Verwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 17. Juni 2016 - 22 L 1913/16.A

ECLI:ECLI:DE:VGD:2016:0617.22L1913.16A.00
17.06.2016

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 83b Gerichtskosten, Gegenstandswert


Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 108


(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. (2) Das Urteil darf nur auf Tatsache

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 80 Ausschluss der Beschwerde


Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz können vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 34a Abschiebungsanordnung


(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 75 Aufschiebende Wirkung der Klage


(1) Die Klage gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz hat nur in den Fällen des § 38 Absatz 1 sowie des § 73b Absatz 7 Satz 1 aufschiebende Wirkung. Die Klage gegen Maßnahmen des Verwaltungszwangs (§ 73b Absatz 5) hat keine aufschiebende Wirkung.

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 30 Gegenstandswert in gerichtlichen Verfahren nach dem Asylgesetz


(1) In Klageverfahren nach dem Asylgesetz beträgt der Gegenstandswert 5 000 Euro, in den Fällen des § 77 Absatz 4 Satz 1 des Asylgesetzes 10 000 Euro, in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 2 500 Euro. Sind mehrere natürliche Personen an demselb

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Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gründe I. Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die im Bescheid vom 1. S

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Die Klage gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz hat nur in den Fällen des § 38 Absatz 1 sowie des § 73b Absatz 7 Satz 1 aufschiebende Wirkung. Die Klage gegen Maßnahmen des Verwaltungszwangs (§ 73b Absatz 5) hat keine aufschiebende Wirkung.

(2) Die Klage gegen Entscheidungen des Bundesamtes, mit denen die Anerkennung als Asylberechtigter oder die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft widerrufen oder zurückgenommen worden ist, hat in folgenden Fällen keine aufschiebende Wirkung:

1.
bei Widerruf oder Rücknahme wegen des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Absatz 2,
2.
bei Widerruf oder Rücknahme, weil das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.
Dies gilt entsprechend bei Klagen gegen den Widerruf oder die Rücknahme der Gewährung subsidiären Schutzes wegen Vorliegens der Voraussetzungen des § 4 Absatz 2. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung bleibt unberührt.

(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.

(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.

Gründe

I.

1

Der Kläger, ein malischer Staatsangehöriger, reiste im Mai 2009 über den Seeweg nach Italien ein und stellte dort einen Asylantrag. Im Juli 2009 stellte er in der Schweiz einen weiteren Asylantrag und entzog sich der Überstellung nach Italien. Auf seinen am 1. Oktober 2010 in Österreich gestellten Asylantrag überstellten ihn die österreichischen Behörden im Juli 2011 nach Italien. Im November 2011 wurde der Kläger in Deutschland aufgegriffen und stellte erneut einen Asylantrag. Dem Übernahmeersuchen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) stimmten die italienischen Behörden im Februar 2012 zu. Daraufhin entschied das Bundesamt mit Bescheid vom 7. Mai 2012, dass der Asylantrag unzulässig sei und ordnete die Abschiebung des Klägers nach Italien an. Das Verwaltungsgericht hat seiner dagegen gerichteten Klage stattgegeben, das Oberverwaltungsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Es hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der Beschwerde.

II.

2

Die Beschwerde, mit der der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sowie einen Gehörsverstoß des Berufungsgerichts (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 108 Abs. 2 VwGO) rügt, hat keinen Erfolg.

3

1. Die Beschwerde wirft als grundsätzlich bedeutsam die Frage auf,

"welchen rechtlichen Anforderungen der Begriff der 'systemischen Mängel' unterliegt, insbesondere welcher Wahrscheinlichkeits- und Beweismaßstab für die Annahme erforderlich ist, dass für einen Asylbewerber eine tatsächliche Gefahr besteht, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausgesetzt zu werden."

4

Diese Frage rechtfertigt mangels Klärungsbedürftigkeit nicht die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Denn sie lässt sich, soweit sie nicht bereits in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union geklärt ist, auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung und des nationalen Prozessrechts ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantworten.

5

Gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 2 der im vorliegenden Verfahren (noch) maßgeblichen Verordnung Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (ABl EU Nr. L 50 S. 1) - Dublin-II-Verordnung - wird ein Asylantrag von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird. Wie sich aus ihren Erwägungsgründen 3 und 4 ergibt, besteht einer der Hauptzwecke der Dublin-II-Verordnung in der Schaffung einer klaren und praktikablen Formel für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft und eine zügige Bearbeitung der Asylanträge zu gewährleisten. Das Gemeinsame Europäische Asylsystem gründet sich auf das Prinzip gegenseitigen Vertrauens, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte sowie die Rechte beachten, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der EMRK finden (EuGH - Große Kammer, Urteil vom 21. Dezember 2011 - Rs. C-411/10 und Rs. C-493/10, N.S. u.a. - Slg. 2011, I-13905 Rn. 78 f. = NVwZ 2012, 417). Daraus hat der Gerichtshof die Vermutung abgeleitet, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta (GR-Charta) sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK steht (EuGH a.a.O. Rn. 80).

6

Dabei hat der Gerichtshof nicht verkannt, dass dieses System in der Praxis auf größere Funktionsstörungen in einem bestimmten Mitgliedstaat stoßen kann, so dass die ernstzunehmende Gefahr besteht, dass Asylbewerber bei einer Überstellung an den nach Unionsrecht zuständigen Mitgliedstaat auf unmenschliche oder erniedrigende Weise behandelt werden. Deshalb geht er davon aus, dass die Vermutung, die Rechte der Asylbewerber aus der Grundrechte-Charta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention würden in jedem Mitgliedstaat beachtet, widerlegt werden kann (EuGH a.a.O. Rn. 104). Eine Widerlegung der Vermutung hat er aber wegen der gewichtigen Zwecke des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems an hohe Hürden geknüpft: Nicht jede drohende Grundrechtsverletzung oder geringste Verstöße gegen die Richtlinien 2003/9, 2004/83 oder 2005/85 genügen, um die Überstellung eines Asylbewerbers an den normalerweise zuständigen Mitgliedstaat zu vereiteln (EuGH a.a.O. Rn. 81 ff.). Ist hingegen ernsthaft zu befürchten, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 GR-Charta zur Folge haben, ist eine Überstellung mit dieser Bestimmung unvereinbar (EuGH a.a.O. Rn. 86 und 94).

7

Der Gerichtshof hat seine Überlegungen dahingehend zusammengefasst, dass es den Mitgliedstaaten einschließlich der nationalen Gerichte obliegt, einen Asylbewerber nicht an den "zuständigen Mitgliedstaat" im Sinne der Dublin-II-Verordnung zu überstellen, wenn ihnen nicht unbekannt sein kann, dass die systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 GR-Charta ausgesetzt zu werden (EuGH a.a.O. Rn. 106 und LS 2; ebenso Urteil der Großen Kammer vom 14. November 2013 - Rs. C-4/11, Puid - NVwZ 2014, 129 Rn. 30). Schließlich hat er für den Fall, dass der zuständige Mitgliedstaat der Aufnahme zustimmt, entschieden, dass der Asylbewerber mit dem in Art. 19 Abs. 2 der Dublin-II-Verordnung vorgesehenen Rechtsbehelf gegen die Überstellung der Heranziehung des in Art. 10 Abs. 1 der Verordnung niedergelegten Zuständigkeitskriteriums nur mit dem o.g. Einwand systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber entgegentreten kann (EuGH - Große Kammer, Urteil vom 10. Dezember 2013 - Rs. C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208 Rn. 60). Diese Rechtsprechung des Gerichtshofs liegt auch Art. 3 Abs. 2 der Neufassung der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 (ABl EU L Nr. 180 S. 31) - Dublin-III-Verordnung - zugrunde.

8

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat derartige systemische Mängel für das Asylverfahren wie für die Aufnahmebedingungen der Asylbewerber in Griechenland in Fällen der Überstellung von Asylbewerbern im Rahmen des Dublin-Systems der Sache nach bejaht (EGMR - Große Kammer, Urteil vom 21. Januar 2011 - Nr. 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland - NVwZ 2011, 413) und in Folgeentscheidungen insoweit ausdrücklich auf das Kriterium des systemischen Versagens ("systemic failure") abgestellt (EGMR, Entscheidungen vom 2. April 2013 - Nr. 27725/10, Mohammed Hussein u.a./Niederlande und Italien - ZAR 2013, 336 Rn. 78; vom 4. Juni 2013 - Nr. 6198/12, Daytbegova u.a./Österreich - Rn. 66; vom 18. Juni 2013 - Nr. 53852/11, Halimi/Österreich und Italien - ZAR 2013, 338 Rn. 68; vom 27. August 2013 - Nr. 40524/10, Mohammed Hassan/Niederlande und Italien - Rn. 176 und vom 10. September 2013 - Nr. 2314/10, Hussein Diirshi/Niederlande und Italien - Rn. 138).

9

Für das in Deutschland - im Unterschied zu anderen Rechtssystemen - durch den Untersuchungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) geprägte verwaltungsgerichtliche Verfahren hat das Kriterium der systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union Bedeutung für die Gefahrenprognose im Rahmen des Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK. Der Tatrichter muss sich zur Widerlegung der auf dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens unter den Mitgliedstaaten gründenden Vermutung, die Behandlung der Asylbewerber stehe in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK, die Überzeugungsgewissheit (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verschaffen, dass der Asylbewerber wegen systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit (vgl. Urteil vom 27. April 2010 - BVerwG 10 C 5.09 - BVerwGE 136, 377 Rn. 22 m.w.N. = Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 39) einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wird. Die Fokussierung der Prognose auf systemische Mängel ist dabei, wie sich aus den Erwägungen des Gerichtshofs zur Erkennbarkeit der Mängel für andere Mitgliedstaaten ergibt (EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - Rs. C-411/10 und Rs. C-493/10 - a.a.O. Rn. 88 bis 94), Ausdruck der Vorhersehbarkeit solcher Defizite, weil sie im Rechtssystem des zuständigen Mitgliedstaates angelegt sind oder dessen Vollzugspraxis strukturell prägen. Solche Mängel treffen den Einzelnen in dem zuständigen Mitgliedstaat nicht unvorhersehbar oder schicksalhaft, sondern lassen sich aus Sicht der deutschen Behörden und Gerichte wegen ihrer systemimmanenten Regelhaftigkeit verlässlich prognostizieren. Die Widerlegung der o.g. Vermutung aufgrund systemischer Mängel setzt deshalb voraus, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedstaat aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht. Dann scheidet eine Überstellung an den nach der Dublin-II-Verordnung zuständigen Mitgliedstaat aus. Diesen Maßstab hat das Berufungsgericht der angefochtenen Entscheidung erkennbar zugrunde gelegt.

10

2. Mit der Gehörsrüge macht die Beschwerde geltend, das Berufungsgericht habe zusammen mit seiner Ankündigung vom 8. Oktober 2013, dass erwogen werde, ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss gemäß § 130a VwGO zu entscheiden, darauf hingewiesen, dass der 3. Senat des Gerichts in vergleichbaren Fällen ebenso entschieden habe. Trotz entsprechender Aufforderung habe das Berufungsgericht die damals noch nicht abgesetzten Entscheidungen des anderen Senats nicht zugänglich gemacht und auch die Frist zur Stellungnahme nicht verlängert. Die Gehörsrüge greift nicht durch.

11

Aus Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO ergibt sich, dass eine gerichtliche Entscheidung nur auf solche Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden darf, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten. Die Verwertung tatsächlicher Feststellungen aus anderen Verfahren für den zur Entscheidung anstehenden Rechtsstreit unterliegt - nicht anders als andere tatsächliche Feststellungen - dem Gebot des rechtlichen Gehörs (Urteil vom 8. Februar 1983 - BVerwG 9 C 847.82 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 132 = InfAuslR 1983, 184). Dagegen verstößt ein Gericht, wenn es anstelle einer eigenen Beweiserhebung auf Entscheidungen mit umfangreichen tatsächlichen Feststellungen verweist, ohne die Entscheidungen den Beteiligten so zugänglich zu machen, dass sie sich dazu hätten äußern können. Zieht ein Gericht aber andere Entscheidungen nur als bestätigenden Beleg dafür heran, dass andere Gerichte die Lage (einer bestimmten Gruppe) in einem Land tatrichterlich in ähnlicher Weise gewürdigt und deshalb rechtlich die gleichen Schlussfolgerungen gezogen haben, unterliegen solche Bezugnahmen nicht den besonderen Anforderungen des § 108 Abs. 2 VwGO (Urteil vom 22. März 1983 - BVerwG 9 C 860.82 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 133; Beschluss vom 12. Juli 1985 - BVerwG 9 CB 104.84 - Buchholz 310 § 103 VwGO Nr. 8 = NJW 1986, 3154).

12

An diesem Maßstab gemessen erweist sich die Gehörsrüge als unbegründet. Das Berufungsgericht hat in der angefochtenen Entscheidung die Lage der Asylbewerber in Italien unter Auswertung verschiedener Quellen selbstständig tatrichterlich gewürdigt. Es hat die in dem Schreiben vom 8. Oktober 2013 genannten Entscheidungen des 3. Senats des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt ausweislich der Entscheidungsgründe nicht verwertet. Daher ist nicht ersichtlich, wie die angefochtene Entscheidung durch die - sicherlich prozessual ungeschickte - Vorgehensweise des Berufungsgerichts das rechtliche Gehör des Klägers hätte verletzen können. Denn die Auskunftsquellen als Grundlagen der tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts waren dem Kläger mit dem gerichtlichen Schreiben vom 8. Oktober 2013 bekannt gegeben worden, so dass er sich dazu äußern konnte.

13

Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 30. Juni 2014 - A 7 K 880/14 - geändert, soweit es der Klage stattgegeben hat.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger ist nach seinen Angaben 1984 geboren und ein kurdischer Volkszugehöriger aus Syrien, der bis zu seiner Ausreise in Kamischli gelebt hat und staatenlos ist.
Er stellte am 20.11.2013 bei der Landesaufnahmestelle für Flüchtlinge in Karlsruhe einen Asylantrag und gab an, er sei am 08.11.2013 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist.
Bei seiner Anhörung beim Bundesamt erklärte der Kläger, er sei über die Türkei zunächst nach Bulgarien eingereist. Dort sei er gleich festgenommen und zweieinhalb Monate in drei verschiedenen Asylcamps untergebracht gewesen. Die Bedingungen seien schlecht gewesen, teilweise habe er nur dreißig Minuten am Tag in den Hof gedurft, habe lediglich ein halbes trockenes Brot und kalte Suppe zu essen bekommen. Das dritte Camp sei ein offenes Camp gewesen; dort habe er die Einrichtung verlassen können. Er sei dann nach Ungarn weitergereist, wo er für drei Tage inhaftiert worden sei. Er sei schließlich mit Hilfe eines Schleusers mit dem LKW nach Stuttgart befördert worden.
Am 20.12.2013 stellte das Bundesamt ein auf Art. 16 Abs. 1 lit. c) VO Dublin II gestütztes Wiederaufnahmegesuch an die bulgarischen Behörden. Der Kläger habe ausweislich eines Abgleichs der Fingerabdrücke in der EURODAC-Datenbank am 15.04.2013 in Bulgarien einen Asylantrag gestellt, so dass Bulgarien für das Asylgesuch des Klägers zuständig sei. Die bulgarischen Behörden stimmten der Rücküberstellung am 04.02.2014 im Hinblick auf Art. 16 Abs. 1 lit. c) VO Dublin II zu und teilten mit, dass der Kläger dort als irakischer Staatsangehöriger mit dem Namen ... registriert sei.
Mit Bescheid vom 07.02.2014 erklärte das Bundesamt den Asylantrag für unzulässig und ordnete die Abschiebung nach Bulgarien an. Das Bundesamt begründete seine Entscheidung damit, dass Anhaltspunkte für die Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß der Verordnung Nr. 343/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates (VO Dublin II) vorgelegen hätten. Auf das Übernahmeersuchen vom 20.12.2013 hätten die bulgarischen Behörden mit Schreiben vom 04.02.2014 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrags gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. c) VO Dublin II erklärt. Der Asylantrag des Klägers sei gemäß § 27a AsylVfG unzulässig, da Bulgarien aufgrund des dort bereits durchgeführten Asylverfahrens für die Behandlung des Asylantrages zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 3 Abs. 2 VO Dublin II auszuüben, seien nicht ersichtlich. Gründe für die Annahme von systemischen Mängeln im bulgarischen Asylverfahren lägen nicht vor. Die Anordnung der Abschiebung nach Bulgarien beruhe auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG.
Am 17.02.2014 erhob der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart und suchte zugleich um vorläufigen Rechtsschutz nach.
Mit Beschluss vom 04.03.2014 ordnete das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die im Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 07.02.2014 enthaltene Abschiebungsanordnung an (A 7 K 881/14).
Der Kläger trug - u.a. unter Bezugnahme auf den Bericht des UNHCR vom 02.01.2014 - vor, in Bulgarien würden die europarechtlichen Mindeststandards für die Durchführung eines Asylverfahrens nicht eingehalten und Asylbewerber seien einer menschenrechtswidrigen Behandlung ausgesetzt. Auch wenn der UNHCR in jüngeren Stellungnahmen langsame Verbesserungen im bulgarischen Asylverfahren attestiere und nicht mehr pauschal die Aussetzung von Abschiebungen nach Bulgarien fordere, könne daraus nicht gefolgert werden, beim Kläger bestünde nicht mehr die Gefahr einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung. Eine solche habe er in Bulgarien erlebt. Es liege auf der Hand, dass die im Positionspapier des UNHCR vom 02.01.2014 geschilderten gravierenden Mängel nicht innerhalb weniger Wochen behoben werden könnten. Die Beklagte sei verpflichtet, ihr Selbsteintrittsrecht auszuüben und über den Asylantrag des Klägers zu entscheiden.
Soweit die Klage ursprünglich auch darauf gerichtet war, die Beklagte zu verpflichten, ein Asylverfahren durchzuführen, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen und seine Flüchtlingseigenschaft festzustellen, hilfsweise subsidiären Schutz oder Abschiebungsverbote festzustellen, wurde sie zurückgenommen.
10 
Die Beklagte trat der Klage unter Berufung auf den angegriffenen Bescheid entgegen und verwies ergänzend u.a. auf den Bericht des UNHCR vom 15.04.2014. Hiernach leide das Asyl- und Aufnahmesystem in Bulgarien nicht an systemischen Mängeln, die einer Rücküberstellung des Klägers entgegenstünden.
11 
Durch Urteil vom 30.06.2014 stellte das Verwaltungsgericht das Verfahren zum Teil ein und hob den Bescheid der Beklagten vom 07.02.2014 auf.
12 
Zur Begründung führte es u.a. aus: Bulgarien sei für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig und gem. Art. 16 Abs. 1 lit. c) VO Dublin II zur Wiederaufnahme verpflichtet. Ein Asylbewerber dürfe aber dann nicht an den zuständigen Mitgliedstaat überstellt werden, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat aufgrund systemischer Mängel, d.h. regelhaft so defizitär seien, dass zu erwarten sei, dass dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh drohe. Das Gericht gehe im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) davon aus, dass das Aufnahme- und Asylsystem in Bulgarien weiterhin an systemischen Mängeln leide.
13 
Das Urteil wurde der Beklagten am 03.07.2014 zugestellt. Am 01.08.2014 hat die Beklagte die Zulassung der Berufung beantragt. Mit Beschluss vom 05.09.2014 (A 11 S 1532/14) hat der Senat die Berufung zugelassen, soweit das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben hatte.
14 
Am 18.09.2014 hat die Beklagte die Berufung unter Stellung eines Antrags, wie folgt, begründet: Systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Bulgarien lägen nicht vor, was auch von vielen Verwaltungsgerichten so gesehen werde. Auch das Bundesverwaltungsgericht der Schweiz teile die Auffassung, dass bei der Rückkehr von Antragstellern nach Bulgarien nicht davon auszugehen sei, dass dort eine unmenschliche Behandlung drohe. Zwar habe sich der UNHCR in seinem Bericht vom 02.01.2014 vor dem Hintergrund erheblich gestiegener Flüchtlingszahlen dafür ausgesprochen gehabt, zunächst von Überstellungen nach Bulgarien abzusehen. Dies rechtfertige jedoch nicht die Annahme systemischer Mängel im Sinne der Rechtsprechung des EuGH und des EGMR. Bulgarien unternehme gegenwärtig mit Hilfe des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen (EASO) und in Kooperation mit dem UNHCR und diversen Nichtregierungsorganisationen große Anstrengungen, um trotz des gestiegenen Flüchtlingszustroms die Anforderungen des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems zu gewährleisten. Laut dem EASO-Bericht über die Bestandsaufnahme der Maßnahmen im Asylbereich in Bulgarien vom 25.02.2014 seien im Rahmen des bis September 2014 andauernden EASO-Unterstützungsprogramms unter anderem Maßnahmen zur Verbesserung des Aufnahmesystems, der Herkunftsländerinformationen, der Ausbildung neuer Kräfte, der Versorgung schutzbedürftiger Personen und der Registrierung von Schutzsuchenden ergriffen worden. Diese Maßnahmen hätten bereits deutliche Verbesserungen im Asylwesen und in den Aufnahmebedingungen bewirkt. Aus diesem Grund gehe auch der UNHCR in seinem aktuellsten Bericht vom 15.04.2014 davon aus, dass Überstellungen nach Bulgarien nicht mehr grundsätzlich ausgesetzt werden müssten. Die rechtlichen Regelungen des Asyl- und Flüchtlingsrechts der Europäischen Union habe Bulgarien in den wesentlichen Grundzügen umgesetzt und sei bestrebt, die tatsächlichen Bedingungen an den Flüchtlingsstrom mit Hilfe der Europäischen Union anzupassen und zeitnah weiter zu verbessern. Seriöse Änderungen der zuvor beschriebenen Verhältnisse im Zugang und der Effektivität des Asylverfahrens ließen sich beobachten. Dabei werde die Situation im bulgarischen Asyl- und Aufnahmesystem und die Umsetzung der Maßnahmen des bis September 2014 andauernden EASO-Einsatzplanes fortlaufend beobachtet und bewertet. Von der bulgarischen Regierung werde eine „Nationale Strategie für Migration, Asyl und Integration 2011 bis 2020" auch mit finanzieller Unterstützung der Europäischen Union umgesetzt. Die bulgarische Regierung arbeite dabei aktiv mit internationalen Organisationen sowie mit Nichtregierungsorganisationen zusammen, um die Situation der Flüchtlinge zu verbessern. Nach dem UNHCR-Bericht vom 15.04.2014 habe die Aufnahmekapazität der sieben Aufnahmezentren Ende März 2014 4150 Plätze mit einer Belegungsrate von 82 % betragen. Nach derzeitigem Kenntnisstand gehe die bulgarische Flüchtlingsbehörde (SAR) davon aus, dass weitere Aufnahmekapazitäten geschaffen würden. Seit Dezember 2013 habe die SAR 160 zusätzliche Mitarbeiter eingestellt, von welchen die Mehrheit in der Verwaltung der Aufnahmeeinrichtungen, unter anderem in der Prävention von geschlechtsspezifischer Gewalt, sowie im Asylverfahren und in der Registrierung der Anträge geschult worden seien. Unter den neu eingestellten Mitarbeitern befänden sich auch Sozialarbeiter. Asylbewerber hätten Zugang zu medizinischer Grundversorgung und Dolmetschern. Die Räumlichkeiten seien beheizt, es stünden getrennte Einrichtungen für alleinstehende Frauen und Männer zur Verfügung. Auch könnten Schutzsuchende auf schriftliche Informationen bezüglich ihrer Rechte und Pflichten sowie bezüglich der Unterstützung durch Hilfsorganisationen zugreifen. Täglich würden zwei warme Mahlzeiten bereitgestellt. Eine monatliche Grundsicherung für Schutzsuchende von 33 Euro werde ausgezahlt. Ab April 2014 würden auch in Harmanli, Vrazdebhna und Voenna Rampa Gemeinschaftsküchen entstehen. Es fänden Renovierungsarbeiten in Vrazdebhna und Voenna Rampa statt, um die Unterbringung und die Sanitäranlagen zu verbessern. In seinem Bericht über die Bestandsaufnahme der Maßnahmen im Asylbereich in Bulgarien vom 25.02.2014 betone EASO, dass seit Oktober 2013 erhebliche Fortschritte gemacht worden seien. Die sofortige Ausstellung der grünen Registrierungskarten und die umfassende Bewegungsfreiheit innerhalb der offenen Zentren seien sichergestellt. EASO berichte des Weiteren, dass die Aufnahmeeinrichtungen größtenteils in annehmbarem Zustand seien und motivierte und engagierte Mitarbeiter hätten. Alle Einrichtungen böten medizinische Versorgung. Sie ermöglichten den Zugang zur Rechtsberatung durch ehrenamtliche Mitarbeiter des Bulgarischen Helsinki-Komitees. Auch wenn es punktuell Engpässe bei der Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen in Bulgarien geben möge, lasse sich nach alledem kein Systemversagen feststellen, das die Annahme rechtfertigen würde, dass Flüchtlingen in Bulgarien Menschenrechtsverletzungen drohten. Laut dem UNHCR-Bericht vom 15.04.2014 finde die Registrierung der Schutzsuchenden innerhalb von 24 Stunden nach Ankunft in den Aufnahmeeinrichtungen in Sofia, Banya, Harmanli und Pastrogor statt. Zum Zeitpunkt der Berichterstattung lägen bei der Registrierung von Schutzsuchenden nach Auskunft der staatlichen Flüchtlingsagentur keine Arbeitsrückstände vor. Auch im EASO-Bericht heiße es, dass die Registrierungskarten grundsätzlich einen Tag nach Ankunft des Schutzsuchenden in den Aufnahmezentren ausgestellt und die Anhörungstermine gleich bei der Registrierung festgelegt würden. Gegenseitige Unterstützung und regelmäßiger Informationsaustausch aller Akteure (Innenministerium, Oberste Leitung der Grenzpolizei, Migrationsdirektorat, Gesundheitsministerium, Bulgarisches Helsinki-Komitee und UNHCR) fänden statt. Rechtsberatung, Informationen durch Infoblätter bzw. gegebenenfalls auf andere Weise stünden normalerweise ab der ersten Antragstellung (z.B. an der Grenze) bis zum Abschluss des Registrierungsvorgangs zur Verfügung. Personen, deren Verfahren negativ beschieden oder eingestellt worden sei, hätten, sofern sie dies wünschten, Zugang zu einem neuen Verfahren, in dem die SAR eventuelle neue Erkenntnisse in einer Anhörung prüfe.
15 
Nach dem UNHCR-Bericht vom 15.04.2014 werde bei Schutzsuchenden mit noch nicht abgeschlossenem Verfahren in Bulgarien der Antrag bei Rückkehr nach Bulgarien in dem Verfahrensschritt weiter geprüft, in welchem er sich zuletzt befunden habe, sofern der Antragsteller dies wünsche. Sei das Verfahren unterbrochen und spreche der Antragsteller nicht innerhalb von drei Monaten bei der staatlichen Flüchtlingsagentur vor, so werde das Verfahren in seiner Abwesenheit beendet. Falls noch keine Anhörung stattgefunden habe, werde diese bei Rückkehr nachgeholt, da nach bulgarischem Recht grundsätzlich keine Entscheidung ohne Anhörung erfolgen könne. Das bulgarische Recht erlaube eine Inhaftierung von Personen aufgrund illegaler Einreise, unerlaubtem Aufenthalt oder wegen fehlender gültiger Ausweisdokumente. Unbegleitete Minderjährige würden nicht inhaftiert. In diesen geschlossenen Einrichtungen stünden regelmäßige Mahlzeiten, medizinische Versorgung und Freizeiteinrichtungen einschließlich TV sowie Freiluftaktivitäten zur Verfügung. Der UNHCR stelle mithilfe des Bulgarischen Helsinki Commitees in den Hafteinrichtungen einen regelmäßigen rechtlichen Beratungsdienst unter Beisein eines Dolmetschers zur Verfügung.
16 
Die grundsätzliche Verfügbarkeit medizinischer Versorgung sei zu bejahen. Nach dem Bericht „AIDA, Asylum Information Database National Country Report Bulgaria", werde jeder Antragsteller in Bulgarien von der zuständigen Stelle (staatliche Flüchtlingsagentur) krankenversichert und erhalte eine kostenlose medizinische Behandlung in gleichem Umfang wie ein bulgarischer Staatsbürger. UNHCR habe unter dem 15.04.2014 berichtet, dass in den Zentren Sofia, Banya und Pastrogor Ärzte und Krankenschwestern der staatlichen Flüchtlingsagentur arbeiteten. In Harmanli, Voenna Rampa und Vrazdebhna seien zudem „Ärzte ohne Grenzen“ tätig. Ab Mai 2014 solle diese Aufgabe jedoch von dem durch die staatliche Flüchtlingsagentur neu eingestellten medizinischen Personal übernommen werden. Der ärztliche Dienst werde in Kovachevtsi durch einen Arzt des dortigen Krankenhauses sichergestellt.
17 
Der Bericht „The AIDA Asylum Information Database National Country Report Bulgaria“ lasse keine Zweifel daran, dass die Schutzersuchen von den bulgarischen Behörden ordnungsgemäß geprüft und die Antragsteller dort nicht verfahrenswidrig in ihr Herkunftsland abgeschoben würden.
18 
Die Beklagte beantragt,
19 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 30. Juni 2014 - A 7 K 880/14 - zu ändern, soweit darin der Klage stattgegeben wurde, und die Klage abzuweisen.
20 
Der Kläger beantragt,
21 
die Berufung zurückzuweisen.
22 
Es sei zwar richtig, dass UNHCR in seiner letzten Stellungnahme gewisse Verbesserungen festgestellt habe und nicht mehr pauschal die Aussetzung von Abschiebungen nach Bulgarien fordere. Dieses lasse aber nicht den Schluss zu, dass in Bulgarien keine unmenschliche und erniedrigende Behandlung drohe. Auch nach der Stellungnahme von UNHCR seien zahlreiche gerichtliche Entscheidungen ergangen, die weiter von systemischen Mängeln ausgingen und weiterhin erhebliche Schwachstellen im bulgarischen Asylverfahren festgestellt hätten, insbesondere seien die Veränderungen nicht nachhaltig genug. Nach den vorliegenden Erkenntnissen bestehe berechtigter Anlass zur Sorge, dass gerade Asylbewerber mit besonderen Bedürfnissen in Bulgarien nicht die erforderliche medizinische Betreuung und therapeutische Unterstützung erhielten. Dieses betreffe aber gerade den traumatisierten Kläger.
23 
Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze verwiesen.
24 
Dem Senat lagen die Akten der Beklagten sowie die Gerichtsakten des Hauptsacheverfahrens wie auch des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes des Verwaltungsgerichts vor. Diese sowie die den Beteiligten und von diesen selbst benannten Erkenntnismittel waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

