des Umlagebescheides Inhaber einer eigentums- oder nutzungsrechtlichen Rechtsposition ist. Bereits mehrfach haben die Verwaltungsgerichte Halle und Magdeburg sowie das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt entschieden, dass eine Stichtagsregelung nicht rechtmäßig ist (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 14. Juli 2008 – 2 L 296/07 – juris, Rdnr. 7; VG Magdeburg, Urteil vom 19. September 2012 – 9 A 155/11 – juris, Rdnr. 35 ff; VG Magdeburg, Urteil vom 02. Februar 2012 – 9 A 106/10 – juris, Rdnr. 21; VG Halle, Urteil vom 12. August 2014 – 4 A 240/13 HAL).

38

Die hier im Streit stehenden §§ 3 und 4 GUS enthalten zwar keine eindeutige Stichtagsregelung durch Angabe eines konkreten Datums, in der Zusammenschau ergeben sie jedoch, dass zu einem bestimmten Stichtag ein Eigentümer zur Zahlung der Verbandsumlage herangezogen wird, der nicht im gesamten Erhebungszeitraum Eigentümer sein muss.

39

Isoliert betrachtet, enthält zwar keine der Satzungsnormen eine Stichtagsregelung. § 4 Abs. 1 GUS regelt sogar ausdrücklich, dass Schuldner nur der Eigentümer während Erhebungszeitraumes ist und nach Abs. 2 bei einem Wechsel des Umlageschuldners (sprich Eigentümers) im Grundbuch die Umlageschuld auf den neuen Eigentümer übergeht. Die Regelung in § 4 Abs. 2 GUS ist jedoch schon für sich rechtswidrig. Denn nach dem Wortlaut würde wohl der neue Eigentümer, der etwa erst im Dezember eines Jahres das Eigentum an dem Grundstück erwirbt und im Grundbuch eingetragen wird, dann die Umlageschuld für das gesamte Jahr übernehmen, obwohl er im Zeitpunkt von Januar bis Dezember des Jahres noch nicht Eigentümer war. Der Wortlaut des § 4 Abs. 2 GUS lässt nicht erkennen, dass möglicherweise nur gemeint sein soll, dass die Umlageschuld nur für den Zeitraum und ab dem Zeitraum übergehen soll, in dem der neue Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist und für den vorherigen Zeitraum der alte Eigentümer Umlageschuldner bleiben soll. Selbst wenn dieses Verständnis gemeint wäre, so fehlt für dieses Verständnis die sprachliche Darstellung. Auf eine Teilung der Umlageschuldnerschaft ab dem Zeitpunkt des im Grundbuch dokumentierten Eigentumsübergangs wird nicht ausdrücklich abgestellt. Maßgeblich ist indessen der objektive Empfängerhorizont unter Berücksichtigung der Verkehrssitte, das heißt wie ein verständiger durchschnittlicher Leser der Vorschrift dessen Inhalt verstehen darf. Danach ergibt sich hier, dass nach Wechsel im Grundbuch die Umlageschuld vollständig übergeht, weil die Vorschrift keine zeitliche Einschränkung erkennen lässt.

40

Unabhängig von dieser Problematik wird zwar ein bestimmter Zeitpunkt für das Entstehen der Umlageschuld in § 4 Abs. 1 GUS nicht genannt, weil innerhalb des betroffenen Kalenderjahres auf den nicht terminlich festen Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheides des Unterhaltungsverbandes bei der Gemeinde abgestellt wird. Aus der Zusammenschau mit § 3 Abs. 1 Verbandsumlagesatzung ergibt sich jedoch, dass für die Umlageschuldnereigenschaft auf einen Zeitpunkt abgestellt wird, in dem weder der Vorteil beim Eigentümer bereits (in voller Höhe) entstanden ist, noch feststeht, dass er auch über den gesamten Erhebungszeitraum Bevorteilter sein wird oder - in Ansehung der Regelung in § 3 Abs. 2 GUS - gewesen ist. Jedenfalls kommt dem Bekanntgabezeitpunkt des Beitragsbescheides im Sinne des § 4 Abs. 1 GUS damit eine Stichtagsfunktion zu, auch wenn Erhebungszeitraum das Kalenderjahr ist. Da die Beiträge für das laufende Jahr umgelegt werden, kann zu diesem Zeitpunkt eine Eigentümerstellung für das gesamte Jahr nicht festgestellt werden.

41

Tatsächlich bedeutet die Regelung in § 4 Abs. 1 Satz 1 GUS, dass faktisch das Entstehen einer Vorausleistung bestimmt wird, indem der Entstehungszeitpunkt der Umlage auf einen Zeitpunkt gelegt wird, zu dem nach den Erfahrungen des Gerichts der Vorteil noch nicht, jedenfalls regelmäßig nicht vollständig erbracht ist. Denn die Beitragsbescheide werden in der Praxis nach Kenntnis des Gerichts in der Regel im ersten oder zweiten Quartal für das jeweilige Jahr – im Voraus – für das gesamte Jahr an die Mitgliedsgemeinden übersandt. Auch wenn bei einem Eigentumswechsel die Schuld – vollständig – auf den neuen Eigentümer übergeht, so erhält, bei einem Wechsel erst nach dem Stichtag der Bekanntgabe des Beitragsbescheides doch der alte Eigentümer den Bescheid für das ganze Jahr. Es ist nicht ersichtlich, wie sichergestellt wird und sichergestellt werden soll, dass bei einem zukünftigen Wechsel im weiteren Verlauf des Kalenderjahres "von Amts wegen der Gebührenbescheid" aufgehoben werden soll, wie dies § 5 Abs. 4 Satz 2 KAG LSA postuliert. Die Satzungsregelungen sehen bislang eine Verpflichtung des alten oder neuen Eigentümers, über einen Eigentümerwechsel zu informieren, nicht vor.

42

Zweifelhaft erscheint ferner, ob das System, einen Entstehenszeitpunkt einer Umlage fiktiv auf einen Zeitpunkt zu Beginn des Veranlagungsjahres vorzuverlegen, in dem die Gegenleistung für Umlage nicht, jedenfalls nicht vollständig entstanden ist, nicht grundsätzlich dem Konzept von Umlagen und den bundesgesetzlich vorrangigen Regelungen des Wasserverbandsgesetzes widerspricht. Denn nach Vorschriften des Wasserverbandsgesetzes kann ein Gewässerunterhaltungsverband lediglich nach einem sich aus der Satzung ergebenden Maßstab Vorausleistungen auf die Verbandsbeiträge festsetzen (§ 32 WVG) und im Umkehrschluss damit nicht den gesamten Beitrag im Vorhinein erheben. Damit kann aber auch nicht der gesamte Beitrag auf die Grundstückseigentümer und die entsprechend Gleichgestellten abgewälzt werden. Die Erhebung einer Vorausleistung bedeutet, dass der Abschlag der Höhe nach anteilig in der Satzung zu bestimmen ist und diese Heranziehung als Vorausleistung zu bezeichnen ist, der ein endgültiger Bescheid nach Feststellung der gesamten Beitragshöhe für das – verstrichene – Jahr folgt. Entsprechend müsste sich dies bei der Umlage auf die betroffenen Umlageschuldner fortsetzen.

43

Die Unterhaltungsverbände erheben – so auch hier der Beigeladene mit Bescheid vom 23. Januar 2014 - die auf der Grundlage ihrer beschlossenen Haushalte – vollständigen – Beiträge im Voraus für das laufende Kalenderjahr. Soweit der Beitragsbescheid vom 23. Januar 2014 als vorläufig bezeichnet ist, handelt es sich aber nicht um einen abgesenkten Vorausleistungsbescheid, sondern erfolgt die Qualifizierung des Bescheides als vorläufig – ganz offensichtlich – wegen eines Vorbehalts möglicher späterer satzungsmäßiger Änderungen des Beitragssatzes im Kalenderjahr. Der Zusatz in § 4 Abs. 2 Satz 1 GUS "frühestens jedoch mit Bekanntgabe der Beitragsbescheide der Unterhaltungsverbände" ändert zu dem Grundsatz der Entstehung der Umlageschuld mit Beginn des Kalenderjahres nichts daran, dass die Summe für den gesamten Erhebungszeitraum von dem zu diesem Zeitpunkt die Eigentümerstellung Innehabenden im Voraus gefordert wird. Dies trägt aber nicht der geschilderten Zwecksetzung in § 56 WG LSA Rechnung, dass die Umlage nur von demjenigen gefordert werden darf, der Bevorteilter ist. Der Eigentümer zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Beitragsbescheide der Unterhaltungsverbände an Antragsgegnerin müsste auch bei einem Eigentumswechsel nach dem Stichtag für die Umlage für das restliche Jahr jedenfalls zunächst in Vorleistung gehen.

44

Er kann im Übrigen rechtlich auch nicht darauf verwiesen werden, sich das Geld anteilig von einem späteren Eigentümer zurückholen. Damit würde etwa das Insolvenzrisiko des späteren Eigentümers auf den herangezogenen früheren Eigentümer überwälzt. Dieses Risiko hat aber nicht der Eigentümer am Stichtag, sondern die die Umlage fordernde Kommune zu tragen. Es fehlt letztlich an einer Ermächtigungsgrundlage für die Antragsgegnerin, den aktuellen Eigentümer im Voraus in Anspruch zu nehmen. Anders, als beispielsweise im Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 20. Mai 2009 (Az.: OVG 9 S 10.08 – juris) geht es hier gerade nicht um die Forderung der Beiträge vom Verbandsmitglied, sondern um die Refinanzierung eines Vorteils des Grundstückseigentümers oder ihm gleichgestellter Umlageschuldner, der im Laufe des Jahres erst entsteht.

45

Dem steht auch nicht die Regelung des § 5 Abs. 4 Satz 1 KAG LSA entgegen. Nach dieser Norm kann für die Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung, die von der Gemeinde oder dem Landkreis ständig bereitgestellt wird, die Satzung eine Jahresgebühr vorsehen, die zu Beginn des Erhebungszeitraumes entsteht. Gemäß Satz 2 dieser Vorschrift gilt, dass wenn die Voraussetzungen für die Erhebung der Jahresgebühr während des Erhebungszeitraumes entfallen oder sich ändern, der Gebührenbescheid von Amts wegen aufzuheben oder zu berichtigen ist. Gemäß Satz 3 der Vorschrift können auf Gebühren anteilig für einzelne Abschnitte des Erhebungszeitraums Abschlagzahlungen verlangt werden. Nach dem letzten Satz dieses Absatzes sind diese entsprechend der Inanspruchnahme der Einrichtung im letzten oder vorletzten Erhebungszeitraum, hilfsweise nach der Inanspruchnahme der Einrichtung in vergleichbaren Fällen, zu bemessen. Da § 56 Abs. 2 WG LSA auf die Regelungen der Gebührenerhebung nach dem Kommunalabgabengesetz verweist, ist die Regelung des § 5 Abs. 4 KAG LSA auch hier entsprechend anwendbar. Sie ist jedoch nicht dahingehend zu verstehen, dass sie die Ermächtigung für eine Satzungsbestimmung darstellt, wonach zu Beginn des Erhebungszeitraums für das gesamte nachfolgende Jahr die Verbandsumlage vom zu diesem Zeitpunkt bestehenden Eigentümer der beitragspflichtigen Grundstücksflächen erhoben werden kann. Zwar bewirkt § 5 Abs. 4 KAG LSA eine Fiktion des Entstehungszeitpunkts auf den Jahresbeginn und trägt auch sich verändernden Umständen Rechnung. Die Vorschrift des § 5 Abs. 4 Satz 1 KAG LSA erfasst als Veränderung jedoch nicht ein sich Verändern der Rechtsinhaberschaft am Grundstück. Die Fiktion des § 5 Abs. 4 Satz 1 KAG LSA bezieht sich vielmehr nur auf den Beginn der Gebührenschuld und beispielsweise mit ihr verbundene Kalkulationsgrößen, nicht aber auf die Gebührenschuldnereigenschaft. Denn nach § 5 Abs. 5 KAG LSA ist Gebührenschuldner, wer die mit der öffentlichen Einrichtung gebotene Leistung in Anspruch nimmt (Benutzer). Dies steht mit dem dargestellten Sinn und Zweck des § 56 WG LSA in Einklang. Im Gebührenrecht wird, anders als von § 6 Abs. 8 KAG LSA für das Anschlussbeitragsrecht vorgesehen, nicht an den Rechtsinhaber zum Zeitpunkt der Bekanntgabe eines Bescheides angeknüpft. Gebührenschuldner für von einem Erhebungszeitraum abhängige Gebühren ist vielmehr derjenige, der in dem jeweiligen Zeitraum innerhalb des Erhebungszeitraums das Recht innehatte (vgl. VG Magdeburg, Urteil vom 02. Februar 2012 – 9 A 106/10 –, Rn. 21, juris). Im Gegensatz dazu verlagert § 6 Abs. 8 Satz 1 KAG LSA die Beitragspflichtigkeit auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe des Bescheides, indem beitragspflichtig ist, wer im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheides Eigentümer des Grundstückes ist. Die Satzung der Antragsgegnerin nimmt jedoch eine Fiktion der Rechtsinhaberschaft auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe der Beitragsbescheide und damit in der Regel auf einen frühen Zeitpunkt des Erhebungszeitraumes vor und behandelt die Umlage damit faktisch wie einen Beitrag und nicht entsprechend einer Gebühr.

46

Diese Unterscheidung steht auch mit der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt (vgl. Urteil vom 24. März 2015 – 2 L 44/13 –, juris) in Einklang. Darin entschied das Oberverwaltungsgericht, Abgabeschuldner könnten nur solche Personen sein, die die Leistung in Anspruch nehmen würden. Sei das Grundstückseigentum bereits zu Beginn des Veranlagungsjahres übertragen, sei damit auch die an sich mit dem Grundstück verbundene Unterhaltungslast auf den neuen Eigentümer übergegangen. Dieser sei dann Nutznießer der Vorteile, die danach durch Maßnahmen der Gewässerunterhaltung entstünden. Dieses Abstellen auf den tatsächlich Bevorteilten entspricht der Regelung des § 5 Abs. 5 Satz 1 KAG LSA, der als Gebührenschuldner den Benutzer benennt. Hingegen stellt § 6 Abs. 8 Satz 1 KAG LSA für die Beitragsschuldnereigenschaft auf die Eigentümerstellung zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Beitragsbescheide ab. Durch den Verweis des § 56 Abs. 2 WG LSA auf die Gebührenvorschrift des § 5 KAG LSA und nicht auf die Beitragsregelung des § 6 KAG LSA ergibt sich in der Konsequenz, dass eine Vorauszahlung der Umlage für das gesamte folgende Beitragsjahr von einem Eigentümer zu einem bestimmten Zeitpunkt (Stichtag) generell nicht möglich ist. Eine Stichtagsregelung – sei es zu Jahresbeginn oder spätestens zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses des Verbandes gegenüber der Gemeinde vor Ablauf des Erhebungszeitraumes – ist mit dem Gesagten nicht denkbar.

47

Es verbleibt allein die Möglichkeit, für im Beitragsjahr bereits abgelaufenen Zeiträume Umlagebeiträge von den dann bereits bekannten Eigentümern, Nutznießern oder Erbbauberechtigten zu verlangen.

48

Dabei vermag auch die Gesamtschuldnerregelung in § 5 Abs. 4 Verbandsumlagesatzung, wonach mehrere Umlageschuldner Gesamtschuldner sind, keinen rechtmäßigen Zustand herzustellen. Gemäß § 421 Satz 1 BGB liegt eine Gesamtschuld vor, wenn mehrere eine Leistung in der Weise schulden, dass jeder die ganze Leistung zu bewirken verpflichtet, der Gläubiger aber die Leistung nur einmal zu fordern berechtigt ist. Dies ist im Fall der Verbandsumlage im Hinblick auf mehrere – wechselnde – Eigentümer innerhalb eines Erhebungszeitraumes nicht gegeben. Der Eigentümer nur zu einem bestimmten begrenzten Zeitpunkt oder Zeitraum im Erhebungszeitraum schuldet nicht die gesamte Leistung, sodass die Gemeinde auch nicht zur Forderung der gesamten Leistung von ihm berechtigt ist. Die Gesamtschuldnerregelung erfasst vielmehr die Situation mehrerer gleichzeitiger Miteigentümer oder erlaubt bei Erbengemeinschaften nur einen Miterben für alle anderen AI. zugleich in Anspruch zu nehmen. Mit dem geschilderten Zweck des § 56 WG LSA, der Gemeinde zu ermöglichen, den ihr jährlich entstehenden Aufwand an die bevorteilten Grundstückseigentümer weiterzureichen, kann die Gemeinde nur von dem jeweils im Erhebungszeitraum Bevorteilten die Umlage verlangen und dies im Falle eines Eigentümerwechsels nur anteilig. Daher ist die Antraggegnerin aber gerade nicht berechtigt, von einem Eigentümer den ganzen Betrag im Voraus zu fordern, denn jeder haftet nur für seinen eigenen Anteil im Erhebungszeitraum und nicht auf die volle Summe. Die Antragsgegnerin kann die anteiligen Eigentümer innerhalb eines Erhebungszeitraumes nicht auf den Gesamtschuldnerregress verweisen.

49

Diese rechtswidrige Bestimmung des Zeitpunkts des Entstehens der Abgabeschuld und damit verbunden des Abgabeschuldners führt zur Gesamtnichtigkeit der Verbandsumlagesatzung der Antragsgegnerin. Ob ein einer Satzung anhaftender Rechtsmangel zur Gesamtnichtigkeit der Satzung oder nur zu ihrer Teilnichtigkeit führt, hängt unter anderem davon ab, ob die Beschränkung der Nichtigkeit auf einen bestimmten Teil der Satzung eine mit höherrangigem Recht vereinbare sinnvolle (Rest-)Regelung des Lebenssachverhalts belässt. An dieser Voraussetzung fehlt es, weil die Regelung über den Umlageschuldner nicht von dem übrigen Inhalt der jeweiligen Satzung abgetrennt werden kann (OVG LSA, Beschluss vom 05. Dezember 2013 – 2 L 176/12 – Juris Rn. 11). Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG LSA, der aufgrund der Regelung des § 56 Abs. 2 WG LSA entsprechend gilt, gehört die Bestimmung des Abgabenschuldners nämlich zum zwingenden Mindestbestandteil einer Abgabensatzung.

