Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 09. Nov. 2017 - 21 ZB 17.30468

bei uns veröffentlicht am09.11.2017
vorgehend
Verwaltungsgericht Bayreuth, B 4 K 16.30226, 24.02.2017

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I. Die Anträge auf Zulassung der Berufung werden abgelehnt.

II. Die Kläger haben die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III. Die Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung für das Zulassungsverfahren werden abgelehnt.

Gründe

1. Die Anträge auf Zulassung der Berufung haben keinen Erfolg. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der Versagung rechtlichen Gehörs (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG, § 138 Nr. 3 VwGO) liegt nicht vor.

1.1 Die Klägerbevollmächtigte begründet die Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs damit, dass das Verwaltungsgericht ohne vorherigen Hinweis Anforderungen an den Sachvortrag gestellt habe, mit denen ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte (Gehörsrüge in Gestalt der unzulässigen Überraschungsentscheidung). Für die Klägerin sei nicht erkennbar gewesen, dass das Verwaltungsgericht trotz in der mündlichen Verhandlung vorgelegter Medikamentenliste, die belege, dass die Klägerin an Bluthochdruck, Depressionen, anhaltenden Schmerzen und Sodbrennen leide, Zweifel an einer Erkrankung der Klägerin mit besonderem Behandlungsbedarf habe. Die Klägerbevollmächtigte habe in der mündlichen Verhandlung keine geeigneten prozessualen Gegenmaßnahmen treffen können, weil diese spezifische Beweiswürdigung die Kläger überrascht habe.

Das Verwaltungsgericht ist unter Würdigung der vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen, die lediglich allgemein die Behandlung der Klägerin bestätigen, und dem von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Medikamentenvorrat (Medikamente gegen Bluthochdruck, Eisenmangel, Schmerzmittel, gegen Anfallsleiden, postoperative Schmerzen, Sodbrennen und ein Antidepressivum) zu der Überzeugung gelangt, bei der Klägerin liege keine Erkrankung mehr vor, die einen besonderen Behandlungsbedarf mit großem finanziellen Aufwand im Herkunftsland erfordern würde. Bei einer Rückkehr in ihr Heimatland bestehe keine beachtliche Wahrscheinlichkeit für eine lebensgefährliche Verschlechterung der gesundheitlichen Situation (UA S. 7 f.).

Ausweislich des Sitzungsprotokolls hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung die Gelegenheit, sich zu ihrem Gesundheitszustand und einer noch bestehenden Behandlungsbedürftigkeit zu äußern, auch genutzt. Sie hat ärztliche Bescheinigungen und einen nach eigenen Angaben noch befolgten Medikamentenplan vom September 2016 vorgelegt sowie Ausführungen zum bevorstehenden Termin einer CT-Darmuntersuchung und deren Vorgeschichte gemacht. Das Gericht ist damit seiner Sachaufklärungspflicht hinsichtlich der Frage des Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nachgekommen. Aus dem Sachvortrag der Klägerin und den vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen musste sich dem Gericht mangels näherer Anhaltspunkte keine weitere Sachaufklärung der Frage aufdrängen, ob bei der Klägerin eine lebensbedrohliche oder schwerwiegende Erkrankung, die sich durch die Abschiebung verschlimmern würde (§ 60 Abs. 7 Sätze 1 und 2 AufenthG), vorliegt. Damit ist aber auch nicht ersichtlich, dass das Gericht seine gerichtliche Hinweispflicht (§§ 86 Abs. 3, 104 Abs. 1 VwGO) verletzt haben könnte. Der Anspruch auf rechtliches Gehör begründet keine generelle Pflicht des Gerichts, die Beteiligten vorab auf seine Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Würdigung des Sachverhalts hinzuweisen. Die Beweiswürdigung, das daraus folgende Beweisergebnis und die hieraus zu ziehenden Schlussfolgerungen bleiben in aller Regel der abschließenden Urteilsfindung des Gerichts vorbehalten und entziehen sich deshalb einer Voraberörterung mit den Beteiligten (vgl. BVerwG, B.v. 26.11.2001 – 1 B 347.01 – juris). Das Zulassungsvorbringen legt zudem nicht dar, dass die Kläger alle ihnen zumutbaren prozessualen Möglichkeiten ausgeschöpft haben, um sich Gehör vor dem Verwaltungsgericht zu verschaffen. Es hätte vielmehr von vornherein der Mitwirkungspflicht der Klägerin oblegen, eine ärztliche Bescheinigung, die insbesondere Aussagen zum Krankheitsbild, dem Schweregrad der Erkrankung sowie deren Behandlungsbedürftigkeit und Folgen enthält, beizubringen. Die im Zulassungsantrag bei entsprechendem gerichtlichem Hinweis vorgeschlagenen näheren Ausführungen der Klägerin zu ihrer Depression wären zudem ohne entsprechendes ärztliches Attest nicht geeignet, die Tatsachengrundlage für ein Abschiebungsverbot gem. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu schaffen.

1.2 Die Gehörsrüge wegen unzulässiger Überraschungsentscheidung greift entgegen dem Zulassungsvorbringen auch nicht unter dem Aspekt durch, dass für die Klägerin nicht erkennbar gewesen sei, dass das Verwaltungsgericht der Klägerin bei einer Rückkehr zumute, sich wie vor der Ausreise um eine Beschäftigung im Haushalt zu bemühen, um den Lebensunterhalt für sich und ihre minderjährigen Kinder zu finanzieren. Bei einem entsprechenden Hinweis des Verwaltungsgerichts hätte die Klägerin die genauen Umstände ihrer Chancen auf dem Arbeitsmarkt und weitere Details vorgetragen.

Wie bereits ausgeführt (vgl. 1.1) begründet der Anspruch auf rechtliches Gehör keine generelle Pflicht des Gerichts, die Beteiligten vorab auf seine Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Würdigung des Sachverhalts hinzuweisen. In diesem Sinne aber meint das Zulassungsvorbringen die gerichtliche Fürsorgepflicht zu verstehen. Vorliegend ist auch im Hinblick auf die Existenzsicherung nach Rückkehr ersichtlich, dass dieser Themenkomplex sowohl im Verwaltungsverfahren (vgl. Bundesamtsbescheid S. 6 f.) ausführlich behandelt wurde als auch in der mündlichen Verhandlung vom Gericht erörtert wurde und die Klägerin entsprechende Ausführungen gemacht hat. Nach dem bisherigen Verfahrensverlauf hätten die Beteiligten damit rechnen müssen, dass das Verwaltungsgericht eine entsprechende Würdigung trifft.

Auch ist nicht ersichtlich, dass das Verwaltungsgericht darauf hätte hinweisen müssen, dass es das von der Klägerseite benannte Urteil des VG Stuttgart vom 22.6.2009 (A 11 K 4486/07) und das Gutachten der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 11. Juni 2009, Bosnien-Herzegowina: Behandlung von PTBS, nicht für relevant erachte, denn für das Verwaltungsgericht lagen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Klägerin an PTBS oder einer schweren psychischen Erkrankung mit besonderem Behandlungsbedarf leidet.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

3. Die Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung für das Zulassungsverfahren waren abzulehnen, weil die Rechtsverfolgung aus den genannten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 83b Gerichtskosten, Gegenstandswert


Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 86


(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden. (2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag ka

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 166


(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmäc

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 78 Rechtsmittel


(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen di

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 138


Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn1.das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,2.bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes aus

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Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe Der zulässige Antrag auf Zulassung der

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(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.

(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.

(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.

(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht

1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und
2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auf diesen Zulassungsgrund nicht gestützt werden. Die Revision ist beschränkt auf die Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat. In dem hierfür erforderlichen Umfang ist das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 137 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt für die Beurteilung der allgemeinen Lage diejenigen herkunfts- oder zielstaatsbezogenen Erkenntnisse, die von den in Satz 1 Nummer 1 genannten Gerichten verwertet worden sind, die ihm zum Zeitpunkt seiner mündlichen Verhandlung oder Entscheidung (§ 77 Absatz 1) von den Beteiligten vorgelegt oder die von ihm beigezogen oder erhoben worden sind. Die Anschlussrevision ist ausgeschlossen.

(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.

Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn

1.
das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, außer wenn er der Prozeßführung ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
das Urteil auf eine mündliche Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass beim Kläger zu 1 das Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Bosnien-Herzegowina vorliegt.

Ziffer 2 des Bescheids des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 08.08.2007 wird aufgehoben, soweit er dem entgegensteht. Im Übrigen werden die Klagen abgewiesen.

Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 1. Die Klägerin zu 2 trägt die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Beklagten. Im Übrigen tragen die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Tatbestand

 
Die Kläger sind Staatsangehörige von Bosnien-Herzegowina und gehören zu den bosnischen Muslimen. Sie reisten am 22.08.1993 in das Bundesgebiet ein. Am 25.08.1993 beantragten sie die Gewährung von Asyl. Mit Bescheid vom 17.04.1997 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge die Anträge auf Anerkennung als Asylberechtigte ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen. Weiter wurde den Klägern mit einer Ausreisefrist von einem Monat die Abschiebung nach Bosnien und Herzegowina angedroht. Die hierauf eingelegten Rechtsmittel blieben ohne Erfolg (VG Stuttgart, Urt. v. 16.09.1998 - A 17 K 1278/97 -; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 19.11.1998 - A 14 S 2273/98 -). Die Kläger kehrten im Jahr 1999 nach Bosnien-Herzegowina zurück. Der Kläger zu 1 reiste im Herbst 2006 erneut in das Bundesgebiet ein. Vom 15.11.2006 bis 27.11.2006 befand er sich in Abschiebehaft. Am 27.11.2006 wurde der Kläger zu 1 nach Bosnien-Herzegowina abgeschoben. Mit Bescheid vom 20.11.2006 wurde der Kläger zu 1 von der Landeshauptstadt Stuttgart aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies das Regierungspräsidium Stuttgart mit Widerspruchsbescheid vom 27.04.2007 zurück.
Die Kläger reisten Mitte des Jahres 2007 erneut in das Bundesgebiet ein, wobei die Klägerin zu 2 im Besitz eines Besuchervisums war. Am 23.07.2007 stellten die Kläger Asylfolgeanträge. Die Klägerin zu 2 trug zur Begründung vor, sie habe Bosnien-Herzegowina wegen großer familiärer Probleme verlassen. Ihr Ehemann sei aufgrund des Krieges erkrankt. Er sei nervenkrank, sie könnten jedoch wegen fehlenden Geldes den Arzt nicht bezahlen. Wenn ihr Ehemann keine Tabletten habe, drehe er durch. Auch ihre Tochter sei nach Deutschland geflüchtet. In ihrem Heimatort S lebten nur 2 Prozent Muslime. Aufgrund der Umstände, die sie während des Krieges erlebt hätten, seien sie verrückt geworden.
Der Kläger zu 1 machte geltend, er sei aus Bosnien-Herzegowina ausgereist, da er große Probleme mit den Serben gehabt habe. Am Anfang des Krieges sei er 13 Monate lang in einem Lager festgehalten worden. Nach seiner Rückkehr in seinen Heimatort sei er von den Serben verfolgt und malträtiert worden, da diese Kenntnis davon hätten, dass er aus dem Lager geflüchtet sei. Sie könnten deshalb ihr Haus nicht verlassen. Er sei auch erkrankt. Seine Nerven seien aufgrund des Krieges am Ende und er könne kaum schlafen. Zum Arzt könne er wegen fehlenden Geldes nicht gehen. Wenn er keine Tabletten habe, schlage er auf alles und schlage auch mit dem Kopf an die Wand. Seine Ehefrau sei mit den Kindern vor ihm weggelaufen. Er habe sich dann entschlossen, seine Familienmitglieder zu suchen.
Mit Bescheid vom 08.08.2007 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Anträge auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens und die Anträge auf Abänderung des Bescheids vom 17.04.1997 hinsichtlich der Feststellung zu § 53 Abs. 1 bis 6 AuslG ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, die allgemeine Lage in Bosnien und Herzegowina begründe kein Abschiebungsverbot. Der Kläger zu 1 könne nach eigenem Vortrag bei Einnahme von Tabletten seinen schlechten psychischen Gesundheitszustand stabilisieren. Deshalb könne beim Kläger zu 1 nicht davon ausgegangen werden, dass er an einer behandlungsbedürftigen psychischen Erkrankung leide, die in seinem Heimatland nicht oder nicht adäquat behandelt werden könne.
Am 10.08.2007 haben die Kläger Klage erhoben.
Die Kläger beantragen,
Ziff. 2 des Bescheids des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 08.08.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG vorliegen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
10 
Sie verweist auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung.
11 
In der mündlichen Verhandlung vom 3. November 2008 haben die Kläger auf Fragen des Gerichts vorgetragen, im Jahre 1999 seien sie freiwillig nach Bosnien und Herzegowina zurückgekehrt. Zunächst hätten sie sich bei einer Schwägerin der Klägerin zu 2 in Lukavica aufgehalten. Dort seien sie von Serben vertrieben worden. Dann seien sie in ihren Heimatort P zurückgekehrt, der ca. 20 km von S entfernt sei. In beiden Orten lebten vorwiegend nur Serben. Auch in ihrem Wohnhaus hätten sich Serben aufgehalten. Nach deren Auszug hätten sie in ihrem Wohnhaus gewohnt. Eine Registrierung in Bosnien-Herzegowina nach ihrer Rückkehr im Jahre 1999 sei nicht erfolgt, da dies von den serbischen Behörden nicht erlaubt worden sei. Bis zu ihrer erneuten Ausreise im Jahre 2007 hätten sie in P gelebt. Nach Deutschland seien sie im Jahr 2007 erneut eingereist, da der Kläger zu 1 erheblich erkrankt sei. Während ihres Aufenthalts in Papraza seien sie dort nie beim Arzt gewesen. Die Mutter der Klägerin zu 2 und deren drei Schwestern hielten sich in der Föderation auf; diese hätten jedoch keine eigenen Einkünfte.
12 
Das Gericht hat mit Beschluss vom 11.11.2008 Beweis erhoben durch Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens von Universitätsdozent Dr. E. (Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des F. Krankenhauses). Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das am 03.04.2009 erstattete Gutachten verwiesen.
13 
In der mündlichen Verhandlung vom 22.06.2009 gab die Klägerin zu 2 ergänzend an, ihre in Deutschland lebende Tochter lebe von Sozialhilfe. Die anderen beiden in P lebenden Kinder seien arbeitslos. Überleben könnten diese nur durch eigenen Gemüseanbau.
14 
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die zur Sache gehörende Akten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
15 
Das Gericht konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung über die Sache verhandeln und entscheiden, da sie ordnungsgemäß geladen und in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (§ 102 Abs. 2 VwGO).
16 
Die zulässige Klage des Klägers zu 1 hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Der Kläger zu 1 hat Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG. Insoweit ist Ziff. 2 des angefochtenen Bescheids rechtswidrig und verletzt den Kläger zu 1 in seinen Rechten. Die Klage der Klägerin zu 2 ist hingegen unbegründet.
17 
Allerdings war das Bundesamt aufgrund der Asylfolgeanträge der Kläger nicht gemäß § 51 Abs. 1 - 3 VwVfG verpflichtet, das Verfahren im Hinblick auf das Vorliegen von Abschiebungsverboten wieder aufzugreifen. Insoweit steht dem Begehren der Kläger § 71 Abs. 3 AsylVfG entgegen, wonach die Voraussetzungen nach § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG schon im Antrag selbst abschließend und substantiiert dargetan werden müssen. Dies ist vorliegend nicht geschehen.
18 
Der Kläger zu 1 hat aber unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen nach § 51 Abs. 1 - 3 VwVfG einen Anspruch darauf, dass das Bundesamt eine positive Feststellung zu § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG trifft. Denn jenseits des § 71 AsylVfG, der nur den Asylantrag im Sinne von § 13 AsylVfG betrifft, kann sich aus §§ 51 Abs. 5, 48, 49 VwVfG und einer in deren Rahmen i.V.m. Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 und 2 GG gebotenen Ermessensreduzierung auf Null das Wiederaufgreifen des abgeschlossenen früheren Verwaltungsverfahrens, die Aufhebung des unanfechtbar gewordenen Verwaltungsakts und eine neue Sachentscheidung zu § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 AufenthG dann ergeben, wenn tatsächlich Abschiebungsverbote vorliegen; auf die Frage, wann diese geltend gemacht worden sind, kommt es wegen des materiellen Schutzgehalts der Grundrechte nicht an (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21.06.2000, DVBl. 2000, 179; BVerwG, Urteil vom 07.09.1999, InfAuslR 2000, 16 und Urteil vom 21.03.2000, NVwZ 2000, 940; VGH Baden-Württ., Beschluss vom 04.01.2000, NVwZ-RR 2000, 261). Einer Feststellung des geltend gemachten Abschiebungsverbots durch das Bundesamt steht auch nicht die Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung über die negative Feststellung des Bundesamts im Asylerstverfahren entgegen. Das Bundesamt ist nicht gehindert, einen rechtskräftig abgesprochenen Anspruch auf Feststellung von Abschiebungsverboten zu erfüllen, wenn es erkennt, dass der Anspruch tatsächlich besteht und das rechtskräftige Urteil unzutreffend ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 08.12.1992, BVerwGE 91, 256; Urteil vom 27.01.1994, BVerwGE 95, 86 und Urteil vom 07.09.1999, NVwZ 2000, 204). Ob eine Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 AufenthG vorliegt, ist somit ohne Rücksicht auf die Versagung asylrechtlichen Verfolgungsschutzes und ohne Bindung an etwa vorliegende rechtskräftige Gerichtsentscheidungen zu beurteilen (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.12.1996, InfAuslR 1997, 284 und Urteil vom 30.03.1999, DVBl. 1999, 1213).
19 
Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2, 3 oder 5 AufenthG bestehen im Falle des Klägers zu 1 allerdings nicht. Die von § 60 Abs. 2, 3 oder 5 AufenthG geforderte Gefahr der Folter, der Todesstrafe oder der unmenschlichen Behandlung ist weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich.
20 
Beim Kläger zu 1 liegt aber ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG vor. Das dem Bundesamt eingeräumte Ermessen auf Wiederaufgreifen des Verfahrens im Hinblick auf die Feststellung dieses Abschiebungsverbots ist deshalb auf Null reduziert (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 04.01.2000, NVwZ-RR 2000, 261). Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 20.10.2004 (BVerwGE 122, 103) entschieden, dass das behördliche Ermessen nicht schon dann zu Gunsten des Ausländers auf Null reduziert ist, wenn festgestellt wird, dass in seiner Person die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG vorliegen. Diese Auffassung ist jedoch im Hinblick auf die vom Bundesverwaltungsgericht zur Begründung hierzu herangezogene gesetzliche Konzeption des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG, der die Abschiebung auch bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG in das Ermessen der Behörde gestellt hat, überholt. Denn nach der jetzt geltenden Regelung des § 60 Abs 7 Satz 1 AufenthG ist der Behörde ein Ermessen nicht mehr eröffnet. Vielmehr soll nunmehr unter den Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG von einer Abschiebung abgesehen werden. Soweit das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 17.10.2006 (BVerwGE 127, 33) unter Bezugnahme auf das Urteil vom 20.10.2004 (a.a.O.) die Auffassung vertritt, dass bei Bejahung einer Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG das Bundesamt nur zu einer Ermessensentscheidung über den Antrag des Ausländers zu § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG verpflichtet werden könne, wird offensichtlich verkannt, dass sich die Gesetzeslage (nunmehr Sollvorschrift!) geändert hat.
21 
Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Diese Bestimmung fragt nicht danach, von wem die Gefahr ausgeht oder wodurch sie hervorgerufen wird; die Regelung stellt vielmehr lediglich auf das Bestehen einer konkreten Gefahr ab ohne Rücksicht darauf, ob sie vom Staat ausgeht oder ihm zumindest zuzurechnen ist (vgl. BVerwG, Urt. vom 17.10.1995, BVerwGE 99, 324). Die Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit muss mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit bestehen. Die besondere Schwere eines drohenden Eingriffs ist im Rahmen der gebotenen qualifizierenden Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung, Abwägung und zusammenfassenden Bewertung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts vermittels des Kriteriums, ob die Wahrscheinlichkeit der Rechtsgutverletzung beachtlich ist, zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, Urt. vom 17.10.1995 aaO. und Urt. vom 05.07.1994, InfAuslR 1995, 24). Eine beachtliche Wahrscheinlichkeit in diesem Sinne ist gegeben, wenn die für den Eintritt der Gefahr sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deswegen gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen (vgl. BVerwG, Beschl. vom 18.07.2001, Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 46).
22 
Auch die drohende Verschlimmerung einer Krankheit wegen ihrer nur unzureichenden medizinischen Behandlung im Zielstaat der Abschiebung kann ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG darstellen (vgl. BVerwG, Urt. vom 25.11.1997, BVerwGE 105, 383 = NVwZ 1998, 524; Urt. vom 27.04.1998, NVwZ 1998, 973; Urt. vom 21.09.1999, NVwZ 2000, 206 und Urt. v. 07.12.2004, BVerwGE 122, 271). Von einer Verschlimmerung ist auszugehen, wenn eine wesentliche oder gar lebensbedrohliche Verschlechterung des Gesundheitszustands droht; konkret ist diese Gefahr, wenn die Verschlechterung alsbald nach der Rückkehr in den Heimatstaat eintreten würde (vgl. BVerwG, Urt. vom 25.11.1997 aaO und Urt. vom 29.07.1999 - 9 C 2/99 - juris -). Ob die Gefahr der Verschlechterung der Gesundheit durch die individuelle Konstitution des Ausländers bedingt oder mitbedingt ist, ist unerheblich (vgl. BVerwG, Urt. vom 29.07.1999 aaO). Eine zielstaatsbezogene Gefahr für Leib und Leben besteht auch dann, wenn die notwendige Behandlung oder Medikation im Zielstaat zwar allgemein zur Verfügung steht, dem betroffenen Ausländer individuell jedoch aus finanziellen oder sonstigen Gründen nicht zugänglich ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.10.2002, NVwZ-Beilage I 2003, 53 = DVBl 2003, 463 und Beschluss vom 29.04.2003, Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 60; VGH Kassel, Urteil vom 24.06.2003, AuAS 2004, 20). Die mögliche Unterstützung durch Angehörige im In- oder Ausland ist in die gerichtliche Prognose, ob bei Rückkehr eine Gefahr für Leib oder Leben besteht, mit einzubeziehen (vgl. BVerwG, Beschl. vom 01.10.2001, Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 51).
23 
In Anwendung dieser Grundsätze ist das Gericht bei der vorzunehmenden qualifizierenden und bewertenden Betrachtungsweise der Überzeugung, dass dem Kläger zu 1 bei einer Rückkehr nach Bosnien-Herzegowina eine erhebliche krankheitsbedingte individuelle Gefahr droht.
24 
Nach dem vom Gericht eingeholten psychiatrisch-psychotherapeutischen Gutachten der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des F. Krankenhauses (Universitätsdozent Dr. E. und Dr. G.) vom 03.04.2009 leidet der Kläger zu 1 an einer andauernden Persönlichkeitsveränderung nach Extrembelastung. Diese chronische Erkrankung sei auf anhaltende, schwerwiegende, lebensbedrohliche Erlebnisse des Klägers zu 1 während dessen Lagerhaft 1992 bis 1993 in einem serbischen Gefangenenlager, in dem der Kläger zu 1 als Zivilist ohne direkte Kriegsbeteiligung deportiert worden sei, zurückzuführen. Eine psychische Reaktion auf diese schwerst bedrohlichen Ereignisse habe sich erst verzögert eingestellt, was bei posttraumatischen Belastungsstörungen häufig der Fall sei, deren typische Merkmale beim Kläger zu 1 anamnestisch feststellbar seien. Die beim Kläger zu 1 feststellbare Symptomatik (traumatische Erinnerungen, Alpträume, Panik, Anhedonie, Vermeidungsverhalten, sozialer Rückzug, Reizbarkeit, somatische Beschwerden u.a.) mit anhaltender vegetativer Übererregtheit, Angst und Depressivität passe zu dem glaubhaft geschilderten traumatischen Ereignis. Mitbedingt durch die Abschiebung sei es zu einem chronischen Verlauf gekommen mit Übergang in eine andauernde Persönlichkeitsveränderung nach Extrembelastung, wie sie bei einer geringen Anzahl von posttraumatischen Belastungsstörungen zu beobachten sei. Der Kläger zu 1 benötige zahlreiche Medikamente, die er dauerhaft und regelmäßig einnehmen müsse. Ein Absetzen oder eine unregelmäßige Einnahme hätte eine gravierende psychische und physische Verschlechterung des Gesundheitszustandes zur Folge. Neben der notwendigen medikamentösen Behandlung bedürfe der Kläger zu 1 einer kontinuierlichen psychiatrisch-psychotherapeutischen und sozialpsychiatrischen Behandlung. Die begonnene muttersprachlich stützende psychotherapeutische Behandlung müsse weitergeführt werden. Die monatlichen Medikamentenkosten beliefen sich auf ca. 400,-- EUR. Das Gericht hat keinen Zweifel an der Richtigkeit des von fachkundigen Ärzten erstellten Gutachtens vom 03.04.2009. Auch nach dem Eindruck, den das Gericht in der mündlichen Verhandlung vom Kläger zu 1 gewonnen hat, besteht keine Veranlassung, die Richtigkeit des erstellten Sachverständigengutachtens anzuzweifeln.
25 
Unter Berücksichtigung der in die mündliche Verhandlung eingeführten Erkenntnisquellen ist bereits zweifelhaft, ob über Leistungen der staatlichen Krankenversicherung die vom Kläger zu 1 benötigten Medikamente in Bosnien-Herzegowina bezogen werden können. Denn selbst die sogenannten Pflichtarzneimittel (Medikamente, die ständig verfügbar und für die Patienten weitgehend kostenlos zu beziehen sind) sind in manchen Kantonen nur gegen Entrichtung des vollen Preises zu erhalten, weil dort die jährlich zu aktualisierenden diesbezüglichen Listen nicht existieren (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 27.05.2008, S. 24). Angesichts dessen ist schon fraglich, ob der Kläger zu 1 - falls er Mitglied der staatlichen Krankenversicherung werden könnte - die für ihn notwendigen Medikamente über die staatliche Krankenversicherung erhalten würde.
26 
Jedenfalls kann die erforderliche medizinische Versorgung im Falle des Klägers zu 1 in Bosnien-Herzegowina nicht gewährleistet werden. Viele medizinische Einrichtungen, vor allem außerhalb Sarajewos, befinden sich in einem schlechten Zustand und die finanzielle Ausstattung des gesamten Gesundheitswesens in Bosnien-Herzegowina ist unzureichend (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 27.05.2008, S. 23). Für die Behandlung psychisch kranker und traumatisierter Personen fehlt es weitgehend an ausreichend qualifizierten Ärzten und an klinischen Psychologen und Sozialarbeitern; Therapien beschränken sich überwiegend auf Medikamentengaben (vgl. Auswärtiges Amt a.a.O. S. 24; Schweizerische Flüchtlingshilfe - SFH -, Bosnien-Herzegowina: Registrierung und medizinische Versorgungsmöglichkeiten nach der Rückkehr, 12.03.2007, S. 4, 5). Da die Kapazitäten für die Behandlung von psychisch Kranken und Traumatisierten sowohl in der Republik Srpska als auch im Föderationsgebiet voll ausgelastet sind, so dass Einlieferungen nur in akuten Notfällen erfolgen können (vgl. Auswärtiges Amt ebenda; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Bosnien-Herzegowina : Rückkehr einer alleinerziehenden Mutter mit PTBS, 08.01.2009, S. 5), wird eine Fortführung der begonnenen psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung des Klägers zu 1, auf die dieser im Falle einer Rückkehr nach Bosnien-Herzegowina dringend angewiesen ist, dort für ihn nicht möglich sein. Zwar gibt es therapeutische Behandlungen in nichtstaatlichen Einrichtungen in Tuzla und Zenica; aber auch diese Einrichtungen sind total überlastet und die Wartezeiten sehr lang (vgl. SFH a.a.O S. 6). Außerdem bieten diese nichtstaatlichen Einrichtungen psychosoziale und psychiatrische Hilfe nur für Frauen an (vgl. SFH, Bosnien-Herzegowina, Aktuelle Situation, insbesondere die Situation verletzlicher Gruppen, Juli 2006, S. 14). Nach dem vom Gericht eingeholten Sachverständigengutachten vom 03.04.2009 wird aber schon eine Unterbrechung der psychiatrisch-psychotherapeutischen und medikamentösen Behandlung des Klägers zu 1 eine erhebliche Verschlechterung von dessen Gesundheitszustand ergeben.
27 
Darüber hinaus ist die notwendige medizinische Versorgung des Klägers zu 1 in Bosnien-Herzegowina in finanzieller Hinsicht ausgeschlossen. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger zu 1 die Kosten für die notwendige ärztliche Behandlung und Medikation in Bosnien-Herzegowina bezahlen könnte.
28 
Die Kläger sind mittellos. Auf Grund seiner Erkrankung wird der Kläger zu 1 auch nicht in der Lage sein, seinen Lebensunterhalt in Bosnien-Herzegowina aus eigener Erwerbstätigkeit zu bestreiten. Angesichts einer Arbeitslosenquote von ca. 40 % (vgl. Auswärtiges Amt a.a.O S. 22) ist auch nicht beachtlich wahrscheinlich, dass die Klägerin zu 2 zukünftig durch Erwerbstätigkeit zum Lebensunterhalt beitragen könnte, abgesehen davon, dass die Klägerin zu 2 die ständige Betreuung des Klägers zu 1 gewährleisten muss und diese in der Regel übernimmt.
29 
Es ist auch nicht beachtlich wahrscheinlich, dass die Kläger bei einer Rückkehr in ihr Heimatland Mitglied der seit dem Jahre 2002 in Bosnien-Herzegowina existierenden staatlichen (obligatorischen) Krankenversicherung werden könnten. Denn Rückkehrer können nur dann Mitglied der staatlichen Krankenversicherung werden, wenn sie sich innerhalb von 30 Tagen nach der Wiedereinreise nach Bosnien-Herzegowina beim Arbeitsamt als arbeitslos melden und wenn sie schon vor der Ausreise krankenversichert waren (vgl. SFH, Bosnien-Herzegowina: Behandlung psychischer Erkrankung, 30.04.2009, S. 3). Nach dem glaubhaften Vorbringen der Kläger in der mündlichen Verhandlung wurde ihnen nach ihrer Rückkehr nach Bosnien-Herzegowina im Jahre 1999 eine Registrierung bei der Meldebehörde verweigert. Die Registrierung ist aber für jegliche Art sozialer Unterstützung entscheidend (vgl. SFH, Bosnien-Herzegowina: Behandlung psychischer Erkrankung, 30.04.2009, S. 3). Sie konnten damit nach ihrer Rückkehr im Jahre 1999 nicht Mitglied der staatlichen Krankenversicherung werden (vgl. SFH, Bosnien-Herzegowina: Rückkehr einer alleinerziehenden Mutter mit posttraumatischer Belastung, 08.01.2009, S. 3). Folglich haben die Kläger auch keine Aussicht, bei einer erneuten Rückkehr in ihr Heimatland in die staatliche Krankenversicherung aufgenommen zu werden. Unabhängig hiervon werden Behandlungen in Krankenhäusern von der staatlichen Krankenversicherung nicht übernommen; die Kosten hierfür müssen die Patienten aus eigener Tasche bezahlen, es sei denn, sie sind Mitglied einer privaten Krankenversicherung (vgl. SFH, Bosnien-Herzegowina: Rückkehr einer alleinerziehenden Mutter mit posttraumatischer Belastung, 08.01.2009, S. 4, 6 sowie SFH, Bosnien-Herzegowina, Aktuelle Situation, insbesondere die Situation verletzlicher Gruppen, Juli 2006, S. 9). Der Abschluss einer privaten Krankenversicherung ist angesichts der Vorerkrankungen des Klägers zu 1 nicht realisierbar und würde auch das Budget eines Rückkehrerhaushalts überfordern (vgl. SFH, Bosnien und Herzegowina: Rückkehr einer alleinerziehenden Mutter mit PTBS, 08.01.2009, S. 5 sowie SFH, Bosnien und Herzegowina: Registrierung und medizinische Versorgungsmöglichkeiten nach der Rückkehr,12.03.2007, S. 4). Der Kläger zu 1 muss somit für die Kosten seiner medizinischen Versorgung in Bosnien-Herzegowina alleine aufkommen.
30 
Die Kläger haben bei einer Rückkehr nach Bosnien-Herzegowina auch keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Ein derartiger Anspruch besteht nur, wenn der Betreffende sich innerhalb von 60 Tagen nach der letzten Kündigung beim Arbeitsamt arbeitslos meldet und weder selbst gekündigt noch die Kündigung zu verantworten hat (vgl. SFH, Bosnien-Herzegowina: Behandlung psychischer Erkrankung, 30.04.2009, S. 3). Da die Kläger in Bosnien-Herzegowina nach ihrer Rückkehr im Jahre 1999 in keinem Arbeitsverhältnis standen, haben sie somit keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld.
31 
Ob die Kläger in Bosnien-Herzegowina Sozialhilfe erhalten könnten, erscheint zweifelhaft, da Sozialhilfe u. a. nur bewilligt wird, wenn ein soziales oder familiäres Netzwerk fehlt (vgl. SFH, Bosnien-Herzegowina: Behandlung psychischer Erkrankung, 30.04.2009, S. 3). Darüber hinaus kann es mehrere Monate bis Jahre dauern, bis das Antragsverfahren abgeschlossen ist; während dieser Zeit gibt es keine anderweitige staatliche Unterstützung (vgl. SFH ebenda). Rückkehrer haben erfahrungsgemäß kaum eine Chance, Sozialhilfe zu erhalten (vgl. SFH, Bosnien-Herzegowina, Aktuelle Situation, insbesondere die Situation verletzlicher Gruppen, Juli 2006, S. 11). Aber selbst wenn die Kläger in Bosnien-Herzegowina Sozialhilfe erhielten, wären sie nicht in der Lage, die medizinische Versorgung des Klägers zu 1 zu gewährleisten. Die Sozialhilfeleistungen in Bosnien-Herzegowina bewegen sich auf sehr niedrigem Niveau; die Höhe der Sozialhilfe liegt umgerechnet zwischen 5 und 50 EUR und reicht damit als alleinige Einkommensquelle unter Berücksichtigung der lokalen Lebenshaltungskosten zum Leben nicht aus (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 27.05.2008, S. 22; SFH, Bosnien-Herzegowina: Behandlung von PTBS, 11.06.2009, S. 5). Da beim Kläger zu 1 monatliche Medikamentenkosten in Höhe von über 300 EUR entstehen, könnte er selbst bei zustehenden Sozialhilfeleistungen die notwendige ärztliche Behandlung und Medikation in Bosnien-Herzegowina nicht bezahlen.
32 
Es ist schließlich nicht erkennbar, dass Verwandte der Kläger die notwendige dauernde Unterstützung des Klägers zu 1 gewährleisten. Die in Deutschland lebende Tochter der Kläger bestreitet ihren Lebensunterhalt selbst über Sozialhilfeleistungen. Die in Bosnien-Herzegowina lebende Mutter der Klägerin zu 2 und deren gleichfalls dort lebende drei Geschwister sind ohne Einkünfte. Entsprechendes gilt für die in Bosnien-Herzegowina lebenden beiden Kinder der Kläger. Angesichts dieser Situation kann nicht davon ausgegangen werden, dass Verwandte der Kläger für die in Bosnien-Herzegowina anfallenden Kosten der ärztlichen Betreuung und Arzneimittelversorgung des Klägers zu 1 aufkommen können.
33 
Nach alledem ist davon auszugehen, dass der Kläger zu 1 nicht in der Lage sein wird, die für ihn zur Abwehr einer schweren Gesundheitsgefahr in Bosnien-Herzegowina erforderliche ärztliche Behandlung und Arzneimittelversorgung sicherzustellen.
34 
Steht danach zur Überzeugung des Gerichts fest, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers zu 1 im Falle einer Rückkehr in sein Herkunftsland alsbald nach einer Abschiebung/freiwilligen Rückkehr wesentlich verschlechtern wird, so steht ihm ein Anspruch auf die Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG hinsichtlich Bosnien-Herzegowina zu.
35 
Die Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG wird nicht durch § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG gesperrt. Der Kläger zu 1 ist nicht Teil einer Gruppe i.S.d. § 60 Abs. 7 Satz 3, § 60 a Abs. 1 AufenthG. Mit der Regelung des § 60 Abs. 7 Satz 3, § 60 a Abs. 1 AufenthG soll erreicht werden, dass dann, wenn eine bestimmte Gefahr der ganzen Bevölkerung oder einer im Abschiebezielstaat lebenden Bevölkerungsgruppe gleichermaßen droht, für die ganze Gruppe der potentiell Betroffenen einheitlich durch eine politische Leitentscheidung des Innenministeriums befunden wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 08.12.1998, BVerwGE 108, 77). Danach bilden Kranke, die aus finanziellen Gründen eine ausreichende medizinische Versorgung im Heimatland nicht erlangen können, keine Bevölkerungsgruppe i.S.d. § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG. Denn den betroffenen mittellosen Erkrankten droht nicht dieselbe Gefahr. Die Gefahr für Leib und Leben der Betroffenen besteht in der konkreten Weiterentwicklung der jeweiligen individuellen Krankheit. Die verschiedenen Krankheiten der mittellosen Erkrankten unterscheiden sich aber erheblich. Sinn und Zweck des § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG ist jedoch gerade, eine Vielzahl gleichgelagerter Fälle wegen der Art der Gefahr einheitlich zu entscheiden. Die in einem Land vorkommenden Krankheiten können aber nicht deshalb rechtlich gleichgestellt werden, weil die Betroffenen das Schicksal der Mittellosigkeit teilen. Der Gruppe der mittellosen Erkrankten fehlt die erforderliche Homogenität in Bezug auf die Art der Gefahr. Nicht jedem mittellosen Erkrankten muss eine erhebliche Gefahr drohen, da dieser Gruppe auch Kranke angehören können, denen bei einer Nichtbehandlung eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib und Leben nicht droht. Deshalb kann auf eine Gruppe der mittellosen Erkrankten aus Bosnien-Herzegowina nicht abgestellt werden (vgl. VG Berlin, Urt. v. 25.07.2003 - 34 X 671.94 - juris -; VG Sigmaringen, Urt. v. 13.08.2003 - A 5 K 11176/03 - juris - VG Oldenburg, Urt. v. 27.01.2004 - 12 A 550/03 - juris; VG Stade, Urt. v. 18.01.2006 - 2 A 1277/02; a. A. VGH München, Beschl. v. 10.10.2000 - 25 B 99.32077 -juris -).
36 
Demgegenüber bleibt die Klage der Klägerin zu 2 ohne Erfolg. In der Person der Klägerin zu 2 liegen Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2, 3, 5 und 7 AufenthG nicht vor. Dies wird von der Klägerin zu 2 auch nicht geltend gemacht. In der mündlichen Verhandlung vom 03.11.2008 hat sie sich vielmehr dahin eingelassen, sie habe Bosnien-Herzegowina zusammen mit dem Kläger zu 1 verlassen, da ihr Ehemann schwer erkrankt sei und er in Bosnien-Herzegowina die erforderliche medizinische Behandlung nicht erhalten habe.
37 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs.1, § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO, § 83 b AsylVfG.

Gründe

 
15 
Das Gericht konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung über die Sache verhandeln und entscheiden, da sie ordnungsgemäß geladen und in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (§ 102 Abs. 2 VwGO).
16 
Die zulässige Klage des Klägers zu 1 hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Der Kläger zu 1 hat Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG. Insoweit ist Ziff. 2 des angefochtenen Bescheids rechtswidrig und verletzt den Kläger zu 1 in seinen Rechten. Die Klage der Klägerin zu 2 ist hingegen unbegründet.
17 
Allerdings war das Bundesamt aufgrund der Asylfolgeanträge der Kläger nicht gemäß § 51 Abs. 1 - 3 VwVfG verpflichtet, das Verfahren im Hinblick auf das Vorliegen von Abschiebungsverboten wieder aufzugreifen. Insoweit steht dem Begehren der Kläger § 71 Abs. 3 AsylVfG entgegen, wonach die Voraussetzungen nach § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG schon im Antrag selbst abschließend und substantiiert dargetan werden müssen. Dies ist vorliegend nicht geschehen.
18 
Der Kläger zu 1 hat aber unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen nach § 51 Abs. 1 - 3 VwVfG einen Anspruch darauf, dass das Bundesamt eine positive Feststellung zu § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG trifft. Denn jenseits des § 71 AsylVfG, der nur den Asylantrag im Sinne von § 13 AsylVfG betrifft, kann sich aus §§ 51 Abs. 5, 48, 49 VwVfG und einer in deren Rahmen i.V.m. Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 und 2 GG gebotenen Ermessensreduzierung auf Null das Wiederaufgreifen des abgeschlossenen früheren Verwaltungsverfahrens, die Aufhebung des unanfechtbar gewordenen Verwaltungsakts und eine neue Sachentscheidung zu § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 AufenthG dann ergeben, wenn tatsächlich Abschiebungsverbote vorliegen; auf die Frage, wann diese geltend gemacht worden sind, kommt es wegen des materiellen Schutzgehalts der Grundrechte nicht an (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21.06.2000, DVBl. 2000, 179; BVerwG, Urteil vom 07.09.1999, InfAuslR 2000, 16 und Urteil vom 21.03.2000, NVwZ 2000, 940; VGH Baden-Württ., Beschluss vom 04.01.2000, NVwZ-RR 2000, 261). Einer Feststellung des geltend gemachten Abschiebungsverbots durch das Bundesamt steht auch nicht die Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung über die negative Feststellung des Bundesamts im Asylerstverfahren entgegen. Das Bundesamt ist nicht gehindert, einen rechtskräftig abgesprochenen Anspruch auf Feststellung von Abschiebungsverboten zu erfüllen, wenn es erkennt, dass der Anspruch tatsächlich besteht und das rechtskräftige Urteil unzutreffend ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 08.12.1992, BVerwGE 91, 256; Urteil vom 27.01.1994, BVerwGE 95, 86 und Urteil vom 07.09.1999, NVwZ 2000, 204). Ob eine Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 AufenthG vorliegt, ist somit ohne Rücksicht auf die Versagung asylrechtlichen Verfolgungsschutzes und ohne Bindung an etwa vorliegende rechtskräftige Gerichtsentscheidungen zu beurteilen (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.12.1996, InfAuslR 1997, 284 und Urteil vom 30.03.1999, DVBl. 1999, 1213).
19 
Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2, 3 oder 5 AufenthG bestehen im Falle des Klägers zu 1 allerdings nicht. Die von § 60 Abs. 2, 3 oder 5 AufenthG geforderte Gefahr der Folter, der Todesstrafe oder der unmenschlichen Behandlung ist weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich.
20 
Beim Kläger zu 1 liegt aber ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG vor. Das dem Bundesamt eingeräumte Ermessen auf Wiederaufgreifen des Verfahrens im Hinblick auf die Feststellung dieses Abschiebungsverbots ist deshalb auf Null reduziert (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 04.01.2000, NVwZ-RR 2000, 261). Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 20.10.2004 (BVerwGE 122, 103) entschieden, dass das behördliche Ermessen nicht schon dann zu Gunsten des Ausländers auf Null reduziert ist, wenn festgestellt wird, dass in seiner Person die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG vorliegen. Diese Auffassung ist jedoch im Hinblick auf die vom Bundesverwaltungsgericht zur Begründung hierzu herangezogene gesetzliche Konzeption des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG, der die Abschiebung auch bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG in das Ermessen der Behörde gestellt hat, überholt. Denn nach der jetzt geltenden Regelung des § 60 Abs 7 Satz 1 AufenthG ist der Behörde ein Ermessen nicht mehr eröffnet. Vielmehr soll nunmehr unter den Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG von einer Abschiebung abgesehen werden. Soweit das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 17.10.2006 (BVerwGE 127, 33) unter Bezugnahme auf das Urteil vom 20.10.2004 (a.a.O.) die Auffassung vertritt, dass bei Bejahung einer Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG das Bundesamt nur zu einer Ermessensentscheidung über den Antrag des Ausländers zu § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG verpflichtet werden könne, wird offensichtlich verkannt, dass sich die Gesetzeslage (nunmehr Sollvorschrift!) geändert hat.
21 
Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Diese Bestimmung fragt nicht danach, von wem die Gefahr ausgeht oder wodurch sie hervorgerufen wird; die Regelung stellt vielmehr lediglich auf das Bestehen einer konkreten Gefahr ab ohne Rücksicht darauf, ob sie vom Staat ausgeht oder ihm zumindest zuzurechnen ist (vgl. BVerwG, Urt. vom 17.10.1995, BVerwGE 99, 324). Die Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit muss mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit bestehen. Die besondere Schwere eines drohenden Eingriffs ist im Rahmen der gebotenen qualifizierenden Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung, Abwägung und zusammenfassenden Bewertung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts vermittels des Kriteriums, ob die Wahrscheinlichkeit der Rechtsgutverletzung beachtlich ist, zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, Urt. vom 17.10.1995 aaO. und Urt. vom 05.07.1994, InfAuslR 1995, 24). Eine beachtliche Wahrscheinlichkeit in diesem Sinne ist gegeben, wenn die für den Eintritt der Gefahr sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deswegen gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen (vgl. BVerwG, Beschl. vom 18.07.2001, Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 46).
22 
Auch die drohende Verschlimmerung einer Krankheit wegen ihrer nur unzureichenden medizinischen Behandlung im Zielstaat der Abschiebung kann ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG darstellen (vgl. BVerwG, Urt. vom 25.11.1997, BVerwGE 105, 383 = NVwZ 1998, 524; Urt. vom 27.04.1998, NVwZ 1998, 973; Urt. vom 21.09.1999, NVwZ 2000, 206 und Urt. v. 07.12.2004, BVerwGE 122, 271). Von einer Verschlimmerung ist auszugehen, wenn eine wesentliche oder gar lebensbedrohliche Verschlechterung des Gesundheitszustands droht; konkret ist diese Gefahr, wenn die Verschlechterung alsbald nach der Rückkehr in den Heimatstaat eintreten würde (vgl. BVerwG, Urt. vom 25.11.1997 aaO und Urt. vom 29.07.1999 - 9 C 2/99 - juris -). Ob die Gefahr der Verschlechterung der Gesundheit durch die individuelle Konstitution des Ausländers bedingt oder mitbedingt ist, ist unerheblich (vgl. BVerwG, Urt. vom 29.07.1999 aaO). Eine zielstaatsbezogene Gefahr für Leib und Leben besteht auch dann, wenn die notwendige Behandlung oder Medikation im Zielstaat zwar allgemein zur Verfügung steht, dem betroffenen Ausländer individuell jedoch aus finanziellen oder sonstigen Gründen nicht zugänglich ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.10.2002, NVwZ-Beilage I 2003, 53 = DVBl 2003, 463 und Beschluss vom 29.04.2003, Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 60; VGH Kassel, Urteil vom 24.06.2003, AuAS 2004, 20). Die mögliche Unterstützung durch Angehörige im In- oder Ausland ist in die gerichtliche Prognose, ob bei Rückkehr eine Gefahr für Leib oder Leben besteht, mit einzubeziehen (vgl. BVerwG, Beschl. vom 01.10.2001, Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 51).
23 
In Anwendung dieser Grundsätze ist das Gericht bei der vorzunehmenden qualifizierenden und bewertenden Betrachtungsweise der Überzeugung, dass dem Kläger zu 1 bei einer Rückkehr nach Bosnien-Herzegowina eine erhebliche krankheitsbedingte individuelle Gefahr droht.
24 
Nach dem vom Gericht eingeholten psychiatrisch-psychotherapeutischen Gutachten der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des F. Krankenhauses (Universitätsdozent Dr. E. und Dr. G.) vom 03.04.2009 leidet der Kläger zu 1 an einer andauernden Persönlichkeitsveränderung nach Extrembelastung. Diese chronische Erkrankung sei auf anhaltende, schwerwiegende, lebensbedrohliche Erlebnisse des Klägers zu 1 während dessen Lagerhaft 1992 bis 1993 in einem serbischen Gefangenenlager, in dem der Kläger zu 1 als Zivilist ohne direkte Kriegsbeteiligung deportiert worden sei, zurückzuführen. Eine psychische Reaktion auf diese schwerst bedrohlichen Ereignisse habe sich erst verzögert eingestellt, was bei posttraumatischen Belastungsstörungen häufig der Fall sei, deren typische Merkmale beim Kläger zu 1 anamnestisch feststellbar seien. Die beim Kläger zu 1 feststellbare Symptomatik (traumatische Erinnerungen, Alpträume, Panik, Anhedonie, Vermeidungsverhalten, sozialer Rückzug, Reizbarkeit, somatische Beschwerden u.a.) mit anhaltender vegetativer Übererregtheit, Angst und Depressivität passe zu dem glaubhaft geschilderten traumatischen Ereignis. Mitbedingt durch die Abschiebung sei es zu einem chronischen Verlauf gekommen mit Übergang in eine andauernde Persönlichkeitsveränderung nach Extrembelastung, wie sie bei einer geringen Anzahl von posttraumatischen Belastungsstörungen zu beobachten sei. Der Kläger zu 1 benötige zahlreiche Medikamente, die er dauerhaft und regelmäßig einnehmen müsse. Ein Absetzen oder eine unregelmäßige Einnahme hätte eine gravierende psychische und physische Verschlechterung des Gesundheitszustandes zur Folge. Neben der notwendigen medikamentösen Behandlung bedürfe der Kläger zu 1 einer kontinuierlichen psychiatrisch-psychotherapeutischen und sozialpsychiatrischen Behandlung. Die begonnene muttersprachlich stützende psychotherapeutische Behandlung müsse weitergeführt werden. Die monatlichen Medikamentenkosten beliefen sich auf ca. 400,-- EUR. Das Gericht hat keinen Zweifel an der Richtigkeit des von fachkundigen Ärzten erstellten Gutachtens vom 03.04.2009. Auch nach dem Eindruck, den das Gericht in der mündlichen Verhandlung vom Kläger zu 1 gewonnen hat, besteht keine Veranlassung, die Richtigkeit des erstellten Sachverständigengutachtens anzuzweifeln.
25 
Unter Berücksichtigung der in die mündliche Verhandlung eingeführten Erkenntnisquellen ist bereits zweifelhaft, ob über Leistungen der staatlichen Krankenversicherung die vom Kläger zu 1 benötigten Medikamente in Bosnien-Herzegowina bezogen werden können. Denn selbst die sogenannten Pflichtarzneimittel (Medikamente, die ständig verfügbar und für die Patienten weitgehend kostenlos zu beziehen sind) sind in manchen Kantonen nur gegen Entrichtung des vollen Preises zu erhalten, weil dort die jährlich zu aktualisierenden diesbezüglichen Listen nicht existieren (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 27.05.2008, S. 24). Angesichts dessen ist schon fraglich, ob der Kläger zu 1 - falls er Mitglied der staatlichen Krankenversicherung werden könnte - die für ihn notwendigen Medikamente über die staatliche Krankenversicherung erhalten würde.
26 
Jedenfalls kann die erforderliche medizinische Versorgung im Falle des Klägers zu 1 in Bosnien-Herzegowina nicht gewährleistet werden. Viele medizinische Einrichtungen, vor allem außerhalb Sarajewos, befinden sich in einem schlechten Zustand und die finanzielle Ausstattung des gesamten Gesundheitswesens in Bosnien-Herzegowina ist unzureichend (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 27.05.2008, S. 23). Für die Behandlung psychisch kranker und traumatisierter Personen fehlt es weitgehend an ausreichend qualifizierten Ärzten und an klinischen Psychologen und Sozialarbeitern; Therapien beschränken sich überwiegend auf Medikamentengaben (vgl. Auswärtiges Amt a.a.O. S. 24; Schweizerische Flüchtlingshilfe - SFH -, Bosnien-Herzegowina: Registrierung und medizinische Versorgungsmöglichkeiten nach der Rückkehr, 12.03.2007, S. 4, 5). Da die Kapazitäten für die Behandlung von psychisch Kranken und Traumatisierten sowohl in der Republik Srpska als auch im Föderationsgebiet voll ausgelastet sind, so dass Einlieferungen nur in akuten Notfällen erfolgen können (vgl. Auswärtiges Amt ebenda; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Bosnien-Herzegowina : Rückkehr einer alleinerziehenden Mutter mit PTBS, 08.01.2009, S. 5), wird eine Fortführung der begonnenen psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung des Klägers zu 1, auf die dieser im Falle einer Rückkehr nach Bosnien-Herzegowina dringend angewiesen ist, dort für ihn nicht möglich sein. Zwar gibt es therapeutische Behandlungen in nichtstaatlichen Einrichtungen in Tuzla und Zenica; aber auch diese Einrichtungen sind total überlastet und die Wartezeiten sehr lang (vgl. SFH a.a.O S. 6). Außerdem bieten diese nichtstaatlichen Einrichtungen psychosoziale und psychiatrische Hilfe nur für Frauen an (vgl. SFH, Bosnien-Herzegowina, Aktuelle Situation, insbesondere die Situation verletzlicher Gruppen, Juli 2006, S. 14). Nach dem vom Gericht eingeholten Sachverständigengutachten vom 03.04.2009 wird aber schon eine Unterbrechung der psychiatrisch-psychotherapeutischen und medikamentösen Behandlung des Klägers zu 1 eine erhebliche Verschlechterung von dessen Gesundheitszustand ergeben.
27 
Darüber hinaus ist die notwendige medizinische Versorgung des Klägers zu 1 in Bosnien-Herzegowina in finanzieller Hinsicht ausgeschlossen. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger zu 1 die Kosten für die notwendige ärztliche Behandlung und Medikation in Bosnien-Herzegowina bezahlen könnte.
28 
Die Kläger sind mittellos. Auf Grund seiner Erkrankung wird der Kläger zu 1 auch nicht in der Lage sein, seinen Lebensunterhalt in Bosnien-Herzegowina aus eigener Erwerbstätigkeit zu bestreiten. Angesichts einer Arbeitslosenquote von ca. 40 % (vgl. Auswärtiges Amt a.a.O S. 22) ist auch nicht beachtlich wahrscheinlich, dass die Klägerin zu 2 zukünftig durch Erwerbstätigkeit zum Lebensunterhalt beitragen könnte, abgesehen davon, dass die Klägerin zu 2 die ständige Betreuung des Klägers zu 1 gewährleisten muss und diese in der Regel übernimmt.
29 
Es ist auch nicht beachtlich wahrscheinlich, dass die Kläger bei einer Rückkehr in ihr Heimatland Mitglied der seit dem Jahre 2002 in Bosnien-Herzegowina existierenden staatlichen (obligatorischen) Krankenversicherung werden könnten. Denn Rückkehrer können nur dann Mitglied der staatlichen Krankenversicherung werden, wenn sie sich innerhalb von 30 Tagen nach der Wiedereinreise nach Bosnien-Herzegowina beim Arbeitsamt als arbeitslos melden und wenn sie schon vor der Ausreise krankenversichert waren (vgl. SFH, Bosnien-Herzegowina: Behandlung psychischer Erkrankung, 30.04.2009, S. 3). Nach dem glaubhaften Vorbringen der Kläger in der mündlichen Verhandlung wurde ihnen nach ihrer Rückkehr nach Bosnien-Herzegowina im Jahre 1999 eine Registrierung bei der Meldebehörde verweigert. Die Registrierung ist aber für jegliche Art sozialer Unterstützung entscheidend (vgl. SFH, Bosnien-Herzegowina: Behandlung psychischer Erkrankung, 30.04.2009, S. 3). Sie konnten damit nach ihrer Rückkehr im Jahre 1999 nicht Mitglied der staatlichen Krankenversicherung werden (vgl. SFH, Bosnien-Herzegowina: Rückkehr einer alleinerziehenden Mutter mit posttraumatischer Belastung, 08.01.2009, S. 3). Folglich haben die Kläger auch keine Aussicht, bei einer erneuten Rückkehr in ihr Heimatland in die staatliche Krankenversicherung aufgenommen zu werden. Unabhängig hiervon werden Behandlungen in Krankenhäusern von der staatlichen Krankenversicherung nicht übernommen; die Kosten hierfür müssen die Patienten aus eigener Tasche bezahlen, es sei denn, sie sind Mitglied einer privaten Krankenversicherung (vgl. SFH, Bosnien-Herzegowina: Rückkehr einer alleinerziehenden Mutter mit posttraumatischer Belastung, 08.01.2009, S. 4, 6 sowie SFH, Bosnien-Herzegowina, Aktuelle Situation, insbesondere die Situation verletzlicher Gruppen, Juli 2006, S. 9). Der Abschluss einer privaten Krankenversicherung ist angesichts der Vorerkrankungen des Klägers zu 1 nicht realisierbar und würde auch das Budget eines Rückkehrerhaushalts überfordern (vgl. SFH, Bosnien und Herzegowina: Rückkehr einer alleinerziehenden Mutter mit PTBS, 08.01.2009, S. 5 sowie SFH, Bosnien und Herzegowina: Registrierung und medizinische Versorgungsmöglichkeiten nach der Rückkehr,12.03.2007, S. 4). Der Kläger zu 1 muss somit für die Kosten seiner medizinischen Versorgung in Bosnien-Herzegowina alleine aufkommen.
30 
Die Kläger haben bei einer Rückkehr nach Bosnien-Herzegowina auch keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Ein derartiger Anspruch besteht nur, wenn der Betreffende sich innerhalb von 60 Tagen nach der letzten Kündigung beim Arbeitsamt arbeitslos meldet und weder selbst gekündigt noch die Kündigung zu verantworten hat (vgl. SFH, Bosnien-Herzegowina: Behandlung psychischer Erkrankung, 30.04.2009, S. 3). Da die Kläger in Bosnien-Herzegowina nach ihrer Rückkehr im Jahre 1999 in keinem Arbeitsverhältnis standen, haben sie somit keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld.
31 
Ob die Kläger in Bosnien-Herzegowina Sozialhilfe erhalten könnten, erscheint zweifelhaft, da Sozialhilfe u. a. nur bewilligt wird, wenn ein soziales oder familiäres Netzwerk fehlt (vgl. SFH, Bosnien-Herzegowina: Behandlung psychischer Erkrankung, 30.04.2009, S. 3). Darüber hinaus kann es mehrere Monate bis Jahre dauern, bis das Antragsverfahren abgeschlossen ist; während dieser Zeit gibt es keine anderweitige staatliche Unterstützung (vgl. SFH ebenda). Rückkehrer haben erfahrungsgemäß kaum eine Chance, Sozialhilfe zu erhalten (vgl. SFH, Bosnien-Herzegowina, Aktuelle Situation, insbesondere die Situation verletzlicher Gruppen, Juli 2006, S. 11). Aber selbst wenn die Kläger in Bosnien-Herzegowina Sozialhilfe erhielten, wären sie nicht in der Lage, die medizinische Versorgung des Klägers zu 1 zu gewährleisten. Die Sozialhilfeleistungen in Bosnien-Herzegowina bewegen sich auf sehr niedrigem Niveau; die Höhe der Sozialhilfe liegt umgerechnet zwischen 5 und 50 EUR und reicht damit als alleinige Einkommensquelle unter Berücksichtigung der lokalen Lebenshaltungskosten zum Leben nicht aus (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 27.05.2008, S. 22; SFH, Bosnien-Herzegowina: Behandlung von PTBS, 11.06.2009, S. 5). Da beim Kläger zu 1 monatliche Medikamentenkosten in Höhe von über 300 EUR entstehen, könnte er selbst bei zustehenden Sozialhilfeleistungen die notwendige ärztliche Behandlung und Medikation in Bosnien-Herzegowina nicht bezahlen.
32 
Es ist schließlich nicht erkennbar, dass Verwandte der Kläger die notwendige dauernde Unterstützung des Klägers zu 1 gewährleisten. Die in Deutschland lebende Tochter der Kläger bestreitet ihren Lebensunterhalt selbst über Sozialhilfeleistungen. Die in Bosnien-Herzegowina lebende Mutter der Klägerin zu 2 und deren gleichfalls dort lebende drei Geschwister sind ohne Einkünfte. Entsprechendes gilt für die in Bosnien-Herzegowina lebenden beiden Kinder der Kläger. Angesichts dieser Situation kann nicht davon ausgegangen werden, dass Verwandte der Kläger für die in Bosnien-Herzegowina anfallenden Kosten der ärztlichen Betreuung und Arzneimittelversorgung des Klägers zu 1 aufkommen können.
33 
Nach alledem ist davon auszugehen, dass der Kläger zu 1 nicht in der Lage sein wird, die für ihn zur Abwehr einer schweren Gesundheitsgefahr in Bosnien-Herzegowina erforderliche ärztliche Behandlung und Arzneimittelversorgung sicherzustellen.
34 
Steht danach zur Überzeugung des Gerichts fest, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers zu 1 im Falle einer Rückkehr in sein Herkunftsland alsbald nach einer Abschiebung/freiwilligen Rückkehr wesentlich verschlechtern wird, so steht ihm ein Anspruch auf die Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG hinsichtlich Bosnien-Herzegowina zu.
35 
Die Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG wird nicht durch § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG gesperrt. Der Kläger zu 1 ist nicht Teil einer Gruppe i.S.d. § 60 Abs. 7 Satz 3, § 60 a Abs. 1 AufenthG. Mit der Regelung des § 60 Abs. 7 Satz 3, § 60 a Abs. 1 AufenthG soll erreicht werden, dass dann, wenn eine bestimmte Gefahr der ganzen Bevölkerung oder einer im Abschiebezielstaat lebenden Bevölkerungsgruppe gleichermaßen droht, für die ganze Gruppe der potentiell Betroffenen einheitlich durch eine politische Leitentscheidung des Innenministeriums befunden wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 08.12.1998, BVerwGE 108, 77). Danach bilden Kranke, die aus finanziellen Gründen eine ausreichende medizinische Versorgung im Heimatland nicht erlangen können, keine Bevölkerungsgruppe i.S.d. § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG. Denn den betroffenen mittellosen Erkrankten droht nicht dieselbe Gefahr. Die Gefahr für Leib und Leben der Betroffenen besteht in der konkreten Weiterentwicklung der jeweiligen individuellen Krankheit. Die verschiedenen Krankheiten der mittellosen Erkrankten unterscheiden sich aber erheblich. Sinn und Zweck des § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG ist jedoch gerade, eine Vielzahl gleichgelagerter Fälle wegen der Art der Gefahr einheitlich zu entscheiden. Die in einem Land vorkommenden Krankheiten können aber nicht deshalb rechtlich gleichgestellt werden, weil die Betroffenen das Schicksal der Mittellosigkeit teilen. Der Gruppe der mittellosen Erkrankten fehlt die erforderliche Homogenität in Bezug auf die Art der Gefahr. Nicht jedem mittellosen Erkrankten muss eine erhebliche Gefahr drohen, da dieser Gruppe auch Kranke angehören können, denen bei einer Nichtbehandlung eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib und Leben nicht droht. Deshalb kann auf eine Gruppe der mittellosen Erkrankten aus Bosnien-Herzegowina nicht abgestellt werden (vgl. VG Berlin, Urt. v. 25.07.2003 - 34 X 671.94 - juris -; VG Sigmaringen, Urt. v. 13.08.2003 - A 5 K 11176/03 - juris - VG Oldenburg, Urt. v. 27.01.2004 - 12 A 550/03 - juris; VG Stade, Urt. v. 18.01.2006 - 2 A 1277/02; a. A. VGH München, Beschl. v. 10.10.2000 - 25 B 99.32077 -juris -).
36 
Demgegenüber bleibt die Klage der Klägerin zu 2 ohne Erfolg. In der Person der Klägerin zu 2 liegen Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2, 3, 5 und 7 AufenthG nicht vor. Dies wird von der Klägerin zu 2 auch nicht geltend gemacht. In der mündlichen Verhandlung vom 03.11.2008 hat sie sich vielmehr dahin eingelassen, sie habe Bosnien-Herzegowina zusammen mit dem Kläger zu 1 verlassen, da ihr Ehemann schwer erkrankt sei und er in Bosnien-Herzegowina die erforderliche medizinische Behandlung nicht erhalten habe.
37 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs.1, § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO, § 83 b AsylVfG.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.

(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.

(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.

(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.

(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht

1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und
2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auf diesen Zulassungsgrund nicht gestützt werden. Die Revision ist beschränkt auf die Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat. In dem hierfür erforderlichen Umfang ist das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 137 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt für die Beurteilung der allgemeinen Lage diejenigen herkunfts- oder zielstaatsbezogenen Erkenntnisse, die von den in Satz 1 Nummer 1 genannten Gerichten verwertet worden sind, die ihm zum Zeitpunkt seiner mündlichen Verhandlung oder Entscheidung (§ 77 Absatz 1) von den Beteiligten vorgelegt oder die von ihm beigezogen oder erhoben worden sind. Die Anschlussrevision ist ausgeschlossen.

(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.