 
25 
Die zulässige, insbesondere unter Stellung eines Antrags rechtzeitig und formgerecht - zulässigerweise unter Bezugnahme auf den Zulassungsantrag - begründete Berufung der Beklagten hat Erfolg.
26 
Die zu Recht auf § 31 Abs. 6 und § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG (jeweils i.V.m. § 27a AsylVfG) gestützte Verfügung der Beklagten, mit der der Asylantrag als unzulässig qualifiziert und die Abschiebung des Klägers nach Bulgarien angeordnet wurde, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger kann nicht beanspruchen, dass sein Asylantrag durch die Bundesrepublik Deutschland geprüft wird.
27 
1. Die Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass Bulgarien der für die Durchführung des Asylverfahrens zuständige Mitgliedstaat und verpflichtet ist, den Kläger wieder aufzunehmen.
28 
Die Zuständigkeit Bulgariens folgt hier schon aufgrund der eigenen Angaben des Klägers aus Art. 10 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 343/2003 vom 18.02.2003 (VO Dublin II), die hier gem. Art. 49 Abs. 2 Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26.06.2013 (VO Dublin III) noch anzuwenden ist. Im Übrigen folgt die Zuständigkeit auch aus der zunächst fingierten und später von Bulgarien ausdrücklich erteilten Zustimmung (vgl. auch Art. 20 Abs. 1 lit. c) VO Dublin II). Dass mittlerweile das Asylverfahren möglicherweise abgeschlossen wurde, ist im Übrigen unbeachtlich (vgl. Art. 16 Abs. 1 lit. e) VO Dublin II; vgl. zur Situation abgelehnter Antragsteller unten Ziffer 2 b). Für das Überstellungsverfahren ist nach der Übergangsregelung des Art. 49 Abs. 2 VO Dublin III ebenfalls das alte Recht anzuwenden, da das Übernahmeersuchen bereits am 20.12.2013 an Bulgarien gerichtet worden war, weshalb auch gem. Art. 20 VO Dublin II keine Frist für die Stellung des Wiederaufnahmeersuchens einzuhalten war (vgl. demgegenüber Art. 23 Abs. 2 VO Dublin III).
29 
2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Prüfung, ob ein anderer Mitglied- oder Vertragsstaat zuständig ist oder gar auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts im Sinne von Art. 3 Abs. 2 VO Dublin II durch die Bundesrepublik Deutschland.
30 
a) Ausgehend von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - NVwZ 2012, 417), die der Unionsgesetzgeber nunmehr in Art. 3 Abs. 2 UA 2 VO Dublin III umgesetzt hat, ist ein Mitglied- oder Vertragsstaat unter bestimmten Umständen dazu verpflichtet, von der Rückführung in den an sich zuständigen Mitgliedstaat abzusehen. Das ihm insofern eingeräumte Ermessen ist nämlich Teil des Verfahrens zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats und stellt ein Element des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems dar. Bei der Ermessensausübung führt der Mitgliedstaat daher Unionsrecht im Sinne von Art. 51 Abs. 1 GRCh aus. Das Gemeinsame Europäische Asylsystem stützt sich auf die uneingeschränkte und umfassende Anwendung der Europäischen Grundrechtecharta, aber auch der Genfer Flüchtlingskonvention (vgl. Art. 18 GRCh und Art. 78 AEUV). Die Mitgliedstaaten müssen bei ihrer Entscheidung, ob sie von dem Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen, diese Grundsätze beachten (EuGH, Urteil vom 21.12.2011 - a.a.O.).
31 
Dabei kann jeder Mitgliedstaat grundsätzlich davon ausgehen, dass alle an dem Gemeinsamen Europäischen Asylsystem beteiligten Staaten die Grundrechte einschließlich der Rechte, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten finden, beachten und dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen. Auf dieser Grundlage besteht zunächst eine widerlegbare Vermutung dafür, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat den Anforderungen der Charta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten genügt. Andererseits ist es möglich, dass in diesem System in der Rechtsanwendungspraxis in einem bestimmten Mitgliedstaat erhebliche Funktionsstörungen zutage treten und dieses zur absehbaren Folge hat, dass eine ernstzunehmende Gefahr besteht, dass Asylbewerber bei einer Überstellung in diesen Mitgliedstaat in einer Weise behandelt werden, die mit ihren Menschenrechten unvereinbar ist.
32 
Allerdings stellt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht jeder vereinzelte Verstoß gegen eine Bestimmung der VO Dublin II bzw. der VO Dublin III und auch nicht einmal jede Verletzung eines Grundrechts wie auch von Art. 4 GRCh durch den zuständigen Mitgliedstaat das Zuständigkeitssystem grundsätzlich infrage. Nach der Sichtweise des Europäischen Gerichtshofs stünde andernfalls nicht weniger als der Daseinsgrund der Union und die Verwirklichung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, konkret des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, auf dem Spiel (EuGH, Urteil vom 21.12.2011, a.a.O., Rn. 83). Das Zuständigkeitssystem ist hier deshalb nur dann (teilweise) zu suspendieren, wenn einem Mitgliedstaat aufgrund der ihm vorliegenden Informationen nicht unbekannt sein kann, dass systemische Mängel oder Schwachstellen (vgl. zum Begriff jetzt Art. 3 Abs. 2 UA 2 VO Dublin III) des Asylverfahrens und (bzw. genauer: oder) der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller dort Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh ausgesetzt zu sein (vgl. EuGH, Urteile vom 21.12.2011, a.a.O., Rn. 78 ff. und vom 14.11.2013 - C-4/11, Puid - NVwZ 2014, 129, Rn. 30).
33 
Systemische Schwachstellen sind solche, die entweder bereits im Asyl- und Aufnahmeregime selbst angelegt sind und von denen alle Asylbewerber oder bestimmte Gruppen von Asylbewerbern deshalb nicht zufällig und im Einzelfall, sondern vorhersehbar und regelhaft betroffen sind, oder aber tatsächliche Umstände, die dazu führen, dass ein theoretisch sachgerecht konzipiertes und nicht zu beanstandendes Asyl- und Aufnahmesystem - aus welchen Gründen auch immer - faktisch ganz oder in weiten Teilen seine ihm zugedachte Funktion nicht mehr erfüllen kann und weitgehend unwirksam wird (vgl. auch BVerwG, Beschlüsse vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - NVwZ 2014, 1039, und vom 06.06.2014 - 10 B 35.14 - InfAuslR 2014, 352, mit dem ausdrücklichen Hinweis, die Betroffenen könnten gegenüber einer Überstellungsentscheidung mit Blick auf das Asyl- und Aufnahmesystem nur systemische Schwachstellen und nicht auch vorhersehbare schwere Rechtsverletzungen im Einzelfall einwenden). Dabei ist der Begriff der systemischen Schwachstelle nicht in einer engen Weise derart zu verstehen, dass er geeignet sein muss, sich auf eine unüberschaubare Vielzahl von Antragstellern auszuwirken. Vielmehr kann ein systemischer Mangel auch dann vorliegen, wenn er von vornherein lediglich eine geringe Zahl von Asylbewerbern betreffen kann, sofern er sich nur vorhersehbar und regelhaft realisieren wird und nicht gewissermaßen dem Zufall oder einer Verkettung unglücklicher Umstände bzw. Fehlleistungen von in das Verfahren involvierten Akteuren geschuldet ist (vgl. hierzu Lübbe, ZAR 2014, 97 ff.).
34 
Wesentliche Kriterien für die zu entscheidende Frage, ob eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung vorliegt, finden sich in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 3 EMRK, der mit Art. 4 GRCh übereinstimmt. In seinem Urteil vom 21.01.2011 (M.S.S./Belgien und Griechenland - 30696/09 - NVwZ 2011, 413), das der Europäische Gerichtshof ausdrücklich in seinem Urteil vom 21.12.2011 zustimmend erwähnt und in seine Überlegungen einbezieht, hat der Gerichtshof für Menschenrechte eine Überstellung nach Griechenland als nicht mit Art. 3 EMRK vereinbar angesehen, da die systematische Unterbringung von Asylbewerbern in Haftzentren ohne Angabe von Gründen eine weit verbreitete Praxis der griechischen Behörden sei. Es gebe auch zahlreiche übereinstimmende Zeugenaussagen zu überfüllten Zellen, Schlägen durch Polizisten und unhygienischen Bedingungen in dem Haftzentrum neben dem internationalen Flughafen von Athen. Hinzu komme, dass der Beschwerdeführer monatelang und ohne Perspektive in extremer Armut gelebt habe und außer Stande gewesen sei, für seine Grundbedürfnisse - Nahrung, Hygieneartikel und eine Unterkunft - aufzukommen. Er sei über Abhilfemöglichkeiten nicht angemessen informiert worden und habe in der ständigen Angst gelebt, angegriffen beziehungsweise überfallen zu werden.
35 
Art. 3 EMRK kann aber nicht in dem Sinne verstanden werden, dass er (aus sich heraus) die Vertragsparteien verpflichtet, jedermann in ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet mit einer Wohnung zu versorgen. Auch begründet Art. 3 EMRK keine allgemeine Verpflichtung, Flüchtlingen finanzielle Unterstützung zu gewähren oder ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen (vgl. EGMR, Urteil vom 21.01.2011 - a.a.O., Rn. 249, m.w.N). Eine geringe Anerkennungsquote, eine mögliche Festnahme im Falle der illegalen Einreise wie auch eine Unterschreitung der verfahrensrechtlichen Schutzstandards des Art. 13 EMRK reichen für sich genommen noch nicht aus, um einen relevanten Menschenrechtsverstoß anzunehmen, der zur Suspendierung des Dublin-Systems führen muss. Etwas anderes gilt aber nach der genannten Entscheidung des EGMR, wenn der jeweilige Staat aufgrund bindender rechtlicher Vorgaben die Pflicht zur Versorgung mittelloser Asylsuchender mit einer Unterkunft und einer materiellen Grundausstattung hat, wie hier nach der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (ABl. L 180, 96 - ARL n.F.), welche die zuvor geltende Richtlinie 2003/9/EG des Rates vom 27.01.2003 (ABl. L 31, 18 - ARL a.F.) ersetzt hat. Die genannten Richtlinien haben Minimalstandards für die Aufnahme von Asylsuchenden für die Mitgliedstaaten festgelegt. Sie geben für alle Mitgliedstaaten verbindlich vor, was deren Asylsystem zu leisten im Stande sein muss. Diese unionsrechtlichen normativen Vorgaben überlagern darüber hinaus gewissermaßen die allgemeinen - eher niedrigen - völkervertraglichen Schutzstandards des Art. 3 EMRK und konkretisieren nach dem Verständnis des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte diese näher mit der Folge, dass die konkreten Anforderungen an die immer kumulativ festzustellende Schwere der Schlechtbehandlung niedriger anzusetzen sind, aber gleichwohl die typischerweise für die Mehrheit der einheimischen Bevölkerung geltenden Standards nicht völlig aus den Augen verlieren dürfen. Dabei muss jedoch zur Klarstellung darauf hingewiesen werden, dass nicht etwa die Nichterfüllung eines einzelnen Standards der Aufnahmerichtlinie ohne weiteres eine systemische Schwachstelle ausmachen muss, noch viel weniger, dass damit auch eine relevante Schlechtbehandlung verbunden ist.
36 
Wenn der Europäische Gerichtshof im Urteil vom 21.12.2011 (a.a.O.) als Voraussetzung für eine unzulässige Überstellung an einen anderen an sich zuständigen Mitgliedstaat wegen sog. systemischer Schwachstellen des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen fordert, dass die Annahme einer drohenden Verletzung des Grundrechts aus Art. 4 GRCh durch ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe gestützt wird, so setzt dies voraus, dass die festgestellten Tatsachen hinreichend verlässlich und aussagekräftig sind; nur unter dieser Voraussetzung ist es nach der maßgeblichen Sicht des Europäischen Gerichtshofs gerechtfertigt, von einer Widerlegung des „gegenseitigen Vertrauens“ der Mitgliedstaaten untereinander auszugehen. In diesem Zusammenhang müssen die festgestellten Tatsachen und Missstände verallgemeinerungsfähig sein, um die Schlussfolgerung zu rechtfertigen, dass es nicht nur vereinzelt, sondern immer wieder und regelhaft zu Grundrechtsverletzungen nach Art. 4 GRCh kommt. Das bei einer wertenden und qualifizierten Betrachtungsweise zugrunde zu legende Beweismaß ist das der beachtlichen Wahrscheinlichkeit im herkömmlichen Verständnis der höchstrichterlichen Rechtsprechung, das sich nicht von dem in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte entwickelten Beweismaß des „real risk“ unterscheidet (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2013 - 10 C 23.12 - NVwZ 2013, 936, Rn. 32; Beschluss vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - juris, Rn. 9).
37 
Bei diesem (weiten) Verständnis der systemischen Schwachstellen und bei dieser Ausgangslage bleibt jedenfalls praktisch kein Raum für die Prüfung sonstiger „zielstaatsbezogener“ Gründe. Denn dann kann etwa die mangelnde Behandelbarkeit einer bestimmten Krankheit, soweit dieses systembedingt ist, jeweils eingewandt werden, wenn die Folgen für die Betreffenden den relevanten Grad einer Schlechtbehandlung erreichen würden. Es ist allerdings auch denkbar, dass - eine systemische Schwachstelle unterstellt - einer Schlechtbehandlung im konkreten Einzelfall dadurch vorgebeugt werden kann, dass die Bundesrepublik Deutschland die Überstellung im Zusammenwirken mit dem anderen Mitgliedstaat so organisiert, dass eine solche nicht eintreten kann (vgl. in diesem Zusammenhang ausdrücklich in diesem Sinne EGMR, Urteil vom 04.11.2014 - 29217/12; BVerfG, Kammerbeschluss vom 17.09.2014 - 2 BvR 939/14 und 2 BvR 1795/14 - jeweils juris).
38 
Daraus, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in seinem Urteil vom 21.01.2011 (a.a.O., Rn. 263 f.) verschiedentlich auf die besondere Situation des Beschwerdeführers in Griechenland abgestellt und diese besonders erwähnt hat, kann nicht geschlossen werden, dass in den Fällen, in denen die Betroffenen sich im fraglichen Mitgliedstaat schon einmal aufgehalten und dabei eine relevante Schlechtbehandlung erfahren hatten, bei der Feststellung systemischer Schwachstellen des Asylsystems im Falle eines Verweises auf dieses Land geringere Anforderungen an die Zumutbarkeit zu stellen und eine niedrigere Beachtlichkeitsschwelle zugrunde zu legen sind. Die Ausführungen haben lediglich die Funktion, die allgemein gewonnenen Erkenntnisse zusätzlich plausibel zu machen und gewissermaßen zu verifizieren (anders möglicherweise BVerwG, Beschlüsse vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - a.a.O. und vom 06.06.2014 - 10 B 35.14 - a.a.O., ohne dass es im vorliegenden Fall darauf ankäme).
39 
Hinzu kommen muss aber immer, dass der konkrete Schutzsuchende auch individuell betroffen wäre. Es genügt nicht, dass lediglich abstrakt bestimmte strukturelle Schwachstellen festgestellt werden, wenn sich diese nicht auf den konkreten Antragsteller auswirken können.
40 
Eine nicht systembedingte Schlechtbehandlung im Zielstaat wird man bei einem Mitglied- oder Vertragsstaat zwar nicht von Rechts wegen (so etwa auch UK Supreme Court vom 19.02.2014 [2014] UKSC 12; unklar BVerwG, Beschlüsse vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - und vom 06.06.2014 - 10 B 35.14 -, jeweils a.a.O.), jedoch praktisch ausschließen können (vgl. zu den hohen Anforderungen an die Feststellung der Voraussetzungen des Art. 3 EMRK bei einer Erkrankung, die im Zielstaat nicht adäquat behandelt werden kann, bzw. in Bezug auf die allgemeinen Verhältnisse im Zielstaat VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.08.2013 - A 11 S 688/13 - juris, m.w.N.; anders jedoch, wenn die Verhältnisse Folge etwa eines innerstaatlichen Konflikts sind EGMR, Urteil vom 28.06.2011 - 8319/07 u.a., Sufi und Elmi - NVwZ 2012, 681).
41 
Außerhalb des Systems liegen auch alle Gründe, die nicht in den Verhältnissen des aufnehmenden Mitgliedstaats zu verorten sind, namentlich die Fallgestaltungen von Transport- und Reiseunfähigkeit (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 15.10.2004 - 11 S 2297/04 - juris und vom 06.02.2008 - 11 S 2439/07 - InfAuslR 2008, 213). Diese unmittelbar der Person der internationalen Schutz Suchenden zuzuordnenden Gründe, sind grundsätzlich nicht geeignet, das europäische Asylsystem infrage zu stellen, weshalb hier auch kein Anlass besteht, einen besonderen Maßstab zu entwickeln. Da insoweit Unionsrecht vollzogen wird (vgl. hierzu und zu Art. 51 Abs. 1 GRCh EuGH, Urteil vom 26.02.2013 - C-617/10, Fransson - NVwZ 2013, 561), ist die Überstellung bzw. die Überstellungsentscheidung am Maßstab des Art. 2 Abs. 1 GRCh (Recht auf Leben) und des Art. 3 Abs. 1 GRCh (Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit) zu überprüfen. Nach dem nationalen Recht ist deren Beachtung Rechtsvoraussetzung für den Erlass der Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 AsylVfG (vgl. Senatsbeschluss vom 31.05.2011 - A 11 S 1535/11 - InfAuslR 2011, 310; BayVGH, Beschluss vom 12.03.2014 - 10 CE 14.427 - juris; GK-AsylVfG § 34a Rn. 21 f. m.w.N.).
42 
b) Dieses zugrunde gelegt ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass nach den verwerteten Erkenntnismitteln keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das Asylverfahren in Bulgarien nunmehr an systemischen Schwachstellen leidet, die gerade den Kläger der konkreten Gefahr aussetzen würden, im Falle einer Rücküberstellung nach Bulgarien eine menschenunwürdige Behandlung erfahren zu müssen.
43 
Aus den Erkenntnismitteln wird hinreichend deutlich, dass in Bulgarien ein ausreichend ausdifferenziertes Verfahren zur Aufnahme von Flüchtlingen und zur Durchführung eines effektiven Prüfungs- und Anerkennungsverfahrens installiert ist, das - von einzelnen Unzulänglichkeiten, die allerdings allenfalls abgrenzbare Personengruppen betreffen können, abgesehen (vgl. hierzu im Folgenden) - den auch unionsrechtlich zu stellenden Anforderungen noch genügt und eine ordnungsgemäße Behandlung der Flüchtlinge ermöglicht (siehe die Darstellung im Urteil des österreichischen BVwG vom 03.10.2014 - W212 2009059-1 -, S. 3 ff.; vgl. ausführlich auch den von der Beklagten zum Gegenstand ihres Vortrags gemachten Bericht „Aida, Asylum Information Database - National Country Report Bulgaria“, April 2014, S. 14 - im Folgenden aida).
44 
Der Senat geht zunächst davon aus, dass, bedingt durch die im Laufe des Jahres 2013 erheblich angestiegene Zahl von Antragstellern (vgl. Eurostat, Asylum and new asylum applicants by citizenship, age and sex Monthly Data, Last update 22.10.2014; Email UNHCR Berlin an den Senat vom 06.11.2014; UNHCR, Bulgaria As a Country of Asylum, 02.01.2014, S. 4 - im Folgenden UNHCR I), die u.a. wegen des bereits lange dauernden internen Konflikts in Syrien vermehrt über die türkisch-bulgarische Grenze gekommen waren, das bulgarische Asylsystem, das trotz entsprechender Warnungen völlig unvorbereitet war, total überfordert, wenn nicht gar kollabiert war. Dies hatte erhebliche negative Auswirkungen auf alle Phasen und Aspekte des Asylsystems. So war schon ein effektiver Zugang zum Asylverfahren, insbesondere aus einer bestehenden Abschiebehaft, nicht mehr gewährleistet (vgl. UNHCR I, S. 7; aida, S. 16 f.). Folge hiervon war nicht nur, dass eine bestehende Haft nach Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz in unverhältnismäßiger und unzulässiger Weise (bis zu 45 oder gar 60 Tagen) fortdauern konnte, wie dies möglicherweise auch beim Kläger der Fall war, sondern auch, dass der mit der Registrierung als Antragsteller verbundene Zugang zu Unterkunft, Verpflegung, medizinischer Versorgung etc. nicht oder jedenfalls nicht in zumutbarer Zeit erreichbar war. Die Unterbringung in den „Reception Centres“ bzw. „Registration and Reception Centres“ wurde übereinstimmend fast ausnahmslos als weit unter den Standards des unionsrechtlich in den Aufnahmerichtlinien festgelegten Minimums qualifiziert und als menschenunwürdig beschrieben (vgl. aida, S. 41 ff.; Human Rights Watch, Containment Plan - Bulgaria’s Pushbacks and Detention of Syrian and Other Asylum Seekers and Migrants, April 2014, S. 46 ff. - im Folgenden HRW I; UNHCR I, S. 9 f.). Die einzige Ausnahme bildete das Kovachevtsi Centre. Verschärft wurde die Situation noch durch den Umstand, dass anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte, die eigentlich verpflichtet waren, innerhalb kurzer Zeit (wohl 14 Tagen) die Zentren zu verlassen, weiter dort verbleiben mussten und letztlich durften, weil sie andernfalls - unfähig, selbstverantwortlich eine Unterkunft zu finden und zu bezahlen - obdachlos geworden wären (bordermonitoring u.a., Trapped in Europe’s Quagmire: The Situation of Asylum Seekers and Refugees in Bulgaria, 2014, S. 19 f. - im Folgenden bordermonitoring I). Auch wurde immer wieder von körperlichen Übergriffen auf den Polizeistationen und in den Zentren berichtet (HRW I, S. 31 ff.), u.a. auch eine Folge der vollständigen physischen und psychischen Überforderung des dort tätigen Personals. Angesichts der unerträglichen Situation in den Zentren, insbesondere auch der unzumutbaren Überbelegung erklärte eine Vielzahl von Antragstellern einen Verzicht auf eine weitere dortige Unterbringung mit der Folge, dass sie auch jegliche Ansprüche auf Verpflegung etc. verloren hatten und gewissermaßen auf der Straße gelandet waren und erst infolge der eingetretenen Entlastung des bulgarischen Asylsystems (vgl. hierzu im Folgenden) nunmehr wieder in dieses integriert werden können (vgl. HRW I, S. 61 ff.; bordermonitoring I, S. 17 f.; UNHCR, Bulgarien als Asylland, April 2014, S. 10 - im Folgenden UNHCR II). Bei dieser Ausgangslage musste zwangsläufig auch die Behandlung von Kindern, insbesondere unbegleiteten Minderjährigen und generell von sog. „vulnerablen Personen“ völlig unzureichend sein (aida, S. 33 f. und 41 f.; HRW I., S. 51; UNHCR II, S. 8 f.). Insbesondere mangelte es in weiten Teilen an einer adäquaten Betreuung und Vertretung unbegleiteter Minderjähriger (vgl. HRW I, S. 58 ff.; UNHCR II, S. 9).
45 
Zwar wies auch zu dieser Zeit Bulgarien eine hohe Schutzquote auf (vgl. etwa HRW I, S. 66), gleichwohl bestanden - bedingt durch die hohen Eingangszahlen und wohl auch aufgrund unzureichender Qualifikation - unübersehbare Mängel im Verfahren selbst, wie etwa im Bereich der Übersetzung, Protokollführung, der Anhörungen und deren Umsetzung in den Bescheiden (vgl. hierzu aida, S. 20 f.; UNHCR I, S. 12). Der Komplex der rechtlichen Beratung und Unterstützung wurde als in hohem Maße defizitär geschildert, und zwar v.a. im Hinblick auf fehlende finanzielle Mittel und weniger aufgrund der jeweils maßgeblichen rechtlichen Grundlagen bzw. Vorgaben, die nicht grundsätzlich zu kritisieren sind (vgl. wiederum aida, 22 f.).
46 
Bei dieser Sachlage beschloss der Ministerrat Bulgariens im Oktober 2013 einen „Plan for the containment of the crisis resulting from stronger migration pressure on the Bulgarian border“, der zum einen eine Verbesserung der Aufnahmebedingungen sowie der Verfahrensabläufe, zum anderen eine konsequente Verhinderung künftiger unkontrollierter Einwanderung über die Landesgrenze v.a. mit der Türkei zum Inhalt hatte (vgl. HRW I, S. 22 f.). Außerdem wurde von EASO im Herbst 2013 in Zusammenarbeit mit dem bulgarischen Innenministerium, dem Leiter der bulgarischen Flüchtlingsbehörde (SAR) und UNHCR Bulgarien ein „Operating Plan To Bulgaria“ entwickelt, aufgrund dessen unter Hinzuziehung des Bulgarischen Roten Kreuzes und anderer Nichtregierungsorganisationen weitreichende Verbesserungen des gesamten Asylsystems vorgenommen werden sollten. Dieser Plan konzipierte die geplanten Maßnahmen mit einem zeitlichen Horizont bis September 2014 (vgl. zu alledem EASO, Operating Plan To Bulgaria, März 2014).
47 
In Vollzug des Ministerratsbeschlusses vom Oktober wurde mit dem Bau eines Zaunes an der Grenze zur Türkei begonnen, der mittlerweile in der vorgesehenen Länge fertiggestellt ist (vgl. Agence France-Presse, Bulgarie: des barbelés pour stopper les réfugiés vom 17.7.2014). Zuvor waren zur vorläufigen Absicherung der Grenze etwa 1500 Polizisten an die Grenze verlegt worden. Es gibt glaubhafte und nach Einschätzung des Senats zuverlässig recherchierte Berichte über eine Vielzahl von Zurückschiebungen über die Grenze in die Türkei aus der Zeit zwischen Ende 2013 bis in den Herbst 2014 (vgl. HRW I, S. 14 ff. und Annex 2, S. 3 ff. zu den Einwänden des bulgarischen Innenministers in dessen Schreiben vom 29.04.2014; bordermonitoring vom 21.09.2014). Damit verstieß und verstößt Bulgarien gegen das unionsrechtliche wie auch das völkerrechtliche Refoulement-Verbot nach Art. 21 Abs. 1 QRL bzw. Art. 33 GFK (vgl. hierzu im Einzelnen Marx, Handbuch des Flüchtlingsrechts, 2. Aufl., 2012, § 52). Denn zum einen ist die Türkei kein sicherer Drittstaat, weil sie die Genfer Flüchtlingskonvention und das Protokoll von 1967 nur mit einem regionalen Vorbehalt gezeichnet hat; zum anderen hat sich Bulgarien offensichtlich nicht vergewissert, dass die Türkei nicht in einen potentiell verfolgenden Herkunftsstaat „weiterschiebt“. Da das Refoulement-Verbot auch eine Zurückweisung an der Grenze untersagt, sofern nicht eine Massenfluchtbewegung gegeben ist (vgl. Marx, a.a.O., § 52 Rn. 5 mit zahlreichen weiteren Nachweisen), wovon aber in Bezug auf Bulgarien noch nicht auszugehen sein wird, dürfte auch die Errichtung des Grenzzauns kaum mit dem Refoulement-Verbot in Einklang stehen, zumal nach der Auskunftslage nicht davon ausgegangen werden kann, dass eine offizielle Anreise über die türkischen Grenzübergangsstellen möglich ist (vgl. HRW I., S. 25). Letztlich kann dies aber offen bleiben, weil hiervon Flüchtlinge, die sich bereits im Asylverfahren befinden, nicht betroffen sind. Jedenfalls hat diesbezüglich die Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Bulgarien eingeleitet (vgl. österreichisches BVwG, Urteil vom 03.10.2014 - W212 2009059-1 -, S. 6).
48 
Nicht zuletzt mit Rücksicht auf die geschilderten Maßnahmen ist die Zahl der Antragsteller seit Anfang des Jahres zunächst erheblich zurückgegangen, wobei allerdings für den Monat August und September wiederum ein Anstieg zu verzeichnen ist (vgl. Eurostat, a.a.O.). Auch dieses hat zu einer erheblichen Entlastung des bulgarischen Asylsystems geführt und mit dazu beigetragen, dass die von EASO ins Auge gefassten Maßnahmen unter erleichterten Rahmenbedingungen in Angriff genommen und durchgeführt werden konnten. Im Wesentlichen übereinstimmend wird von erheblichen Verbesserungen berichtet.
49 
Die Missstände in den Aufnahmeeinrichtungen sind grundlegend in baulicher wie auch personeller Hinsicht angegangen und auch im Wesentlichen behoben worden. Auch die besonderen Problemfälle der Zentren Vrazdebhna, Harmanli und Voenna Rampa waren im April 2014 in Angriff genommen worden, sie wurden im Frühjahr 2014 (noch) saniert, weshalb die in der Pressemitteilung des Niedersächsischen Flüchtlingsrats vom 02.09.2014 angesprochenen und kritisierten Verhältnisse in Voenna Rampa in dieser Allgemeinheit nicht mehr aktuell sind. Auch die in dem Reisebericht von Rahmi Tuncer vom 15.10.2014 wiedergegebenen Schilderungen beziehen sich teilweise auf die Vergangenheit und sind nach den anderen verwerteten Erkenntnismitteln nicht mehr uneingeschränkt aktuell. Gleichzeitig wurden die Unterbringungskapazitäten von 4150 (bei einer damaligen Belegungsquote von nur noch rund 80 v.H.) auf etwa 6000 Plätze erweitert, ohne dass diese erschöpft wären (vgl. aida, S. 41 ff. und UNHCR II, S. 6 ff.; HRW I, S. 46 f.; Emails von UNHCR Berlin an den Senat vom 06.11.2014 und vom 07.11.2014). Dass die Verhältnisse nach wie vor defizitär und wenig befriedigend sein mögen, wie dies im Übrigen auch für einen nicht unerheblichen Teil der einheimischen Bevölkerung der Fall ist, rechtfertigt allein nicht die Annahme, dass sie generell nicht mehr menschenwürdegemäß wären. Die prekäre Versorgung mit Nahrung und Lebensmitteln in den Zentren ist entscheidend verbessert worden; v.a. ist seit Anfang Februar 2014 sichergestellt, dass täglich mindestens zwei warme Mahlzeiten ausgegeben werden; zum Teil bestehen nunmehr auch eigene private Kochmöglichkeiten (vgl. UNHCR II, S. 8). Dass die Qualität möglicherweise immer wieder zu wünschen übrig lässt, kann, solange dieses keine gesundheitlich bedenkliche Mangelernährung zur Folge hat, nicht als systemische Schwachstelle, geschweige denn als eine nicht menschenwürdegemäße Schlechtbehandlung angesehen werden. Defizitär ist hingegen noch die systematische und flächendeckende Versorgung von Babys und Kleinstkindern mit ihnen adäquater Nahrung, jedenfalls teilweise ist eine Versorgung allerdings durch den Einsatz von Nichtregierungsorganisationen gewährleistet (ai, Rücküberstellungen von Asylsuchenden nach Bulgarien sind weiterhin auszusetzen, S. 6 f. - im Folgenden ai; UNHCR II, S. 8). Gewisse Verbesserungen bei den Unterbringungsbedingungen sind auch eingetreten für Familien mit kleineren Kindern, alleinstehende Frauen mit Kindern und unbegleitete Minderjährige, ohne allerdings das erforderliche Minimum an Privatheit zuzulassen und auch immer ausreichenden Schutz vor Übergriffen zu bieten. Nach wie vor sind daher erhebliche Defizite auszumachen (UNHCR II, S. 7 und 9; aida, S. 43; ai, S. 6 f.). Ob bei diesen Aufnahmebedingungen insoweit eine dieser Personengruppe angemessene Unterbringung gewährleistet ist, und insbesondere, ob diese als unmenschliche und entwürdigende Behandlung zu qualifizieren wäre, lässt der Senat, weil nicht entscheidungserheblich, offen.
50 
Angesichts der dargestellten Verbesserungen in den Aufnahmeeinrichtungen ist - jedenfalls derzeit bei nicht dramatisch steigenden Zahlen von Antragstellern - nicht damit zu rechnen, dass das bulgarische Aufnahmesystem wieder kollabieren wird und in Folge dessen, dass die Asylsuchenden die Zentren aus eigenem „Wunsch“ verlassen, damit aber auch keine Unterstützung mehr erhalten. In diesem Zusammenhang ist insbesondere zu berücksichtigen, dass nach den Stellungnahmen von UNHCR Berlin an den Senat vom 06.11.2014 und vom 07.11.2014 im Oktober 2014 noch erhebliche Unterbringungs- bzw. Aufnahmekapazitäten (35 v.H.) frei waren und die ansteigenden Flüchtlingszahlen das Land nicht mehr, wie noch im vergangenen Jahr, unvorbereitet und ohne Hilfe der Europäischen Union treffen bzw. treffen werden.
51 
Kritisiert wird weiterhin, dass Flüchtlingskinder allenfalls teilweise Zugang zu schulischer Bildung, Sprachkursen und Freizeitaktivitäten haben (vgl. etwa ai, S. 8; UNHCR II, S. 13). Eine menschenunwürdige Schlechtbehandlung ist darin aber nicht zu sehen.
52 
UNHCR und andere Stellen beanstanden nach wie vor, dass effektive Mechanismen zur systematischen Identifizierung von Personen mit besonderen Bedürfnissen nicht zur Verfügung stehen bzw. jedenfalls nicht in dem gebotenen Maße tatsächlich genutzt werden und dass selbst Nichtregierungsorganisationen nicht in der Lage sind, die bestehenden Lücken und Defizite zu schließen bzw. zu beheben (UNHCR II, S. 8 f.; aida, S. 33). Betroffen ist der Kläger jedoch hiervon offensichtlich nicht.
53 
Im Argen liegt weiterhin die Situation der unbegleiteten Minderjährigen, denen tatsächlich in größerem Umfang die erforderlichen Vormünder nicht gestellt werden und die dementsprechend gesetzeswidrig ohne die notwendige Vertretung bleiben, zumindest jedoch keine ausreichend kompetente Vertretung erhalten (vgl. im Einzelnen HRW I., S. 54 ff.; UNHCR II, S. 9; aida., S. 35).
54 
Die - gerade auch kostenlose - medizinische Versorgung (vgl. Art. 15 ARL a.F. bzw. Art. 19 ARL n.F.) und v.a. der Zugang zu ihr ist nach der Auskunftslage nicht immer in dem gebotenen Maße sichergestellt, zumal sich „Ärzte ohne Grenzen“ mittlerweile definitiv aus der Versorgung der Flüchtlinge zurückgezogen haben und nicht hinreichend geklärt erscheint, ob diese tatsächlich in dem gebotenen Maße ersetzt werden können und auch noch während deren Tätigkeit die Situation zum Teil jedenfalls durchaus prekär und durch Lücken und Defizite gekennzeichnet war (vgl. UNHCR II, S. 8; aida, S. 34 und 47; bordermonitoring I, S. 16; vgl. Médecins sans Frontières v. 06.06.2014, die immerhin (nur) die Hoffnung ausdrücken, dass sich die Lage trotz ihres Abzugs weiter verbessern werde). Die Lage ist für die Betroffenen auch deswegen besonders problematisch, weil sie in vielen Fällen nicht über die erforderlichen Informationen verfügen und erhebliche, nicht durch ausreichend qualifizierte Sprachmittler behebbare Kommunikationsschwierigkeiten bestehen (bordermonitoring I, S. 16; vgl. auch zur Gesundheitsversorgung in den Haftanstalten und die dort ebenfalls bestehenden sprachlichen Kommunikationsprobleme aida, S. 51 f.). Es gibt auch Berichte, wonach Personal des Gesundheitswesens nur gegen Bestechung bereit war, die gebotene Behandlung zu leisten (vgl. bordermonitoring I, S. 16) bzw. - allgemeiner ausgedrückt - ohne Bezahlung keine Untersuchungen durchgeführt wurden (vgl. Reisebericht Rahmi Tuncer vom 15.10.2014). Zwar übersieht der Senat nicht, dass die prekäre Lage zu einem nicht unerheblichen Teil dem schlechten Gesundheitssystem Bulgariens selbst und dessen niedrigeren Standards geschuldet ist und die Flüchtlinge rechtlich nur allgemein der bulgarischen Bevölkerung gleichgestellt werden (vgl. aida, S. 47). Die bestehenden Probleme, einen effektiven Zugang zu einer Gesundheitsversorgung zu erhalten, und die offenbar verbreitete Korruption machen sie in diesem System aber besonders verletzlich, weshalb sie im Falle einer ernsthaften und schweren Erkrankung einem realen Risiko ausgesetzt sein können, Schaden an Leib oder Leben zu nehmen. Dabei muss zudem bedacht werden, dass die hier infrage stehenden Personen in besonderem Maße durch die fluchtauslösenden Anlässe und die Erlebnisse auf der Flucht gezeichnet sein können (vgl. aida, S. 47). Der Senat ist sich dabei auch des Umstandes bewusst, dass an sich Art. 3 EMRK nach der Spruchpraxis des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte kein Verbleiberecht gewährt, um eine medizinisch notwendige Behandlung durchführen lassen zu können, auch wenn die Betroffenen an einer schweren Krankheit leiden (vgl. etwa EGMR, Urteil vom 06.02.2001 - 44599/98). Allerdings gelten die Standards des Art. 19 ARL n.F. darüber hinaus, wenn hiernach zumindest eine Notbehandlung und die unbedingt erforderlichen Behandlungen von Krankheiten und schweren psychischen Störungen unionsrechtlich versprochen sind mit der Folge, dass dann, wenn diese „systemisch“ - auch nur bei bestimmten (begrenzten) Krankheitsbildern - nicht oder jedenfalls nicht effektiv zur Verfügung stehen bzw. erreicht werden können, von einem die Überstellung hindernden Mangel auszugehen wäre. Dieser Frage wird aus gegebenem Anlass noch nachzugehen sein. Im Falle des Klägers jedenfalls besteht ein solcher nicht. Die im Verwaltungsverfahren vorgelegte ärztliche Bescheinigung vom 03.11.2014, die trotz eines entsprechenden Hinweises des Senats nicht weiter substantiiert wurde, ist bei weitem nicht ausreichend aussagekräftig. Sie ist weit davon entfernt den Mindestvoraussetzungen für die Darlegung (und Glaubhaftmachung) einer psychischen behandlungsbedürftigen Erkrankung (insbesondere einer posttraumatischen Belastungsstörung), geschweige denn eines hierauf gerichteten Beweisantritts zu genügen (vgl. zu alledem BVerwG, Urteil vom 11.09.2007 - 10 C 8.07 - NVwZ 2008, 330; Senatsbeschluss vom 10.07.2003 - 11 S 2622/02 - InfAuslR 2004, 423; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 08.02.2012 - 2 M 29/12 - AuAS 2012, 136). Der Senat bemerkt hierzu, dass der Kläger bei seiner im Verwaltungsverfahren erfolgten Anhörung von einer Inhaftierung von zweieinhalb Monaten gesprochen hatte, während er dem behandelnden Therapeuten gegenüber eine drei bis vier Monate dauernde Inhaftierung erwähnt hatte. Im Übrigen gab der Kläger in der mündlichen Verhandlung auf Frage des Senats an, dass er sich wegen Schlafstörungen in Behandlung begeben habe; er müsse immer an Bulgarien und Syrien denken. Die mündliche Verhandlung ergab weiter, dass dem Kläger ein Antidepressivum verschrieben wurde, das er nach wie vor einnimmt. Die vom Arzt verschriebene Medikation beläuft sich jedoch auf nur eine halbe Tablette, während nach dem vom Senat eingesehenen Beipackzettel die durchschnittliche Medikation bei 1 Tablette bis zu maximal 3 Tabletten täglich liegt. Hinzu kommt, dass nur halbstündliche Sitzungen stattfinden, wobei zudem ein Dolmetscher hinzugezogen werden muss. Schließlich konnte der Kläger nicht einmal angeben, in welchem Abstand die Sitzungen stattfinden, insbesondere auch ob dies regelmäßig der Fall ist. Vor diesem Hintergrund kann es sich nach Überzeugung des Senats nicht um ein stark ausgeprägtes Krankheitsbild handeln, das zwingend eine durchgängige ärztliche Behandlung erforderlich macht. Die Ausführungen in der genannten Bescheinigung sind nicht nachvollziehbar. Offenbar ist der Behandler sich auch nicht einmal selbst sicher, dass eine längerfristige Behandlung zwingend erforderlich ist, wenn er nur davon schreibt, dass eine solche indiziert zu sein „scheint“. Wenn schließlich die Prozessbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung auf Befragung äußerte, dass der Behandler auf ihre Nachfrage erklärt habe, keine weitere und v.a. keine ausführlichere Stellungnahme mehr abgeben zu wollen, so sieht der Senat keine Veranlassung zu einer weiteren Aufklärung und geht davon aus, dass etwaige systemische Mängel des bulgarischen Gesundheitssystems den Kläger nicht betreffen würden.
55 
Des Weiteren sind eine zeitnahe Registrierung von Asylgesuchen und damit ein schneller Zugang zum Asylverfahren nunmehr grundsätzlich gewährleistet und nicht mehr systemimmanent defizitär, allerdings ist nach den verwerteten Erkenntnismitteln nicht auszuschließen, dass es im Falle einer Antragstellung aus der Haft nach wie vor zu Verzögerungen von einigen Tagen kommen kann, die möglicherweise auch vermeidbar wären (vgl. zu alledem UNHCR II, S. 4 ff.; ai, S. 3 f.). Ein grundlegender, das gesamte Asylsystem betreffender Mangel liegt hierin aber nicht (mehr). Die Tatsache allein, dass Ausländer und Ausländerinnen, die illegal eingereist sind, zunächst in größerem Umfang inhaftiert werden, solange sie keinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, stellt keine systemische Schwachstelle des Asylsystems dar, sofern, wie nunmehr, sichergestellt ist, dass sie nach der Antragstellung zeitnah registriert werden, auch wenn die Inhaftierungen nicht immer den Vorgaben des Art. 15 der RL 2008/115/EG vom 16.12.2008 (ABl. L 348, 98 - RFRL) entsprechen sollten.
56 
Die früher festgestellten Mängel in Bezug auf das Prüfungsverfahren und die Entscheidungen über die Gewährung internationalen Schutzes (vgl. aida, S. 20 ff.) sind zwar nicht gänzlich ausgeräumt, allerdings sind positive Veränderungen auf den Weg gebracht worden. Die Verfahrensdauer, die bei syrischen Staatsangehörigen in der Regel ohnehin nicht zu beanstanden war, wurde mittlerweile auch bei nicht syrischen Flüchtlingen wesentlich verkürzt (vgl. UNHCR II, S. 11 f.). Die Bereitstellung von Informationen für die Antragsteller über den Ablauf des Verfahrens und die in diesem Zusammenhang bestehenden Rechte wurden wesentlich verbessert, ohne aber wiederum als vollständig befriedigend qualifiziert werden zu können (vgl. aida, S. 30 f.). Zumindest für ein Erstverfahren ist eine kostenlose Rechtsberatung rechtlich gewährleistet, steht mit Rücksicht auf eine unzureichend finanzielle Ausstattung allerdings staatlicherseits nicht zuverlässig zur Verfügung, weshalb Nichtregierungsorganisationen, wie das Bulgarische Helsinki Komitee, einspringen und teilweise selbst die unentgeltliche Vertretung übernehmen müssen (vgl. UNHCR II, S. 11 f.; aida, S. 22). Diese Defizite werden jedoch - auch in Anbetracht der stattgefundenen Verbesserungen - vom Senat nicht als derart grundlegend eingestuft, dass sie als systemisch zu qualifizieren wären.
57 
Wenn erhebliche Bedenken gegen eine in Art. 45b Abs. 1 Nr. 3 des bulgarischen Asyl- und Flüchtlingsgesetz geplante gesetzliche Änderung des Haftrechts formuliert und die Weite bzw. die Unbestimmtheit der Haftgründe kritisiert werden, so mag in der Tat die vorgeschlagene Formulierung weiter geraten sein, als dies Art. 8 Abs. 3 lit. d) ARL n.F. vorsieht. Aber selbst wenn der Gesetzesentwurf tatsächlich in dieser Form verabschiedet werden sollte, was bislang noch nicht geschehen ist (vgl. Email von UNHCR Berlin an den Senat vom 06.11.2014), so stehen jedoch einer unionsrechtskonformen Auslegung und Anwendung keine Hindernisse entgegen. Solange sich aber die bulgarischen Behörden und Gerichte einer solchen Handhabung nicht systematisch und durchgängig verweigern, kann von einem hier relevanten Mangel nicht gesprochen werden.
58 
Sog. Dublin-Rückkehrern steht ein Erstverfahren weiterhin offen, soweit eine persönliche Anhörung noch nicht stattgefunden hat (vgl. UNHCR II, S. 14), auch wenn nach der Gesetzeslage nach einem „Nichtbetreiben“ des Verfahrens wegen Abwesenheit über einen Zeitraum von mehr als drei Monaten das Verfahren an sich beendet ist; Folge der Fortführung ist, dass die Betroffenen wieder in das normale Aufnahmesystem integriert werden. Das Verfahren wird allerdings dann nicht mehr eröffnet, wenn eine Anhörung bereits durchgeführt und das Verfahren daraufhin endgültig abgeschlossen worden war. Dann sind die Betroffenen auf einen Folgeantrag verwiesen, was aber in Einklang mit den Vorgaben der Verfahrensrichtlinie RL 2005/85/EG steht. Nach Art. 20 Abs. 1 und 2 i.V.m. Art. 32 ist der Verweis auf ein Folgeverfahren grundsätzlich möglich. Allerdings wird hier Art. 28 Abs. 2 der Neufassung (RL 2013/32/EU) eine gewisse Anpassung erforderlich machen.
59 
Die Lage der beachtlich hohen Zahl von anerkannten international Schutzberechtigten wird durchgängig als wenig zufriedenstellend, wenn nicht gar schlecht beschrieben (vgl. etwa UNHCR II, S. 12 f). Dass ein wirklich schlagkräftiges Integrationsprogramm existieren und v.a. bereits erfolgreich praktiziert werden würde, ist für den Senat nicht ersichtlich. Allenfalls sind erste Ansätze erkennbar (vgl. HRW II, S. 4 f.). Dabei darf nicht übersehen werden, dass hier das Unionsrecht den Betroffenen lediglich Inländergleichbehandlung (vgl. etwa Art. 26. 27, 28 Abs. 1, 29, 30 RL 2011/95/EU - QRL) oder Gleichbehandlung mit anderen sich rechtmäßig aufhaltenden Ausländern (vgl. etwa Art 32 und 33 QRL) verspricht und sie damit nur teilhaben an den schlechten wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen weiter Teile der bulgarischen Bevölkerung. Diese sind dadurch gekennzeichnet, dass nach den allgemein zugänglichen Daten des Statistischen Bundesamts das Bruttoprokopfeinkommen Bulgariens im Jahre 2013 7030 USD betrug, damit noch erheblich unter dem von Rumänien (9060 USD) lag und etwa dem Niveau Südafrikas (7190 USD) entsprach. Nach den verwerteten Angaben von Eurostat (vgl. Pressemitteilung Nr. 184/2013 vom 05.12.2003) belief sich im Jahre 2012 der Anteil der Bevölkerung Bulgariens, der von Armut oder sozialer Ausgrenzung betroffen bzw. bedroht ist, auf 49 v.H. (Rumänien 42 v.H.; Niederlande und Tschechische Republik 15 v.H.). Die rechtliche Gleichbehandlung ist dabei aber, soweit für den Senat erkennbar, weitgehend hergestellt. So erhalten Flüchtlinge ebenso wie bedürftige bulgarische Staatsangehörige gleichermaßen Leistungen in Höhe von 33 EUR monatlich. Im Übrigen finden sich im Unionsrecht lediglich - teilweise wenig bestimmte - Handlungsaufträge (vgl. Art. 28 Abs. 2, Art. 34 QRL). Der Senat ist sich der Tatsache bewusst, dass etwa ohne flächendeckende Sprachkurse, namentlich für Kinder und Jugendliche, der an sich garantierte gleiche Zugang zu Bildung und Ausbildung bzw. zum Arbeitsmarkt weitgehend auf dem Papier steht und faktisch nicht eingelöst werden kann. Selbst wenn solche jedoch nicht in dieser Weise angeboten werden und teilweise nur aufgrund der Hilfe und Mitwirkung von UNHCR und Caritas durchgeführt werden können, so bedeutet dies nicht, dass deshalb eine relevante Schlechtbehandlung angenommen werden kann, auch wenn es sich um einen sicherlich bedeutsamen Aspekt (von vielen) handelt, mit dem man rechtspolitisch das Europäische Asylsystem in seiner gegenwärtigen Ausgestaltung infrage stellen kann.
60 
Die Situation unbegleiteter Minderjähriger bedürfte bei gegebenem Anlass mit Rücksicht auf Art. 31 QRL ebenfalls einer gesonderten Betrachtung.
61 
Zwar stehen die geschilderten Fortschritte auch im Zusammenhang mit den zurückgegangenen Anträgen, die wiederum zu einem wesentlichen Teil mit den nicht unionsrechts- und völkerrechtskonformen Zurückschiebungen und den nicht unbedenklichen Absperrmaßnahmen an der Grenze zur Türkei (vgl. etwa HRW I, S. 7) zusammenhängen, sie haben aber jedenfalls faktisch, worauf es allein ankommt, zu einer Situation geführt, in der zumindest für den Personenkreis von nicht ernsthaft erkrankten Alleinstehenden und Familien, zu denen keine kleinen Kinder gehören, nicht davon ausgegangen werden kann, dass durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme festgestellt werden können, dass diese im Falle einer Überstellung nach Bulgarien dort Gefahr laufen, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh ausgesetzt zu sein. Zwar sind die Zugangszahlen wieder im Steigen begriffen, jedoch sind, wie bereits ausgeführt, noch erhebliche Kapazitäten frei. Hinzu kommt (und dabei handelt es sich um einen wesentlichen Beurteilungsaspekt), dass Bulgarien - anders als im Vorjahr - nicht mehr völlig unvorbereitet und ohne Hilfe der Union und von UNHCR mit steigenden Zugangszahlen konfrontiert sein wird. Was den Personenkreis der Familien mit kleinen Kindern, ernsthaft Erkrankten und unbegleiteten Minderjährigen betrifft, lässt, weil nicht entscheidungserheblich, der Senat ausdrücklich offen, ob hier eine andere Beurteilung vorzunehmen ist, ferne läge sie jedoch nach dem oben Dargelegten nicht. In diesem Zusammenhang wäre auch ggf. zu klären, ob im Fall einer Überstellung etwa festgestellte, an sich bestehende Mängel durch konkrete Absprachen zwischen den für die Aufenthaltsbeendigung zuständigen deutschen Ausländerbehörden und den bulgarischen Behörden in einer Weise kompensiert werden können, dass eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung vermieden werden kann (vgl. EGMR, Urteil vom 04.11.2014 - 29217/12; BVerfG, Kammerbeschluss vom 17.09.2014 - 2 BvR 939/14 und 2 BvR 1795/14 - jeweils juris).
62 
3. Sonstige Mängel des angegriffenen Bescheids sind nicht gegeben. Allerdings hat die Beklagte die Ziffer 1 in der Weise formuliert, dass (nur) eine Feststellung getroffen wurde mit der Folge, dass auf den ersten Blick möglicherweise formal betrachtet nicht den Anforderungen des § 31 Abs. 6 AsylVfG genügt wird und deshalb die Gestattungswirkung des § 55 Abs. 1 AsylVfG nicht gemäß § 67 Abs. 1 Nr. 5 AsylVfG zum Erlöschen gebracht werden konnte, weshalb dann in Ermangelung einer bestehenden Ausreisepflicht die Voraussetzungen des § 34a Abs. 1 AsylVfG nicht erfüllt wären. Die angegriffene Verfügung ist jedoch auch im Hinblick auf den maßgeblichen Empfängerhorizont (vgl. §§ 133, 157 BGB entspr.) in der Weise auszulegen, dass der Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde und auch werden sollte (a.A. VG Frankfurt, Urteil vom 21.07.2014 - 7 K 352/14.F.A - juris). Denn es ist auch aus der Sicht des Klägers offensichtlich, dass die Beklagte mit ihrer Verfügung die Grundlage für den Erlass der Überstellungsentscheidung legen wollte, was aber, wie gezeigt, zwingend voraussetzt, dass die Ausreisepflicht begründet werden muss. Es wäre sinnwidrig, der Beklagten zu unterstellen, dass sie etwas verfügen wollte und in letzter Konsequenz verfügt hat, was ersichtlich insoweit ungeeignet ist (vgl. noch zu der Frage, ob trotz Erlass einer Abschiebungsanordnung eine freiwillige oder kontrollierte Ausreise ermöglicht werden muss, Senatsurteil vom 27.08.2014 - A 11 S 1285/14 - juris).
63 
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und § 83b AsylVfG. Gründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO, die es rechtfertigen würden, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

