Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen die Rücknahme ihrer Anerkennung als ehemaliger politischer Häftling.
Die im November 1949 in .../Kreis ... geborene Klägerin lebte bis zu ihrer Ausreise im Juli 1989 in der damaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR). Dort war sie mit Urteil des Kreisgerichts Neustrelitz vom 16.12.1985 wegen Vorbereitung zum ungesetzlichen Grenzübertritt sowie wegen Verstoßes gegen das Zoll- und Kulturgüterschutzgesetz der DDR zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt worden. Nach einer Zeit der Untersuchungshaft vom 30.06.1985 bis zum 08.01.1986 befand sie sich bis zum 16.06.1986 in der Strafvollzugsanstalt in Prenzlau und anschließend bis zu ihrer durch einen Freikauf ermöglichten Übersiedlung in die Bundesrepublik am 09.07.1986 in der Abschiebehaftanstalt im damaligen Karl-Marx-Stadt.
Am 05.08.1986 stellte die Klägerin bei der Stadt ... einen Antrag auf Anerkennung als ehemaliger politischer Häftling. Der Antrag enthielt unter Ziffer II. 2. die Frage: „Können Sie Personen namhaft machen, die bezeugen können, dass Sie weder im Gewahrsamsgebiet dem dort herrschenden politischen System erheblich Vorschub geleistet, noch dass Sie durch Ihr Verhalten gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit oder Menschlichkeit verstoßen haben?“. Zudem war dem Antrag ein Vordruck zu einer Erklärung beigefügt, in welchem unter Bezeichnung der gesetzlichen Regelung des § 2 Abs. 1 des Häftlingshilfegesetzes u.a. darauf hingewiesen wird, dass „von dem Anspruch auf Leistungen nach dem Häftlingshilfegesetz ausgeschlossen ist, wer in den Gewahrsamsgebieten dem dort herrschenden politischen System erheblich Vorschub geleistet hat (oder) in den Gewahrsamsgebieten durch sein Verhalten gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit oder Menschlichkeit verstoßen hat.“ Die erstgenannte Frage blieb - unter Versicherung der Vollständigkeit der gemachten Angaben - unbeantwortet. Die Erklärung wurde unter Versicherung, dass die Klägerin „von den Ausschließungsgründen des § 2 HHG nicht betroffen“ werde, von dieser unterzeichnet.
Mit Bescheid der Stadt ... vom 01.11.1986 wurde der Klägerin für ihre Haftzeit nach § 10 Abs. 4 HHG bescheinigt, dass die Voraussetzungen einer aus politischen Gründen erfolgten Gewahrsamnahme vorliegen und Ausschließungsgründe nach § 2 HHG nicht gegeben sind. Auf der Grundlage dieser Bescheinigung wurde der Klägerin unter dem 25.11.1986 eine Eingliederungshilfe in Höhe von 420,00 DM gewährt, die durch das Landratsamt ... unter dem 12.03.1987 um 700,- DM erhöht wurde. Eine weitere Erhöhung der Eingliederungshilfe auf der Grundlage des Zweiten Gesetzes zur Verbesserung rehabilitierungsrechtlicher Vorschriften unterblieb, nachdem der Aufenthalt der Klägerin nicht mehr ermittelt werden konnte.
Mit Schreiben vom 29.09.2010 regte das Berliner Landesamt für Gesundheit und Soziales bei der Beklagten die Rücknahme der Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG an. Zur Begründung verwies es auf vom Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR (BStU) übersandte Unterlagen, aus denen sich Hinweise auf mögliche Ausschließungsgründe nach § 2 HHG ergäben. Diese Unterlagen umfassten 5 Berichte über Treffen der im Rahmen des Operativen Vorgangs „Atelier“ als IMV (inoffizieller Mitarbeiter mit vertraulichen Beziehungen zur bearbeiteten Person) unter dem Decknamen „...“ eingesetzten Klägerin mit Offizieren des Staatssicherheitsdienstes in der Zeit von Oktober 1974 bis Januar 1976, zwei auf diesen Zeitraum bezogene Informationen der Klägerin und verschiedene Karteieinträge zur Zusammenarbeit der Klägerin mit dem MfS. Hinzu kamen verschiedene Berichte und Verfügungen, die im Zusammenhang mit dem Operativen Vorgang „Atelier“ durch Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit angefertigt worden waren.
Mit Bescheid vom 18.10.2010 erklärte die Beklagte die der Klägerin nach § 10 Abs. 4 HHG erteilte Bescheinigung vom 07.11.1986 für ungültig und nahm diese rückwirkend zum Zeitpunkt der Erteilung zurück. Zudem wurde der Klägerin eine Frist von zwei Wochen gesetzt, innerhalb derer sie die Bescheinigung an das Sozial- und Jugendamt der Stadt ... zurückzugeben habe. Zur Begründung wurde ausgeführt: Aus den vorliegenden Unterlagen des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik ergebe sich, dass die Klägerin ab 1974 über mehrere Jahre hinweg als inoffizielle Mitarbeiterin des Ministeriums für Staatssicherheit tätig gewesen sei und als solche über ihre Spitzeltätigkeit dem politischen System der DDR erheblichen Vorschub geleistet habe. Sie habe sich als freischaffende Künstlerin den großen Bekanntenkreis auf dolose Weise zunutze gemacht, um oppositionelle Personen und Gruppen zu bespitzeln und den Organen der Staatssicherheit vertrauliche Informationen über deren Identität und ideologische Anschauungen sowie ihre vermeintlich staatsfeindlichen Aktivitäten zu liefern. So habe sie beispielsweise ihr Atelier in Berlin, in welchem eine Abhörtechnik installiert gewesen sei, in böswilliger Absicht einem oppositionellen Personenkreis für gemeinsame Treffen zur Verfügung gestellt. Dabei sei dem Schlussbericht der ehemaligen Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Berlin vom November 1977 zu entnehmen, dass der Einsatz der Klägerin als inoffizielle Mitarbeiterin des MfS wesentlich dazu beigetragen habe, dass bei mehreren Mitgliedern der oppositionellen Personengruppe „Atelier“ Wohnungsdurchsuchungen vorgenommen und strafrechtliche Maßnahmen eingeleitet worden seien. Letztlich sei die als staatsfeindlich eingestufte Gruppe aufgelöst worden. Insgesamt habe die Klägerin über viele Jahre hinweg Informationen über eine Vielzahl von Personen geliefert, die u.a. als Künstler für besonders überwachungsbedürftig gehalten worden seien. Sie habe bewusst und mit einer gewissen Stetigkeit Handlungen vorgenommen, die in nicht unerheblicher Weise den Herrschaftsanspruch der früheren SED und das von ihr getragene System gefestigt und ausgedehnt oder den Widerstand gegen dieses unterdrückt hätten. Damit sei der Ausschlussgrund des erheblichen Vorschubleistens gegenüber dem im Gewahrsamsgebiet herrschenden politischen System erfüllt. Ein Vertrauensschutz sei der Klägerin nicht einzuräumen, da sie bei der Beantragung der Bescheinigung ihrer Eigenschaft als ehemaliger politischer Häftling wissentlich falsche Angaben gemacht habe.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 12.11.2010 Widerspruch ein, den sie über ihren Bevollmächtigten dahin begründen ließ, dass man zwar nicht die Informantentätigkeit zugunsten des Ministeriums für Staatssicherheit als solche in Abrede stelle, dass diese Tätigkeit jedoch keinen Umfang gehabt habe, der die Annahme rechtfertige, die Klägerin habe dem politischen System der DDR erheblich Vorschub geleistet. Auch der weitere Ausschlussgrund eines Verstoßes gegen Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit oder Menschlichkeit, zu dem sich der Bescheid nicht verhalte, sei nicht erfüllt. Aufgrund des lange zurückliegenden Zeitraums könne sich die Klägerin nicht mehr an alle in den Stasi-Unterlagen aufgeführten Einzelheiten erinnern und müsse diese deshalb in ihrer inhaltlichen Richtigkeit bestreiten. Soweit die Behörde in der Rücknahmeentscheidung einzelne Umstände der Zusammenarbeit mit dem Staatssicherheitsdienst konkret benenne, sei es falsch, wenn ihr dort unterstellt werde, sie habe ihr Atelier in böswilliger Absicht in dem Wissen zur Verfügung gestellt, dass dort eine Abhöranlage installiert gewesen sei. Vielmehr habe die Klägerin erst durch ihre Einsicht in die Unterlagen im Rahmen dieses Verfahrens von der Abhörtechnik in ihren Räumen erfahren. Etwas anderes sei weder den Akten zu entnehmen noch aus der allgemeinen Praxis des Staatssicherheitsdienstes abzuleiten. Weiter habe die Beklagte nicht hinreichend berücksichtigt, dass sich eine Vielzahl der in den MfS-Unterlagen dokumentierten Maßnahmen auf Planungen des Ministeriums für Staatssicherheit bezögen, die der Klägerin deshalb nicht als feststehende Taten vorgeworfen werden könnten. Auch seien die Berichte der Klägerin häufig auf öffentliche Veranstaltungen bezogen gewesen, sodass der Weitergabe der dort geäußerten Meinungen und Beiträge kein hinreichendes Gewicht beigemessen werden könne. Es sei zwar richtig, dass sie ihr Atelier einer Gruppe von Personen zur Verfügung gestellt habe und dass sie dem Ministerium für Staatssicherheit habe Informationen zukommen lassen. Sie selbst habe jedoch nicht zum Kern der Gruppe gehört und auch von den Aktivitäten, die die Staatssicherheit bei dieser Gruppe vermutet habe, nichts gewusst. Es sei unzulässig, aus den Einschätzungen der Staatssicherheit zu der Gruppe, wie sie sich etwa in dem Schlussbericht zu dem Operativen Vorgang „Atelier“ fänden, zu schließen, dass diese alle auf der Informationstätigkeit der Klägerin beruht hätten. Der pauschale Hinweis in dem Schlussbericht, die Klägerin habe „wesentlich dazu beigetragen,“ dass bei Mitgliedern der Gruppe Wohnungsdurchsuchungen vorgenommen und gegen diese strafrechtliche Maßnahmen eingeleitet worden seien, reiche für die Prüfung des Verantwortungsteils der Klägerin nicht aus. Jedenfalls sei keine einzige konkrete Aktivität vermerkt, die die Weitergabe von nachhaltigen Informationen durch die Klägerin betreffe. Letztlich habe die Klägerin - wie auch andere Informanten - an die Staatssicherheitsdienste nur übermittelt, dass sich die Gruppe im Atelier treffe; dass diese Gruppe eine „politisch-negative Einstellung“ gehabt habe und sich „konspirativer Organisationsformen“ bedient habe, sei der Klägerin unbekannt gewesen, so dass sie insoweit auch nichts habe berichten können. Tatsächlich belastendes Material habe die Klägerin nicht übermittelt. Auch wenn die Tätigkeit der Klägerin für das Ministerium für Staatssicherheit nicht kleingeredet werden solle, so sei es insgesamt unverhältnismäßig, wenn ihr diese nun als Ausschlussgrund für die Anerkennung ihrer später tatsächlich erlittenen politischen Verfolgung entgegen gehalten werde. Insofern sei auch im Häftlingshilferecht der Grundsatz zu den Ausschlussgründen des § 16 Abs. 2 des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes anzuerkennen, dass die Intensität der Zusammenarbeit des Antragstellers mit den Verfolgern im Hinblick auf die Gefahrenlage des Bespitzelten in einem solchen Maße verwerflich gewesen sein müsse, dass sie die durch die rechtsstaatswidrige Haft erlittenen eigenen Schäden des Antragstellers eindeutig überwiege. Da eine solche Abwägung unterblieben sei, sei der Rücknahmebescheid ermessensfehlerhaft. Gleiches gelte, weil unberücksichtigt geblieben sei, dass die Tätigkeiten bereits über 35 Jahre und damit für einen Zeitraum zurücklägen, nach dessen Ablauf selbst Verurteilungen wegen schwerster Straftaten im Bundeszentralregister zu tilgen seien. Schließlich habe die Klägerin die Bescheinigung zur Anerkennung ihrer Zeiten als politischer Häftling nicht durch falsche Angaben erwirkt. Vielmehr sei sie aufgrund der abstrakten Formulierung der Erklärung bei ihrer Bestätigung, dass bei ihr Ausschlussgründe nicht gegeben seien, davon ausgegangen, dass ihre in der Vergangenheit liegende Tätigkeit für das Ministeriums für Staatssicherheit diesen Tatbestand nicht erfülle. Diese Einschätzung werde auch heute noch von ihr so geteilt. Zu einer - wie auch immer ausgestalteten - Zusammenarbeit mit dem Staatssicherheitsdienst sei sie nicht befragt worden.
Im Widerspruchsverfahren legte der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik die dort archivierten Unterlagen mit Bezug zur Klägerin vollständig vor. Zudem nahm er mit Schreiben vom 15.12.2011 zu verschiedenen Fragen der Widerspruchsbehörde Stellung, indem er im Wesentlichen ausführte: Archiviert seien Berichte über 28 Treffen der Klägerin mit Mitarbeitern der MfS-Hauptabteilung ... in der Zeit von 1974 bis November 1976. Der Personalteil der IM-Akte der Klägerin sei mit hoher Wahrscheinlichkeit bei Auflösung des MfS vernichtet worden. Aus diesem Grund seien keine näheren Angaben dazu möglich, welche Motivation der Verpflichtung der Klägerin zugrunde gelegen habe und ob hierbei Druck ausgeübt worden sei. Erkennbar sei allein, dass die Klägerin von ihrem damaligen Lebensgefährten und späteren Ehemann an das MfS herangeführt worden sei. Auch habe das MfS die Klägerin in ihrem Wunsch unterstützt, freischaffende Künstlerin zu werden. Man habe keine Hinweise darauf gefunden, dass die Klägerin von dem Anbringen der Abhörtechnik in ihrem Atelier gewusst habe. Allerdings habe sie beim Treff am 22.3.1976 den Schlüsselbund zum Atelier zurückerhalten, sodass sie dem MfS zuvor bewusst Zugang zum Atelier verschafft haben müsse. Zeitnah hierzu, am 23. und 28.4.1976, sei die bereits im März 1975 begonnene und im März 1976 stillgelegte Abhörmaßnahme mittels Mikrofon wieder aufgenommen worden. Insgesamt habe der Operative Vorgang „Atelier“ ebenso wie ein weiterer Vorgang „Monolith“, in dessen Rahmen die Klägerin tätig gewesen sei, dazu gedient, eine Reihe von teilweise prominenten Oppositionellen und Künstlern, die im „politischen Untergrund“ tätig gewesen seien, zu „bearbeiten“. Entsprechend dem Abschlussbericht seien gegen drei dieser Personen Ermittlungs- und Strafverfahren eingeleitet worden. Es könne nicht gesagt werden, in welchem Maße die von der Klägerin übermittelten Informationen hierbei relevant geworden seien. Klar sei aber, dass der Klägerin eine gute Einsatzbereitschaft attestiert worden und der Führungsoffizier mit ihrer Arbeit zufrieden gewesen sei. So habe die Klägerin etwa eine Abschrift eines Notizbuches eines guten Bekannten für das MfS gefertigt. Auch sei sie - nach der Bezeichnung in den Vorgängen - „halbhauptamtlich“, d.h. ohne Vollarbeitsverhältnis, aber gegen regelmäßige Geldleistungen eingesetzt gewesen. Insgesamt habe sie 2.860 M erhalten. Auch sei sie in den Plan einer konspirativen Wohnungsdurchsuchung einbezogen gewesen, indem sie eine der dort wohnenden Personen habe zeitlich binden sollen.
Die zu diesen weiteren Unterlagen angehörte Klägerin ließ durch ihren Bevollmächtigten ergänzend vortragen, es seien nach wie vor nur wenige konkrete Vorgänge bezeichnet, die den ihr gemachten Vorwurf des erheblichen Vorschubleistens oder des Verstoßes gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit und Menschlichkeit tatsächlich belegten. Der Hinweis auf eine zeitweise Beteiligung der Klägerin an einem operativen Vorgang reiche insoweit für sich allein nicht aus. Jedenfalls könne man der Klägerin nicht einfach alle Folgen des gesamten Vorgangs zurechnen. Es werde ausdrücklich bestritten, dass alle in der Akte ersichtlichen Informationen des Staatssicherheitsdienstes zu dem betroffenen Personenkreis auf die Klägerin zurückgehen würden. Zugestanden würden allein die Informationen, die auf den eigenhändigen Schriftstücken der Klägerin beruhten. Auch sofern der Klägerin konkret vorgeworfen werde, die Abschrift eines Notizbuches angefertigt zu haben, reiche dies nicht aus, um einen Verstoß nach § 2 HHG zu begründen. Tatsächlich spreche der Treffbericht von einem „Kalender“, ohne jedoch den Umfang desselben zu bezeichnen. Vor allem aber sei der Inhalt des Übermittelten unbekannt, sodass nicht gesagt werden könne, ob hier persönliche, intime oder gar „staatsgefährdende“ Gedanken des Verfassers weitergetragen worden seien. An den Vorgang insgesamt habe die Klägerin keine Erinnerung, weshalb sie ihn vorsorglich bestreite. Den Vorwurf der Einbindung der Klägerin in eine konspirative Wohnungsdurchsuchung müsse die Klägerin ebenfalls bestreiten. Sie habe an einen derartigen Auftrag zur zeitlichen Bindung einer Bewohnerin keine Erinnerung. Da in der Akte auch nur ein Plan einer solchen Aktion enthalten sei, sei offen, ob dieser überhaupt realisiert worden sei. Der weiter angeführte Umstand, dass die Klägerin der bearbeiteten Personengruppe ihr Atelier als Räumlichkeit für Treffen zur Verfügung gestellt habe, könne ebenfalls nicht als Verstoß gegen die Rechtsstaatlichkeit oder Menschlichkeit oder gar als erhebliches Vorschubleisten im Sinne des § 2 HHG angesehen werden. Maßgeblich sei nicht, in welchen Räumlichkeiten Gespräche stattgefunden hätten, sondern welche Informationen an die Staatssicherheit übermittelt worden seien. Die Zusammenkunft in dem Atelier sei als solche nicht illegal gewesen; den Besuchern sei auch erkennbar gewesen, dass das Atelier aufgrund der Offenheit für eine größere Personengruppe weniger geschützt und intim sei, als etwa eine Privatwohnung. Von dem Einsatz der Abhörtechnik habe die Klägerin nichts gewusst; der Umstand einer Schlüsselrückgabe sei ihr nicht erinnerlich; insoweit werde die Richtigkeit der Unterlagen des MfS bestritten. Es sei richtig, dass die Klägerin gelegentlich Geldzahlungen des MfS erhalten habe, zu ihrer Gesamthöhe könne sie jedoch nichts mehr sagen. Insgesamt seien diese Zahlungen jedoch kein Verdienst im Sinne eines regelmäßig gezahlten „Agentenlohns“ gewesen, sondern überwiegend ein Aufwendungsersatz.
10 
Mit Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 26.06.2012 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die der Klägerin ausgestellte Bescheinigung zum Nachweis ihrer Eigenschaft als ehemaliger politischer Häftling sei objektiv rechtswidrig. Die Klägerin habe sowohl dem in der DDR herrschenden politischen System erheblich Vorschub geleistet als auch während dieser Herrschaft durch ihr Verhalten gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit oder Menschlichkeit verstoßen. Dabei sei hinsichtlich des Ausschlussgrundes des erheblichen Vorschubleistens auf die Feststellungen im Ausgangsbescheid der Beklagten sowie ergänzend auf das Schreiben des BStU vom 15.11.2011 zu verweisen, aus dem hervorgehe, dass die Klägerin ihre Tätigkeit im Zusammenhang mit der Aufnahme einer freischaffenden Tätigkeit begonnen habe, bei der sie von dem Ministerium für Staatssicherheit unterstützt worden sei. Die Klägerin bestätige selbst, dass sie einer Gruppe von Personen, die im Rahmen eines Operativen Vorgangs durch die Staatssicherheit umfassend überwacht, kontrolliert und beeinflusst worden war, ihr Atelier zur Verfügung gestellt und dass sie Informationen über diese Gruppe gesammelt und übermittelt habe. Auch bestätige sie, in diesem Zusammenhang Geldzahlungen erhalten zu haben. Neben dem erheblichen Vorschubleisten sei in ihrem Verhalten auch ein Verstoß gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit oder der Menschlichkeit zu sehen. Denn sie sei freiwillig und gezielt in die Privatsphäre anderer eingedrungen und habe über diese Personen unter Missbrauch des persönlichen Vertrauens Informationen gesammelt und unter Inkaufnahme einer Drittschädigung an die Staatssicherheit weitergegeben. Unerheblich sei insoweit, ob eine Drittschädigung tatsächlich konkret dargelegt werden könne oder nicht. Denn ein Informant des Staatssicherheitsdienstes habe immer damit rechnen müssen, dass auch für sich belanglose oder unverfängliche Informationen in Verknüpfung mit anderen Erkenntnissen und Informationen des Staatssicherheitsdienstes dazu beitragen, dass beachtliche Gefahrenlagen für die bespitzelten Personen geschaffen werden. Sei die Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG aufgrund der vorliegenden Ausschlussgründe nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 HHG rechtswidrig, sei nach Ermessen über die Rücknahme zu entscheiden. Im Rahmen dieser Entscheidung sei ein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin in den Bestand der Bescheinigung nicht gegeben, da sie die Ausstellung derselben durch falsche oder unvollständige Angaben erwirkt habe. Denn selbst wenn sie für sich davon ausgegangen sein sollte, dass ihre Zusammenarbeit mit dem Staatssicherheitsdienst der ehemaligen DDR nicht den Tatbestand der Ausschließungsgründe des § 2 Abs. 1 HHG erfülle, so habe sie jedoch erkennen müssen, dass diese Tatsache für die Behörde in diesem Zusammenhang jedenfalls relevant sei. Eine Abwägung zwischen dem eigenen Schicksal der Klägerin als politischer Häftling und der Schwere ihrer Verfehlungen im Zusammenhang mit der Zusammenarbeit mit der Staatssicherheit der DDR sei im Rahmen der Ermessensentscheidung nicht zu treffen. Vielmehr sei allein das Interesse der Klägerin an dem Fortbestand der über die Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG gewährten Leistungen des Staates an sie gegen das öffentliche Interesse abzuwägen, solche Leistungen nur denjenigen zukommen zu lassen, die nicht auch selbst zumindest indirekt durch ihr Verhalten dazu beigetragen hätten, dass andere zu Opfern politischer Verfolgung geworden seien oder hätten werden können.
11 
Der Widerspruchsbescheid wurde dem Bevollmächtigten der Klägerin am 28.06.2012 zugestellt.
12 
Am 26.07.2012 hat die Klägerin über ihren Bevollmächtigten Klage erhoben. Zur Begründung wiederholt sie ihren Vortrag aus dem Verwaltungsverfahren. Sie verweist erneut darauf, dass man ihr unreflektiert den gesamten Inhalt der Unterlagen des Ministeriums für Staatssicherheit vorhalte, ohne konkrete Verhaltensweisen darzulegen, aus denen der Vorwurf des erheblichen Vorschubleistens zugunsten des Herrschaftssystems der DDR oder des Verstoßes gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit oder der Menschlichkeit abzuleiten wäre. Insofern sei es ihr - über die im bisherigen Verfahren vorgetragenen Einwendungen zu einzelnen Vorwürfen wie dem Bereitstellen des Ateliers unter Kenntnis der dort installierten Abhörtechnik, der Weitergabe einer Abschrift eines Notizbuches, der zeitlichen Bindung einer Person zur Ermöglichung einer konspirativen Wohnungsdurchsuchung oder der Entgegennahme regelmäßiger Zahlungen für ihre Tätigkeit als Inoffizielle Mitarbeiterin der Staatssicherheit hinaus - nicht möglich, sich inhaltlich gegen die Vorwürfe zu wehren. Nach wie vor sei sie der Auffassung, dass die Annahme eines Ausschlussgrundes voraussetze, dass die ihr konkret vorgeworfenen Handlungen ihr eigenes später erlittenes Unrecht als politischer Häftling in ihrer Verwerflichkeit überwiegen müssten. Insofern bedürfe es einer Ermessensentscheidung der Behörde, die hier bereits deshalb rechtswidrig sei, weil die Beklagte - etwa bei der Annahme, sie habe von dem Einbau der Abhörtechnik gewusst - von einem falschen Sachverhalt ausgegangen sei. Neben dem langen Zeitraum, der seit ihrer Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit vergangen sei, müsse auch berücksichtigt werden, dass sie sich selbst dekonspiriert und damit die Zusammenarbeit mit der Staatssicherheit eingestellt habe. Hinsichtlich der fehlenden Offenbarung der Tätigkeit für die Staatssicherheit der ehemaligen DDR sei darauf hinzuweisen, dass sie zu einer solchen umso weniger Veranlassung gehabt habe, als der Ausschlussgrund des erheblichen Vorschubleistens zugunsten der Herrschaft in der ehemaligen DDR mit dem Merkmal der „Erheblichkeit“ auf außergewöhnliche Unterstützungstätigkeiten ziele, während sie letztlich eine von geschätzt zuletzt rund 174.000 Inoffiziellen Mitarbeitern des MfS gewesen sei.
13 
Die Klägerin beantragt,
14 
den Rücknahmebescheid der Stadt ... vom 18.10.2010 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 26.06.2012 aufzuheben.
15 
Die Beklagte beantragt,
16 
die Klage abzuweisen.
17 
Zur Begründung verweist sie auf die Gründe der angefochtenen Verfügung sowie des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Freiburg. Ergänzend führt sie aus, die Behauptung der Klägerin, sie habe den Sinn und die Reichweite ihrer mit der Beantragung der Häftlingshilfebescheinigung abgegebenen Erklärung zum fehlenden Betroffensein von Ausschlussgründen nach § 2 HHG nicht überschaut, sei angesichts des Umfangs ihrer Tätigkeit als Inoffizieller Mitarbeiterin des MfS wenig glaubhaft.
18 
Mit Beschluss vom 20.05.2014 hat die Kammer der Klägerin für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Prozesskostenhilfe bewilligt und ihr ihren Bevollmächtigten beigeordnet.
19 
Der Kammer liegen die Verwaltungsakten der Beklagten über die Häftlingshilfe der Klägerin sowie über ihre Anerkennung als Vertriebene (je ein Heft) sowie die Widerspruchsakte des Regierungspräsidiums Freiburg mit einem zusätzlichen Anlagenheft mit Kopien der Unterlagen des BStU zur Klägerin vor. Auf den Inhalt dieser Akten wird ergänzend ebenso verwiesen wie auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze in der Klageakte.