50

Da sich die Satzung bereits aus diesen Gründen als rechtswidrig erweist, kommt es auf Fragen der Beitragshöhe nicht mehr an.

51

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

52

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 3 GKG. Der Antragsteller wendet sich gegen die Heranziehung zu Gewässerunterhaltungsumlagen für das Jahr 2015 in Höhe von insgesamt 4,52 Euro. Im vorläufigen Rechtsschutzverfahren geht es für den Antragsteller wirtschaftlich betrachtet um die Vorfinanzierungskosten für diesen Betrag, die bis zu einer rechtskräftigen Hauptsacheentscheidung aufzubringen sind. Diese Kosten werden pauschaliert regelmäßig mit einem Viertel des Hauptsachestreitwertes für die Streitwertfestsetzung bemessen (vgl. Nr. 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 – NVwZ 2013, Beilage Heft 23). Dieses Viertel entspricht dem festgesetzten Streitwert.


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Wasserverbandsgesetz - WVG | § 32 Vorausleistungen auf Verbandsbeiträge


Soweit es für die Durchführung des Unternehmens und die Verwaltung des Verbands erforderlich ist, kann der Vorstand nach einem sich aus der Satzung ergebenden Maßstab Vorausleistungen auf die Verbandsbeiträge festsetzen.

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Verwaltungsgericht Halle Beschluss, 12. Juli 2017 - 3 B 30/17 HAL zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Halle Beschluss, 12. Juli 2017 - 3 B 30/17 HAL zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 12. Okt. 2016 - 2 M 48/16

bei uns veröffentlicht am 12.10.2016

Gründe I. 1 Mit Leistungsbescheid vom 15.11.2011 forderte der Landkreis Börde von der Antragstellerin die Kosten eines von ihm im Wege der unmittelbaren Ausführung nach § 9 SOG LSA durchgeführten Gebäudeabbruchs in Höhe von 13.528,75 € an. Auf

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 24. März 2015 - 2 L 44/13

bei uns veröffentlicht am 24.03.2015

Tatbestand 1 Der Kläger, der Eigentümer diverser forstwirtschaftlich genutzter Grundstücke der Gemarkung N. ist, wendet sich gegen seine Heranziehung zu Gewässerunterhaltungsbeiträgen. 2 Mit Bescheid vom 14.05.2007 zog der Beigeladene die (ehema

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 05. Dez. 2013 - 2 L 176/12

bei uns veröffentlicht am 05.12.2013

Gründe 1 I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. 2 Die allein geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht. Dieser Berufungszulassungsgru

Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 19. Sept. 2012 - 9 A 155/11

bei uns veröffentlicht am 19.09.2012

Tatbestand 1 Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit von Bescheiden bezüglich der Umlage von Gewässerunterhaltungsbeiträgen für das Jahr 2010. 2 Die Kläger sind Miteigentümer von forstwirtschaftlich genutzten Grundstücken in den ehemalige

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Gründe

I.

1

Mit Leistungsbescheid vom 15.11.2011 forderte der Landkreis Börde von der Antragstellerin die Kosten eines von ihm im Wege der unmittelbaren Ausführung nach § 9 SOG LSA durchgeführten Gebäudeabbruchs in Höhe von 13.528,75 € an. Auf den hiergegen von der Antragstellerin erhobenen Widerspruch hob der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 12.01.2016 den Bescheid vom 15.11.2011 insoweit auf, als darin ein Betrag von mehr als 11.975,80 € festgesetzt ist, und wies den Widerspruch im Übrigen zurück. Die Kosten des Widerspruchsverfahrens legte er zu 85 % der Antragstellerin auf. Zugleich setzte er für den Widerspruchsbescheid Kosten in Höhe von 275,00 € fest, von denen die Antragstellerin 85 % in Höhe von 233,75 € zu tragen habe. Gegen den Leistungsbescheid des Landkreises Börde in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Antragsgegners vom 12.01.2016 hat die Antragstellerin am 23.02.2016 Klage erhoben (4 A 71/16 MD), über die noch nicht entschieden ist.

2

Mit Mahnschreiben vom 15.03.2016 forderte der Antragsgegner die Antragstellerin auf, die Forderung in Höhe von 233,75 € zuzüglich 5,00 € Mahngebühren innerhalb einer Woche nach Erhalt zu begleichen. Die Antragstellerin hat daraufhin um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht und beantragt, die aufschiebende Wirkung der mit dem Widerspruchsbescheid ergangenen Kostenentscheidung über 275,00 € anzuordnen.

3

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 26.05.2016 hat das Verwaltungsgericht den Antrag abgelehnt und zur Begründung ausgeführt: Das Gericht verstehe den Antrag dahingehend, dass die Antragstellerin begehre, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage im Hinblick auf die Kosten des Widerspruchsverfahrens, festgesetzt unter Ziffer 5 des Widerspruchsbescheides, anzuordnen. Die Antragstellerin habe, soweit aus dem Verwaltungsvorgang und ihrem Vortrag ersichtlich, keinen gesonderten Rechtsbehelf gegen die im Widerspruchsbescheid festgesetzten Kosten für das Widerspruchsverfahren eingelegt. Die ggf. bestehende aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Leistungsbescheid des Landkreises Börde erfasse indes nicht die im Widerspruchsbescheid zu diesem Leistungsbescheid ergangene Kostenfestsetzung für das Widerspruchsverfahren. Eine derartige Rechtsfolge folge weder aus § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO noch daraus, dass die Kostenentscheidung das Schicksal der Entscheidung in der Sache teile. Vielmehr könne gegen die Kostenfestsetzung gesondert ein Rechtsbehelf eingelegt werden, so dass auch die aufschiebende Wirkung teilbar sein könne. Insoweit könnten auch Anträge auf Aussetzung der Vollziehung bei der Behörde bzw. auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung beim Gericht gestellt werden. Selbst wenn der Antrag dahingehend zu verstehen sein sollte, dass die Antragstellerin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer noch zu erhebenden Klage gegen die Kostenfestsetzungsentscheidung im Widerspruchsverfahren begehre, bliebe der Antrag ohne Erfolg. Denn eine entsprechende Klage wäre wegen Versäumung der Klagefrist nicht mehr zulässig.

II.

4

A. Die hiergegen erhobene Beschwerde ist nicht begründet. Die von der Antragstellerin dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung.

5

1. Die Antragstellerin macht geltend, der Fortbestand der im Leistungsbescheid und im Widerspruchsbescheid enthaltenen Kostenentscheidungen sei von der im Hauptsacheverfahren gegen den Leistungsbescheid zu treffenden Sachentscheidung abhängig. Es sei nicht maßgeblich, dass der Leistungsbescheid und die Kostenentscheidung selbständig anfechtbar seien. Entscheidend sei vielmehr, dass die Kostenentscheidung akzessorisch mit der Hauptsacheentscheidung verbunden sei und insoweit automatisch ihr rechtliches Schicksal teile. Mit diesen Einwänden vermag die Antragstellerin nicht durchzudringen.

6

1.1. Selbst wenn ihrer Auffassung zu folgen wäre, dass die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen den Leistungsbescheid des Landkreises Börde vom 15.11.2011 die fehlende Vollziehbarkeit der im Widerspruchsbescheid getroffenen Entscheidung über die Erhebung von Kosten für das Widerspruchsverfahren zur Folge hat, könnte nicht, wie die Antragstellerin dies im Beschwerdeverfahren weiterhin beantragt, "die aufschiebende Wirkung der in der Widerspruchsentscheidung über den Leistungsbescheid des Beschwerdegegners vom 15.11.2011 … enthaltenen Kostenentscheidung hergestellt" werden. Ausgehend von der Rechtsauffassung der Antragstellerin müsste ihr Antrag vielmehr sachdienlicherweise darauf gerichtet sein, festzustellen, dass die aufschiebende Wirkung der von ihr erhobenen Klage gegen den Leistungsbescheid des Landkreises Börde vom 15.11.2011 aufschiebende Wirkung auch hinsichtlich der im Widerspruchsbescheid des Antragsgegners enthaltenen Kostenanforderung entfaltet.

7

1.2. Der vorläufige Rechtsschutzantrag der Antragstellerin kann allerdings als ein solcher Feststellungsantrag ausgelegt oder in einen solchen Antrag umgedeutet werden (vgl. dazu SächsOVG, Beschl. v. 18.03.2015 – 5 B 322/14 –, [], RdNr. 12 in juris, m.w.N.). § 88 VwGO steht einer sachdienlichen Auslegung und ggf. Umdeutung eines Eilantrages auch bei anwaltlicher Vertretung des Antragstellers nicht entgegen, wenn sich eindeutig erkennen lässt, dass das wahre Antragsziel von der Antragsfassung abweicht (vgl. OVG BBg, Beschl. v. 29.10.2013 – OVG 12 S 106.13 –, juris, RdNr. 5). Jedenfalls dann, wenn – wie hier – das Rechtsschutzziel klar aus dem Antrag und der Begründung des Antrags zu erkennen ist und dieses Rechtsschutzziel zulässigerweise verfolgt werden kann, wäre die Verweigerung der inhaltlichen Behandlung des Vorbringens aufgrund eines Festhaltens an dem für unzulässig erachteten Antrag auch gegenüber einem anwaltlich vertretenen Antragsteller eine unzumutbare Erschwerung des Rechtsweges (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.10.2007 – 2 BvR 542/07 –, NVwZ 2008, 417, [], RdNr. 17 in juris).

8

Aber auch der so ausgelegte bzw. umgedeutete Feststellungsantrag hat keinen Erfolg. Denn die aufschiebende Wirkung der von der Antragstellerin erhobenen Klage gegen den Leistungsbescheid des Landkreises Börde vom 15.11.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Antragsgegners vom 12.01.2016 erfasst nicht die im Widerspruchsbescheid enthaltene Entscheidung über die Festsetzung und Anforderung von Kosten für die Entscheidung über den Widerspruch.

9

Gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO entfällt die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage abweichend vom Grundsatz des § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten. Zu den öffentlichen Kosten im Sinne dieser Regelung zählen die in einem Verwaltungsverfahren für die öffentlich-rechtliche Tätigkeit der Behörde entstehenden Kosten, die normativ bestimmt oder bestimmbar sind, d.h., solche, die sich in festgelegten Gebühren- und Auslagentatbeständen finden (vgl. Beschl. d. Senats v. 14.05.2002 – 2 M 132/01 –, JMBl LSA 2002, 314 [], RdNr. 10 in juris). Dazu gehören auch die nach negativem Ausgang des Widerspruchsverfahrens und entsprechender Kostenlastentscheidung nach § 73 Abs. 3 Satz 3 VwGO festgesetzten Kosten für das Vorverfahren (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 13.08.2013 – 7 ME 1/12 –, juris, RdNr. 12, m.w.N.).

10

a) In der Rechtsprechung und Literatur ist allerdings streitig, ob § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO nicht nur selbständige, sondern auch solche Kostenforderungen erfasst, die lediglich neben oder im Zusammenhang mit der Sachentscheidung zur Hauptsache geltend gemacht werden (vgl. die Nachweise im Beschl. d. NdsOVG v. 13.08.2013, a.a.O., RdNr. 14). Nach der Auffassung des Senats ist dies zu bejahen.

11

Der in § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO bestimmte Wegfall der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage findet seine Rechtfertigung in einer im öffentlichen Interesse sicherzustellenden stetig fortlaufenden Deckung des öffentlichen Finanzbedarfs; er gewährleistet, dass die Durchführung öffentlicher Aufgaben nicht durch die Einlegung (unbegründeter) Rechtsmittel gefährdet wird (vgl. OVG NW, Beschl. v. 22.03.2016 – 13 B 53/16 –, juris, RdNr. 4; OVG LSA, Beschl. v. 21.05.2008 – 3 M 286/07 –, NJW 2008, 3307 [], RdNr. 8 in juris, m.w.N.). Eine Finanzierungsfunktion in diesem Sinne kommt auch den Verwaltungskosten (Gebühren und Auslagen) zu, die dem Ausgleich spezieller, u.a. durch Dienstleistungen verursachter Kosten dienen (ThürOVG, Beschl. v. 18.11.2003 – 3 EO 381/02 –, NVwZ-RR 2004, 393 [], RdNr. 29 in juris; OVG NW, Beschl. v. 22.03.2016 – 13 B 53/16 –, juris, RdNr. 6). Die besondere Zweckbestimmung der Gebühr besteht darin, Einnahmen zu erzielen, um speziell die Kosten der individuell zurechenbaren öffentlichen Leistung ganz oder teilweise zu decken (BVerfG, Beschl. v. 06.02.1979 – 2 BvL 5/76 –, BVerfGE 50, 217 [], RdNr. 36 in juris). Die Verwaltungsgebühr ist eine Gegenleistung für eine besondere Inanspruchnahme bzw. Leistung der Verwaltung durch Veranlassung einer Amtshandlung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 01.10.2009 – BVerwG 7 B 24.09 –, juris, RdNr. 7, m.w.N.). Auch die Widerspruchsgebühr ist eine Verwaltungsgebühr, die für eine vom Widerspruchsführer veranlasste Amtshandlung bzw. Dienstleistung der Widerspruchsbehörde, nämlich für die Nachprüfung der Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des vom Widerspruchsführer angefochtenen Verwaltungsakts (§ 68 Abs. 1 VwGO), erbracht wird. Die in den Kostengesetzen aufgeführten Auslagen dienen nach ihrer Funktion ebenfalls der Deckung des einer Behörde durch ihre Verwaltungstätigkeit entstandenen Aufwands und ergänzen damit die Verwaltungsgebühren (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 03.11.2005 – 3 Bs 566/04 –, juris, RdNr. 19). Nach materiellem Recht kann eine Behörde auch mit ihrem Eingang rechnen und sie bei der Aufgabenerfüllung einplanen (OVG NW, Beschl. v. 22.03.2016, a.a.O.). Für die aufgezeigte Finanzierungsfunktion der Verwaltungskosten ist es aber unerheblich, ob sie in einer selbständigen Entscheidung oder einer Nebenentscheidung zu einer (noch nicht bestandskräftigen) Hauptsacheentscheidung gegenüber dem Kostenschuldner geltend gemacht werden.

12

b) In Rechtsprechung und Literatur ist ferner streitig, ob sich im Anfechtungsstreit die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen die Sachentscheidung auf die Entscheidung über die Erhebung von Verwaltungskosten für die Sachentscheidung bzw. für eine Entscheidung über den Widerspruch gegen die Sachentscheidung erstreckt (vgl. die Nachweise im Beschl. d. NdsOVG v. 13.08.2013, a.a.O., RdNr. 14). Der Senat verneint diese Frage und schließt sich damit der in der neueren Rechtsprechung überwiegend vertretenen Auffassung an. Soweit er hierzu bislang eine andere Auffassung vertreten hat (vgl. Beschl. v. 14.05.2002, a.a.O., RdNr. 11 in juris), hält er daran nicht mehr fest.

13

Gegen eine Erstreckung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs in der Hauptsache auf die Verwaltungskostenentscheidung spricht entscheidend, dass sie nur im Rahmen von Anfechtungsklagen in Betracht käme und damit im Vergleich zu Konstellationen, in denen ein Verpflichtungsbegehren streitig ist, zu einer Vergünstigung einer Gruppe von Kostenschuldnern führen würde, die im Gefüge des § 80 VwGO nicht angelegt ist. Der Zweck des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO, der Verwaltung den konstanten Zufluss der zur Deckung des Finanzbedarfs vorgesehenen Mittel zu sichern, beansprucht in Anfechtungsfällen nicht minder Geltung als in Verpflichtungssituationen (NdsOVG. Beschl. v. 13.08.2013, a.a.O., RdNr. 15). In anderen Fallkonstellationen, etwa bei Anfechtung einer Sachentscheidung mit Doppelwirkung durch Drittbetroffene oder bei nur teilweiser Anfechtung der Sachentscheidung würde sich zudem die Frage stellen, ob bzw. in welchem Umfang die Anforderung von Verwaltungsgebühren vollziehbar ist (vgl. Emrich, Rechtsschutz gegen Verwaltungskostenentscheidungen, NVwZ 2000, 163 [165]).