Gründe

 
25 
Die zulässige, insbesondere unter Stellung eines Antrags rechtzeitig und formgerecht - zulässigerweise unter Bezugnahme auf den Zulassungsantrag - begründete Berufung der Beklagten hat Erfolg.
26 
Die zu Recht auf § 31 Abs. 6 und § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG (jeweils i.V.m. § 27a AsylVfG) gestützte Verfügung der Beklagten, mit der der Asylantrag als unzulässig qualifiziert und die Abschiebung des Klägers nach Bulgarien angeordnet wurde, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger kann nicht beanspruchen, dass sein Asylantrag durch die Bundesrepublik Deutschland geprüft wird.
27 
1. Die Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass Bulgarien der für die Durchführung des Asylverfahrens zuständige Mitgliedstaat und verpflichtet ist, den Kläger wieder aufzunehmen.
28 
Die Zuständigkeit Bulgariens folgt hier schon aufgrund der eigenen Angaben des Klägers aus Art. 10 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 343/2003 vom 18.02.2003 (VO Dublin II), die hier gem. Art. 49 Abs. 2 Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26.06.2013 (VO Dublin III) noch anzuwenden ist. Im Übrigen folgt die Zuständigkeit auch aus der zunächst fingierten und später von Bulgarien ausdrücklich erteilten Zustimmung (vgl. auch Art. 20 Abs. 1 lit. c) VO Dublin II). Dass mittlerweile das Asylverfahren möglicherweise abgeschlossen wurde, ist im Übrigen unbeachtlich (vgl. Art. 16 Abs. 1 lit. e) VO Dublin II; vgl. zur Situation abgelehnter Antragsteller unten Ziffer 2 b). Für das Überstellungsverfahren ist nach der Übergangsregelung des Art. 49 Abs. 2 VO Dublin III ebenfalls das alte Recht anzuwenden, da das Übernahmeersuchen bereits am 20.12.2013 an Bulgarien gerichtet worden war, weshalb auch gem. Art. 20 VO Dublin II keine Frist für die Stellung des Wiederaufnahmeersuchens einzuhalten war (vgl. demgegenüber Art. 23 Abs. 2 VO Dublin III).
29 
2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Prüfung, ob ein anderer Mitglied- oder Vertragsstaat zuständig ist oder gar auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts im Sinne von Art. 3 Abs. 2 VO Dublin II durch die Bundesrepublik Deutschland.
30 
a) Ausgehend von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - NVwZ 2012, 417), die der Unionsgesetzgeber nunmehr in Art. 3 Abs. 2 UA 2 VO Dublin III umgesetzt hat, ist ein Mitglied- oder Vertragsstaat unter bestimmten Umständen dazu verpflichtet, von der Rückführung in den an sich zuständigen Mitgliedstaat abzusehen. Das ihm insofern eingeräumte Ermessen ist nämlich Teil des Verfahrens zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats und stellt ein Element des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems dar. Bei der Ermessensausübung führt der Mitgliedstaat daher Unionsrecht im Sinne von Art. 51 Abs. 1 GRCh aus. Das Gemeinsame Europäische Asylsystem stützt sich auf die uneingeschränkte und umfassende Anwendung der Europäischen Grundrechtecharta, aber auch der Genfer Flüchtlingskonvention (vgl. Art. 18 GRCh und Art. 78 AEUV). Die Mitgliedstaaten müssen bei ihrer Entscheidung, ob sie von dem Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen, diese Grundsätze beachten (EuGH, Urteil vom 21.12.2011 - a.a.O.).
31 
Dabei kann jeder Mitgliedstaat grundsätzlich davon ausgehen, dass alle an dem Gemeinsamen Europäischen Asylsystem beteiligten Staaten die Grundrechte einschließlich der Rechte, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten finden, beachten und dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen. Auf dieser Grundlage besteht zunächst eine widerlegbare Vermutung dafür, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat den Anforderungen der Charta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten genügt. Andererseits ist es möglich, dass in diesem System in der Rechtsanwendungspraxis in einem bestimmten Mitgliedstaat erhebliche Funktionsstörungen zutage treten und dieses zur absehbaren Folge hat, dass eine ernstzunehmende Gefahr besteht, dass Asylbewerber bei einer Überstellung in diesen Mitgliedstaat in einer Weise behandelt werden, die mit ihren Menschenrechten unvereinbar ist.
32 
Allerdings stellt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht jeder vereinzelte Verstoß gegen eine Bestimmung der VO Dublin II bzw. der VO Dublin III und auch nicht einmal jede Verletzung eines Grundrechts wie auch von Art. 4 GRCh durch den zuständigen Mitgliedstaat das Zuständigkeitssystem grundsätzlich infrage. Nach der Sichtweise des Europäischen Gerichtshofs stünde andernfalls nicht weniger als der Daseinsgrund der Union und die Verwirklichung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, konkret des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, auf dem Spiel (EuGH, Urteil vom 21.12.2011, a.a.O., Rn. 83). Das Zuständigkeitssystem ist hier deshalb nur dann (teilweise) zu suspendieren, wenn einem Mitgliedstaat aufgrund der ihm vorliegenden Informationen nicht unbekannt sein kann, dass systemische Mängel oder Schwachstellen (vgl. zum Begriff jetzt Art. 3 Abs. 2 UA 2 VO Dublin III) des Asylverfahrens und (bzw. genauer: oder) der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller dort Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh ausgesetzt zu sein (vgl. EuGH, Urteile vom 21.12.2011, a.a.O., Rn. 78 ff. und vom 14.11.2013 - C-4/11, Puid - NVwZ 2014, 129, Rn. 30).
33 
Systemische Schwachstellen sind solche, die entweder bereits im Asyl- und Aufnahmeregime selbst angelegt sind und von denen alle Asylbewerber oder bestimmte Gruppen von Asylbewerbern deshalb nicht zufällig und im Einzelfall, sondern vorhersehbar und regelhaft betroffen sind, oder aber tatsächliche Umstände, die dazu führen, dass ein theoretisch sachgerecht konzipiertes und nicht zu beanstandendes Asyl- und Aufnahmesystem - aus welchen Gründen auch immer - faktisch ganz oder in weiten Teilen seine ihm zugedachte Funktion nicht mehr erfüllen kann und weitgehend unwirksam wird (vgl. auch BVerwG, Beschlüsse vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - NVwZ 2014, 1039, und vom 06.06.2014 - 10 B 35.14 - InfAuslR 2014, 352, mit dem ausdrücklichen Hinweis, die Betroffenen könnten gegenüber einer Überstellungsentscheidung mit Blick auf das Asyl- und Aufnahmesystem nur systemische Schwachstellen und nicht auch vorhersehbare schwere Rechtsverletzungen im Einzelfall einwenden). Dabei ist der Begriff der systemischen Schwachstelle nicht in einer engen Weise derart zu verstehen, dass er geeignet sein muss, sich auf eine unüberschaubare Vielzahl von Antragstellern auszuwirken. Vielmehr kann ein systemischer Mangel auch dann vorliegen, wenn er von vornherein lediglich eine geringe Zahl von Asylbewerbern betreffen kann, sofern er sich nur vorhersehbar und regelhaft realisieren wird und nicht gewissermaßen dem Zufall oder einer Verkettung unglücklicher Umstände bzw. Fehlleistungen von in das Verfahren involvierten Akteuren geschuldet ist (vgl. hierzu Lübbe, ZAR 2014, 97 ff.).
34 
Wesentliche Kriterien für die zu entscheidende Frage, ob eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung vorliegt, finden sich in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 3 EMRK, der mit Art. 4 GRCh übereinstimmt. In seinem Urteil vom 21.01.2011 (M.S.S./Belgien und Griechenland - 30696/09 - NVwZ 2011, 413), das der Europäische Gerichtshof ausdrücklich in seinem Urteil vom 21.12.2011 zustimmend erwähnt und in seine Überlegungen einbezieht, hat der Gerichtshof für Menschenrechte eine Überstellung nach Griechenland als nicht mit Art. 3 EMRK vereinbar angesehen, da die systematische Unterbringung von Asylbewerbern in Haftzentren ohne Angabe von Gründen eine weit verbreitete Praxis der griechischen Behörden sei. Es gebe auch zahlreiche übereinstimmende Zeugenaussagen zu überfüllten Zellen, Schlägen durch Polizisten und unhygienischen Bedingungen in dem Haftzentrum neben dem internationalen Flughafen von Athen. Hinzu komme, dass der Beschwerdeführer monatelang und ohne Perspektive in extremer Armut gelebt habe und außer Stande gewesen sei, für seine Grundbedürfnisse - Nahrung, Hygieneartikel und eine Unterkunft - aufzukommen. Er sei über Abhilfemöglichkeiten nicht angemessen informiert worden und habe in der ständigen Angst gelebt, angegriffen beziehungsweise überfallen zu werden.
35 
Art. 3 EMRK kann aber nicht in dem Sinne verstanden werden, dass er (aus sich heraus) die Vertragsparteien verpflichtet, jedermann in ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet mit einer Wohnung zu versorgen. Auch begründet Art. 3 EMRK keine allgemeine Verpflichtung, Flüchtlingen finanzielle Unterstützung zu gewähren oder ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen (vgl. EGMR, Urteil vom 21.01.2011 - a.a.O., Rn. 249, m.w.N). Eine geringe Anerkennungsquote, eine mögliche Festnahme im Falle der illegalen Einreise wie auch eine Unterschreitung der verfahrensrechtlichen Schutzstandards des Art. 13 EMRK reichen für sich genommen noch nicht aus, um einen relevanten Menschenrechtsverstoß anzunehmen, der zur Suspendierung des Dublin-Systems führen muss. Etwas anderes gilt aber nach der genannten Entscheidung des EGMR, wenn der jeweilige Staat aufgrund bindender rechtlicher Vorgaben die Pflicht zur Versorgung mittelloser Asylsuchender mit einer Unterkunft und einer materiellen Grundausstattung hat, wie hier nach der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (ABl. L 180, 96 - ARL n.F.), welche die zuvor geltende Richtlinie 2003/9/EG des Rates vom 27.01.2003 (ABl. L 31, 18 - ARL a.F.) ersetzt hat. Die genannten Richtlinien haben Minimalstandards für die Aufnahme von Asylsuchenden für die Mitgliedstaaten festgelegt. Sie geben für alle Mitgliedstaaten verbindlich vor, was deren Asylsystem zu leisten im Stande sein muss. Diese unionsrechtlichen normativen Vorgaben überlagern darüber hinaus gewissermaßen die allgemeinen - eher niedrigen - völkervertraglichen Schutzstandards des Art. 3 EMRK und konkretisieren nach dem Verständnis des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte diese näher mit der Folge, dass die konkreten Anforderungen an die immer kumulativ festzustellende Schwere der Schlechtbehandlung niedriger anzusetzen sind, aber gleichwohl die typischerweise für die Mehrheit der einheimischen Bevölkerung geltenden Standards nicht völlig aus den Augen verlieren dürfen. Dabei muss jedoch zur Klarstellung darauf hingewiesen werden, dass nicht etwa die Nichterfüllung eines einzelnen Standards der Aufnahmerichtlinie ohne weiteres eine systemische Schwachstelle ausmachen muss, noch viel weniger, dass damit auch eine relevante Schlechtbehandlung verbunden ist.
36 
Wenn der Europäische Gerichtshof im Urteil vom 21.12.2011 (a.a.O.) als Voraussetzung für eine unzulässige Überstellung an einen anderen an sich zuständigen Mitgliedstaat wegen sog. systemischer Schwachstellen des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen fordert, dass die Annahme einer drohenden Verletzung des Grundrechts aus Art. 4 GRCh durch ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe gestützt wird, so setzt dies voraus, dass die festgestellten Tatsachen hinreichend verlässlich und aussagekräftig sind; nur unter dieser Voraussetzung ist es nach der maßgeblichen Sicht des Europäischen Gerichtshofs gerechtfertigt, von einer Widerlegung des „gegenseitigen Vertrauens“ der Mitgliedstaaten untereinander auszugehen. In diesem Zusammenhang müssen die festgestellten Tatsachen und Missstände verallgemeinerungsfähig sein, um die Schlussfolgerung zu rechtfertigen, dass es nicht nur vereinzelt, sondern immer wieder und regelhaft zu Grundrechtsverletzungen nach Art. 4 GRCh kommt. Das bei einer wertenden und qualifizierten Betrachtungsweise zugrunde zu legende Beweismaß ist das der beachtlichen Wahrscheinlichkeit im herkömmlichen Verständnis der höchstrichterlichen Rechtsprechung, das sich nicht von dem in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte entwickelten Beweismaß des „real risk“ unterscheidet (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2013 - 10 C 23.12 - NVwZ 2013, 936, Rn. 32; Beschluss vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - juris, Rn. 9).
37 
Bei diesem (weiten) Verständnis der systemischen Schwachstellen und bei dieser Ausgangslage bleibt jedenfalls praktisch kein Raum für die Prüfung sonstiger „zielstaatsbezogener“ Gründe. Denn dann kann etwa die mangelnde Behandelbarkeit einer bestimmten Krankheit, soweit dieses systembedingt ist, jeweils eingewandt werden, wenn die Folgen für die Betreffenden den relevanten Grad einer Schlechtbehandlung erreichen würden. Es ist allerdings auch denkbar, dass - eine systemische Schwachstelle unterstellt - einer Schlechtbehandlung im konkreten Einzelfall dadurch vorgebeugt werden kann, dass die Bundesrepublik Deutschland die Überstellung im Zusammenwirken mit dem anderen Mitgliedstaat so organisiert, dass eine solche nicht eintreten kann (vgl. in diesem Zusammenhang ausdrücklich in diesem Sinne EGMR, Urteil vom 04.11.2014 - 29217/12; BVerfG, Kammerbeschluss vom 17.09.2014 - 2 BvR 939/14 und 2 BvR 1795/14 - jeweils juris).
38 
Daraus, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in seinem Urteil vom 21.01.2011 (a.a.O., Rn. 263 f.) verschiedentlich auf die besondere Situation des Beschwerdeführers in Griechenland abgestellt und diese besonders erwähnt hat, kann nicht geschlossen werden, dass in den Fällen, in denen die Betroffenen sich im fraglichen Mitgliedstaat schon einmal aufgehalten und dabei eine relevante Schlechtbehandlung erfahren hatten, bei der Feststellung systemischer Schwachstellen des Asylsystems im Falle eines Verweises auf dieses Land geringere Anforderungen an die Zumutbarkeit zu stellen und eine niedrigere Beachtlichkeitsschwelle zugrunde zu legen sind. Die Ausführungen haben lediglich die Funktion, die allgemein gewonnenen Erkenntnisse zusätzlich plausibel zu machen und gewissermaßen zu verifizieren (anders möglicherweise BVerwG, Beschlüsse vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - a.a.O. und vom 06.06.2014 - 10 B 35.14 - a.a.O., ohne dass es im vorliegenden Fall darauf ankäme).
39 
Hinzu kommen muss aber immer, dass der konkrete Schutzsuchende auch individuell betroffen wäre. Es genügt nicht, dass lediglich abstrakt bestimmte strukturelle Schwachstellen festgestellt werden, wenn sich diese nicht auf den konkreten Antragsteller auswirken können.
40 
Eine nicht systembedingte Schlechtbehandlung im Zielstaat wird man bei einem Mitglied- oder Vertragsstaat zwar nicht von Rechts wegen (so etwa auch UK Supreme Court vom 19.02.2014 [2014] UKSC 12; unklar BVerwG, Beschlüsse vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - und vom 06.06.2014 - 10 B 35.14 -, jeweils a.a.O.), jedoch praktisch ausschließen können (vgl. zu den hohen Anforderungen an die Feststellung der Voraussetzungen des Art. 3 EMRK bei einer Erkrankung, die im Zielstaat nicht adäquat behandelt werden kann, bzw. in Bezug auf die allgemeinen Verhältnisse im Zielstaat VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.08.2013 - A 11 S 688/13 - juris, m.w.N.; anders jedoch, wenn die Verhältnisse Folge etwa eines innerstaatlichen Konflikts sind EGMR, Urteil vom 28.06.2011 - 8319/07 u.a., Sufi und Elmi - NVwZ 2012, 681).
41 
Außerhalb des Systems liegen auch alle Gründe, die nicht in den Verhältnissen des aufnehmenden Mitgliedstaats zu verorten sind, namentlich die Fallgestaltungen von Transport- und Reiseunfähigkeit (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 15.10.2004 - 11 S 2297/04 - juris und vom 06.02.2008 - 11 S 2439/07 - InfAuslR 2008, 213). Diese unmittelbar der Person der internationalen Schutz Suchenden zuzuordnenden Gründe, sind grundsätzlich nicht geeignet, das europäische Asylsystem infrage zu stellen, weshalb hier auch kein Anlass besteht, einen besonderen Maßstab zu entwickeln. Da insoweit Unionsrecht vollzogen wird (vgl. hierzu und zu Art. 51 Abs. 1 GRCh EuGH, Urteil vom 26.02.2013 - C-617/10, Fransson - NVwZ 2013, 561), ist die Überstellung bzw. die Überstellungsentscheidung am Maßstab des Art. 2 Abs. 1 GRCh (Recht auf Leben) und des Art. 3 Abs. 1 GRCh (Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit) zu überprüfen. Nach dem nationalen Recht ist deren Beachtung Rechtsvoraussetzung für den Erlass der Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 AsylVfG (vgl. Senatsbeschluss vom 31.05.2011 - A 11 S 1535/11 - InfAuslR 2011, 310; BayVGH, Beschluss vom 12.03.2014 - 10 CE 14.427 - juris; GK-AsylVfG § 34a Rn. 21 f. m.w.N.).
42 
b) Dieses zugrunde gelegt ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass nach den verwerteten Erkenntnismitteln keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das Asylverfahren in Bulgarien nunmehr an systemischen Schwachstellen leidet, die gerade den Kläger der konkreten Gefahr aussetzen würden, im Falle einer Rücküberstellung nach Bulgarien eine menschenunwürdige Behandlung erfahren zu müssen.
43 
Aus den Erkenntnismitteln wird hinreichend deutlich, dass in Bulgarien ein ausreichend ausdifferenziertes Verfahren zur Aufnahme von Flüchtlingen und zur Durchführung eines effektiven Prüfungs- und Anerkennungsverfahrens installiert ist, das - von einzelnen Unzulänglichkeiten, die allerdings allenfalls abgrenzbare Personengruppen betreffen können, abgesehen (vgl. hierzu im Folgenden) - den auch unionsrechtlich zu stellenden Anforderungen noch genügt und eine ordnungsgemäße Behandlung der Flüchtlinge ermöglicht (siehe die Darstellung im Urteil des österreichischen BVwG vom 03.10.2014 - W212 2009059-1 -, S. 3 ff.; vgl. ausführlich auch den von der Beklagten zum Gegenstand ihres Vortrags gemachten Bericht „Aida, Asylum Information Database - National Country Report Bulgaria“, April 2014, S. 14 - im Folgenden aida).
44 
Der Senat geht zunächst davon aus, dass, bedingt durch die im Laufe des Jahres 2013 erheblich angestiegene Zahl von Antragstellern (vgl. Eurostat, Asylum and new asylum applicants by citizenship, age and sex Monthly Data, Last update 22.10.2014; Email UNHCR Berlin an den Senat vom 06.11.2014; UNHCR, Bulgaria As a Country of Asylum, 02.01.2014, S. 4 - im Folgenden UNHCR I), die u.a. wegen des bereits lange dauernden internen Konflikts in Syrien vermehrt über die türkisch-bulgarische Grenze gekommen waren, das bulgarische Asylsystem, das trotz entsprechender Warnungen völlig unvorbereitet war, total überfordert, wenn nicht gar kollabiert war. Dies hatte erhebliche negative Auswirkungen auf alle Phasen und Aspekte des Asylsystems. So war schon ein effektiver Zugang zum Asylverfahren, insbesondere aus einer bestehenden Abschiebehaft, nicht mehr gewährleistet (vgl. UNHCR I, S. 7; aida, S. 16 f.). Folge hiervon war nicht nur, dass eine bestehende Haft nach Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz in unverhältnismäßiger und unzulässiger Weise (bis zu 45 oder gar 60 Tagen) fortdauern konnte, wie dies möglicherweise auch beim Kläger der Fall war, sondern auch, dass der mit der Registrierung als Antragsteller verbundene Zugang zu Unterkunft, Verpflegung, medizinischer Versorgung etc. nicht oder jedenfalls nicht in zumutbarer Zeit erreichbar war. Die Unterbringung in den „Reception Centres“ bzw. „Registration and Reception Centres“ wurde übereinstimmend fast ausnahmslos als weit unter den Standards des unionsrechtlich in den Aufnahmerichtlinien festgelegten Minimums qualifiziert und als menschenunwürdig beschrieben (vgl. aida, S. 41 ff.; Human Rights Watch, Containment Plan - Bulgaria’s Pushbacks and Detention of Syrian and Other Asylum Seekers and Migrants, April 2014, S. 46 ff. - im Folgenden HRW I; UNHCR I, S. 9 f.). Die einzige Ausnahme bildete das Kovachevtsi Centre. Verschärft wurde die Situation noch durch den Umstand, dass anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte, die eigentlich verpflichtet waren, innerhalb kurzer Zeit (wohl 14 Tagen) die Zentren zu verlassen, weiter dort verbleiben mussten und letztlich durften, weil sie andernfalls - unfähig, selbstverantwortlich eine Unterkunft zu finden und zu bezahlen - obdachlos geworden wären (bordermonitoring u.a., Trapped in Europe’s Quagmire: The Situation of Asylum Seekers and Refugees in Bulgaria, 2014, S. 19 f. - im Folgenden bordermonitoring I). Auch wurde immer wieder von körperlichen Übergriffen auf den Polizeistationen und in den Zentren berichtet (HRW I, S. 31 ff.), u.a. auch eine Folge der vollständigen physischen und psychischen Überforderung des dort tätigen Personals. Angesichts der unerträglichen Situation in den Zentren, insbesondere auch der unzumutbaren Überbelegung erklärte eine Vielzahl von Antragstellern einen Verzicht auf eine weitere dortige Unterbringung mit der Folge, dass sie auch jegliche Ansprüche auf Verpflegung etc. verloren hatten und gewissermaßen auf der Straße gelandet waren und erst infolge der eingetretenen Entlastung des bulgarischen Asylsystems (vgl. hierzu im Folgenden) nunmehr wieder in dieses integriert werden können (vgl. HRW I, S. 61 ff.; bordermonitoring I, S. 17 f.; UNHCR, Bulgarien als Asylland, April 2014, S. 10 - im Folgenden UNHCR II). Bei dieser Ausgangslage musste zwangsläufig auch die Behandlung von Kindern, insbesondere unbegleiteten Minderjährigen und generell von sog. „vulnerablen Personen“ völlig unzureichend sein (aida, S. 33 f. und 41 f.; HRW I., S. 51; UNHCR II, S. 8 f.). Insbesondere mangelte es in weiten Teilen an einer adäquaten Betreuung und Vertretung unbegleiteter Minderjähriger (vgl. HRW I, S. 58 ff.; UNHCR II, S. 9).
45 
Zwar wies auch zu dieser Zeit Bulgarien eine hohe Schutzquote auf (vgl. etwa HRW I, S. 66), gleichwohl bestanden - bedingt durch die hohen Eingangszahlen und wohl auch aufgrund unzureichender Qualifikation - unübersehbare Mängel im Verfahren selbst, wie etwa im Bereich der Übersetzung, Protokollführung, der Anhörungen und deren Umsetzung in den Bescheiden (vgl. hierzu aida, S. 20 f.; UNHCR I, S. 12). Der Komplex der rechtlichen Beratung und Unterstützung wurde als in hohem Maße defizitär geschildert, und zwar v.a. im Hinblick auf fehlende finanzielle Mittel und weniger aufgrund der jeweils maßgeblichen rechtlichen Grundlagen bzw. Vorgaben, die nicht grundsätzlich zu kritisieren sind (vgl. wiederum aida, 22 f.).
46 
Bei dieser Sachlage beschloss der Ministerrat Bulgariens im Oktober 2013 einen „Plan for the containment of the crisis resulting from stronger migration pressure on the Bulgarian border“, der zum einen eine Verbesserung der Aufnahmebedingungen sowie der Verfahrensabläufe, zum anderen eine konsequente Verhinderung künftiger unkontrollierter Einwanderung über die Landesgrenze v.a. mit der Türkei zum Inhalt hatte (vgl. HRW I, S. 22 f.). Außerdem wurde von EASO im Herbst 2013 in Zusammenarbeit mit dem bulgarischen Innenministerium, dem Leiter der bulgarischen Flüchtlingsbehörde (SAR) und UNHCR Bulgarien ein „Operating Plan To Bulgaria“ entwickelt, aufgrund dessen unter Hinzuziehung des Bulgarischen Roten Kreuzes und anderer Nichtregierungsorganisationen weitreichende Verbesserungen des gesamten Asylsystems vorgenommen werden sollten. Dieser Plan konzipierte die geplanten Maßnahmen mit einem zeitlichen Horizont bis September 2014 (vgl. zu alledem EASO, Operating Plan To Bulgaria, März 2014).
47 
In Vollzug des Ministerratsbeschlusses vom Oktober wurde mit dem Bau eines Zaunes an der Grenze zur Türkei begonnen, der mittlerweile in der vorgesehenen Länge fertiggestellt ist (vgl. Agence France-Presse, Bulgarie: des barbelés pour stopper les réfugiés vom 17.7.2014). Zuvor waren zur vorläufigen Absicherung der Grenze etwa 1500 Polizisten an die Grenze verlegt worden. Es gibt glaubhafte und nach Einschätzung des Senats zuverlässig recherchierte Berichte über eine Vielzahl von Zurückschiebungen über die Grenze in die Türkei aus der Zeit zwischen Ende 2013 bis in den Herbst 2014 (vgl. HRW I, S. 14 ff. und Annex 2, S. 3 ff. zu den Einwänden des bulgarischen Innenministers in dessen Schreiben vom 29.04.2014; bordermonitoring vom 21.09.2014). Damit verstieß und verstößt Bulgarien gegen das unionsrechtliche wie auch das völkerrechtliche Refoulement-Verbot nach Art. 21 Abs. 1 QRL bzw. Art. 33 GFK (vgl. hierzu im Einzelnen Marx, Handbuch des Flüchtlingsrechts, 2. Aufl., 2012, § 52). Denn zum einen ist die Türkei kein sicherer Drittstaat, weil sie die Genfer Flüchtlingskonvention und das Protokoll von 1967 nur mit einem regionalen Vorbehalt gezeichnet hat; zum anderen hat sich Bulgarien offensichtlich nicht vergewissert, dass die Türkei nicht in einen potentiell verfolgenden Herkunftsstaat „weiterschiebt“. Da das Refoulement-Verbot auch eine Zurückweisung an der Grenze untersagt, sofern nicht eine Massenfluchtbewegung gegeben ist (vgl. Marx, a.a.O., § 52 Rn. 5 mit zahlreichen weiteren Nachweisen), wovon aber in Bezug auf Bulgarien noch nicht auszugehen sein wird, dürfte auch die Errichtung des Grenzzauns kaum mit dem Refoulement-Verbot in Einklang stehen, zumal nach der Auskunftslage nicht davon ausgegangen werden kann, dass eine offizielle Anreise über die türkischen Grenzübergangsstellen möglich ist (vgl. HRW I., S. 25). Letztlich kann dies aber offen bleiben, weil hiervon Flüchtlinge, die sich bereits im Asylverfahren befinden, nicht betroffen sind. Jedenfalls hat diesbezüglich die Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Bulgarien eingeleitet (vgl. österreichisches BVwG, Urteil vom 03.10.2014 - W212 2009059-1 -, S. 6).
48 
Nicht zuletzt mit Rücksicht auf die geschilderten Maßnahmen ist die Zahl der Antragsteller seit Anfang des Jahres zunächst erheblich zurückgegangen, wobei allerdings für den Monat August und September wiederum ein Anstieg zu verzeichnen ist (vgl. Eurostat, a.a.O.). Auch dieses hat zu einer erheblichen Entlastung des bulgarischen Asylsystems geführt und mit dazu beigetragen, dass die von EASO ins Auge gefassten Maßnahmen unter erleichterten Rahmenbedingungen in Angriff genommen und durchgeführt werden konnten. Im Wesentlichen übereinstimmend wird von erheblichen Verbesserungen berichtet.
49 
Die Missstände in den Aufnahmeeinrichtungen sind grundlegend in baulicher wie auch personeller Hinsicht angegangen und auch im Wesentlichen behoben worden. Auch die besonderen Problemfälle der Zentren Vrazdebhna, Harmanli und Voenna Rampa waren im April 2014 in Angriff genommen worden, sie wurden im Frühjahr 2014 (noch) saniert, weshalb die in der Pressemitteilung des Niedersächsischen Flüchtlingsrats vom 02.09.2014 angesprochenen und kritisierten Verhältnisse in Voenna Rampa in dieser Allgemeinheit nicht mehr aktuell sind. Auch die in dem Reisebericht von Rahmi Tuncer vom 15.10.2014 wiedergegebenen Schilderungen beziehen sich teilweise auf die Vergangenheit und sind nach den anderen verwerteten Erkenntnismitteln nicht mehr uneingeschränkt aktuell. Gleichzeitig wurden die Unterbringungskapazitäten von 4150 (bei einer damaligen Belegungsquote von nur noch rund 80 v.H.) auf etwa 6000 Plätze erweitert, ohne dass diese erschöpft wären (vgl. aida, S. 41 ff. und UNHCR II, S. 6 ff.; HRW I, S. 46 f.; Emails von UNHCR Berlin an den Senat vom 06.11.2014 und vom 07.11.2014). Dass die Verhältnisse nach wie vor defizitär und wenig befriedigend sein mögen, wie dies im Übrigen auch für einen nicht unerheblichen Teil der einheimischen Bevölkerung der Fall ist, rechtfertigt allein nicht die Annahme, dass sie generell nicht mehr menschenwürdegemäß wären. Die prekäre Versorgung mit Nahrung und Lebensmitteln in den Zentren ist entscheidend verbessert worden; v.a. ist seit Anfang Februar 2014 sichergestellt, dass täglich mindestens zwei warme Mahlzeiten ausgegeben werden; zum Teil bestehen nunmehr auch eigene private Kochmöglichkeiten (vgl. UNHCR II, S. 8). Dass die Qualität möglicherweise immer wieder zu wünschen übrig lässt, kann, solange dieses keine gesundheitlich bedenkliche Mangelernährung zur Folge hat, nicht als systemische Schwachstelle, geschweige denn als eine nicht menschenwürdegemäße Schlechtbehandlung angesehen werden. Defizitär ist hingegen noch die systematische und flächendeckende Versorgung von Babys und Kleinstkindern mit ihnen adäquater Nahrung, jedenfalls teilweise ist eine Versorgung allerdings durch den Einsatz von Nichtregierungsorganisationen gewährleistet (ai, Rücküberstellungen von Asylsuchenden nach Bulgarien sind weiterhin auszusetzen, S. 6 f. - im Folgenden ai; UNHCR II, S. 8). Gewisse Verbesserungen bei den Unterbringungsbedingungen sind auch eingetreten für Familien mit kleineren Kindern, alleinstehende Frauen mit Kindern und unbegleitete Minderjährige, ohne allerdings das erforderliche Minimum an Privatheit zuzulassen und auch immer ausreichenden Schutz vor Übergriffen zu bieten. Nach wie vor sind daher erhebliche Defizite auszumachen (UNHCR II, S. 7 und 9; aida, S. 43; ai, S. 6 f.). Ob bei diesen Aufnahmebedingungen insoweit eine dieser Personengruppe angemessene Unterbringung gewährleistet ist, und insbesondere, ob diese als unmenschliche und entwürdigende Behandlung zu qualifizieren wäre, lässt der Senat, weil nicht entscheidungserheblich, offen.
50 
Angesichts der dargestellten Verbesserungen in den Aufnahmeeinrichtungen ist - jedenfalls derzeit bei nicht dramatisch steigenden Zahlen von Antragstellern - nicht damit zu rechnen, dass das bulgarische Aufnahmesystem wieder kollabieren wird und in Folge dessen, dass die Asylsuchenden die Zentren aus eigenem „Wunsch“ verlassen, damit aber auch keine Unterstützung mehr erhalten. In diesem Zusammenhang ist insbesondere zu berücksichtigen, dass nach den Stellungnahmen von UNHCR Berlin an den Senat vom 06.11.2014 und vom 07.11.2014 im Oktober 2014 noch erhebliche Unterbringungs- bzw. Aufnahmekapazitäten (35 v.H.) frei waren und die ansteigenden Flüchtlingszahlen das Land nicht mehr, wie noch im vergangenen Jahr, unvorbereitet und ohne Hilfe der Europäischen Union treffen bzw. treffen werden.
51 
Kritisiert wird weiterhin, dass Flüchtlingskinder allenfalls teilweise Zugang zu schulischer Bildung, Sprachkursen und Freizeitaktivitäten haben (vgl. etwa ai, S. 8; UNHCR II, S. 13). Eine menschenunwürdige Schlechtbehandlung ist darin aber nicht zu sehen.
52 
UNHCR und andere Stellen beanstanden nach wie vor, dass effektive Mechanismen zur systematischen Identifizierung von Personen mit besonderen Bedürfnissen nicht zur Verfügung stehen bzw. jedenfalls nicht in dem gebotenen Maße tatsächlich genutzt werden und dass selbst Nichtregierungsorganisationen nicht in der Lage sind, die bestehenden Lücken und Defizite zu schließen bzw. zu beheben (UNHCR II, S. 8 f.; aida, S. 33). Betroffen ist der Kläger jedoch hiervon offensichtlich nicht.
53 
Im Argen liegt weiterhin die Situation der unbegleiteten Minderjährigen, denen tatsächlich in größerem Umfang die erforderlichen Vormünder nicht gestellt werden und die dementsprechend gesetzeswidrig ohne die notwendige Vertretung bleiben, zumindest jedoch keine ausreichend kompetente Vertretung erhalten (vgl. im Einzelnen HRW I., S. 54 ff.; UNHCR II, S. 9; aida., S. 35).
54 
Die - gerade auch kostenlose - medizinische Versorgung (vgl. Art. 15 ARL a.F. bzw. Art. 19 ARL n.F.) und v.a. der Zugang zu ihr ist nach der Auskunftslage nicht immer in dem gebotenen Maße sichergestellt, zumal sich „Ärzte ohne Grenzen“ mittlerweile definitiv aus der Versorgung der Flüchtlinge zurückgezogen haben und nicht hinreichend geklärt erscheint, ob diese tatsächlich in dem gebotenen Maße ersetzt werden können und auch noch während deren Tätigkeit die Situation zum Teil jedenfalls durchaus prekär und durch Lücken und Defizite gekennzeichnet war (vgl. UNHCR II, S. 8; aida, S. 34 und 47; bordermonitoring I, S. 16; vgl. Médecins sans Frontières v. 06.06.2014, die immerhin (nur) die Hoffnung ausdrücken, dass sich die Lage trotz ihres Abzugs weiter verbessern werde). Die Lage ist für die Betroffenen auch deswegen besonders problematisch, weil sie in vielen Fällen nicht über die erforderlichen Informationen verfügen und erhebliche, nicht durch ausreichend qualifizierte Sprachmittler behebbare Kommunikationsschwierigkeiten bestehen (bordermonitoring I, S. 16; vgl. auch zur Gesundheitsversorgung in den Haftanstalten und die dort ebenfalls bestehenden sprachlichen Kommunikationsprobleme aida, S. 51 f.). Es gibt auch Berichte, wonach Personal des Gesundheitswesens nur gegen Bestechung bereit war, die gebotene Behandlung zu leisten (vgl. bordermonitoring I, S. 16) bzw. - allgemeiner ausgedrückt - ohne Bezahlung keine Untersuchungen durchgeführt wurden (vgl. Reisebericht Rahmi Tuncer vom 15.10.2014). Zwar übersieht der Senat nicht, dass die prekäre Lage zu einem nicht unerheblichen Teil dem schlechten Gesundheitssystem Bulgariens selbst und dessen niedrigeren Standards geschuldet ist und die Flüchtlinge rechtlich nur allgemein der bulgarischen Bevölkerung gleichgestellt werden (vgl. aida, S. 47). Die bestehenden Probleme, einen effektiven Zugang zu einer Gesundheitsversorgung zu erhalten, und die offenbar verbreitete Korruption machen sie in diesem System aber besonders verletzlich, weshalb sie im Falle einer ernsthaften und schweren Erkrankung einem realen Risiko ausgesetzt sein können, Schaden an Leib oder Leben zu nehmen. Dabei muss zudem bedacht werden, dass die hier infrage stehenden Personen in besonderem Maße durch die fluchtauslösenden Anlässe und die Erlebnisse auf der Flucht gezeichnet sein können (vgl. aida, S. 47). Der Senat ist sich dabei auch des Umstandes bewusst, dass an sich Art. 3 EMRK nach der Spruchpraxis des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte kein Verbleiberecht gewährt, um eine medizinisch notwendige Behandlung durchführen lassen zu können, auch wenn die Betroffenen an einer schweren Krankheit leiden (vgl. etwa EGMR, Urteil vom 06.02.2001 - 44599/98). Allerdings gelten die Standards des Art. 19 ARL n.F. darüber hinaus, wenn hiernach zumindest eine Notbehandlung und die unbedingt erforderlichen Behandlungen von Krankheiten und schweren psychischen Störungen unionsrechtlich versprochen sind mit der Folge, dass dann, wenn diese „systemisch“ - auch nur bei bestimmten (begrenzten) Krankheitsbildern - nicht oder jedenfalls nicht effektiv zur Verfügung stehen bzw. erreicht werden können, von einem die Überstellung hindernden Mangel auszugehen wäre. Dieser Frage wird aus gegebenem Anlass noch nachzugehen sein. Im Falle des Klägers jedenfalls besteht ein solcher nicht. Die im Verwaltungsverfahren vorgelegte ärztliche Bescheinigung vom 03.11.2014, die trotz eines entsprechenden Hinweises des Senats nicht weiter substantiiert wurde, ist bei weitem nicht ausreichend aussagekräftig. Sie ist weit davon entfernt den Mindestvoraussetzungen für die Darlegung (und Glaubhaftmachung) einer psychischen behandlungsbedürftigen Erkrankung (insbesondere einer posttraumatischen Belastungsstörung), geschweige denn eines hierauf gerichteten Beweisantritts zu genügen (vgl. zu alledem BVerwG, Urteil vom 11.09.2007 - 10 C 8.07 - NVwZ 2008, 330; Senatsbeschluss vom 10.07.2003 - 11 S 2622/02 - InfAuslR 2004, 423; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 08.02.2012 - 2 M 29/12 - AuAS 2012, 136). Der Senat bemerkt hierzu, dass der Kläger bei seiner im Verwaltungsverfahren erfolgten Anhörung von einer Inhaftierung von zweieinhalb Monaten gesprochen hatte, während er dem behandelnden Therapeuten gegenüber eine drei bis vier Monate dauernde Inhaftierung erwähnt hatte. Im Übrigen gab der Kläger in der mündlichen Verhandlung auf Frage des Senats an, dass er sich wegen Schlafstörungen in Behandlung begeben habe; er müsse immer an Bulgarien und Syrien denken. Die mündliche Verhandlung ergab weiter, dass dem Kläger ein Antidepressivum verschrieben wurde, das er nach wie vor einnimmt. Die vom Arzt verschriebene Medikation beläuft sich jedoch auf nur eine halbe Tablette, während nach dem vom Senat eingesehenen Beipackzettel die durchschnittliche Medikation bei 1 Tablette bis zu maximal 3 Tabletten täglich liegt. Hinzu kommt, dass nur halbstündliche Sitzungen stattfinden, wobei zudem ein Dolmetscher hinzugezogen werden muss. Schließlich konnte der Kläger nicht einmal angeben, in welchem Abstand die Sitzungen stattfinden, insbesondere auch ob dies regelmäßig der Fall ist. Vor diesem Hintergrund kann es sich nach Überzeugung des Senats nicht um ein stark ausgeprägtes Krankheitsbild handeln, das zwingend eine durchgängige ärztliche Behandlung erforderlich macht. Die Ausführungen in der genannten Bescheinigung sind nicht nachvollziehbar. Offenbar ist der Behandler sich auch nicht einmal selbst sicher, dass eine längerfristige Behandlung zwingend erforderlich ist, wenn er nur davon schreibt, dass eine solche indiziert zu sein „scheint“. Wenn schließlich die Prozessbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung auf Befragung äußerte, dass der Behandler auf ihre Nachfrage erklärt habe, keine weitere und v.a. keine ausführlichere Stellungnahme mehr abgeben zu wollen, so sieht der Senat keine Veranlassung zu einer weiteren Aufklärung und geht davon aus, dass etwaige systemische Mängel des bulgarischen Gesundheitssystems den Kläger nicht betreffen würden.
55 
Des Weiteren sind eine zeitnahe Registrierung von Asylgesuchen und damit ein schneller Zugang zum Asylverfahren nunmehr grundsätzlich gewährleistet und nicht mehr systemimmanent defizitär, allerdings ist nach den verwerteten Erkenntnismitteln nicht auszuschließen, dass es im Falle einer Antragstellung aus der Haft nach wie vor zu Verzögerungen von einigen Tagen kommen kann, die möglicherweise auch vermeidbar wären (vgl. zu alledem UNHCR II, S. 4 ff.; ai, S. 3 f.). Ein grundlegender, das gesamte Asylsystem betreffender Mangel liegt hierin aber nicht (mehr). Die Tatsache allein, dass Ausländer und Ausländerinnen, die illegal eingereist sind, zunächst in größerem Umfang inhaftiert werden, solange sie keinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, stellt keine systemische Schwachstelle des Asylsystems dar, sofern, wie nunmehr, sichergestellt ist, dass sie nach der Antragstellung zeitnah registriert werden, auch wenn die Inhaftierungen nicht immer den Vorgaben des Art. 15 der RL 2008/115/EG vom 16.12.2008 (ABl. L 348, 98 - RFRL) entsprechen sollten.
56 
Die früher festgestellten Mängel in Bezug auf das Prüfungsverfahren und die Entscheidungen über die Gewährung internationalen Schutzes (vgl. aida, S. 20 ff.) sind zwar nicht gänzlich ausgeräumt, allerdings sind positive Veränderungen auf den Weg gebracht worden. Die Verfahrensdauer, die bei syrischen Staatsangehörigen in der Regel ohnehin nicht zu beanstanden war, wurde mittlerweile auch bei nicht syrischen Flüchtlingen wesentlich verkürzt (vgl. UNHCR II, S. 11 f.). Die Bereitstellung von Informationen für die Antragsteller über den Ablauf des Verfahrens und die in diesem Zusammenhang bestehenden Rechte wurden wesentlich verbessert, ohne aber wiederum als vollständig befriedigend qualifiziert werden zu können (vgl. aida, S. 30 f.). Zumindest für ein Erstverfahren ist eine kostenlose Rechtsberatung rechtlich gewährleistet, steht mit Rücksicht auf eine unzureichend finanzielle Ausstattung allerdings staatlicherseits nicht zuverlässig zur Verfügung, weshalb Nichtregierungsorganisationen, wie das Bulgarische Helsinki Komitee, einspringen und teilweise selbst die unentgeltliche Vertretung übernehmen müssen (vgl. UNHCR II, S. 11 f.; aida, S. 22). Diese Defizite werden jedoch - auch in Anbetracht der stattgefundenen Verbesserungen - vom Senat nicht als derart grundlegend eingestuft, dass sie als systemisch zu qualifizieren wären.
57 
Wenn erhebliche Bedenken gegen eine in Art. 45b Abs. 1 Nr. 3 des bulgarischen Asyl- und Flüchtlingsgesetz geplante gesetzliche Änderung des Haftrechts formuliert und die Weite bzw. die Unbestimmtheit der Haftgründe kritisiert werden, so mag in der Tat die vorgeschlagene Formulierung weiter geraten sein, als dies Art. 8 Abs. 3 lit. d) ARL n.F. vorsieht. Aber selbst wenn der Gesetzesentwurf tatsächlich in dieser Form verabschiedet werden sollte, was bislang noch nicht geschehen ist (vgl. Email von UNHCR Berlin an den Senat vom 06.11.2014), so stehen jedoch einer unionsrechtskonformen Auslegung und Anwendung keine Hindernisse entgegen. Solange sich aber die bulgarischen Behörden und Gerichte einer solchen Handhabung nicht systematisch und durchgängig verweigern, kann von einem hier relevanten Mangel nicht gesprochen werden.
