Tenor

1. Der Vollstreckungsschuldnerin wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth vom 24. November 2017 (Az.: B 5 E 17.872), nämlich die Vollstreckungsgläubigerin vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache mit allen Rechten und Pflichten eines Fraktionsmitglieds zur Fraktionsarbeit zuzulassen, ein Ordnungsgeld in Höhe von 5.000 Euro angedroht.

2. Die Vollstreckungsschuldnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.

Die Antragstellerin und Vollstreckungsgläubigerin begehrt die Androhung eines Ordnungsgelds gegenüber der Antragsgegnerin und Vollstreckungsschuldnerin.

1. Auf Antrag der Antragstellerin verpflichtete das Bayer. Verwaltungsgericht Bayreuth die Antragsgegnerin mit Beschluss vom 24. November 2017 im Wege der einstweiligen Anordnung, die Antragstellerin vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache mit allen Rechten und Pflichten eines Fraktionsmitglieds zur Fraktionsarbeit zuzulassen (Az. B 5 E 17.872). Über die hiergegen von der Antragsgegnerin erhobene Beschwerde hat der Bayer. Verwaltungsgerichtshof noch nicht entschieden (Az. 4 CE 17.2450).

2. Mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 8. Dezember 2017, eingegangen beim Bayer. Verwaltungsgericht Bayreuth am 11. Dezember 2017 beantragte die Antragstellerin die Erteilung einer vollständigen Ausfertigung des Beschlusses vom 24. November 2017. Darüber hinaus beantragte sie,

der Antragsgegnerin für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen den Beschluss des Bayer. Verwaltungsgericht Bayreuth vom 24. November 2017 (Az.: B 5 E 17.872), nämlich die Antragstellerin vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache mit allen Rechten und Pflichten eines Fraktionsmitglieds zur Fraktionsarbeit zuzulassen, ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 Euro anzudrohen.

Zur Begründung wird vorgetragen, der Antrag stütze sich auf § 890 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO). Nach Wortlaut und Zweck der Regelung bestehe unter den genannten Voraussetzungen eine Rechtspflicht des Gerichts zum Erlass der Androhung; insoweit sei dem Gericht - mit Ausnahme der Entscheidung über die Höhe des Ordnungsgelds - kein Ermessen eingeräumt. Voraussetzung sei nicht, dass der Vollstreckungsschuldner bereits gegen die Unterlassungspflicht verstoßen habe oder eine derartige Zuwiderhandlung drohe.

Mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 14. Dezember 2017 beantragte die Antragsgegnerin, den Antrag auf Androhung von Ordnungsgeld abzulehnen.

Zur Begründung wird vorgetragen, der Antrag sei nicht statthaft, weil der Tenor des Beschlusses vom 24. November 2017 - anders als in § 890 ZPO vorausgesetzt - weder eine Unterlassung noch eine Duldung betreffe. Darüber hinaus sei ein Rückgriff auf die Vorschriften der ZPO unzulässig, weil die Sonderregelung des § 172 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) vorgehe. Diese Regelung sei anwendbar auf hoheitliche Maßnahmen, bei denen eine spezifische hoheitliche Regelungsbefugnis in Anspruch genommen werde, so auch auf zu Organakten verpflichtende Entscheidungen. Die Zulassung zur Fraktionsarbeit diene der Ausübung hoheitlicher Befugnisse, weshalb hier die Privilegierung des § 172 VwGO anzuwenden sei. Hinter der Vorschrift stehe die Rücksicht auf den Grundsatz der Gewaltenteilung, weshalb die Anwendung der schärferen zivilprozessualen Vollstreckungsvorschriften vermieden werden solle. Für den Fall einer Umdeutung des Antrags sei darauf hinzuweisen, dass die Antragstellerin nichts für das Vorliegen einer Säumnis der Antragsgegnerin, welche Voraussetzung einer Zwangsgeldandrohung nach § 172 VwGO sei, vorgetragen habe. Darüber hinaus müssten bei Beginn der Zwangsvollstreckung die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen vorliegen. Das sei hier, wie sich aus dem Antrag auf Ausfertigung des Beschlusses ergebe, nicht der Fall. Zudem übersteige die angegebene Höhe des anzudrohenden Ordnungsgelds von 250.000 Euro das rechtlich zulässige Maß. Schließlich sei der Beschluss vom 24. November 2017 nicht vollstreckbar, weil die Antragsgegnerin als nicht rechtsfähige Vereinigung kein Vermögen besitze, in das vollstreckt werden könnte. Der „rechtskräftige Tenor“ beziehe sich nur auf die Stadtratsfraktion; eine Erstreckung der Rechtskraft auf Einzelpersonen sei nicht erfolgt. Abschließend werde mitgeteilt, dass der bisherige Fraktionsvorsitzende von seinem Amt zurückgetreten sei. Er sehe sich als Stadtratsmitglied nicht weiter in der Lage, die Belastungen und Risiken zu tragen, die für ihn als Fraktionsvorsitzender mit den gerichtlichen Verfahren einhergingen, mit denen die Antragstellerin die Antragsgegnerin überziehe. Zudem nehme ein Fraktionsvorsitzender nur eine koordinierende Funktion wahr; eine Vertretungsbefugnis sei damit nicht verbunden. Eine Fraktion sei keine rechtsfähige juristische Person, die vertreten werden könne.

Die Antragstellerin führte ergänzend aus (Schriftsätze vom 14.12.2017 und 15.12.2017), dass für die Frage der Vollstreckungsart die Tatsache maßgebend sei, ob bei verständiger Auslegung des Titels ein Gebot zum Unterlassen oder zum Handeln ausgesprochen worden sei. Dulden im Sinne von § 890 ZPO sei eine in der Verpflichtung des Schuldners, die Vornahme der Handlung eines anderen nicht zu behindern, zu sehende Unterform des Unterlassens. Der Antragsgegnerin sei aufgegeben, die Antragstellerin mit allen Rechten und Pflichten eines Fraktionsmitglieds zur Fraktionsarbeit zuzulassen; das beinhalte auch, sie bei der Fraktionsarbeit nicht zu behindern, weshalb ein Dulden vorliege. Die Vollstreckung richte sich nicht nach § 172 VwGO. Diese Regelung erfasse auch die Erzwingung öffentlich-rechtlicher Maßnahmen, mit denen die öffentliche Hand eine dem Erlass eines Verwaltungsakts vergleichbare, allein ihr vorbehaltene spezifische hoheitliche Regelungsbefugnis in Anspruch nehme. Zwar umfasse die Norm auch Regelungen in Organakten, d.h. Maßnahmen, die das Organ einer juristischen Person des öffentlichen Rechts gegenüber einem anderen Organ oder Organteil treffe. Nach der Rechtsprechung des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs handele es sich bei der Fraktion jedoch weder um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts noch um ein Gemeindeorgan. Zudem scheide eine Vollstreckung über § 172 VwGO auch deshalb aus, weil kein Subordinationsverhältnis zwischen Vollstreckungsgläubigerin und -schuldnerin vorliege und damit das hoheitliche Element fehle. Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen lägen vor. Nach der Rechtsprechung bedürfe es für die Vollziehung einer einstweiligen Anordnung keiner Zustellung im Parteibetrieb, vielmehr sei es ausreichend, wenn innerhalb der Monatsfrist ein Antrag auf Androhung eines Ordnungsgeldes gestellt werde. Darüber hinaus habe man in zulässiger Weise die Androhung eines Zwangsgelds „bis zu“ 250.000 Euro beantragt; die tatsächliche Höhe stehe im Ermessen des Gerichts. Die Antragsgegnerin sei eine Vereinigung, der ein Recht zustehen könne, und als solche beteiligungsfähig im Sinne von § 61 Nr. 2 VwGO. Daher könne auch gegen sie die Zwangsvollstreckung betrieben werden. Dass sie kein vollstreckungsfähiges Vermögen habe, werde bestritten. Selbst wenn das der Fall sein sollte, würde das die Zwangsvollstreckung zwar erfolglos aber nicht unzulässig machen. Es werde mit Nichtwissen bestritten, dass der bisherige Fraktionsvorsitzende von seinem Amt zurückgetreten sei. Zudem sei dieser Umstand ohne Belang, weil stellvertretende Fraktionsvorsitzende vorhanden seien und die Antragsgegnerin anwaltlich vertreten sei.

