Verwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 14. Jan. 2015 - 13 L 2812/14
Tenor
Der Antrag und der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe werden abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 18.101,60 Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2Der am 24. November 2014 sinngemäß bei Gericht gestellte Antrag,
3dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO vorläufig, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens (13 K 7772/14), zu verpflichten, keine Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen ihn einzuleiten,
4ist zulässig (I.), aber nicht begründet (II.).
5I. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Der vorläufige Rechtsschutz gegen die Einleitung der Vollstreckung einer öffentlich-rechtlichen Geldforderung richtet sich nicht über die Verweisung in den §§ 167 Absatz 1 und 173 Satz 1 VwGO nach § 769 Absatz 1 Zivilprozessordnung (ZPO), der seinerseits die Rechtshängigkeit einer Vollstreckungsgegenklage gemäß § 767 ZPO voraussetzt. Ein Rückgriff auf die zivilprozessualen Rechtsbehelfe in der Zwangsvollstreckung verbietet sich hier, weil sich die Vollstreckung von Verwaltungsakten nach den einschlägigen Verwaltungsvollstreckungsgesetzen des Bundes oder aber der Länder richtet und die Verwaltungsgerichtsordnung insoweit selbst ausreichenden Rechtsschutz bietet.
6Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Mecklenburg-Vorpommern (OVG Greifswald), Beschluss vom 11. Mai 2009 – 2 M 49/09 –, juris, Rn. 9 m.w.N.
7Vorläufiger Rechtsschutz nach §§ 123 Absatz 5, 80 Absatz 5 VwGO scheidet vorliegend aus, weil die Antragsgegnerin im Zwangsvollstreckungsverfahren keinen Verwaltungsakt erlassen hat. Ein solcher ist insbesondere nicht in der Vollstreckungsanordnung (Weisung) der Antragsgegnerin zu erblicken, gegen die sich der Antragsteller vorliegend wendet. Es entspricht allgemeiner Auffassung, dass die Anordnung der Vollstreckung ein lediglich innerbehördlicher Vorgang ist, der vom Vollstreckungsschuldner nicht angegriffen werden kann.
8Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 18. November 1960 – VII C 184.57 –, juris, Rn. 6 f.; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschlüsse vom 19. Februar 2013 – 12 A 461/12 –, juris, Rn. 8 m.w.N. und 25. Mai 2010 – 12 B 346/10 –, juris, Rn. 8 m.w.N.; OVG Greifswald, Beschluss vom 11. Mai 2009 – 2 M 49/09 –, juris, Rn. 9 m.w.N.;
9Anders sehe es nur dann aus, wenn sich der Antragsteller gegen einzelne – als Verwaltungsakt zu qualifizierende – Vollstreckungshandlungen der Vollstreckungsbehörde – namentlich des Hauptzollamts E. – wenden würde. Hiergegen wären Widerspruch und Anfechtungsklage statthaft; vorläufiger Rechtschutz würde sich daher nach § 80 Absatz 5 VwGO richten.
10OVG Greifswald, Beschluss vom 11. Mai 2009 – 2 M 49/09 –, juris, Rn. 10.
11Der Antragsteller wendet sich mit seinen Einwendungen indes gegen die Zulässigkeit der Vollstreckung im Allgemeinen, namentlich gegen die Einleitung der Vollstreckung durch die Anordnungsbehörde (sog. Vollstreckungsanordnung, vgl. § 3 Verwaltungs- Vollstreckungsgesetz – VwVG) und nicht gegen die Art und Weise der Vollstreckung.
12II. Der Antrag hat in der Sache keinen Erfolg. Gemäß § 123 Absatz 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) und die Notwendigkeit der einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind von dem Antragsteller glaubhaft zu machen (§ 123 Absatz 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Absatz 2, 294 ZPO).
13Der Antragsteller hat jedenfalls keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Denn es liegen alle Tatbestandsvoraussetzungen für die Vollstreckungsanordnung nach § 3 VwVG vor (1.). Die Antragsgegnerin hat auch das ihr eingeräumte Ermessen zur Einleitung der Vollstreckung gegen den Antragsteller fehlerfrei ausgeübt (2.).
141. Nach § 3 Absatz 2 VwVG sind die Voraussetzungen für die Einleitung der Vollstreckung der Leistungsbescheid, durch den der Vollstreckungsschuldner zur Leistung aufgefordert worden ist (a), die Fälligkeit der Leistung (b) und der Ablauf einer Frist von einer Woche seit Bekanntgabe des Leistungsbescheides oder, wenn die Leistung erst danach fällig wird, der Ablauf einer Frist von einer Woche nach Eintritt der Fälligkeit (c). Gemäß § 3 Absatz 3 VwVG soll der Vollstreckungsschuldner ferner vor der Anordnung der Vollziehung mit einer Zahlungsfrist von einer weiteren Woche besonders gemahnt werden (d).
15a) Ein Leistungsbescheid, durch den der Antragsteller zur Leistung aufgefordert worden ist, liegt in Form des Rückforderungsbescheides vom 26. März 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Dezember 2000 vor, worin die Antragsgegnerin vom Antragsteller für die Zeit vom 1. September 1994 bis zum 21. Dezember 1995 zu viel gezahlte Bezüge in Höhe von 64.647,63 DM zurückgefordert hat (Bl. 154 Heft 4 der Beiakten). Ob dieser Bescheid rechtmäßig ist, kann dahingestellt bleiben. Denn der Rückforderungsbescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides ist bestandskräftig, da der Antragsteller keinen Rechtsbehelf gegen den Widerspruchsbescheid vom 5. Dezember 2000 eingelegt hat. Bedenken gegen die Wirksamkeit des Rückforderungsbescheides in Gestalt des Widerspruchsbescheides bestehen nicht (vgl. § 43 Verwaltungsverfahrensgesetz – VwVfG), es sind insbesondere keine Gründe ersichtlich, die die Annahme der Nichtigkeit im Sinne von § 44 VwVfG begründen.
16b) Die von der Antragsgegnerin begehrte Leistung ist auch fällig im Sinne von § 3 Absatz 2 b) VwVG. Insoweit war der Antragsteller ausweislich des Widerspruchsbescheides vom 5. Dezember 2000 seit dem 1. Februar 2001 zur Rückzahlung des Rückforderungsbetrages in Höhe von 64.647,63 DM in monatlichen Tilgungsraten in Höhe von 100,00 DM verpflichtet. Durch die mit Bescheid vom 31. Oktober 2005 bzw. mit Bescheid vom 27. Oktober 2006 erfolgte Niederschlagung der Forderung bis zum 30. Juni 2006 bzw. 30. September 2009 wurde die Fälligkeit des Anspruchs der Antragsgegnerin – anders als bei einer Stundung – nicht hinausgeschoben. Mit der Niederschlagung wird lediglich – unbefristet oder wie hier geschehen befristet – von der Weiterverfolgung eines Anspruchs abgesehen (Ziffer 2.1 zu § 59 BHO der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zur Bundeshaushaltsordnung – AVV-BHO).
17c) Der in § 3 Absatz 2 c) VwVG vorgesehene Ablauf einer Frist von einer Woche nach Eintritt der Fälligkeit liegt ebenfalls vor.
18d) Schließlich wurde der Antragssteller vor der Anordnung der Vollstreckung mit einer Zahlungsfrist von einer weiteren Woche gemahnt. Eine Mahnung stellt die Wiederholung der Zahlungsaufforderung und die Androhung von Vollstreckungsmaßnahmen im Falle der Nichtzahlung dar.
19Vgl. Müller-Eiselt, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, § 259 AO, Rn. 5.
20Nach unbestrittenem Vortrag der Antragsgegnerin wurde der Antragsteller unter dem 31. März 2003 zur Zahlung aufgefordert und die Zwangsvollstreckung für den Fall der Nichtzahlung angedroht (Bl. 258 Heft 4 der Beiakten und Bl. 310 Heft 3 der Beiakten). Zudem forderte die Wehrbereichsverwaltung West den Antragsteller mit Schreiben vom 5. August 2003 auf, die Restforderung in Höhe von 36.518,19 Euro in monatlichen Raten in Höhe von 75,00 Euro ab dem 15. September 2003 zu tilgen (Bl. 211c Heft 4 der Beiakten). Für den Fall, dass der Antragsteller mit mehr als zwei Raten in Rückstand geraten sollte, kündigte die Wehrbereichsverwaltung West an, das Zwangsvollstreckungsverfahren einzuleiten. Im Übrigen war eine (weitere) Mahnung entbehrlich, da sich aus dem Bescheid vom 27. Oktober 2006 ergab, dass Vollstreckungsmaßnahmen nach Ablauf der befristeten Niederschlagung eingeleitet würden, sofern nicht die erneute Überprüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers eine weitere Niederschlagung erfordern würde.
212. Die Entscheidung für die Vollstreckungsanordnung steht im Ermessen der Anordnungsbehörde, die daneben auch die Stundung, die Niederschlagung oder den Erlass der Forderung in Betracht ziehen kann.
22Danker, in: Fehling/Kastner/Störmer, Nomos Kommentar Verwaltungsrecht, 3. Aufl. 2013, § 3 VwVG, Rn. 10; Engelhardt/App, VwVG/VwZG, 8. Aufl. 2008, § 3 VwVG, Rn. 10.
23Das Gericht vermag keine Ermessensfehler der Antragsgegnerin zu erkennen. Insbesondere bestehen keine Anhaltspunkte, dass die Antragsgegnerin die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder vom Ermessen überhaupt nicht bzw. in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hätte (vgl. § 114 Satz 1 VwGO).