14

Eine Erstreckung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs gegen die Sachentscheidung auf die Verwaltungskostenentscheidung lässt sich nicht mit der Erwägung rechtfertigen, dass die Anfechtung der Sachentscheidung regelmäßig auch die Kostenentscheidung erfasse und die Verwaltungskostenentscheidung das Schicksal der Sachentscheidung teile. Für eine auf der Grundlage des VwKostG LSA ergangene Kostenentscheidung kann schon kein (automatischer) Anfechtungsverbund, wie er etwa in § 20 Abs. 1 Satz 2 BGebG normiert ist, angenommen werden, da es im VwKostG LSA an entsprechenden Regelungen, insbesondere auch hinsichtlich der durch erfolglosen Widerspruch ausgelösten Verwaltungskostenentscheidung, fehlt (vgl. dazu Emrich, a.a.O., S. 164). Dem entsprechend muss die dem Widerspruchbescheid beigefügte Verwaltungskostenentscheidung, soll sie nicht in Bestandskraft erwachsen, gesondert angefochten werden. Die Rechtmäßigkeit der Gebühr für die Entscheidung über den Widerspruch ist nach den Regelungen des VwKostG LSA zudem nicht vom Bestand der Hauptsacheentscheidung abhängig. Voraussetzung für den Anfall der Widerspruchsgebühr ist gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 VwKostG LSA, dass „der Widerspruch erfolglos geblieben ist“ und keiner der in § 13 Abs. 1 Satz 2 VwKostG LSA aufgeführten Ausnahmegründe vorliegt. Ob die der Kostenanforderung zu Grunde liegende Entscheidung über den Widerspruch rechtmäßig ist, der Widerspruch also zu Recht oder zu Unrecht erfolglos geblieben ist, ist damit nicht entscheidend (OVG LSA, Beschl. v. 15.10.2009 – 3 L 22/08 –, juris, RdNr. 6). § 13 Abs. 4 Satz 2 VwKostG LSA verweist für den Fall, dass ein Gericht nach § 113 VwGO die Rechtswidrigkeit der Amtshandlung festgestellt hat, auf Satz 1, der eine Verpflichtung zur Zurückzahlung einer bereits gezahlten Gebühr vorsieht. Erweist sich die Zurückweisung eines Widerspruches nach einer gerichtlichen Entscheidung als rechtswidrig, ist eine bereits gezahlte Gebühr zurückzuzahlen. Auch dies spricht dafür, dass die Rechtmäßigkeit eines Widerspruchsgebührenbescheides nicht vom weiteren Schicksal oder der späteren rechtlichen Beurteilung des Widerspruchsbescheides abhängt (OVG LSA, Beschl. v. 15.10.2009, a.a.O). Aber selbst wenn sich der Rechtsbehelf gegen die Sachentscheidung auf die Verwaltungskostenentscheidung erstrecken und/oder die Verwaltungskostenentscheidung bei einem Erfolg des Rechtsbehelfs in der Hauptsache keinen Bestand haben sollte, bedeutet dies nicht zwangsläufig, dass die Kostenentscheidung wegen der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs gegen die Sachentscheidung nicht vollzogen werden darf (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 13.08.2013, a.a.O., RdNr. 14).

15

2. Zu Unrecht rügt die Antragstellerin, der Verweis des Verwaltungsgerichts auf eine Versäumung der Klagefrist gegen den Kostenbescheid sei unrichtig, weil in der dem Widerspruchsbescheid beigefügten Rechtsmittelbelehrung der Hinweis darauf fehle, dass sowohl der Kostenfestsetzungsbescheid als auch der Widerspruchsbescheid jeweils gesondert mit der Klage angefochten werden könnten. In der Rechtbehelfsbelehrung wird zutreffend darauf hingewiesen, dass "gegen den Leistungsbescheid des Landkreises Börde vom 15.11.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides sowie gegen die Kostenfestsetzung in diesem Widerspruchsbescheid" Klage erhoben werden könne.

16

B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

17

C. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 3 GKG.

18

Rechtsmittelbelehrung

19

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit von Bescheiden bezüglich der Umlage von Gewässerunterhaltungsbeiträgen für das Jahr 2010.

2

Die Kläger sind Miteigentümer von forstwirtschaftlich genutzten Grundstücken in den ehemaligen Gemeinden L.üderitz und Windberge. Die Beklagte ist auf der Grundlage des Gebietsänderungsvertrages zur Bildung der neuen Stadt E-Stadt aus allen Mitgliedsgemeinden der ehemaligen Verwaltungsgemeinschaft „E-Stadt-Land“ seit dem 01.06.2010 u. a. Rechtsnachfolgerin dieser Gemeinden. Die Gemeinde Lüderitz war bis zum 31.05.2010 mit ihrem Gebiet Mitglied in den Unterhaltungsverbänden „Tanger“ (UVT) und „Untere Ohre“ (UVO) und die Gemeinde Windberge Mitglied im UVT. Ab dem 01.06.2010 ist die Beklagte insoweit Mitglied im UVT und UVO.

3

Nach der Bildung der Beklagten änderte der UVT seine zuvor an die Mitgliedsgemeinden erlassenen Verbandsbeitragsbescheide ab, indem er nunmehr mit Bescheid vom 11.06.2010 die Beklagte zu einem Flächenbeitrag in Höhe von 280.644,45 Euro sowie einem Erschwernisbeitrag in Höhe von 51.430,82 Euro heranzog. Dagegen setzte der UVO für das Jahr 2010 bereits mit Bescheiden vom 05.05.2010 den Verbandsbeitrag gegenüber der Gemeinde Lüderitz in Höhe von 1.917,59 Euro und gegenüber der Gemeinde Windberge in Höhe von 6.539,28 Euro fest.

4

Mit den hier streitigen Bescheiden vom 01.11.2010 sowie vom 08.11.2010 legte die Beklagte gegenüber den Klägern aus dem gegenüber dem UVT geleisteten Flächenbeitrag auf der Grundlage eines Beitragssatzes von 10,65 Euro/ha und einer umlagepflichtigen Fläche von 33,3320 ha einen Betrag in Höhe von 354,99 Euro bzw. für 565,6780 ha einen solchen in Höhe von 6.024,47 Euro um. Aus dem an den UVO geleisteten Flächenbeitrag legte er auf der Grundlage eines Umlagesatzes von 5,45 Euro/ha und unter Berücksichtigung einer Fläche von 2,261 ha einen solchen in Höhe von 12,36 Euro um. Den dagegen jeweils eingelegten Widerspruch vom 19.11.2010 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26.04.2011 als unbegründet zurück.

5

Am 25.05.2011 haben die Kläger Klage erhoben. Zur Begründung führen sie im Wesentlichen aus: Die Umlagen beruhten nicht auf wirksamen Satzungsrecht. So sei es nicht zulässig gewesen, die Umlagesatzungen rückwirkend zum 01.01.2010 in Kraft zu setzen, nachdem die Beklagte erst zum 01.06.2010 gebildet worden sei. Objektiv fehlerhaft sei auch die Ermittlung des Anteils des Erschwernisbeitrages am Gesamtbeitrag des Unterhaltungsverbandes Tanger erfolgt. Denn dem hätten nicht die Einwohnerzahlen der Gemeinden nach erfolgter Gebietsreform zugrunde gelegt werden dürfen. Darüber hinaus sei es rechtlich nicht zulässig, dass die Beklagte hinsichtlich der an den Unterhaltungsverband Untere Ohre gezahlten Beiträge lediglich nach einem reinen Flächenmaßstab deshalb umlege, weil eine Regelung zur Umlage des Erschwernisbeitrages in der Satzung nicht enthalten sei. Der Umlageerhebung stehe im Übrigen entgegen, dass Mängel in der Verfassung, Arbeitsweise und Organisation der Unterhaltungsverbände zu verzeichnen seien. So hätten an den Sitzungen der Verbandsversammlung/ des Verbandsausschusses fehlerhaft Mitglieder mitgewirkt bzw. seien die Berufenen nicht zur Beschlussfassung hinzugezogen worden. Dies führe zur Rechtswidrigkeit auch eines Umlagebescheides. Darüber hinaus habe jedenfalls der Unterhaltungsverband Tanger nicht im gesetzlich gebotenen Umfang die Mehrkosten aus seinem Aufwand ausgegliedert.

6

Die Kläger beantragen,

7

die Bescheide der Beklagten vom 01.11.2010 und vom 08.11.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.04.2011 aufzuheben.

8

Die Beklagte beantragt,

9

die Klage abzuweisen.

10

Sie verteidigt die streitigen Bescheide und tritt den Argumenten der Kläger entgegen.

11

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die beigezogenen Unterlagen verwiesen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

I.

12

Die zulässige Klage ist im Ergebnis erfolgreich. Denn die Bescheide der Beklagten vom 01.11.2010 und vom 08.11.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.04.2011 sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in eigenen Rechten, weshalb ihnen ein Aufhebungsanspruch zur Seite steht (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

13

Die Rechtmäßigkeit der Erhebung der Umlagen ist an § 106 WG LSA in der bis zum 31.03.2011 geltenden Fassung (WG LSA a. F.) in Verbindung mit der Satzung der Stadt E-Stadt zur Umlage von Beiträgen für die Unterhaltung öffentlicher Gewässer zweiter Ordnung für das Verbandsgebiet des Unterhaltungsverbandes „Tanger“ vom 13.07.2010 (UST) sowie der Satzung der Stadt E-Stadt zur Umlage von Beiträgen für die Unterhaltung öffentlicher Gewässer zweiter Ordnung für das Verbandsgebiet des Unterhaltungsverbandes „Untere Ohre“ vom 13.07.2010 (USO), die jeweils im Amtsblatt für den Landkreis Stendal vom 28.07.2010 veröffentlicht und rückwirkend zum 01.01.2010 in Kraft gesetzt wurden, zu beurteilen.

1.

14

a) Rechtliche Bedenken an diesen Satzungen bestehen jedenfalls insoweit nicht, als die Beklagte diese rückwirkend zum 01.01.2010 in Kraft gesetzt hat, obwohl ihre Bildung als Einheitsgemeinde erst zum 01.06.2010 erfolgt ist. Denn die Stadt E-Stadt ist gemäß § 2 Abs. 5 Satz 1 Gemeindeneugliederungsgesetz vom 14.02.2008 (GVBl. LSA, S. 40) u. a. Rechtsnachfolgerin der sie bildenden Gemeinden, mithin auch der Gemeinden Lüderitz und Windberge, in deren Gebiet die umlagepflichtig Grundstücke belegen waren/ sind. Als Rechtsnachfolgerin tritt sie in alle Rechte und Pflichten der Rechtsvorgänger ein, was ihr dieselben Befugnisse verleiht. Bei der Umlage handelt es wegen des dem Verbandsbeitrag zugrunde liegenden Erhebungszeitraumes, das Kalenderjahr, um eine „Jahresschuld“, weshalb sich die Satzung auch Geltung für den gesamten Erhebungszeitraum beimessen muss. Der Satzungsgeber ist dabei jedoch frei, den Zeitpunkt des Entstehens der Umlageschuld zu bestimmen; dieser darf wegen der Akzessorität der Umlage zum Beitrag nur nicht vor dem Entstehen der Beitragspflicht liegen, wobei die Beitragspflicht auch ohne Regelung in der Verbandssatzung zu Beginn des Kalenderjahres entsteht (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 20.05.2009, 9 S 10.08, juris). Insoweit ist wie folgt zu differenzieren:

15

Ist in dem Zeitpunkt, auf den die Umlagesatzung das Entstehen der Umlageschuld bestimmt, die Umlagesatzung noch nicht in Kraft, bedarf es einer Rückwirkungsanordnung. Handelt es sich dabei um die erste Umlagesatzung, muss diese jedoch regelmäßig vor Ablauf des Kalenderjahres beschlossen und bekannt gemacht werden. Da es sich bei der Umlage, wie oben dargelegt, um eine Jahresschuld handelt, würde eine erst danach erlassene Satzung zu einem Fall der sog. echten Rückwirkung führen, die grundsätzlich unzulässig ist. Denn mit Ablauf des Kalenderjahres ist das Vertrauen des Umlageschuldners in diesem konkreten Erhebungszeitraum umlagefrei zu bleiben schutzwürdiger (zur gebotenen Differenzierung je nach Art der Abgabe vgl. VG Magdeburg, Urt. v. 05.11.2003, 9 A 87/03 MD zum Benutzungsgebührenrecht; juris; v. 30.04.2009, 9 A 304/08 MD zum Anschlussbeitragsrecht, n. v.). War eine Umlagesatzung bereits in Kraft, hängt ihre Abänderbarkeit von ihrer Wirksamkeit ab. Eine unwirksame Satzung kann rückwirkend zu dem Zeitpunkt ersetzt werden, zu dem die zu ersetzende Satzung in Kraft treten sollte (vgl. § 2 Abs. 2 KAG LSA). Dies wäre auch noch nach Ablauf des Kalenderjahres möglich, zumal ein Vertrauen auf die Unwirksamkeit einer Satzung jedenfalls nicht schutzwürdig ist (BVerfGE 13, 261, 272). War die Umlagesatzung dagegen wirksam und ist die Umlageschuld bereits entstanden, scheidet ein rückwirkender Eingriff in den dann in der Vergangenheit liegenden Sachverhalt (tatbestandliches Handeln und Rechtsfolgen) regelmäßig aus.

16

Es bestehen mithin keine Bedenken, dass die Beklagte nach dem Wirksamwerden der Gebietsänderung zum 01.06.2010 eine Umlagesatzung mit Rückwirkung auf den 01.01.2010 erlässt und auf dieser Grundlage eine (Jahres-)Umlage erhebt.

17

b) Auch sofern die Kläger rügen, der UVT habe den Anteil des Erschwernisbeitrages am „Gesamt“beitrag deshalb fehlerhaft gebildet, weil er diesem u. a. die sich aus der Gebietsänderung ergebenden Einwohnerzahlen zugrunde gelegt habe, was bereits dem Wortlaut des § 105 Abs. 2 Satz 1 Ziffer 1 WG LSA a. F. widerspreche, so können sie damit nicht durchdringen.

18

Ein - wie die Kläger - (nur) Flächenumlageschuldner kann sich nur dann auf die Verletzung von § 105 Abs. 2 Satz 1 Ziffer 1 WG LSA a. F. berufen, wenn ein Verstoß dagegen ihn überhaupt in eigenen Rechten verletzt. Dies kann allenfalls der Fall sein, wenn der Teil des über den Erschwernisbeitrag zu deckenden Aufwandes zu gering ist, weil dann der eigentlich darüber zu erhebende Beitrag bzw. die Umlage bei kostendeckenden Beiträgen/Umlagen Bestandteil des Flächenbeitrages bzw. der Flächenumlage ist. So ist ein Unterhaltungsverband verpflichtet, mindestens 10 % der Gesamtkosten für die Gewässerunterhaltung über den Erschwernisbeitrag zu decken (§ 105 Abs. 2 Satz 2 WG LSA a. F.); der Anteil des Erschwernisbeitrages am „Gesamt“beitrag ist unter Beachtung des Verhältnisses von Bodenfläche zu Siedlungs- und Verkehrsfläche im Verbandsgebiet zu bestimmen. Ungeachtet des konkreten Inhalts der vom Gesetzgeber insoweit verwendeten Begriffe, sind die Einwohnerzahlen für die Ermittlung des Anteils des Erschwernisbeitrages unbeachtlich. Diese bekommen ihre Relevanz erst bei der Verteilung des so ermittelten Anteils auf die einzelnen Mitgliedsgemeinden des Unterhaltungsverbandes. Ist der Anteil des Erschwernisbeitrages am „Gesamt“beitrag entsprechend der gesetzlichen Vorgaben ermittelt (hier: 13 %) und in der Verbandssatzung festgesetzt worden (hier: § 28 VS UVT), so kann ein „nur“ Flächenumlageschuldner davon nicht beschwert sein. Gleiches gilt, soweit die Beklagte in der USO lediglich die Umlage des Flächenbeitrages geregelt hat. Eine Regelung zum Erschwernisbeitrag ist jedenfalls dann nicht notwendig, wenn ein solcher deshalb gar nicht umlegbar ist, weil es sich bei den Flächen, wegen denen die Beklagte Mitglied im UVO ist, nicht um solche handelt, auf die der an den UVO gezahlte Erschwernisbeitrag umgelegt werden kann, wobei dahinstehen kann, ob die Umlage ausschließlich von den sog. Einwohnergrundstücken oder auch von den die Erschwernis bewirkenden befestigten Grundstücken erhoben werden kann. Dass eine solche Konstellation überhaupt möglich ist, nämlich dass eine Gemeinde als Mitglied in einem Unterhaltungsverband einen Erschwernisbeitrag zu zahlen hat, diesen jedoch gar nicht umlegen kann, findet seine Ursache in der durch die Verbandsmitgliedschaft einer Gemeinde begründete Solidargemeinschaft sowie in der konkreten Ausgestaltung des Maßstabes für den Erschwernisbeitrag. Danach partizipiert jede Mitgliedsgemeinde in dem Verhältnis ihrer (Gesamt-)Einwohner an dem über den Erschwernisbeitrag zu deckenden Teil der Gesamtkosten für die Unterhaltung (s. o.) und zwar ungeachtet der Frage, ob auch auf den Grundstücken, wegen der die Gemeinde Verbandsmitglied ist, Einwohner vorhanden sind.

19

c) Mit Erfolg können die Kläger auch nicht mit ihrem Vorbringen zur körperschaftsrechtlichen Verfassung des Unterhaltungsverbandes gehört werden.

20

§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO verleiht dem Gericht nur dann das Recht einen Verwaltungsakt aufzuheben, wenn dieser rechtswidrig ist und den Kläger in eigenen Rechten verletzt. Bei der Beurteilung der Verletzung eigener Rechte ist entscheidend auf die Rechtsposition des Klägers in Ansehung der durch den angefochtenen Verwaltungsakt getroffenen Regelungen abzustellen und die damit im Zusammenhang stehenden subjektiven Rechte (Kopp/ Schenke, VwGO, Kommentar, 17. Aufl., § 113 Rn. 25). Subjektive Rechte verleihen aber nur solche Normen, die zumindest auch den Schutz der rechtlichen Interessen des Klägers zum Ziel haben (vgl. zum sog. Schutznormerfordernis Kopp/Schenke, a. a. O., § 42 Rn. 83 ff.; Sodan in: Sodan/Ziekow, VwGO, Kommentar, 2. Aufl., § 42 Rn. 388, alle m. w. N.). Ob eine Norm auch diesem Zweck dient, ist durch Auslegung ihres subjektiv-rechtlichen Gehalts zu ermitteln. Maßgeblich ist dabei, ob die Auslegung ergibt, dass durch die maßgebliche Norm das geschützte Interesse, die Art der Verletzung und der Kreis der geschützten Personen hinreichend klar abgegrenzt wird. Dabei genügt es mithin nicht, dass ein Rechtsgut in irgendeiner Weise geschützt ist; maßgeblich ist allein, ob dies auch in Richtung auf den angefochtenen Verwaltungsakt der Fall ist.