58 
Sog. Dublin-Rückkehrern steht ein Erstverfahren weiterhin offen, soweit eine persönliche Anhörung noch nicht stattgefunden hat (vgl. UNHCR II, S. 14), auch wenn nach der Gesetzeslage nach einem „Nichtbetreiben“ des Verfahrens wegen Abwesenheit über einen Zeitraum von mehr als drei Monaten das Verfahren an sich beendet ist; Folge der Fortführung ist, dass die Betroffenen wieder in das normale Aufnahmesystem integriert werden. Das Verfahren wird allerdings dann nicht mehr eröffnet, wenn eine Anhörung bereits durchgeführt und das Verfahren daraufhin endgültig abgeschlossen worden war. Dann sind die Betroffenen auf einen Folgeantrag verwiesen, was aber in Einklang mit den Vorgaben der Verfahrensrichtlinie RL 2005/85/EG steht. Nach Art. 20 Abs. 1 und 2 i.V.m. Art. 32 ist der Verweis auf ein Folgeverfahren grundsätzlich möglich. Allerdings wird hier Art. 28 Abs. 2 der Neufassung (RL 2013/32/EU) eine gewisse Anpassung erforderlich machen.
59 
Die Lage der beachtlich hohen Zahl von anerkannten international Schutzberechtigten wird durchgängig als wenig zufriedenstellend, wenn nicht gar schlecht beschrieben (vgl. etwa UNHCR II, S. 12 f). Dass ein wirklich schlagkräftiges Integrationsprogramm existieren und v.a. bereits erfolgreich praktiziert werden würde, ist für den Senat nicht ersichtlich. Allenfalls sind erste Ansätze erkennbar (vgl. HRW II, S. 4 f.). Dabei darf nicht übersehen werden, dass hier das Unionsrecht den Betroffenen lediglich Inländergleichbehandlung (vgl. etwa Art. 26. 27, 28 Abs. 1, 29, 30 RL 2011/95/EU - QRL) oder Gleichbehandlung mit anderen sich rechtmäßig aufhaltenden Ausländern (vgl. etwa Art 32 und 33 QRL) verspricht und sie damit nur teilhaben an den schlechten wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen weiter Teile der bulgarischen Bevölkerung. Diese sind dadurch gekennzeichnet, dass nach den allgemein zugänglichen Daten des Statistischen Bundesamts das Bruttoprokopfeinkommen Bulgariens im Jahre 2013 7030 USD betrug, damit noch erheblich unter dem von Rumänien (9060 USD) lag und etwa dem Niveau Südafrikas (7190 USD) entsprach. Nach den verwerteten Angaben von Eurostat (vgl. Pressemitteilung Nr. 184/2013 vom 05.12.2003) belief sich im Jahre 2012 der Anteil der Bevölkerung Bulgariens, der von Armut oder sozialer Ausgrenzung betroffen bzw. bedroht ist, auf 49 v.H. (Rumänien 42 v.H.; Niederlande und Tschechische Republik 15 v.H.). Die rechtliche Gleichbehandlung ist dabei aber, soweit für den Senat erkennbar, weitgehend hergestellt. So erhalten Flüchtlinge ebenso wie bedürftige bulgarische Staatsangehörige gleichermaßen Leistungen in Höhe von 33 EUR monatlich. Im Übrigen finden sich im Unionsrecht lediglich - teilweise wenig bestimmte - Handlungsaufträge (vgl. Art. 28 Abs. 2, Art. 34 QRL). Der Senat ist sich der Tatsache bewusst, dass etwa ohne flächendeckende Sprachkurse, namentlich für Kinder und Jugendliche, der an sich garantierte gleiche Zugang zu Bildung und Ausbildung bzw. zum Arbeitsmarkt weitgehend auf dem Papier steht und faktisch nicht eingelöst werden kann. Selbst wenn solche jedoch nicht in dieser Weise angeboten werden und teilweise nur aufgrund der Hilfe und Mitwirkung von UNHCR und Caritas durchgeführt werden können, so bedeutet dies nicht, dass deshalb eine relevante Schlechtbehandlung angenommen werden kann, auch wenn es sich um einen sicherlich bedeutsamen Aspekt (von vielen) handelt, mit dem man rechtspolitisch das Europäische Asylsystem in seiner gegenwärtigen Ausgestaltung infrage stellen kann.
60 
Die Situation unbegleiteter Minderjähriger bedürfte bei gegebenem Anlass mit Rücksicht auf Art. 31 QRL ebenfalls einer gesonderten Betrachtung.
61 
Zwar stehen die geschilderten Fortschritte auch im Zusammenhang mit den zurückgegangenen Anträgen, die wiederum zu einem wesentlichen Teil mit den nicht unionsrechts- und völkerrechtskonformen Zurückschiebungen und den nicht unbedenklichen Absperrmaßnahmen an der Grenze zur Türkei (vgl. etwa HRW I, S. 7) zusammenhängen, sie haben aber jedenfalls faktisch, worauf es allein ankommt, zu einer Situation geführt, in der zumindest für den Personenkreis von nicht ernsthaft erkrankten Alleinstehenden und Familien, zu denen keine kleinen Kinder gehören, nicht davon ausgegangen werden kann, dass durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme festgestellt werden können, dass diese im Falle einer Überstellung nach Bulgarien dort Gefahr laufen, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh ausgesetzt zu sein. Zwar sind die Zugangszahlen wieder im Steigen begriffen, jedoch sind, wie bereits ausgeführt, noch erhebliche Kapazitäten frei. Hinzu kommt (und dabei handelt es sich um einen wesentlichen Beurteilungsaspekt), dass Bulgarien - anders als im Vorjahr - nicht mehr völlig unvorbereitet und ohne Hilfe der Union und von UNHCR mit steigenden Zugangszahlen konfrontiert sein wird. Was den Personenkreis der Familien mit kleinen Kindern, ernsthaft Erkrankten und unbegleiteten Minderjährigen betrifft, lässt, weil nicht entscheidungserheblich, der Senat ausdrücklich offen, ob hier eine andere Beurteilung vorzunehmen ist, ferne läge sie jedoch nach dem oben Dargelegten nicht. In diesem Zusammenhang wäre auch ggf. zu klären, ob im Fall einer Überstellung etwa festgestellte, an sich bestehende Mängel durch konkrete Absprachen zwischen den für die Aufenthaltsbeendigung zuständigen deutschen Ausländerbehörden und den bulgarischen Behörden in einer Weise kompensiert werden können, dass eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung vermieden werden kann (vgl. EGMR, Urteil vom 04.11.2014 - 29217/12; BVerfG, Kammerbeschluss vom 17.09.2014 - 2 BvR 939/14 und 2 BvR 1795/14 - jeweils juris).
62 
3. Sonstige Mängel des angegriffenen Bescheids sind nicht gegeben. Allerdings hat die Beklagte die Ziffer 1 in der Weise formuliert, dass (nur) eine Feststellung getroffen wurde mit der Folge, dass auf den ersten Blick möglicherweise formal betrachtet nicht den Anforderungen des § 31 Abs. 6 AsylVfG genügt wird und deshalb die Gestattungswirkung des § 55 Abs. 1 AsylVfG nicht gemäß § 67 Abs. 1 Nr. 5 AsylVfG zum Erlöschen gebracht werden konnte, weshalb dann in Ermangelung einer bestehenden Ausreisepflicht die Voraussetzungen des § 34a Abs. 1 AsylVfG nicht erfüllt wären. Die angegriffene Verfügung ist jedoch auch im Hinblick auf den maßgeblichen Empfängerhorizont (vgl. §§ 133, 157 BGB entspr.) in der Weise auszulegen, dass der Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde und auch werden sollte (a.A. VG Frankfurt, Urteil vom 21.07.2014 - 7 K 352/14.F.A - juris). Denn es ist auch aus der Sicht des Klägers offensichtlich, dass die Beklagte mit ihrer Verfügung die Grundlage für den Erlass der Überstellungsentscheidung legen wollte, was aber, wie gezeigt, zwingend voraussetzt, dass die Ausreisepflicht begründet werden muss. Es wäre sinnwidrig, der Beklagten zu unterstellen, dass sie etwas verfügen wollte und in letzter Konsequenz verfügt hat, was ersichtlich insoweit ungeeignet ist (vgl. noch zu der Frage, ob trotz Erlass einer Abschiebungsanordnung eine freiwillige oder kontrollierte Ausreise ermöglicht werden muss, Senatsurteil vom 27.08.2014 - A 11 S 1285/14 - juris).
63 
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und § 83b AsylVfG. Gründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO, die es rechtfertigen würden, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 8. August 2014 - A 11 K 2448/14 - geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der am ...1984 in K.../Iran geborene Kläger, welcher iranischer Staatsangehöriger ist, wendet sich gegen die Ablehnung seines Asylantrags als unzulässig und die Anordnung der Überstellung bzw. Abschiebung nach Bulgarien.
Am 18.02.2014 suchte der Kläger in der Bundesrepublik Deutschland um Asyl nach; am 26.02.2014 stellte er einen förmlichen Asylantrag. Bei einer Anhörung zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats für die Durchführung des Asylverfahrens beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Karlsruhe am 27.02.2014 gab der Kläger an: Ende Januar 2014 habe er den Iran verlassen, in Istanbul habe er zehn bis zwölf Tage Aufenthalt gehabt. Mit einem Lkw seien sie dann in etwa 48 Stunden nach Paris gefahren worden. Dort habe er einen Zug nach Hamburg genommen. Am Grenzübergang Kehl sei er von der Polizei aufgegriffen worden. Er habe in keinem anderen Staat Asyl beantragt oder erhalten. Ihm seien auch in keinem anderen Staat die Fingerabdrücke abgenommen worden.
Nachdem der Abgleich der Fingerabdrücke des Klägers mit den in der Eurodac-Datenbank enthaltenen ergeben hatte, dass er in Bulgarien bereits registriert worden war, stellte das Bundesamt am 21.03.2014 ein auf Art. 10 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 vom 18.02.2003 (Dublin-II-Verordnung = VO Dublin II), nämlich wegen illegaler Einreise über die Außengrenze vor weniger als zwölf Monaten, gestütztes Aufnahmegesuch an die bulgarischen Behörden. Diese erklärten mit Schreiben vom 16.05.2014, sie stimmten dem Ersuchen zu (nach Art. 13 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26.06.2013, Dublin-III-Verordnung = VO Dublin III). Der Kläger sei bei ihnen mit dem Namen K... K... und dem Geburtsdatum ...1985 registriert.
Mit Bescheid vom 21.05.2014 entschied das Bundesamt, der Asylantrag des Klägers sei unzulässig (Ziff. 1), und ordnete seine Abschiebung nach Bulgarien an (Ziff. 2). Die Unzulässigkeit des Asylantrags folge aus § 27a AsylVfG, weil Bulgarien aufgrund von Art. 13 Abs. 1 VO Dublin III für die Behandlung des Asylantrags zuständig sei.
Am 26.05.2014 erhob der Kläger beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage und beantragte zugleich die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Zur Begründung trug er im Wesentlichen vor: Der Bescheid vom 21.05.2014 sei rechtswidrig. Die Asylverfahren in Bulgarien wiesen systemische Mängel auf, die für den Fall einer Abschiebung nach Bulgarien zu einer Schlechtbehandlung im Sinne des Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und des Art. 4 der Grundrechtecharta (GRCh) führen würden. Es sei unbestritten, dass das Asylsystem in Bulgarien schwere Mängel aufweise. So habe UNHCR in einer Stellungnahme vom Januar 2014 ausdrücklich von einer Rücküberstellung im Rahmen des Dublin-Systems abgeraten. Zwar sei diese Empfehlung in der Stellungnahme vom April 2014 abgeschwächt worden. Gleichwohl bestehe Einigkeit, dass das System weiterhin extrem belastet sei und schwerwiegende Mängel aufweise, so dass die weitere Entwicklung genauestens beobachtet werden müsse. Aus Berichten der Organisation Human Rights Watch vom 25.04.2014, von amnesty international vom 31.03.2014 und ECRE (European Council on Refugees and Exiles) sowie aus einer Dokumentation von bordermonitoring lasse sich entnehmen, dass von einer Rücküberstellung abgeraten werde. Die dortigen und auch die jetzigen Erkenntnisse deckten sich mit den persönlichen Erlebnissen des Klägers. Er habe sich tatsächlich im Herbst 2013 in einem „closed camp“ in Bulgarien aufgehalten und sei dann nach ca. einem Monat mit der Bemerkung „go to the city and come back in 6 months“ auf freien Fuß gesetzt worden.
Die Beklagte trat der Klage unter Berufung auf den angegriffenen Bescheid entgegen und verwies ergänzend unter anderem auf den Bericht des UNHCR vom April 2014, in welchem nicht mehr von Überführungen nach Bulgarien abgeraten werde.
Mit Urteil vom 08.08.2014 - A 11 K 2448/14 - hob das Verwaltungsgericht den Bescheid des Bundesamts vom 21.05.2014 auf. Zur Begründung wurde unter anderem dargelegt: Die Voraussetzungen des § 27a AsylVfG lägen nicht vor. Zwar sei Bulgarien aufgrund von Art. 13 Abs. 1 VO Dublin III für die Behandlung des Asylantrags zuständig. Der Kläger wäre im Falle einer Überstellung nach Bulgarien indes einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh ausgesetzt. Der Bericht des UNHCR vom 02.01.2014, Pressemitteilungen von amnesty international vom 31.03.2014 und von Pro Asyl vom 23.05.2014 sowie eine Stellungnahme von ECRE vom 07.04.2014 begründeten hinreichend deutlich die Annahme, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Bulgarien systemische Mängel aufwiesen mit der daraus resultierenden Gefahr für den Kläger, dort im Falle der Überstellung einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein.
Das Verwaltungsgericht ordnete außerdem mit Beschluss vom 11.08.2014 - A 11 K 2449/14 - die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die im Bescheid vom 21.05.2014 enthaltene Abschiebungsanordnung an.
Auf den am 25.08.2014 gestellten Antrag der Beklagten hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg mit Beschluss vom 07.10.2014 - A 3 S 1652/14 - die Berufung zugelassen. Mit am 27.10.2014 eingegangenem Schriftsatz hat die Beklagte einen Berufungsantrag gestellt und zur Begründung auf die Ausführungen im Zulassungsantrag sowie im Zulassungsbeschluss Bezug genommen.
10 
Die Beklagte beantragt,
11 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 8. August 2014 - A 11 K 2448/14 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
12 
Der Kläger beantragt,
13 
die Berufung zurückzuweisen.
14 
Er bezieht sich zur Begründung auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts Stuttgart im angegriffenen Urteil. Das bulgarische Asylregime sei von systemischen Mängeln geprägt. Insoweit werde auf einen Bericht der Organisation bordermonitoring vom Juli 2014 verwiesen, in welchem die Forderung erhoben werde, Abschiebungen nach Bulgarien zu unterlassen. Auch in der Rechtsprechung werde von systemischen Mängeln im bulgarischen Asylverfahren ausgegangen.
15 
In der mündlichen Verhandlung ist der Kläger angehört worden. Er hat die Kopie einer iranischen Nationalkarte übergeben und zu seinem Reiseweg erklärt: Er habe den Iran etwa sechs Monate vor seiner Einreise nach Deutschland verlassen und sei zu Fuß von der Türkei aus nach Bulgarien eingereist. Er sei dann inhaftiert und zunächst mehrere Tage in einem Käfig, dann fünf Tage in einem kleineren Gefängnis und etwa zwei Wochen in einem Zentralgefängnis festgehalten worden. Gegen Geld sei er schließlich freigelassen worden. Er habe keinen Asylantrag stellen wollen, weil er befürchtet habe, dass er andernfalls in den Iran abgeschoben werde. Nach mehreren Anläufen sei es ihm gelungen, nach Serbien auszureisen, wo er sich zwei Monate lang aufgehalten habe. Mit Hilfe eines Schleppers sei er dann nach Paris und von dort aus nach Deutschland weitergereist. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
16 
Dem Senat liegen die Akten des Bundesamts (ein Heft) und die des Verwaltungsgerichts Stuttgart über das Klageverfahren (A 11 K 2448/14) und das Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (A 11 K 2449/14) vor. Der Inhalt dieser Akten sowie der Gerichtsakten über das Berufungsverfahren (A 11 S 2042/14) und die Erkenntnismittel, die in der den Beteiligten vorab übersandten Liste aufgeführt bzw. ergänzend in die mündliche Verhandlung eingeführt worden sind, sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen; hierauf wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
A)
17 
Die zulässige, insbesondere unter Stellung eines Antrags rechtzeitig und formgerecht begründete Berufung der Beklagten hat Erfolg.
18 
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 08.08.2014, mit welchem dieses auf die Klage des Klägers hin den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 21.05.2014 aufgehoben hat, ist zu ändern. Die (Anfechtungs-)Klage ist zwar zulässig (vgl. zur statthaften Klageart in so genannten Dublin-Fällen ausführlich Senatsurteil vom 16.04.2014 - A 11 S 1721/13 - InfAuslR 2014, 293; Bay. VGH, Beschluss vom 02.02.2015 - 13a ZB 50068 - juris; Hamb. OVG, Beschluss vom 02.02.2015 - 1 Bf 208/14.AZ - juris; jew. m.w.N.). Sie ist aber nicht begründet, weil der Bescheid vom 21.05.2014, mit welchem der Asylantrag als unzulässig qualifiziert (Ziff. 1) und die Abschiebung des Klägers nach Bulgarien angeordnet wurde (Ziff. 2), den Kläger jedenfalls nicht in geschützten Rechten verletzt.
I.
19 
Die Entscheidung unter Ziffer 1 des Bescheids ("Der Asylantrag ist unzulässig.") - welche als Ablehnung des Asylantrags als unzulässig und nicht als feststellender Verwaltungsakt auszulegen ist (vgl. dazu Senatsurteil vom 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 - InfAuslR 2015, 77) - folgt aus § 27a AsylVfG. Danach ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Hier ist das Bundesamt zu Recht davon ausgegangen, dass Bulgarien als für die Durchführung des Asylverfahrens zuständiger Mitgliedstaat anzusehen war und ist.
20 
Die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats für die Prüfung des Asylantrags bzw. des Antrags auf internationalen Schutz des Klägers richtet sich nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26.06.2013 (Dublin-III-Verordnung = VO Dublin III). Weil der Kläger nach dem 31.12.2013 in Deutschland einen Asylantrag gestellt hat, ist hier gemäß Art. 49 Abs. 2 VO Dublin III insgesamt die Dublin-III-Verordnung und nicht mehr die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 vom 18.02.2003 (Dublin-II-Verordnung = VO Dublin II) anzuwenden. Nach Art. 3 Abs. 1 VO Dublin III prüfen die Mitgliedstaaten jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III der Verordnung als zuständiger Staat bestimmt wird. Lediglich in Fällen, in denen sich nach den Kriterien der Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen lässt, ist gemäß Art. 3 Abs. 2 VO Dublin III der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.
21 
Danach ist von einer Zuständigkeit Bulgariens für die Prüfung des am 26.02.2014 in Deutschland gestellten Antrags des Klägers auszugehen (1.). Eine Überstellung nach Bulgarien ist auch nicht mit Blick auf das bulgarische Asylverfahren und die dortigen Aufnahmebedingungen als unmöglich anzusehen (2.). Gründe, die trotz der demzufolge anzunehmenden Zuständigkeit Bulgariens zu einer Rechtswidrigkeit der Entscheidung des Bundesamts führen könnten, sind nicht ersichtlich (3.).
22 
1. Die Zuständigkeit Bulgariens für die Prüfung des Asylbegehrens des Klägers folgt hier prinzipiell aus Art. 13 Abs. 1 Satz 1 VO Dublin III. Die gegebenenfalls vorgehenden (vgl. Art. 7 Abs. 1 VO Dublin III) Regelungen der Art. 8 bis 12 VO Dublin III sind nicht einschlägig. Nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 VO Dublin III ist ein Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz eines Antragstellers zuständig, wenn auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Art. 22 Abs. 3 der Verordnung genannten Verzeichnissen, einschließlich der Daten nach der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 (vom 26.06.2013 über die Einrichtung von Eurodac für den Abgleich von Fingerabdruckdaten) festgestellt wurde, dass dieser aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze des betreffenden Mitgliedstaats illegal überschritten hat. Hier hat der Abgleich der Fingerabdrücke des Klägers mit den so genannten Eurodac-Daten ergeben, dass er in Bulgarien - mit dem Namen K... K... und dem Geburtsdatum ...1985 - bereits registriert worden war. Inzwischen hat er selbst eingeräumt, schon im Herbst 2013 aus der Türkei, also einem Drittstaat, kommend, die Grenze nach Bulgarien überschritten zu haben.
23 
Damit war - vorbehaltlich späterer Sachverhaltsänderungen - gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. a VO Dublin III auch eine Verpflichtung Bulgariens zur Aufnahme des Klägers eingetreten, falls dieser in einem anderen Mitgliedstaat - wie hier in Deutschland - einen Antrag auf internationalen Schutz stellt. Die Vorschriften des Art. 18 Abs. 1 lit. b, c oder d VO Dublin III über eine Wiederaufnahme - nach bereits im zuständigen Mitgliedstaat erfolgter Antragstellung - greifen hier nicht. Schließlich hat der Kläger bei seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung Wert darauf gelegt klarzustellen, dass er in Bulgarien keinen Asylantrag gestellt hatte. Der Senat sieht anders als der Prozessbevollmächtigte des Klägers keinen Anlass, daran zu zweifeln, dass dies zutrifft. Dafür spricht auch der Umstand, dass die Übernahmeerklärung Bulgariens vom 16.05.2014 keine Anhaltspunkte für ein bereits in Bulgarien eingeleitetes oder gar durchgeführtes Asylverfahren des Klägers enthält, insbesondere wird nicht etwa - wie in anderen Fällen - eine Bereitschaft zur Wiederaufnahme (statt zur „Aufnahme“) nach Art. 18 Abs. 1 lit. b, c oder d VO Dublin III erklärt. Letztlich kommt es darauf aber nicht an. Hätte der Kläger entgegen seinen Angaben in Bulgarien bereits einen Asylantrag gestellt gehabt, wäre Bulgarien prinzipiell nach Art. 18 Abs. 1 lit. b bzw. - wenn der Antrag bereits abgelehnt worden wäre - nach Art. 18 Abs. 1 lit. d VO Dublin III zur Wiederaufnahme verpflichtet.
24 
Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Zuständigkeit Bulgariens und dessen Aufnahmeverpflichtung bereits vor Asylantragstellung in Deutschland am 26.02.2014 (etwa durch die Ausreise des Klägers von Bulgarien nach Serbien und seinen zweimonatigen Aufenthalt dort [vgl. Art. 19 Abs. 2 VO Dublin III] oder wegen Ablaufs der Zwölfmonatsfrist des Art. 13 Abs. 1 Satz 2 VO Dublin III) oder später (zum Beispiel wegen des Ablaufs von Ersuchens- oder Überstellungsfristen nach Art. 21 ff., 29 VO Dublin III) entfallen wäre.
25 
Allerdings kann nach der Dublin-III-Verordnung die einmal gegebene (gegebenenfalls bis zur Stellung eines förmlichen Antrags auf internationalen Schutz "schwebende") Zuständigkeit eines Mitgliedstaats für die Prüfung eines Antrags aus diversen Gründen wieder enden. So erlöschen zum Beispiel gemäß Art. 19 Abs. 2 VO Dublin III die Aufnahme- bzw. Wiederaufnahmepflichten nach Art. 18 Abs. 1 VO Dublin III, wenn der zuständige Mitgliedstaat (hier Bulgarien) nachweisen kann, dass der Antragsteller oder eine andere Person im Sinne des Art. 18 Abs. 1 lit. c oder d VO Dublin III, um dessen Aufnahme oder Wiederaufnahme er ersucht wurde, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten für mindestens drei Monate verlassen hat (hier durch die Ausreise nach Serbien, wo der Kläger sich seinen Angaben nach aber nur zwei Monate lang aufgehalten hat), es sei denn, die betreffende Person ist im Besitz eines vom zuständigen Mitgliedstaat ausgestellten Aufenthaltstitels. Umstritten ist zudem, ob nicht über Art. 19 Abs. 2 VO Dublin III hinaus eine zunächst nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 VO Dublin III begründete Zuständigkeit eines Mitgliedstaats (hier Bulgariens) dann allein durch eine Ausreise des Betreffenden in einen Drittstaat (wie hier Serbien) wieder erlischt, wenn zuvor in diesem "Mitgliedstaat der ersten Einreise" kein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist (vgl. zum Streitstand: GK-AsylVfG, Stand: Nov. 2014, § 27a Rn. 132; Filzwieser/Sprung, Dublin III-Verordnung, Kom., 2014, Art. 19, K 6, Art. 13, K 14, jew. m.w.N.; vgl. auch EuGH, Urteil vom 10.12.2013 - C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208). Die Zuständigkeit nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 VO Dublin III endet außerdem 12 Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts (Art. 13 Abs. 1 Satz 2 VO Dublin III), das bedeutet wenn bis zur Antragstellung in einem anderen Mitgliedstaat mehr als 12 Monate vergangen sind (vgl. zur Vorgängerregelung des Art. 10 Abs. 1 Satz 1 VO Dublin II OVG NRW, Urteil vom 07.03.2014 - 1 A 21/12.A - AuAS 2014, 118). Zudem bestimmt Art. 21 Abs. 1 VO Dublin III, dass das Aufnahmeersuchen des Mitgliedstaats so bald wie möglich, spätestens aber innerhalb von drei Monaten nach Antragstellung (hier 26.02.2014), im Falle einer Eurodac-Treffermeldung innerhalb von zwei Monaten nach Erhalt der Treffermeldung (hier am 21.02.2014) zu stellen ist. Wird es nicht innerhalb dieser Fristen unterbreitet, so ist der Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für die Prüfung des Antrags zuständig. Außerdem hat nach Art. 29 Abs. 1 UA. 1 VO Dublin III (hier i.V.m. Art. 18 Abs. 1 lit. a VO Dublin III) die Überstellung zu erfolgen "sobald dies praktisch möglich ist und spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat oder der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diese gemäß Artikel 27 Absatz 3 aufschiebende Wirkung hat". Wird die Überstellung nicht innerhalb der Frist durchgeführt, ist gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 1 VO Dulin III der zuständige Mitgliedstaat nicht mehr zur Aufnahme oder Wiederaufnahme der betreffenden Person verpflichtet und die Zuständigkeit geht auf den ersuchenden Mitgliedstaat über.
26 
Diese Regelungen über einen Zuständigkeitsübergang bzw. eine Beendigung der Zuständigkeit begründen aber kein subjektives Recht des betreffenden Antragstellers.
27 
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Dublin-II-Verordnung (vgl. Urteile vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - NVwZ 2012, 417, vom 14.11.2013 - C-4/11, Puid - NVwZ 2014, 129, und insbesondere vom 10.12.2013 - C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208; vgl. auch Senatsurteil vom 16.04.2014 - A 11 S 1721/13 - InfAuslR 2014, 293) haben Antragsteller auf internationalen Schutz - sofern spezialgesetzlich keine besonderen Ausnahmen geregelt sind (wie z.B. Art. 10 VO Dublin III) - grundsätzlich kein subjektives Recht auf Prüfung ihres Antrags in einem bestimmten Mitglied- oder Vertragsstaat, so dass Fehler bei der Auslegung und bei der Anwendung der Zuständigkeitsregelungen der Verordnung grundsätzlich irrelevant sind. Hat zum Beispiel ein Mitgliedstaat der Aufnahme oder Wiederaufnahme eines Antragstellers zugestimmt, etwa als "Mitgliedstaat der ersten Einreise" (nach Art. 10 Abs. 1 Satz 1 VO Dublin II bzw. Art. 13 Abs. 1 Satz 1 VO Dublin III), kann der betreffende Antragsteller der Annahme, dieser sei zuständig, vielmehr nur entgegenhalten, dass in dem betreffenden Staat systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber gegeben sind, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh ausgesetzt zu werden (EuGH, Urteil vom 10.12.2013 - C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208, m.w.N.; siehe dazu weiter unter 2.). Daraus folgt - dem unionsrechtlichen System immanent - notwendigerweise, dass auch ein allein wegen des Ablaufs einer Frist für die Stellung eines Aufnahme- bzw. Wiederaufnahmeersuchens oder für die Durchführung einer Überstellung erfolgter gesetzlicher Übergang der Zuständigkeit noch kein subjektives Recht des betroffenen Antragstellers berühren kann (vgl. zur Dublin-II-Verordnung: Senatsurteile vom 16.04.2014 - A 11 S 1721/13 - InfAuslR 2014, 293, vom 27.08.2014 - A 11 S 1285/14 - NVwZ 2015, 92, und vom 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 - InfAuslR 2015, 77; ebenso OVG Schl.-Holst., Beschluss vom 24.02.2015 - 2 LA 15/15 - juris; Nieders. OVG, Beschluss vom 06.11.2014 - 13 LA 66/14 - juris; Hess. VGH, Beschluss vom 25.08.2014 - 2 A 975/14 A - juris; OVG Rheinl.-Pfalz, Urteil vom 21.02.2014 - 10 A 10656/13 - juris; so wohl auch BVerwG, Beschlüsse vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - NVwZ 2014, 1093, und vom 14.07.2014 - 1 B 9.14, 1 PKH 10.14 - juris; Berlit, jurisPR-BVerwG, 17/2014, Anm. 2). Entgegen verschiedener gegenteiliger Stimmen in der verwaltungsgerichtlichen Judikatur (vgl. etwa VG Düsseldorf, Urteil vom 05.02.2015 - 22 K 2262/14.A - juris) ist davon auszugehen, dass dieser Fragenkomplex durch den Europäischen Gerichtshof eindeutig beantwortet worden ist. Hieran hat sich durch die mittlerweile in Kraft getretene Dublin-III-Verordnung nichts Grundsätzliches geändert. Etwas anderes folgt insbesondere ersichtlich nicht allein aus dem Umstand, dass in dieser möglicherweise der gerichtliche Rechtsschutz tendenziell aufgewertet wurde (vgl. den 19. Erwägungsgrund; vgl. aber auch schon Art. 19 Abs. 2 Sätze 3 und 4 VO Dublin II und Art. 47 GRCh; so aber VG Karlsruhe, Beschluss vom 30.11.2014 - A 5 K 20026/14 - juris). Zur Klarstellung weist der Senat darauf hin, dass davon die Frage unberührt bleibt, ob nicht im Falle einer unzumutbaren Verzögerung der Durchführung des (Wieder-)Aufnahme- und/oder Überstellungsverfahrens für die Betroffenen die Möglichkeit besteht, eine sachliche Prüfung durch den Antragsmitgliedstaat zu erzwingen (vgl. 16.04.2014 - A 11 S 1721/13 - InfAuslR 2014, 293).
28 
Ausgehend davon hätte die Klage selbst dann keinen Erfolg, wenn Bulgarien wegen der Ausreise des Klägers von Bulgarien nach Serbien und des zweimonatigen Aufenthalts in Serbien, des Verstreichens der Frist des Art. 13 Abs. 1 Satz 2 VO Dublin III oder der Nichteinhaltung von Ersuchens- oder Überstellungsfristen nicht (mehr) für die Prüfung des Asylgesuchs des Klägers zuständig wäre. Denn es hat dem Übernahmeersuchen des Bundesamts mit Schreiben vom 16.05.2014 ausdrücklich - nach Art. 13 Abs. 1 VO Dublin III - zugestimmt. Hier kann auch von einem Fortbestehen der Übernahmebereitschaft ausgegangen werden. Dies bedürfte allerdings gegebenenfalls weiterer Klärung, wenn nach Abgabe der Zustimmungserklärung Umstände eingetreten wären, die zu einem Erlöschen der Zuständigkeit geführt haben könnten. In diesem Zusammenhang kann zu prüfen sein, ob die Überstellungsfrist nicht abgelaufen ist. Wie ausgeführt, könnte sich ein Antragsteller zwar allein auf den Fristablauf nicht mit Erfolg berufen. Es wäre dann aber gegebenenfalls der Frage nachzugehen, ob der ersuchte Mitgliedstaat tatsächlich noch zur Aufnahme bzw. Wiederaufnahme bereit ist. Ist das nicht der Fall, wäre nicht nur die Abschiebungsanordnung nach Bulgarien unter Ziffer 2 des Bescheids des Bundesamts (vgl. dazu auch Senatsurteil vom 27.08.2014 - A 11 S 1285/14 - InfAuslR 2014, 452, Rn. 59), sondern möglicherweise auch - weil dann die Zuständigkeit gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 1 VO Dublin III auf den ersuchenden Mitgliedstaat übergegangen ist (vgl. dazu Filzwieser/Sprung, a.a.O., Art. 29, K 9) und der Antragsteller sich wohl auf die fehlende Aufnahmebereitschaft des ersuchten Mitgliedstaats berufen kann - auch die Entscheidung unter Ziffer 1 über die Unzulässigkeit des Antrags aufzuheben. Im Falle des Klägers ist indes die an sich mit Abgabe der Zustimmung Bulgariens am 16.05.2014 beginnende sechsmonatige Überstellungsfrist des Art. 29 Abs. 1 UA. 1 VO Dublin III vor dem Hintergrund des am 26.05.2014 eingereichten Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO und der in diesem Verfahren mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 11.08.2014 - A 11 K 2449/14 - erfolgten Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die im Bescheid vom 21.05.2014 enthaltene Abschiebungsanordnung auch tatsächlich noch nicht abgelaufen (vgl. Art. 29 Abs. 1 UA. 1 i.V.m. Art. Art. 27 Abs. 3 VO Dublin III). Es kann daher weiter von einer Übernahmebereitschaft Bulgariens ausgegangen werden.
29 
2. Die Entscheidung unter Ziffer 1 des angegriffenen Bescheids ist auch nicht deshalb rechtswidrig, weil es als unmöglich im Sinne des Art. 3 Abs. 2 UA. 2 VO Dublin III anzusehen wäre, den Kläger nach Bulgarien zu überstellen.
30 
a) Nach dieser Regelung ist die Prüfung der Zuständigkeit für einen Antrag auf internationalen Schutz nach den in Kapitel III der Dublin-III-Verordnung vorgesehenen Kriterien fortzusetzen - um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann - , wenn es sich als unmöglich erweist, "einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen". Damit wird insbesondere die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Dublin-II-Verordnung (Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - NVwZ 2012, 417; vgl. dazu auch Urteil vom 10.12.2013 - C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208, und EGMR, Urteil vom 21.01.2011 - Nr. 30696/09, M.S.S./Belgien - NVwZ 2011, 413) umgesetzt, wonach ein Mitglied- oder Vertragsstaat unter bestimmten Umständen im Rahmen der Prüfung seines Rechts auf Selbsteintritt (vgl. Art. 17 Abs. 1 VO Dublin III, Art. 3 Abs. 3 VO Dublin II) dazu verpflichtet ist, von der Rückführung in den an sich zuständigen Mitgliedstaat abzusehen.
31 
Dabei kann einerseits jeder Mitgliedstaat grundsätzlich davon ausgehen, dass alle an dem Gemeinsamen Europäischen Asylsystem beteiligten Staaten die Grundrechte einschließlich der Rechte, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten finden, beachten und dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen. Auf dieser Grundlage besteht zunächst eine widerlegbare Vermutung dafür, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat den Anforderungen der Grundrechtecharta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten genügt. Andererseits ist es möglich, dass in diesem System in der Rechtsanwendungspraxis in einem bestimmten Mitgliedstaat erhebliche Funktionsstörungen zutage treten und dieses zur absehbaren Folge hat, dass eine ernstzunehmende Gefahr besteht, dass Asylbewerber bei einer Überstellung in diesen Mitgliedstaat in einer Weise behandelt werden, die mit ihren Menschenrechten unvereinbar ist.
32 
Allerdings stellt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht jeder vereinzelte Verstoß gegen eine Bestimmung der Dublin-II-VO bzw. der Dublin-III-VO und auch nicht einmal jede Verletzung eines Grundrechts, wie von Art. 4 GRCh, durch den zuständigen Mitgliedstaat das Zuständigkeitssystem grundsätzlich infrage. Nach der Sichtweise des Europäischen Gerichtshofs stünde andernfalls nicht weniger als der Daseinsgrund der Union und die Verwirklichung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, konkret des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, auf dem Spiel (EuGH, Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - NVwZ 2012, 417). Das Dublin-Zuständigkeitssystem ist deshalb nur dann (teilweise) zu suspendieren, wenn einem Mitgliedstaat aufgrund der ihm vorliegenden Informationen nicht unbekannt sein kann, dass systemische Mängel oder Schwachstellen (vgl. zum Begriff jetzt Art. 3 Abs. 2 UA. 2 VO Dublin III) des Asylverfahrens und (bzw. genauer: oder) der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller dort Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh ausgesetzt zu sein (vgl. EuGH, Urteile vom 21.12.2011, a.a.O., und vom 14.11.2013 - C-4/11, Puid - NVwZ 2014, 129).
33 
Systemische Schwachstellen sind solche, die entweder bereits im Asyl- und Aufnahmeregime selbst angelegt sind und von denen alle Asylbewerber oder bestimmte Gruppen von Asylbewerbern deshalb nicht zufällig und im Einzelfall, sondern vorhersehbar und regelhaft betroffen sind, oder aber tatsächliche Umstände, die dazu führen, dass ein theoretisch sachgerecht konzipiertes und nicht zu beanstandendes Asyl- und Aufnahmesystem - aus welchen Gründen auch immer - faktisch ganz oder in weiten Teilen seine ihm zugedachte Funktion nicht mehr erfüllen kann und weitgehend unwirksam wird (vgl. auch BVerwG, Beschlüsse vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - NVwZ 2014, 1093, und vom 06.06.2014 - 10 B 35.14 - NVwZ 2014, 1677). Dabei ist der Begriff der systemischen Schwachstelle nicht in einer engen Weise derart zu verstehen, dass er geeignet sein muss, sich auf eine unüberschaubare Vielzahl von Antragstellern auszuwirken. Vielmehr kann ein systemischer Mangel auch dann vorliegen, wenn er von vornherein lediglich eine geringe Zahl von Asylbewerbern betreffen kann, sofern er sich nur vorhersehbar und regelhaft realisieren wird und nicht gewissermaßen dem Zufall oder einer Verkettung unglücklicher Umstände bzw. Fehlleistungen von in das Verfahren involvierten Akteuren geschuldet ist (vgl. hierzu Lübbe, ZAR 2014, 97 ff.; Senatsurteil vom 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 - InfAuslR 2015, 77).
34 
Wesentliche Kriterien für die zu entscheidende Frage, ob eine unmenschliche oder erniedrigende (bzw. "entwürdigende") Behandlung vorliegt, finden sich in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 3 EMRK (vgl. Urteile vom 21.01.2011 - Nr. 30696/09, M.S.S./Belgien - NVwZ 2011, 413, vom 04.11.2014 - Nr. 29217/12, Tharakel/Schweiz - juris, und Entscheidung vom 05.02.2015 - Nr. 51428/10, A.M.E./Niederlande - juris) der mit Art. 4 GRCh übereinstimmt (vgl. zu den Anforderungen ausführlich Senatsurteil vom 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 - InfAuslR 2015, 77, m.w.N.). Die Annahme einer drohenden Verletzung des Grundrechts aus Art. 4 GRCh muss durch wesentliche Gründe (Art. 3 Abs. 2 UA. 2 VO Dublin III; vgl. auch EuGH, Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - NVwZ 2012, 417: "ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe") gestützt werden. Das bedeutet, dass die festgestellten Tatsachen hinreichend verlässlich und aussagekräftig sein müssen; nur unter dieser Voraussetzung ist es nach der maßgeblichen Sicht des Europäischen Gerichtshofs gerechtfertigt, von einer Widerlegung des „gegenseitigen Vertrauens“ der Mitgliedstaaten untereinander auszugehen. In diesem Zusammenhang müssen die festgestellten Tatsachen und Missstände verallgemeinerungsfähig sein, um die Schlussfolgerung zu rechtfertigen, dass es nicht nur vereinzelt, sondern immer wieder und regelhaft zu Grundrechtsverletzungen nach Art. 4 GRCh kommt. Das bei einer wertenden und qualifizierten Betrachtungsweise zugrunde zu legende Beweismaß ist das der beachtlichen Wahrscheinlichkeit im herkömmlichen Verständnis der höchstrichterlichen Rechtsprechung, das sich nicht von dem in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte entwickelten Beweismaß des „real risk“ unterscheidet (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2013 - 10 C 23.12 - NVwZ 2013, 936; Beschluss vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - juris).
35 
Hinzukommen muss immer, dass der konkrete Schutzsuchende auch individuell betroffen wäre. Es genügt nicht, dass lediglich abstrakt bestimmte strukturelle Schwachstellen festgestellt werden, wenn sich diese nicht auf den konkreten Antragsteller auswirken können. Dabei ist zu berücksichtigen, dass - eine systemische Schwachstelle unterstellt - einer drohenden Verletzung von Art. 4 GRCh im konkreten Einzelfall gegebenenfalls vorrangig dadurch "vorgebeugt" werden kann, dass die Bundesrepublik Deutschland die Überstellung im Zusammenwirken mit dem anderen Mitgliedstaat so organisiert, dass eine solche nicht eintreten kann (vgl. EGMR, Urteil vom 04.11.2014 - Nr. 29217/12, Tharakel/Schweiz - juris; BVerfG, Kammerbeschluss vom 17.09.2014 - 2 BvR 939/14 und 2 BvR 1795/14 - juris).
36 
b) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass nach den verwerteten Erkenntnismitteln keine ausreichenden Anhaltspunkte bzw. "wesentlichen Gründe" für die Annahme bestehen, dass das Asylverfahren und/oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Bulgarien derzeit systemische Schwachstellen im Sinne des Art. 3 Abs. 2 UA. 2 VO Dublin III bzw. der angeführten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - NVwZ 2012, 417) aufweisen, die gerade den Kläger der konkreten Gefahr aussetzen würden, im Falle einer Rücküberstellung nach Bulgarien eine menschenunwürdige Behandlung erfahren zu müssen.
37 
Zur Frage, ob das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Bulgarien entsprechende Defizite aufweisen, hat der Senat im Urteil vom 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 - (InfAuslR 2015, 77; die (Nichtzulassungs-)Beschwerde gegen dieses Urteil wurde mit Beschluss des BVerwG vom 10.03.2015 - 1 B 7.15 - zurückgewiesen; vgl. auch Senatsurteil vom 10.11.2014 - A 11 S 1713/14 -, nicht veröff.) ausgeführt:
38 
"...Aus den Erkenntnismitteln wird hinreichend deutlich, dass in Bulgarien ein ausreichend ausdifferenziertes Verfahren zur Aufnahme von Flüchtlingen und zur Durchführung eines effektiven Prüfungs- und Anerkennungsverfahrens installiert ist, das - von einzelnen Unzulänglichkeiten, die allerdings allenfalls abgrenzbare Personengruppen betreffen können, abgesehen (vgl. hierzu im Folgenden) - den auch unionsrechtlich zu stellenden Anforderungen noch genügt und eine ordnungsgemäße Behandlung der Flüchtlinge ermöglicht (siehe die Darstellung im Urteil des österreichischen BVwG vom 03.10.2014 - W212 2009059-1 -, S. 3 ff.; vgl. ausführlich auch den von der Beklagten zum Gegenstand ihres Vortrags gemachten Bericht „Aida, Asylum Information Database - National Country Report Bulgaria“, April 2014, S. 14 - im Folgenden aida).
39 
Der Senat geht zunächst davon aus, dass, bedingt durch die im Laufe des Jahres 2013 erheblich angestiegene Zahl von Antragstellern (vgl. Eurostat, Asylum and new asylum applicants by citizenship, age and sex Monthly Data, Last update 22.10.2014; Email UNHCR Berlin an den Senat vom 06.11.2014; UNHCR, Bulgaria As a Country of Asylum, 02.01.2014, S. 4 - im Folgenden UNHCR I), die u.a. wegen des bereits lange dauernden internen Konflikts in Syrien vermehrt über die türkisch-bulgarische Grenze gekommen waren, das bulgarische Asylsystem, das trotz entsprechender Warnungen völlig unvorbereitet war, total überfordert, wenn nicht gar kollabiert war. Dies hatte erhebliche negative Auswirkungen auf alle Phasen und Aspekte des Asylsystems. So war schon ein effektiver Zugang zum Asylverfahren, insbesondere aus einer bestehenden Abschiebehaft, nicht mehr gewährleistet (vgl. UNHCR I, S. 7; aida, S. 16 f.). Folge hiervon war nicht nur, dass eine bestehende Haft nach Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz in unverhältnismäßiger und unzulässiger Weise (bis zu 45 oder gar 60 Tagen) fortdauern konnte, wie dies möglicherweise auch beim Kläger der Fall war, sondern auch, dass der mit der Registrierung als Antragsteller verbundene Zugang zu Unterkunft, Verpflegung, medizinischer Versorgung etc. nicht oder jedenfalls nicht in zumutbarer Zeit erreichbar war. Die Unterbringung in den „Reception Centres“ bzw. „Registration and Reception Centres“ wurde übereinstimmend fast ausnahmslos als weit unter den Standards des unionsrechtlich in den Aufnahmerichtlinien festgelegten Minimums qualifiziert und als menschenunwürdig beschrieben (vgl. aida, S. 41 ff.; Human Rights Watch, Containment Plan - Bulgaria’s Pushbacks and Detention of Syrian and Other Asylum Seekers and Migrants, April 2014, S. 46 ff. - im Folgenden HRW I; UNHCR I, S. 9 f.). Die einzige Ausnahme bildete das Kovachevtsi Centre. Verschärft wurde die Situation noch durch den Umstand, dass anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte, die eigentlich verpflichtet waren, innerhalb kurzer Zeit (wohl 14 Tagen) die Zentren zu verlassen, weiter dort verbleiben mussten und letztlich durften, weil sie andernfalls - unfähig, selbstverantwortlich eine Unterkunft zu finden und zu bezahlen - obdachlos geworden wären (bordermonitoring u.a., Trapped in Europe’s Quagmire: The Situation of Asylum Seekers and Refugees in Bulgaria, 2014, S. 19 f. - im Folgenden bordermonitoring I). Auch wurde immer wieder von körperlichen Übergriffen auf den Polizeistationen und in den Zentren berichtet (HRW I, S. 31 ff.), u.a. auch eine Folge der vollständigen physischen und psychischen Überforderung des dort tätigen Personals. Angesichts der unerträglichen Situation in den Zentren, insbesondere auch der unzumutbaren Überbelegung erklärte eine Vielzahl von Antragstellern einen Verzicht auf eine weitere dortige Unterbringung mit der Folge, dass sie auch jegliche Ansprüche auf Verpflegung etc. verloren hatten und gewissermaßen auf der Straße gelandet waren und erst infolge der eingetretenen Entlastung des bulgarischen Asylsystems (vgl. hierzu im Folgenden) nunmehr wieder in dieses integriert werden können (vgl. HRW I, S. 61 ff.; bordermonitoring I, S. 17 f.; UNHCR, Bulgarien als Asylland, April 2014, S. 10 - im Folgenden UNHCR II). Bei dieser Ausgangslage musste zwangsläufig auch die Behandlung von Kindern, insbesondere unbegleiteten Minderjährigen und generell von sog. „vulnerablen Personen“ völlig unzureichend sein (aida, S. 33 f. und 41 f.; HRW I., S. 51; UNHCR II, S. 8 f.). Insbesondere mangelte es in weiten Teilen an einer adäquaten Betreuung und Vertretung unbegleiteter Minderjähriger (vgl. HRW I, S. 58 ff.; UNHCR II, S. 9).
40 
Zwar wies auch zu dieser Zeit Bulgarien eine hohe Schutzquote auf (vgl. etwa HRW I, S. 66), gleichwohl bestanden - bedingt durch die hohen Eingangszahlen und wohl auch aufgrund unzureichender Qualifikation - unübersehbare Mängel im Verfahren selbst, wie etwa im Bereich der Übersetzung, Protokollführung, der Anhörungen und deren Umsetzung in den Bescheiden (vgl. hierzu aida, S. 20 f.; UNHCR I, S. 12). Der Komplex der rechtlichen Beratung und Unterstützung wurde als in hohem Maße defizitär geschildert, und zwar v.a. im Hinblick auf fehlende finanzielle Mittel und weniger aufgrund der jeweils maßgeblichen rechtlichen Grundlagen bzw. Vorgaben, die nicht grundsätzlich zu kritisieren sind (vgl. wiederum aida, 22 f.).
41 
Bei dieser Sachlage beschloss der Ministerrat Bulgariens im Oktober 2013 einen „Plan for the containment of the crisis resulting from stronger migration pressure on the Bulgarian border“, der zum einen eine Verbesserung der Aufnahmebedingungen sowie der Verfahrensabläufe, zum anderen eine konsequente Verhinderung künftiger unkontrollierter Einwanderung über die Landesgrenze v.a. mit der Türkei zum Inhalt hatte (vgl. HRW I, S. 22 f.). Außerdem wurde von EASO im Herbst 2013 in Zusammenarbeit mit dem bulgarischen Innenministerium, dem Leiter der bulgarischen Flüchtlingsbehörde (SAR) und UNHCR Bulgarien ein „Operating Plan To Bulgaria“ entwickelt, aufgrund dessen unter Hinzuziehung des Bulgarischen Roten Kreuzes und anderer Nichtregierungsorganisationen weitreichende Verbesserungen des gesamten Asylsystems vorgenommen werden sollten. Dieser Plan konzipierte die geplanten Maßnahmen mit einem zeitlichen Horizont bis September 2014 (vgl. zu alledem EASO, Operating Plan To Bulgaria, März 2014).
42 
In Vollzug des Ministerratsbeschlusses vom Oktober wurde mit dem Bau eines Zaunes an der Grenze zur Türkei begonnen, der mittlerweile in der vorgesehenen Länge fertiggestellt ist (vgl. Agence France-Presse, Bulgarie: des barbelés pour stopper les réfugiés vom 17.7.2014). Zuvor waren zur vorläufigen Absicherung der Grenze etwa 1500 Polizisten an die Grenze verlegt worden. Es gibt glaubhafte und nach Einschätzung des Senats zuverlässig recherchierte Berichte über eine Vielzahl von Zurückschiebungen über die Grenze in die Türkei aus der Zeit zwischen Ende 2013 bis in den Herbst 2014 (vgl. HRW I, S. 14 ff. und Annex 2, S. 3 ff. zu den Einwänden des bulgarischen Innenministers in dessen Schreiben vom 29.04.2014; bordermonitoring vom 21.09.2014). Damit verstieß und verstößt Bulgarien gegen das unionsrechtliche wie auch das völkerrechtliche Refoulement-Verbot nach Art. 21 Abs. 1 QRL bzw. Art. 33 GFK (vgl. hierzu im Einzelnen Marx, Handbuch des Flüchtlingsrechts, 2. Aufl., 2012, § 52). Denn zum einen ist die Türkei kein sicherer Drittstaat, weil sie die Genfer Flüchtlingskonvention und das Protokoll von 1967 nur mit einem regionalen Vorbehalt gezeichnet hat; zum anderen hat sich Bulgarien offensichtlich nicht vergewissert, dass die Türkei nicht in einen potentiell verfolgenden Herkunftsstaat „weiterschiebt“. Da das Refoulement-Verbot auch eine Zurückweisung an der Grenze untersagt, sofern nicht eine Massenfluchtbewegung gegeben ist (vgl. Marx, a.a.O., § 52 Rn. 5 mit zahlreichen weiteren Nachweisen), wovon aber in Bezug auf Bulgarien noch nicht auszugehen sein wird, dürfte auch die Errichtung des Grenzzauns kaum mit dem Refoulement-Verbot in Einklang stehen, zumal nach der Auskunftslage nicht davon ausgegangen werden kann, dass eine offizielle Anreise über die türkischen Grenzübergangsstellen möglich ist (vgl. HRW I., S. 25). Letztlich kann dies aber offen bleiben, weil hiervon Flüchtlinge, die sich bereits im Asylverfahren befinden, nicht betroffen sind. Jedenfalls hat diesbezüglich die Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Bulgarien eingeleitet (vgl. österreichisches BVwG, Urteil vom 03.10.2014 - W212 2009059-1 -, S. 6).
43 
Nicht zuletzt mit Rücksicht auf die geschilderten Maßnahmen ist die Zahl der Antragsteller seit Anfang des Jahres zunächst erheblich zurückgegangen, wobei allerdings für den Monat August und September wiederum ein Anstieg zu verzeichnen ist (vgl. Eurostat, a.a.O.). Auch dieses hat zu einer erheblichen Entlastung des bulgarischen Asylsystems geführt und mit dazu beigetragen, dass die von EASO ins Auge gefassten Maßnahmen unter erleichterten Rahmenbedingungen in Angriff genommen und durchgeführt werden konnten. Im Wesentlichen übereinstimmend wird von erheblichen Verbesserungen berichtet.
44 
Die Missstände in den Aufnahmeeinrichtungen sind grundlegend in baulicher wie auch personeller Hinsicht angegangen und auch im Wesentlichen behoben worden. Auch die besonderen Problemfälle der Zentren Vrazdebhna, Harmanli und Voenna Rampa waren im April 2014 in Angriff genommen worden, sie wurden im Frühjahr 2014 (noch) saniert, weshalb die in der Pressemitteilung des Niedersächsischen Flüchtlingsrats vom 02.09.2014 angesprochenen und kritisierten Verhältnisse in Voenna Rampa in dieser Allgemeinheit nicht mehr aktuell sind. Auch die in dem Reisebericht von Rahmi Tuncer vom 15.10.2014 wiedergegebenen Schilderungen beziehen sich teilweise auf die Vergangenheit und sind nach den anderen verwerteten Erkenntnismitteln nicht mehr uneingeschränkt aktuell. Gleichzeitig wurden die Unterbringungskapazitäten von 4150 (bei einer damaligen Belegungsquote von nur noch rund 80 v.H.) auf etwa 6000 Plätze erweitert, ohne dass diese erschöpft wären (vgl. aida, S. 41 ff. und UNHCR II, S. 6 ff.; HRW I, S. 46 f.; Emails von UNHCR Berlin an den Senat vom 06.11.2014 und vom 07.11.2014). Dass die Verhältnisse nach wie vor defizitär und wenig befriedigend sein mögen, wie dies im Übrigen auch für einen nicht unerheblichen Teil der einheimischen Bevölkerung der Fall ist, rechtfertigt allein nicht die Annahme, dass sie generell nicht mehr menschenwürdegemäß wären. Die prekäre Versorgung mit Nahrung und Lebensmitteln in den Zentren ist entscheidend verbessert worden; v.a. ist seit Anfang Februar 2014 sichergestellt, dass täglich mindestens zwei warme Mahlzeiten ausgegeben werden; zum Teil bestehen nunmehr auch eigene private Kochmöglichkeiten (vgl. UNHCR II, S. 8). Dass die Qualität möglicherweise immer wieder zu wünschen übrig lässt, kann, solange dieses keine gesundheitlich bedenkliche Mangelernährung zur Folge hat, nicht als systemische Schwachstelle, geschweige denn als eine nicht menschenwürdegemäße Schlechtbehandlung angesehen werden. Defizitär ist hingegen noch die systematische und flächendeckende Versorgung von Babys und Kleinstkindern mit ihnen adäquater Nahrung, jedenfalls teilweise ist eine Versorgung allerdings durch den Einsatz von Nichtregierungsorganisationen gewährleistet (ai, Rücküberstellungen von Asylsuchenden nach Bulgarien sind weiterhin auszusetzen, S. 6 f. - im Folgenden ai; UNHCR II, S. 8). Gewisse Verbesserungen bei den Unterbringungsbedingungen sind auch eingetreten für Familien mit kleineren Kindern, alleinstehende Frauen mit Kindern und unbegleitete Minderjährige, ohne allerdings das erforderliche Minimum an Privatheit zuzulassen und auch immer ausreichenden Schutz vor Übergriffen zu bieten. Nach wie vor sind daher erhebliche Defizite auszumachen (UNHCR II, S. 7 und 9; aida, S. 43; ai, S. 6 f.). Ob bei diesen Aufnahmebedingungen insoweit eine dieser Personengruppe angemessene Unterbringung gewährleistet ist, und insbesondere, ob diese als unmenschliche und entwürdigende Behandlung zu qualifizieren wäre, lässt der Senat, weil nicht entscheidungserheblich, offen.
45 
Angesichts der dargestellten Verbesserungen in den Aufnahmeeinrichtungen ist - jedenfalls derzeit bei nicht dramatisch steigenden Zahlen von Antragstellern - nicht damit zu rechnen, dass das bulgarische Aufnahmesystem wieder kollabieren wird und in Folge dessen, dass die Asylsuchenden die Zentren aus eigenem „Wunsch“ verlassen, damit aber auch keine Unterstützung mehr erhalten. In diesem Zusammenhang ist insbesondere zu berücksichtigen, dass nach den Stellungnahmen von UNHCR Berlin an den Senat vom 06.11.2014 und vom 07.11.2014 im Oktober 2014 noch erhebliche Unterbringungs- bzw. Aufnahmekapazitäten (35 v.H.) frei waren und die ansteigenden Flüchtlingszahlen das Land nicht mehr, wie noch im vergangenen Jahr, unvorbereitet und ohne Hilfe der Europäischen Union treffen bzw. treffen werden.
46 
Kritisiert wird weiterhin, dass Flüchtlingskinder allenfalls teilweise Zugang zu schulischer Bildung, Sprachkursen und Freizeitaktivitäten haben (vgl. etwa ai, S. 8; UNHCR II, S. 13). Eine menschenunwürdige Schlechtbehandlung ist darin aber nicht zu sehen.
47 
UNHCR und andere Stellen beanstanden nach wie vor, dass effektive Mechanismen zur systematischen Identifizierung von Personen mit besonderen Bedürfnissen nicht zur Verfügung stehen bzw. jedenfalls nicht in dem gebotenen Maße tatsächlich genutzt werden und dass selbst Nichtregierungsorganisationen nicht in der Lage sind, die bestehenden Lücken und Defizite zu schließen bzw. zu beheben (UNHCR II, S. 8 f.; aida, S. 33). Betroffen ist der Kläger jedoch hiervon offensichtlich nicht.
48 
Im Argen liegt weiterhin die Situation der unbegleiteten Minderjährigen, denen tatsächlich in größerem Umfang die erforderlichen Vormünder nicht gestellt werden und die dementsprechend gesetzeswidrig ohne die notwendige Vertretung bleiben, zumindest jedoch keine ausreichend kompetente Vertretung erhalten (vgl. im Einzelnen HRW I., S. 54 ff.; UNHCR II, S. 9; aida., S. 35).
49 
Die - gerade auch kostenlose - medizinische Versorgung (vgl. Art. 15 ARL a.F. bzw. Art. 19 ARL n.F.) und v.a. der Zugang zu ihr ist nach der Auskunftslage nicht immer in dem gebotenen Maße sichergestellt, zumal sich „Ärzte ohne Grenzen“ mittlerweile definitiv aus der Versorgung der Flüchtlinge zurückgezogen haben und nicht hinreichend geklärt erscheint, ob diese tatsächlich in dem gebotenen Maße ersetzt werden können und auch noch während deren Tätigkeit die Situation zum Teil jedenfalls durchaus prekär und durch Lücken und Defizite gekennzeichnet war (vgl. UNHCR II, S. 8; aida, S. 34 und 47; bordermonitoring I, S. 16; vgl. Médecins sans Frontières v. 06.06.2014, die immerhin (nur) die Hoffnung ausdrücken, dass sich die Lage trotz ihres Abzugs weiter verbessern werde). Die Lage ist für die Betroffenen auch deswegen besonders problematisch, weil sie in vielen Fällen nicht über die erforderlichen Informationen verfügen und erhebliche, nicht durch ausreichend qualifizierte Sprachmittler behebbare Kommunikationsschwierigkeiten bestehen (bordermonitoring I, S. 16; vgl. auch zur Gesundheitsversorgung in den Haftanstalten und die dort ebenfalls bestehenden sprachlichen Kommunikationsprobleme aida, S. 51 f.). Es gibt auch Berichte, wonach Personal des Gesundheitswesens nur gegen Bestechung bereit war, die gebotene Behandlung zu leisten (vgl. bordermonitoring I, S. 16) bzw. - allgemeiner ausgedrückt - ohne Bezahlung keine Untersuchungen durchgeführt wurden (vgl. Reisebericht Rahmi Tuncer vom 15.10.2014). Zwar übersieht der Senat nicht, dass die prekäre Lage zu einem nicht unerheblichen Teil dem schlechten Gesundheitssystem Bulgariens selbst und dessen niedrigeren Standards geschuldet ist und die Flüchtlinge rechtlich nur allgemein der bulgarischen Bevölkerung gleichgestellt werden (vgl. aida, S. 47). Die bestehenden Probleme, einen effektiven Zugang zu einer Gesundheitsversorgung zu erhalten, und die offenbar verbreitete Korruption machen sie in diesem System aber besonders verletzlich, weshalb sie im Falle einer ernsthaften und schweren Erkrankung einem realen Risiko ausgesetzt sein können, Schaden an Leib oder Leben zu nehmen. Dabei muss zudem bedacht werden, dass die hier infrage stehenden Personen in besonderem Maße durch die fluchtauslösenden Anlässe und die Erlebnisse auf der Flucht gezeichnet sein können (vgl. aida, S. 47). Der Senat ist sich dabei auch des Umstandes bewusst, dass an sich Art. 3 EMRK nach der Spruchpraxis des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte kein Verbleiberecht gewährt, um eine medizinisch notwendige Behandlung durchführen lassen zu können, auch wenn die Betroffenen an einer schweren Krankheit leiden (vgl. etwa EGMR, Urteil vom 06.02.2001 - 44599/98). Allerdings gelten die Standards des Art. 19 ARL n.F. darüber hinaus, wenn hiernach zumindest eine Notbehandlung und die unbedingt erforderlichen Behandlungen von Krankheiten und schweren psychischen Störungen unionsrechtlich versprochen sind mit der Folge, dass dann, wenn diese „systemisch“ - auch nur bei bestimmten (begrenzten) Krankheitsbildern - nicht oder jedenfalls nicht effektiv zur Verfügung stehen bzw. erreicht werden können, von einem die Überstellung hindernden Mangel auszugehen wäre. Dieser Frage wird aus gegebenem Anlass noch nachzugehen sein. Im Falle des Klägers jedenfalls besteht ein solcher nicht. ... der Senat ...geht davon aus, dass etwaige systemische Mängel des bulgarischen Gesundheitssystems den Kläger nicht betreffen würden.
50 
Des Weiteren sind eine zeitnahe Registrierung von Asylgesuchen und damit ein schneller Zugang zum Asylverfahren nunmehr grundsätzlich gewährleistet und nicht mehr systemimmanent defizitär, allerdings ist nach den verwerteten Erkenntnismitteln nicht auszuschließen, dass es im Falle einer Antragstellung aus der Haft nach wie vor zu Verzögerungen von einigen Tagen kommen kann, die möglicherweise auch vermeidbar wären (vgl. zu alledem UNHCR II, S. 4 ff.; ai, S. 3 f.). Ein grundlegender, das gesamte Asylsystem betreffender Mangel liegt hierin aber nicht (mehr). Die Tatsache allein, dass Ausländer und Ausländerinnen, die illegal eingereist sind, zunächst in größerem Umfang inhaftiert werden, solange sie keinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, stellt keine systemische Schwachstelle des Asylsystems dar, sofern, wie nunmehr, sichergestellt ist, dass sie nach der Antragstellung zeitnah registriert werden, auch wenn die Inhaftierungen nicht immer den Vorgaben des Art. 15 der RL 2008/115/EG vom 16.12.2008 (ABl. L 348, 98 - RFRL) entsprechen sollten.
51 
Die früher festgestellten Mängel in Bezug auf das Prüfungsverfahren und die Entscheidungen über die Gewährung internationalen Schutzes (vgl. aida, S. 20 ff.) sind zwar nicht gänzlich ausgeräumt, allerdings sind positive Veränderungen auf den Weg gebracht worden. Die Verfahrensdauer, die bei syrischen Staatsangehörigen in der Regel ohnehin nicht zu beanstanden war, wurde mittlerweile auch bei nicht syrischen Flüchtlingen wesentlich verkürzt (vgl. UNHCR II, S. 11 f.). Die Bereitstellung von Informationen für die Antragsteller über den Ablauf des Verfahrens und die in diesem Zusammenhang bestehenden Rechte wurden wesentlich verbessert, ohne aber wiederum als vollständig befriedigend qualifiziert werden zu können (vgl. aida, S. 30 f.). Zumindest für ein Erstverfahren ist eine kostenlose Rechtsberatung rechtlich gewährleistet, steht mit Rücksicht auf eine unzureichend finanzielle Ausstattung allerdings staatlicherseits nicht zuverlässig zur Verfügung, weshalb Nichtregierungsorganisationen, wie das Bulgarische Helsinki Komitee, einspringen und teilweise selbst die unentgeltliche Vertretung übernehmen müssen (vgl. UNHCR II, S. 11 f.; aida, S. 22). Diese Defizite werden jedoch - auch in Anbetracht der stattgefundenen Verbesserungen - vom Senat nicht als derart grundlegend eingestuft, dass sie als systemisch zu qualifizieren wären.
52 
Wenn erhebliche Bedenken gegen eine in Art. 45b Abs. 1 Nr. 3 des bulgarischen Asyl- und Flüchtlingsgesetz geplante gesetzliche Änderung des Haftrechts formuliert und die Weite bzw. die Unbestimmtheit der Haftgründe kritisiert werden, so mag in der Tat die vorgeschlagene Formulierung weiter geraten sein, als dies Art. 8 Abs. 3 lit. d) ARL n.F. vorsieht. Aber selbst wenn der Gesetzesentwurf tatsächlich in dieser Form verabschiedet werden sollte, was bislang noch nicht geschehen ist (vgl. Email von UNHCR Berlin an den Senat vom 06.11.2014), so stehen jedoch einer unionsrechtskonformen Auslegung und Anwendung keine Hindernisse entgegen. Solange sich aber die bulgarischen Behörden und Gerichte einer solchen Handhabung nicht systematisch und durchgängig verweigern, kann von einem hier relevanten Mangel nicht gesprochen werden.
53 
Sog. Dublin-Rückkehrern steht ein Erstverfahren weiterhin offen, soweit eine persönliche Anhörung noch nicht stattgefunden hat (vgl. UNHCR II, S. 14), auch wenn nach der Gesetzeslage nach einem „Nichtbetreiben“ des Verfahrens wegen Abwesenheit über einen Zeitraum von mehr als drei Monaten das Verfahren an sich beendet ist; Folge der Fortführung ist, dass die Betroffenen wieder in das normale Aufnahmesystem integriert werden. Das Verfahren wird allerdings dann nicht mehr eröffnet, wenn eine Anhörung bereits durchgeführt und das Verfahren daraufhin endgültig abgeschlossen worden war. Dann sind die Betroffenen auf einen Folgeantrag verwiesen, was aber in Einklang mit den Vorgaben der Verfahrensrichtlinie RL 2005/85/EG steht. Nach Art. 20 Abs. 1 und 2 i.V.m. Art. 32 ist der Verweis auf ein Folgeverfahren grundsätzlich möglich. Allerdings wird hier Art. 28 Abs. 2 der Neufassung (RL 2013/32/EU) eine gewisse Anpassung erforderlich machen.
54 
Die Lage der beachtlich hohen Zahl von anerkannten international Schutzberechtigten wird durchgängig als wenig zufriedenstellend, wenn nicht gar schlecht beschrieben (vgl. etwa UNHCR II, S. 12 f). Dass ein wirklich schlagkräftiges Integrationsprogramm existieren und v.a. bereits erfolgreich praktiziert werden würde, ist für den Senat nicht ersichtlich. Allenfalls sind erste Ansätze erkennbar (vgl. HRW II, S. 4 f.). Dabei darf nicht übersehen werden, dass hier das Unionsrecht den Betroffenen lediglich Inländergleichbehandlung (vgl. etwa Art. 26. 27, 28 Abs. 1, 29, 30 RL 2011/95/EU - QRL) oder Gleichbehandlung mit anderen sich rechtmäßig aufhaltenden Ausländern (vgl. etwa Art 32 und 33 QRL) verspricht und sie damit nur teilhaben an den schlechten wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen weiter Teile der bulgarischen Bevölkerung. Diese sind dadurch gekennzeichnet, dass nach den allgemein zugänglichen Daten des Statistischen Bundesamts das Bruttoprokopfeinkommen Bulgariens im Jahre 2013 7030 USD betrug, damit noch erheblich unter dem von Rumänien (9060 USD) lag und etwa dem Niveau Südafrikas (7190 USD) entsprach. Nach den verwerteten Angaben von Eurostat (vgl. Pressemitteilung Nr. 184/2013 vom 05.12.2003) belief sich im Jahre 2012 der Anteil der Bevölkerung Bulgariens, der von Armut oder sozialer Ausgrenzung betroffen bzw. bedroht ist, auf 49 v.H. (Rumänien 42 v.H.; Niederlande und Tschechische Republik 15 v.H.). Die rechtliche Gleichbehandlung ist dabei aber, soweit für den Senat erkennbar, weitgehend hergestellt. So erhalten Flüchtlinge ebenso wie bedürftige bulgarische Staatsangehörige gleichermaßen Leistungen in Höhe von 33 EUR monatlich. Im Übrigen finden sich im Unionsrecht lediglich - teilweise wenig bestimmte - Handlungsaufträge (vgl. Art. 28 Abs. 2, Art. 34 QRL). Der Senat ist sich der Tatsache bewusst, dass etwa ohne flächendeckende Sprachkurse, namentlich für Kinder und Jugendliche, der an sich garantierte gleiche Zugang zu Bildung und Ausbildung bzw. zum Arbeitsmarkt weitgehend auf dem Papier steht und faktisch nicht eingelöst werden kann. Selbst wenn solche jedoch nicht in dieser Weise angeboten werden und teilweise nur aufgrund der Hilfe und Mitwirkung von UNHCR und Caritas durchgeführt werden können, so bedeutet dies nicht, dass deshalb eine relevante Schlechtbehandlung angenommen werden kann, auch wenn es sich um einen sicherlich bedeutsamen Aspekt (von vielen) handelt, mit dem man rechtspolitisch das Europäische Asylsystem in seiner gegenwärtigen Ausgestaltung infrage stellen kann.
55 
Die Situation unbegleiteter Minderjähriger bedürfte bei gegebenem Anlass mit Rücksicht auf Art. 31 QRL ebenfalls einer gesonderten Betrachtung.
56 
Zwar stehen die geschilderten Fortschritte auch im Zusammenhang mit den zurückgegangenen Anträgen, die wiederum zu einem wesentlichen Teil mit den nicht unionsrechts- und völkerrechtskonformen Zurückschiebungen und den nicht unbedenklichen Absperrmaßnahmen an der Grenze zur Türkei (vgl. etwa HRW I, S. 7) zusammenhängen, sie haben aber jedenfalls faktisch, worauf es allein ankommt, zu einer Situation geführt, in der zumindest für den Personenkreis von nicht ernsthaft erkrankten Alleinstehenden und Familien, zu denen keine kleinen Kinder gehören, nicht davon ausgegangen werden kann, dass durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme festgestellt werden können, dass diese im Falle einer Überstellung nach Bulgarien dort Gefahr laufen, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh ausgesetzt zu sein. Zwar sind die Zugangszahlen wieder im Steigen begriffen, jedoch sind, wie bereits ausgeführt, noch erhebliche Kapazitäten frei. Hinzu kommt (und dabei handelt es sich um einen wesentlichen Beurteilungsaspekt), dass Bulgarien - anders als im Vorjahr - nicht mehr völlig unvorbereitet und ohne Hilfe der Union und von UNHCR mit steigenden Zugangszahlen konfrontiert sein wird. Was den Personenkreis der Familien mit kleinen Kindern, ernsthaft Erkrankten und unbegleiteten Minderjährigen betrifft, lässt, weil nicht entscheidungserheblich, der Senat ausdrücklich offen, ob hier eine andere Beurteilung vorzunehmen ist, ferne läge sie jedoch nach dem oben Dargelegten nicht. In diesem Zusammenhang wäre auch ggf. zu klären, ob im Fall einer Überstellung etwa festgestellte, an sich bestehende Mängel durch konkrete Absprachen zwischen den für die Aufenthaltsbeendigung zuständigen deutschen Ausländerbehörden und den bulgarischen Behörden in einer Weise kompensiert werden können, dass eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung vermieden werden kann (vgl. EGMR, Urteil vom 04.11.2014 - 29217/12; BVerfG, Kammerbeschluss vom 17.09.2014 - 2 BvR 939/14 und 2 BvR 1795/14 - jeweils juris). ..."
57 
Auch heute, etwas über vier Monate später, und unter Berücksichtigung neuerer Erkenntnismittel, ist der Senat weiter der Überzeugung, dass bezüglich alleinstehender Antragsteller oder Ehepaaren bzw. Partnern ohne kleine Kinder keine ausreichenden Anhaltspunkte für das Bestehen systemischer Schwachstellen im Sinne des Art. 3 Abs. 2 UA. 2 VO Dublin III vorliegen (ebenso Bay. VGH, Urteil vom 02.02.2015 - 13a ZB 14.50068 - juris; vgl. auch Österreichisches Bundesverwaltungsgericht, Erkenntnis vom 10.12.2014 - W211 2013589-1 -, zu finden unter www.ris.bka.gv.at/Bvwg/; Schweizerisches Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 12.11.2014 - D4751/2014 - www.bvger.ch/publiws/?lang=de). Dies gilt jedenfalls dann, wenn der betreffende Antragsteller nicht an einer schwerwiegenden und dringend behandlungsbedürftigen Erkrankung leidet.
58 
Allerdings kommt es weiter oder gar vermehrt zu Übergriffen gegen Ausländer und Flüchtlinge in Bulgarien; dem bulgarischen Staat bzw. staatlichen Behörden und Politikern wird vorgeworfen, dass dagegen nicht hinreichend aktiv vorbeugend sowie repressiv in der Strafverfolgung vorgegangen wird (dazu ausführlich amnesty international, "Missing the point. Lack of adequate investigation of hate crimes in Bulgaria", Febr. 2015). Auch ist geplant, den Zaun an der Grenze zur Türkei noch auszubauen; es mehren sich Berichte (vgl. nur NZZ vom 23.12.2014 "Neuer Grenzzaun im Südosten Europas"), wonach es an der Grenze und in Grenznähe zu rechtswidrigen Zurückschiebungen (push-backs) kommen soll. Die Zahl der Flüchtlinge steigt tendenziell weiter an - von 910 im Juli 2014 über 1.105 im August, 1.220 im September, 1.430 im Oktober und 1.380 im November auf 1.500 im Dezember 2014 (vgl. Eurostat, "Asylum and new asylum applicants by citizenship, age and sex - Monthly data", Stand: 18.03.2015). Auch ist die Situation in vielen der Heime sicherlich immer noch verbesserungsbedürftig.
59 
Daraus folgen aber für alleinstehende Asylbewerber wie den Kläger weiter keine systemischen Schwachstellen des Asylverfahrens und/oder der Aufnahmebedingungen in Bulgarien.
60 
In den verschiedenen Flüchtlingsunterkünften sind immer noch ausreichend Plätze vorhanden (vgl. dazu UNHCR an VG Minden vom 23.12.2014, wonach in den sieben Unterkünften 6.000 Plätze bestehen, von denen 3.910 belegt sind). UNHCR berichtet in der aktuellsten Stellungnahme vom 23.12.2014 (an VG Minden) über das Aufnahmeverfahren und die allgemeine Situation für Flüchtlinge, dass Asylbewerber nach einer (illegalen) Einreise nach Bulgarien nicht mehr für einen längeren Zeitraum inhaftiert werden. Dies ist laut UNHCR einer seit dem ersten Vierteljahr 2014 verbesserten Kooperation zwischen Grenz- und Einwanderungsbehörden und der staatlichen Agentur für Flüchtlinge (SAR) zu verdanken. Für die Bewohner der SAR-Einrichtungen sorgt der Staat für warme Mahlzeiten (zweimal täglich) und eine medizinische Grundversorgung. Aufgrund der UNHCR-Förderung kümmern sich Partnerorganisationen (Bulgarisches Rotes Kreuz, Bulgarian Helsinki Commitee, CARITAS) um rechtliche Beratung und nicht offizielle Bulgarisch-Kurse in den SAR-Einrichtungen. Die in den SAR-Einrichtungen untergebrachten "Dublin-Rückkehrer" haben ein Recht auf dieselben Hilfe- und Dienstleistungen, die anderen Asylbewerbern zustehen. Als Folge des ständigen Anstiegs der Anzahl der neuen Asylanträge erfolgt allerdings laut der Stellungnahme vom 23.12.2014 die Registrierung und Bearbeitung der Anträge seit kurzem wieder etwas verzögert. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die SAR weiterhin nicht über eine ausreichende Anzahl von Dolmetschern (insbesondere für Farsi/Dari und Paschtu) sowie von Mitarbeitern für die Registrierung und Befragung verfügt. Videokonferenz-Ausrüstungen in zwei Einrichtungen, nämlich in der RC-Harmanli und der Übergangseinrichtung für Einwanderungshaft, Allocation Centre Elhovo, sollen helfen, das Verfahren zu beschleunigen. UNHCR geht davon aus, dass wegen der Erhöhung der Aufnahme- und der Bearbeitungskapazitäten seit Anfang 2014, welche dazu geführt habe, dass zwischen Januar und Oktober 2014 5.624 Antragstellern ein Schutzstatus gewährt worden sei, das Asylsystem "einigermaßen" funktioniert. Um allerdings die bisher bei den Aufnahme- und Bearbeitungskapazitäten erfolgen Verbesserungen beizubehalten, benötige die SAR weiter Mittel.
61 
Auch nach EASO (EASO, Special Support Plan to Bulgaria vom 05.12.2014) hat das bulgarische Asylsystem "in den letzten 12 Monaten", also zwischen Ende 2013 und Ende 2014, eine Reihe von wichtigen Fortschritten gemacht. Dazu gehören die bereits im Senatsurteil vom 10.11.2014 (A 11 S 1778/14 - InfAuslR 2015, 77) angeführte Erhöhung der Zahl von Aufnahmeeinrichtungen bzw. Zentren, die Verbesserung der Wohnbedingungen in diesen Zentren und die Erhöhung der Zahl der Beschäftigten in den SAR (von 133 auf 293, vgl. im einzelnen EASO vom 05.12.2014, S. 6 f.). Seit Juli 2014 gilt ein nationaler Plan zur Integration von Personen, denen internationaler Schutz gewährt wurde. Vor allem hat EASO auf die im Oktober 2014 geäußerte Bitte Bulgariens hin Unterstützung bei der weiteren Verbesserung des bulgarischen Asyl- und Aufnahmesystems - so genannten "special support" (vgl. zum Hintergrund dieses Programms EASO vom 05.12.2014, Annex D, S. 14) - zugesagt. Nach den unter anderem mit Hilfe des "EASO Operation Plan to Bulgaria" in der Vergangenheit erzielten Fortschritten ist nun ein "EASO Special Support Plan to Bulgaria" konzipiert worden, welcher am 05.12.2014 vom Bulgarischen Innenminister und EASO unterzeichnet wurde. Zu den danach geplanten Maßnahmen, welche bis Ende Juni 2016 fortdauern sollen, gehören unter anderem die Unterstützung bei der Einhaltung geltenden Flüchtlingsrechts der Europäischen Union, bei der Erkennung und Behandlung von besonders schutzbedürftigen Personen, bei der Aufnahme der Flüchtlinge bzw. den Aufnahmeverfahren, bei der Schaffung von Verfahrensgarantien und der verbesserten Aufnahme von Kindern und unbegleiteten Minderjährigen, bei der Entwicklung von Trainings für Dolmetscher, sowie bei der Aus- oder Weiterbildung von Entscheidern und von Angehörigen der Justiz (vgl. ausführlich zu den geplanten Maßnahmen EASO vom 05.12.2014). Die Umsetzung des Plans wird in Kooperation und mit Unterstützung des UNHCR erfolgen.
62 
Danach geht der Senat davon aus, dass der bulgarische Staat inzwischen auch für wachsende Flüchtlingszahlen hinreichend gerüstet ist und derzeit nicht - wie 2013 - befürchtet werden muss, dass die Verfahrens- und Aufnahmebedingungen nicht den Anforderungen genügen. Für den Kläger folgt daraus, dass eine Überstellung nach Bulgarien weiter möglich ist. Als "Dublin-Rückkehrer" hat er erst recht keine menschenunwürdige Behandlung zu befürchten.
63 
Die Erkenntnisse über die Behandlung und die Situation von so genannten "Dublin-Rückkehrern", von denen der Senat bislang ausgegangen ist (vgl. dazu Auszug aus dem Urteil vom 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 -, InfAuslR 2015, 77, oben) werden mit der neuesten Stellungnahme des UNHCR vom 23.12.2014 bestätigt. Danach wird in allen Dublin-Verfahren eine Anhörung durchgeführt, "wenn notwendig". Der Zugang zu einem Verfahren über die Feststellung des Flüchtlingsstatus im Fall der "Wiederaufnahme" - also bei Antragstellern, welche in Bulgarien bereits eines Asylantrag gestellt haben - ist prinzipiell davon abhängig, welchen Stand der frühere Asylantrag in Bulgarien gehabt hat bzw. hat. Ist über diesen noch nicht (sachlich) entschieden worden, wird in Bulgarien eine Entscheidung gefällt. Hat ein Asylbewerber Bulgarien verlassen und erscheint nicht oder wirkt an einem Verfahrensschritt nicht mit, so wird das Verfahren allerdings nach zehn Tagen des Nichterscheinens bzw. der fehlenden Mitwirkung ausgesetzt. Kehrt der Antragsteller sodann innerhalb von drei Monaten nach Registrierung seines Antrags nach Bulgarien zurück, wird es wiedereröffnet und grundlegend geprüft. Erfolgt die Rückkehr in die Republik Bulgarien dagegen erst nach Ablauf dieser Frist, so gilt die Anwesenheit des Asylbewerbers als illegal und er wird in Abschiebungshaft genommen, es sei denn er kann "objektive Gründe" für einen Wechsel seines Wohnortes, sein Nichterscheinen bei der zuständigen Behörde oder seine fehlende Mitwirkung darlegen. Grundsätzlich kann der Betroffene nach Beendigung seines Verfahrens einen Folgeantrag stellen; es werden dann aber nur die mit dem Folgeantrag geltend gemachten neuen Gründe geprüft.
64 
Für Dublin-Rückkehrer gilt nach dieser Stellungnahme des UNHCR allerdings weiter (siehe bereits UNHCR vom April 2014) die Besonderheit, dass das Asylverfahren grundsätzlich wiedereröffnet wird, wenn über den Asylanspruch (in der Sache) noch nicht entschieden worden ist. Voraussetzung hierfür ist, dass der Dublin-Rückkehrer einer Fortführung des Verfahrens in Bulgarien zustimmt. Nach UNHCR ist damit eine sachliche Prüfung des Asylantrags sichergestellt; der Antragsteller wird abhängig vom Verfahrensstand höchstwahrscheinlich in eine SAR-Einrichtung überstellt und genießt dieselben Rechte wie andere Asylbewerber. Selbst in Fällen, in denen das Verfahren zunächst ausgesetzt und nach weiteren drei Monaten beendet wurde, wird in der Praxis nach einer Überstellung zu einer Anhörung geladen, wenn eine solche noch nicht stattgefunden hat. Ist hingegen über den Asylanspruch in der Sache bereits entschieden worden, wird zwar die betreffende Person wieder ins Land gelassen, aber ebenso behandelt wie Asylbewerber, deren Ersuchen um internationalen Schutz bestandskräftig abgelehnt wurde. Sie können dann mit dem Ziel einer Abschiebung in einer Haftanstalt festgehalten werden, welche der Abteilung für Migration unterstellt ist. Etwas anders gilt, wenn der Betreffende einen Folgeantrag einreicht. Er kann dann in einer SAR-Einrichtung untergebracht werden oder unter einer "externen Anschrift" wohnhaft sein.
65 
Das bedeutet für den Kläger, dass sein Asylantrag bzw. sein Antrag auf internationalen Schutz in Bulgarien vollumfänglich geprüft werden wird, wenn er dort - wie er selbst angibt - tatsächlich noch keinen Asylantrag gestellt hatte. Selbst wenn er in Bulgarien doch schon Asyl beantragt haben sollte, wäre er dort jedenfalls noch nicht angehört worden. Dann würde das Asylverfahren in Bulgarien fortgeführt werden. Es spricht daher alles dafür, dass der Asylantrag des Klägers und seine Ausreisegründe in Bulgarien uneingeschränkt geprüft werden. Unter diesen Umständen bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass er bei einer Überstellung nach Bulgarien in Haft genommen und dort menschenrechtswidrig behandelt werden könnte. Dies lässt sich auch nicht aus dem Umstand folgern, dass er seinen Angaben nach direkt nach seiner Einreise nach Bulgarien im Herbst 2013 inhaftiert und zunächst in "einem Käfig", danach fünf Tage in einem kleineren und dann zwei Wochen in einem größeren Gefängnis festgehalten wurde. Denn damals war er illegal nach Bulgarien eingereist und hielt sich dort illegal auf; er hatte bewusst keinen Asylantrag gestellt. Soweit der Prozessbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, es lasse sich "nicht ausschließen", dass der Kläger inhaftiert werde, bzw. die Sicherheit, dass jeder Flüchtling tatsächlich als Asylbewerber aufgenommen werde und nicht in Haft komme, sei nicht gegeben, verkennt er - abgesehen von den Anforderungen an das Vorliegen einer so genannten "systemischen Schwachstelle" - das für die Annahme einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK erforderliche Beweismaß der beachtlichen Wahrscheinlichkeit bzw. des "real risk" (siehe dazu oben 2a). Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 27.01.2015 (Nr. 36925/10 u.a., Neshkov u.a.), auf welches er bezüglich der Art. 3 ERMK verletzenden Haftbedingungen verwiesen hat, betrifft im Übrigen Strafhaft.
66 
3. Dass die Entscheidung der Beklagten, den Asylantrag des Klägers als unzulässig abzulehnen, aus anderen Gründen als rechtswidrig anzusehen und aufzuheben sein könnte, ist nicht ersichtlich. Insbesondere bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte verpflichtet sein könnte, von ihrem Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen. Dabei kann hier die Frage offen bleiben, ob und gegebenenfalls in welchen Fällen jenseits von systemischen Mängeln des Asylsystems und/oder der Aufnahmebedingungen im Überstellungsstaat eine drohende Verletzung von Art. 3 EMRK oder Art. 4 GRCh oder aber von anderen Grund- oder Menschenrechten angenommen und zur Unzulässigkeit einer Überstellung führen kann. Denn, wie ausgeführt, bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger in Bulgarien eine menschenrechtswidrige Behandlung zu befürchten haben könnte.
II.
67 
Unter diesen Umständen lässt sich auch die Abschiebungsanordnung rechtlich nicht beanstanden. Abschiebungshindernisse bzw. Duldungsgründe, die vom Bundesamt zu prüfen wären (siehe dazu Senatsbeschluss vom 31.05.2011 - A 11 S 1523/11 - InfAuslR 2011, 310; Bay. VGH, Beschluss vom 12.03.2014 - 10 CE 14.427 - InfAuslR 2014, 451), sind nicht ersichtlich.
B)
68 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO; das Verfahren ist nach § 83b AsylVfG gerichtskostenfrei. Gründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO, die es rechtfertigen würden, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