24Hat der Vollstreckungsschuldner – wie vorliegend der Antragsteller – einen Erlassantrag gestellt, ist die Einleitung der Vollstreckung unbillig und damit ermessensfehlerhaft, wenn die Voraussetzungen für einen Erlass vorliegen und der vollstreckte Betrag daher unmittelbar nach dessen Beitreibung zurückgezahlt werden müsste. Die Einleitung der Vollstreckung kann auch dann unbillig sein, wenn mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit mit dem Erfolg des Erlassantrags zu rechnen ist und eine gleichwohl durchgeführte Vollstreckung über die eigentliche Zahlung hinausgehende, nicht oder nur schwer wieder gut zu machende Folgen hätte.
25Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht (OVG Lüneburg), Beschluss vom 1. April 2011 – 9 ME 216/10 –, juris, Rn. 5 m.w.N.
26Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
27Nach § 34 Absatz 1 Bundeshaushaltsordnung (BHO) ist die Antragsgegnerin verpflichtet, die ihr zustehenden Einnahmen rechtzeitig und vollständig zu erheben. Als Ausnahme von diesem Grundsatz lässt § 59 BHO unter bestimmten, eng auszulegenden Voraussetzungen die Stundung, die Niederschlagung bzw. – wie hier erstrebt – den Erlass eines Anspruchs zu. Unabhängig davon, ob § 59 BHO als eine innerrechtliche Regelung zu bewerten ist, die lediglich das Verhältnis der Staatsorgane zueinander regelt, oder ob sich aus § 59 BHO in Verbindung mit Artikel 3 Absatz 1 Grundgesetz (GG) und dem Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung zumindest ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung ergibt,
28vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15. Juli 2011 – 12 A 2106/10 –, juris, Rn. 2 m.w.N.; Verwaltungsgericht Köln, Urteil vom 18. April 2013 – 26 K 4790/11 –, S. 10 des Urteilsabdrucks, n.v.; Verwaltungsgericht München, Urteil vom 24. Juli 2008 – M 17 K 08.261 –, juris, Rn. 13 m.w.N.; Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 15. September 2000 – L 10 AL 236/98 –, juris, Rn. 25,
29hat die Beklagte ermessensfehlerfrei den beantragten Erlass abgelehnt.
30Gemäß § 59 Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 Bundeshaushaltsordnung (BHO) darf das zuständige Bundesministerium Ansprüche nur erlassen, wenn die Einziehung nach Lage des einzelnen Falles für den Anspruchsgegner eine besondere Härte bedeuten würde. Eine besondere Härte ist gemäß Ziffer 3.4 AVV-BHO zu § 59 BHO insbesondere anzunehmen, wenn sich der Anspruchsgegner in einer unverschuldeten wirtschaftlichen Notlage befindet und zu besorgen ist, dass die Weiterverfolgung des Anspruchs zu einer Existenzgefährdung führen würde. Für den Erlass ist ein besonderer Grad bzw. eine besondere Schwere der Härte zu fordern. Da der Erlass das Erlöschen des Anspruchs bedeutet und gegenüber der Stundung subsidiär ist, besteht im unbestimmten Rechtsbegriff der „besonderen Härte“ ein gradueller Unterschied zur „erheblichen Härte“ als Voraussetzung der Stundung nach § 59 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 BHO. Vor jeder Erlassentscheidung muss daher geprüft werden, ob nicht etwa über eine Stundung geholfen werden kann (vgl. Ziffer 3.2 AVV-BHO zu § 59). Die Erlassregelung ist eine eng auszulegende Ausnahmevorschrift, die nur auf unbedingte Ausnahmefälle beschränkt ist; denn mit ihm verzichtet die Kostenbehörde endgültige auf den Kostenanspruch. Die Vermögenslosigkeit des Schuldners allein reicht für sich nicht aus.
31Vgl. Verwaltungsgericht Würzburg, Gerichtsbescheid vom 27. Januar 2014 – W 6 K 13.1238, (vormals W 6 K 12.921) –, juris, Rn. 24 m.w.N.; Verwaltungsgericht München, Urteil vom 24. Juli 2008 – M 17 K 08.261 –, juris, Rn. 14 m.w.N.
32Dem Antragsteller ist bereits der Nachweis einer Existenzgefährdung nicht gelungen.
33Ausweislich der beiden vorgelegten Einkommensteuerbescheid 2012 und 2013 hat der Antragsteller ein Einkommen versteuert, das über dem sog. Existenzminimum,
34http://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Pressemitteilungen/Finanzpolitik/2012/11/2012-11-07-PM74-anlage.pdf?__blob=publicationFile&v=2,
35liegt. Ausweislich des Festsetzungsbescheides vom 28. Oktober 2014 erzielte der Antragsteller in dem Erhebungsjahr 2012 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 30.656 Euro und ein zu versteuerndes Einkommen in Höhe von 24.323 Euro (Bl. 9 ff. der Gerichtsakte). In dem Erhebungsjahr 2013 erzielte der Antragsteller Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 20.188 Euro und ein zu versteuerndes Einkommen in Höhe von 14.197 Euro (Bl. 14 ff. der Gerichtsakte). Auch den aktuellen Kontoauszügen des Antragstellers lässt sich nichts dafür entnehmen, dass ihm die Rückzahlung der Forderung der Antragsgegenerin nicht zumutbar ist. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Antragsgegnerin den Rückforderungsbetrag nicht auf einmal, sondern in monatlichen Raten in Höhe von 300,00 Euro zurückfordert. Es kommt entscheidend hinzu, dass ein Erlass regelmäßig die Begünstigung des einzelnen zu Lasten der Allgemeinheit darstellt und daher die Forderung besteht, dass sich der Betroffene Einschränkungen seines privaten Aufwands gefallen lassen muss. Dem Vollstreckungsschuldner muss daher grds. zugemutet werden, alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel, notfalls auch mit Hilfe von Kreditaufnahme und Ratenzahlungen oder auch den Angriff der eigenen Vermögenssubstanz, zur Begleichung seiner Schuld einzusetzen. Dass dies im Falle des Antragstellers, der über ein laufendes Einkommen verfügt und Miteigentümer eines Einfamilienhauses ist, nicht möglich ist, ist nicht hinreichend glaubhaft gemacht worden und auch sonst nicht ersichtlich.
36Vor dem Hintergrund der Subsidiarität des Erlasses durfte die Antragsgegnerin bei ihrer Ermessensentscheidung zudem berücksichtigen, dass eine zukünftige Verbesserung der wirtschaftlichen Situation des Antragstellers – selbst bei Berücksichtigung der Renteninformation der Deutschen Rentenversicherung vom 6. August 2014 –, etwa infolge Erbschaft, Schenkung oder eines sonstigen Vermögenserwerbs, nicht von vornherein ausgeschlossen ist.
37OVG NRW, Beschluss vom 24. Februar 2012 – 12 A 1255/11 –, juris, Rn. 7.
38Überdies fehlt der Nachweis, dass der Antragsteller unverschuldet eine wirtschaftliche Notlage geraten ist, so dass auch unter diesem Aspekt das Vorliegen eines Erlassgrundes in Form der „besonderen Härte“ abzulehnen ist.
39Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist abzulehnen, da die Rechtsverfolgung aus den genannten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO in Verbindung mit § 114 Absatz 1 Zivilprozessordnung – ZPO).
40Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Absatz 1 VwGO.
41Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Absatz 2 Nr. 1, 52 Absatz 3 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Dieser ist im Hinblick auf den vorläufigen Charakter des Rechtschutzes nach § 123 VwGO um die Hälfte zu reduzieren (vgl. Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 14. Jan. 2015 - 13 L 2812/14
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 14. Jan. 2015 - 13 L 2812/14
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Urteil einreichenVerwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 14. Jan. 2015 - 13 L 2812/14 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
(1) Das Prozessgericht kann auf Antrag anordnen, dass bis zum Erlass des Urteils über die in den §§ 767, 768 bezeichneten Einwendungen die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung eingestellt oder nur gegen Sicherheitsleistung fortgesetzt werde und dass Vollstreckungsmaßregeln gegen Sicherheitsleistung aufzuheben seien. Es setzt eine Sicherheitsleistung für die Einstellung der Zwangsvollstreckung nicht fest, wenn der Schuldner zur Sicherheitsleistung nicht in der Lage ist und die Rechtsverfolgung durch ihn hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Die tatsächlichen Behauptungen, die den Antrag begründen, sind glaubhaft zu machen.
(2) In dringenden Fällen kann das Vollstreckungsgericht eine solche Anordnung erlassen, unter Bestimmung einer Frist, innerhalb der die Entscheidung des Prozessgerichts beizubringen sei. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist wird die Zwangsvollstreckung fortgesetzt.
(3) Die Entscheidung über diese Anträge ergeht durch Beschluss.
(4) Im Fall der Anhängigkeit einer auf Herabsetzung gerichteten Abänderungsklage gelten die Absätze 1 bis 3 entsprechend.
(1) Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, sind von dem Schuldner im Wege der Klage bei dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges geltend zu machen.
(2) Sie sind nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, in der Einwendungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes spätestens hätten geltend gemacht werden müssen, entstanden sind und durch Einspruch nicht mehr geltend gemacht werden können.
(3) Der Schuldner muss in der von ihm zu erhebenden Klage alle Einwendungen geltend machen, die er zur Zeit der Erhebung der Klage geltend zu machen imstande war.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin - 3. Kammer - vom 11.02.2009 wird zurückgewiesen bzw. hinsichtlich des Hilfsantrags vom 15.04.2009 verworfen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird für beide Instanzen auf je 396.771,57 Euro festgesetzt; die erstinstanzliche Festsetzung wird von Amts wegen geändert.
Gründe
I.
- 1
Der Antragsteller wendet sich gegen die vom Antragsgegner angeordnete Fortsetzung der Zwangsvollstreckung aus seinem Widerrufs- und Rückforderungsbescheid vom 14.07.1998.