Mit Schriftsatz vom 14. Dezember 2017 ließ die Antragsgegnerin ergänzend vortragen, Gegenstand des Vollstreckungsverfahrens sei der prozessuale Anspruch in seinem tenorierten Umfang. Eine Wahlmöglichkeit, diesen Tenor in ein Duldungsgebot umzudeuten, bestehe nicht. Somit komme eine Vollstreckung nach § 890 ZPO nicht in Betracht.

3. Ergänzend wird auf die Gerichtsakten Bezug genommen.

II.

1. Der Antrag ist zulässig (dazu unten Buchst. a) und hat auch in der Sache Erfolg (dazu unten Buchst. b).

a) Der Antrag der Antragstellerin und Vollstreckungsgläubigerin auf Androhung eines Ordnungsgelds ist zulässig.

aa) Die Beteiligtenfähigkeit der Antragsgegnerin ergibt sich aus § 61 Nr. 2 VwGO (Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017 § 61 Rn. 16; VG Bayreuth, B.v. 24.11.2017 - 5 E 17.872 - S. 9 des Entscheidungsabdrucks; für eine analoge Anwendung von § 61 Nr. 2 VwGO: Bier/Steinbeiß-Winkelmann in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2017, § 61 Rn. 7).

bb) Darüber hinaus ist es nach allgemeiner Ansicht für die Androhung eines Ordnungsgeldes nach § 890 Abs. 2 ZPO nicht erforderlich, dass der Vollstreckungsschuldner bereits gegen die betreffende Unterlassungspflicht verstoßen hat oder dass eine solche Zuwiderhandlung droht (VGH BW, B.v. 18.3.2013 - 4 S 226/13 - NVwZ-RR 2013, 737 f. m.w.N.).

cc) Schließlich kann der Antragstellerin auch nicht entgegengehalten werden, dem Antrag fehle das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Abgesehen davon, dass bei auf § 890 ZPO gestützten Vollstreckungsanträgen kein besonderes, über das allgemeine, d.h. bei jeder Rechtsverfolgung geforderte Rechtsschutzinteresse hinausgehendes Rechtsschutzbedürfnis vorliegen muss (vgl. nur Seiler in Thomas/Putzo, ZPO, 35. Aufl. 2014, § 890 Rn. 19; Stöber in Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 890 Rn. 11), kann hier das Vorliegen eines allgemeinen Rechtsbedürfnisses nicht mit der Begründung verneint werden, es könne erwartet werden, dass sich die Antragsgegnerin nicht über die gerichtliche Entscheidung hinwegsetzen werde. Denn weder hat die Antragsgegnerin und Vollstreckungsschuldnerin gegenüber der Antragstellerin oder gegenüber dem Gericht ausdrücklich zugesichert, sich - angesichts der Regelung in § 149 Abs. 1 Satz 1 VwGO - zumindest für die Zeit des Beschwerdeverfahrens an die Verpflichtung in Nr. 1 des Beschlusses vom 24. November 2017 halten zu wollen und die Antragstellerin beispielsweise an Fraktionssitzungen bzw. -beratungen teilnehmen zu lassen. Noch kann dem Antrag der Antragstellerin entgegengehalten werden, dass die Antragsgegnerin und Vollstreckungsschuldnerin anders als beispielsweise eine Gemeinde - in ihrer Eigenschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts - aus verfassungsrechtlichen Gründen nach Art. 19 Abs. 4 GG gehindert ist, sich über die einstweilige Anordnung hinwegzusetzen (vgl. BayVGH B.v. 5.8.2014 - 3 CE 14.771 - Juris Rn. 50; so wohl auch Schoch in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Juni 2017, § 123 VwGO Rn. 171a). Es mag zwar sein, dass die Antragsgegnerin als Stadtratsfraktion, bei der es sich um einen Zusammenschluss von Gremiumsmitgliedern handelt, die auf den gleichen Wahlvorschlag gewählt wurden, als „öffentlich-rechtliche Vereinigung sui generis“ (VG Regensburg, U.v. 19.5.2004 - RN 3 K 03.1273 - Juris Rn. 43) anzusehen ist. Daraus folgt aber - anders als beispielsweise bei dem der vollziehenden Gewalt zuzuordnenden Tätigwerden einer Gemeinde - keine sich aus Art. 20 Abs. 3 Satz 2 GG abzuleitende Rechtsbindung der Antragsgegnerin an die Verpflichtung in Nr. 1 des Beschlusses vom 24. November 2017.

b) Der Antrag der Antragstellerin und Vollstreckungsgläubigerin auf Androhung eines Ordnungsgelds hat auch in der Sache Erfolg. Die Voraussetzungen für die Androhung eines Ordnungsgeldes nach § 167 Abs. 1 S. 1 VwGO i.V.m. § 890 Abs. 1 und 2 ZPO liegen vor. Nach letztgenannter Vorschrift ist ein Schuldner, wenn er der Verpflichtung zuwiderhandelt, eine Handlung zu unterlassen, wegen jeder Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers zu einem Ordnungsgeld zu verurteilen, wobei dieser Verurteilung eine entsprechende Androhung vorauszugehen hat.

aa) Zur Überzeugung des Gerichts scheitert die von der Antragstellerin begehrte Androhung eines Ordnungsgeldes vorliegend nicht an dem Umstand, dass die Regelung des § 890 Abs. 2 ZPO in Bezug auf die Durchsetzung einer einstweiligen Anordnung gem. § 123 Abs. 1 VwGO nicht anwendbar wäre. Die Kammer teilt zwar grundsätzlich die in der Literatur vertretene und überzeugend begründete Auffassung, dass Sinn und Zweck der in der Verwaltungsgerichtsordnung enthaltenen Vollstreckungsregelungen für ein umfassendes Verständnis des § 172 VwGO bezüglich der Durchsetzung einer einstweiligen Anordnung sprechen. Demnach wollte der Gesetzgeber mit der vorgenannten Regelung alle Fälle der Erzwingung hoheitlicher Amtshandlungen außerhalb der Geldvollstreckung erfassen. Nach dieser überzeugenden Auffassung bedarf es mithin gegenüber einer an Gesetz und Recht gebundenen Verwaltungsbehörde in aller Regel nicht der „scharfen ZPO-Vollstreckung“ (vgl. VG Bayreuth, B.v. 7.3.2017 - B 5 V 17.17 - S. 4 f. des Entscheidungsabdrucks unter Hinweis auf: Pietzner/Möller in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Juni 2017, § 172 Rn. 16/18; Schoch in: Schoch/Schneider/Bier, a.a.O., § 123 VwGO Rn. 171a; Heckmann in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 167 Rn. 10). Bei der Antragsgegnerin, die als Stadtratsfraktion weder als juristische Person des öffentlichen Rechts noch als Gemeindeorgan anzusehen ist (vgl. BayVGH, B.v. 13.2.2007 - 4 C 06.2676 - Juris Rn. 4), handelt es sich aber - wie bereits oben dargelegt - gerade nicht um eine an Recht und Gesetz gebundene Verwaltungsbehörde. Zudem besteht zwischen der Antragsgegnerin als Stadtratsfraktion und ihren Mitgliedern kein Subordinationsverhältnis (zu diesem Aspekt vgl.: VG Augsburg, B.v. 14.5.2013 - Au 4 V 13.397 - Juris Rn. 49).