21

Maßgebliche Rechtssätze, die die Rechtsposition eines Umlageschuldners gestalten, enthält § 106 WG LSA a. F.. Der Umlageschuldner kann deshalb im Umlagestreit mit Erfolg die Verletzung der dort für die Umlageerhebung normierten Voraussetzungen einwenden. Dazu gehört unzweifelhaft auch die formelle und materielle Fehlerhaftigkeit einer Umlagesatzung, da Umlagen - wie Gebühren - nach dem Kommunalabgabengesetz zu erheben sind und für das gemeindliche Satzungsrecht die Regelungen der Gemeindeordnung für das Land Sachsen-Anhalt gelten. Insoweit dürfte jedenfalls eine nicht ordnungsgemäße Beschlussfassung, es sei denn, die Voraussetzungen des § 6 Abs. 4 GO LSA liegen vor, zur Unwirksamkeit der Umlagesatzung und damit mangels ausreichender Rechtsgrundlage zur Rechtswidrigkeit des Umlagebescheides führen. § 106 WG LSA a. F. enthält jedoch keinen Rechtssatz in Bezug auf das Handeln des Unterhaltungsverbandes.

22

Da die Rechtsposition des Adressaten eines Umlagebescheides jedoch in der daraus resultierenden Verpflichtung zur Zahlung eines Geldbetrages besteht, ist unter Hinweis auf den Rechtscharakter der Umlage und unter Berücksichtigung des Gebotes effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) in Bezug auf einen Umlageschuldner anerkannt, dass er im Umlagestreit jedenfalls solche Aspekte einwenden kann, die im Zusammenhang mit der Höhe der Umlage stehen (VG Magdeburg, Urt. v. 21.10.2009, 9 A 136/08 MD m. w. N.; juris). Der sog. Einwendungsdurchgriff beruht auf der tragenden Erkenntnis, dass die die eigentlichen Verbandslasten tragenden Grundstückseigentümer keine unmittelbaren Einflussmöglichkeiten und Kontrollrechte gegenüber den Unterhaltsverbänden haben und sie mangels Mitgliedschaft im Unterhaltungsverband in Bezug auf den Entstehungsgrund der Umlage rechtlich schutzlos wären. Aus diesen Gründen ist es den umlegenden Gemeinden verwehrt, sich im Sinne eines Einwendungsausschlusses auf die Bestandskraft des Beitragsbescheides eines Unterhaltungsverbandes zu berufen (so zuletzt VG Potsdam, Urt. v. 09.05.2012, 6 K 2294/07, m. w. N., juris).

23

Gleiches gilt aber nicht für den Einwand der Kläger in Bezug auf die nicht rechtskonforme Handhabung der Verbandsverfassung, zum Beispiel einer nicht ordnungsgemäßen Besetzung der Verbandsversammlung/ des Verbandsausschusses. Die dies regelnden Rechtssätze (§§ 55 Abs. 1 WG LSA, 22 ff. WVG i. V. m. der Verbandssatzung) verfolgen nicht den Zweck, die rechtlichen Interessen eines Umlageschuldners zu schützen. Denn diese sind lediglich solche körperschaftsinterner Natur. Es handelt sich dabei um Rechte, die einer juristischen Person oder sonstigen Vereinigung von der Rechtsordnung ausschließlich zur Wahrung eigener persönlicher oder funktionaler Interessen zuerkannt sind; solche Rechte schützen grundsätzlich nur vor ihrer Verletzung durch andere Organe oder Organteile derselben juristischen Person des öffentlichen Rechts (vgl. Kopp/Schenke, a. a. O., § 42 Rn. 80 m. w. N.). Einem „nur“ Umlageschuldner kommen deshalb in Bezug auf die Besetzung und das Handeln dieser Organe keine eigenen Rechtspositionen zu. Ein Umlageschuldner kann insoweit auch nicht mit Erfolg darauf verweisen, es sei jedenfalls nicht auszuschließen, dass die nicht ordnungsgemäße Besetzung mittelbar Einfluss auf die Höhe der Umlage deshalb haben kann, weil dieses Organ einen Haushaltsplan aufzustellen hat, mit dem im Wesentlichen der Umfang der Unterhaltung festgelegt wird (vgl. §§ 2 Abs. 1 WVG AG LSA; 106 Abs. 3 LHO). Diese Vorschriften dienen lediglich dem öffentlichen Interesse an einer geordneten Haushaltswirtschaft.

24

Zudem können weder der Verbandsbeitrag noch die Umlage mit Hinweis auf den Haushaltsplan gerechtfertigt werden, da sich die Legitimation des Unterhaltungsverbandes und damit auch der durch seine Tätigkeit verursachten Kosten, aus dem Gesetz ergeben (§ 102 WG LSA a. F.). So dürfen in den Haushaltsplan nur die Ausgaben eingestellt werden, die zur Erfüllung der Aufgaben der juristischen Person notwendig sind (vgl. §§ 2 Abs. 1 WVG AG LSA; 106 Abs. 1 Satz 3 LHO). Gleiches gilt auch für die der Kalkulation zugrunde zu legenden Kosten (§ 105 Abs. 4 WG LSA a. F.).

25

Diese rechtliche Beurteilung wird auch durch die Überlegung getragen, dass weder ein entsprechend der Verbandsverfassung beschlossener Haushaltsplan noch eine solche Kalkulation Bindungswirkung dahingehend hätte, ob die zugrunde gelegten Kosten dem Grunde und der Höhe nach notwendig und erforderlich waren.

26

Soweit des OVG Berlin-Brandenburg (Urt. v. 21. März 2012, 9 B 63.11, juris) zum dortigen Landesrecht ausführt, die Regelung in § 2a GUVG zu den Verbandsbeiräten diene auch den Interessen der umlagepflichtigen Grundstückseigentümer und deshalb schlussfolgert, eine Verletzung des darin vorgesehenen Einvernehmens führe per se zur Rechtswidrigkeit eines Umlagebescheides, so vermag das Gericht dem auch in Ansehung von § 105 Abs. 1a WG LSA a. F. nicht zu folgen. Zwar dürfte selbstredend auch § 105 Abs. 1a WG LSA a. F. den Interessen der Grundstückseigentümer dienen, da gerade diese Personen durch die Vorschrift als „Berufene“ in Bezug genommen werden. Die Eigenschaft Grundstückseigentümer zu sein, vermittelt jedoch lediglich die Befugnis, Berufener im Sinne von § 105 Abs. 1a WG LSA a. F. sein zu können. Dadurch erlangt dieser Personenkreis jedoch allein subjektive Rechte in Bezug auf seine Mitwirkung in einem Unterhaltungsverband, führt jedoch nicht zu einer „qualifizierten“ Umlageschuldnerschaft mit der Folge eines erweiterten Einwendungsdurchgriffs. An die einheitliche Eigenschaft (Grundstückseigentümer) knüpft das Gesetz mithin unterschiedliche Rechtsfolgen (Berufener/Umlageschuldner) mit den sich daraus jeweils ergebenden Rechtspositionen und subjektiven Rechten.

27

d) Auch soweit die Kläger geltend machen, die Rechtmäßigkeit der hier streitigen Umlagebescheide vom 01.11.2010 und vom 08.11.2010 sowie des Widerspruchsbescheides vom 26.04.2011 scheitere daran, dass diese jeweils von der Beklagten erlassen worden seien, vermögen sie damit den Erfolg ihrer Klage nicht zu begründen. Denn Mitglied im UVT und UVO waren bis zum 31.05.2010 ihre Rechtsvorgängerinnen und nicht etwa die Verwaltungsgemeinschaft „E-Stadt-Land“, der die Rechtsvorgängerinnen der Beklagten angehörten, weshalb die Beklagte aus ihrer Rechtsnachfolge nach den Gemeinden und aus eigener Mitgliedschaft im UVT bzw. UVO ab dem 01.06.2010 für das gesamte Jahr 2010 zur Erhebung einer Umlage berechtigt ist. Dem steht auch nicht die Entscheidung des OVG LSA (Urt. vom 25.04.2012, 2 L 55/11, juris) entgegen, wonach es sich bei der Mitgliedschaft von Gemeinden in einem Unterhaltungsverband um eine gemeindliche Aufgabe des übertragenen Wirkungskreises handeln soll, weshalb jedenfalls die Verbandsgemeinden und nicht die einzelnen Mitgliedsgemeinden einer Verbandsgemeinde Mitglied in einem Unterhaltungsverband sein sollen. Denn jedenfalls für die Verwaltungsgemeinschaften nach §§ 75 ff. GO LSA trifft dies nicht zu.

28

Selbst mit dem Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt unterstellt, die Mitgliedschaft in einem Unterhaltungsverband nach § 104 Abs. 3 WG LSA a. F. sei dem übertragenen Wirkungskreis einer Gemeinde zuzuordnen (anders noch VG Magdeburg, Urt. v. 23.02.2011, 9 A 326/10 MD; juris), ist diese Aufgabe in der Zeit, in der sich die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgängerinnen noch nicht in einer Verbandsgemeindestruktur befunden hatten, nicht etwa wegen § 77 Abs. 6 Satz 1 GO LSA auf die Verwaltungsgemeinschaft, der die Gemeinden bis dahin angehörte, übergegangen. Davon dürfte auch das Landesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 12.09.2006, LVG 18/05, ausgegangen sein, das die die kommunale Verfassungsbeschwerde führenden Gemeinden als antragsbefugt aus ihrer Rechtsstellung als Mitglieder im Unterhaltungsverband angesehen hat.

29

Zwar bestimmt § 77 Abs. 6 Satz 1, Abs. 7 Satz 1 GO LSA, dass die Verwaltungsgemeinschaft die Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises für die Gemeinde im eigenen Namen mit der Folge zu erfüllen hat, dass sowohl die Aufgabe als solche als auch die Satzungskompetenz von der Gemeinde auf die Verwaltungsgemeinschaft übergeht (LVerfG, Urt. v. 23.02.1999, LVG 8/98; OVG LSA, U. v. 02.12.1999, A 1 S 16/99; juris). Dies gilt jedoch nach dem letzten Halbsatz dieser Vorschrift dann nicht, wenn dem Landesrecht entgegensteht. Dies ist in Bezug auf die Mitgliedschaft einer Gemeinde in einem Unterhaltungsverband nach §§ 104 Abs. 3 WG LSA a. F., 54 Abs. 3 WG LSA der Fall. Sowohl dem Wesen als auch aus der Struktur der Normen der §§ 101 ff. WG LSA a. F. lässt sich dies entnehmen; zudem gibt der Wille des Gesetzgebers - neben der über weit als ein Jahrzehnt bestehenden Rechtswirklichkeit - hinreichende Anhaltspunkte für diesen Befund.

30

Zunächst einmal verlangt § 77 Abs. 6 Satz 1, letzter Halbsatz GO LSA nicht danach, dass das jeweilige Fachgesetz den Übergang der Aufgabe auf die Verwaltungsgemeinschaft ausdrücklich ausschließt. Vielmehr fordert der Wortlaut lediglich, dass Landesrecht dem nicht entgegenstehen darf.

31

Resultierend aus der Natur der Aufgabe, weist die Aufgabenzuweisung nach § 104 Abs. 3 WG LSA a. F. durch den Gesetzgeber im Vergleich zu sonstigen Zuweisungen von Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises derartige Besonderheiten auf, die gegen einen Übergang der Aufgabe auf die Verwaltungsgemeinschaft sprechen. Denn anders als bei einer schlichten Aufgabenübertragung an eine Gemeinde, ist vorliegend die Durchführung der Aufgabe bis hin zur Refinanzierung der Beitragslasten aus der Verbandsmitgliedschaft umfassend ausgestaltet (vgl. §§ 104 ff. WG LSA a. F.). Die Aufgabenzuweisung erschöpft sich mithin nicht lediglich in der Übertragung der Aufgabe als solche mit der Folge ihres „Regelübergangs“ auf die Verwaltungsgemeinschaft.

32

Dass der Gesetzgeber die Aufgabe auf der gemeindlichen Ebene und nicht durch die Verwaltungsgemeinschaft hat erfüllen lassen wollen, ergibt sich auch aus den Anknüpfungspunkten, die im Zusammenhang mit der Aufgabenwahrnehmung bestehen. So hat der Gesetzgeber bewusst einen Bezug zu den der Grundsteuerpflicht unterliegenden Flächen, die allein auf der gemeindlichen Ebene vorhanden sind, hergestellt. Eine Verwaltungsgemeinschaft verfügt auch nicht über ein „Gebiet“ i. S. v. § 106 Abs. 1 WG LSA a. F. Gleiches gilt für die Bezugnahme auf die Einwohnerzahlen im Verbandsgebiet und den Hinweis auf § 140 GO LSA in § 105 Abs. 2 Ziffer 2 WG LSA in der seit dem 01.01.2010 geltenden Fassung (vgl. Fünftes Gesetz zur Änderung des Wassergesetzes für das Land Sachsen-Anhalt vom 10.12.2009 [GVBl. LSA, S. 637]).

33

Der Gesetzgeber hat auch ausweislich der historischen Entwicklung der Vorschriften zur Unterhaltung der Gewässer 2. Ordnung bewusst an der gemeindlichen Ebene festgehalten. Sein Blick war ungeachtet der Vorschrift auf den § 77 Abs. 6 Satz 1 GO LSA stets auf die gemeindliche Ebene gerichtet (vgl. LT-Drs. 5/2021 zum Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Wassergesetzes für das Land Sachsen-Anhalt vom 10.06.2009 sowie LT-Drs. 5/2875 zum Entwurf eines Wassergesetzes für das Land Sachsen-Anhalt vom 29.09.2010). Dem steht auch nicht der Befund des Gerichts in seinem Urteil vom 23.02.2011 (a. a. O.) entgegen. Denn Gegenstand der dortigen Betrachtungen war allein die Regelung des § 2 Abs. 1 Ziffer 6 VerbGemG LSA, die einerseits einen anderen Wortlaut hat und der eine gänzlich andere gesetzgeberische Konzeption zugrunde liegt.

34

Ob Vorstehendes auch für § 2 Abs. 2 Satz 1, letzter Halbsatz GemVerbG LSA gilt, kann hier dahinstehen und müsste ggf. vor dem Hintergrund des anderen Rechtscharakters einer Verbandsgemeinde im Vergleich zu einer Verwaltungsgemeinschaft beurteilt werden.

2.

35

Die Rechtswidrigkeit der hier streitigen Umlagebescheide ergibt sich jedoch aus der Unvereinbarkeit der Regelungen in §§ 3 Abs. 1 UST/USO, wonach Umlageschuldner derjenige Eigentümer imZeitpunkt der Bekanntgabe des Umlagebescheides ist, mit § 106 Abs. 1 und 2 WG LSA a. F.

36

Nach dieser Vorschrift kann die Gemeinde die Beiträge für den Unterhaltungsverband vorrangig auf die Eigentümer, Erbbauberechtigten oder ersatzweise auf die Nutzer der im Gemeindegebiet gelegenen, zum Verbandsgebiet gehörenden Grundstücke umlegen. § 106 Abs. 1 WG LSA a. F. verhält sich wie auch § 56 Abs. 1 WG LSA mithin nicht explizit zu der Frage, auf welchen Zeitpunkt hinsichtlich der Bestimmung der Schuldnereigenschaft abzustellen ist, anders als z. B. § 6 Abs. 8 Satz 1 KAG LSA. Das beredte Schweigen des Gesetzgebers stellt diese Frage nach Auffassung des Gerichts in das Satzungsermessen der Gemeinde.

37

Das Satzungsermessen ist jedoch am Sinn und Zweck der Norm auszuüben. Dabei hat der Satzungsgeber zu beachten, dass derjenige die mit einem Grundstück verbundene Unterhaltungslast (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.07.2007, 9 C 1.07, juris) zu tragen hat, der deren Nutznießer ist, weshalb eine Umlagesatzung diesbezüglich jedenfalls nicht (starr) auf die Verhältnisse am 01.01. eines Jahres abstellen darf (so OVG LSA, B. v. 14.07.2008, 2 L 296/07; juris). Die Anknüpfung an den Zeitpunkt der Bekanntgabe des Umlagebescheides wird diesem Normzweck jedoch nicht mehr gerecht. Insoweit ist die Umlage nach § 106 WG LSA a. F. eher mit einer Benutzungsgebühr vergleichbar, für die § 5 Abs. 5 KAG LSA zwar ebenfalls keine Regelung enthält, an welchen Zeitpunkt bei der Bestimmung der Gebührenschuldnerschaft anzuknüpfen ist. In der Rechtsprechung ist es wegen des Rechtscharakters einer Benutzungsgebühr jedoch anerkannt, dass Schuldner derjenige Eigentümer oder Benutzer während des Erhebungszweitraumes ist. Dabei ist es nach Auffassung des Gerichts unbeachtlich, ob in den Fällen des Eigentumsübergangs vertragliche Regelungen getroffen werden können. Nicht diese Möglichkeit, sondern die Berücksichtigung des Zwecks einer Norm bilden den rechtlichen Maßstab für die Beurteilung der öffentlich-rechtlichen Ausgestaltung der Umlageschuldnerschaft (a. A. zuletzt VG Potsdam, Urt. vom 09.05.2012, a. a. O. zum dortigen Landesrecht).

38

Der UST/ USO mangelt es mithin an einer wirksamen Bestimmung des Umlageschuldners, weshalb die Satzung wegen §§ 106 Abs. 2 WG LSA a. F., 2 Abs. 1 KAG LSA keine wirksame Rechtsgrundlage für die Erhebung von Umlagen sein kann. Auf ihrer Grundlage erlassene Bescheide sind deshalb aufzuheben.

II.

39

Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte als Unterlegene (§ 154 Abs. 1 VwGO).

40

Die Regelungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit finden ihre Rechtsgrundlage in §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

41

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 3 GKG.