Gründe

 
A)
17 
Die zulässige, insbesondere unter Stellung eines Antrags rechtzeitig und formgerecht begründete Berufung der Beklagten hat Erfolg.
18 
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 08.08.2014, mit welchem dieses auf die Klage des Klägers hin den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 21.05.2014 aufgehoben hat, ist zu ändern. Die (Anfechtungs-)Klage ist zwar zulässig (vgl. zur statthaften Klageart in so genannten Dublin-Fällen ausführlich Senatsurteil vom 16.04.2014 - A 11 S 1721/13 - InfAuslR 2014, 293; Bay. VGH, Beschluss vom 02.02.2015 - 13a ZB 50068 - juris; Hamb. OVG, Beschluss vom 02.02.2015 - 1 Bf 208/14.AZ - juris; jew. m.w.N.). Sie ist aber nicht begründet, weil der Bescheid vom 21.05.2014, mit welchem der Asylantrag als unzulässig qualifiziert (Ziff. 1) und die Abschiebung des Klägers nach Bulgarien angeordnet wurde (Ziff. 2), den Kläger jedenfalls nicht in geschützten Rechten verletzt.
I.
19 
Die Entscheidung unter Ziffer 1 des Bescheids ("Der Asylantrag ist unzulässig.") - welche als Ablehnung des Asylantrags als unzulässig und nicht als feststellender Verwaltungsakt auszulegen ist (vgl. dazu Senatsurteil vom 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 - InfAuslR 2015, 77) - folgt aus § 27a AsylVfG. Danach ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Hier ist das Bundesamt zu Recht davon ausgegangen, dass Bulgarien als für die Durchführung des Asylverfahrens zuständiger Mitgliedstaat anzusehen war und ist.
20 
Die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats für die Prüfung des Asylantrags bzw. des Antrags auf internationalen Schutz des Klägers richtet sich nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26.06.2013 (Dublin-III-Verordnung = VO Dublin III). Weil der Kläger nach dem 31.12.2013 in Deutschland einen Asylantrag gestellt hat, ist hier gemäß Art. 49 Abs. 2 VO Dublin III insgesamt die Dublin-III-Verordnung und nicht mehr die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 vom 18.02.2003 (Dublin-II-Verordnung = VO Dublin II) anzuwenden. Nach Art. 3 Abs. 1 VO Dublin III prüfen die Mitgliedstaaten jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III der Verordnung als zuständiger Staat bestimmt wird. Lediglich in Fällen, in denen sich nach den Kriterien der Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen lässt, ist gemäß Art. 3 Abs. 2 VO Dublin III der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.
21 
Danach ist von einer Zuständigkeit Bulgariens für die Prüfung des am 26.02.2014 in Deutschland gestellten Antrags des Klägers auszugehen (1.). Eine Überstellung nach Bulgarien ist auch nicht mit Blick auf das bulgarische Asylverfahren und die dortigen Aufnahmebedingungen als unmöglich anzusehen (2.). Gründe, die trotz der demzufolge anzunehmenden Zuständigkeit Bulgariens zu einer Rechtswidrigkeit der Entscheidung des Bundesamts führen könnten, sind nicht ersichtlich (3.).
22 
1. Die Zuständigkeit Bulgariens für die Prüfung des Asylbegehrens des Klägers folgt hier prinzipiell aus Art. 13 Abs. 1 Satz 1 VO Dublin III. Die gegebenenfalls vorgehenden (vgl. Art. 7 Abs. 1 VO Dublin III) Regelungen der Art. 8 bis 12 VO Dublin III sind nicht einschlägig. Nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 VO Dublin III ist ein Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz eines Antragstellers zuständig, wenn auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Art. 22 Abs. 3 der Verordnung genannten Verzeichnissen, einschließlich der Daten nach der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 (vom 26.06.2013 über die Einrichtung von Eurodac für den Abgleich von Fingerabdruckdaten) festgestellt wurde, dass dieser aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze des betreffenden Mitgliedstaats illegal überschritten hat. Hier hat der Abgleich der Fingerabdrücke des Klägers mit den so genannten Eurodac-Daten ergeben, dass er in Bulgarien - mit dem Namen K... K... und dem Geburtsdatum ...1985 - bereits registriert worden war. Inzwischen hat er selbst eingeräumt, schon im Herbst 2013 aus der Türkei, also einem Drittstaat, kommend, die Grenze nach Bulgarien überschritten zu haben.
23 
Damit war - vorbehaltlich späterer Sachverhaltsänderungen - gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. a VO Dublin III auch eine Verpflichtung Bulgariens zur Aufnahme des Klägers eingetreten, falls dieser in einem anderen Mitgliedstaat - wie hier in Deutschland - einen Antrag auf internationalen Schutz stellt. Die Vorschriften des Art. 18 Abs. 1 lit. b, c oder d VO Dublin III über eine Wiederaufnahme - nach bereits im zuständigen Mitgliedstaat erfolgter Antragstellung - greifen hier nicht. Schließlich hat der Kläger bei seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung Wert darauf gelegt klarzustellen, dass er in Bulgarien keinen Asylantrag gestellt hatte. Der Senat sieht anders als der Prozessbevollmächtigte des Klägers keinen Anlass, daran zu zweifeln, dass dies zutrifft. Dafür spricht auch der Umstand, dass die Übernahmeerklärung Bulgariens vom 16.05.2014 keine Anhaltspunkte für ein bereits in Bulgarien eingeleitetes oder gar durchgeführtes Asylverfahren des Klägers enthält, insbesondere wird nicht etwa - wie in anderen Fällen - eine Bereitschaft zur Wiederaufnahme (statt zur „Aufnahme“) nach Art. 18 Abs. 1 lit. b, c oder d VO Dublin III erklärt. Letztlich kommt es darauf aber nicht an. Hätte der Kläger entgegen seinen Angaben in Bulgarien bereits einen Asylantrag gestellt gehabt, wäre Bulgarien prinzipiell nach Art. 18 Abs. 1 lit. b bzw. - wenn der Antrag bereits abgelehnt worden wäre - nach Art. 18 Abs. 1 lit. d VO Dublin III zur Wiederaufnahme verpflichtet.
24 
Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Zuständigkeit Bulgariens und dessen Aufnahmeverpflichtung bereits vor Asylantragstellung in Deutschland am 26.02.2014 (etwa durch die Ausreise des Klägers von Bulgarien nach Serbien und seinen zweimonatigen Aufenthalt dort [vgl. Art. 19 Abs. 2 VO Dublin III] oder wegen Ablaufs der Zwölfmonatsfrist des Art. 13 Abs. 1 Satz 2 VO Dublin III) oder später (zum Beispiel wegen des Ablaufs von Ersuchens- oder Überstellungsfristen nach Art. 21 ff., 29 VO Dublin III) entfallen wäre.
25 
Allerdings kann nach der Dublin-III-Verordnung die einmal gegebene (gegebenenfalls bis zur Stellung eines förmlichen Antrags auf internationalen Schutz "schwebende") Zuständigkeit eines Mitgliedstaats für die Prüfung eines Antrags aus diversen Gründen wieder enden. So erlöschen zum Beispiel gemäß Art. 19 Abs. 2 VO Dublin III die Aufnahme- bzw. Wiederaufnahmepflichten nach Art. 18 Abs. 1 VO Dublin III, wenn der zuständige Mitgliedstaat (hier Bulgarien) nachweisen kann, dass der Antragsteller oder eine andere Person im Sinne des Art. 18 Abs. 1 lit. c oder d VO Dublin III, um dessen Aufnahme oder Wiederaufnahme er ersucht wurde, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten für mindestens drei Monate verlassen hat (hier durch die Ausreise nach Serbien, wo der Kläger sich seinen Angaben nach aber nur zwei Monate lang aufgehalten hat), es sei denn, die betreffende Person ist im Besitz eines vom zuständigen Mitgliedstaat ausgestellten Aufenthaltstitels. Umstritten ist zudem, ob nicht über Art. 19 Abs. 2 VO Dublin III hinaus eine zunächst nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 VO Dublin III begründete Zuständigkeit eines Mitgliedstaats (hier Bulgariens) dann allein durch eine Ausreise des Betreffenden in einen Drittstaat (wie hier Serbien) wieder erlischt, wenn zuvor in diesem "Mitgliedstaat der ersten Einreise" kein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist (vgl. zum Streitstand: GK-AsylVfG, Stand: Nov. 2014, § 27a Rn. 132; Filzwieser/Sprung, Dublin III-Verordnung, Kom., 2014, Art. 19, K 6, Art. 13, K 14, jew. m.w.N.; vgl. auch EuGH, Urteil vom 10.12.2013 - C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208). Die Zuständigkeit nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 VO Dublin III endet außerdem 12 Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts (Art. 13 Abs. 1 Satz 2 VO Dublin III), das bedeutet wenn bis zur Antragstellung in einem anderen Mitgliedstaat mehr als 12 Monate vergangen sind (vgl. zur Vorgängerregelung des Art. 10 Abs. 1 Satz 1 VO Dublin II OVG NRW, Urteil vom 07.03.2014 - 1 A 21/12.A - AuAS 2014, 118). Zudem bestimmt Art. 21 Abs. 1 VO Dublin III, dass das Aufnahmeersuchen des Mitgliedstaats so bald wie möglich, spätestens aber innerhalb von drei Monaten nach Antragstellung (hier 26.02.2014), im Falle einer Eurodac-Treffermeldung innerhalb von zwei Monaten nach Erhalt der Treffermeldung (hier am 21.02.2014) zu stellen ist. Wird es nicht innerhalb dieser Fristen unterbreitet, so ist der Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für die Prüfung des Antrags zuständig. Außerdem hat nach Art. 29 Abs. 1 UA. 1 VO Dublin III (hier i.V.m. Art. 18 Abs. 1 lit. a VO Dublin III) die Überstellung zu erfolgen "sobald dies praktisch möglich ist und spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat oder der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diese gemäß Artikel 27 Absatz 3 aufschiebende Wirkung hat". Wird die Überstellung nicht innerhalb der Frist durchgeführt, ist gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 1 VO Dulin III der zuständige Mitgliedstaat nicht mehr zur Aufnahme oder Wiederaufnahme der betreffenden Person verpflichtet und die Zuständigkeit geht auf den ersuchenden Mitgliedstaat über.
26 
Diese Regelungen über einen Zuständigkeitsübergang bzw. eine Beendigung der Zuständigkeit begründen aber kein subjektives Recht des betreffenden Antragstellers.
27 
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Dublin-II-Verordnung (vgl. Urteile vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - NVwZ 2012, 417, vom 14.11.2013 - C-4/11, Puid - NVwZ 2014, 129, und insbesondere vom 10.12.2013 - C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208; vgl. auch Senatsurteil vom 16.04.2014 - A 11 S 1721/13 - InfAuslR 2014, 293) haben Antragsteller auf internationalen Schutz - sofern spezialgesetzlich keine besonderen Ausnahmen geregelt sind (wie z.B. Art. 10 VO Dublin III) - grundsätzlich kein subjektives Recht auf Prüfung ihres Antrags in einem bestimmten Mitglied- oder Vertragsstaat, so dass Fehler bei der Auslegung und bei der Anwendung der Zuständigkeitsregelungen der Verordnung grundsätzlich irrelevant sind. Hat zum Beispiel ein Mitgliedstaat der Aufnahme oder Wiederaufnahme eines Antragstellers zugestimmt, etwa als "Mitgliedstaat der ersten Einreise" (nach Art. 10 Abs. 1 Satz 1 VO Dublin II bzw. Art. 13 Abs. 1 Satz 1 VO Dublin III), kann der betreffende Antragsteller der Annahme, dieser sei zuständig, vielmehr nur entgegenhalten, dass in dem betreffenden Staat systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber gegeben sind, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh ausgesetzt zu werden (EuGH, Urteil vom 10.12.2013 - C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208, m.w.N.; siehe dazu weiter unter 2.). Daraus folgt - dem unionsrechtlichen System immanent - notwendigerweise, dass auch ein allein wegen des Ablaufs einer Frist für die Stellung eines Aufnahme- bzw. Wiederaufnahmeersuchens oder für die Durchführung einer Überstellung erfolgter gesetzlicher Übergang der Zuständigkeit noch kein subjektives Recht des betroffenen Antragstellers berühren kann (vgl. zur Dublin-II-Verordnung: Senatsurteile vom 16.04.2014 - A 11 S 1721/13 - InfAuslR 2014, 293, vom 27.08.2014 - A 11 S 1285/14 - NVwZ 2015, 92, und vom 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 - InfAuslR 2015, 77; ebenso OVG Schl.-Holst., Beschluss vom 24.02.2015 - 2 LA 15/15 - juris; Nieders. OVG, Beschluss vom 06.11.2014 - 13 LA 66/14 - juris; Hess. VGH, Beschluss vom 25.08.2014 - 2 A 975/14 A - juris; OVG Rheinl.-Pfalz, Urteil vom 21.02.2014 - 10 A 10656/13 - juris; so wohl auch BVerwG, Beschlüsse vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - NVwZ 2014, 1093, und vom 14.07.2014 - 1 B 9.14, 1 PKH 10.14 - juris; Berlit, jurisPR-BVerwG, 17/2014, Anm. 2). Entgegen verschiedener gegenteiliger Stimmen in der verwaltungsgerichtlichen Judikatur (vgl. etwa VG Düsseldorf, Urteil vom 05.02.2015 - 22 K 2262/14.A - juris) ist davon auszugehen, dass dieser Fragenkomplex durch den Europäischen Gerichtshof eindeutig beantwortet worden ist. Hieran hat sich durch die mittlerweile in Kraft getretene Dublin-III-Verordnung nichts Grundsätzliches geändert. Etwas anderes folgt insbesondere ersichtlich nicht allein aus dem Umstand, dass in dieser möglicherweise der gerichtliche Rechtsschutz tendenziell aufgewertet wurde (vgl. den 19. Erwägungsgrund; vgl. aber auch schon Art. 19 Abs. 2 Sätze 3 und 4 VO Dublin II und Art. 47 GRCh; so aber VG Karlsruhe, Beschluss vom 30.11.2014 - A 5 K 20026/14 - juris). Zur Klarstellung weist der Senat darauf hin, dass davon die Frage unberührt bleibt, ob nicht im Falle einer unzumutbaren Verzögerung der Durchführung des (Wieder-)Aufnahme- und/oder Überstellungsverfahrens für die Betroffenen die Möglichkeit besteht, eine sachliche Prüfung durch den Antragsmitgliedstaat zu erzwingen (vgl. 16.04.2014 - A 11 S 1721/13 - InfAuslR 2014, 293).
28 
Ausgehend davon hätte die Klage selbst dann keinen Erfolg, wenn Bulgarien wegen der Ausreise des Klägers von Bulgarien nach Serbien und des zweimonatigen Aufenthalts in Serbien, des Verstreichens der Frist des Art. 13 Abs. 1 Satz 2 VO Dublin III oder der Nichteinhaltung von Ersuchens- oder Überstellungsfristen nicht (mehr) für die Prüfung des Asylgesuchs des Klägers zuständig wäre. Denn es hat dem Übernahmeersuchen des Bundesamts mit Schreiben vom 16.05.2014 ausdrücklich - nach Art. 13 Abs. 1 VO Dublin III - zugestimmt. Hier kann auch von einem Fortbestehen der Übernahmebereitschaft ausgegangen werden. Dies bedürfte allerdings gegebenenfalls weiterer Klärung, wenn nach Abgabe der Zustimmungserklärung Umstände eingetreten wären, die zu einem Erlöschen der Zuständigkeit geführt haben könnten. In diesem Zusammenhang kann zu prüfen sein, ob die Überstellungsfrist nicht abgelaufen ist. Wie ausgeführt, könnte sich ein Antragsteller zwar allein auf den Fristablauf nicht mit Erfolg berufen. Es wäre dann aber gegebenenfalls der Frage nachzugehen, ob der ersuchte Mitgliedstaat tatsächlich noch zur Aufnahme bzw. Wiederaufnahme bereit ist. Ist das nicht der Fall, wäre nicht nur die Abschiebungsanordnung nach Bulgarien unter Ziffer 2 des Bescheids des Bundesamts (vgl. dazu auch Senatsurteil vom 27.08.2014 - A 11 S 1285/14 - InfAuslR 2014, 452, Rn. 59), sondern möglicherweise auch - weil dann die Zuständigkeit gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 1 VO Dublin III auf den ersuchenden Mitgliedstaat übergegangen ist (vgl. dazu Filzwieser/Sprung, a.a.O., Art. 29, K 9) und der Antragsteller sich wohl auf die fehlende Aufnahmebereitschaft des ersuchten Mitgliedstaats berufen kann - auch die Entscheidung unter Ziffer 1 über die Unzulässigkeit des Antrags aufzuheben. Im Falle des Klägers ist indes die an sich mit Abgabe der Zustimmung Bulgariens am 16.05.2014 beginnende sechsmonatige Überstellungsfrist des Art. 29 Abs. 1 UA. 1 VO Dublin III vor dem Hintergrund des am 26.05.2014 eingereichten Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO und der in diesem Verfahren mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 11.08.2014 - A 11 K 2449/14 - erfolgten Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die im Bescheid vom 21.05.2014 enthaltene Abschiebungsanordnung auch tatsächlich noch nicht abgelaufen (vgl. Art. 29 Abs. 1 UA. 1 i.V.m. Art. Art. 27 Abs. 3 VO Dublin III). Es kann daher weiter von einer Übernahmebereitschaft Bulgariens ausgegangen werden.
29 
2. Die Entscheidung unter Ziffer 1 des angegriffenen Bescheids ist auch nicht deshalb rechtswidrig, weil es als unmöglich im Sinne des Art. 3 Abs. 2 UA. 2 VO Dublin III anzusehen wäre, den Kläger nach Bulgarien zu überstellen.
30 
a) Nach dieser Regelung ist die Prüfung der Zuständigkeit für einen Antrag auf internationalen Schutz nach den in Kapitel III der Dublin-III-Verordnung vorgesehenen Kriterien fortzusetzen - um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann - , wenn es sich als unmöglich erweist, "einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen". Damit wird insbesondere die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Dublin-II-Verordnung (Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - NVwZ 2012, 417; vgl. dazu auch Urteil vom 10.12.2013 - C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208, und EGMR, Urteil vom 21.01.2011 - Nr. 30696/09, M.S.S./Belgien - NVwZ 2011, 413) umgesetzt, wonach ein Mitglied- oder Vertragsstaat unter bestimmten Umständen im Rahmen der Prüfung seines Rechts auf Selbsteintritt (vgl. Art. 17 Abs. 1 VO Dublin III, Art. 3 Abs. 3 VO Dublin II) dazu verpflichtet ist, von der Rückführung in den an sich zuständigen Mitgliedstaat abzusehen.
31 
Dabei kann einerseits jeder Mitgliedstaat grundsätzlich davon ausgehen, dass alle an dem Gemeinsamen Europäischen Asylsystem beteiligten Staaten die Grundrechte einschließlich der Rechte, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten finden, beachten und dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen. Auf dieser Grundlage besteht zunächst eine widerlegbare Vermutung dafür, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat den Anforderungen der Grundrechtecharta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten genügt. Andererseits ist es möglich, dass in diesem System in der Rechtsanwendungspraxis in einem bestimmten Mitgliedstaat erhebliche Funktionsstörungen zutage treten und dieses zur absehbaren Folge hat, dass eine ernstzunehmende Gefahr besteht, dass Asylbewerber bei einer Überstellung in diesen Mitgliedstaat in einer Weise behandelt werden, die mit ihren Menschenrechten unvereinbar ist.
32 
Allerdings stellt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht jeder vereinzelte Verstoß gegen eine Bestimmung der Dublin-II-VO bzw. der Dublin-III-VO und auch nicht einmal jede Verletzung eines Grundrechts, wie von Art. 4 GRCh, durch den zuständigen Mitgliedstaat das Zuständigkeitssystem grundsätzlich infrage. Nach der Sichtweise des Europäischen Gerichtshofs stünde andernfalls nicht weniger als der Daseinsgrund der Union und die Verwirklichung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, konkret des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, auf dem Spiel (EuGH, Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - NVwZ 2012, 417). Das Dublin-Zuständigkeitssystem ist deshalb nur dann (teilweise) zu suspendieren, wenn einem Mitgliedstaat aufgrund der ihm vorliegenden Informationen nicht unbekannt sein kann, dass systemische Mängel oder Schwachstellen (vgl. zum Begriff jetzt Art. 3 Abs. 2 UA. 2 VO Dublin III) des Asylverfahrens und (bzw. genauer: oder) der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller dort Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh ausgesetzt zu sein (vgl. EuGH, Urteile vom 21.12.2011, a.a.O., und vom 14.11.2013 - C-4/11, Puid - NVwZ 2014, 129).
33 
Systemische Schwachstellen sind solche, die entweder bereits im Asyl- und Aufnahmeregime selbst angelegt sind und von denen alle Asylbewerber oder bestimmte Gruppen von Asylbewerbern deshalb nicht zufällig und im Einzelfall, sondern vorhersehbar und regelhaft betroffen sind, oder aber tatsächliche Umstände, die dazu führen, dass ein theoretisch sachgerecht konzipiertes und nicht zu beanstandendes Asyl- und Aufnahmesystem - aus welchen Gründen auch immer - faktisch ganz oder in weiten Teilen seine ihm zugedachte Funktion nicht mehr erfüllen kann und weitgehend unwirksam wird (vgl. auch BVerwG, Beschlüsse vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - NVwZ 2014, 1093, und vom 06.06.2014 - 10 B 35.14 - NVwZ 2014, 1677). Dabei ist der Begriff der systemischen Schwachstelle nicht in einer engen Weise derart zu verstehen, dass er geeignet sein muss, sich auf eine unüberschaubare Vielzahl von Antragstellern auszuwirken. Vielmehr kann ein systemischer Mangel auch dann vorliegen, wenn er von vornherein lediglich eine geringe Zahl von Asylbewerbern betreffen kann, sofern er sich nur vorhersehbar und regelhaft realisieren wird und nicht gewissermaßen dem Zufall oder einer Verkettung unglücklicher Umstände bzw. Fehlleistungen von in das Verfahren involvierten Akteuren geschuldet ist (vgl. hierzu Lübbe, ZAR 2014, 97 ff.; Senatsurteil vom 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 - InfAuslR 2015, 77).
34 
Wesentliche Kriterien für die zu entscheidende Frage, ob eine unmenschliche oder erniedrigende (bzw. "entwürdigende") Behandlung vorliegt, finden sich in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 3 EMRK (vgl. Urteile vom 21.01.2011 - Nr. 30696/09, M.S.S./Belgien - NVwZ 2011, 413, vom 04.11.2014 - Nr. 29217/12, Tharakel/Schweiz - juris, und Entscheidung vom 05.02.2015 - Nr. 51428/10, A.M.E./Niederlande - juris) der mit Art. 4 GRCh übereinstimmt (vgl. zu den Anforderungen ausführlich Senatsurteil vom 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 - InfAuslR 2015, 77, m.w.N.). Die Annahme einer drohenden Verletzung des Grundrechts aus Art. 4 GRCh muss durch wesentliche Gründe (Art. 3 Abs. 2 UA. 2 VO Dublin III; vgl. auch EuGH, Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - NVwZ 2012, 417: "ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe") gestützt werden. Das bedeutet, dass die festgestellten Tatsachen hinreichend verlässlich und aussagekräftig sein müssen; nur unter dieser Voraussetzung ist es nach der maßgeblichen Sicht des Europäischen Gerichtshofs gerechtfertigt, von einer Widerlegung des „gegenseitigen Vertrauens“ der Mitgliedstaaten untereinander auszugehen. In diesem Zusammenhang müssen die festgestellten Tatsachen und Missstände verallgemeinerungsfähig sein, um die Schlussfolgerung zu rechtfertigen, dass es nicht nur vereinzelt, sondern immer wieder und regelhaft zu Grundrechtsverletzungen nach Art. 4 GRCh kommt. Das bei einer wertenden und qualifizierten Betrachtungsweise zugrunde zu legende Beweismaß ist das der beachtlichen Wahrscheinlichkeit im herkömmlichen Verständnis der höchstrichterlichen Rechtsprechung, das sich nicht von dem in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte entwickelten Beweismaß des „real risk“ unterscheidet (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2013 - 10 C 23.12 - NVwZ 2013, 936; Beschluss vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - juris).
35 
Hinzukommen muss immer, dass der konkrete Schutzsuchende auch individuell betroffen wäre. Es genügt nicht, dass lediglich abstrakt bestimmte strukturelle Schwachstellen festgestellt werden, wenn sich diese nicht auf den konkreten Antragsteller auswirken können. Dabei ist zu berücksichtigen, dass - eine systemische Schwachstelle unterstellt - einer drohenden Verletzung von Art. 4 GRCh im konkreten Einzelfall gegebenenfalls vorrangig dadurch "vorgebeugt" werden kann, dass die Bundesrepublik Deutschland die Überstellung im Zusammenwirken mit dem anderen Mitgliedstaat so organisiert, dass eine solche nicht eintreten kann (vgl. EGMR, Urteil vom 04.11.2014 - Nr. 29217/12, Tharakel/Schweiz - juris; BVerfG, Kammerbeschluss vom 17.09.2014 - 2 BvR 939/14 und 2 BvR 1795/14 - juris).
36 
b) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass nach den verwerteten Erkenntnismitteln keine ausreichenden Anhaltspunkte bzw. "wesentlichen Gründe" für die Annahme bestehen, dass das Asylverfahren und/oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Bulgarien derzeit systemische Schwachstellen im Sinne des Art. 3 Abs. 2 UA. 2 VO Dublin III bzw. der angeführten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - NVwZ 2012, 417) aufweisen, die gerade den Kläger der konkreten Gefahr aussetzen würden, im Falle einer Rücküberstellung nach Bulgarien eine menschenunwürdige Behandlung erfahren zu müssen.
37 
Zur Frage, ob das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Bulgarien entsprechende Defizite aufweisen, hat der Senat im Urteil vom 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 - (InfAuslR 2015, 77; die (Nichtzulassungs-)Beschwerde gegen dieses Urteil wurde mit Beschluss des BVerwG vom 10.03.2015 - 1 B 7.15 - zurückgewiesen; vgl. auch Senatsurteil vom 10.11.2014 - A 11 S 1713/14 -, nicht veröff.) ausgeführt:
38 
"...Aus den Erkenntnismitteln wird hinreichend deutlich, dass in Bulgarien ein ausreichend ausdifferenziertes Verfahren zur Aufnahme von Flüchtlingen und zur Durchführung eines effektiven Prüfungs- und Anerkennungsverfahrens installiert ist, das - von einzelnen Unzulänglichkeiten, die allerdings allenfalls abgrenzbare Personengruppen betreffen können, abgesehen (vgl. hierzu im Folgenden) - den auch unionsrechtlich zu stellenden Anforderungen noch genügt und eine ordnungsgemäße Behandlung der Flüchtlinge ermöglicht (siehe die Darstellung im Urteil des österreichischen BVwG vom 03.10.2014 - W212 2009059-1 -, S. 3 ff.; vgl. ausführlich auch den von der Beklagten zum Gegenstand ihres Vortrags gemachten Bericht „Aida, Asylum Information Database - National Country Report Bulgaria“, April 2014, S. 14 - im Folgenden aida).
39 
Der Senat geht zunächst davon aus, dass, bedingt durch die im Laufe des Jahres 2013 erheblich angestiegene Zahl von Antragstellern (vgl. Eurostat, Asylum and new asylum applicants by citizenship, age and sex Monthly Data, Last update 22.10.2014; Email UNHCR Berlin an den Senat vom 06.11.2014; UNHCR, Bulgaria As a Country of Asylum, 02.01.2014, S. 4 - im Folgenden UNHCR I), die u.a. wegen des bereits lange dauernden internen Konflikts in Syrien vermehrt über die türkisch-bulgarische Grenze gekommen waren, das bulgarische Asylsystem, das trotz entsprechender Warnungen völlig unvorbereitet war, total überfordert, wenn nicht gar kollabiert war. Dies hatte erhebliche negative Auswirkungen auf alle Phasen und Aspekte des Asylsystems. So war schon ein effektiver Zugang zum Asylverfahren, insbesondere aus einer bestehenden Abschiebehaft, nicht mehr gewährleistet (vgl. UNHCR I, S. 7; aida, S. 16 f.). Folge hiervon war nicht nur, dass eine bestehende Haft nach Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz in unverhältnismäßiger und unzulässiger Weise (bis zu 45 oder gar 60 Tagen) fortdauern konnte, wie dies möglicherweise auch beim Kläger der Fall war, sondern auch, dass der mit der Registrierung als Antragsteller verbundene Zugang zu Unterkunft, Verpflegung, medizinischer Versorgung etc. nicht oder jedenfalls nicht in zumutbarer Zeit erreichbar war. Die Unterbringung in den „Reception Centres“ bzw. „Registration and Reception Centres“ wurde übereinstimmend fast ausnahmslos als weit unter den Standards des unionsrechtlich in den Aufnahmerichtlinien festgelegten Minimums qualifiziert und als menschenunwürdig beschrieben (vgl. aida, S. 41 ff.; Human Rights Watch, Containment Plan - Bulgaria’s Pushbacks and Detention of Syrian and Other Asylum Seekers and Migrants, April 2014, S. 46 ff. - im Folgenden HRW I; UNHCR I, S. 9 f.). Die einzige Ausnahme bildete das Kovachevtsi Centre. Verschärft wurde die Situation noch durch den Umstand, dass anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte, die eigentlich verpflichtet waren, innerhalb kurzer Zeit (wohl 14 Tagen) die Zentren zu verlassen, weiter dort verbleiben mussten und letztlich durften, weil sie andernfalls - unfähig, selbstverantwortlich eine Unterkunft zu finden und zu bezahlen - obdachlos geworden wären (bordermonitoring u.a., Trapped in Europe’s Quagmire: The Situation of Asylum Seekers and Refugees in Bulgaria, 2014, S. 19 f. - im Folgenden bordermonitoring I). Auch wurde immer wieder von körperlichen Übergriffen auf den Polizeistationen und in den Zentren berichtet (HRW I, S. 31 ff.), u.a. auch eine Folge der vollständigen physischen und psychischen Überforderung des dort tätigen Personals. Angesichts der unerträglichen Situation in den Zentren, insbesondere auch der unzumutbaren Überbelegung erklärte eine Vielzahl von Antragstellern einen Verzicht auf eine weitere dortige Unterbringung mit der Folge, dass sie auch jegliche Ansprüche auf Verpflegung etc. verloren hatten und gewissermaßen auf der Straße gelandet waren und erst infolge der eingetretenen Entlastung des bulgarischen Asylsystems (vgl. hierzu im Folgenden) nunmehr wieder in dieses integriert werden können (vgl. HRW I, S. 61 ff.; bordermonitoring I, S. 17 f.; UNHCR, Bulgarien als Asylland, April 2014, S. 10 - im Folgenden UNHCR II). Bei dieser Ausgangslage musste zwangsläufig auch die Behandlung von Kindern, insbesondere unbegleiteten Minderjährigen und generell von sog. „vulnerablen Personen“ völlig unzureichend sein (aida, S. 33 f. und 41 f.; HRW I., S. 51; UNHCR II, S. 8 f.). Insbesondere mangelte es in weiten Teilen an einer adäquaten Betreuung und Vertretung unbegleiteter Minderjähriger (vgl. HRW I, S. 58 ff.; UNHCR II, S. 9).
40 
Zwar wies auch zu dieser Zeit Bulgarien eine hohe Schutzquote auf (vgl. etwa HRW I, S. 66), gleichwohl bestanden - bedingt durch die hohen Eingangszahlen und wohl auch aufgrund unzureichender Qualifikation - unübersehbare Mängel im Verfahren selbst, wie etwa im Bereich der Übersetzung, Protokollführung, der Anhörungen und deren Umsetzung in den Bescheiden (vgl. hierzu aida, S. 20 f.; UNHCR I, S. 12). Der Komplex der rechtlichen Beratung und Unterstützung wurde als in hohem Maße defizitär geschildert, und zwar v.a. im Hinblick auf fehlende finanzielle Mittel und weniger aufgrund der jeweils maßgeblichen rechtlichen Grundlagen bzw. Vorgaben, die nicht grundsätzlich zu kritisieren sind (vgl. wiederum aida, 22 f.).
41 
Bei dieser Sachlage beschloss der Ministerrat Bulgariens im Oktober 2013 einen „Plan for the containment of the crisis resulting from stronger migration pressure on the Bulgarian border“, der zum einen eine Verbesserung der Aufnahmebedingungen sowie der Verfahrensabläufe, zum anderen eine konsequente Verhinderung künftiger unkontrollierter Einwanderung über die Landesgrenze v.a. mit der Türkei zum Inhalt hatte (vgl. HRW I, S. 22 f.). Außerdem wurde von EASO im Herbst 2013 in Zusammenarbeit mit dem bulgarischen Innenministerium, dem Leiter der bulgarischen Flüchtlingsbehörde (SAR) und UNHCR Bulgarien ein „Operating Plan To Bulgaria“ entwickelt, aufgrund dessen unter Hinzuziehung des Bulgarischen Roten Kreuzes und anderer Nichtregierungsorganisationen weitreichende Verbesserungen des gesamten Asylsystems vorgenommen werden sollten. Dieser Plan konzipierte die geplanten Maßnahmen mit einem zeitlichen Horizont bis September 2014 (vgl. zu alledem EASO, Operating Plan To Bulgaria, März 2014).
42 
In Vollzug des Ministerratsbeschlusses vom Oktober wurde mit dem Bau eines Zaunes an der Grenze zur Türkei begonnen, der mittlerweile in der vorgesehenen Länge fertiggestellt ist (vgl. Agence France-Presse, Bulgarie: des barbelés pour stopper les réfugiés vom 17.7.2014). Zuvor waren zur vorläufigen Absicherung der Grenze etwa 1500 Polizisten an die Grenze verlegt worden. Es gibt glaubhafte und nach Einschätzung des Senats zuverlässig recherchierte Berichte über eine Vielzahl von Zurückschiebungen über die Grenze in die Türkei aus der Zeit zwischen Ende 2013 bis in den Herbst 2014 (vgl. HRW I, S. 14 ff. und Annex 2, S. 3 ff. zu den Einwänden des bulgarischen Innenministers in dessen Schreiben vom 29.04.2014; bordermonitoring vom 21.09.2014). Damit verstieß und verstößt Bulgarien gegen das unionsrechtliche wie auch das völkerrechtliche Refoulement-Verbot nach Art. 21 Abs. 1 QRL bzw. Art. 33 GFK (vgl. hierzu im Einzelnen Marx, Handbuch des Flüchtlingsrechts, 2. Aufl., 2012, § 52). Denn zum einen ist die Türkei kein sicherer Drittstaat, weil sie die Genfer Flüchtlingskonvention und das Protokoll von 1967 nur mit einem regionalen Vorbehalt gezeichnet hat; zum anderen hat sich Bulgarien offensichtlich nicht vergewissert, dass die Türkei nicht in einen potentiell verfolgenden Herkunftsstaat „weiterschiebt“. Da das Refoulement-Verbot auch eine Zurückweisung an der Grenze untersagt, sofern nicht eine Massenfluchtbewegung gegeben ist (vgl. Marx, a.a.O., § 52 Rn. 5 mit zahlreichen weiteren Nachweisen), wovon aber in Bezug auf Bulgarien noch nicht auszugehen sein wird, dürfte auch die Errichtung des Grenzzauns kaum mit dem Refoulement-Verbot in Einklang stehen, zumal nach der Auskunftslage nicht davon ausgegangen werden kann, dass eine offizielle Anreise über die türkischen Grenzübergangsstellen möglich ist (vgl. HRW I., S. 25). Letztlich kann dies aber offen bleiben, weil hiervon Flüchtlinge, die sich bereits im Asylverfahren befinden, nicht betroffen sind. Jedenfalls hat diesbezüglich die Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Bulgarien eingeleitet (vgl. österreichisches BVwG, Urteil vom 03.10.2014 - W212 2009059-1 -, S. 6).
43 
Nicht zuletzt mit Rücksicht auf die geschilderten Maßnahmen ist die Zahl der Antragsteller seit Anfang des Jahres zunächst erheblich zurückgegangen, wobei allerdings für den Monat August und September wiederum ein Anstieg zu verzeichnen ist (vgl. Eurostat, a.a.O.). Auch dieses hat zu einer erheblichen Entlastung des bulgarischen Asylsystems geführt und mit dazu beigetragen, dass die von EASO ins Auge gefassten Maßnahmen unter erleichterten Rahmenbedingungen in Angriff genommen und durchgeführt werden konnten. Im Wesentlichen übereinstimmend wird von erheblichen Verbesserungen berichtet.
44 
Die Missstände in den Aufnahmeeinrichtungen sind grundlegend in baulicher wie auch personeller Hinsicht angegangen und auch im Wesentlichen behoben worden. Auch die besonderen Problemfälle der Zentren Vrazdebhna, Harmanli und Voenna Rampa waren im April 2014 in Angriff genommen worden, sie wurden im Frühjahr 2014 (noch) saniert, weshalb die in der Pressemitteilung des Niedersächsischen Flüchtlingsrats vom 02.09.2014 angesprochenen und kritisierten Verhältnisse in Voenna Rampa in dieser Allgemeinheit nicht mehr aktuell sind. Auch die in dem Reisebericht von Rahmi Tuncer vom 15.10.2014 wiedergegebenen Schilderungen beziehen sich teilweise auf die Vergangenheit und sind nach den anderen verwerteten Erkenntnismitteln nicht mehr uneingeschränkt aktuell. Gleichzeitig wurden die Unterbringungskapazitäten von 4150 (bei einer damaligen Belegungsquote von nur noch rund 80 v.H.) auf etwa 6000 Plätze erweitert, ohne dass diese erschöpft wären (vgl. aida, S. 41 ff. und UNHCR II, S. 6 ff.; HRW I, S. 46 f.; Emails von UNHCR Berlin an den Senat vom 06.11.2014 und vom 07.11.2014). Dass die Verhältnisse nach wie vor defizitär und wenig befriedigend sein mögen, wie dies im Übrigen auch für einen nicht unerheblichen Teil der einheimischen Bevölkerung der Fall ist, rechtfertigt allein nicht die Annahme, dass sie generell nicht mehr menschenwürdegemäß wären. Die prekäre Versorgung mit Nahrung und Lebensmitteln in den Zentren ist entscheidend verbessert worden; v.a. ist seit Anfang Februar 2014 sichergestellt, dass täglich mindestens zwei warme Mahlzeiten ausgegeben werden; zum Teil bestehen nunmehr auch eigene private Kochmöglichkeiten (vgl. UNHCR II, S. 8). Dass die Qualität möglicherweise immer wieder zu wünschen übrig lässt, kann, solange dieses keine gesundheitlich bedenkliche Mangelernährung zur Folge hat, nicht als systemische Schwachstelle, geschweige denn als eine nicht menschenwürdegemäße Schlechtbehandlung angesehen werden. Defizitär ist hingegen noch die systematische und flächendeckende Versorgung von Babys und Kleinstkindern mit ihnen adäquater Nahrung, jedenfalls teilweise ist eine Versorgung allerdings durch den Einsatz von Nichtregierungsorganisationen gewährleistet (ai, Rücküberstellungen von Asylsuchenden nach Bulgarien sind weiterhin auszusetzen, S. 6 f. - im Folgenden ai; UNHCR II, S. 8). Gewisse Verbesserungen bei den Unterbringungsbedingungen sind auch eingetreten für Familien mit kleineren Kindern, alleinstehende Frauen mit Kindern und unbegleitete Minderjährige, ohne allerdings das erforderliche Minimum an Privatheit zuzulassen und auch immer ausreichenden Schutz vor Übergriffen zu bieten. Nach wie vor sind daher erhebliche Defizite auszumachen (UNHCR II, S. 7 und 9; aida, S. 43; ai, S. 6 f.). Ob bei diesen Aufnahmebedingungen insoweit eine dieser Personengruppe angemessene Unterbringung gewährleistet ist, und insbesondere, ob diese als unmenschliche und entwürdigende Behandlung zu qualifizieren wäre, lässt der Senat, weil nicht entscheidungserheblich, offen.
45 
Angesichts der dargestellten Verbesserungen in den Aufnahmeeinrichtungen ist - jedenfalls derzeit bei nicht dramatisch steigenden Zahlen von Antragstellern - nicht damit zu rechnen, dass das bulgarische Aufnahmesystem wieder kollabieren wird und in Folge dessen, dass die Asylsuchenden die Zentren aus eigenem „Wunsch“ verlassen, damit aber auch keine Unterstützung mehr erhalten. In diesem Zusammenhang ist insbesondere zu berücksichtigen, dass nach den Stellungnahmen von UNHCR Berlin an den Senat vom 06.11.2014 und vom 07.11.2014 im Oktober 2014 noch erhebliche Unterbringungs- bzw. Aufnahmekapazitäten (35 v.H.) frei waren und die ansteigenden Flüchtlingszahlen das Land nicht mehr, wie noch im vergangenen Jahr, unvorbereitet und ohne Hilfe der Europäischen Union treffen bzw. treffen werden.
46 
Kritisiert wird weiterhin, dass Flüchtlingskinder allenfalls teilweise Zugang zu schulischer Bildung, Sprachkursen und Freizeitaktivitäten haben (vgl. etwa ai, S. 8; UNHCR II, S. 13). Eine menschenunwürdige Schlechtbehandlung ist darin aber nicht zu sehen.
47 
UNHCR und andere Stellen beanstanden nach wie vor, dass effektive Mechanismen zur systematischen Identifizierung von Personen mit besonderen Bedürfnissen nicht zur Verfügung stehen bzw. jedenfalls nicht in dem gebotenen Maße tatsächlich genutzt werden und dass selbst Nichtregierungsorganisationen nicht in der Lage sind, die bestehenden Lücken und Defizite zu schließen bzw. zu beheben (UNHCR II, S. 8 f.; aida, S. 33). Betroffen ist der Kläger jedoch hiervon offensichtlich nicht.
48 
Im Argen liegt weiterhin die Situation der unbegleiteten Minderjährigen, denen tatsächlich in größerem Umfang die erforderlichen Vormünder nicht gestellt werden und die dementsprechend gesetzeswidrig ohne die notwendige Vertretung bleiben, zumindest jedoch keine ausreichend kompetente Vertretung erhalten (vgl. im Einzelnen HRW I., S. 54 ff.; UNHCR II, S. 9; aida., S. 35).
49 
Die - gerade auch kostenlose - medizinische Versorgung (vgl. Art. 15 ARL a.F. bzw. Art. 19 ARL n.F.) und v.a. der Zugang zu ihr ist nach der Auskunftslage nicht immer in dem gebotenen Maße sichergestellt, zumal sich „Ärzte ohne Grenzen“ mittlerweile definitiv aus der Versorgung der Flüchtlinge zurückgezogen haben und nicht hinreichend geklärt erscheint, ob diese tatsächlich in dem gebotenen Maße ersetzt werden können und auch noch während deren Tätigkeit die Situation zum Teil jedenfalls durchaus prekär und durch Lücken und Defizite gekennzeichnet war (vgl. UNHCR II, S. 8; aida, S. 34 und 47; bordermonitoring I, S. 16; vgl. Médecins sans Frontières v. 06.06.2014, die immerhin (nur) die Hoffnung ausdrücken, dass sich die Lage trotz ihres Abzugs weiter verbessern werde). Die Lage ist für die Betroffenen auch deswegen besonders problematisch, weil sie in vielen Fällen nicht über die erforderlichen Informationen verfügen und erhebliche, nicht durch ausreichend qualifizierte Sprachmittler behebbare Kommunikationsschwierigkeiten bestehen (bordermonitoring I, S. 16; vgl. auch zur Gesundheitsversorgung in den Haftanstalten und die dort ebenfalls bestehenden sprachlichen Kommunikationsprobleme aida, S. 51 f.). Es gibt auch Berichte, wonach Personal des Gesundheitswesens nur gegen Bestechung bereit war, die gebotene Behandlung zu leisten (vgl. bordermonitoring I, S. 16) bzw. - allgemeiner ausgedrückt - ohne Bezahlung keine Untersuchungen durchgeführt wurden (vgl. Reisebericht Rahmi Tuncer vom 15.10.2014). Zwar übersieht der Senat nicht, dass die prekäre Lage zu einem nicht unerheblichen Teil dem schlechten Gesundheitssystem Bulgariens selbst und dessen niedrigeren Standards geschuldet ist und die Flüchtlinge rechtlich nur allgemein der bulgarischen Bevölkerung gleichgestellt werden (vgl. aida, S. 47). Die bestehenden Probleme, einen effektiven Zugang zu einer Gesundheitsversorgung zu erhalten, und die offenbar verbreitete Korruption machen sie in diesem System aber besonders verletzlich, weshalb sie im Falle einer ernsthaften und schweren Erkrankung einem realen Risiko ausgesetzt sein können, Schaden an Leib oder Leben zu nehmen. Dabei muss zudem bedacht werden, dass die hier infrage stehenden Personen in besonderem Maße durch die fluchtauslösenden Anlässe und die Erlebnisse auf der Flucht gezeichnet sein können (vgl. aida, S. 47). Der Senat ist sich dabei auch des Umstandes bewusst, dass an sich Art. 3 EMRK nach der Spruchpraxis des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte kein Verbleiberecht gewährt, um eine medizinisch notwendige Behandlung durchführen lassen zu können, auch wenn die Betroffenen an einer schweren Krankheit leiden (vgl. etwa EGMR, Urteil vom 06.02.2001 - 44599/98). Allerdings gelten die Standards des Art. 19 ARL n.F. darüber hinaus, wenn hiernach zumindest eine Notbehandlung und die unbedingt erforderlichen Behandlungen von Krankheiten und schweren psychischen Störungen unionsrechtlich versprochen sind mit der Folge, dass dann, wenn diese „systemisch“ - auch nur bei bestimmten (begrenzten) Krankheitsbildern - nicht oder jedenfalls nicht effektiv zur Verfügung stehen bzw. erreicht werden können, von einem die Überstellung hindernden Mangel auszugehen wäre. Dieser Frage wird aus gegebenem Anlass noch nachzugehen sein. Im Falle des Klägers jedenfalls besteht ein solcher nicht. ... der Senat ...geht davon aus, dass etwaige systemische Mängel des bulgarischen Gesundheitssystems den Kläger nicht betreffen würden.
50 
Des Weiteren sind eine zeitnahe Registrierung von Asylgesuchen und damit ein schneller Zugang zum Asylverfahren nunmehr grundsätzlich gewährleistet und nicht mehr systemimmanent defizitär, allerdings ist nach den verwerteten Erkenntnismitteln nicht auszuschließen, dass es im Falle einer Antragstellung aus der Haft nach wie vor zu Verzögerungen von einigen Tagen kommen kann, die möglicherweise auch vermeidbar wären (vgl. zu alledem UNHCR II, S. 4 ff.; ai, S. 3 f.). Ein grundlegender, das gesamte Asylsystem betreffender Mangel liegt hierin aber nicht (mehr). Die Tatsache allein, dass Ausländer und Ausländerinnen, die illegal eingereist sind, zunächst in größerem Umfang inhaftiert werden, solange sie keinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, stellt keine systemische Schwachstelle des Asylsystems dar, sofern, wie nunmehr, sichergestellt ist, dass sie nach der Antragstellung zeitnah registriert werden, auch wenn die Inhaftierungen nicht immer den Vorgaben des Art. 15 der RL 2008/115/EG vom 16.12.2008 (ABl. L 348, 98 - RFRL) entsprechen sollten.
51 
Die früher festgestellten Mängel in Bezug auf das Prüfungsverfahren und die Entscheidungen über die Gewährung internationalen Schutzes (vgl. aida, S. 20 ff.) sind zwar nicht gänzlich ausgeräumt, allerdings sind positive Veränderungen auf den Weg gebracht worden. Die Verfahrensdauer, die bei syrischen Staatsangehörigen in der Regel ohnehin nicht zu beanstanden war, wurde mittlerweile auch bei nicht syrischen Flüchtlingen wesentlich verkürzt (vgl. UNHCR II, S. 11 f.). Die Bereitstellung von Informationen für die Antragsteller über den Ablauf des Verfahrens und die in diesem Zusammenhang bestehenden Rechte wurden wesentlich verbessert, ohne aber wiederum als vollständig befriedigend qualifiziert werden zu können (vgl. aida, S. 30 f.). Zumindest für ein Erstverfahren ist eine kostenlose Rechtsberatung rechtlich gewährleistet, steht mit Rücksicht auf eine unzureichend finanzielle Ausstattung allerdings staatlicherseits nicht zuverlässig zur Verfügung, weshalb Nichtregierungsorganisationen, wie das Bulgarische Helsinki Komitee, einspringen und teilweise selbst die unentgeltliche Vertretung übernehmen müssen (vgl. UNHCR II, S. 11 f.; aida, S. 22). Diese Defizite werden jedoch - auch in Anbetracht der stattgefundenen Verbesserungen - vom Senat nicht als derart grundlegend eingestuft, dass sie als systemisch zu qualifizieren wären.
52 
Wenn erhebliche Bedenken gegen eine in Art. 45b Abs. 1 Nr. 3 des bulgarischen Asyl- und Flüchtlingsgesetz geplante gesetzliche Änderung des Haftrechts formuliert und die Weite bzw. die Unbestimmtheit der Haftgründe kritisiert werden, so mag in der Tat die vorgeschlagene Formulierung weiter geraten sein, als dies Art. 8 Abs. 3 lit. d) ARL n.F. vorsieht. Aber selbst wenn der Gesetzesentwurf tatsächlich in dieser Form verabschiedet werden sollte, was bislang noch nicht geschehen ist (vgl. Email von UNHCR Berlin an den Senat vom 06.11.2014), so stehen jedoch einer unionsrechtskonformen Auslegung und Anwendung keine Hindernisse entgegen. Solange sich aber die bulgarischen Behörden und Gerichte einer solchen Handhabung nicht systematisch und durchgängig verweigern, kann von einem hier relevanten Mangel nicht gesprochen werden.
53 
Sog. Dublin-Rückkehrern steht ein Erstverfahren weiterhin offen, soweit eine persönliche Anhörung noch nicht stattgefunden hat (vgl. UNHCR II, S. 14), auch wenn nach der Gesetzeslage nach einem „Nichtbetreiben“ des Verfahrens wegen Abwesenheit über einen Zeitraum von mehr als drei Monaten das Verfahren an sich beendet ist; Folge der Fortführung ist, dass die Betroffenen wieder in das normale Aufnahmesystem integriert werden. Das Verfahren wird allerdings dann nicht mehr eröffnet, wenn eine Anhörung bereits durchgeführt und das Verfahren daraufhin endgültig abgeschlossen worden war. Dann sind die Betroffenen auf einen Folgeantrag verwiesen, was aber in Einklang mit den Vorgaben der Verfahrensrichtlinie RL 2005/85/EG steht. Nach Art. 20 Abs. 1 und 2 i.V.m. Art. 32 ist der Verweis auf ein Folgeverfahren grundsätzlich möglich. Allerdings wird hier Art. 28 Abs. 2 der Neufassung (RL 2013/32/EU) eine gewisse Anpassung erforderlich machen.
54 
Die Lage der beachtlich hohen Zahl von anerkannten international Schutzberechtigten wird durchgängig als wenig zufriedenstellend, wenn nicht gar schlecht beschrieben (vgl. etwa UNHCR II, S. 12 f). Dass ein wirklich schlagkräftiges Integrationsprogramm existieren und v.a. bereits erfolgreich praktiziert werden würde, ist für den Senat nicht ersichtlich. Allenfalls sind erste Ansätze erkennbar (vgl. HRW II, S. 4 f.). Dabei darf nicht übersehen werden, dass hier das Unionsrecht den Betroffenen lediglich Inländergleichbehandlung (vgl. etwa Art. 26. 27, 28 Abs. 1, 29, 30 RL 2011/95/EU - QRL) oder Gleichbehandlung mit anderen sich rechtmäßig aufhaltenden Ausländern (vgl. etwa Art 32 und 33 QRL) verspricht und sie damit nur teilhaben an den schlechten wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen weiter Teile der bulgarischen Bevölkerung. Diese sind dadurch gekennzeichnet, dass nach den allgemein zugänglichen Daten des Statistischen Bundesamts das Bruttoprokopfeinkommen Bulgariens im Jahre 2013 7030 USD betrug, damit noch erheblich unter dem von Rumänien (9060 USD) lag und etwa dem Niveau Südafrikas (7190 USD) entsprach. Nach den verwerteten Angaben von Eurostat (vgl. Pressemitteilung Nr. 184/2013 vom 05.12.2003) belief sich im Jahre 2012 der Anteil der Bevölkerung Bulgariens, der von Armut oder sozialer Ausgrenzung betroffen bzw. bedroht ist, auf 49 v.H. (Rumänien 42 v.H.; Niederlande und Tschechische Republik 15 v.H.). Die rechtliche Gleichbehandlung ist dabei aber, soweit für den Senat erkennbar, weitgehend hergestellt. So erhalten Flüchtlinge ebenso wie bedürftige bulgarische Staatsangehörige gleichermaßen Leistungen in Höhe von 33 EUR monatlich. Im Übrigen finden sich im Unionsrecht lediglich - teilweise wenig bestimmte - Handlungsaufträge (vgl. Art. 28 Abs. 2, Art. 34 QRL). Der Senat ist sich der Tatsache bewusst, dass etwa ohne flächendeckende Sprachkurse, namentlich für Kinder und Jugendliche, der an sich garantierte gleiche Zugang zu Bildung und Ausbildung bzw. zum Arbeitsmarkt weitgehend auf dem Papier steht und faktisch nicht eingelöst werden kann. Selbst wenn solche jedoch nicht in dieser Weise angeboten werden und teilweise nur aufgrund der Hilfe und Mitwirkung von UNHCR und Caritas durchgeführt werden können, so bedeutet dies nicht, dass deshalb eine relevante Schlechtbehandlung angenommen werden kann, auch wenn es sich um einen sicherlich bedeutsamen Aspekt (von vielen) handelt, mit dem man rechtspolitisch das Europäische Asylsystem in seiner gegenwärtigen Ausgestaltung infrage stellen kann.
55 
Die Situation unbegleiteter Minderjähriger bedürfte bei gegebenem Anlass mit Rücksicht auf Art. 31 QRL ebenfalls einer gesonderten Betrachtung.
56 
Zwar stehen die geschilderten Fortschritte auch im Zusammenhang mit den zurückgegangenen Anträgen, die wiederum zu einem wesentlichen Teil mit den nicht unionsrechts- und völkerrechtskonformen Zurückschiebungen und den nicht unbedenklichen Absperrmaßnahmen an der Grenze zur Türkei (vgl. etwa HRW I, S. 7) zusammenhängen, sie haben aber jedenfalls faktisch, worauf es allein ankommt, zu einer Situation geführt, in der zumindest für den Personenkreis von nicht ernsthaft erkrankten Alleinstehenden und Familien, zu denen keine kleinen Kinder gehören, nicht davon ausgegangen werden kann, dass durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme festgestellt werden können, dass diese im Falle einer Überstellung nach Bulgarien dort Gefahr laufen, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh ausgesetzt zu sein. Zwar sind die Zugangszahlen wieder im Steigen begriffen, jedoch sind, wie bereits ausgeführt, noch erhebliche Kapazitäten frei. Hinzu kommt (und dabei handelt es sich um einen wesentlichen Beurteilungsaspekt), dass Bulgarien - anders als im Vorjahr - nicht mehr völlig unvorbereitet und ohne Hilfe der Union und von UNHCR mit steigenden Zugangszahlen konfrontiert sein wird. Was den Personenkreis der Familien mit kleinen Kindern, ernsthaft Erkrankten und unbegleiteten Minderjährigen betrifft, lässt, weil nicht entscheidungserheblich, der Senat ausdrücklich offen, ob hier eine andere Beurteilung vorzunehmen ist, ferne läge sie jedoch nach dem oben Dargelegten nicht. In diesem Zusammenhang wäre auch ggf. zu klären, ob im Fall einer Überstellung etwa festgestellte, an sich bestehende Mängel durch konkrete Absprachen zwischen den für die Aufenthaltsbeendigung zuständigen deutschen Ausländerbehörden und den bulgarischen Behörden in einer Weise kompensiert werden können, dass eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung vermieden werden kann (vgl. EGMR, Urteil vom 04.11.2014 - 29217/12; BVerfG, Kammerbeschluss vom 17.09.2014 - 2 BvR 939/14 und 2 BvR 1795/14 - jeweils juris). ..."
57 
Auch heute, etwas über vier Monate später, und unter Berücksichtigung neuerer Erkenntnismittel, ist der Senat weiter der Überzeugung, dass bezüglich alleinstehender Antragsteller oder Ehepaaren bzw. Partnern ohne kleine Kinder keine ausreichenden Anhaltspunkte für das Bestehen systemischer Schwachstellen im Sinne des Art. 3 Abs. 2 UA. 2 VO Dublin III vorliegen (ebenso Bay. VGH, Urteil vom 02.02.2015 - 13a ZB 14.50068 - juris; vgl. auch Österreichisches Bundesverwaltungsgericht, Erkenntnis vom 10.12.2014 - W211 2013589-1 -, zu finden unter www.ris.bka.gv.at/Bvwg/; Schweizerisches Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 12.11.2014 - D4751/2014 - www.bvger.ch/publiws/?lang=de). Dies gilt jedenfalls dann, wenn der betreffende Antragsteller nicht an einer schwerwiegenden und dringend behandlungsbedürftigen Erkrankung leidet.
58 
Allerdings kommt es weiter oder gar vermehrt zu Übergriffen gegen Ausländer und Flüchtlinge in Bulgarien; dem bulgarischen Staat bzw. staatlichen Behörden und Politikern wird vorgeworfen, dass dagegen nicht hinreichend aktiv vorbeugend sowie repressiv in der Strafverfolgung vorgegangen wird (dazu ausführlich amnesty international, "Missing the point. Lack of adequate investigation of hate crimes in Bulgaria", Febr. 2015). Auch ist geplant, den Zaun an der Grenze zur Türkei noch auszubauen; es mehren sich Berichte (vgl. nur NZZ vom 23.12.2014 "Neuer Grenzzaun im Südosten Europas"), wonach es an der Grenze und in Grenznähe zu rechtswidrigen Zurückschiebungen (push-backs) kommen soll. Die Zahl der Flüchtlinge steigt tendenziell weiter an - von 910 im Juli 2014 über 1.105 im August, 1.220 im September, 1.430 im Oktober und 1.380 im November auf 1.500 im Dezember 2014 (vgl. Eurostat, "Asylum and new asylum applicants by citizenship, age and sex - Monthly data", Stand: 18.03.2015). Auch ist die Situation in vielen der Heime sicherlich immer noch verbesserungsbedürftig.
59 
Daraus folgen aber für alleinstehende Asylbewerber wie den Kläger weiter keine systemischen Schwachstellen des Asylverfahrens und/oder der Aufnahmebedingungen in Bulgarien.
60 
In den verschiedenen Flüchtlingsunterkünften sind immer noch ausreichend Plätze vorhanden (vgl. dazu UNHCR an VG Minden vom 23.12.2014, wonach in den sieben Unterkünften 6.000 Plätze bestehen, von denen 3.910 belegt sind). UNHCR berichtet in der aktuellsten Stellungnahme vom 23.12.2014 (an VG Minden) über das Aufnahmeverfahren und die allgemeine Situation für Flüchtlinge, dass Asylbewerber nach einer (illegalen) Einreise nach Bulgarien nicht mehr für einen längeren Zeitraum inhaftiert werden. Dies ist laut UNHCR einer seit dem ersten Vierteljahr 2014 verbesserten Kooperation zwischen Grenz- und Einwanderungsbehörden und der staatlichen Agentur für Flüchtlinge (SAR) zu verdanken. Für die Bewohner der SAR-Einrichtungen sorgt der Staat für warme Mahlzeiten (zweimal täglich) und eine medizinische Grundversorgung. Aufgrund der UNHCR-Förderung kümmern sich Partnerorganisationen (Bulgarisches Rotes Kreuz, Bulgarian Helsinki Commitee, CARITAS) um rechtliche Beratung und nicht offizielle Bulgarisch-Kurse in den SAR-Einrichtungen. Die in den SAR-Einrichtungen untergebrachten "Dublin-Rückkehrer" haben ein Recht auf dieselben Hilfe- und Dienstleistungen, die anderen Asylbewerbern zustehen. Als Folge des ständigen Anstiegs der Anzahl der neuen Asylanträge erfolgt allerdings laut der Stellungnahme vom 23.12.2014 die Registrierung und Bearbeitung der Anträge seit kurzem wieder etwas verzögert. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die SAR weiterhin nicht über eine ausreichende Anzahl von Dolmetschern (insbesondere für Farsi/Dari und Paschtu) sowie von Mitarbeitern für die Registrierung und Befragung verfügt. Videokonferenz-Ausrüstungen in zwei Einrichtungen, nämlich in der RC-Harmanli und der Übergangseinrichtung für Einwanderungshaft, Allocation Centre Elhovo, sollen helfen, das Verfahren zu beschleunigen. UNHCR geht davon aus, dass wegen der Erhöhung der Aufnahme- und der Bearbeitungskapazitäten seit Anfang 2014, welche dazu geführt habe, dass zwischen Januar und Oktober 2014 5.624 Antragstellern ein Schutzstatus gewährt worden sei, das Asylsystem "einigermaßen" funktioniert. Um allerdings die bisher bei den Aufnahme- und Bearbeitungskapazitäten erfolgen Verbesserungen beizubehalten, benötige die SAR weiter Mittel.
61 
Auch nach EASO (EASO, Special Support Plan to Bulgaria vom 05.12.2014) hat das bulgarische Asylsystem "in den letzten 12 Monaten", also zwischen Ende 2013 und Ende 2014, eine Reihe von wichtigen Fortschritten gemacht. Dazu gehören die bereits im Senatsurteil vom 10.11.2014 (A 11 S 1778/14 - InfAuslR 2015, 77) angeführte Erhöhung der Zahl von Aufnahmeeinrichtungen bzw. Zentren, die Verbesserung der Wohnbedingungen in diesen Zentren und die Erhöhung der Zahl der Beschäftigten in den SAR (von 133 auf 293, vgl. im einzelnen EASO vom 05.12.2014, S. 6 f.). Seit Juli 2014 gilt ein nationaler Plan zur Integration von Personen, denen internationaler Schutz gewährt wurde. Vor allem hat EASO auf die im Oktober 2014 geäußerte Bitte Bulgariens hin Unterstützung bei der weiteren Verbesserung des bulgarischen Asyl- und Aufnahmesystems - so genannten "special support" (vgl. zum Hintergrund dieses Programms EASO vom 05.12.2014, Annex D, S. 14) - zugesagt. Nach den unter anderem mit Hilfe des "EASO Operation Plan to Bulgaria" in der Vergangenheit erzielten Fortschritten ist nun ein "EASO Special Support Plan to Bulgaria" konzipiert worden, welcher am 05.12.2014 vom Bulgarischen Innenminister und EASO unterzeichnet wurde. Zu den danach geplanten Maßnahmen, welche bis Ende Juni 2016 fortdauern sollen, gehören unter anderem die Unterstützung bei der Einhaltung geltenden Flüchtlingsrechts der Europäischen Union, bei der Erkennung und Behandlung von besonders schutzbedürftigen Personen, bei der Aufnahme der Flüchtlinge bzw. den Aufnahmeverfahren, bei der Schaffung von Verfahrensgarantien und der verbesserten Aufnahme von Kindern und unbegleiteten Minderjährigen, bei der Entwicklung von Trainings für Dolmetscher, sowie bei der Aus- oder Weiterbildung von Entscheidern und von Angehörigen der Justiz (vgl. ausführlich zu den geplanten Maßnahmen EASO vom 05.12.2014). Die Umsetzung des Plans wird in Kooperation und mit Unterstützung des UNHCR erfolgen.
62 
Danach geht der Senat davon aus, dass der bulgarische Staat inzwischen auch für wachsende Flüchtlingszahlen hinreichend gerüstet ist und derzeit nicht - wie 2013 - befürchtet werden muss, dass die Verfahrens- und Aufnahmebedingungen nicht den Anforderungen genügen. Für den Kläger folgt daraus, dass eine Überstellung nach Bulgarien weiter möglich ist. Als "Dublin-Rückkehrer" hat er erst recht keine menschenunwürdige Behandlung zu befürchten.
63 
Die Erkenntnisse über die Behandlung und die Situation von so genannten "Dublin-Rückkehrern", von denen der Senat bislang ausgegangen ist (vgl. dazu Auszug aus dem Urteil vom 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 -, InfAuslR 2015, 77, oben) werden mit der neuesten Stellungnahme des UNHCR vom 23.12.2014 bestätigt. Danach wird in allen Dublin-Verfahren eine Anhörung durchgeführt, "wenn notwendig". Der Zugang zu einem Verfahren über die Feststellung des Flüchtlingsstatus im Fall der "Wiederaufnahme" - also bei Antragstellern, welche in Bulgarien bereits eines Asylantrag gestellt haben - ist prinzipiell davon abhängig, welchen Stand der frühere Asylantrag in Bulgarien gehabt hat bzw. hat. Ist über diesen noch nicht (sachlich) entschieden worden, wird in Bulgarien eine Entscheidung gefällt. Hat ein Asylbewerber Bulgarien verlassen und erscheint nicht oder wirkt an einem Verfahrensschritt nicht mit, so wird das Verfahren allerdings nach zehn Tagen des Nichterscheinens bzw. der fehlenden Mitwirkung ausgesetzt. Kehrt der Antragsteller sodann innerhalb von drei Monaten nach Registrierung seines Antrags nach Bulgarien zurück, wird es wiedereröffnet und grundlegend geprüft. Erfolgt die Rückkehr in die Republik Bulgarien dagegen erst nach Ablauf dieser Frist, so gilt die Anwesenheit des Asylbewerbers als illegal und er wird in Abschiebungshaft genommen, es sei denn er kann "objektive Gründe" für einen Wechsel seines Wohnortes, sein Nichterscheinen bei der zuständigen Behörde oder seine fehlende Mitwirkung darlegen. Grundsätzlich kann der Betroffene nach Beendigung seines Verfahrens einen Folgeantrag stellen; es werden dann aber nur die mit dem Folgeantrag geltend gemachten neuen Gründe geprüft.
64 
Für Dublin-Rückkehrer gilt nach dieser Stellungnahme des UNHCR allerdings weiter (siehe bereits UNHCR vom April 2014) die Besonderheit, dass das Asylverfahren grundsätzlich wiedereröffnet wird, wenn über den Asylanspruch (in der Sache) noch nicht entschieden worden ist. Voraussetzung hierfür ist, dass der Dublin-Rückkehrer einer Fortführung des Verfahrens in Bulgarien zustimmt. Nach UNHCR ist damit eine sachliche Prüfung des Asylantrags sichergestellt; der Antragsteller wird abhängig vom Verfahrensstand höchstwahrscheinlich in eine SAR-Einrichtung überstellt und genießt dieselben Rechte wie andere Asylbewerber. Selbst in Fällen, in denen das Verfahren zunächst ausgesetzt und nach weiteren drei Monaten beendet wurde, wird in der Praxis nach einer Überstellung zu einer Anhörung geladen, wenn eine solche noch nicht stattgefunden hat. Ist hingegen über den Asylanspruch in der Sache bereits entschieden worden, wird zwar die betreffende Person wieder ins Land gelassen, aber ebenso behandelt wie Asylbewerber, deren Ersuchen um internationalen Schutz bestandskräftig abgelehnt wurde. Sie können dann mit dem Ziel einer Abschiebung in einer Haftanstalt festgehalten werden, welche der Abteilung für Migration unterstellt ist. Etwas anders gilt, wenn der Betreffende einen Folgeantrag einreicht. Er kann dann in einer SAR-Einrichtung untergebracht werden oder unter einer "externen Anschrift" wohnhaft sein.
65 
Das bedeutet für den Kläger, dass sein Asylantrag bzw. sein Antrag auf internationalen Schutz in Bulgarien vollumfänglich geprüft werden wird, wenn er dort - wie er selbst angibt - tatsächlich noch keinen Asylantrag gestellt hatte. Selbst wenn er in Bulgarien doch schon Asyl beantragt haben sollte, wäre er dort jedenfalls noch nicht angehört worden. Dann würde das Asylverfahren in Bulgarien fortgeführt werden. Es spricht daher alles dafür, dass der Asylantrag des Klägers und seine Ausreisegründe in Bulgarien uneingeschränkt geprüft werden. Unter diesen Umständen bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass er bei einer Überstellung nach Bulgarien in Haft genommen und dort menschenrechtswidrig behandelt werden könnte. Dies lässt sich auch nicht aus dem Umstand folgern, dass er seinen Angaben nach direkt nach seiner Einreise nach Bulgarien im Herbst 2013 inhaftiert und zunächst in "einem Käfig", danach fünf Tage in einem kleineren und dann zwei Wochen in einem größeren Gefängnis festgehalten wurde. Denn damals war er illegal nach Bulgarien eingereist und hielt sich dort illegal auf; er hatte bewusst keinen Asylantrag gestellt. Soweit der Prozessbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, es lasse sich "nicht ausschließen", dass der Kläger inhaftiert werde, bzw. die Sicherheit, dass jeder Flüchtling tatsächlich als Asylbewerber aufgenommen werde und nicht in Haft komme, sei nicht gegeben, verkennt er - abgesehen von den Anforderungen an das Vorliegen einer so genannten "systemischen Schwachstelle" - das für die Annahme einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK erforderliche Beweismaß der beachtlichen Wahrscheinlichkeit bzw. des "real risk" (siehe dazu oben 2a). Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 27.01.2015 (Nr. 36925/10 u.a., Neshkov u.a.), auf welches er bezüglich der Art. 3 ERMK verletzenden Haftbedingungen verwiesen hat, betrifft im Übrigen Strafhaft.
66 
3. Dass die Entscheidung der Beklagten, den Asylantrag des Klägers als unzulässig abzulehnen, aus anderen Gründen als rechtswidrig anzusehen und aufzuheben sein könnte, ist nicht ersichtlich. Insbesondere bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte verpflichtet sein könnte, von ihrem Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen. Dabei kann hier die Frage offen bleiben, ob und gegebenenfalls in welchen Fällen jenseits von systemischen Mängeln des Asylsystems und/oder der Aufnahmebedingungen im Überstellungsstaat eine drohende Verletzung von Art. 3 EMRK oder Art. 4 GRCh oder aber von anderen Grund- oder Menschenrechten angenommen und zur Unzulässigkeit einer Überstellung führen kann. Denn, wie ausgeführt, bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger in Bulgarien eine menschenrechtswidrige Behandlung zu befürchten haben könnte.
II.
67 
Unter diesen Umständen lässt sich auch die Abschiebungsanordnung rechtlich nicht beanstanden. Abschiebungshindernisse bzw. Duldungsgründe, die vom Bundesamt zu prüfen wären (siehe dazu Senatsbeschluss vom 31.05.2011 - A 11 S 1523/11 - InfAuslR 2011, 310; Bay. VGH, Beschluss vom 12.03.2014 - 10 CE 14.427 - InfAuslR 2014, 451), sind nicht ersichtlich.
B)
68 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO; das Verfahren ist nach § 83b AsylVfG gerichtskostenfrei. Gründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO, die es rechtfertigen würden, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens; Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrags abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.


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Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die ihm drohende Überstellung nach Bulgarien im Rahmen des sog. Dublin-Verfahrens.

Der Antragsteller ist irakischer Staatsangehöriger und reiste nach eigenen Angaben am 30. Mai 2015 in das Bundesgebiet ein. Er stellte am 17. August 2015 einen Asylantrag.

Bei seiner Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 17. August 2015 gab der Antragsteller u. a. an, sein Heimatland am 20. Mai 2015 verlassen zu haben. Er habe sich lediglich vier Tage in der Türkei aufgehalten.

Am 18. August 2015 ergaben sich zwei EURODAC-Treffer für Bulgarien (BG1... und BG2...).

Auf ein Übernahmeersuchen der Antragsgegnerin vom 15. Oktober 2015 hin hat Bulgarien mit Schreiben vom 26. Oktober 2015 der Übernahme des Antragstellers gem. Art. 20 Abs. 5 Dublin III-VO zugestimmt und mitgeteilt, dass der Antragsteller nach seinem Antrag auf internationalen Schutz verschwunden und sein Dublin-Verfahren beendet worden sei.

Mit Schreiben vom 16. Oktober 2015, zugestellt per Postzustellungsurkunde am 30. Oktober 2015, wurde der Antragsteller zur Zweitbefragung am 12. November 2015 geladen, zu der er nicht erschienen ist.

Mit Schreiben vom ... November 2015 hat der Antragsteller mitgeteilt, dass er erst am 17. November 2015 die Post bekommen habe; er bitte um einen neuen Termin, der an eine Adresse in ... geschickt werden sollte. Er habe in Deutschland eine Verlobte namens ... Beigefügt war eine Bestätigung der Eheschließung der ... e.V., vollzogen durch Scheich ..., vom ... Juni 2015.

Mit Schreiben vom ... Dezember 2015 hat sich die Prozessbevollmächtigte des Antragstellers bestellt und den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft beschränkt. Mit Schreiben vom 15. Dezember 2015 wurde der Antragsgegnerin der ausgefüllte Fragebogen für irakische Antragsteller zugeleitet.

In einem Aktenvermerk vom 28. Januar 2016 wird ausgeführt, dass traditionelle Eheschließungen bei der Ausübung des Selbsteintrittsrechts grundsätzlich keine Berücksichtigung fänden, außer die Ehe sei bereits im Herkunftsland geschlossen worden. Aus der Eheschließungsurkunde ergebe sich, dass die Eheschließung erst am ... Juni 2015 in Deutschland stattgefunden habe. Folglich komme eine Ausübung des Selbsteintrittsrechts nicht in Betracht.

Mit Bescheid vom 28. Januar 2016, der Bevollmächtigten des Antragstellers laut Eingangsstempel am 8. Februar 2016 zugegangen, lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Antragstellers als unzulässig ab (Nr. 1), ordnete die Abschiebung nach Bulgarien an (Nr. 2) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gem. § 11 Abs. 1 AufenthG auf sechs Monate (Nr. 3).

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Asylantrag sei gemäß § 27a AsylG unzulässig, da Bulgarien aufgrund des dort bereits gestellten Asylantrags gem. Art. 20 Abs. 5 Dublin III-VO für die Behandlung des Asylantrags zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO auszuüben, seien nicht ersichtlich. Der Antragsteller habe ohne genügende Entschuldigung seinen Termin zum persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats am 12. November 2015 nicht wahrgenommen. Somit mache er keine Gründe geltend, die gegen die Überstellung sprächen. Auch anderweitig lägen keine Informationen vor, die gegen eine Überstellung sprächen. Die Anordnung der Abschiebung nach Bulgarien beruhe auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG. Es seien keine Gründe vorgetragen worden, die eine kürzere Fristsetzung aufgrund schutzwürdiger Belange rechtfertigen könnten. Es seien auch sonst keine Umstände ersichtlich, die im Rahmen des Ermessens zugunsten des Antragstellers zu berücksichtigen seien.

Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom ... Februar 2016, bei Gericht am selben Tag eingegangen, hat der Antragsteller Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erhoben und beantragt, den Bescheid der Antragsgegnerin vom 28. Januar 2016 aufzuheben.

Gleichzeitig wurde beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Antragsteller habe in Bulgarien keinen Asylantrag gestellt. Er sei dort lediglich erkennungsdienstlich behandelt worden. Die Abschiebungsanordnung nach Bulgarien sei rechtswidrig. In Bulgarien seien systemische Mängel des Asylverfahrens vorhanden. Diese würden u. a. in aktuellen Berichten von Pro Asyl (30.5.2014 und April 2015) bejaht. Auch das VG Stuttgart bejahe systemische Mängel (Urteil vom 24.6.2014 - A 11 K 741/14). Nach dem Bericht von Pro Asyl würden Flüchtlinge in Bulgarien erniedrigt, misshandelt und seien schutzlos. Aufgrund der massiven Flüchtlingsströme derzeit sei von einer Verschlechterung der aktuellen Lage in Bulgarien auszugehen. Es bestünden eklatante Missstände, die mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit erwarten ließen, dass der Antragsteller der Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wäre. Darüber hinaus sei dem Antragsteller nicht ausreichend rechtliches Gehör gewährt worden. Der Antragsteller habe die Ladung erst nach dem Anhörungstermin erhalten, was der Antragsgegnerin auch bekannt gegeben worden sei. Der Antragsteller sei mit einer irakischen Staatsangehörigen verlobt, die die Flüchtlingseigenschaft besitze. Darüber hinaus sei seinem Bruder die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden.

Mit Schreiben vom 17. Februar 2016 hat die Antragsgegnerin die Behördenakte vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts- und Behördenakte verwiesen.

II.

Der zulässige Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die im Bescheid vom 28. Januar 2016 verfügte Abschiebungsanordnung nach Bulgarien ist unbegründet.

Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage im Fall des hier einschlägigen § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung. Es hat abzuwägen zwischen dem sich aus § 75 AsylG ergebenden öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Abschiebungsanordnung und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO allein erforderliche summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage, dass die Klage voraussichtlich erfolglos bleiben wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei kursorischer Prüfung als rechtswidrig, so besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung; nicht erforderlich sind insoweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids, denn die Regelung des § 36 Abs. 4 AsylG ist hier nicht (entsprechend) anwendbar (vgl. VG Trier, B. v. 18.9.2013 - 5 L 1234/13.TR - juris; VG Göttingen, B. v. 9.12.2013 - 2 B 869/13 - juris). Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer allgemeinen Interessenabwägung.