- 2
Die vom Antragsgegner eingeleitete, zunächst von der Landesbezirkskasse Schwerin und nachfolgend von der Landeszentralkasse Mecklenburg-Vorpommern (im Folgenden: LZK M-V) durchgeführte Zwangsvollstreckung aus dem vorgenannten Bescheid blieb im Wesentlichen erfolglos. In einem mit dem Antragsgegner Ende März 2005 geschlossenen Vertrag verpflichteten sich der Antragsteller und sein Vater zur Zahlung eines Vergleichsbetrags i.H.v. 500.000,- Euro, zahlbar in 10 Raten. Nach vollständiger Zahlung des genannten Betrags galt die Restforderung in Höhe von 1.278.869,94 Euro als erlassen.
- 3
Nachdem die LZK M-V Kenntnis davon erlangte, dass der Antragsteller Einkommenssteuererstattungen für die Veranlagungsjahre 2004 bis 2006 i.H.v. ca. 300.000,- Euro erhalten sollte, erließ sie als "Sicherungsmaßnahme" per 03.11.2008 ein vorläufiges Zahlungsverbot an das Finanzamt München III mit der Folge, dass die Steuerguthaben aus den Einkommensteuerbescheiden vom 04.11.2008 nicht zur Auszahlung gelangten. Die mit "Kündigung des von Ihnen geschlossenen Vergleichs" überschriebenen Schreiben des Antragsgegners wurden dem Antragsteller und seinem Vater am 25.11.2008 zugestellt. Sie waren mit der Mitteilung verbunden, dass der Antragsgegner die LZK M-V anweise, die ausgesetzte Vollstreckung wieder aufleben zu lassen. Auf den Inhalt der vorgenannten Schreiben wird im Übrigen Bezug genommen. Der Antragsteller forderte den Antragsgegner unter dem 27.11.2008 zur Abgabe der Erklärung auf, die im vorgenannten Schreiben angekündigte Pfändung fallen zu lassen und keine Pfändungsmaßnahmen zu ergreifen. Hierauf erhielt der Antragsteller keine Antwort. Die gegen ihn ausgesetzte Vollstreckung wurde auf Anordnung des Antragsgegners vom 01.12.2008 durch die LZK M-V fortgeführt, die daraufhin die beim Finanzamt München III am 04.12.2008 zugestellte Pfändungs- und Überweisungsverfügung erließ. Mit Schreiben vom 17.12.2008 teilte das Finanzamt der LZK M-V mit, dass die Pfändung vorläufig nicht anerkannt werde, weil sie für den Erlass eines vorläufigen Zahlungsverbots nicht zuständig sei und vor Zustellung der Pfändungs- und Überweisungsverfügung eine Abtretungsanzeige - Abtretung des Steuerguthabens an die Schwester des Antragstellers - eingegangen sei.
- 4
Bereits zuvor, und zwar mit einem beim Verwaltungsgericht Schwerin gestellten Eilantrag vom 11.12.2008 begehrte der Antragsteller Vollstreckungsschutz mit dem Ziel, die fortgeführte Vollstreckung aus dem Widerrufs- und Rückforderungsbescheid vom 14.07.1998 vorläufig für unzulässig zu erklären.
- 5
Mit Beschluss vom 11.02.2009 lehnte das Verwaltungsgericht Schwerin den Antrag ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, dass der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO zwar zulässig, aber unbegründet sei. Bereits das Vorliegen eines Anordnungsgrundes erscheine nicht zweifelsfrei, da im Falle der Abtretung der Steuererstattungsansprüche die Befriedigung der gesicherten Forderung nicht dringlich erscheine. Jedenfalls liege kein Anordnungsanspruch vor. Die Vollstreckung aus dem Widerrufs- und Rückforderungsbescheid sei zulässig, weil die Kündigung des Vergleichsvertrags nach summarischer Prüfung wirksam sei. Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 VwVfG M-V seien erfüllt. Die erzielten Einkünfte des Antragstellers sowohl vor als auch nach Abschluss des Vergleichsvertrags stellten eine wesentliche Änderung der Verhältnisse dar; die "unrichtigen" Angaben des Antragstellers im Vorfeld des Vergleichsabschlusses rechtfertigten vorliegend - als ultima ratio - die Kündigung durch den Antragsgegner. Der Streitwert betrage ein Viertel der in Rede stehenden Einkommensteuererstattungsansprüche.
- 6
Dagegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers.
II.
- 7
Die gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 11.02.2009 eingelegte Beschwerde ist im Hauptantrag zulässig, aber nach Maßgabe des Beschwerdevorbringens, auf dessen Prüfung das Oberverwaltungsgericht M-V gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, unbegründet.
- 8
Das Verwaltungsgericht Schwerin hat im Ergebnis zu Recht - wenngleich ohne nähere Begründung - das gegen den Antragsgegner gerichtete vorläufige Rechtschutzersuchen des Antragstellers nach § 123 VwGO als zulässig angesehen.
- 9
Bei sachgerechter Auslegung seines vorläufigen Rechtsschutzersuchens begehrt der Antragsteller Vollstreckungsabwehr im Rahmen eines Verfahrens nach § 123 VwGO. Der vorläufige Rechtsschutz gegen die auf einer Vollstreckungsanordnung beruhende Vollstreckung einer öffentlich-rechtlichen Geldforderung richtet sich vorliegend nicht über die Verweisung in den § 167 Abs. 1 und § 173 Satz 1 VwGO nach § 769 Abs. 1 ZPO, der seinerseits die Rechtshängigkeit einer Vollstreckungsgegenklage gemäß § 767 ZPO voraussetzt. Ein Rückgriff auf die zivilprozessualen Rechtsbehelfe in der Zwangsvollstreckung verbietet sich hier, weil sich die Vollstreckung von Verwaltungsakten nach den einschlägigen Verwaltungsvollstreckungsgesetzen des Bundes oder aber der Länder richtet und die Verwaltungsgerichtsordnung insoweit selbst ausreichenden Rechtsschutz bietet (vgl. hierzu OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 11.02.2008 - 9 S 38.07 -; BayVGH, Beschl. v. 04.05.1994 - 23 CS 94.913 -; HessVGH, Beschl. v. 21.11.1991 - 3 TG 2364/91 -, jeweils zit. nach juris; Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 167 Rdn. 14 ff.). Demgegenüber scheidet vorläufiger Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO vorliegend aus, weil der Antragsgegner im Zwangsvollstreckungsverfahren keinen Verwaltungsakt erlassen hat. Ein solcher ist insbesondere nicht in der Vollstreckungsanordnung (Weisung) des Antragsgegners, die Vollstreckung fortzuführen, zu erblicken. Es entspricht allgemeiner Auffassung, dass die Anordnung der Vollstreckung ein lediglich innerbehördlicher Vorgang ist, der vom Vollstreckungsschuldner nicht angegriffen werden kann (vgl. BayVerfGH, Beschl. v. 12.10.1999 - Vf 5-VI-98 -, NVwZ-RR 2000, 194 m.w.N.; Engelhart/App, VwVfG und VwZG, 6. Aufl., § 3 Rdn. 9). Nichts anderes hat für die Anordnung der Fortsetzung der Vollstreckung zu gelten, wenn die Vollstreckung zuvor aufgrund eines Vergleichsabschlusses ausgesetzt worden ist. Die Pfändungs- und Überweisungsverfügung ist nicht vom Antragsgegner, sondern von der hier nicht am Verfahren beteiligten LZK M-V erlassen worden.
- 10
Damit ist freilich nichts für die Frage gewonnen, ob der Antrag richtigerweise - wie geschehen - gegen den Antragsgegner oder aber gegen die LZK M-V zu richten ist, die das Vollstreckungsverfahren betreibt. Die Beantwortung dieser Frage hängt von der Rechtsnatur der erhobenen Einwendungen ab. Dabei kommt es maßgeblich darauf an, ob sich der Vollstreckungsschuldner mit seinen Einwendungen gegen die Zulässigkeit der (hier: fortgeführten) Vollstreckung im Allgemeinen oder aber gegen die Art und Weise der Vollstreckung richtet, also konkrete Vollstreckungshandlungen rechtlich beanstandet. Diese Differenzierung beruht auf folgenden Erwägungen: Mit der Vollstreckungsanordnung übernimmt die Anordnungsbehörde die Verantwortung dafür, dass die Vollstreckungsvoraussetzungen gemäß § 111 Abs. 1 VwVfG M-V i.V.m. § 3 Abs. 2 und 3 VwVfG gegeben sind. Anordnungsbehörde ist gemäß § 111 Abs. 1 VwVfG M-V i.V.m. § 3 Abs. 4 VwVfG der Antragsgegner. Demgegenüber ist die Vollstreckungsbehörde für die von ihr erlassenen Vollstreckungshandlungen verantwortlich. Die Zuständigkeit der LZK M-V als Vollstreckungsbehörde ergibt sich aus § 111 Abs. 2 Satz 1 VwVfG M-V iVm. § 1 Nr. 1 Buchst. a) Vollstreckungszuständigkeits- und Kostenlandesverordnung - VollstrZustKLVO M-V -. Die gesetzliche Verantwortlichkeitsverteilung zwischen Anordnungs- und Vollstreckungsbehörde bestimmt mit Blick auf die vom Vollstreckungsschuldner erhobenen Einwendungen den richtigen Antragsgegner. Materiell-rechtliche Einwendungen des Vollstreckungsschuldners, die sich gegen den Bestand der zu vollstreckenden Forderung oder aber gegen deren Vollstreckbarkeit richten, sind nach § 111 Abs. 1 Satz 1 VwVfG M-V i.V.m. § 5 Abs. 1 VwVfG und § 256 AO bei der Anordnungsbehörde durch Antrag auf Einstellung der Vollstreckung geltend zu machen, der im Falle seiner Ablehnung durch die Anordnungsbehörde und nach erfolglosem Widerspruchsverfahren mit der Verpflichtungsklage im Hauptsacheverfahren weiterverfolgt werden kann (vgl. BayVerfGH a.a.O.; Kopp/Schenke a.a.O., § 167 Rdn. 16). Vorläufiger Rechtsschutz gegen die Anordnungsbehörde bestimmt sich nach § 123 VwGO. Soweit es sich bei den einzelnen Vollstreckungshandlungen der Vollstreckungsbehörde um Verwaltungsakte handelt, sind dagegen der Widerspruch und die Anfechtungsklage gegeben. Vorläufiger Rechtsschutz gegen die Vollstreckungsbehörde richtet sich dann nach § 80 Abs. 5 VwGO; gemäß § 111 Abs. 6 VwVfG M-V haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Vollstreckungsmaßnahmen der Vollstreckungsbehörde keine aufschiebende Wirkung.