Entscheidungsgründe

 
20 
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet. Der Rücknahmebescheid der Stadt ... vom 18.10.2010 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums ... vom 26.06.2012 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
21 
1. Die mit Bescheid der Beklagten vom 18.10.2010 erklärte Rücknahme der der Klägerin nach § 10 Abs. 4 HHG erteilten Bescheinigung vom 07.11.1986 rückwirkend zum Zeitpunkt der Erteilung findet ihre Rechtsgrundlage in § 48 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für Baden-Württemberg - LVwVfG - (i.d.F. v. 12.04.2005, GBl. S. 350; zul. geänd. d. G. v. 17.12.2009, GBl. S. 809). Hiernach kann ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen werden, ein begünstigender Verwaltungsakt aber nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4. Nach § 48 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG darf ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, nicht zurückgenommen werden, wenn der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Auf Vertrauen kann sich nach Satz 3 jedoch nicht berufen, wer den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren (Nr. 2) oder wer die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (Nr. 3). Unter dieser Voraussetzung wird ein Verwaltungsakt, der eine Geldleistung betrifft oder hierfür Voraussetzung ist, in der Regel für die Vergangenheit zurückgenommen, § 48 Abs. 2 Satz 4 LVwVfG.
22 
a. Die Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass die der Klägerin nach § 10 Abs. 4 HHG erteilte Bescheinigung vom 07.11.1986 rechtswidrig ausgestellt worden war. Denn die Klägerin hat die zwingenden Ausschlussgründe für die Gewährung von Leistungen nach dem Häftlingshilfegesetz nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 HHG verwirklicht. Durch ihre Tätigkeit als Inoffizielle Mitarbeiterin des Ministeriums für Staatssicherheit hat sie in der ehemaligen DDR als einem in § 1 Abs. 1 Nr. 1 genannten Gewahrsamsgebiet dem dort herrschenden politischem System erheblich Vorschub geleistet (Nr. 1) und zudem dort durch ihr Verhalten gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit oder Menschlichkeit verstoßen (Nr. 2).
23 
aa. Den Ausschlussgrund des erheblichen Vorschubleistens erfüllt derjenige, der freiwillig ein Amt oder einen sonstigen Tätigkeitsbereich übernommen hat, deren wahrzunehmende Funktionen dazu bestimmt und geeignet waren, in nicht unerheblicher Weise den Herrschaftsanspruch der früheren SED und das von ihr getragene System zu festigen, auszudehnen oder den Widerstand gegen dieses System zu unterdrücken, sofern er die ihm übertragenen Aufgaben wahrgenommen, ihm gegebene Weisungen befolgt und damit dem System und seinen Zielen in der Tat nachhaltig gedient hat (BVerwG, Beschl. v. 12.02.1991 - 9 B 244/90 -, DÖV 1991, 508 m.w.N.). Dabei darf der Nutzen, den das Regime aus dem Verhalten gezogen hat, nicht nur ganz unbedeutend gewesen sein (BVerwG, Urt. v. 22.10.1987 - 3 C 12.87 - Buchholz 427.6 § 3 BFG Nr. 25). In dieser Vorschrift kommt eine Begrenzung der Hilfsbereitschaft zum Ausdruck, die zum Erlass des Häftlingshilfegesetzes und den dort vorgesehenen Hilfen geführt hat. In deren Genuss sollen diejenigen nicht kommen, die zwar Opfer des im Gewahrsamsstaat herrschenden politischen Systems geworden sind, aber zuvor durch nachhaltige Unterstützung eben dieses Systems dazu beigetragen haben, dass andere aus politischen und nach freiheitlich-demokratischer Auffassung von ihnen nicht zu vertretenden Gründen in Gewahrsam genommen werden konnten (BVerwG, Urt. v. 09.09.1959 - 8 C 281.59 - BVerwGE 9, 132, 141).
24 
Hieran gemessen hat die Klägerin den Ausschlussgrund des „erheblichen Vorschubleistens“ erfüllt. Zwar war die Klägerin - unstreitig - nicht in tragender Funktion in den Staatsapparat der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik eingebunden. Sie war jedoch freiwillig in einer Weise als Inoffizielle Mitarbeiterin für das Ministerium für Staatssicherheit tätig, die dazu bestimmt und auch geeignet war, den Widerstand gegen das System der SED in der Deutschen Demokratischen Republik in einer nicht unerheblichen Weise zu unterdrücken und die diesem deshalb gerade in seiner erkennbaren Unrechtsprägung von hinreichendem Nutzen war (allg. zur Spitzeltätigkeit für das MfS als Ausschlussgrund nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 HHG vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 05.11.2013 - OVG 3 B 9.12 -, juris Rn. 26; OVG Berlin, Urt. v. 15.01.1992 - 7 B 10.90 -, juris Rn. 18; VG Neustadt, Urt. v. 10.09.2010 - 2 K 156/10.NW. -, juris Rn. 31 ff).
25 
Aus den der Kammer vorliegenden Unterlagen des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik ergibt sich, dass die Klägerin durch ihren damaligen Lebensgefährten und späteren Ehemann ... B. (IMV ...) im August 1974 als sog. Inoffizielle Mitarbeiterin geworben worden war. Ziel der Anwerbung war zunächst - wie sich aus dem Treffbericht des Führungsoffiziers des Staatssicherheitsdienstes, Verwaltung Groß Berlin, Abt. .../2, vom 21.08.1974 (BStU AS. 4 ff.) ergibt - den als „operativ interessant“ eingeschätzten Bekanntenkreis der Klägerin näher überwachen zu können. Dieser Bekanntenkreis ergab sich aus der Nähe der Klägerin zu der freischaffenden Künstlerin ... und deren Verbindungen zu einer Vielzahl von auch damals schon prominenten Intellektuellen, Künstlern und jungen Erwachsenen, die - wie sich unter anderem aus der Auskunft des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik - BStU - vom 15.12.2011, dem Vorschlag der Abteilung .../2 des Staatssicherheitsdienstes vom 11.03.1975 zum Anlegen einer Operativ-Vorlaufakte (VAO) „Atelier“ (BStU AS. 65ff.; AS. 354) und dem Schlussbericht dieser Abteilung zum Operativen Vorgang „Atelier“ vom September 1977 (BStU AS 347 ff.) ergibt - insbesondere in der Folge des Machtwechsels an der Spitze des Zentralkomitees der SED von Walter Ulbricht auf Erich Honecker damit begonnen hatten, alternative Lebensformen wie Wohngemeinschaften zu bilden, künstlerische und intellektuelle Freiheiten in Anspruch zu nehmen und vor allem das bestehende Herrschaftssystem der DDR als einen durch die Bürokratie erstarrten und verratenen Sozialismus zu kritisieren, welcher über die Wiederbelebung der wahren Ideale dieser Gesellschaftsform reformiert werden müsse. Dieser Bekanntenkreis hatte im Zeitpunkt der Anwerbung der Klägerin als Inoffizieller Mitarbeiterin unter der Mitwirkung der Brigitte G. begonnen, sich wieder neu zu formieren, nachdem der Staatssicherheitsdienst zuvor in einem anderen Operativen Vorgang für eine Zerschlagung seiner Strukturen gesorgt hatte (vgl. BStU AS. 65). Insgesamt hatte die Verbreitung seiner, in den Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes als „linksrevisionistisch-trotzkistisch“ bezeichneten Anschauungen unter dem Gesichtspunkt der Straftatbestände der „Staatsfeindlichen Hetze“ nach § 106 und der „Staatsfeindlichen Gruppenbildung“ nach § 107 des damaligen Strafgesetzbuches der DDR potentiell strafrechtliche Relevanz. In jedem Fall aber sollten die Aktivitäten dieser „jungen Erwachsenen mit politisch negativen Merkmalen“, die zudem teilweise noch im Verdacht standen, einen nach § 213 des StGB der DDR strafbaren „Ungesetzlichen Grenzübertritt“ zu planen oder anderen hierbei in einer als „Staatsfeindlichem Menschenhandel“ nach § 105 des StGB der DDR strafbaren Weise Hilfe leisten zu wollen, durch geeignete Maßnahmen unter Kontrolle gehalten und gegebenenfalls unterbunden werden (vgl. BStU AS. 70 f.).
26 
Auch wenn sich - wie sich aus dem Schlussbericht der Abteilung ... der Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Berlin zum Operativen Vorgang „Atelier“ vom September 1977 (BStU AS. 347 ff) ergibt - die Tätigkeiten der überwachten Gruppe auch für diese letztlich als insgesamt nicht strafrechtlich relevant erwiesen und nur gegen zwei der zu Beginn der Überwachungsaktion fünf Hauptverdächtigen „vorbeugende, erzieherische u.a. operative Maßnahmen“ eingeleitet wurden (vgl. den Einstellungsbeschluss der Abteilung ... zum Operativen Vorgang vom 26.11.1977), so zeigt der zum Teil sehr hohe Aufwand der Überwachung mit dem Einsatz einer Vielzahl von Inoffiziellen Mitarbeitern, Abhörmaßnahmen und mindestens einer Wohnungsdurchsuchung zum Zwecke einer möglichst lückenlosen Erfassung und frühzeitigen Unterbindung der Aktivitäten des überwachten Personenkreises und seiner Verbindungen zu anderen Gruppierungen innerhalb der DDR, dass der Staatssicherheitsdienst den Aktivitäten der konkreten Gruppe eine sehr hohe Bedeutung für das Entstehen einer - zu bekämpfenden - Opposition gegen das damalige Herrschaftssystem der SED beigemessen hatte. Entsprechend wurden im Rahmen des Operativen Vorgangs „Atelier“ eine Vielzahl von Querverbindungen zu Personen und Aktionen gezogen, die im Focus anderer Operativer Vorgänge wie dem Vorgang „Monolith“ standen oder gegen die andere Abteilungen des Staatssicherheitsdienstes vorgingen, wie etwa zu der Veranstalterin der damals populären Veranstaltungsreihen „Eintopp“ im Haus der Jungen Talente und „Kramladen“ im Jugendclub Berlin-Weißensee, ... (Schlussbericht der Abteilung ... der Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Berlin, BStU AS. 350f. sowie - in Bezug auf den Operativen Vorgang „Monolith“ - der Operativplan der Hauptabteilung .../2 vom 22.3.1976, BStU 221ff). Hinzu kommt, dass einzelne Mitglieder der über die Klägerin ausgespähten Gruppe durch anlassbezogene gezielte Befragungen durch den Staatssicherheitsdienst und strafrechtliche Maßnahmen gegen Einzelpersonen aus dem Umfeld der Gruppe systematisch und frühzeitig mit dem Ziel verunsichert wurden, eine weitere Festigung ihrer oppositionellen Einstellung zu vermeiden und dass die unter dem Operativen Vorgang „Atelier“ beobachteten Personen auch nach der Beendigung dieses Überwachungsvorgangs durch weitere Inoffizielle Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes unter Kontrolle gehalten wurden (hierzu Schlussbericht, BStU AS. 353).
27 
Der Klägerin kam bei der Überwachung des Personenkreises um ... eine zentrale Bedeutung zu, wenn sie auch nicht die einzige Person war, die über diesen Kreis berichtete. Dies ergibt sich nicht nur aus dem retrospekiv im Februar 1977 verfassten „Auskunftsbericht“ des ehemaligen Führungsoffiziers der Klägerin „zur inoffiziellen Zusammenarbeit mit dem IMV ...“, dem damaligen Ehemann der Klägerin (BStU AS. 234ff), nach dem dieser IMV Walter den Kontakt zu seiner geschiedenen Ehefrau „...“ und deren „politisch negativem Umgangskreis“ auf Weisung des Staatssicherheitsdienstes nach Jahren der Unterbrechung Mitte der 1970er Jahre wieder aufnahm und hier die Klägerin der Staatssicherheit als geeignete IMV zuführte, nachdem klar war, dass seine „operativen Einsatzmöglichkeiten“ aufgrund des ihm seitens der ... und ihrer Bekannten entgegengebrachten Misstrauens „periphär“ bleiben mussten. Vielmehr war die Klägerin spätestens seit Mitte des Jahres 1975 in einer Weise in die Überwachung des Personenkreises um ... eingebunden, nach der ihr die Eignung und Bestimmung ihrer Informationen zur Verhinderung und Unterdrückung einer als ernsthaft eingeschätzten Oppositionsbewegung nicht verborgen geblieben sein kann.
28 
Bei der Beurteilung der Art und des Maßes der Einbindung der Klägerin in die Überwachung des oppositionellen Personenkreises um ... durch die Abteilung .../2 des Staatssicherheitsdienstes im Bezirk Groß-Berlin geht die Kammer - entgegen der pauschalen Einwendung des Bevollmächtigten der Klägerin - davon aus, dass die relativ umfangreichen, letztlich aber auch erkennbar lückenhaft vorliegenden Berichte des Führungsoffiziers zu Treffen mit der Klägerin ebenso wie die maschinengeschriebenen Abschriften von Aussagen und Berichten der Klägerin und deren eigene handschriftliche Berichte auch inhaltlich der Wirklichkeit entsprechen. Hierfür spricht der erkennbare Zweck dieser Dokumente, verlässliche und umfassende Informationen über den jeweils ausgeforschten Sachverhalt und Personenkreis zu erlangen, die dann - vor allem im Verbund mit Informationen aus anderen Quellen - eine Entscheidungsgrundlage für ein weiteres möglichst effektives Vorgehen des Staatssicherheitsdienstes gegen eine als potentiell bedrohliche Bewegung aus dem Kreise der Jugend, der Künstler und der Intellektuellen zu haben. Auch ergeben sich aus den einzelnen Schriftstücken keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die dokumentierten Informationen der Klägerin mit dem Ziel dramatisiert worden wären, den gesamten Operativen Vorgang oder auch einzelne Maßnahmen innerhalb der Überwachung des hiermit erfassten Personenkreises besser rechtfertigen zu können. Vielmehr sind die der Klägerin über Treffberichte und eigene Aussagen zugeschriebenen Informationen für sich genommen vorwiegend auf objektive Umstände bezogen und lassen weder von Seiten der Klägerin noch von Seiten des dokumentierenden Führungsoffiziers einen besonderen wertenden Belastungseifer erkennen. Die auf der Grundlage der Informationen der Klägerin gewonnenen Erkenntnisse wurden im Gegenteil - wie etwa der Schlussbericht vom September 1977 (BStU AS. 347 ff.), aber auch die Unterbrechung und Ausdifferenzierung der Abhörmaßnahme im Atelier der Klägerin (vgl. insb. den Aktenvermerk vom 25.3.1976, BStU AS. 318 f) zeigen - von den Mitarbeitern des Staatssicherheitsdienstes während des Operativen Vorgangs in ihrer Bedeutung durchaus auch wieder relativiert. Schließlich lag es nach der damaligen Sachlage auch fern, dass derartige Berichte und Informationen mit dem Ziel einer späteren Diskreditierung und übermäßigen Belastung der Klägerin angefertigt wurden.
29 
Im Einzelnen berichtete die Klägerin, die ihre Tätigkeit als Informantin des Staatssicherheitsdienstes unstreitig ohne besonderen Druck seitens der Sicherheitsdienste auf sie aufgenommen hatte, anlässlich ihrer Werbung als Inoffizieller Mitarbeiterin zunächst sehr allgemein über einzelne Personen aus dem Bekanntenkreis der ... und deren Beziehung untereinander (Treffbericht vom 21.8.1974, BStU AS. 4ff.). Die für die Folgezeit - ersichtlich unvollständig - dokumentierten Treffberichte etwa vom 9.9.1974 (BStU AS. 8 f), vom 21.10.1974 (BStU AS. 10 f.) und vom 3.12.1974 (BStU AS. 12 f) beinhalten dann spezifischere Informationen vor allem zu einzelnen Personen aus der Gruppe und deren Umfeld, zu Kontakten und Zusammenkünften mit anderen Personenkreisen etwa aus Potsdam und Weimar sowie aus dem Kreis der Veranstaltungsreihe „Eintopp“ im Haus der Jugend und zu dem Jugendclub „Baumschulenweg“. Seitens des Führungsoffiziers ist das Bestreben der Klägerin dokumentiert, über die Organisation eigener Bilderausstellungen „schneller Kontakte zu dem operativ interessanten Personenkreis zu finden“. Einzelinformationen der Klägerin, wie etwa zu dem Plan mehrerer Personen, den Dachboden eines spezifischen Hauses zu einer Kommune auszubauen, fanden unmittelbar Niederschlag in internen Operativen Informationen, die ihrerseits offensichtlich die Grundlage für eine weitere Überwachungsarbeit bilden sollten (BStU AS. 21).
30 
Erste Aussagen der Klägerin auch zum inhaltlichen Denken der Gruppe um ... sind dann in einer Abschrift von einer Tonbandaussage vom 3.2.1975 dokumentiert, in welcher die Klägerin über ein Treffen einiger Personen berichtet, welches im Anschluss an eine Kulturveranstaltung im „Eintopp“ in einer Privatwohnung und damit mit vertraulich-privatem Charakter stattgefunden hatte. Neben dem Plan, die Veranstaltungen im „Eintopp“ über einen Hörerbeirat zu steuern, in dem man selbst Einfluss haben soll, und der Idee, über ein Atelier einen eigenen Veranstaltungs- und Diskussionsraum zu installieren, berichtet die Klägerin vor allem über die politische Einstellung namentlich genannter Personen, die das damalige sozialistische System der DDR als „quasi kapitalistisch“ anprangern (BStU AS. 17 f.). Gerade diese Hinweise auf Treffen des Personenkreises in der Privatwohnung eines Gruppenmitglieds, die - wie sich aus dem Schlussbericht der Abteilung .../2 der Bezirksverwaltung Groß-Berlin der Staatssicherheit vom November 1977 (BStU 347ff) ergibt - noch in weiteren, nicht dokumentierten Berichten der Klägerin enthalten sein müssen, waren der Auslöser für die Anlegung eines offiziellen Operativen Vorgangs zur Überwachung dieses Personenkreises (vgl. den „Vorschlag“ dieser Abteilung vom 11.03.1975 zum Anlegen eines Operativ-Vorgangs „Atelier“; BStU 65 ff). Dabei fand der Hinweis auf die Planung der Gruppe, sich über eine Atelierwohnung eines Gruppenmitglieds eine festen und geschützten Ort für eine Zusammenkunft zu schaffen, insoweit seinen Niederschlag in der Planung dieses Operativ-Vorgangs, als die Aufmerksamkeit der Gruppe bewusst und gezielt auf das Atelier der Klägerin gelenkt wurde, die sich zu diesem Zeitpunkt als freischaffende Künstlerin niedergelassen hatte. Entsprechend ist in der Operativen Planung des Vorgangs ausdrücklich festgehalten, dass die „halbhauptamtlich“ eingesetzte Klägerin auf die Auswahl des Ortes für die Zusammenkünfte der Gruppe Einfluss ausüben soll und dass ihre Einsatzmöglichkeiten dadurch verbessert werden, dass sie in ihrem Bestreben, eine freischaffende Tätigkeit im Verband bildender Künstler zu übernehmen unterstützt wird (Vorschlag, BStU AS 71; zum „halbhauptamtlichen Einsatz der Klägerin vgl. auch den Zwischenbericht der Abteilung ... zur VOA „Atelier“ vom 18.6.1975, BStU AS. 101 f).
31 
Nachdem die Klägerin in ihrer Information über eine Hörerbeiratssitzung in einer Privatwohnung am 17.6.1975 (BStU AS. 37 f) berichtet hatte, dass man einen geschützten Diskussionsraum suche und hierbei die Idee konkret auf ihr Atelier gelenkt worden war, wurde der bereits in der Operativen Planung des Operativ-Vorgangs „Atelier“ gefasste Beschluss des Staatssicherheitsdienstes umgesetzt, das Atelier der Klägerin und den darüber liegenden Dachboden über „operative Technik“ langfristig unter Kontrolle zu halten (Vorschlag, BStU AS. 72) . Diese Umsetzung erfolgte - entsprechend einem Aktenvermerk der Abteilung .../2 vom 2.7.1975 (BStU AS. 255) - am 3.7.1975, wobei die Abteilung ... es übernommen hatte, die Voraussetzungen für das Betreten der Räume zu schaffen und für ungestörte Arbeitsmöglichkeiten zu sorgen. Im Einklang mit diesem Termin ist in dem Treffbericht der Abteilung .../2 zu dem Treffen mit der Klägerin am 3.7.1975 (BStU AS. 40 f) ausdrücklich festgehalten, dass die Klägerin davon Kenntnis hat, „dass im Objekt „Atelier“ Technik installiert wurde“. Einzelheiten dazu und Ortskenntnisse fehlten dem IM jedoch. Da sich die Klägerin bis zum 28.7.1975 im Urlaub befand, sollte sie dafür sorgen, dass das Atelier während ihrer Abwesenheit nicht oder jedenfalls nur sehr eingeschränkt genutzt wird. Die Aufnahme der als „Maßnahme nach 26-B“ bezeichneten Abhöraktion der Räumlichkeiten mittels Mikrophon erfolgte dann schließlich mit der Eröffnung des Ateliers am 6.9.1975 (vgl. Treffbericht vom 4.9.1975, BStU 42 f).
32 
Unabhängig von der - der Klägerin entgegen ihrer Darstellung bekannten - Installation der Abhörtechnik und der damit ersichtlich intensivierten Ausforschung des Personenkreises um die oppositionelle Künstlerin ... durch die Staatssicherheit lieferte die Klägerin mindestens seit April vermehrt auch Informationen über die Gruppe oder deren Mitglieder, die nicht nur eine sachlich operative, sondern auch eine diskreditierende oder gar strafrechtliche Relevanz haben konnten:
33 
So ist in einer Operativen Information der Abteilung .../2 vom 28.4.1975 (BStU AS. 85f) festgehalten, dass die Klägerin „entsprechend der gegebenen Aufgabenstellung“ das Bild eines sich in Untersuchungshaft befindlichen Künstlers „Mensch in der Kiste“ in einer Wohnung eines Dritten ausfindig gemacht werden konnte, wo es versteckt worden war. Auch wurde die Klägerin damit beauftragt, die „eventuell provokatorischen oder staatsfeindlichen“ Fotoarbeiten zu überwachen, die ein Mitglied der Gruppe mit der in ihrem Atelier befindlichen Ausrüstung Ende April 1975 durchführen wollte.
34 
Bei einem - mit Treffbericht vom 19.6.1975 dokumentierten - Treffen der Klägerin mit dem Führungsoffizier der Staatssicherheit berichtete diese dann unter anderem über eine Aktion einzelner Gruppenmitglieder, bei der ein lebendiges und besonders geschmücktes Schwein mit dem Namen „Erich“ unter Anfertigung von einigen Fotos an Bewohner einer Wohnung am Leninplatz verschenkt worden war, die als mutmaßliche „Bonzen“ eingeschätzt worden waren (BStU AS. 28 sowie die Abschrift einer mit „...“ unterzeichneten Information vom 20.6.1975, BStU AS. 30). Diese Aktion, die nochmals zum Gegenstand einer offiziellen Vernehmung der Klägerin und weiterer Ermittlungen durch die Volkspolizei gemacht worden war (BStU AS. 130 ff.), wurden nach entsprechender Bewertung durch die zuständige Abteilung IX der Bezirksverwaltung Groß-Berlin des Staatssicherheitsdienstes - entgegen erster Wertungen - letztlich nicht als nach den §§ 106 und 220 StGB der DDR strafbare „Staatsfeindliche Hetze“ oder „Staatsverleumdung“ bewertet, da ein gewollter Zusammenhang zwischen dem Namen des Schweins und dem des Ersten Sekretärs des ZK der SED nicht zu beweisen sei, wenn man die Klägerin nicht dekonspirieren wolle. Im Ergebnis wurde angeregt, auf der Grundlage der Zeugenaussage nur der Bewohnerin der Wohnung, der das Schwein übergeben worden war, den Vorfall allein als Ordnungswidrigkeit der „Störung des sozialistischen Zusammenlebens“ zu ahnden (BStU AS. 148).
35 
Über diesen Vorfall mit dem Schwein hinaus berichtet die Klägerin bei dem Treffen am 18.6.1975 sowohl über ein internes Treffen des Hörerbeirats zu der Veranstaltungsreihe „Eintopp“ am 17.6.1975 als auch über ein Treffen der Gruppe am 13. bis 15.6.1975 in Hohenneuendorf, wobei beide Berichte ebenso wie die Information zu der Aktion mit dem Schwein seitens des Führungsoffiziers und seines Vorgesetzten als „wertvolle Information“ eingeschätzt wurde, die zum Teil auch Ausgangspunkt für strafrechtliche Maßnahmen sein könnten (BStU AS. 28 f). Tatsächlich enthält dann etwa die im Einzelnen wiedergegebene Information der Klägerin zu dem Wochenende in Hohenneudorf neben der Schilderung einer Diskussion zu dem Auftrittsverbot einer anwesenden Künstlerin vor allem den Inhalt verschiedener Lieder, die ein anderer namentlich benannter Künstler vorgestellt hatte und in denen er die kapitalistischen Strukturen in den Betrieben kritisierte. Dabei stellte die Klägerin unter ausdrücklichem Hinweis auf konkrete Textzeilen („Verjagt die rote Nazibrut“) die „Abneigung des Sängers gegen den Sozialismus“ heraus, der demnächst öffentlich im „Kramladen“ auftreten wolle. Die Information der Klägerin über das Treffen des Hörerbeirats des „Eintopp“ (BStU AS. 97 ff) betraf die Konflikte mit der Leitung des Hauses der Jungen Talente um die Mitbestimmung zum Veranstaltungsprofil der Vortragsreihe und vor allem die Urheberschaft und den Inhalt einer - kritisch-ironisch verfassten - Grußadresse des Publikums des „Eintopp“ an die Kulturkonferenz der FDJ.
36 
Weitere Berichte der Klägerin, die von ihrem Führungsoffizier als „zuverlässig und ehrlich“ bewertet wurde und bei der die Kammer aufgrund der für die Monate Juni, Juli, September, November und Januar 1975 dokumentierten Zuwendungen davon ausgeht, dass sie jedenfalls seit Juni 1975 ungeachtet anderweitig erstatteter Spesen und Sonderzuwendungen für ihre Tätigkeit als IMV bis mindestens zum Januar 1976 monatlich 300 Mark erhalten hatte, betrafen dann im September und Oktober 1975 vor allem einzelne Personen und generelle Planungen der Gruppe etwa zur Herstellung von „interessanten Plakaten“ für Kundgebungen und Demonstrationen oder zu einer Protestaktion vor der Spanischen Botschaft am 29.9.1975 (Treffberichte vom 10.9.1975 BStU AS. 44 f; vom 17.9.1975, BStU AS. 46 f; vom 1.10.1975, BStU AS. 48 f und vom 22.10.1975, BStU AS. 54). Hierbei ist in einer persönlichen Information der Klägerin über die - anlässlich der Eröffnungsfeier ihres Ateliers - am 6.9.1975 sowie an weiteren Tagen geführten Gespräche (BStU AS. 19 ff) ebenso wie in einer Operativen Information der Abteilung .../2 vom 10.9.1975 über die „Party im Atelier“ der Klägerin am 6.9.1975 festgehalten, wie ein Mitglied der überwachten Gruppe ein Gespräch mit der Klägerin geführt hatte, in dem es um ihre Einstellung zum Sozialismus und zur bestehenden Bürokratie gegangen sei. Hierbei schilderte die Klägerin ausdrücklich die Auffassungen dieser Person, dass man die „Bürokratie“ an deren Spitze Honecker und Breschnew stünden, als Konterrevolutionär mit eigenen Mitteln schlagen müsse. In der Parteiversammlung seien alle Gauner und Verräter. Auch Erich und Beschnew seien Verräter. Zu einem späteren Treffen am 14.9.1975 berichtete die Klägerin über den Besitz dieser Person einer KPdSU-Ausgabe von 1945 und des 1936 von Trotzki verfassten Werkes „Die verratene Revolution“, welches er mit dem Umschlage eines Buches zur „Wanderfahrt nach alter Handwerkskunst“ getarnt in seinem Bücherregal versteckt habe. Ähnlich betraf eine weitere am 9.12.1975 angefertigte „Information“ der Klägerin die politische Einstellung verschiedener namentlich benannter Personen, die zum Teil an bestimmender Stelle der überwachten Gruppe aktiv waren und zwischen denen ein persönlicher Streit eskaliert sei. Hierbei werden Äußerungen der Personen wiedergegeben wie: “Hier ist alles Mist. Am besten man haut hier ab. Ist sowieso nichts zu erreichen“ oder, „Ich bin stolz als „Staatsfeind“ bezeichnet zu werden. … ist ein revolutionärer Spinner. Will Geschichte machen“.
37 
Ebenfalls auf eine Einzelperson und deren politische Ansichten und Verbindungen bezogen ist die detaillierte Information der Klägerin über den ihr - unter der Bitte um Geheimhaltung auch gegenüber anderen Mitgliedern der Gruppe „Atelier“ - anvertrauten Plan eines Gruppenmitglieds, mit einer ab Februar 1976 an der Humboldt-Universität tätigen französischen Gastwissenschaftlerin (Frau ...) zusammenarbeiten zu können, deren Aufenthalt bei Bekanntwerden ihrer Verbindung zu der Gruppe jedoch gefährdet sei (Treffbericht vom 11.11.1975, BStU AS. 58). Auf entsprechende Aufträge hin (vgl. etwa den Treffbericht vom 17.02.1976, BStU 66), übermittelte die Klägerin ihrem Führungsoffizier auch Fotographien von Bildern, die andere Künstler angefertigt und etwa im „Atelier“ ausgestellt hatten (vgl. etwa Treffbericht vom 10.2.1976, BStU AS. 70), Kopien von Schriftstücken einzelner Personen (Treffbericht vom 10.2.1976, BStU AS. 70) oder auch Telefonnummern und andere Details zu einzelnen Personen (vgl. etwa Treffbericht vom 23.02.1976, BStU AS. 64: Telefonnummer der Reinigungskraft und die Information der Klägerin vom 9.12.1975 BStU. AS. 72: Telefonnummern und verschiedene Namen). Sehr genaue Angaben der Klägerin sind auch in dem Treffbericht vom 15.4.1976 (BStU 88) dokumentiert, etwa zu dem Besitz einer konkret benannten Person zu Ausschnitten aus Westzeitungen inkl. Interview mit Biermann, welche in seiner Wohnung in die Bücher „Spur der Steine“ und „Clara Zetkin“ eingelegt seien. Nachdem die Klägerin bei einem Treffen mit dem Vorgesetzten Führungsoffizier am 24.11.1976 von einer Auseinandersetzung mit einem bei ihnen wohnenden Mitglied des Personenkreises „Atelier“ und über dessen „innerste Empörung“ über die Ausbürgerung eines Dritten sowie dessen „seit Jahren verfestigte negative politische Einstellung“ und der „mitunter gegebenen Neigung zu entschlossenem Handeln“ berichtet hatte (hierzu Treffbericht vom 24.11.1976 BStU AS. 114 f und „Information der Quelle „...“ vom 25.11.1976, BStU AS. 116), wurde der Klägerin nicht nur eine sehr gute Einsatzbereitschaft attestiert, sondern es wurde ihr auch - und dies zeigt die Brisanz dieser Informationen - der Auftrag erteilt, ein „Wäschestück zu beschaffen“ und „als Geruchskonserve zu sichern“. Zudem sagte die Klägerin offensichtlich zu, aus den in ihrem Besitz befindlichen Unterlagen eine „Vergleichsschrift“ dieser Person zu besorgen. Schließlich befinden sich in den vorliegenden Unterlagen auch Angaben der Klägerin zu persönlichen Umständen einzelner Personen, die vor allen Dingen deren intimes Privatleben betrafen und die ausweislich der Randnotizen zu diesen Angaben als Grundlage für „Differenzierungen“ genutzt werden sollten. So enthält etwa die Abschrift einer Aussage der Klägerin vom 19.6.1975 zu einem Treffen mit einer weiteren Person die hierbei erhaltenen Informationen, dass eine namentlich genannte dritte Frau froh sei, dass ihr sie schlagender und betrügender Partner im Gefängnis sei, dass die Informantin deren Verhalten jedoch „garstig“ finde. Zu einer weiteren Person berichtet sie, dass sich die namentlich bezeichnete Frau eines ebenfalls genannten Mannes, der zum Militärdienst eingezogen sei, von diesem getrennt habe, worunter der Mann sehr leide. Schließlich wird noch die Ehe zweier „sehr kirchlich gebundener“ Personen als „Scheinehe“ bezeichnet, die nur wegen der Kinder aufrecht erhalten werde, wobei die Ehefrau „unnahbar, kalt“ und unehrlich beschrieben wurde (BStU AS. 88 f).
38 
Weitere Berichte der Klägerin betrafen verschiedene Treffen verschiedener Personen in Prag (Treffberichte vom 5.11.1975 BStU 56 f und vom 11.11.1975, BStU AS. 58 f sowie die „Information“ der Klägerin „über das Wochenende 14. - 16.11.1975 in Prag“, BStU AS. 59 und „über die 2. Pragreise“, BStU AS. 69 ff). Dabei wurde über den Führungsoffizier der Klägerin eine Dokumentation der erste Reise durch die entsprechenden Abteilungen des Staatssicherheitsdienstes veranlasst, nachdem die Klägerin auf deren Planung hingewiesen hatte (Treffbericht vom 5.11.1975, BStU AS 56 f). Zudem übergab die Klägerin, die mit Unterstützung des Staatssicherheitsdienstes an der Reise teilnahm - ausweislich des Treffberichts vom 11.11.1975 (BStU AS. 58) - die „Abschrift eines Notizbuches (Kalender von 1975), welches sie von einem Reisebegleiter während des Prag-Aufenthalts zeitweilig zur Aufbewahrung erhalten“ habe. Zu einer unmittelbar folgenden zweiten Reise nach Prag berichtete die Klägerin über einen Kontakt zu einem in Prag wohnenden Juden, der wegen Arbeitsbummelei und Beamtenbeleidigung für mehrere Jahre inhaftiert war, sich politisch verfolgt fühlte und über die Pläne eines Gruppenmitglieds, gegebenenfalls über eine Ausreise in den Westen oppositionell zu arbeiten. Zu einer weiteren Pragreise im Dezember berichtete die Klägerin dann - vom Hörensagen - von Plänen eines Gruppenmitglieds, zwischen Weihnachten und Neujahr illegal über die CSSR mit den Kindern in den Westen zu fliehen. In einem weiteren Bericht vom 16.1.1976 ging es dann um eine Pragfahrt, bei der sich einige Personen mit einer Verbindungsperson aus Westberlin getroffen haben sollen (BStU AS. 83).
39 
Welche Bedeutung die Abteilung ... der Bezirksverwaltung Groß-Berlin des Staatssicherheitsdienstes den Informationen und der Stellung der Klägerin im Zusammenhang mit dem Operativen Vorgang „Atelier“ beigemessen hat, wird daran deutlich, dass der Staatssicherheitsdienst den Wunsch einer engen Freundin der im Zentrum des überwachten Personenkreises stehenden ... zu einer Übersiedlung in den Westen gemeinsam mit ihren Kindern und die hierbei bestehende Schwierigkeit des fehlenden Einverständnisses des Kindesvaters aufwändig dazu nutzte, die Stellung der Klägerin innerhalb des überwachten Personenkreises zu stärken. Im Einzelnen war hier zunächst die Information der Klägerin zu einer Pragreise verschiedener Personen aufgenommen worden, nach der diese Freundin mit ihren Kindern entweder in den Westen fliehen oder aber wenigstens einen Antrag auf legale Übersiedlung stellen wolle. Dabei hatte die Klägerin darüber berichtet, dass ein Teil der über den Operativen Vorgang „Atelier“ erfassten Gruppe dieses Ausreisebegehren nicht nur aus persönlichen Gründen unterstütze, sondern auch auf eine Stärkung der Westkontakte hoffe (Information der Klägerin über die Pragreise vom 14. bis 16.11.1975, BStU AS. 59 f, sowie über die 2. Pragreise vom 10.12.1975; BStU AS. 69). Nachdem die für die Überwachung der Gruppe zuständige Abteilung .../2 der Bezirksverwaltung Groß-Berlin des Staatssicherheitsdienstes die Klägerin dazu angehalten hatte, „die legale Übersiedlung nach Westberlin zu beantragen“ (vgl. hierzu den Treffbericht vom 26.01.1976, BStU AS. 62 f sowie den Treffbericht vom 2.2.1976, BStU AS. 74 f), wurde die weitere Information der Klägerin, dass der Kindesvater, der gleichzeitig der Lebensgefährte der Klägerin war, einer Übersiedlung auch der Kinder nicht zustimmen wolle, ebenso wie die Kenntnis von der kontroversen Diskussion der Gruppe zu dieser Übersiedlung (vgl. hierzu den Situationsbericht der Abteilung .../2 zum Personenkreis „Atelier“ vom 18.5.1976 (BStU AS. 92) zum Anlass genommen, die Übersiedlung der Freundin der ... mit ihren Kindern in einer Weise zu stützen, die „besonders die Position“ der Klägerin „im Personenkreis „Atelier“ festige“ (hierzu insbes. der Vermerk der Abteilung .../2 vom 7.5.1976, BStU AS 135 sowie der Auskunftsbericht dieser Abteilung vom 20.5.1976 zu dem - befürworteten - Ausreisegesuch, BStU AS 5 ff). Jedenfalls wurde in einer detaillierten Regieanweisung“ für den 5.5.1976 festgelegt, dass der ebenfalls als IMV instruierte Lebensgefährte der Klägerin gegenüber seiner ehemaligen Frau seinen Widerstand gegen die Übersiedlung auch der Kinder bekräftigen solle, da er anderenfalls Schwierigkeiten an seiner Arbeitsstelle befürchte. Die Klägerin solle dann bei einem späteren Besuch die Kindesmutter in der Frage der Übersiedlung mit den Kindern bestärken und hierbei versprechen, ihren Lebensgefährten entsprechend zu beeinflussen. In diesem Konflikt solle dann - die von den Gruppenmitgliedern als konsequent geforderte - Trennung der Beziehung der Klägerin zu ihrem Lebensgefährten vorgetäuscht werden, die dann nach mehreren Nächten des Aufenthalts der Klägerin außerhalb ihrer Wohnung bei der Kindesmutter dazu führen solle, dass der instruierte Kindesvater letztlich doch der Ausreise der Kinder zustimme. Zu diesem Vorgang geht die Kammer davon aus, dass er entsprechend der Anweisung der Abteilung .../2 auch tatsächlich durchgeführt worden ist. Zwar finden sich in den vorliegenden Unterlagen keine „Vollzugsberichte“, doch enthält der Auskunftsbericht der Abteilung .../2 vom 20.5.1976 zum Übersiedlungsantrag der Kindesmutter den Hinweis, dass die Klägerin - unterstützt durch ihren Lebensgefährten - fester in den Personenkreis „Atelier“ integriert wird, alle Handlungen der Kindesmutter kontrolliert und gegenwärtig die Voraussetzungen schafft, dass das Vertrauensverhältnis zu ihr auch nach der Übersiedlung fortbestehe. Die diesen gewichtigen Indizien für einen Erfolg der Inszenierung von der Klägerin entgegengestellte Behauptung, sie könne sich an eine derartige Aktion im Zusammenhang mit der Ausreise der damaligen Freundin nicht erinnern, sodass von deren Nichtumsetzung auszugehen sei, können die Überzeugungsbildung der Kammer bereits aufgrund des auch sonst pauschalen Bestreitens von Vorwürfen mit der fehlenden Erinnerung nicht erschüttern.
40 
Auch wenn die Kammer - mit der Klägerin und der Einschätzung etwa der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes in deren Stellungnahme vom 15.12.2011 - nicht sicher bestimmen kann, ob und inwieweit die im Einzelnen von der Klägerin gelieferten Informationen tatsächlich als Grundlage für konkrete strafrechtliche Sanktionen oder gezielte Diskreditierungen gegenüber einzelnen Personen gedient haben, so lässt sich doch an einzelnen Beiträgen der Klägerin exemplarisch ablesen, dass diese in Bezug auf konkrete Maßnahmen jedenfalls im Verein mit anderen Informationen wirksam geworden sind. So wurde etwa über die Klägerin bekannt, dass einige der zentralen Personen des überwachten Personenkreises in die Wohnung der Eltern eines Mitglieds dieses Kreises ziehen, die sich für drei Jahre als Auslandskorrespondenten in Schweden befänden (Treffbericht vom 4.9.1975). Die in dieser Wohnung in der Alexanderstraße gebildete Wohngemeinschaft stand in der Folgezeit in besonderem Interesse der Abteilung .../2 des Staatssicherheitsdienstes Groß-Berlin, da man hier davon ausging, dass sich „dieses Objekt zum Hauptsitz der Gruppe herausbilden“ werde, die über ihren jeweils „recht großen Bekanntenkreis“ mit in der Regel ähnlichen politischen Anschauungen bemüht sei, „potentielle Gegner der politischen Verhältnisse in der DDR zu vereinen“ (3. Sachstandsbericht der Abt. .../2 vom 3.9.1975 zum Operativen Vorgang „Atelier“, BStU AS. 1 und 8). Dementsprechend oblag es der Klägerin, neben Details wie etwa der Telefonnummer der dort wöchentlich tätigen Putzfrau (vgl. Treffbericht vom 23.02.1976, BStU AS. 64), vor allem zu den dort wohnhaften Personen, von denen eine jedenfalls vorübergehend auch in intimer Beziehung zu ihr stand, und deren Denken und Handeln zu berichten. So stammte die Erkenntnis des Staatssicherheitsdienstes, dass „der Stützpunkt der Gruppe, die Wohnung in der Alexanderstraße … durch die Personen aus dem Kreis „Atelier“ ständig besetzt gehalten (wird) und dass man dann, wenn alle Bewohner der Wohnung an Veranstaltungen teilnähmen, dafür Sorge trage, dass die Kinder einer namentlich genannten Person oder andere vertrauenswürdige Personen die Räume besetzten, „um belastendes Material zu sichern“, von der Klägerin (vgl. den Bericht der Abt. .../2 BStU AS. 243: dort Berufung auf Treffbericht vom 3.3.1976 sowie die Operative Information dieser Abteilung vom 3.3.1976 zur „gegenwärtigen Situation in der Wohngemeinschaft Berlin, Alexanderstraße“, BStU AS. 134). Diese Informationen erlangten dann für den Plan des Staatssicherheitsdienstes, die Wohnung in der Alexanderstraße konspirativ zu durchsuchen, unmittelbare strategische Relevanz (Auftrag der Abteilung ... für eine konspirative Wohnungsdurchsuchung vom 30.3.1976, BStU AS. 136 ff).
41 
Ergibt sich aus dem Maß der hier dargelegten Einbindung der Klägerin in die - aus der insoweit maßgeblichen Sicht des Staatssicherheitsdienstes der DDR - wichtige Überwachung und Beeinflussung einer damals als ernsthafte Bedrohung eingeschätzten Gruppe von Oppositionellen ein hinreichend „erhebliches Vorschubleisten“ der Klägerin zugunsten des Unrechtsgehalts des Systems der DDR, so kann dahin gestellt bleiben, ob und inwieweit die Klägerin sich - wie sie ausführt - nach der Auflösung der Gruppe unverzüglich und offen selbst gegenüber den ehemaligen Gruppenmitgliedern als Inoffizielle Mitarbeiterin der Staatssicherheit und gegebenenfalls über die ihr bekannten Ausspähmaßnahmen offenbart hat. Denn diese Maßnahme dürfte - hier zugunsten der Klägerin als wahr unterstellt -, den Wert der von der Klägerin erbrachten Unterstützungs- und Informationsleistungen für den Staatssicherheitsdienst der DDR nicht mehr in Frage gestellt haben, nachdem die Überwachungs- und Zersetzungsmaßnahmen hinsichtlich des überwachten Personenkreises zuvor und - aus der Sicht des Staatssicherheitsdienstes - erfolgreich abgeschlossen worden waren. Unabhängig davon hegt die Kammer aber auch Zweifel daran, dass sich die Klägerin in den Jahren nach der Beendigung des Operativen Vorgangs „Atelier“ gegenüber den ehemaligen Umgangskreisen in vollem Umfang freiwillig selbst offenbart hat. Diese Zweifel rühren aus dem Vermerk in einem Bericht der Kreisdirektion des Staatssicherheitsdienstes Wittstock vom 23.9.1977, nach dem der damalige Ehemann der Klägerin, der weiterhin als IMV geführt wurde, darauf hingewiesen hatte, dass die Klägerin auf ihre Tätigkeit für das MfS angesprochen worden sei und die „Dekonspiration ...“ in den ehemaligen Umgangskreisen bekannt sei, was den „Berliner Genossen“ mitgeteilt werden solle. Hinzu kommt, dass die Klägerin beim Ministerium für Staatssicherheit noch mindestens bis Mitte 1978 als Inoffizielle Mitarbeiterin zur Sicherung der Konspiration ihres damaligen Ehemanns eingesetzt war, was jedenfalls nahelegt, dass die Klägerin bei der Offenbarung ihrer Tätigkeit als IMV nicht gegen Geheimhaltungsregelungen des Staatssicherheitsdienstes verstoßen hat.
42 
bb. Unabhängig von dem Ausschlussgrund des „erheblichen Vorschubleistens“ im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 HHG hat die Klägerin durch das hier dargelegte Verhalten als Inoffizielle Mitarbeiterin des Staatssicherheitsdienstes auch gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit oder Menschlichkeit verstoßen und damit den Ausschlussgrund nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 HHG erfüllt.
43 
Der Ausschlussgrund des Verstoßes gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit oder Menschlichkeit wird über die Tätigkeit als Inoffizieller Mitarbeiter für das Ministerium für Staatssicherheit begründet, wenn der Betreffende hierbei in erheblicher Weise gegen die Gemeinschaftsordnung verstoßen hat. Dies ist etwa dann der Fall, wenn er freiwillig und gezielt, insbesondere auch durch Eindringen in die Privatsphäre anderer und Missbrauch persönlichen Vertrauens, Informationen über Mitbürger gesammelt und unter Inkaufnahme einer Drittschädigung an den auch in der DDR für seine repressive und menschenverachtende Tätigkeit bekannten Staatssicherheitsdienst weitergegeben hat. Notwendig sind erhebliche, gegen die Gemeinschaftsordnung verstoßende Handlungen. Es genügt, dass sich der Einzelne als Denunziant oder Spitzel freiwillig betätigte, um hieraus eigene Vorteile zu erlangen. Eine Spitzeltätigkeit für die Stasi unter Inkaufnahme einer Drittschädigung begründet im Regelfall einen Verstoß gegen die Grundsätze der Menschlichkeit und Rechtsstaatlichkeit. Insoweit reicht es aus, dass die gelieferten Informationen geeignet waren, den Denunzierten ernsthaft in Gefahr zu bringen. Ein weitergehender Nachweis, dass es zu einer Schädigung tatsächlich gekommen ist, ist nicht erforderlich, da das MfS durch Berichte eines Inoffiziellen Mitarbeiters in die Lage versetzt wird, sogar belanglose und unverfängliche Informationen zu nutzen, diese mit anderen Erkenntnissen zu verknüpfen und mit anderen ihm bekannten Sachverhalten zu bewerten und ein IM keinen Einfluss darauf hatte, ob und in welcher Weise die dem Ministerium zugetragenen Informationen verwertet wurden (BVerwG, Urt. v. 19.01.2006 - 3 C 11/05 –, Buchholz 428.7 § 16 StrRehaG Nr. 2 unter Berufung auf Urt. v. 08.03.2002 - 3 C 23.01 -, BVerwGE 116, 100; dagegen für die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit, weil hiergegen nur ein Staat verstoßen kann: VG Würzburg, U. v. 15.07.2002 - W 8 K 02.122 - juris -).
44 
Nach der vorstehend wiedergegebenen Tätigkeit der Klägerin für den Staatssicherheitsdienst der DDR im Rahmen des Operativen Vorgangs „Atelier“ ist die Kammer der Überzeugung, dass sie gezielt in die Privatsphäre anderer Mitglieder der überwachten Personengruppe eingedrungen ist und unter Missbrauch eines ihr entgegengebrachten persönlichen Vertrauens Informationen gesammelt und an den Staatssicherheitsdienst weitergegeben hat, die geeignet gewesen waren, für die Bespitzelten eine beachtliche Gefahrenlage zu schaffen.
45 
Dabei lässt die Kammer dahinstehen, inwieweit etwa die Informationen der Klägerin zu den Planungen einzelner Mitglieder der überwachten Gruppe zur politisch-inhaltlichen Einflussnahme auf Veranstaltungsreihen wie den „Eintopp“ oder den „Kramladen“ oder über im Rahmen einzelner Gespräche und Diskussionen geäußerte politische Ansichten zur bürokratischen Erstarrung und quasikapitalistischen Überformung des Sozialismus in der DDR für sich geeignet waren, die betreffenden Personen einer beachtlichen Gefahrenlage auszusetzen und damit den Tatbestand des Ausschlussgrundes nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 HHG zu erfüllen. Mangels näherer Kenntnis über den konkreten Inhalt der erlangten Informationen lässt die Kammer zugunsten der Klägerin auch den Umstand außer Acht, dass die Klägerin anlässlich einer Pragreise das in Kalenderform vorliegende Notizbuch eines Reisepartners, welches ihr dieser vorübergehend anvertraut hatte, kopiert und als Abschrift an den Staatssicherheitsdienst übergeben hatte. Denn jedenfalls muss sich die Klägerin vorwerfen lassen, dass sie ein verstecktes Bild eines in Untersuchungshaft einsitzenden Künstlers ausfindig gemacht, Fotos von Bildern eines in ihrem Atelier ausstellenden Künstlers angefertigt und an den Staatssicherheitsdienst übergeben, den Besitz und Aufbewahrungsort eines verbotenen Werkes von Trotzki und von Ausschnitten aus ebenfalls verbotenen Westzeitungen mit Interviews von Wolf Biermann sowie sehr konkrete Mitteilungen über staatsfeindliche Liedtexte oder Einstellungen einzelner Personen gemacht hat, wovon etwa die im Treffbericht vom 24.11.1976 (BStU AS. 114 f) festgehaltene Information über die „innerste Empörung“ und die „verfestigte negative politische Einstellung“ einer konkret bezeichneten Person den Auftrag seitens des Führungsoffiziers des Staatssicherheitsdienstes nach sich zog, eine Vergleichsschrift und eine „Geruchsprobe“ von dieser Person zu sichern. Von potentiell erheblicher strafrechtlicher Relevanz für die betroffenen Personen waren auch die ausführlichen Angaben der Klägerin zu dem Vorfall mit dem Schwein „Erich“ in der Wohnung eines mutmaßlichen „Bonzen“ am Leninplatz sowie die wiederholten Hinweise der Pläne einer dritten, namentlich benannten Person zu einer entweder legalen oder auch illegalen Ausreise und die hierbei von den Gruppenmitgliedern gewährte Unterstützung.
46 
Zumindest mittelbar hat die Klägerin erhebliche Gefahrenlagen für die Mitglieder der überwachten Gruppe auch dadurch geschaffen, dass sie Treffen und Ausstellungen in ihrem Atelier veranlasst oder geduldet hat, obwohl sie - entgegen der anderweitigen Einlassung ihres Bevollmächtigten - wusste, dass diese Räume akustisch überwacht werden. Insofern muss sich die Klägerin die eindeutige Notiz in dem Treffbericht vom 3.7.1975 (BStU AS. 40f) zu ihrer Kenntnis von der „installierten Technik“ entgegen halten lassen. Dem von ihr in diesem Zusammenhang vorgebrachten Einwand, dass die Klägerin bei Kenntnis von der Installation der Abhörtechnik nicht über die Treffen im Atelier hätte berichten müssen und dem Staatssicherheitsdienst die Möglichkeit genommen worden wäre, die Wahrheit ihrer Berichte und damit ihre Ehrlichkeit zu kontrollieren, steht entgegen, dass die Klägerin tatsächlich nicht über den Inhalt der Treffen im Atelier berichtet hat, sondern - auftragsgemäß - nur über die Termine geplanter Veranstaltungen in den Atelierräumen.
47 
b. War die der Klägerin von der Beklagten am 07.11.1986 erteilte Häftlingshilfebescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG von Anfang an rechtswidrig, weil - nach dem Vorstehenden - die Ausschlussgründe nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 HHG vorlagen, hat die Beklagte zu Recht angenommen, dass die der Klägerin erteilte Bescheinigung als unmittelbare Voraussetzung für die tatsächlich erfolgte Gewährung einzelner Geldleistungen an die Klägerin in Form der Eingliederungshilfe nur unter den Einschränkungen des § 48 Abs. 2 bis 4 LVwVfG zurückgenommen werden kann (vgl. hierzu auch BVerwG, Urt. v. 24.05.2012 - 5 C 18.11 -, BayVBl. 2013, 442, 444), dass das Vertrauen der Klägerin auf den Bestand der Bescheinigung nicht schutzwürdig ist und damit auch einer Rücknahme nicht entgegensteht, weil die Klägerin den rechtswidrigen Bescheid durch Angaben erwirkt hatte, die in wesentlicher Beziehung unrichtig waren (§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 VwVfG).
48 
Die Ausstellung der Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG an die Klägerin beruhte ohne weiteres darauf, dass die Klägerin bei ihrer Antragstellung - unstreitig - keine Angaben zu ihrer Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit in den Jahren seit 1974 gemacht hatte. Hierzu wäre sie jedoch unter Berücksichtigung der ihr erkennbaren allgemeinen Mitwirkungspflicht nach § 26 Abs. 2 LVwVfG verpflichtet gewesen, zumal ihr die Bedeutung der entsprechenden Angaben nach den Gesamtumständen der Antragstellung auch bewusst war oder hätte sein müssen (zur Erwirkung eines Verwaltungsakts durch Verschweigen erheblicher Umstände vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. .v. 10.10.2007 – 13 S 2215/07 –, NVwZ-RR 2008, 139; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl. 2014, § 48, Rn. 116 f).
49 
Zwar wurde die Klägerin bei ihrer Antragstellung am 5.8.1986 weder mündlich noch schriftlich nach einer Tätigkeit für den Staatssicherheitsdienst der DDR befragt, doch liegt hierin kein so wesentlicher Mangel im Antragsformular, dass die Klägerin deshalb von der fehlenden Entscheidungserheblichkeit dieser Umstände für ihren Antrag auf Bewilligung einer Entschädigung für die vor ihrer Ausreise in die Bundesrepublik in der DDR erlittene Haft ausgehen konnte (zur Folge fehlerhafter oder unklarer Antragsformulare vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., Rn. 118 ). Denn die Klägerin war in einem Vordruck zu einer Erklärung zu ihrem Entschädigungsantrag ausdrücklich und unter Wiedergabe des Wortlauts auf die gesetzlichen Ausschlussgründe des § 2 Abs. 1 Nr 1 und 2 HHG hingewiesen worden, so dass sie unmittelbar Veranlassung gehabt hätte, ihre Tätigkeit für den Staatssicherheitsdienst zu offenbaren und sich dessen zu versichern, dass ihre (auf eigener fehlerhafter Subsumtion beruhende) Versicherung dazu, dass sie weder im Gewahrsamsgebiet dem dort herrschenden politischen System erheblich Vorschub geleistet, noch durch ihr Verhalten gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit oder Menschlichkeit verstoßen habe, auch tatsächlich zutrifft. Denn auch wenn die Klägerin für sich in Anspruch nimmt, unmittelbar nach der Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland mit den Erwartungen der Verwaltung noch nicht hinreichend vertraut gewesen zu sein, so hatte sie zumindest in ihrer allgemeinen persönlichen Wertung das Bewusstsein davon, dass ein intensives Ausforschen von Personen aus ihrem persönlichen Umkreis durch den Staatssicherheitsdienst der DDR, wie sie es in den Jahren zwischen 1974 und 1976 aktiv ermöglicht und unterstützt hatte, mit den Grundsätzen der Rechtsstaatlichkeit und Menschlichkeit unvereinbar war. Denn immerhin hatte die Klägerin bei der - im Vertriebenenausweisverfahren abgegebenen - Begründung ihrer Aussiedlung aus der DDR vom 3.8.1986 ausführlich dargelegt, dass sie begriffen habe, dass „die SED das gesamte politische Leben in der DDR beherrscht, … dass es keine Anerkennung der Würde und politische Freiheit der Menschen gibt“ und dass sie „die DDR als totalitären Staat (sieht), in dem der Staatssicherheitsdienst pol. Gegner bespitzelt und verfolgt - Berufsverbote erteilt“ Es gebe keine wirkliche Toleranz und Freiheit. Ihr sei der Preis für das bequeme Mitmachen in dem Regime zu hoch gewesen; mit „dieser Schuld habe (sie) nicht leben wollen.“ Hinzukommt, dass es einem unbefangenen Antragsteller bewusst sein muss, dass die Entscheidungserheblichkeit ihrer Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit im Zusammenhang mit der Frage nach dem Nichtbestehen der bezeichneten Ausschlussgründe nicht einfach der eigenen inneren Subsumtion ihres Verhaltens unter einen - wie sie selbst vorbringt - ihr unklaren Rechtsbegriff überlassen sein kann. Dies gilt umso mehr, als sie mit ihrer Unterschriftsleistung auch versichert hat, dass alle ihre Angaben richtig und vollständig seien und ihr bekannt sei, dass bewusst unrichtige Angaben zur Rückerstattung erhaltener finanzieller Leistungen führen (a.A. VG Berlin, Urt. v. 03.09.2008 - 9 A 2.08 -, juris; VG Würzburg, Urt. v. 15.07.2002 - W 8 K 02.122 - juris, Nr. 33).
50 
Schließlich ist auch die Frist des § 48 Abs. 4 LVwVfG zur Rücknahme der Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG eingehalten. Denn die hier maßgebliche Kenntnis der Behörde von den Tatsachen, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen (hierzu Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 48 Rn. 154 m. w. N.), war mit der Übersendung der die Klägerin betreffenden vollständigen Unterlagen des BStU im Widerspruchsverfahren Mitte Dezember 2011 und der hierzu erfolgten Anhörung des Kläger-Bevollmächtigten Ende April 2012 gegeben, während die mit Bescheid vom 18.10.2010 erfolgte Rücknahmeentscheidung der Beklagten mit Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 26.06.2012 erfolgt war.
51 
2. Lagen damit die Tatbestandvoraussetzungen für eine Rücknahme der Häftlingshilfebescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG ohne die Notwendigkeit der Berücksichtigung eines Vertrauensschutzes des Inhabers vor, so ist die Rücknahme dieser Bescheinigung auch unter Ermessensgesichtspunkten nach § 114 Satz 1 VwGO nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat das ihr zustehende Ermessen erkannt und dieses ohne Rechtsverstoß ausgeübt. Aufgrund des Erwirkens der Bescheinigung durch falsche Angaben der Klägerin war die Rücknahme der Bescheinigung für die Vergangenheit nach § 48 Abs. 2 Satz 4 LVwVfG intendiert (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.05.1996 - 3C 13/94 - Buchholz 451.513 -; sowie BVerwG, Beschl. v. 20.03.1990 - 9 C 12/89 - NVwZ 1990, 1066-1069).
52 
Außergewöhnliche Umstände, die eine andere Entscheidung möglich erscheinen ließen, sind nicht gegeben. Sie liegen insbesondere nicht in dem Vortrag des Bevollmächtigten der Klägerin, dass die ihr selbst während der Haft zugefügten Leiden unvergleichlich schwerer wögen, als die möglichen Folgen ihres eigenen Tuns. Denn eine derartige Abwägung sieht zumindest der über § 2 Abs. 1 Nr. 2 HHG verwirklichte Ausschlussgrund der Verletzung der Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit und Menschlichkeit grundsätzlich nicht vor. Eine Aufrechnung der schwerwiegenden Verfehlungen der Klägerin mit dem später selbst erlittenen Unrecht findet nicht statt (BVerwG, Urt. v. 19.01.2006, a.a.O.; OVG Berlin, Urt. v. 01.12.2004 - 6 B 1.04 -, juris Rn. 49).
53 
Entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten der Klägerin begründet es auch keine atypischen Umstände im Sinne des § 48 Abs. 2 Nr. 4 LVwVfG, dass sowohl die Ausstellung der Häftlingshilfebescheinigung als auch die vorherige Verwirklichung der Ausschlussgründe weit in der Vergangenheit liegen. Denn dies ist für den Regelungsbereich des Häftlingshilfegesetzes geradezu typisch. Der Hinweis auf die Verjährung strafrechtlicher Vorwürfe verfängt nicht, da es im Fall der Rücknahme der Häftlingshilfebescheinigung nicht um den Vorwurf eines schuldhaft strafbaren Verhaltens geht, sondern darum ob eine Person, die die Ausschlussgründe verwirklich hat, eine unter falschen Voraussetzungen gewährte staatliche Leistung behalten können soll oder nicht.
54 
3. Die Rückforderung der Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG findet ihre Rechtsgrundlage in § 52 LVwVfG und ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Zwar setzt § 52 Satz 1 LVwVfG die Unanfechtbarkeit der Rücknahme oder des Widerrufs des zugrunde liegenden Verwaltungsakts voraus. Jedoch ist eine Rückforderung zugleich mit dem die Wirksamkeit des Verwaltungsaktes aufhebenden Verwaltungsakt möglich, wenn sie unter die aufschiebende Bedingung des Eintritts der Unanfechtbarkeit gestellt wird. Dies ist hier anzunehmen (vgl. Kopp/Ramsauer, a. a. O., § 52 Rn. 6).
55 
Zudem wurde der Klägerin eine Frist von zwei Wochen gesetzt, innerhalb derer sie die Bescheinigung an das Sozial- und Jugendamt der Stadt ... zurückzugeben habe.
56 
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Gerichtskostenfreiheit beruht auf § 188 Satz 2 VwGO. Die Kammer sieht nach § 167 Abs. 2 VwGO davon ab, die Entscheidung hinsichtlich der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
57 
Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO, aus denen die Berufung vom Verwaltungsgericht zuzulassen wäre, sind nicht gegeben.