Soweit es für die Durchführung des Unternehmens und die Verwaltung des Verbands erforderlich ist, kann der Vorstand nach einem sich aus der Satzung ergebenden Maßstab Vorausleistungen auf die Verbandsbeiträge festsetzen.

Tatbestand

1

Der Kläger, der Eigentümer diverser forstwirtschaftlich genutzter Grundstücke der Gemarkung N. ist, wendet sich gegen seine Heranziehung zu Gewässerunterhaltungsbeiträgen.

2

Mit Bescheid vom 14.05.2007 zog der Beigeladene die (ehemalige) Gemeinde N. zu einem Verbandsbeitrag für das Jahr 2007 in Höhe von 12.310,44 € (8,50 € x 1.448,2873 ha) heran. Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 30.05.2007 setzte die Gemeinde N. für das Jahr 2007 eine vom Kläger als „Gebührenpflichtigen“ zu zahlende Umlage für die Gewässerunterhaltung des Beigeladenen in Höhe von 3.447,42 € fest. Dabei legte sie eine Fläche von 405,5784 ha und einem Umlagesatz von 8,50 €/ha zugrunde. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte als deren Rechtsnachfolgerin ab dem 01.01.2010 mit Widerspruchsbescheid vom 19.10.2010 zurück.

3

Am 22.11.2010 hat der Kläger Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

4

Das in Anspruch genommene Forstrevier habe keinen einzigen wasserabführenden Graben, Fluss oder sonstiges, was in irgendeiner Form einen Anschluss an Gewässer zweiter Ordnung herstellen würde. Ferner bestehe im Forstrevier kein Gefälle, was nicht versickerndes Wasser in einer Form abführen würde, dass auf diese Art und Weise ein Anschluss an ein Gewässer zweiter Ordnung nachzuweisen wäre. Etwa ins Grundwasser abfließendes Niederschlagswasser führe im Gebiet des Beigeladenen keinesfalls zu einem Zufluss zu einem Gewässer zweiter Ordnung. Der Beigeladene erleide von dem in Anspruch genommenen Forstrevier keinen Nachteil; es sei kein Mehraufwand durch entsprechende Pflegemaßnahmen erforderlich. Im Übrigen entwässerten die in den Karten des gewässerkundlichen Landesdienstes mit 5874.519 und 5874.7 bezeichneten Flächen zum Elbe-Havel-Kanal, ein Gewässer erster Ordnung, und unterlägen deshalb nicht der Beitragspflicht. Daraus lasse sich zudem schlussfolgern, dass auch die dort benachbarten Flächen nicht in ein Gewässer zweiter Ordnung entwässerten und somit die Beitragsfläche des Beigeladenen dem Grunde nach falsch berechnet worden sei.

5

Darüber hinaus werde ausdrücklich auch die Höhe des Umlagesatzes bestritten. Der Jahresabschluss 2007 des Beigeladenen sei wenig aussagekräftig; einzelne Positionen seien sehr auffällig. So würden lediglich ca. 25 % des Gesamthaushalts tatsächlich für Gewässerunterhaltungsarbeiten, wie z. B. Krautung und Spülung, ausgegeben. Die Bezüge von offensichtlich vier Mitarbeitern beliefen sich auf ca. 133.000,00 €; zudem seien Neuinvestitionen von ca. 165.000,00 € auffällig. Die Verwaltung des Verbands nehme einen Betrag von mindestens einem Sechstel des Gesamtaufwands in Anspruch. Um nachvollziehbare Ausführungen zu den dargestellten Einnahmen und Ausgaben machen zu können, bedürfe es zunächst des Vergleichs der Einnahmen und Ausgaben über mehrere Jahre vor dem maßgeblichen und wenigstens zwei Jahre nach dem maßgeblichen Geschäftsjahr. Schließlich seien die Unternehmerleistungen für Krautung und Spülung ins Auge zu nehmen. Hier solle eine Ausschreibung 2006 und eine Gewässerschau stattgefunden haben; die Ausschreibungsunterlagen müssten zur Beurteilung der Notwendigkeit und der ordnungsgemäßen Durchführung der Arbeit vorgelegt werden. Auch die Kosten für den Bauhof in Höhe von 60.100,00 € könnten nicht nachgeprüft werden. Es sei auch nicht ersichtlich, wie sich der im Jahr 2007 erzielte Überschuss von fast 50.000,00 € auf die Beitragsberechnung im Jahr 2008 und die Folgejahre ausgewirkt habe.

6

Der Kläger hat beantragt,

7

den Bescheid der Gemeinde N. vom 30.05.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 19.10.2010 aufzuheben.

8

Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt,

9

jedoch den streitigen Umlagebescheid verteidigt.

10

Der Beigeladene hat ebenfalls keinen Antrag gestellt

11

und zur Begründung ausgeführt: Zwar hätten im Jahre 2007 Vereinbarungen über die Unterhaltung im Bereich der Bauwerke von Kreisstraßen der Landkreise (…) und (…) bzw. mit dem Land noch nicht vorgelegen; Mehrkosten seien jedoch kaum angefallen. Die Spülung von Durchlässen und Rohrleitungen sei lediglich in einem sehr geringen Umfang veranlasst worden. Die Haushaltsabschlüsse/Jahresrechnungen für die Jahre 2004 bis 2010 bewegten sich insgesamt im Bereich zwischen 679.662,60 € (2009) und 728.755,72 € (2004). Dies lasse erkennen, dass der Haushalt des Verbandes weitestgehend konstant sei. Im Jahr 2007 habe er seinen eigenen Bauhof um eine Person erweitert, was die Neuanschaffung eines Traktors mit Ausleger und notwendigen Arbeitsgeräten beinhalte habe. Der für diese Anschaffung erforderliche Aufwand sei unter Berücksichtigung der Zuführung aus der Erneuerungsrücklage bei der Ermittlung des Aufwandes berücksichtigt worden. Seit 1992 seien Gewässerschauen durchgeführt worden; diese seien ordnungsgemäß dokumentiert. Die 39 Schaubeauftragten hätten die ordnungsgemäße Durchführung der Arbeiten bestätigt und wie jedes Jahr den Arbeitsumfang für das kommende Jahr federführend festgelegt. Anhand der Gewässerschauprotokolle sei auch ersichtlich, dass die Unterhaltungsarbeiten auf ein Minimum reduziert worden, aber ausreichend seien, um den ordnungsgemäßen Wasserabfluss zu gewährleisten. Die Kosten für die Unterhaltung der Gewässer seien in den vergangenen zehn Jahren relativ konstant gewesen.

12

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht den Umlagebescheid aufgehoben und zur Begründung ausgeführt:

13

Die Beklagte verfüge für den hier maßgeblichen Erhebungszeitraum über keine wirksame Umlagesatzung. Von der gesetzlichen Ermächtigung des § 106 WG LSA 2006 habe die frühere Gemeinde N. zunächst mit der Satzung zur Umlage der Beiträge an den Beigeladenen vom 06.07.2009, der Rückwirkung zum 01.01.2004 beigemessen worden sei, Gebrauch gemacht. Diese Satzung habe die Beklagte sodann mit Satzung vom 22.03.2011 bezüglich des Umlageschuldners rückwirkend zum 01.01.2006 geändert. Mit Satzung vom 19.07.2011 habe sie den in § 4 geregelten Umlagesatz rückwirkend zum 01.01.2007 auf nunmehr 7,70 €/ha festgesetzt. Mit Satzung vom 21.06.2012 habe sie erneut ihre Vorschrift zum Umlageschuldner rückwirkend zum 01.01.2006 geändert. Die rückwirkend vorgenommenen Satzungsänderungen seien rechtlich erforderlich und zulässig gewesen. Denn bei der Umlage eines Gewässerunterhaltungsbeitrages durch die Gemeinde handele es sich deshalb um eine sog. Jahresschuld, weil damit die über den Erhebungszeitraum den Grundstückseigentümern gewährten Vorteile aus der Unterhaltung der Gewässer zweiter Ordnung abgegolten würden. Eine rückwirkende Heilung sei bis zu dem Zeitpunkt zulässig, zu dem die ersetzte Satzung habe in Kraft treten sollen. Das rückwirkende Inkrafttreten der Satzung sei geeignet, bereits ergangene Umlagebescheide zu heilen. Eine Jahresschuld erfordere die Gültigkeit der Satzung für den gesamten Zeitraum der Vorteilsgewährung. Ob die rückwirkende Herabsetzung eines wirksam festgesetzten Umlagesatzes rechtlichen Bedenken dann begegnen würde, wenn die Umlageschuld bereits entstanden war, könne dahinstehen, weil die Beklagte auch nicht infolge des (rückwirkenden) Inkrafttretens ihrer Änderungssatzung vom 21.06.2012 (zum 01.01.2006) über eine wirksame Umlagesatzung verfügt habe. Zwar seien die bis dahin in § 2 der Umlagesatzung enthaltenen Regelungen zum Umlageschuldner wegen der darin enthaltenen Bezugnahme auf den Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht bzw. der Eigentümerschaft zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des Umlagebescheides mit höherrangigem Recht nicht vereinbar. Die Satzung vom 21.06.2012 habe jedoch nicht zur Heilung geführt. Denn sei die Satzung zunächst unwirksam, müsse den sie ersetzenden (Heilungs-)Satzungen bis zu dem Zeitpunkt Rückwirkung beigemessen werden, zu dem die zu ersetzende Satzung habe in Kraft treten sollen, es sei denn, bei der neuen Satzung handele es sich nicht nur um eine Heilungssatzung, sondern um die vollständige Neufassung der Satzung. Allein mit der Rückwirkung einer Heilungssatzung, die während des ursprünglich beabsichtigten Geltungszeitraumes beginne, könne einer zunächst unwirksamen Satzung keine Wirksamkeit verliehen werden. Aus diesem Grunde habe es vorliegend nicht genügt, dass die Beklagte ihren Änderungssatzungen Rückwirkung lediglich bis zum 01.01.2006 beigemessen habe, weil die Umlagesatzung der Gemeinde N. bereits zum 01.01.2004 habe in Kraft treten sollen; eine vollständige Neufassung sei dagegen nicht erfolgt.

14

Auch würde der rückwirkend zum 01.01.2007 auf 7,70 €/ha festgesetzte Umlagesatz bereits gegen das aus dem Wesen der Umlage resultierende Aufwandsüberdeckungsverbot verstoßen, obwohl in Anbetracht des Umstandes, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten für ihre Mitgliedschaft im Beigeladenen einen Beitrag für die grundsteuerpflichtigen Flächen in Höhe von 8,50 €/ha gezahlt habe, allein dieser Betrag wegen der sich daraus ergebenden Umlagesumme der (ehemaligen) Gemeinde N. den Maßstab für die Beurteilung des Aufwandsüberdeckungsgebotes bilde.

15

Die Frage nach der Einhaltung des sich aus § 106 Abs. 1 WG LSA 2006 ergebenden Aufwandsüberschreitungsverbots im Zusammenhang mit der Festsetzung des maßgeblichen Umlagesatzes sei jedenfalls dann in umlagerechtlichen Streitigkeiten Gegenstand der gerichtlichen Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen, wenn der Kläger – wie hier – einen Verstoß dagegen nicht völlig ohne Substanz rüge bzw. sich ein solcher aufdränge. Zwar sei die gerichtliche Kontrolle bei der Prüfung der zugrunde gelegten Ansätze auf die Frage beschränkt, ob diese dem Grunde und der Höhe nach vertretbar seien. Die Verbände könnten in gewissen Grenzen selbst bestimmen, mit welcher (Kosten-)intensität sie die Unterhaltung in einem bestimmten Jahr wahrnehmen wollten. Zudem sei eine prognostische Kostenkalkulation naturgemäß mit zahlreichen Unsicherheiten behaftet. Trage die Kalkulation den festgesetzten Beitrags- oder Umlagesatz nicht, führe dies nicht gleichsam zur Fehlerhaftigkeit des Beitrags- bzw. Umlagesatzes. In einem solchen Fall habe das Gericht zu prüfen, ob der Beitragssatz gegen das objektiv wirkende Aufwandsüberschreitungsverbot verstoße und sich jedenfalls im Ergebnis als richtig erweise, wobei allenfalls eine Überschreitung des höchstzulässigen Aufwandes von bis zu 3 % unschädlich sei. Der gerichtlichen Prüfung seien dann in der Regel sog. harte Zahlen (Jahresabschluss) zugrunde zu legen, d. h. die tatsächlichen Kosten und Maßstabseinheiten, die im Regelfall nach Ablauf der Kalkulationsperiode vorliegen und von den Unterhaltungsverbänden im gerichtlichen Verfahren beizubringen seien.

16

Vorliegend seien weder die vom Beigeladenen vorgelegte Kalkulation noch der Jahresabschluss geeignet, den Beitrags- oder Umlagesatz zu tragen. Auch wenn für das Jahr 2007 keine Mehrkosten im Sinne von § 114 WG LSA 2006 (in Höhe von mindestens 5 % der Gesamtkosten) abzusetzen sein sollten, sei der Beitrags- bzw. Umlagesatz überhöht. Nicht aufwandsfähig seien die vom Beigeladenen sowohl bei der Kalkulation als auch im Jahresabschluss 2007 berücksichtigten 169.000,00 € für die Anschaffung von neuer Technik. Dieser Betrag dürfe – ungeachtet seiner haushaltsrechtlichen Bewertung – rechtlich jedenfalls bei der Ermittlung des beitrags- und umlagefähigen Aufwandes deshalb nicht in voller Höhe im Jahr der Anschaffung berücksichtigt werden, weil sich die Anschaffung vorteilhaft auch in den Folgejahren auswirke. Die getätigten Aufwendungen für ein sog. langlebiges Wirtschaftsgut seien auf den (Vorteils-)Zeitraum zu verteilen. Nach Ziffer 8.14 AfA habe der von dem Beigeladenen angeschaffte Traktor nebst Arbeitsgerät eine durchschnittliche Lebensdauer von 7 bis10 Jahren, weshalb in diesen Jahren ein AfA-Satz in Höhe von 10 bis 14,5 %, mithin ein berücksichtigungsfähiger Betrag in Höhe von jeweils ca. 17.000,00 bis 20.000,00 €‚ in Ansatz gebracht werden dürfe. Könne die Anschaffung nicht ausschließlich über Eigenmittel erfolgen, wären jedoch auch Fremdkapitalzinsen (hier: ca. 5.000,00 € für ca. 100.000 € Kredit bei einem Zinssatz in Höhe von 5 %) als Aufwand berücksichtigungsfähig. Wenn eine Zuführung aus einer Erneuerungsrücklage erfolgt sei, mindere diese jedoch nicht im vollen Umfang den beitragsfähigen Aufwand, sondern sei ebenso wie das Wirtschaftsgut für die Dauer der Abschreibung aufzulösen, weshalb vorliegend nicht 50.000,00 €‚ sondern durchschnittlich ca. 5.000,00 € als Einnahmen vom Aufwand abzusetzen wären. Danach ergebe sich ein Beitragssatz von ca. 6,90 €/ha. Sowohl der festgesetzte Umlagesatz von 7,70 €/ha als auch der hier für die rechtliche Beurteilung des Aufwandsüberdeckungsverbotes maßgebliche Umlagesatz von 8,50 €/ha überstiegen somit den rechtlich zulässigen Beitrags- und Umlagesatz um wesentlich mehr als 3 %. Wären zudem auch noch Mehrkosten in Höhe von mindestens 5 % des Gesamtaufwandes abzusetzen, würde der zulässige Beitrags- und Umlagesatz nur noch 6,55 €/ha betragen.

17

Die vom Senat zugelassene Berufung hat die Beklagte wie folgt begründet: Der Beitragsanspruch des Beigeladenen richte sich nicht nach dem Kommunalabgabengesetz, sondern ausschließlich nach den Bestimmungen des Wasserverbandsgesetzes (WVG) oder ggf. landesrechtlicher Bestimmungen zum Wasserverbandsrecht. Diese Vorschriften gingen jedoch vom Vorteilsprinzip aus, das seine Ursache in der genossenschaftlichen Struktur der Wasser- und Bodenverbände habe. Das Kostenüberschreitungsverbot, insbesondere auch die 3 %-Regel, gelte dort nicht. Im Wasserverbandsrecht werde keine Periodenkalkulation vorgenommen, vielmehr gingen, da ein Wasserverband regelmäßig nur seine Mitglieder veranlage, Überdeckungen sogleich in die Beitragskalkulation für das Folgejahr bzw. übernächste Folgejahr ein. Zuviel erhobene Beiträge würden also sofort wieder zurückgeführt. Daran ändere auch das System der Umlage der Beitragsschulden auf die Grundstückseigentümer innerhalb der Mitgliedsgemeinden nichts.