- 11
Hiervon ausgehend ist der Vollstreckungsschutzantrag zutreffend gegen den Antragsgegner gerichtet worden, weil der Antragsteller die Zulässigkeit der (fortgeführten) Zwangsvollstreckung aus dem Widerrufs- und Rückforderungsbescheid des Antragsgegners schlechthin mit seinen Einwendungen angreift. Der Antrag ist auch nicht deswegen unzulässig, weil der Antragsteller keine Hauptsacheklage erhoben hat, wie sich aus § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO ergibt. Denn der Vollstreckungsschutzantrag nach § 123 VwGO kann - anders als bei § 769 ZPO - auch schon vor Klageerhebung gestellt werden. Unzulässig wäre der gerichtliche Antrag nur dann gewesen, wenn der Antragsteller nicht zuvor einen Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung beim Antragsgegner gestellt hätte. Dies ist jedoch geschehen, weil das Schreiben des Antragstellers vom 27.11.2008 so auszulegen ist.
- 12
Der Antragsteller hat aber in der Sache keinen Anspruch auf die begehrte einstweilige Regelungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO (vgl. hierzu BayVGH, Beschl. v. 04.05.1994, a.a.O.), weil es jedenfalls an einem Anordnungsgrund fehlt.
- 13
Eine Regelungsanordnung kann nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO erlassen werden, wenn dies zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
- 14
Der Antragsteller muss glaubhaft machen, dass ihm ohne die Regelungsanordnung unzumutbare Nachteile entstehen, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre. So kann der Anordnungsgrund etwa zu bejahen sein, wenn existentielle wirtschaftliche Interessen des Antragstellers auf dem Spiel stehen. Allerdings dürfen seine Interessen nicht isoliert betrachtet werden; so ist auch zu berücksichtigen, inwieweit sich die angestrebte Regelung nachteilig auf berechtigte Interessen des Antragsgegners auswirkt (vgl. Beschl. des Senats vom 04.05.2009 - 2 M 77/09 -).
- 15
Die vom Antragsteller mit der Beschwerdebegründung angeführten Gründe lassen nicht erkennen, dass der Erlass einer einstweiligen Anordnung nach den beschriebenen Maßstäben dringend notwendig ist.
- 16
Dabei geht der Senat zunächst davon aus, dass wenn die einstweilige Anordnung nicht erlassen wird, sich im Hauptsacheverfahren aber herausstellt, dass die Vollstreckung rechtswidrig war, der Antragsgegner in der Lage sein wird, das zu Unrecht Erlangte herauszugeben. Im umgekehrten Fall, d.h. wenn die Vollstreckung jetzt verhindert würde, sich aber im Hauptsacheverfahren ergäbe, dass dem Antragsgegner die geltend gemachte Forderung zusteht, zweifelhaft erscheint, ob dann die Befriedigung seiner Ansprüche tatsächlich noch möglich wäre.
- 17
Der Antragsteller beruft sich allein auf die angebliche Nichterfüllung von Verpflichtungen gegenüber seinen Gläubigern im Zusammenhang mit der von der LZK M-V erfolgten Pfändung der Steuererstattungsansprüche. Die Dringlichkeit der begehrten einstweiligen Regelungsanordnung vermag der Senat anhand der vom Antragsteller hierzu vorgebrachten Gründe nicht festzustellen. Er räumt selbst ein, dass die Steuererstattungsansprüche vor der Pfändung an seine Schwester abgetreten worden sind, er also nach seinem eigenen Vortrag nicht mehr Inhaber der in Rede stehenden Ansprüche ist. Mit dem Übergang der Steuererstattungsansprüche auf seine Schwester wird er von ihr (weitere) finanzielle Mittel erhalten, wie sich aus der eidesstattlichen Versicherung der Schwester vom 14.03.2009 ergibt. Sollten die Steuerguthaben an die Schwester nicht ausgezahlt werden, hätte sie die Möglichkeit, gegen die Pfändung Rechtsbehelfe einzulegen. Soweit gegen den Antragsteller Steuernachforderungen bestehen, wurde ihm nach seinem eigenen Vortrag die Aussetzung der vorläufigen Vollziehung gewährt. Der Hinweis auf die (geschuldete) Vergleichsrate geht schon deswegen fehl, weil ggf. das gepfändete Guthaben mit der Rate zu verrechnen wäre, er ansonsten die geschuldete Rate als Darlehen von seiner Schwester erhalten wird. Sämtliche von dem Antragsteller vorgebrachten Einwendungen laufen somit ins Leere; eine besondere Dringlichkeit für den begehrten Erlass einer einstweiligen Anordnung ist somit nicht festzustellen.
- 18
Ob eine andere Beurteilung geboten wäre, wenn der Anordnungsanspruch offensichtlich zu bejahen wäre, bedarf keiner näheren Erörterung, da der Fall so nicht liegt. Das Verwaltungsgericht hat den Anordnungsanspruch verneint. Das Beschwerdevorbringen lässt nicht erkennen, dass dies offensichtlich falsch wäre.
- 19
Aus den o.g. Gründen kann auch dem Hilfsantrag zu 2. nicht entsprochen werden, der ohnedies als ein minus im Hauptantrag enthalten ist.
- 20
Demgegenüber ist der Hilfsantrag vom 15.04.2009 als unzulässig zu verwerfen, weil er erst nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist gestellt worden ist und im Übrigen eine unzulässige Antragserweiterung im Beschwerdeverfahren gegen den falschen Antragsgegner darstellt. Das Beschwerdegericht ist regelmäßig (nur) zur Überprüfung der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung berufen (vgl. nur HessVGH, Beschl. v. 09.01.2008 - 1 TG 2464/07 - m.w.N.., zit. nach juris).
- 21
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
- 22
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 GKG. Der Senat folgt dem Verwaltungsgericht, soweit es hinsichtlich der Höhe der Streitwertfestsetzung auf Ziff. 1.6.1 2. Halbs. des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom 07./08.07.2004 (vgl. DVBl. 2004, 1525 ff.) abstellt. Der Hauptsachestreitwert ergibt sich vorliegend jedoch nicht aus der Höhe der gepfändeten Einkommensteuererstattungsansprüche des Antragstellers, sondern aus der Höhe der im Zwangsvollstreckungsverfahren beizutreibenden (noch offenen) Forderung. Diese beläuft sich aber auf insgesamt 1.587.086,32 Euro. Ein Viertel dieses Betrags ergibt sonach den Streitwert des vorliegenden Rechtsschutzverfahrens. Eine weitere Reduzierung des Streitwertes mit Blick auf das vorläufige Rechtsschutzverfahren bzw. eine Streitwerterhöhung (vgl. § 45 Abs. 1 Satz 2 und 3 GKG) kommt nicht in Betracht. Die Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung basiert auf § 63 Abs. 3 GKG.
- 23
Der Beschluss ist unanfechtbar.
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin - 3. Kammer - vom 11.02.2009 wird zurückgewiesen bzw. hinsichtlich des Hilfsantrags vom 15.04.2009 verworfen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird für beide Instanzen auf je 396.771,57 Euro festgesetzt; die erstinstanzliche Festsetzung wird von Amts wegen geändert.
Gründe
I.
- 1
Der Antragsteller wendet sich gegen die vom Antragsgegner angeordnete Fortsetzung der Zwangsvollstreckung aus seinem Widerrufs- und Rückforderungsbescheid vom 14.07.1998.
- 2
Die vom Antragsgegner eingeleitete, zunächst von der Landesbezirkskasse Schwerin und nachfolgend von der Landeszentralkasse Mecklenburg-Vorpommern (im Folgenden: LZK M-V) durchgeführte Zwangsvollstreckung aus dem vorgenannten Bescheid blieb im Wesentlichen erfolglos. In einem mit dem Antragsgegner Ende März 2005 geschlossenen Vertrag verpflichteten sich der Antragsteller und sein Vater zur Zahlung eines Vergleichsbetrags i.H.v. 500.000,- Euro, zahlbar in 10 Raten. Nach vollständiger Zahlung des genannten Betrags galt die Restforderung in Höhe von 1.278.869,94 Euro als erlassen.
- 3
Nachdem die LZK M-V Kenntnis davon erlangte, dass der Antragsteller Einkommenssteuererstattungen für die Veranlagungsjahre 2004 bis 2006 i.H.v. ca. 300.000,- Euro erhalten sollte, erließ sie als "Sicherungsmaßnahme" per 03.11.2008 ein vorläufiges Zahlungsverbot an das Finanzamt München III mit der Folge, dass die Steuerguthaben aus den Einkommensteuerbescheiden vom 04.11.2008 nicht zur Auszahlung gelangten. Die mit "Kündigung des von Ihnen geschlossenen Vergleichs" überschriebenen Schreiben des Antragsgegners wurden dem Antragsteller und seinem Vater am 25.11.2008 zugestellt. Sie waren mit der Mitteilung verbunden, dass der Antragsgegner die LZK M-V anweise, die ausgesetzte Vollstreckung wieder aufleben zu lassen. Auf den Inhalt der vorgenannten Schreiben wird im Übrigen Bezug genommen. Der Antragsteller forderte den Antragsgegner unter dem 27.11.2008 zur Abgabe der Erklärung auf, die im vorgenannten Schreiben angekündigte Pfändung fallen zu lassen und keine Pfändungsmaßnahmen zu ergreifen. Hierauf erhielt der Antragsteller keine Antwort. Die gegen ihn ausgesetzte Vollstreckung wurde auf Anordnung des Antragsgegners vom 01.12.2008 durch die LZK M-V fortgeführt, die daraufhin die beim Finanzamt München III am 04.12.2008 zugestellte Pfändungs- und Überweisungsverfügung erließ. Mit Schreiben vom 17.12.2008 teilte das Finanzamt der LZK M-V mit, dass die Pfändung vorläufig nicht anerkannt werde, weil sie für den Erlass eines vorläufigen Zahlungsverbots nicht zuständig sei und vor Zustellung der Pfändungs- und Überweisungsverfügung eine Abtretungsanzeige - Abtretung des Steuerguthabens an die Schwester des Antragstellers - eingegangen sei.