bb) Darüber hinaus hat das Gericht keine Zweifel daran, dass die weiteren Voraussetzungen dieser Regelung vorliegend erfüllt sind.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Vollstreckung - auch im Verwaltungsprozessrecht - grundsätzlich nach dem Inhalt des zu vollstreckenden Titels richtet. Somit ist zur Abgrenzung der einzelnen in § 887, § 888 und § 890 ZPO geregelten Fallgruppen auf den Kern der nach dem Vollstreckungstitel geschuldeten Leistung des Schuldners abzustellen (BayVGH B.v. 30.3.2006 - 15 C 05.2757 - Juris Rn. 10; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 74. Aufl. 2016, § 887 ZPO Rn. 2). Demnach ist nur dann, wenn der Titel auf ein Unterlassen beschränkt ist, auch der in der Aufrechterhaltung des Zustands liegende Verstoß gegen den Titel nach § 890 ZPO zu vollstrecken; ist dagegen dem Schuldner ausdrücklich aufgegeben, den Zustand zu beseitigen, kommt insoweit nur die Handlungsvollstreckung nach §§ 887 f. ZPO in Frage. Voraussetzung für die Anwendung des § 890 ZPO ist mithin, dass der zu vollstreckende Anspruch auf Unterlassung einer Handlung gerichtet ist oder dazu verpflichtet, die Vornahme einer Handlung zu dulden (vgl.: Lackmann in Musielak/Voit, ZPO, 13. Aufl. 2016, § 890 Rn. 2; Stöber in Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 890 Rn. 2).

Eine solche von § 890 Abs. 2 ZPO umfasste Fallkonstellation liegt hier vor. Denn das Gericht hat die Antragsgegnerin in dem Beschluss vom 24. November 2017 verpflichtet, die Antragstellerin vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache mit allen Rechten und Pflichten eines Fraktionsmitglieds zur Fraktionsarbeit zuzulassen (Nr. 1 des Beschlusstenors). Es mag zwar sein, dass diese Verpflichtung auch ein aktives Tun der Antragsgegnerin, wie z.B. die Übersendung von Ladungen und Sitzungsunterlagen zu Fraktionssitzungen mitumfasst. Der Kern dieses „Zulassens“ liegt aber - entgegen dem Vorbringen der Vollstreckungsschuldnerin - gerade nicht in einem aktiven Tun der Vollstreckungsschuldnerin, sondern besteht in ihrer Verpflichtung, die sich innerhalb des Rahmens ihres Organisationszwecks - der kollektiven Vorbereitung der politischen Willensfindung der kommunalen Volksvertretung (so: Schmidt-Jortzig/Hansen, NVwZ 1994, 116/117) - bewegenden Aktivitäten der Vollstreckungsgläubigerin, wie beispielsweise ihre aktive, d.h. gegebenenfalls durch Wortmeldungen und Anträge begleitete Teilnahme an Fraktionssitzungen hinzunehmen.

cc) Die übrigen Voraussetzungen für den Vollstreckungsantrag - insbesondere Titel und Zustellung des vorausgehenden Beschlusses vom 24. November 2017 - liegen vor. Darüber hinaus bedarf es für die Vollstreckung einer einstweiligen Anordnung keiner Vollstreckungsklausel, d.h. keiner - hier von der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 8. Dezember 2017 ausdrücklich beantragten - Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung (VGH BW, B.v. 28.4.2014 - 9 S 358/14 - Juris Rn. 8, 13 f.; VG Augsburg, B.v. 14.5.2013 - Au 4 V 13.397 - Juris Rn. 51; Kraft in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, Rn. 4 zu § 171 und Rn. 11 zu § 172).

dd) Ein Verstoß gegen § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 929 Abs. 2 ZPO, wonach die Vollziehung der einstweiligen Anordnung unstatthaft ist, wenn seit dem Tag, an dem sie verkündet oder dem Beteiligten, auf dessen Gesuch sie erging, zugestellt ist, ein Monat verstrichen ist, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

ee) Die Hinweise der Antragsgegnerin auf ihre Vermögenssituation und auf den zwischenzeitlichen Rücktritt ihres Fraktionsvorsitzenden können dem Vollstreckungsantrag nicht mit Erfolg entgegengehalten werden. Denn zutreffend weist die Antragstellerin darauf hin, dass die behauptete Vermögenslosigkeit der Antragsgegnerin möglicherweise zur Erfolglosigkeit, nicht jedoch zur Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung führen würde. Auch der Vortrag der Antragsgegnerin, ihr bisheriger Fraktionsvorsitzender sei zurückgetreten, führt zu keiner anderen Beurteilung, weil sich der Vollstreckungsantrag - wie oben dargelegt - in zulässiger Weise gem. § 61 Nr. 2 VwGO gegen die Stadtratsfraktion als Antragsgegnerin richtet und diese nach unwidersprochen gebliebenem Sachvortrag der Antragstellerin über weitere gewählte Stellvertreter verfügt.

ff) Die Höhe des angedrohten Ordnungsgelds ist zur Überzeugung des Gerichts - auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Antragsgegnerin zu ihrer Vermögenssituation (vgl. S. 3 des Schriftsatzes vom 14.12.2017) - ausreichend und angemessen, um der Funktion des Ordnungsgelds als „Beugemittel“ zur Durchsetzung des Vollstreckungstitels hinreichend Rechnung zu tragen.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

3. Eine Streitwertfestsetzung ist nicht erforderlich, weil keine wertabhängigen Gerichtsgebühren anfallen. Das Kostenverzeichnis zum GKG (KV-GKG) trifft in Nummer 5301 nur eine Regelung für die Zwangsvollstreckung nach § 169, § 170 und § 172 VwGO. Einschlägig ist daher die allgemeine Regelung in Nummer 2111 KV-GKG, die für Verfahren über Anträge nach § 890 ZPO eine Festgebühr von 20 Euro vorsieht (wie im Übrigen auch die Regelung in Nummer 5301 KV-GKG).

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Tenor

1. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, die Antragstellerin vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache mit allen Rechten und Pflichten eines Fraktionsmitglieds zur Fraktionsarbeit zuzulassen.

2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Der Streitwert wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung einstweilen bis zu einer Entscheidung im Hauptsachverfahren als Fraktionsmitglied zugelassen zu werden. Die Antragstellerin gehört dem Stadtrat der Stadt ... seit ... und zugleich der ... Stadtratsfraktion sowie dem Kreistag des Landkreises ... seit ... an. Sie ist seit ... Vorsitzende der ... Fraktion im Bezirkstag. Im Jahr ... wurde sie vom Stadtrat zur zweiten Bürgermeisterin der Stadt ... gewählt. Mit ihrem Antrag wendet sich die Antragstellerin gegen ihren Ausschluss aus der Stadtratsfraktion der ...

Der Oberbürgermeister der Stadt ... erstattete im Juni 2017 wegen der Verbreitung von Gerüchten um seine Person Strafanzeige gegen Unbekannt. Die Antragstellerin gab bei der Polizeiinspektion ... im Rahmen des diesbezüglich geführten Ermittlungsverfahrens gegen das Fraktionsmitglied der ... Stadtratsfraktion, ..., eine schriftliche Äußerung unter dem 2. Juli 2017 ab. Herr Rechtsanwalt ... (ebenfalls Fraktionsmitglied der ... Stadtratsfraktion), der Herrn ... im Ermittlungsverfahren vertritt, las in einer Sonderfraktionssitzung am 8. September 2017 unter anderem auch die schriftliche Äußerung der Antragstellerin aus den Ermittlungsakten vor. Mit Beschluss vom 9. November 2017 stellte das Amtsgericht ... das gegen das Mitglied der ... Stadtratsfraktion ... geführte Strafverfahren mit Zustimmung des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gem. § 153a der Strafprozessordnung (StPO) gegen eine Geldauflage von 900 EUR vorläufig ein.