Nach der hier gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung ist im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass die Klage des Antragstellers aller Voraussicht nach erfolglos bleiben wird. Denn der Bescheid der Antragsgegnerin vom 28. Januar 2016 ist nach summarischer Prüfung rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO). Damit überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung das persönliche Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung der Klage.

Rechtsgrundlage für die Abschiebungsanordnung ist § 34a Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 AsylG. Danach ordnet das Bundesamt in Fällen, in denen der Ausländer in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a) abgeschoben werden soll, die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass diese durchgeführt werden kann.

Das Bundesamt hat den Asylantrag des Antragstellers zu Recht nach § 27a AsylG als unzulässig abgelehnt.

Nach § 27a AsylG ist ein Asylantrag als unzulässig abzulehnen, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.

Die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens richtet sich vorliegend nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedsstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedsstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III-VO). Die Zuständigkeitskriterien der Dublin III-VO finden nach Art. 49 Abs. 2 dieser Verordnung auf Asylanträge, die - wie hier - nach dem 1. Januar 2014 gestellt worden sind, Anwendung.

Im Fall des Antragstellers ergibt sich die Zuständigkeit Bulgariens für die weitere Prüfung des Asylantrags des Antragstellers aus Art. 20 Abs. 5 Dublin III-VO. Bulgarien hat dementsprechend auch der Rücküberstellung zugestimmt. Dass der Antragsteller entgegen seinem Vorbringen vor der Stellung seines Asylantrags in Deutschland bereits in Bulgarien einen Asylantrag gestellt hat, ergibt sich sowohl aus dem Schreiben Bulgariens vom 26. Oktober 2015 als auch aus dem bei einer EURODAC-Abfrage für den Antragsteller erzielten Treffer mit der Kennzeichnung „BG1“. Die Ziffer „1“ steht für einen Antrag auf internationalen Schutz (Art. 24 Abs. 4 der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 vom 26. Juni 2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über die Einrichtung von Eurodac für den Abgleich von Fingerabdruckdaten zum Zwecke der effektiven Anwendung der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist und über der Gefahrenabwehr und Strafverfolgung dienende Anträge der Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten und Europols auf den Abgleich mit Eurodac-Daten sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1077/2011 zur Errichtung einer Europäischen Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts (Neufassung) (EURODAC-VO)).

Eine Zuständigkeit der Antragsgegnerin ergibt sich nicht aus den vorrangigen Zuständigkeitsbestimmungen der Art. 8 ff. Dublin III-VO, insbesondere nicht aus Art. 9 Dublin III-VO. Denn weder seine Verlobte noch sein Bruder sind Familienangehörige i. S. d. Definition des Art. 2 Buchst. g) Dublin III-VO.

Der Antragsteller kann der Überstellung nach Bulgarien auch nicht mit dem Einwand entgegentreten, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Bulgarien systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung i. S. d. Art. 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so dass eine Überstellung nach Bulgarien unmöglich wäre (Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO).

Nach dem Prinzip der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U. v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 - juris) bzw. dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10 - juris) gilt die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat der Europäischen Union den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), der Europäischen Konvention für Menschenrechte (EMRK) und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechtscharta) entspricht. Allerdings ist diese Vermutung nicht unwiderleglich. Vielmehr obliegt den nationalen Gerichten die Prüfung, ob es im jeweiligen Mitgliedstaat Anhaltspunkte für systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber gibt, welche zu einer Gefahr für den Antragsteller führen, bei Rückführung in den zuständigen Mitgliedstaat einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung i. S. v. Art. 4 Grundrechtscharta ausgesetzt zu werden (vgl. EuGH, U. v. 21.12.2011 a. a. O.). Die Vermutung ist aber nicht schon bei einzelnen einschlägigen Regelverstößen der zuständigen Mitgliedstaaten widerlegt. An die Feststellung systemischer Mängel sind vielmehr hohe Anforderungen zu stellen. Von systemischen Mängeln ist daher nur dann auszugehen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (vgl. BVerwG, B. v. 19.3.2014 - 10 B 6.14 - juris).

Angesichts der grundlegenden Veränderungen im Laufe des Jahres 2014 bestehen in Bezug auf Bulgarien nach aktuellem Kenntnisstand keine durchgreifenden Bedenken, dass dem Antragsteller im Falle seiner Rücküberstellung in dieses Land eine menschenunwürdige Behandlung im eben beschriebenen Sinn droht. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (U. v. 29.1.2015 - 13a B 14.50039 - juris) und des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (U. v. 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 - juris) geht das erkennende Gericht auf der Grundlage des ihm vorliegenden Erkenntnismaterials zur Situation von Asylbewerbern sowie von Dublin-Rückkehrern (vgl. UNHCR, „UNHCR Observations on the Current Situation of Asylum in Bulgaria“ vom 2.1.2014 - abrufbar unter: http://www.refworld.org/docid/52c598354.html; UNHCR, „Bulgarien als Asylland - Anmerkungen zur aktuellen Asylsituation in Bulgarien“ vom April 2014 - abrufbar in der öffentlich zugänglichen Datenbank MILO des Bundesamtes; amnesty international, „Suspension of Returns of Asylum-Seekers to Bulgaria Must Continue“ vom 31.3.2014 - abrufbar unter: https://www.amnesty.org/en/documents/EUR15/002/2014/en; amnesty international, „Amnesty report 2015 Bulgarien“ - abrufbar unter: https://www.amnesty.de/jahresbericht/2015/bulgarien; European Asylum Support Office (EASO), „Special Support Plan to Bulgaria“ vom 5.12.2014 - abrufbar unter: http://easo.europa.eu/wp-content/uploads/SSP-BG-2014-12-03.pdf; Pro Asyl, Presseerklärung vom 23.5.2014: „Schwere Menschenrechtsverletzungen an Flüchtlingen in Bulgarien“ - abrufbar unter: http://ww.proasyl.de/de/presse/detail/news/schwere _menschenrechtsverletzungen_an_fluechtlingen_in_bulgarien; Pro Asyl, „Erniedrigt, misshandelt, schutzlos: Flüchtlinge in Bulgarien“ vom April 2015 - abrufbar unter: http://ww.proasyl.de/fileadmin/fm-dam/q_PUBLIKATIONEN/2015/Bulgarien_Broschu _re_Web_END.pdf; Asylum Information Database (aida), „Country Report Bulgaria“, Stand: 30.9.2015 - abrufbar unter: http://www.asylumineurope.org/reports/country/bulgaria; European Council on Refugees and Exiles (ECRE), „ECRE reaffirms its call for the suspension of transfers of asylum seekers to Bulgaria under the recast Dublin Regulation“ vom 7.4.2014 - abrufbar unter: http://www.ecre.org/component/down loads/downloads/873.html; Auskünfte des Auswärtigen Amtes an das VG Hamburg vom 30.11.2015 und an das VG Aachen vom 27.1.2016) davon aus, dass in Bulgarien derzeit ein ausreichendes Verfahren zur Aufnahme von Flüchtlingen und zur Durchführung eines effektiven Prüfungs- und Anerkennungsverfahrens gegeben ist.

Zwar war die Situation Asylsuchender in Bulgarien nach einem Anstieg der Asylanträge zu Beginn des Jahres 2014 teilweise heftiger Kritik ausgesetzt. So ging der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) im Januar 2014 davon aus, dass in Bulgarien systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen bestünden und plädierte dafür, Abschiebungen nach Bulgarien zunächst auszusetzen (vgl. „UNHCR Observations on the Current Situation of Asylum in Bulgaria“ vom 2.1.2014). Dieser Einschätzung schlossen sich amnesty international (vgl. „Suspension of Returns of Asylum-Seekers to Bulgaria Must Continue” vom 31.3.2014), European Council on Refugees and Exiles (vgl. „ECRE reaffirms its call for the suspension of transfers of asylum seekers to Bulgaria under the recast Dublin Regulation” vom 7.4.2014) und Pro Asyl (vgl. Presseerklärung vom 23.5.2014: „Schwere Menschenrechtsverletzungen an Flüchtlingen in Bulgarien”) an. Auch in der Stellungnahme von Pro Asyl vom 30. Mai 2014 wird auf die von UNHCR Anfang 2014 festgestellten Mängel im bulgarischen Asylsystem Bezug genommen und eine Aussetzung von Dublin-Überstellungen nach Bulgarien gefordert. In seiner aktualisierten Bestandaufnahme vom April 2014 („Bulgarien als Asylland - Anmerkungen zur aktuellen Asylsituation in Bulgarien“, Seite 2 und 17) hält UNHCR ungeachtet fortbestehender ernsthafter Mängel einen generellen Aufschub aller Dublin-Überstellungen nach Bulgarien jedoch nicht länger für gerechtfertigt, sondern empfiehlt nur bei Personen mit besonderen Bedürfnissen oder besonderer Schutzwürdigkeit - zu denen der Antragsteller nicht gehört - von einer Überstellung abzusehen. Dem Bericht vom April 2014 zufolge haben sich die Aufnahmebedingungen im Vergleich zur Situation im Dezember 2013, die der Stellungnahme vom 2. Januar 2014 zugrunde lag, erheblich verbessert (vgl. auch VGH BW, U. v. 10.11. 2014 - A 11 S 1778/14 - Rn. 49). Auch amnesty international sieht im Jahresbericht 2015 („Amnesty report 2015, Bulgarien“) trotz weiterhin erhobener Kritik insbesondere an der mangelhaften Integration anerkannter Asylbewerber davon ab, ein Rücküberstellungsverbot zu fordern.

Nach aktueller Erkenntnislage sind die in der Vergangenheit festgestellten Mängel in Bezug auf das Prüfverfahren und die Entscheidungen über die Gewährung internationalen Schutzes zwar nicht gänzlich ausgeräumt; allerdings sind weitgehende positive Veränderungen erkennbar, die der Annahme durchgreifender Mängel des bulgarischen Asylsystems entgegenstehen. So sind die Kapazitäten aufgrund einer technischen und personellen Aufrüstung als auch einer gezielten Ausbildung neuer Kräfte signifikant gestiegen. Damit ist mittlerweile sowohl eine ordnungsgemäße Registrierung einschließlich der notwendigen Information der Asylbewerber über den Zugang zum Verfahren gewährleistet als auch eine regelgerechte Durchführung der Asylverfahren. Die eingereisten Flüchtlinge können bei der Registrierung mit der ersten Befragung ihr Asylbegehren vorbringen; sie haben Zugang zu Dolmetschern. Haft ist für Asylbewerber während des laufenden Asylverfahrens gesetzlich nicht mehr vorgesehen. Der Zugang zu regionalen Gerichten ist eröffnet (vgl. BayVGH, B. v. 29.1.15 - 13a B 14.50039 - juris Rn. 41 m. w. N.).

Auch im Hinblick auf die Aufnahmebedingungen von Asylsuchenden in Bulgarien ist derzeit nicht von systemischen Mängeln im Sinne von Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO auszugehen. Die früher bestehenden Missstände in den Aufnahmeeinrichtungen sind in baulicher wie auch in personeller Hinsicht im Wesentlichen behoben worden. Bereits im Februar 2014 hat das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (European Asylum Support Office - EASO) die Aufnahmezentren im Wesentlichen in einem vernünftigen Zustand vorgefunden. Die Unterkünfte wurden renoviert und die Sanitärbereiche erneuert. Nachdem UNHCR im April 2014 noch berichtet hatte, dass in zwei von sieben Zentren ungeeignete Rahmenbedingungen vorhanden seien, und aida im April 2014 sowie die Bundesregierung im Mai 2014 von einer Aufnahmekapazität von ca. 4.150 Plätzen bei einer Belegungsrate von 82% ausgegangen waren, stellte EASO im Dezember 2014 fest, dass die Kapazitäten signifikant auf nunmehr 6000 Plätze angestiegen und die dortigen Lebensbedingungen deutlich verbessert worden seien. Die Verpflegung sei mit entsprechenden neuen Küchen und Personal mit täglich zwei warmen Mahlzeiten sichergestellt; in vier Zentren gebe es Gemeinschaftsküchen. Zusätzliche Mitarbeiter, auch Sozialarbeiter, seien eingearbeitet worden. Da jeder Asylantragsteller krankenversichert wird und eine kostenlose medizinische Behandlung im gleichen Umfang wie ein bulgarischer Staatsbürger erhält, ist die medizinische Versorgung ebenfalls gewährleistet (vgl. BayVGH, B. v. 29.1.15 - 13a B 14.50039 - juris Rn. 41 m. w. N.).

Die Verbesserung der Aufnahmebedingungen wird auch in aktuellen Auskünften des Auswärtigen Amtes an das VG Hamburg vom 30. November 2015 und an das VG Aachen vom 27. Januar 2016 bestätigt. Aus den beiden Stellungnahmen geht hervor, dass die Kapazitäten in den bulgarischen Aufnahmezentren trotz eines Wiederanstiegs der Asylbewerberzahlen gegenwärtig ausreichend sind, um alle im Anerkennungsverfahren befindlichen Schutzsuchenden unterzubringen. Mit Stand 23. September 2015 befanden sich laut UNHCR 2.581 Flüchtlinge in sechs Aufnahmezentren. Die Belegungsrate lag bei 50% (vgl. Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 30. November 2015). Mit Stand 24. Dezember 2015 befanden sich nach Angaben von UNHCR 612 Flüchtlinge in sechs Aufnahmezentren, die insgesamt eine Kapazität von 5.130 Plätzen aufweisen (vgl. Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 27. Januar 2016). Nach dem Eindruck des Auswärtigen Amtes hat sich die Situation in den Aufnahmezentren immer weiter verbessert und ist als insgesamt akzeptabel zu bewerten. Die EU habe beträchtliche zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt, um umfassende Renovierungsarbeiten in allen Flüchtlingszentren zu Ende zu bringen, auch die Öffnung weiterer Flüchtlingszentren sei geplant. Die Verpflegung der Flüchtlinge ist nach Kenntnis des Auswärtigen Amtes derzeit gesichert. Die medizinische Grundversorgung Asylsuchender ist in allen Aufnahmezentren ebenfalls gewährleistet. Jedoch könnten Personen mit besonderen medizinischen Bedürfnissen nicht immer angemessen versorgt werden. Dies betreffe in Bulgarien jedoch nicht nur Schutzsuchende, sondern auch einen Großteil der Allgemeinbevölkerung. Eine ausreichende Zahl von Dolmetschern sei vorhanden. Fehlendes Personal, auch in der Verwaltung, werde derzeit eingestellt.

Hinsichtlich der Situation von Dublin-Rückkehrer lässt sich dem aktuellen aida-Länderbericht zu Bulgarien (Stand: 30.9.2015, S. 27 ff.) entnehmen, dass derzeit grundsätzlich keine Hindernisse beim Zugang zum Asylverfahren für Dublin-Rückkehrer bestehen. Dublin-Rückkehrer erhalten die gleichen Rechte wie andere Antragsteller im Erstverfahren und werden im Anschluss an die Rückkehr üblicherweise in einer Aufnahmeeinrichtung untergebracht.

Auch der Umstand, dass sich die Situation in Bulgarien deutlich schlechter darstellen mag als in der Bundesrepublik Deutschland, begründet für sich keinen systemischen Mangel. Art. 3 EMRK verpflichtet die Konventionsstaaten nicht dazu, Schutzberechtigte finanziell zu unterstützen, um ihnen einen gewissen Lebensstandard einschließlich bestimmter Standards medizinischer Versorgung zu ermöglichen (vgl. EGMR, U. v. 21. 1.2011 - 30969/09 - juris Rn. 249); auch reicht die drohende Zurückweisung in ein Land, in dem die eigene wirtschaftliche Situation schlechter sein wird als in dem ausweisenden Vertragsstaat nicht aus, die Schwelle der unmenschlichen Behandlung, wie sie von Art. 3 EMRK verboten wird, zu überschreiten (vgl. EGMR, B. v. 2. 4.2013 - 27725/10 - juris). Art. 3 EMRK ist im Kern ein Abwehrrecht gegen unwürdiges Staatsverhalten im Sinne eines strukturellen Versagens bei dem durch ihn zu gewährenden angemessenen materiellen Mindestniveau und weniger ein individuelles Leistungsrecht einzelner Antragsteller auf bestimmte materielle Lebens- und Sozialbedingungen selbst (vgl. VG Ansbach, U. v. 10.7.2015 - AN 14 K 15.50050 - juris Rn. 31; VG Düsseldorf, B. v. 15. 4.2013 - 17 L 660/13.A - juris Rn. 43 m. w. N.; OVG Nordrhein-Westfalen, B. v. 29.1.2015 - 14 A 134/15.A). Anerkannte Flüchtlinge in Bulgarien müssen sich nach alledem auf den dort für alle bulgarischen Staatsangehörigen geltenden Lebensstandard verweisen lassen, auch wenn dieser dem hiesigen Niveau nicht entspricht.

Die Möglichkeit, dass Asylbewerber nach bestandskräftiger Ablehnung ihres Asylgesuchs in Abschiebungshaft genommen werden, stellt für sich genommen ebenfalls noch keinen systemischen Mangel des bulgarischen Asylsystems dar. Denn mit einer Anordnung von Abschiebungshaft wird das zulässige Ziel verfolgt, den Zugriff auf einen Ausländer sicherzustellen, dessen Abschiebung ohne Inhaftnahme ansonsten erschwert oder gar vereitelt würde. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchst. f EMRK lässt ausdrücklich zu, dass die Freiheit einer Person beschränkt wird, wenn gegen sie ein Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren im Gange ist (vgl. VG Düsseldorf, B. v. 7.5.2015 - 13 L 1607/15.A - juris Rn. 32- 49; VG Minden, U. v. 10.2.2015 - 10 K 1660/14.A - juris Rn. 61 - 70).

Etwas anderes ergibt sich schließlich auch nicht aus dem Bericht von Pro Asyl „Erniedrigt, misshandelt, schutzlos: Flüchtlinge in Bulgarien“ vom April 2015. Soweit darin ein Überstellungsstopp gefordert wird, beruht dies auf Berichten von Einzelschicksalen aus den Jahren 2012 bis Anfang 2014. Die dort geschilderten Zustände sind jedoch aufgrund der neueren Entwicklungen überholt. Zudem lässt sich daraus nicht der Schluss ziehen, dass systemische Schwachstellen vorlägen, welche mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine konkrete Gefährdung von Dublin-Rückkehrern zur Folge hätten. Die Bulgarien vorgeworfenen Verstöße gegen das Refoulement-Verbot durch Zurückschiebungen an der bulgarisch-türkischen Grenze (vgl. Seite 27 f. des Berichts) betreffen den Antragsteller nicht, weil dieser sich bereits auf Unionsgebiet befindet. Anhaltspunkte dafür, dass Bulgarien in Bezug auf Dublin-Rückkehrer gegen das Refoulement-Verbot verstößt, lassen sich dem Bericht von Pro Asyl nicht entnehmen. Soweit sich der Bericht des Weiteren mit den Problemen befasst, denen sich Inhaber eines Aufenthaltstitels ausgesetzt sehen, handelt es sich hierbei aber nicht um Probleme während des Asylverfahrens, sondern - da insoweit den Quellen zufolge kein Unterschied zu bulgarischen Staatsbürgern besteht - um die allgemeinen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Bulgarien und eine allgemeine soziale Problematik. Ein hinreichendes Indiz für systemische Schwachstellen im Asylverfahren wird dadurch nicht begründet.

Bei einer Gesamtwürdigung der dargestellten Erkenntnisse geht das Gericht im Ergebnis daher davon aus, dass die noch bestehenden Mängel jedenfalls nicht die Qualität systemischer Mängel erreichen. Soweit die Bedingungen in einzelnen Aufnahmeeinrichtungen noch verbesserungswürdig sind, ist darauf hinzuweisen, dass einzelne Missstände, die in bestimmten Aufnahmeeinrichtungen auftreten, das Asyl- und Aufnahmesystem nicht insgesamt tangieren.

Der Antragsteller kann auch nicht mit Erfolg einwenden, ihm sei nicht ausreichend rechtliches Gehör gewährt worden. Zwar regelt Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO, dass der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat ein persönliches Gespräch mit dem Antragsteller führt, um das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zu erleichtern. Ob dieses bereits mit der Befragung vom 17. August 2015 angenommen werden kann oder die Antragsgegnerin aufgrund des Nichterscheinens zur Zweitbefragung am 12. November 2015 hierauf verzichten konnte, kann dahinstehen, da auch ein möglicher Verfahrensfehler keine Auswirkung auf die Entscheidung der Antragsgegnerin gehabt hätte (vgl. VG Ansbach, B. v. 29.10.2015 - AN 3 S 15.50473 - juris; VG Schwerin, B. v. 17.3.2015 - 3 B 687/15 As - juris; VG Berlin, B. v. 30.7.2014 - 34 L 95.14A - juris). Denn bei der Entscheidung nach § 27a AsylG handelt es sich um eine gebundene Entscheidung. Nur ausnahmsweise kann der unzuständige Staat in einem zweiten Schritt die Zuständigkeit nach Art. 17 Dublin III-VO an sich ziehen. Diese Selbsteintrittskompetenz wiederum begründet jedoch - wie auch die übrigen Bestimmungen der Dublin III-VO - grundsätzlich keine subjektiven Rechte des Asylbewerbers. Sie dienen als innerstaatliche Organisationsvorschriften vielmehr in erster Linie der klaren und praktikablen Bestimmung der Zuständigkeit innerhalb der Mitgliedstaaten (vgl. hierzu die Erwägungsgründe 3 und 16 der Verordnung, OVG R-P, U. v. 21.2.2014 - 10 A 10656/13 - juris; VG Düsseldorf, B. v. 9.1.2015 - 13 L 2878/14.A - juris). Allenfalls in Fällen, in denen die Durchsetzung einer Zuständigkeit nach der Dublin III-VO eine Verletzung der EMRK bedeuten würde, käme ein subjektives Recht des Drittstaatsangehörigen auf Durchsetzung der Ausübung des Selbsteintrittsrechts in Betracht (Filzwieser/Sprung, Dublin III-Verordnung, 2014, K2 und K3 zu Art. 17). Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Der Antragsteller hat - auch im gerichtlichen Verfahren - weder Gesichtspunkte aufgezeigt noch sind solche ersichtlich, dass es in seinem Fall geboten ist, dass die Antragsgegnerin die Zuständigkeitsprüfung fortsetzen oder sogar von ihrem Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen müsste. Der Antragsteller ist ein gesunder junger Mann, der nicht zu den Personen mit besonderen Bedürfnissen oder besonderer Schutzwürdigkeit gehört. Bei Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO handelt es sich um eine restriktiv zu handhabende Ausnahmebestimmung. Dass die Antragsgegnerin von ihrem Selbsteintrittsrecht unter Hinweis darauf, dass außergewöhnliche humanitäre Gründe nicht ersichtlich seien, vorliegend keinen Gebrauch gemacht, ist nicht zu beanstanden. Allein die Existenz eines Bruders bzw. einer Verlobten, denen in Deutschland die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden sein soll, stellt keinen derart außergewöhnlichen humanitären Grund dar.

Schließlich begegnet die rechtliche und tatsächliche Durchführbarkeit der Abschiebung des Antragstellers nach Bulgarien keinen Bedenken. Die bulgarischen Behörden haben der Rückführung des Antragstellers mit Schreiben vom 26. Oktober 2015 ausdrücklich zugestimmt. Abschiebungshindernisse sind nicht ersichtlich.

Nach alledem war der Eilantrag mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Gerichtskosten werden nach § 83b AsylG nicht erhoben.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

...

Tenor

Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 22.05.2014 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens tragen der Kläger und die Beklagte jeweils die Hälfte.

Tatbestand

Der Kläger, ein am X geborener pakistanischer Staatsangehöriger, beantragte am 10.03.2014 beim Bundesamt seine Anerkennung als Asylberechtigter, nachdem er am 08.02.2014 nach Deutschland eingereist war. Beim persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats am 11.03.2014 gab er an, vor 5 Monaten Pakistan verlassen zu haben und über den Iran und die Türkei zunächst nach Österreich gelangt zu sein. Welche Länder er nach Verlassen der Türkei durchquert habe, sei ihm nicht bekannt. In derselben Nacht jedenfalls habe er Österreich mit dem Taxi verlassen und sei nach Deutschland eingereist. Hier sei er auf die familiäre Unterstützung seines Bruders angewiesen, der sich in der Asylbewerberunterkunft in Villingen-Schwenningen aufhalte. Eine Eurodac-Recherche ergab, dass die Fingerabdrücke des Klägers in Bulgarien im Zusammenhang mit dem illegalen Überschreiten der Grenze erfasst worden waren (Eurodac-Nr. BG2BR206C1310150073). Einem Aufnahmeersuchen vom 25.03.2014 stimmten die bulgarischen Behörden am 20.05.2014 gestützt auf Art. 13 Abs. 1 der Dublin III-VO und mit dem Hinweis zu, der Kläger sei dort unter dem Namen „xxx“, geboren am 22.10.1993, registriert worden.
Mit Bescheid vom 22.05.2014, zugestellt am 28.05.2014, stellte das Bundesamt fest, dass der Asylantrag unzulässig sei und ordnete die Abschiebung des Klägers nach Bulgarien an.
Der Kläger hat am 04.06.2014 Klage erhoben und macht systemische Mängel im Asyl- und Aufnahmeverfahren Bulgariens geltend. Einem zeitgleich mit der Klage erhobenen Eilantrag ist mit Beschluss des Einzelrichters vom 22.07.2014 (A 6 K 1357/14) stattgegeben und die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bundesamtsbescheid angeordnet worden.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Bundesamts vom 22.05.014 aufzuheben und die Beklagte zur Durchführung eines Asylverfahrens zu verpflichten.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie den Akteninhalt (2 Hefte des Bundesamts sowie ein Heft Gerichtsakte des Eilverfahrens A 6 K 1357/14) verwiesen. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe

 
I. Die Anfechtungsklage ist zulässig. Unzulässig, weil unstatthaft, ist indessen die darüber hinausgehende Verpflichtungsklage, da der Kläger die Aufhebung der Entscheidung des Bundesamts über die Unzuständigkeit Deutschlands für die Prüfung eines Asylantrags nach den unionsrechtlichen Regelungen der Dublin III-Verordnung begehrt (vgl. zur Dublin II-VO: BVerwG, Urt. v. 27.10.2015 – 1 C 32/14 –, Rn. 13, juris). Wenn Bulgarien unzuständig ist und der Kläger sich hierauf, da in subjektiven Rechten verletzt, berufen kann, fehlt ihm ein Rechtsschutzbedürfnis für die Verpflichtung zur Durchführung eines Asylverfahrens in Deutschland, da keine Anhaltspunkte dafür bestehen, das Bundesamt bliebe nach Aufhebung der angefochtenen Verfügung untätig. Abgesehen davon müsste die Beklagte dann zunächst noch die Möglichkeit haben, gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO einen anderen Mitglied- bzw. Vertragsstaat, der nachrangig zuständig ist (hier Österreich) zu ersuchen (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.04.2014 – A 11 S 1721/13 –, Rn. 18, juris).
10 
II. Der Bescheid des Bundesamts vom 22.05.2014, mit welchem der Asylantrag als unzulässig abgelehnt (Ziff. 1) und die Abschiebung des Klägers nach Bulgarien angeordnet wurde (Ziff. 2), ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
11 
1.) An sich wäre Bulgarien für die Prüfung des am 10.03.2014 in Deutschland gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Da dieser Antrag und das anschließende Aufnahmeverfahren nach dem 31.12.2013 erfolgten, ist die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (im Folgenden: Dublin III-VO) anzuwenden. Die Zuständigkeit Bulgariens folgt damit aus Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO, da auf der Grundlage der Fingerabdruckdaten nach der (ab 20.07.2015 geltenden) Verordnung (EU) Nr. 603/2013 (Eurodac-VO - bis zum 19.07.2015 galten die Verordnungen (EG) Nr. 2725/2000 und Nr. 407/2002) festgestellt wurde, dass der Kläger aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze Bulgariens illegal überschritten hat (Eurodac-Treffer der Kategorie 2). Ein Vorrang Deutschlands gemäß Art. 10 Dublin III-VO würde nicht bestehen. Zwar ist über den (zeitlich früheren) Antrag auf internationalen Schutz des Bruders des Klägers in Deutschland noch keine Entscheidung ergangen (Ungarn hat dessen Überstellung wiederum zwar zugestimmt, eine solche dürfte indessen wegen systemischer Mängel dort unzulässig sein - vgl. VG Freiburg, Urt. v. 13.10.2015 - A 5 K 2328/13 –, juris [dort insbesondere Rnr. 37 ff.]). Bei dem am 01.01.1987 geborenen Bruder handelt es sich jedoch nicht um einen Familienangehörigen i.S. der vorrangigen Art. 9 bis 11 Dublin III-VO (vgl. Art. 2 Buchst. g) Dublin III-VO).
12 
Anhaltspunkte dafür, die Zuständigkeit Bulgariens wäre vor Asylantragstellung des Klägers in Deutschland erloschen, gäbe es ebenfalls nicht. Entsprechend bestand an sich gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. a) Dublin III-VO i.V.m. Art. 20 Abs. 1, Abs. 2, Art. 21 Abs. 1 Unterabs. 2 und Art 22 Abs. 1 Dublin III-VO die Verpflichtung zur Aufnahme des Klägers und wurde von Bulgarien auch am 20.05.2014 ausdrücklich erklärt. Von dieser Übernahmebereitschaft wäre im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung auch weiterhin auszugehen, so dass auch keine unzumutbare Verzögerung der Durchführung des Aufnahmeverfahrens (auf die sich der Kläger in Abwehr einer subjektiven Rechtsverletzung berufen könnte) eintreten würde. Denn die mit Abgabe der Zustimmung Bulgariens am 20.05.2014 beginnende sechsmonatige Überstellungsfrist des Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO ist aufgrund der mit Eilbeschluss vom 22.07.2014 erfolgten Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage tatsächlich noch nicht abgelaufen (Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 i.V.m. Art. Art. 27 Abs. 3 Dublin III-VO).
13 
Indessen liegen die Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO vor. Es erweist sich als unmöglich, den Kläger nach Bulgarien zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für ihn in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen.
14 
Diese Gefahrenprognose beruht, wie europarechtlich geboten und ohnehin auch im nationalen Recht verankert (vgl. § 77 Abs. 1 AsylG), auf dem Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung Anfang Januar 2016. Allerdings hat für – wie an sich den Kläger – alleinstehende Dublin-Rückkehrer, die auch nicht an einer schwerwiegenden und dringend behandlungsbedürftigen Erkrankung leiden, der VGH Baden-Württemberg in seinen Entscheidungen vom November 2014 und März sowie April 2015 bezogen auf die damals jeweils maßgeblichen Zeitpunkte festgestellt, dass eine Überstellung nach Bulgarien zur Durchführung des Asylverfahrens nicht wegen systemischer Mängel oder Schwachstellen des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen als unmöglich anzusehen ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 -, Rn. 43 ff., juris und Urt. v. 18.03.2015 – A 11 S 2042/14 –, Rn. 57 ff., juris; Urt. v. 01.04.2015 – A 11 S 106/15 –, Rn. 57 ff., juris [die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision durch die letztgenannten VGH-Entscheidung wurde zurückgewiesen durch BVerwG, Beschl. v. 26.08.2015 – 1 B 45/15 –, juris]). Im Wesentlichen wurde dies wie folgt begründet: Mit Blick auf die 2013 und 2014 in Zusammenarbeit mit dem European Asylum Support Office (EASO) beschlossenen Maßnahmen hätten sich die davor existierenden Missstände in den Aufnahmeeinrichtungen grundlegend gebessert. Eine zeitnahe Registrierung von Asylgesuchen und damit ein schneller Zugang zum Asylverfahren sei grundsätzlich gewährleistet und nicht mehr systemimmanent defizitär. Angesichts dieser Verbesserungen könne auch die für ein Erstverfahren angesichts unzureichender finanzieller Ausstattung staatlicherseits nicht zuverlässig zur Verfügung stehende Rechtsberatung nicht mehr als derart grundlegend eingestuft werden, um als systemisch qualifiziert zu werden. Auch wenn die Zugangszahlen wieder im Steigen begriffen seien, gebe es noch erhebliche freie Kapazitäten. In sieben Unterkünften stünden 6.000 Plätze zur Verfügung, von denen 3.910 belegt seien. Bulgarien werde, anders als im Jahr 2013, nicht mehr völlig unvorbereitet und ohne Hilfe der Union und des UNHCR mit steigenden Zugangszahlen konfrontiert sein. Die in Einrichtungen der State Agency for Refugees (SAR) untergebrachten Dublin-Rückkehrer hätten ein Recht auf dieselben Hilfe- und Dienstleistungen, die anderen Asylbewerbern zustehen. Als Folge des ständigen Anstiegs der Anzahl der neuen Asylanträge erfolge allerdings die Registrierung und Bearbeitung der Anträge seit kurzem wieder etwas verzögert. Dies sei darauf zurückzuführen, dass die SAR weiterhin nicht über eine ausreichende Anzahl von Dolmetschern sowie von Mitarbeitern für die Registrierung und Befragung verfüge. Der UNHCR gehe davon aus, dass wegen der Erhöhung der Aufnahme– und Bearbeitungskapazitäten seit Anfang 2014 des Asylsystem „einigermaßen“ funktioniere. Um allerdings die bisher hier erfolgten Verbesserungen beizubehalten, benötige die SAR weitere Mittel. EASO habe auf die im Oktober 2014 geäußerte Bitte Bulgariens hin Unterstützung bei der weiteren Verbesserung des Asyl- und Aufnahmesystems zugesagt, ein spezieller Plan zur Unterstützung sei am 05.12.2014 vom bulgarischen Innenminister und EASO unterzeichnet worden. Zu den danach geplanten Maßnahmen, welche bis Ende Juni 2016 fortdauern sollten, gehörten u.a. die Unterstützung bei der Einhaltung geltenden Flüchtlingsrechts und bei der Aufnahme von Flüchtlingen bzw. den Aufnahmeverfahren. Deshalb gehe der Senat davon aus, dass der bulgarische Staat inzwischen auch für wachsende Flüchtlingszahlen hinreichend gerüstet sei. In allen Dublin-Verfahren werde eine Anhörung durchgeführt, wenn notwendig. Das Asylverfahren werde grundsätzlich wiedereröffnet, wenn über den Asylanspruch in der Sache noch nicht entschieden worden sei. Der Antragsteller werde abhängig vom Verfahrensstand höchstwahrscheinlich in eine SAR-Einrichtung überstellt und genieße dort dieselben Rechte wie andere Asylbewerber. Selbst in Fällen, in denen das Verfahren zunächst ausgesetzt und nach weiteren drei Monaten beendet worden sei, werde in der Praxis nach einer Überstellung zu einer Anhörung geladen, wenn eine solche noch nicht stattgefunden habe. Diese Erkenntnisse seien mit der neuesten Stellungnahme des UNHCR vom 23.12.2014 bestätigt worden.
15 
An dieser Bewertung und Prognose kann im hier maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung Anfang Januar 2016 nicht mehr festgehalten werden. Nach den neueren Erkenntnismitteln bestehen vielmehr ausreichende Anhaltspunkte bzw. wesentliche Gründe für (erneute) systemische Schwachstellen im Asylverfahren und bei den Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Bulgarien. Diese betreffen den Kläger individuell und setzen ihn der konkreten Gefahr aus, im Falle einer Rücküberstellung nach Bulgarien eine menschenunwürdige Behandlung zu erfahren:
16 
Der UNHCR hatte im April 2014 (Observations on the Current Situation of Asylum in Bulgaria, Seite 3) zwar von seiner noch im Januar 2014 generell vertretenen Haltung wieder Abstand genommen, Asylbewerber nicht nach Bulgarien zurückzuschicken, und Verbesserungen in den Aufnahmebedingungen und im Asylverfahren ausgemacht. Gleichwohl aber mahnte er weiter zur Vorsicht, zumindest mit Blick auf bestimmte Rückkehrer und Rückkehrsituationen. Der Menschenrechtskommissar des Europarates, Nils Muiznieks, wies in seinem Report vom 22.06.2015 (Rn. 97) ebenfalls kritisch darauf hin, dass die ab März 2014 eingetretenen Verbesserungen anfällig („fragile“) seien und durch einen neuen Zustrom von Flüchtlingen und/oder mögliche Zurückschiebungen oder Überstellungen im Rahmen des Dublin-Systems sich schnell wieder umkehren könnten. Gerade für das abgelaufene Jahr 2015 ist dieser erhebliche Zustrom neuer Flüchtlinge und damit eine Verschärfung der Lage festzustellen. Im Jahr 2015 hatte Bulgarien 20.365 Asylbewerber und erstmalige Asylbewerber zu verzeichnen (Quelle: Eurostat - unter: Neuigkeiten > Asyl und gesteuerte Migration > Statistiken illustriert). Diese Zahl kann als verlässlich zugrundegelegt werden. Die mit 12.738 Antragstellern angegebene Zahl im AIDA-Report vom Oktober 2015 des ECRE (European Council on Refugees and Exiles - Asylum Information Database, Country Report: Bulgaria [Stand 30.09.2015], Seite 6) widerspricht dem nicht, da sie nur den Zeitraum von Januar bis September abdeckt. Bereits Ende Oktober 2015 waren laut der bulgarischen State Agency for Refugees (SAR), bedingt durch einen starken Anstieg im Oktober, 16.283 Anträge auf internationalen Schutz registriert worden (SAR, Asylum Statistics October 2015 - abgerufen auf der AIDA-Website www.asylumineurope.org unter > Bulgaria Country Report > Resources). Bekanntermaßen war gerade das letzte Quartal 2015 von starken Flüchtlingsströmen über die Balkanroute geprägt, so dass eine entsprechende Zunahme plausibel erscheint und folglich kein Widerspruch zu den Zahlen von Eurostat besteht.
17 
Der aktualisierte, gegenüber demjenigen von Januar 2015 fortgeschriebene AIDA-Report Oktober 2015 dokumentiert für den Berichtszeitraum eine schrittweise Verschlechterung im Bereich des Asylverfahrens. Im Zeitraum Februar bis April 2015 entließ und ersetzte die SAR einen Großteil der für Entscheidungen im Asylverfahren zuständigen Mitarbeiter, die noch im Jahr 2014 mit Unterstützung des UNHCR und des EASO-Operating-Plan eingestellt und ausgebildet worden waren (AIDA-Report, Seite 11/12). Hierdurch kam es im Anerkennungsverfahren zu einer bedeutsamen Verlangsamung. Die Dauer des Verfahrens stieg so kontinuierlich an und betrug im Herbst 2015 in der Regel 6 Monate (gegenüber 3 Monaten im Jahr 2014), mit der Tendenz, weiter anzusteigen (AIDA-Report, Seite 12).
18 
Erhebliche Defizite bestanden ferner im Bereich des Dolmetschereinsatzes. Grundsätzlich stehen für die Hauptsprachen (Arabisch, Dari, Farsi, Pashtu, Urdu, Kurdisch, Englisch, Französisch und Russisch) zwar Dolmetscher zur Verfügung. Beginnend ab Januar 2015 versäumte es die SAR jedoch, für eine ausreichende Vergütung von Dolmetschertätigkeiten zu sorgen. Im Anschluss an seinen Besuch im Februar 2015 hatte schon der Menschenrechtskommissar des Europarats Besorgnis dahin geäußert, dass die SAR mit Blick auf ein zu geringes Jahresbudget die notwendigen materiellen Bedingungen nicht aufrechterhalten könne (AIDA-Report vom 22.06.2015, Rn. 98). Bedienstete wurden von der Behördenleitung angehalten, Anhörungen mit Asylbewerbern in jeder nur möglichen Sprache durchzuführen, obwohl die Voraussetzungen auf Antragstellerseite hier kaum oder gar nicht vorliegen (AIDA-Report, Seite 23). Trotz finanzieller Unterstützung durch die EU-Kommission und den UNHCR war die Asylbehörde bis Ende September 2015 immer noch nicht in der Lage, für die notwendigen Vorkehrungen zu sorgen, um Dolmetscherentschädigungen zu gewährleisten. Deshalb traten im September 2015 auch die letzten noch tätigen Dolmetscher in einen Ausstand. Hierdurch bestand für die meiste Zeit des Jahres eine vorschriftswidrige und unsichere Situation im Anerkennungsverfahren. Weiter wirkte sich dies auch erheblich verzögernd auf das Verfahren der Registrierung und Asylantragstellung aus (AIDA-Report, Seite 23; Report des Menschenrechtskommissars des Europarats vom 22.06.2015, Rn. 103).
19 
Weitere Mängel im Anhörungsverfahren bestanden darin, dass die meisten der - in der Praxis weitaus überwiegend schriftlich geführten - Anhörungsprotokolle (nicht anders bei audio-aufgezeichneten Protokollen) Antragstellern zur Unterzeichnung vorgelegt wurden, ohne indessen zuvor noch einmal vorgelesen und rückübersetzt worden zu sein. Hierdurch konnten Ungereimtheiten, Widersprüche usw. frühestens im gerichtlichen Verfahren geltend gemacht werden (AIDA-Report, Seite 24).
20 
Spätestens ab 01.07.2015 hatten Asylantragsteller nicht mehr die Möglichkeit, eine vom Staat zur Verfügung gestellte Rechtshilfe im Verwaltungsverfahren in Anspruch zu nehmen. Geldmittel des Europäischen Flüchtlingsfonds (ERF) waren nur bis Ende Juni 2015 bewilligt worden, neue Mittel wurden erst für Ende 2015 erwartet. Soweit es private Rechtshilfe gab, war diese überaus spärlich und eher die Ausnahme als die Regel (AIDA-Report, Seite 26; Report des Menschenrechtskommissars des Europarats vom 22.06.2015, Rn. 100).
21 
Erhebliche Schwachstellen kennzeichnet der AIDA-Report weiter im Bereich der Aufnahme und Unterbringung. Von wesentlicher Bedeutung ist dabei, dass die im Report angegebene Unterbringungskapazität zum 30.09.2015 (vgl. Seite 45) 5.130 Plätze betrug. Es liegt auf der Hand, dass angesichts der oben genannten Asylbewerberzahlen für das Jahr 2015 (20.365) diese Aufnahmekapazität trotz Verbesserungen in der Vergangenheit in keiner Weise ausreichend sein kann (AIDA-Report, Seite 19). Zwar besteht die Möglichkeit bzw. Zulässigkeit der Unterbringung auch außerhalb von Aufnahmezentren, indessen nur auf eigene Kosten eines Asylantragstellers und unter gleichzeitigem Verzicht auf monatliche Unterstützungsleistungen (AIDA-Report, Seite 45). Mangels in der Regel eigener Mittel und angesichts der Tatsache, dass es in der Praxis für Asylbewerber in Bulgarien mit Blick auf Sprachprobleme, dortige Rezession und eine hohe Arbeitslosigkeit überaus schwierig ist, eine Arbeit zu finden (AIDA-Report, Seite 50), ist eine alternative Unterbringung indessen alles andere als realistisch.
22 
Defizite waren im Jahr 2015 ferner bei der Versorgung innerhalb der staatlichen Aufnahmeeinrichtungen zu verzeichnen. So gab es ab Beginn des Jahres Grund, die Qualität bzw. den Nährwert der Nahrung zu beanstanden, zusätzlich war die Versorgung von Juli bis September 2015 unterbrochen, so dass eine Verpflegung von Asylbewerbern von Wohlfahrts- und Freiwilligkeitsleistungen abhängig war. Verschärft wurde die Lage dadurch, dass rückwirkend zum 01.02.2015 Unterstützungszahlungen eingestellt worden waren (AIDA-Report, Seite 46). Aufgrund finanzieller Engpässe gab es ferner eine zufriedenstellende medizinische Versorgung zwischen Mai und September 2015 nur im Aufnahmezentrum Ovcha Kupel (AIDA-Report, Seite 46; Report des Menschenrechtskommissars des Europarats vom 22.06.2015, Rn. 103).
23 
Das Schicksal von Dublin-Rückkehrern, zu denen der Kläger gehört, wird von der Rechtsprechung unterschiedlich gewürdigt. Der VGH Baden-Württemberg (Urt. v. 18.03.2015, a.a.O., Rn. 63-65; Urt. v. 01.04.2015, a.a.O., Rn. 63-67) legt eine Auskunft des UNHCR vom 23.12.2014 zugrunde. Für Dublin-Rückkehrer gelte danach die Besonderheit, dass das Asylverfahren grundsätzlich wiedereröffnet werde, wenn über den Asylanspruch (in der Sache) noch nicht entschieden worden sei. Voraussetzung hierfür sei, dass der Dublin-Rückkehrer einer Fortführung des Verfahrens in Bulgarien zustimme. Nach UNHCR sei damit eine sachliche Prüfung des Asylantrags sichergestellt; der Antragsteller werde abhängig vom Verfahrensstand höchstwahrscheinlich in eine SAR-Einrichtung überstellt und genieße dieselben Rechte wie andere Asylbewerber. Selbst in Fällen, in denen das Verfahren zunächst ausgesetzt und nach weiteren drei Monaten beendet worden sei, werde in der Praxis nach einer Überstellung zu einer Anhörung geladen, wenn eine solche noch nicht stattgefunden habe. Das VG Oldenburg (Beschl. v. 24.06. 2015 – 12 B 2278/15 –, Rn. 37 ff., juris) und das VG Aachen (Beschl. v. 17.11.2015 – 8 L 325/15.A -, Rn. 31 ff., juris) bezweifeln diese Auslegung, da sie die UNHCR-Auskunft für widersprüchlich erachten. Diese Gerichte gehen davon aus, dass ein Asylverfahren nach Ablauf von 3 Monaten und 10 Tagen nach der Registrierung des Asylantrages nicht fortgesetzt werde und ein Dublin-Rückkehrer dann regelmäßig Gefahr laufe, in Abschiebehaft genommen und auf einen Folgeantrag verwiesen zu werden, ohne dass sein Asylbegehren in der Sache geprüft worden sei. Die aktualisierte Antwort auf Fragen von UNHCR Deutschland im Zusammenhang mit Überstellung nach dem Dublin Verfahren vom eine 31.07.2015 an das VG Meiningen und der AIDA-Report Oktober 2015 können diese Ungewissheit nicht vollständig beseitigen. Betreffend einen Dublin-Rückkehrer führt der AIDA-Report (Seite 29/30) folgendes aus: Habe dieser einen Asylantrag gestellt und sei sein Asylverfahren in Bulgarien noch anhängig, erfolge eine Überstellung in eine der SAR-Aufnahmeeinrichtungen und eine Fortführung des Asylverfahrens ab dem Stadium, zu dem der betreffende Antragsteller Bulgarien verlassen habe. Sei der Asylantrag in Abwesenheit abgelehnt, aber dem Asylbewerber noch nicht bekanntgegeben worden, bevor er Bulgarien verlassen habe, werde er in eine Aufnahmeeinrichtung überstellt. Sei es allerdings bereits vor Verlassen Bulgariens zu einer abschließenden und wirksamen Entscheidung gekommen, erfolge eine Überstellung in eine Hafteinrichtung.
24 
Mit Blick auf diese Erkenntnislage besteht ein relevantes Risiko von Personen in der Situation des Klägers, ohne sachliche Prüfung ihres Asylbegehrens als Folgeantragsteller behandelt zu werden und in eine Hafteinrichtung zu gelangen, wo er mit dort unzureichenden Versorgungsbedingungen konfrontiert wäre (zu den Haftbedingungen vgl. Report des Menschenrechtskommissars des Europarates vom 22.06.2015, Rn. 119, AIDA-Report, Seite 56/57). Zwar handelt es sich beim Kläger nach den bisherigen Erkenntnissen nicht um eine Person, die in Bulgarien Asyl beantragt hat (vgl. den o.g. Eurodac-Treffer der Kategorie 2) Selbst wenn – wie hier – ein Dublin-Rückkehrer seitens der bulgarischen Behörden gemäß Art. 13 Dublin III-VO aufgenommen wird, kann es jedoch sein, dass er tatsächlich als Asylantragsteller behandelt wird. Solche Fälle können insbesondere aus der kritischen Periode zwischen Ende 2013 und Frühjahr 2014 stammen (AIDA-Report, Seite 30), in der sich gerade der Kläger in Bulgarien aufgehalten hat. Darüber hinaus laufen Asylbewerber einschließlich Dublin-Rückkehrer Gefahr, ihr Recht auf Versorgung und Unterbringung zu verwirken, wenn sie sich mehr als 3 Tage ohne Erlaubnis bzw. Hinweis außerhalb einer Aufnahmeeinrichtung aufgehalten haben (AIDA-Report, Seite 30).
25 
Diese vorgenannten, nicht nur vereinzelten Defizite stellen eine Verletzung der in Art. 10, 12, 14, 17, 19 und 20 sowie 31 der Richtlinie 2013/32/EU (Verfahrensrichtlinie) sowie der Art. 10 und 17 bis 19 der Richtlinie 2013/33/EU (Aufnahmerichtlinie) vorgesehenen Mindeststandards und mithin eine unmenschliche bzw. erniedrigende Behandlung dar. Sie sind beachtlich wahrscheinlich vorhersehbar, weil sie im Aufnahme- und Asylverfahrenssystem Bulgariens angelegt sind bzw. dessen Vollzugspraxis strukturell prägen. Sie treffen die Personengruppe, zu welcher der Kläger gehört, nicht unvorhersehbar oder schicksalhaft, sondern lassen sich aus Sicht des Gerichts wegen ihrer systemimmanenten Regelhaftigkeit verlässlich prognostizieren (vgl. zum Prognosemaßstab BVerwG, Beschl. v. 06.06.2014 – 10 B 35/14 –, Rn. 5, juris). Angesichts der letztlich nur vorübergehenden Verbesserung der Verhältnisse im Jahr 2014, aber der davor sowie nunmehr im Jahr 2015 erneut eingetretenen wesentlichen Verschlechterung kann nicht die Rede davon sein, es handele sich nur um einen vorübergehend erreichten (Zwischen-)Stand der Dinge, welcher in absehbarer Zeit wieder behoben sein wird.
26 
Anhaltspunkte dafür schließlich, dass eine Überstellung des Klägers im Zusammenwirken mit den bulgarischen Behörden so organisiert werden könnte, dass eine drohende Grundrechtsverletzung nicht eintritt, gibt es nicht. Anders als in Fällen des Mitgliedstaats Italien (vgl. im Ausgangspunkt die Tarakhel-Entscheidung des EGMR vom 04.11.2014 - Nr. 29217/12 -, juris), ist dem erkennenden Gericht aus der Lektüre zahlreicher Entscheidungen bislang nicht bekannt geworden, dass eine entsprechende Behördenpraxis mit Bulgarien existierte bzw. durch diesen Mitgliedstaat überhaupt angewendet würde.
27 
Die Beklagte durfte somit nicht bereits den Asylantrag als unzulässig ablehnen, sondern hatte die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fortzusetzen, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann. Da die Voraussetzungen des § 27a AsylG nicht vorliegen, fehlt es am Tatbestand des § 34a Abs. 1 AsylG, so dass auch die Abschiebungsanordnung aufzuheben ist.
28 
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 83 b AsylG.