Gründe

 
20 
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet. Der Rücknahmebescheid der Stadt ... vom 18.10.2010 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums ... vom 26.06.2012 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
21 
1. Die mit Bescheid der Beklagten vom 18.10.2010 erklärte Rücknahme der der Klägerin nach § 10 Abs. 4 HHG erteilten Bescheinigung vom 07.11.1986 rückwirkend zum Zeitpunkt der Erteilung findet ihre Rechtsgrundlage in § 48 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für Baden-Württemberg - LVwVfG - (i.d.F. v. 12.04.2005, GBl. S. 350; zul. geänd. d. G. v. 17.12.2009, GBl. S. 809). Hiernach kann ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen werden, ein begünstigender Verwaltungsakt aber nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4. Nach § 48 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG darf ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, nicht zurückgenommen werden, wenn der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Auf Vertrauen kann sich nach Satz 3 jedoch nicht berufen, wer den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren (Nr. 2) oder wer die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (Nr. 3). Unter dieser Voraussetzung wird ein Verwaltungsakt, der eine Geldleistung betrifft oder hierfür Voraussetzung ist, in der Regel für die Vergangenheit zurückgenommen, § 48 Abs. 2 Satz 4 LVwVfG.
22 
a. Die Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass die der Klägerin nach § 10 Abs. 4 HHG erteilte Bescheinigung vom 07.11.1986 rechtswidrig ausgestellt worden war. Denn die Klägerin hat die zwingenden Ausschlussgründe für die Gewährung von Leistungen nach dem Häftlingshilfegesetz nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 HHG verwirklicht. Durch ihre Tätigkeit als Inoffizielle Mitarbeiterin des Ministeriums für Staatssicherheit hat sie in der ehemaligen DDR als einem in § 1 Abs. 1 Nr. 1 genannten Gewahrsamsgebiet dem dort herrschenden politischem System erheblich Vorschub geleistet (Nr. 1) und zudem dort durch ihr Verhalten gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit oder Menschlichkeit verstoßen (Nr. 2).
23 
aa. Den Ausschlussgrund des erheblichen Vorschubleistens erfüllt derjenige, der freiwillig ein Amt oder einen sonstigen Tätigkeitsbereich übernommen hat, deren wahrzunehmende Funktionen dazu bestimmt und geeignet waren, in nicht unerheblicher Weise den Herrschaftsanspruch der früheren SED und das von ihr getragene System zu festigen, auszudehnen oder den Widerstand gegen dieses System zu unterdrücken, sofern er die ihm übertragenen Aufgaben wahrgenommen, ihm gegebene Weisungen befolgt und damit dem System und seinen Zielen in der Tat nachhaltig gedient hat (BVerwG, Beschl. v. 12.02.1991 - 9 B 244/90 -, DÖV 1991, 508 m.w.N.). Dabei darf der Nutzen, den das Regime aus dem Verhalten gezogen hat, nicht nur ganz unbedeutend gewesen sein (BVerwG, Urt. v. 22.10.1987 - 3 C 12.87 - Buchholz 427.6 § 3 BFG Nr. 25). In dieser Vorschrift kommt eine Begrenzung der Hilfsbereitschaft zum Ausdruck, die zum Erlass des Häftlingshilfegesetzes und den dort vorgesehenen Hilfen geführt hat. In deren Genuss sollen diejenigen nicht kommen, die zwar Opfer des im Gewahrsamsstaat herrschenden politischen Systems geworden sind, aber zuvor durch nachhaltige Unterstützung eben dieses Systems dazu beigetragen haben, dass andere aus politischen und nach freiheitlich-demokratischer Auffassung von ihnen nicht zu vertretenden Gründen in Gewahrsam genommen werden konnten (BVerwG, Urt. v. 09.09.1959 - 8 C 281.59 - BVerwGE 9, 132, 141).
24 
Hieran gemessen hat die Klägerin den Ausschlussgrund des „erheblichen Vorschubleistens“ erfüllt. Zwar war die Klägerin - unstreitig - nicht in tragender Funktion in den Staatsapparat der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik eingebunden. Sie war jedoch freiwillig in einer Weise als Inoffizielle Mitarbeiterin für das Ministerium für Staatssicherheit tätig, die dazu bestimmt und auch geeignet war, den Widerstand gegen das System der SED in der Deutschen Demokratischen Republik in einer nicht unerheblichen Weise zu unterdrücken und die diesem deshalb gerade in seiner erkennbaren Unrechtsprägung von hinreichendem Nutzen war (allg. zur Spitzeltätigkeit für das MfS als Ausschlussgrund nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 HHG vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 05.11.2013 - OVG 3 B 9.12 -, juris Rn. 26; OVG Berlin, Urt. v. 15.01.1992 - 7 B 10.90 -, juris Rn. 18; VG Neustadt, Urt. v. 10.09.2010 - 2 K 156/10.NW. -, juris Rn. 31 ff).
25 
Aus den der Kammer vorliegenden Unterlagen des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik ergibt sich, dass die Klägerin durch ihren damaligen Lebensgefährten und späteren Ehemann ... B. (IMV ...) im August 1974 als sog. Inoffizielle Mitarbeiterin geworben worden war. Ziel der Anwerbung war zunächst - wie sich aus dem Treffbericht des Führungsoffiziers des Staatssicherheitsdienstes, Verwaltung Groß Berlin, Abt. .../2, vom 21.08.1974 (BStU AS. 4 ff.) ergibt - den als „operativ interessant“ eingeschätzten Bekanntenkreis der Klägerin näher überwachen zu können. Dieser Bekanntenkreis ergab sich aus der Nähe der Klägerin zu der freischaffenden Künstlerin ... und deren Verbindungen zu einer Vielzahl von auch damals schon prominenten Intellektuellen, Künstlern und jungen Erwachsenen, die - wie sich unter anderem aus der Auskunft des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik - BStU - vom 15.12.2011, dem Vorschlag der Abteilung .../2 des Staatssicherheitsdienstes vom 11.03.1975 zum Anlegen einer Operativ-Vorlaufakte (VAO) „Atelier“ (BStU AS. 65ff.; AS. 354) und dem Schlussbericht dieser Abteilung zum Operativen Vorgang „Atelier“ vom September 1977 (BStU AS 347 ff.) ergibt - insbesondere in der Folge des Machtwechsels an der Spitze des Zentralkomitees der SED von Walter Ulbricht auf Erich Honecker damit begonnen hatten, alternative Lebensformen wie Wohngemeinschaften zu bilden, künstlerische und intellektuelle Freiheiten in Anspruch zu nehmen und vor allem das bestehende Herrschaftssystem der DDR als einen durch die Bürokratie erstarrten und verratenen Sozialismus zu kritisieren, welcher über die Wiederbelebung der wahren Ideale dieser Gesellschaftsform reformiert werden müsse. Dieser Bekanntenkreis hatte im Zeitpunkt der Anwerbung der Klägerin als Inoffizieller Mitarbeiterin unter der Mitwirkung der Brigitte G. begonnen, sich wieder neu zu formieren, nachdem der Staatssicherheitsdienst zuvor in einem anderen Operativen Vorgang für eine Zerschlagung seiner Strukturen gesorgt hatte (vgl. BStU AS. 65). Insgesamt hatte die Verbreitung seiner, in den Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes als „linksrevisionistisch-trotzkistisch“ bezeichneten Anschauungen unter dem Gesichtspunkt der Straftatbestände der „Staatsfeindlichen Hetze“ nach § 106 und der „Staatsfeindlichen Gruppenbildung“ nach § 107 des damaligen Strafgesetzbuches der DDR potentiell strafrechtliche Relevanz. In jedem Fall aber sollten die Aktivitäten dieser „jungen Erwachsenen mit politisch negativen Merkmalen“, die zudem teilweise noch im Verdacht standen, einen nach § 213 des StGB der DDR strafbaren „Ungesetzlichen Grenzübertritt“ zu planen oder anderen hierbei in einer als „Staatsfeindlichem Menschenhandel“ nach § 105 des StGB der DDR strafbaren Weise Hilfe leisten zu wollen, durch geeignete Maßnahmen unter Kontrolle gehalten und gegebenenfalls unterbunden werden (vgl. BStU AS. 70 f.).
26 
Auch wenn sich - wie sich aus dem Schlussbericht der Abteilung ... der Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Berlin zum Operativen Vorgang „Atelier“ vom September 1977 (BStU AS. 347 ff) ergibt - die Tätigkeiten der überwachten Gruppe auch für diese letztlich als insgesamt nicht strafrechtlich relevant erwiesen und nur gegen zwei der zu Beginn der Überwachungsaktion fünf Hauptverdächtigen „vorbeugende, erzieherische u.a. operative Maßnahmen“ eingeleitet wurden (vgl. den Einstellungsbeschluss der Abteilung ... zum Operativen Vorgang vom 26.11.1977), so zeigt der zum Teil sehr hohe Aufwand der Überwachung mit dem Einsatz einer Vielzahl von Inoffiziellen Mitarbeitern, Abhörmaßnahmen und mindestens einer Wohnungsdurchsuchung zum Zwecke einer möglichst lückenlosen Erfassung und frühzeitigen Unterbindung der Aktivitäten des überwachten Personenkreises und seiner Verbindungen zu anderen Gruppierungen innerhalb der DDR, dass der Staatssicherheitsdienst den Aktivitäten der konkreten Gruppe eine sehr hohe Bedeutung für das Entstehen einer - zu bekämpfenden - Opposition gegen das damalige Herrschaftssystem der SED beigemessen hatte. Entsprechend wurden im Rahmen des Operativen Vorgangs „Atelier“ eine Vielzahl von Querverbindungen zu Personen und Aktionen gezogen, die im Focus anderer Operativer Vorgänge wie dem Vorgang „Monolith“ standen oder gegen die andere Abteilungen des Staatssicherheitsdienstes vorgingen, wie etwa zu der Veranstalterin der damals populären Veranstaltungsreihen „Eintopp“ im Haus der Jungen Talente und „Kramladen“ im Jugendclub Berlin-Weißensee, ... (Schlussbericht der Abteilung ... der Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Berlin, BStU AS. 350f. sowie - in Bezug auf den Operativen Vorgang „Monolith“ - der Operativplan der Hauptabteilung .../2 vom 22.3.1976, BStU 221ff). Hinzu kommt, dass einzelne Mitglieder der über die Klägerin ausgespähten Gruppe durch anlassbezogene gezielte Befragungen durch den Staatssicherheitsdienst und strafrechtliche Maßnahmen gegen Einzelpersonen aus dem Umfeld der Gruppe systematisch und frühzeitig mit dem Ziel verunsichert wurden, eine weitere Festigung ihrer oppositionellen Einstellung zu vermeiden und dass die unter dem Operativen Vorgang „Atelier“ beobachteten Personen auch nach der Beendigung dieses Überwachungsvorgangs durch weitere Inoffizielle Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes unter Kontrolle gehalten wurden (hierzu Schlussbericht, BStU AS. 353).
27 
Der Klägerin kam bei der Überwachung des Personenkreises um ... eine zentrale Bedeutung zu, wenn sie auch nicht die einzige Person war, die über diesen Kreis berichtete. Dies ergibt sich nicht nur aus dem retrospekiv im Februar 1977 verfassten „Auskunftsbericht“ des ehemaligen Führungsoffiziers der Klägerin „zur inoffiziellen Zusammenarbeit mit dem IMV ...“, dem damaligen Ehemann der Klägerin (BStU AS. 234ff), nach dem dieser IMV Walter den Kontakt zu seiner geschiedenen Ehefrau „...“ und deren „politisch negativem Umgangskreis“ auf Weisung des Staatssicherheitsdienstes nach Jahren der Unterbrechung Mitte der 1970er Jahre wieder aufnahm und hier die Klägerin der Staatssicherheit als geeignete IMV zuführte, nachdem klar war, dass seine „operativen Einsatzmöglichkeiten“ aufgrund des ihm seitens der ... und ihrer Bekannten entgegengebrachten Misstrauens „periphär“ bleiben mussten. Vielmehr war die Klägerin spätestens seit Mitte des Jahres 1975 in einer Weise in die Überwachung des Personenkreises um ... eingebunden, nach der ihr die Eignung und Bestimmung ihrer Informationen zur Verhinderung und Unterdrückung einer als ernsthaft eingeschätzten Oppositionsbewegung nicht verborgen geblieben sein kann.
28 
Bei der Beurteilung der Art und des Maßes der Einbindung der Klägerin in die Überwachung des oppositionellen Personenkreises um ... durch die Abteilung .../2 des Staatssicherheitsdienstes im Bezirk Groß-Berlin geht die Kammer - entgegen der pauschalen Einwendung des Bevollmächtigten der Klägerin - davon aus, dass die relativ umfangreichen, letztlich aber auch erkennbar lückenhaft vorliegenden Berichte des Führungsoffiziers zu Treffen mit der Klägerin ebenso wie die maschinengeschriebenen Abschriften von Aussagen und Berichten der Klägerin und deren eigene handschriftliche Berichte auch inhaltlich der Wirklichkeit entsprechen. Hierfür spricht der erkennbare Zweck dieser Dokumente, verlässliche und umfassende Informationen über den jeweils ausgeforschten Sachverhalt und Personenkreis zu erlangen, die dann - vor allem im Verbund mit Informationen aus anderen Quellen - eine Entscheidungsgrundlage für ein weiteres möglichst effektives Vorgehen des Staatssicherheitsdienstes gegen eine als potentiell bedrohliche Bewegung aus dem Kreise der Jugend, der Künstler und der Intellektuellen zu haben. Auch ergeben sich aus den einzelnen Schriftstücken keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die dokumentierten Informationen der Klägerin mit dem Ziel dramatisiert worden wären, den gesamten Operativen Vorgang oder auch einzelne Maßnahmen innerhalb der Überwachung des hiermit erfassten Personenkreises besser rechtfertigen zu können. Vielmehr sind die der Klägerin über Treffberichte und eigene Aussagen zugeschriebenen Informationen für sich genommen vorwiegend auf objektive Umstände bezogen und lassen weder von Seiten der Klägerin noch von Seiten des dokumentierenden Führungsoffiziers einen besonderen wertenden Belastungseifer erkennen. Die auf der Grundlage der Informationen der Klägerin gewonnenen Erkenntnisse wurden im Gegenteil - wie etwa der Schlussbericht vom September 1977 (BStU AS. 347 ff.), aber auch die Unterbrechung und Ausdifferenzierung der Abhörmaßnahme im Atelier der Klägerin (vgl. insb. den Aktenvermerk vom 25.3.1976, BStU AS. 318 f) zeigen - von den Mitarbeitern des Staatssicherheitsdienstes während des Operativen Vorgangs in ihrer Bedeutung durchaus auch wieder relativiert. Schließlich lag es nach der damaligen Sachlage auch fern, dass derartige Berichte und Informationen mit dem Ziel einer späteren Diskreditierung und übermäßigen Belastung der Klägerin angefertigt wurden.
29 
Im Einzelnen berichtete die Klägerin, die ihre Tätigkeit als Informantin des Staatssicherheitsdienstes unstreitig ohne besonderen Druck seitens der Sicherheitsdienste auf sie aufgenommen hatte, anlässlich ihrer Werbung als Inoffizieller Mitarbeiterin zunächst sehr allgemein über einzelne Personen aus dem Bekanntenkreis der ... und deren Beziehung untereinander (Treffbericht vom 21.8.1974, BStU AS. 4ff.). Die für die Folgezeit - ersichtlich unvollständig - dokumentierten Treffberichte etwa vom 9.9.1974 (BStU AS. 8 f), vom 21.10.1974 (BStU AS. 10 f.) und vom 3.12.1974 (BStU AS. 12 f) beinhalten dann spezifischere Informationen vor allem zu einzelnen Personen aus der Gruppe und deren Umfeld, zu Kontakten und Zusammenkünften mit anderen Personenkreisen etwa aus Potsdam und Weimar sowie aus dem Kreis der Veranstaltungsreihe „Eintopp“ im Haus der Jugend und zu dem Jugendclub „Baumschulenweg“. Seitens des Führungsoffiziers ist das Bestreben der Klägerin dokumentiert, über die Organisation eigener Bilderausstellungen „schneller Kontakte zu dem operativ interessanten Personenkreis zu finden“. Einzelinformationen der Klägerin, wie etwa zu dem Plan mehrerer Personen, den Dachboden eines spezifischen Hauses zu einer Kommune auszubauen, fanden unmittelbar Niederschlag in internen Operativen Informationen, die ihrerseits offensichtlich die Grundlage für eine weitere Überwachungsarbeit bilden sollten (BStU AS. 21).
30 
Erste Aussagen der Klägerin auch zum inhaltlichen Denken der Gruppe um ... sind dann in einer Abschrift von einer Tonbandaussage vom 3.2.1975 dokumentiert, in welcher die Klägerin über ein Treffen einiger Personen berichtet, welches im Anschluss an eine Kulturveranstaltung im „Eintopp“ in einer Privatwohnung und damit mit vertraulich-privatem Charakter stattgefunden hatte. Neben dem Plan, die Veranstaltungen im „Eintopp“ über einen Hörerbeirat zu steuern, in dem man selbst Einfluss haben soll, und der Idee, über ein Atelier einen eigenen Veranstaltungs- und Diskussionsraum zu installieren, berichtet die Klägerin vor allem über die politische Einstellung namentlich genannter Personen, die das damalige sozialistische System der DDR als „quasi kapitalistisch“ anprangern (BStU AS. 17 f.). Gerade diese Hinweise auf Treffen des Personenkreises in der Privatwohnung eines Gruppenmitglieds, die - wie sich aus dem Schlussbericht der Abteilung .../2 der Bezirksverwaltung Groß-Berlin der Staatssicherheit vom November 1977 (BStU 347ff) ergibt - noch in weiteren, nicht dokumentierten Berichten der Klägerin enthalten sein müssen, waren der Auslöser für die Anlegung eines offiziellen Operativen Vorgangs zur Überwachung dieses Personenkreises (vgl. den „Vorschlag“ dieser Abteilung vom 11.03.1975 zum Anlegen eines Operativ-Vorgangs „Atelier“; BStU 65 ff). Dabei fand der Hinweis auf die Planung der Gruppe, sich über eine Atelierwohnung eines Gruppenmitglieds eine festen und geschützten Ort für eine Zusammenkunft zu schaffen, insoweit seinen Niederschlag in der Planung dieses Operativ-Vorgangs, als die Aufmerksamkeit der Gruppe bewusst und gezielt auf das Atelier der Klägerin gelenkt wurde, die sich zu diesem Zeitpunkt als freischaffende Künstlerin niedergelassen hatte. Entsprechend ist in der Operativen Planung des Vorgangs ausdrücklich festgehalten, dass die „halbhauptamtlich“ eingesetzte Klägerin auf die Auswahl des Ortes für die Zusammenkünfte der Gruppe Einfluss ausüben soll und dass ihre Einsatzmöglichkeiten dadurch verbessert werden, dass sie in ihrem Bestreben, eine freischaffende Tätigkeit im Verband bildender Künstler zu übernehmen unterstützt wird (Vorschlag, BStU AS 71; zum „halbhauptamtlichen Einsatz der Klägerin vgl. auch den Zwischenbericht der Abteilung ... zur VOA „Atelier“ vom 18.6.1975, BStU AS. 101 f).
31 
Nachdem die Klägerin in ihrer Information über eine Hörerbeiratssitzung in einer Privatwohnung am 17.6.1975 (BStU AS. 37 f) berichtet hatte, dass man einen geschützten Diskussionsraum suche und hierbei die Idee konkret auf ihr Atelier gelenkt worden war, wurde der bereits in der Operativen Planung des Operativ-Vorgangs „Atelier“ gefasste Beschluss des Staatssicherheitsdienstes umgesetzt, das Atelier der Klägerin und den darüber liegenden Dachboden über „operative Technik“ langfristig unter Kontrolle zu halten (Vorschlag, BStU AS. 72) . Diese Umsetzung erfolgte - entsprechend einem Aktenvermerk der Abteilung .../2 vom 2.7.1975 (BStU AS. 255) - am 3.7.1975, wobei die Abteilung ... es übernommen hatte, die Voraussetzungen für das Betreten der Räume zu schaffen und für ungestörte Arbeitsmöglichkeiten zu sorgen. Im Einklang mit diesem Termin ist in dem Treffbericht der Abteilung .../2 zu dem Treffen mit der Klägerin am 3.7.1975 (BStU AS. 40 f) ausdrücklich festgehalten, dass die Klägerin davon Kenntnis hat, „dass im Objekt „Atelier“ Technik installiert wurde“. Einzelheiten dazu und Ortskenntnisse fehlten dem IM jedoch. Da sich die Klägerin bis zum 28.7.1975 im Urlaub befand, sollte sie dafür sorgen, dass das Atelier während ihrer Abwesenheit nicht oder jedenfalls nur sehr eingeschränkt genutzt wird. Die Aufnahme der als „Maßnahme nach 26-B“ bezeichneten Abhöraktion der Räumlichkeiten mittels Mikrophon erfolgte dann schließlich mit der Eröffnung des Ateliers am 6.9.1975 (vgl. Treffbericht vom 4.9.1975, BStU 42 f).
32 
Unabhängig von der - der Klägerin entgegen ihrer Darstellung bekannten - Installation der Abhörtechnik und der damit ersichtlich intensivierten Ausforschung des Personenkreises um die oppositionelle Künstlerin ... durch die Staatssicherheit lieferte die Klägerin mindestens seit April vermehrt auch Informationen über die Gruppe oder deren Mitglieder, die nicht nur eine sachlich operative, sondern auch eine diskreditierende oder gar strafrechtliche Relevanz haben konnten:
33 
So ist in einer Operativen Information der Abteilung .../2 vom 28.4.1975 (BStU AS. 85f) festgehalten, dass die Klägerin „entsprechend der gegebenen Aufgabenstellung“ das Bild eines sich in Untersuchungshaft befindlichen Künstlers „Mensch in der Kiste“ in einer Wohnung eines Dritten ausfindig gemacht werden konnte, wo es versteckt worden war. Auch wurde die Klägerin damit beauftragt, die „eventuell provokatorischen oder staatsfeindlichen“ Fotoarbeiten zu überwachen, die ein Mitglied der Gruppe mit der in ihrem Atelier befindlichen Ausrüstung Ende April 1975 durchführen wollte.
34 
Bei einem - mit Treffbericht vom 19.6.1975 dokumentierten - Treffen der Klägerin mit dem Führungsoffizier der Staatssicherheit berichtete diese dann unter anderem über eine Aktion einzelner Gruppenmitglieder, bei der ein lebendiges und besonders geschmücktes Schwein mit dem Namen „Erich“ unter Anfertigung von einigen Fotos an Bewohner einer Wohnung am Leninplatz verschenkt worden war, die als mutmaßliche „Bonzen“ eingeschätzt worden waren (BStU AS. 28 sowie die Abschrift einer mit „...“ unterzeichneten Information vom 20.6.1975, BStU AS. 30). Diese Aktion, die nochmals zum Gegenstand einer offiziellen Vernehmung der Klägerin und weiterer Ermittlungen durch die Volkspolizei gemacht worden war (BStU AS. 130 ff.), wurden nach entsprechender Bewertung durch die zuständige Abteilung IX der Bezirksverwaltung Groß-Berlin des Staatssicherheitsdienstes - entgegen erster Wertungen - letztlich nicht als nach den §§ 106 und 220 StGB der DDR strafbare „Staatsfeindliche Hetze“ oder „Staatsverleumdung“ bewertet, da ein gewollter Zusammenhang zwischen dem Namen des Schweins und dem des Ersten Sekretärs des ZK der SED nicht zu beweisen sei, wenn man die Klägerin nicht dekonspirieren wolle. Im Ergebnis wurde angeregt, auf der Grundlage der Zeugenaussage nur der Bewohnerin der Wohnung, der das Schwein übergeben worden war, den Vorfall allein als Ordnungswidrigkeit der „Störung des sozialistischen Zusammenlebens“ zu ahnden (BStU AS. 148).
35 
Über diesen Vorfall mit dem Schwein hinaus berichtet die Klägerin bei dem Treffen am 18.6.1975 sowohl über ein internes Treffen des Hörerbeirats zu der Veranstaltungsreihe „Eintopp“ am 17.6.1975 als auch über ein Treffen der Gruppe am 13. bis 15.6.1975 in Hohenneuendorf, wobei beide Berichte ebenso wie die Information zu der Aktion mit dem Schwein seitens des Führungsoffiziers und seines Vorgesetzten als „wertvolle Information“ eingeschätzt wurde, die zum Teil auch Ausgangspunkt für strafrechtliche Maßnahmen sein könnten (BStU AS. 28 f). Tatsächlich enthält dann etwa die im Einzelnen wiedergegebene Information der Klägerin zu dem Wochenende in Hohenneudorf neben der Schilderung einer Diskussion zu dem Auftrittsverbot einer anwesenden Künstlerin vor allem den Inhalt verschiedener Lieder, die ein anderer namentlich benannter Künstler vorgestellt hatte und in denen er die kapitalistischen Strukturen in den Betrieben kritisierte. Dabei stellte die Klägerin unter ausdrücklichem Hinweis auf konkrete Textzeilen („Verjagt die rote Nazibrut“) die „Abneigung des Sängers gegen den Sozialismus“ heraus, der demnächst öffentlich im „Kramladen“ auftreten wolle. Die Information der Klägerin über das Treffen des Hörerbeirats des „Eintopp“ (BStU AS. 97 ff) betraf die Konflikte mit der Leitung des Hauses der Jungen Talente um die Mitbestimmung zum Veranstaltungsprofil der Vortragsreihe und vor allem die Urheberschaft und den Inhalt einer - kritisch-ironisch verfassten - Grußadresse des Publikums des „Eintopp“ an die Kulturkonferenz der FDJ.
36 
Weitere Berichte der Klägerin, die von ihrem Führungsoffizier als „zuverlässig und ehrlich“ bewertet wurde und bei der die Kammer aufgrund der für die Monate Juni, Juli, September, November und Januar 1975 dokumentierten Zuwendungen davon ausgeht, dass sie jedenfalls seit Juni 1975 ungeachtet anderweitig erstatteter Spesen und Sonderzuwendungen für ihre Tätigkeit als IMV bis mindestens zum Januar 1976 monatlich 300 Mark erhalten hatte, betrafen dann im September und Oktober 1975 vor allem einzelne Personen und generelle Planungen der Gruppe etwa zur Herstellung von „interessanten Plakaten“ für Kundgebungen und Demonstrationen oder zu einer Protestaktion vor der Spanischen Botschaft am 29.9.1975 (Treffberichte vom 10.9.1975 BStU AS. 44 f; vom 17.9.1975, BStU AS. 46 f; vom 1.10.1975, BStU AS. 48 f und vom 22.10.1975, BStU AS. 54). Hierbei ist in einer persönlichen Information der Klägerin über die - anlässlich der Eröffnungsfeier ihres Ateliers - am 6.9.1975 sowie an weiteren Tagen geführten Gespräche (BStU AS. 19 ff) ebenso wie in einer Operativen Information der Abteilung .../2 vom 10.9.1975 über die „Party im Atelier“ der Klägerin am 6.9.1975 festgehalten, wie ein Mitglied der überwachten Gruppe ein Gespräch mit der Klägerin geführt hatte, in dem es um ihre Einstellung zum Sozialismus und zur bestehenden Bürokratie gegangen sei. Hierbei schilderte die Klägerin ausdrücklich die Auffassungen dieser Person, dass man die „Bürokratie“ an deren Spitze Honecker und Breschnew stünden, als Konterrevolutionär mit eigenen Mitteln schlagen müsse. In der Parteiversammlung seien alle Gauner und Verräter. Auch Erich und Beschnew seien Verräter. Zu einem späteren Treffen am 14.9.1975 berichtete die Klägerin über den Besitz dieser Person einer KPdSU-Ausgabe von 1945 und des 1936 von Trotzki verfassten Werkes „Die verratene Revolution“, welches er mit dem Umschlage eines Buches zur „Wanderfahrt nach alter Handwerkskunst“ getarnt in seinem Bücherregal versteckt habe. Ähnlich betraf eine weitere am 9.12.1975 angefertigte „Information“ der Klägerin die politische Einstellung verschiedener namentlich benannter Personen, die zum Teil an bestimmender Stelle der überwachten Gruppe aktiv waren und zwischen denen ein persönlicher Streit eskaliert sei. Hierbei werden Äußerungen der Personen wiedergegeben wie: “Hier ist alles Mist. Am besten man haut hier ab. Ist sowieso nichts zu erreichen“ oder, „Ich bin stolz als „Staatsfeind“ bezeichnet zu werden. … ist ein revolutionärer Spinner. Will Geschichte machen“.
37 
Ebenfalls auf eine Einzelperson und deren politische Ansichten und Verbindungen bezogen ist die detaillierte Information der Klägerin über den ihr - unter der Bitte um Geheimhaltung auch gegenüber anderen Mitgliedern der Gruppe „Atelier“ - anvertrauten Plan eines Gruppenmitglieds, mit einer ab Februar 1976 an der Humboldt-Universität tätigen französischen Gastwissenschaftlerin (Frau ...) zusammenarbeiten zu können, deren Aufenthalt bei Bekanntwerden ihrer Verbindung zu der Gruppe jedoch gefährdet sei (Treffbericht vom 11.11.1975, BStU AS. 58). Auf entsprechende Aufträge hin (vgl. etwa den Treffbericht vom 17.02.1976, BStU 66), übermittelte die Klägerin ihrem Führungsoffizier auch Fotographien von Bildern, die andere Künstler angefertigt und etwa im „Atelier“ ausgestellt hatten (vgl. etwa Treffbericht vom 10.2.1976, BStU AS. 70), Kopien von Schriftstücken einzelner Personen (Treffbericht vom 10.2.1976, BStU AS. 70) oder auch Telefonnummern und andere Details zu einzelnen Personen (vgl. etwa Treffbericht vom 23.02.1976, BStU AS. 64: Telefonnummer der Reinigungskraft und die Information der Klägerin vom 9.12.1975 BStU. AS. 72: Telefonnummern und verschiedene Namen). Sehr genaue Angaben der Klägerin sind auch in dem Treffbericht vom 15.4.1976 (BStU 88) dokumentiert, etwa zu dem Besitz einer konkret benannten Person zu Ausschnitten aus Westzeitungen inkl. Interview mit Biermann, welche in seiner Wohnung in die Bücher „Spur der Steine“ und „Clara Zetkin“ eingelegt seien. Nachdem die Klägerin bei einem Treffen mit dem Vorgesetzten Führungsoffizier am 24.11.1976 von einer Auseinandersetzung mit einem bei ihnen wohnenden Mitglied des Personenkreises „Atelier“ und über dessen „innerste Empörung“ über die Ausbürgerung eines Dritten sowie dessen „seit Jahren verfestigte negative politische Einstellung“ und der „mitunter gegebenen Neigung zu entschlossenem Handeln“ berichtet hatte (hierzu Treffbericht vom 24.11.1976 BStU AS. 114 f und „Information der Quelle „...“ vom 25.11.1976, BStU AS. 116), wurde der Klägerin nicht nur eine sehr gute Einsatzbereitschaft attestiert, sondern es wurde ihr auch - und dies zeigt die Brisanz dieser Informationen - der Auftrag erteilt, ein „Wäschestück zu beschaffen“ und „als Geruchskonserve zu sichern“. Zudem sagte die Klägerin offensichtlich zu, aus den in ihrem Besitz befindlichen Unterlagen eine „Vergleichsschrift“ dieser Person zu besorgen. Schließlich befinden sich in den vorliegenden Unterlagen auch Angaben der Klägerin zu persönlichen Umständen einzelner Personen, die vor allen Dingen deren intimes Privatleben betrafen und die ausweislich der Randnotizen zu diesen Angaben als Grundlage für „Differenzierungen“ genutzt werden sollten. So enthält etwa die Abschrift einer Aussage der Klägerin vom 19.6.1975 zu einem Treffen mit einer weiteren Person die hierbei erhaltenen Informationen, dass eine namentlich genannte dritte Frau froh sei, dass ihr sie schlagender und betrügender Partner im Gefängnis sei, dass die Informantin deren Verhalten jedoch „garstig“ finde. Zu einer weiteren Person berichtet sie, dass sich die namentlich bezeichnete Frau eines ebenfalls genannten Mannes, der zum Militärdienst eingezogen sei, von diesem getrennt habe, worunter der Mann sehr leide. Schließlich wird noch die Ehe zweier „sehr kirchlich gebundener“ Personen als „Scheinehe“ bezeichnet, die nur wegen der Kinder aufrecht erhalten werde, wobei die Ehefrau „unnahbar, kalt“ und unehrlich beschrieben wurde (BStU AS. 88 f).
38 
Weitere Berichte der Klägerin betrafen verschiedene Treffen verschiedener Personen in Prag (Treffberichte vom 5.11.1975 BStU 56 f und vom 11.11.1975, BStU AS. 58 f sowie die „Information“ der Klägerin „über das Wochenende 14. - 16.11.1975 in Prag“, BStU AS. 59 und „über die 2. Pragreise“, BStU AS. 69 ff). Dabei wurde über den Führungsoffizier der Klägerin eine Dokumentation der erste Reise durch die entsprechenden Abteilungen des Staatssicherheitsdienstes veranlasst, nachdem die Klägerin auf deren Planung hingewiesen hatte (Treffbericht vom 5.11.1975, BStU AS 56 f). Zudem übergab die Klägerin, die mit Unterstützung des Staatssicherheitsdienstes an der Reise teilnahm - ausweislich des Treffberichts vom 11.11.1975 (BStU AS. 58) - die „Abschrift eines Notizbuches (Kalender von 1975), welches sie von einem Reisebegleiter während des Prag-Aufenthalts zeitweilig zur Aufbewahrung erhalten“ habe. Zu einer unmittelbar folgenden zweiten Reise nach Prag berichtete die Klägerin über einen Kontakt zu einem in Prag wohnenden Juden, der wegen Arbeitsbummelei und Beamtenbeleidigung für mehrere Jahre inhaftiert war, sich politisch verfolgt fühlte und über die Pläne eines Gruppenmitglieds, gegebenenfalls über eine Ausreise in den Westen oppositionell zu arbeiten. Zu einer weiteren Pragreise im Dezember berichtete die Klägerin dann - vom Hörensagen - von Plänen eines Gruppenmitglieds, zwischen Weihnachten und Neujahr illegal über die CSSR mit den Kindern in den Westen zu fliehen. In einem weiteren Bericht vom 16.1.1976 ging es dann um eine Pragfahrt, bei der sich einige Personen mit einer Verbindungsperson aus Westberlin getroffen haben sollen (BStU AS. 83).
39 
Welche Bedeutung die Abteilung ... der Bezirksverwaltung Groß-Berlin des Staatssicherheitsdienstes den Informationen und der Stellung der Klägerin im Zusammenhang mit dem Operativen Vorgang „Atelier“ beigemessen hat, wird daran deutlich, dass der Staatssicherheitsdienst den Wunsch einer engen Freundin der im Zentrum des überwachten Personenkreises stehenden ... zu einer Übersiedlung in den Westen gemeinsam mit ihren Kindern und die hierbei bestehende Schwierigkeit des fehlenden Einverständnisses des Kindesvaters aufwändig dazu nutzte, die Stellung der Klägerin innerhalb des überwachten Personenkreises zu stärken. Im Einzelnen war hier zunächst die Information der Klägerin zu einer Pragreise verschiedener Personen aufgenommen worden, nach der diese Freundin mit ihren Kindern entweder in den Westen fliehen oder aber wenigstens einen Antrag auf legale Übersiedlung stellen wolle. Dabei hatte die Klägerin darüber berichtet, dass ein Teil der über den Operativen Vorgang „Atelier“ erfassten Gruppe dieses Ausreisebegehren nicht nur aus persönlichen Gründen unterstütze, sondern auch auf eine Stärkung der Westkontakte hoffe (Information der Klägerin über die Pragreise vom 14. bis 16.11.1975, BStU AS. 59 f, sowie über die 2. Pragreise vom 10.12.1975; BStU AS. 69). Nachdem die für die Überwachung der Gruppe zuständige Abteilung .../2 der Bezirksverwaltung Groß-Berlin des Staatssicherheitsdienstes die Klägerin dazu angehalten hatte, „die legale Übersiedlung nach Westberlin zu beantragen“ (vgl. hierzu den Treffbericht vom 26.01.1976, BStU AS. 62 f sowie den Treffbericht vom 2.2.1976, BStU AS. 74 f), wurde die weitere Information der Klägerin, dass der Kindesvater, der gleichzeitig der Lebensgefährte der Klägerin war, einer Übersiedlung auch der Kinder nicht zustimmen wolle, ebenso wie die Kenntnis von der kontroversen Diskussion der Gruppe zu dieser Übersiedlung (vgl. hierzu den Situationsbericht der Abteilung .../2 zum Personenkreis „Atelier“ vom 18.5.1976 (BStU AS. 92) zum Anlass genommen, die Übersiedlung der Freundin der ... mit ihren Kindern in einer Weise zu stützen, die „besonders die Position“ der Klägerin „im Personenkreis „Atelier“ festige“ (hierzu insbes. der Vermerk der Abteilung .../2 vom 7.5.1976, BStU AS 135 sowie der Auskunftsbericht dieser Abteilung vom 20.5.1976 zu dem - befürworteten - Ausreisegesuch, BStU AS 5 ff). Jedenfalls wurde in einer detaillierten Regieanweisung“ für den 5.5.1976 festgelegt, dass der ebenfalls als IMV instruierte Lebensgefährte der Klägerin gegenüber seiner ehemaligen Frau seinen Widerstand gegen die Übersiedlung auch der Kinder bekräftigen solle, da er anderenfalls Schwierigkeiten an seiner Arbeitsstelle befürchte. Die Klägerin solle dann bei einem späteren Besuch die Kindesmutter in der Frage der Übersiedlung mit den Kindern bestärken und hierbei versprechen, ihren Lebensgefährten entsprechend zu beeinflussen. In diesem Konflikt solle dann - die von den Gruppenmitgliedern als konsequent geforderte - Trennung der Beziehung der Klägerin zu ihrem Lebensgefährten vorgetäuscht werden, die dann nach mehreren Nächten des Aufenthalts der Klägerin außerhalb ihrer Wohnung bei der Kindesmutter dazu führen solle, dass der instruierte Kindesvater letztlich doch der Ausreise der Kinder zustimme. Zu diesem Vorgang geht die Kammer davon aus, dass er entsprechend der Anweisung der Abteilung .../2 auch tatsächlich durchgeführt worden ist. Zwar finden sich in den vorliegenden Unterlagen keine „Vollzugsberichte“, doch enthält der Auskunftsbericht der Abteilung .../2 vom 20.5.1976 zum Übersiedlungsantrag der Kindesmutter den Hinweis, dass die Klägerin - unterstützt durch ihren Lebensgefährten - fester in den Personenkreis „Atelier“ integriert wird, alle Handlungen der Kindesmutter kontrolliert und gegenwärtig die Voraussetzungen schafft, dass das Vertrauensverhältnis zu ihr auch nach der Übersiedlung fortbestehe. Die diesen gewichtigen Indizien für einen Erfolg der Inszenierung von der Klägerin entgegengestellte Behauptung, sie könne sich an eine derartige Aktion im Zusammenhang mit der Ausreise der damaligen Freundin nicht erinnern, sodass von deren Nichtumsetzung auszugehen sei, können die Überzeugungsbildung der Kammer bereits aufgrund des auch sonst pauschalen Bestreitens von Vorwürfen mit der fehlenden Erinnerung nicht erschüttern.
40 
Auch wenn die Kammer - mit der Klägerin und der Einschätzung etwa der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes in deren Stellungnahme vom 15.12.2011 - nicht sicher bestimmen kann, ob und inwieweit die im Einzelnen von der Klägerin gelieferten Informationen tatsächlich als Grundlage für konkrete strafrechtliche Sanktionen oder gezielte Diskreditierungen gegenüber einzelnen Personen gedient haben, so lässt sich doch an einzelnen Beiträgen der Klägerin exemplarisch ablesen, dass diese in Bezug auf konkrete Maßnahmen jedenfalls im Verein mit anderen Informationen wirksam geworden sind. So wurde etwa über die Klägerin bekannt, dass einige der zentralen Personen des überwachten Personenkreises in die Wohnung der Eltern eines Mitglieds dieses Kreises ziehen, die sich für drei Jahre als Auslandskorrespondenten in Schweden befänden (Treffbericht vom 4.9.1975). Die in dieser Wohnung in der Alexanderstraße gebildete Wohngemeinschaft stand in der Folgezeit in besonderem Interesse der Abteilung .../2 des Staatssicherheitsdienstes Groß-Berlin, da man hier davon ausging, dass sich „dieses Objekt zum Hauptsitz der Gruppe herausbilden“ werde, die über ihren jeweils „recht großen Bekanntenkreis“ mit in der Regel ähnlichen politischen Anschauungen bemüht sei, „potentielle Gegner der politischen Verhältnisse in der DDR zu vereinen“ (3. Sachstandsbericht der Abt. .../2 vom 3.9.1975 zum Operativen Vorgang „Atelier“, BStU AS. 1 und 8). Dementsprechend oblag es der Klägerin, neben Details wie etwa der Telefonnummer der dort wöchentlich tätigen Putzfrau (vgl. Treffbericht vom 23.02.1976, BStU AS. 64), vor allem zu den dort wohnhaften Personen, von denen eine jedenfalls vorübergehend auch in intimer Beziehung zu ihr stand, und deren Denken und Handeln zu berichten. So stammte die Erkenntnis des Staatssicherheitsdienstes, dass „der Stützpunkt der Gruppe, die Wohnung in der Alexanderstraße … durch die Personen aus dem Kreis „Atelier“ ständig besetzt gehalten (wird) und dass man dann, wenn alle Bewohner der Wohnung an Veranstaltungen teilnähmen, dafür Sorge trage, dass die Kinder einer namentlich genannten Person oder andere vertrauenswürdige Personen die Räume besetzten, „um belastendes Material zu sichern“, von der Klägerin (vgl. den Bericht der Abt. .../2 BStU AS. 243: dort Berufung auf Treffbericht vom 3.3.1976 sowie die Operative Information dieser Abteilung vom 3.3.1976 zur „gegenwärtigen Situation in der Wohngemeinschaft Berlin, Alexanderstraße“, BStU AS. 134). Diese Informationen erlangten dann für den Plan des Staatssicherheitsdienstes, die Wohnung in der Alexanderstraße konspirativ zu durchsuchen, unmittelbare strategische Relevanz (Auftrag der Abteilung ... für eine konspirative Wohnungsdurchsuchung vom 30.3.1976, BStU AS. 136 ff).
41 
Ergibt sich aus dem Maß der hier dargelegten Einbindung der Klägerin in die - aus der insoweit maßgeblichen Sicht des Staatssicherheitsdienstes der DDR - wichtige Überwachung und Beeinflussung einer damals als ernsthafte Bedrohung eingeschätzten Gruppe von Oppositionellen ein hinreichend „erhebliches Vorschubleisten“ der Klägerin zugunsten des Unrechtsgehalts des Systems der DDR, so kann dahin gestellt bleiben, ob und inwieweit die Klägerin sich - wie sie ausführt - nach der Auflösung der Gruppe unverzüglich und offen selbst gegenüber den ehemaligen Gruppenmitgliedern als Inoffizielle Mitarbeiterin der Staatssicherheit und gegebenenfalls über die ihr bekannten Ausspähmaßnahmen offenbart hat. Denn diese Maßnahme dürfte - hier zugunsten der Klägerin als wahr unterstellt -, den Wert der von der Klägerin erbrachten Unterstützungs- und Informationsleistungen für den Staatssicherheitsdienst der DDR nicht mehr in Frage gestellt haben, nachdem die Überwachungs- und Zersetzungsmaßnahmen hinsichtlich des überwachten Personenkreises zuvor und - aus der Sicht des Staatssicherheitsdienstes - erfolgreich abgeschlossen worden waren. Unabhängig davon hegt die Kammer aber auch Zweifel daran, dass sich die Klägerin in den Jahren nach der Beendigung des Operativen Vorgangs „Atelier“ gegenüber den ehemaligen Umgangskreisen in vollem Umfang freiwillig selbst offenbart hat. Diese Zweifel rühren aus dem Vermerk in einem Bericht der Kreisdirektion des Staatssicherheitsdienstes Wittstock vom 23.9.1977, nach dem der damalige Ehemann der Klägerin, der weiterhin als IMV geführt wurde, darauf hingewiesen hatte, dass die Klägerin auf ihre Tätigkeit für das MfS angesprochen worden sei und die „Dekonspiration ...“ in den ehemaligen Umgangskreisen bekannt sei, was den „Berliner Genossen“ mitgeteilt werden solle. Hinzu kommt, dass die Klägerin beim Ministerium für Staatssicherheit noch mindestens bis Mitte 1978 als Inoffizielle Mitarbeiterin zur Sicherung der Konspiration ihres damaligen Ehemanns eingesetzt war, was jedenfalls nahelegt, dass die Klägerin bei der Offenbarung ihrer Tätigkeit als IMV nicht gegen Geheimhaltungsregelungen des Staatssicherheitsdienstes verstoßen hat.
42 
bb. Unabhängig von dem Ausschlussgrund des „erheblichen Vorschubleistens“ im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 HHG hat die Klägerin durch das hier dargelegte Verhalten als Inoffizielle Mitarbeiterin des Staatssicherheitsdienstes auch gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit oder Menschlichkeit verstoßen und damit den Ausschlussgrund nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 HHG erfüllt.
43 
Der Ausschlussgrund des Verstoßes gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit oder Menschlichkeit wird über die Tätigkeit als Inoffizieller Mitarbeiter für das Ministerium für Staatssicherheit begründet, wenn der Betreffende hierbei in erheblicher Weise gegen die Gemeinschaftsordnung verstoßen hat. Dies ist etwa dann der Fall, wenn er freiwillig und gezielt, insbesondere auch durch Eindringen in die Privatsphäre anderer und Missbrauch persönlichen Vertrauens, Informationen über Mitbürger gesammelt und unter Inkaufnahme einer Drittschädigung an den auch in der DDR für seine repressive und menschenverachtende Tätigkeit bekannten Staatssicherheitsdienst weitergegeben hat. Notwendig sind erhebliche, gegen die Gemeinschaftsordnung verstoßende Handlungen. Es genügt, dass sich der Einzelne als Denunziant oder Spitzel freiwillig betätigte, um hieraus eigene Vorteile zu erlangen. Eine Spitzeltätigkeit für die Stasi unter Inkaufnahme einer Drittschädigung begründet im Regelfall einen Verstoß gegen die Grundsätze der Menschlichkeit und Rechtsstaatlichkeit. Insoweit reicht es aus, dass die gelieferten Informationen geeignet waren, den Denunzierten ernsthaft in Gefahr zu bringen. Ein weitergehender Nachweis, dass es zu einer Schädigung tatsächlich gekommen ist, ist nicht erforderlich, da das MfS durch Berichte eines Inoffiziellen Mitarbeiters in die Lage versetzt wird, sogar belanglose und unverfängliche Informationen zu nutzen, diese mit anderen Erkenntnissen zu verknüpfen und mit anderen ihm bekannten Sachverhalten zu bewerten und ein IM keinen Einfluss darauf hatte, ob und in welcher Weise die dem Ministerium zugetragenen Informationen verwertet wurden (BVerwG, Urt. v. 19.01.2006 - 3 C 11/05 –, Buchholz 428.7 § 16 StrRehaG Nr. 2 unter Berufung auf Urt. v. 08.03.2002 - 3 C 23.01 -, BVerwGE 116, 100; dagegen für die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit, weil hiergegen nur ein Staat verstoßen kann: VG Würzburg, U. v. 15.07.2002 - W 8 K 02.122 - juris -).
44 
Nach der vorstehend wiedergegebenen Tätigkeit der Klägerin für den Staatssicherheitsdienst der DDR im Rahmen des Operativen Vorgangs „Atelier“ ist die Kammer der Überzeugung, dass sie gezielt in die Privatsphäre anderer Mitglieder der überwachten Personengruppe eingedrungen ist und unter Missbrauch eines ihr entgegengebrachten persönlichen Vertrauens Informationen gesammelt und an den Staatssicherheitsdienst weitergegeben hat, die geeignet gewesen waren, für die Bespitzelten eine beachtliche Gefahrenlage zu schaffen.
45 
Dabei lässt die Kammer dahinstehen, inwieweit etwa die Informationen der Klägerin zu den Planungen einzelner Mitglieder der überwachten Gruppe zur politisch-inhaltlichen Einflussnahme auf Veranstaltungsreihen wie den „Eintopp“ oder den „Kramladen“ oder über im Rahmen einzelner Gespräche und Diskussionen geäußerte politische Ansichten zur bürokratischen Erstarrung und quasikapitalistischen Überformung des Sozialismus in der DDR für sich geeignet waren, die betreffenden Personen einer beachtlichen Gefahrenlage auszusetzen und damit den Tatbestand des Ausschlussgrundes nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 HHG zu erfüllen. Mangels näherer Kenntnis über den konkreten Inhalt der erlangten Informationen lässt die Kammer zugunsten der Klägerin auch den Umstand außer Acht, dass die Klägerin anlässlich einer Pragreise das in Kalenderform vorliegende Notizbuch eines Reisepartners, welches ihr dieser vorübergehend anvertraut hatte, kopiert und als Abschrift an den Staatssicherheitsdienst übergeben hatte. Denn jedenfalls muss sich die Klägerin vorwerfen lassen, dass sie ein verstecktes Bild eines in Untersuchungshaft einsitzenden Künstlers ausfindig gemacht, Fotos von Bildern eines in ihrem Atelier ausstellenden Künstlers angefertigt und an den Staatssicherheitsdienst übergeben, den Besitz und Aufbewahrungsort eines verbotenen Werkes von Trotzki und von Ausschnitten aus ebenfalls verbotenen Westzeitungen mit Interviews von Wolf Biermann sowie sehr konkrete Mitteilungen über staatsfeindliche Liedtexte oder Einstellungen einzelner Personen gemacht hat, wovon etwa die im Treffbericht vom 24.11.1976 (BStU AS. 114 f) festgehaltene Information über die „innerste Empörung“ und die „verfestigte negative politische Einstellung“ einer konkret bezeichneten Person den Auftrag seitens des Führungsoffiziers des Staatssicherheitsdienstes nach sich zog, eine Vergleichsschrift und eine „Geruchsprobe“ von dieser Person zu sichern. Von potentiell erheblicher strafrechtlicher Relevanz für die betroffenen Personen waren auch die ausführlichen Angaben der Klägerin zu dem Vorfall mit dem Schwein „Erich“ in der Wohnung eines mutmaßlichen „Bonzen“ am Leninplatz sowie die wiederholten Hinweise der Pläne einer dritten, namentlich benannten Person zu einer entweder legalen oder auch illegalen Ausreise und die hierbei von den Gruppenmitgliedern gewährte Unterstützung.
46 
Zumindest mittelbar hat die Klägerin erhebliche Gefahrenlagen für die Mitglieder der überwachten Gruppe auch dadurch geschaffen, dass sie Treffen und Ausstellungen in ihrem Atelier veranlasst oder geduldet hat, obwohl sie - entgegen der anderweitigen Einlassung ihres Bevollmächtigten - wusste, dass diese Räume akustisch überwacht werden. Insofern muss sich die Klägerin die eindeutige Notiz in dem Treffbericht vom 3.7.1975 (BStU AS. 40f) zu ihrer Kenntnis von der „installierten Technik“ entgegen halten lassen. Dem von ihr in diesem Zusammenhang vorgebrachten Einwand, dass die Klägerin bei Kenntnis von der Installation der Abhörtechnik nicht über die Treffen im Atelier hätte berichten müssen und dem Staatssicherheitsdienst die Möglichkeit genommen worden wäre, die Wahrheit ihrer Berichte und damit ihre Ehrlichkeit zu kontrollieren, steht entgegen, dass die Klägerin tatsächlich nicht über den Inhalt der Treffen im Atelier berichtet hat, sondern - auftragsgemäß - nur über die Termine geplanter Veranstaltungen in den Atelierräumen.
47 
b. War die der Klägerin von der Beklagten am 07.11.1986 erteilte Häftlingshilfebescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG von Anfang an rechtswidrig, weil - nach dem Vorstehenden - die Ausschlussgründe nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 HHG vorlagen, hat die Beklagte zu Recht angenommen, dass die der Klägerin erteilte Bescheinigung als unmittelbare Voraussetzung für die tatsächlich erfolgte Gewährung einzelner Geldleistungen an die Klägerin in Form der Eingliederungshilfe nur unter den Einschränkungen des § 48 Abs. 2 bis 4 LVwVfG zurückgenommen werden kann (vgl. hierzu auch BVerwG, Urt. v. 24.05.2012 - 5 C 18.11 -, BayVBl. 2013, 442, 444), dass das Vertrauen der Klägerin auf den Bestand der Bescheinigung nicht schutzwürdig ist und damit auch einer Rücknahme nicht entgegensteht, weil die Klägerin den rechtswidrigen Bescheid durch Angaben erwirkt hatte, die in wesentlicher Beziehung unrichtig waren (§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 VwVfG).
48 
Die Ausstellung der Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG an die Klägerin beruhte ohne weiteres darauf, dass die Klägerin bei ihrer Antragstellung - unstreitig - keine Angaben zu ihrer Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit in den Jahren seit 1974 gemacht hatte. Hierzu wäre sie jedoch unter Berücksichtigung der ihr erkennbaren allgemeinen Mitwirkungspflicht nach § 26 Abs. 2 LVwVfG verpflichtet gewesen, zumal ihr die Bedeutung der entsprechenden Angaben nach den Gesamtumständen der Antragstellung auch bewusst war oder hätte sein müssen (zur Erwirkung eines Verwaltungsakts durch Verschweigen erheblicher Umstände vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. .v. 10.10.2007 – 13 S 2215/07 –, NVwZ-RR 2008, 139; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl. 2014, § 48, Rn. 116 f).
49 
Zwar wurde die Klägerin bei ihrer Antragstellung am 5.8.1986 weder mündlich noch schriftlich nach einer Tätigkeit für den Staatssicherheitsdienst der DDR befragt, doch liegt hierin kein so wesentlicher Mangel im Antragsformular, dass die Klägerin deshalb von der fehlenden Entscheidungserheblichkeit dieser Umstände für ihren Antrag auf Bewilligung einer Entschädigung für die vor ihrer Ausreise in die Bundesrepublik in der DDR erlittene Haft ausgehen konnte (zur Folge fehlerhafter oder unklarer Antragsformulare vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., Rn. 118 ). Denn die Klägerin war in einem Vordruck zu einer Erklärung zu ihrem Entschädigungsantrag ausdrücklich und unter Wiedergabe des Wortlauts auf die gesetzlichen Ausschlussgründe des § 2 Abs. 1 Nr 1 und 2 HHG hingewiesen worden, so dass sie unmittelbar Veranlassung gehabt hätte, ihre Tätigkeit für den Staatssicherheitsdienst zu offenbaren und sich dessen zu versichern, dass ihre (auf eigener fehlerhafter Subsumtion beruhende) Versicherung dazu, dass sie weder im Gewahrsamsgebiet dem dort herrschenden politischen System erheblich Vorschub geleistet, noch durch ihr Verhalten gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit oder Menschlichkeit verstoßen habe, auch tatsächlich zutrifft. Denn auch wenn die Klägerin für sich in Anspruch nimmt, unmittelbar nach der Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland mit den Erwartungen der Verwaltung noch nicht hinreichend vertraut gewesen zu sein, so hatte sie zumindest in ihrer allgemeinen persönlichen Wertung das Bewusstsein davon, dass ein intensives Ausforschen von Personen aus ihrem persönlichen Umkreis durch den Staatssicherheitsdienst der DDR, wie sie es in den Jahren zwischen 1974 und 1976 aktiv ermöglicht und unterstützt hatte, mit den Grundsätzen der Rechtsstaatlichkeit und Menschlichkeit unvereinbar war. Denn immerhin hatte die Klägerin bei der - im Vertriebenenausweisverfahren abgegebenen - Begründung ihrer Aussiedlung aus der DDR vom 3.8.1986 ausführlich dargelegt, dass sie begriffen habe, dass „die SED das gesamte politische Leben in der DDR beherrscht, … dass es keine Anerkennung der Würde und politische Freiheit der Menschen gibt“ und dass sie „die DDR als totalitären Staat (sieht), in dem der Staatssicherheitsdienst pol. Gegner bespitzelt und verfolgt - Berufsverbote erteilt“ Es gebe keine wirkliche Toleranz und Freiheit. Ihr sei der Preis für das bequeme Mitmachen in dem Regime zu hoch gewesen; mit „dieser Schuld habe (sie) nicht leben wollen.“ Hinzukommt, dass es einem unbefangenen Antragsteller bewusst sein muss, dass die Entscheidungserheblichkeit ihrer Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit im Zusammenhang mit der Frage nach dem Nichtbestehen der bezeichneten Ausschlussgründe nicht einfach der eigenen inneren Subsumtion ihres Verhaltens unter einen - wie sie selbst vorbringt - ihr unklaren Rechtsbegriff überlassen sein kann. Dies gilt umso mehr, als sie mit ihrer Unterschriftsleistung auch versichert hat, dass alle ihre Angaben richtig und vollständig seien und ihr bekannt sei, dass bewusst unrichtige Angaben zur Rückerstattung erhaltener finanzieller Leistungen führen (a.A. VG Berlin, Urt. v. 03.09.2008 - 9 A 2.08 -, juris; VG Würzburg, Urt. v. 15.07.2002 - W 8 K 02.122 - juris, Nr. 33).
50 
Schließlich ist auch die Frist des § 48 Abs. 4 LVwVfG zur Rücknahme der Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG eingehalten. Denn die hier maßgebliche Kenntnis der Behörde von den Tatsachen, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen (hierzu Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 48 Rn. 154 m. w. N.), war mit der Übersendung der die Klägerin betreffenden vollständigen Unterlagen des BStU im Widerspruchsverfahren Mitte Dezember 2011 und der hierzu erfolgten Anhörung des Kläger-Bevollmächtigten Ende April 2012 gegeben, während die mit Bescheid vom 18.10.2010 erfolgte Rücknahmeentscheidung der Beklagten mit Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 26.06.2012 erfolgt war.
51 
2. Lagen damit die Tatbestandvoraussetzungen für eine Rücknahme der Häftlingshilfebescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG ohne die Notwendigkeit der Berücksichtigung eines Vertrauensschutzes des Inhabers vor, so ist die Rücknahme dieser Bescheinigung auch unter Ermessensgesichtspunkten nach § 114 Satz 1 VwGO nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat das ihr zustehende Ermessen erkannt und dieses ohne Rechtsverstoß ausgeübt. Aufgrund des Erwirkens der Bescheinigung durch falsche Angaben der Klägerin war die Rücknahme der Bescheinigung für die Vergangenheit nach § 48 Abs. 2 Satz 4 LVwVfG intendiert (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.05.1996 - 3C 13/94 - Buchholz 451.513 -; sowie BVerwG, Beschl. v. 20.03.1990 - 9 C 12/89 - NVwZ 1990, 1066-1069).
52 
Außergewöhnliche Umstände, die eine andere Entscheidung möglich erscheinen ließen, sind nicht gegeben. Sie liegen insbesondere nicht in dem Vortrag des Bevollmächtigten der Klägerin, dass die ihr selbst während der Haft zugefügten Leiden unvergleichlich schwerer wögen, als die möglichen Folgen ihres eigenen Tuns. Denn eine derartige Abwägung sieht zumindest der über § 2 Abs. 1 Nr. 2 HHG verwirklichte Ausschlussgrund der Verletzung der Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit und Menschlichkeit grundsätzlich nicht vor. Eine Aufrechnung der schwerwiegenden Verfehlungen der Klägerin mit dem später selbst erlittenen Unrecht findet nicht statt (BVerwG, Urt. v. 19.01.2006, a.a.O.; OVG Berlin, Urt. v. 01.12.2004 - 6 B 1.04 -, juris Rn. 49).
53 
Entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten der Klägerin begründet es auch keine atypischen Umstände im Sinne des § 48 Abs. 2 Nr. 4 LVwVfG, dass sowohl die Ausstellung der Häftlingshilfebescheinigung als auch die vorherige Verwirklichung der Ausschlussgründe weit in der Vergangenheit liegen. Denn dies ist für den Regelungsbereich des Häftlingshilfegesetzes geradezu typisch. Der Hinweis auf die Verjährung strafrechtlicher Vorwürfe verfängt nicht, da es im Fall der Rücknahme der Häftlingshilfebescheinigung nicht um den Vorwurf eines schuldhaft strafbaren Verhaltens geht, sondern darum ob eine Person, die die Ausschlussgründe verwirklich hat, eine unter falschen Voraussetzungen gewährte staatliche Leistung behalten können soll oder nicht.
54 
3. Die Rückforderung der Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG findet ihre Rechtsgrundlage in § 52 LVwVfG und ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Zwar setzt § 52 Satz 1 LVwVfG die Unanfechtbarkeit der Rücknahme oder des Widerrufs des zugrunde liegenden Verwaltungsakts voraus. Jedoch ist eine Rückforderung zugleich mit dem die Wirksamkeit des Verwaltungsaktes aufhebenden Verwaltungsakt möglich, wenn sie unter die aufschiebende Bedingung des Eintritts der Unanfechtbarkeit gestellt wird. Dies ist hier anzunehmen (vgl. Kopp/Ramsauer, a. a. O., § 52 Rn. 6).
55 
Zudem wurde der Klägerin eine Frist von zwei Wochen gesetzt, innerhalb derer sie die Bescheinigung an das Sozial- und Jugendamt der Stadt ... zurückzugeben habe.
56 
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Gerichtskostenfreiheit beruht auf § 188 Satz 2 VwGO. Die Kammer sieht nach § 167 Abs. 2 VwGO davon ab, die Entscheidung hinsichtlich der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
57 
Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO, aus denen die Berufung vom Verwaltungsgericht zuzulassen wäre, sind nicht gegeben.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 114


Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens übersch

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 48 Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes


(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erhebliche

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Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in e

Strafgesetzbuch - StGB | § 213 Minder schwerer Fall des Totschlags


War der Totschläger ohne eigene Schuld durch eine ihm oder einem Angehörigen zugefügte Mißhandlung oder schwere Beleidigung von dem getöteten Menschen zum Zorn gereizt und hierdurch auf der Stelle zur Tat hingerissen worden oder liegt sonst ein minde

Strafrechtliches Rehabilitierungsgesetz - StrRehaG | § 16 Soziale Ausgleichsleistungen


(1) Die Rehabilitierung begründet einen Anspruch auf soziale Ausgleichsleistungen für Nachteile, die dem Betroffenen durch eine Freiheitsentziehung entstanden sind. (2) Soziale Ausgleichsleistungen nach diesem Gesetz werden nicht gewährt, wenn der B

Häftlingshilfegesetz - HHG | § 10 Zuständigkeit und Verfahren


(1) Für die Gewährung von Leistungen nach den §§ 4, 5 und 8 sind die Behörden zuständig, denen die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes und des Unterhaltsbeihilfegesetzes obliegt. Soweit die Versorgungsbehörden zuständig sind, richtet sich das

Häftlingshilfegesetz - HHG | § 2 Ausschließungsgründe


(1) Leistungen nach diesem Gesetz werden nicht gewährt an Personen, 1. die in den Gewahrsamsgebieten (§ 1 Abs. 1 Nr. 1) dem dort herrschenden politischen System erheblich Vorschub geleistet haben,2. die während der Herrschaft des Nationalsozialismus

Strafgesetzbuch - StGB | § 105 Nötigung von Verfassungsorganen


(1) Wer 1. ein Gesetzgebungsorgan des Bundes oder eines Landes oder einen seiner Ausschüsse,2. die Bundesversammlung oder einen ihrer Ausschüsse oder3. die Regierung oder das Verfassungsgericht des Bundes oder eines Landesrechtswidrig mit Gewalt oder

Strafgesetzbuch - StGB | § 106 Nötigung des Bundespräsidenten und von Mitgliedern eines Verfassungsorgans


(1) Wer 1. den Bundespräsidenten oder2. ein Mitglied a) eines Gesetzgebungsorgans des Bundes oder eines Landes,b) der Bundesversammlung oderc) der Regierung oder des Verfassungsgerichts des Bundes oder eines Landesrechtswidrig mit Gewalt oder durch D

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Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Urteil, 10. Sept. 2010 - 2 K 156/10.NW

bei uns veröffentlicht am 10.09.2010

weitere Fundstellen ... Diese Entscheidung wird zitiert Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Tatbestand 1

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 10. Okt. 2007 - 13 S 2215/07

bei uns veröffentlicht am 10.10.2007

Tenor Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 27. August 2007 - 11 K 4364/06 - wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gründe

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(1) Leistungen nach diesem Gesetz werden nicht gewährt an Personen,

1.
die in den Gewahrsamsgebieten (§ 1 Abs. 1 Nr. 1) dem dort herrschenden politischen System erheblich Vorschub geleistet haben,
2.
die während der Herrschaft des Nationalsozialismus oder in den Gewahrsamsgebieten (§ 1 Abs. 1 Nr. 1) durch ihr Verhalten gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit oder Menschlichkeit verstoßen haben; dies gilt insbesondere für Personen, die durch ein deutsches Gericht im Geltungsbereich dieses Gesetzes wegen eines an Mithäftlingen begangenen Verbrechens oder Vergehens rechtskräftig verurteilt worden sind,
3.
die nach dem 8. Mai 1945 durch deutsche Gerichte wegen vorsätzlicher Straftaten zu Freiheitsstrafen von insgesamt mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden sind. Dies gilt nicht, soweit die Verurteilung auf in § 1 Abs. 1 Nr. 1 genannten Gründen beruht.

(2) Die Gewährung von Leistungen kann versagt oder eingestellt werden, wenn der Berechtigte die im Geltungsbereich dieses Gesetzes bestehende freiheitliche demokratische Grundordnung bekämpft hat oder bekämpft.

(3) (weggefallen)

(4) Liegen Ausschließungsgründe bei der in Gewahrsam genommenen Person (§ 1 Abs. 1 Nr. 1) vor, so sind diese auch gegenüber Angehörigen und Hinterbliebenen wirksam.

(5) Solange wegen einer Straftat, die zu einem Ausschluß nach Absatz 1 Nr. 2 und 3 oder Absatz 2 führen kann, ein Ermittlungsverfahren oder Strafverfahren schwebt, sind Entscheidungen über Anträge nach diesem Gesetz zurückzustellen. Wird ein solches Verfahren eingeleitet, nachdem der Anspruch auf Leistungen zuerkannt ist, so ist die Auszahlung einmaliger Leistungen auszusetzen; wiederkehrende Leistungen können ausgesetzt werden.

(1) Für die Gewährung von Leistungen nach den §§ 4, 5 und 8 sind die Behörden zuständig, denen die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes und des Unterhaltsbeihilfegesetzes obliegt. Soweit die Versorgungsbehörden zuständig sind, richtet sich das Verfahren nach den für die Kriegsopferversorgung geltenden Vorschriften.

(2) Für die Gewährung der Leistungen nach den §§ 9a bis 9c und die Ausstellung der Bescheinigung nach Absatz 4 sind die von den Landesregierungen bestimmten Stellen zuständig; hat der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland, so bestimmt die Regierung des Landes, in welchem die Bundesregierung ihren Sitz hat, die zuständige Behörde.

(3) Über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit, soweit dieses Gesetz von den für die Kriegsopferversorgung zuständigen Verwaltungsbehörden durchgeführt wird. Für das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit sind die Vorschriften des Sozialgerichtsgesetzes für Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung maßgebend. § 51 Abs. 1 Nr. 6 des Sozialgerichtsgesetzes bleibt unberührt. Über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten bei der Anwendung der §§ 9a bis 9c entscheiden die allgemeinen Verwaltungsgerichte.

(4) Der Nachweis darüber, daß die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 vorliegen und daß Ausschließungsgründe nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 weder gegeben noch gemäß § 2 Abs. 4 wirksam sind, ist durch eine Bescheinigung zu erbringen, soweit zugleich ein Anspruch nach den §§ 9a bis 9c besteht. Im übrigen wird das Vorliegen dieser Voraussetzungen nur auf Ersuchen einer anderen Behörde festgestellt, wenn hiervon die Gewährung einer Leistung, eines Rechtes oder einer Vergünstigung abhängt.

(5) Über die Anträge mehrerer Antragsteller, die Erben oder weitere Erben einer in § 1 Abs. 1 Nr. 1 bezeichneten Person sind, entscheidet die Behörde, bei welcher der erste Antrag gestellt worden ist.

(6) Hält die Behörde zur Feststellung des Gewahrsams oder von Ausschließungsgründen nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 und nach § 2 Abs. 4 die eidliche Vernehmung eines Zeugen oder eines Sachverständigen für geboten, so ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Zeuge oder Sachverständige seinen Wohnsitz oder Aufenthaltsort hat, um die eidliche Vernehmung zu ersuchen.

(7) Die Entscheidung über die Ausstellung einer Bescheinigung nach Absatz 4 ist für alle Behörden und Stellen verbindlich, die für die Gewährung von Rechten und Vergünstigungen nach diesem oder einem anderen Gesetz zuständig sind. Hält eine Behörde oder Stelle die Entscheidung über die Ausstellung der Bescheinigung nicht für gerechtfertigt, so kann sie nur ihre Änderung oder Aufhebung durch die für die Ausstellung der Bescheinigung zuständige Stelle beantragen. Die Ausstellungsbehörde entscheidet auch über Rücknahme und Widerruf und über die Ausstellung einer Zweitschrift einer Bescheinigung.

(8) Wird die Bescheinigung eingezogen oder für ungültig erklärt, so sind die Leistungen nach diesem Gesetz einzustellen.

(1) Leistungen nach diesem Gesetz werden nicht gewährt an Personen,

1.
die in den Gewahrsamsgebieten (§ 1 Abs. 1 Nr. 1) dem dort herrschenden politischen System erheblich Vorschub geleistet haben,
2.
die während der Herrschaft des Nationalsozialismus oder in den Gewahrsamsgebieten (§ 1 Abs. 1 Nr. 1) durch ihr Verhalten gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit oder Menschlichkeit verstoßen haben; dies gilt insbesondere für Personen, die durch ein deutsches Gericht im Geltungsbereich dieses Gesetzes wegen eines an Mithäftlingen begangenen Verbrechens oder Vergehens rechtskräftig verurteilt worden sind,
3.
die nach dem 8. Mai 1945 durch deutsche Gerichte wegen vorsätzlicher Straftaten zu Freiheitsstrafen von insgesamt mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden sind. Dies gilt nicht, soweit die Verurteilung auf in § 1 Abs. 1 Nr. 1 genannten Gründen beruht.

(2) Die Gewährung von Leistungen kann versagt oder eingestellt werden, wenn der Berechtigte die im Geltungsbereich dieses Gesetzes bestehende freiheitliche demokratische Grundordnung bekämpft hat oder bekämpft.

(3) (weggefallen)

(4) Liegen Ausschließungsgründe bei der in Gewahrsam genommenen Person (§ 1 Abs. 1 Nr. 1) vor, so sind diese auch gegenüber Angehörigen und Hinterbliebenen wirksam.

(5) Solange wegen einer Straftat, die zu einem Ausschluß nach Absatz 1 Nr. 2 und 3 oder Absatz 2 führen kann, ein Ermittlungsverfahren oder Strafverfahren schwebt, sind Entscheidungen über Anträge nach diesem Gesetz zurückzustellen. Wird ein solches Verfahren eingeleitet, nachdem der Anspruch auf Leistungen zuerkannt ist, so ist die Auszahlung einmaliger Leistungen auszusetzen; wiederkehrende Leistungen können ausgesetzt werden.

(1) Für die Gewährung von Leistungen nach den §§ 4, 5 und 8 sind die Behörden zuständig, denen die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes und des Unterhaltsbeihilfegesetzes obliegt. Soweit die Versorgungsbehörden zuständig sind, richtet sich das Verfahren nach den für die Kriegsopferversorgung geltenden Vorschriften.

(2) Für die Gewährung der Leistungen nach den §§ 9a bis 9c und die Ausstellung der Bescheinigung nach Absatz 4 sind die von den Landesregierungen bestimmten Stellen zuständig; hat der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland, so bestimmt die Regierung des Landes, in welchem die Bundesregierung ihren Sitz hat, die zuständige Behörde.

(3) Über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit, soweit dieses Gesetz von den für die Kriegsopferversorgung zuständigen Verwaltungsbehörden durchgeführt wird. Für das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit sind die Vorschriften des Sozialgerichtsgesetzes für Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung maßgebend. § 51 Abs. 1 Nr. 6 des Sozialgerichtsgesetzes bleibt unberührt. Über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten bei der Anwendung der §§ 9a bis 9c entscheiden die allgemeinen Verwaltungsgerichte.

(4) Der Nachweis darüber, daß die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 vorliegen und daß Ausschließungsgründe nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 weder gegeben noch gemäß § 2 Abs. 4 wirksam sind, ist durch eine Bescheinigung zu erbringen, soweit zugleich ein Anspruch nach den §§ 9a bis 9c besteht. Im übrigen wird das Vorliegen dieser Voraussetzungen nur auf Ersuchen einer anderen Behörde festgestellt, wenn hiervon die Gewährung einer Leistung, eines Rechtes oder einer Vergünstigung abhängt.

(5) Über die Anträge mehrerer Antragsteller, die Erben oder weitere Erben einer in § 1 Abs. 1 Nr. 1 bezeichneten Person sind, entscheidet die Behörde, bei welcher der erste Antrag gestellt worden ist.

(6) Hält die Behörde zur Feststellung des Gewahrsams oder von Ausschließungsgründen nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 und nach § 2 Abs. 4 die eidliche Vernehmung eines Zeugen oder eines Sachverständigen für geboten, so ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Zeuge oder Sachverständige seinen Wohnsitz oder Aufenthaltsort hat, um die eidliche Vernehmung zu ersuchen.

(7) Die Entscheidung über die Ausstellung einer Bescheinigung nach Absatz 4 ist für alle Behörden und Stellen verbindlich, die für die Gewährung von Rechten und Vergünstigungen nach diesem oder einem anderen Gesetz zuständig sind. Hält eine Behörde oder Stelle die Entscheidung über die Ausstellung der Bescheinigung nicht für gerechtfertigt, so kann sie nur ihre Änderung oder Aufhebung durch die für die Ausstellung der Bescheinigung zuständige Stelle beantragen. Die Ausstellungsbehörde entscheidet auch über Rücknahme und Widerruf und über die Ausstellung einer Zweitschrift einer Bescheinigung.

(8) Wird die Bescheinigung eingezogen oder für ungültig erklärt, so sind die Leistungen nach diesem Gesetz einzustellen.

(1) Leistungen nach diesem Gesetz werden nicht gewährt an Personen,

1.
die in den Gewahrsamsgebieten (§ 1 Abs. 1 Nr. 1) dem dort herrschenden politischen System erheblich Vorschub geleistet haben,
2.
die während der Herrschaft des Nationalsozialismus oder in den Gewahrsamsgebieten (§ 1 Abs. 1 Nr. 1) durch ihr Verhalten gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit oder Menschlichkeit verstoßen haben; dies gilt insbesondere für Personen, die durch ein deutsches Gericht im Geltungsbereich dieses Gesetzes wegen eines an Mithäftlingen begangenen Verbrechens oder Vergehens rechtskräftig verurteilt worden sind,
3.
die nach dem 8. Mai 1945 durch deutsche Gerichte wegen vorsätzlicher Straftaten zu Freiheitsstrafen von insgesamt mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden sind. Dies gilt nicht, soweit die Verurteilung auf in § 1 Abs. 1 Nr. 1 genannten Gründen beruht.

(2) Die Gewährung von Leistungen kann versagt oder eingestellt werden, wenn der Berechtigte die im Geltungsbereich dieses Gesetzes bestehende freiheitliche demokratische Grundordnung bekämpft hat oder bekämpft.

(3) (weggefallen)

(4) Liegen Ausschließungsgründe bei der in Gewahrsam genommenen Person (§ 1 Abs. 1 Nr. 1) vor, so sind diese auch gegenüber Angehörigen und Hinterbliebenen wirksam.

(5) Solange wegen einer Straftat, die zu einem Ausschluß nach Absatz 1 Nr. 2 und 3 oder Absatz 2 führen kann, ein Ermittlungsverfahren oder Strafverfahren schwebt, sind Entscheidungen über Anträge nach diesem Gesetz zurückzustellen. Wird ein solches Verfahren eingeleitet, nachdem der Anspruch auf Leistungen zuerkannt ist, so ist die Auszahlung einmaliger Leistungen auszusetzen; wiederkehrende Leistungen können ausgesetzt werden.

(1) Für die Gewährung von Leistungen nach den §§ 4, 5 und 8 sind die Behörden zuständig, denen die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes und des Unterhaltsbeihilfegesetzes obliegt. Soweit die Versorgungsbehörden zuständig sind, richtet sich das Verfahren nach den für die Kriegsopferversorgung geltenden Vorschriften.

(2) Für die Gewährung der Leistungen nach den §§ 9a bis 9c und die Ausstellung der Bescheinigung nach Absatz 4 sind die von den Landesregierungen bestimmten Stellen zuständig; hat der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland, so bestimmt die Regierung des Landes, in welchem die Bundesregierung ihren Sitz hat, die zuständige Behörde.

(3) Über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit, soweit dieses Gesetz von den für die Kriegsopferversorgung zuständigen Verwaltungsbehörden durchgeführt wird. Für das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit sind die Vorschriften des Sozialgerichtsgesetzes für Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung maßgebend. § 51 Abs. 1 Nr. 6 des Sozialgerichtsgesetzes bleibt unberührt. Über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten bei der Anwendung der §§ 9a bis 9c entscheiden die allgemeinen Verwaltungsgerichte.

(4) Der Nachweis darüber, daß die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 vorliegen und daß Ausschließungsgründe nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 weder gegeben noch gemäß § 2 Abs. 4 wirksam sind, ist durch eine Bescheinigung zu erbringen, soweit zugleich ein Anspruch nach den §§ 9a bis 9c besteht. Im übrigen wird das Vorliegen dieser Voraussetzungen nur auf Ersuchen einer anderen Behörde festgestellt, wenn hiervon die Gewährung einer Leistung, eines Rechtes oder einer Vergünstigung abhängt.

(5) Über die Anträge mehrerer Antragsteller, die Erben oder weitere Erben einer in § 1 Abs. 1 Nr. 1 bezeichneten Person sind, entscheidet die Behörde, bei welcher der erste Antrag gestellt worden ist.

(6) Hält die Behörde zur Feststellung des Gewahrsams oder von Ausschließungsgründen nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 und nach § 2 Abs. 4 die eidliche Vernehmung eines Zeugen oder eines Sachverständigen für geboten, so ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Zeuge oder Sachverständige seinen Wohnsitz oder Aufenthaltsort hat, um die eidliche Vernehmung zu ersuchen.

(7) Die Entscheidung über die Ausstellung einer Bescheinigung nach Absatz 4 ist für alle Behörden und Stellen verbindlich, die für die Gewährung von Rechten und Vergünstigungen nach diesem oder einem anderen Gesetz zuständig sind. Hält eine Behörde oder Stelle die Entscheidung über die Ausstellung der Bescheinigung nicht für gerechtfertigt, so kann sie nur ihre Änderung oder Aufhebung durch die für die Ausstellung der Bescheinigung zuständige Stelle beantragen. Die Ausstellungsbehörde entscheidet auch über Rücknahme und Widerruf und über die Ausstellung einer Zweitschrift einer Bescheinigung.

(8) Wird die Bescheinigung eingezogen oder für ungültig erklärt, so sind die Leistungen nach diesem Gesetz einzustellen.

(1) Leistungen nach diesem Gesetz werden nicht gewährt an Personen,

1.
die in den Gewahrsamsgebieten (§ 1 Abs. 1 Nr. 1) dem dort herrschenden politischen System erheblich Vorschub geleistet haben,
2.
die während der Herrschaft des Nationalsozialismus oder in den Gewahrsamsgebieten (§ 1 Abs. 1 Nr. 1) durch ihr Verhalten gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit oder Menschlichkeit verstoßen haben; dies gilt insbesondere für Personen, die durch ein deutsches Gericht im Geltungsbereich dieses Gesetzes wegen eines an Mithäftlingen begangenen Verbrechens oder Vergehens rechtskräftig verurteilt worden sind,
3.
die nach dem 8. Mai 1945 durch deutsche Gerichte wegen vorsätzlicher Straftaten zu Freiheitsstrafen von insgesamt mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden sind. Dies gilt nicht, soweit die Verurteilung auf in § 1 Abs. 1 Nr. 1 genannten Gründen beruht.

(2) Die Gewährung von Leistungen kann versagt oder eingestellt werden, wenn der Berechtigte die im Geltungsbereich dieses Gesetzes bestehende freiheitliche demokratische Grundordnung bekämpft hat oder bekämpft.

(3) (weggefallen)

(4) Liegen Ausschließungsgründe bei der in Gewahrsam genommenen Person (§ 1 Abs. 1 Nr. 1) vor, so sind diese auch gegenüber Angehörigen und Hinterbliebenen wirksam.

(5) Solange wegen einer Straftat, die zu einem Ausschluß nach Absatz 1 Nr. 2 und 3 oder Absatz 2 führen kann, ein Ermittlungsverfahren oder Strafverfahren schwebt, sind Entscheidungen über Anträge nach diesem Gesetz zurückzustellen. Wird ein solches Verfahren eingeleitet, nachdem der Anspruch auf Leistungen zuerkannt ist, so ist die Auszahlung einmaliger Leistungen auszusetzen; wiederkehrende Leistungen können ausgesetzt werden.

(1) Für die Gewährung von Leistungen nach den §§ 4, 5 und 8 sind die Behörden zuständig, denen die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes und des Unterhaltsbeihilfegesetzes obliegt. Soweit die Versorgungsbehörden zuständig sind, richtet sich das Verfahren nach den für die Kriegsopferversorgung geltenden Vorschriften.

(2) Für die Gewährung der Leistungen nach den §§ 9a bis 9c und die Ausstellung der Bescheinigung nach Absatz 4 sind die von den Landesregierungen bestimmten Stellen zuständig; hat der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland, so bestimmt die Regierung des Landes, in welchem die Bundesregierung ihren Sitz hat, die zuständige Behörde.

(3) Über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit, soweit dieses Gesetz von den für die Kriegsopferversorgung zuständigen Verwaltungsbehörden durchgeführt wird. Für das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit sind die Vorschriften des Sozialgerichtsgesetzes für Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung maßgebend. § 51 Abs. 1 Nr. 6 des Sozialgerichtsgesetzes bleibt unberührt. Über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten bei der Anwendung der §§ 9a bis 9c entscheiden die allgemeinen Verwaltungsgerichte.

(4) Der Nachweis darüber, daß die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 vorliegen und daß Ausschließungsgründe nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 weder gegeben noch gemäß § 2 Abs. 4 wirksam sind, ist durch eine Bescheinigung zu erbringen, soweit zugleich ein Anspruch nach den §§ 9a bis 9c besteht. Im übrigen wird das Vorliegen dieser Voraussetzungen nur auf Ersuchen einer anderen Behörde festgestellt, wenn hiervon die Gewährung einer Leistung, eines Rechtes oder einer Vergünstigung abhängt.

(5) Über die Anträge mehrerer Antragsteller, die Erben oder weitere Erben einer in § 1 Abs. 1 Nr. 1 bezeichneten Person sind, entscheidet die Behörde, bei welcher der erste Antrag gestellt worden ist.

(6) Hält die Behörde zur Feststellung des Gewahrsams oder von Ausschließungsgründen nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 und nach § 2 Abs. 4 die eidliche Vernehmung eines Zeugen oder eines Sachverständigen für geboten, so ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Zeuge oder Sachverständige seinen Wohnsitz oder Aufenthaltsort hat, um die eidliche Vernehmung zu ersuchen.

(7) Die Entscheidung über die Ausstellung einer Bescheinigung nach Absatz 4 ist für alle Behörden und Stellen verbindlich, die für die Gewährung von Rechten und Vergünstigungen nach diesem oder einem anderen Gesetz zuständig sind. Hält eine Behörde oder Stelle die Entscheidung über die Ausstellung der Bescheinigung nicht für gerechtfertigt, so kann sie nur ihre Änderung oder Aufhebung durch die für die Ausstellung der Bescheinigung zuständige Stelle beantragen. Die Ausstellungsbehörde entscheidet auch über Rücknahme und Widerruf und über die Ausstellung einer Zweitschrift einer Bescheinigung.

(8) Wird die Bescheinigung eingezogen oder für ungültig erklärt, so sind die Leistungen nach diesem Gesetz einzustellen.

(1) Leistungen nach diesem Gesetz werden nicht gewährt an Personen,

1.
die in den Gewahrsamsgebieten (§ 1 Abs. 1 Nr. 1) dem dort herrschenden politischen System erheblich Vorschub geleistet haben,
2.
die während der Herrschaft des Nationalsozialismus oder in den Gewahrsamsgebieten (§ 1 Abs. 1 Nr. 1) durch ihr Verhalten gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit oder Menschlichkeit verstoßen haben; dies gilt insbesondere für Personen, die durch ein deutsches Gericht im Geltungsbereich dieses Gesetzes wegen eines an Mithäftlingen begangenen Verbrechens oder Vergehens rechtskräftig verurteilt worden sind,
3.
die nach dem 8. Mai 1945 durch deutsche Gerichte wegen vorsätzlicher Straftaten zu Freiheitsstrafen von insgesamt mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden sind. Dies gilt nicht, soweit die Verurteilung auf in § 1 Abs. 1 Nr. 1 genannten Gründen beruht.

(2) Die Gewährung von Leistungen kann versagt oder eingestellt werden, wenn der Berechtigte die im Geltungsbereich dieses Gesetzes bestehende freiheitliche demokratische Grundordnung bekämpft hat oder bekämpft.

(3) (weggefallen)

(4) Liegen Ausschließungsgründe bei der in Gewahrsam genommenen Person (§ 1 Abs. 1 Nr. 1) vor, so sind diese auch gegenüber Angehörigen und Hinterbliebenen wirksam.

(5) Solange wegen einer Straftat, die zu einem Ausschluß nach Absatz 1 Nr. 2 und 3 oder Absatz 2 führen kann, ein Ermittlungsverfahren oder Strafverfahren schwebt, sind Entscheidungen über Anträge nach diesem Gesetz zurückzustellen. Wird ein solches Verfahren eingeleitet, nachdem der Anspruch auf Leistungen zuerkannt ist, so ist die Auszahlung einmaliger Leistungen auszusetzen; wiederkehrende Leistungen können ausgesetzt werden.

(1) Für die Gewährung von Leistungen nach den §§ 4, 5 und 8 sind die Behörden zuständig, denen die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes und des Unterhaltsbeihilfegesetzes obliegt. Soweit die Versorgungsbehörden zuständig sind, richtet sich das Verfahren nach den für die Kriegsopferversorgung geltenden Vorschriften.

(2) Für die Gewährung der Leistungen nach den §§ 9a bis 9c und die Ausstellung der Bescheinigung nach Absatz 4 sind die von den Landesregierungen bestimmten Stellen zuständig; hat der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland, so bestimmt die Regierung des Landes, in welchem die Bundesregierung ihren Sitz hat, die zuständige Behörde.

(3) Über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit, soweit dieses Gesetz von den für die Kriegsopferversorgung zuständigen Verwaltungsbehörden durchgeführt wird. Für das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit sind die Vorschriften des Sozialgerichtsgesetzes für Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung maßgebend. § 51 Abs. 1 Nr. 6 des Sozialgerichtsgesetzes bleibt unberührt. Über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten bei der Anwendung der §§ 9a bis 9c entscheiden die allgemeinen Verwaltungsgerichte.

(4) Der Nachweis darüber, daß die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 vorliegen und daß Ausschließungsgründe nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 weder gegeben noch gemäß § 2 Abs. 4 wirksam sind, ist durch eine Bescheinigung zu erbringen, soweit zugleich ein Anspruch nach den §§ 9a bis 9c besteht. Im übrigen wird das Vorliegen dieser Voraussetzungen nur auf Ersuchen einer anderen Behörde festgestellt, wenn hiervon die Gewährung einer Leistung, eines Rechtes oder einer Vergünstigung abhängt.

(5) Über die Anträge mehrerer Antragsteller, die Erben oder weitere Erben einer in § 1 Abs. 1 Nr. 1 bezeichneten Person sind, entscheidet die Behörde, bei welcher der erste Antrag gestellt worden ist.

(6) Hält die Behörde zur Feststellung des Gewahrsams oder von Ausschließungsgründen nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 und nach § 2 Abs. 4 die eidliche Vernehmung eines Zeugen oder eines Sachverständigen für geboten, so ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Zeuge oder Sachverständige seinen Wohnsitz oder Aufenthaltsort hat, um die eidliche Vernehmung zu ersuchen.

(7) Die Entscheidung über die Ausstellung einer Bescheinigung nach Absatz 4 ist für alle Behörden und Stellen verbindlich, die für die Gewährung von Rechten und Vergünstigungen nach diesem oder einem anderen Gesetz zuständig sind. Hält eine Behörde oder Stelle die Entscheidung über die Ausstellung der Bescheinigung nicht für gerechtfertigt, so kann sie nur ihre Änderung oder Aufhebung durch die für die Ausstellung der Bescheinigung zuständige Stelle beantragen. Die Ausstellungsbehörde entscheidet auch über Rücknahme und Widerruf und über die Ausstellung einer Zweitschrift einer Bescheinigung.

(8) Wird die Bescheinigung eingezogen oder für ungültig erklärt, so sind die Leistungen nach diesem Gesetz einzustellen.

(1) Leistungen nach diesem Gesetz werden nicht gewährt an Personen,

1.
die in den Gewahrsamsgebieten (§ 1 Abs. 1 Nr. 1) dem dort herrschenden politischen System erheblich Vorschub geleistet haben,
2.
die während der Herrschaft des Nationalsozialismus oder in den Gewahrsamsgebieten (§ 1 Abs. 1 Nr. 1) durch ihr Verhalten gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit oder Menschlichkeit verstoßen haben; dies gilt insbesondere für Personen, die durch ein deutsches Gericht im Geltungsbereich dieses Gesetzes wegen eines an Mithäftlingen begangenen Verbrechens oder Vergehens rechtskräftig verurteilt worden sind,
3.
die nach dem 8. Mai 1945 durch deutsche Gerichte wegen vorsätzlicher Straftaten zu Freiheitsstrafen von insgesamt mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden sind. Dies gilt nicht, soweit die Verurteilung auf in § 1 Abs. 1 Nr. 1 genannten Gründen beruht.

(2) Die Gewährung von Leistungen kann versagt oder eingestellt werden, wenn der Berechtigte die im Geltungsbereich dieses Gesetzes bestehende freiheitliche demokratische Grundordnung bekämpft hat oder bekämpft.

(3) (weggefallen)

(4) Liegen Ausschließungsgründe bei der in Gewahrsam genommenen Person (§ 1 Abs. 1 Nr. 1) vor, so sind diese auch gegenüber Angehörigen und Hinterbliebenen wirksam.

(5) Solange wegen einer Straftat, die zu einem Ausschluß nach Absatz 1 Nr. 2 und 3 oder Absatz 2 führen kann, ein Ermittlungsverfahren oder Strafverfahren schwebt, sind Entscheidungen über Anträge nach diesem Gesetz zurückzustellen. Wird ein solches Verfahren eingeleitet, nachdem der Anspruch auf Leistungen zuerkannt ist, so ist die Auszahlung einmaliger Leistungen auszusetzen; wiederkehrende Leistungen können ausgesetzt werden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Für die Gewährung von Leistungen nach den §§ 4, 5 und 8 sind die Behörden zuständig, denen die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes und des Unterhaltsbeihilfegesetzes obliegt. Soweit die Versorgungsbehörden zuständig sind, richtet sich das Verfahren nach den für die Kriegsopferversorgung geltenden Vorschriften.

(2) Für die Gewährung der Leistungen nach den §§ 9a bis 9c und die Ausstellung der Bescheinigung nach Absatz 4 sind die von den Landesregierungen bestimmten Stellen zuständig; hat der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland, so bestimmt die Regierung des Landes, in welchem die Bundesregierung ihren Sitz hat, die zuständige Behörde.

(3) Über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit, soweit dieses Gesetz von den für die Kriegsopferversorgung zuständigen Verwaltungsbehörden durchgeführt wird. Für das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit sind die Vorschriften des Sozialgerichtsgesetzes für Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung maßgebend. § 51 Abs. 1 Nr. 6 des Sozialgerichtsgesetzes bleibt unberührt. Über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten bei der Anwendung der §§ 9a bis 9c entscheiden die allgemeinen Verwaltungsgerichte.

(4) Der Nachweis darüber, daß die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 vorliegen und daß Ausschließungsgründe nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 weder gegeben noch gemäß § 2 Abs. 4 wirksam sind, ist durch eine Bescheinigung zu erbringen, soweit zugleich ein Anspruch nach den §§ 9a bis 9c besteht. Im übrigen wird das Vorliegen dieser Voraussetzungen nur auf Ersuchen einer anderen Behörde festgestellt, wenn hiervon die Gewährung einer Leistung, eines Rechtes oder einer Vergünstigung abhängt.

(5) Über die Anträge mehrerer Antragsteller, die Erben oder weitere Erben einer in § 1 Abs. 1 Nr. 1 bezeichneten Person sind, entscheidet die Behörde, bei welcher der erste Antrag gestellt worden ist.

(6) Hält die Behörde zur Feststellung des Gewahrsams oder von Ausschließungsgründen nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 und nach § 2 Abs. 4 die eidliche Vernehmung eines Zeugen oder eines Sachverständigen für geboten, so ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Zeuge oder Sachverständige seinen Wohnsitz oder Aufenthaltsort hat, um die eidliche Vernehmung zu ersuchen.

(7) Die Entscheidung über die Ausstellung einer Bescheinigung nach Absatz 4 ist für alle Behörden und Stellen verbindlich, die für die Gewährung von Rechten und Vergünstigungen nach diesem oder einem anderen Gesetz zuständig sind. Hält eine Behörde oder Stelle die Entscheidung über die Ausstellung der Bescheinigung nicht für gerechtfertigt, so kann sie nur ihre Änderung oder Aufhebung durch die für die Ausstellung der Bescheinigung zuständige Stelle beantragen. Die Ausstellungsbehörde entscheidet auch über Rücknahme und Widerruf und über die Ausstellung einer Zweitschrift einer Bescheinigung.

(8) Wird die Bescheinigung eingezogen oder für ungültig erklärt, so sind die Leistungen nach diesem Gesetz einzustellen.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(1) Für die Gewährung von Leistungen nach den §§ 4, 5 und 8 sind die Behörden zuständig, denen die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes und des Unterhaltsbeihilfegesetzes obliegt. Soweit die Versorgungsbehörden zuständig sind, richtet sich das Verfahren nach den für die Kriegsopferversorgung geltenden Vorschriften.

(2) Für die Gewährung der Leistungen nach den §§ 9a bis 9c und die Ausstellung der Bescheinigung nach Absatz 4 sind die von den Landesregierungen bestimmten Stellen zuständig; hat der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland, so bestimmt die Regierung des Landes, in welchem die Bundesregierung ihren Sitz hat, die zuständige Behörde.

(3) Über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit, soweit dieses Gesetz von den für die Kriegsopferversorgung zuständigen Verwaltungsbehörden durchgeführt wird. Für das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit sind die Vorschriften des Sozialgerichtsgesetzes für Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung maßgebend. § 51 Abs. 1 Nr. 6 des Sozialgerichtsgesetzes bleibt unberührt. Über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten bei der Anwendung der §§ 9a bis 9c entscheiden die allgemeinen Verwaltungsgerichte.

(4) Der Nachweis darüber, daß die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 vorliegen und daß Ausschließungsgründe nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 weder gegeben noch gemäß § 2 Abs. 4 wirksam sind, ist durch eine Bescheinigung zu erbringen, soweit zugleich ein Anspruch nach den §§ 9a bis 9c besteht. Im übrigen wird das Vorliegen dieser Voraussetzungen nur auf Ersuchen einer anderen Behörde festgestellt, wenn hiervon die Gewährung einer Leistung, eines Rechtes oder einer Vergünstigung abhängt.

(5) Über die Anträge mehrerer Antragsteller, die Erben oder weitere Erben einer in § 1 Abs. 1 Nr. 1 bezeichneten Person sind, entscheidet die Behörde, bei welcher der erste Antrag gestellt worden ist.

(6) Hält die Behörde zur Feststellung des Gewahrsams oder von Ausschließungsgründen nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 und nach § 2 Abs. 4 die eidliche Vernehmung eines Zeugen oder eines Sachverständigen für geboten, so ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Zeuge oder Sachverständige seinen Wohnsitz oder Aufenthaltsort hat, um die eidliche Vernehmung zu ersuchen.

(7) Die Entscheidung über die Ausstellung einer Bescheinigung nach Absatz 4 ist für alle Behörden und Stellen verbindlich, die für die Gewährung von Rechten und Vergünstigungen nach diesem oder einem anderen Gesetz zuständig sind. Hält eine Behörde oder Stelle die Entscheidung über die Ausstellung der Bescheinigung nicht für gerechtfertigt, so kann sie nur ihre Änderung oder Aufhebung durch die für die Ausstellung der Bescheinigung zuständige Stelle beantragen. Die Ausstellungsbehörde entscheidet auch über Rücknahme und Widerruf und über die Ausstellung einer Zweitschrift einer Bescheinigung.

(8) Wird die Bescheinigung eingezogen oder für ungültig erklärt, so sind die Leistungen nach diesem Gesetz einzustellen.

(1) Leistungen nach diesem Gesetz werden nicht gewährt an Personen,

1.
die in den Gewahrsamsgebieten (§ 1 Abs. 1 Nr. 1) dem dort herrschenden politischen System erheblich Vorschub geleistet haben,
2.
die während der Herrschaft des Nationalsozialismus oder in den Gewahrsamsgebieten (§ 1 Abs. 1 Nr. 1) durch ihr Verhalten gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit oder Menschlichkeit verstoßen haben; dies gilt insbesondere für Personen, die durch ein deutsches Gericht im Geltungsbereich dieses Gesetzes wegen eines an Mithäftlingen begangenen Verbrechens oder Vergehens rechtskräftig verurteilt worden sind,
3.
die nach dem 8. Mai 1945 durch deutsche Gerichte wegen vorsätzlicher Straftaten zu Freiheitsstrafen von insgesamt mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden sind. Dies gilt nicht, soweit die Verurteilung auf in § 1 Abs. 1 Nr. 1 genannten Gründen beruht.

(2) Die Gewährung von Leistungen kann versagt oder eingestellt werden, wenn der Berechtigte die im Geltungsbereich dieses Gesetzes bestehende freiheitliche demokratische Grundordnung bekämpft hat oder bekämpft.

(3) (weggefallen)

(4) Liegen Ausschließungsgründe bei der in Gewahrsam genommenen Person (§ 1 Abs. 1 Nr. 1) vor, so sind diese auch gegenüber Angehörigen und Hinterbliebenen wirksam.

(5) Solange wegen einer Straftat, die zu einem Ausschluß nach Absatz 1 Nr. 2 und 3 oder Absatz 2 führen kann, ein Ermittlungsverfahren oder Strafverfahren schwebt, sind Entscheidungen über Anträge nach diesem Gesetz zurückzustellen. Wird ein solches Verfahren eingeleitet, nachdem der Anspruch auf Leistungen zuerkannt ist, so ist die Auszahlung einmaliger Leistungen auszusetzen; wiederkehrende Leistungen können ausgesetzt werden.

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Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich mit seiner Klage gegen einen Rücknahme-, Rückforderungs- und Ablehnungsbescheid hinsichtlich der Gewährung von Leistungen nach dem Häftlingshilfegesetz (HHG) sowie dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz (StrRehaG).

2

Der am … April 1944 in H... geborene Kläger lebte bis zu seiner Ausreise in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (alt) am 22. November 1979 in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR), wo er mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten ist. Durch das Kreisgericht W... wurde er im März 1964 wegen Verstoßes gegen das Passgesetz zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 3 Monaten verurteilt; diese verbüßte er vom 25. Dezember 1963 bis 24. März 1966. Wegen Verkehrsgefährdung durch Trunkenheit in Tatmehrheit mit fahrlässiger Körperverletzung wurde er durch das Stadtbezirksgericht B... im Oktober 1976 zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten verurteilt; diese verbüßte er vom 15. Juni 1976 bis zum 14. Dezember 1976. Durch das Kreisgericht F... wurde er im April 1978 wegen versuchter Republikflucht zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und 10 Monaten verurteilt; diese verbüßte er vom 21. August 1977 bis 28. Juni 1979.

3

Nach seiner Einreise in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (alt) stellte der Kläger bei der Bezirksregierung Rheinhessen – Pfalz am 29. November 1979, eingegangen am 04. Dezember 1979, einen Antrag auf Ausstellung einer Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG. Der Antrag enthielt unter III. Ziffer 2 folgende Frage: „Können Sie Personen namhaft machen, die bezeugen können, dass sie weder im Gewahrsamsgebiet dem dort herrschenden politischen System erheblich Vorschub geleistet, noch dass sie durch Ihr Verhalten gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit oder Menschlichkeit verstoßen haben?“. Diese ließ er unbeantwortet. Am 31. Januar 1980 bzw. am 23. April 1980 stellte er einen Antrag auf Gewährung von Eingliederungshilfe und Ausgleichsleistung nach §§ 9 ff. HHG. Sämtliche Anträge enthielten folgende Erklärung: „Ich versichere, dass die vorstehenden Angaben vollständig sind und in allen Teilen der Wahrheit entsprechen. Mir ist bekannt, dass ich infolge unrichtiger oder unvollständiger Angaben Leistungen, die ich auf Grund der beantragten Bescheinigung empfangen habe, unbeschadet einer etwaigen strafrechtlichen Verfolgung, zurückzuerstatten habe.“

4

Am 26. Februar 1980 erklärte die Generalstaatsanwaltschaft Z…, nachdem der Kläger am 04. Dezember 1979 die Überprüfung der in der ehemaligen DDR gegen ihn ergangenen Urteile beantragt hatte, die Vollstreckung der Strafen resultierend aus den Urteilen des Kreisgerichts W... (Vergehen nach Passgesetz) sowie des Kreisgerichts F... (Republikflucht) gemäß § 2 und § 15 des Gesetzes über die innerdeutsche Rechts- und Amtshilfe in Strafsachen vom 02. Mai 1953 (BGBl. I 161) für unzulässig.

5

Im Rahmen der Bearbeitung der Anträge des Klägers lag der Bezirksregierung Rheinhessen–Pfalz neben der Akte der Generalstaatsanwaltschaft die Notaufnahmeakte des Leiters des Bundesnotaufnahmeverfahrens G... vor. Dieser war zu entnehmen, dass der Kläger in seinem Antrag vom 28. November 1979 auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis im Bundesgebiet gemäß § 1 des Notaufnahmegesetzes erklärt hatte, lediglich als Reiseleiter von 1970 bis 1972, im Rahmen einer Vernehmung im Jahre 1973 und während der Untersuchungshaft 1977 mit Organen der Staatssicherheit in Berührung gekommen zu sein. Für die Haftzeiten vom 25. Dezember 1963 bis zum 24. März 1966 und vom 21. August 1977 bis zum 28. Juni 1979 wurde dem Kläger mit Bescheid der Bezirksregierung Rheinhessen–Pfalz vom 28. April 1980 eine Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG ausgestellt (Az:...) und eine Eingliederungshilfe in Höhe von 12.030,00 DM (entspricht 6.150,84 €) gewährt.

6

Auf seinen Antrag vom 21. Juli 1993 hin bewilligte ihm die Bezirksregierung Rheinhessen–Pfalz mit Bescheid vom 16. September 1993 im Hinblick auf die bescheinigten Haftzeiten eine Kapitalentschädigung gemäß § 17 Abs. 1 i. V. m. § 25 Abs. 2 StrRehaG in Höhe von 3.270,00 DM (entspricht 1.671,92 €).

7

Am 25. September 2007 beantragte der Kläger bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion in Trier die Gewährung einer Nachzahlung in Form der erhöhten Kapitalentschädigung gemäß § 17 Abs. 5 i. V. m. § 25 Abs. 2 StrRehaG sowie die Gewährung einer monatlichen Opferpension gemäß § 17 a StrRehaG. Mit Schreiben vom 26. September 2007 wurde er darauf hingewiesen, dass im Rahmen der Klärung des Punktes „Ausschließungsgründe nach dem StrRehaG und HHG“ grundsätzlich eine Anfrage bei der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR (BStU) erforderlich sei. Der Kläger erklärte am 01. Oktober 2007 sein Einverständnis.

8

Aus den von der BStU am 15. Mai 2008 übersandten Unterlagen ergibt sich, dass der Kläger am 07. Juni 1967 eine Verpflichtungserklärung zur inoffiziellen Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit (MfS) unterzeichnet hat; ab 14. April 1969 war er als Inoffizieller Mitarbeiter für Sicherheit (IMS) tätig; in dem Zeitraum vom 28. März 1974 bis zum 02. August 1978 kam er als „Inoffizieller Mitarbeiter, der unmittelbar an der Bearbeitung und Entlarvung im Verdacht der Feindtätigkeit stehender Personen (IMV) mitarbeitet“, für die Hauptabteilung VII/7 (HA VII/7) des MfS zum Einsatz. Der Kläger hat zahlreiche entsprechende Berichte in schriftlicher und mündlicher Form erstattet. Wegen der Einzelheiten wird insoweit auf den Akteninhalt Bezug genommen (Unterlagen der BStU, Blatt 22 bis 24 der Verwaltungsakte Band 2, Blatt 15 bis 66 der Verwaltungsakte Band 4).

9

Dem Kläger wurde Gelegenheit gegeben, zu den von der BStU vorgelegten Unterlagen Stellung zu nehmen. Mit Schreiben vom 18. Juni 2009 teilte er lediglich mit, dass er Kontakt mit dem Innenministerium Rheinland-Pfalz aufgenommen habe und vorab keine Auskünfte zu einer „IM-Tätigkeit“ geben werde.

10

Mit Bescheid vom 10. September 2009, zugestellt am 15. September 2009, hob der Beklagte die Bescheide der Bezirksregierung Rheinhessen–Pfalz vom 28. April 1980 und 16. September 1993 auf und forderte die Rückgabe der Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG (Az:...) und die Rückzahlung der ausgezahlte Beträge in Höhe von 7.822,76 € (Ziff. 1 bis 4 der angefochtenen Verfügung). Der Antrag des Klägers vom 25. September 2007 wurde abgelehnt (Ziff. 5 bis 6 der angefochtenen Verfügung). Zur Begründung wurde ausgeführt, aufgrund der Tätigkeit des Klägers für den Staatssicherheitsdienst lägen Ausschließungsgründe nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 HHG vor, weshalb die ergangenen Bescheide rechtswidrig seien. Durch seine inoffizielle Tätigkeit für das MfS habe er dem herrschenden politischen System in der ehemaligen DDR erheblich Vorschub geleistet. Er habe bewusst und über Jahre hinweg Handlungen vorgenommen, die dazu bestimmt und geeignet waren, in nicht unerheblicher Weise den Herrschaftsanspruch der ehemaligen SED zu festigen, auszudehnen oder entsprechenden Widerstand zu unterdrücken.

11

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 14. Oktober 2009 Widerspruch. Er habe zu keiner Zeit gegen Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit verstoßen; er habe keine Stellung innegehabt, die er zum eigenen Vorteil oder zum Nachteil anderer missbraucht habe. Die Tätigkeit als IM sei in Abstimmung mit den Behörden der Bundesrepublik Deutschland erfolgt. Sie sei Voraussetzung für die anschließend erfolgte Übersiedlung gewesen. Entsprechende Fakten seien in Gießen geklärt und entsprechend gewürdigt worden. Die in Gießen erklärte Schweigeverpflichtung könne er nun nicht mehr einhalten. Durch die Weiterleitung von Informationen an eine Kontaktadresse in West-Berlin und an die ständige Vertretung der Bundesrepublik Deutschland in Ost-Berlin habe er auch mehreren DDR-Bürgern geholfen, ihr Ausreisebegehren der Bundesrepublik Deutschland offen zu legen. Durch die Verurteilungen habe er dauernde Gesundheitsschäden erlitten und sei daher zeitlebens erwerbsunfähig.

12

Durch Rückfrage beim Bundesverwaltungsamt, Außenstelle Gießen, hat der Beklagte ermittelt, dass es sich bei den in der Notaufnahmeakte fehlenden Seiten 12 bis 13 und 17 bis 18 um den Schwerbehindertenausweis des Klägers und um die Identitätsbescheinigung aus der ehemaligen DDR handle.

13

Mit Widerspruchsbescheid vom 07. Januar 2010, zugestellt per Zustellungsurkunde am 14. Januar 2010, wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung wurde auf den Ausgangsbescheid verwiesen und ergänzend ausgeführt, dass keine Anhaltspunkte erkennbar seien, wonach die Tätigkeit für das MfS unfreiwillig erfolgt sei. Der Vortrag des Klägers, er habe DDR-Bürgern hierdurch geholfen, sei unsubstantiiert und lasse die Vorwerfbarkeit nicht entfallen. Außerdem könne die Hilfestellung gegenüber DDR-Bürgern nicht Rechtfertigung für eine jahrelange MfS-Tätigkeit sein. Sein Vorbringen, wonach er der Tätigkeit wegen der in Aussicht gestellten Übersiedlung nachgegangen sei, zeige gerade, dass er die Spitzeldienste freiwillig und zur eigenen Vorteilsnahme aufgenommen habe. Aus der Notaufnahmeakte ergebe sich nichts anderes. Die Ausführungen des Klägers seien als Schutzbehauptung zurückzuweisen. Mangels Schutzwürdigkeit könne sich der Kläger auch nicht mit Erfolg auf § 48 Abs. 2 VwVfG berufen. Er habe die Häftlingshilfebescheinigung durch unrichtige und unvollständige Angaben erwirkt. Zu keinem Zeitpunkt habe er seine Mitarbeit als IM erwähnt. Außergewöhnliche Gründe, die eine Ausnahme von der Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit zu seinen Gunsten rechtfertigten, seien nicht ersichtlich.

14

Die Rechtsbehelfsbelehrung des Widerspruchsbescheides ist wie folgt gefasst:

15

Gegen diesen Widerspruchsbescheid, kann innerhalb eines Monat nach Zustellung dieses Widerspruchsbescheides Klage beim Verwaltungsgericht in 67433 Neustadt an der Weinstraße, Robert-Stolz-Str. 20, E-Mail-Adresse: [email protected] schriftlich, in elektronischer Form oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhoben werden. (…) Die elektronische Form wird durch eine qualifizierte signierte Datei gewahrt, die den Maßgaben der Landesverordnung über den elektronischen Rechtsverkehr vom 09.01.2008 (GVBl. 2008, S. 33) in der jeweils geltenden Fassung entspricht und als Anhang einer elektronischen Nachricht (E-Mail) zu übermitteln ist.

16

Der Kläger hat am 18. Februar 2010 Klage erhoben, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Er trägt vor, es sei nur nach Aktenlage entschieden worden. Das Innenministerium in Mainz habe ihn an den Bundesnachrichtendienst in München verwiesen; dort hülle man sich in Schweigen.

17

Der Kläger beantragt sinngemäß,

18

den Bescheid des Beklagten vom 10. September 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. Januar 2010 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die beantragte Nachzahlung in Form der erhöhten Kapitalentschädigung gemäß § 17 Abs. 5 i. V. m. § 25 Abs. 2 StrRehaG sowie eine monatlichen Opferpension gemäß § 17 a StrRehaG zu gewähren.

19

Der Beklagte beantragt,

20

die Klage abzuweisen.

21

Er trägt vor, die Klage sei verfristet. Dem gerichtlichen Hinweis, die Rechtsbehelfsbelehrung sei wegen der ausschließlichen Erwähnung der E-Mail als Kommunikationsweg im Rahmen des Hinweises auf die Möglichkeit der Übermittlung einer Klage im elektronischen Rechtsverkehr unter Umständen unrichtig, hält er entgegen, dass die Belehrung über die Möglichkeit der Klageerhebung auf elektronischem Wege den Anforderungen des § 58 Abs. 1 VwGO genüge. Eine weitergehende Forderung nach konkreten Hinweisen bezüglich der Form der elektronischen Klageerhebung sei aus der Vorschrift nicht herzuleiten. Im Übrigen bezieht sich der Beklagte auf den Ausgangs- und Widerspruchsbescheid.

22

Das Gericht hat die Beteiligten mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass im Fall ihres Ausbleibens auch ohne sie verhandelt und entschieden werden kann. Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze, die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten, die Notaufnahmeakten (Reg.Nr. ...) sowie die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

23

Die Kammer durfte trotz der Abwesenheit des Klägers in der mündlichen Verhandlung über die Klage entscheiden, da er mit der Ladung zum Termin auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (§ 102 Abs. 2 VwGO).

24

Die Klage ist zulässig, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg.

25

Die Klage ist zulässig, insbesondere nicht verfristet. Sie konnte nämlich innerhalb der Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO erhoben werden, weil die Rechtsbehelfsbelehrung des Widerspruchsbescheids unrichtig ist; die Monatsfrist des § 74 Abs. 1 VwGO greift nicht ein.

26

Zwar folgt die Unrichtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung vorliegend nicht aus der Formulierung „gegen diesen Widerspruchsbescheid“. Allerdings ist gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO Gegenstand der Anfechtungsklage der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat. Dennoch ist die Rechtsbehelfsbelehrung insoweit nicht irreführend. Denn bei der hier gegebenen Identität der Ausgangs- und Widerspruchsbehörde lässt die Rechtsbehelfsbelehrung dahin, dass gegen den Widerspruchsbescheid Klage beim Verwaltungsgericht erhoben werden kann, keinen Zweifel darüber aufkommen, dass mit einer derartigen Klage nicht der Widerspruchsbescheid isoliert, sondern auch der Erstbescheid angegriffen wird (vgl. hierzu BVerwG, Buchholz 310 § 58 VwGO Nr. 54).

27

Jedoch ist eine Rechtsbehelfsbelehrung nicht nur dann unrichtig im Sinne von § 58 Abs. 2 VwGO, wenn eine ihrer in § 58 Abs. 1 VwGO zwingend geforderten Angaben nicht zutreffend formuliert ist, sondern auch, wenn ein zusätzlich aufgenommener Hinweis einen unzutreffenden oder irreführenden Inhalt hat, der nach seiner Art generell, also losgelöst vom Verständnis, das er beim Betroffenen gefunden hat, geeignet ist, die Einlegung des Rechtsbehelfs zu erschweren (vgl. BVerwGE 134, 41 [Rn. 16 ff.] m. w. N.). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gehört die Belehrung über die Form, in der ein Rechtsbehelf einzulegen ist, nicht zu den von § 58 Abs. 1 VwGO zwingend geforderten Angaben (vgl. Meissner in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand 2009, § 58 Rn. 32 m. w. N.). Wird in einer Rechtsbehelfsbelehrung eines Widerspruchsbescheides aber auch über die Form einer bei einem Verwaltungsgericht des Landes Rheinland-Pfalz zu erhebenden Klage belehrt, muss auf die Möglichkeit der Klageerhebung in elektronischer Form, die durch § 55 a Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 1 der Landesverordnung über den elektronischen Rechtsverkehr mit den öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsbarkeiten vom 09. Januar 2008 (GVBl 2008, 33) und Nr. 2 bis 5 der Anlage hierzu eröffnet worden ist, hingewiesen werden (vgl. Kintz, NVwZ 2004, 1431). Diesem Erfordernis hat der Beklagte zwar genügt. Der am Ende der Rechtsbehelfsbelehrung angefügte Hinweis, dass die Klage als Anhang einer elektronischen Nachricht (E-Mail) zu übermitteln ist, ist indessen unvollständig und damit irreführend im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, weil unerwähnt bleibt, dass die Landesverordnung für die Übermittlung von Dokumenten außer der elektronischen Nachricht zwei weitere Wege eröffnet hat, nämlich OSCI (Online Service Computer Interface, z.B. EGVP) und Web-Upload. Im vorliegenden Falle wurde mit der Zustellung des Widerspruchsbescheides deshalb nicht die Monatsfrist des § 74 Abs. 1 VwGO, sondern die Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO in Gang gesetzt, die unzweifelhaft eingehalten ist.

28

In der Sache hat die Klage indes keinen Erfolg. Der Bescheid vom 10. September 2009, mit dem der Beklagte die Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG, den Bescheid über die Bewilligung der Eingliederungshilfe nach dem HHG sowie den Bescheid über die Bewilligung einer Kapitalentschädigung nach dem StrRehaG mit Wirkung auch für die Vergangenheit aufgehoben und die gewährten Leistungen zurückgefordert hat, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

29

Rechtsgrundlage für die Rücknahme der genannten Verwaltungsakte ist § 48 VwVfG. Danach kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein begünstigender Verwaltungsakt darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 der Vorschrift zurückgenommen werden.

30

Die Rücknahme der genannten Verwaltungsakte erfolgte zu Recht. Diese sind rechtswidrig. Denn der Kläger hatte weder einen Anspruch auf Ausstellung der Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG noch auf die Leistungen nach dem HHG und dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz, da in seinem Fall der Ausschlussgrund des § 2 Abs. 1 Nr. 1 HHG vorliegt. Dieser steht sowohl der Gewährung der Eingliederungshilfe nach § 9 a und b HHG als auch der Erteilung der Häftlingshilfebescheinigung, aufgrund derer die Kapitalentschädigung nach § 17 i.V.m. § 25 Abs. 2 StrRehaG bewilligt wurde, entgegen.

31

Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 HHG werden Leistungen nach diesem Gesetz nicht an Personen gewährt, die in den in § 1 Abs. 1 Nr. 1 genannten Gewahrsamsgebieten dem dort herrschenden politischem System erheblich Vorschub geleistet haben. Dies ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zwar nicht schon bei einem lediglich beiläufigen, gelegentlichen Verhalten der Fall (vgl. BVerwG, Buchholz, 412.6 § 2 HHG Nr. 2; BVerwG, DÖV 1991, 508; vgl. auch OVG Berlin, Urteil vom 15. Januar 1992, - 7 B 10.90 -, juris; VG Neustadt/Wstr., Urteil vom 22. Mai 2003 - 2 K 3084/02.NW). Den Ausschlussgrund erfüllt derjenige, der freiwillig ein Amt oder einen sonstigen Tätigkeitsbereich übernommen hat, deren wahrzunehmende Funktionen dazu bestimmt und geeignet waren, in nicht unerheblicher Weise den Herrschaftsanspruch der früheren SED und das von ihr getragene System zu festigen, auszudehnen oder den Widerstand gegen dieses System zu unterdrücken, sofern er die ihm übertragenen Aufgaben wahrgenommen, ihm gegebene Weisungen befolgt und damit dem System und seinen Zielen in der Tat nachhaltig gedient hat. Der Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass das Verhalten des Klägers diese Voraussetzungen erfüllt.

32

Aus den Unterlagen des BStU geht hervor, dass sich der Kläger im Juni 1967 zur inoffiziellen Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit (MfS) unter dem Decknamen „E...“ verpflichtete. Ab April 1969 war er als Inoffizieller Mitarbeiter für Sicherheit (IMS) tätig; im März 1974 wurde der Kläger zum IMV für die Hauptabteilung VII/7 des MfS („Inoffizieller Mitarbeiter, der unmittelbar an der Bearbeitung und Entlarvung in Verdacht der Feindtätigkeit stehender Personen mitarbeitet“). Die Hauptabteilung VII war seit 1959 zuständig für die Sicherung und Kontrolle des Ministeriums des Innern und dessen nachgeordneter Einrichtungen, wie Deutsche Volkspolizei, Zivilverteidigung und Strafvollzug. Das letzte Treffen fand am 09. August 1977 statt; im August 1978 stellte der Kläger einen Antrag auf Entbindung von der inoffiziellen Zusammenarbeit mit dem MfS. Die vorhandenen Unterlagen enthalten nach Angabe des BStU ca. 89 Treffberichte der Führungsoffiziere, 26 Tonbandabschriften, 8 Berichte der Führungsoffiziere nach mündlichen Informationen des Klägers, 33 handgeschriebene und vom Kläger mit dem Decknamen unterschriebene IM-Berichte. Die von ihm gefertigten Berichte umfassen insgesamt 855 Seiten über Personenaufklärung; die Personal- und Arbeitsakte umfasst 244 Seiten. Ihr Inhalt wird vom BStU dahin zusammengefasst, dass der Kläger auftragsgemäß insbesondere über mindestens 63 Personen, die von ihm im Zusammenhang mit dem Verdacht der Republikflucht, politischen Äußerungen in der Öffentlichkeit oder sonstigen besonderen Vorkommnissen genannt wurden, berichtet habe. Die Tätigkeit des Klägers sei vom MfS mehrfach positiv beurteilt worden. Die Unterlagen enthielten Vermerke des MfS über Geldzahlungen (Prämien) in Höhe von 935 Mark, die Erstattung von Auslagen für Speisen und Zigaretten in Höhe von 263,40 Mark. Unter anderem bestätigte der Kläger auf einer Quittung vom 14. Dezember 1973 den Empfang von 150 Mark; auf dieser Quittung ist von einem Führungsoffizier vermerkt: „Für gute Auftragserfüllung zur (nicht lesbar) welche mit Inhaftierung abgeschlossen werden konnte erhielt der IMV den Betrag von 150,00 Mark“. Im Einschätzungsbericht vom 19. Januar 1977 wird ausgeführt, dass die Motive des Klägers bei der Zusammenarbeit in Abenteuerlust sowie in der Erlangung persönlicher Vorteile lagen. Die in dem zusammenfassenden Bericht des BStU genannten Komplexe sind jeweils beispielhaft durch die Unterlagen des MfS dokumentiert.

33

Die Tätigkeit für das MfS über einen Zeitraum von 11 Jahren ist angesichts der Anzahl und Qualität der Berichte, die auch in mehrfachen positiven Beurteilungen durch das MfS zum Ausdruck kommt, sowie unter Berücksichtigung der Größe des zu überwachenden Personenkreises geeignet und dazu bestimmt gewesen, die politischen Ziele des SED-Regimes nachhaltig zu festigen.

34

Ob es aufgrund der Tätigkeit des Klägers in mehr als einem Fall unmittelbar zu Verhaftungen überwachter Personen oder sonstigen schweren Nachteilen gekommen ist, kann dahingestellt bleiben. Denn der Feststellung einer Kausalität zwischen der Spitzeltätigkeit eines Stasi-Informanten und dem eingetretenen Schaden für den Betroffenen bedarf es im konkreten Fall nicht. Es reicht aus, dass die vom Spitzel gelieferten Informationen generell geeignet waren, das frühere SED-Regime zu festigen (vgl. OVG Berlin, a. a. O.). Dies war bei der Berichterstattung durch den Kläger der Fall, weil die Lieferung von Informationen über die politische Gesinnung, über Westkontakte und Ausreisepläne eine Überwachungssituation schafft, die ein Gewaltregime stärkt.

35

Rechtlich nicht von entscheidender Bedeutung ist auch, dass der Kläger ein Entgelt für seine Spitzeltätigkeit erhalten hat. Für die Frage des "erheblich Vorschubleistens" kommt es auf einen finanziellen Vorteil des Spitzels nicht an (OVG Berlin, a. a. O.).

36

Von einer besonderen Zwangslage, die es dem Kläger unmöglich gemacht hätte, die Spitzeltätigkeit abzulehnen oder zu beenden, kann vorliegend nicht ausgegangen werden. Die Freiwilligkeit ist zu verneinen, wenn die Spitzeltätigkeit unter Zwang aufgenommen und fortgeführt worden ist. Von einem die Freiwilligkeit ausschließenden Druck kann aber nur dann ausgegangen werden, wenn er für den Betroffenen unerträglich war, d.h. wenn von ihm auch unter Berücksichtigung des durch die Spitzeltätigkeit mutmaßlich angerichteten Schadens nicht erwartet oder verlangt werden konnte, sich der angetragenen Mitarbeit zu widersetzen oder zu entziehen (vgl. BVerwG, LKV 2007, 30). Der Kläger hat gegenüber der Staatssicherheit mehrfach betont, dass er aus Abenteuerlust und zur Erlangung persönlicher Vorteile handle. Selbst wenn man seinen unsubstantiierten und sehr vagen Vortrag, wonach er auch für den Bundesnachrichtendienst (BND) tätig war, als wahr unterstellt, rechtfertigt diese Tätigkeit nicht die Annahme, dass er sich in einer Zwangslage befunden habe. Nach seinen eigenen Angaben war Hauptziel dieser Tätigkeit, sein eigenes Ausreisebegehren voranzubringen. Danach handelte er nicht unter unerträglichem Druck. Ihm konnte zugemutet werden, sich dem Ansinnen des MfS, als Informant tätig zu werden, zu widersetzen und seinen Ausreisewunsch ohne eine nachhaltige Festigung der Ziele des SED-Regimes und eine Schädigung Dritter verfolgen. Sein Vortrag, er habe durch seine Tätigkeit für den BND auch mehreren DDR-Bürgern geholfen, ihre Ausreisebegehren der Bundesrepublik Deutschland mitzuteilen, ist unsubstantiiert. Darüber hinaus ist dieser Vortrag nicht geeignet, das Vorliegen einer Zwangslage aufzuzeigen.

37

Die Bewilligung der Eingliederungshilfe nach § 9 a, § 9 b HHG und die Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG, die Voraussetzung für die Entschädigung nach dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz ist, sind daher rechtswidrig.

38

Als begünstigende Verwaltungsakte dürfen sie allerdings nur unter den Einschränkungen des § 48 Abs. 2 bis 4 VwVfG zurückgenommen werden. Danach darf eine Rücknahme nicht erfolgen, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsakts vertraut hat und sein Vertrauen auch unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Auf Vertrauensschutz kann sich der Begünstigte aber dann nicht berufen, wenn er den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren (§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 VwVfG). Das ist hier der Fall.

39

Der Kläger hat gegenüber der zuständigen Behörde weder mündlich noch in seinem schriftlichen Antrag auf Ausstellung der Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG Angaben über seine Tätigkeit für das MfS gemacht, obgleich ihm bewusst gewesen sein musste, dass dieser Gesichtspunkt von der Fragestellung umfasst und von wesentlicher Bedeutung für die Entscheidung über seinen Antrag war. Dies ergibt sich vor allem daraus, dass er im Antrag auf Erteilung des Aufnahmescheins im Notaufnahmelager G….. angegeben hat, lediglich als Reiseleiter von 1970 bis 1972, im Rahmen einer Vernehmung im Jahre 1973 und während der Untersuchungshaft 1977 mit Organen der Staatssicherheit in Berührung gekommen zu sein. Angaben über seine jahrelange Tätigkeit als IM hat er verschwiegen. Zwar hat er diese unrichtigen Angaben nicht gegenüber dem Beklagten, sondern gegenüber dem Leiter des Notaufnahmelagers Gießen gemacht. Dieser Umstand ist aber unerheblich (vgl. hierzu VG Hannover, Urteil vom 25. März 2009 - 5 A 4768/05 -, juris). Aus den Antragsvordrucken war für den Kläger klar ersichtlich, dass mögliche Kontakte mit dem MfS entscheidungserheblich waren. Unter I. Ziff. 10 des Antrags auf Ausstellung einer Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG wird ausdrücklich eine Verknüpfung zum Notaufnahmeantrag hergestellt. Die Frage unter III. Ziff. 2 nach Zeugen dafür, dass er dem herrschenden politischen System nicht erheblich Vorschub geleistet habe, ließ er unbeantwortet. In der Gesamtschau hätte es sich dem Kläger aufdrängen müssen, dass er seine jahrelange Tätigkeit als IM offen legen musste. Darüber hinaus ist es aufgrund seiner Biographie und der Umstände seines Falles fernliegend anzunehmen, dass er darüber im Unklaren war, dass die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung über die Gewährung von Leistungen nach dem Häftlingshilfegesetz und dem Strafrechtlichen Rehabilitationsgesetz von zutreffenden Angaben zu einer Tätigkeit für den Staatssicherheitsdienst der ehemaligen DDR abhängig war. Das Verschweigen dieser Tätigkeit stellt zumindest ein grob fahrlässiges Verhalten dar, durch das der Erlass des rechtswidrigen Häftlingshilfebescheides vom 28. April 1980 erwirkt wurde. Denn bei einer zutreffenden Beantwortung der Fragen wäre die Bescheinigung nicht ausgestellt worden. Mit seiner Unterschriftsleistung hat der Kläger versichert, dass alle seine Angaben richtig und vollständig seien und ihm bekannt sei, dass bewusst unrichtige Angaben zur Rückerstattung erhaltener finanzieller Leistungen führen. Daraus folgt ohne weiteres, dass dem Kläger seine Mitwirkungspflicht sowie die Bedeutung und Tragweite seiner Erklärungen bei der Beantragung der Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG bekannt sein mussten.

40

Auch unter Ermessensgesichtspunkten ist die Rücknahme der Bescheide nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat das ihm zustehende Ermessen erkannt und dieses ohne Rechtsverstoß ausgeübt. Nach § 48 Abs. 2 Satz 4 VwVfG wird in den Fällen des Satzes 3 der Verwaltungsakt regelmäßig mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen (intendiertes Ermessen). Außergewöhnliche berücksichtigungsfähige Umstände, die gegen die Rücknahme sprechen, liegen nicht vor. In welchen zeitlichen Grenzen ein fehlerhafter Verwaltungsakt noch zurückgenommen werden darf, hängt entscheidend von den Umständen des Einzelfalls ab. Eine absolute zeitliche Grenze lässt sich nicht ziehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. August 1986 - 3 B 55/85 -, juris). Von entscheidender Bedeutung ist im vorliegenden Fall, dass die Rechtswidrigkeit der Bescheide in den Verantwortungsbereich des Klägers fällt, weil dieser unvollständige Angaben gemacht hat und für ihn auch ersichtlich war, dass der Beklagte auf die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Angaben vertraut hat. Dem Kläger musste bewusst sein, dass der Beklagte durch besondere Umstände und möglicherweise zufallsbedingt auch nach längerem Zeitablauf Kenntnis von seiner Spitzeltätigkeit erlangen könnte. Zudem hat er im Rahmen der Antragstellung versichert, dass seine Angaben vollständig sind und in allen Teilen der Wahrheit entsprechen. Das rechtfertigt die Rücknahme der Bescheide auch nach längerer Zeit.

41

Der Beklagte hat auch die Frist des § 48 Abs. 4 VwVfG zur Rücknahme der Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG und der Bewilligung der Eingliederungshilfe nach § 9 a und § 9 b HHG eingehalten. Danach muss die Rücknahme innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen erfolgen, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen (Entscheidungsfrist). Erforderlich ist zusätzlich, dass die Behörde auch die fehlerhafte Rechtsanwendung auf ihr bekanntgewordene Tatsachen erkennt, d.h. sich der Rechtswidrigkeit des betroffenen Verwaltungsaktes und der Notwendigkeit, wegen dieser Rechtswidrigkeit über eine eventuelle Rücknahme zu entscheiden, bewusst wird oder ist (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Auflage, Stand 2008, § 48 Rn. 154 m. w. N.). Kenntnis der die Rücknahme rechtfertigenden Tatsachen erhielt der Beklagte durch die Übersendung der den Kläger betreffenden Unterlagen des BStU am 15. Mai 2008. Erst nach Überprüfung dieser Unterlagen und der im Rahmen der Anhörung mit Schreiben vom 18. Juni 2009 vorgebrachten Einwendungen des Klägers hatte der Beklagte die notwendige Kenntnis von allen für eine Rücknahme erheblichen Umständen. Demgemäß erfolgte die Rücknahme mit Bescheid vom 10. September 2009 innerhalb der Jahresfrist.

42

Gleiches gilt für die Aufhebung der Bewilligung nach dem StrRehaG, die ebenfalls gemäß § 48 VwVfG zu Recht erfolgte. Mit der gerichtlichen Bestätigung der Rücknahme der Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG ist auch die Voraussetzung für die Bewilligung der Kapitalentschädigung gemäß § 17 i. V. m. § 25 Abs. 2 StrRehaG weggefallen, ohne dass es insoweit auf das Vorliegen von Ausschlussgründen nach § 16 Abs. 2 StrRehaG ankommt. § 25 Abs. 2 StrRehaG stellt eine eigenständige Anspruchsgrundlage dar, welche lediglich das Vorliegen einer Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG voraussetzt (vgl. BVerwG, NJ 2003, 215).

43

Die Rückforderung der Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG findet ihre Rechtsgrundlage in § 52 VwVfG und ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Zwar setzt § 52 Satz 1 VwVfG die Unanfechtbarkeit der Rücknahme oder des Widerrufs des zugrunde liegenden Verwaltungsakts voraus. Jedoch ist eine Rückforderung zugleich mit dem die Wirksamkeit des Verwaltungsaktes aufhebenden Verwaltungsakt möglich, wenn sie unter die aufschiebende Bedingung des Eintritts der Unanfechtbarkeit gestellt wird. Dies ist hier anzunehmen (vgl. Kopp/Ramsauer, a. a. O., § 52 Rn. 6).

44

Auch die in dem angefochtenen Bescheid vom 10. September 2009 ausgesprochene Rückforderung der zu Unrecht gewährten Leistungen ist zu Recht erfolgt; sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 49 a Abs. 1 VwVfG. Die Bewilligungen nach dem HHG und dem StrRehaG sind gegenüber dem Kläger aufgehoben, so dass kein Rechtsgrund (mehr) für die von dem Beklagten erbrachten Leistungen besteht. Mithin sind diese zu erstatten.

45

Der Kläger hat aus den vorgenannten Gründen auch keinen Anspruch auf die Gewährung der Kapitalentschädigung nach § 17 a i.V.m. § 25 Abs. 2 StrRehaG. Die vorausgesetzte Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG ist mit der gerichtlichen Bestätigung der Rücknahme weggefallen.

46

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden gemäß § 188 Satz 2 VwGO nicht erhoben. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.

War der Totschläger ohne eigene Schuld durch eine ihm oder einem Angehörigen zugefügte Mißhandlung oder schwere Beleidigung von dem getöteten Menschen zum Zorn gereizt und hierdurch auf der Stelle zur Tat hingerissen worden oder liegt sonst ein minder schwerer Fall vor, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

(1) Wer

1.
ein Gesetzgebungsorgan des Bundes oder eines Landes oder einen seiner Ausschüsse,
2.
die Bundesversammlung oder einen ihrer Ausschüsse oder
3.
die Regierung oder das Verfassungsgericht des Bundes oder eines Landes
rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt nötigt, ihre Befugnisse nicht oder in einem bestimmten Sinne auszuüben, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Wer

1.
den Bundespräsidenten oder
2.
ein Mitglied
a)
eines Gesetzgebungsorgans des Bundes oder eines Landes,
b)
der Bundesversammlung oder
c)
der Regierung oder des Verfassungsgerichts des Bundes oder eines Landes
rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel nötigt, seine Befugnisse nicht oder in einem bestimmten Sinne auszuüben, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

(1) Leistungen nach diesem Gesetz werden nicht gewährt an Personen,

1.
die in den Gewahrsamsgebieten (§ 1 Abs. 1 Nr. 1) dem dort herrschenden politischen System erheblich Vorschub geleistet haben,
2.
die während der Herrschaft des Nationalsozialismus oder in den Gewahrsamsgebieten (§ 1 Abs. 1 Nr. 1) durch ihr Verhalten gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit oder Menschlichkeit verstoßen haben; dies gilt insbesondere für Personen, die durch ein deutsches Gericht im Geltungsbereich dieses Gesetzes wegen eines an Mithäftlingen begangenen Verbrechens oder Vergehens rechtskräftig verurteilt worden sind,
3.
die nach dem 8. Mai 1945 durch deutsche Gerichte wegen vorsätzlicher Straftaten zu Freiheitsstrafen von insgesamt mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden sind. Dies gilt nicht, soweit die Verurteilung auf in § 1 Abs. 1 Nr. 1 genannten Gründen beruht.

(2) Die Gewährung von Leistungen kann versagt oder eingestellt werden, wenn der Berechtigte die im Geltungsbereich dieses Gesetzes bestehende freiheitliche demokratische Grundordnung bekämpft hat oder bekämpft.

(3) (weggefallen)

(4) Liegen Ausschließungsgründe bei der in Gewahrsam genommenen Person (§ 1 Abs. 1 Nr. 1) vor, so sind diese auch gegenüber Angehörigen und Hinterbliebenen wirksam.

(5) Solange wegen einer Straftat, die zu einem Ausschluß nach Absatz 1 Nr. 2 und 3 oder Absatz 2 führen kann, ein Ermittlungsverfahren oder Strafverfahren schwebt, sind Entscheidungen über Anträge nach diesem Gesetz zurückzustellen. Wird ein solches Verfahren eingeleitet, nachdem der Anspruch auf Leistungen zuerkannt ist, so ist die Auszahlung einmaliger Leistungen auszusetzen; wiederkehrende Leistungen können ausgesetzt werden.

(1) Die Rehabilitierung begründet einen Anspruch auf soziale Ausgleichsleistungen für Nachteile, die dem Betroffenen durch eine Freiheitsentziehung entstanden sind.

(2) Soziale Ausgleichsleistungen nach diesem Gesetz werden nicht gewährt, wenn der Berechtigte oder derjenige, von dem sich die Berechtigung ableitet, gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit verstoßen oder in schwerwiegendem Maße seine Stellung zum eigenen Vorteil oder zum Nachteil anderer missbraucht hat.

(3) Die sozialen Ausgleichsleistungen nach Absatz 1 werden auf Antrag als Kapitalentschädigung, besondere Zuwendung für Haftopfer und Unterstützungsleistung nach Maßgabe der §§ 17 bis 19 sowie als Versorgung nach Maßgabe der §§ 21 bis 24 gewährt.

(4) Die Leistungen nach den §§ 17 bis 19 bleiben als Einkommen bei Sozialleistungen, deren Gewährung von anderen Einkommen abhängig ist, unberücksichtigt.

(1) Leistungen nach diesem Gesetz werden nicht gewährt an Personen,

1.
die in den Gewahrsamsgebieten (§ 1 Abs. 1 Nr. 1) dem dort herrschenden politischen System erheblich Vorschub geleistet haben,
2.
die während der Herrschaft des Nationalsozialismus oder in den Gewahrsamsgebieten (§ 1 Abs. 1 Nr. 1) durch ihr Verhalten gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit oder Menschlichkeit verstoßen haben; dies gilt insbesondere für Personen, die durch ein deutsches Gericht im Geltungsbereich dieses Gesetzes wegen eines an Mithäftlingen begangenen Verbrechens oder Vergehens rechtskräftig verurteilt worden sind,
3.
die nach dem 8. Mai 1945 durch deutsche Gerichte wegen vorsätzlicher Straftaten zu Freiheitsstrafen von insgesamt mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden sind. Dies gilt nicht, soweit die Verurteilung auf in § 1 Abs. 1 Nr. 1 genannten Gründen beruht.

(2) Die Gewährung von Leistungen kann versagt oder eingestellt werden, wenn der Berechtigte die im Geltungsbereich dieses Gesetzes bestehende freiheitliche demokratische Grundordnung bekämpft hat oder bekämpft.

(3) (weggefallen)

(4) Liegen Ausschließungsgründe bei der in Gewahrsam genommenen Person (§ 1 Abs. 1 Nr. 1) vor, so sind diese auch gegenüber Angehörigen und Hinterbliebenen wirksam.

(5) Solange wegen einer Straftat, die zu einem Ausschluß nach Absatz 1 Nr. 2 und 3 oder Absatz 2 führen kann, ein Ermittlungsverfahren oder Strafverfahren schwebt, sind Entscheidungen über Anträge nach diesem Gesetz zurückzustellen. Wird ein solches Verfahren eingeleitet, nachdem der Anspruch auf Leistungen zuerkannt ist, so ist die Auszahlung einmaliger Leistungen auszusetzen; wiederkehrende Leistungen können ausgesetzt werden.

(1) Für die Gewährung von Leistungen nach den §§ 4, 5 und 8 sind die Behörden zuständig, denen die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes und des Unterhaltsbeihilfegesetzes obliegt. Soweit die Versorgungsbehörden zuständig sind, richtet sich das Verfahren nach den für die Kriegsopferversorgung geltenden Vorschriften.

(2) Für die Gewährung der Leistungen nach den §§ 9a bis 9c und die Ausstellung der Bescheinigung nach Absatz 4 sind die von den Landesregierungen bestimmten Stellen zuständig; hat der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland, so bestimmt die Regierung des Landes, in welchem die Bundesregierung ihren Sitz hat, die zuständige Behörde.

(3) Über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit, soweit dieses Gesetz von den für die Kriegsopferversorgung zuständigen Verwaltungsbehörden durchgeführt wird. Für das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit sind die Vorschriften des Sozialgerichtsgesetzes für Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung maßgebend. § 51 Abs. 1 Nr. 6 des Sozialgerichtsgesetzes bleibt unberührt. Über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten bei der Anwendung der §§ 9a bis 9c entscheiden die allgemeinen Verwaltungsgerichte.

(4) Der Nachweis darüber, daß die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 vorliegen und daß Ausschließungsgründe nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 weder gegeben noch gemäß § 2 Abs. 4 wirksam sind, ist durch eine Bescheinigung zu erbringen, soweit zugleich ein Anspruch nach den §§ 9a bis 9c besteht. Im übrigen wird das Vorliegen dieser Voraussetzungen nur auf Ersuchen einer anderen Behörde festgestellt, wenn hiervon die Gewährung einer Leistung, eines Rechtes oder einer Vergünstigung abhängt.

(5) Über die Anträge mehrerer Antragsteller, die Erben oder weitere Erben einer in § 1 Abs. 1 Nr. 1 bezeichneten Person sind, entscheidet die Behörde, bei welcher der erste Antrag gestellt worden ist.

(6) Hält die Behörde zur Feststellung des Gewahrsams oder von Ausschließungsgründen nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 und nach § 2 Abs. 4 die eidliche Vernehmung eines Zeugen oder eines Sachverständigen für geboten, so ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Zeuge oder Sachverständige seinen Wohnsitz oder Aufenthaltsort hat, um die eidliche Vernehmung zu ersuchen.

(7) Die Entscheidung über die Ausstellung einer Bescheinigung nach Absatz 4 ist für alle Behörden und Stellen verbindlich, die für die Gewährung von Rechten und Vergünstigungen nach diesem oder einem anderen Gesetz zuständig sind. Hält eine Behörde oder Stelle die Entscheidung über die Ausstellung der Bescheinigung nicht für gerechtfertigt, so kann sie nur ihre Änderung oder Aufhebung durch die für die Ausstellung der Bescheinigung zuständige Stelle beantragen. Die Ausstellungsbehörde entscheidet auch über Rücknahme und Widerruf und über die Ausstellung einer Zweitschrift einer Bescheinigung.

(8) Wird die Bescheinigung eingezogen oder für ungültig erklärt, so sind die Leistungen nach diesem Gesetz einzustellen.

(1) Leistungen nach diesem Gesetz werden nicht gewährt an Personen,

1.
die in den Gewahrsamsgebieten (§ 1 Abs. 1 Nr. 1) dem dort herrschenden politischen System erheblich Vorschub geleistet haben,
2.
die während der Herrschaft des Nationalsozialismus oder in den Gewahrsamsgebieten (§ 1 Abs. 1 Nr. 1) durch ihr Verhalten gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit oder Menschlichkeit verstoßen haben; dies gilt insbesondere für Personen, die durch ein deutsches Gericht im Geltungsbereich dieses Gesetzes wegen eines an Mithäftlingen begangenen Verbrechens oder Vergehens rechtskräftig verurteilt worden sind,
3.
die nach dem 8. Mai 1945 durch deutsche Gerichte wegen vorsätzlicher Straftaten zu Freiheitsstrafen von insgesamt mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden sind. Dies gilt nicht, soweit die Verurteilung auf in § 1 Abs. 1 Nr. 1 genannten Gründen beruht.

(2) Die Gewährung von Leistungen kann versagt oder eingestellt werden, wenn der Berechtigte die im Geltungsbereich dieses Gesetzes bestehende freiheitliche demokratische Grundordnung bekämpft hat oder bekämpft.

(3) (weggefallen)

(4) Liegen Ausschließungsgründe bei der in Gewahrsam genommenen Person (§ 1 Abs. 1 Nr. 1) vor, so sind diese auch gegenüber Angehörigen und Hinterbliebenen wirksam.

(5) Solange wegen einer Straftat, die zu einem Ausschluß nach Absatz 1 Nr. 2 und 3 oder Absatz 2 führen kann, ein Ermittlungsverfahren oder Strafverfahren schwebt, sind Entscheidungen über Anträge nach diesem Gesetz zurückzustellen. Wird ein solches Verfahren eingeleitet, nachdem der Anspruch auf Leistungen zuerkannt ist, so ist die Auszahlung einmaliger Leistungen auszusetzen; wiederkehrende Leistungen können ausgesetzt werden.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(1) Für die Gewährung von Leistungen nach den §§ 4, 5 und 8 sind die Behörden zuständig, denen die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes und des Unterhaltsbeihilfegesetzes obliegt. Soweit die Versorgungsbehörden zuständig sind, richtet sich das Verfahren nach den für die Kriegsopferversorgung geltenden Vorschriften.

(2) Für die Gewährung der Leistungen nach den §§ 9a bis 9c und die Ausstellung der Bescheinigung nach Absatz 4 sind die von den Landesregierungen bestimmten Stellen zuständig; hat der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland, so bestimmt die Regierung des Landes, in welchem die Bundesregierung ihren Sitz hat, die zuständige Behörde.

(3) Über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit, soweit dieses Gesetz von den für die Kriegsopferversorgung zuständigen Verwaltungsbehörden durchgeführt wird. Für das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit sind die Vorschriften des Sozialgerichtsgesetzes für Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung maßgebend. § 51 Abs. 1 Nr. 6 des Sozialgerichtsgesetzes bleibt unberührt. Über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten bei der Anwendung der §§ 9a bis 9c entscheiden die allgemeinen Verwaltungsgerichte.

(4) Der Nachweis darüber, daß die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 vorliegen und daß Ausschließungsgründe nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 weder gegeben noch gemäß § 2 Abs. 4 wirksam sind, ist durch eine Bescheinigung zu erbringen, soweit zugleich ein Anspruch nach den §§ 9a bis 9c besteht. Im übrigen wird das Vorliegen dieser Voraussetzungen nur auf Ersuchen einer anderen Behörde festgestellt, wenn hiervon die Gewährung einer Leistung, eines Rechtes oder einer Vergünstigung abhängt.

(5) Über die Anträge mehrerer Antragsteller, die Erben oder weitere Erben einer in § 1 Abs. 1 Nr. 1 bezeichneten Person sind, entscheidet die Behörde, bei welcher der erste Antrag gestellt worden ist.

(6) Hält die Behörde zur Feststellung des Gewahrsams oder von Ausschließungsgründen nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 und nach § 2 Abs. 4 die eidliche Vernehmung eines Zeugen oder eines Sachverständigen für geboten, so ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Zeuge oder Sachverständige seinen Wohnsitz oder Aufenthaltsort hat, um die eidliche Vernehmung zu ersuchen.

(7) Die Entscheidung über die Ausstellung einer Bescheinigung nach Absatz 4 ist für alle Behörden und Stellen verbindlich, die für die Gewährung von Rechten und Vergünstigungen nach diesem oder einem anderen Gesetz zuständig sind. Hält eine Behörde oder Stelle die Entscheidung über die Ausstellung der Bescheinigung nicht für gerechtfertigt, so kann sie nur ihre Änderung oder Aufhebung durch die für die Ausstellung der Bescheinigung zuständige Stelle beantragen. Die Ausstellungsbehörde entscheidet auch über Rücknahme und Widerruf und über die Ausstellung einer Zweitschrift einer Bescheinigung.

(8) Wird die Bescheinigung eingezogen oder für ungültig erklärt, so sind die Leistungen nach diesem Gesetz einzustellen.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 27. August 2007 - 11 K 4364/06 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

 
Mit der Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Ablehnung des Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die von ihm erhobene Klage; Gegenstand der Klage ist die Verfügung der Beklagten vom 9.11.2005 (bzw. der dazu ergangene Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart), mit der die Beklagte die am 5.11.2004 erfolgte Einbürgerung des Klägers zurückgenommen hat. Das Verwaltungsgericht hat die Erfolgsaussicht der Anfechtungsklage mit der Begründung abgelehnt, der Kläger habe wissen müssen, dass er vor Aushändigung der Einbürgerungsurkunde am 5.11.2004 noch nicht deutscher Staatsangehöriger sei; jedenfalls zum Zeitpunkt seiner Inhaftierung sei ihm klar gewesen, dass die Einbürgerung noch nicht erfolgt sei.
Der Kläger trägt mit der Beschwerde vor, nicht nur er, sondern auch sein damaliger Prozessbevollmächtigter sei davon ausgegangen, dass die Einbürgerung bereits vor der Aushändigung der Urkunde wirksam geworden sei; eine bewusste und absichtliche Täuschung der Einbürgerungsbehörde bei der Entgegennahme der Einbürgerungsurkunde (Täuschung über ein anhängiges Strafverfahren bzw. über eine zuvor bereits erfolgte Inhaftierung) könne man ihm daher nicht vorwerfen. Wenn er erst mit der Aushändigung der Einbürgerungsurkunde erfahre, dass er zuvor noch nicht die deutsche Staatsangehörigkeit gehabt habe, sei es für eine entsprechende Reaktion (Mitteilung des Strafverfahrens) zu spät. Im Übrigen sei fraglich, wie präsent es ihm im November 2004 noch gewesen sei, die Einleitung eines Strafverfahrens oder Ermittlungsverfahrens mitzuteilen.
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg; das Verwaltungsgericht hat die Gewährung von Prozesskostenhilfe auch bei Anwendung des in diesem Zusammenhang gebotenen großzügigen Maßstabs zu Recht abgelehnt.
Nach § 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO ist einer Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, Prozesskostenhilfe zu gewähren, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Erfolgsaussicht bietet und auch nicht mutwillig erscheint; in diesem Zusammenhang kann hinreichende Erfolgsaussicht vor allem dann angenommen werden, wenn der Ausgang des Verfahrens sich als hinreichend offen darstellt (siehe dazu im einzelnen BVerfG, Beschlüsse vom 5.2.2003 - 1 BvR 1526/02 -, NJW 2003, 2976, vom 14.6.2006 - 2 BvR 626/06 -, InfAuslR 2006, 377 und vom 26.2.2007 - 1 BvR 474/05 -, NVwZ-RR 2007, 361). An einer solchen „Offenheit“ des Prozessausgangs fehlt es im vorliegenden Fall.
Dass die (erst) mit der Aushändigung der Einbürgerungsurkunde erfolgte Einbürgerung des Klägers (siehe § 16 Abs. 1 Satz 1 StAG) im Sinn des § 48 Abs. 1 LVwVfG rechtswidrig war, ergibt sich aus § 88 Abs. 3 Satz 1 des für die Einbürgerung des Klägers damals noch anwendbaren AuslG (jetzt § 12 a Abs. 3 StAG); nach dieser Vorschrift ist nämlich „die Entscheidung über die Einbürgerung bis zum Abschluss des Verfahrens ... auszusetzen“, wenn gegen einen Ausländer, der die Einbürgerung beantragt hat, wegen des Verdachts einer Straftat ermittelt wird. Diese Ermittlungen waren im vorliegenden Fall am Tag der Einbürgerung bereits anhängig, da der Kläger wenige Tage zuvor - am 3.11.2004 - wegen eines Drogendelikts in Untersuchungshaft genommen worden war. § 88 Abs. 3 Satz 1 AuslG ist dabei nicht nur eine bloße Verfahrensvorschrift; wird gegen das Gebot der Aussetzung verstoßen, so ist eine gleichwohl erfolgte Einbürgerung im Sinn von § 48 Abs. 1 LVwVfG fehlerhaft (siehe dazu BVerwG, Urteil vom 3.6.2003 - 1 C 19.02 -, NVwZ 2004, 489).
Dass der Behörde im Fall einer fehlerhaften Einbürgerung die Rücknahmemöglichkeit nach den landesrechtlichen Verwaltungsverfahrensgesetzen rechtlich eröffnet ist, ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannt (siehe BVerwG a.a.O.; siehe zuletzt BVerfG, Urteil vom 24.5.2006 - 2 BvR 669/04 -, DVBl. 2006, 910; siehe auch VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.9.2007 - 13 S 2794/06 -). Jedenfalls für die Fallgestaltung erschlichener Einbürgerungen (siehe dazu § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 LVwVfG) ist die Rücknahmemöglichkeit nicht mehr streitig; das gleiche gilt nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 17.9.2007 a.a.O.) dort, wo zwar keine arglistige Täuschung, aber sonstiges vergleichbar vorwerfbares Verhalten zur Einbürgerung geführt hat. Im vorliegenden Fall geht der Senat allerdings unmittelbar von arglistiger Täuschung des Klägers durch Verschweigen des gegen ihn anhängigen Strafverfahrens bzw. seiner zuvor erfolgten Inhaftierung aus. Das der Einbürgerungszusicherung vom 5.8.2003 beigefügte Schreiben enthält den Zusatz, „auf die Beachtung des beigefügten Merkblattes zur Einbürgerungszusicherung“ werde hingewiesen, und dort heißt es, u.a. die Einleitung eines Strafverfahrens sei der Behörde als Änderung der persönlichen Verhältnisse mitzuteilen. Anhaltspunkte dafür, dass das Merkblatt dem genannten Schreiben entgegen dessen Wortlaut nicht beigefügt war, hat der Senat nicht.; die Tatsache, dass es sich nicht bei den Akten befindet, reicht als Beleg dafür nicht aus. Auch die Einbürgerungszusicherung selbst enthält zudem den Zusatz, sie werde unter dem Vorbehalt erteilt, dass sich die für die Einbürgerung maßgebliche Sach- und Rechtslage, insbesondere die persönlichen Verhältnisse des Einbürgerungsbewerbers, bis zur Einbürgerung nicht änderten. Von daher wird im Klageverfahren ohne unzulässige Vorwegnahme einer Beweisaufnahme davon auszugehen sein, dass dem Kläger zum Zeitpunkt der Einbürgerung die Verpflichtung bewusst war, die Einleitung eines Strafverfahrens bzw. seine Inhaftierung der Behörde anzuzeigen. Diese Verpflichtung hat er offensichtlich verletzt. Weder er selbst noch sein damaliger Strafverteidiger hat der Behörde mitgeteilt, aus welchen Gründen (Inhaftierung) die Einbürgerungsurkunde von ihm nicht persönlich entgegengenommen werden kann, obwohl die Angabe des Verhinderungsgrundes durchaus nahegelegen hätte. Nach der kurzzeitigen Entlassung aus der Untersuchungshaft (3.11.2004) hat der Kläger die Einbürgerungsurkunde am 5.11.2004 selbst entgegengenommen, ohne zu irgendeinem Zeitpunkt - weder bei dieser Gelegenheit noch vorher - auf die auch aus Laiensicht wesentliche Änderung der Sachlage hinzuweisen. Damit liegt im Rechtssinn auch bei Zugrundelegung des im Prozeßkostenhilfeverfahrens gebotenen großzügigen Maßstabs eine arglistige Täuschung durch Unterlassen (§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 LVwVfG) vor (siehe auch VG Arnsberg, Urteil vom 7.9.2005 - 1 K 4045/04 -, juris; zur Täuschung durch Verschweigen siehe auch BVerwG, Urteil vom 18.9.1985 - 2 C 30.84 -, ZBR 1986, 52 m.w.N.).
Der Vortrag des Klägers, er sei am 5.11.2004 davon ausgegangen, dass er bereits deutscher Staatsangehöriger sei, erscheint auch dem Senat nicht als glaubhaft. Zu Recht weist das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der Kläger bei seiner Inhaftierung als Staatsangehöriger von Serbien/Montenegro geführt worden ist, ohne dass sich aus der Akte irgendwelche Reaktionen von seiner Seite hierzu ergeben. Hiergegen könnte eingewendet werden, dem Kläger sei diese Einstufung nicht bekannt geworden; allerdings liegt eine solche Annahme - Aufnahme eines Häftlings in die Vollzugsanstalt ohne dessen Mitwirkung und Befragung zu den Personaldaten - nicht unbedingt nahe. Vor allem fehlt es jedoch an jeder behördlichen Äußerung dem Kläger gegenüber, die sich auch aus Laiensicht bereits als Vollzug einer Einbürgerung auffassen ließe. Das Schreiben der Beklagten vom 1.10.2004, auf das sich der Kläger in diesem Zusammenhang (auch) beruft, stellt lediglich eine Ladung zum persönlichen Erscheinen am 18.10.2004 zum Zweck der Aushändigung der Einbürgerungsurkunde dar; aus ihm lässt sich auch für einen Rechtsunkundigen weder entnehmen, dass eine Einbürgerung bereits erfolgt sei noch dass sie mit diesem Schreiben erfolge. Angesichts der auch einem Laien bekannten großen statusrechtlichen Bedeutung einer Einbürgerung kann nicht angenommen werden, dass der Kläger dem Vorladungsschreiben eine so weitgehende konstitutive Bedeutung beigemessen haben will. Er wird kaum einen Staat geben - jedenfalls nicht im bürokratisch organisierten Westeuropa -, der eine Einbürgerung der hier streitigen Art gewissermaßen automatisch d.h. ohne jede weitere individuelle staatliche Äußerung vorsieht. Im Übrigen ergab sich auch aus der dem Kläger zuvor ausgehändigten Einbürgerungszusicherung selbst, dass die Einbürgerung eine weitere gesonderte Behördenentscheidung voraussetzt, bei der Sachverhaltsänderungen berücksichtigt werden. Alles spricht umgekehrt dafür, dass die Tatsache der Inhaftierung bewusst verschwiegen wurde, um auf direktem oder indirektem Weg die Einbürgerungsurkunde - an deren Besitz dem Kläger doch offenbar sehr gelegen war - zu erhalten. Das bestätigt auch der bei den Akten des Regierungspräsidiums dokumentierte Vermerk vom 16.11.2004, wonach der Kläger mitgeteilt hat, dass er „seit dem 5.11.2004“ (also seit Aushändigung der Staatsangehörigkeitsurkunde) die deutsche Staatsangehörigkeit besitze. Von einer zeitlich früheren Einbürgerung sprach der Kläger offenbar nicht. Angesichts des Wortlauts des Vermerks drängt sich jedenfalls die Erforderlichkeit einer Beweisaufnahme hierzu durch Vernehmung des damaligen Bediensteten nicht auf. Soweit der Strafverteidiger des Klägers am 20.4.2006 seinem jetzigen Prozessbevollmächtigten mitgeteilt hat, er sei „zum 15.10.2004“ davon ausgegangen, das Einbürgerungsverfahren sei abgeschlossen, und „zur Disposition“ habe lediglich die Übergabe der Urkunde gestanden, lässt sich dies kaum mit seinem Schriftsatz vom 29.9.2005 an die Beklagte vereinbaren. Dort führt er aus, eine Mitteilungspflicht des Klägers habe nur bis zum 4.10.2004 bestehen können, weil die Einbürgerungsurkunde das Datum des 4.10.2004 trage. Diese Urkunde, die den ausdrücklichen Zusatz enthält, „mit dem Zeitpunkt der Aushändigung (werde) die deutsche Staatsangehörigkeit durch Einbürgerung erworben“, wurde dem Kläger jedoch erst am 5.11.2004 ausgehändigt. Das Ausstellungsdatum der Einbürgerungsurkunde kann ihm damit erst zum Zeitpunkt ihrer Aushändigung bekannt geworden sein, so dass sich für die behauptete gutgläubige Annahme des früheren Erwerbs der Staatsangehörigkeit hieraus nichts ableiten läßt. Auch waren zu dem von dem Strafverteidiger des Klägers als Bezugspunkt genannten Zeitpunkt (15.10.2004) die für die Einbürgerung fälligen Gebühren noch nicht beglichen, wie sich aus dem Schreiben vom 15.10.2004 an die Beklagte ergibt. Diese Bedingung der Urkundenaushändigung (vgl. das Schreiben der Behörde vom 1.10.2004) war damit noch nicht erfüllt. Woraus der Verteidiger des Klägers gleichwohl geschlossen haben will, die Einbürgerung sei bereits erfolgt, ist auch für den Senat nicht ersichtlich. Hiervon abgesehen käme es auch nicht auf einen Irrtum des damaligen Prozessbevollmächtigten, sondern auf den Wissensstand des Klägers selbst an. Auch dieser konnte - wie dargelegt - aus keinem konkreten Umstand folgern, er sei bereits vor Aushändigung der Einbürgerungsurkunde Deutscher geworden.
Soweit geltend gemacht wird, eine Einbürgerungsurkunde könne durchaus auch einem Bevollmächtigten ausgehändigt werden, stellt dies die Argumentation des Verwaltungsgerichts nicht in Frage, da es im vorliegenden Fall auch an einer solchen Aushändigung - z.B. an den damaligen Bevollmächtigten - fehlt. Zur gesetzlich festgelegten Bedeutung der Aushändigung (siehe dazu § 16 Abs. 1 Satz 1 StAG) besagt dies ohnehin nichts.
Sonstige Rechtswidrigkeitsgründe sind nicht geltend gemacht und auch nicht ersichtlich; insbesondere ist die Rücknahme zeitnah erfolgt (vgl. dazu BVerfG a.a.O.).
10 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Streitwertfestsetzung bedurfte es nicht, da für die Zurückweisung einer Beschwerde in Prozesskostenhilfesachen eine Festgebühr vorgesehen ist.
11 
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Leistungen nach diesem Gesetz werden nicht gewährt an Personen,

1.
die in den Gewahrsamsgebieten (§ 1 Abs. 1 Nr. 1) dem dort herrschenden politischen System erheblich Vorschub geleistet haben,
2.
die während der Herrschaft des Nationalsozialismus oder in den Gewahrsamsgebieten (§ 1 Abs. 1 Nr. 1) durch ihr Verhalten gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit oder Menschlichkeit verstoßen haben; dies gilt insbesondere für Personen, die durch ein deutsches Gericht im Geltungsbereich dieses Gesetzes wegen eines an Mithäftlingen begangenen Verbrechens oder Vergehens rechtskräftig verurteilt worden sind,
3.
die nach dem 8. Mai 1945 durch deutsche Gerichte wegen vorsätzlicher Straftaten zu Freiheitsstrafen von insgesamt mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden sind. Dies gilt nicht, soweit die Verurteilung auf in § 1 Abs. 1 Nr. 1 genannten Gründen beruht.

(2) Die Gewährung von Leistungen kann versagt oder eingestellt werden, wenn der Berechtigte die im Geltungsbereich dieses Gesetzes bestehende freiheitliche demokratische Grundordnung bekämpft hat oder bekämpft.

(3) (weggefallen)

(4) Liegen Ausschließungsgründe bei der in Gewahrsam genommenen Person (§ 1 Abs. 1 Nr. 1) vor, so sind diese auch gegenüber Angehörigen und Hinterbliebenen wirksam.

(5) Solange wegen einer Straftat, die zu einem Ausschluß nach Absatz 1 Nr. 2 und 3 oder Absatz 2 führen kann, ein Ermittlungsverfahren oder Strafverfahren schwebt, sind Entscheidungen über Anträge nach diesem Gesetz zurückzustellen. Wird ein solches Verfahren eingeleitet, nachdem der Anspruch auf Leistungen zuerkannt ist, so ist die Auszahlung einmaliger Leistungen auszusetzen; wiederkehrende Leistungen können ausgesetzt werden.

(1) Für die Gewährung von Leistungen nach den §§ 4, 5 und 8 sind die Behörden zuständig, denen die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes und des Unterhaltsbeihilfegesetzes obliegt. Soweit die Versorgungsbehörden zuständig sind, richtet sich das Verfahren nach den für die Kriegsopferversorgung geltenden Vorschriften.

(2) Für die Gewährung der Leistungen nach den §§ 9a bis 9c und die Ausstellung der Bescheinigung nach Absatz 4 sind die von den Landesregierungen bestimmten Stellen zuständig; hat der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland, so bestimmt die Regierung des Landes, in welchem die Bundesregierung ihren Sitz hat, die zuständige Behörde.

(3) Über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit, soweit dieses Gesetz von den für die Kriegsopferversorgung zuständigen Verwaltungsbehörden durchgeführt wird. Für das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit sind die Vorschriften des Sozialgerichtsgesetzes für Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung maßgebend. § 51 Abs. 1 Nr. 6 des Sozialgerichtsgesetzes bleibt unberührt. Über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten bei der Anwendung der §§ 9a bis 9c entscheiden die allgemeinen Verwaltungsgerichte.

(4) Der Nachweis darüber, daß die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 vorliegen und daß Ausschließungsgründe nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 weder gegeben noch gemäß § 2 Abs. 4 wirksam sind, ist durch eine Bescheinigung zu erbringen, soweit zugleich ein Anspruch nach den §§ 9a bis 9c besteht. Im übrigen wird das Vorliegen dieser Voraussetzungen nur auf Ersuchen einer anderen Behörde festgestellt, wenn hiervon die Gewährung einer Leistung, eines Rechtes oder einer Vergünstigung abhängt.

(5) Über die Anträge mehrerer Antragsteller, die Erben oder weitere Erben einer in § 1 Abs. 1 Nr. 1 bezeichneten Person sind, entscheidet die Behörde, bei welcher der erste Antrag gestellt worden ist.

(6) Hält die Behörde zur Feststellung des Gewahrsams oder von Ausschließungsgründen nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 und nach § 2 Abs. 4 die eidliche Vernehmung eines Zeugen oder eines Sachverständigen für geboten, so ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Zeuge oder Sachverständige seinen Wohnsitz oder Aufenthaltsort hat, um die eidliche Vernehmung zu ersuchen.

(7) Die Entscheidung über die Ausstellung einer Bescheinigung nach Absatz 4 ist für alle Behörden und Stellen verbindlich, die für die Gewährung von Rechten und Vergünstigungen nach diesem oder einem anderen Gesetz zuständig sind. Hält eine Behörde oder Stelle die Entscheidung über die Ausstellung der Bescheinigung nicht für gerechtfertigt, so kann sie nur ihre Änderung oder Aufhebung durch die für die Ausstellung der Bescheinigung zuständige Stelle beantragen. Die Ausstellungsbehörde entscheidet auch über Rücknahme und Widerruf und über die Ausstellung einer Zweitschrift einer Bescheinigung.

(8) Wird die Bescheinigung eingezogen oder für ungültig erklärt, so sind die Leistungen nach diesem Gesetz einzustellen.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Leistungen nach diesem Gesetz werden nicht gewährt an Personen,

1.
die in den Gewahrsamsgebieten (§ 1 Abs. 1 Nr. 1) dem dort herrschenden politischen System erheblich Vorschub geleistet haben,
2.
die während der Herrschaft des Nationalsozialismus oder in den Gewahrsamsgebieten (§ 1 Abs. 1 Nr. 1) durch ihr Verhalten gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit oder Menschlichkeit verstoßen haben; dies gilt insbesondere für Personen, die durch ein deutsches Gericht im Geltungsbereich dieses Gesetzes wegen eines an Mithäftlingen begangenen Verbrechens oder Vergehens rechtskräftig verurteilt worden sind,
3.
die nach dem 8. Mai 1945 durch deutsche Gerichte wegen vorsätzlicher Straftaten zu Freiheitsstrafen von insgesamt mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden sind. Dies gilt nicht, soweit die Verurteilung auf in § 1 Abs. 1 Nr. 1 genannten Gründen beruht.

(2) Die Gewährung von Leistungen kann versagt oder eingestellt werden, wenn der Berechtigte die im Geltungsbereich dieses Gesetzes bestehende freiheitliche demokratische Grundordnung bekämpft hat oder bekämpft.

(3) (weggefallen)

(4) Liegen Ausschließungsgründe bei der in Gewahrsam genommenen Person (§ 1 Abs. 1 Nr. 1) vor, so sind diese auch gegenüber Angehörigen und Hinterbliebenen wirksam.

(5) Solange wegen einer Straftat, die zu einem Ausschluß nach Absatz 1 Nr. 2 und 3 oder Absatz 2 führen kann, ein Ermittlungsverfahren oder Strafverfahren schwebt, sind Entscheidungen über Anträge nach diesem Gesetz zurückzustellen. Wird ein solches Verfahren eingeleitet, nachdem der Anspruch auf Leistungen zuerkannt ist, so ist die Auszahlung einmaliger Leistungen auszusetzen; wiederkehrende Leistungen können ausgesetzt werden.

(1) Für die Gewährung von Leistungen nach den §§ 4, 5 und 8 sind die Behörden zuständig, denen die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes und des Unterhaltsbeihilfegesetzes obliegt. Soweit die Versorgungsbehörden zuständig sind, richtet sich das Verfahren nach den für die Kriegsopferversorgung geltenden Vorschriften.

(2) Für die Gewährung der Leistungen nach den §§ 9a bis 9c und die Ausstellung der Bescheinigung nach Absatz 4 sind die von den Landesregierungen bestimmten Stellen zuständig; hat der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland, so bestimmt die Regierung des Landes, in welchem die Bundesregierung ihren Sitz hat, die zuständige Behörde.

(3) Über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit, soweit dieses Gesetz von den für die Kriegsopferversorgung zuständigen Verwaltungsbehörden durchgeführt wird. Für das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit sind die Vorschriften des Sozialgerichtsgesetzes für Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung maßgebend. § 51 Abs. 1 Nr. 6 des Sozialgerichtsgesetzes bleibt unberührt. Über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten bei der Anwendung der §§ 9a bis 9c entscheiden die allgemeinen Verwaltungsgerichte.

(4) Der Nachweis darüber, daß die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 vorliegen und daß Ausschließungsgründe nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 weder gegeben noch gemäß § 2 Abs. 4 wirksam sind, ist durch eine Bescheinigung zu erbringen, soweit zugleich ein Anspruch nach den §§ 9a bis 9c besteht. Im übrigen wird das Vorliegen dieser Voraussetzungen nur auf Ersuchen einer anderen Behörde festgestellt, wenn hiervon die Gewährung einer Leistung, eines Rechtes oder einer Vergünstigung abhängt.

(5) Über die Anträge mehrerer Antragsteller, die Erben oder weitere Erben einer in § 1 Abs. 1 Nr. 1 bezeichneten Person sind, entscheidet die Behörde, bei welcher der erste Antrag gestellt worden ist.

(6) Hält die Behörde zur Feststellung des Gewahrsams oder von Ausschließungsgründen nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 und nach § 2 Abs. 4 die eidliche Vernehmung eines Zeugen oder eines Sachverständigen für geboten, so ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Zeuge oder Sachverständige seinen Wohnsitz oder Aufenthaltsort hat, um die eidliche Vernehmung zu ersuchen.

(7) Die Entscheidung über die Ausstellung einer Bescheinigung nach Absatz 4 ist für alle Behörden und Stellen verbindlich, die für die Gewährung von Rechten und Vergünstigungen nach diesem oder einem anderen Gesetz zuständig sind. Hält eine Behörde oder Stelle die Entscheidung über die Ausstellung der Bescheinigung nicht für gerechtfertigt, so kann sie nur ihre Änderung oder Aufhebung durch die für die Ausstellung der Bescheinigung zuständige Stelle beantragen. Die Ausstellungsbehörde entscheidet auch über Rücknahme und Widerruf und über die Ausstellung einer Zweitschrift einer Bescheinigung.

(8) Wird die Bescheinigung eingezogen oder für ungültig erklärt, so sind die Leistungen nach diesem Gesetz einzustellen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in einer Kammer oder in einem Senat zusammengefaßt werden. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in den Verfahren dieser Art nicht erhoben; dies gilt nicht für Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Für die Gewährung von Leistungen nach den §§ 4, 5 und 8 sind die Behörden zuständig, denen die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes und des Unterhaltsbeihilfegesetzes obliegt. Soweit die Versorgungsbehörden zuständig sind, richtet sich das Verfahren nach den für die Kriegsopferversorgung geltenden Vorschriften.

(2) Für die Gewährung der Leistungen nach den §§ 9a bis 9c und die Ausstellung der Bescheinigung nach Absatz 4 sind die von den Landesregierungen bestimmten Stellen zuständig; hat der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland, so bestimmt die Regierung des Landes, in welchem die Bundesregierung ihren Sitz hat, die zuständige Behörde.

(3) Über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit, soweit dieses Gesetz von den für die Kriegsopferversorgung zuständigen Verwaltungsbehörden durchgeführt wird. Für das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit sind die Vorschriften des Sozialgerichtsgesetzes für Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung maßgebend. § 51 Abs. 1 Nr. 6 des Sozialgerichtsgesetzes bleibt unberührt. Über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten bei der Anwendung der §§ 9a bis 9c entscheiden die allgemeinen Verwaltungsgerichte.

(4) Der Nachweis darüber, daß die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 vorliegen und daß Ausschließungsgründe nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 weder gegeben noch gemäß § 2 Abs. 4 wirksam sind, ist durch eine Bescheinigung zu erbringen, soweit zugleich ein Anspruch nach den §§ 9a bis 9c besteht. Im übrigen wird das Vorliegen dieser Voraussetzungen nur auf Ersuchen einer anderen Behörde festgestellt, wenn hiervon die Gewährung einer Leistung, eines Rechtes oder einer Vergünstigung abhängt.

(5) Über die Anträge mehrerer Antragsteller, die Erben oder weitere Erben einer in § 1 Abs. 1 Nr. 1 bezeichneten Person sind, entscheidet die Behörde, bei welcher der erste Antrag gestellt worden ist.

(6) Hält die Behörde zur Feststellung des Gewahrsams oder von Ausschließungsgründen nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 und nach § 2 Abs. 4 die eidliche Vernehmung eines Zeugen oder eines Sachverständigen für geboten, so ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Zeuge oder Sachverständige seinen Wohnsitz oder Aufenthaltsort hat, um die eidliche Vernehmung zu ersuchen.

(7) Die Entscheidung über die Ausstellung einer Bescheinigung nach Absatz 4 ist für alle Behörden und Stellen verbindlich, die für die Gewährung von Rechten und Vergünstigungen nach diesem oder einem anderen Gesetz zuständig sind. Hält eine Behörde oder Stelle die Entscheidung über die Ausstellung der Bescheinigung nicht für gerechtfertigt, so kann sie nur ihre Änderung oder Aufhebung durch die für die Ausstellung der Bescheinigung zuständige Stelle beantragen. Die Ausstellungsbehörde entscheidet auch über Rücknahme und Widerruf und über die Ausstellung einer Zweitschrift einer Bescheinigung.

(8) Wird die Bescheinigung eingezogen oder für ungültig erklärt, so sind die Leistungen nach diesem Gesetz einzustellen.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(1) Für die Gewährung von Leistungen nach den §§ 4, 5 und 8 sind die Behörden zuständig, denen die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes und des Unterhaltsbeihilfegesetzes obliegt. Soweit die Versorgungsbehörden zuständig sind, richtet sich das Verfahren nach den für die Kriegsopferversorgung geltenden Vorschriften.

(2) Für die Gewährung der Leistungen nach den §§ 9a bis 9c und die Ausstellung der Bescheinigung nach Absatz 4 sind die von den Landesregierungen bestimmten Stellen zuständig; hat der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland, so bestimmt die Regierung des Landes, in welchem die Bundesregierung ihren Sitz hat, die zuständige Behörde.

(3) Über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit, soweit dieses Gesetz von den für die Kriegsopferversorgung zuständigen Verwaltungsbehörden durchgeführt wird. Für das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit sind die Vorschriften des Sozialgerichtsgesetzes für Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung maßgebend. § 51 Abs. 1 Nr. 6 des Sozialgerichtsgesetzes bleibt unberührt. Über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten bei der Anwendung der §§ 9a bis 9c entscheiden die allgemeinen Verwaltungsgerichte.

(4) Der Nachweis darüber, daß die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 vorliegen und daß Ausschließungsgründe nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 weder gegeben noch gemäß § 2 Abs. 4 wirksam sind, ist durch eine Bescheinigung zu erbringen, soweit zugleich ein Anspruch nach den §§ 9a bis 9c besteht. Im übrigen wird das Vorliegen dieser Voraussetzungen nur auf Ersuchen einer anderen Behörde festgestellt, wenn hiervon die Gewährung einer Leistung, eines Rechtes oder einer Vergünstigung abhängt.

(5) Über die Anträge mehrerer Antragsteller, die Erben oder weitere Erben einer in § 1 Abs. 1 Nr. 1 bezeichneten Person sind, entscheidet die Behörde, bei welcher der erste Antrag gestellt worden ist.

(6) Hält die Behörde zur Feststellung des Gewahrsams oder von Ausschließungsgründen nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 und nach § 2 Abs. 4 die eidliche Vernehmung eines Zeugen oder eines Sachverständigen für geboten, so ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Zeuge oder Sachverständige seinen Wohnsitz oder Aufenthaltsort hat, um die eidliche Vernehmung zu ersuchen.

(7) Die Entscheidung über die Ausstellung einer Bescheinigung nach Absatz 4 ist für alle Behörden und Stellen verbindlich, die für die Gewährung von Rechten und Vergünstigungen nach diesem oder einem anderen Gesetz zuständig sind. Hält eine Behörde oder Stelle die Entscheidung über die Ausstellung der Bescheinigung nicht für gerechtfertigt, so kann sie nur ihre Änderung oder Aufhebung durch die für die Ausstellung der Bescheinigung zuständige Stelle beantragen. Die Ausstellungsbehörde entscheidet auch über Rücknahme und Widerruf und über die Ausstellung einer Zweitschrift einer Bescheinigung.

(8) Wird die Bescheinigung eingezogen oder für ungültig erklärt, so sind die Leistungen nach diesem Gesetz einzustellen.

(1) Leistungen nach diesem Gesetz werden nicht gewährt an Personen,

1.
die in den Gewahrsamsgebieten (§ 1 Abs. 1 Nr. 1) dem dort herrschenden politischen System erheblich Vorschub geleistet haben,
2.
die während der Herrschaft des Nationalsozialismus oder in den Gewahrsamsgebieten (§ 1 Abs. 1 Nr. 1) durch ihr Verhalten gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit oder Menschlichkeit verstoßen haben; dies gilt insbesondere für Personen, die durch ein deutsches Gericht im Geltungsbereich dieses Gesetzes wegen eines an Mithäftlingen begangenen Verbrechens oder Vergehens rechtskräftig verurteilt worden sind,
3.
die nach dem 8. Mai 1945 durch deutsche Gerichte wegen vorsätzlicher Straftaten zu Freiheitsstrafen von insgesamt mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden sind. Dies gilt nicht, soweit die Verurteilung auf in § 1 Abs. 1 Nr. 1 genannten Gründen beruht.

(2) Die Gewährung von Leistungen kann versagt oder eingestellt werden, wenn der Berechtigte die im Geltungsbereich dieses Gesetzes bestehende freiheitliche demokratische Grundordnung bekämpft hat oder bekämpft.

(3) (weggefallen)

(4) Liegen Ausschließungsgründe bei der in Gewahrsam genommenen Person (§ 1 Abs. 1 Nr. 1) vor, so sind diese auch gegenüber Angehörigen und Hinterbliebenen wirksam.

(5) Solange wegen einer Straftat, die zu einem Ausschluß nach Absatz 1 Nr. 2 und 3 oder Absatz 2 führen kann, ein Ermittlungsverfahren oder Strafverfahren schwebt, sind Entscheidungen über Anträge nach diesem Gesetz zurückzustellen. Wird ein solches Verfahren eingeleitet, nachdem der Anspruch auf Leistungen zuerkannt ist, so ist die Auszahlung einmaliger Leistungen auszusetzen; wiederkehrende Leistungen können ausgesetzt werden.

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Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich mit seiner Klage gegen einen Rücknahme-, Rückforderungs- und Ablehnungsbescheid hinsichtlich der Gewährung von Leistungen nach dem Häftlingshilfegesetz (HHG) sowie dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz (StrRehaG).

2

Der am … April 1944 in H... geborene Kläger lebte bis zu seiner Ausreise in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (alt) am 22. November 1979 in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR), wo er mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten ist. Durch das Kreisgericht W... wurde er im März 1964 wegen Verstoßes gegen das Passgesetz zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 3 Monaten verurteilt; diese verbüßte er vom 25. Dezember 1963 bis 24. März 1966. Wegen Verkehrsgefährdung durch Trunkenheit in Tatmehrheit mit fahrlässiger Körperverletzung wurde er durch das Stadtbezirksgericht B... im Oktober 1976 zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten verurteilt; diese verbüßte er vom 15. Juni 1976 bis zum 14. Dezember 1976. Durch das Kreisgericht F... wurde er im April 1978 wegen versuchter Republikflucht zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und 10 Monaten verurteilt; diese verbüßte er vom 21. August 1977 bis 28. Juni 1979.

3

Nach seiner Einreise in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (alt) stellte der Kläger bei der Bezirksregierung Rheinhessen – Pfalz am 29. November 1979, eingegangen am 04. Dezember 1979, einen Antrag auf Ausstellung einer Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG. Der Antrag enthielt unter III. Ziffer 2 folgende Frage: „Können Sie Personen namhaft machen, die bezeugen können, dass sie weder im Gewahrsamsgebiet dem dort herrschenden politischen System erheblich Vorschub geleistet, noch dass sie durch Ihr Verhalten gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit oder Menschlichkeit verstoßen haben?“. Diese ließ er unbeantwortet. Am 31. Januar 1980 bzw. am 23. April 1980 stellte er einen Antrag auf Gewährung von Eingliederungshilfe und Ausgleichsleistung nach §§ 9 ff. HHG. Sämtliche Anträge enthielten folgende Erklärung: „Ich versichere, dass die vorstehenden Angaben vollständig sind und in allen Teilen der Wahrheit entsprechen. Mir ist bekannt, dass ich infolge unrichtiger oder unvollständiger Angaben Leistungen, die ich auf Grund der beantragten Bescheinigung empfangen habe, unbeschadet einer etwaigen strafrechtlichen Verfolgung, zurückzuerstatten habe.“

4

Am 26. Februar 1980 erklärte die Generalstaatsanwaltschaft Z…, nachdem der Kläger am 04. Dezember 1979 die Überprüfung der in der ehemaligen DDR gegen ihn ergangenen Urteile beantragt hatte, die Vollstreckung der Strafen resultierend aus den Urteilen des Kreisgerichts W... (Vergehen nach Passgesetz) sowie des Kreisgerichts F... (Republikflucht) gemäß § 2 und § 15 des Gesetzes über die innerdeutsche Rechts- und Amtshilfe in Strafsachen vom 02. Mai 1953 (BGBl. I 161) für unzulässig.

5

Im Rahmen der Bearbeitung der Anträge des Klägers lag der Bezirksregierung Rheinhessen–Pfalz neben der Akte der Generalstaatsanwaltschaft die Notaufnahmeakte des Leiters des Bundesnotaufnahmeverfahrens G... vor. Dieser war zu entnehmen, dass der Kläger in seinem Antrag vom 28. November 1979 auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis im Bundesgebiet gemäß § 1 des Notaufnahmegesetzes erklärt hatte, lediglich als Reiseleiter von 1970 bis 1972, im Rahmen einer Vernehmung im Jahre 1973 und während der Untersuchungshaft 1977 mit Organen der Staatssicherheit in Berührung gekommen zu sein. Für die Haftzeiten vom 25. Dezember 1963 bis zum 24. März 1966 und vom 21. August 1977 bis zum 28. Juni 1979 wurde dem Kläger mit Bescheid der Bezirksregierung Rheinhessen–Pfalz vom 28. April 1980 eine Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG ausgestellt (Az:...) und eine Eingliederungshilfe in Höhe von 12.030,00 DM (entspricht 6.150,84 €) gewährt.

6

Auf seinen Antrag vom 21. Juli 1993 hin bewilligte ihm die Bezirksregierung Rheinhessen–Pfalz mit Bescheid vom 16. September 1993 im Hinblick auf die bescheinigten Haftzeiten eine Kapitalentschädigung gemäß § 17 Abs. 1 i. V. m. § 25 Abs. 2 StrRehaG in Höhe von 3.270,00 DM (entspricht 1.671,92 €).

7

Am 25. September 2007 beantragte der Kläger bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion in Trier die Gewährung einer Nachzahlung in Form der erhöhten Kapitalentschädigung gemäß § 17 Abs. 5 i. V. m. § 25 Abs. 2 StrRehaG sowie die Gewährung einer monatlichen Opferpension gemäß § 17 a StrRehaG. Mit Schreiben vom 26. September 2007 wurde er darauf hingewiesen, dass im Rahmen der Klärung des Punktes „Ausschließungsgründe nach dem StrRehaG und HHG“ grundsätzlich eine Anfrage bei der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR (BStU) erforderlich sei. Der Kläger erklärte am 01. Oktober 2007 sein Einverständnis.

8

Aus den von der BStU am 15. Mai 2008 übersandten Unterlagen ergibt sich, dass der Kläger am 07. Juni 1967 eine Verpflichtungserklärung zur inoffiziellen Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit (MfS) unterzeichnet hat; ab 14. April 1969 war er als Inoffizieller Mitarbeiter für Sicherheit (IMS) tätig; in dem Zeitraum vom 28. März 1974 bis zum 02. August 1978 kam er als „Inoffizieller Mitarbeiter, der unmittelbar an der Bearbeitung und Entlarvung im Verdacht der Feindtätigkeit stehender Personen (IMV) mitarbeitet“, für die Hauptabteilung VII/7 (HA VII/7) des MfS zum Einsatz. Der Kläger hat zahlreiche entsprechende Berichte in schriftlicher und mündlicher Form erstattet. Wegen der Einzelheiten wird insoweit auf den Akteninhalt Bezug genommen (Unterlagen der BStU, Blatt 22 bis 24 der Verwaltungsakte Band 2, Blatt 15 bis 66 der Verwaltungsakte Band 4).

9

Dem Kläger wurde Gelegenheit gegeben, zu den von der BStU vorgelegten Unterlagen Stellung zu nehmen. Mit Schreiben vom 18. Juni 2009 teilte er lediglich mit, dass er Kontakt mit dem Innenministerium Rheinland-Pfalz aufgenommen habe und vorab keine Auskünfte zu einer „IM-Tätigkeit“ geben werde.

10

Mit Bescheid vom 10. September 2009, zugestellt am 15. September 2009, hob der Beklagte die Bescheide der Bezirksregierung Rheinhessen–Pfalz vom 28. April 1980 und 16. September 1993 auf und forderte die Rückgabe der Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG (Az:...) und die Rückzahlung der ausgezahlte Beträge in Höhe von 7.822,76 € (Ziff. 1 bis 4 der angefochtenen Verfügung). Der Antrag des Klägers vom 25. September 2007 wurde abgelehnt (Ziff. 5 bis 6 der angefochtenen Verfügung). Zur Begründung wurde ausgeführt, aufgrund der Tätigkeit des Klägers für den Staatssicherheitsdienst lägen Ausschließungsgründe nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 HHG vor, weshalb die ergangenen Bescheide rechtswidrig seien. Durch seine inoffizielle Tätigkeit für das MfS habe er dem herrschenden politischen System in der ehemaligen DDR erheblich Vorschub geleistet. Er habe bewusst und über Jahre hinweg Handlungen vorgenommen, die dazu bestimmt und geeignet waren, in nicht unerheblicher Weise den Herrschaftsanspruch der ehemaligen SED zu festigen, auszudehnen oder entsprechenden Widerstand zu unterdrücken.

11

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 14. Oktober 2009 Widerspruch. Er habe zu keiner Zeit gegen Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit verstoßen; er habe keine Stellung innegehabt, die er zum eigenen Vorteil oder zum Nachteil anderer missbraucht habe. Die Tätigkeit als IM sei in Abstimmung mit den Behörden der Bundesrepublik Deutschland erfolgt. Sie sei Voraussetzung für die anschließend erfolgte Übersiedlung gewesen. Entsprechende Fakten seien in Gießen geklärt und entsprechend gewürdigt worden. Die in Gießen erklärte Schweigeverpflichtung könne er nun nicht mehr einhalten. Durch die Weiterleitung von Informationen an eine Kontaktadresse in West-Berlin und an die ständige Vertretung der Bundesrepublik Deutschland in Ost-Berlin habe er auch mehreren DDR-Bürgern geholfen, ihr Ausreisebegehren der Bundesrepublik Deutschland offen zu legen. Durch die Verurteilungen habe er dauernde Gesundheitsschäden erlitten und sei daher zeitlebens erwerbsunfähig.

12

Durch Rückfrage beim Bundesverwaltungsamt, Außenstelle Gießen, hat der Beklagte ermittelt, dass es sich bei den in der Notaufnahmeakte fehlenden Seiten 12 bis 13 und 17 bis 18 um den Schwerbehindertenausweis des Klägers und um die Identitätsbescheinigung aus der ehemaligen DDR handle.

13

Mit Widerspruchsbescheid vom 07. Januar 2010, zugestellt per Zustellungsurkunde am 14. Januar 2010, wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung wurde auf den Ausgangsbescheid verwiesen und ergänzend ausgeführt, dass keine Anhaltspunkte erkennbar seien, wonach die Tätigkeit für das MfS unfreiwillig erfolgt sei. Der Vortrag des Klägers, er habe DDR-Bürgern hierdurch geholfen, sei unsubstantiiert und lasse die Vorwerfbarkeit nicht entfallen. Außerdem könne die Hilfestellung gegenüber DDR-Bürgern nicht Rechtfertigung für eine jahrelange MfS-Tätigkeit sein. Sein Vorbringen, wonach er der Tätigkeit wegen der in Aussicht gestellten Übersiedlung nachgegangen sei, zeige gerade, dass er die Spitzeldienste freiwillig und zur eigenen Vorteilsnahme aufgenommen habe. Aus der Notaufnahmeakte ergebe sich nichts anderes. Die Ausführungen des Klägers seien als Schutzbehauptung zurückzuweisen. Mangels Schutzwürdigkeit könne sich der Kläger auch nicht mit Erfolg auf § 48 Abs. 2 VwVfG berufen. Er habe die Häftlingshilfebescheinigung durch unrichtige und unvollständige Angaben erwirkt. Zu keinem Zeitpunkt habe er seine Mitarbeit als IM erwähnt. Außergewöhnliche Gründe, die eine Ausnahme von der Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit zu seinen Gunsten rechtfertigten, seien nicht ersichtlich.

14

Die Rechtsbehelfsbelehrung des Widerspruchsbescheides ist wie folgt gefasst:

15

Gegen diesen Widerspruchsbescheid, kann innerhalb eines Monat nach Zustellung dieses Widerspruchsbescheides Klage beim Verwaltungsgericht in 67433 Neustadt an der Weinstraße, Robert-Stolz-Str. 20, E-Mail-Adresse: [email protected] schriftlich, in elektronischer Form oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhoben werden. (…) Die elektronische Form wird durch eine qualifizierte signierte Datei gewahrt, die den Maßgaben der Landesverordnung über den elektronischen Rechtsverkehr vom 09.01.2008 (GVBl. 2008, S. 33) in der jeweils geltenden Fassung entspricht und als Anhang einer elektronischen Nachricht (E-Mail) zu übermitteln ist.

16

Der Kläger hat am 18. Februar 2010 Klage erhoben, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Er trägt vor, es sei nur nach Aktenlage entschieden worden. Das Innenministerium in Mainz habe ihn an den Bundesnachrichtendienst in München verwiesen; dort hülle man sich in Schweigen.

17

Der Kläger beantragt sinngemäß,

18

den Bescheid des Beklagten vom 10. September 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. Januar 2010 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die beantragte Nachzahlung in Form der erhöhten Kapitalentschädigung gemäß § 17 Abs. 5 i. V. m. § 25 Abs. 2 StrRehaG sowie eine monatlichen Opferpension gemäß § 17 a StrRehaG zu gewähren.

19

Der Beklagte beantragt,

20

die Klage abzuweisen.

21

Er trägt vor, die Klage sei verfristet. Dem gerichtlichen Hinweis, die Rechtsbehelfsbelehrung sei wegen der ausschließlichen Erwähnung der E-Mail als Kommunikationsweg im Rahmen des Hinweises auf die Möglichkeit der Übermittlung einer Klage im elektronischen Rechtsverkehr unter Umständen unrichtig, hält er entgegen, dass die Belehrung über die Möglichkeit der Klageerhebung auf elektronischem Wege den Anforderungen des § 58 Abs. 1 VwGO genüge. Eine weitergehende Forderung nach konkreten Hinweisen bezüglich der Form der elektronischen Klageerhebung sei aus der Vorschrift nicht herzuleiten. Im Übrigen bezieht sich der Beklagte auf den Ausgangs- und Widerspruchsbescheid.

22

Das Gericht hat die Beteiligten mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass im Fall ihres Ausbleibens auch ohne sie verhandelt und entschieden werden kann. Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze, die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten, die Notaufnahmeakten (Reg.Nr. ...) sowie die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

23

Die Kammer durfte trotz der Abwesenheit des Klägers in der mündlichen Verhandlung über die Klage entscheiden, da er mit der Ladung zum Termin auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (§ 102 Abs. 2 VwGO).

24

Die Klage ist zulässig, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg.

25

Die Klage ist zulässig, insbesondere nicht verfristet. Sie konnte nämlich innerhalb der Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO erhoben werden, weil die Rechtsbehelfsbelehrung des Widerspruchsbescheids unrichtig ist; die Monatsfrist des § 74 Abs. 1 VwGO greift nicht ein.

26

Zwar folgt die Unrichtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung vorliegend nicht aus der Formulierung „gegen diesen Widerspruchsbescheid“. Allerdings ist gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO Gegenstand der Anfechtungsklage der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat. Dennoch ist die Rechtsbehelfsbelehrung insoweit nicht irreführend. Denn bei der hier gegebenen Identität der Ausgangs- und Widerspruchsbehörde lässt die Rechtsbehelfsbelehrung dahin, dass gegen den Widerspruchsbescheid Klage beim Verwaltungsgericht erhoben werden kann, keinen Zweifel darüber aufkommen, dass mit einer derartigen Klage nicht der Widerspruchsbescheid isoliert, sondern auch der Erstbescheid angegriffen wird (vgl. hierzu BVerwG, Buchholz 310 § 58 VwGO Nr. 54).

27

Jedoch ist eine Rechtsbehelfsbelehrung nicht nur dann unrichtig im Sinne von § 58 Abs. 2 VwGO, wenn eine ihrer in § 58 Abs. 1 VwGO zwingend geforderten Angaben nicht zutreffend formuliert ist, sondern auch, wenn ein zusätzlich aufgenommener Hinweis einen unzutreffenden oder irreführenden Inhalt hat, der nach seiner Art generell, also losgelöst vom Verständnis, das er beim Betroffenen gefunden hat, geeignet ist, die Einlegung des Rechtsbehelfs zu erschweren (vgl. BVerwGE 134, 41 [Rn. 16 ff.] m. w. N.). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gehört die Belehrung über die Form, in der ein Rechtsbehelf einzulegen ist, nicht zu den von § 58 Abs. 1 VwGO zwingend geforderten Angaben (vgl. Meissner in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand 2009, § 58 Rn. 32 m. w. N.). Wird in einer Rechtsbehelfsbelehrung eines Widerspruchsbescheides aber auch über die Form einer bei einem Verwaltungsgericht des Landes Rheinland-Pfalz zu erhebenden Klage belehrt, muss auf die Möglichkeit der Klageerhebung in elektronischer Form, die durch § 55 a Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 1 der Landesverordnung über den elektronischen Rechtsverkehr mit den öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsbarkeiten vom 09. Januar 2008 (GVBl 2008, 33) und Nr. 2 bis 5 der Anlage hierzu eröffnet worden ist, hingewiesen werden (vgl. Kintz, NVwZ 2004, 1431). Diesem Erfordernis hat der Beklagte zwar genügt. Der am Ende der Rechtsbehelfsbelehrung angefügte Hinweis, dass die Klage als Anhang einer elektronischen Nachricht (E-Mail) zu übermitteln ist, ist indessen unvollständig und damit irreführend im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, weil unerwähnt bleibt, dass die Landesverordnung für die Übermittlung von Dokumenten außer der elektronischen Nachricht zwei weitere Wege eröffnet hat, nämlich OSCI (Online Service Computer Interface, z.B. EGVP) und Web-Upload. Im vorliegenden Falle wurde mit der Zustellung des Widerspruchsbescheides deshalb nicht die Monatsfrist des § 74 Abs. 1 VwGO, sondern die Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO in Gang gesetzt, die unzweifelhaft eingehalten ist.

28

In der Sache hat die Klage indes keinen Erfolg. Der Bescheid vom 10. September 2009, mit dem der Beklagte die Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG, den Bescheid über die Bewilligung der Eingliederungshilfe nach dem HHG sowie den Bescheid über die Bewilligung einer Kapitalentschädigung nach dem StrRehaG mit Wirkung auch für die Vergangenheit aufgehoben und die gewährten Leistungen zurückgefordert hat, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

29

Rechtsgrundlage für die Rücknahme der genannten Verwaltungsakte ist § 48 VwVfG. Danach kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein begünstigender Verwaltungsakt darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 der Vorschrift zurückgenommen werden.

30

Die Rücknahme der genannten Verwaltungsakte erfolgte zu Recht. Diese sind rechtswidrig. Denn der Kläger hatte weder einen Anspruch auf Ausstellung der Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG noch auf die Leistungen nach dem HHG und dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz, da in seinem Fall der Ausschlussgrund des § 2 Abs. 1 Nr. 1 HHG vorliegt. Dieser steht sowohl der Gewährung der Eingliederungshilfe nach § 9 a und b HHG als auch der Erteilung der Häftlingshilfebescheinigung, aufgrund derer die Kapitalentschädigung nach § 17 i.V.m. § 25 Abs. 2 StrRehaG bewilligt wurde, entgegen.

31

Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 HHG werden Leistungen nach diesem Gesetz nicht an Personen gewährt, die in den in § 1 Abs. 1 Nr. 1 genannten Gewahrsamsgebieten dem dort herrschenden politischem System erheblich Vorschub geleistet haben. Dies ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zwar nicht schon bei einem lediglich beiläufigen, gelegentlichen Verhalten der Fall (vgl. BVerwG, Buchholz, 412.6 § 2 HHG Nr. 2; BVerwG, DÖV 1991, 508; vgl. auch OVG Berlin, Urteil vom 15. Januar 1992, - 7 B 10.90 -, juris; VG Neustadt/Wstr., Urteil vom 22. Mai 2003 - 2 K 3084/02.NW). Den Ausschlussgrund erfüllt derjenige, der freiwillig ein Amt oder einen sonstigen Tätigkeitsbereich übernommen hat, deren wahrzunehmende Funktionen dazu bestimmt und geeignet waren, in nicht unerheblicher Weise den Herrschaftsanspruch der früheren SED und das von ihr getragene System zu festigen, auszudehnen oder den Widerstand gegen dieses System zu unterdrücken, sofern er die ihm übertragenen Aufgaben wahrgenommen, ihm gegebene Weisungen befolgt und damit dem System und seinen Zielen in der Tat nachhaltig gedient hat. Der Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass das Verhalten des Klägers diese Voraussetzungen erfüllt.

32

Aus den Unterlagen des BStU geht hervor, dass sich der Kläger im Juni 1967 zur inoffiziellen Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit (MfS) unter dem Decknamen „E...“ verpflichtete. Ab April 1969 war er als Inoffizieller Mitarbeiter für Sicherheit (IMS) tätig; im März 1974 wurde der Kläger zum IMV für die Hauptabteilung VII/7 des MfS („Inoffizieller Mitarbeiter, der unmittelbar an der Bearbeitung und Entlarvung in Verdacht der Feindtätigkeit stehender Personen mitarbeitet“). Die Hauptabteilung VII war seit 1959 zuständig für die Sicherung und Kontrolle des Ministeriums des Innern und dessen nachgeordneter Einrichtungen, wie Deutsche Volkspolizei, Zivilverteidigung und Strafvollzug. Das letzte Treffen fand am 09. August 1977 statt; im August 1978 stellte der Kläger einen Antrag auf Entbindung von der inoffiziellen Zusammenarbeit mit dem MfS. Die vorhandenen Unterlagen enthalten nach Angabe des BStU ca. 89 Treffberichte der Führungsoffiziere, 26 Tonbandabschriften, 8 Berichte der Führungsoffiziere nach mündlichen Informationen des Klägers, 33 handgeschriebene und vom Kläger mit dem Decknamen unterschriebene IM-Berichte. Die von ihm gefertigten Berichte umfassen insgesamt 855 Seiten über Personenaufklärung; die Personal- und Arbeitsakte umfasst 244 Seiten. Ihr Inhalt wird vom BStU dahin zusammengefasst, dass der Kläger auftragsgemäß insbesondere über mindestens 63 Personen, die von ihm im Zusammenhang mit dem Verdacht der Republikflucht, politischen Äußerungen in der Öffentlichkeit oder sonstigen besonderen Vorkommnissen genannt wurden, berichtet habe. Die Tätigkeit des Klägers sei vom MfS mehrfach positiv beurteilt worden. Die Unterlagen enthielten Vermerke des MfS über Geldzahlungen (Prämien) in Höhe von 935 Mark, die Erstattung von Auslagen für Speisen und Zigaretten in Höhe von 263,40 Mark. Unter anderem bestätigte der Kläger auf einer Quittung vom 14. Dezember 1973 den Empfang von 150 Mark; auf dieser Quittung ist von einem Führungsoffizier vermerkt: „Für gute Auftragserfüllung zur (nicht lesbar) welche mit Inhaftierung abgeschlossen werden konnte erhielt der IMV den Betrag von 150,00 Mark“. Im Einschätzungsbericht vom 19. Januar 1977 wird ausgeführt, dass die Motive des Klägers bei der Zusammenarbeit in Abenteuerlust sowie in der Erlangung persönlicher Vorteile lagen. Die in dem zusammenfassenden Bericht des BStU genannten Komplexe sind jeweils beispielhaft durch die Unterlagen des MfS dokumentiert.

33

Die Tätigkeit für das MfS über einen Zeitraum von 11 Jahren ist angesichts der Anzahl und Qualität der Berichte, die auch in mehrfachen positiven Beurteilungen durch das MfS zum Ausdruck kommt, sowie unter Berücksichtigung der Größe des zu überwachenden Personenkreises geeignet und dazu bestimmt gewesen, die politischen Ziele des SED-Regimes nachhaltig zu festigen.

34

Ob es aufgrund der Tätigkeit des Klägers in mehr als einem Fall unmittelbar zu Verhaftungen überwachter Personen oder sonstigen schweren Nachteilen gekommen ist, kann dahingestellt bleiben. Denn der Feststellung einer Kausalität zwischen der Spitzeltätigkeit eines Stasi-Informanten und dem eingetretenen Schaden für den Betroffenen bedarf es im konkreten Fall nicht. Es reicht aus, dass die vom Spitzel gelieferten Informationen generell geeignet waren, das frühere SED-Regime zu festigen (vgl. OVG Berlin, a. a. O.). Dies war bei der Berichterstattung durch den Kläger der Fall, weil die Lieferung von Informationen über die politische Gesinnung, über Westkontakte und Ausreisepläne eine Überwachungssituation schafft, die ein Gewaltregime stärkt.

35

Rechtlich nicht von entscheidender Bedeutung ist auch, dass der Kläger ein Entgelt für seine Spitzeltätigkeit erhalten hat. Für die Frage des "erheblich Vorschubleistens" kommt es auf einen finanziellen Vorteil des Spitzels nicht an (OVG Berlin, a. a. O.).

36

Von einer besonderen Zwangslage, die es dem Kläger unmöglich gemacht hätte, die Spitzeltätigkeit abzulehnen oder zu beenden, kann vorliegend nicht ausgegangen werden. Die Freiwilligkeit ist zu verneinen, wenn die Spitzeltätigkeit unter Zwang aufgenommen und fortgeführt worden ist. Von einem die Freiwilligkeit ausschließenden Druck kann aber nur dann ausgegangen werden, wenn er für den Betroffenen unerträglich war, d.h. wenn von ihm auch unter Berücksichtigung des durch die Spitzeltätigkeit mutmaßlich angerichteten Schadens nicht erwartet oder verlangt werden konnte, sich der angetragenen Mitarbeit zu widersetzen oder zu entziehen (vgl. BVerwG, LKV 2007, 30). Der Kläger hat gegenüber der Staatssicherheit mehrfach betont, dass er aus Abenteuerlust und zur Erlangung persönlicher Vorteile handle. Selbst wenn man seinen unsubstantiierten und sehr vagen Vortrag, wonach er auch für den Bundesnachrichtendienst (BND) tätig war, als wahr unterstellt, rechtfertigt diese Tätigkeit nicht die Annahme, dass er sich in einer Zwangslage befunden habe. Nach seinen eigenen Angaben war Hauptziel dieser Tätigkeit, sein eigenes Ausreisebegehren voranzubringen. Danach handelte er nicht unter unerträglichem Druck. Ihm konnte zugemutet werden, sich dem Ansinnen des MfS, als Informant tätig zu werden, zu widersetzen und seinen Ausreisewunsch ohne eine nachhaltige Festigung der Ziele des SED-Regimes und eine Schädigung Dritter verfolgen. Sein Vortrag, er habe durch seine Tätigkeit für den BND auch mehreren DDR-Bürgern geholfen, ihre Ausreisebegehren der Bundesrepublik Deutschland mitzuteilen, ist unsubstantiiert. Darüber hinaus ist dieser Vortrag nicht geeignet, das Vorliegen einer Zwangslage aufzuzeigen.

37

Die Bewilligung der Eingliederungshilfe nach § 9 a, § 9 b HHG und die Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG, die Voraussetzung für die Entschädigung nach dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz ist, sind daher rechtswidrig.

38

Als begünstigende Verwaltungsakte dürfen sie allerdings nur unter den Einschränkungen des § 48 Abs. 2 bis 4 VwVfG zurückgenommen werden. Danach darf eine Rücknahme nicht erfolgen, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsakts vertraut hat und sein Vertrauen auch unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Auf Vertrauensschutz kann sich der Begünstigte aber dann nicht berufen, wenn er den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren (§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 VwVfG). Das ist hier der Fall.

39

Der Kläger hat gegenüber der zuständigen Behörde weder mündlich noch in seinem schriftlichen Antrag auf Ausstellung der Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG Angaben über seine Tätigkeit für das MfS gemacht, obgleich ihm bewusst gewesen sein musste, dass dieser Gesichtspunkt von der Fragestellung umfasst und von wesentlicher Bedeutung für die Entscheidung über seinen Antrag war. Dies ergibt sich vor allem daraus, dass er im Antrag auf Erteilung des Aufnahmescheins im Notaufnahmelager G….. angegeben hat, lediglich als Reiseleiter von 1970 bis 1972, im Rahmen einer Vernehmung im Jahre 1973 und während der Untersuchungshaft 1977 mit Organen der Staatssicherheit in Berührung gekommen zu sein. Angaben über seine jahrelange Tätigkeit als IM hat er verschwiegen. Zwar hat er diese unrichtigen Angaben nicht gegenüber dem Beklagten, sondern gegenüber dem Leiter des Notaufnahmelagers Gießen gemacht. Dieser Umstand ist aber unerheblich (vgl. hierzu VG Hannover, Urteil vom 25. März 2009 - 5 A 4768/05 -, juris). Aus den Antragsvordrucken war für den Kläger klar ersichtlich, dass mögliche Kontakte mit dem MfS entscheidungserheblich waren. Unter I. Ziff. 10 des Antrags auf Ausstellung einer Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG wird ausdrücklich eine Verknüpfung zum Notaufnahmeantrag hergestellt. Die Frage unter III. Ziff. 2 nach Zeugen dafür, dass er dem herrschenden politischen System nicht erheblich Vorschub geleistet habe, ließ er unbeantwortet. In der Gesamtschau hätte es sich dem Kläger aufdrängen müssen, dass er seine jahrelange Tätigkeit als IM offen legen musste. Darüber hinaus ist es aufgrund seiner Biographie und der Umstände seines Falles fernliegend anzunehmen, dass er darüber im Unklaren war, dass die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung über die Gewährung von Leistungen nach dem Häftlingshilfegesetz und dem Strafrechtlichen Rehabilitationsgesetz von zutreffenden Angaben zu einer Tätigkeit für den Staatssicherheitsdienst der ehemaligen DDR abhängig war. Das Verschweigen dieser Tätigkeit stellt zumindest ein grob fahrlässiges Verhalten dar, durch das der Erlass des rechtswidrigen Häftlingshilfebescheides vom 28. April 1980 erwirkt wurde. Denn bei einer zutreffenden Beantwortung der Fragen wäre die Bescheinigung nicht ausgestellt worden. Mit seiner Unterschriftsleistung hat der Kläger versichert, dass alle seine Angaben richtig und vollständig seien und ihm bekannt sei, dass bewusst unrichtige Angaben zur Rückerstattung erhaltener finanzieller Leistungen führen. Daraus folgt ohne weiteres, dass dem Kläger seine Mitwirkungspflicht sowie die Bedeutung und Tragweite seiner Erklärungen bei der Beantragung der Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG bekannt sein mussten.

40

Auch unter Ermessensgesichtspunkten ist die Rücknahme der Bescheide nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat das ihm zustehende Ermessen erkannt und dieses ohne Rechtsverstoß ausgeübt. Nach § 48 Abs. 2 Satz 4 VwVfG wird in den Fällen des Satzes 3 der Verwaltungsakt regelmäßig mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen (intendiertes Ermessen). Außergewöhnliche berücksichtigungsfähige Umstände, die gegen die Rücknahme sprechen, liegen nicht vor. In welchen zeitlichen Grenzen ein fehlerhafter Verwaltungsakt noch zurückgenommen werden darf, hängt entscheidend von den Umständen des Einzelfalls ab. Eine absolute zeitliche Grenze lässt sich nicht ziehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. August 1986 - 3 B 55/85 -, juris). Von entscheidender Bedeutung ist im vorliegenden Fall, dass die Rechtswidrigkeit der Bescheide in den Verantwortungsbereich des Klägers fällt, weil dieser unvollständige Angaben gemacht hat und für ihn auch ersichtlich war, dass der Beklagte auf die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Angaben vertraut hat. Dem Kläger musste bewusst sein, dass der Beklagte durch besondere Umstände und möglicherweise zufallsbedingt auch nach längerem Zeitablauf Kenntnis von seiner Spitzeltätigkeit erlangen könnte. Zudem hat er im Rahmen der Antragstellung versichert, dass seine Angaben vollständig sind und in allen Teilen der Wahrheit entsprechen. Das rechtfertigt die Rücknahme der Bescheide auch nach längerer Zeit.

41

Der Beklagte hat auch die Frist des § 48 Abs. 4 VwVfG zur Rücknahme der Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG und der Bewilligung der Eingliederungshilfe nach § 9 a und § 9 b HHG eingehalten. Danach muss die Rücknahme innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen erfolgen, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen (Entscheidungsfrist). Erforderlich ist zusätzlich, dass die Behörde auch die fehlerhafte Rechtsanwendung auf ihr bekanntgewordene Tatsachen erkennt, d.h. sich der Rechtswidrigkeit des betroffenen Verwaltungsaktes und der Notwendigkeit, wegen dieser Rechtswidrigkeit über eine eventuelle Rücknahme zu entscheiden, bewusst wird oder ist (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Auflage, Stand 2008, § 48 Rn. 154 m. w. N.). Kenntnis der die Rücknahme rechtfertigenden Tatsachen erhielt der Beklagte durch die Übersendung der den Kläger betreffenden Unterlagen des BStU am 15. Mai 2008. Erst nach Überprüfung dieser Unterlagen und der im Rahmen der Anhörung mit Schreiben vom 18. Juni 2009 vorgebrachten Einwendungen des Klägers hatte der Beklagte die notwendige Kenntnis von allen für eine Rücknahme erheblichen Umständen. Demgemäß erfolgte die Rücknahme mit Bescheid vom 10. September 2009 innerhalb der Jahresfrist.

42

Gleiches gilt für die Aufhebung der Bewilligung nach dem StrRehaG, die ebenfalls gemäß § 48 VwVfG zu Recht erfolgte. Mit der gerichtlichen Bestätigung der Rücknahme der Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG ist auch die Voraussetzung für die Bewilligung der Kapitalentschädigung gemäß § 17 i. V. m. § 25 Abs. 2 StrRehaG weggefallen, ohne dass es insoweit auf das Vorliegen von Ausschlussgründen nach § 16 Abs. 2 StrRehaG ankommt. § 25 Abs. 2 StrRehaG stellt eine eigenständige Anspruchsgrundlage dar, welche lediglich das Vorliegen einer Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG voraussetzt (vgl. BVerwG, NJ 2003, 215).

43

Die Rückforderung der Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG findet ihre Rechtsgrundlage in § 52 VwVfG und ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Zwar setzt § 52 Satz 1 VwVfG die Unanfechtbarkeit der Rücknahme oder des Widerrufs des zugrunde liegenden Verwaltungsakts voraus. Jedoch ist eine Rückforderung zugleich mit dem die Wirksamkeit des Verwaltungsaktes aufhebenden Verwaltungsakt möglich, wenn sie unter die aufschiebende Bedingung des Eintritts der Unanfechtbarkeit gestellt wird. Dies ist hier anzunehmen (vgl. Kopp/Ramsauer, a. a. O., § 52 Rn. 6).

44

Auch die in dem angefochtenen Bescheid vom 10. September 2009 ausgesprochene Rückforderung der zu Unrecht gewährten Leistungen ist zu Recht erfolgt; sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 49 a Abs. 1 VwVfG. Die Bewilligungen nach dem HHG und dem StrRehaG sind gegenüber dem Kläger aufgehoben, so dass kein Rechtsgrund (mehr) für die von dem Beklagten erbrachten Leistungen besteht. Mithin sind diese zu erstatten.

45

Der Kläger hat aus den vorgenannten Gründen auch keinen Anspruch auf die Gewährung der Kapitalentschädigung nach § 17 a i.V.m. § 25 Abs. 2 StrRehaG. Die vorausgesetzte Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG ist mit der gerichtlichen Bestätigung der Rücknahme weggefallen.

46

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden gemäß § 188 Satz 2 VwGO nicht erhoben. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.

War der Totschläger ohne eigene Schuld durch eine ihm oder einem Angehörigen zugefügte Mißhandlung oder schwere Beleidigung von dem getöteten Menschen zum Zorn gereizt und hierdurch auf der Stelle zur Tat hingerissen worden oder liegt sonst ein minder schwerer Fall vor, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

(1) Wer

1.
ein Gesetzgebungsorgan des Bundes oder eines Landes oder einen seiner Ausschüsse,
2.
die Bundesversammlung oder einen ihrer Ausschüsse oder
3.
die Regierung oder das Verfassungsgericht des Bundes oder eines Landes
rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt nötigt, ihre Befugnisse nicht oder in einem bestimmten Sinne auszuüben, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Wer

1.
den Bundespräsidenten oder
2.
ein Mitglied
a)
eines Gesetzgebungsorgans des Bundes oder eines Landes,
b)
der Bundesversammlung oder
c)
der Regierung oder des Verfassungsgerichts des Bundes oder eines Landes
rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel nötigt, seine Befugnisse nicht oder in einem bestimmten Sinne auszuüben, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

(1) Leistungen nach diesem Gesetz werden nicht gewährt an Personen,

1.
die in den Gewahrsamsgebieten (§ 1 Abs. 1 Nr. 1) dem dort herrschenden politischen System erheblich Vorschub geleistet haben,
2.
die während der Herrschaft des Nationalsozialismus oder in den Gewahrsamsgebieten (§ 1 Abs. 1 Nr. 1) durch ihr Verhalten gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit oder Menschlichkeit verstoßen haben; dies gilt insbesondere für Personen, die durch ein deutsches Gericht im Geltungsbereich dieses Gesetzes wegen eines an Mithäftlingen begangenen Verbrechens oder Vergehens rechtskräftig verurteilt worden sind,
3.
die nach dem 8. Mai 1945 durch deutsche Gerichte wegen vorsätzlicher Straftaten zu Freiheitsstrafen von insgesamt mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden sind. Dies gilt nicht, soweit die Verurteilung auf in § 1 Abs. 1 Nr. 1 genannten Gründen beruht.

(2) Die Gewährung von Leistungen kann versagt oder eingestellt werden, wenn der Berechtigte die im Geltungsbereich dieses Gesetzes bestehende freiheitliche demokratische Grundordnung bekämpft hat oder bekämpft.

(3) (weggefallen)

(4) Liegen Ausschließungsgründe bei der in Gewahrsam genommenen Person (§ 1 Abs. 1 Nr. 1) vor, so sind diese auch gegenüber Angehörigen und Hinterbliebenen wirksam.

(5) Solange wegen einer Straftat, die zu einem Ausschluß nach Absatz 1 Nr. 2 und 3 oder Absatz 2 führen kann, ein Ermittlungsverfahren oder Strafverfahren schwebt, sind Entscheidungen über Anträge nach diesem Gesetz zurückzustellen. Wird ein solches Verfahren eingeleitet, nachdem der Anspruch auf Leistungen zuerkannt ist, so ist die Auszahlung einmaliger Leistungen auszusetzen; wiederkehrende Leistungen können ausgesetzt werden.

(1) Die Rehabilitierung begründet einen Anspruch auf soziale Ausgleichsleistungen für Nachteile, die dem Betroffenen durch eine Freiheitsentziehung entstanden sind.

(2) Soziale Ausgleichsleistungen nach diesem Gesetz werden nicht gewährt, wenn der Berechtigte oder derjenige, von dem sich die Berechtigung ableitet, gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit verstoßen oder in schwerwiegendem Maße seine Stellung zum eigenen Vorteil oder zum Nachteil anderer missbraucht hat.

(3) Die sozialen Ausgleichsleistungen nach Absatz 1 werden auf Antrag als Kapitalentschädigung, besondere Zuwendung für Haftopfer und Unterstützungsleistung nach Maßgabe der §§ 17 bis 19 sowie als Versorgung nach Maßgabe der §§ 21 bis 24 gewährt.

(4) Die Leistungen nach den §§ 17 bis 19 bleiben als Einkommen bei Sozialleistungen, deren Gewährung von anderen Einkommen abhängig ist, unberücksichtigt.

(1) Leistungen nach diesem Gesetz werden nicht gewährt an Personen,

1.
die in den Gewahrsamsgebieten (§ 1 Abs. 1 Nr. 1) dem dort herrschenden politischen System erheblich Vorschub geleistet haben,
2.
die während der Herrschaft des Nationalsozialismus oder in den Gewahrsamsgebieten (§ 1 Abs. 1 Nr. 1) durch ihr Verhalten gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit oder Menschlichkeit verstoßen haben; dies gilt insbesondere für Personen, die durch ein deutsches Gericht im Geltungsbereich dieses Gesetzes wegen eines an Mithäftlingen begangenen Verbrechens oder Vergehens rechtskräftig verurteilt worden sind,
3.
die nach dem 8. Mai 1945 durch deutsche Gerichte wegen vorsätzlicher Straftaten zu Freiheitsstrafen von insgesamt mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden sind. Dies gilt nicht, soweit die Verurteilung auf in § 1 Abs. 1 Nr. 1 genannten Gründen beruht.

(2) Die Gewährung von Leistungen kann versagt oder eingestellt werden, wenn der Berechtigte die im Geltungsbereich dieses Gesetzes bestehende freiheitliche demokratische Grundordnung bekämpft hat oder bekämpft.

(3) (weggefallen)

(4) Liegen Ausschließungsgründe bei der in Gewahrsam genommenen Person (§ 1 Abs. 1 Nr. 1) vor, so sind diese auch gegenüber Angehörigen und Hinterbliebenen wirksam.

(5) Solange wegen einer Straftat, die zu einem Ausschluß nach Absatz 1 Nr. 2 und 3 oder Absatz 2 führen kann, ein Ermittlungsverfahren oder Strafverfahren schwebt, sind Entscheidungen über Anträge nach diesem Gesetz zurückzustellen. Wird ein solches Verfahren eingeleitet, nachdem der Anspruch auf Leistungen zuerkannt ist, so ist die Auszahlung einmaliger Leistungen auszusetzen; wiederkehrende Leistungen können ausgesetzt werden.

(1) Für die Gewährung von Leistungen nach den §§ 4, 5 und 8 sind die Behörden zuständig, denen die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes und des Unterhaltsbeihilfegesetzes obliegt. Soweit die Versorgungsbehörden zuständig sind, richtet sich das Verfahren nach den für die Kriegsopferversorgung geltenden Vorschriften.

(2) Für die Gewährung der Leistungen nach den §§ 9a bis 9c und die Ausstellung der Bescheinigung nach Absatz 4 sind die von den Landesregierungen bestimmten Stellen zuständig; hat der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland, so bestimmt die Regierung des Landes, in welchem die Bundesregierung ihren Sitz hat, die zuständige Behörde.

(3) Über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit, soweit dieses Gesetz von den für die Kriegsopferversorgung zuständigen Verwaltungsbehörden durchgeführt wird. Für das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit sind die Vorschriften des Sozialgerichtsgesetzes für Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung maßgebend. § 51 Abs. 1 Nr. 6 des Sozialgerichtsgesetzes bleibt unberührt. Über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten bei der Anwendung der §§ 9a bis 9c entscheiden die allgemeinen Verwaltungsgerichte.

(4) Der Nachweis darüber, daß die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 vorliegen und daß Ausschließungsgründe nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 weder gegeben noch gemäß § 2 Abs. 4 wirksam sind, ist durch eine Bescheinigung zu erbringen, soweit zugleich ein Anspruch nach den §§ 9a bis 9c besteht. Im übrigen wird das Vorliegen dieser Voraussetzungen nur auf Ersuchen einer anderen Behörde festgestellt, wenn hiervon die Gewährung einer Leistung, eines Rechtes oder einer Vergünstigung abhängt.

(5) Über die Anträge mehrerer Antragsteller, die Erben oder weitere Erben einer in § 1 Abs. 1 Nr. 1 bezeichneten Person sind, entscheidet die Behörde, bei welcher der erste Antrag gestellt worden ist.

(6) Hält die Behörde zur Feststellung des Gewahrsams oder von Ausschließungsgründen nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 und nach § 2 Abs. 4 die eidliche Vernehmung eines Zeugen oder eines Sachverständigen für geboten, so ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Zeuge oder Sachverständige seinen Wohnsitz oder Aufenthaltsort hat, um die eidliche Vernehmung zu ersuchen.

(7) Die Entscheidung über die Ausstellung einer Bescheinigung nach Absatz 4 ist für alle Behörden und Stellen verbindlich, die für die Gewährung von Rechten und Vergünstigungen nach diesem oder einem anderen Gesetz zuständig sind. Hält eine Behörde oder Stelle die Entscheidung über die Ausstellung der Bescheinigung nicht für gerechtfertigt, so kann sie nur ihre Änderung oder Aufhebung durch die für die Ausstellung der Bescheinigung zuständige Stelle beantragen. Die Ausstellungsbehörde entscheidet auch über Rücknahme und Widerruf und über die Ausstellung einer Zweitschrift einer Bescheinigung.

(8) Wird die Bescheinigung eingezogen oder für ungültig erklärt, so sind die Leistungen nach diesem Gesetz einzustellen.

(1) Leistungen nach diesem Gesetz werden nicht gewährt an Personen,

1.
die in den Gewahrsamsgebieten (§ 1 Abs. 1 Nr. 1) dem dort herrschenden politischen System erheblich Vorschub geleistet haben,
2.
die während der Herrschaft des Nationalsozialismus oder in den Gewahrsamsgebieten (§ 1 Abs. 1 Nr. 1) durch ihr Verhalten gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit oder Menschlichkeit verstoßen haben; dies gilt insbesondere für Personen, die durch ein deutsches Gericht im Geltungsbereich dieses Gesetzes wegen eines an Mithäftlingen begangenen Verbrechens oder Vergehens rechtskräftig verurteilt worden sind,
3.
die nach dem 8. Mai 1945 durch deutsche Gerichte wegen vorsätzlicher Straftaten zu Freiheitsstrafen von insgesamt mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden sind. Dies gilt nicht, soweit die Verurteilung auf in § 1 Abs. 1 Nr. 1 genannten Gründen beruht.

(2) Die Gewährung von Leistungen kann versagt oder eingestellt werden, wenn der Berechtigte die im Geltungsbereich dieses Gesetzes bestehende freiheitliche demokratische Grundordnung bekämpft hat oder bekämpft.

(3) (weggefallen)

(4) Liegen Ausschließungsgründe bei der in Gewahrsam genommenen Person (§ 1 Abs. 1 Nr. 1) vor, so sind diese auch gegenüber Angehörigen und Hinterbliebenen wirksam.

(5) Solange wegen einer Straftat, die zu einem Ausschluß nach Absatz 1 Nr. 2 und 3 oder Absatz 2 führen kann, ein Ermittlungsverfahren oder Strafverfahren schwebt, sind Entscheidungen über Anträge nach diesem Gesetz zurückzustellen. Wird ein solches Verfahren eingeleitet, nachdem der Anspruch auf Leistungen zuerkannt ist, so ist die Auszahlung einmaliger Leistungen auszusetzen; wiederkehrende Leistungen können ausgesetzt werden.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(1) Für die Gewährung von Leistungen nach den §§ 4, 5 und 8 sind die Behörden zuständig, denen die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes und des Unterhaltsbeihilfegesetzes obliegt. Soweit die Versorgungsbehörden zuständig sind, richtet sich das Verfahren nach den für die Kriegsopferversorgung geltenden Vorschriften.

(2) Für die Gewährung der Leistungen nach den §§ 9a bis 9c und die Ausstellung der Bescheinigung nach Absatz 4 sind die von den Landesregierungen bestimmten Stellen zuständig; hat der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland, so bestimmt die Regierung des Landes, in welchem die Bundesregierung ihren Sitz hat, die zuständige Behörde.

(3) Über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit, soweit dieses Gesetz von den für die Kriegsopferversorgung zuständigen Verwaltungsbehörden durchgeführt wird. Für das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit sind die Vorschriften des Sozialgerichtsgesetzes für Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung maßgebend. § 51 Abs. 1 Nr. 6 des Sozialgerichtsgesetzes bleibt unberührt. Über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten bei der Anwendung der §§ 9a bis 9c entscheiden die allgemeinen Verwaltungsgerichte.

(4) Der Nachweis darüber, daß die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 vorliegen und daß Ausschließungsgründe nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 weder gegeben noch gemäß § 2 Abs. 4 wirksam sind, ist durch eine Bescheinigung zu erbringen, soweit zugleich ein Anspruch nach den §§ 9a bis 9c besteht. Im übrigen wird das Vorliegen dieser Voraussetzungen nur auf Ersuchen einer anderen Behörde festgestellt, wenn hiervon die Gewährung einer Leistung, eines Rechtes oder einer Vergünstigung abhängt.

(5) Über die Anträge mehrerer Antragsteller, die Erben oder weitere Erben einer in § 1 Abs. 1 Nr. 1 bezeichneten Person sind, entscheidet die Behörde, bei welcher der erste Antrag gestellt worden ist.

(6) Hält die Behörde zur Feststellung des Gewahrsams oder von Ausschließungsgründen nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 und nach § 2 Abs. 4 die eidliche Vernehmung eines Zeugen oder eines Sachverständigen für geboten, so ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Zeuge oder Sachverständige seinen Wohnsitz oder Aufenthaltsort hat, um die eidliche Vernehmung zu ersuchen.

(7) Die Entscheidung über die Ausstellung einer Bescheinigung nach Absatz 4 ist für alle Behörden und Stellen verbindlich, die für die Gewährung von Rechten und Vergünstigungen nach diesem oder einem anderen Gesetz zuständig sind. Hält eine Behörde oder Stelle die Entscheidung über die Ausstellung der Bescheinigung nicht für gerechtfertigt, so kann sie nur ihre Änderung oder Aufhebung durch die für die Ausstellung der Bescheinigung zuständige Stelle beantragen. Die Ausstellungsbehörde entscheidet auch über Rücknahme und Widerruf und über die Ausstellung einer Zweitschrift einer Bescheinigung.

(8) Wird die Bescheinigung eingezogen oder für ungültig erklärt, so sind die Leistungen nach diesem Gesetz einzustellen.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 27. August 2007 - 11 K 4364/06 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

 
Mit der Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Ablehnung des Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die von ihm erhobene Klage; Gegenstand der Klage ist die Verfügung der Beklagten vom 9.11.2005 (bzw. der dazu ergangene Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart), mit der die Beklagte die am 5.11.2004 erfolgte Einbürgerung des Klägers zurückgenommen hat. Das Verwaltungsgericht hat die Erfolgsaussicht der Anfechtungsklage mit der Begründung abgelehnt, der Kläger habe wissen müssen, dass er vor Aushändigung der Einbürgerungsurkunde am 5.11.2004 noch nicht deutscher Staatsangehöriger sei; jedenfalls zum Zeitpunkt seiner Inhaftierung sei ihm klar gewesen, dass die Einbürgerung noch nicht erfolgt sei.
Der Kläger trägt mit der Beschwerde vor, nicht nur er, sondern auch sein damaliger Prozessbevollmächtigter sei davon ausgegangen, dass die Einbürgerung bereits vor der Aushändigung der Urkunde wirksam geworden sei; eine bewusste und absichtliche Täuschung der Einbürgerungsbehörde bei der Entgegennahme der Einbürgerungsurkunde (Täuschung über ein anhängiges Strafverfahren bzw. über eine zuvor bereits erfolgte Inhaftierung) könne man ihm daher nicht vorwerfen. Wenn er erst mit der Aushändigung der Einbürgerungsurkunde erfahre, dass er zuvor noch nicht die deutsche Staatsangehörigkeit gehabt habe, sei es für eine entsprechende Reaktion (Mitteilung des Strafverfahrens) zu spät. Im Übrigen sei fraglich, wie präsent es ihm im November 2004 noch gewesen sei, die Einleitung eines Strafverfahrens oder Ermittlungsverfahrens mitzuteilen.
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg; das Verwaltungsgericht hat die Gewährung von Prozesskostenhilfe auch bei Anwendung des in diesem Zusammenhang gebotenen großzügigen Maßstabs zu Recht abgelehnt.
Nach § 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO ist einer Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, Prozesskostenhilfe zu gewähren, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Erfolgsaussicht bietet und auch nicht mutwillig erscheint; in diesem Zusammenhang kann hinreichende Erfolgsaussicht vor allem dann angenommen werden, wenn der Ausgang des Verfahrens sich als hinreichend offen darstellt (siehe dazu im einzelnen BVerfG, Beschlüsse vom 5.2.2003 - 1 BvR 1526/02 -, NJW 2003, 2976, vom 14.6.2006 - 2 BvR 626/06 -, InfAuslR 2006, 377 und vom 26.2.2007 - 1 BvR 474/05 -, NVwZ-RR 2007, 361). An einer solchen „Offenheit“ des Prozessausgangs fehlt es im vorliegenden Fall.
Dass die (erst) mit der Aushändigung der Einbürgerungsurkunde erfolgte Einbürgerung des Klägers (siehe § 16 Abs. 1 Satz 1 StAG) im Sinn des § 48 Abs. 1 LVwVfG rechtswidrig war, ergibt sich aus § 88 Abs. 3 Satz 1 des für die Einbürgerung des Klägers damals noch anwendbaren AuslG (jetzt § 12 a Abs. 3 StAG); nach dieser Vorschrift ist nämlich „die Entscheidung über die Einbürgerung bis zum Abschluss des Verfahrens ... auszusetzen“, wenn gegen einen Ausländer, der die Einbürgerung beantragt hat, wegen des Verdachts einer Straftat ermittelt wird. Diese Ermittlungen waren im vorliegenden Fall am Tag der Einbürgerung bereits anhängig, da der Kläger wenige Tage zuvor - am 3.11.2004 - wegen eines Drogendelikts in Untersuchungshaft genommen worden war. § 88 Abs. 3 Satz 1 AuslG ist dabei nicht nur eine bloße Verfahrensvorschrift; wird gegen das Gebot der Aussetzung verstoßen, so ist eine gleichwohl erfolgte Einbürgerung im Sinn von § 48 Abs. 1 LVwVfG fehlerhaft (siehe dazu BVerwG, Urteil vom 3.6.2003 - 1 C 19.02 -, NVwZ 2004, 489).
Dass der Behörde im Fall einer fehlerhaften Einbürgerung die Rücknahmemöglichkeit nach den landesrechtlichen Verwaltungsverfahrensgesetzen rechtlich eröffnet ist, ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannt (siehe BVerwG a.a.O.; siehe zuletzt BVerfG, Urteil vom 24.5.2006 - 2 BvR 669/04 -, DVBl. 2006, 910; siehe auch VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.9.2007 - 13 S 2794/06 -). Jedenfalls für die Fallgestaltung erschlichener Einbürgerungen (siehe dazu § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 LVwVfG) ist die Rücknahmemöglichkeit nicht mehr streitig; das gleiche gilt nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 17.9.2007 a.a.O.) dort, wo zwar keine arglistige Täuschung, aber sonstiges vergleichbar vorwerfbares Verhalten zur Einbürgerung geführt hat. Im vorliegenden Fall geht der Senat allerdings unmittelbar von arglistiger Täuschung des Klägers durch Verschweigen des gegen ihn anhängigen Strafverfahrens bzw. seiner zuvor erfolgten Inhaftierung aus. Das der Einbürgerungszusicherung vom 5.8.2003 beigefügte Schreiben enthält den Zusatz, „auf die Beachtung des beigefügten Merkblattes zur Einbürgerungszusicherung“ werde hingewiesen, und dort heißt es, u.a. die Einleitung eines Strafverfahrens sei der Behörde als Änderung der persönlichen Verhältnisse mitzuteilen. Anhaltspunkte dafür, dass das Merkblatt dem genannten Schreiben entgegen dessen Wortlaut nicht beigefügt war, hat der Senat nicht.; die Tatsache, dass es sich nicht bei den Akten befindet, reicht als Beleg dafür nicht aus. Auch die Einbürgerungszusicherung selbst enthält zudem den Zusatz, sie werde unter dem Vorbehalt erteilt, dass sich die für die Einbürgerung maßgebliche Sach- und Rechtslage, insbesondere die persönlichen Verhältnisse des Einbürgerungsbewerbers, bis zur Einbürgerung nicht änderten. Von daher wird im Klageverfahren ohne unzulässige Vorwegnahme einer Beweisaufnahme davon auszugehen sein, dass dem Kläger zum Zeitpunkt der Einbürgerung die Verpflichtung bewusst war, die Einleitung eines Strafverfahrens bzw. seine Inhaftierung der Behörde anzuzeigen. Diese Verpflichtung hat er offensichtlich verletzt. Weder er selbst noch sein damaliger Strafverteidiger hat der Behörde mitgeteilt, aus welchen Gründen (Inhaftierung) die Einbürgerungsurkunde von ihm nicht persönlich entgegengenommen werden kann, obwohl die Angabe des Verhinderungsgrundes durchaus nahegelegen hätte. Nach der kurzzeitigen Entlassung aus der Untersuchungshaft (3.11.2004) hat der Kläger die Einbürgerungsurkunde am 5.11.2004 selbst entgegengenommen, ohne zu irgendeinem Zeitpunkt - weder bei dieser Gelegenheit noch vorher - auf die auch aus Laiensicht wesentliche Änderung der Sachlage hinzuweisen. Damit liegt im Rechtssinn auch bei Zugrundelegung des im Prozeßkostenhilfeverfahrens gebotenen großzügigen Maßstabs eine arglistige Täuschung durch Unterlassen (§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 LVwVfG) vor (siehe auch VG Arnsberg, Urteil vom 7.9.2005 - 1 K 4045/04 -, juris; zur Täuschung durch Verschweigen siehe auch BVerwG, Urteil vom 18.9.1985 - 2 C 30.84 -, ZBR 1986, 52 m.w.N.).
Der Vortrag des Klägers, er sei am 5.11.2004 davon ausgegangen, dass er bereits deutscher Staatsangehöriger sei, erscheint auch dem Senat nicht als glaubhaft. Zu Recht weist das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der Kläger bei seiner Inhaftierung als Staatsangehöriger von Serbien/Montenegro geführt worden ist, ohne dass sich aus der Akte irgendwelche Reaktionen von seiner Seite hierzu ergeben. Hiergegen könnte eingewendet werden, dem Kläger sei diese Einstufung nicht bekannt geworden; allerdings liegt eine solche Annahme - Aufnahme eines Häftlings in die Vollzugsanstalt ohne dessen Mitwirkung und Befragung zu den Personaldaten - nicht unbedingt nahe. Vor allem fehlt es jedoch an jeder behördlichen Äußerung dem Kläger gegenüber, die sich auch aus Laiensicht bereits als Vollzug einer Einbürgerung auffassen ließe. Das Schreiben der Beklagten vom 1.10.2004, auf das sich der Kläger in diesem Zusammenhang (auch) beruft, stellt lediglich eine Ladung zum persönlichen Erscheinen am 18.10.2004 zum Zweck der Aushändigung der Einbürgerungsurkunde dar; aus ihm lässt sich auch für einen Rechtsunkundigen weder entnehmen, dass eine Einbürgerung bereits erfolgt sei noch dass sie mit diesem Schreiben erfolge. Angesichts der auch einem Laien bekannten großen statusrechtlichen Bedeutung einer Einbürgerung kann nicht angenommen werden, dass der Kläger dem Vorladungsschreiben eine so weitgehende konstitutive Bedeutung beigemessen haben will. Er wird kaum einen Staat geben - jedenfalls nicht im bürokratisch organisierten Westeuropa -, der eine Einbürgerung der hier streitigen Art gewissermaßen automatisch d.h. ohne jede weitere individuelle staatliche Äußerung vorsieht. Im Übrigen ergab sich auch aus der dem Kläger zuvor ausgehändigten Einbürgerungszusicherung selbst, dass die Einbürgerung eine weitere gesonderte Behördenentscheidung voraussetzt, bei der Sachverhaltsänderungen berücksichtigt werden. Alles spricht umgekehrt dafür, dass die Tatsache der Inhaftierung bewusst verschwiegen wurde, um auf direktem oder indirektem Weg die Einbürgerungsurkunde - an deren Besitz dem Kläger doch offenbar sehr gelegen war - zu erhalten. Das bestätigt auch der bei den Akten des Regierungspräsidiums dokumentierte Vermerk vom 16.11.2004, wonach der Kläger mitgeteilt hat, dass er „seit dem 5.11.2004“ (also seit Aushändigung der Staatsangehörigkeitsurkunde) die deutsche Staatsangehörigkeit besitze. Von einer zeitlich früheren Einbürgerung sprach der Kläger offenbar nicht. Angesichts des Wortlauts des Vermerks drängt sich jedenfalls die Erforderlichkeit einer Beweisaufnahme hierzu durch Vernehmung des damaligen Bediensteten nicht auf. Soweit der Strafverteidiger des Klägers am 20.4.2006 seinem jetzigen Prozessbevollmächtigten mitgeteilt hat, er sei „zum 15.10.2004“ davon ausgegangen, das Einbürgerungsverfahren sei abgeschlossen, und „zur Disposition“ habe lediglich die Übergabe der Urkunde gestanden, lässt sich dies kaum mit seinem Schriftsatz vom 29.9.2005 an die Beklagte vereinbaren. Dort führt er aus, eine Mitteilungspflicht des Klägers habe nur bis zum 4.10.2004 bestehen können, weil die Einbürgerungsurkunde das Datum des 4.10.2004 trage. Diese Urkunde, die den ausdrücklichen Zusatz enthält, „mit dem Zeitpunkt der Aushändigung (werde) die deutsche Staatsangehörigkeit durch Einbürgerung erworben“, wurde dem Kläger jedoch erst am 5.11.2004 ausgehändigt. Das Ausstellungsdatum der Einbürgerungsurkunde kann ihm damit erst zum Zeitpunkt ihrer Aushändigung bekannt geworden sein, so dass sich für die behauptete gutgläubige Annahme des früheren Erwerbs der Staatsangehörigkeit hieraus nichts ableiten läßt. Auch waren zu dem von dem Strafverteidiger des Klägers als Bezugspunkt genannten Zeitpunkt (15.10.2004) die für die Einbürgerung fälligen Gebühren noch nicht beglichen, wie sich aus dem Schreiben vom 15.10.2004 an die Beklagte ergibt. Diese Bedingung der Urkundenaushändigung (vgl. das Schreiben der Behörde vom 1.10.2004) war damit noch nicht erfüllt. Woraus der Verteidiger des Klägers gleichwohl geschlossen haben will, die Einbürgerung sei bereits erfolgt, ist auch für den Senat nicht ersichtlich. Hiervon abgesehen käme es auch nicht auf einen Irrtum des damaligen Prozessbevollmächtigten, sondern auf den Wissensstand des Klägers selbst an. Auch dieser konnte - wie dargelegt - aus keinem konkreten Umstand folgern, er sei bereits vor Aushändigung der Einbürgerungsurkunde Deutscher geworden.
Soweit geltend gemacht wird, eine Einbürgerungsurkunde könne durchaus auch einem Bevollmächtigten ausgehändigt werden, stellt dies die Argumentation des Verwaltungsgerichts nicht in Frage, da es im vorliegenden Fall auch an einer solchen Aushändigung - z.B. an den damaligen Bevollmächtigten - fehlt. Zur gesetzlich festgelegten Bedeutung der Aushändigung (siehe dazu § 16 Abs. 1 Satz 1 StAG) besagt dies ohnehin nichts.
Sonstige Rechtswidrigkeitsgründe sind nicht geltend gemacht und auch nicht ersichtlich; insbesondere ist die Rücknahme zeitnah erfolgt (vgl. dazu BVerfG a.a.O.).
10 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Streitwertfestsetzung bedurfte es nicht, da für die Zurückweisung einer Beschwerde in Prozesskostenhilfesachen eine Festgebühr vorgesehen ist.
11 
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Leistungen nach diesem Gesetz werden nicht gewährt an Personen,

1.
die in den Gewahrsamsgebieten (§ 1 Abs. 1 Nr. 1) dem dort herrschenden politischen System erheblich Vorschub geleistet haben,
2.
die während der Herrschaft des Nationalsozialismus oder in den Gewahrsamsgebieten (§ 1 Abs. 1 Nr. 1) durch ihr Verhalten gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit oder Menschlichkeit verstoßen haben; dies gilt insbesondere für Personen, die durch ein deutsches Gericht im Geltungsbereich dieses Gesetzes wegen eines an Mithäftlingen begangenen Verbrechens oder Vergehens rechtskräftig verurteilt worden sind,
3.
die nach dem 8. Mai 1945 durch deutsche Gerichte wegen vorsätzlicher Straftaten zu Freiheitsstrafen von insgesamt mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden sind. Dies gilt nicht, soweit die Verurteilung auf in § 1 Abs. 1 Nr. 1 genannten Gründen beruht.

(2) Die Gewährung von Leistungen kann versagt oder eingestellt werden, wenn der Berechtigte die im Geltungsbereich dieses Gesetzes bestehende freiheitliche demokratische Grundordnung bekämpft hat oder bekämpft.

(3) (weggefallen)

(4) Liegen Ausschließungsgründe bei der in Gewahrsam genommenen Person (§ 1 Abs. 1 Nr. 1) vor, so sind diese auch gegenüber Angehörigen und Hinterbliebenen wirksam.

(5) Solange wegen einer Straftat, die zu einem Ausschluß nach Absatz 1 Nr. 2 und 3 oder Absatz 2 führen kann, ein Ermittlungsverfahren oder Strafverfahren schwebt, sind Entscheidungen über Anträge nach diesem Gesetz zurückzustellen. Wird ein solches Verfahren eingeleitet, nachdem der Anspruch auf Leistungen zuerkannt ist, so ist die Auszahlung einmaliger Leistungen auszusetzen; wiederkehrende Leistungen können ausgesetzt werden.

(1) Für die Gewährung von Leistungen nach den §§ 4, 5 und 8 sind die Behörden zuständig, denen die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes und des Unterhaltsbeihilfegesetzes obliegt. Soweit die Versorgungsbehörden zuständig sind, richtet sich das Verfahren nach den für die Kriegsopferversorgung geltenden Vorschriften.

(2) Für die Gewährung der Leistungen nach den §§ 9a bis 9c und die Ausstellung der Bescheinigung nach Absatz 4 sind die von den Landesregierungen bestimmten Stellen zuständig; hat der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland, so bestimmt die Regierung des Landes, in welchem die Bundesregierung ihren Sitz hat, die zuständige Behörde.

(3) Über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit, soweit dieses Gesetz von den für die Kriegsopferversorgung zuständigen Verwaltungsbehörden durchgeführt wird. Für das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit sind die Vorschriften des Sozialgerichtsgesetzes für Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung maßgebend. § 51 Abs. 1 Nr. 6 des Sozialgerichtsgesetzes bleibt unberührt. Über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten bei der Anwendung der §§ 9a bis 9c entscheiden die allgemeinen Verwaltungsgerichte.

(4) Der Nachweis darüber, daß die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 vorliegen und daß Ausschließungsgründe nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 weder gegeben noch gemäß § 2 Abs. 4 wirksam sind, ist durch eine Bescheinigung zu erbringen, soweit zugleich ein Anspruch nach den §§ 9a bis 9c besteht. Im übrigen wird das Vorliegen dieser Voraussetzungen nur auf Ersuchen einer anderen Behörde festgestellt, wenn hiervon die Gewährung einer Leistung, eines Rechtes oder einer Vergünstigung abhängt.

(5) Über die Anträge mehrerer Antragsteller, die Erben oder weitere Erben einer in § 1 Abs. 1 Nr. 1 bezeichneten Person sind, entscheidet die Behörde, bei welcher der erste Antrag gestellt worden ist.

(6) Hält die Behörde zur Feststellung des Gewahrsams oder von Ausschließungsgründen nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 und nach § 2 Abs. 4 die eidliche Vernehmung eines Zeugen oder eines Sachverständigen für geboten, so ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Zeuge oder Sachverständige seinen Wohnsitz oder Aufenthaltsort hat, um die eidliche Vernehmung zu ersuchen.

(7) Die Entscheidung über die Ausstellung einer Bescheinigung nach Absatz 4 ist für alle Behörden und Stellen verbindlich, die für die Gewährung von Rechten und Vergünstigungen nach diesem oder einem anderen Gesetz zuständig sind. Hält eine Behörde oder Stelle die Entscheidung über die Ausstellung der Bescheinigung nicht für gerechtfertigt, so kann sie nur ihre Änderung oder Aufhebung durch die für die Ausstellung der Bescheinigung zuständige Stelle beantragen. Die Ausstellungsbehörde entscheidet auch über Rücknahme und Widerruf und über die Ausstellung einer Zweitschrift einer Bescheinigung.

(8) Wird die Bescheinigung eingezogen oder für ungültig erklärt, so sind die Leistungen nach diesem Gesetz einzustellen.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Leistungen nach diesem Gesetz werden nicht gewährt an Personen,

1.
die in den Gewahrsamsgebieten (§ 1 Abs. 1 Nr. 1) dem dort herrschenden politischen System erheblich Vorschub geleistet haben,
2.
die während der Herrschaft des Nationalsozialismus oder in den Gewahrsamsgebieten (§ 1 Abs. 1 Nr. 1) durch ihr Verhalten gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit oder Menschlichkeit verstoßen haben; dies gilt insbesondere für Personen, die durch ein deutsches Gericht im Geltungsbereich dieses Gesetzes wegen eines an Mithäftlingen begangenen Verbrechens oder Vergehens rechtskräftig verurteilt worden sind,
3.
die nach dem 8. Mai 1945 durch deutsche Gerichte wegen vorsätzlicher Straftaten zu Freiheitsstrafen von insgesamt mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden sind. Dies gilt nicht, soweit die Verurteilung auf in § 1 Abs. 1 Nr. 1 genannten Gründen beruht.

(2) Die Gewährung von Leistungen kann versagt oder eingestellt werden, wenn der Berechtigte die im Geltungsbereich dieses Gesetzes bestehende freiheitliche demokratische Grundordnung bekämpft hat oder bekämpft.

(3) (weggefallen)

(4) Liegen Ausschließungsgründe bei der in Gewahrsam genommenen Person (§ 1 Abs. 1 Nr. 1) vor, so sind diese auch gegenüber Angehörigen und Hinterbliebenen wirksam.

(5) Solange wegen einer Straftat, die zu einem Ausschluß nach Absatz 1 Nr. 2 und 3 oder Absatz 2 führen kann, ein Ermittlungsverfahren oder Strafverfahren schwebt, sind Entscheidungen über Anträge nach diesem Gesetz zurückzustellen. Wird ein solches Verfahren eingeleitet, nachdem der Anspruch auf Leistungen zuerkannt ist, so ist die Auszahlung einmaliger Leistungen auszusetzen; wiederkehrende Leistungen können ausgesetzt werden.

(1) Für die Gewährung von Leistungen nach den §§ 4, 5 und 8 sind die Behörden zuständig, denen die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes und des Unterhaltsbeihilfegesetzes obliegt. Soweit die Versorgungsbehörden zuständig sind, richtet sich das Verfahren nach den für die Kriegsopferversorgung geltenden Vorschriften.

(2) Für die Gewährung der Leistungen nach den §§ 9a bis 9c und die Ausstellung der Bescheinigung nach Absatz 4 sind die von den Landesregierungen bestimmten Stellen zuständig; hat der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland, so bestimmt die Regierung des Landes, in welchem die Bundesregierung ihren Sitz hat, die zuständige Behörde.

(3) Über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit, soweit dieses Gesetz von den für die Kriegsopferversorgung zuständigen Verwaltungsbehörden durchgeführt wird. Für das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit sind die Vorschriften des Sozialgerichtsgesetzes für Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung maßgebend. § 51 Abs. 1 Nr. 6 des Sozialgerichtsgesetzes bleibt unberührt. Über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten bei der Anwendung der §§ 9a bis 9c entscheiden die allgemeinen Verwaltungsgerichte.

(4) Der Nachweis darüber, daß die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 vorliegen und daß Ausschließungsgründe nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 weder gegeben noch gemäß § 2 Abs. 4 wirksam sind, ist durch eine Bescheinigung zu erbringen, soweit zugleich ein Anspruch nach den §§ 9a bis 9c besteht. Im übrigen wird das Vorliegen dieser Voraussetzungen nur auf Ersuchen einer anderen Behörde festgestellt, wenn hiervon die Gewährung einer Leistung, eines Rechtes oder einer Vergünstigung abhängt.

(5) Über die Anträge mehrerer Antragsteller, die Erben oder weitere Erben einer in § 1 Abs. 1 Nr. 1 bezeichneten Person sind, entscheidet die Behörde, bei welcher der erste Antrag gestellt worden ist.

(6) Hält die Behörde zur Feststellung des Gewahrsams oder von Ausschließungsgründen nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 und nach § 2 Abs. 4 die eidliche Vernehmung eines Zeugen oder eines Sachverständigen für geboten, so ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Zeuge oder Sachverständige seinen Wohnsitz oder Aufenthaltsort hat, um die eidliche Vernehmung zu ersuchen.

(7) Die Entscheidung über die Ausstellung einer Bescheinigung nach Absatz 4 ist für alle Behörden und Stellen verbindlich, die für die Gewährung von Rechten und Vergünstigungen nach diesem oder einem anderen Gesetz zuständig sind. Hält eine Behörde oder Stelle die Entscheidung über die Ausstellung der Bescheinigung nicht für gerechtfertigt, so kann sie nur ihre Änderung oder Aufhebung durch die für die Ausstellung der Bescheinigung zuständige Stelle beantragen. Die Ausstellungsbehörde entscheidet auch über Rücknahme und Widerruf und über die Ausstellung einer Zweitschrift einer Bescheinigung.

(8) Wird die Bescheinigung eingezogen oder für ungültig erklärt, so sind die Leistungen nach diesem Gesetz einzustellen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in einer Kammer oder in einem Senat zusammengefaßt werden. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in den Verfahren dieser Art nicht erhoben; dies gilt nicht für Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.