- 4
Bereits zuvor, und zwar mit einem beim Verwaltungsgericht Schwerin gestellten Eilantrag vom 11.12.2008 begehrte der Antragsteller Vollstreckungsschutz mit dem Ziel, die fortgeführte Vollstreckung aus dem Widerrufs- und Rückforderungsbescheid vom 14.07.1998 vorläufig für unzulässig zu erklären.
- 5
Mit Beschluss vom 11.02.2009 lehnte das Verwaltungsgericht Schwerin den Antrag ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, dass der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO zwar zulässig, aber unbegründet sei. Bereits das Vorliegen eines Anordnungsgrundes erscheine nicht zweifelsfrei, da im Falle der Abtretung der Steuererstattungsansprüche die Befriedigung der gesicherten Forderung nicht dringlich erscheine. Jedenfalls liege kein Anordnungsanspruch vor. Die Vollstreckung aus dem Widerrufs- und Rückforderungsbescheid sei zulässig, weil die Kündigung des Vergleichsvertrags nach summarischer Prüfung wirksam sei. Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 VwVfG M-V seien erfüllt. Die erzielten Einkünfte des Antragstellers sowohl vor als auch nach Abschluss des Vergleichsvertrags stellten eine wesentliche Änderung der Verhältnisse dar; die "unrichtigen" Angaben des Antragstellers im Vorfeld des Vergleichsabschlusses rechtfertigten vorliegend - als ultima ratio - die Kündigung durch den Antragsgegner. Der Streitwert betrage ein Viertel der in Rede stehenden Einkommensteuererstattungsansprüche.
- 6
Dagegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers.
II.
- 7
Die gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 11.02.2009 eingelegte Beschwerde ist im Hauptantrag zulässig, aber nach Maßgabe des Beschwerdevorbringens, auf dessen Prüfung das Oberverwaltungsgericht M-V gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, unbegründet.
- 8
Das Verwaltungsgericht Schwerin hat im Ergebnis zu Recht - wenngleich ohne nähere Begründung - das gegen den Antragsgegner gerichtete vorläufige Rechtschutzersuchen des Antragstellers nach § 123 VwGO als zulässig angesehen.
- 9
Bei sachgerechter Auslegung seines vorläufigen Rechtsschutzersuchens begehrt der Antragsteller Vollstreckungsabwehr im Rahmen eines Verfahrens nach § 123 VwGO. Der vorläufige Rechtsschutz gegen die auf einer Vollstreckungsanordnung beruhende Vollstreckung einer öffentlich-rechtlichen Geldforderung richtet sich vorliegend nicht über die Verweisung in den § 167 Abs. 1 und § 173 Satz 1 VwGO nach § 769 Abs. 1 ZPO, der seinerseits die Rechtshängigkeit einer Vollstreckungsgegenklage gemäß § 767 ZPO voraussetzt. Ein Rückgriff auf die zivilprozessualen Rechtsbehelfe in der Zwangsvollstreckung verbietet sich hier, weil sich die Vollstreckung von Verwaltungsakten nach den einschlägigen Verwaltungsvollstreckungsgesetzen des Bundes oder aber der Länder richtet und die Verwaltungsgerichtsordnung insoweit selbst ausreichenden Rechtsschutz bietet (vgl. hierzu OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 11.02.2008 - 9 S 38.07 -; BayVGH, Beschl. v. 04.05.1994 - 23 CS 94.913 -; HessVGH, Beschl. v. 21.11.1991 - 3 TG 2364/91 -, jeweils zit. nach juris; Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 167 Rdn. 14 ff.). Demgegenüber scheidet vorläufiger Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO vorliegend aus, weil der Antragsgegner im Zwangsvollstreckungsverfahren keinen Verwaltungsakt erlassen hat. Ein solcher ist insbesondere nicht in der Vollstreckungsanordnung (Weisung) des Antragsgegners, die Vollstreckung fortzuführen, zu erblicken. Es entspricht allgemeiner Auffassung, dass die Anordnung der Vollstreckung ein lediglich innerbehördlicher Vorgang ist, der vom Vollstreckungsschuldner nicht angegriffen werden kann (vgl. BayVerfGH, Beschl. v. 12.10.1999 - Vf 5-VI-98 -, NVwZ-RR 2000, 194 m.w.N.; Engelhart/App, VwVfG und VwZG, 6. Aufl., § 3 Rdn. 9). Nichts anderes hat für die Anordnung der Fortsetzung der Vollstreckung zu gelten, wenn die Vollstreckung zuvor aufgrund eines Vergleichsabschlusses ausgesetzt worden ist. Die Pfändungs- und Überweisungsverfügung ist nicht vom Antragsgegner, sondern von der hier nicht am Verfahren beteiligten LZK M-V erlassen worden.
- 10
Damit ist freilich nichts für die Frage gewonnen, ob der Antrag richtigerweise - wie geschehen - gegen den Antragsgegner oder aber gegen die LZK M-V zu richten ist, die das Vollstreckungsverfahren betreibt. Die Beantwortung dieser Frage hängt von der Rechtsnatur der erhobenen Einwendungen ab. Dabei kommt es maßgeblich darauf an, ob sich der Vollstreckungsschuldner mit seinen Einwendungen gegen die Zulässigkeit der (hier: fortgeführten) Vollstreckung im Allgemeinen oder aber gegen die Art und Weise der Vollstreckung richtet, also konkrete Vollstreckungshandlungen rechtlich beanstandet. Diese Differenzierung beruht auf folgenden Erwägungen: Mit der Vollstreckungsanordnung übernimmt die Anordnungsbehörde die Verantwortung dafür, dass die Vollstreckungsvoraussetzungen gemäß § 111 Abs. 1 VwVfG M-V i.V.m. § 3 Abs. 2 und 3 VwVfG gegeben sind. Anordnungsbehörde ist gemäß § 111 Abs. 1 VwVfG M-V i.V.m. § 3 Abs. 4 VwVfG der Antragsgegner. Demgegenüber ist die Vollstreckungsbehörde für die von ihr erlassenen Vollstreckungshandlungen verantwortlich. Die Zuständigkeit der LZK M-V als Vollstreckungsbehörde ergibt sich aus § 111 Abs. 2 Satz 1 VwVfG M-V iVm. § 1 Nr. 1 Buchst. a) Vollstreckungszuständigkeits- und Kostenlandesverordnung - VollstrZustKLVO M-V -. Die gesetzliche Verantwortlichkeitsverteilung zwischen Anordnungs- und Vollstreckungsbehörde bestimmt mit Blick auf die vom Vollstreckungsschuldner erhobenen Einwendungen den richtigen Antragsgegner. Materiell-rechtliche Einwendungen des Vollstreckungsschuldners, die sich gegen den Bestand der zu vollstreckenden Forderung oder aber gegen deren Vollstreckbarkeit richten, sind nach § 111 Abs. 1 Satz 1 VwVfG M-V i.V.m. § 5 Abs. 1 VwVfG und § 256 AO bei der Anordnungsbehörde durch Antrag auf Einstellung der Vollstreckung geltend zu machen, der im Falle seiner Ablehnung durch die Anordnungsbehörde und nach erfolglosem Widerspruchsverfahren mit der Verpflichtungsklage im Hauptsacheverfahren weiterverfolgt werden kann (vgl. BayVerfGH a.a.O.; Kopp/Schenke a.a.O., § 167 Rdn. 16). Vorläufiger Rechtsschutz gegen die Anordnungsbehörde bestimmt sich nach § 123 VwGO. Soweit es sich bei den einzelnen Vollstreckungshandlungen der Vollstreckungsbehörde um Verwaltungsakte handelt, sind dagegen der Widerspruch und die Anfechtungsklage gegeben. Vorläufiger Rechtsschutz gegen die Vollstreckungsbehörde richtet sich dann nach § 80 Abs. 5 VwGO; gemäß § 111 Abs. 6 VwVfG M-V haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Vollstreckungsmaßnahmen der Vollstreckungsbehörde keine aufschiebende Wirkung.
- 11
Hiervon ausgehend ist der Vollstreckungsschutzantrag zutreffend gegen den Antragsgegner gerichtet worden, weil der Antragsteller die Zulässigkeit der (fortgeführten) Zwangsvollstreckung aus dem Widerrufs- und Rückforderungsbescheid des Antragsgegners schlechthin mit seinen Einwendungen angreift. Der Antrag ist auch nicht deswegen unzulässig, weil der Antragsteller keine Hauptsacheklage erhoben hat, wie sich aus § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO ergibt. Denn der Vollstreckungsschutzantrag nach § 123 VwGO kann - anders als bei § 769 ZPO - auch schon vor Klageerhebung gestellt werden. Unzulässig wäre der gerichtliche Antrag nur dann gewesen, wenn der Antragsteller nicht zuvor einen Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung beim Antragsgegner gestellt hätte. Dies ist jedoch geschehen, weil das Schreiben des Antragstellers vom 27.11.2008 so auszulegen ist.