Gründe

 
I. Die Anfechtungsklage ist zulässig. Unzulässig, weil unstatthaft, ist indessen die darüber hinausgehende Verpflichtungsklage, da der Kläger die Aufhebung der Entscheidung des Bundesamts über die Unzuständigkeit Deutschlands für die Prüfung eines Asylantrags nach den unionsrechtlichen Regelungen der Dublin III-Verordnung begehrt (vgl. zur Dublin II-VO: BVerwG, Urt. v. 27.10.2015 – 1 C 32/14 –, Rn. 13, juris). Wenn Bulgarien unzuständig ist und der Kläger sich hierauf, da in subjektiven Rechten verletzt, berufen kann, fehlt ihm ein Rechtsschutzbedürfnis für die Verpflichtung zur Durchführung eines Asylverfahrens in Deutschland, da keine Anhaltspunkte dafür bestehen, das Bundesamt bliebe nach Aufhebung der angefochtenen Verfügung untätig. Abgesehen davon müsste die Beklagte dann zunächst noch die Möglichkeit haben, gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO einen anderen Mitglied- bzw. Vertragsstaat, der nachrangig zuständig ist (hier Österreich) zu ersuchen (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.04.2014 – A 11 S 1721/13 –, Rn. 18, juris).
10 
II. Der Bescheid des Bundesamts vom 22.05.2014, mit welchem der Asylantrag als unzulässig abgelehnt (Ziff. 1) und die Abschiebung des Klägers nach Bulgarien angeordnet wurde (Ziff. 2), ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
11 
1.) An sich wäre Bulgarien für die Prüfung des am 10.03.2014 in Deutschland gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Da dieser Antrag und das anschließende Aufnahmeverfahren nach dem 31.12.2013 erfolgten, ist die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (im Folgenden: Dublin III-VO) anzuwenden. Die Zuständigkeit Bulgariens folgt damit aus Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO, da auf der Grundlage der Fingerabdruckdaten nach der (ab 20.07.2015 geltenden) Verordnung (EU) Nr. 603/2013 (Eurodac-VO - bis zum 19.07.2015 galten die Verordnungen (EG) Nr. 2725/2000 und Nr. 407/2002) festgestellt wurde, dass der Kläger aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze Bulgariens illegal überschritten hat (Eurodac-Treffer der Kategorie 2). Ein Vorrang Deutschlands gemäß Art. 10 Dublin III-VO würde nicht bestehen. Zwar ist über den (zeitlich früheren) Antrag auf internationalen Schutz des Bruders des Klägers in Deutschland noch keine Entscheidung ergangen (Ungarn hat dessen Überstellung wiederum zwar zugestimmt, eine solche dürfte indessen wegen systemischer Mängel dort unzulässig sein - vgl. VG Freiburg, Urt. v. 13.10.2015 - A 5 K 2328/13 –, juris [dort insbesondere Rnr. 37 ff.]). Bei dem am 01.01.1987 geborenen Bruder handelt es sich jedoch nicht um einen Familienangehörigen i.S. der vorrangigen Art. 9 bis 11 Dublin III-VO (vgl. Art. 2 Buchst. g) Dublin III-VO).
12 
Anhaltspunkte dafür, die Zuständigkeit Bulgariens wäre vor Asylantragstellung des Klägers in Deutschland erloschen, gäbe es ebenfalls nicht. Entsprechend bestand an sich gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. a) Dublin III-VO i.V.m. Art. 20 Abs. 1, Abs. 2, Art. 21 Abs. 1 Unterabs. 2 und Art 22 Abs. 1 Dublin III-VO die Verpflichtung zur Aufnahme des Klägers und wurde von Bulgarien auch am 20.05.2014 ausdrücklich erklärt. Von dieser Übernahmebereitschaft wäre im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung auch weiterhin auszugehen, so dass auch keine unzumutbare Verzögerung der Durchführung des Aufnahmeverfahrens (auf die sich der Kläger in Abwehr einer subjektiven Rechtsverletzung berufen könnte) eintreten würde. Denn die mit Abgabe der Zustimmung Bulgariens am 20.05.2014 beginnende sechsmonatige Überstellungsfrist des Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO ist aufgrund der mit Eilbeschluss vom 22.07.2014 erfolgten Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage tatsächlich noch nicht abgelaufen (Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 i.V.m. Art. Art. 27 Abs. 3 Dublin III-VO).
13 
Indessen liegen die Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO vor. Es erweist sich als unmöglich, den Kläger nach Bulgarien zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für ihn in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen.
14 
Diese Gefahrenprognose beruht, wie europarechtlich geboten und ohnehin auch im nationalen Recht verankert (vgl. § 77 Abs. 1 AsylG), auf dem Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung Anfang Januar 2016. Allerdings hat für – wie an sich den Kläger – alleinstehende Dublin-Rückkehrer, die auch nicht an einer schwerwiegenden und dringend behandlungsbedürftigen Erkrankung leiden, der VGH Baden-Württemberg in seinen Entscheidungen vom November 2014 und März sowie April 2015 bezogen auf die damals jeweils maßgeblichen Zeitpunkte festgestellt, dass eine Überstellung nach Bulgarien zur Durchführung des Asylverfahrens nicht wegen systemischer Mängel oder Schwachstellen des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen als unmöglich anzusehen ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 -, Rn. 43 ff., juris und Urt. v. 18.03.2015 – A 11 S 2042/14 –, Rn. 57 ff., juris; Urt. v. 01.04.2015 – A 11 S 106/15 –, Rn. 57 ff., juris [die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision durch die letztgenannten VGH-Entscheidung wurde zurückgewiesen durch BVerwG, Beschl. v. 26.08.2015 – 1 B 45/15 –, juris]). Im Wesentlichen wurde dies wie folgt begründet: Mit Blick auf die 2013 und 2014 in Zusammenarbeit mit dem European Asylum Support Office (EASO) beschlossenen Maßnahmen hätten sich die davor existierenden Missstände in den Aufnahmeeinrichtungen grundlegend gebessert. Eine zeitnahe Registrierung von Asylgesuchen und damit ein schneller Zugang zum Asylverfahren sei grundsätzlich gewährleistet und nicht mehr systemimmanent defizitär. Angesichts dieser Verbesserungen könne auch die für ein Erstverfahren angesichts unzureichender finanzieller Ausstattung staatlicherseits nicht zuverlässig zur Verfügung stehende Rechtsberatung nicht mehr als derart grundlegend eingestuft werden, um als systemisch qualifiziert zu werden. Auch wenn die Zugangszahlen wieder im Steigen begriffen seien, gebe es noch erhebliche freie Kapazitäten. In sieben Unterkünften stünden 6.000 Plätze zur Verfügung, von denen 3.910 belegt seien. Bulgarien werde, anders als im Jahr 2013, nicht mehr völlig unvorbereitet und ohne Hilfe der Union und des UNHCR mit steigenden Zugangszahlen konfrontiert sein. Die in Einrichtungen der State Agency for Refugees (SAR) untergebrachten Dublin-Rückkehrer hätten ein Recht auf dieselben Hilfe- und Dienstleistungen, die anderen Asylbewerbern zustehen. Als Folge des ständigen Anstiegs der Anzahl der neuen Asylanträge erfolge allerdings die Registrierung und Bearbeitung der Anträge seit kurzem wieder etwas verzögert. Dies sei darauf zurückzuführen, dass die SAR weiterhin nicht über eine ausreichende Anzahl von Dolmetschern sowie von Mitarbeitern für die Registrierung und Befragung verfüge. Der UNHCR gehe davon aus, dass wegen der Erhöhung der Aufnahme– und Bearbeitungskapazitäten seit Anfang 2014 des Asylsystem „einigermaßen“ funktioniere. Um allerdings die bisher hier erfolgten Verbesserungen beizubehalten, benötige die SAR weitere Mittel. EASO habe auf die im Oktober 2014 geäußerte Bitte Bulgariens hin Unterstützung bei der weiteren Verbesserung des Asyl- und Aufnahmesystems zugesagt, ein spezieller Plan zur Unterstützung sei am 05.12.2014 vom bulgarischen Innenminister und EASO unterzeichnet worden. Zu den danach geplanten Maßnahmen, welche bis Ende Juni 2016 fortdauern sollten, gehörten u.a. die Unterstützung bei der Einhaltung geltenden Flüchtlingsrechts und bei der Aufnahme von Flüchtlingen bzw. den Aufnahmeverfahren. Deshalb gehe der Senat davon aus, dass der bulgarische Staat inzwischen auch für wachsende Flüchtlingszahlen hinreichend gerüstet sei. In allen Dublin-Verfahren werde eine Anhörung durchgeführt, wenn notwendig. Das Asylverfahren werde grundsätzlich wiedereröffnet, wenn über den Asylanspruch in der Sache noch nicht entschieden worden sei. Der Antragsteller werde abhängig vom Verfahrensstand höchstwahrscheinlich in eine SAR-Einrichtung überstellt und genieße dort dieselben Rechte wie andere Asylbewerber. Selbst in Fällen, in denen das Verfahren zunächst ausgesetzt und nach weiteren drei Monaten beendet worden sei, werde in der Praxis nach einer Überstellung zu einer Anhörung geladen, wenn eine solche noch nicht stattgefunden habe. Diese Erkenntnisse seien mit der neuesten Stellungnahme des UNHCR vom 23.12.2014 bestätigt worden.
15 
An dieser Bewertung und Prognose kann im hier maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung Anfang Januar 2016 nicht mehr festgehalten werden. Nach den neueren Erkenntnismitteln bestehen vielmehr ausreichende Anhaltspunkte bzw. wesentliche Gründe für (erneute) systemische Schwachstellen im Asylverfahren und bei den Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Bulgarien. Diese betreffen den Kläger individuell und setzen ihn der konkreten Gefahr aus, im Falle einer Rücküberstellung nach Bulgarien eine menschenunwürdige Behandlung zu erfahren:
16 
Der UNHCR hatte im April 2014 (Observations on the Current Situation of Asylum in Bulgaria, Seite 3) zwar von seiner noch im Januar 2014 generell vertretenen Haltung wieder Abstand genommen, Asylbewerber nicht nach Bulgarien zurückzuschicken, und Verbesserungen in den Aufnahmebedingungen und im Asylverfahren ausgemacht. Gleichwohl aber mahnte er weiter zur Vorsicht, zumindest mit Blick auf bestimmte Rückkehrer und Rückkehrsituationen. Der Menschenrechtskommissar des Europarates, Nils Muiznieks, wies in seinem Report vom 22.06.2015 (Rn. 97) ebenfalls kritisch darauf hin, dass die ab März 2014 eingetretenen Verbesserungen anfällig („fragile“) seien und durch einen neuen Zustrom von Flüchtlingen und/oder mögliche Zurückschiebungen oder Überstellungen im Rahmen des Dublin-Systems sich schnell wieder umkehren könnten. Gerade für das abgelaufene Jahr 2015 ist dieser erhebliche Zustrom neuer Flüchtlinge und damit eine Verschärfung der Lage festzustellen. Im Jahr 2015 hatte Bulgarien 20.365 Asylbewerber und erstmalige Asylbewerber zu verzeichnen (Quelle: Eurostat - unter: Neuigkeiten > Asyl und gesteuerte Migration > Statistiken illustriert). Diese Zahl kann als verlässlich zugrundegelegt werden. Die mit 12.738 Antragstellern angegebene Zahl im AIDA-Report vom Oktober 2015 des ECRE (European Council on Refugees and Exiles - Asylum Information Database, Country Report: Bulgaria [Stand 30.09.2015], Seite 6) widerspricht dem nicht, da sie nur den Zeitraum von Januar bis September abdeckt. Bereits Ende Oktober 2015 waren laut der bulgarischen State Agency for Refugees (SAR), bedingt durch einen starken Anstieg im Oktober, 16.283 Anträge auf internationalen Schutz registriert worden (SAR, Asylum Statistics October 2015 - abgerufen auf der AIDA-Website www.asylumineurope.org unter > Bulgaria Country Report > Resources). Bekanntermaßen war gerade das letzte Quartal 2015 von starken Flüchtlingsströmen über die Balkanroute geprägt, so dass eine entsprechende Zunahme plausibel erscheint und folglich kein Widerspruch zu den Zahlen von Eurostat besteht.
17 
Der aktualisierte, gegenüber demjenigen von Januar 2015 fortgeschriebene AIDA-Report Oktober 2015 dokumentiert für den Berichtszeitraum eine schrittweise Verschlechterung im Bereich des Asylverfahrens. Im Zeitraum Februar bis April 2015 entließ und ersetzte die SAR einen Großteil der für Entscheidungen im Asylverfahren zuständigen Mitarbeiter, die noch im Jahr 2014 mit Unterstützung des UNHCR und des EASO-Operating-Plan eingestellt und ausgebildet worden waren (AIDA-Report, Seite 11/12). Hierdurch kam es im Anerkennungsverfahren zu einer bedeutsamen Verlangsamung. Die Dauer des Verfahrens stieg so kontinuierlich an und betrug im Herbst 2015 in der Regel 6 Monate (gegenüber 3 Monaten im Jahr 2014), mit der Tendenz, weiter anzusteigen (AIDA-Report, Seite 12).
18 
Erhebliche Defizite bestanden ferner im Bereich des Dolmetschereinsatzes. Grundsätzlich stehen für die Hauptsprachen (Arabisch, Dari, Farsi, Pashtu, Urdu, Kurdisch, Englisch, Französisch und Russisch) zwar Dolmetscher zur Verfügung. Beginnend ab Januar 2015 versäumte es die SAR jedoch, für eine ausreichende Vergütung von Dolmetschertätigkeiten zu sorgen. Im Anschluss an seinen Besuch im Februar 2015 hatte schon der Menschenrechtskommissar des Europarats Besorgnis dahin geäußert, dass die SAR mit Blick auf ein zu geringes Jahresbudget die notwendigen materiellen Bedingungen nicht aufrechterhalten könne (AIDA-Report vom 22.06.2015, Rn. 98). Bedienstete wurden von der Behördenleitung angehalten, Anhörungen mit Asylbewerbern in jeder nur möglichen Sprache durchzuführen, obwohl die Voraussetzungen auf Antragstellerseite hier kaum oder gar nicht vorliegen (AIDA-Report, Seite 23). Trotz finanzieller Unterstützung durch die EU-Kommission und den UNHCR war die Asylbehörde bis Ende September 2015 immer noch nicht in der Lage, für die notwendigen Vorkehrungen zu sorgen, um Dolmetscherentschädigungen zu gewährleisten. Deshalb traten im September 2015 auch die letzten noch tätigen Dolmetscher in einen Ausstand. Hierdurch bestand für die meiste Zeit des Jahres eine vorschriftswidrige und unsichere Situation im Anerkennungsverfahren. Weiter wirkte sich dies auch erheblich verzögernd auf das Verfahren der Registrierung und Asylantragstellung aus (AIDA-Report, Seite 23; Report des Menschenrechtskommissars des Europarats vom 22.06.2015, Rn. 103).
19 
Weitere Mängel im Anhörungsverfahren bestanden darin, dass die meisten der - in der Praxis weitaus überwiegend schriftlich geführten - Anhörungsprotokolle (nicht anders bei audio-aufgezeichneten Protokollen) Antragstellern zur Unterzeichnung vorgelegt wurden, ohne indessen zuvor noch einmal vorgelesen und rückübersetzt worden zu sein. Hierdurch konnten Ungereimtheiten, Widersprüche usw. frühestens im gerichtlichen Verfahren geltend gemacht werden (AIDA-Report, Seite 24).
20 
Spätestens ab 01.07.2015 hatten Asylantragsteller nicht mehr die Möglichkeit, eine vom Staat zur Verfügung gestellte Rechtshilfe im Verwaltungsverfahren in Anspruch zu nehmen. Geldmittel des Europäischen Flüchtlingsfonds (ERF) waren nur bis Ende Juni 2015 bewilligt worden, neue Mittel wurden erst für Ende 2015 erwartet. Soweit es private Rechtshilfe gab, war diese überaus spärlich und eher die Ausnahme als die Regel (AIDA-Report, Seite 26; Report des Menschenrechtskommissars des Europarats vom 22.06.2015, Rn. 100).
21 
Erhebliche Schwachstellen kennzeichnet der AIDA-Report weiter im Bereich der Aufnahme und Unterbringung. Von wesentlicher Bedeutung ist dabei, dass die im Report angegebene Unterbringungskapazität zum 30.09.2015 (vgl. Seite 45) 5.130 Plätze betrug. Es liegt auf der Hand, dass angesichts der oben genannten Asylbewerberzahlen für das Jahr 2015 (20.365) diese Aufnahmekapazität trotz Verbesserungen in der Vergangenheit in keiner Weise ausreichend sein kann (AIDA-Report, Seite 19). Zwar besteht die Möglichkeit bzw. Zulässigkeit der Unterbringung auch außerhalb von Aufnahmezentren, indessen nur auf eigene Kosten eines Asylantragstellers und unter gleichzeitigem Verzicht auf monatliche Unterstützungsleistungen (AIDA-Report, Seite 45). Mangels in der Regel eigener Mittel und angesichts der Tatsache, dass es in der Praxis für Asylbewerber in Bulgarien mit Blick auf Sprachprobleme, dortige Rezession und eine hohe Arbeitslosigkeit überaus schwierig ist, eine Arbeit zu finden (AIDA-Report, Seite 50), ist eine alternative Unterbringung indessen alles andere als realistisch.
22 
Defizite waren im Jahr 2015 ferner bei der Versorgung innerhalb der staatlichen Aufnahmeeinrichtungen zu verzeichnen. So gab es ab Beginn des Jahres Grund, die Qualität bzw. den Nährwert der Nahrung zu beanstanden, zusätzlich war die Versorgung von Juli bis September 2015 unterbrochen, so dass eine Verpflegung von Asylbewerbern von Wohlfahrts- und Freiwilligkeitsleistungen abhängig war. Verschärft wurde die Lage dadurch, dass rückwirkend zum 01.02.2015 Unterstützungszahlungen eingestellt worden waren (AIDA-Report, Seite 46). Aufgrund finanzieller Engpässe gab es ferner eine zufriedenstellende medizinische Versorgung zwischen Mai und September 2015 nur im Aufnahmezentrum Ovcha Kupel (AIDA-Report, Seite 46; Report des Menschenrechtskommissars des Europarats vom 22.06.2015, Rn. 103).
23 
Das Schicksal von Dublin-Rückkehrern, zu denen der Kläger gehört, wird von der Rechtsprechung unterschiedlich gewürdigt. Der VGH Baden-Württemberg (Urt. v. 18.03.2015, a.a.O., Rn. 63-65; Urt. v. 01.04.2015, a.a.O., Rn. 63-67) legt eine Auskunft des UNHCR vom 23.12.2014 zugrunde. Für Dublin-Rückkehrer gelte danach die Besonderheit, dass das Asylverfahren grundsätzlich wiedereröffnet werde, wenn über den Asylanspruch (in der Sache) noch nicht entschieden worden sei. Voraussetzung hierfür sei, dass der Dublin-Rückkehrer einer Fortführung des Verfahrens in Bulgarien zustimme. Nach UNHCR sei damit eine sachliche Prüfung des Asylantrags sichergestellt; der Antragsteller werde abhängig vom Verfahrensstand höchstwahrscheinlich in eine SAR-Einrichtung überstellt und genieße dieselben Rechte wie andere Asylbewerber. Selbst in Fällen, in denen das Verfahren zunächst ausgesetzt und nach weiteren drei Monaten beendet worden sei, werde in der Praxis nach einer Überstellung zu einer Anhörung geladen, wenn eine solche noch nicht stattgefunden habe. Das VG Oldenburg (Beschl. v. 24.06. 2015 – 12 B 2278/15 –, Rn. 37 ff., juris) und das VG Aachen (Beschl. v. 17.11.2015 – 8 L 325/15.A -, Rn. 31 ff., juris) bezweifeln diese Auslegung, da sie die UNHCR-Auskunft für widersprüchlich erachten. Diese Gerichte gehen davon aus, dass ein Asylverfahren nach Ablauf von 3 Monaten und 10 Tagen nach der Registrierung des Asylantrages nicht fortgesetzt werde und ein Dublin-Rückkehrer dann regelmäßig Gefahr laufe, in Abschiebehaft genommen und auf einen Folgeantrag verwiesen zu werden, ohne dass sein Asylbegehren in der Sache geprüft worden sei. Die aktualisierte Antwort auf Fragen von UNHCR Deutschland im Zusammenhang mit Überstellung nach dem Dublin Verfahren vom eine 31.07.2015 an das VG Meiningen und der AIDA-Report Oktober 2015 können diese Ungewissheit nicht vollständig beseitigen. Betreffend einen Dublin-Rückkehrer führt der AIDA-Report (Seite 29/30) folgendes aus: Habe dieser einen Asylantrag gestellt und sei sein Asylverfahren in Bulgarien noch anhängig, erfolge eine Überstellung in eine der SAR-Aufnahmeeinrichtungen und eine Fortführung des Asylverfahrens ab dem Stadium, zu dem der betreffende Antragsteller Bulgarien verlassen habe. Sei der Asylantrag in Abwesenheit abgelehnt, aber dem Asylbewerber noch nicht bekanntgegeben worden, bevor er Bulgarien verlassen habe, werde er in eine Aufnahmeeinrichtung überstellt. Sei es allerdings bereits vor Verlassen Bulgariens zu einer abschließenden und wirksamen Entscheidung gekommen, erfolge eine Überstellung in eine Hafteinrichtung.
24 
Mit Blick auf diese Erkenntnislage besteht ein relevantes Risiko von Personen in der Situation des Klägers, ohne sachliche Prüfung ihres Asylbegehrens als Folgeantragsteller behandelt zu werden und in eine Hafteinrichtung zu gelangen, wo er mit dort unzureichenden Versorgungsbedingungen konfrontiert wäre (zu den Haftbedingungen vgl. Report des Menschenrechtskommissars des Europarates vom 22.06.2015, Rn. 119, AIDA-Report, Seite 56/57). Zwar handelt es sich beim Kläger nach den bisherigen Erkenntnissen nicht um eine Person, die in Bulgarien Asyl beantragt hat (vgl. den o.g. Eurodac-Treffer der Kategorie 2) Selbst wenn – wie hier – ein Dublin-Rückkehrer seitens der bulgarischen Behörden gemäß Art. 13 Dublin III-VO aufgenommen wird, kann es jedoch sein, dass er tatsächlich als Asylantragsteller behandelt wird. Solche Fälle können insbesondere aus der kritischen Periode zwischen Ende 2013 und Frühjahr 2014 stammen (AIDA-Report, Seite 30), in der sich gerade der Kläger in Bulgarien aufgehalten hat. Darüber hinaus laufen Asylbewerber einschließlich Dublin-Rückkehrer Gefahr, ihr Recht auf Versorgung und Unterbringung zu verwirken, wenn sie sich mehr als 3 Tage ohne Erlaubnis bzw. Hinweis außerhalb einer Aufnahmeeinrichtung aufgehalten haben (AIDA-Report, Seite 30).
25 
Diese vorgenannten, nicht nur vereinzelten Defizite stellen eine Verletzung der in Art. 10, 12, 14, 17, 19 und 20 sowie 31 der Richtlinie 2013/32/EU (Verfahrensrichtlinie) sowie der Art. 10 und 17 bis 19 der Richtlinie 2013/33/EU (Aufnahmerichtlinie) vorgesehenen Mindeststandards und mithin eine unmenschliche bzw. erniedrigende Behandlung dar. Sie sind beachtlich wahrscheinlich vorhersehbar, weil sie im Aufnahme- und Asylverfahrenssystem Bulgariens angelegt sind bzw. dessen Vollzugspraxis strukturell prägen. Sie treffen die Personengruppe, zu welcher der Kläger gehört, nicht unvorhersehbar oder schicksalhaft, sondern lassen sich aus Sicht des Gerichts wegen ihrer systemimmanenten Regelhaftigkeit verlässlich prognostizieren (vgl. zum Prognosemaßstab BVerwG, Beschl. v. 06.06.2014 – 10 B 35/14 –, Rn. 5, juris). Angesichts der letztlich nur vorübergehenden Verbesserung der Verhältnisse im Jahr 2014, aber der davor sowie nunmehr im Jahr 2015 erneut eingetretenen wesentlichen Verschlechterung kann nicht die Rede davon sein, es handele sich nur um einen vorübergehend erreichten (Zwischen-)Stand der Dinge, welcher in absehbarer Zeit wieder behoben sein wird.
26 
Anhaltspunkte dafür schließlich, dass eine Überstellung des Klägers im Zusammenwirken mit den bulgarischen Behörden so organisiert werden könnte, dass eine drohende Grundrechtsverletzung nicht eintritt, gibt es nicht. Anders als in Fällen des Mitgliedstaats Italien (vgl. im Ausgangspunkt die Tarakhel-Entscheidung des EGMR vom 04.11.2014 - Nr. 29217/12 -, juris), ist dem erkennenden Gericht aus der Lektüre zahlreicher Entscheidungen bislang nicht bekannt geworden, dass eine entsprechende Behördenpraxis mit Bulgarien existierte bzw. durch diesen Mitgliedstaat überhaupt angewendet würde.
27 
Die Beklagte durfte somit nicht bereits den Asylantrag als unzulässig ablehnen, sondern hatte die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fortzusetzen, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann. Da die Voraussetzungen des § 27a AsylG nicht vorliegen, fehlt es am Tatbestand des § 34a Abs. 1 AsylG, so dass auch die Abschiebungsanordnung aufzuheben ist.
28 
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 83 b AsylG.

(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.

(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.250,-- Euro festgesetzt.

Gründe

Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Antragstellerin gegen die Ablehnung ihres Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit der der Antragsgegnerin vorläufig untersagt werden soll, Abschiebungsmaßnahmen aus dem Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 20. Januar 2014 sowie aus der Zurückschiebungsverfügung der Bundespolizeiinspektion R. vom 2. Dezember 2013 bzw. Abschiebungsmaßnahmen gegen die Antragstellerin bis zur Entscheidung über diesen Antrag durchzuführen.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die zur Begründung der Beschwerde dargelegten Gründe, auf die der Verwaltungsgerichtshof nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO seine Prüfung zu beschränken hat, rechtfertigen nicht die Abänderung oder Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.

Den für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO erforderlichen Anordnungsanspruch gegenüber der Antragsgegnerin hat die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht, weil sich aus ihrem Vorbringen nicht ergibt, dass der Antragstellerin der geltend gemachte Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung oder Zurückschiebung zusteht.

Der Antrag der Antragstellerin, der Antragsgegnerin die Vollziehung der Abschiebung aus der Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG im Bescheid des Bundesamtes vom 20. Januar 2014 zu untersagen, bleibt ohne Erfolg. Insoweit ist

die Antragsgegnerin auch passivlegitimiert. Entgegen der vom Verwaltungsgericht im Beschluss vom 10. Februar 2014 (Az. M 12 S7 14.30227) vertretenen Auffassung hat das Bundesamt im Rahmen einer Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylVfG die (rechtliche und tatsächliche) Durchführbarkeit der Abschiebung und damit sowohl zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse als auch der Abschiebung entgegenstehende inlandsbezogene Vollzugshindernisse zu prüfen, so dass daneben für eine eigene Entscheidungskompetenz der Ausländerbehörde für die Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG kein Raum verbleibt (st. Rspr. des Senats; vgl. zuletzt BayVGH, B.v. 28.10.2013 - 10 CE 13.2257 - juris Rn. 4; B.v. 20.11.2012 - 10 CE 12.2428 - juris Rn. 4; NdsOVG, U.v. 4.7.2012 - 2 LB 163/10 - juris Rn. 41; OVG Berlin-Bbg, B.v. 1.2.2012 - 2 S 6/12 - juris Rn. 4; VGH BW, B.v. 31.5.2011 - A 11 S 1523/11 - juris Rn. 4). Dies gilt nicht nur hinsichtlich bereits bei Erlass der Abschiebungsanordnung vorliegender Abschiebungshindernisse und Duldungsgründe. Bei nach Erlass der Abschiebungsanordnung auftretenden Abschiebungshindernissen hat das Bundesamt gegebenenfalls die Abschiebungsanordnung aufzuheben oder die Ausländerbehörde anzuweisen, von der Vollziehung der Abschiebungsanordnung abzusehen (OVG NRW, B.v. 30.8.2011 - 18 B 1060/11 - juris Rn. 4).

Der Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO auf vorläufige Aussetzung der mit Bescheid vom 20. Januar 2014 angeordneten Abschiebung ist allerdings unzulässig. Für den vorläufigen Rechtsschutz gegen eine Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 AsylVfG verweist § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG ausdrücklich auf das Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO. Ein Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO ist somit gemäß § 123 Abs. 5 VwGO nicht statthaft. Die Antragstellerin kann insoweit im noch beim Verwaltungsgericht anhängigen Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO (Az. M 12 S7 14.30364) effektiven Rechtsschutz erlangen. In diesem Verfahren macht die Antragstellerin ebenfalls geltend, dass in ihrer Person sowohl inlandsbezogene als auch zielstaats-bezogene Abschiebungshindernisse vorliegen. Käme das Verwaltungsgericht in diesem Verfahren bei summarischer Prüfung zum Ergebnis, dass die geltend gemachten Abschiebungshindernisse vorlägen, so hätte es die aufschiebende Wirkung der Klage (M 12 K 14.30132) gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 20. Januar 2014 anzuordnen, so dass die Abschiebungsanordnung bis zu einer anderweitigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht vollziehbar wäre. Damit hätte die Antragstellerin ihr Rechtsschutzziel, die Antragsgegnerin zu verpflichten, Vollzugsmaßnahmen aus der Abschiebungsanordnung vom 20. Januar 2014 zu unterlassen, vollständig erreicht.

Im Übrigen handelt es sich bei einer Rechtsstreitigkeit über die Entscheidung des Bundesamtes nach § 34a Abs. 1 AsylVfG um eine asylverfahrensrechtliche Streitigkeit i. S. d. § 80 AsylVfG, die nicht mit der Beschwerde angefochten werden kann.

Der Antrag der Antragstellerin, der Antragsgegnerin vorläufig zu untersagen, Abschiebungsmaßnahmen aus der Zurückschiebungsverfügung vom 2. Dezember 2013 durchzuführen, führt ebenfalls nicht zum Erfolg. Für eine diesbezügliche einstweilige Anordnung fehlt (wohl schon) das Rechtsschutzbedürfnis, weil sich die Zurückschiebungsverfügung durch die Abschiebungsanordnung im Bescheid des Bundesamtes vom 20. Januar 2014 auf andere Weise erledigt hat (s. § 43 Abs. 2 VwVfG).

Eine Zurückschiebungsanordnung auf der Grundlage von § 57 Abs. 2 Hs. 2 AufenthG stellt einen belastenden anfechtbaren Verwaltungsakt dar (Funke-Kaiser in Gemeinschaftskommentar zum AufenthaltsG, Stand August 2013, § 57 Rn. 17), der durch die Stellung des Antrags auf internationalen Schutz am 13. Januar 2014 und die Entscheidung des Bundesamtes vom 20. Januar 2014 obsolet geworden ist und sich deshalb dadurch erledigt hat. Rechtsgrundlage für eine mögliche Abschiebung der Antragstellerin nach Ungarn ist damit ausschließlich die Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 AsylVfG.

Selbst wenn man davon ausginge, dass die Zurückschiebungsanordnung noch Rechtswirkungen entfaltet, hätte es die Antragstellerin versäumt, gegen die Zurückschiebungsverfügung als belastenden Verwaltungsakt entsprechend der Rechtsbehelfsbelehrung Rechtsmittel einzulegen, so dass die Zurückschiebungsverfügung bestandskräftig geworden wäre. Vorläufigen Rechtsschutz hätte die Antragstellerin im Übrigen auch nur im Rahmen eines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Zurückschiebungsverfügung erlangen können. Daher stünde auch § 123 Abs. 5 VwGO einem Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO entgegen.

Soweit das Verwaltungsgericht im Beschluss vom 20. Februar 2014 davon ausgegangen sein sollte, dass der Antrag der Antragstellerin auf Aussetzung der Abschiebung unabhängig von der asylverfahrensrechtlichen Streitigkeit aus § 34a AsylVfG als (zusätzliche) ausländerrechtliche Streitigkeit auf Erteilung einer Duldung nach § 60a AufenthG zu behandeln sei, hilft auch dies der Beschwerde nicht zum Erfolg. Denn insoweit ist zu berücksichtigen, dass der auf Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG gerichtete Eilantrag in einem solchen Fall gegen den Rechtsträger der zuständigen Ausländerbehörde und nicht gegen die Antragsgegnerin zu richten gewesen wäre. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts erweist sich daher jedenfalls im Ergebnis als zutreffend.

Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG:

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 20. März 2014 mit der Ergänzung vom 2. April 2014 – 6 L 407/14 – wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin, eine irakische Staatsangehörige, hielt sich nach ihren Angaben in der Zeit vom 1.12.2010 bis Dezember 2012 in Schweden auf, wo zwei ihrer vier Kinder leben und sie einen Asylantrag stellte, der abgelehnt wurde. Im Dezember 2012 reiste sie in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte am 9.1.2013 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) ihre Anerkennung als Asylberechtigte; hier leben eine Tochter, die Mutter und Geschwister der Antragstellerin, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. Auf das an Schweden gerichtete Übernahmeersuchen des Bundesamtes vom 1.10.2013 nach der Dublin II VO erklärten die schwedischen Behörden mit Schreiben vom 2.10.2013 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrags gemäß Art. 16 Abs. 1 e Dublin II VO.

Mit Bescheid vom 22.10.2013 stellte das Bundesamt fest, dass der Asylantrag der Antragstellerin gemäß § 27a Asylverfahrensgesetz unzulässig sei; zudem ordnete es die Abschiebung der Antragstellerin nach Schweden an (§ 34a AsylVfG). Ein Aussetzungsantrag der Antragstellerin gemäß § 80 Abs. 5 VwGO und ein Abänderungsantrag gemäß § 80 Abs. 7 VwGO blieben ohne Erfolg (Beschlüsse des Verwaltungsgerichts vom 4.11.2013 – 6 L 1920/13 - und vom 14.11.2013 – 6 L 1974/13-). Die gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 22.10.2013 gerichtete Klage wurde von der Antragstellerin am 25.11.2013 zurückgenommen.

Unter dem 25.11.2013 beantragte die Antragstellerin – unter Vorlage eines Schreibens bzw. eines Attestes eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie vom 16.1.2013 bzw. vom 15.3.2013 sowie von fünf psychologischen Bescheinigungen des Vereins Baris – Leben und Lernen e.V. die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen. Dabei wies sie darauf hin, dass sie bei ihrer volljährigen Tochter, die mittlerweile die deutsche Staatsangehörigkeit besitze, lebe und schwerwiegend psychisch erkrankt sei. Es bestehe ernsthaft die Gefahr des Selbstmordes, wenn sie über Schweden in den Irak abgeschoben würde. Ein Mitarbeiter des schwedischen Roten Kreuzes, der für die Betreuung abgelehnter Asylbewerber in Schweden zuständig sei, habe in Erfahrung gebracht, dass sie unmittelbar nach der Rückkehr in den Irak abgeschoben werde, ohne eine Chance zu haben, dort weitere Schutzanträge zu stellen. Das Verwaltungsgericht habe in seinen Beschlüssen verkannt, dass sie in Schweden nicht erneut um Schutz nachsuchen könne.

Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis wurde vom Antragsgegner mit Bescheid vom 31.3.2014 abgelehnt.

Auf den von der Antragstellerin am 20.3.2014 gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung („Abschiebestop“), den sie im Wesentlichen mit ihrer Reiseunfähigkeit sowie dem drohenden Selbstmord für den Fall ihrer - nach Rücküberstellung nach Schweden - zu erwartenden Abschiebung in den Irak begründete, hat das Verwaltungsgericht dem Antragsgegner mit Beschluss vom 20.3.2014 - ergänzt mit Beschluss vom 2.4.2014 – „im Hinblick auf das laufende aufenthaltsrechtliche Verwaltungsverfahren über den nicht von vornherein aussichtslosen Antrag der Antragstellerin auf Erteilung einer auf §§ 28 Abs. 4, 36 Aufenthaltsgesetz basierenden Aufenthaltserlaubnis im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt,“ ihre Rückführung nach Schweden durchzuführen.

II.

Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners vom 21.3.2014 gegen den vorgenannten Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 20.3.2014 – 6 L 407/14 - hat Erfolg. Die zur Begründung der Beschwerde dargelegten Gründe, die die Prüfung des Senats nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränken, rechtfertigen die Abänderung der angefochtenen Entscheidung. Die Voraussetzungen für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO liegen nicht vor. Die Antragstellerin hat keinen gegenüber dem Antragsgegner bestehenden Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.

Soweit die Antragstellerin insbesondere mit ihrem erstinstanzlichen Vortrag, sie sei wegen ihrer schwerwiegenden psychischen Erkrankung – einer durch psychologische Bescheinigungen des Vereins Baris - Leben und Lernen e.V.(im Beschwerdeverfahren vorgelegt: psychologisch-psychotherapeutisches Attest vom 1.4.2014) belegten hochgradigen posttraumatischen Belastungsstörung mit hochgradiger depressiver psychischer Symptomatik - reiseunfähig und es bestehe bei einer zwangsweisen Rückführung in den Irak eine erhebliche Suizidgefahr, der Sache nach inlandsbezogene Abschiebungshindernisse im Sinne des § 60a Abs. 2 Satz 1 Aufenthaltsgesetz geltend gemacht hat, ist festzustellen, dass der Antragsgegner für deren Prüfung vorliegend nicht zuständig ist. Denn bei der Antragstellerin handelt es sich um eine Asylbewerberin, deren Asylantrag vom Bundesamt mit Bescheid vom 22.10.2013 nach § 27a AsylVfG als unzulässig abgelehnt wurde und deren Abschiebung in den für die Durchführung ihres Asylverfahrens zuständigen Staat Schweden zugleich gemäß § 34a Asylverfahrensgesetz angeordnet wurde. Da Rechtmäßigkeitsvoraussetzung einer solchen Anordnung ist, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann, also tatsächlich möglich und rechtlich zulässig ist, hat das Bundesamt im Rahmen des § 34a Asylverfahrensgesetz – anders als bei der Entscheidung über Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 - 7 Aufenthaltsgesetz im Zusammenhang mit dem Erlass einer Abschiebungsandrohung – nicht nur zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse, sondern auch inlandsbezogene Abschiebungshindernisse nach § 60a Abs. 2 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (einschließlich sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebender Ansprüche auf Erteilung eines Aufenthaltstitels) umfassend zu prüfen, so dass insofern kein Raum für eine eigene Entscheidungskompetenz der Ausländerbehörde bleibt(Funke-Kaiser in GK- AufenthG, § 60a, RN 102 f.; vgl. Bayer. VGH, Beschluss vom 28.10.2013 – 10 CE 13.2257 -, m.w.N., juris; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 31.5.2011 – A 11 S 1523/11 -, juris). Dies gilt auch dann, wenn der Duldungsgrund erst nach dem Erlass der Abschiebungsanordnung entstanden ist.(Funke-Kaiser in GK- AsylVfG, § 34a, RN 22) Da die Abschiebungsanordnung des Bundesamtes mit der Rücknahme der Klage durch die Antragstellerin indes bestandskräftig wurde, könnte die Antragstellerin Duldungsgründe ebenso wie ihre – zielstaatsbezogene - Befürchtung, dass sie nach ihrer Überstellung nach Schweden unverzüglich in ihr Heimatland Irak abgeschoben werde, untermauernde neue Tatsachen nur gegenüber dem Bundesamt mit einem Wiederaufgreifensantrag nach Maßgabe des § 51 VwVfG geltend machen.

Ein Anordnungsanspruch lässt sich auch nicht mit Blick auf den von der Antragstellerin geltend gemachten Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis durch den Antragsgegner im Ermessensweg feststellen. Entgegen der Meinung der Antragstellerin ist insofern im Beschwerdeverfahren hinsichtlich des Anordnungsanspruchs nicht „lediglich zu entscheiden“, ob das Aufenthaltserlaubnisverfahren der Antragstellerin „nicht von vornherein aussichtslos ist“. Voraussetzung eines Sicherungs- oder Regelungsbedürfnisses im Sinne des § 123 Abs. 1 VwGO ist vielmehr, dass überhaupt ein materieller Anspruch festgestellt werden kann oder jedenfalls dessen Bestehen wahrscheinlich ist.(Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, Verwaltungsgerichtsordnung, 5.Aufl.2011, § 123, RN 14) Hiervon kann vorliegend indes nicht ausgegangen werden.

Wie der Antragsgegner in seiner Beschwerdeschrift zutreffend ausgeführt hat, steht dem geltend gemachten Anspruch aus §§ 36 Abs. 2, 28 Abs. 4 Aufenthaltsgesetz derzeit jedenfalls § 10 Abs. 3 Satz 1 Aufenthaltsgesetz entgegen. Danach darf der Antragstellerin, da ihr Asylantrag mit bestandskräftig gewordenem Bescheid des Bundesamtes vom 22.10.2013 – und damit „unanfechtbar“ - abgelehnt wurde, vor der Ausreise ein Aufenthaltstitel nur nach Maßgabe des Abschnitts 5 erteilt werden. Dies gilt zwar nicht im Falle eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels (§ 10 Abs. 3 Satz 3 Aufenthaltsgesetz); allerdings setzt dies einen sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebenden Anspruch voraus, um den es sich bei der Erteilung der begehrten Aufenthaltserlaubnis nach §§ 36 Abs. 2, 28 Abs. 4 Aufenthaltsgesetz, die im pflichtgemäßen Ermessen der Ausländerbehörde steht, nicht handelt. § 10 Abs. 3 Aufenthaltsgesetz ist über die in der Norm geregelten Fälle hinaus im Hinblick auf aufenthaltsrechtliche Schutzwirkungen aus Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 8 Abs. 1 EMRK auch keiner einschränkenden Auslegung zugänglich(Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl. 2013, § 10 AufenthG, RN 23). Da diese Sonderregelung für die Erteilung von Aufenthaltstiteln bei Asylanträgen nicht zu den allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen nach § 5 Aufenthaltsgesetz zählt, besteht entgegen der Meinung der Antragstellerin auch nicht die Möglichkeit, hiervon nach „§ 5 Abs. 2 Satz 2 Aufenthaltsgesetz“ abzusehen. Daher scheidet vor der Ausreise der Antragstellerin die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach §§ 36 Abs. 2, 28 Abs. 4 Aufenthaltsgesetz, der in Abschnitt 6 des Aufenthaltsgesetzes geregelt ist, aus. Eines Eingehens auf die von der Antragstellerin eingehend erörterte Frage, ob in ihrem Fall von einer außergewöhnlichen Härte im Sinne des § 36 Abs. 2 Satz 1 Aufenthaltsgesetz auszugehen wäre, bedarf es daher nicht.

Ferner kann, wie der Antragsgegner ebenfalls zutreffend dargelegt hat, ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach – dem allerdings im fünften Abschnitt des Aufenthaltsgesetzes angesiedelten – § 25 Abs. 4 Satz 1 Aufenthaltsgesetz schon deshalb nicht bestehen, weil diese Regelung nur auf nicht vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer anwendbar ist, zu denen die Antragstellerin nicht zählt.

Schließlich ist auch ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 5 Aufenthaltsgesetz nicht feststellbar. Nach dieser Vorschrift kann einem vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer abweichend von § 11 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Dass die Antragstellerin diese Erteilungsvoraussetzungen erfüllt, ergibt sich weder aus ihrem Vortrag noch ist dies ansonsten ersichtlich. Zunächst ist schon nicht durch ein fachärztliches aktuelles Attest dargetan, dass die Antragstellerin wegen ihrer psychischen Erkrankung reiseunfähig ist und dieses Ausreisehindernis auf absehbare Zeit hin voraussichtlich fortbestehen wird; das letzte Attest des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. Rahman datiert vom 15.3.2013 und stellt lediglich zusammenfassend eine „deutliche Verschlechterung des psychischen Zustands“ fest, während das psychologisch-psychotherapeutische Attest vom 1.4.2014 nur eine Reiseunfähigkeit „aus psychologischer Sicht“ ausweist. Gleiches gilt für die Frage, inwieweit damit zu rechnen wäre, dass sich die gesundheitliche Situation der Antragstellerin erheblich durch eine – ärztlich begleitete(vgl. Planung für die am 20.3.2014 vorgesehene, vom Verwaltungsgericht untersagte Abschiebung, etwa Bl. 129 Ausländerakte) - Ausreise nach Schweden verschlechtern würde, wenn sie dort von einem Arzt in Empfang genommen würde, der das medizinisch Erforderliche veranlasste, und die in Deutschland abgebrochene psychologisch-psychotherapeutische Behandlung fortgesetzt werden könnte. Es ist zudem nicht substantiiert vorgetragen, inwiefern die nicht pflegebedürftige Antragstellerin auf die Lebenshilfe durch ihre deutsche Tochter angewiesen ist. Darüber hinaus geht weder aus dem Vortrag der Antragstellerin hervor noch ist aus den Verwaltungsunterlagen ersichtlich, warum es ihr – zumal mit Unterstützung ihrer beiden erwachsenen, in Schweden lebenden und sogar die schwedische Staatsangehörigkeit besitzenden Kinder – nicht möglich und zumutbar sein sollte, ihre aktuellen Gründe – etwa ihre gesundheitliche Situation -, die einer Abschiebung von Schweden in den Irak entgegenstehen, gemäß Kap. 12 §§ 18 und 19 des schwedischen Ausländergesetzes – wie von dem Liaisonbeamten des Bundesamtes mit der der Antragstellerin bekannten Mitteilung vom 24.3.2014 aufgezeigt – gegenüber den schwedischen Behörden – erforderlichenfalls unter Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes - geltend zu machen. Die Richtigkeit dieser Mitteilung wird durch den Hinweis auf die Auskunft des schwedischen Rote-Kreuz-Mitarbeiters vom 4.11.2013, dem die Erkrankung der Antragstellerin offensichtlich nicht bekannt ist und der daher keine Veranlassung hatte, sich zur Möglichkeit, neue Abschiebungshindernisse geltend zu machen, zu äußern, nicht in Abrede gestellt.

Die Beschwerde des Antragsgegners musste daher zur Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung führen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung auf die Hälfte des Regelwertes folgt aus den § 63 Abs. 2, 47, 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

(1) In Klageverfahren nach dem Asylgesetz beträgt der Gegenstandswert 5 000 Euro, in den Fällen des § 77 Absatz 4 Satz 1 des Asylgesetzes 10 000 Euro, in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 2 500 Euro. Sind mehrere natürliche Personen an demselben Verfahren beteiligt, erhöht sich der Wert für jede weitere Person in Klageverfahren um 1 000 Euro und in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes um 500 Euro.

(2) Ist der nach Absatz 1 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.

Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz können vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden.