Gericht

Verwaltungsgericht Bayreuth

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger ist äthiopischer Staatsangehöriger mit somalischer Volks- und islamischer Religionszugehörigkeit. Er reiste nach eigenen Angaben am 31.01.2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am …2015 einen Asylantrag.

Bei der persönlichen Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am … gab der Kläger im Wesentlichen an, er stamme aus … und habe dort die Schule bis zur 8. Klasse besucht. Sein Vater sei Händler gewesen und von den äthiopischen Behörden der Unterstützung der ONLF verdächtigt worden. Wegen unterstellter Unterstützung der Rebellen, sei sein Vater von den Behörden in der Vergangenheit zweimal geschlagen und wieder freigelassen worden. Am 10.08.2012 gegen 21:00 Uhr seien Soldaten zum Geschäft der Familie gekommen. Die Soldaten hätten den Vater festgenommen, einen Abstand zwischen der Familie und dem Vater geschaffen und dann seinen Vater erschossen. Aus Rache für den Tod seines Vaters sei sein Bruder dann im November 2012 zur ONLF gegangen, um dort gegen die Regierung zu kämpfen.

Als die Behörden nach einer Woche erfahren hätten, dass sein Bruder zu den Rebellen übergelaufen sei, seien Regierungsleute zur Familie nach Hause gekommen, hätten das Geschäft enteignet und die Mutter des Klägers festgenommen. Seine Mutter sei eine Woche lang geschlagen und gefoltert worden, damit sein Bruder von den Rebellen Abstand nehme.

Am 23.08.2013 seien die Behörden zum Kläger in die Schule gekommen und hätten diesen in ein Gefängnis gebracht. Dort sei ihm befohlen worden, Soldat beim äthiopischen Militär zu werden. Nachdem er dies zunächst abgelehnt habe, sei er geschlagen worden. Nach 59 Tagen im Gefängnis habe er schließlich zugestimmt, um den Folterungen zu entkommen. Am 15.10.2013 sei er dann zum Militär nach J. gebracht worden. Nach zwei Wochen beim Militär habe er die Gelegenheit genutzt und sich bei einem Freigang am 02.11.2013 vom Militär entfernt. Ihm werde vorgeworfen, dass er bei der Flucht eine Waffe mitgenommen habe und zu den Rebellen übergelaufen sei.

Bei einer Rückkehr nach Äthiopien erwarte ihn der Tod. Er habe schon andere Leute erlebt, die geflohen und bei einer Rückkehr bis zum Tod gequält worden seien Zudem habe er den Tod seines Vaters miterlebt. In Äthiopien habe er keine Perspektive und kein Leben.

Mit Bescheid vom 30.06.2017 lehnte die Beklagte die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziff. 1) und den Antrag auf Asylanerkennung (Ziff. 2) ab. Der subsidiäre Schutzstatus wurde ebenfalls nicht zuerkannt (Ziff. 3). Die Beklagte stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 S. 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziff. 4). Dem Kläger wurde die Abschiebung nach Äthiopien angedroht (Ziff. 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gem. § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziff. 6).

Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus, der Kläger sei kein Flüchtling im Sinne des § 3 AsylG. Er habe seine begründete Furcht vor Verfolgung nicht glaubhaft gemacht. Das Vorbringen des Klägers, ihm sei vorgeworfen worden, als Soldat mit einer Waffe vom Typ AK47 die Kaserne verlassen zu haben und zu den Rebellen gegangen zu sein, sei unglaubhaft. Der Kläger habe nach eigenen Angaben gar keine Waffe beim Militär besessen und sei erst zwei Wochen beim Militär gewesen. Es sei daher nicht nachvollziehbar, warum ihm trotzdem eine solche Flucht mit Waffe unterstellt werde. Selbst eine wahrheitswidrige Unterstellung einer Flucht mit Waffe bringe den Behörden keinen erkennbaren Mehrwert. Auch bei Nachfragen, warum ihn in Äthiopien bei einer Rückkehr der Tod erwarte, habe der Kläger mit seinen Ausführungen nur im Allgemeinen verharrt. Er habe ferner angegeben, dass er keine Perspektive in seinem Heimatland habe, da er mit 15 Jahren gezwungen worden sei, Soldat zu werden. Nur weil der Kläger als 15-jähriger keine Perspektive in Äthiopien gehabt haben soll, müsse dies für den mittlerweile erwachsenen Kläger bei einer Rückkehr nicht zwingend wieder gelten. Der Kläger habe auch nicht darlegen können, woher er wisse, dass sein Bruder immer noch auf Seiten der Rebellen kämpfe. Ferner habe er keine konkreten Angaben machen können, was sein Bruder bei der ONLF mache. Es wäre zu erwarten gewesen, dass der Kläger mehr zur angeblichen regimefeindlichen Tätigkeit seines Bruders vorbringen könne. Auch die Erklärung des Klägers, wie die Behörden vom Übertritt seines Bruders zu den Rebellen erfahren haben, könnte nicht überzeugen. Aufgrund der nicht abschließend genannten Beispiele, die typisch für das gesamte Vorbringen des Klägers seien, werde der Vortrag des Klägers im Ergebnis nicht glaubhaft eingestuft.

Die Voraussetzungen der Asylanerkennung gem. Art. 16 a Abs. 1 GG seien ebenfalls nicht gegeben, da nicht einmal der weitergefasste Schutzbereich des § 3 AsylG einschlägig sei.

Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus. Unter Hinweis auf die unglaubwürdigen Ausführungen zum Flüchtlingsschutz sei nicht erkennbar, dass dem Kläger in seinem Heimatland tatsächlich Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung drohe (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 AsylG). Der Kläger habe ferner nicht schlüssig darlegen können, warum ihn in Äthiopien die Todesstrafe drohe (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 AsylG). Eine Schutzfeststellung nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG scheide ebenfalls aus, da im Herkunftsland des Klägers kein derartiger innerstaatlicher Konflikt bestehe.

Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG seien nicht in festzustellen. Die Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse könne nur in außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK gewertet werden. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Äthiopien würden nicht zu der Annahme führen, dass bei Abschiebung des Klägers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliege. Auch unter Berücksichtigung der individuellen Umstände des Klägers sei die Wahrscheinlichkeit einer Verletzung des Art. 3 EMRK durch die Abschiebung nicht beachtlich. Der Kläger sei jung und gesund. Es könne ihm die Aufnahme einer existenzsichernden Arbeit im Heimatland zugemutet werden. Er verfüge zudem über Brüder und Schwestern. Es seien keine Gründe ersichtlich, warum eine Unterstützung durch Angehörige und Freunde im Bedarfsfall nicht erfolgen könne.

Anhaltspunkte für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG seien weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.

Mit Schriftsatz vom 06.07.2017, eingegangen beim Verwaltungsgericht Bayreuth am selben Tag, erhob der Bevollmächtigte des Klägers Klage und beantragt,

  • 1.Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 30.06.2017, Az.: … wird aufgehoben.

  • 2.Die Beklagte wird verpflichtet, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen.

Hilfsweise wird beantragt,

Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft gem. § 3 AsylG zuzuerkennen.

Wiederum hilfsweise wird beantragt,

Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen.

3. Wiederum hilfsweise zu den Anträgen unter Ziff. 2. wird beantragt,

Die Beklagte wird verpflichtet, zu Gunsten des Klägers festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 AufenthG, insbesondere gem. Abs. 5 und 7 S. 1 AufenthG vorliegen.

Zur Begründung der Klage trug der Bevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 03.08.2017 im Wesentlichen vor, der Kläger sei zum Anhörungstermin auf 08:00 Uhr geladen worden. Tatsächlich habe er aber mehr als sechs Stunden warten müssen, da die Anhörung erst um 14:00 Uhr begonnen habe. Aufgrund dieser langen Wartezeit sei der Kläger immer aufgeregter und nervöser geworden, weshalb es ihm in der Anhörung nicht gelungen sei, sich ausreichend zu konzentrieren und die dramatischen Vorgänge adäquat wiederzugeben.

Am 23.08.2013 habe die äthiopische Armee den Kläger ins Gefängnis gebracht. Er sei von der Schule abgeholt und in das ca. 1 km von der Schule entfernte Gefängnis gebracht worden. Dort sei ihm bereits am ersten Tag mitgeteilt worden, dass er ab sofort Kindersoldat der äthiopischen Armee sei. Dies habe der Kläger aber immer wieder abgelehnt. Deswegen sei er gefoltert worden. Er sei beispielsweise in einen kleinen Raum mit Feuer gebracht worden, in das die Soldaten Gummi und Pfeffer geschüttet hätten. Der Kläger sei gezwungen worden, die Dämpfe einzuatmen. Sein Kopf sei in einen Behälter mit Wasser getaucht worden. Beim letzten Mal habe der Kläger dann gesagt, dass er Soldat werden wolle, nachdem er mit dem Kopf nach unten aufgehängt auf die Fußsohlen geschlagen worden sei. Ihm sei dann ein Dokument vorgelegt worden, in dem gestanden habe, wenn er die Ausbildung abbreche, drohe ihm als Strafe Verhaftung oder der Tod. Sowohl der Kläger selbst als auch seine Mutter hätten mittels Fingerabdruck das Dokument unterschrieben. Im Militärcamp habe der Tagesablauf aus Sport, Joggen und Märschen bestanden. Eine Waffe habe der Kläger aber noch nicht erhalten. In der Zeit vor der eigentlichen Ausbildung habe der Kläger dann flüchten können, weil er kein Soldat sein wolle. Der Kläger wolle keine Menschen töten und er selbst wolle auch nicht als Soldat sterben. Nach seiner Flucht habe das Militär gegenüber seiner Mutter behauptet, er wäre mit einer Waffe zur ONLF desertiert. Dem Kläger drohe daher bei seiner Rückkehr nach Äthiopien der Tod. Die Armee habe der Mutter und den Geschwistern gedroht, dass sie sie töten würden, wenn der Kläger nicht zurückkomme. Er habe die Waffe gehört, als sein Vater erschossen worden sei und könne deshalb nie im Leben eine Waffe in die Hand nehmen. Wenn er zurückkehren müsse, befürchte er vom Militär der Fahnenflucht beschuldigt und getötet zu werden. Dem Kläger selbst seien auch Beispiele von zwei etwa 35-jährigen Männern bekannt, die ebenfalls nicht zum Militär hätten gehen wollen. Nachdem sich diese Männer zunächst dem Militär entzogen hätten, seinen diese später aufgegriffen worden. Der eine sei nach drei Tagen erschossen worden. Den anderen habe man die linke Hand bis zum Ellenbogen abgehackt. Dies habe der Kläger mit eigenen Augen gesehen. Wenn er zurückkehren müsse, befürchte er das gleiche Schicksal zu erleiden. Seit Ende Mai 2017 habe er auch keinen Kontakt mehr zu seiner Mutter oder zu seinen Geschwistern. Er habe mit einem Nachbarn telefoniert, der ihm gesagt habe, dass seine Familie wahrscheinlich nach Somalia geflüchtet sei.

Mit Schriftsatz vom 13.07.2017 beantragt die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht sich die Beklagte auf die angefochtene Entscheidung.

Mit Schriftsatz vom 16.08.2018, eingegangen beim Verwaltungsgericht Bayreuth am selben Tag, legte der Klägerbevollmächtigte ein nervenärztliches Attest von Frau … vom 14.08.2018 vor, wonach der Kläger an einer leichten depressiven Episode und an einer posttraumatischen Belastungsstörung leide.

Mit Beschluss der Kammer vom 20.06.2018 wurde der Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung am 20.08.2018 wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Ergänzend wird auf die Behörden- und die Gerichtsakte verwiesen (§ 117 Abs. 3 S. 2 VwGO).

Gründe

Die zulässige Klage bleibt ohne Erfolg. Der Kläger hat im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG noch einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter. Die Zuerkennung des subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG scheidet ebenfalls aus. Es liegen auch keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor. Die Abschiebungsandrohung sowie die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes sind nicht zu beanstanden. Der angefochtene Bescheid ist somit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO).

1. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG liegen nicht vor.

Nach § 3 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 AsylG besteht ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft dann, wenn sich der Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will und er keine Ausschlusstatbestände erfüllt. Eine solche Verfolgung kann nicht nur vom Staat ausgehen (§ 3c Nr. 1 AsylG), sondern auch von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (§ 3c Nr. 2 AsylG) oder nicht staatlichen Akteuren, sofern die in Nrn. 1 und 2 genannten Akteure einschl. internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage sind oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (§ 3c Nr. 3 AsylG). Allerdings wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylG hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (§ 3e Abs. 1 AsylG).

Für die richterliche Überzeugungsbildung im Sinne von § 108 Abs. 1 VwGO gilt Folgendes:

Das Gericht muss sich die volle Überzeugung von der Wahrheit des behaupteten Verfolgungsschicksals und der Wahrscheinlichkeit der Verfolgungsgefahr bilden. Eine bloße Glaubhaftmachung in der Gestalt, dass der Vortrag lediglich wahrscheinlich sein muss ist nicht ausreichend (vgl. grundlegend BVerwG, U.v. 16.4.1985 - 9 C 109.84 - juris). Es ist vielmehr der asylrechtliche Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zu Grunde zu legen. Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhaltes die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine „qualifizierende“ Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Hierbei darf das Gericht jedoch hinsichtlich der Vorgänge im Verfolgerland, die zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder der Feststellung eines Abschiebungsverbotes führen sollen, keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen, sondern muss sich in tatsächlich zweifelhaften Fragen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, auch wenn Zweifel nicht völlig auszuschließen sind (BVerwG, U.v. 16.4.1985 a.a.O.). Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 20.2.2013 - 10 C 23/12 - juris; VG Augsburg, U.v. 11.7.2016 - Au 5 K 16.30604 - juris).

Nach Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 ist hierbei die Tatsache, dass ein Kläger bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweise darauf, dass die Furcht des Klägers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Kläger erneut von solcher Verfolgung und einem solchen Schaden bedroht wird. Diese Regelung privilegiert den von ihr erfassten Personenkreis bei einer Vorverfolgung durch eine Beweiserleichterung, nicht aber durch einen herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab. Die Vorschrift begründet für die von ihr begünstigten Kläger eine widerlegbare Vermutung dafür, dass sie erneut von einem ernsthaften Schaden bei einer Rückkehr in ihr Heimatland bedroht werden. Dadurch wird der Kläger, der bereits einen ernsthaften Schaden erlitten hat oder von einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die einen solchen Schaden begründenden Umstände bei Rückkehr in sein Herkunftsland erneut realisieren werden.

Als vorverfolgt gilt ein Schutzsuchender dann, wenn er aus einer durch eine eingetretene oder unmittelbar bevorstehende politische Verfolgung hervorgerufenen ausweglosen Lage geflohen ist. Die Ausreise muss das objektive äußere Erscheinungsbild einer unter dem Druck dieser Verfolgung stattfindenden Flucht aufweisen. Das auf dem Zufluchtsgedanken beruhende Asyl- und Flüchtlingsrecht setzt daher grundsätzlich einen nahen zeitlichen (Kausal-) Zusammenhang zwischen der Verfolgung und der Ausreise voraus. Es obliegt aber dem Schutzsuchenden, sein Verfolgungsschicksal glaubhaft zur Überzeugung des Gerichts darzulegen. Er muss daher die in seine Sphäre fallenden Ereignisse, insbesondere seine persönlichen Erlebnisse, in einer Art und Weise schildern, die geeignet ist, seinen geltend gemachten Anspruch lückenlos zu tragen. Dazu bedarf es - unter Angabe genauer Einzelheiten - einer stimmigen Schilderung des Sachverhalts. Daran fehlt es in der Regel, wenn der Schutzsuchende im Lauf des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellungen nach der Lebenserfahrung oder auf Grund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe nicht nachvollziehbar erscheinen, und auch dann, wenn er sein Vorbringen im Laufe des Verfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Begehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (VGH BW, U.v. 27.8.2013 - A 12 S 2023/11 - juris; HessVGH, U.v. 4.9.2014 - 8 A 2434/11.A - juris).

Gemessen an diesen Maßstäben hat der Kläger eine an den Merkmalen des § 3 Abs. 1 AsylG ausgerichtete Verfolgung nicht glaubhaft gemacht. Das Gericht folgt diesbezüglich zunächst vollumfänglich den Ausführungen im angefochtenen Bescheid (§ 77 Abs. 2 AsylG).

Selbst unter Berücksichtigung der Schilderungen des Klägers im Klageverfahren besteht kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.

Die Ausführungen des Klägers sind - außerhalb des offensichtlich auswendig Gelernten - in den entscheidenden Punkten vage, detailarm und darüber hinaus von Widersprüchlichkeiten und Steigerungen geprägt. Das Gericht schenkt daher der Fluchtgeschichte des Klägers keinen Glauben.

a) Widersprüchlich sind bereits die klägerischen Ausführungen zu den „Beispielen“ von zwei Männern aus seiner Stadt, die sich ebenfalls dem Militär verweigerten. Mit Schriftsatz vom 03.08.2017 ließ der Kläger durch seinen Bevollmächtigten vortragen, sein etwa 35 Jahre alter Nachbar sei von der Armee nach Saudi-Arabien geflüchtet. Als er nach Äthiopien abgeschoben worden sei, habe man ihn verhaftet. Nach drei Tagen habe das Militär den Mann erschossen. Ferner kenne er einen weiteren, ebenfalls etwa 35 Jahre alten Mann namens … Dieser habe sich geweigert, zum Militär zu gehen. Daraufhin habe ihn das Militär die linke Hand bis zum Ellenbogen abgehackt, was der Kläger mit eigenen Augen gesehen habe.

In der mündlichen Verhandlung erklärte der Kläger hingegen dem Gericht, der Mann namens … sei vom Militär getötet worden, weil er sich geweigert habe, zum Militär zu gehen. Er wisse jedoch nicht genau, wie der Mann getötet worden sei. Auf Vorhalt des Gerichts, wonach schriftsätzlich vorgetragen worden sei, man habe dem Mann die linke Hand abgehackt, flüchtete sich der Kläger lediglich in Ausreden und erklärte dem Gericht, die Frau des Getöteten habe ihm berichtet, dass man ihren Mann zunächst den Ellenbogen abgehackt und ihn anschließend getötet habe. Im Rahmen weiterer Nachfragen „ruderte“ der Kläger dann zurück und erklärte, er wisse nicht, ob dem Nachbarn nur der Ellenbogen abgehackt worden sei und ob er daran verstorben sei, oder ob der Nachbar zusätzlich erschossen oder erstochen worden sei. Mit dieser Aussage hat der Kläger nach Überzeugung des Gerichts lediglich auf den Vorhalt des Gerichts reagiert und in nichtglaubhafter Weise versucht, den unstimmigen und gesteigerten Sachvortrag in der mündlichen Verhandlung zu rechtfertigen. Hinzu kommt, dass der Kläger mit Schriftsatz vom 03.08.2017 noch vortragen hat lassen, er habe mit eigenen Augen gesehen, wie … die linke Hand bis zum Ellenbogen abgehackt worden sei. Dem Gericht erklärte er jedoch, (nur) die Frau des Getöteten habe ihm berichtet, dass der Ellenbogen des Mannes abgehackt worden sei. Demnach war der Kläger offensichtlich bei der (erfundenen) Misshandlung des Mannes gar nicht zugegeben.

Konfrontiert mit dem zweiten schriftsätzlich vorgebrachten Schicksal eines Mannes, der sich der Armee entzogen haben soll, konnte der Kläger überhaupt keine weitergehenden und zielführenden Angaben machen. Er erklärte lediglich, er habe den Mann gekannt, wisse aber nicht, wann dieser ungefähr erschossen worden sei. Stattdessen flüchtete sich der Kläger in Allgemeinheiten und trug vor, er kenne das Schicksal vieler Männer, die nicht zum Militär gewollt hätten. Auch die Angaben zum Alter dieses zweiten Mannes sind grob widersprüchlich. Schriftsätzlich ließ der Kläger noch vortragen, dieser Mann, der erschossen worden sei, sei etwa 35 Jahre alt gewesen. Nach Ausführungen in der mündlichen Verhandlung hat es sich aber um einen 40 bis 45 Jahre alten Mann gehandelt.

Das Gericht ist daher überzeugt, dass die geschilderten Beispiele frei erfunden sind um den behaupteten Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft wegen einer drohenden Zwangsrekrutierung Nachdruck zu verleihen.

b) Weiterhin hat der Kläger seinen Sachvortrag in unglaubwürdiger Weise gesteigert. Im mit Schriftsatz vom 16.08.2018 vorgelegten nervenärztlichen Attests vom 14.08.2018 ist nunmehr die Rede davon, dass der Kläger - nach der Flucht aus Äthiopien - im Sudan erneut für zwei Wochen inhaftiert worden sei. Von einer Inhaftierung im Sudan nach der Ausreise aus Äthiopien war bis zur Vorlage des ärztlichen Attestes unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung niemals die Rede. Der Kläger erklärte beim Bundesamt lediglich, er sei in den Sudan ausgereist, dort in das Dorf Qadarif gegangen und von dort weiter in die Hauptstadt Khartum. Wäre der Kläger tatsächlich erneut für einen Zeitraum von zwei Wochen inhaftiert gewesen, wäre zu erwarten gewesen, dass dieser essentielle Teil der Fluchtgeschichte bereits beim Bundesamt Erwähnung gefunden hätte. Der Kläger konnte dem Gericht auch nicht plausibel darlegen, warum er die Inhaftierung im Sudan nicht erwähnt hat. Er rechtfertigte sich auch insoweit nur mit gerichtsbekannten Ausreden und erklärte, er sei nicht danach gefragt worden. Deswegen habe er sich dazu auch nicht geäußert. Diese Einlassung ist in keiner Weise nachvollziehbar und glaubhaft, da der Kläger aufgefordert wurde, alle relevanten Tatsachen darzulegen und letztlich sogar dafür unterschrieben hat, dass er ausreichend Gelegenheit hatte, die Gründe für seinen Asylantrag zu schildern. Es liegt daher die Vermutung nahe, dass der Kläger mit der Schilderung einer weiteren Inhaftierung gegenüber der Nervenärztin die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung vorantreiben wollte.

c) Nicht glaubwürdig sind ferner die klägerischen Einlassungen in der mündlichen Verhandlung, er verfüge in Äthiopien über keinerlei Verwandtschaft mehr. Er trug gegenüber dem Gericht vor, seine Mutter und seine Geschwister seien nach Somalia geflüchtet. Er habe keinen Kontakt zur Kernfamilie mehr. Auch über eine Großfamilie verfüge er in Äthiopien nicht. Seine Mutter habe nur eine Schwester gehabt. Diese Tante sei in Schweden. Sei mittlerweile verstorbener Vater habe keine Geschwister gehabt. Der Vortrag, dass der Kläger - mit Ausnahme einer Tante in Schweden - über keinerlei Onkel und Tanten verfügt, liegt außerhalb jeglicher Lebenserfahrung. Gerade in afrikanischen Ländern kann regelmäßig auf eine sehr umfangreiche Großfamilie zurückgegriffen werden. Dass der Vater ein Einzelkind gewesen sein soll und die Mutter lediglich eine Schwester hat, erscheint dem Gericht - im Hinblick auf die bekannten äthiopischen Familienstrukturen und in Anbetracht des Gesamteindruckes vom klägerischen Auftreten in der mündlichen Verhandlung - nicht glaubwürdig.

d) Letztlich hat der Kläger nicht glaubhaft gegenüber dem Gericht darlegen können, dass er am 23.08.2013 festgenommen worden sei, um als Kindersoldat für die äthiopische Armee rekrutiert zu werden. Der Kläger bestätigte dem Gericht in der mündlichen Verhandlung mehrmals, dass er von der staatlichen Armee Äthiopiens aus der Schule abgeholt und gefoltert worden sei, damit er seine Zustimmung zum Eintritt in die äthiopische Armee gebe. Nach eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung habe man ihn mit dem Ziel zum Soldaten ausbilden wollen, dass er von der äthiopischen Armee in ganz Äthiopien hätte eingesetzt werden können. Nachdem er die Folter nicht mehr ertragen habe, habe er zwangsweise unterschrieben und sei dann zur Absolvierung des Trainingsprogramms in eine sehr große Kaserne der staatlichen äthiopischen Armee in Jigjija gebracht worden.

Nach einhelliger Auskunftslage finden jedoch seitens der staatlichen äthiopischen Armee keine Zwangsrekrutierungen von Kindern statt. Es ist daher äußerst unwahrscheinlich, dass die äthiopische Armee versucht hat, den damals 15 Jahre alten Kläger zwangsweise zu rekrutieren. In Äthiopien gibt es bereits seit den 1990er Jahren keine Wehrpflicht mehr. Die äthiopische Armee ist eine Freiwilligenarmee. Das Mindestalter für den (freiwilligen) Eintritt ist 18 Jahre (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Äthiopien vom 22.03.2018, S. 17; siehe auch: Auswärtiges Amt, Auskunft an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vom 29.06.2018 - Gz.: 508-516-80/50791; vgl. https://de.connection-ev.org/article-139). Zwar bestehen gewisse Anhaltspunkte dafür, dass während des äthiopisch-eritreischen Krieges Anfang der 2000er Jahre - trotz Abschaffung der Wehrpflicht - noch Zwangsrekrutierungen - auch von Kindern - stattgefunden haben. Jedenfalls in den letzten Jahren bzw. im letzten Jahrzehnt ist nicht ersichtlich, dass seitens der staatlichen äthiopischen Armee noch Zwangsrekrutierungen von Kindern vorgenommen worden sind. In der Somali-Region, der Heimatregion des Klägers, gibt bzw. gab es allenfalls Hinweise auf Zwangsrekrutierungen durch die sogenannte Liyu-Police. Bei der Liyu-Police handelt es sich um eine „Somali-Sonderpolizei“, die vom der äthiopischen Staat mit schweren Waffen und technischen Gerät ausgestattet wird bzw. wurde, um ONLF-Kämpfer aufzuspüren, von der Bevölkerung zu isolieren und die ONLF zu besiegen. Durch den Einsatz der Liyu-Police wurde die ONLF bis 2010 weitgehend dezimiert und damit ihre Kapazität für größere Kampfaktionen zerschlagen (vgl. Schnellrecherche der SFH-Länderanalyse vom 15.11.2017 zu Äthiopien: Zwangsrekrutierungen durch die Liyu-Police und lokale Milizen in der Somali-Region, S. 3). Die Schweizer Flüchtlingshilfe verweist in der vorstehenden Auskunft auf verschiedene Quellen, die teilweise davon ausgehen, dass selbst die Liyu-Police keine Zwangsrekrutierungen durchgeführt hat. Andererseits zitiert die Schweizer Flüchtlingshilfe auch Quellen, die von Zwangsrekrutierungen durch die Liyu-Police mittels Druck auf Häftlinge berichten. Der Auskunft der Schweizer Flüchtlingshilfe vom 15.11.2017 ist aber zugleich zu entnehmen, dass die Liyu-Police in der Somali-Region derzeit nicht auf Rekrutierungen im großen Rahmen angewiesen ist, da die ONLF dezimiert ist (vgl. SFH a.a.O., S. 9). In Anbetracht der aktuellen politischen Entwicklungen im Frühjahr und Sommer 2018, sind nach Auffassung des Gerichts Zwangsrekrutierungen - selbst durch die Liyu-Police - noch unwahrscheinlicher geworden, da das äthiopische Parlament am 05.07.2018 die Einstufung der ONLF als terroristische Organisation aufgehoben hat und daher ein verstärkter Einsatz bzw. ein erhöhter Personalbedarf der Liyu-Police mit dem Ziel, die ONLF zu bekämpfen, nicht mehr ersichtlich ist (vgl. auch VG Bayreuth, U.v. 23.08.2018 - B 7 K 17.32608 - juris).

Nachdem nicht einmal Zwangsrekrutierungen durch die Liyu-Police im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) beachtlich wahrscheinlich sind, gilt dies erst-recht für Zwangsrekrutierungen durch die staatliche äthiopische Armee. Dem steht auch die Einlassung des Klägers in der mündlichen Verhandlung, in der Somali-Region sei es anders als im übrigen Land, da es dort Probleme mit der ONLF gebe und daher müsse das äthiopische Militär weiterhin auf Zwangsrekrutierungen zurückgreifen, nicht entgegen. Zum einen ist - wie bereits ausgeführt - die ONLF weitgehend dezimiert. Zum anderen wurde zwischenzeitlich die Einstufung der ONLF als terroristische Vereinigung aufgehoben. Letztlich ergeben sich auch nach Auskunftslage keinerlei Hinweise darauf, dass von der äthiopischen Armee in der Somali-Region in jüngerer Vergangenheit noch Zwangsrekrutierungen durchgeführt worden sind.

In diesem Zusammenhang weist das Gericht nochmals darauf hin, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung mehrmals befragt wurde, ob die geschilderten Zwangsmaßnahmen von der Liyu-Police ausgegangen seien. Der Kläger erklärte dem Gericht ausdrücklich und wiederholt, es sei eine Zwangsrekrutierung durch die staatliche Armee gewesen. Er kenne zwar die Liyu-Police, habe zu dieser aber in Äthiopien keinen Kontakt gehabt.

Der Kläger hat daher nicht glaubhaft zur Überzeugung des Gerichts dargelegt, dass ihm eine Zwangsrekrutierung durch das äthiopische Militär droht.

e) Im Ergebnis bleibt festzustellen, dass dem Kläger unter keinem Gesichtspunkt ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zusteht.

2. Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16a Abs. 1 GG zu, da nicht einmal die weitergefassten Voraussetzungen für die Zuerkennung des Flüchtlingsschutzes nach § 3 AsylG vorliegen.

3. Dem Kläger steht kein Anspruch auf subsidiären Schutz gem. § 4 AsylG zu. Er kann sich weder auf § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 AsylG noch auf § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG berufen.

a) Es gibt - insbesondere im Hinblick auf die obigen Ausführungen zum Flüchtlingsschutz - keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland ein ernsthafter Schaden (Todesstrafe, Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung) im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 2 AsylG droht.

b) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf subsidiären Schutz nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3. Nach dieser Vorschrift gilt als ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts. Der Begriff des internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes in § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ist unter Berücksichtigung des humanitären Völkerrechts auszulegen (vgl. BVerwG, U.v. 24.6.2008 - 10 C 43/07 - juris). Danach müssen die Kampfhandlungen von einer Qualität sein, wie sie unter anderem für Bürgerkriegssituationen kennzeichnend sind und über innere Unruhen und Spannungen, wie Tumulte, vereinzelt auftretende Gewalttaten und ähnliche Handlungen, hinausgehen. Bei innerstaatlichen Krisen, die zwischen diesen beiden Erscheinungsformen liegen, scheidet die Annahme eines bewaffneten Konfliktes im Sinne des Art. 15 c QualRL nicht von vornherein aus. Der Konflikt muss aber jedenfalls ein bestimmtes Maß an Intensität und Dauerhaftigkeit aufweisen, wie sie typischerweise in Bürgerkriegsauseinandersetzungen und Guerillakämpfen zu finden sind. Ein solcher innerstaatlicher bewaffneter Konflikt kann landesweit oder regional bestehen und muss sich nicht auf das gesamte Staatsgebiet erstrecken (vgl. BVerwG, U.v. 24.6.2008 a.a.O.). Der Grad willkürlicher Gewalt, der vorliegen muss, kann aber umso geringer sein, je mehr der Schutzsuchende möglicherweise belegen kann, dass er aufgrund von in seiner persönlichen Situation liegenden Umständen spezifisch betroffen ist (vgl. EuGH, U.v. 17.2.2009 - C-465.7 - juris).

Ein innerstaatlicher Konflikt im obigen Sinne ist im Herkunftsland des Klägers nicht ersichtlich (vgl. nur VG Ansbach, U.v. 19.9.2017 - AN 3 K 16.30505 - juris; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 - AN 3 K 16.31836 - juris; VG Bayreuth, U.v. 6.3.2018 - B 7 K 17.32889 - juris). Das Gericht verkennt dabei nicht, dass es insbesondere in der Somali-Region zu vereinzelten Unruhen kommt. Diese Gewaltakte erreichen aber schon im Ansatz nicht das für eine Schutzgewährung hohe Niveau, demzufolge jedem Kläger allein wegen seiner Anwesenheit in dieser Region Schutz nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG zu gewähren ist. Es sind auch keine besonderen, in der Person des Klägers liegenden, Umstände ersichtlich, die auf eine erhöhte Gefährdung im Verhältnis zu sonstigen Angehörigen der Zivilbevölkerung schließen lassen (vgl. auch VG Bayreuth, U.v. 23.08.2018 - B 7 K 17.32608 - juris).

4. Nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG oder § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind ebenfalls nicht gegeben. Insoweit wird zunächst auf den streitgegenständlichen Bescheid Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 VwGO).

a) Hervorzuheben ist insbesondere, dass eine Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse nur in sehr außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung bewertet werden kann und die Voraussetzung des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK erfüllt. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Äthiopien führen nicht zu der Annahme, dass bei einer Abschiebung des Klägers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliegt. Der Kläger ist jung, gesund und erwerbsfähig. Er hat in Äthiopien acht Jahre die Schule besucht und daher zumindest eine gewisse Grundbildung. Es ist ihm zumutbar, in Äthiopien sämtlichen Tätigkeiten, auch schlichten Hilfstätigkeiten, nachzugehen. Warum der Kläger eine solche Beschäftigung bei einer Rückkehr nach Äthiopien nicht erlangen könnte, ist weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich. Daneben kann der Kläger im Bedarfsfall auf Unterstützung im Rahmen des Familienverbundes zurückgreifen. Der Kläger erklärte dem Gericht, eine Tante in Schweden habe ihn bereits bei der Ausreise unterstützt und einen hohen Geldbetrag zusammengesammelt. Es ist nicht ersichtlich, dass sich der Kläger in einer Notsituation nicht wieder an die Tante halten könnte, die ihn - selbst von Schweden aus - mit finanziellen Mitteln unterstützen kann. Darüber hinaus schenkt das Gericht - wie bereits ausgeführt - der klägerischen Einlassung, er habe in Äthiopien keinerlei Verwandte mehr, keinen Glauben. Die hohen Voraussetzungen für die Feststellung eines zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG sind somit schon im Ansatz nicht erfüllt.

b) Dem Kläger droht auch wegen seines Gesundheitszustandes keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen würde.

aa) Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Nach der Rechtsprechung ist die Gefahr, dass sich eine Erkrankung des Ausländers aufgrund der Verhältnisse im Abschiebezielstaat verschlimmert, in der Regel als individuelle Gefahr einzustufen, die am Maßstab von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu prüfen ist (vgl. BVerwG, U.v. 17.10.2006 - 1 C 18/05 - juris). Dabei erfasst diese Regelung nur solche Gefahren, die in den spezifischen Verhältnissen im Zielstaat begründet sind, während Gefahren, die sich aus der Abschiebung als solche ergeben, nur von der Ausländerbehörde als inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis berücksichtigt werden können. Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis kann sich aus der Krankheit eines Ausländers ergeben, wenn diese sich im Heimatstaat wesentlich verschlimmert, weil die Behandlungsmöglichkeiten dort unzureichend sind. Darüber hinaus kann sich - trotz an sich verfügbarer medikamentöser und ärztlicher Behandlung - das Abschiebungsverbot aber auch aus sonstigen Umständen im Zielstaat ergeben, die dazu führen, dass der betroffene Ausländer diese medizinische Versorgung tatsächlich nicht erlangen kann. Denn eine zielstaatsbezogene Gefahr für Leib und Leben besteht auch dann, wenn die notwendige Behandlung oder Medikation zwar allgemein zur Verfügung steht, dem betroffenen Ausländer individuell jedoch aus finanziellen oder sonstigen Gründen nicht zugänglich ist. In die Beurteilung mit einzubeziehen und bei der Gefahrenprognose zu berücksichtigen sind sämtliche zielstaatsbezogenen Umstände, die zu einer wesentlichen Verschlimmerung der Erkrankung führen können. Für die Annahme einer „konkreten Gefahr“ genügt jedoch nicht die bloße theoretische Möglichkeit, Opfer von Eingriffen in Leib, Leben oder Freiheit zu werden. Vielmehr entspricht der Begriff der Gefahr im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG dem asylrechtlichen Prognosemaßstab der „beachtlichen Wahrscheinlichkeit“, wobei allerdings das Element der Konkretheit der Gefahr für „diesen Ausländer“ das zusätzliche Erfordernis einer einzelfallbezogenen, individuell bestimmten oder erheblichen Gefährdungssituation statuiert (vgl. zum Ganzen: BayVGH, B.v. 23.11.2012 - 13a B 12.30061 - juris).

Erforderlich, aber auch ausreichend für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist danach, dass sich die vorhandene schwerwiegende Erkrankung des Ausländers aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen konkreten Gefahr für Leib oder Leben führt, d.h. dass eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht. Von einer wesentlichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes kann nicht schon bei jeder befürchteten ungünstigen Entwicklung des Gesundheitszustandes gesprochen werden, sondern nur bei außergewöhnlichen schweren physischen oder psychischen Schäden oder Zuständen. Dies stellt auch § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG klar, wonach eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden, vorliegt. Insbesondere ist es gemäß § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung in Äthiopien mit der der Versorgung in Deutschland vergleichbar ist (vgl. zum Ganzen auch VG Bayreuth, U.v. 25.01.2018 - B 7 K 17.31917 - juris).

bb) Die geltend gemachten psychischen Erkrankungen des Klägers erfüllen diese Voraussetzungen nicht. Es ist nicht ersichtlich, dass eine wesentliche Verschlechterung einer schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Erkrankung alsbald nach der Rückkehr nach Äthiopien droht.

Mit Schriftsatz vom 16.08.2018 legte der Kläger ein nervenärztliches Attest … vor, wonach die dort tätige Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie, … dem Kläger eine leichte depressive Episode (ICD-10:F32.0) sowie eine posttraumatische Belastungsstörung (ICD10:F43.1) bescheinigt.

(1) Dieses fachärztliche Attest genügt aber schon im Ansatz nicht den Anforderungen an eine Bescheinigung bzw. Substantiierung einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS). Zur Substantiierung eines Vorbringens einer Erkrankung an einer PTBS gehört angesichts der Unschärfen des Krankheitsbildes sowie seiner vielfältigen Symptomatik regelmäßig die Vorlage eines gewissen Mindestanforderungen genügenden fachärztlichen Attests. Aus diesem muss sich nachvollziehbar ergeben, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Dazu gehören etwa Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren sollte das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben. Wird das Vorliegen einer PTBS auf traumatisierende Erlebnisse im Heimatland gestützt und werden die Symptome erst längere Zeit nach der Ausreise aus dem Heimatland vorgetragen, so ist in der Regel auch eine Begründung dafür erforderlich, warum die Erkrankung nicht früher geltend gemacht worden ist. Diese Anforderungen an die Substantiierung ergeben sich aus der Pflicht des Beteiligten, an der Erforschung des Sachverhalts mitzuwirken (§ 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwGO), die in besonderem Maße für Umstände gilt, die in die eigene Sphäre des Beteiligten fallen (vgl. hierzu BVerwG, U. v. 11.09.2007 - 10 C 17/07 - juris).

Diese höchstrichterliche Rechtsprechung hat der Gesetzgeber im Wesentlichen nachvollzogen und Vorgaben zu den qualitativen Anforderungen an ärztliche Atteste in § 60 a Abs. 2c AufenthG gemacht (BayVGH, B.v. 24.1.2018 - 10 ZB 18.30105 - juris; B.v. 9.11.2017 - 21 ZB 17.30468 - juris; VG Bayreuth, B.v. 8.8.2018 - B 7 S 18.31388 - juris). Auch nach dieser Vorschrift wird gesetzlich vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich medizinische Beurteilung des Krankheitsbilds (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich erben, enthalten.

Der fachärztlichen Bescheinigung von Frau … vom 14.08.2018 ist nicht einmal zu entnehmen, wann der Kläger dort vorstellig gewesen ist und wie lange er bereits in fachärztlicher Behandlung ist. Es wird auch mit keinem Wort erwähnt, wie lange der Kläger schon psychische Probleme hat und wie sich der Krankheitsverlauf entwickelt hat. Es fehlt damit schon an einer eingehenden Anamnese und Exploration der Ärztin. Die Ärztin hat offensichtlich ungefiltert den Sachvortrag des Klägers übernommen und legt diesen uneingeschränkt der Diagnoseerstellung zugrunde. Nach Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung war bei dem 45-minütigem Arzttermin nicht einmal ein Dolmetscher zugegen. Es ist daher für das Gericht nicht nachvollziehbar, wie die Ärztin sich ein Bild von der Schlüssigkeit des klägerischen Vorbringens hat machen können. Nach dem Eindruck des Gerichts in der mündlichen Verhandlung drängt sich vielmehr der Verdacht auf, dass die Angaben gegenüber der Ärztin weitgehend vom Betreuer des Klägers, der beim Arzttermin zugegen war, gemacht wurden. Es widerspricht daher jeglicher ärztlicher Kunst und Sorgfaltspflicht, mit dem lapidaren Passus, „die vom Patienten geschilderten und von mir erhobenen Befunde lassen sich eindeutig mit den Diagnosen leichte depressive Störung und posttraumatische Belastungsstörung in Einklang bringen“ vorbehaltlos eine posttraumatische Belastungsstörung zu diagnostizieren. Dies gilt vorliegend umso mehr, da der Kläger - nach eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung - schon seit seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland im Frühjahr 2015 mit psychischen Problemen zu kämpfen haben will. Plausible Anhaltspunkte dafür, warum sich der Kläger erst nunmehr - eine Woche vor der mündlichen Verhandlung im Asylverfahren - in fachärztlicher Behandlung begeben hat, enthalten weder das ärztliche Attest, noch der klägerische Vortrag in der mündlichen Verhandlung. Für das Gericht drängt sich daher der Verdacht auf, dass mit dem Vortrag einer posttraumatischen Belastungsstörung die Erfolgsaussichten für ein Abschiebeverbot gesteigert werden sollen.

Nach Auswertung des ärztlichen Attestes und dem Vorbringen des Klägers in der mündlichen Verhandlung ist daher eine PTBS beim Kläger nicht substantiiert dargelegt. In diesem Zusammenhang sei nochmals darauf hingewiesen, dass der Kläger widersprüchliche und unglaubwürdige bzw. gesteigerte Angaben zu den traumatisierenden Ereignissen (Inhaftierung und Folter durch das Militär, Verhaftung im Sudan) gemacht hat, so dass nicht einmal eindeutig und nachvollziehbar die auslösenden Ereignisse geklärt bzw. beleuchtet sind.

(2) Soweit eine leichte depressive Episode bescheinigt wird, erfüllt das Attest ebenfalls nicht die Anforderungen des § 60a Abs. 2c AufenthG. Zudem handelt es sich bei der leichten depressiven Episode schon im Ansatz um keine schwerwiegende oder lebensbedrohliche Erkrankung, die sich alsbald bei einer Abschiebung nach Äthiopien wesentlich verschlechtern würde, handelt (§ 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG).

(3) Psychische Erkrankungen - grundsätzlich auch eine PTBS - sind darüber hinaus selbst in Äthiopien behandelbar. Psychiatrische Behandlungen werden in mehreren Krankenhäusern in Addis Abeba angeboten. Insbesondere sind in Äthiopien auch verschiedene Psychopharmaka erhältlich, z.B.: Amitrypilline, Carbamazpine, Clonazpam, Diazepam, Haloperidol, Imipramine, Sodium, Volporate sowie Triflurperazine (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Äthiopien: Psychiatrische Versorgung vom 05.09.2013, Blatt 6). Auch wenn die vom Kläger derzeit eingenommenen Medikamente in Äthiopien nicht verfügbar sein sollten, ist es ihm zumutbar, sich z.B. über das ZIRF-Counselling Projekt über erhältliche Medikamente in Äthiopien zu erkundigen und sich - ggf. mit einem in Deutschland angelegten Medikamentenvorrat - auf eine Medikamentenumstellung in Äthiopien einzulassen. § 60 Abs. 7 AufenthG dient nämlich nicht dazu, eine bestehende Erkrankung optimal zu behandeln oder ihre Heilungschancen zu verbessern. Insbesondere bietet diese Vorschrift keinen allgemeinen Anspruch auf Teilhabe am medizinischen Fortschritt und Standard in der medizinischen Versorgung in Deutschland. Der Kläger muss sich auf den Standard der Gesundheitsversorgung in seinem Heimatland verweisen lassen, auch wenn dieses dem Niveau in Deutschland sicherlich nicht entspricht (vgl. § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG).

Für das Gericht ist auch nicht ersichtlich, dass der Kläger eine in seinem Heimatland übliche Behandlung seiner psychischen Probleme nicht erreichen könnte oder dass eine Behandlung in Äthiopien unzumutbar wäre. Bei finanziellen Engpässen kann er über die Beantragung einer Armutskarte bei seiner Heimatgemeinde die Finanzierung der medizinischen Behandlung über den Staat beantragen (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Äthiopien: Psychiatrische Versorgung vom 05.09.2013, Blatt 9). Soweit im ärztlichen Attest vom 14.08.2018 ausgeführt wird, in Äthiopien könne eine psychische Behandlung nicht durchgeführt werden, da der Kläger dort eine bedrohliche Situation zu befürchten habe, sowie dass Grundvoraussetzung für eine Stabilisierung und Verarbeitung einer posttraumatischen Belastungsstörung ein sicherer Aufenthaltsort sei, ist darauf hinzuweisen, dass diese Ausführungen ebenfalls vage und oberflächlich sind. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass der Kläger im Heimatland eine bedrohliche Situation zu befürchten hat, da die Fluchtgeschichte jenseits jeglicher Glaubwürdigkeit liegt.

cc) Im Übrigen - und ohne dass es noch entscheidungserheblich darauf ankommt - macht das Gericht von seinem Ermessen Gebrauch und weist das Vorbringen hinsichtlich einer psychischen Erkrankung des Klägers gem. § 74 Abs. 2 Satz 2 AsylG i. V. m. § 87b Abs. 3 VwGO als präkludiert zurück.

Nach § 74 Abs. 2 Satz 1 AsylG hat der Kläger die zur Begründung seiner Klage dienenden Tatsachen und Beweismittel binnen einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Entscheidung anzugeben. Nach § 87b Abs. 3 Satz 1 VwGO kann das Gericht Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf der obigen Frist vorgebracht werden, zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde, der Beteiligte die Verspätung nicht genügend entschuldigt und der Beteiligte über die Folgen der Fristversäumung belehrt worden ist. Der Kläger wurde sowohl von der Beklagten im Bescheid vom 30.06.2017 als auch vom Gericht in der Klageeingangsmitteilung darauf hingewiesen, dass die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel innerhalb eines Monats nach Zustellung des Bescheids anzugeben sind. Die Erkrankung des Klägers wurde aber erstmals am 16.08.2018 - und damit unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung - vorgebracht, obwohl der Kläger nach eigenen Angaben seit 2015 psychische Probleme hat. Weiterhin wurde der Kläger mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung - unter Hinweis auf § 87b Abs. 3 VwGO - nochmals aufgefordert, bis zum 01.08.2018 evtl. verfahrensrelevante gesundheitliche Beeinträchtigungen vorzubringen. Auch innerhalb dieser Frist erfolgte kein entsprechender Vortrag, obwohl nach Angaben in der Verhandlung eine Wartezeit von einem Monat für den Facharzttermin am … bestanden haben soll. Zwar ist das Attest auf den 14.08.2018 datiert und konnte daher - denknotwendigerweise - nicht innerhalb Monatsfrist des § 74 Abs. 2 AsylG bzw. bis zum 01.08.2018 vorgelegt werden, jedoch sind nach § 74 Abs. 2 Satz 1 AsylG bzw. § 87b Abs. 2 VwGO nicht nur Beweismittel, sondern auch die zur Klagebegründung dienenden Tatsachen und Erklärungen innerhalb der maßgeblichen Fristen vorzubringen. Es wäre dem anwaltlich vertretenen Kläger daher ohne weiteres zuzumuten gewesen, fristgerecht die Erkrankung des Klägers vorzubringen. Entschuldigungsgründe sind weder dargetan noch anderweitig ersichtlich. Letztlich würde die Berücksichtigung des verspäteten Vortrags nach Überzeugung des Gerichts zur Verzögerung der Erledigung des Rechtsstreits führen, da in diesem Fall das Gericht - in Anbetracht des unbrauchbaren Attestes - weitere Ermittlungen zum Krankheitsbild anstellen müsste.

5. Es bestehen auch gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung einschl. der Zielstaatbestimmung im Hinblick auf § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG keine Bedenken. Zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, auf den gemäß § 77 Abs. 1 AsylG abzustellen ist, sind Gründe, die dem Erlass der Abschiebungsandrohung gegenüber dem Kläger entgegenstünden, nicht ersichtlich. Denn er ist, wie oben ausgeführt, nicht als Flüchtling oder Asylberechtigter anzuerkennen. Ihm steht auch kein subsidiärer Schutz oder ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG zu. Er besitzt zudem keine asylunabhängige Aufenthaltsgenehmigung (§ 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 Abs. 1 und 2 AufenthG).

6. Gründe, die gegen die Rechtmäßigkeit der von der Beklagten festgesetzten Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots sprechen, liegen nicht vor.

7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gem. § 83b AsylG nicht erhoben. Der Gegenstandswert bestimmt sich nach § 30 RVG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

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Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Ber

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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

Die Verfolgung kann ausgehen von

1.
dem Staat,
2.
Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder
3.
nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.

(1) Schutz vor Verfolgung kann nur geboten werden

1.
vom Staat oder
2.
von Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen,
sofern sie willens und in der Lage sind, Schutz gemäß Absatz 2 zu bieten.

(2) Der Schutz vor Verfolgung muss wirksam und darf nicht nur vorübergehender Art sein. Generell ist ein solcher Schutz gewährleistet, wenn die in Absatz 1 genannten Akteure geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung darstellen, und wenn der Ausländer Zugang zu diesem Schutz hat.

(3) Bei der Beurteilung der Frage, ob eine internationale Organisation einen Staat oder einen wesentlichen Teil seines Staatsgebiets beherrscht und den in Absatz 2 genannten Schutz bietet, sind etwaige in einschlägigen Rechtsakten der Europäischen Union aufgestellte Leitlinien heranzuziehen.

Die Verfolgung kann ausgehen von

1.
dem Staat,
2.
Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder
3.
nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.

(1) Schutz vor Verfolgung kann nur geboten werden

1.
vom Staat oder
2.
von Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen,
sofern sie willens und in der Lage sind, Schutz gemäß Absatz 2 zu bieten.

(2) Der Schutz vor Verfolgung muss wirksam und darf nicht nur vorübergehender Art sein. Generell ist ein solcher Schutz gewährleistet, wenn die in Absatz 1 genannten Akteure geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung darstellen, und wenn der Ausländer Zugang zu diesem Schutz hat.

(3) Bei der Beurteilung der Frage, ob eine internationale Organisation einen Staat oder einen wesentlichen Teil seines Staatsgebiets beherrscht und den in Absatz 2 genannten Schutz bietet, sind etwaige in einschlägigen Rechtsakten der Europäischen Union aufgestellte Leitlinien heranzuziehen.

(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er

1.
in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und
2.
sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.

(2) Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt, sind die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2011/95/EU zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind genaue und aktuelle Informationen aus relevanten Quellen, wie etwa Informationen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge oder des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, einzuholen.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger, äthiopischer Staatsangehöriger, dem Volk der Ogaden zugehörig und sunnitischen Glaubens, reiste nach eigenen Angaben am 18.09.2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am …2016 einen Asylantrag.

Bei der persönlichen Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am … gab der Kläger im Wesentlichen an, er stamme aus dem Dorf … im Bezirk Jijiga. Dort habe er drei Jahre die Schule besucht und später mit seinem Onkel Autos repariert. Zuletzt habe er bei seinem Onkel und dessen Familie gelebt.

Äthiopien habe er aufgrund von Problemen mit der ONLF und der Liyu-Police verlassen. Beide Organisationen hätten ihn und seine Familie oft misshandelt. Sein Vater habe als Polizist für die Regierung gearbeitet und sei deswegen verstärkt geschlagen und misshandelt worden. Im Alter von 13 oder 14 Jahren habe die ONLF den Kläger eines Tages getreten und geschlagen. Hierbei sei sein Arm gebrochen worden. Einige Zeit später sei die Liyu-Police zur klägerischen Familie nach Hause gekommen und habe seine kleine Schwester vergewaltigt und seine Mutter mit einem Gewehr so auf den Kopf geschlagen, dass diese bewusstlos gewesen sei. Seine Mutter sei daran sieben bis acht Monate später verstorben. Sein Vater habe sich zu dieser Zeit nicht zu Hause aufgehalten. Dieser sei von der Regierung verdächtigt worden, für die ONLF gearbeitet zu haben. Deswegen sei der Vater von der Regierung verhaftet und misshandelt worden. Obwohl sein Vater eigentlich fünf Jahre eingesperrt bleiben sollte, habe dieser nach drei Jahren fliehen können und sich versteckt. Als der Vater erfahren habe, was seiner Schwester und der Mutter widerfahren sei, habe der Vater das Land verlassen. Der Kläger hingegen habe erst nach dem Tod seiner Mutter - zusammen mit seinem Bruder - seinen Heimatort verlassen und sei zu seinem Onkel geflohen, bei dem er sich ein Jahr aufgehalten habe. Bei seinem Onkel habe er nicht bleiben können, da er sich mit dessen Frau nicht verstanden habe. Daher habe er im März oder April 2015 sein Heimatland verlassen Darüber hinaus habe er Äthiopien verlassen, weil er erfahren habe, dass von der Regierung nach ihm gesucht werde. Während der Zeit bei seinem Onkel habe er bei den Fahrern gearbeitet und beim Transport von Waren geholfen. Manchmal hätten sie dabei in verbotener Weise Waren oder Personen transportiert. Dafür sei ihm eine Geldstrafe von 5000 Dollar auferlegt worden. Da er die Summe nicht habe bezahlen können, sei er zu drei Jahren Gefängnis verurteilt worden. Nach einer Woche sei der jedoch entlassen worden, da er noch minderjährig gewesen sei. Als er zwei Monate nach seiner Freilassung erfahren habe, dass die Regierung trotz der Freilassung nach ihm suche, habe er sich entschlossen, das Land zu verlassen.

Mit Bescheid vom 17.07.2017, zugestellt mit Postzustellungsurkunde am 19.07.2017, lehnte die Beklagte die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziff. 1) und den Antrag auf Asylanerkennung (Ziff. 2) ab. Der subsidiäre Schutzstatus wurde ebenfalls nicht zuerkannt (Ziff. 3). Die Beklagte stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziff. 4). Dem Kläger wurde die Abschiebung nach Äthiopien angedroht (Ziff. 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gem. § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziff. 6).

Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus, der Kläger sei kein Flüchtling im Sinne des § 3 AsylG. Er habe seine begründete Furcht vor Verfolgung nicht glaubhaft gemacht. Aus den Schilderungen des Klägers, dass ihm durch die ONLF der Arm gebrochen worden sei und einige Zeit später die Liyu-Police zu ihnen nach Hause gekommen sei, lasse sich nichts entnehmen, was auf eine individuelle Verfolgung wegen eines flüchtlingsrechtlich relevanten Merkmals i.S.d. § 3b AsylG hindeute. Es sei auch nicht erkennbar, dass dem Kläger ein solches Merkmal nach § 3b Abs. 2 AsylG durch etwaige Verfolger zugeschrieben worden sei. Es ergebe sich vielmehr der Eindruck, dass es sich um bloße Willkür dieser Organisationen gehandelt habe und nicht um eine speziell auf dem Kläger ausgerichtete zielgerichtete Verfolgung. Weiterhin fehle es am Kausalzusammenhang zwischen den angeblichen Vorfällen und der Ausreise. Der Kläger habe sich nach den Vorfällen noch über ein Jahr in seinem Heimatland bei seinem Onkel aufgehalten, ohne dass diesem was zugestoßen sei. Soweit der Kläger ferner angegeben habe, nicht bei seinem Onkel bleiben zu können, weil ihn dessen Frau psychisch fertig gemacht habe, lasse sich hieraus keine Asylrelevanz ableiten, da es sich um einen innerfamiliären Konflikt handle, welcher sich nicht unter den Voraussetzungen des § 3 AsylG subsumieren lasse. Aus dem weiteren Vorbringen des Kläger, wonach er für eine Woche inhaftiert und danach von der Regierung gesucht worden sei, ergebe sich ebenso wenig ein flüchtlingsrechtlich relevantes Anknüpfungsmerkmal i.S.d. § 3b AsylG. Dem Vortrag des Klägers lasse sich nichts entnehmen, weshalb die Regierung nunmehr auf der Suche nach ihm sein soll. Dies erschließe sich umso weniger, da der Kläger aufgrund seiner damaligen Minderjährigkeit trotz Verurteilung zu drei Jahren Haft nach einer Woche freigelassen worden sein soll.

Die Voraussetzungen der Asylanerkennung gemäß Art. 16a GG seien ebenfalls nicht gegeben, da nicht einmal der weitergefasste Schutzbereich des § 3 AsylG einschlägig sei.

Dem Kläger stehe auch kein Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus zu. Aus seinem Vorbringen sei nicht ersichtlich, dass ihm ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 1 AsylG drohe. Weiterhin seien auch die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Nr. 2 AsylG nicht erfüllt. Es seien auch keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass der Kläger bei einer Rückkehr in das Visier möglicher Verfolger gelange und ihm deshalb ein ernsthafter Schaden i.S.d. § 4 Abs. 1 Nr. 2 AsylG drohe. Es fehle bei einem Teil der geschilderten Vorfälle bereits am objektiven Zusammenhang zwischen erlittener Verfolgung und der späteren Ausreise. Weiterhin sei nicht erkennbar, dass die Regierung bei einer Rückkehr ein so erhebliches Interesse an der Person des Klägers habe, dass ihm ein ernsthafter Schaden drohe. Insbesondere erschließe sich nicht, weshalb die Regierung zwei Monate nach der Freilassung des Klägers auf der Suche nach diesem gewesen sein soll. Bei einem ernsthaften Interesse am Kläger hätte er ohne weiteres von der Regierung ausfindig gemacht werden können oder er wäre zumindest in Haft geblieben. Letztlich lägen dem Bundesamt auch keine Erkenntnisse vor, wonach in Äthiopien ein internationaler oder innerstaatlicher bewaffneter Konflikt i.S.d. § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG herrsche.

Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG seien ebenfalls nicht ersichtlich. Die Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse könne nur in außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i.S.d. § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK bewertet werden. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Äthiopien würden nicht zu der Annahme führen, dass bei Abschiebung des Klägers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliege. Auch unter Berücksichtigung der individuellen Umstände des Klägers sei die Wahrscheinlichkeit einer Verletzung des Art. 3 EMRK durch die Abschiebung nicht beachtlich. Bei einer Rückkehr nach Äthiopien könne im Allgemeinen von der Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums ausgegangen werden. Der Kläger sei jung, gesund und erwerbsfähig. Auch vor seiner Ausreise sei es ihm gelungen, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Es sei nicht ersichtlich, warum dies nicht auch bei einer Rückkehr wieder der Fall sei.

Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG seien weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.

Mit undatiertem Schreiben, eingegangen beim Verwaltungsgericht Bayreuth am 26.07.2017, erhob der Kläger Klage gegen den Bescheid vom 17.07.2017 und beantragt,

ihn als Asylberechtigten anzuerkennen und ihm die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylG zuzuerkennen, hilfsweise subsidiären Schutz gemäß § 4 AsylG zu gewähren, weiter hilfsweise, festzustellen, dass Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Mit Schriftsatz vom 02.08.2017 beantragt die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht sich die Beklagte auf die angefochtene Entscheidung.

Mit Schriftsatz vom 04.08.2017 zeigte der Bevollmächtigte die Vertretung des Klägers an.

Mit weiterem Schriftsatz vom 09.02.2018 legte der Klägerbevollmächtige einen undatierten Bericht des Klägers vor, in dem der Kläger über die Ermordung seines Vaters am 06.12.2017 berichtet. Der Kläger befürchte bei einer Rückkehr ein ähnliches Schicksal zu erleiden. Demnach habe der Kläger durch einen Facebook-Eintrag eines Cousins vom 06.12.2017 und durch ein Telefonat mit seiner Stiefmutter am darauffolgenden Tag erfahren, dass sein Vater ermordet worden sei. Angreifer aus der Volksgruppe der Oromo hätten den Vater auf der Straße angesprochen, ob er Somali sei. Nachdem die Unbekannten somalisch gesprochen hätten, sei der Vater davon ausgegangen, dass es Männer der somalischen Volksgruppe seien. Deshalb habe er bestätigt, dass er Somali sei. Daraufhin hätten die Angreifer den Vater auf der Straße erschossen.

Mit Beschluss der Kammer vom 20.06.2018 wurde der Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung am 20.08.2018 wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Ergänzend wird auf die Gerichts- und Behördenakte verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Gründe

Die zulässige Klage bleibt ohne Erfolg. Der Kläger hat im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG noch einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter. Die Zuerkennung des subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG scheidet ebenfalls aus. Es liegen auch keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor. Die Abschiebungsandrohung sowie die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes sind nicht zu beanstanden. Der angefochtene Bescheid ist somit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO).

1. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG liegen nicht vor.

Nach § 3 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 AsylG besteht ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft dann, wenn sich der Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will und er keine Ausschlusstatbestände erfüllt. Eine solche Verfolgung kann nicht nur vom Staat ausgehen (§ 3c Nr. 1 AsylG), sondern auch von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (§ 3c Nr. 2 AsylG) oder nicht staatlichen Akteuren, sofern die in Nrn. 1 und 2 genannten Akteure einschl. internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage sind oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (§ 3c Nr. 3 AsylG). Allerdings wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylG hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (§ 3e Abs. 1 AsylG).

Für die richterliche Überzeugungsbildung im Sinne von § 108 Abs. 1 VwGO gilt Folgendes:

Das Gericht muss sich die volle Überzeugung von der Wahrheit des behaupteten Verfolgungsschicksals und der Wahrscheinlichkeit der Verfolgungsgefahr bilden. Eine bloße Glaubhaftmachung in der Gestalt, dass der Vortrag lediglich wahrscheinlich sein muss ist nicht ausreichend (vgl. grundlegend BVerwG, U.v. 16.4.1985 - 9 C 109.84 - juris). Es ist vielmehr der asylrechtliche Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zu Grunde zu legen. Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhaltes die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine „qualifizierende“ Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Hierbei darf das Gericht jedoch hinsichtlich der Vorgänge im Verfolgerland, die zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder der Feststellung eines Abschiebungsverbotes führen sollen, keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen, sondern muss sich in tatsächlich zweifelhaften Fragen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, auch wenn Zweifel nicht völlig auszuschließen sind (BVerwG, U.v. 16.4.1985 a.a.O.). Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 20.2.2013 - 10 C 23/12 - juris; VG Augsburg, U.v. 11.7.2016 - Au 5 K 16.30604 - juris).

Nach Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 ist hierbei die Tatsache, dass ein Kläger bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweise darauf, dass die Furcht des Klägers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Kläger erneut von solcher Verfolgung und einem solchen Schaden bedroht wird. Diese Regelung privilegiert den von ihr erfassten Personenkreis bei einer Vorverfolgung durch eine Beweiserleichterung, nicht aber durch einen herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab. Die Vorschrift begründet für die von ihr begünstigten Kläger eine widerlegbare Vermutung dafür, dass sie erneut von einem ernsthaften Schaden bei einer Rückkehr in ihr Heimatland bedroht werden. Dadurch wird der Kläger, der bereits einen ernsthaften Schaden erlitten hat oder von einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die einen solchen Schaden begründenden Umstände bei Rückkehr in sein Herkunftsland erneut realisieren werden.

Als vorverfolgt gilt ein Schutzsuchender dann, wenn er aus einer durch eine eingetretene oder unmittelbar bevorstehende politische Verfolgung hervorgerufenen ausweglosen Lage geflohen ist. Die Ausreise muss das objektive äußere Erscheinungsbild einer unter dem Druck dieser Verfolgung stattfindenden Flucht aufweisen. Das auf dem Zufluchtsgedanken beruhende Asyl- und Flüchtlingsrecht setzt daher grundsätzlich einen nahen zeitlichen (Kausal-) Zusammenhang zwischen der Verfolgung und der Ausreise voraus. Es obliegt aber dem Schutzsuchenden, sein Verfolgungsschicksal glaubhaft zur Überzeugung des Gerichts darzulegen. Er muss daher die in seine Sphäre fallenden Ereignisse, insbesondere seine persönlichen Erlebnisse, in einer Art und Weise schildern, die geeignet ist, seinen geltend gemachten Anspruch lückenlos zu tragen. Dazu bedarf es - unter Angabe genauer Einzelheiten - einer stimmigen Schilderung des Sachverhalts. Daran fehlt es in der Regel, wenn der Schutzsuchende im Lauf des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellungen nach der Lebenserfahrung oder auf Grund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe nicht nachvollziehbar erscheinen, und auch dann, wenn er sein Vorbringen im Laufe des Verfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Begehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (VGH BW, U.v. 27.8.2013 - A 12 S 2023/11 - juris; HessVGH, U.v. 4.9.2014 - 8 A 2434/11.A - juris).

Gemessen an diesen Maßstäben hat der Kläger eine an den Merkmalen des § 3 Abs. 1 AsylG ausgerichtete Verfolgung nicht glaubhaft gemacht. Das Gericht folgt diesbezüglich zunächst vollumfänglich den Ausführungen im angefochtenen Bescheid (§ 77 Abs. 2 AsylG).

Selbst unter Berücksichtigung der Schilderungen des Klägers im Klageverfahren besteht kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.

Die Ausführungen des Klägers sind in den entscheidenden Punkten vage, detailarm und darüber hinaus von teils massiven Widersprüchlichkeiten und Steigerungen geprägt. Das Gericht schenkt daher der Fluchtgeschichte des Klägers keinen Glauben.

a) Der Kläger hat seinen Sachvortrag in der mündlichen Verhandlung am 20.08.2018 - völlig unglaubwürdig - gesteigert, in dem er dem Gericht erklärte, er sei von der ONLF inhaftiert worden, damit er sich dieser anschließe. Während des Aufenthalts im Lager sei ihm die Hand gebrochen worden. Aus der Gefangenschaft habe er nur entkommen können, weil die ONLF-Leute getürmt seien und Regierungstruppen die Gefangenen befreit hätten. Von einer derartigen Inhaftierung bzw. beabsichtigten Zwangsrekrutierung durch die ONLF sowie einer Gefangenenbefreiung durch die Regierungstruppen war jedoch im bisherigen Verfahren nicht einmal im Ansatz die Rede. Der Kläger erklärte bei der persönlichen Anhörung beim Bundesamt lediglich, es habe Probleme mit der ONLF und der Liyu-Police gegeben. Die ONLF sei abends in die Dörfer gekommen und habe die Bewohner misshandelt. Die Ortsbewohner seien dabei mit den Händen nach hinten gefesselt worden. Dabei sei sein Arm gebrochen.

Auf Vorhalt des Gerichts erklärte der Kläger lediglich pauschal und gerichtsbekannt, er habe die Inhaftierung in einem Lager und die Freilassung durch die Regierungstruppen beim Bundesamt nicht geschildert, da man ihn nicht danach gefragt habe. Deswegen habe er nur von einem gebrochenen Arm durch die OLNF berichtet. Näheres habe das Bundesamt nicht wissen wollen. Im Rahmen weiterer Vorhalte durch das Gericht führte der Kläger letztlich den unterbliebenen Sachvortrag auf ein Verschulden seines Bevollmächtigten zurück. Er erklärte dem Gericht, er habe kaum Kontakt zu seinem Anwalt gehabt und deswegen habe keine Möglichkeit bestanden, dies seinem Anwalt zu erzählen bzw. vorzutragen. Dieses Vorbringen in der mündlichen Verhandlung stellt auch nicht nur ansatzweise einen Rechtfertigungsgrund für den unterbliebenen Sachvortrag beim Bundesamt dar. Der Kläger hat insbesondere gegenüber dem Bundesamt bestätigt, dass es keine Verständigungsschwierigkeiten gegeben hat und er ausreichend Gelegenheit hatte, sämtliche relevanten Aspekte vorzutragen. Die Einlassungen in der mündlichen Verhandlung hinsichtlich des unterbliebenen Sachvortrags stuft das Gericht daher als reine Schutzbehauptung - verbunden mit dem völlig unglaubwürdigen Versuch, sein gesteigertes Vorbringen zu rechtfertigen - ein. Die Unglaubwürdigkeit der (versuchten) Zwangsrekrutierung wird ferner durch die aktuelle Auskunftslage untermauert. Der Auskunftslage eindeutig zu entnehmen, dass - zumindest in den letzten Jahren - keine Fälle von Zwangsrekrutierungen seitens der ONLF bekannt sind. Das Gericht verweist insoweit auf die Auskunft des Auswärtigen Amtes an das Bundesamt vom 18.05.2018 (Gz.: 508-516.80/50028), welche zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurde. Aufgrund der Auskunftslage und des unglaubwürdigen Vorbringens des Klägers ist schon im Ansatz nicht beachtlich wahrscheinlich, dass der Kläger in Äthiopien von einer Zwangsrekrutierung durch die ONLF betroffen war bzw. dass er bei einer Rückkehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer solchen Maßnahme ausgesetzt sein würde.

b) Auch der Vortrag des Klägers hinsichtlich seines Kontaktes mit der Liyu-Police führt nicht zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Gegenüber dem Bundesamt berichtete der Kläger lediglich allgemein von Problemen mit der Liyu-Police in seiner Heimatregion bzw. von der Vergewaltigung seiner Schwester und der Misshandlung seiner Mutter durch die LiyuPolice. Eine konkret individuelle Verfolgungshandlung durch die Liyu-Police hat der Kläger beim Bundesamt - trotz ausdrücklicher Frage des Entscheiders - gerade nicht vorgetragen. Er erklärte lediglich pauschal und nichtssagend, die Liyu-Police habe die Macht von der Regierung bekommen aufzupassen. Diese mache aber trotzdem was sie wolle. Die Liyu-Police könne der eigenen Mutter etwas antun. Sie würden von der Regierung gezwungen, so etwas zu machen.

Dem Gericht erklärte er dagegen in der mündlichen Verhandlung, auch die Liyu-Police habe im Alter von 13 Jahren von ihm gefordert, dass er sich dieser anschließe. Als das Gericht insoweit nachhakte, „ruderte“ der Kläger zurück und erklärte dem Gericht, die Liyu-Police sei noch nicht konkret auf ihn zugekommen, da er erst 13 Jahre alt gewesen sei. Er befürchte aber, dass er später irgendwann einmal gezwungen werde, der Liyu-Police beizutreten. Konkret sei ihm aber bislang durch die Liyu-Police nichts passiert. Damit ist auch der neuerliche Versuch des Klägers in der mündlichen Verhandlung, eine (weitere) konkret individuelle Verfolgungshandlung zu konstruieren, aufgeflogen und entkräftet. Der Kläger hat letztlich selbst zugegeben, dass er keiner Verfolgungshandlung im Sinne des § 3a AsylG durch die Liyu-Police ausgesetzt gewesen war. Bloße Befürchtungen zu zukünftigen Ereignissen rechtfertigen schon nicht im Ansatz die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Dies gilt im vorliegenden Fall umso mehr, da die Liyu-Police in der Somali-Region nach der aktuellen Auskunft der Schweizer Flüchtlingshilfe (Schnellrecherche der SFH-Länderanalyse vom 15.10.2017 zu Äthiopien: Zwangsrekrutierung durch die Liyu Police und lokale Milizen in der Somali-Region) derzeit - wegen einer Dezimierung der ONLF - nicht auf Rekrutierungen im großen Rahmen angewiesen ist. In Anbetracht der aktuellen politischen Entwicklungen im Frühjahr und Sommer 2018 sind nach Auffassung des Gerichts Zwangsrekrutierungen durch die Liyu-Police noch unwahrscheinlicher geworden, da das äthiopische Parlament am 05.07.2018 die Einstufung der ONLF als terroristische Organisation aufgehoben hat und daher ein verstärkter Einsatz bzw. ein erhöhter Personalbedarf der - von der Regierung als Sonderpolizei in der Somali-Region gestellten - Liyu-Police mit dem Ziel, die ONLF zu bekämpfen, nicht mehr ersichtlich ist (vgl. https://www.aljazeera.com/news/2018/06/ethiopia-olf-onlf-ginbot-7-terror-list-180630110501697.html).

c) Völlig unglaubwürdig sind darüber hinaus die Angaben des Klägers zum Kontakt mit seinem Vater bzw. zum Aufenthaltsort des Vaters. Der Kläger erklärte zunächst, sein Vater sei für drei Jahre ins Gefängnis gesteckt worden, da diesem durch die Regierung eine Zusammenarbeit mit der ONLF unterstellt worden sei. Obwohl der Vater fünf Jahre in Haft hätte bleiben sollen, sei es diesem gelungen, nach drei Jahren sein Gefängnis - eine Art Brunnen - zu verlassen. Befragt zu den näheren Umständen der Verhaftung erklärte der Kläger in der mündlichen Verhandlung zunächst, er sei ungefähr 12 Jahre alt gewesen, als sein Vater verhaftet worden sei. Im weiteren Verlauf der mündlichen Verhandlung änderte der Kläger sodann seine Angaben und führte aus, er sei neun Jahre alt gewesen, als sein Vater verhaftet worden sei. Im Alter von 12 Jahren habe er mitbekommen, dass sein Vater aus dem Gefängnis geflohen sei. Danach habe er seinen Vater nochmal gesehen, nämlich ca. zwei bis drei Jahre vor der Ausreise des Klägers. Im Anschluss korrigierte sich der Kläger erneut und führte gegenüber dem Gericht aus, er habe ca. zwei Jahre vor seiner Ausreise seinen Vater noch einmal gesehen. Der Vater sei nach der Freilassung in eines der Nachbarländer Äthiopiens geflohen, er wisse aber nicht, wohin. Im weiteren Verlauf der mündlichen Verhandlung führte der Kläger dann beiläufig aus, dass in der Zeit, als er bei seinem Onkel gewesen sei, nämlich für einen Zeitraum von ca. einem Jahr vor seiner Ausreise, der Vater zum Onkel nach Jijija gekommen sei und er den Vater dort getroffen habe. Auf Vorhalt des Gerichts zu den widersprüchlichen Angaben hinsichtlich des letzten Treffens mit seinem Vater, flüchtete sich der Kläger wiederum nur in Ausflüchte und erklärte, er habe mit seinen vorherigen Angaben lediglich gemeint, dass er seinen Vater zwei Jahre lang nicht mehr gesehen habe, bis der Vater zum Onkel gekommen sei. Dies sei etwa zwei Monate vor der Ausreise gewesen. Im Gesamtkontext mit den völlig widersprüchlichen Angaben zu den Aufenthaltsorten seines Vaters stuft das Gericht auch diesen Vortrag bzw. den Versuch einer Rechtfertigung als unglaubwürdig ein. Der Kläger erklärte nämlich dem Gericht trotz mehrmaliger Nachfragen, er wisse nicht genau, wo sein Vater nach der Flucht aus dem Gefängnis gewesen sei und ob der Vater nach dem Besuch beim Onkel in Jijija wieder ins Ausland zurückgekehrt sei. Dies ist mehr als verwunderlich, da der Kläger mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 09.02.2018 noch vortragen ließ, sein Vater sei vor fast drei Jahren nach Dschibuti geflohen und erst im Frühjahr 2017 von dort aus wieder nach Äthiopien zurückgekehrt. In der mündlichen Verhandlung wollte der Kläger hingegen weder wissen, wohin genau sein Vater geflohen ist, noch, ob sein Vater nach dem Besuch bei seinem Onkel in Jijija im Frühjahr 2015 in Äthiopien verblieben oder nochmals ins Ausland zurückgekehrt ist.

d) Für schlicht gelogen hält das Gericht den klägerischen Vortrag zum Tod seine Vaters. Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 09.02.2018 ließ der Kläger vortragen, er habe zum letzten Mal im November 2017 mit seinem Vater telefoniert, der von zunehmenden Spannungen zwischen den Volksgruppen Oromo und Somali berichtet habe. Ferner habe sein Vater ihm erzählt, dass sein Onkel ermordet worden sei. Durch einen Facebook-Eintrag seines Cousin … vom 06.12.2017, der bei Facebook unter dem Namen … … angemeldet sei, und durch ein Telefonat mit seiner Stiefmutter am darauffolgenden Tag habe er erfahren, dass sein Vater am 06.12.2017 auf der Straße erschossen worden sei. Diese Einlassung erweist sich jedoch in der mündlichen Verhandlung unter mehreren Gesichtspunkten als grob widersprüchlich und unglaubwürdig. Zum einen erklärte er dem Gericht in der mündlichen Verhandlung, er habe zuletzt Anfang 2017 mit seinem Vater telefoniert und nicht, wie schriftsätzlich vorgetragen, im November 2017. Weiterhin konnte der Kläger zwar dem Gericht einen Facebook-Eintrag vom 06.12.2017 zeigen, in dem laut Ausführungen des Dolmetschers der Verfasser sein Beileid bekundet, dass sein Onkel in Äthiopien getötet worden sei. Dieser Facebook-Beitrag war aber weder von einer Person namens … noch von einer Person mit dem Namen … verfasst. Auf Vorhalt des Gerichts lieferte der Kläger für diese Widersprüchlichkeit keine plausible Erklärung. Er erklärte vielmehr nur, offensichtlich habe sein Cousin seinen Namen bei Facebook geändert.

e) Auch bei Fragen zur angeblichen Stiefmutter des Klägers verstrickte sich dieser in unauflösbare Widersprüche. Auf Frage der Beklagtenvertreterin, wann sein Vater erneut geheiratet habe, erklärte der Kläger zunächst, dies wisse er nicht. Die Hochzeit sei geheim gewesen. Nachdem das Gericht vom Kläger wissen wollte, woher er die Kontaktdaten seiner Stiefmutter habe, erklärte der Kläger zunächst, sein Onkel habe ihm bei einem Telefonat im Jahr 2017 von der Hochzeit seines Vaters berichtet. Völlig unplausibel hat der Kläger dann die Frage aufgeworfen, von wem überhaupt die Behauptung stamme, dass sein Vater nochmals geheiratet habe. Im weiteren Verlauf der Befragung stellte sich dann heraus, dass ein Vater offensichtlich gar nicht erneut geheiratet hat. Der Kläger konnte nicht einmal im Ansatz plausible Gründe liefern, warum mit Schriftsatz vom 09.02.2018 vorgetragen worden sei, er habe vom Tod seines Vaters von seiner Stiefmutter erfahren. Gleiches gilt für den Vorhalt des Gerichts, warum er zunächst offensichtlich - in stümperhafter Weise - versucht hat, dem Gericht eine erneute Heirat seines Vaters vorzuspiegeln und gleichzeitig seine Lüge selbst aufdeckt. Der Einlassung des Klägers dahingehend, mit der Stiefmutter sei die Frau seines Onkels gemeint, entbehrt angesichts der geschilderten Umstände jeglicher nachvollziehbaren Grundlage.

f) Auch die Ausführungen zum Verbleib der Brüder des Klägers sind mehr als widersprüchlich. Der Kläger erklärte beim Bundesamt, nach dem Tod seiner Mutter habe er zusammen mit seinem Bruder den Heimatort verlassen und sei mit seinem Bruder zum Onkel nach Jijija geflohen. In der mündlichen Verhandlung war plötzlich die Rede davon, dass der Kläger mit zwei älteren Brüdern seinen Heimatort verlassen hat.

g) Von massiven Widersprüchlichkeiten und Unstimmigkeiten sind ferner die klägerischen Ausführungen zu seinem weiteren Fluchtgrund, nämlich einer Inhaftierung wegen Zollbetruges geprägt. Der Kläger führte gegenüber dem Bundesamt aus, in der Zeit bei seinem Onkel habe er Fahrern beim Transport von Waren geholfen. Da er illegal Waren transportiert habe, sei eine Strafe von 5.000,00 Dollar gegen ihn verhängt worden. Weil er die Summe nicht aufbringen konnte, habe man ihn dafür zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Nach einer Woche im Gefängnis habe man ihn frei gelassen, da er minderjährig gewesen sei. Zwei Monate nach seiner Freilassung habe er von einem Bekannten eines Jungen, der ebenfalls im Gefängnis gewesen sei, erfahren, dass nach ihm wegen des Schmuggels gesucht werde.

In der mündlichen Verhandlung erklärte der Kläger dem Gericht hingegen, er und der Fahrer des Fahrzeugs seien zu drei Jahren Gefängnis und zu 5.000,00 US-Dollar Strafe verurteilt worden. Die 5.000,00 Dollar seien Schmiergeld gewesen, da die Soldaten zu ihm gesagt hätten, er werde für 25 Jahre wegen des Zollbetrugs eingesperrt, wenn er nicht 5.000,00 Dollar Schmiergeld zahle. Deswegen sei er dann nur zu drei Jahren Haft verurteilt worden. Diese Einlassungen sind schon deshalb höchst widersprüchlich, da der Kläger beim Bundesamt noch angegeben hat, die drei Jahre Gefängnis sind verhängt worden, weil er die 5.000,00 Dollar nicht bezahlen konnte. Nach Angaben in der mündlichen Verhandlung will er nun offensichtlich doch die 5.000,00 Dollar gezahlt haben, um die Haftstrafe von 25 Jahre auf drei Jahre zu reduzieren. Daneben blieben auch die weiteren Umstände des angeblichen Zollbetrugs in der mündlichen Verhandlung vage und unsubstantiiert.

Lediglich ergänzend sei noch darauf hingewiesen, dass Geld- oder Freiheitsstrafen infolge von Steuervergehen schon im Ansatz keine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgungshandlung im Sinne des § 3a AsylG in Anknüpfung an einen Verfolgungsgrund des § 3b AsylG darstellen. Insbesondere ist völlig unglaubwürdig, dass dem Kläger wegen Schmuggels von drei großen Beuteln mit Kleidung eine Freiheitsstrafe von 25 Jahren - und damit eine unmenschliche Strafe - droht.

h) Im Ergebnis bleibt festzustellen, dass dem Kläger unter keinem Gesichtspunkt ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zusteht.

2. Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16a Abs. 1 GG zu, da nicht einmal die weitergefassten Voraussetzungen für die Zuerkennung des Flüchtlingsschutzes nach § 3 AsylG vorliegen.

3. Dem Kläger steht kein Anspruch auf subsidiären Schutz gem. § 4 AsylG zu. Er kann sich weder auf § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 AsylG noch auf § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG berufen.

a) Es gibt - insbesondere im Hinblick auf die obigen Ausführungen zum Flüchtlingsschutz - keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland ein ernsthafter Schaden (Todesstrafe, Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung) im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 2 AsylG droht.

b) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf subsidiären Schutz nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3. Nach dieser Vorschrift gilt als ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts. Der Begriff des internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes in § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ist unter Berücksichtigung des humanitären Völkerrechts auszulegen (vgl. BVerwG, U.v. 24.6.2008 - 10 C 43/07 - juris). Danach müssen die Kampfhandlungen von einer Qualität sein, wie sie unter anderem für Bürgerkriegssituationen kennzeichnend sind und über innere Unruhen und Spannungen, wie Tumulte, vereinzelt auftretende Gewalttaten und ähnliche Handlungen, hinausgehen. Bei innerstaatlichen Krisen, die zwischen diesen beiden Erscheinungsformen liegen, scheidet die Annahme eines bewaffneten Konfliktes im Sinne des Art. 15 c QualRL nicht von vornherein aus. Der Konflikt muss aber jedenfalls ein bestimmtes Maß an Intensität und Dauerhaftigkeit aufweisen, wie sie typischerweise in Bürgerkriegsauseinandersetzungen und Guerillakämpfen zu finden sind. Ein solcher innerstaatlicher bewaffneter Konflikt kann landesweit oder regional bestehen und muss sich nicht auf das gesamte Staatsgebiet erstrecken (vgl. BVerwG, U.v. 24.6.2008 a.a.O.). Der Grad willkürlicher Gewalt, der vorliegen muss, kann aber umso geringer sein, je mehr der Schutzsuchende möglicherweise belegen kann, dass er aufgrund von in seiner persönlichen Situation liegenden Umständen spezifisch betroffen ist (vgl. EuGH, U.v. 17.2.2009 - C-465.7 - juris).

Ein innerstaatlicher Konflikt im obigen Sinne ist im Herkunftsland des Klägers nicht ersichtlich (vgl. nur VG Ansbach, U.v. 19.9.2017 - AN 3 K 16.30505 - juris; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 - AN 3 K 16.31836 - juris; VG Bayreuth, U.v. 6.3.2018 - B 7 K 17.32889 - juris). Das Gericht verkennt dabei nicht, dass es insbesondere in der Somali-Region zu vereinzelten Unruhen kommt. Diese Gewaltakte erreichen aber schon im Ansatz nicht das für eine Schutzgewährung hohe Niveau, demzufolge jedem Kläger allein wegen seiner Anwesenheit in dieser Region Schutz nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG zu gewähren ist. Es sind auch keine besonderen, in der Person des Klägers liegenden, Umstände ersichtlich, die auf eine erhöhte Gefährdung im Verhältnis zu sonstigen Angehörigen der Zivilbevölkerung schließen lassen.

4. Nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG oder § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind ebenfalls nicht gegeben. Insoweit wird zunächst auf den streitgegenständlichen Bescheid Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 VwGO).

a) Hervorzuheben ist insbesondere, dass eine Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse nur in sehr außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung bewertet werden kann und die Voraussetzung des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK erfüllt. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Äthiopien führen nicht zu der Annahme, dass bei einer Abschiebung des Klägers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliegt. Der Kläger ist jung, gesund und erwerbsfähig. Er hat in Äthiopien zumindest für drei Jahre die Schule besucht. Später hat er zusammen mit seinem Onkel Autos repariert und den Fahrern geholfen. Der Kläger hat offensichtlich insoweit ein handwerkliches Geschick. Es ist im zumutbar in Äthiopien sämtlichen Tätigkeiten, auch schlichten Hilfstätigkeiten, nachzugehen. Warum der Kläger seine solche Beschäftigung bei Rückkehr nach Äthiopien nicht erlangen könnte, ist weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich. Daneben lebt nach Angaben des Klägers sein Onkel, der ihn bereits vor der Ausreise unterstützt hat und bei dem Kläger zuletzt gelebt hat, weiterhin in Äthiopien. Es ist daher davon auszugehen, dass der Kläger in Notsituationen eine existenzsichernde Unterstützung im Rahmen des Familienverbundes erfährt. Die hohen Voraussetzungen für die Feststellung eines zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG sind somit schon im Ansatz nicht erfüllt.

b) Dem Kläger droht auch keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen würde. Anhaltspunkte hierfür sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.

5. Es bestehen auch gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung einschl. der Zielstaatbestimmung im Hinblick auf § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG keine Bedenken. Zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, auf den gemäß § 77 Abs. 1 AsylG abzustellen ist, sind Gründe, die dem Erlass der Abschiebungsandrohung gegenüber dem Kläger entgegenstünden, nicht ersichtlich. Denn er ist, wie oben ausgeführt, nicht als Flüchtling oder Asylberechtigter anzuerkennen. Ihm steht auch kein subsidiärer Schutz oder ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG zu. Er besitzt zudem keine asylunabhängige Aufenthaltsgenehmigung (§ 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 Abs. 1 und 2 AufenthG).

6. Gründe, die gegen die Rechtmäßigkeit der von der Beklagten festgesetzten Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots sprechen, liegen nicht vor.

7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gem. § 83b AsylG nicht erhoben. Der Gegenstandswert bestimmt sich nach § 30 RVG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Tatbestand

Die nach eigenen Angaben 1993 geborene Klägerin ist äthiopische Staatsangehörige und gehört der Volksgruppe der Oroma an. Sie spricht amharisch. Sie ist ohne Identitätsnachweis und gab an, sie sei am 10. Juni 2013 mit einem Schleuser zum Flughafen … in … gefahren. Mit … sei sie ohne Schleuser nach … geflogen, wo sie ein anderer Schleuser abgeholt und mit einem Auto nach … gefahren habe. Der Schleuser habe ihren Reisepass mitgenommen und sie habe sich in … als Asylsuchende gemeldet. Ihr Reisepass sei 2010 in … ausgestellt worden. Den habe der Schleuser einbehalten. In dem Pass habe sich ein Visum für Deutschland befunden. Eine unter den Angaben der Klägerin durchgeführte Visumsanfrage vom 20. Juni 2013 verlief negativ.

In der Befragung zur Vorbereitung der Anhörung gemäß § 25 Asyl(Vf) G am 19. Juni 2013 erklärte die Klägerin, sie gehöre zur Volksgruppe der Oromo. Im Fragenkatalog zur Identitätsklärung erklärte sie am 13. Juni 2013, sie gehöre zur Volksgruppe der Amharen. Dort gab sie auch an, in der Stadt … geboren und dort bis zu ihrer Ausreise gelebt zu haben. Sie gab an, ihre Mutter und ihr damals 14 Jahre alter Bruder lebten weiterhin in Äthiopien in …, …, …

In der persönlichen Anhörung gemäß § 25 Asyl(Vf) G am 3. Juni 2014 erklärte die Klägerin, sie könne immer noch keine Personalunterlagen vorlegen. Das im Pass befindliche deutsche Visum sei von ihrem Schlepper beantragt und organisiert worden. Sie selbst habe damit nichts zu tun gehabt. Die Flugunterlagen habe der Schlepper behalten. An die Flugnummer könne sie sich nicht erinnern. Sie gab an, ihr Onkel habe die Ausreise bezahlt. Er habe ein eigenes Geschäft, einen Friseurladen und er habe zusätzlich noch Tierzüchtung im ländlichen Gebiet. Sie habe für den Onkel den Friseurladen geführt und dafür monatlich Lohn bekommen. Der Friseurladen sei in … gewesen, dies liege in der Nähe von … und sei eine sehr große Stadt. Es kämen viele Touristen dort hin. Ihre Mutter lebe von Mieteinnahmen. Sie habe zwei Zimmer, die sie vermiete.

Sie sei in Äthiopien politisch aktiv gewesen und habe mit ihrem Freund zusammengearbeitet. Sie habe Flugblätter verteilt. Sie sei hierbei nur Unterstützer gewesen. Dann habe sie von seiner Familie gehört, dass er verhaftet und geschlagen worden sei und habe dann Angst bekommen. Sie sei gerade in … unterwegs gewesen, als Federallpolizisten in ihren Laden gekommen seien und Mitarbeiterinnen nach ihr gefragt hätten. Dies hätten ihr die Mitarbeiterinnen erzählt. Sie habe dann die Familie des Freundes angerufen und von seiner Verhaftung erfahren. Dann habe sie das ihrem Onkel erzählt und er habe sich bemüht, Informationen zu beschaffen, wie es ihrem Freund in der Haft gehe und dass er alles tun werde, dass die Klägerin das Land verlassen könne. Bei der Durchsuchung hätten die Federallpolizisten zunächst ganz normal an die Tür geklopft. Danach seien sie reingegangen und hätten den Laden durchsucht und nach ihr geschaut und auch nach ihr gefragt. Ein Mitarbeiter hätte sie gleich nachdem die Federallpolizisten den Laden verlassen hätten, angerufen. Sie habe dann sofort den Onkel angerufen und der habe ihr gesagt, dass sie dort bleiben solle. Der Onkel sei sehr einflussreich und kenne viele Leute, die für die Regierung arbeiteten, aber auch viele Gegner der Regierung. Der Freund sei Anfang Mai 2013 verhaftet worden. Sie sei beunruhigt gewesen, da er auf ihre Anrufe und SMS nicht reagiert habe. Sie habe sich dann bis zu ihrer Ausreise bei einer Freundin an … aufgehalten. Der Onkel habe den Friseurladen geschlossen, nachdem er ihre Reise organisiert habe. Sie sei auch hier in Deutschland politisch bei der EPRP aktiv. Auf Frage, womit genau sie sich in dieser Organisation beschäftige, erklärte die Klägerin, alles, was diese Organisation gegen die Regierung veranstalte, da mache sie mit. Sie nehme an verschiedenen Demonstrationen und Veranstaltungen teil. Sie könne momentan keine Unterlagen hierzu vorlegen. Sie habe einen Unterstützungsbrief von EPRP beantragt und solle bald diesen Brief bekommen.

Mit Schreiben vom 18. August 2015 wurde die Klägerin zur Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 AufenthG angehört.

Mit Bescheid vom 28. April 2016, der an die Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit Schreiben vom 29. April 2016 übersandt wurde, wurde die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt (Ziffer 1), der Antrag auf Asylerkennung wurde abgelehnt (Ziffer 2), der subsidiäre Schutzstatus wurde nicht zuerkannt (Ziffer 3), es wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 4), die Klägerin wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen. Anderenfalls wurde ihr die Abschiebung nach Äthiopien oder in einen anderen zur Aufnahme bereiten oder verpflichteten Staat angedroht (Ziffer 5), und das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziffer 6).

Das Vorbringen der Klägerin sei nicht glaubhaft. Erhebliche Zweifel bestünden bereits hinsichtlich ihrer Behauptung, die Ausreise aus Äthiopien und die Einreise in die Bundesrepublik Deutschland seien auf dem Luftweg über den Flughafen … erfolgt, obwohl sie von den äthiopischen Behörden verfolgt worden sein wolle. Der Sicherheitsstandart in … gelte als unvergleichlich hoch. Pass- und die Visenkontrollen würden äußerst gewissenhaft durchgeführt. Daher sei kaum vorstellbar, dass eine Person, die von der Polizei oder anderen Behörden in Äthiopien gesucht werde, mit ihrem eigenen Pass ausreisen könne. Insgesamt sei der Sachvortrag der Klägerin viel zu unsubstantiiert und stütze sich in wesentlichen Punkten auf Hörensagen, so dass er keine Schutzgewährung herbeizuführen vermöge. Sie berufe sich stets auf Aussagen, die sie von ihrem Onkel, ihren Mitarbeitern oder aber den Eltern des Freundes erhalten haben wolle. Die Klägerin habe nicht lebendig und spontan das Geschehen geschildert, um ihre Furcht vor Verfolgung ausreichend zu untermauern. Da die Klägerin aufgrund der latenten Lebensgefahr ausgereist sein wolle, sei nicht ersichtlich, warum sie diese entscheidenden Verfolgungshandlungen nicht umfassender und von sich aus in ausreichender Weise geschildert habe. Ihre Darstellung sei äußerst knapp gewesen. Außerdem widerspreche sich die Klägerin sowohl inhaltlich als auch bezüglich der zeitlichen Abläufe. Hinsichtlich ihres exilpolitischen Engagements habe die Klägerin bis zum Datum der Bescheiderstellung keine Beweismittel oder Unterlagen vorgelegt. Es bestünden darüber hinaus keinerlei Hinweise darauf, dass die Klägerin exponiert in führender Funktion in der Exilorganisation der EPRP bzw. im Unterstützungskomitee tätig gewesen sei. Auch habe sie sich nicht in der Öffentlichkeit als Organisator von Versammlungen oder als Rednerin hervorgetan.

Zu den Abschiebungsverboten wurde ausgeführt, auch vor ihrer Ausreise aus Äthiopien sei es der Klägerin gelungen, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Es sei nicht ersichtlich, warum dies nicht auch bei einer Rückkehr nach Äthiopien wieder der Fall sein sollte. Außerdem sei vom Vorhandensein gegenseitiger Hilfe durch Familie, Großfamilie, Clan oder andere sich unterstützende Netzwerke auszugehen. Gegenteilige Behauptungen widersprächen grundsätzlich sowohl den Erkenntnissen als auch der allgemeinen Lebenserfahrung. Die Klägerin habe angegeben, in Äthiopien lebten noch ein Onkel, ein Bruder und die Mutter. Auch führe allein die Tatsache, dass die Klägerin als Alleinstehend anzusehen sei, nicht zu der Annahme, dass sie in Äthiopien ihr Existenzminimum nicht absichern könne. Die Situation sei zwar schwierig, doch gebe es keine belastbaren Hinweise darauf, dass eine alleinstehende Frau in Äthiopien grundsätzlich nicht in menschenwürdiger Weise ihr Auskommen finden könne.

Im Übrigen wird auf die Gründe des Bescheides Bezug genommen.

Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten, das am 10. Mai 2016 beim Verwaltungsgericht Ansbach einging, ließ die Klägerin Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid erheben.

Zur Begründung wurde mit Schriftsatz vom 3. Juni 2016 vorgetragen, die Klägerin habe die politische Verfolgung aufgrund ihrer regierungsfeindlichen Aktivitäten im Rahmen der Anhörung glaubhaft gemacht. Die Anhörung sei jedoch nicht vom Entscheider durchgeführt worden. Der Entscheider könne die Glaubhaftigkeit der Klägerin nicht aus persönlicher Wahrnehmung einschätzen, da dieser die Klägerin zu keinem Zeitpunkt persönlich befragt habe. Da der Entscheider in dem Bescheid eine Wertung dahingehend treffe, ob der Vortrag der Klägerin in der Anhörung glaubhaft sei, sei es hier erforderlich gewesen, sich einen persönlichen Eindruck zu verschaffen. Die von ihr geschilderten Erlebnisse im Rahmen der Anhörung seien anschaulich und glaubhaft. Die Klägerin werde in ihrem Heimatland von den Sicherheitsbehörden gesucht und sei auch nachweislich exilpolitisch tätig.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 28. April 2016 aufzuheben sowie die Beklagte zu verpflichten, die Klägerin als Asylberechtigte anzuerkennen und ihr die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG zuzuerkennen,

hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin subsidiären Schutz gemäß § 4 Abs. 1 AsylG zuzuerkennen und höchst hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, bei der Klägerin das Vorliegen von Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG festzustellen.

Die Beklagte beantragte mit Schreiben vom 19. Mai 2016,

Klageabweisung.

Mit Beschluss der Kammer vom 2. Januar 2017 wurde das Verwaltungsstreitverfahren auf die Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Behörden- und Gerichtsakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.

Der streitgegenständliche Bescheid vom 28. April 2016 ist im Umfange des Klagebegehrens rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Ihr steht weder ein Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte nach Art. 16 a GG noch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG in Verbindung mit § 60 Abs. 1 AufenthG (Hauptantrag) zu noch auf Zuerkennung des subsidiären Flüchtlingsstatus nach § 4 Abs. 1 AsylG in Verbindung mit § 60 Abs. 2 Satz 1 AufenthG oder auf Feststellung des Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG (Hilfsanträge) zu.

1. Vorliegend ist kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gem. § 3 Abs. 4, Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG und damit wegen der Identität der Schutzgüter auch kein Anspruch nach Art. 16 a GG gegeben.

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling i.S.d. Abkommens über die Rechtstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Ver-folgung, wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischer Überzeugung oder Zugehörig-keit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, des-sen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will, oder in dem er als Staatenloser seinen vor-herigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen die-ser Furcht nicht zurückkehren will.

Ergänzend hierzu bestimmt § 3 a AsylG die Verfolgungshandlungen, § 3 b AsylG die Ver-folgungsgründe, § 3 c AsylG die Akteure, von denen Verfolgung ausgehen kann, § 3 d AsylG die Akteure, die Schutz bieten können und § 3 e AsylG den internen Schutz.

§ 3 a Abs. 3 AsylG regelt ausdrücklich, dass zwischen den in § 3 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. den in § 3 b AsylG genannten Verfolgungsgründen und den in § 3 a Abs. 1 und Abs. 2 AsylG als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen eine Verknüpfung bestehen muss.

Ausschlussgründe, wonach ein Ausländer nicht Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, sind in § 3 Abs. 2 und 3 AsylG geregelt.

Gemäß § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 des AufenthG.

Die Angaben der Klägerin sind weder zu den angeblich im Heimatland erlittenen Verfolgungsmaßnahmen staatlicher Stellen noch zu den Umständen ihrer Ausreise aus Äthiopien glaubhaft.

Die Klägerin konnte nicht erklären, weshalb sie trotz der Ausreise mit echten Papieren der Hilfe eines Schleusers bei dem Direktflug von … nach … bedurft haben soll. Dass die Klägerin nichts über die näheren Umstände der Reise und ihrer Organisation, insbesondere über die Funktion ihres Schleusers und die Gründe der Übergabe ihrer persönlichen Dokumente an ihn kurz nach der Einreise wissen will, ist vor allem angesichts des differenzierten Eindrucks, den sie in der mündlichen Verhandlung machte, nicht glaubhaft.

Hinsichtlich der Gründe, die zur Ausreise geführt haben sollen, ist nach den Einlassungen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung gesteigertes Vorbringen festzustellen, was die Glaubhaftigkeit ihrer Schilderungen insgesamt in Frage stellt (vgl. BVerfG, B. v. 29.11.1990, InfAuslR 1991, 94, 95; BVerwG, U. v. 30.10.1990, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 135; B. v. 21.7.1989, Buchholz a.a.O., Nr. 113). Sie hat in ihrer Anhörung weder berichtet, dass sie an Universitäten und Hochschulen Flugblätter verteilt hat, noch hat sie geschildert, dass sie sich längere Zeit beobachtet fühlte und dass ihre eine Tasche mit Flugblättern darin gestohlen wurde. Die Erklärungen der Klägerin hierzu, sie habe zusätzlich zu der Verteilung im Frisörsalon außerhalb ihrer Berufstätigkeit an den Universitäten Flugblätter verteilt und habe in der Anhörung nicht alles vortragen können, erscheint wenig glaubhaft, zumal die Klägerin ausweislich der Niederschrift gefragt wurde, ob sie ihre Asylgründe ergänzen wolle. Einen so wesentlichen und einschneidenden Sachverhalt wie den Raub der Tasche hätte sie – wäre er denn tatsächlich passiert – bereits in ihrer Anhörung vor dem Bundesamt schildern können und müssen. Denn direkte Kontakte mit staatlichen Verfolgern hat die Klägerin bislang nicht vorgetragen.

Nachdem die Klägerin nicht vorverfolgt aus Äthiopien ausgereist ist, steht bei Zugrundelegung der verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass ihr im Falle ihrer Rückkehr nach Äthiopien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit dem Schutzbereich des § 3 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG unterfallende Gefährdungen drohen.

Insbesondere ist das erstmals in der mündlichen Verhandlung geschilderte exilpolitische Engagement nicht geeignet, eine derartige Gefahrenlage zu begründen.

In der äthiopischen exilpolitischen Szene gibt es zahlreiche Gruppierungen. Insgesamt ist den verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen zu entnehmen, dass die äthiopische Regierung die Aktivitäten der äthiopischen Exilorganisationen genau beobachtet bzw. durch die Auslands-vertretungen beobachten lässt. Dem Auswärtigen Amt liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass allein die Betätigung für eine oppositionelle Organisation im Ausland bei der Rückkehr nach Äthiopien zu staatlichen Repressionen führt. Grundsätzlich kommt es darauf an, ob eine Organisation von den äthiopischen Stellen als terroristisch angesehen und welche Art exilpoliti-scher Aktivität festgestellt wird (führende Position, Organisation gewaltsamer Aktionen). Aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse ist davon auszugehen, dass jedenfalls Personen, die sich exponiert politisch betätigt haben, mit Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen haben. Dagegen ist eine Verfolgung von nicht herausgehoben exilpolitischen tätigen Personen – wie der Klägerin - nicht beachtlich wahrscheinlich (VGH München, U.v. 25.2.2008 – 21 B 07.30363 -, juris; VGH München, B.v. 14.7.2015 – 21 ZB 15.30119 -, juris, VG Ansbach, U.v. 21.2.2017 – AN 3 K 176.30481 -, juris; VG Gießen, U.v. 11.7.2017 – 6 K 4787/15.GI.A -, juris).

Auch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Würzburg, das in seiner Entscheidung vom 24. Juli 2017 (W 3 K 16.30710, juris) von der bisherigen Rechtsprechung – wie oben dargestellt – abweicht, ist die Rückkehrgefährdung der Klägerin nicht anders zu beurteilen.

Die Einzelrichterin verkennt nicht, dass sich die politische Situation seit 2015 in Äthiopien noch einmal verschärft hat (siehe auch VG Würzburg, U.v. 24.7.2017 – W 3 K 17.30710). Aus der diesen Entscheidungen zugrunde liegenden Auskunftslage ist aber nicht der Schluss zu ziehen, dass jedwede exilpolitische Betätigung – auch von untergeordneter Bedeutung oder aus rein asyltaktischen Gründen – zur Zuerkennung internationalen Schutzes führen müsste, da die Schwelle der „beachtlichen Wahrscheinlichkeit“ staatlicher Verfolgung auch aufgrund der neueren Entwicklungen in Äthiopien nicht allgemein angenommen werden kann. Dass politische Verfolgung nicht ausgeschlossen werden kann, genügt nicht den Anforderungen an die „beachtliche Wahrscheinlichkeit“ im Einzelfall.

Letztlich kommt es hierauf aber für die vorliegende Entscheidung nicht an. Denn auch nach der vom VG Würzburg zugrunde gelegten Auskunftslage ist jedenfalls die Mitwirkung in einer vom äthiopischen Staat als terroristisch eingestuften Organisation für die Annahme einer relevanten Verfolgungsgefahr erforderlich. Die Klägerin gab nicht an, in einer solchen Organisation exilpolitisch tätig zu sein.

Vielmehr erklärte sie, sie sei in einer namentlich nicht benannten Organisation tätig und setze sich dort für die Zusammenarbeit der verschiedenen nach Volksgruppen getrennt in Deutschland arbeitenden Exilorganisationen ein. Sie spreche äthiopische Staatsangehörige in Deutschland an und lade sie zu den Treffen der Gruppe ein, wo gemeinsam gekocht und Reden bedeutender Exilpolitiker gehalten würden. Dass sie aufgrund der von ihr beschriebenen Tätigkeit in den Fokus der äthiopischen Sicherheitsorgane gerückt sein könnte, ist nicht ersichtlich, zumal sie nach eigenen Angaben mit regierungskritischer Arbeit noch nicht begonnen hat, sondern damit erst beginnen will, wenn sie genügend Mitstreiter gefunden hat, die sich über ihre Volksgruppenzugehörigkeit hinweg für eine Veränderung der politischen Verhältnisse in Äthiopien einsetzen wollen.

Das Engagement der Klägerin erreicht damit nicht die Schwelle, bei der staatliche Verfolgungshandlungen für den Fall einer Rückkehr nach Äthiopien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu befürchten wären.

2. Der Klägerin steht auch kein Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 2 AufenthG zu. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär schutzberechtigt, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AsylG), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AsylG) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AsylG). In diesem Rahmen sind gemäß § 4 Abs. 3 AsylG die §§ 3 c bis 3 e AsylG entsprechend anzuwenden.

Vorliegend sind keine Gründe ersichtlich oder vorgetragen, dass der Klägerin bei einer Rückkehr in ihr Heimatland ein ernsthafter Schaden in diesem Sinne droht.

3. Auch nationale Abschiebungsverbote sind nicht gegeben.

a. Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 – EMRK - (BGBl. 1952 II, S. 686) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

Mangels Erkennbarkeit diesbezüglicher Anhaltspunkte ist festzustellen, dass diese Vorausset-zungen vorliegend nicht erfüllt sind.

b. Ebenso wenig besteht im Falle der Klägerin ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.

Insbesondere ist nicht beachtlich wahrscheinlich, dass für die Klägerin für den Fall ihrer Rückkehr nach Äthiopien eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG besteht. Denn sie ist nicht als alleinstehende Frau anzusehen, die ohne familiären Rückhalt mit einer existenzbedrohenden Situation rechnen müsste (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Äthiopien: Rückkehr einer jungen, alleinstehenden Frau, 13. Oktober 2009).

Zu den Familienverhältnissen befragt, gab die Klägerin an, sie habe zu niemandem mehr in Äthiopien Kontakt, auch nicht zu dem Onkel, der ihre Ausreise organisiert und finanziert habe. Nahezu alle Asylbewerberinnen äthiopischer Herkunft geben im Asylverfahren an, seit der Ausreise keinerlei Kontakt mehr zu ihrer Familie zu haben. Gründe für den Kontaktabbruch werden dabei nicht genannt. So ist es auch vorliegend nicht nachvollziehbar, warum die Klägerin zu dem Onkel, der sie nach eigenem Vorbringen bei der Ausreise organisatorisch und finanziell unterstützt hat, keinerlei Kontakt mehr haben sollte. Nachdem sowohl an dem Vorbringen zu ihrer Ausreise als auch zu den Gründen ihrer Ausreise erhebliche Zweifel bestehen, ist es auch nicht glaubhaft, dass die Klägerin in Äthiopien nicht mit Unterstützungsleistungen jedenfalls ihrer Großfamilie für die Anfangszeit rechnen könnte, zumal der Onkel sich noch in … aufhalten dürfte. Da die Klägerin ortskundig, gesundheitlich in guter Verfassung ist und bis zu ihrer Ausreise als Frisörin tätig war, kann sie sich in Äthiopien eine bescheidene Existenz aufbauen.

4. Auch die im angefochtenen Bescheid enthaltene Ausreisesaufforderung unter Abschie-bungsandrohung begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die Voraussetzungen der §§ 34 Abs. 1, 38 Abs. 1 AsylG liegen vor.

5. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte das ihr im Rahmen des § 11 Abs. 1 und 3 AufenthG eingeräumte Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat, bestehen nicht und wurden von der Klägerin nicht vorgetragen.

Im Übrigen wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Bescheid verwiesen, § 77 Abs. 2 AsylG.

Die Klage war demnach abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO.

Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83 b AsylG.

Tenor

1. Die Klagen werden abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Tatbestand

Die Kläger sind äthiopische Staatsangehörige mit oromischer Volkszugehörigkeit. Der Kläger zu 2) ist der leibliche Sohn des Klägers zu 1) und im Jahr 2006 in Äthiopien geboren.

Die Kläger sind ohne Identitätsnachweise und reisten nach eigenen Angaben über den Sudan, Libyen, Italien und Frankreich am 27. Juli 2014 in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ein. Sie stellten am 22. September 2014 einen Asylantrag.

Der Kläger zu 1) erklärte, er habe am 15. November 2011 Äthiopien verlassen und sich bis zum 20. Januar 2012 im Sudan aufgehalten, wo er den Kläger zu 2) gemeinsam mit dessen Mutter getroffen habe. Er habe noch zwei weitere Söhne, die er jedoch nicht kenne. Seine Frau sei auf der Überfahrt über das Mittelmeer zu Tode gekommen. Seine beiden anderen Söhne lebten bei der Schwiegermutter. Er gab an, er habe sich vom 18. Januar 2008 bis 15. November 2011 in Haft befunden.

Er habe nie eine Schule besucht, sondern habe früh angefangen zu arbeiten. Sein Vater sei bei der OLF General gewesen und er habe Waffen liefern müssen.

Im Gefängnis seien die Zustände menschenunwürdig gewesen. Er habe sich ohne Gerichtsverfahren über drei Jahre in Haft befunden. Schließlich sei ihm mit einem Sprung aus dem Fenster die Flucht aus dem Gefängnis gelungen, da er auf einem Abfalltransporter das Gefängnisgelände versteckt habe verlassen können. Er sei danach zu seinem Onkel nach … gegangen. Dieser habe ihm geholfen, nach … (Grenzort zum Sudan) zu reisen. Auch weiterhin habe der Onkel ihn mit Geld unterstützt.

Zu der Verhaftung sei es gekommen, da er Waffen geliefert habe. Die übrigen Waffen seien bei ihm zuhause im Untergeschoss gewesen. Dort habe die Regierung die Waffen gefunden und mitgenommen. Auf Nachfrage, welche Waffen sich im Keller befunden hätten, gab der Kläger zu 1) an, dies seien verschiedene Waffen gewesen, er kenne nicht alle Marken, es seien Kalaschnikows, Maschinengewehre und automatische Waffen gewesen. Auch Bomben seien dabei gewesen. Er könne nicht sagen, wie viele Waffen das gewesen seien, da sie immer wieder ausgeliefert worden seien. Die Waffen seien aus Somalia gekommen. Über die Hintergründe dieser Lieferungen wisse er nichts. Er habe nur das gemacht, was sein Vater ihm beigebracht habe. Er sei Mitglied der OLF. In Deutschland sei er Mitglied der TBOJ/UOSG.

Hierzu legte der Kläger zu 1) eine Bescheinigung vom 26. August 2016 vor, wonach er ab dem 8. November 2014 an verschiedenen Veranstaltungen und Demonstrationen der TBOJ/UOSG teilgenommen habe. Die letzte Demonstration datiert vom 13. August 2016. In seiner Anhörung gab der Kläger zu 1) an, die letzte Demonstration habe am 2. September 2016 in Berlin stattgefunden. Hierzu legte er Fotos vor. Zu seinen Ausgaben innerhalb der UOSG gab der Kläger zu 1) an, er informiere andere über die Veranstaltungen, sei aber nicht in leitender Stellung tätig.

Mit Bescheid vom 28. Oktober 2016, der an den Bevollmächtigten der Kläger mit Einschreiben am 2. November 2016 versandt wurde, lehnte das Bundesamt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ab (Ziffer 1), lehnte die Anträge auf Asylanerkennung ab (Ziffer 2), erkannte den subsidiären Schutzstatus nicht zu (Ziffer 3), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 4), forderte die Kläger auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen und drohte ihn anderenfalls die Abschiebung nach Äthiopien oder in einen anderen zur Rückübernahme bereiten oder verpflichteten Staat an (Ziffer 5) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 6).

Zur Begründung wird ausgeführt, der Sachvortrag des Klägers zu 1) sei nicht schlüssig. Er habe mit seinen Einlassungen, im Fall einer Rückkehr Tod, Gefängnis oder Verbringung in geheime Gefängnisse ausgesetzt zu sein, nicht durchdringen können. Die Schilderungen seien zu oberflächlich, pauschal und widersprüchlich gewesen. Die behauptete Betätigung für die OLF führe für sich genommen noch nicht zu einem Anspruch auf Flüchtlingsschutz oder Asyl. Zwar stufe die äthiopische Regierung die OLF weiterhin als terroristische Organisation ein. Deswegen würden Personen, die der Mitgliedschaft oder der aktiven Unterstützung der OLF verdächtig seien, noch immer von den Sicherheitsbehörden des Landes verfolgt. Jedoch sei für die Annahme einer Verfolgungsgefahr erforderlich, dass der Betreffende glaubhaft mache, sich aktiv für die Ziele der OLF eingesetzt zu haben bzw. seine Sympathie auf andere Weise offenkundig geworden sei. Dies sei beim Kläger zu 1) nicht der Fall. Er habe nicht glaubhaft vortragen können, in Äthiopien die OLF unterstützt zu haben. Die Angaben zu seiner Tätigkeit als Waffenkurier seien nicht detailreich genug gewesen. Ihm könne auch die Naivität im Umgang mit den bei ihm eingelagerten Waffen nicht abgenommen werden, wenn er sich der Sache der OLF als Sohn eines ihrer Generäle verschrieben haben wolle. Auch habe er nicht von sich aus lebendig und spontan das Geschehen geschildert, soweit es um die Festnahme und auch um die Flucht aus dem Gefängnis gegangen sei. Seine Darstellung der Ereignisse sei weitgehend knapp gewesen.

Auch die behauptete exilpolitische Betätigung in der TBOJ/UOSG begründe keine andere Entscheidung. Er hebe sich nicht durch seine Aktivitäten derart hervor, um als ernstzunehmender Oppositioneller eingestuft zu werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des streitgegenständlichen Bescheides Bezug genommen.

Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten, das am 11. November 2016 beim Verwaltungsgericht Ansbach einging, ließen die Kläger Klage gegen den Bescheid erheben, die mit Schriftsatz vom 30. Januar 2018 weiter begründet wurde. Dem Kläger zu 1) sei aufgrund des geschilderten Vorfluchtgeschehens die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. Er sei aufgrund seiner Tätigkeit mit bzw. für die OLF im Heimatland verfolgt worden. Diese Tätigkeit knüpfe an eine zumindest unterstellte politische Überzeugung an. Jedenfalls drohe dem Kläger zu 1) aufgrund seiner exilpolitischen Aktivitäten politische Verfolgung in Äthiopien. Er sei seit 8. November 2014 Mitglied der TBOJ/UOSG und für diese auf vielfältige Weise exilpolitisch aktiv. Hierzu nahm der Prozessbevollmächtigte Bezug u.a. auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 23. November 2017 – W 3 K 17.32586 –, wonach einem äthiopischen Staatsangehörigen, der für eine Exilorganisation, die als terroristische Vereinigung eingestuft werde, tätig werde und hierbei ein Mindestmaß an exilpolitischen Tätigkeiten aufweise, asylrelevante Verfolgung drohe. Insbesondere sei zu beachten, dass infolge der Aufhebung des Ausnahmezustands am 4. August 2017 sich keine Veränderung der Verfolgungssituation für Unterstützer oder vermeintliche Unterstützer ergeben habe, sondern diesen weiterhin mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Verfolgung in Form von Haft oder Misshandlung drohe.

Hierzu wurde die Einholung einer Auskunft des Auswärtigen Amtes, GIGA oder von Günther Schröder angeregt.

Der Kläger zu 2) berufe sich auf § 26 AsylG.

Die Kläger beantragen,

die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheides des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 28. Oktober 2016 zu verpflichten, den Klägern die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise den Klägern den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen und hilfsweise festzustellen, dass bei den Klägern Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Mit Schreiben vom 22. November 2016 beantragte die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Mit Beschluss vom 13. November 2017 wurde die Verwaltungsstreitsache auf die Einzelrichterin übertragen.

Mit Schreiben vom 2. Februar 2018 ließ der Kläger zu 1) weitere Bescheinigungen der TBOJ/UOSG vom 15. Januar 2018 und der OLF vom 16. Januar 2018 vorlegen. Der der Kläger zu 1) habe im Zeitraum 29. Januar 2016 bis 6. Januar 2018 an verschiedenen Veranstaltungen der TBOJ/UOSG im Bundesgebiet teilgenommen. Er sei aktiver Unterstützer der OLF und habe an verschiedenen Veranstaltungen teilgenommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Behörden- und Gerichtsakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Die im Hauptantrag auf die Verpflichtung der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 Asylgesetz (AsylG) beschränkten Klagen sind zulässig, jedoch unbegründet.

Der streitgegenständliche Bescheid vom 28. Oktober 2016 2016 ist im Umfange des Klagebegehrens rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Ihnen steht weder ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG in Verbindung mit § 60 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) (Hauptantrag) noch auf Zuerkennung des subsidiären Flüchtlingsstatus nach § 4 Abs. 1 AsylG in Verbindung mit § 60 Abs. 2 Satz 1 AufenthG oder auf Feststellung des Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG (Hilfsanträge) zu.

Für die Beurteilung des Vorliegens von Gründen für die Zuerkennung des Flüchtlingsschutzes und des subsidiären Schutzes ist maßgeblich auf den Kläger zu 1) abzustellen. Der Kläger zu 2) hat erklärt, dass er keine eigenen flüchtlingsschutzrelevanten Gründe geltend macht und sich insoweit auf § 26 Abs. 5 Satz 1, Abs. 2 AsylG beruft.

1. Vorliegend ist kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gem. § 3 Abs. 4, Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG gegeben.

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling i.S.d. Abkommens über die Rechtstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung, wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischer Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will, oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

Ergänzend hierzu bestimmt § 3a AsylG die Verfolgungshandlungen, § 3 AsylG die Verfolgungsgründe, § 3c AsylG die Akteure, von denen Verfolgung ausgehen kann, § 3d AsylG die Akteure, die Schutz bieten können und § 3e AsylG den internen Schutz.

§ 3a Abs. 3 AsylG regelt ausdrücklich, dass zwischen den in § 3 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. den in § 3b AsylG genannten Verfolgungsgründen und den in § 3a Abs. 1 und Abs. 2 AsylG als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen eine Verknüp-fung bestehen muss.

Ausschlussgründe, wonach ein Ausländer nicht Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, sind in § 3 Abs. 2 und 3 AsylG geregelt.

Gemäß § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 des AufenthG.

Unter Würdigung dieser Voraussetzungen steht bei Zugrundelegung der verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass dem Kläger zu 1) im Falle seiner Rückkehr nach Äthiopien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit dem Schutzbereich des § 3 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG unterfallende Gefährdungen drohen.

Mit Rücksicht darauf, dass sich der Schutzsuchende vielfach hinsichtlich asylbegründender Vorgänge außerhalb des Gastlandes in einem gewissen, sachtypischen Beweisnotstand befin-det, genügt bezüglich dieser Vorgänge für die nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO gebotene richterliche Überzeugungsgewissheit in der Regel die Glaubhaftmachung. Dies bedeutet, dass das Gericht keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen darf, sondern sich in tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad an Gewissheit begnügen muss, die auch nicht völlig auszuschließende Zweifel mit umfasst (vgl. BVerwG, U.v. 29.11.1977, Buchholz 402.24, § 28 AuslG Nr. 11; U.v. 16.4., 1.10. und 12.11.1985, Buchholz 402.25, § 1 AsylVfG Nrn. 32, 37 und 41).

Dabei ist der Beweiswert der Aussage des Asylbewerbers im Rahmen des Möglichen wohlwollend zu beurteilen. Er muss jedoch andererseits von sich aus unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen, widerspruchsfreien Sachverhalt schildern. Bei erheblichen Widersprüchen oder Steigerungen im Sachvortrag kann ihm nur bei einer überzeugenden Auflösung der Unstimmigkeiten geglaubt werden (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 20.10.1987, Buchholz 310, § 86 Abs. 3 VwGO, Nr. 37; B.v. 21.07.1989, Buchholz 402.25, § 1 AsylVfG, Nr. 113).

An der Glaubhaftmachung von Verfolgungsgründen fehlt es in der Regel, wenn der Asylsuchende im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellung nach der Lebenserfahrung oder aufgrund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe unglaubhaft erscheint, sowie auch dann, wenn er sein Asylvorbringen im Laufe des Asylverfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Asylbegehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (vgl. BVerfG, B.v. 29.11.1990, InfAuslR 1991, 94, 95; BVerwG, U.v. 30.10.1990, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 135; B.v. 21.7.1989, Buchholz a.a.O., Nr. 113).

a. Gemessen an den dargestellten Grundsätzen konnte der Kläger zu 1) nicht glaubhaft darlegen, dass er unmittelbar vor seiner Ausreise Maßnahmen staatlicher Stellen in Anknüpfung an in § 3 Abs. 1 AsylG genannten Gründen ausgesetzt war und dass er Opfer von Verfolgungshandlungen im Sinne des § 3a AsylG geworden ist.

Seine Schilderungen sind hinsichtlich der Tätigkeit für die OLF im Heimatland zwar als möglich denkbar. Insgesamt ließen sie aber auch in der mündlichen Verhandlung die notwendige Detailtiefe vermissen, um sie als tatsächlich erlebte Ereignisse bewerten zu können. Bei der Beschreibung seiner Verhaftung durch Soldaten, die für den Kläger zu 1) sehr traumatisch im persönlichen Erleben gewesen sein muss, blieb sein Vorbringen sehr vage und wenig anschaulich.

Erhebliche Bedenken an der Glaubhaftigkeit des klägerischen Vorbringens bestehen hinsichtlich der Angaben zu seiner Flucht aus dem Krankenhaus. Dass der Kläger zu 1), an dem der Staat ein großes Verfolgungsinteresse hatte, da der Kläger drei Jahre lang in Haft behalten und noch kurz vor seiner Flucht gefoltert wurde, um an wertvolle Informationen zu gelangen, sich im Krankenhaus ohne Bewachung durch Sicherheitspersonal aufhalten und von dort mit einem Sprung aus dem Fenster fliehen konnte, erscheint lebensfremd.

Seine Angaben – insbesondere zu seiner Herkunft aus … – sind überdies, da er sich ohne Personaldokumente in Deutschland aufhält, auch nicht überprüfbar.

b. Dem demnach nicht vorverfolgt aus Äthiopien ausgereisten Kläger zu 1) droht auch aufgrund seiner exilpolitischen Betätigung für die TBOJ/UOSG und die OLF als einfaches Mitglied nicht für den Fall seiner Rückkehr ins Heimatland mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Verfolgung durch staatliche Stellen.

In der äthiopischen exilpolitischen Szene gibt es zahlreiche Gruppierungen. Insgesamt ist den verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen zu entnehmen, dass die äthiopische Regierung die Aktivitäten der äthiopischen Exilorganisationen genau beobachtet bzw. durch die Auslandsvertretungen beobachten lässt. Dem Auswärtigen Amt liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass allein die Betätigung für eine oppositionelle Organisation im Ausland bei der Rückkehr nach Äthiopien zu staatlichen Repressionen führt. Grundsätzlich kommt es darauf an, ob eine Organisation von den äthiopischen Stellen als terroristisch angesehen und welche Art exilpolitischer Aktivität festgestellt wird (führende Position, Organisation gewaltsamer Aktionen). Aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse ist davon auszugehen, dass jedenfalls Personen, die sich exponiert politisch betätigt haben, mit Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen haben. Dagegen ist eine Verfolgung von nicht herausgehobenen exilpolitischen tätigen Personen nicht beachtlich wahrscheinlich. Zwar steht die exilpolitische Vereinigung der TBOJ/UOSG, der der Kläger an-gehört, der Oromo-Befreiungsfront (OLF) nahe und ist mit dieser politisch eng verbunden. Die Oromo-Organisationen bzw. die mit ihnen verbundenen Parteien werden von den Sicherheitskräften des äthiopischen Staates besonders aufmerksam beobachtet. Personen, die sich in der Bundesrepublik Deutschland derart exponiert betätigen, dass die äthiopischen Behörden sie als ernsthafte Oppositionsangehörige einstufen, müssen bei einer Rückkehr nach Äthiopien mit politisch motivierten Verfolgungshandlungen rechnen (OVG NRW, U.v. 17.8.2010 – 8 A 3806/05.A - juris; VGH München, B.v. 14.7.2015 – 21 ZB 15.30119 – juris; VGH München, U.v. 25.2.2008 – 21 B 07.30363 – juris). Die OLF wird von der äthiopischen Regierung als terroristische politi-sche Gruppierung angesehen (Auswärtiges Amt, Lagebericht Äthiopien vom 6. März 2017, S. 9). Wer in führender oder verantwortlicher Stellung in einer solchen Organisation tätig war bzw. ist oder dessen verdächtigt wird, muss mit Strafverfolgung wegen terroristischer Aktivitäten rechnen (ebenda).

Nach eigenem Vortrag fällt der Kläger zu 1) nicht in den beschriebenen Personenkreis. Er gibt an, einfaches Mitglied der TBOJ/UOSG und der OLF zu sein, an Veranstaltungen teilzunehmen und die Ziele der Parteien finanziell zu unterstützen und finanzielle Unterstützung ins Heimatland (insbesondere an Flüchtlinge aus Somalia) zu schicken.

Das Gericht verkennt nicht, dass sich die politische Situation seit 2015 in Äthiopien noch einmal verschärft hat und dass wohl auch nach Aufhebung des Ausnahmezustands im August 2017 nicht von einer spürbaren innenpolitischen Entspannung im Umgang mit regierungskritischen Gruppierungen ausgegangen werden kann (Günter Schröder, Stellungnahme gegenüber RAin B., Frankfurt vom 20. November 2017).

Aus der auch den Entscheidungen des VG Würzburg vom 24. Juli 2017 (W 3 K 17.30710) und 23. November 2017 (W 3 K 17.32586) zugrundeliegenden Auskunftslage, wie sie sich aus der zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnisquellen ergibt, kann nicht der Schluss gezogen werden, dass jedwede exilpolitische Betätigung – auch von untergeordneter Bedeutung oder aus rein asyltaktischen Gründen – zur Zuerkennung internationalen Schutzes führen müsste, da die Schwelle der „beachtlichen Wahrscheinlichkeit“ staatlicher Verfolgung auch aufgrund der neueren Entwicklungen in Äthiopien nicht angenommen werden kann. Dass politische Verfolgung nicht ausgeschlossen werden kann, genügt nicht den Anforderungen an die „beachtliche Wahrscheinlichkeit“ im Einzelfall.

Ein besonnener Betrachter kann im Hinblick auf Art und Umfang der nach den vorliegenden Erkenntnissen stattgefundenen Vorkommnisse nicht den Schluss ziehen, dass allgemein Mitglieder der TBOJ/UOSG und der OLF einer im Rahmen des § 3 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG relevanten Verfolgung im Falle ihrer Rückkehr nach Äthiopien ausgesetzt sein werden. Von einer Unzumutbarkeit der Rückkehr (so zum Maßstab der „Verfolgungsgefahr“ grundlegend BVerwG, U.v. 5.1.1991 - 9 C 118.90 -, juris sowie BVerwG, U.v. 20.3.2013 – 10 C 20.12 – juris; BVerwG, B.v. 15.8.2017 – 1 B 120.17 – juris) ist somit – so die Rechtsauffassung des Gerichts unter Zugrundelegung der verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen – nicht auszugehen.

Dies steht auch in Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes und der im Beschluss vom 14. November 2017 – 21 B 17.31340 – zum Ausdruck kommenden möglichen Beibehaltung dieser Rechtsprechung.

In diesem Beschluss wird u.a. folgendes ausgeführt:

„Dem angefochtenen Urteil des Verwaltungsgerichts liegt, die Beklagte zeigt das zutreffend auf, folgender Tatsachengrundsatz zugrunde: Bekennen sich äthiopische Asylbewerber zu einer Exilorganisation (hier: TBOJ/UOSG), die einer vom äthiopischen Staat als terroristisch eingestuften Vereinigung nahesteht und weisen sie für diese Exilorganisation ein Mindestmaß an Aktivität vor, haben sie für den Fall ihrer Rückkehr nach Äthiopien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG zu erwarten. Das Urteil weicht damit von der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes ab und beruht auf dieser Abweichung. Der Senat hat mit Beschluss vom 14. Juli 2015 (21 B 15.30119 –juris) seine bisherige Rechtsprechung (vgl. U.v. 25.2.2008 – 21 B 07.30363 und 21 B 05.31082 – juris) fortgeführt und bezüglich eines Mitglieds der UOSG (TBOJ) auf folgende engere tatsächliche Voraussetzungen für eine Rückkehrgefährdung bei exilpolitischer Betätigung äthiopischer Staatsangehöriger verwiesen: Bei einer Rückkehr nach Äthiopien müssen solche Personen mit politisch motivierten Verfolgungsmaßnahmen rechnen, die sich in der Bundesrepublik Deutschland derart exponiert politisch betätigt haben, dass die äthiopischen Behörden sie als ernsthafte Oppositionsangehörige einstufen.“

Gemessen an diesen Grundsätzen droht dem Kläger zu 1) nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit flüchtlingsschutzrelevante Verfolgung seitens des äthiopische Staates. Nach eigenem Vorbringen betätigt er sich nicht exponiert exilpolitisch, sondern ist einfaches Mitglied. Mit seinen Einlassungen zeigte der Kläger z 1) in der mündlichen Verhandlung keine politisch überzeugte Haltung. Sein Vortrag blieb auch diesbezüglich sehr vage und detailarm. Dass sein Engagement in Deutschland von einem ernsthaften politischen Willen getragen ist, war nicht erkennbar.

2. Dem Kläger zu 1) steht auch kein Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 2 AufenthG zu. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär schutzberechtigt, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AsylG), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung ( § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AsylG) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AsylG). In diesem Rahmen sind gemäß § 4 Abs. 3 AsylG die §§ 3c bis 3e AsylG entsprechend anzuwenden.

Vorliegend sind keine Gründe ersichtlich oder vorgetragen, dass dem Kläger zu 1) bei einer Rückkehr in sein Heimatland ein ernsthafter Schaden in diesem Sinne droht.

Auch aus den jüngsten Meldungen aus der Region Oromia (Auswärtiges Amt: Äthiopien: Reise- und Sicherheitshinweise vom 11. Oktober 2016; FAZ 1. September 2016 „Mit jedem Toten wächst der Zorn“ und aus den in der mündlichen Verhandlung zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnisquellen) ergibt sich nichts anderes.

3. Auch nationale Abschiebungsverbote sind nicht gegeben.

a. Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 – EMRK - (BGBl. 1952 II, S. 686) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Mangels Erkennbarkeit diesbezüglicher Anhaltspunkte ist festzustellen, dass diese Voraussetzungen vorliegend nicht erfüllt sind.

b. Ebenso wenig besteht im Falle der Kläger ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.

Es ist nicht beachtlich wahrscheinlich, dass für die Kläger im Falle ihrer Rückkehr nach Äthiopien eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Die Kläger verfügen noch über familiäre Kontakte ins Heimatland. So gab der Kläger zu 1) an, zwei Onkel lebten dort noch. Auch seine Schwiegermutter und zwei seiner Kinder halten sich noch im Heimatland auf. Diese familiären Kontakte werden den Klägern in der Anfangszeit helfen, sich in Äthiopien wieder eine Existenz aufzubauen.

Weitere Anhaltspunkte für das Bestehen eines Abschiebungsverbotes wurden von den Klägern nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich.

4. Auch die im angefochtenen Bescheid enthaltene Ausreisesaufforderung unter Abschiebungsandrohung begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die Voraussetzungen der §§ 34 Abs. 1, 38 Abs. 1 AsylG liegen vor.

5. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte das ihr im Rahmen des § 11 Abs. 1 und 3 AufenthG eingeräumte Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat, bestehen nicht und wurden von den Klägern auch nicht vorgetragen.

Im Übrigen wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Bescheid verwiesen, § 77 Abs. 2 AsylG.

Die Klage war demnach abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO.

Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83b AsylG.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger ist äthiopischer Staatsangehöriger mit oromischer Volks- und islamischer Religionszugehörigkeit. Er reiste am 21.07.2016 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 17.08.2016 einen Asylantrag.

Bei seiner persönlichen Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 05.07.2017 gab der Kläger im Wesentlichen an, er stamme aus …, Bundesstaat Oromia.

Im Frühjahr 2013 habe er im Auftrag seiner Schule - zusammen mit anderen Schülern - Spendengelder zur Unterstützung hilfsbedürftiger Schüler gesammelt. Deswegen sei er am 18.03.2013 von der Ortspolizei verhaftet und zu einer Polizeistation gebracht worden. Er sei als Gegner der Regierung verdächtigt worden, weil er Oromo sei. Von der Polizei sei er geschlagen und misshandelt worden, damit er den Organisator der Sammlung und die Liste der Spender preisgebe. Wegen seiner Verletzungen sei er in ein Krankenhaus verlegt worden und dort für 29 Tage gewesen. Da die Aktion allerdings vom damaligen Direktor genehmigt worden sei, sei er wieder freigelassen worden. Er habe sich aber durch Unterschrift verpflichten müssen, keine politischen Tätigkeiten mehr auszuüben. Nach dem Vorfall sei er weiter zur Schule gegangen. Anschließend habe er ein Geschäft für Mobiltelefone eröffnet.

Sein Heimatland habe er Ende 2015 wegen einer Grundstücksstreitigkeit verlassen. Er sei Eigentümer eines Grundstücks im Nachbarort …gewesen, auf dem er begonnen habe, ein Haus zu bauen. Ohne sein Wissen sei das Grundstück an einen Investor verkauft worden. Die Behörden hätten ihm über die Hintergründe des Verkaufs keine Auskunft geben können. Er habe dann den Zaun des Investors eingerissen und weiter an seinem Haus gebaut. Kurze Zeit später sei die Polizei gekommen. Als er die Polizei gesehen habe, sei er geflohen und am 26.11.2015 nach …, wo er sich versteckt habe, gegangen. Mit Hilfe eines Onkels habe er seine Ausreise organisiert und am 02.12.2015 sein Heimatland verlassen.

Mit Bescheid vom …2017, zugestellt mit Postzustellungsurkunde am …2017, lehnte die Beklagte die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziff. 1) und den Antrag auf Asylanerkennung ab (Ziff. 2). Der subsidiäre Schutzstatus wurde ebenfalls nicht zuerkannt (Ziff. 3). Die Beklagte stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziff. 4). Dem Kläger wurde die Abschiebung nach Äthiopien angedroht (Ziff. 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziff. 6).

Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus, der Kläger sei kein Flüchtling im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG. Der Sachvortrag des Klägers genüge nicht den Kriterien einer glaubhaften Darstellung eines Verfolgungsschicksals. Die Angaben zu den fluchtauslösenden Ereignissen seien arm an Details, vage und oberflächlich geblieben. Die Angaben des Klägers, wonach er nichts über den angeblichen Verkauf seines Grundstücks wisse und die Behörden ihm nicht hätten weiterhelfen können, seien nicht nachvollziehbar und widersprächen jeglicher Lebenserfahrung. Selbst bei unterstellter Glaubhaftigkeit könne dem Kläger nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt werden. Die vom Kläger vorgetragenen Fluchtgründe reichten hinsichtlich ihrer Intensität nicht aus, um von Verfolgungshandlungen nach § 3a AsylG, die an Verfolgungsgründe des § 3b Abs. 1 AsylG anknüpfen, auszugehen. Im Zusammenhang mit der Grundstücksangelegenheit habe der Kläger keine konkreten Verfolgungshandlungen vorgetragen, die ihn selbst betreffen würden. Die Angst vor Verfolgung stelle insofern lediglich eine Vermutung dar. Im Rahmen des Streites um die Grundstücksbesitzverhältnisse sei der Kläger an die örtlichen Gerichte zu verweisen. Die beschriebene Inhaftierung im Jahr 2013 führe ebenfalls nicht zu einer Flüchtlingszuerkennung. Der Kläger habe selbst angegeben, dass die Situation aufgeklärt und er entlassen worden sei. Dem Kläger drohe damit keine weitere Sanktion bei der Rückkehr nach Äthiopien. Im Übrigen ergebe sich auch keine allgemeine Verfolgung durch die Zugehörigkeit des Klägers zum Volk der Oromo.

Die Voraussetzungen der Asylanerkennung gemäß Art. 16a Abs. 1 GG seien nicht gegeben, da nicht einmal der weitergefasste Schutzbereich des Art. 3 AsylG einschlägig sei.

Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus. Im Hinblick auf die Ausführungen zum Flüchtlingsschutz sei nicht davon auszugehen, dass dem Kläger Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung bei einer Rückkehr nach Äthiopien drohe (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG). Eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG) liege ebenfalls nicht vor.

Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG kämen nicht in Betracht. Die Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse könne nur in außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK bewertet werden. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Äthiopien würden nicht zu der Annahme führen, dass bei Abschiebung des Klägers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliege. Die hohen Anforderungen an den Gefahrenmaßstab seien selbst unter Berücksichtigung der individuellen Umstände des Klägers nicht erfüllt. Es sei zu erwarten, dass der Kläger mit zwölfjähriger Schulausbildung als gesunder, arbeitsfähiger und junger Mann seine Existenz sichern könne. Er habe zuletzt ein eigenes Geschäft in seinem Heimatland geführt. Außerdem verfüge der Kläger noch über Eltern, Geschwister und eine Großfamilie im Herkunftsland, so dass anzunehmen sei, dass er auch insoweit Unterstützung erhalten werde.

Anhaltspunkte für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG seien weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.

Mit Schriftsatz vom …2017, eingegangen beim Verwaltungsgericht Bayreuth am …2017, erhob der Bevollmächtigte des Klägers Klage und beantragt,

  • 1.Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom …2017, Gz.: …, wird aufgehoben.

  • 2.Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen; den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen; hilfsweise dem Kläger den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen; hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 AufenthG vorliegen, insbesondere betreffend Äthiopien; hilfsweise die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots zu verkürzen.

Zur Begründung der Klage wird auf die Anhörung des Klägers beim Bundesamt am 05.07.2017 verwiesen.

Mit Schriftsatz vom 30.08.2017 beantragt die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht sich die Beklagte auf die angefochtene Entscheidung.

Mit Beschluss der Kammer vom 18.01.2018 wurde der Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung am 20.02.2018 wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Ergänzend wird auf die Behördenakte und die Gerichtsakte verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Gründe

I.

Das Gericht konnte über die Klage verhandeln und entscheiden, ohne dass die Beklagte an der mündlichen Verhandlung am 20.02.2018 teilgenommen hat. Auf den Umstand, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, wurden die Beteiligten bei der Ladung ausdrücklich hingewiesen (§ 102 Abs. 2 VwGO).

II.

Die zulässige Klage bleibt ohne Erfolg. Der Kläger hat im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG noch einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylG sind ebenfalls nicht gegeben. Es liegen auch keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor. Die Abschiebungsandrohung sowie die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes sind nicht zu beanstanden. Der angefochtene Bescheid ist somit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO).

1. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG liegen nicht vor.

Nach § 3 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 AsylG besteht ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft dann, wenn sich der Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will und er keine Ausschlusstatbestände erfüllt. Eine solche Verfolgung kann nicht nur vom Staat ausgehen (§ 3c Nr. 1 AsylG), sondern auch von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (§ 3c Nr. 2 AsylG) oder nicht staatlichen Akteuren, sofern die in Nrn. 1 und 2 genannten Akteure einschl. internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage sind oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (§ 3c Nr. 3 AsylG). Allerdings wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylG hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (§ 3e Abs. 1 AsylG).

Für die richterliche Überzeugungsbildung im Sinne von § 108 Abs. 1 VwGO gilt folgendes:

Das Gericht muss sich die volle Überzeugung von der Wahrheit des behaupteten Verfolgungsschicksals und der Wahrscheinlichkeit der Verfolgungsgefahr bilden. Eine bloße Glaubhaftmachung in der Gestalt, dass der Vortrag lediglich wahrscheinlich sein muss ist nicht ausreichend (vgl. grundlegend BVerwG, U.v. 16.4.1985 - 9 C 109.84 - juris). Es ist vielmehr der asylrechtliche Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zu Grunde zu legen. Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhaltes die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine „qualifizierende“ Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Hierbei darf das Gericht jedoch hinsichtlich der Vorgänge im Verfolgerland, die zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder der Feststellung eines Abschiebungsverbotes führen sollen, keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen, sondern muss sich in tatsächlich zweifelhaften Fragen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, auch wenn Zweifel nicht völlig auszuschließen sind (BVerwG, U.v. 16.4.1985 a.a.O.). Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 20.2.2013 - 10 C 23/12 - juris; VG Augsburg, U.v. 11.7.2016 - Au 5 K 16.30604 - juris).

Nach Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 ist hierbei die Tatsache, dass ein Kläger bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweise darauf, dass die Furcht des Klägers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Kläger erneut von solcher Verfolgung und einem solchen Schaden bedroht wird. Diese Regelung privilegiert den von ihr erfassten Personenkreis bei einer Vorverfolgung durch eine Beweiserleichterung, nicht aber durch einen herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab. Die Vorschrift begründet für die von ihr begünstigten Kläger eine widerlegbare Vermutung dafür, dass sie erneut von einem ernsthaften Schaden bei einer Rückkehr in ihr Heimatland bedroht werden. Dadurch wird der Kläger, der bereits einen ernsthaften Schaden erlitten hat oder von einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die einen solchen Schaden begründenden Umstände bei Rückkehr in sein Herkunftsland erneut realisieren werden.

Als vorverfolgt gilt ein Schutzsuchender dann, wenn er aus einer durch eine eingetretene oder unmittelbar bevorstehende politische Verfolgung hervorgerufenen ausweglosen Lage geflohen ist. Die Ausreise muss das objektive äußere Erscheinungsbild einer unter dem Druck dieser Verfolgung stattfindenden Flucht aufweisen. Das auf dem Zufluchtsgedanken beruhende Asyl- und Flüchtlingsrecht setzt daher grundsätzlich einen nahen zeitlichen (Kausal-) Zusammenhang zwischen der Verfolgung und der Ausreise voraus. Es obliegt aber dem Schutzsuchenden, sein Verfolgungsschicksal glaubhaft zur Überzeugung des Gerichts darzulegen. Er muss daher die in seine Sphäre fallenden Ereignisse, insbesondere seine persönlichen Erlebnisse, in einer Art und Weise schildern, die geeignet ist, seinen geltend gemachten Anspruch lückenlos zu tragen. Dazu bedarf es - unter Angabe genauer Einzelheiten - einer stimmigen Schilderung des Sachverhalts. Daran fehlt es in der Regel, wenn der Schutzsuchende im Lauf des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellungen nach der Lebenserfahrung oder auf Grund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe nicht nachvollziehbar erscheinen, und auch dann, wenn er sein Vorbringen im Laufe des Verfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Begehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (VGH BW, U.v. 27.8.2013 - A 12 S 2023/11 - juris; HessVGH, U.v. 4.9.2014 - 8 A 2434/11.A - juris).

Gemessen an diesen Maßstäben hat der Kläger eine an den Merkmalen des § 3 Abs. 1 AsylG ausgerichtete Verfolgung nicht glaubhaft gemacht. Das Gericht folgt diesbezüglich zunächst den Ausführungen im angefochtenen Bescheid (§ 77 Abs. 2 AsylG).

Selbst unter Berücksichtigung der Schilderungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung am 20.02.2018 besteht kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.

a) Unabhängig von der Tatsache, dass der Kläger den Zeitpunkt seiner Verhaftung wegen der Spendengeldsammlung beim Bundesamt auf den 18.03.2013 datiert hat, während er in der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht angab, „dies könne ungefähr im Mai 2013“ gewesen sein, stellt die Maßnahme im Frühjahr 2013 jedenfalls keine Verfolgungshandlung mit der notwendigen flüchtlingsrechtlichen Relevanz im Sinne des § 3 AsylG dar. Es besteht daher keine beachtliche Wahrscheinlichkeit, dass der Kläger insoweit bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland einer Verfolgung ausgesetzt sein wird. Als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG gelten nur Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen oder Handlungen in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte bestehen, die so gravierend sind, dass eine Person davon in einer ähnlichen Weise wie in der in § 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG beschriebenen Weise betroffen ist.

Der Kläger ist nach eigenen Angaben lediglich einen Tag von der Polizei gefangen gehalten worden. Selbst wenn er dabei tatsächlich körperlich misshandelt worden sein sollte und in ein Krankenhaus eingeliefert worden ist, erreicht die vorgetragene Handlung im Zusammenhang mit der Sammelaktion im Jahr 2013 nicht die erforderliche Intensität für eine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgungshandlung. Bereits während des Krankenhausaufenthalts des Klägers konnte der Sachverhalt aufgeklärt werden, indem der damalige Schuldirektor gegenüber der Polizei angegeben hat, dass er eine Erlaubnis für die Sammlung erteilt habe. Im Anschluss daran durfte der Kläger unverzüglich das Krankenhaus verlassen. Im Übrigen erklärte der Kläger dem Gericht, dass er wegen der Spendensammlung im Jahr 2013 bis zu seiner Ausreise Ende 2015 keinerlei Probleme mit den Behörden mehr hatte, so dass es schon am (zeitlichen) Kausalzusammenhang zwischen der Verhaftung im Frühjahr 2013 und der Ausreise im Dezember 2015 fehlt.

b) Auch die geschilderten Probleme mit der Polizei im Zusammenhang mit dem Betrieb seines Handyladens führen nicht zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Ungeachtet der Tatsache, wonach der Kläger in der mündlichen Verhandlung angegeben hat, nach dem Vorfall anlässlich der Spendensammlung im Jahr 2013 die Schule abgebrochen und einen Handyladen eröffnet zu haben, während er beim Bundesamt noch angegeben hat, nach der Freilassung im Jahr 2013 weiter zur Schule gegangen zu sein (Blatt 97 der Bundesamtsakte), stellen die vorgetragenen Bedrohungen durch die Polizei ebenfalls keine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgungshandlung im obigen Sinne dar. Nach Angaben des Klägers sei die Polizei gelegentlich vorbeigekommen und habe ihm vorgeworfen, dass er zu laut Musik mit politischem Inhalt spiele. Einmal sei die Lautsprecheranlage zerstört worden, ein anderes Mal habe die Polizei die Anlage mitgenommen.

Zum einen konnte der Kläger gegenüber dem Gericht nicht genauer darlegen, wie oft diese Vorfälle mit der Polizei überhaupt gewesen sind. Zum anderen erklärt der Kläger selbst gegenüber dem Gericht, dass ihm weiter wegen dieser Angelegenheit nichts passiert sei. Die geschilderten Maßnahmen der Polizei im Zusammenhang mit dem Betrieb des Handyladens stellen damit schon im Ansatz keine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgungshandlung dar, insbesondere da die Polizei offensichtlich wegen der Lautstärke und den „verbotenen“ Inhalten gegen den Kläger vorgegangen ist.

c) Gleiches gilt für den vom Kläger vorgetragenen Grundstückskonflikt. Nach Angaben beim Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung hat der Kläger im Nachbarort ein Baugrundstück besessen, auf dem er ein Haus bauen wollte. Nachdem er bereits Baumaterialien hat anliefern lassen, hat die Regierung das Grundstück gegen seinen Willen an einen Investor verkauft. Eine Entschädigung für den Verlust seines Grundstücks hat der Kläger nicht erhalten.

Die staatliche Enteignung des klägerischen Grundeigentums stellt nach Auffassung des Gerichts keine konkret individuelle Verfolgungshandlung mit flüchtlingsrechtlicher Relevanz dar. Zum einen hat der Kläger selbst angegeben, dass in dieser Zeit die Regierung viele Grundstücke der Oromo enteignet und an Investoren verkauft habe. Zum anderen stellt die Enteignung - selbst wenn diese entschädigungslos ist - keine Handlung dar, die aufgrund ihrer Art so gravierend ist, dass sie eine schwerwiegende Verletzung grundlegender Menschenrechte darstellt. Auch andere Rechtsordnungen sehen das Institut der Enteignung vor. Allein die Tatsache, dass die „Verfahrensvorschriften“ nicht eingehalten worden sind bzw. dass der Kläger für den Landentzug keine Entschädigungsleistung erhalten hat, stellt keine Verfolgungshandlung im Sinne des § 3a AsylG dar. Vielmehr handelt es sich - soweit dem Kläger hierfür eine Entschädigung zugestanden hätte - lediglich um staatliches Unrecht außerhalb der flüchtlingsrechtlichen Relevanz. Dies gilt vorliegend umso mehr, da dem Kläger nicht seine komplette Existenz entzogen wurde, insbesondere er nicht aus seinem Wohnhaus vertrieben worden ist, sondern lediglich ein unbebautes Grundstück, auf dem der Kläger erst mit der Errichtung eines Bauwerks beginnen wollte, entzogen wurde. Die entschädigungslose Enteignung eines Grundstücks stellt damit keinen Verfolgungsgrund im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention bzw. des § 3 Abs. 1 AsylG dar (vgl. Unabhängiger Bundesasylsenat der Republik Österreich [UBAS], Entscheidung vom 22.07.1998 - 203.929/0-VIII/22/98).

d) Selbst der klägerische Hinweis auf die allgemeine und insbesondere auf die wirtschaftliche Diskriminierung der Oromo in Äthiopien reicht für die Annahme einer flüchtlingsrechtlich relevanten Verfolgungshandlung nicht aus. Volkszugehörige der Oromo unterliegen - auch nach der gegenwärtigen Auskunftslage - im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) keiner sogenannten Gruppenverfolgung.

Die Gefahr eigener Verfolgung für einen Ausländer, der die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft begehrt, kann sich nicht nur aus gegen ihn selbst gerichteten Maßnahmen ergeben, sondern auch aus gegen Dritte gerichteten Maßnahmen, wenn diese Dritten wegen eines asylerheblichen Merkmals verfolgt werden, das er mit ihnen teilt, und wenn er sich mit ihnen in einer nach Ort, Zeit und Wiederholungsträchtigkeit vergleichbaren Lage befindet (sog. Gefahr der Gruppenverfolgung). Dabei ist je nach den tatsächlichen Gegebenheiten auch zu berücksichtigen, ob die Verfolgung allein an ein bestimmtes unverfügbares Merkmal wie die Volkszugehörigkeit anknüpft oder ob für die Bildung der verfolgten Gruppe und die Annahme einer individuellen Betroffenheit weitere Umstände oder Indizien hinzutreten müssen. Die Annahme einer alle Gruppenmitglieder erfassenden gruppengerichteten Verfolgung setzt eine bestimmte „Verfolgungsdichte“ voraus, welche die „Regelvermutung“ eigener Verfolgung rechtfertigt. Hierfür ist die Gefahr einer so großen Vielzahl von Eingriffshandlungen in flüchtlingsrechtlich geschützte Rechtsgüter erforderlich, dass es sich dabei nicht mehr nur um vereinzelt bleibende individuelle Übergriffe oder um eine Vielzahl einzelner Übergriffe handelt. Die Verfolgungshandlungen müssen vielmehr im Verfolgungszeitraum und Verfolgungsgebiet auf alle sich dort aufhaltenden Gruppenmitglieder zielen und sich in quantitativer und qualitativer Hinsicht so ausweiten, wiederholen und um sich greifen, dass daraus für jeden Gruppenangehörigen nicht nur die Möglichkeit, sondern ohne weiteres die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit entsteht. Voraussetzung für die Annahme einer Gruppenverfolgung ist ferner, dass die festgestellten Verfolgungsmaßnahmen die von ihnen Betroffenen gerade in Anknüpfung an asylerhebliche Merkmale treffen. Ob eine in dieser Weise spezifische Zielrichtung vorliegt, die Verfolgung mithin „wegen“ eines der in § 3b AsylG genannten Merkmale erfolgt, ist anhand ihres inhaltlichen Charakters nach der erkennbaren Gerichtetheit der Maßnahme selbst zu beurteilen, nicht nach den subjektiven Gründen oder Motiven, die den Verfolgenden dabei leiten (vgl. zum Ganzen: BVerwG. U.v. 5.7.1994 - 9 C 158.94 - juris; VGH Mannheim, U.v. 5.10.2016 - A 10 S 332/12 - juris; VG Bayreuth, U.v. 7.3.2017 - B 3 K 16.31008 - juris). Zudem gilt auch für die Gruppenverfolgung, dass diese mit Rücksicht auf den allgemeinen Grundsatz der Subsidiarität des Flüchtlingsrechts den Betroffenen einen Schutzanspruch im Ausland nur dann vermittelt, wenn sie im Herkunftsland landesweit droht, d.h. wenn auch keine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative besteht, die vom Zufluchtsland aus erreichbar sein muss (VGH Mannheim, U.v. 5.10.2016 - A 10 S 332/12 - juris, VG Bayreuth, U.v. 7.3.2017 - B 3 K 16.31008 - juris; VG Augsburg, U.v. 7.11.2016 - Au 5 K 16.31853 - juris).

Ob Verfolgungshandlungen das Kriterium der Verfolgungsdichte erfüllen, ist von den Tatsachengerichten aufgrund einer wertenden Betrachtung im Sinne der Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung zu entscheiden. Dabei muss zunächst die Gesamtzahl der Angehörigen der von Verfolgungshandlungen betroffenen Gruppe ermittelt werden. Weiter müssen Anzahl und Intensität aller Verfolgungsmaßnahmen, gegen die Schutz weder von staatlichen Stellen noch von staatsähnlichen Herrschaftsorganisationen im Sinne von § 3c Nr. 1 und 2 AsylG einschließlich internationaler Organisationen zu erlangen ist, festgestellt und hinsichtlich der Anknüpfung an ein oder mehrere unverfügbare Merkmale im Sinne von § 3b AsylG nach ihrer objektiven Gerichtetheit zugeordnet werden. Alle danach gleichgearteten, auf eine nach denselben Merkmalen zusammengesetzte Gruppe bezogenen Verfolgungsmaßnahmen müssen schließlich zur ermittelten Größe dieser Gruppe in Beziehung gesetzt werden, weil eine bestimmte Anzahl von Eingriffen, die sich für eine kleine Gruppe von Verfolgten bereits als bedrohlich erweist, gegenüber einer großen Gruppe vergleichsweise geringfügig erscheinen kann. (vgl. zu alledem BVerwG, U.v. 21.4.2009 - 10 C 11.08 - juris; VGH Mannheim, U.v. 5.10.2016 - A 10 S 332/12 - juris).

Dies zugrunde gelegt, droht dem Kläger wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Oromo nicht die Gefahr einer landesweiten Gruppenverfolgung. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass Volkszugehörige der Oromo verstärkt Menschenrechtsverletzungen in Äthiopien ausgesetzt sind. Das Bundesamt hat jedoch im streitgegenständlichen Bescheid zu Recht ausgeführt, dass eine für die Annahme einer Gruppenverfolgung erforderliche kritische landesweite Verfolgungsdichte von oromischen Volkszugehörigen nicht zu erkennen ist (VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 - RO 2 K 16.32411 - juris; vgl. auch Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 06.03.2017 - Gz. 508-516.80/3 - ETH). Auch der gegenwärtige „Ausnahmezustand“ in Äthiopien ändert nichts an der zutreffenden Einschätzung des Bundesamtes zu den fehlenden Voraussetzungen einer Gruppenverfolgung der Oromo.

e) Soweit der Kläger - erstmals in der mündlichen Verhandlung - von der Teilnahme an einer Demonstration am 24.11.2015 für die Rechte der Oromo in seinem Heimatort berichtet, führt dieser Umstand ebenfalls nicht zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Nach Angaben des Klägers haben an dieser Demonstration gegen die Enteignung der Oromo mehr als 300 Leute teilgenommen. Als die Demonstration von der Polizei aufgelöst worden ist, ist der Kläger zu seinem Laden gegangen und hat das TPLF-Schild entfernt. Deswegen soll die Regierung nach ihm gesucht haben.

Aufgrund der Demonstration war der Kläger damit schon keiner konkret individuellen Verfolgungshandlung im Sinne des § 3a AsylG ausgesetzt. Soweit der Kläger nunmehr von einer „Verfolgung“ durch die Regierung wegen des entfernten Parteischildes vor seinem Handyladen berichtet, ist der Vortrag schon vage, detailarm und unsubstantiiert. Insbesondere ist für das Gericht nicht nachvollziehbar dargelegt, warum der Kläger erstmals in der mündlichen Verhandlung auf das entsprechende Schild hingewiesen hat bzw. warum die aus der Entfernung resultierende „Verfolgung“ von flüchtlingsrechtlicher Intensität sein sollte.

f) Auch der Sachvortrag, der Kläger sei von der Polizei verfolgt worden, weil er illegal das „enteignete“ Grundstück betreten hat, stellt nach Auffassung des Gerichts keinen flüchtlingsrechtlich relevanten Belang dar. Zum einen ist der Vortrag insoweit vom Kläger schon in unglaubwürdiger Weise gesteigert worden, indem er im Rahmen der mündlichen Verhandlung erstmals angibt, er habe in der Nacht zum 26.11.2015 mit 22 Leuten den Zaun des Investors an seinem Grundstück eingerissen. Bei der Anhörung beim Bundesamt am 05.07.2017 war hingegen lediglich die Rede davon, dass er den Zaun des Investors niedergerissen und an seinem Haus weitergebaut hat. Selbst auf Nachfrage des Gerichts konnte der Kläger nicht plausibel darlegen, warum er nunmehr mit 22 Leuten in der Nacht auf das Grundstück eingedrungen sein will. Es erscheint lebensfremd, wenn der Kläger nunmehr ausführt, er habe 22 Leute mitgebracht, um mit diesen - mitten in der Nacht - sein Haus zu bauen. Soweit der Kläger und seine Männer tatsächlich wegen des Eindringens auf das entzogene Grundstück von der Polizei vertrieben bzw. beschossen worden sein sollten, stellt dies jedenfalls keine Verfolgungshandlung im Sinne des Flüchtlingsrechts dar, da sich der Kläger offensichtlich illegal auf dem - wenn auch zu Unrecht enteignetem - Grundstück befunden hat.

g) Letztlich vermag das Gericht auch unter Berücksichtigung des Kumulationsansatzes (§ 3a Abs. 1 Nr. 2 AsylG) keine flüchtlingsrechtlich relevante Vorverfolgung des Klägers erkennen. Die vorgetragenen Einzelereignisse sind nach der Überzeugung des Gerichts nicht insgesamt derart schwerwiegend, dass aufgrund der Vielzahl „diskriminierender Nadelstiche“ das Maß des allgemein hinnehmbaren überschritten wurde (vgl. BVerwG, U.v. 19.1.2009 - 10 C 52/07 - juris; Marx, AsylG, 9. Auflage 2017, § 3a Rn. 12 ff.).

h) Auch auf den Nachfluchtgrund der exilpolitischen Betätigung kann sich der Kläger nicht mit Erfolg berufen. Zwar ermöglicht § 28 Abs. 1a AsylG die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft auch dann, wenn die begründete Furcht vor Verfolgung im Sinn des § 3 Abs. 1 AsylG auf Ereignisse beruht, die eingetreten sind, nachdem der Ausländer sein Herkunftsland verlassen hat. Nach Überzeugung des Gerichts ist es aber auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht beachtlich wahrscheinlich, dass dem Kläger bei seiner Rückkehr nach Äthiopien eine Verfolgung wegen seiner exilpolitischen Betätigung in der Bundesrepublik Deutschland drohen würde.

In der äthiopischen exilpolitischen Szene gibt es zahlreiche Gruppierungen. Den verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen ist zweifelsohne zu entnehmen, dass die äthiopische Regierung die Aktivitäten der äthiopischen Exilorganisationen genau beobachtet bzw. durch die Auslandsvertretungen beobachten lässt. Aufgrund der Auskunftslage, die auch die Entwicklungen während der Massenproteste 2015/2016, den Ausnahmezustand 2016 und die aktuelle politischen Entwicklungen im Frühjahr 2018 berücksichtigt, geht das Gericht jedoch weiterhin nicht davon aus, dass jede, wie auch immer geartete Form der Betätigung für eine der zahlreichen exilpolitischen Gruppen in der äthiopischen exilpolitischen Szene im Ausland bei einer Rückkehr nach Äthiopien zu einer beachtlichen Verfolgungsgefahr führt. Vielmehr kommt es - auch nach der aktuellen Lage - für die Feststellung des relevanten Gefährdungsgrades grundsätzlich darauf an, ob eine Organisation von den äthiopischen Stellen etwa als terroristisch eingestuft wird und in welcher Art und in welchem Umfang der oder die Betreffende sich im Einzelfall exilpolitisch tatsächlich und wahrnehmbar betätigt hat (VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 - RO 2 K 16.32411 - juris; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 - AN 3 K 16.31836 - juris; VG Bayreuth, U.v. 20.11.2017 - B 2 K 16.31139 - juris; vgl. auch VG Kassel, U.v. 5.9.2017 - 1 K 2320/17.KS.A - juris; a.A. VG Würzburg, U.v. 15.9.2017 - W 3 K 17.31180 - juris).

Dem Auswärtigen Amt liegen auch nach dem aktuellen Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien vom 6.3.2017 keine Erkenntnisse darüber vor, dass allein die Betätigung für eine oppositionelle Partei im Ausland bei Rückkehr nach Äthiopien zu staatlichen Repressionen führt. Maßgeblich ist danach vielmehr der konkrete Einzelfall an, also beispielsweise, ob eine Organisation von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation angesehen wird oder um welche politische Tätigkeit es sich handelt (z.B. nachweisliche Mitgliedschaft, führende Position, Organisation gewaltsamer Aktionen). Von Bedeutung ist auch, ob und wie sich die zurückgeführte Person anschließend in Äthiopien politisch betätigt Die bloße Asylantragstellung im Ausland bleibt - soweit bekannt - ohne Konsequenzen (AA, Lagebericht Äthiopien vom 6.3.2017, S. 16; VG Gießen, U.v. 11.7.2017 - 6 K 4787/15.GI.A - juris; VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 - RO 2 K 16.32411 - juris).

G. S. geht in seiner Stellungnahme vom 15.2.2017 an das VG Gießen in der dortigen Streitsache 6 K 4787/15.GI.A davon aus, dass eine Verfolgungsprognose anhand bestimmter Merkmale nicht abgegeben werden könne, weil das Handeln der äthiopischen Sicherheits- und Justizbehörden gegenüber allen wirklichen und putativen Gegnern von einem hohen Maß an Willkürlichkeit geprägt sei. Unter diesem Gesichtspunkt sei generell die Unterscheidung zwischen unbedeutender und exponierter Stellung in einer Oppositionsorganisation als nicht relevant für die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr anzusehen. Dies gelte in besonderem Maß seit dem Erlass der Anti-Terrorismusgesetze und gerade auch unter dem Ausnahmezustand. Weiter führt er aus, dass mit „hoher Wahrscheinlichkeit“ eine längere Inhaftierung - verbunden mit intensiver Befragung - auch unter dem jetzigen Ausnahmezustand als Minimum anzunehmen sei. Es bleibt jedoch offen, wie S. trotz der Prognoseunsicherheit zu dieser Annahme kommt. So belegt er diese Annahme nicht mit konkreten Beispielen für ein Einschreiten äthiopischer Stellen gegen Rückkehrer, obwohl er angibt, dass diese häufig verhaftet würden (Rn. 214 der Stellungnahme vom 15.2.2017). Dies dürfte dem Umstand geschuldet sein, dass kaum Abschiebungen nach Äthiopien stattfinden, was die Grundlage dieser Aussage allerdings fraglich erscheinen lässt. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass es seit Mitte 2015 im Zusammenhang mit dem „Masterplan“ der Regierung vor allem in der Provinz Oromia zu Massenprotesten kam und es im Zusammenhang mit diesen Protesten und dem Einschreiten der Sicherheitskräfte zu Todesfällen und Verhaftungen gekommen ist. So sollen nach dem Gutachten von G. S. im Rahmen der Unruhen 2016 unter Geltung des Ausnahmezustandes über 11.000 Menschen verhaftet worden sein. Diese Verhaftungen fanden jedoch im Zusammenhang mit - zumindest teilweise - gewaltsamen Protesten in Äthiopien statt. Sie sind kein Beleg dafür, dass auch Rückkehrer alleine wegen ihrer exilpolitischen Betätigung nun einem beachtlichen Verfolgungsrisiko ausgesetzt sind. Dies belegen auch die Ausführungen in der Stellungnahme S.s nicht hinreichend. Dieser führt zwar nachvollziehbar aus, dass im Zusammenhang mit den Unruhen in Äthiopien selbst die äthiopische Diaspora - auch im Hinblick auf eine Strafbarkeit nach dem äthiopischen Anti-Terrorismusgesetz von 2009 - verstärkt überwacht wird (Rn. 134 der Stellungnahme vom 15.2.2017). Ein konkretes Beispiel für eine Verfolgung allein auf Grund einer exilpolitischen Tätigkeit unterbleibt jedoch. Auffällig ist hierbei auch, dass S. zum einen zwar deutliche Aussagen trifft (Bestrafung jedes Mitglieds einer exilpolitischen Gruppe, die mit einer als terroristisch eingestuften Gruppe zusammenarbeitet [Rn. 232 der Stellungnahme vom 15.2.2017]; häufige Verhaftungen [Rn. 214 der Stellungnahme vom 15.2.2017]; längere Inhaftierung verbunden mit intensiver Befragung und mit hoher Wahrscheinlichkeit inhumaner Haftbedingungen [Rn. 237 der Stellungnahme vom 15.2.2017]), gleichzeitig aber äußert, dass sich angesichts der Willkürlichkeit die konkreten Verfolgungshandlungen im Einzelnen schwer vorhersagen ließen und er an anderer Stelle (Rn. 226 der Stellungnahme vom 15.2.2017) angibt, dass im heutigen Äthiopien, die eine staatliche Verfolgung auslösenden Momente in der Regel vielschichtig seien und sich nur selten auf ein bestimmtes Merkmal reduzieren ließen (vgl. ausführlich: VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 - RO 2 K 16.32411 - juris; VG Gießen, U.v. 11.7.2017 - 6 K 4787/15.GI.A - juris).

Bei einer Gesamtwürdigung der vorliegenden Auskunftslage nimmt das Gericht daher auch weiterhin nicht an, dass äthiopische Asylbewerber, sofern sie sich zu einer Exilorganisation (hier: TBOJ/UOSG), die einer vom äthiopischen Staat als terroristisch eingestuften Vereinigung nahesteht, bekennen und sie für diese Exilorganisation nur ein Mindestmaß an Aktivität vorweisen, für den Fall der Rückkehr nach Äthiopien bereits mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG erwartet (VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 - RO 2 K 16.32411 - juris; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 - AN 3 K 16.31836 - juris; vgl. auch VG Bayreuth, U.v. 20.11.2017 - B 2 K 16.31139 - juris; VG Kassel, U.v. 5.9.2017 - 1 K 2320/17.KS.A - juris; VG Gießen, U.v. 11.7.2017 - 6 K 4787/15.Gl.A - juris, a.A. VG Würzburg, U.v. 15.9.2017 - W 3 K 17.31180 - juris). Vielmehr müssen nach Überzeugung des Gerichts bei einer Rückkehr nach Äthiopien nur solche Personen mit politisch motivierten Verfolgungsmaßnahmen rechnen müssen, die sich in der Bundesrepublik Deutschland derart exponiert politisch betätigt haben, dass die äthiopischen Behörden sie als ernsthafte Oppositionsangehörige einstufen (VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 - RO 2 K 16.32411 - juris; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 - AN 3 K 16.31836 - juris; vgl. auch BayVGH, B.v. 14.7.2015 - 21 B 15.30119 - juris; BayVGH, U.v. 25.2.2008 - 21 B 07.30363 und 21 B 05.31082 - juris). Erforderlich für einen beachtlichen Nachfluchtgrund aufgrund exilpolitischer Betätigung ist nämlich eine „beachtliche Wahrscheinlichkeit“ der Verfolgung im Falle einer Rückkehr. Nicht ausreichend ist hingegen, dass eine solche möglich ist oder nicht ausgeschlossen werden kann. Eine solche beachtliche Wahrscheinlichkeit im Falle einer nicht exponierten Stellung kann - wie bereits ausgeführt - auch den oben genannten aktuellen Stellungnahmen nicht entnommen werden. Die Kammer und der erkennende Einzelrichter gehen daher weiterhin davon aus, dass sich Personen, die sich nur im Hinblick auf einen positiven Ausgang des Asylverfahrens abzielend einer exilpolitischen Gruppe anschließen und sich dort nicht exponiert betätigen, im Falle einer Rückkehr nach Äthiopien nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit politisch motivierten Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen haben. Gerade wegen der intensiven Beobachtung exilpolitischer Auslandsaktivitäten durch äthiopische Stellen muss davon ausgegangen werden, dass auch den äthiopischen Behörden klar ist, dass eine große Zahl äthiopischer Asylbewerber nicht wegen ihrer politischen Überzeugung an exilpolitischen Veranstaltungen teilnimmt, sondern weil sie sich davon Vorteile im Asylverfahren erwartet. Im Hinblick darauf ist es nicht wahrscheinlich, dass die äthiopischen Behörden derartige Personen als „gefährlich“ erachten.

Dies gilt im Übrigen auch dann, wenn der betreffenden Person eine auf den ersten Blick exponiert erscheinende Position übertragen worden ist, ohne dass diese dann auch aktiv ausgefüllt wird. Im Hinblick auf die nach der Auskunftslage intensive Überwachung der äthiopischen exilpolitischen Szene im Bundesgebiet durch den äthiopischen Staat, führte das Gericht bereits mit Urteil vom 26.8.2013 (B 3 K 12.30096 - juris) aus, dass auch den äthiopischen Behörden klar ist, „dass die zuletzt immer mehr zu beobachtenden, inflationär entstehenden und wie Pilze aus dem Boden schießenden Vorstandsfunktionen für sich alleine betrachtet den jeweiligen Asylbewerber, wenn er sich ansonsten […] im Heimatland als unpolitisch erwiesen hat, nicht zu einem aus dem Kreis der bloßen Mitläufer herausragenden, ernsthaften und damit aus Sicht des äthiopischen Staates zu verfolgenden Oppositionellen machen. Vielmehr ist ausschlaggebend, ob der jeweilige Funktionsträger nicht nur durch das Innehaben eines Amtes, sondern durch sein davon unabhängiges politisches Engagement im Heimatland und im Bundesgebiet sich als eine von der Masse der äthiopischen Asylbewerber abhebende und nach außen erkennbar politisch interessierte und aktive Person darstellt.“ Diese Ausführungen gelten gegenwärtig (erst recht) uneingeschränkt fort.

Unter Heranziehung der vorstehenden Maßstäbe des Gerichts gehört der Kläger nicht zu dem gefährdeten Personenkreis, der im Falle seiner Abschiebung wegen seiner exilpolitischen Tätigkeit im Ausland mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit befürchten müsste, von äthiopischen Behörden in asylrechtlich relevanter Weise belangt zu werden. Der Kläger ist ausweislich der Bescheinigung vom 16.02.2018 seit 06.01.2018 aktives Mitglied des TBOJ/UOSG. Seit seiner Mitgliedschaft bei der TBOJ/UOSG hat der Kläger am 06.01.2018 an einer exilpolitischen Veranstaltung in Regensburg teilgenommen. Nach Angaben in der mündlichen Verhandlung zwar der Kläger zuvor lediglich Unterstützer der Organisation. In dieser Eigenschaft hat er ausweislich der Bescheinigung vom 16.02.2018 und der Einlassung in der mündlichen Verhandlung an zwei Veranstaltungen (am 15.04.2017 in Fürth und am 15.12.2017 in Frankfurt am Main) teilgenommen. Neben der Tatsache, dass der Kläger erst seit 06.01.2018 Mitglied der TBOJ/UOSG ist und nur wenige exilpolitische Veranstaltungen besucht hat, hat sich der Kläger zudem in keiner Weise von der Masse der exilpolitisch tätigen Äthiopier abgehoben. Der Kläger hatte bzw. hat offensichtlich keine exponierte Stellung unter den Oppositionellen. Der Kläger erklärte zudem gegenüber dem Gericht, dass zu den Veranstaltungen jeweils sehr viele Leute gekommen seien und er sich nicht aus der „breiten Masse“ hervorgehoben hat.

Die Tätigkeiten des Klägers führen nach Überzeugung des Gerichts daher nicht dazu, dass er von den äthiopischen Behörden als „gefährlicher Oppositioneller“ angesehen wird, weshalb es nicht beachtlich wahrscheinlich ist, dass er allein aufgrund seiner Betätigung mit Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen hat.

Nichts anderes ergibt sich aus dem Vortrag des Klägerbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung, wonach die Regierungspartei Äthiopiens ab dem Jahr 2006 ein Positionspapier herausgegeben habe, welches die Unterdrückung und Beseitigung der Opposition sowie die Unterwanderung der Opposition im Ausland zum Gegenstand hat und im Zuge dieser Maßnahme Demonstranten bei Demonstrationen im Ausland fotografiert würden, mit dem Ziel, diese zu diskriminieren. Nach Erkenntnissen des Gerichts geht die Initiative zu Fotoaufnahmen vielmehr von den demonstrierenden Asylbewerbern selbst aus, um an einen Nachweis für die exilpolitische Tätigkeit zu gelangen. So werden regelmäßig dem Gericht Fotoaufnahmen vorgelegt, in dem sich die Asylbewerber bei Demonstrationen - teils mit vom äthiopischen Staat nicht akzeptierten Gegenständen und Symbolen - positionieren.

Weiterhin gibt es keinerlei Belege für die Behauptung des Klägerbevollmächtigten, wonach es ein Geheimabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland bzw. der EU und Äthiopien gebe, nachdem die Bundesrepublik Deutschland im Asylverfahren gewonnene Daten von oromischen Volkszugehörigen an den äthiopischen Geheimdienst - zum angeblichen Zweck der Identitätsklärung - weitergebe, um insgeheim die betroffenen Asylbewerber in ihrem Heimatland zu denunzieren. Der Klägerbevollmächtigte konnte diesbezüglich keine weiteren Angaben zur Herkunft dieser Behauptung machen. Soweit ausgeführt wird, er habe dies der „Zeit Online“ entnommen, wurde weder eine konkrete Fundstelle benannt, noch konnte das Gericht nach intensiver Recherche einen Artikel finden, der nur annährend in diese Richtung geht. Falls der Klägerbevollmächtigte insoweit auf das Ende Januar 2018 zwischen der EU und Äthiopien geschlossene Rückführungsabkommen betreffend abgelehnter Flüchtlinge anspielt, vermag das Gericht hieran nichts Verwerfliches zu erkennen, insbesondere ist es nicht unüblich, dass bei der Identitätsklärung auch auf Nachrichten- und Sicherheitsdienste des Herkunftslandes zurückgegriffen wird. Dass durch diesen Vorgang die Flüchtlinge gezielt diffamiert oder gar bewusst einer Verfolgungsgefahr im Heimatland unterworfen werden sollen, ist eine bloße Behauptung.

i) Im Übrigen macht das Gericht von seinem Ermessen Gebrauch und weist das Vorbringen hinsichtlich der exilpolitischen Tätigkeit des Klägers gem. § 74 Abs. 2 Satz 2 AsylG i. V. m. § 87b Abs. 3 VwGO als präkludiert zurück.

Nach § 74 Abs. 2 Satz 1 AsylG hat der Kläger die zur Begründung seiner Klage dienenden Tatsachen und Beweismittel binnen einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Entscheidung anzugeben. Nach § 87b Abs. 3 Satz 1 VwGO kann das Gericht Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf der obigen Frist vorgebracht werden, zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde, der Beteiligte die Verspätung nicht genügend entschuldigt und der Beteiligte über die Folgen der Fristversäumung belehrt worden ist. Der Kläger wurde sowohl von der Beklagten im Bescheid vom …2017 als auch vom Gericht in der Klageeingangsmitteilung darauf hingewiesen, dass die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel innerhalb eines Monats nach Zustellung des Bescheids anzugeben sind. Die exilpolitische Tätigkeit des Klägers wurde aber erstmals in der mündlichen Verhandlung am 20.02.2018, obwohl der Kläger nach eigenen Angaben und ausweislich der Bescheinigung der TBOJ/UOSG bereits seit April 2017 an exilpolitischen Veranstaltungen teilnimmt, vorgetragen. Weiterhin wurde der Kläger auch mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung - unter Hinweis auf § 87b Abs. 3 VwGO - aufgefordert, bis zum 12.02.2018 evtl. Nachfluchtaktivitäten vorzutragen. Auch innerhalb dieser Frist erfolgte kein entsprechender Vortrag, obwohl der Kläger seit dem 06.01.2018 sogar aktives Mitglied der Vereinigung ist. Zwar ist die Bestätigung der TBOJ/UOSG auf den 16.02.2018 datiert und konnte daher - denknotwendigerweise - nicht innerhalb Monatsfrist des § 74 Abs. 2 AsylG bzw. bis zum 12.02.2018 vorgelegt werden, jedoch sind nach § 74 Abs. 2 Satz 1 AsylG bzw. § 87b Abs. 2 VwGO nicht nur Beweismittel, sondern auch die zur Klagebegründung dienenden Tatsachen und Erklärungen innerhalb der maßgeblichen Fristen vorzubringen. Es wäre dem anwaltlich vertretenen Kläger daher ohne weiteres zuzumuten gewesen, fristgerecht die exilpolitische Tätigkeit des Klägers vorzubringen. Entschuldigungsgründe sind weder dargetan noch anderweitig ersichtlich. Letztlich würde die Berücksichtigung des verspäteten Vortrags nach Überzeugung des Gerichts - wenn man der vorstehenden Auffassung des Gerichts nicht (mehr) folgt und ein „Mindestmaß an exilpolitischer Betätigung“ in der TBOJ/UOSG für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ausreichen lassen würde (vgl. z.B. VG Würzburg, U.v. 15.9.2017 - W 3 K 17.31180 - juris) - zur Verzögerung der Erledigung des Rechtsstreits führen, da in diesem Fall das Gericht weitere Ermittlungen zum Umfang der Tätigkeit des Klägers in der TBOJ/UOSG anstellen müsste.

j) Im Ergebnis bleibt festzustellen, dass dem Kläger unter keinem Gesichtspunkt ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zusteht.

2. Die Voraussetzungen für die Anerkennung als Asylberechtigter nach § 16a Abs. 1 GG sind nicht erfüllt, da nicht einmal die weitergefassten Voraussetzungen des § 3 AsylG einschlägig sind.

3. Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf subsidiären Schutz gem. § 4 AsylG zu. Er kann sich weder auf § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 AsylG noch auf § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG berufen

a) Es gibt - insbesondere im Hinblick auf die obigen Ausführungen zum Flüchtlingsschutz - keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland ein ernsthafter Schaden (Todesstrafe, Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung) im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 2 AsylG droht.

b) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf subsidiären Schutz nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3. Nach dieser Vorschrift gilt als ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts. Der Begriff des internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes in § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ist unter Berücksichtigung des humanitären Völkerrechts auszulegen (vgl. BVerwG, U.v. 24.6.2008 - 10 C 43/07 - juris). Danach müssen die Kampfhandlungen von einer Qualität sein, wie sie unter anderem für Bürgerkriegssituationen kennzeichnend sind und über innere Unruhen und Spannungen, wie Tumulte, vereinzelt auftretende Gewalttaten und ähnliche Handlungen, hinausgehen. Bei innerstaatlichen Krisen, die zwischen diesen beiden Erscheinungsformen liegen, scheidet die Annahme eines bewaffneten Konfliktes im Sinne des Art. 15 c QualRL nicht von vornherein aus. Der Konflikt muss aber jedenfalls ein bestimmtes Maß an Intensität und Dauerhaftigkeit aufweisen, wie sie typischerweise in Bürgerkriegsauseinandersetzungen und Guerillakämpfen zu finden sind. Ein solcher innerstaatlicher bewaffneter Konflikt kann landesweit oder regional bestehen und muss sich nicht auf das gesamte Staatsgebiet erstrecken (vgl. BVerwG, U.v. 24.6.2008 a.a.O.). Der Grad willkürlicher Gewalt, der vorliegen muss, kann aber umso geringer sein, je mehr der Schutzsuchende möglicherweise belegen kann, dass er aufgrund von in seiner persönlichen Situation liegenden Umständen spezifisch betroffen ist (vgl. EuGH, U.v. 17.2.2009 - C-465.7 - juris).

Ein innerstaatlicher Konflikt im obigen Sinne ist im Herkunftsland des Klägers nicht ersichtlich (vgl. nur VG Ansbach, U.v. 19.9.2017 - AN 3 K 16.30505 - juris; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 - AN 3 K 16.31836 - juris).

4. Nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG oder § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind ebenfalls nicht gegeben. Insoweit wird zunächst auf den streitgegenständlichen Bescheid Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 VwGO).

a) Hervorzuheben ist insbesondere, dass eine Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse nur in sehr außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung bewertet werden kann und die Voraussetzung des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK erfüllt. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Äthiopien führen nicht zu der Annahme, dass bei einer Abschiebung des Klägers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliegt. Der Kläger ist jung, gesund und erwerbsfähig. Er hat bereits vor seiner Ausreise einen Handyladen in Äthiopien betrieben und konnte damit für sein Existenzminimum sorgen. Es ist nicht ersichtlich, dass er bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland nicht an diese Verhältnisse anknüpfen könnte. Zudem verfügt der Kläger über familiären Rückhalt in seiner Heimat, so dass zumindest im Rahmen des Familienverbundes von einer Existenzsicherung auszugehen ist.

b) Dem Kläger droht auch keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen würde.

Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Dabei liegt eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden, vor. Die vom Kläger vorgebrachte Verletzung am linken Unterarm stellt schon im Ansatz keine Erkrankung im vorstehenden Sinn dar. Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG kommt damit ebenfalls nicht in Betracht.

Im Übrigen sind nach § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG Gefahren, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Beruft sich der Ausländer demzufolge auf allgemeine Gefahren, kann er Abschiebungsschutz regelmäßig nur durch einen generellen Abschiebestopp nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG erhalten. Allgemeine Gefahren in diesem Sinne sind alle Gefahren, die der Bevölkerung auf Grund der derzeit dort bestehenden Sicherheits- und Versorgungslage allgemein drohen. Dazu zählen neben der Gefahr, Opfer terroristischer Übergriffe zu werden und Gefahren durch die desolate Versorgungslage auch Gefahren krimineller Aktivitäten und Rachebestrebungen von Privatpersonen.

5. Es bestehen auch gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung einschl. der Zielstaatbestimmung im Hinblick auf § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG keine Bedenken. Zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, auf den gemäß § 77 Abs. 1 AsylG abzustellen ist, sind Gründe, die dem Erlass der Abschiebungsandrohung gegenüber dem Kläger entgegenstünden, nicht ersichtlich. Denn er ist, wie oben ausgeführt, weder als Flüchtling noch als Asylberechtigter anzuerkennen. Ihm steht auch kein subsidiärer Schutz oder ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG zu. Er besitzt zudem keine asylunabhängige Aufenthaltsgenehmigung (§ 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 Abs. 1 und 2 AufenthG).

6. Gründe, die gegen die Rechtmäßigkeit der von der Beklagten festgesetzten Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots sprechen, liegen nicht vor.

7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gem. § 83b AsylG nicht erhoben. Der Gegenstandswert bestimmt sich nach § 30 RVG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger, äthiopischer Staatsangehöriger, dem Volk der Ogaden zugehörig und sunnitischen Glaubens, reiste nach eigenen Angaben am 18.09.2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am …2016 einen Asylantrag.

Bei der persönlichen Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am … gab der Kläger im Wesentlichen an, er stamme aus dem Dorf … im Bezirk Jijiga. Dort habe er drei Jahre die Schule besucht und später mit seinem Onkel Autos repariert. Zuletzt habe er bei seinem Onkel und dessen Familie gelebt.

Äthiopien habe er aufgrund von Problemen mit der ONLF und der Liyu-Police verlassen. Beide Organisationen hätten ihn und seine Familie oft misshandelt. Sein Vater habe als Polizist für die Regierung gearbeitet und sei deswegen verstärkt geschlagen und misshandelt worden. Im Alter von 13 oder 14 Jahren habe die ONLF den Kläger eines Tages getreten und geschlagen. Hierbei sei sein Arm gebrochen worden. Einige Zeit später sei die Liyu-Police zur klägerischen Familie nach Hause gekommen und habe seine kleine Schwester vergewaltigt und seine Mutter mit einem Gewehr so auf den Kopf geschlagen, dass diese bewusstlos gewesen sei. Seine Mutter sei daran sieben bis acht Monate später verstorben. Sein Vater habe sich zu dieser Zeit nicht zu Hause aufgehalten. Dieser sei von der Regierung verdächtigt worden, für die ONLF gearbeitet zu haben. Deswegen sei der Vater von der Regierung verhaftet und misshandelt worden. Obwohl sein Vater eigentlich fünf Jahre eingesperrt bleiben sollte, habe dieser nach drei Jahren fliehen können und sich versteckt. Als der Vater erfahren habe, was seiner Schwester und der Mutter widerfahren sei, habe der Vater das Land verlassen. Der Kläger hingegen habe erst nach dem Tod seiner Mutter - zusammen mit seinem Bruder - seinen Heimatort verlassen und sei zu seinem Onkel geflohen, bei dem er sich ein Jahr aufgehalten habe. Bei seinem Onkel habe er nicht bleiben können, da er sich mit dessen Frau nicht verstanden habe. Daher habe er im März oder April 2015 sein Heimatland verlassen Darüber hinaus habe er Äthiopien verlassen, weil er erfahren habe, dass von der Regierung nach ihm gesucht werde. Während der Zeit bei seinem Onkel habe er bei den Fahrern gearbeitet und beim Transport von Waren geholfen. Manchmal hätten sie dabei in verbotener Weise Waren oder Personen transportiert. Dafür sei ihm eine Geldstrafe von 5000 Dollar auferlegt worden. Da er die Summe nicht habe bezahlen können, sei er zu drei Jahren Gefängnis verurteilt worden. Nach einer Woche sei der jedoch entlassen worden, da er noch minderjährig gewesen sei. Als er zwei Monate nach seiner Freilassung erfahren habe, dass die Regierung trotz der Freilassung nach ihm suche, habe er sich entschlossen, das Land zu verlassen.

Mit Bescheid vom 17.07.2017, zugestellt mit Postzustellungsurkunde am 19.07.2017, lehnte die Beklagte die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziff. 1) und den Antrag auf Asylanerkennung (Ziff. 2) ab. Der subsidiäre Schutzstatus wurde ebenfalls nicht zuerkannt (Ziff. 3). Die Beklagte stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziff. 4). Dem Kläger wurde die Abschiebung nach Äthiopien angedroht (Ziff. 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gem. § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziff. 6).

Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus, der Kläger sei kein Flüchtling im Sinne des § 3 AsylG. Er habe seine begründete Furcht vor Verfolgung nicht glaubhaft gemacht. Aus den Schilderungen des Klägers, dass ihm durch die ONLF der Arm gebrochen worden sei und einige Zeit später die Liyu-Police zu ihnen nach Hause gekommen sei, lasse sich nichts entnehmen, was auf eine individuelle Verfolgung wegen eines flüchtlingsrechtlich relevanten Merkmals i.S.d. § 3b AsylG hindeute. Es sei auch nicht erkennbar, dass dem Kläger ein solches Merkmal nach § 3b Abs. 2 AsylG durch etwaige Verfolger zugeschrieben worden sei. Es ergebe sich vielmehr der Eindruck, dass es sich um bloße Willkür dieser Organisationen gehandelt habe und nicht um eine speziell auf dem Kläger ausgerichtete zielgerichtete Verfolgung. Weiterhin fehle es am Kausalzusammenhang zwischen den angeblichen Vorfällen und der Ausreise. Der Kläger habe sich nach den Vorfällen noch über ein Jahr in seinem Heimatland bei seinem Onkel aufgehalten, ohne dass diesem was zugestoßen sei. Soweit der Kläger ferner angegeben habe, nicht bei seinem Onkel bleiben zu können, weil ihn dessen Frau psychisch fertig gemacht habe, lasse sich hieraus keine Asylrelevanz ableiten, da es sich um einen innerfamiliären Konflikt handle, welcher sich nicht unter den Voraussetzungen des § 3 AsylG subsumieren lasse. Aus dem weiteren Vorbringen des Kläger, wonach er für eine Woche inhaftiert und danach von der Regierung gesucht worden sei, ergebe sich ebenso wenig ein flüchtlingsrechtlich relevantes Anknüpfungsmerkmal i.S.d. § 3b AsylG. Dem Vortrag des Klägers lasse sich nichts entnehmen, weshalb die Regierung nunmehr auf der Suche nach ihm sein soll. Dies erschließe sich umso weniger, da der Kläger aufgrund seiner damaligen Minderjährigkeit trotz Verurteilung zu drei Jahren Haft nach einer Woche freigelassen worden sein soll.

Die Voraussetzungen der Asylanerkennung gemäß Art. 16a GG seien ebenfalls nicht gegeben, da nicht einmal der weitergefasste Schutzbereich des § 3 AsylG einschlägig sei.

Dem Kläger stehe auch kein Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus zu. Aus seinem Vorbringen sei nicht ersichtlich, dass ihm ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 1 AsylG drohe. Weiterhin seien auch die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Nr. 2 AsylG nicht erfüllt. Es seien auch keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass der Kläger bei einer Rückkehr in das Visier möglicher Verfolger gelange und ihm deshalb ein ernsthafter Schaden i.S.d. § 4 Abs. 1 Nr. 2 AsylG drohe. Es fehle bei einem Teil der geschilderten Vorfälle bereits am objektiven Zusammenhang zwischen erlittener Verfolgung und der späteren Ausreise. Weiterhin sei nicht erkennbar, dass die Regierung bei einer Rückkehr ein so erhebliches Interesse an der Person des Klägers habe, dass ihm ein ernsthafter Schaden drohe. Insbesondere erschließe sich nicht, weshalb die Regierung zwei Monate nach der Freilassung des Klägers auf der Suche nach diesem gewesen sein soll. Bei einem ernsthaften Interesse am Kläger hätte er ohne weiteres von der Regierung ausfindig gemacht werden können oder er wäre zumindest in Haft geblieben. Letztlich lägen dem Bundesamt auch keine Erkenntnisse vor, wonach in Äthiopien ein internationaler oder innerstaatlicher bewaffneter Konflikt i.S.d. § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG herrsche.

Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG seien ebenfalls nicht ersichtlich. Die Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse könne nur in außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i.S.d. § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK bewertet werden. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Äthiopien würden nicht zu der Annahme führen, dass bei Abschiebung des Klägers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliege. Auch unter Berücksichtigung der individuellen Umstände des Klägers sei die Wahrscheinlichkeit einer Verletzung des Art. 3 EMRK durch die Abschiebung nicht beachtlich. Bei einer Rückkehr nach Äthiopien könne im Allgemeinen von der Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums ausgegangen werden. Der Kläger sei jung, gesund und erwerbsfähig. Auch vor seiner Ausreise sei es ihm gelungen, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Es sei nicht ersichtlich, warum dies nicht auch bei einer Rückkehr wieder der Fall sei.

Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG seien weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.

Mit undatiertem Schreiben, eingegangen beim Verwaltungsgericht Bayreuth am 26.07.2017, erhob der Kläger Klage gegen den Bescheid vom 17.07.2017 und beantragt,

ihn als Asylberechtigten anzuerkennen und ihm die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylG zuzuerkennen, hilfsweise subsidiären Schutz gemäß § 4 AsylG zu gewähren, weiter hilfsweise, festzustellen, dass Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Mit Schriftsatz vom 02.08.2017 beantragt die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht sich die Beklagte auf die angefochtene Entscheidung.

Mit Schriftsatz vom 04.08.2017 zeigte der Bevollmächtigte die Vertretung des Klägers an.

Mit weiterem Schriftsatz vom 09.02.2018 legte der Klägerbevollmächtige einen undatierten Bericht des Klägers vor, in dem der Kläger über die Ermordung seines Vaters am 06.12.2017 berichtet. Der Kläger befürchte bei einer Rückkehr ein ähnliches Schicksal zu erleiden. Demnach habe der Kläger durch einen Facebook-Eintrag eines Cousins vom 06.12.2017 und durch ein Telefonat mit seiner Stiefmutter am darauffolgenden Tag erfahren, dass sein Vater ermordet worden sei. Angreifer aus der Volksgruppe der Oromo hätten den Vater auf der Straße angesprochen, ob er Somali sei. Nachdem die Unbekannten somalisch gesprochen hätten, sei der Vater davon ausgegangen, dass es Männer der somalischen Volksgruppe seien. Deshalb habe er bestätigt, dass er Somali sei. Daraufhin hätten die Angreifer den Vater auf der Straße erschossen.

Mit Beschluss der Kammer vom 20.06.2018 wurde der Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung am 20.08.2018 wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Ergänzend wird auf die Gerichts- und Behördenakte verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Gründe

Die zulässige Klage bleibt ohne Erfolg. Der Kläger hat im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG noch einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter. Die Zuerkennung des subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG scheidet ebenfalls aus. Es liegen auch keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor. Die Abschiebungsandrohung sowie die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes sind nicht zu beanstanden. Der angefochtene Bescheid ist somit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO).

1. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG liegen nicht vor.

Nach § 3 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 AsylG besteht ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft dann, wenn sich der Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will und er keine Ausschlusstatbestände erfüllt. Eine solche Verfolgung kann nicht nur vom Staat ausgehen (§ 3c Nr. 1 AsylG), sondern auch von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (§ 3c Nr. 2 AsylG) oder nicht staatlichen Akteuren, sofern die in Nrn. 1 und 2 genannten Akteure einschl. internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage sind oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (§ 3c Nr. 3 AsylG). Allerdings wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylG hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (§ 3e Abs. 1 AsylG).

Für die richterliche Überzeugungsbildung im Sinne von § 108 Abs. 1 VwGO gilt Folgendes:

Das Gericht muss sich die volle Überzeugung von der Wahrheit des behaupteten Verfolgungsschicksals und der Wahrscheinlichkeit der Verfolgungsgefahr bilden. Eine bloße Glaubhaftmachung in der Gestalt, dass der Vortrag lediglich wahrscheinlich sein muss ist nicht ausreichend (vgl. grundlegend BVerwG, U.v. 16.4.1985 - 9 C 109.84 - juris). Es ist vielmehr der asylrechtliche Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zu Grunde zu legen. Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhaltes die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine „qualifizierende“ Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Hierbei darf das Gericht jedoch hinsichtlich der Vorgänge im Verfolgerland, die zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder der Feststellung eines Abschiebungsverbotes führen sollen, keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen, sondern muss sich in tatsächlich zweifelhaften Fragen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, auch wenn Zweifel nicht völlig auszuschließen sind (BVerwG, U.v. 16.4.1985 a.a.O.). Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 20.2.2013 - 10 C 23/12 - juris; VG Augsburg, U.v. 11.7.2016 - Au 5 K 16.30604 - juris).

Nach Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 ist hierbei die Tatsache, dass ein Kläger bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweise darauf, dass die Furcht des Klägers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Kläger erneut von solcher Verfolgung und einem solchen Schaden bedroht wird. Diese Regelung privilegiert den von ihr erfassten Personenkreis bei einer Vorverfolgung durch eine Beweiserleichterung, nicht aber durch einen herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab. Die Vorschrift begründet für die von ihr begünstigten Kläger eine widerlegbare Vermutung dafür, dass sie erneut von einem ernsthaften Schaden bei einer Rückkehr in ihr Heimatland bedroht werden. Dadurch wird der Kläger, der bereits einen ernsthaften Schaden erlitten hat oder von einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die einen solchen Schaden begründenden Umstände bei Rückkehr in sein Herkunftsland erneut realisieren werden.

Als vorverfolgt gilt ein Schutzsuchender dann, wenn er aus einer durch eine eingetretene oder unmittelbar bevorstehende politische Verfolgung hervorgerufenen ausweglosen Lage geflohen ist. Die Ausreise muss das objektive äußere Erscheinungsbild einer unter dem Druck dieser Verfolgung stattfindenden Flucht aufweisen. Das auf dem Zufluchtsgedanken beruhende Asyl- und Flüchtlingsrecht setzt daher grundsätzlich einen nahen zeitlichen (Kausal-) Zusammenhang zwischen der Verfolgung und der Ausreise voraus. Es obliegt aber dem Schutzsuchenden, sein Verfolgungsschicksal glaubhaft zur Überzeugung des Gerichts darzulegen. Er muss daher die in seine Sphäre fallenden Ereignisse, insbesondere seine persönlichen Erlebnisse, in einer Art und Weise schildern, die geeignet ist, seinen geltend gemachten Anspruch lückenlos zu tragen. Dazu bedarf es - unter Angabe genauer Einzelheiten - einer stimmigen Schilderung des Sachverhalts. Daran fehlt es in der Regel, wenn der Schutzsuchende im Lauf des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellungen nach der Lebenserfahrung oder auf Grund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe nicht nachvollziehbar erscheinen, und auch dann, wenn er sein Vorbringen im Laufe des Verfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Begehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (VGH BW, U.v. 27.8.2013 - A 12 S 2023/11 - juris; HessVGH, U.v. 4.9.2014 - 8 A 2434/11.A - juris).

Gemessen an diesen Maßstäben hat der Kläger eine an den Merkmalen des § 3 Abs. 1 AsylG ausgerichtete Verfolgung nicht glaubhaft gemacht. Das Gericht folgt diesbezüglich zunächst vollumfänglich den Ausführungen im angefochtenen Bescheid (§ 77 Abs. 2 AsylG).

Selbst unter Berücksichtigung der Schilderungen des Klägers im Klageverfahren besteht kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.

Die Ausführungen des Klägers sind in den entscheidenden Punkten vage, detailarm und darüber hinaus von teils massiven Widersprüchlichkeiten und Steigerungen geprägt. Das Gericht schenkt daher der Fluchtgeschichte des Klägers keinen Glauben.

a) Der Kläger hat seinen Sachvortrag in der mündlichen Verhandlung am 20.08.2018 - völlig unglaubwürdig - gesteigert, in dem er dem Gericht erklärte, er sei von der ONLF inhaftiert worden, damit er sich dieser anschließe. Während des Aufenthalts im Lager sei ihm die Hand gebrochen worden. Aus der Gefangenschaft habe er nur entkommen können, weil die ONLF-Leute getürmt seien und Regierungstruppen die Gefangenen befreit hätten. Von einer derartigen Inhaftierung bzw. beabsichtigten Zwangsrekrutierung durch die ONLF sowie einer Gefangenenbefreiung durch die Regierungstruppen war jedoch im bisherigen Verfahren nicht einmal im Ansatz die Rede. Der Kläger erklärte bei der persönlichen Anhörung beim Bundesamt lediglich, es habe Probleme mit der ONLF und der Liyu-Police gegeben. Die ONLF sei abends in die Dörfer gekommen und habe die Bewohner misshandelt. Die Ortsbewohner seien dabei mit den Händen nach hinten gefesselt worden. Dabei sei sein Arm gebrochen.

Auf Vorhalt des Gerichts erklärte der Kläger lediglich pauschal und gerichtsbekannt, er habe die Inhaftierung in einem Lager und die Freilassung durch die Regierungstruppen beim Bundesamt nicht geschildert, da man ihn nicht danach gefragt habe. Deswegen habe er nur von einem gebrochenen Arm durch die OLNF berichtet. Näheres habe das Bundesamt nicht wissen wollen. Im Rahmen weiterer Vorhalte durch das Gericht führte der Kläger letztlich den unterbliebenen Sachvortrag auf ein Verschulden seines Bevollmächtigten zurück. Er erklärte dem Gericht, er habe kaum Kontakt zu seinem Anwalt gehabt und deswegen habe keine Möglichkeit bestanden, dies seinem Anwalt zu erzählen bzw. vorzutragen. Dieses Vorbringen in der mündlichen Verhandlung stellt auch nicht nur ansatzweise einen Rechtfertigungsgrund für den unterbliebenen Sachvortrag beim Bundesamt dar. Der Kläger hat insbesondere gegenüber dem Bundesamt bestätigt, dass es keine Verständigungsschwierigkeiten gegeben hat und er ausreichend Gelegenheit hatte, sämtliche relevanten Aspekte vorzutragen. Die Einlassungen in der mündlichen Verhandlung hinsichtlich des unterbliebenen Sachvortrags stuft das Gericht daher als reine Schutzbehauptung - verbunden mit dem völlig unglaubwürdigen Versuch, sein gesteigertes Vorbringen zu rechtfertigen - ein. Die Unglaubwürdigkeit der (versuchten) Zwangsrekrutierung wird ferner durch die aktuelle Auskunftslage untermauert. Der Auskunftslage eindeutig zu entnehmen, dass - zumindest in den letzten Jahren - keine Fälle von Zwangsrekrutierungen seitens der ONLF bekannt sind. Das Gericht verweist insoweit auf die Auskunft des Auswärtigen Amtes an das Bundesamt vom 18.05.2018 (Gz.: 508-516.80/50028), welche zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurde. Aufgrund der Auskunftslage und des unglaubwürdigen Vorbringens des Klägers ist schon im Ansatz nicht beachtlich wahrscheinlich, dass der Kläger in Äthiopien von einer Zwangsrekrutierung durch die ONLF betroffen war bzw. dass er bei einer Rückkehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer solchen Maßnahme ausgesetzt sein würde.

b) Auch der Vortrag des Klägers hinsichtlich seines Kontaktes mit der Liyu-Police führt nicht zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Gegenüber dem Bundesamt berichtete der Kläger lediglich allgemein von Problemen mit der Liyu-Police in seiner Heimatregion bzw. von der Vergewaltigung seiner Schwester und der Misshandlung seiner Mutter durch die LiyuPolice. Eine konkret individuelle Verfolgungshandlung durch die Liyu-Police hat der Kläger beim Bundesamt - trotz ausdrücklicher Frage des Entscheiders - gerade nicht vorgetragen. Er erklärte lediglich pauschal und nichtssagend, die Liyu-Police habe die Macht von der Regierung bekommen aufzupassen. Diese mache aber trotzdem was sie wolle. Die Liyu-Police könne der eigenen Mutter etwas antun. Sie würden von der Regierung gezwungen, so etwas zu machen.

Dem Gericht erklärte er dagegen in der mündlichen Verhandlung, auch die Liyu-Police habe im Alter von 13 Jahren von ihm gefordert, dass er sich dieser anschließe. Als das Gericht insoweit nachhakte, „ruderte“ der Kläger zurück und erklärte dem Gericht, die Liyu-Police sei noch nicht konkret auf ihn zugekommen, da er erst 13 Jahre alt gewesen sei. Er befürchte aber, dass er später irgendwann einmal gezwungen werde, der Liyu-Police beizutreten. Konkret sei ihm aber bislang durch die Liyu-Police nichts passiert. Damit ist auch der neuerliche Versuch des Klägers in der mündlichen Verhandlung, eine (weitere) konkret individuelle Verfolgungshandlung zu konstruieren, aufgeflogen und entkräftet. Der Kläger hat letztlich selbst zugegeben, dass er keiner Verfolgungshandlung im Sinne des § 3a AsylG durch die Liyu-Police ausgesetzt gewesen war. Bloße Befürchtungen zu zukünftigen Ereignissen rechtfertigen schon nicht im Ansatz die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Dies gilt im vorliegenden Fall umso mehr, da die Liyu-Police in der Somali-Region nach der aktuellen Auskunft der Schweizer Flüchtlingshilfe (Schnellrecherche der SFH-Länderanalyse vom 15.10.2017 zu Äthiopien: Zwangsrekrutierung durch die Liyu Police und lokale Milizen in der Somali-Region) derzeit - wegen einer Dezimierung der ONLF - nicht auf Rekrutierungen im großen Rahmen angewiesen ist. In Anbetracht der aktuellen politischen Entwicklungen im Frühjahr und Sommer 2018 sind nach Auffassung des Gerichts Zwangsrekrutierungen durch die Liyu-Police noch unwahrscheinlicher geworden, da das äthiopische Parlament am 05.07.2018 die Einstufung der ONLF als terroristische Organisation aufgehoben hat und daher ein verstärkter Einsatz bzw. ein erhöhter Personalbedarf der - von der Regierung als Sonderpolizei in der Somali-Region gestellten - Liyu-Police mit dem Ziel, die ONLF zu bekämpfen, nicht mehr ersichtlich ist (vgl. https://www.aljazeera.com/news/2018/06/ethiopia-olf-onlf-ginbot-7-terror-list-180630110501697.html).

c) Völlig unglaubwürdig sind darüber hinaus die Angaben des Klägers zum Kontakt mit seinem Vater bzw. zum Aufenthaltsort des Vaters. Der Kläger erklärte zunächst, sein Vater sei für drei Jahre ins Gefängnis gesteckt worden, da diesem durch die Regierung eine Zusammenarbeit mit der ONLF unterstellt worden sei. Obwohl der Vater fünf Jahre in Haft hätte bleiben sollen, sei es diesem gelungen, nach drei Jahren sein Gefängnis - eine Art Brunnen - zu verlassen. Befragt zu den näheren Umständen der Verhaftung erklärte der Kläger in der mündlichen Verhandlung zunächst, er sei ungefähr 12 Jahre alt gewesen, als sein Vater verhaftet worden sei. Im weiteren Verlauf der mündlichen Verhandlung änderte der Kläger sodann seine Angaben und führte aus, er sei neun Jahre alt gewesen, als sein Vater verhaftet worden sei. Im Alter von 12 Jahren habe er mitbekommen, dass sein Vater aus dem Gefängnis geflohen sei. Danach habe er seinen Vater nochmal gesehen, nämlich ca. zwei bis drei Jahre vor der Ausreise des Klägers. Im Anschluss korrigierte sich der Kläger erneut und führte gegenüber dem Gericht aus, er habe ca. zwei Jahre vor seiner Ausreise seinen Vater noch einmal gesehen. Der Vater sei nach der Freilassung in eines der Nachbarländer Äthiopiens geflohen, er wisse aber nicht, wohin. Im weiteren Verlauf der mündlichen Verhandlung führte der Kläger dann beiläufig aus, dass in der Zeit, als er bei seinem Onkel gewesen sei, nämlich für einen Zeitraum von ca. einem Jahr vor seiner Ausreise, der Vater zum Onkel nach Jijija gekommen sei und er den Vater dort getroffen habe. Auf Vorhalt des Gerichts zu den widersprüchlichen Angaben hinsichtlich des letzten Treffens mit seinem Vater, flüchtete sich der Kläger wiederum nur in Ausflüchte und erklärte, er habe mit seinen vorherigen Angaben lediglich gemeint, dass er seinen Vater zwei Jahre lang nicht mehr gesehen habe, bis der Vater zum Onkel gekommen sei. Dies sei etwa zwei Monate vor der Ausreise gewesen. Im Gesamtkontext mit den völlig widersprüchlichen Angaben zu den Aufenthaltsorten seines Vaters stuft das Gericht auch diesen Vortrag bzw. den Versuch einer Rechtfertigung als unglaubwürdig ein. Der Kläger erklärte nämlich dem Gericht trotz mehrmaliger Nachfragen, er wisse nicht genau, wo sein Vater nach der Flucht aus dem Gefängnis gewesen sei und ob der Vater nach dem Besuch beim Onkel in Jijija wieder ins Ausland zurückgekehrt sei. Dies ist mehr als verwunderlich, da der Kläger mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 09.02.2018 noch vortragen ließ, sein Vater sei vor fast drei Jahren nach Dschibuti geflohen und erst im Frühjahr 2017 von dort aus wieder nach Äthiopien zurückgekehrt. In der mündlichen Verhandlung wollte der Kläger hingegen weder wissen, wohin genau sein Vater geflohen ist, noch, ob sein Vater nach dem Besuch bei seinem Onkel in Jijija im Frühjahr 2015 in Äthiopien verblieben oder nochmals ins Ausland zurückgekehrt ist.

d) Für schlicht gelogen hält das Gericht den klägerischen Vortrag zum Tod seine Vaters. Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 09.02.2018 ließ der Kläger vortragen, er habe zum letzten Mal im November 2017 mit seinem Vater telefoniert, der von zunehmenden Spannungen zwischen den Volksgruppen Oromo und Somali berichtet habe. Ferner habe sein Vater ihm erzählt, dass sein Onkel ermordet worden sei. Durch einen Facebook-Eintrag seines Cousin … vom 06.12.2017, der bei Facebook unter dem Namen … … angemeldet sei, und durch ein Telefonat mit seiner Stiefmutter am darauffolgenden Tag habe er erfahren, dass sein Vater am 06.12.2017 auf der Straße erschossen worden sei. Diese Einlassung erweist sich jedoch in der mündlichen Verhandlung unter mehreren Gesichtspunkten als grob widersprüchlich und unglaubwürdig. Zum einen erklärte er dem Gericht in der mündlichen Verhandlung, er habe zuletzt Anfang 2017 mit seinem Vater telefoniert und nicht, wie schriftsätzlich vorgetragen, im November 2017. Weiterhin konnte der Kläger zwar dem Gericht einen Facebook-Eintrag vom 06.12.2017 zeigen, in dem laut Ausführungen des Dolmetschers der Verfasser sein Beileid bekundet, dass sein Onkel in Äthiopien getötet worden sei. Dieser Facebook-Beitrag war aber weder von einer Person namens … noch von einer Person mit dem Namen … verfasst. Auf Vorhalt des Gerichts lieferte der Kläger für diese Widersprüchlichkeit keine plausible Erklärung. Er erklärte vielmehr nur, offensichtlich habe sein Cousin seinen Namen bei Facebook geändert.

e) Auch bei Fragen zur angeblichen Stiefmutter des Klägers verstrickte sich dieser in unauflösbare Widersprüche. Auf Frage der Beklagtenvertreterin, wann sein Vater erneut geheiratet habe, erklärte der Kläger zunächst, dies wisse er nicht. Die Hochzeit sei geheim gewesen. Nachdem das Gericht vom Kläger wissen wollte, woher er die Kontaktdaten seiner Stiefmutter habe, erklärte der Kläger zunächst, sein Onkel habe ihm bei einem Telefonat im Jahr 2017 von der Hochzeit seines Vaters berichtet. Völlig unplausibel hat der Kläger dann die Frage aufgeworfen, von wem überhaupt die Behauptung stamme, dass sein Vater nochmals geheiratet habe. Im weiteren Verlauf der Befragung stellte sich dann heraus, dass ein Vater offensichtlich gar nicht erneut geheiratet hat. Der Kläger konnte nicht einmal im Ansatz plausible Gründe liefern, warum mit Schriftsatz vom 09.02.2018 vorgetragen worden sei, er habe vom Tod seines Vaters von seiner Stiefmutter erfahren. Gleiches gilt für den Vorhalt des Gerichts, warum er zunächst offensichtlich - in stümperhafter Weise - versucht hat, dem Gericht eine erneute Heirat seines Vaters vorzuspiegeln und gleichzeitig seine Lüge selbst aufdeckt. Der Einlassung des Klägers dahingehend, mit der Stiefmutter sei die Frau seines Onkels gemeint, entbehrt angesichts der geschilderten Umstände jeglicher nachvollziehbaren Grundlage.

f) Auch die Ausführungen zum Verbleib der Brüder des Klägers sind mehr als widersprüchlich. Der Kläger erklärte beim Bundesamt, nach dem Tod seiner Mutter habe er zusammen mit seinem Bruder den Heimatort verlassen und sei mit seinem Bruder zum Onkel nach Jijija geflohen. In der mündlichen Verhandlung war plötzlich die Rede davon, dass der Kläger mit zwei älteren Brüdern seinen Heimatort verlassen hat.

g) Von massiven Widersprüchlichkeiten und Unstimmigkeiten sind ferner die klägerischen Ausführungen zu seinem weiteren Fluchtgrund, nämlich einer Inhaftierung wegen Zollbetruges geprägt. Der Kläger führte gegenüber dem Bundesamt aus, in der Zeit bei seinem Onkel habe er Fahrern beim Transport von Waren geholfen. Da er illegal Waren transportiert habe, sei eine Strafe von 5.000,00 Dollar gegen ihn verhängt worden. Weil er die Summe nicht aufbringen konnte, habe man ihn dafür zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Nach einer Woche im Gefängnis habe man ihn frei gelassen, da er minderjährig gewesen sei. Zwei Monate nach seiner Freilassung habe er von einem Bekannten eines Jungen, der ebenfalls im Gefängnis gewesen sei, erfahren, dass nach ihm wegen des Schmuggels gesucht werde.

In der mündlichen Verhandlung erklärte der Kläger dem Gericht hingegen, er und der Fahrer des Fahrzeugs seien zu drei Jahren Gefängnis und zu 5.000,00 US-Dollar Strafe verurteilt worden. Die 5.000,00 Dollar seien Schmiergeld gewesen, da die Soldaten zu ihm gesagt hätten, er werde für 25 Jahre wegen des Zollbetrugs eingesperrt, wenn er nicht 5.000,00 Dollar Schmiergeld zahle. Deswegen sei er dann nur zu drei Jahren Haft verurteilt worden. Diese Einlassungen sind schon deshalb höchst widersprüchlich, da der Kläger beim Bundesamt noch angegeben hat, die drei Jahre Gefängnis sind verhängt worden, weil er die 5.000,00 Dollar nicht bezahlen konnte. Nach Angaben in der mündlichen Verhandlung will er nun offensichtlich doch die 5.000,00 Dollar gezahlt haben, um die Haftstrafe von 25 Jahre auf drei Jahre zu reduzieren. Daneben blieben auch die weiteren Umstände des angeblichen Zollbetrugs in der mündlichen Verhandlung vage und unsubstantiiert.

Lediglich ergänzend sei noch darauf hingewiesen, dass Geld- oder Freiheitsstrafen infolge von Steuervergehen schon im Ansatz keine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgungshandlung im Sinne des § 3a AsylG in Anknüpfung an einen Verfolgungsgrund des § 3b AsylG darstellen. Insbesondere ist völlig unglaubwürdig, dass dem Kläger wegen Schmuggels von drei großen Beuteln mit Kleidung eine Freiheitsstrafe von 25 Jahren - und damit eine unmenschliche Strafe - droht.

h) Im Ergebnis bleibt festzustellen, dass dem Kläger unter keinem Gesichtspunkt ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zusteht.

2. Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16a Abs. 1 GG zu, da nicht einmal die weitergefassten Voraussetzungen für die Zuerkennung des Flüchtlingsschutzes nach § 3 AsylG vorliegen.

3. Dem Kläger steht kein Anspruch auf subsidiären Schutz gem. § 4 AsylG zu. Er kann sich weder auf § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 AsylG noch auf § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG berufen.

a) Es gibt - insbesondere im Hinblick auf die obigen Ausführungen zum Flüchtlingsschutz - keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland ein ernsthafter Schaden (Todesstrafe, Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung) im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 2 AsylG droht.

b) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf subsidiären Schutz nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3. Nach dieser Vorschrift gilt als ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts. Der Begriff des internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes in § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ist unter Berücksichtigung des humanitären Völkerrechts auszulegen (vgl. BVerwG, U.v. 24.6.2008 - 10 C 43/07 - juris). Danach müssen die Kampfhandlungen von einer Qualität sein, wie sie unter anderem für Bürgerkriegssituationen kennzeichnend sind und über innere Unruhen und Spannungen, wie Tumulte, vereinzelt auftretende Gewalttaten und ähnliche Handlungen, hinausgehen. Bei innerstaatlichen Krisen, die zwischen diesen beiden Erscheinungsformen liegen, scheidet die Annahme eines bewaffneten Konfliktes im Sinne des Art. 15 c QualRL nicht von vornherein aus. Der Konflikt muss aber jedenfalls ein bestimmtes Maß an Intensität und Dauerhaftigkeit aufweisen, wie sie typischerweise in Bürgerkriegsauseinandersetzungen und Guerillakämpfen zu finden sind. Ein solcher innerstaatlicher bewaffneter Konflikt kann landesweit oder regional bestehen und muss sich nicht auf das gesamte Staatsgebiet erstrecken (vgl. BVerwG, U.v. 24.6.2008 a.a.O.). Der Grad willkürlicher Gewalt, der vorliegen muss, kann aber umso geringer sein, je mehr der Schutzsuchende möglicherweise belegen kann, dass er aufgrund von in seiner persönlichen Situation liegenden Umständen spezifisch betroffen ist (vgl. EuGH, U.v. 17.2.2009 - C-465.7 - juris).

Ein innerstaatlicher Konflikt im obigen Sinne ist im Herkunftsland des Klägers nicht ersichtlich (vgl. nur VG Ansbach, U.v. 19.9.2017 - AN 3 K 16.30505 - juris; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 - AN 3 K 16.31836 - juris; VG Bayreuth, U.v. 6.3.2018 - B 7 K 17.32889 - juris). Das Gericht verkennt dabei nicht, dass es insbesondere in der Somali-Region zu vereinzelten Unruhen kommt. Diese Gewaltakte erreichen aber schon im Ansatz nicht das für eine Schutzgewährung hohe Niveau, demzufolge jedem Kläger allein wegen seiner Anwesenheit in dieser Region Schutz nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG zu gewähren ist. Es sind auch keine besonderen, in der Person des Klägers liegenden, Umstände ersichtlich, die auf eine erhöhte Gefährdung im Verhältnis zu sonstigen Angehörigen der Zivilbevölkerung schließen lassen.

4. Nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG oder § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind ebenfalls nicht gegeben. Insoweit wird zunächst auf den streitgegenständlichen Bescheid Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 VwGO).

a) Hervorzuheben ist insbesondere, dass eine Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse nur in sehr außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung bewertet werden kann und die Voraussetzung des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK erfüllt. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Äthiopien führen nicht zu der Annahme, dass bei einer Abschiebung des Klägers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliegt. Der Kläger ist jung, gesund und erwerbsfähig. Er hat in Äthiopien zumindest für drei Jahre die Schule besucht. Später hat er zusammen mit seinem Onkel Autos repariert und den Fahrern geholfen. Der Kläger hat offensichtlich insoweit ein handwerkliches Geschick. Es ist im zumutbar in Äthiopien sämtlichen Tätigkeiten, auch schlichten Hilfstätigkeiten, nachzugehen. Warum der Kläger seine solche Beschäftigung bei Rückkehr nach Äthiopien nicht erlangen könnte, ist weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich. Daneben lebt nach Angaben des Klägers sein Onkel, der ihn bereits vor der Ausreise unterstützt hat und bei dem Kläger zuletzt gelebt hat, weiterhin in Äthiopien. Es ist daher davon auszugehen, dass der Kläger in Notsituationen eine existenzsichernde Unterstützung im Rahmen des Familienverbundes erfährt. Die hohen Voraussetzungen für die Feststellung eines zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG sind somit schon im Ansatz nicht erfüllt.

b) Dem Kläger droht auch keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen würde. Anhaltspunkte hierfür sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.

5. Es bestehen auch gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung einschl. der Zielstaatbestimmung im Hinblick auf § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG keine Bedenken. Zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, auf den gemäß § 77 Abs. 1 AsylG abzustellen ist, sind Gründe, die dem Erlass der Abschiebungsandrohung gegenüber dem Kläger entgegenstünden, nicht ersichtlich. Denn er ist, wie oben ausgeführt, nicht als Flüchtling oder Asylberechtigter anzuerkennen. Ihm steht auch kein subsidiärer Schutz oder ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG zu. Er besitzt zudem keine asylunabhängige Aufenthaltsgenehmigung (§ 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 Abs. 1 und 2 AufenthG).

6. Gründe, die gegen die Rechtmäßigkeit der von der Beklagten festgesetzten Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots sprechen, liegen nicht vor.

7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gem. § 83b AsylG nicht erhoben. Der Gegenstandswert bestimmt sich nach § 30 RVG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Alle bundesrechtlichen Vorschriften in anderen Gesetzen über Einspruchs- oder Beschwerdeverfahren sind durch die Vorschriften dieses Abschnitts ersetzt.

(2) Das gleiche gilt für landesrechtliche Vorschriften über Einspruchs- oder Beschwerdeverfahren als Voraussetzung der verwaltungsgerichtlichen Klage.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin, äthiopische Staatsangehörige, reiste am 27.10.2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 21.12.2015 einen Asylantrag.

Die EURODAC-Abfrage am 21.12.2015 ergab u. a. einen Treffer der „Kategorie 1“ (NO 196201000352304), wonach die Klägerin bereits in Norwegen einen Asylantrag gestellt hat.

Aufgrund des Übernahmeersuchens des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) nach der Dublin-VO vom 14.01.2016 teilte das Norwegian Directorate of Immigration mit Schreiben vom 22.01.2016 mit, dass die Klägerin am 07.01.2010 in Norwegen internationalen Schutz beantragt habe, welcher am 27.05.2011 abgelehnt worden sei. Gegen die Entscheidung habe die Klägerin Rechtsmittel eingelegt und mehrere einstweilige Verfügungen beantragt, die alle abgelehnt worden seien. Die abschließende negative Entscheidung über den Asylantrag in Norwegen sei am 23.01.2015 getroffen worden. Die norwegischen Behörden hätten festgestellt, dass die Klägerin die behauptete Angst vor Verfolgung nicht hinreichend habe begründen können. Am 13.10.2015 sei die Klägerin in Norwegen als flüchtig registriert worden.

Mit Schreiben vom 30.09.2016 führte die Klägerin zur Begründung ihres Asylantrages in Deutschland im Wesentlichen aus, als Oromo müsse sie in Äthiopien mit Unterdrückung rechnen. Sie habe deswegen bereits im Jahr 2010 in Norwegen einen Asylantrag gestellt, der ein Jahr später abgelehnt worden sei. Dagegen habe sie Einspruch eingelegt. Im Jahr 2012 habe sie eine zweite Ablehnung bekommen. Aus Angst vor einer Abschiebung sei sie im Jahr 2012 nach Schweden geflohen. Von dort aus sei sie jedoch nach Norwegen abgeschoben worden. Nach der Rückkehr nach Norwegen habe sie dort die erneute Überprüfung ihres Anliegens beantragt. Im Jahr 2015 habe sie durch ihren Rechtsanwalt die Wiederaufnahme ihres Verfahrens beantragt. Norwegen habe jedoch kein Interesse gehabt, die Entscheidung zu ändern. Unter diesen Umständen habe sie nicht dort bleiben können. Als sie erfahren habe, dass Deutschland für das Oromo-Problem Verständnis habe, sei sie nach Deutschland gekommen. In Norwegen habe sie an Demonstrationen teilgenommen und versucht, auf das Schicksal des Oromo-Volkes aufmerksam zu machen. Es habe ihnen dort aber Niemand zugehört. Die Teilnahme an Demonstrationen betrachte die äthiopische Regierung als großes Verbrechen. Sie glaube, sie werde verurteilt, sobald sie in die Hände der Regierung falle.

Mit Bescheid vom 10.05.2017 lehnte die Beklagte den Antrag als unzulässig ab (Ziffer 1) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 2). Die Klägerin wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen. Sollte die Ausreisefrist nicht eingehalten werden, werde sie nach Äthiopien oder in einen anderen aufnahmebereiten oder zur Rückübernahme verpflichteten Staat abgeschoben (Ziffer 3). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gem. § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziffer 4).

Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus, der in Deutschland gestellte Zweitantrag sei unzulässig, da die Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens nicht vorlägen. Ein weiteres Asylverfahren sei gem. § 71a Abs. 1 AsylG nur dann durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG erfüllt seien, was vorliegend nicht ersichtlich sei. Seit den abgelehnten Asylanträgen in Norwegen habe sich keine Änderung der Sach- und Rechtslage ergeben. Es seien auch keine neuen Beweismittel vorgelegt worden.

Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG seien nicht gegeben. Die Klägerin habe lediglich allgemeine Vorfälle in Äthiopien geschildert, jedoch keine persönliche Verfolgung. Soweit die Klägerin vorgetragen habe, dass sie in Norwegen an Demonstrationen teilgenommen habe, führe dies zu keinem anderen Ergebnis. Die Klägerin könne allein deswegen nicht als ernst zu nehmende Oppositionelle eingestuft werden. Es drohe ihr auch keine unmenschliche Bestrafung, weil sie sich Jahre lang im Ausland aufgehalten und einen Antrag auf Flüchtlingsschutz gestellt habe. Die Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse könne nur in sehr außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung gewertet werden und die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 AufenthG i. V. m. Art. 3 EMRK erfüllen. Die derzeitigen Bedingungen in Äthiopien würden jedoch nicht zu der Annahme führen, dass bei der Abschiebung der Klägerin eine Verletzung des Art. 3 EMRK gegeben sei. Die hierfür geforderten hohen Anforderungen an den Gefahrenmaßstab seien nicht erfüllt. Auch unter Berücksichtigung der individuellen Umstände der Klägerin sei die Wahrscheinlichkeit einer Verletzung des Art. 3 EMRK durch die Abschiebung nicht beachtlich.

Anhaltspunkte für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG seien weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.

Im Übrigen wird auf die Begründung des Bescheids Bezug genommen.

Mit Schriftsatz vom 22.05.2017, eingegangen beim Verwaltungsgericht Bayreuth am selben Tag, erhob der Bevollmächtigte der Klägerin Klage. Nachdem die Klägerin schriftsätzlich auch (hilfsweise) beantragte, die Beklagte zu verpflichten die Flüchtlingseigenschaft bzw. den subsidiären Schutzstaus zuzuerkennen, beantragt der Klägerbevollmächtige in der mündlichen Verhandlung am 06.03.2017 nunmehr, den Bescheid der Beklagten vom 10.05.2017 aufzuheben.

Hilfsweise: Die Beklagte wird - unter entsprechender Aufhebung des Bescheids vom 10.05.2017 - verpflichtet, festzustellen, dass bei der Klägerin nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, eine unionsrechtliche Vorschrift, die auch in der Situation des § 71a AsylG eine vorgeschaltete Zulässigkeitsprüfung nach § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG erlaube, existiere nicht. Es lägen zudem neue Beweismittel vor, die exponierte exilpolitische Aktivitäten der Klägerin belegten.

Mit Schriftsatz vom 31.05.2017 beantragte die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezog sich die Beklagte auf die angefochtene Entscheidung.

Mit Beschluss vom 08.06.2017 lehnte das Verwaltungsgericht Bayreuth unter dem Az.: B 2 S 17.31916 den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ab.

Mit Schriftsatz vom 19.01.2018 führte der Klägerbevollmächtigte ergänzend aus, die Beklagte habe nicht geprüft, aus welchen Gründen der Antrag in Norwegen abgelehnt worden sei. Insbesondere sei nicht nachvollziehbar, ob das nunmehrige Vorbringen der Klägerin zu ihren Fluchtgründen durch die norwegischen Behörden überhaupt gewürdigt bzw. verbeschieden worden sei. Die Beklagte müsse aber zu der gesicherten Erkenntnis gelangen, dass das Asylverfahren mit einer für den Asylbewerber negativen Sachentscheidung abgeschlossen worden sei, um sich in der Folge auf die Prüfung von Wiederaufnahmegründen beschränken zu dürfen. Eine solche Prüfung beinhalte u. a., dass das Bundesamt Kenntnis von der Entscheidung und den Entscheidungsgründen der Ablehnung des Antrags in einem anderen Mitgliedsstaat habe.

Mit Beschluss der Kammer vom 23.01.2018 wurde der Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Nachdem das Gericht mit Gerichtsbescheid vom 25.01.2018 die Klage abgewiesen hat, beantragte der Klägerbevollmächtige mit Schriftsatz vom 09.02.2018 die Durchführung der mündlichen Verhandlung.

Wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung am 06.03.2018 wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Behörden- und Gerichtsakte im Eilverfahren (B 2 S 17.31916) und auf die Akten des streitgegenständlichen Verfahrens verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Gründe

I.

Das Gericht konnte über die Klage verhandeln und entscheiden, ohne dass die Beklagte an der mündlichen Verhandlung am 06.03.2018 teilgenommen hat. Auf den Umstand, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, wurden die Beteiligten bei der Ladung ausdrücklich hingewiesen (§ 102 Abs. 2 VwGO).

II.

Der Entscheidung ist der vom Klägerbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung gestellte Klageantrag zugrunde zu legen. Soweit der frühere (Hilfs-) Antrag, die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft bzw. den subsidiären Schutzstaus zuzuerkennen, nicht mehr aufrechterhalten wird, handelt es sich um eine ohne weiteres zulässige Klageänderung (Beschränkung des Klageantrags) nach § 173 S.1 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 92 RdNr. 5; Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 91 RdNrn. 13 u. 37).

III.

Die Klage bleibt ohne Erfolg.

1. Die als Hauptantrag in zulässigerweise erhobene Anfechtungsklage (BVerwG, U.v. 14.12.2016 - 1 C 4/16 - juris; BVerwG, U.v. 1.6.2017 – 1 C 9/17 – juris) ist unbegründet.

a) Die Ablehnung des Zweitantrags als unzulässig ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG ist ein Asylantrag unter anderem dann unzulässig, wenn im Falle eines Zweitantrags nach § 71a AsylG ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist. Ein Zweitantrag liegt nach § 71a Abs. 1 AsylG vor, wenn der Ausländer nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat (§ 26a AsylG), für den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren gelten oder mit dem die Bundesrepublik Deutschland darüber einen völkerrechtlichen Vertrag geschlossen hat, im Bundesgebiet einen Asylantrag stellt. Er hat zur Folge, dass ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen ist, wenn die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) vorliegen.

aa) Die Beklagte hat den am 21.12.2015 in Deutschland gestellten Asylantrag der Klägerin zu Recht als Zweitantrag gem. § 71a AsylG gewertet. Die Klägerin hat in Norwegen und damit in einem sicheren Drittstaat gem. § 26a Abs. 2 AsylG i. V. m. Anlage I zum AsylG erfolglos ein Asylverfahren abgeschlossen. Ein erfolgloser Abschluss des in einem sicheren Drittstaat betriebenen Asylverfahrens liegt vor, wenn der Asylantrag entweder unanfechtbar abgelehnt oder das Verfahren nach Rücknahme des Asylantrags bzw. dieser gleichgestellten Verhaltensweisen endgültig eingestellt worden ist (BVerwG, U. v. 14.12.2016 – 1 C 4/16 – juris; VG Augsburg, B. v. 26.09.2017 – Au 4 S 17.34595 – juris). Hierbei muss der vorangegangene negative Ausgang eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat durch rechtskräftige Sachentscheidung festgestellt werden und feststehen. Bloße Mutmaßungen genügen nicht. Dies bedeutet, dass die Beklagte zu der gesicherten Erkenntnis gelangen muss, dass das Asylverfahren mit einer für den Asylbewerber negativen Sachentscheidung abgeschlossen wurde, um sich in der Folge auf die Prüfung von Wiederaufnahmegründen beschränken zu dürfen (VG München, B. v. 26.09.2017 – M 21 S 17.47365 – juris).

So liegen die Dinge hier. Nach Mitteilung der norwegischen Immigrationsbehörde vom 22.01.2016 hat die Klägerin dort am 07.01.2010 einen Asylantrag gestellt, der am 27.05.2011 negativ verbeschieden wurde. Das Rechtsmittelverfahren sowie mehrere Anträge auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sind erfolglos abgeschlossen worden. Am 23.01.2015 wurde eine abschließende negative Sachentscheidung getroffen. Insbesondere teilten die norwegischen Behörden mit, dass der Antrag auf Zuerkennung internationalen Schutzes in Norwegen deswegen erfolglos geblieben ist, weil die Klägerin eine Verfolgungsfurcht nicht hinreichend begründen konnte. Damit steht unzweifelhaft fest, dass in Norwegen eine rechtskräftige Sachentscheidung über das Asylbegehren der Klägerin erfolgt ist. Diese Erkenntnis ergibt sich im Übrigen auch aus den Ausführungen der Klägerin zur Begründung ihres Zweitantrages in Deutschland (vgl. VG Ansbach, U.v. 14.02.2018 – AN 3 K 16.31917 – juris; VG Osnabrück, U.v. 28.2.2018 – 5 A 79/17 – juris). Daher durfte sich die Beklagte auf die Prüfung von Wiederaufnahmegründen gem. § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG beschränken.

bb) Der streitgegenständliche Bescheid geht zu Recht davon aus, dass Anhaltspunkte für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 Abs. 1 bis Abs. 3 VwVfG nicht darlegt wurden. § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG setzt voraus, dass sich die der früheren Entscheidung zugrundeliegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Asylbewerbers geändert hat (§ 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG), neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden (§ 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG) oder Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 ZPO gegeben sind (§ 51 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG). Der Zweitantrag ist dabei nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außer Stande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen (§ 51 Abs. 2 VwVfG). Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden, wobei die Frist mit dem Tag beginnt, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat (§ 51 Abs. 3 VwVfG).

Zu Unrecht moniert die Klägerin, die Beklagte habe keine ausreichenden Ermittlungen zum inhaltlichen Vorbringen des Asylgesuchs in Norwegen angestellt, insbesondere keine Kenntnis von den Entscheidungsgründen der Ablehnung des Antrags bzw. der Anträge in Norwegen gehabt. Zwar kann das Bundesamt das Vorliegen von Wiederaufnahmegründen grundsätzlich nur beurteilen, wenn es Kenntnis der Entscheidung und der Entscheidungsgründe der Ablehnung des Antrags im Drittstaat hat (vgl. nur VG Augsburg, B.v. 13.4.2017 - Au 7 S 17.30833 - juris; VG München, B.v. 23.03.2017 - M 21 S 16.35816 – juris). Entgegen der Auffassung der Klägerin bedarf es für die Prüfung von Wiederaufnahmegründen nach § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG eine Vorlage der vollständigen Entscheidungsgründe jedenfalls dann nicht, wenn die Klägerin – wie hier – weder eine Änderung der Sach- und Rechtslage noch neue Beweismittel zur Untermauerung ihrer Verfolgungsgeschichte hinreichend vorträgt (VG München, B.v. 26.09.2017 – M 21 S 17.47365 – juris; VG Augsburg, B.v. 26.9.2017 – Au 4 S 17.34595 – juris).

(1) Die Klägerin begründete ihren Zweitantrag im Wesentlichen mit der Unterdrückung der Oromo in Äthiopien, was bereits – selbst nach eigenen Angaben der Klägerin – Gegenstand der norwegischen Asylverfahren gewesen ist. Die von der Klägerin vorgetragene Verschlimmerung der Situation der Oromo in Äthiopien „seit diesem Jahr“ (wohl gemeint 2016) führt ebenfalls nicht zur Wiederaufnahme des Verfahrens. Im diesem Zusammenhang verweist die Klägerin auf Demonstrationen der Oromo in ganz Äthiopien, u.a. in ihrer Herkunftsregion. Dieser Vortrag hat keine Änderung der Sach- und Rechtslage in Hinblick auf die Fluchtgründe der Klägerin zur Folge. Zum einen sind die Demonstrationen der Oromo-Volkszugehörigen nichts Neues, zum andern ist nicht ersichtlich, wie die Klägerin durch die Demonstrationen 2016 konkret und individuell in flüchtlingsrechtlich relevanter Weise betroffen sein könnte. Die Klägerin war zu dieser Zeit überhaupt nicht in Äthiopien, sondern in Norwegen bzw. Deutschland. Trotz der Verhängung des Ausnahmezustandes am 09.10.2016 und des neuerlichen Ausnahmezustandes im Februar 2018 liegen weiterhin keinerlei Erkenntnisse dafür vor, dass die Oromo keiner sog. „Gruppenverfolgung“ unterliegen, d.h. es erfolgt keine generelle Verfolgung in flüchtlingsrechtlich relevanter Weise allein wegen der Zugehörigkeit zum Volk der Oromo (vgl. ausführlich: VG Bayreuth, U.v. 6.3.2018 – B 7 K 17.32889 – juris; VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 - RO 2 K 16.32411 – juris).

(2) Auch die von der Klägerin geschilderte Teilnahme an Demonstrationen in Norwegen für die Rechte der Oromo, mithin also die exilpolitische Tätigkeit der Klägerin, reicht für die Wiederaufnahme des Verfahrens in Deutschland nicht aus. Die Klägerin berichtet von „unterschiedlichen Demonstrationen während ihres Aufenthaltes in Norwegen“. In der mündlichen Verhandlung erklärte sie, sie habe in Norwegen ab dem Jahr 2011 „ca. fünfmal an entsprechenden Demonstrationen“ teilgenommen. Da sich die Klägerin mehrere Jahre in Norwegen aufgehalten hat und mehrere Asylverfahren - bis unmittelbar vor ihrer Ausreise nach Deutschland - durchlaufen hat, hätte sie die exilpolitische Tätigkeit ohne weiteres in den dortigen Verfahren geltend machen können (vgl. auch § 51 Abs. 2 VwVfG sowie VG Osnabrück, U.v. 28.2.2018 – 5 A 79/17 – juris).

Im Übrigen hatte die Klägerin – nach eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung – weder in Norwegen noch in Deutschland eine exponierte Stellung unter den Oppositionellen. Sie war bzw. ist nur einfaches Mitglied der TBOJ. Auch nach Verhängung des Ausnahmezustandes Ende 2016 bzw. infolge des neuerlichen „Ausnahmezustandes“ im Februar 2018 liegen weiterhin keine Erkenntnisse vor, dass es bei bloßer „einfacher“ Betätigung für eine oppositionelle Organisation im Ausland mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu einer Verfolgung durch die äthiopischen Sicherheitskräfte kommt. Bei einer Gesamtwürdigung der vorliegenden Auskunftslage nimmt das Gericht daher nicht an, dass äthiopische Asylbewerber, sofern sie sich zu einer Exilorganisation (hier: TBOJ), die einer vom äthiopischen Staat als terroristisch eingestuften Vereinigung nahesteht, bekennen und sie für diese Exilorganisation nur ein Mindestmaß an Aktivität vorweisen, für den Fall der Rückkehr nach Äthiopien bereits mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG erwartet (VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 – RO 2 K 16.32411 – juris; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 - AN 3 K 16.31836 – juris; VG Bayreuth, U.v. 6.3.2018 – B 7 K 17.32889 – juris; vgl. auch VG Kassel, U.v. 5.9.2017 – 1 K 2320/17.KS.A - juris; VG Gießen, U.v. 11.7.2017 – 6 K 4787/15.Gl.A – juris, a.A. VG Würzburg, U.v. 15.9.2017 – W 3 K 17.31180 - juris). Vielmehr geht das Gericht (weiterhin) davon aus, dass bei einer Rückkehr nach Äthiopien nur solche Personen mit politisch motivierten Verfolgungsmaßnahmen rechnen müssen, die sich in der Bundesrepublik Deutschland derart exponiert politisch betätigt haben, dass die äthiopischen Behörden sie als ernsthafte Oppositionsangehörige einstufen (VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 – RO 2 K 16.32411 – juris; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 - AN 3 K 16.31836 – juris; VG Bayreuth, U.v. 20.11.2017, B 2 K 16.31139 – juris; vgl. auch BayVGH, B.v. 14.7.2015 – 21 B 15.30119 – juris; BayVGH, U.v. 25.2.2008 – 21 B 07.30363 und 21 B 05.31082 - juris). Erforderlich für einen beachtlichen Nachfluchtgrund aufgrund exilpolitischer Betätigung ist nämlich eine „beachtliche Wahrscheinlichkeit“ der Verfolgung im Falle einer Rückkehr. Nicht ausreichend ist hingegen, dass eine solche möglich ist oder nicht ausgeschlossen werden kann. Eine solche beachtliche Wahrscheinlichkeit im Falle einer nicht exponierten Stellung kann – wie bereits ausgeführt – auch der aktuellen Auskunftslage nicht entnommen werden.

(3) Auch aufgrund der jüngeren Rechtsprechung des VG Würzburg, welches in Abänderung seiner bisherigen Rechtsprechung nunmehr davon ausgeht, dass äthiopische Staatsangehörige, die Mitglied einer von der äthiopischen Regierung als terroristische Vereinigung eingestuften Organisation oder einer solchen Organisation nahe stehenden Exilorganisation sind - und die ein (bloßes) Mindestmaß an exilpolitischer Tätigkeit aufweisen - bei einer Rückkehr nach Äthiopien auch dann einer ernstzunehmenden Verfolgungsgefahr ausgesetzt sind, wenn sie sich nicht als tatsächlich ernstzunehmende Regime-Gegner erweisen, sondern lediglich als bloße Mitläufer (vgl. z.B. VG Würzburg, U.v. 15.9.2017 - W 3 K 17.31180 – juris), steht der Klägerin kein Anspruch auf Wiederaufnahme des Verfahrens zu. Selbst wenn man dieser Entscheidung inhaltlich folgen würde, führt eine abweichende Rechtsprechung bzw. die Änderung der Rechtsprechung eines erst- oder zweitinstanzlichen Gerichtes nicht zu einer Änderung der Rechtslage im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG (vgl. nur BVerwG, B. v. 16.2.1993 – 9 B 241/92 – juris; BVerwG, B. v. 14.2.1994 – 3 B 83/93 – juris; VG Bayreuth, B.v. 21.11.2017 – B 3 E 17.33402 – juris).

(4) Neue Beweismittel, die für die Klägerin eine günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden, sind im Zweitantragsverfahren ebenfalls nicht vorgelegt worden. Zwar wurden vom Klägerbevollmächtigten schriftsätzlich neue Beweismittel zur exilpolitischen Tätigkeit der Klägerin angekündigt. Diese wurden jedoch – selbst in der mündlichen Verhandlung – nicht vorgelegt. Die Klägerin erklärte in der mündlichen Verhandlung lediglich, sie sei seit langem einfaches Mitglied der TBOJ. Eine Mitgliedsbescheinigung habe sie

– trotz Bemühungen – von der Organisation nicht erhalten. Neben der Tatsache, dass die (angebliche) Mitgliedschaft in der TBOJ erstmals in der mündlichen Verhandlung erwähnt wurde, erscheint es dem Gericht schon unglaubwürdig, dass sich die Klägerin um eine entsprechende Bescheinigung bemüht, diese aber nicht erhalten hat. Die großzügige Bescheinigungspraxis der TBOJ/UOSG ist gerichtsbekannt. Nahezu jeder äthiopische Kläger legt mittlerweile im Asylverfahren eine derartige Bestätigung über exilpolitische Tätigkeit in Deutschland vor. Dass die Klägerin eine solche Bescheinigung nicht bekommen haben will

– sofern sie tatsächlich Mitglied der Organisation ist – ist für das Gericht nicht nachvollziehbar. Selbst wenn die Klägerin eine derartige Bestätigung rechtzeitig vorgelegt hätte, würde dies nicht zum Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG führen. Die Klägerin erklärte selbst gegenüber dem Gericht, dass sie nur einfaches Mitglied in der Organisation war bzw. sei, was nach Auffassung des erkennenden Gerichts nicht zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft führt.

Im Übrigen macht das Gericht von seinem Ermessen Gebrauch und weist das Vorbringen hinsichtlich der Mitgliedschaft in der TBOJ gem. § 74 Abs. 2 Satz 2 AsylG i. V. m. § 87b Abs. 3 VwGO als präkludiert zurück.

Nach § 74 Abs. 2 Satz 1 AsylG hat die Klägerin die zur Begründung ihrer Klage dienenden Tatsachen und Beweismittel binnen einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Entscheidung anzugeben. Nach § 87b Abs. 3 Satz 1 VwGO kann das Gericht Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf der obigen Frist vorgebracht werden, zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde, der Beteiligte die Verspätung nicht genügend entschuldigt und der Beteiligte über die Folgen der Fristversäumung belehrt worden ist. Die Klägerin wurde sowohl von der Beklagten im Bescheid vom 10.05.2017 als auch vom Gericht in der Klageeingangsmitteilung darauf hingewiesen, dass die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel innerhalb eines Monats nach Zustellung des Bescheids anzugeben sind. Die Mitgliedschaft in der TBOJ wurde aber erstmals in der mündlichen Verhandlung am 06.03.2018 vorgetragen, obwohl die Klägerin nach eigenen Angaben dort „schon sehr lange“ Mitglied ist.

Es wäre der anwaltlich vertretenen Kläger daher ohne weiteres zuzumuten gewesen, fristgerecht die Mitgliedschaft der Klägerin vorzubringen. Entschuldigungsgründe sind weder dargetan noch anderweitig ersichtlich. Letztlich würde die Berücksichtigung des verspäteten Vortrags nach Überzeugung des Gerichts – wenn man ein Mindestmaß an exilpolitischer Betätigung vor die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ausreichen lassen würde – zur Verzögerung der Erledigung des Rechtsstreits führen, da auch in diesem Fall das Gericht weitere Ermittlungen zum Umfang der Tätigkeit der Klägerin anstellen müsste.

(5) Die Klägerin hat im Ergebnis somit nicht substantiiert vorgetragen bzw. belegt, was sich gegenüber ihren in Norwegen vorgebrachten Asylgründen in relevanter Weise geändert haben sollte (vgl. hierzu VG Augsburg, B. v. 26.9.2017 – Au 4 S 17.34595 – juris). Es ist gem. § 71a Abs. 1 i. V. m. § 25 Abs. 1 AsylG Sache des Asylbewerbers, die erforderlichen Angaben im Rahmen des Zweitantrages zu machen. Der Asylbewerber kann sich insbesondere nicht darauf berufen, das Bundesamt hätte von sich aus einen umfassenden und detaillierten Abgleich zwischen dem Vorbringen in Norwegen und dem Vorbringen vor dem Bundesamt vornehmen müssen (VG Augsburg, B. v. 26.9.2017 – Au 4 S 17.34595 – juris; VG Ansbach, U.v. 14.02.2018 – AN 3 K 16.31917 – juris).

cc) Der Anwendbarkeit von § 51 VwVfG im Zweitantragsverfahren nach § 71a AsylG steht auch Unionsrecht nicht entgegen. Das Gericht folgt in Übereinstimmung mit der – soweit ersichtlich – einhelligen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung nicht der von der Klägerin angeführten Literaturmeinung (Marx, AsylG, 9. Auflage 2017, § 71a Rn. 4), wonach Unionsrecht eine Prüfung von Wiederaufgreifensgründen gem. § 51 VwVfG bei einem „Folgeantrag“ nur dann gestatte, wenn der Erstantrag im gleichen Mitgliedstaat gestellt wurde. Vielmehr verstoßen §§ 29 Abs. 1 Nr. 5 Alt. 2, 71a Abs. 1 AsylG nicht gegen Unionsrecht (vgl. VG Osnabrück, U.v. 28.2.2018 – 5 A 79/17 – juris; VG Minden, B.v. 31.7.2017 – 10 L 109/17.A – juris; VG Köln, B.v. 5.7.2017 – 18 L 2711/17.A – juris; VG Hamburg, B.v. 14.7.2016 – 1 AE 2790/16 – juris; VG Aachen, U.v. 8.3.2016 – 3 K 2147/15.A – juris; VG Trier, B.v. 10.2.2016 – 5 K 3875/15.TR – juris; VG Berlin, B.v. 17.7.2015 – 33 L 164.15 A – juris; VG Augsburg, B.v. 26.9.2017 – Au 4 S 17.34595 – juris). Insbesondere enthält der Wortlaut des Art. 33 Abs. 2 Buchst. d) der Richtlinie 2013/32/EU vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass Erstwie Folgeantrag in dem gleichen Mitgliedstaat gestellt sein müssen, damit der Folgeantrag als unzulässig abgelehnt werden kann. Auch die Definition des Folgeantrags in Art. 2 Buchst. q dieser Richtlinie enthält keinen Hinweis darauf, dass der erste Antrag auf internationalen Schutz im gleichen Mitgliedstaat gestellt worden sein muss. Die von der Klägerin genannte Norm des Art. 40 Abs. 1 der Richtlinie 2013/32/EU enthält nicht die Definition des Begriffs „Folgeantrag“, sondern trifft eine Sonderregelung für eine Untergruppe von Folgeanträgen, nämlich solchen, die in demselben Mitgliedstaat gestellt werden. Auch weiteres Unionsrecht sowie Sinn und Zweck der Art. 2 Buchst. q, 33 Abs. 2 Buchst. d der Richtlinie 2013/32/EU sprechen dafür, die Regelungen in § 71a AsylG als unionsrechtskonform zu werten. Würde man die unionsrechtlichen Regelungen zu Folgeanträgen so verstehen, dass sie nur dann greifen sollen, wenn auch der Erstantrag im gleichen Mitgliedstaat gestellt wurde, würde man ihnen eine auf den jeweiligen Mitgliedstaat beschränkte Bedeutung zumessen. Dies würde insbesondere dem Subsidiaritätsprinzip des Art. 5 Abs. 3 EUV widersprechen, wonach Voraussetzung für ein Tätigwerden der Europäischen Union in den Bereichen, die – wie hier – nicht in ihre ausschließliche Zuständigkeit fallen (vgl. Art. 2 Buchst. j AEUV), insbesondere ist, dass die Ziele der beabsichtigten Maßnahme auf Unionsebene besser zu verwirklichen sind. Dies wäre jedoch nicht der Fall, würde man den genannten Normen der Richtlinie 2013/32/EU ausschließlich mitgliedstaateninterne Vorgaben entnehmen; mit anderen Worten: Einer Harmonisierung durch die Richtlinie 2013/32/EU hätte es nicht bedurft, hätte der Unionsgesetzgeber für die Zulässigkeit von Folgeanträgen ausschließlich mitgliedstaatsinterne Vorgänge regeln wollen. Auch ergibt sich aus Art. 3 Abs. 1 der Verordnung 604/2013 EU (Dublin III-VO) – welche wie die Richtlinie 2013/32/EU zu den Normen des gemeinsamen europäischen Asylsystems zählt (vgl. Art. 78 Abs. 2 Buchst. d und e AEUV) –, dass jeder Antrag auf internationalen Schutz nur von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft werden soll. Nötigenfalls zuständig ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde (Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO). Dem widerspräche es, würde ein anderer Mitgliedstaat einen weiteren, bei ihm gestellten Antrag auf internationalen Schutz ohne nähere Anforderungen in der Sache, insbesondere ohne Rücksicht auf die von einem anderen Mitgliedstaat bereits vorgenommene Prüfung eines früheren Asylvorbringens prüfen müssen. Dem trägt § 71a AsylG Rechnung, wonach vor Durchführung eines weiteren Asylverfahrens zunächst zu prüfen ist, ob die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen gem. § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen (vgl. zum Ganzen auch: VG Augsburg, B.v. 26.9.2017 – Au 4 S 17.34595 – juris).

2. Der zulässige Hilfsantrag (vgl. BVerwG, B.v. 3.4.2017 – 1 C 9/16 – juris; Berlit, Anmerkung zum B.v. 3.4.2017 – 1 C 9/16 vom 10.7.2017, jurisPR-BVerwG, 114/2017, Anm. 1 – juris) bleibt ebenfalls ohne Erfolg. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 bzw. 7 Satz 1 AufenthG zu.

a) Gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden. Die Beklagte hat im angefochtenen Bescheid umfassend dargelegt, dass die Klägerin bei einer Rückkehr nach Äthiopien keine Gefahr läuft, einer des Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein. Dies gilt insbesondere sowohl im Hinblick auf den Auslandsaufenthalt bzw. den Aktivitäten im Ausland als auch unter Berücksichtigung der derzeitigen humanitären Bedingungen in Äthiopien. Das Gericht verweist insoweit auf die vollumfassend zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Bescheid (§ 77 Abs. 2 AsylG).

Auch unter Berücksichtigung der individuellen Umstände des Einzelfalls vermag das Gericht keine beachtliche Wahrscheinlichkeit einer Verletzung des Art. 3 EMRK durch die Abschiebung zu erkennen. Bei der Klägerin handelt es sich um eine 36-jährige Frau, die keinerlei Unterhaltsverpflichtungen hat. Es ist ihr auch vor der Ausreise gelungen, ihr Existenzminimum in Äthiopien zu sichern. Aufgrund der schriftlichen Begründung des Zweitantrags und dem Auftreten in der mündlichen Verhandlung geht das Gericht zudem davon aus, dass es sich bei der Klägerin um eine überdurchschnittlich gebildete Frau handelt, die weiterhin fundierten Kontakt in ihre Herkunftsregion hat. Sie hat sich zudem über mehrere Jahre in Norwegen und Schweden - trotz Ablehnung ihrer Anträge - „durchgeschlagen“, ohne ernsthaften Schaden zu nehmen und dabei ihre Rechte wiederholt und nachdrücklich geltend gemacht. Trotz der vorgetragenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen (vgl. hierzu ausführlich unter b.) ist für das Gericht nicht ersichtlich, dass sie bei einer Rückkehr nach Äthiopien nicht zumindest ihr Existenzminimum sichern könnte. Zu keinem anderen Ergebnis führt das in der Klageschrift und in der mündlichen Verhandlung vorgetragene „Fehlen von belastbaren familiären Verbindungen in Äthiopien“. Insoweit handelt es sich lediglich um eine pauschale und unglaubwürdige Behauptung der Klägerin (vgl. VG Ansbach, U.v. 24.2.2016 – AN 3 K 14.30816 – juris). Die Klägerin erklärte dem Gericht in der mündlichen Verhandlung, es lebe nur noch ihre Mutter in Äthiopien. Ihr Vater und sämtliche Verwandte seien bereits verstorben. Sie habe auch dort keine Onkel, Tanten, Nichten und Neffen. Diese Aussage hält das Gericht schlicht für eine Lüge. Gerade in afrikanischen Herkunftsländern verfügen Personen regelmäßig über eine Vielzahl von Geschwistern. Dass sämtliche familiäre Beziehungen durch den Tod nahezu aller Verwandten erloschen sein sollen, liegt außerhalb jeglicher Lebenserfahrung. Diese Einschätzung deckt sich auch mit dem weiteren Auftreten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, in der wiederholt angeklungen ist, dass sie eine Rückkehr nach Äthiopien mit allen Mitteln vermeiden wolle. Trotz des angeschlagenen Gesundheitszustands ist daher davon auszugehen, dass die Klägerin zumindest im Rahmen des Familienverbundes ihr Existenzminimum sichern kann. Dem Gericht ist aus einer Vielzahl anderer Verfahren bekannt, dass gerade in afrikanischen Ländern der Zusammenhalt und das gegenseitige Einstehen innerhalb der Familie sehr groß sind.

Im Übrigen ist nach der neueren Auskunftslage ist selbst im Falle einer alleinstehenden Frau mit minderjährigem Kind keineswegs davon auszugehen, dass diese nicht in der Lage wären, den Lebensunterhalt für sich und ihr minderjähriges Kind zu sichern. In Äthiopien ist es möglich, auch als alleinstehende Mutter einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Erwerbsmöglichkeiten bestehen grundsätzlich auch für Personen ohne abgeschlossene Schulbildung. Kinder werden häufig – bei Alleinerziehenden wie bei erwerbstätigen Personen – nach der Schule von privatem Betreuungspersonal betreut, auch in den unteren Gehaltsschichten (vgl. Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Stuttgart vom 13.07.2017 – Gz. 508-516.80/49153; VG Bayreuth, U.v. 5.2.2018 - B 7 K 16.30973 -).

Es ist daher nicht ersichtlich, dass die Klägerin bei einer Rückkehr nach Äthiopien einer des Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt sein wird.

b) Der Klägerin droht auch wegen ihres Gesundheitszustandes keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen würde.

Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Nach der Rechtsprechung ist die Gefahr, dass sich eine Erkrankung des Ausländers aufgrund der Verhältnisse im Abschiebezielstaat verschlimmert, in der Regel als individuelle Gefahr einzustufen, die am Maßstab von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu prüfen ist (vgl. BVerwG, U.v. 17.10.2006 – 1 C 18/05 – juris). Dabei erfasst diese Regelung nur solche Gefahren, die in den spezifischen Verhältnissen im Zielstaat begründet sind, während Gefahren, die sich aus der Abschiebung als solche ergeben, nur von der Ausländerbehörde als inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis berücksichtigt werden können. Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis kann sich aus der Krankheit eines Ausländers ergeben, wenn diese sich im Heimatstaat wesentlich verschlimmert, weil die Behandlungsmöglichkeiten dort unzureichend sind. Darüber hinaus kann sich - trotz an sich verfügbarer medikamentöser und ärztlicher Behandlung – das Abschiebungsverbot aber auch aus sonstigen Umständen im Zielstaat ergeben, die dazu führen, dass der betroffene Ausländer diese medizinische Versorgung tatsächlich nicht erlangen kann. Denn eine zielstaatsbezogene Gefahr für Leib und Leben besteht auch dann, wenn die notwendige Behandlung oder Medikation zwar allgemein zur Verfügung steht, dem betroffenen Ausländer individuell jedoch aus finanziellen oder sonstigen Gründen nicht zugänglich ist. In die Beurteilung mit einzubeziehen und bei der Gefahrenprognose zu berücksichtigen sind sämtliche zielstaatsbezogenen Umstände, die zu einer wesentlichen Verschlimmerung der Erkrankung führen können. Für die Annahme einer „konkreten Gefahr“ genügt jedoch nicht die bloße theoretische Möglichkeit, Opfer von Eingriffen in Leib, Leben oder Freiheit zu werden. Vielmehr entspricht der Begriff der Gefahr im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG dem asylrechtlichen Prognosemaßstab der „beachtlichen Wahrscheinlichkeit“, wobei allerdings das Element der Konkretheit der Gefahr für „diesen Ausländer“ das zusätzliche Erfordernis einer einzelfallbezogenen, individuell bestimmten oder erheblichen Gefährdungssituation statuiert (vgl. zum Ganzen: BayVGH, B.v. 23.11.2012 – 13a B 12.30061 – juris).

Erforderlich, aber auch ausreichend für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist danach, dass sich die vorhandene schwerwiegende Erkrankung des Ausländers aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen konkreten Gefahr für Leib oder Leben führt, d.h. dass eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht. Von einer wesentlichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes kann nicht schon bei jeder befürchteten ungünstigen Entwicklung des Gesundheitszustandes gesprochen werden, sondern nur bei außergewöhnlichen schweren physischen oder psychischen Schäden oder Zuständen. Dies stellt auch § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG klar, wonach eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden, vorliegt. Insbesondere ist es gemäß § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Irak mit der der Versorgung in Deutschland vergleichbar ist (vgl. zum Ganzen auch VG Gelsenkirchen, B.v. 08.11.2016 – 6a L 2452/16.A – juris).

Dies zugrunde gelegt besteht für die Klägerin keine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Es ist nicht ersichtlich, dass eine wesentliche Verschlechterung einer schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Erkrankung alsbald nach der Rückkehr nach Äthiopien droht.

Die in der mündlichen Verhandlung erstmals vorgetragene Eisenmangelanämie stellt schon keine schwerwiegende oder lebensbedrohliche Erkrankung im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG dar. Eine Eisenmangelanämie ist eine Blutarmut, bei der die Ursache eine gestörte Bildung des roten Blutfarbstoffs Hämoglobin durch einen Mangel an Eisen ist. Nach dem ärztlichen Attest des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. med. , K1., vom 05.02.2018 befindet sich die Klägerin „seit längerem wegen Eisenmangelanämie bei Hypermenorrhagie“, d.h. Eisenmangel durch monatliche Blutverluste bei der Regelblutung, in dessen ärztlicher Behandlung. Dabei kommt es aufgrund übermäßig starker Blutungen, verlängerter Monatsblutungen oder Verkürzung des Regelintervalls zu Blutverlusten und damit einhergehendem Eisenverlust, der über den normalen Rahmen hinausgeht. Nach entsprechenden Untersuchungen verfügen etwa 10 bis 30 Prozent der Frauen im gebärfähigen Alter unter vermindertem Eisenspeicher. Bis zu 14 Prozent der Frauen haben eine Eisenmangelanämie (www.eisenmangel.de/leben-mit-eisenmangel/eisenmangel-und-menstruation).

Nach Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung werde sie deswegen derzeit medikamentös behandelt. Die Klägerin konnte dem Gericht jedoch nicht einmal die Medikamente nennen, die ihr wegen der Eisenmangelanämie verordnet worden sind. Auch das vorgelegte Attest vom 05.02.2018 gibt hierüber keinen weiteren Aufschluss. In dem Attest ist nicht einmal erwähnt, dass die Klägerin medikamentös behandelt wird, geschweige denn welche Medikamente sie einzunehmen hat. Im Übrigen wird nicht einmal dargelegt, seit wann die Klägerin überhaupt an dieser Krankheit leidet. Soweit im ärztlichen Attest aufgeführt wird, dass die Klägerin sich bereits stationär im Krankenhaus befunden hat, lässt sich lediglich vermuten, dass diese stationären Krankenhauszeiten mit der Eisenmangelanämie in Verbindung stehen. Weitere Arztberichte, insbesondere die Berichte zu den stationären Krankenhausaufenthalten, wurden nicht vorgelegt. Das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich alsbald nach der Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, ist daher schon im Ansatz nicht substantiiert vorgetragen und für das Gericht auch anderweitig nicht erkennbar, insbesondere da auch nach § 60a Abs. 2c AufenthG vermutet wird, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen (vgl. hierzu umfassend VG Bayreuth, U.v. 3.8.2017 – B 3 K 17.31531 – juris). Der Ausländer muss vielmehr eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbilds (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Diesen Anforderungen genügt der klägerische Vortrag einschließlich des vorgelegten hausärztlichen Attestes schon im Ansatz nicht.

Ferner ist nicht ersichtlich, dass sich die Eisenmangelanämie alsbald nach einer Abschiebung nach Äthiopien wesentlich verschlechtern würde. Die Klägerin lebt offensichtlich schon länger mit dieser Erkrankung. Aufgrund des nicht substantiierten Vortrags der Erkrankung geht das Gericht zudem davon aus, dass die Krankheit auch in Äthiopien entsprechend medikamentös behandelt werden kann, da es sich um ein Leiden handelt, das bei einer Vielzahl von Frauen im gebärfähigen Alter auftritt.

Im Übrigen macht das Gericht auch insoweit von seinem Ermessen Gebrauch und weist das Vorbringen hinsichtlich der Eisenmangelanämie gem. § 74 Abs. 2 Satz 2 AsylG i. V. m. § 87b Abs. 3 VwGO als präkludiert zurück. Die zur Begründung der Klage dienenden Tatsachen und Beweismittel sind nämlich nicht gemäß § 74 Abs. 2 AsylG innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung der Beklagten angegeben worden (vgl. OVG Bautzen, B.v. 18.11.2013 - A 1 A 544/13 - juris). Die Voraussetzungen der Anwendung des § 87b Abs. 3 Satz 1 VwGO, der gemäß § 74 Abs. 2 Satz 2 AsylG entsprechende Anwendung findet, lagen vor. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht Tatsachen und Beweismittel, die erst nach Ablauf der Frist des § 74 Abs. 2 Satz 1 AsylG vorgebracht werden, zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würden (§ 87b Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO), der Beteiligte die Verspätung nicht genügend entschuldigt (§ 87b Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO) und der Beteiligte über die Folgen einer Fristversäumnis belehrt worden ist (§ 87b Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 VwGO). Es bestehen vorliegend keine Zweifel daran, dass die Zulassung der erstmals in der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Tatsachen (Eisenmangelanämie) die Erledigung des entscheidungsreifen Rechtsstreits verzögern würde, da das Gericht u.U. weitere Nachforschungen anstellen müsste. Eine genügende Entschuldigung dieser Verspätung durch die Kläger ist weder vorgetragen noch ersichtlich, insbesondere leidet die Klägerin offensichtlich schon „seit längerem“ an Eisenmangel. Diese Tatsache wurde aber erstmals in der mündlichen Verhandlung am 06.03.2018 vorgetragen, obwohl dies der Klägerin ohne weiteres frühzeitig möglich gewesen wäre. Zwar ist das ärztliche Attest erst auf den 05.02.2018 datiert und konnte daher - denknotwendigerweise - nicht innerhalb Monatsfrist vorgelegt werden, jedoch sind nach § 74 Abs. 2 Satz 1 AsylG nicht nur Beweismittel, sondern auch die zur Klagebegründung dienenden Tatsachen innerhalb der Monatsfrist vorzubringen. Dem klägerischen Vortrag und der ärztlichen Stellungnahme ist jedoch zu entnehmen, dass die Krankheit der Klägerin bereits länger besteht. Daher ist für das Gericht nicht nachvollziehbar, warum die Krankheit der Klägerin beim Bundesamt mit keinem Wort erwähnt worden ist. Auch im Klageschriftsatz vom 22.05.2017 und in der Stellungnahme vom 19.01.2018 finden sich keinerlei Hinweise auf den Gesundheitszustand der Klägerin. Die Beklagte hat die Klägerin in der Rechtsbehelfsbelehrung:des angefochtenen Bescheids über die Folgen einer Versäumung der Frist des § 74 Abs. 2 Satz 1 AsylG belehrt. Auch die Klageeingangsmitteilung des Gerichts enthielt eine Belehrung gemäß § 74 Abs. 2 AsylG i.V.m. § 87b Abs. 3 VwGO, so dass die Voraussetzungen des § 87b Abs. 3 Satz 1 VwGO vorlagen (vgl. Sächsisches Oberverwaltungsgericht, B.v. 18.11.2013 - A 1 A 544/13 - juris; BayVGH, B.v. 5.2.2015 - 21 ZB 14.30468 - juris). Das Gericht macht daher von seinem Ermessen Gebrauch und weist den Vortrag zum krankheitsbedingten Abschiebungsverbot zudem als verspätet zurück.

3. Ergänzend wird noch darauf hingewiesen, dass Anhaltspunkte, die gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung (Ziffer 3 des Bescheides) und gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes (Ziffer 4 des Bescheides) sprechen, weder vorgetragen noch anderweitig für das Gericht ersichtlich sind.

III.

Die Kostenentscheidung des gerichtskostenfreien Verfahrens beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und § 83b AsylG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §°167 Abs. 2 und 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt die Klägerin ihre in erster Instanz erfolglose Klage auf Verpflichtung der Beklagten weiter, das Vorliegen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG festzustellen.

Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg, weil der geltend gemachte Verfahrensmangel, durch die Ablehnung ihres Beweisantrags in der mündlichen Verhandlung sei der Klägerin das rechtliche Gehör versagt worden (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 in Verbindung mit § 138 Nr. 3 VwGO), nicht vorliegt.

Die Ablehnung eines Beweisantrags nach § 86 Abs. 2 VwGO verstößt gegen den Anspruch auf Gewährung von rechtlichem Gehör, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze findet (BVerwG, B.v. 10.8.2015 – 5 B 48.15 – juris Rn 10), d.h. ein Beweisantrag in willkürlicher Weise als unerheblich qualifiziert wird. Willkürlich ist ein Richterspruch, wenn er unter keinem denkbaren Ansatz rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht (BayVGH, B.v. 20.11.2017 – 11 ZB. 31318 – juris Rn. 4). Von Willkür kann insbesondere dann nicht gesprochen werden, wenn das Gericht sich mit der Rechtslage eingehend auseinandersetzt und seine Rechtsauffassung nicht jeden sachlichen Grundes entbehrt (BVerfG, B.v. 22.5.2015 – 1 BvR 2291/13 – juris Rn. 5 m.w.N.).

Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 13. Oktober 2017 beantragt, zum Beweis der Tatsache, dass sie schwer psychisch erkrankt und aus diesem Grund auf ständige Behandlung angewiesen ist, um Eigengefährdungen entgegenzuwirken, ein medizinisches Sachverständigengutachten einzuholen.

Das Verwaltungsgericht hat den Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung als nicht entscheidungserheblich abgelehnt. Nach § 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG werde vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstünden. Nach § 60a Abs. 2c Satz 2 AufenthG müsse der Ausländer eine Erkrankung durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen, an die bestimmte Anforderungen zu stellen seien. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens sei hierzu nicht erforderlich.

Zur Begründung ihres Zulassungsantrags bringt die Klägerin vor, dass die Ablehnung des Beweisantrags hinsichtlich der Anwendbarkeit der Anforderungen des § 60a Abs. 2c Satz 3 AufenthG nicht vom Prozessrecht gedeckt sei.

Dieses Vorbringen rechtfertigt nicht die Zulassung der Berufung wegen der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, weil das Verwaltungsgericht den Beweisantrag zu Recht abgelehnt hat. Denn es entspricht inzwischen gefestigter Rechtsprechung mehrerer Oberverwaltungsgerichte (OVG LSA, B.v. 28.9. 2017 – 2 L 85/17 – juris Rn. 2-13; OVG NW, B.v. 9.10.2017 – 13 A 1807/17.A – juris Rn. 19-28, BayVGH, B.v. 9.11.2017 – 21 ZB 17.30468 – Rn. 4) und auch des erkennenden Senats (BayVGH, B.v. 10.1.2018 – 10 ZB 16.30735 – Rn. 8), dass die Anforderungen an ein ärztliches Attest gemäß § 60a Abs. 2c AufenthG auf die Substantiierung der Voraussetzungen eines krankheitsbedingten Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 AufenthG zu übertragen sind. Es ergibt sich aus dem Wortlaut des Gesetzes, der Entstehungsgeschichte und der Erwägung des Gesetzgebers, dass er mit den Regelungen in dem mit dem Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren vom 11.03.2016 (BGBl I S. 390) eingeführten Absatz 2c des § 60a AufenthG im Wesentlichen die ohnehin bereits bestehende Rechtsprechung zu den Anforderungen an eine substantiierte Geltendmachung krankheitsbedingter Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG im Anschluss an die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. September 2007 (10 C 8/07 – juris Rn. 15) nachvollzogen hat. Der Wortlaut des § 60a Abs. 2c AufenthG stellt ausschließlich darauf ab, ob Abschiebungsverbote aus gesundheitlichen Gründen vorliegen, und differenziert nicht zwischen inlands- und zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten. Auch lässt die Begründung zur Einführung des § 60a Abs. 2c und 2d AufenthG erkennen, dass der Gesetzgeber mit diesen Regelungen die Anforderungen an die Geltendmachung psychischer Erkrankungen als Abschiebungshindernis insgesamt erschweren wollte. Schließlich umfasst die Regelung in § 60a Abs. 2c und 2d AufenthG auch nach ihrem Sinn und Zweck die Feststellung zielstaatsbezogener Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 7 AufenthG.

Es ist demnach – wie das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen hat – Aufgabe des erkennenden Gerichts zu überprüfen, ob die vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen den gesetzlichen Anforderungen entsprechen. Die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens ist insoweit nicht erforderlich.

Aus dem vorgelegten Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts vom 16. Oktober 2017 (13a ZB 17.31153) ergibt sich nichts anderes, weil sich diese Entscheidung zu der Frage, ob die Anforderungen an ärztliche Atteste in § 60a Abs. 2c AufenthG auch auf die Geltendmachung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 AufenthG zu übertragen sind, nicht verhält.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83 b AsylG.

Mit dieser gemäß § 80 AsylG unanfechtbaren Entscheidung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

Tenor

I. Die Anträge auf Zulassung der Berufung werden abgelehnt.

II. Die Kläger haben die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III. Die Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung für das Zulassungsverfahren werden abgelehnt.

Gründe

1. Die Anträge auf Zulassung der Berufung haben keinen Erfolg. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der Versagung rechtlichen Gehörs (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG, § 138 Nr. 3 VwGO) liegt nicht vor.

1.1 Die Klägerbevollmächtigte begründet die Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs damit, dass das Verwaltungsgericht ohne vorherigen Hinweis Anforderungen an den Sachvortrag gestellt habe, mit denen ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte (Gehörsrüge in Gestalt der unzulässigen Überraschungsentscheidung). Für die Klägerin sei nicht erkennbar gewesen, dass das Verwaltungsgericht trotz in der mündlichen Verhandlung vorgelegter Medikamentenliste, die belege, dass die Klägerin an Bluthochdruck, Depressionen, anhaltenden Schmerzen und Sodbrennen leide, Zweifel an einer Erkrankung der Klägerin mit besonderem Behandlungsbedarf habe. Die Klägerbevollmächtigte habe in der mündlichen Verhandlung keine geeigneten prozessualen Gegenmaßnahmen treffen können, weil diese spezifische Beweiswürdigung die Kläger überrascht habe.

Das Verwaltungsgericht ist unter Würdigung der vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen, die lediglich allgemein die Behandlung der Klägerin bestätigen, und dem von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Medikamentenvorrat (Medikamente gegen Bluthochdruck, Eisenmangel, Schmerzmittel, gegen Anfallsleiden, postoperative Schmerzen, Sodbrennen und ein Antidepressivum) zu der Überzeugung gelangt, bei der Klägerin liege keine Erkrankung mehr vor, die einen besonderen Behandlungsbedarf mit großem finanziellen Aufwand im Herkunftsland erfordern würde. Bei einer Rückkehr in ihr Heimatland bestehe keine beachtliche Wahrscheinlichkeit für eine lebensgefährliche Verschlechterung der gesundheitlichen Situation (UA S. 7 f.).

Ausweislich des Sitzungsprotokolls hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung die Gelegenheit, sich zu ihrem Gesundheitszustand und einer noch bestehenden Behandlungsbedürftigkeit zu äußern, auch genutzt. Sie hat ärztliche Bescheinigungen und einen nach eigenen Angaben noch befolgten Medikamentenplan vom September 2016 vorgelegt sowie Ausführungen zum bevorstehenden Termin einer CT-Darmuntersuchung und deren Vorgeschichte gemacht. Das Gericht ist damit seiner Sachaufklärungspflicht hinsichtlich der Frage des Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nachgekommen. Aus dem Sachvortrag der Klägerin und den vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen musste sich dem Gericht mangels näherer Anhaltspunkte keine weitere Sachaufklärung der Frage aufdrängen, ob bei der Klägerin eine lebensbedrohliche oder schwerwiegende Erkrankung, die sich durch die Abschiebung verschlimmern würde (§ 60 Abs. 7 Sätze 1 und 2 AufenthG), vorliegt. Damit ist aber auch nicht ersichtlich, dass das Gericht seine gerichtliche Hinweispflicht (§§ 86 Abs. 3, 104 Abs. 1 VwGO) verletzt haben könnte. Der Anspruch auf rechtliches Gehör begründet keine generelle Pflicht des Gerichts, die Beteiligten vorab auf seine Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Würdigung des Sachverhalts hinzuweisen. Die Beweiswürdigung, das daraus folgende Beweisergebnis und die hieraus zu ziehenden Schlussfolgerungen bleiben in aller Regel der abschließenden Urteilsfindung des Gerichts vorbehalten und entziehen sich deshalb einer Voraberörterung mit den Beteiligten (vgl. BVerwG, B.v. 26.11.2001 – 1 B 347.01 – juris). Das Zulassungsvorbringen legt zudem nicht dar, dass die Kläger alle ihnen zumutbaren prozessualen Möglichkeiten ausgeschöpft haben, um sich Gehör vor dem Verwaltungsgericht zu verschaffen. Es hätte vielmehr von vornherein der Mitwirkungspflicht der Klägerin oblegen, eine ärztliche Bescheinigung, die insbesondere Aussagen zum Krankheitsbild, dem Schweregrad der Erkrankung sowie deren Behandlungsbedürftigkeit und Folgen enthält, beizubringen. Die im Zulassungsantrag bei entsprechendem gerichtlichem Hinweis vorgeschlagenen näheren Ausführungen der Klägerin zu ihrer Depression wären zudem ohne entsprechendes ärztliches Attest nicht geeignet, die Tatsachengrundlage für ein Abschiebungsverbot gem. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu schaffen.

1.2 Die Gehörsrüge wegen unzulässiger Überraschungsentscheidung greift entgegen dem Zulassungsvorbringen auch nicht unter dem Aspekt durch, dass für die Klägerin nicht erkennbar gewesen sei, dass das Verwaltungsgericht der Klägerin bei einer Rückkehr zumute, sich wie vor der Ausreise um eine Beschäftigung im Haushalt zu bemühen, um den Lebensunterhalt für sich und ihre minderjährigen Kinder zu finanzieren. Bei einem entsprechenden Hinweis des Verwaltungsgerichts hätte die Klägerin die genauen Umstände ihrer Chancen auf dem Arbeitsmarkt und weitere Details vorgetragen.

Wie bereits ausgeführt (vgl. 1.1) begründet der Anspruch auf rechtliches Gehör keine generelle Pflicht des Gerichts, die Beteiligten vorab auf seine Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Würdigung des Sachverhalts hinzuweisen. In diesem Sinne aber meint das Zulassungsvorbringen die gerichtliche Fürsorgepflicht zu verstehen. Vorliegend ist auch im Hinblick auf die Existenzsicherung nach Rückkehr ersichtlich, dass dieser Themenkomplex sowohl im Verwaltungsverfahren (vgl. Bundesamtsbescheid S. 6 f.) ausführlich behandelt wurde als auch in der mündlichen Verhandlung vom Gericht erörtert wurde und die Klägerin entsprechende Ausführungen gemacht hat. Nach dem bisherigen Verfahrensverlauf hätten die Beteiligten damit rechnen müssen, dass das Verwaltungsgericht eine entsprechende Würdigung trifft.

Auch ist nicht ersichtlich, dass das Verwaltungsgericht darauf hätte hinweisen müssen, dass es das von der Klägerseite benannte Urteil des VG Stuttgart vom 22.6.2009 (A 11 K 4486/07) und das Gutachten der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 11. Juni 2009, Bosnien-Herzegowina: Behandlung von PTBS, nicht für relevant erachte, denn für das Verwaltungsgericht lagen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Klägerin an PTBS oder einer schweren psychischen Erkrankung mit besonderem Behandlungsbedarf leidet.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

3. Die Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung für das Zulassungsverfahren waren abzulehnen, weil die Rechtsverfolgung aus den genannten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Der Vorsitzende oder der Berichterstatter kann dem Kläger eine Frist setzen zur Angabe der Tatsachen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Verwaltungsverfahren er sich beschwert fühlt. Die Fristsetzung nach Satz 1 kann mit der Fristsetzung nach § 82 Abs. 2 Satz 2 verbunden werden.

(2) Der Vorsitzende oder der Berichterstatter kann einem Beteiligten unter Fristsetzung aufgeben, zu bestimmten Vorgängen

1.
Tatsachen anzugeben oder Beweismittel zu bezeichnen,
2.
Urkunden oder andere bewegliche Sachen vorzulegen sowie elektronische Dokumente zu übermitteln, soweit der Beteiligte dazu verpflichtet ist.

(3) Das Gericht kann Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf einer nach den Absätzen 1 und 2 gesetzten Frist vorgebracht werden, zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden, wenn

1.
ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und
2.
der Beteiligte die Verspätung nicht genügend entschuldigt und
3.
der Beteiligte über die Folgen einer Fristversäumung belehrt worden ist.
Der Entschuldigungsgrund ist auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen. Satz 1 gilt nicht, wenn es mit geringem Aufwand möglich ist, den Sachverhalt auch ohne Mitwirkung des Beteiligten zu ermitteln.

(4) Abweichend von Absatz 3 hat das Gericht in Verfahren nach § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 15 und § 50 Absatz 1 Nummer 6 Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf einer nach den Absätzen 1 und 2 gesetzten Frist vorgebracht werden, zurückzuweisen und ohne weitere Ermittlungen zu entscheiden, wenn der Beteiligte

1.
die Verspätung nicht genügend entschuldigt und
2.
über die Folgen einer Fristversäumung belehrt worden ist.
Absatz 3 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn

1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,
2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird,
2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird,
3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und
4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
Eine Anhörung des Ausländers vor Erlass der Abschiebungsandrohung ist nicht erforderlich. Im Übrigen bleibt die Ausländerbehörde für Entscheidungen nach § 59 Absatz 1 Satz 4 und Absatz 6 des Aufenthaltsgesetzes zuständig.

(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.

(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn

1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder
2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
Unter den in Satz 2 genannten Voraussetzungen kann darüber hinaus auch von einer Abschiebungsandrohung abgesehen werden, wenn
1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder
2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
Die Ausreisefrist kann unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls angemessen verlängert oder für einen längeren Zeitraum festgesetzt werden. § 60a Absatz 2 bleibt unberührt. Wenn die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht oder der Abschiebungsandrohung entfällt, wird die Ausreisefrist unterbrochen und beginnt nach Wiedereintritt der Vollziehbarkeit erneut zu laufen. Einer erneuten Fristsetzung bedarf es nicht. Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise darf der Termin der Abschiebung dem Ausländer nicht angekündigt werden.

(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.

(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.

(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.

(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.

(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.

(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn

1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder
2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
Die Ausländerbehörde oder eine durch sie beauftragte Stelle unterrichtet den Ausländer über die geltenden Regelungen, Programme und Maßnahmen für Opfer von in § 25 Absatz 4a Satz 1 genannten Straftaten.

(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn

1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,
2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird,
2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird,
3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und
4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
Eine Anhörung des Ausländers vor Erlass der Abschiebungsandrohung ist nicht erforderlich. Im Übrigen bleibt die Ausländerbehörde für Entscheidungen nach § 59 Absatz 1 Satz 4 und Absatz 6 des Aufenthaltsgesetzes zuständig.

(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.

(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn

1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder
2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
Unter den in Satz 2 genannten Voraussetzungen kann darüber hinaus auch von einer Abschiebungsandrohung abgesehen werden, wenn
1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder
2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
Die Ausreisefrist kann unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls angemessen verlängert oder für einen längeren Zeitraum festgesetzt werden. § 60a Absatz 2 bleibt unberührt. Wenn die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht oder der Abschiebungsandrohung entfällt, wird die Ausreisefrist unterbrochen und beginnt nach Wiedereintritt der Vollziehbarkeit erneut zu laufen. Einer erneuten Fristsetzung bedarf es nicht. Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise darf der Termin der Abschiebung dem Ausländer nicht angekündigt werden.

(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.

(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.

(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.

(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.

(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.

(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn

1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder
2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
Die Ausländerbehörde oder eine durch sie beauftragte Stelle unterrichtet den Ausländer über die geltenden Regelungen, Programme und Maßnahmen für Opfer von in § 25 Absatz 4a Satz 1 genannten Straftaten.

(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

(1) In Klageverfahren nach dem Asylgesetz beträgt der Gegenstandswert 5 000 Euro, in den Fällen des § 77 Absatz 4 Satz 1 des Asylgesetzes 10 000 Euro, in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 2 500 Euro. Sind mehrere natürliche Personen an demselben Verfahren beteiligt, erhöht sich der Wert für jede weitere Person in Klageverfahren um 1 000 Euro und in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes um 500 Euro.

(2) Ist der nach Absatz 1 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.