- 12
Der Antragsteller hat aber in der Sache keinen Anspruch auf die begehrte einstweilige Regelungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO (vgl. hierzu BayVGH, Beschl. v. 04.05.1994, a.a.O.), weil es jedenfalls an einem Anordnungsgrund fehlt.
- 13
Eine Regelungsanordnung kann nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO erlassen werden, wenn dies zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
- 14
Der Antragsteller muss glaubhaft machen, dass ihm ohne die Regelungsanordnung unzumutbare Nachteile entstehen, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre. So kann der Anordnungsgrund etwa zu bejahen sein, wenn existentielle wirtschaftliche Interessen des Antragstellers auf dem Spiel stehen. Allerdings dürfen seine Interessen nicht isoliert betrachtet werden; so ist auch zu berücksichtigen, inwieweit sich die angestrebte Regelung nachteilig auf berechtigte Interessen des Antragsgegners auswirkt (vgl. Beschl. des Senats vom 04.05.2009 - 2 M 77/09 -).
- 15
Die vom Antragsteller mit der Beschwerdebegründung angeführten Gründe lassen nicht erkennen, dass der Erlass einer einstweiligen Anordnung nach den beschriebenen Maßstäben dringend notwendig ist.
- 16
Dabei geht der Senat zunächst davon aus, dass wenn die einstweilige Anordnung nicht erlassen wird, sich im Hauptsacheverfahren aber herausstellt, dass die Vollstreckung rechtswidrig war, der Antragsgegner in der Lage sein wird, das zu Unrecht Erlangte herauszugeben. Im umgekehrten Fall, d.h. wenn die Vollstreckung jetzt verhindert würde, sich aber im Hauptsacheverfahren ergäbe, dass dem Antragsgegner die geltend gemachte Forderung zusteht, zweifelhaft erscheint, ob dann die Befriedigung seiner Ansprüche tatsächlich noch möglich wäre.
- 17
Der Antragsteller beruft sich allein auf die angebliche Nichterfüllung von Verpflichtungen gegenüber seinen Gläubigern im Zusammenhang mit der von der LZK M-V erfolgten Pfändung der Steuererstattungsansprüche. Die Dringlichkeit der begehrten einstweiligen Regelungsanordnung vermag der Senat anhand der vom Antragsteller hierzu vorgebrachten Gründe nicht festzustellen. Er räumt selbst ein, dass die Steuererstattungsansprüche vor der Pfändung an seine Schwester abgetreten worden sind, er also nach seinem eigenen Vortrag nicht mehr Inhaber der in Rede stehenden Ansprüche ist. Mit dem Übergang der Steuererstattungsansprüche auf seine Schwester wird er von ihr (weitere) finanzielle Mittel erhalten, wie sich aus der eidesstattlichen Versicherung der Schwester vom 14.03.2009 ergibt. Sollten die Steuerguthaben an die Schwester nicht ausgezahlt werden, hätte sie die Möglichkeit, gegen die Pfändung Rechtsbehelfe einzulegen. Soweit gegen den Antragsteller Steuernachforderungen bestehen, wurde ihm nach seinem eigenen Vortrag die Aussetzung der vorläufigen Vollziehung gewährt. Der Hinweis auf die (geschuldete) Vergleichsrate geht schon deswegen fehl, weil ggf. das gepfändete Guthaben mit der Rate zu verrechnen wäre, er ansonsten die geschuldete Rate als Darlehen von seiner Schwester erhalten wird. Sämtliche von dem Antragsteller vorgebrachten Einwendungen laufen somit ins Leere; eine besondere Dringlichkeit für den begehrten Erlass einer einstweiligen Anordnung ist somit nicht festzustellen.
- 18
Ob eine andere Beurteilung geboten wäre, wenn der Anordnungsanspruch offensichtlich zu bejahen wäre, bedarf keiner näheren Erörterung, da der Fall so nicht liegt. Das Verwaltungsgericht hat den Anordnungsanspruch verneint. Das Beschwerdevorbringen lässt nicht erkennen, dass dies offensichtlich falsch wäre.
- 19
Aus den o.g. Gründen kann auch dem Hilfsantrag zu 2. nicht entsprochen werden, der ohnedies als ein minus im Hauptantrag enthalten ist.
- 20
Demgegenüber ist der Hilfsantrag vom 15.04.2009 als unzulässig zu verwerfen, weil er erst nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist gestellt worden ist und im Übrigen eine unzulässige Antragserweiterung im Beschwerdeverfahren gegen den falschen Antragsgegner darstellt. Das Beschwerdegericht ist regelmäßig (nur) zur Überprüfung der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung berufen (vgl. nur HessVGH, Beschl. v. 09.01.2008 - 1 TG 2464/07 - m.w.N.., zit. nach juris).
- 21
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
- 22
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 GKG. Der Senat folgt dem Verwaltungsgericht, soweit es hinsichtlich der Höhe der Streitwertfestsetzung auf Ziff. 1.6.1 2. Halbs. des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom 07./08.07.2004 (vgl. DVBl. 2004, 1525 ff.) abstellt. Der Hauptsachestreitwert ergibt sich vorliegend jedoch nicht aus der Höhe der gepfändeten Einkommensteuererstattungsansprüche des Antragstellers, sondern aus der Höhe der im Zwangsvollstreckungsverfahren beizutreibenden (noch offenen) Forderung. Diese beläuft sich aber auf insgesamt 1.587.086,32 Euro. Ein Viertel dieses Betrags ergibt sonach den Streitwert des vorliegenden Rechtsschutzverfahrens. Eine weitere Reduzierung des Streitwertes mit Blick auf das vorläufige Rechtsschutzverfahren bzw. eine Streitwerterhöhung (vgl. § 45 Abs. 1 Satz 2 und 3 GKG) kommt nicht in Betracht. Die Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung basiert auf § 63 Abs. 3 GKG.
- 23
Der Beschluss ist unanfechtbar.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin - 3. Kammer - vom 11.02.2009 wird zurückgewiesen bzw. hinsichtlich des Hilfsantrags vom 15.04.2009 verworfen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird für beide Instanzen auf je 396.771,57 Euro festgesetzt; die erstinstanzliche Festsetzung wird von Amts wegen geändert.
Gründe
I.
- 1
Der Antragsteller wendet sich gegen die vom Antragsgegner angeordnete Fortsetzung der Zwangsvollstreckung aus seinem Widerrufs- und Rückforderungsbescheid vom 14.07.1998.
- 2
Die vom Antragsgegner eingeleitete, zunächst von der Landesbezirkskasse Schwerin und nachfolgend von der Landeszentralkasse Mecklenburg-Vorpommern (im Folgenden: LZK M-V) durchgeführte Zwangsvollstreckung aus dem vorgenannten Bescheid blieb im Wesentlichen erfolglos. In einem mit dem Antragsgegner Ende März 2005 geschlossenen Vertrag verpflichteten sich der Antragsteller und sein Vater zur Zahlung eines Vergleichsbetrags i.H.v. 500.000,- Euro, zahlbar in 10 Raten. Nach vollständiger Zahlung des genannten Betrags galt die Restforderung in Höhe von 1.278.869,94 Euro als erlassen.
- 3
Nachdem die LZK M-V Kenntnis davon erlangte, dass der Antragsteller Einkommenssteuererstattungen für die Veranlagungsjahre 2004 bis 2006 i.H.v. ca. 300.000,- Euro erhalten sollte, erließ sie als "Sicherungsmaßnahme" per 03.11.2008 ein vorläufiges Zahlungsverbot an das Finanzamt München III mit der Folge, dass die Steuerguthaben aus den Einkommensteuerbescheiden vom 04.11.2008 nicht zur Auszahlung gelangten. Die mit "Kündigung des von Ihnen geschlossenen Vergleichs" überschriebenen Schreiben des Antragsgegners wurden dem Antragsteller und seinem Vater am 25.11.2008 zugestellt. Sie waren mit der Mitteilung verbunden, dass der Antragsgegner die LZK M-V anweise, die ausgesetzte Vollstreckung wieder aufleben zu lassen. Auf den Inhalt der vorgenannten Schreiben wird im Übrigen Bezug genommen. Der Antragsteller forderte den Antragsgegner unter dem 27.11.2008 zur Abgabe der Erklärung auf, die im vorgenannten Schreiben angekündigte Pfändung fallen zu lassen und keine Pfändungsmaßnahmen zu ergreifen. Hierauf erhielt der Antragsteller keine Antwort. Die gegen ihn ausgesetzte Vollstreckung wurde auf Anordnung des Antragsgegners vom 01.12.2008 durch die LZK M-V fortgeführt, die daraufhin die beim Finanzamt München III am 04.12.2008 zugestellte Pfändungs- und Überweisungsverfügung erließ. Mit Schreiben vom 17.12.2008 teilte das Finanzamt der LZK M-V mit, dass die Pfändung vorläufig nicht anerkannt werde, weil sie für den Erlass eines vorläufigen Zahlungsverbots nicht zuständig sei und vor Zustellung der Pfändungs- und Überweisungsverfügung eine Abtretungsanzeige - Abtretung des Steuerguthabens an die Schwester des Antragstellers - eingegangen sei.
- 4
Bereits zuvor, und zwar mit einem beim Verwaltungsgericht Schwerin gestellten Eilantrag vom 11.12.2008 begehrte der Antragsteller Vollstreckungsschutz mit dem Ziel, die fortgeführte Vollstreckung aus dem Widerrufs- und Rückforderungsbescheid vom 14.07.1998 vorläufig für unzulässig zu erklären.
- 5
Mit Beschluss vom 11.02.2009 lehnte das Verwaltungsgericht Schwerin den Antrag ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, dass der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO zwar zulässig, aber unbegründet sei. Bereits das Vorliegen eines Anordnungsgrundes erscheine nicht zweifelsfrei, da im Falle der Abtretung der Steuererstattungsansprüche die Befriedigung der gesicherten Forderung nicht dringlich erscheine. Jedenfalls liege kein Anordnungsanspruch vor. Die Vollstreckung aus dem Widerrufs- und Rückforderungsbescheid sei zulässig, weil die Kündigung des Vergleichsvertrags nach summarischer Prüfung wirksam sei. Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 VwVfG M-V seien erfüllt. Die erzielten Einkünfte des Antragstellers sowohl vor als auch nach Abschluss des Vergleichsvertrags stellten eine wesentliche Änderung der Verhältnisse dar; die "unrichtigen" Angaben des Antragstellers im Vorfeld des Vergleichsabschlusses rechtfertigten vorliegend - als ultima ratio - die Kündigung durch den Antragsgegner. Der Streitwert betrage ein Viertel der in Rede stehenden Einkommensteuererstattungsansprüche.
- 6
Dagegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers.
II.
- 7
Die gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 11.02.2009 eingelegte Beschwerde ist im Hauptantrag zulässig, aber nach Maßgabe des Beschwerdevorbringens, auf dessen Prüfung das Oberverwaltungsgericht M-V gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, unbegründet.
- 8
Das Verwaltungsgericht Schwerin hat im Ergebnis zu Recht - wenngleich ohne nähere Begründung - das gegen den Antragsgegner gerichtete vorläufige Rechtschutzersuchen des Antragstellers nach § 123 VwGO als zulässig angesehen.
- 9
Bei sachgerechter Auslegung seines vorläufigen Rechtsschutzersuchens begehrt der Antragsteller Vollstreckungsabwehr im Rahmen eines Verfahrens nach § 123 VwGO. Der vorläufige Rechtsschutz gegen die auf einer Vollstreckungsanordnung beruhende Vollstreckung einer öffentlich-rechtlichen Geldforderung richtet sich vorliegend nicht über die Verweisung in den § 167 Abs. 1 und § 173 Satz 1 VwGO nach § 769 Abs. 1 ZPO, der seinerseits die Rechtshängigkeit einer Vollstreckungsgegenklage gemäß § 767 ZPO voraussetzt. Ein Rückgriff auf die zivilprozessualen Rechtsbehelfe in der Zwangsvollstreckung verbietet sich hier, weil sich die Vollstreckung von Verwaltungsakten nach den einschlägigen Verwaltungsvollstreckungsgesetzen des Bundes oder aber der Länder richtet und die Verwaltungsgerichtsordnung insoweit selbst ausreichenden Rechtsschutz bietet (vgl. hierzu OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 11.02.2008 - 9 S 38.07 -; BayVGH, Beschl. v. 04.05.1994 - 23 CS 94.913 -; HessVGH, Beschl. v. 21.11.1991 - 3 TG 2364/91 -, jeweils zit. nach juris; Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 167 Rdn. 14 ff.). Demgegenüber scheidet vorläufiger Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO vorliegend aus, weil der Antragsgegner im Zwangsvollstreckungsverfahren keinen Verwaltungsakt erlassen hat. Ein solcher ist insbesondere nicht in der Vollstreckungsanordnung (Weisung) des Antragsgegners, die Vollstreckung fortzuführen, zu erblicken. Es entspricht allgemeiner Auffassung, dass die Anordnung der Vollstreckung ein lediglich innerbehördlicher Vorgang ist, der vom Vollstreckungsschuldner nicht angegriffen werden kann (vgl. BayVerfGH, Beschl. v. 12.10.1999 - Vf 5-VI-98 -, NVwZ-RR 2000, 194 m.w.N.; Engelhart/App, VwVfG und VwZG, 6. Aufl., § 3 Rdn. 9). Nichts anderes hat für die Anordnung der Fortsetzung der Vollstreckung zu gelten, wenn die Vollstreckung zuvor aufgrund eines Vergleichsabschlusses ausgesetzt worden ist. Die Pfändungs- und Überweisungsverfügung ist nicht vom Antragsgegner, sondern von der hier nicht am Verfahren beteiligten LZK M-V erlassen worden.
- 10
Damit ist freilich nichts für die Frage gewonnen, ob der Antrag richtigerweise - wie geschehen - gegen den Antragsgegner oder aber gegen die LZK M-V zu richten ist, die das Vollstreckungsverfahren betreibt. Die Beantwortung dieser Frage hängt von der Rechtsnatur der erhobenen Einwendungen ab. Dabei kommt es maßgeblich darauf an, ob sich der Vollstreckungsschuldner mit seinen Einwendungen gegen die Zulässigkeit der (hier: fortgeführten) Vollstreckung im Allgemeinen oder aber gegen die Art und Weise der Vollstreckung richtet, also konkrete Vollstreckungshandlungen rechtlich beanstandet. Diese Differenzierung beruht auf folgenden Erwägungen: Mit der Vollstreckungsanordnung übernimmt die Anordnungsbehörde die Verantwortung dafür, dass die Vollstreckungsvoraussetzungen gemäß § 111 Abs. 1 VwVfG M-V i.V.m. § 3 Abs. 2 und 3 VwVfG gegeben sind. Anordnungsbehörde ist gemäß § 111 Abs. 1 VwVfG M-V i.V.m. § 3 Abs. 4 VwVfG der Antragsgegner. Demgegenüber ist die Vollstreckungsbehörde für die von ihr erlassenen Vollstreckungshandlungen verantwortlich. Die Zuständigkeit der LZK M-V als Vollstreckungsbehörde ergibt sich aus § 111 Abs. 2 Satz 1 VwVfG M-V iVm. § 1 Nr. 1 Buchst. a) Vollstreckungszuständigkeits- und Kostenlandesverordnung - VollstrZustKLVO M-V -. Die gesetzliche Verantwortlichkeitsverteilung zwischen Anordnungs- und Vollstreckungsbehörde bestimmt mit Blick auf die vom Vollstreckungsschuldner erhobenen Einwendungen den richtigen Antragsgegner. Materiell-rechtliche Einwendungen des Vollstreckungsschuldners, die sich gegen den Bestand der zu vollstreckenden Forderung oder aber gegen deren Vollstreckbarkeit richten, sind nach § 111 Abs. 1 Satz 1 VwVfG M-V i.V.m. § 5 Abs. 1 VwVfG und § 256 AO bei der Anordnungsbehörde durch Antrag auf Einstellung der Vollstreckung geltend zu machen, der im Falle seiner Ablehnung durch die Anordnungsbehörde und nach erfolglosem Widerspruchsverfahren mit der Verpflichtungsklage im Hauptsacheverfahren weiterverfolgt werden kann (vgl. BayVerfGH a.a.O.; Kopp/Schenke a.a.O., § 167 Rdn. 16). Vorläufiger Rechtsschutz gegen die Anordnungsbehörde bestimmt sich nach § 123 VwGO. Soweit es sich bei den einzelnen Vollstreckungshandlungen der Vollstreckungsbehörde um Verwaltungsakte handelt, sind dagegen der Widerspruch und die Anfechtungsklage gegeben. Vorläufiger Rechtsschutz gegen die Vollstreckungsbehörde richtet sich dann nach § 80 Abs. 5 VwGO; gemäß § 111 Abs. 6 VwVfG M-V haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Vollstreckungsmaßnahmen der Vollstreckungsbehörde keine aufschiebende Wirkung.
- 11
Hiervon ausgehend ist der Vollstreckungsschutzantrag zutreffend gegen den Antragsgegner gerichtet worden, weil der Antragsteller die Zulässigkeit der (fortgeführten) Zwangsvollstreckung aus dem Widerrufs- und Rückforderungsbescheid des Antragsgegners schlechthin mit seinen Einwendungen angreift. Der Antrag ist auch nicht deswegen unzulässig, weil der Antragsteller keine Hauptsacheklage erhoben hat, wie sich aus § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO ergibt. Denn der Vollstreckungsschutzantrag nach § 123 VwGO kann - anders als bei § 769 ZPO - auch schon vor Klageerhebung gestellt werden. Unzulässig wäre der gerichtliche Antrag nur dann gewesen, wenn der Antragsteller nicht zuvor einen Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung beim Antragsgegner gestellt hätte. Dies ist jedoch geschehen, weil das Schreiben des Antragstellers vom 27.11.2008 so auszulegen ist.
- 12
Der Antragsteller hat aber in der Sache keinen Anspruch auf die begehrte einstweilige Regelungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO (vgl. hierzu BayVGH, Beschl. v. 04.05.1994, a.a.O.), weil es jedenfalls an einem Anordnungsgrund fehlt.
- 13
Eine Regelungsanordnung kann nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO erlassen werden, wenn dies zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
- 14
Der Antragsteller muss glaubhaft machen, dass ihm ohne die Regelungsanordnung unzumutbare Nachteile entstehen, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre. So kann der Anordnungsgrund etwa zu bejahen sein, wenn existentielle wirtschaftliche Interessen des Antragstellers auf dem Spiel stehen. Allerdings dürfen seine Interessen nicht isoliert betrachtet werden; so ist auch zu berücksichtigen, inwieweit sich die angestrebte Regelung nachteilig auf berechtigte Interessen des Antragsgegners auswirkt (vgl. Beschl. des Senats vom 04.05.2009 - 2 M 77/09 -).
- 15
Die vom Antragsteller mit der Beschwerdebegründung angeführten Gründe lassen nicht erkennen, dass der Erlass einer einstweiligen Anordnung nach den beschriebenen Maßstäben dringend notwendig ist.
- 16
Dabei geht der Senat zunächst davon aus, dass wenn die einstweilige Anordnung nicht erlassen wird, sich im Hauptsacheverfahren aber herausstellt, dass die Vollstreckung rechtswidrig war, der Antragsgegner in der Lage sein wird, das zu Unrecht Erlangte herauszugeben. Im umgekehrten Fall, d.h. wenn die Vollstreckung jetzt verhindert würde, sich aber im Hauptsacheverfahren ergäbe, dass dem Antragsgegner die geltend gemachte Forderung zusteht, zweifelhaft erscheint, ob dann die Befriedigung seiner Ansprüche tatsächlich noch möglich wäre.
- 17
Der Antragsteller beruft sich allein auf die angebliche Nichterfüllung von Verpflichtungen gegenüber seinen Gläubigern im Zusammenhang mit der von der LZK M-V erfolgten Pfändung der Steuererstattungsansprüche. Die Dringlichkeit der begehrten einstweiligen Regelungsanordnung vermag der Senat anhand der vom Antragsteller hierzu vorgebrachten Gründe nicht festzustellen. Er räumt selbst ein, dass die Steuererstattungsansprüche vor der Pfändung an seine Schwester abgetreten worden sind, er also nach seinem eigenen Vortrag nicht mehr Inhaber der in Rede stehenden Ansprüche ist. Mit dem Übergang der Steuererstattungsansprüche auf seine Schwester wird er von ihr (weitere) finanzielle Mittel erhalten, wie sich aus der eidesstattlichen Versicherung der Schwester vom 14.03.2009 ergibt. Sollten die Steuerguthaben an die Schwester nicht ausgezahlt werden, hätte sie die Möglichkeit, gegen die Pfändung Rechtsbehelfe einzulegen. Soweit gegen den Antragsteller Steuernachforderungen bestehen, wurde ihm nach seinem eigenen Vortrag die Aussetzung der vorläufigen Vollziehung gewährt. Der Hinweis auf die (geschuldete) Vergleichsrate geht schon deswegen fehl, weil ggf. das gepfändete Guthaben mit der Rate zu verrechnen wäre, er ansonsten die geschuldete Rate als Darlehen von seiner Schwester erhalten wird. Sämtliche von dem Antragsteller vorgebrachten Einwendungen laufen somit ins Leere; eine besondere Dringlichkeit für den begehrten Erlass einer einstweiligen Anordnung ist somit nicht festzustellen.
- 18
Ob eine andere Beurteilung geboten wäre, wenn der Anordnungsanspruch offensichtlich zu bejahen wäre, bedarf keiner näheren Erörterung, da der Fall so nicht liegt. Das Verwaltungsgericht hat den Anordnungsanspruch verneint. Das Beschwerdevorbringen lässt nicht erkennen, dass dies offensichtlich falsch wäre.
- 19
Aus den o.g. Gründen kann auch dem Hilfsantrag zu 2. nicht entsprochen werden, der ohnedies als ein minus im Hauptantrag enthalten ist.
- 20
Demgegenüber ist der Hilfsantrag vom 15.04.2009 als unzulässig zu verwerfen, weil er erst nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist gestellt worden ist und im Übrigen eine unzulässige Antragserweiterung im Beschwerdeverfahren gegen den falschen Antragsgegner darstellt. Das Beschwerdegericht ist regelmäßig (nur) zur Überprüfung der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung berufen (vgl. nur HessVGH, Beschl. v. 09.01.2008 - 1 TG 2464/07 - m.w.N.., zit. nach juris).
- 21
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
- 22
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 GKG. Der Senat folgt dem Verwaltungsgericht, soweit es hinsichtlich der Höhe der Streitwertfestsetzung auf Ziff. 1.6.1 2. Halbs. des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom 07./08.07.2004 (vgl. DVBl. 2004, 1525 ff.) abstellt. Der Hauptsachestreitwert ergibt sich vorliegend jedoch nicht aus der Höhe der gepfändeten Einkommensteuererstattungsansprüche des Antragstellers, sondern aus der Höhe der im Zwangsvollstreckungsverfahren beizutreibenden (noch offenen) Forderung. Diese beläuft sich aber auf insgesamt 1.587.086,32 Euro. Ein Viertel dieses Betrags ergibt sonach den Streitwert des vorliegenden Rechtsschutzverfahrens. Eine weitere Reduzierung des Streitwertes mit Blick auf das vorläufige Rechtsschutzverfahren bzw. eine Streitwerterhöhung (vgl. § 45 Abs. 1 Satz 2 und 3 GKG) kommt nicht in Betracht. Die Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung basiert auf § 63 Abs. 3 GKG.
- 23
Der Beschluss ist unanfechtbar.
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Die Vollstreckung wird gegen den Vollstreckungsschuldner durch Vollstreckungsanordnung eingeleitet; eines vollstreckbaren Titels bedarf es nicht.
(2) Voraussetzungen für die Einleitung der Vollstreckung sind:
- a)
der Leistungsbescheid, durch den der Schuldner zur Leistung aufgefordert worden ist; - b)
die Fälligkeit der Leistung; - c)
der Ablauf einer Frist von einer Woche seit Bekanntgabe des Leistungsbescheides oder, wenn die Leistung erst danach fällig wird, der Ablauf einer Frist von einer Woche nach Eintritt der Fälligkeit.
(3) Vor Anordnung der Vollstreckung soll der Schuldner ferner mit einer Zahlungsfrist von einer weiteren Woche besonders gemahnt werden.
(4) Die Vollstreckungsanordnung wird von der Behörde erlassen, die den Anspruch geltend machen darf.
(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist.
(2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 ist ein Verwaltungsakt nichtig,
- 1.
der schriftlich oder elektronisch erlassen worden ist, die erlassende Behörde aber nicht erkennen lässt; - 2.
der nach einer Rechtsvorschrift nur durch die Aushändigung einer Urkunde erlassen werden kann, aber dieser Form nicht genügt; - 3.
den eine Behörde außerhalb ihrer durch § 3 Abs. 1 Nr. 1 begründeten Zuständigkeit erlassen hat, ohne dazu ermächtigt zu sein; - 4.
den aus tatsächlichen Gründen niemand ausführen kann; - 5.
der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht; - 6.
der gegen die guten Sitten verstößt.
(3) Ein Verwaltungsakt ist nicht schon deshalb nichtig, weil
- 1.
Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nicht eingehalten worden sind, außer wenn ein Fall des Absatzes 2 Nr. 3 vorliegt; - 2.
eine nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 6 ausgeschlossene Person mitgewirkt hat; - 3.
ein durch Rechtsvorschrift zur Mitwirkung berufener Ausschuss den für den Erlass des Verwaltungsaktes vorgeschriebenen Beschluss nicht gefasst hat oder nicht beschlussfähig war; - 4.
die nach einer Rechtsvorschrift erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde unterblieben ist.
(4) Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Verwaltungsaktes, so ist er im Ganzen nichtig, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Behörde den Verwaltungsakt ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte.
(5) Die Behörde kann die Nichtigkeit jederzeit von Amts wegen feststellen; auf Antrag ist sie festzustellen, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse hat.
(1) Das zuständige Bundesministerium darf Ansprüche nur
- 1.
stunden, wenn die sofortige Einziehung mit erheblichen Härten für den Anspruchsgegner verbunden wäre und der Anspruch durch die Stundung nicht gefährdet wird. Die Stundung soll gegen angemessene Verzinsung und in der Regel nur gegen Sicherheitsleistung gewährt werden, - 2.
niederschlagen, wenn feststeht, daß die Einziehung keinen Erfolg haben wird, oder wenn die Kosten der Einziehung außer Verhältnis zur Höhe des Anspruchs stehen, - 3.
erlassen, wenn die Einziehung nach Lage des einzelnen Falles für den Anspruchsgegner eine besondere Härte bedeuten würde. Das gleiche gilt für die Erstattung oder Anrechnung von geleisteten Beträgen und für die Freigabe von Sicherheiten.
(2) Maßnahmen nach Absatz 1 bedürfen der Einwilligung des Bundesministeriums der Finanzen, soweit es nicht darauf verzichtet.
(3) Andere Regelungen in Rechtsvorschriften bleiben unberührt.
Der Vollstreckungsschuldner soll in der Regel vor Beginn der Vollstreckung mit einer Zahlungsfrist von einer Woche gemahnt werden. Einer Mahnung bedarf es nicht, wenn der Vollstreckungsschuldner vor Eintritt der Fälligkeit an die Zahlung erinnert wird. An die Zahlung kann auch durch öffentliche Bekanntmachung allgemein erinnert werden.
Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.
(1) Einnahmen sind rechtzeitig und vollständig zu erheben.
(2) Ausgaben dürfen nur soweit und nicht eher geleistet werden, als sie zur wirtschaftlichen und sparsamen Verwaltung erforderlich sind. Die Ausgabemittel sind so zu bewirtschaften, daß sie zur Deckung aller Ausgaben ausreichen, die unter die einzelne Zweckbestimmung fallen.
(3) Absatz 2 gilt für die Inanspruchnahme von Verpflichtungsermächtigungen entsprechend.
(1) Das zuständige Bundesministerium darf Ansprüche nur
- 1.
stunden, wenn die sofortige Einziehung mit erheblichen Härten für den Anspruchsgegner verbunden wäre und der Anspruch durch die Stundung nicht gefährdet wird. Die Stundung soll gegen angemessene Verzinsung und in der Regel nur gegen Sicherheitsleistung gewährt werden, - 2.
niederschlagen, wenn feststeht, daß die Einziehung keinen Erfolg haben wird, oder wenn die Kosten der Einziehung außer Verhältnis zur Höhe des Anspruchs stehen, - 3.
erlassen, wenn die Einziehung nach Lage des einzelnen Falles für den Anspruchsgegner eine besondere Härte bedeuten würde. Das gleiche gilt für die Erstattung oder Anrechnung von geleisteten Beträgen und für die Freigabe von Sicherheiten.
(2) Maßnahmen nach Absatz 1 bedürfen der Einwilligung des Bundesministeriums der Finanzen, soweit es nicht darauf verzichtet.
(3) Andere Regelungen in Rechtsvorschriften bleiben unberührt.
(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.
(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.
(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.
(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.
(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.
(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.
(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.