18

Die Beklagte beantragt,

19

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

20

Der Beigeladene trägt zur Begründung seiner Berufung wie folgt vor:

21

Die analoge Anwendung der Vorschriften des Kommunalabgabenrechts erfordere eine planwidrige Regelungslücke durch den Gesetzgeber, die aber nicht vorliege. Für die Unterhaltungsverbände gelten die Vorschriften des WVG, soweit im WG LSA nichts anderes bestimmt sei. Für die Kalkulation der Beiträge, insbesondere für die Frage der Einbeziehung aufwandsfähiger Kosten sei im WG LSA nichts Besonderes bestimmt. Lediglich § 114 Abs. 1 WG LSA 2006 schreibe vor, dass Mehrkosten bei der Gewässerunterhaltung den Verursachern zuzurechnen und vom Beitragssystem auszugliedern seien. Gemäß § 65 WVG gelten für den Haushalt, die Rechnungslegung sowie deren Prüfung die landesrechtlichen Vorschriften. Nach § 2 Abs. 1 WVG AG LSA gelten für die Wasser- und Bodenverbände die Vorschriften der Landeshaushaltsordnung. Nach den Vorschriften der (früheren) WVVO sei der Verband im Wesentlichen zum wirtschaftlichen und sparsamen Haushalten bei der Erfüllung seiner Aufgaben verpflichtet gewesen. Für alle Einnahmen und Ausgaben sei für jedes Rechnungsjahr vorher ein Haushaltsplan aufzustellen gewesen. Es befänden sich des Weiteren in der WVVO Regelungen über das Vermögen, Tilgung der Schulden, Kassenkredite, Schuldübernahme, Einnahmen, Beiträge, Aufstellung des Haushaltsplans und Weiteres. In der nunmehr geltenden LHO LSA werde die Bedeutung des Haushaltsplans für die Verbände unterstrichen. Nach § 1 LHO werde der Haushaltsplan vor Beginn des Rechnungsjahres (Haushaltsjahres) durch das Haushaltsgesetz festgestellt. Diese Regelung werde durch die Satzung der Verbände umgesetzt. Nach § 2 LHO LSA diene der Haushaltsplan der Feststellung und Deckung des Finanzbedarfs. Er sei Grundlage für die Haushalts- und Wirtschaftsführung. Die Bestandteile des Haushaltsplans seien in § 13 LHO LSA geregelt (Einzelpläne, Gesamtplan, Gruppierungsplan). In den Verwaltungsvorschriften zur LHO (VV-LHO) werde hinsichtlich des Gruppierungsplans auf die Verwaltungsvorschriften zur Haushaltssystematik des Landes Sachsen Anhalt (VV-HLSA) verwiesen. Dort seien im Teil B (Gruppierungsplan) ausführliche Bestimmungen erlassen, die umfassend regelten, welche Einbeziehung der Kosten für Personalausgaben, sächliche Verwaltungsausgaben und Ausgaben für den Schuldendienst, Ausgaben für Zuweisungen und Zuschüsse mit Ausnahme für Investitionen, Baumaßnahmen, sonstige Ausgaben für Investitionen und Investitionsfördermaßnahmen sowie besondere Finanzierungsausgaben zulässig und damit aufwandsfähig seien. Allein bei den sächlichen Verwaltungsausgaben seien ca. 40 Einzelpositionen aufgeführt.

22

Selbst wenn man eine Regelungslücke unterstellen würde, fehle es für die entsprechende Anwendung des Kommunalabgabengesetzes an einer vergleichbaren Interessenlage. Zwar seien Besonderheiten bei der Beitragserhebung in § 105 Abs. 2 WG LSA 2006 vorgesehen, es gelte aber generell das Vorteilsprinzip des WVG. Dieses in § 30 WVG normierte Vorteilsprinzip stelle im Vergleich zum Kommunalabgabenrecht von der Tendenz her geringere Anforderungen an die Bestimmtheit der Normen, die für die Beitragsveranlagung bei Wasser- und Bodenverbänden relevant seien. Bei der Gewässerunterhaltung handele es sich nicht um eine durch die Verbände vorgehaltene öffentliche Einrichtung, schon gar nicht könnte diese durch einen bestimmbaren Grundstückeigentümer benutzt werden. Die Gewässerunterhaltungspflicht sei nach § 39 Abs. 1 WHG eine öffentlich rechtliche Verpflichtung (Unterhaltungslast) und gegenüber der Allgemeinheit zu erfüllen. Folgerichtig regle § 30 Abs.1 Satz 2 WVG, dass für die Festlegung des Beitragsmaßstabes eine annähernde Ermittlung der Vorteile und Kosten ausreiche. Zudem seien Aufgabenträger der Wasserversorgung oder Abwasserbeseitigung einerseits und Unterhaltungsverbände andererseits nicht vergleichbar. Die Haushaltsansätze eines Unterhaltungsverbandes würden für das nächste Rechnungsjahr durch prognostische Bewertungen der durchzuführenden Maßnahmen vorgenommen. Auf den Verbandsschauen würden die notwendig erscheinenden Maßnahmen festgehalten und im Haushaltsplan für das kommende Jahr kalkuliert. Da die Tätigkeit eines Unterhaltungsverbandes witterungsabhängig sei, komme es häufig vor, dass die geplanten Maßnahmen im kommenden Jahr nicht vollständig durchgeführt werden könnten. Die nicht verbrauchten Mittel würden dann der Rücklage zugeführt. Ein Unterhaltungsverband sei – anders als ein Aufgabenträger der Wasserversorgung oder Abwasserbeseitigung – abhängig von Naturereignissen.

23

Ebenso verhalte es sich bei der Prognose von Mehrkosten nach § 114 Abs. 1 WG LSA 2006. Diese könnten bei Aufstellung des Haushaltsplans in Vorjahr lediglich aufgrund von Erfahrungswerten prognostiziert werden. Welches Ergebnis sich am Ende des Folgejahres tatsächlich ergeben werde, sei nicht voraussehbar. Das Verwaltungsgericht sei ohne hinreichende Überprüfung der Sachverhalte einen Prozentsatz von 5 bis 10 % Mehrkosten ausgegangen, den der Verband niemals hätte prognostizieren können. Inzwischen habe das Verwaltungsgericht seine Rechtsprechung bezüglich der Einschätzung der Höhe von Mehrkosten auch ausdrücklich aufgegeben. Bei echten Kalkulationsfehlern sei allerdings auch den Unterhaltungsverbänden eine Bagatellgrenze einzuräumen.

24

Soweit das Verwaltungsgericht annehme, dass die Anschaffung von neuer Technik in Höhe von 169.000,00 € sowohl in der Kalkulation als auch im Jahresabschluss für das Jahr 2007 nicht in voller Höhe aufwandsfähig gewesen sei, weil sich die Anschaffung vorteilhaft auch in den Folgejahren auswirke, verkenne es, dass die angeschaffte Technik ausschließlich aus Rücklagen und ersparten Ausschreibungskosten finanziert worden sei und den Beitragssatz für das Jahr 2007 nicht erhöht habe. Wegen der Neuanschaffung der Technik hätten die Kosten für die Ausschreibung der Unterhaltungsarbeiten im laufenden Jahr 2007 um 90.000,00 € gesenkt werden können, weil der Verband die notwendigen Arbeiten mit der neuen Technik selbst günstiger habe ausführen können. Die restlichen Kosten seien aus Rücklagen beglichen worden. Es seien damit keine Kosten für die Anschaffung der Technik im Jahr 2007 beitragsrelevant geworden. Das Verwaltungsgericht gehe bei seiner Berechnung des beitragsfähigen Aufwands von einer nicht zutreffenden Summe und auch nicht stimmigen Zeiten für die Nutzungsdauer der einzelnen Geräte aus. Der Kaufpreis der Technik sei zum größten Anteil (90.000,00 €) im laufenden Jahr bereits erwirtschaftet worden. Diese Verfahrensweise sei nicht zu beanstanden. Sie entspreche dem Erfordernis des § 7 LHO LSA, wonach die bestmögliche Nutzung von Ressourcen bewirkt werden solle. Er habe in nicht zu beanstandender Weise die Kosten aus Rücklagen und Ersparnissen aufgebracht und damit eine beitragsbelastende Kreditaufnahme vermieden. Gewässerunterhaltungsverbände hätten ein weites Organisationsermessen. Rechte der Mitglieder und mittelbar der Grundeigentümer seien erst dann verletzt, wenn der Verband in Bezug auf Planung und Durchführung der Gewässerunterhaltung die äußerste kostenmäßige Vertretbarkeitsgrenze erkennbar überschreite. Die Gerichte hätten die Spielräume zu beachten, die den Gewässerunterhaltungsverbänden hinsichtlich der Festsetzung des Beitragssatzes zukämen.

25

Der Beigeladene beantragt,

26

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

27

Der Kläger beantragt,

28

die Berufungen zurückzuweisen.

29

Er trägt vor, es bestünden massive Zweifel an der Rechenweise des Beigeladenen und der Vollständigkeit der von ihm vorgelegten Haushaltsunterlagen, und hält die vom Verwaltungsgericht für die Beitragskalkulation geforderte Heranziehung betriebswirtschaftlicher Grundsätze für zutreffend. Ergänzend führt er aus: Auch nach den vom Gericht eingeholten sachverständigen Ausführungen des Landesbetriebes für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft entwässerten im Übrigen die im Umlagebescheid erfassten Flachen in einem überwiegenden Umfang Niederschlagswasser in Gewässer erster Ordnung und seien damit weder gebühren- noch umlageverpflichtet.

30

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

31

I. Die Berufungen der Beklagten und des Beigeladenen sind zulässig.

32

Insbesondere ist auch der Beigeladene durch das angefochtene Urteil materiell beschwert (vgl. zu dieser Voraussetzung: BVerwG, Urt. v. 16.12.2009 – BVerwG 3 C 24.09 –, Buchholz 310 § 65 VwGO Nr. 152, m.w.N.). Das angefochtene Urteil könnte sich, sofern es rechtskräftig würde, auf seine materielle Rechtsstellung auswirken (vgl. hierzu bereits Beschl. d. Senats v. 14.09.2011 – 2 L 48/10 –). Es könnte im Hinblick auf von ihm befürchtete Schadensersatzansprüche der Beklagten wegen Amtspflichtverletzung nach § 839 Abs. 1 BGB zu einer Beeinträchtigung seiner subjektiven Rechte führen (vgl. hierzu: VGH BW, Urt. v. 17.10.1995 – 3 S 1/93 – NVwZ 1997, 198 [199], m.w.N.). In einem Rechtsstreit zwischen der Beklagten und dem Beigeladenen über eine Ersatzpflicht wegen Amtspflichtverletzung wäre das hierfür zuständige Zivilgericht an die das angefochtene Urteil tragende Feststellung gebunden, dass die gegenüber der Beklagten erlassenen Beitragsbescheide des Beigeladenen, die den angefochtenen Umlagebescheiden der Beklagten zugrunde liegen, rechtswidrig sind. Auch juristische Personen des öffentlichen Rechts, insbesondere Gemeinden können „Dritte“ im Sinne des § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB sein, wenn der für die haftpflichtige Behörde tätig gewordene Beamte der geschädigten Körperschaft bei Erledigung seiner Dienstgeschäfte in einer Weise gegenübertritt, wie sie für das Verhältnis zwischen ihm und seinem Dienstherrn einerseits und dem Staatsbürger andererseits charakteristisch ist (vgl. BGH, Urt. v. 12.12.2002 – III ZR 201/01 –, BGHZ 153, 198). Dies dürfte bei Erlass eines an eine Gemeinde gerichteten Beitragsbescheides der Fall sein. Ein solcher Schadensersatzanspruch ist auch nicht deshalb von vornherein ausgeschlossen, weil die Beklagte die Beitragsbescheide des Beigeladenen hat bestandskräftig werden lassen. Ein Ausschluss kommt gemäß § 839 Abs. 3 BGB nur dann in Betracht, wenn der Verletzte es vorwerfbar (im Sinne eines „Verschuldens gegen sich selbst") versäumt hat, den Verwaltungsakt mit den dafür vorgesehenen Rechtsbehelfen anzufechten (BGH, Urt. v. 15.11.1990 – III ZR 302/89 –, BGHZ 113, 17). Bei der Prüfung, ob der Verletzte es schuldhaft unterließ, ein Rechtsmittel einzulegen, ist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls auf die Verhältnisse des Verkehrskreises, dem der Verletzte angehört, mithin darauf abzustellen, welches Maß an Umsicht und Sorgfalt von Angehörigen dieses Kreises verlangt werden muss (BGH, Urt. v. 15.11.1990, a.a.O.). Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Zivilgerichte ein solches Verschulden der Beklagten hier verneinen.

33

II. Die Berufungen sind aber nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat den Umlagebescheid der Gemeinde N. zu Recht aufgehoben. Der Bescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

34

1. Gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für die Erhebung einer Umlage des von der Beklagten an den Beigeladenen zu zahlenden Gewässerunterhaltungsbeitrages für das in Rede stehende Kalenderjahr 2007 ist § 106 des Wassergesetzes für das Land Sachsen-Anhalt in der bis zum 31.12.2009 gültigen Fassung der Bekanntmachung vom 12.04.2006 (GVBl LSA S. 248) – WG LSA 2006. Nach Absatz 1 dieser Vorschrift kann eine Gemeinde, wenn sie nach § 104 Abs. 3 Nr. 1 WG LSA 2006 kraft Gesetzes Mitglied eines Unterhaltungsverbandes ist, die Beiträge für den Unterhaltungsverband vorrangig auf die Eigentümer, Erbbauberechtigten oder ersatzweise auf die Nutzer der im Gemeindegebiet gelegenen, zum Verbandsgebiet gehörenden und der Grundsteuerpflicht unterliegenden Flächen umlegen, soweit nicht vom Unterhaltungsverband nach § 28 Abs. 3 des Wasserverbandsgesetzes (WVG) Geldbeiträge erhoben werden. Dabei sind die wasserrechtlichen Vorschriften des § 105 Abs. 2 WG LSA 2006 über den Flächenmaßstab, den Mindestbeitrag, die Erschwernisbeiträge, die Beiträge in Sondergebieten und die beitragsfreien Flächen entsprechend anzuwenden. Nach § 106 Abs. 2 Halbsatz 1 WG LSA 2006 werden die Umlagen wie Kommunalabgaben erhoben und beigetrieben.

35

Damit gelten für ihre Erhebung die Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes des Landes Sachsen-Anhalt (KAG LSA) entsprechend (vgl. Beschl. d. Senats v. 05.12.2003 – 2 L 176/12 –, juris, RdNr. 6). § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA schreibt vor, dass kommunale Abgaben nur auf Grund einer Satzung erhoben werden dürfen. Von der Ermächtigung des § 106 WG LSA hat die frühere Gemeinde N. mit der Satzung zur Umlage ihrer Beiträge an den Beigeladenen vom 06.07.2009 (US 2009) Gebrauch gemacht, die nach ihrem § 9 rückwirkend zum 01.01.2004 in Kraft treten und die Umlagesatzung vom 11.10.2005, die rückwirkend zum 01.01.2000 in Kraft getreten war, ab dem 01.01.2004 ersetzen sollte.

36

2. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG LSA muss die Satzung den Kreis der Abgabenschuldner, den die Abgabe begründenden Tatbestand, den Maßstab und den Satz sowie die Entstehung und den Zeitpunkt der Fälligkeit der Schuld bestimmen.

37

2.1. Die US 2009 genügt nicht den Anforderungen an die Bestimmung des Kreises der Abgabenschuldner.

38

Im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben muss nicht nur geregelt werden, wer potenziell als Abgabenschuldner in Betracht kommen kann, sondern auch, wer im Einzelfall die Abgabe persönlich schuldet (vgl. Driehaus in: Driehaus, Kommunalabgaberecht, § 2 RdNr. 52). Dabei fordert der Grundsatz der Bestimmtheit, dass der Normadressat ohne spezielle Rechtskenntnisse oder sonstige Kenntnisse allein aus der Satzung heraus erkennen kann, unter welchen Voraussetzungen er abgabenpflichtig sein soll.

39

In § 2 US 2009 hat die Beklagte die „Beitragspflicht“ zwar geregelt. Nach § 2 Abs. 1 US 2009 ist beitragspflichtig, wer zum Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht Eigentümer oder Erbbauberechtigter eines der Grundsteuerpflicht unterfallenden Grundstücks ist. Diese Regelung genügt den Anforderungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG LSA an die verbindliche Festlegung des Abgabepflichtigen aber nicht. Sie ist unwirksam, weil sie auf die Verhältnisse im Zeitpunkt des Entstehens der „Beitragspflicht“ abstellt.

40

Wie der Senat bereits entschieden hat (vgl. Beschl. v. 14.07.2008 – 2 L 296/07 –, LKV 2008, 571 [572], RdNr. 7 in juris), spricht für die Auffassung, dass (bei einer jährlichen Veranlagung) nicht auf die Verhältnisse am 1. Januar eines Kalenderjahrs abgestellt werden darf, der Umstand, dass zu diesem Zeitpunkt noch kein diesem Veranlagungszeitraum zurechenbarer Unterhaltungsaufwand und ohne entsprechenden Beitragsbescheid des Unterhaltungsverbands die Umlageschuld noch nicht entstanden ist (vgl. auch OVG BBg, Beschl. v. 22.11.2006 – OVG 9 B 14.05 –, juris, RdNr. 26 ff.). Auch wenn die Umlage des Gewässerunterhaltungsbeitrages weder eine Gebühr noch ein Beitrag im Rechtssinne ist und ihr ein Entgeltcharakter abzusprechen sein mag, korrespondiert mit ihr ein „Vorteil“ der in Anspruch genommenen Umlagepflichtigen, weil diesen eine an sich ihnen selbst aufzuerlegende Unterhaltungspflicht abgenommen wird, wenn die Gemeinde Mitglied des Unterhaltungsverbands ist (BVerwG, Urt. v. 11.07.2007 – BVerwG 9 C 1.07 –, NVwZ 2008, 314 [317], RdNr. 34). Die erstattungsberechtigte Gemeinde erbringt mit der Erfüllung dieser Unterhaltungslast für ihre Kostenforderung eine (Gegen-)Leistung (BVerwG, Beschl. v. 03.07.1992 – BVerwG 7 B 149.91 –, DÖV 1993, 77). Nach der Rechtsprechung des Senats (Beschl. v. 14.07.2008, a.a.O.) folgt aus dieser Funktion der Umlage, einen bestimmten Vorteil abzugelten, dass nur solche Personen in Anspruch genommen werden dürfen, die Nutznießer oder zumindest Mitnutznießer dieses Vorteils sind. Aus dem Charakter sowohl von Beiträgen als auch Gebühren als Abgaben, die für eine bestimmte Gegenleistung geschuldet werden, ergibt sich regelmäßig, dass Abgabeschuldner nur solche Personen sein können, die die Leistung in Anspruch nehmen. Wurde das Grundstückseigentum bereits zu Beginn des Veranlagungsjahrs übertragen, ist damit auch die an sich mit dem Grundstück verbundene Unterhaltungslast auf den neuen Eigentümer übergegangen. Dieser ist dann Nutznießer der Vorteile, die danach durch Maßnahmen der Gewässerunterhaltung während des Veranlagungsjahrs entstehen.

41

Soll aber mit der Umlage der jährliche Vorteil abgegolten werden, kommt – sofern (wie hier) das Landesrecht dies nicht anders bestimmt – als Abgabeschuldner nur der Nutznießer und damit nur derjenige in Frage, der im jeweiligen Jahr (Erhebungszeitraum) Eigentümer/Erbbauberechtigter bzw. Nutzer eines im Gemeindegebiet gelegenen, zum Verbandsgebiet gehörenden Grundstücks (gewesen) ist. Geht innerhalb des Kalenderjahres das Eigentum, das Erbbau- oder das Nutzungsrecht auf einen anderen über, bemisst sich der Vorteil des jeweiligen Nutznießers anteilig nach dem Zeitraum, in welchem er das Recht am Grundstück inne hatte. Dagegen scheidet das Abstellen auf einen bestimmten Stichtag, wie etwa den 01. Januar oder den 31. Dezember, den Zeitpunkt der Bekanntgabe des Verbandsbeitragsbescheids an die Gemeinde oder der Bekanntgabe des Umlagebescheids aus (vgl. VG Halle, Urt. v. 23.10.2014 – 4 A 10/14 –, juris, RdNr. 16, m.w.N.). Das gilt umso mehr, als die Umlagen nach § 56 Abs. 2 WG LSA n. F. wie Gebühren nach dem Kommunalabgabengesetz erhoben werden und Gebührenschuldner für eine auf einen Erhebungszeitraum bezogene Gebühr derjenige ist, der in dem jeweiligen Zeitraum innerhalb des Erhebungszeitraums das Recht inne hatte (VG Magdeburg, Urt. v. 02.02.2012 – 9 A 106/10 –, juris, RdNr. 21).

42

Die Beklagte hat zwar durch die 4. Satzung zur Änderung der US 2009 vom 21.06.2012, die rückwirkend zum 01.01.2006 in Kraft treten sollte, die Bestimmung des § 2 US zum Umlageschuldner ersetzt und dergestalt neu gefasst, dass nach Abs. 1 Schuldner der Umlage vorrangig der Eigentümer eines im Gemeindegebiet gelegenen, zum Verbandsgebiet gehörenden und der Grundsteuerpflicht unterfallenden Grundstücks ist, und dass nach Abs. 2 an die Stelle des Eigentümers der Erbbauberechtigte tritt, wenn das Grundstück mit einem Erbbaurecht belastet ist. Dies genügt aber nicht, um eine wirksame Rechtsgrundlage für die Umlage der Gewässerunterhaltungsbeiträge zu schaffen.

43

Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschl. v. 05.12.2013 – 2 L 176/12 –, juris, RdNr. 10) führt die fehlerhafte Bestimmung des Umlageschuldners zur Gesamtnichtigkeit der Umlagesatzung mit der Folge, dass eine bloße Änderung der unwirksamen Satzungsregelungen den Mangel nicht heilen kann. Ob ein einer Satzung anhaftender Rechtsmangel zur Gesamtnichtigkeit der Satzung oder nur zu ihrer Teilnichtigkeit führt, hängt u. a. davon ab, ob die Beschränkung der Nichtigkeit auf einen bestimmten Teil der Satzung eine mit höherrangigem Recht vereinbare sinnvolle (Rest-)Regelung des Lebenssachverhalts belässt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 28.08.2008 – BVerwG 9 B 40.08 –, NVwZ 2009, 255 [257], RdNr. 13). An dieser Voraussetzung fehlt es, soweit die Regelung über den Umlageschuldner fehlerhaft ist, weil diese nicht von dem übrigen Inhalt der jeweiligen Satzung abgetrennt werden kann (vgl. zum Beitrag: VGH BW, Beschl. v. 06.11.2008 – 2 S 669/07 –, juris, RdNr. 51). Handelt es sich aber um einen Mangel, der von vornherein die gesamte Satzung erfasst, können bloße Änderungen einzelner Vorschriften weder eine Heilung der geänderten noch ein „Wiederaufleben" der nicht geänderten Satzungsteile bewirken; vielmehr bedarf es in diesem Fall einer erneuten Beschlussfassung über die gesamte Satzung und einer entsprechenden Veröffentlichung dieser gesamten Satzung (vgl. auch OVG LSA, Beschl. v. 18.01.2011 – 4 L 24/10 –, juris RdNr. 8, m.w.N; BayVGH, Urt. v. 11.11.1994 – 23 B 93.821 –, juris, RdNr. 26).

44

Aber auch wenn anzunehmen sein sollte, eine wirksame satzungsrechtliche Grundlage könne nachträglich auch dadurch geschaffen werden, dass die zur Gesamtunwirksamkeit führende fehlerhafte Satzungsregelung durch eine fehlerfreie Satzungsregelung ersetzt wird, wenn sich die dazu ergehende Änderungssatzung rückwirkende Kraft bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der geänderten (ursprünglichen) Satzung beimisst (so OVG LSA, Beschl. v. 06.05.2008 – 4 L 103/08 –, NVwZ-RR 2008, 819, RdNr. 4 in juris), konnte die 4. Satzung zur Änderung der US 2009 vom 21.06.2012 keine solche Heilung bewirken. Denn die Änderungssatzung misst sich rückwirkende Kraft nur bis zum 01.01.2006 bei, während die (geänderte) US 2009 nach deren § 9 rückwirkend bis zum 01.01.2004 in Kraft trat.

45

2.2. Die US 2009 ist ferner deshalb unwirksam, weil sie keine Bestimmung über die Entstehung der Umlageschuld des Umlagepflichtigen enthält. Sie bestimmt in § 5 Abs. 1 lediglich, dass die „Beitragspflicht der Gemeinde“ einen Monat nach Bekanntgabe des Beitragsbescheides des Beigeladenen an die Gemeinde entsteht.

46

3. Ob der in § 4 US 2009 zunächst festgesetzte Beitragssatz von 8,50 €/ha und der durch die 3. Änderungssatzung der Gemeinde N. vom 19.07.2011 auf 7,70 €/m² herabgesetzte Beitragssatz einer rechtlichen Prüfung standhält, kann danach offen bleiben. Allerdings begegnet auch dieser Beitragssatz rechtlichen Bedenken. Da sich die Beklagte insoweit an dem Beitragssatz orientiert hat, den der Beigeladene der Veranlagung seiner Verbandsmitglieder zugrunde gelegt hat, ist maßgebend, ob die vom Beigeladenen vorgenommene Kalkulation des Beitragssatzes, die der Kläger im Wege des „Durchgriffs“ unabhängig von der Bestandskraft des Beitragsbescheides des Beigeladenen gegenüber der Beklagten rügen kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.07.2007, a.a.O., RdNr. 39), fehlerfrei ist. Dies dürfte indes nicht der Fall sein.

47

3.1. Auszugehen ist von § 30 Abs. 1 WVG. Danach bemisst sich der Beitrag der Verbandsmitglieder und der Nutznießer nach dem Vorteil, den sie von der Aufgabe des Verbands haben, sowie den Kosten, die der Verband auf sich nimmt, um ihnen obliegende Leistungen zu erbringen oder den von ihnen ausgehenden nachteiligen Einwirkungen zu begegnen. Für die Festlegung des Beitragsmaßstabs reicht eine annähernde Ermittlung der Vorteile und Kosten aus. Gemäß § 30 Abs. 2 WVG kann die Satzung auch für bestimmte Maßnahmen die Verbandsbeiträge entsprechend den für die einzelnen Grundstücke tatsächlich entstehenden Kosten festsetzen oder allgemein einen von Absatz 1 abweichenden Beitragsmaßstab festlegen.

48

Maßgeblich für die Kalkulation des Flächenbeitrags sind die Gesamtkosten für die Unterhaltung der Gewässer zweiter Ordnung im Beitragsjahr, die Einnahmen, die Mehrkosten im Sinne des § 114 WG LSA 2006 sowie die Beitragsfläche im Verbandsgebiet. Soweit die entsprechenden Werte vor Beginn des Beitragsjahres geschätzt werden, ist es rechtlich nicht zu beanstanden, wenn sich der Unterhaltungsverband an den entsprechenden Werten des Vorjahres orientiert. Soweit Erfahrungswerte vorliegen, sind diese bei der Prognose in angemessenem Umfang heranzuziehen (vgl. VG Halle, Urt. v. 28.01.2014 – 4 A 225/13 –, juris, RdNr. 39). Sind die Schätzungen und Prognosen rechtlich nicht zu beanstanden, ist es für die Rechtmäßigkeit unbeachtlich, wenn sich nachträglich die Verhältnisse ändern oder die Kostenansätze über- bzw. unterschritten werden. Die gerichtliche Kontrolle ist bei der Prüfung der zugrunde gelegten Ansätze zudem auf die Frage beschränkt, ob diese dem Grunde und der Höhe nach vertretbar sind. Denn die Gerichte haben die Spielräume zu beachten, die den Gewässerunterhaltungsverbänden hinsichtlich der Festsetzung des Beitragssatzes zukommen. Diese können in gewissen Grenzen selbst bestimmen, mit welcher (Kosten-)Intensität sie die Unterhaltung in einem bestimmten Jahr wahrzunehmen gedenken. Zudem ist eine prognostische Kostenkalkulation naturgemäß mit zahlreichen Unsicherheiten behaftet. Soweit sich die Unsicherheitsfaktoren in die eine oder andere Richtung verwirklichen, ist dies nicht mit einer Fehlerhaftigkeit der Kalkulation als solche gleich zu setzen. Vielmehr ist eine prognosegestützte Kostenkalkulation schon dann fehlerfrei, wenn sie aus damaliger Sicht in Ordnung gewesen ist (VG Magdeburg, Urt. v. 02.02.2012, a.a.O., RdNr. 36; OVG BBg, Beschl. v. 17.03.2009 – OVG 9 S 64.08 –, juris, RdNr. 13).

49

Der Senat ist in seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. Beschl. v. 17.01.2008 – 2 L 50/07, unter Bezugnahme auf OVG NW, Urt. v. 15.09.2004 – 20 A 3166/02 –, juris) davon ausgegangen, dass die Bestimmung des Beitragssatzes nicht zu beanstanden sei, wenn sie auf einem Haushaltsplan beruhe, dem eine tragfähige Prognose von Einnahmen und Ausgaben zugrunde liege. Dieser Ansatz wäre allerdings nur dann richtig, wenn der pagatorische Kostenbegriff, der allein die tatsächlichen Ausgaben umfasst, zugrunde zu legen wäre. Abgesehen davon, dass dieser Kostenbegriff in der Betriebswirtschaftslehre überwiegend als unzweckmäßig angesehen wird (vgl. OVG SH, Urt. v. 15.02.2006 – 2 LB 46/04 –, juris, RdNr. 62, unter Bezugnahme auf Wöhe, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 17. Aufl., S. 1218; Jacob, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 5. Aufl., S. 932), würde eine solche Auslegung dem in § 30 Abs. 1 WVG verwendeten Kostenbegriff nicht gerecht.

50

Der Senat geht nach Überprüfung seiner Rechtsprechung nunmehr davon aus, dass unter Kosten im Sinne von § 30 Abs. 1 WVG in Anlehnung an die in der Betriebswirtschaftslehre anerkannten Begriffe die wertmäßigen Kosten zu verstehen sind. Danach sind Kosten der bewertete Verbrauch von Gütern und Dienstleistungen für die Herstellung und den Absatz von betrieblichen Leistungen und die Aufrechterhaltung der dafür erforderlichen Kapazitäten. Zur Ermittlung der in eine Gebührenkalkulation einzustellenden Kosten ist dabei regelmäßig von betriebswirtschaftlichen Grundsätzen und dem sogenannten wertmäßige Kostenbegriff auszugehen (vgl. zur Luftsicherheitsgebühr: BVerwG, Urt. v. 10.12.2009 – BVerwG 3 C 29.08 –, BVerwGE 135, 352 [365], RdNr. 47). Die Kalkulation nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen unter Anwendung des wertmäßigen Kostenbegriffs ist bei der Kalkulation der Verbandsbeiträge deshalb geboten, weil die Beiträge jeweils für eine Periode, nämlich für ein Kalenderjahr erhoben werden und es bei einer Kalkulation nach den tatsächlichen Ausgaben (pagatorische Kosten) zu erheblichen Beitragssprüngen von einem Kalenderjahr zum anderen kommen kann, die im Falle der Umlegung der Beiträge auf die Eigentümer, Erbbauberechtigten oder Nutzer von Grundstücken, wie es § 106 WG LSA 2006 ermöglicht hat, zu ungleichen Belastungen bei einem Eigentums- oder Nutzerwechsel führen kann. Die möglichen Unterschiede bei den Ausgaben in den einzelnen Kalenderjahren können nur begrenzt durch die Bildung von Rücklagen ausgeglichen werden. Bei einer Beitragkalkulation ist eine Rücklagenbildung regelmäßig nur insoweit zulässig, als die dafür erhobenen Beiträge nicht der Vermögensbildung dienen (vgl. zum Kammerbeitrag: BVerwG, Urt. v. 26.06.1990 – BVerwG 3 C 45.87 –, NVwZ 1990, 1167 [1168], RdNr. 20 in juris). Daraus folgt, dass Rücklagen zeitnah für die Finanzierung der gesetzlichen Aufgaben eingesetzt werden müssen (vgl. OVG RP, Urt. v. 23.09.2014 – 6 A 11345/13 –, DVBl. 2015, 55, RdNr. 21 in juris).

51

Dem kann der Beigeladene nicht mit Erfolg entgegen halten, dass für die Verbände gemäß § 65 WVG und § 2 Abs. 1 WVG AG LSA haushaltsrechtliche Vorschriften gelten, die sie verpflichten, einen Haushaltsplan aufzustellen. Für die Frage, welcher Kostenbegriff bei der Kalkulation des Beitrags zugrunde zu legen ist, gibt der notwendige Inhalt eines Haushaltsplans nichts her. Auch die Gemeinden, die bei der Kalkulation von Benutzungsgebühren die Kosten einer Einrichtung gemäß § 5 Abs. 2 KAG LSA nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen zu ermitteln und insoweit vom wertmäßigen Kostenbegriff auszugehen haben, sind gemäß §§ 92, 93 GO LSA verpflichtet, als Teil der Haushaltssatzung einen Haushaltsplan aufzustellen, der gemäß § 93 Abs. 1 Satz 2 GO LSA alle im Haushaltsjahr für die Erfüllung der Aufgaben der Gemeinde voraussichtlich anfallenden Erträge und eingehenden Einzahlungen, entstehenden Aufwendungen und zu leistenden Auszahlungen und notwendigen Verpflichtungsermächtigungen enthält.

52

Da der Beigeladene bei seiner Beitragskalkulation nicht vom wertmäßigen Kostenbegriff ausgegangen und folgerichtig insbesondere die Kosten für die Anschaffung neuer Technik wertmäßig nicht auch auf die dem Jahr 2007 folgenden Beitragsjahre durch Abschreibungen von den Anschaffungswerten verteilt hat, hält schon deshalb die Beitragskalkulation einer rechtlichen Prüfung nicht stand.

53

3.2. Bedenken hat der Senat aber auch bezüglich einzelner weiterer Kostenpositionen.

54

3.2.1. Der Unterhaltungsverband darf in die Kalkulation seines Beitragssatzes keine Kosten einfließen lassen, die bei der Wahrnehmung nicht beitragsfinanzierter Aufgabenarten anfallen (OVG BBg, Beschl. v. 17.03.2009, a.a.O., RdNr. 12). Dies gilt hier unabhängig davon, dass die Regelung des § 105 Abs. 3 Satz 2 WG LSA 2006, wonach Kosten nur beitragsfähig sind, soweit sie ausschließlich der Gewässerunterhaltung dienen, erst durch das am 01.01.2010 in Kraft getretene Fünfte Gesetz zur Änderung des Wassergesetzes (GVBl. LSA, S. 637) in das WG LSA 2006 eingefügt wurde. Diese Regelung, mit der verhindert werden soll, dass über die Verbandsbeiträge artfremde Leistungen mit abgegolten werden, hat lediglich klarstellende Funktion (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs vom 10.06.2009, LT-Drs. 5/2021, S. 19). Dementsprechend muss der Verband alle anfallenden Kosten, insbesondere auch die Gemeinkosten, kalkulatorisch angemessen auf die unterschiedlich finanzierten Aufgabenarten verteilen. Aus Sicht der Beitragspflichtigen darf er dabei zumindest die Kosten nicht zu hoch ansetzen, die er dem beitragsfinanzierten Aufgabenanteil zuordnet. Dabei dürfte die kalkulatorische Zuordnung von Kostenanteilen zu den unterschiedlich finanzierten Aufgabenarten – jedenfalls in Teilbereichen – allein durch Schätzungen und Pauschalierungen möglich sein. Dies eröffnet dem Verband einen gewissen Spielraum (OVG BBg, Beschl. v. 17.03.2009, a.a.O., RdNr. 12).

55

Gemessen daran begegnet die vom Beigeladenen aufgestellte Kalkulation Bedenken, soweit es um die Gemeinkosten geht. Der Beigeladene hat in seiner Kalkulation sämtliche Kosten in Höhe von insgesamt 174.413,00 € angesetzt, die im Haushaltsplan 2007 vom 12.12.2006 für Personal- und Sachkosten vorgesehen waren. Gleiches gilt für die Lohnkosten für den Betriebshof in Höhe von 132.358,00 € und die Betriebskosten für den Bauhof in Höhe von 60.100,00 €. Da zu den vom Beigeladenen zu erfüllenden Aufgaben nach § 2 seiner Verbandssatzung nicht nur die Unterhaltung von Gewässern zweiter Ordnung gehört, sondern auch die Unterhaltung von Anlagen in und an Gewässern, der Ausbau einschließlich naturnahem Rückbau von Gewässern sowie die Herrichtung, Erhaltung und Pflege von Flächen, Anlagen und Gewässern zum Schutz des Naturhaushaltes und des Bodens für die Landschaftspflege, hätte der Beigeladene insbesondere auch die Verwaltungskosten kalkulatorisch angemessen auf die unterschiedlich finanzierten Aufgabenarten verteilen müssen, es sei denn, dass – wie der Beigeladene in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat – er im Jahr 2007 tatsächlich nur auf dem Gebiet der Gewässerunterhaltung tätig war.

56

3.2.2. Bedenken begegnet die Kalkulation auch insoweit, als darin keine Mehrkosten im Sinne von § 114 Abs. 1 WG LSA 2006 abgesetzt wurden.

57

Nach dieser Vorschrift gilt: Erhöhen sich die Kosten der Unterhaltung, weil ein Grundstück in seinem Bestand besonders gesichert werden muss oder weil eine Anlage im oder am Gewässer sie erschwert, so hat der Eigentümer des Grundstücks oder der Anlage die Mehrkosten zu ersetzen. Dazu ist auch verpflichtet, wer die Unterhaltung durch Einleiten oder Einbringen von Stoffen erschwert. Der Unterhaltungspflichtige kann statt der tatsächlichen Mehrkosten jährliche Leistungen entsprechend den durchschnittlichen Mehrkosten, die durch Erschwernisse gleicher Art verursacht werden, verlangen. Eine annähernde Ermittlung der Mehrkosten genügt. Da die gesetzliche Regelung mithin eine Pflicht statuiert, diese Kosten vom Eigentümer des Grundstücks zu verlangen, welches die Mehrkosten verursacht, durften sie nicht in die Beitragskalkulation einfließen.

58

Nach dem Haushaltsplan des Beigeladenen waren im Jahr 2007 zwar – wie bereits in den Vorjahren 2005 und 2006 – keine Ausgaben vorgesehen, die die in § 114 Abs. 1 WG LSA 2006 aufgeführten Tatbestände betreffen. Dies dürfte aber nicht nachvollziehbar zu begründen sein.

59

Es kann zwar – anders als das Verwaltungsgericht in seiner (früheren) Rechtsprechung (Urt. v. 28.10.2010 – 9 A 205/07 –; Urt. v 02.02.2012, a.a.O., RdNr. 39 ff.) angenommen hat, nicht davon ausgegangen werden, dass bei einem Verband regelmäßig solche Mehrkosten in Höhe von 5 bis 10% des Gesamtaufwands anfallen. Allein der Umstand, dass in der Begründung zum Gesetzentwurf zum Fünften Änderungsgesetz zum WG LSA (LT-Drs. 5/2021, S. 20) von Mehrkosten nach § 114 WG LSA in einem geschätzten Umfang von 10 % der Kosten der Gewässerunterhaltung ausgegangen wurde, rechtfertigt eine solche Annahme nicht. Auch der Entscheidung des OVG NW (Urt. v. 09.12.2010 – 20 A 682/09 –, juris) lassen sich keine tragfähigen Gründe entnehmen, die ein Absetzen eines pauschalen Kostenanteil in dieser Höhe rechtfertigen würde. Diese Entscheidung betraf sog. „Erschwererbeiträge“, die satzungsrechtlich festgesetzt wurden. Darin hat das OVG NW gerade keinen bestimmten Anteil an den Gesamtkosten als zulässig benannt; es hat vielmehr grundsätzlich eine Ermittlung des von den Erschwerern verursachten oder diesen zurechenbaren Aufwands- oder Ausgabenanteils gefordert und für den Fall, dass sich das tatsächliche Ausmaß der Erschwerung hinsichtlich des Gesamtaufwands nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand feststellen lässt, es der Gemeinde angesichts seines weiten Gestaltungsspielraums freigestellt, beispielsweise auf der Grundlage repräsentativer Stichproben und/oder hinsichtlich einzelner Unterhaltungsleistungen weiter aufgeschlüsselter Unternehmerangebote Pauschalierungen vorzunehmen und/oder Schätzungen anzustellen.

60

Es erscheint aber zweifelhaft, ob im Beitragjahr 2007 – wie der Beigeladene geltend gemacht hat – tatsächlich keine Mehrkosten im Sinne von § 114 Abs. 1 WG LSA 2006 in „nennenswerter Höhe“ entstanden.

61

Mehrkosten im Sinne von § 114 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt WG LSA 2006 entstehen dann, wenn Anlagen am Gewässer die Unterhaltung erschweren. Zu den Anlagen am Gewässer zählen u. a. Brücken, Überwege, Leitungen, Zäune, Gebäude, Stege sowie Entnahme- und Einleitungsbauwerke. Diese Anlagen können den Zugang zum Gewässer erschweren oder verhindern und dadurch die kostengünstige maschinelle Mahd unmöglich machen, so dass die Unterhaltungsarbeiten durch teurere und zeitaufwendigere Handarbeiten („Handkrautung“) erledigt werden müssen (vgl. VG Halle, Urt. v. 28.01.2014, a.a.O, RdNr. 44). Es erscheint nicht realistisch, dass im gesamten Verbandsgebiet keine solchen erschwerten Arbeiten an Anlagen an Gewässern erforderlich waren. Der Beigeladene hat jedoch sämtliche in den Haushaltsplan 2007 aufgenommene „Unternehmerleistungen Krautung“ in Höhe von 230.000,00 € in der Beitragskalkulation angesetzt.

62

4. Zweifelhaft ist schließlich auch, ob die Grundstücke des Klägers in vollem Umfang der Beitragspflicht unterlagen. Gemäß § 105 Abs. 2 Satz 7 WG LSA 2006 sind Flächen, die nicht zum Niederschlagsgebiet eines Gewässers zweiter Ordnung gehören, beitragsfrei.

63

Der Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft Sachsen-Anhalt – Geschäftsbereich Gewässerkundlicher Landesdienst – hat zwar in seiner Stellungnahme vom 03.05.2012 (Bl. 40 ff. GA) ausgeführt, dass sich sämtliche dem Kläger gehörenden Flurstücke vollständig im Einzugsbereich von Gewässern zweiter Ordnung befinden. Die Stellungnahme des Landesamtes für Geologie und Bergwesen Sachsen-Anhalt Dezernat 26 Hydro- und Umweltgeologie – vom 04.10.2012 (Bl. 104 f. GA), in der die örtlichen geologischen Verhältnisse berücksichtigt werden, stellt diese Bewertung allerdings in Frage. Darin wird u. a. ausgeführt, dass Niederschlagswasser überwiegend unmittelbar versickern werde und das Sickerwasser, soweit es nicht in der durchwurzelten Bodenzone durch die Vegetation aufgenommen und verdunstet werde, dem Grundwasser zusickere. Das neu gebildete Grundwasser fließe in Richtung des Grundwassergefälles einem Fließgewässer zu, im Fall der Grundstücke des Klägers anteilig den nördlichen bzw. südlichen Fließgewässern und damit auch dem Elbe-Havel-Kanal, der gemäß § 69 Abs. 1 Nr. 1 WG LSA 2006 i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 10 der Anlage 1 WaStrG ein Gewässer erster Ordnung ist.

64

III. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO

65

IV. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 Sätze 1 und 2, 711 ZPO.

66

V. Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.


Schulden mehrere eine Leistung in der Weise, dass jeder die ganze Leistung zu bewirken verpflichtet, der Gläubiger aber die Leistung nur einmal zu fordern berechtigt ist (Gesamtschuldner), so kann der Gläubiger die Leistung nach seinem Belieben von jedem der Schuldner ganz oder zu einem Teil fordern. Bis zur Bewirkung der ganzen Leistung bleiben sämtliche Schuldner verpflichtet.

Gründe

1

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

2

Die allein geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht. Dieser Berufungszulassungsgrund ist dann erfüllt, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt worden sind (BVerfG, Beschl. v. 11.09.2009 – 1 BvR 814/09 –, NJW 2009, 3642). Dies ist vorliegend nicht der Fall.

3

Das Verwaltungsgericht hat angenommen, der angefochtene Bescheid über die Erhebung von Umlagen für Gewässerunterhaltungsbeiträge der Unterhaltungsverbände „T.“ und „U.“ für das Kalenderjahr 2010 sei rechtswidrig, weil es an einer wirksamen Umlagesatzung für diesen Erhebungszeitraum fehle. Die Regelungen in den §§ 3 Abs. 1 der beiden Umlagesatzungen der Beklagten jeweils vom 13.07.2010 seien unwirksam, weil sie als Schuldner denjenigen bestimmten, der im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Umlagebescheides Eigentümer der betroffenen Grundstücke sei. Die Anknüpfung an diesen Zeitpunkt werde nach der Rechtsprechung des Senat dem Zweck des § 106 Abs. 1 WG LSA a.F., dass der Nutznießer des Grundstücks die Unterhaltungslast zu tragen habe, nicht gerecht.

4

Dem hält die Beklagte in der Begründung ihres Zulassungsantrags vom 27.11.2012 entgegen, sie habe am 14.11.2012 Änderungssatzungen beschlossen und in ihrem Amtsblatt vom 21.11.2012 bekannt gemacht. Die jeweilige Änderung, die rückwirkend zum 01.01.2010 in Kraft getreten sei, bestimme nunmehr denjenigen als Umlageschuldner, der während des Erhebungszeitraums Grundstückseigentümer sei. Damit vermag die Beklagte die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung nicht in Zweifel zu ziehen.

5

Zwar hat das Oberverwaltungsgericht bei der Beurteilung des Zulassungsgrundes des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO auch solche nach materiellem Recht entscheidungserhebliche und von dem Antragsteller innerhalb der Antragsfrist vorgetragene Rechtsänderungen zu berücksichtigen, die erst nach Erlass der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung bis zur Entscheidung über den Zulassungsantrag eingetreten sind (BVerwG, Beschl. v. 15.12.2003 – 7 AV 2.02 –, NVwZ 2004, 744). Auch hält sich die Regelung im jeweiligen § 3 Abs. 1 der Umlagesatzungen in der geänderten Fassung vom 14.11.2012 an die Vorgaben des § 106 Abs. 1 des Wassergesetzes für das Land Sachsen-Anhalt in der im Erhebungszeitraum geltenden Fassung vom 12.04.2006 (GVBl. S. 248) – WG LSA 2006. Danach kann die Gemeinde, soweit sie sich nicht für eine andere Art der Finanzierung entscheidet, die Verbandsbeiträge für Grundstücke, die nicht im Eigentum der Gemeinde stehen, vorrangig auf die Eigentümer, Erbbauberechtigten oder ersatzweise auf die Nutzer der im Gemeindegebiet gelegenen, zum Verbandsgebiet gehörenden Grundstücke umlegen.

6

Die von der Beklagten vorgenommenen Satzungsänderungen führen indes nicht zur Heilung der vom Verwaltungsgericht angenommenen Unwirksamkeit der Satzungen.

7

1. Es ist bereits zweifelhaft, ob der jeweilige § 3 Abs. 1 der Umlagesatzungen nunmehr eine wirksame Bestimmung des Umlageschuldners enthält.

8

Da nach § 106 Abs. 2 WG LSA 2006 die Umlagen nach Abs. 1 „wie Kommunalabgaben“ erhoben werden, gelten für ihre Erhebung die Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes des Landes Sachsen-Anhalt (KAG LSA) entsprechend. § 2 Abs. 1 KAG LSA schreibt vor, dass kommunale Abgaben nur auf Grund einer Satzung erhoben werden dürfen, wobei die Satzung u. a. den Kreis der Abgabenschuldner bestimmen muss. Im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben muss deshalb nicht nur geregelt werden, wer potenziell als Abgabenschuldner in Betracht kommen kann, sondern auch, wer im Einzelfall die Abgabe persönlich schuldet. Dabei fordert der Grundsatz der Bestimmtheit, dass der Normadressat ohne spezielle Rechtskenntnisse oder sonstige Kenntnisse allein aus der Satzung heraus erkennen kann, unter welchen Voraussetzungen er abgabenpflichtig sein soll. Soweit mehrere Personenkreise als Abgabenschuldner in Betracht kommen, steht dem Satzungsgeber ein Auswahlermessen zu, wobei er die im Gesetz enthaltenen Grundentscheidungen zu beachten hat. Hat der Gesetzgeber dem Satzungsgeber ein Wahlrecht eingeräumt, hat er dieses auch auszuüben. In § 106 Abs. 1 Satz 1 WG LSA 2006 hat der Gesetzgeber den beitragspflichtigen Gemeinden Vorgaben gemacht, wen sie als Umlageschuldner heranziehen können. Dies sind – vorrangig – die Eigentümer und Erbbauberechtigten und – ersatzweise – die Nutzer der im Gemeindegebiet gelegenen, zum Verbandsgebiet gehörenden und der Grundsteuerpflicht unterliegenden Flächen. Die Gemeinde hat die Wahl zwischen diesen Personen (vgl. zum Ganzen: Beschl. d. Senats v. 04.07.2011 – 2 L 46/10 –, juris, RdNr. 6).

9

Die Regelung im jeweiligen § 3 Abs. 1 der Umlagesatzungen, dass „vorrangig“ der Grundstückseigentümer Schuldner der Umlage ist, lässt indes offen, in welchen Fällen der „Vorrang“ des Grundstückseigentümers entfallen und stattdessen der Grundstücksnutzer herangezogen werden soll.

10

2. Selbst wenn § 3 Abs. 1 der geänderten Satzungen den Bestimmtheitsanforderungen entsprechen sollte, läge keine wirksame Umlagesatzung vor. Denn die fehlerhafte Bestimmung des Umlageschuldners in den Satzungen der Beklagten vom 13.07.2010 führte zur Gesamtnichtigkeit der Satzungen mit der Folge, dass eine bloße Änderung der unwirksamen Satzungsregelungen den Mangel nicht heilen konnte.

11

Ob ein einer Satzung anhaftender Rechtsmangel zur Gesamtnichtigkeit der Satzung oder nur zu ihrer Teilnichtigkeit führt, hängt u. a. davon ab, ob die Beschränkung der Nichtigkeit auf einen bestimmten Teil der Satzung eine mit höherrangigem Recht vereinbare sinnvolle (Rest-)Regelung des Lebenssachverhalts belässt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 28.08.2008 – 9 B 40.08 –, NVwZ 2009, 255 [257], RdNr. 13). An dieser Voraussetzung fehlt es hier, weil die Regelung über den Umlageschuldner nicht von dem übrigen Inhalt der jeweiligen Satzung abgetrennt werden kann (vgl. zum Beitrag: VGH BW, Beschl. v. 06.11.2008 – 2 S 669/07 –, juris, RdNr. 51). Handelt es sich aber um einen Mangel, der von vornherein die gesamte Satzung erfasst, können bloße Änderungen einzelner Vorschriften weder eine Heilung der geänderten noch ein „Wiederaufleben" der nicht geänderten Satzungsteile bewirken; vielmehr bedarf es in diesem Fall einer erneuten Beschlussfassung des Gemeinderates über die gesamte Satzung und einer entsprechenden Veröffentlichung dieser gesamten Satzung (OVG LSA, Beschl. v. 18.01.2011 – 4 L 24/10 –, juris RdNr. 8, m.w.N.).

12

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

13

III. Die Streitwertentscheidung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 3 GKG in der im Zeitpunkt der Rechtsmitteleinlegung (§ 71 Abs. 1 GKG) am 29.10.2012 maßgeblichen, bis zum 31.07.2013 geltenden Fassung vom 05.05.2004 (BGBl. I S. 718). Danach ist, wenn der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt betrifft, deren Höhe maßgebend. Dem entspricht die Empfehlung in Nr. 3.1 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom Juli 2004 (NVwZ 1327 [1328]). Danach ist in Streitigkeiten um Abgaben der Betrag der streitigen Abgabe als Streitwert anzunehmen. Dies ist hier die Summe der in den angefochtenen Bescheiden für das Jahr 2010 festgesetzten Umlagebeträge von insgesamt 6.391,82 €.

14

Soweit wiederkehrende Leistungen betroffen sind, ist zwar nach der oben genannten Empfehlung des Streitwertkataloges als Streitwert der 3,5-fache Jahresbetrag anzusetzen, allerdings nur, sofern nicht die voraussichtliche Belastungsdauer geringer ist. Die von einer Gemeinde aufgrund einer Satzung geforderten jährlichen Umlagen von Wasserverbandsbeiträgen sind zwar in der Regel Leistungen wiederkehrender Art (vgl. BVerwG, Beschl. v. 13.04.1984 – 4 B 2.84 –, NVwZ 1984, 790). Jedoch ist die voraussichtliche Belastungsdauer hier geringer als 3 ½ Jahre. Da die Umlagebescheide den Zeitraum vom 01.01.2010 bis 31.12.2010 betreffen, beträgt sie nur ein Jahr. Dem steht nicht entgegen, dass sich die Bescheide auch für Folgejahre bis zur Bekanntgabe eines neuen Bescheides Gültigkeit beimessen. Abzustellen ist auf die voraussichtliche tatsächliche Belastungsdauer, wie sie sich aus der Verwaltungspraxis der Beklagten ergibt. Hierzu hat sie im Beschwerdeverfahren gegen die erstinstanzliche Streitwertfestsetzung unbestritten vorgetragen, dass sie für die einzelnen Kalenderjahre regelmäßig gesonderte Umlagebescheide erlasse. Die Klägerin hat selbst vorgetragen, dass sie auch den Folgebescheid angefochten habe. Dies zugrunde gelegt, würde die Festsetzung des 3,5-fachen Jahresbetrages für jedes einzelne Jahr nicht die tatsächliche Belastung der Klägerin widerspiegeln.


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.