Auf den Vorwurf der Fraktion, die Antragstellerin habe im Ermittlungsverfahren Fraktionsinterna weitergegeben, fand am 14. September 2017 eine Fraktionssondersitzung statt. Die Antragstellerin wurde aufgefordert, eine Erklärung abzugeben, verweigerte dies aber und verließ die Sitzung.

Mit Schreiben vom 15. September 2017 teilte der 1. stellvertretende Fraktionsvorsitzende gegenüber der Stadt ... mit, dass die Fraktion einen Sitzplatzwechsel für die Sitzungen im großen Sitzungssaal beschlossen habe und die Plätze der Antragstellerin und des 1. stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden getauscht würden, damit der Vorsitzende und sein erster Vertreter nebeneinander sitzen könnten. Mit Schreiben vom 17. September 2017 teilte der ... Fraktionsvorsitzende dem Oberbürgermeister mit, dass die Antragstellerin die ... Fraktion verlassen habe. Es werde gebeten, dies bei künftigen Formalitäten zu berücksichtigen.

Die Antragstellerin gab mit Schreiben vom 19. September 2017 eine Stellungnahme gegenüber der Presse ab, dass sie weiter Mitglied der ... Fraktion und die ... ihre politische Heimat sei.

Die Antragstellerin wurde zu einer weiteren Fraktionssitzung am 21. September 2017 per E Mail gebeten. Hierzu erklärte die Antragstellerin mit Schreiben vom 21. September 2017, dass sie wegen anderer terminlicher Gründe nicht teilnehmen könne und dass die Art der Einladung nicht korrekt gewesen sei. Sie hätte, da sie niemals ihren Austritt aus der Fraktion erklärt oder angedeutet habe, offiziell eingeladen werden müssen.

Mit Schreiben vom 22. September 2017 wurde die Antragstellerin zur Fraktionssondersitzung am 8. Oktober 2017 geladen. In der Sondersitzung solle der Antragstellerin die Möglichkeit gegeben werden, „zu den Vorwürfen der Verletzung der Vertraulichkeit und der Verleumdung eines Fraktionsmitglieds Stellung zu nehmen.“

In der Fraktionssitzung am 8. Oktober 2017 äußerte die Antragstellerin ausweislich des von ihr vorgelegten Redekonzepts, der Vorwurf, sie hätte aus vertraulicher Fraktionssitzung Interna offenbart, sei völlig falsch. Sie habe im Ermittlungsverfahren diesbezüglich kein Zeugnisverweigerungsrecht gehabt. Die Verpflichtung zur Zeugenaussage gehe vor. Sie habe gegenüber der Polizei den Fraktionskollegen ... nicht verleumdet. Sie habe wahrheitsgemäß den Ermittlungsbehörden mitgeteilt, was ihr nach ihrer Erinnerung und bestem Wissen und Gewissen inhaltlich zur Verfügung gestanden habe. Es bestünde nicht der geringste Anlass von der schriftlichen Aussage gegenüber der Polizei abzuweichen. Da die Zeugenaussage inhaltlich zutreffend sei, könne sie auch keine Beleidigung oder Verleumdung darstellen.

Mit Beschluss vom 8. Oktober 2017 wurde die Antragstellerin aus der Stadtratsfraktion der ... ausgeschlossen. Dies wurde der Antragstellerin mit Schreiben der ... Fraktion vom 8. Oktober 2017 mit der Begründung mitgeteilt, dass eine vertrauensvolle Zusammenarbeit nicht mehr möglich erscheine. Mit Schreiben vom 9. Oktober 2017 informierte der ... Fraktionsvorsitzende den Oberbürgermeister über den Ausschluss und bat um Berücksichtigung und um Mitteilung, wie sich dies auf die Sitzverteilung in den Senaten auswirken würde.

Mit Schreiben vom 11. Oktober 2017 wandte sich die Stadt ... an den Fraktionsvorsitzenden der ... Stadtratsfraktion. Nach Art. 33 Abs. 1 Satz 2 GO habe der Stadtrat bei Änderung der Fraktionsstärke die Besetzung der Ausschüsse zu prüfen. Bevor eine Neubesetzung der Ausschüsse durch Stadtratsbeschluss erfolgen könne, sei aus Gründen der Rechtsklarheit durch Stadtratsbeschluss festzustellen, dass der Ausgeschlossene seinen Ausschusssitz verliere. Die Fraktion wurde aufgefordert, Gründe mitzuteilen, aus denen sich ergebe, warum das Vertrauensverhältnis zur Antragstellerin nachhaltig gestört sei.

Mit Schreiben vom 11. Oktober 2017, eingegangen beim Landgericht ... am selben Tage, ließ die Antragstellerin Feststellungsklage erheben mit dem Antrag, den Beschluss der Antragsgegnerin vom 8. Oktober 2017 als rechtswidrig und unwirksam festzustellen. Mit weiterem Schreiben vom 11. Oktober 2017 ließ die Antragstellerin zugleich einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung stellen und beantragen,

die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung zu verpflichten, die Antragstellerin vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache mit allen Rechten und Pflichten eines Fraktionsmitglieds zur Fraktionsarbeit zuzulassen.

Zur Begründung ist ausgeführt, dass der Antragstellerin durch die Verhinderung der Teilnahme an Fraktionssitzungen Informations- und Einflussmöglichkeiten genommen würden. Es sei zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin zweite Bürgermeisterin der Stadt ... und Mitglied des Kreistages und des Bezirkstages sei. Die Antragstellerin sei als gewählte Stadträtin und Mitglied der ... Fraktion in den Gremien Verwaltungssenat, Bausenat, Aufsichtsrätin in ... und ... tätig. Der Ausschluss aus der Fraktion könne zu einer Änderung des Kräfteverhältnisses im Stadtrat führen, wobei auch die Sitzverteilung in den Ausschüssen und Delegationen betroffen wäre. Die Rechtmäßigkeit von Ausschussbeschlüssen sei abhängig von der ordnungsgemäßen Sitzverteilung. Aus diesem Grund müsse eine kurzfristige Entscheidung darüber getroffen werden, ob der Ausschluss wirksam sei. Der Ausschluss aus der Fraktion sei rechtswidrig. Ein wichtiger Grund liege nicht vor. Vier Fraktionsmitglieder hätten gegen den Ausschluss gestimmt. Zum Ausschluss sei es nur gekommen, da zwei Fraktionsmitglieder, Herr Rechtsanwalt ... und Herr ..., aus persönlichen Gründen ein starkes Interesse gehabt hätten, die Antragstellerin aus der Fraktion auszuschließen. Dies werde nach einem Zeitungsbericht der ... auch in der Öffentlichkeit so gesehen. Der Antragstellerin könne es nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass sie eine schriftliche Aussage gegenüber der Polizeiinspektion ... auf Anweisung der Staatsanwaltschaft abgegeben habe. Sie habe dabei nur ihre staatsbürgerlichen Pflichten erfüllt, eine wahrheitsgemäße Aussage abzugeben. Obwohl die Antragstellerin keine Austrittserklärung abgegeben habe und auch nicht austreten wolle, habe der Fraktionsvorsitzende den Medien und dem Oberbürgermeister gegenüber das Gegenteil mitgeteilt. Die Antragstellerin habe durch ihr Verhalten das Ansehen in der Öffentlichkeit nicht nachhaltig geschädigt, da ihr in vielen Zuschriften von Bürgern Solidarität versichert worden sei. Die Antragstellerin habe mehrmals versichert, dass sie weiterhin eine gedeihliche Arbeit mit der Antragsgegnerin anstrebe. Die Annahme, dass das Vertrauensverhältnis zerstört sei, müsse objektiv nachvollziehbar erscheinen. Dies sei bei einem rein zwischenmenschlichen Zerwürfnis nicht der Fall. Es sei bedenklich, dass das Fraktionsmitglied Herr Rechtsanwalt ... in der Fraktionssitzung aus den Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft vorgelesen habe. Der Schutzbereich des § 203 StGB beziehe sich auch auf Dritte. Es werde der Standpunkt vertreten, dass eine Schweigepflichtentbindung der Dritten Personen nötig sei, wenn geschützte Informationen an andere Personen als den Mandanten weitergegeben werden. Die Antragstellerin fügte ihrer Antragsschrift eine eidesstattliche Versicherung vom 11. Oktober 2017 bei, in der sie unter anderem ausführte, dass sie auch in Zukunft ihre Tätigkeit in verschiedenen Gremien in vollem Umfang in den Dienst der ... stellen wolle. In der Klagebegründung wird zusätzlich ausgeführt, dass der Antragstellerin der Vorwurf gemacht worden sei, sie habe der Presse gegenüber Interna aus der Fraktionssitzung weitergegeben. Die Antragstellerin habe aber keinen Einfluss auf die Presseberichterstattung. Die Abstimmung in der Fraktion habe ein Ergebnis von 6 zu 4 Stimmen erbracht. 4 Mitglieder der Fraktion seien der Überzeugung gewesen, dass mit der Antragstellerin weiterhin eine vertrauensvolle Zusammenarbeit möglich sei. Zudem hätten die Fraktionsmitglieder ... und ... mitgestimmt, obwohl diese persönliche Interessen in dieser Sache einbringen würden. Es sei § 34 BGB analog anzuwenden, da verbandsfremde Sonderinteressen von der Auswirkung auf Verbandsentscheidungen fernzuhalten seien. Aufgrund des Ermittlungsverfahrens hätten sowohl Herr ... als auch Herr ... ein persönliches Interesse daran, dass die Antragstellerin als unglaubwürdig dargestellt werde. Ohne deren Stimmen wäre keine Mehrheit für den Ausschluss der Antragstellerin zustande gekommen. Wegen der Auswirkungen des Ausschlusses aus der Fraktion für die politische Arbeit und die Gemeindevertretung sei ein Verfahren nach rechtsstaatlichen Grundsätzen durchzuführen. Die Antragstellerin habe Anspruch darauf, dass ihr nachvollziehbare Gründe mitgeteilt werden, die für den Ausschluss ursächlich gewesen sind.

Mit Schreiben vom 16. Oktober 2017 ließ die Antragsgegnerin durch ihre Bevollmächtigten erklären, dass kein ordnungsgemäßer passivlegitimierter Antragsgegner benannt worden sei. Bei der Stadtratsfraktion handele es sich um eine Gruppe, die weder einen eingetragenen Verein, noch eine Partei darstelle, so dass die Klage gegen eine Einzelperson unzulässig erscheine. Eine Eilbedürftigkeit liege nicht vor, da die Antragstellerin als zweite Bürgermeisterin umfassend über die Entscheidungen, die dem Stadtrat vorgelegt werden, informiert sei. Das Vertrauensverhältnis sei zerrüttet, da die Behauptungen hinsichtlich des Stadtratskollegen ... falsch seien und aus einer vertraulichen Sitzung an die Staatsanwaltschaft weitergegeben worden seien. Mit Schreiben vom 19. Oktober 2017 an das Landgericht ... lässt die Antragsgegnerin ausführen, dass die Antragstellerin in dem Ermittlungsverfahren ein Fraktionsmitglied der Verursachung eines Gerüchts bezichtigt habe und durch falsche Zitierung aus dem Verlauf einer Fraktionssitzung der weiteren Zusammenarbeit die Vertrauensgrundlage entzogen habe. Falsch habe die Antragstellerin auch in den Ermittlungsakten angegeben, dass es sich um Äußerungen in mehreren Fraktionssitzungen gehandelt habe.

Mit Beschluss vom 19. Oktober 2017, eingegangen beim Verwaltungsgericht Bayreuth am 8. November 2017, stellte das Landgericht ... fest, dass der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten unzulässig ist und verwies den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Bayreuth.

Mit Schreiben vom 10. November 2017 stellte die Antragsgegnerin klar, dass die ... Fraktion keine Geschäftsordnung habe.

Mit Schreiben vom 23. November 2017 ließ die Antragsgegnerin durch ihre Prozessbevollmächtigten beantragen,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung wird ausgeführt, dass Herr ... in der Fraktionssitzung am 11. Mai 2017 nur über das Gerücht über den Oberbürgermeister berichten habe wollen, wobei er weder den Namen des Oberbürgermeisters noch den der Mitarbeiterin genannt habe. Eine Diskussion habe sich aufgrund der Intervention des Fraktionsvorsitzenden nicht entfaltet. Herr ... habe das Thema bei keiner weiteren Fraktionssitzung angesprochen. Eine Äußerung des Inhalts, wie sie die Antragstellerin im Ermittlungsverfahren gemacht habe, sei durch Herrn ... nicht gefallen. Es wurden 5 eidesstattliche Versicherungen von Fraktionsmitgliedern vorgelegt. Das Verhalten der Antragstellerin in der Fraktionssitzung vom 14. September 2017 sei von den Fraktionsmitgliedern mehrheitlich (7 zu 1 Stimmen) als Austritt gewertet worden. Die Zeitungsartikel der ... vom 18. und 19. September 2017 enthielten detaillierte Darstellungen von Inhalten und Abläufen der vertraulichen Fraktionssitzung vom 14. September 2017, die von der Antragstellerin an die Presse weitergegeben worden seien. Der Stadtrat habe am 23. Oktober 2017 festgestellt, dass der Ausschluss aus der Fraktion nicht rechtswirksam gewesen sei. Das Strafverfahren gegen Herrn ... sei mit Beschluss des Amtsgerichts ... vom 9. November 2017 eingestellt worden. Der Nachweis der üblen Nachrede habe durch die Staatsanwaltschaft nicht geführt werden können, die Geldauflage sei beglichen worden. Es werde die Beiziehung der Akten der Staatsanwaltschaft beantragt. Das Verhältnis zwischen der Antragstellerin und der Fraktion sei zerrüttet. Dies ergebe sich auch aus den vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen. Die Antragstellerin werde im Zeitungsartikel vom 11. November 2017 ebenfalls mit den Worten zitiert, sie wolle mit den Personen, die hier agieren, nichts mehr zu tun haben. Der Antrag sei mangels Passivlegitimation der Antragsgegnerin bereits unzulässig. Richtigerweise wäre der Antrag gegen die einzelnen Fraktionsmitglieder zu richten gewesen. Die Antragstellerin habe einen Anordnungsgrund im Hinblick auf die Vorwegnahme der Hauptsache nicht geltend gemacht. Sie sei zweite Bürgermeisterin und weiter Ausschussmitglied, woran sich wegen des Stadtratsbeschlusses vom 23. Oktober 2017 nichts geändert habe. Ihr stünden in dieser Funktion weiterhin umfangreiche Informationsmöglichkeiten zur Verfügung, die über das hinausgingen, was an Informationen in Fraktionssitzungen gewonnen werden könne. Es werde auf ein Urteil des VG Regensburg verwiesen, in dem festgestellt worden sei, dass die Klägerin als zweite Bürgermeisterin nicht auf die Information der Fraktion angewiesen sei. Eine Wiederaufnahme in die Fraktion würde deshalb ihre Mitwirkungsmöglichkeiten in der Kommunalpolitik nicht verbessern. Eine sinnvolle Sitzungsarbeit sei darüber hinaus vor einer abschließenden gerichtlichen Klärung des Ausschlusses wegen des zerrütteten Verhältnisses nicht zu erwarten. Die Antragstellerin würde durch die einstweilige Zulassung keinen messbaren Vorteil erlangen, in keinem Fall liege aber ein wesentlicher Nachteil oder eine schwere und unzumutbare Belastung vor. Dadurch, dass die Fraktionsarbeit der übrigen Mitglieder lahmgelegt würde, werde sogar noch weiterer Schaden angerichtet. Ein Anordnungsanspruch sei nicht glaubhaft gemacht, da die Mitgliedschaft bereits durch den Austritt aus der Fraktion am 14. September 2017 geendet habe. Die Erklärung der Antragstellerin sei nach dem objektiven Empfängerhorizont als Austritt zu werten. Die Antragstellerin habe in dieser Sitzung angeboten, nicht mehr zu den Fraktionssitzungen zu erscheinen und nur noch, falls sie geladen würde, zu bestimmten Punkten Auskunft zu erteilen. Als dies für die Fraktionsmitglieder nicht akzeptabel erschienen sei, habe sie ihre Sachen gepackt und mit den Worten: „Ich habe verstanden, mir reicht’s, schönen Abend“, die Fraktionssitzung verlassen. Der Umstand, dass vor ihrer Erklärung eine Zwischenlösung – Aufrechterhaltung der Fraktionsmitgliedschaft ohne Teilnahme an den Sitzungen – abgelehnt worden sei, führe dazu, dass ihre darauf folgende Reaktion als Austrittserklärung gewertet werden müsse. Da die überwiegende Mehrheit der Fraktionsmitglieder dies auch so gewertet habe, sei dies ein Indiz für den objektiven Erklärungswert ihres Verhaltens. Unabhängig davon sei der Ausschluss am 8. Oktober 2017 rechtmäßig erfolgt. Anhaltspunkte dafür, dass die Fraktionsmitglieder ... oder ... befangen sein sollen, bestünden nicht. Es werde entschieden zurückgewiesen, dass die Unglaubwürdigkeit der Antragstellerin bezweckt werden sollte, da nicht nachvollziehbar sei, wie sich der Ausschluss aus der Fraktion auf die Glaubwürdigkeit der Antragstellerin auswirken könne. Es bestünde selbst bei Anwendung des § 34 BGB kein Ausschlussgrund, da weder ein Rechtsgeschäft zwischen den genannten Personen und der Fraktion noch die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits zwischen den beiden Personen und der Fraktion im Raum gestanden habe. Ein wichtiger Grund für den Ausschluss liege vor. Es habe auf Grund der im Zeitpunkt der Aussage der Antragstellerin geltenden Fassung des § 163 StPO schon keine Verpflichtung gegeben, vor der Polizei auszusagen. Die Zeugnispflicht bestünde nur hinsichtlich einer vollständigen und wahrheitsgemäßen Antwort auf Fragen der Ermittlungsbehörden, nicht auf Vermutungen. Die einmalige Äußerung des Stadtrats ... habe keinen Anlass gegeben, ihn bei der Zeugenbefragung ins Spiel zu bringen. Er habe durch den Hinweis auf das Gerücht lediglich seine Pflichten als Stadtrat wahrgenommen. Durch ihr Verhalten habe es die Antragstellerin unmöglich gemacht, sich in ihrem Beisein offen über kritische Sachverhalte auszutauschen. Jedes Fraktionsmitglied müsse damit rechnen, sich bei bietender Gelegenheit bei der Polizei angeschwärzt zu sehen. Eine ordnungsgemäße Fraktionsarbeit sei unter diesen Umständen nicht möglich. Zudem stelle die Weitergabe von Inhalten aus vertraulichen Sitzungen an die Presse bereits für sich gesehen einen schweren Verstoß dar, sodass eine vertrauensvolle Zusammenarbeit nicht mehr möglich sei. Es werde festgestellt, dass das Vertrauensverhältnis als gestört angesehen werden müsse, daran werde auch die gerichtliche Entscheidung nichts ändern.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.

II.

1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO ist zulässig. Der Antrag ist statthaft, weil der Ausschluss aus einer Fraktion der Gemeindevertretung mangels Behördeneigenschaft der Fraktion und wegen Fehlens einer Subordinationsverhältnisses nach unbestrittener Ansicht keinen Verwaltungsakt darstellt, so dass einstweiliger Rechtsschutz gemäß § 80 Abs. 5 VwGO ausscheidet (HessVGH, B. v. 02.08.1984 – 2 TG 607/84 – HSGZ 1987, 209; OVG NW, B. v. 21.11.1988 – 15 B 2380/88 – DVBl 1989, 940 m.w.N.). Zweifel an der Beteiligtenfähigkeit der Stadtratsfraktion, die als solche mit ihrem vom Fraktionsvorsitzenden unterzeichneten Schreiben vom 8. Oktober 2017 der Antragstellerin den Beschluss über den Fraktionsausschluss mitgeteilt hat, bestehen nicht (Schmidt-Jortzig/Hansen, NVwZ 1994, 116 (118), Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Rn. 7 zu § 61 m.w.N.).

2. Der Antrag hat auch in der Sache Erfolg.

a) Der Antrag richtet sich gegen den richtigen Antragsgegner. Es handelt sich vorliegend um einen Organstreit, da es sich um eine Auseinandersetzung von sich gegenüberstehenden Organisationsteilen der juristischen Person der Stadt ... handelt. Im Rahmen dieser kommunalverfassungsrechtlichen Streitigkeit ist die Fraktion nach ständiger Rechtsprechung als passivlegitimiert angesehen, obwohl sie sich einer eindeutigen rechtlichen Eingruppierung entzieht. So bezeichnet das Verwaltungsgericht Regensburg die Fraktion, bei der es sich um einen Zusammenschluss von Gremiumsmitgliedern handelt, die auf den gleichen Wahlvorschlag gewählt wurden, als „öffentlich-rechtliche Vereinigung sui generis“ (VG Regensburg, U.v. 19.05.2004 – RN 3 K 03.1273 – juris Rn. 43, ebenso zur passiven Parteifähigkeit Kainz, NJW 1985, 2616, unter Berufung auf OLG Karlsruhe, OLGZ 1978, 226 (227); OLG Bamberg, NJW 1982, 895).

b) Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht, gegebenenfalls bereits vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert wird. § 123 Abs. 1 VwGO setzt ein besonderes Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund) im Interesse der Wahrung des behaupteten Rechts (Anordnungsanspruch) voraus. Beides ist vom Antragsteller glaubhaft zu machen, § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO). Maßgebend für die Beurteilung sind die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.

aa) Die Antragstellerin hat einen Anordnungsgrund und damit die Eilbedürftigkeit der gerichtlichen Entscheidung glaubhaft gemacht. Denn es stellt für die Antragstellerin einen wesentlichen Nachteil dar, wenn sie bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Hauptsache zu Unrecht von der Mitwirkung bei der fraktionsinternen Willensbildung ausgeschlossen wäre und damit als fraktionsloser Gemeindevertreter nur eingeschränkt Einflussmöglichkeiten in der Gemeindevertretung hätte (VG Gießen, B.v. 30.05.2003 – 8 G 1662/03 – juris Rn. 4). Dies gilt auch für die Antragstellerin als zweite Bürgermeisterin der Stadt, da sie zum einen als solche nur die Aufgabe hat, den ersten Bürgermeister im Falle dessen Verhinderung zu vertreten (vgl. Art. 39 Abs. 1 GO). Zum anderen geht es der Antragstellerin um die Fraktionsarbeit und die daraus resultierenden Einflussmöglichkeiten in der Gemeinde, die über die Einflussmöglichkeiten eines Bürgermeisters hinausgehen, da dessen inhaltliche Entscheidungsmöglichkeiten durch Art. 37 GO begrenzt sind. So obliegt die Willensbildung grundsätzlich dem Stadtrat und nicht dem ersten Bürgermeister (Art. 29 GO). Auch für den stellvertretenden Bürgermeister stellt deshalb der Fraktionsausschluss einen wesentlichen Nachteil dar. Nach Art. 33 Abs. 1 Satz 2 GO hat der Gemeinderat bei der Regelung der Zusammensetzung der Ausschüsse dem Stärkeverhältnis der in ihm vertretenen Parteien und Wählergruppen Rechnung zu tragen. Bei einer Änderung der Fraktionsstärke durch Ausschluss sind die Ausschüsse in der Gemeinde neu zu besetzen, wenn durch einen Wechsel das Stärkeverhältnis im Ausschuss so geändert wird, dass es dem vom Gemeinderat beschlossenen Schlüssel nicht mehr entspricht (Hölzl/Hien/Huber, GO, Stand: Dezember 2016, Art. 33 Seite 10 (3.)). Da sich die Zugehörigkeit zur Fraktion somit auch auf die Sitzverteilung in den Ausschüssen auswirken kann, könnten der Antragstellerin durch den Ausschluss auch Einflussnahmemöglichkeiten insoweit entzogen werden, als sie ihre Ausschusssitze verlieren würde. Dass dies bislang noch nicht geschehen ist, da der Stadtrat mit Beschluss vom 23. Oktober 2017 den Fraktionsausschluss als nicht rechtswirksam erachtet hat, ändert hieran nichts. Denn die Antragsgegnerin hält weiter an der Rechtsauffassung fest, dass die Antragstellerin kein Fraktionsmitglied mehr ist. Sie vertritt ferner gegenüber dem Stadtrat die Ansicht, dass die gerichtliche Entscheidung abzuwarten sei und dass das Verlangen der Ladung, der Geschäftsordnung oder der Protokolle der Fraktionssitzung zur Prüfung der Rechtmäßigkeit des Ausschlusses durch die Stadt jeder Rechtsgrundlage entbehre (Seite 2 der Beschlussvorlage der Stadt vom 19. Oktober 2017).

Auch aus dem Urteil des VG Regensburg vom 19. Mai 2004 (RN 3 K 03.1273 – juris) ergibt sich nichts anderes. Es handelt sich hier nicht um eine Entscheidung im Rahmen eines Antrags nach § 123 VwGO und somit auch nicht um das Verneinen eines Anordnungsgrunds. Die Entscheidung stützt sich darauf, dass im zu prüfenden Fall ein wichtiger Grund für den Fraktionsausschluss vorlag, da das Vertrauensverhältnis innerhalb der Fraktion zerstört war. Gegenüber dieser Zerstörung des Vertrauensverhältnisses traten gewichtige Interessen der Klägerin als zweite Bürgermeisterin nicht ins Gewicht. Der Fall ist mit dem vorliegenden nicht zu vergleichen, da hier eine Zerstörung des Vertrauensverhältnisses nicht feststeht und es um die Prüfung des Anordnungsgrundes geht.

Der Antragstellerin geht es nicht nur um die Informationen in den Sitzungen der Fraktion, sondern um die Frage, ob sie als fraktionslose Stadträtin weiter ihren Sitz in den Ausschüssen behält. Dass sich der Anordnungsgrund hierauf bezieht, zeigt die Antragsgegnerin selbst durch den Vortrag im Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 23. November 2017. Dort wird dargestellt, dass die Fraktion dem Vorschlag der Antragstellerin, an den Fraktionssitzungen nicht mehr teilzunehmen und nur zu erscheinen, wenn sie geladen würde, entgegen getreten sei (Seite 4 des Schriftsatzes). Somit gibt die Antragsgegnerin selbst zu verstehen, dass es bei der Zugehörigkeit zu einer Fraktion nicht nur um die Frage der Teilnahme an den Sitzungen der Fraktion geht, sondern auch um die Besetzung der Ausschüsse im Stärkeverhältnis der Fraktionen.

Das Gericht berücksichtigt bei seiner Entscheidung, dass in einem Organstreit nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung eine Vorwegnahme der Hauptsache nur in seltenen Ausnahmefällen gerechtfertigt werden kann, denn in einem Organstreit ist im Gegensatz zum Außenrechtsstreit nicht über Individualrechte, sondern über innerorganisatorische Kompetenzen zu entscheiden. Diese sind dem Antragsteller nicht um seiner selbst willen, sondern im Interesse der Gemeinde zugewiesen und daher weder aus den Grundrechten herzuleiten, noch im Schutzbereich der Rechtsweggarantie (Art. 19 Abs. 4 GG) angesiedelt. Gemessen daran kommt es nach der ständigen Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte für den Anordnungsgrund in einem Organstreit nicht auf die subjektive Betroffenheit des jeweiligen Antragstellers, sondern darauf an, ob die einstweilige Anordnung im Interesse der Körperschaft objektiv notwendig bzw. – bei einer Vorwegnahme der Hauptsache – unabweisbar erscheint. Entscheidend für die Vorwegnahme der Hauptsache ist neben der Bedeutung der konkreten Angelegenheit für die Gemeinde vor allem der Rang des Rechtssatzes, dessen Verletzung durch die einstweilige Anordnung abgewendet werden soll. Ausgehend davon kommt auch beim Streit um einen Fraktionsausschluss die Vorwegnahme der Hauptsache durch eine einstweilige Anordnung nur ausnahmsweise in Betracht (OVG NW, B.v. 20.07.1992 – 15 B 1643/92 – juris Rn. 52). Eine solche Ausnahme wird z.B. dann angesehen, wenn der Fraktionsausschluss dem Willkürverbot widerspricht oder wenn das Verfahren, das zur Ausschließung des Antragstellers geführt hat, rechtsstaatlichen Minimalanforderungen unterläuft (OVG NW, B.v. 20.07.1992 a.a.O.).

bb) Es ist überwiegend wahrscheinlich und damit glaubhaft gemacht, dass der Ausschluss aus der Fraktion rechtsstaatlichen Minimalanforderungen nicht gerecht wurde. Hieraus ergibt sich auch zugleich die Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruchs. Hierbei wird berücksichtigt, dass die gerichtliche Kontrolldichte beschränkt ist und fraktionsspezifische Wertungen nicht durch Beurteilungen durch das Gericht ersetzt werden dürfen (Schmidt-Jortzig/Hansen, NVwZ 1994, 116 (119), OVG Saarl, B.v.20.04.2012 – 2 B 105/12 – juris Rn. 15).

(1) Ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen ein Fraktionsmitglied ausgeschlossen werden kann, richtet sich in erster Linie nach den bei der Errichtung der Fraktion getroffenen Absprachen. Fehlt - wie im vorliegenden Fall - eine entsprechende Regelung, so ist es sachgerecht, auf den Maßstab zurückzugreifen, der allgemein für die Beendigung von Beteiligungen in Dauerrechtsverhältnissen gilt, die durch die persönliche Zusammenarbeit der Beteiligten geprägt werden. Danach erfordert ein solcher Ausschluss zunächst die Einhaltung bestimmter formeller Voraussetzungen, die nach allgemeiner Ansicht zwingend beachtet werden müssen. Hierzu ist erforderlich, dass dem Ausschluss des Fraktionsmitgliedes eine Anhörung des Betroffenen vorausgeht und zu der Sitzung, in der über den Ausschluss befunden werden soll, sämtliche Fraktionsmitglieder eine Ladung unter konkreter Benennung dieses Tagesordnungspunktes erhalten. Darüber hinaus sind dem ausgeschlossenen Mitglied die Ausschlussgründe schriftlich mitzuteilen (VG Gießen, B.v. 30.05.2003 – 8 G 1662/03 – juris Rn. 6 unter Berufung auf: BayVGH, B. v. 24.11.1988 – 4 CE 88.2620 – NVwZ 1989, 494). Zudem ist für den Ausschluss ein Mehrheitsbeschluss der Fraktion erforderlich (VG Osnabrück, B.v. 17.10.2008 – 1 B 27/08 – juris Rn. 20).

Da ein Fraktionsausschluss erheblich in die politisch-demokratischen Handlungsmöglichkeiten eines gewählten Mitglieds einer Vertretungskörperschaft eingreifen kann, muss der Ausschluss demokratischen und rechtsstaatlichen Grundsätzen entsprechen. Mangels Regelung in der Geschäftsordnung der ... Stadtratsfraktion kann hierbei auf Regelungen der Gemeindeordnung entsprechend zurückgegriffen werden. Nach Art. 49 Abs. 1 Satz 1 Gemeindeordnung (GO) kann ein Gemeinderat an der Beratung und der Abstimmung nicht teilnehmen, wenn der Beschluss ihm selbst oder einer von ihm kraft Vollmacht vertretenen natürlichen Person einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil erbringen kann. Als Vorteil oder Nachteil werden hierbei nicht nur wirtschaftliche Interessen gewertet, sondern auch ideelle oder persönliche Vorteile wie die Mehrung oder Minderung des Einflusses und des Ansehens. Sinn des Art. 49 GO ist es, dass niemand in eigener Sache ein Urteil abgeben und über eigene Sonderinteressen abstimmen soll (Widtmann/Grasser/Glaser, Bayerische Gemeindeordnung, Stand: 01.12.2015, Art. 49 Rn. 12). Ein unter Mitwirkung wegen seiner persönlichen Beteiligung ausgeschlossenen Mitglieds gefasster Beschluss hat die Ungültigkeit des Beschlusses nach Art. 49 Abs. 4 GO zur Folge, wenn die Mitwirkung für das Abstimmungsergebnis entscheidend war.

Nach unwidersprochen gebliebenem Sachvortrag stimmte für den Ausschluss der Antragstellerin auch das Fraktionsmitglied ... mit, in dessen Ermittlungsverfahren die Antragstellerin befragt wurde, sowie dessen Prozessbevollmächtigter, Fraktionsmitglied ... Im Hinblick auf den Fortgang seines Ermittlungsverfahrens und der Würdigung der Aussage durch die strafrechtlichen Behörden kann das Fraktionsmitglied ... ein persönliches eigenes Interesse am Ausschluss der Antragstellerin aus der Fraktion haben, da dadurch die Glaubwürdigkeit der Person der Antragstellerin in Frage gestellt werden kann. Würde eine Fraktion nach außen zu verstehen geben, dass der Grund für den Ausschluss eine Falschaussage in einem Ermittlungsverfahren gewesen ist, könnte das Ergebnis dieses Ausschlusses für die Würdigung der Aussage des ausgeschlossenen Mitglieds durch die Ermittlungsbehörden entscheidend sein. Die Aussage könnte als unglaubhaft gewürdigt werden, was dem Beschuldigten zum persönlichen Vorteil gereichen könnte. Ein persönliches eigenes Interesse hatte nach dem Grundgedanken der gesetzlichen Regelung des Art. 49 Abs. 1 Satz 1 GO auch der Prozessbevollmächtigte im Strafverfahren. Vorliegend stimmte die Fraktion nach unwidersprochen gebliebenem Vortrag der Antragstellerin mit 6 Stimmen zu 4 Stimmen für den Ausschluss der Antragstellerin aus der Fraktion. Die Fraktionsmitglieder ... (Beschuldigter des Ermittlungsverfahrens) und ... (dessen Prozessbevollmächtigter) waren auf Grund ihrer persönlichen Betroffenheit nicht stimmberechtigt. Ohne deren Stimmbeteiligung wäre aber die erforderliche Mehrheit für den Fraktionsausschluss nicht zustande gekommen. Die Abstimmung über den Fraktionsausschluss verstößt daher gegen den rechtsstaatlichen Grundgedanken, der in Art. 49 Abs. 1 und Abs. 4 GO zu Grunde gelegt ist und bei dem es sich auch um eine rechtsstaatliche Minimalanforderung handelt.

(2) Hinzu kommt, dass die Gründe, die zu dem Ausschluss geführt haben, der Antragstellerin im Schreiben vom 8. Oktober 2017 nicht mitgeteilt wurden. Auch dies stellt einen wesentlichen Verfahrensmangel dar, der dazu führt, dass der Fraktionsausschluss als nichtig zu werten ist (Widtmann/Grasser/Glaser, Bayerische Gemeindeordnung, Stand: 01.12.2015, Art. 33 Rn. 8). Das Fraktionsmitglied muss allein durch die Lektüre der Mitteilung über seinen Fraktionsausschluss in die Lage versetzt werden zu entscheiden, ob er den Beschluss hinnehmen oder aber hiergegen gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen will. Die im Schreiben vom 8. Oktober 2017 gegebenen Begründung, dass „mehrheitlich eine vertrauensvolle Zusammenarbeit nicht mehr möglich erscheint“, wird aufgrund ihrer leerformelhaften Fassung dem Begründungserfordernis nicht gerecht. Dieses Erfordernis stellt auch keine bloße Förmelei dar, denn nur durch die Mitteilung der tragenden Gründe der Ausschlussentscheidung kann der Betroffene erkennen, welche konkreten Umstände zu seinem Ausschluss geführt haben und warum sein Vorbringen die Mehrheit in der Fraktion nicht überzeugen konnte. Hierauf kann vorliegend schon deshalb nicht verzichtet werden, weil die Antragstellerin die Fraktionssitzung bereits vorzeitig verlassen und bei der Abstimmung nicht mehr anwesend war. Die Begründung ist mangels ausdrücklicher Regelung (z.B. in der Geschäftsordnung) auch nicht nachholbar, denn es gibt keinen im Rechtsstaatsprinzip oder in der Garantie effektiven Rechtsschutzes verwurzelten Grundsatz, dass Verstöße gegen Verfahrensvorschriften stets durch Nachholung bis zu einem bestimmten Zeitpunkt heilbar sind, sodass eine analoge Anwendung des § 45 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG vorliegend nicht angezeigt ist (VG Osnabrück, B.v. 17.10.2008 – 1 B 27/08 – juris Rn. 25).

Da sich der Ausschluss der Antragstellerin aus der Fraktion schon aus formalen Gründen, die rechtsstaatliche Grundsätze in einem erheblichen Maße verletzen, als rechtswidrig erweist, sind die mitgliedschaftlichen Rechte der Antragstellerin wie im Tenor angeordnet, sicherzustellen. Der Ansicht, dass die Antragstellerin ihren Austritt schon am 14. September 2017 selbst erklärt habe, kann nach dem objektiven Empfängerhorizont nicht gefolgt werden. Das bloße vorzeitige Verlassen der Fraktionssitzung bietet – auch unter Berücksichtigung der konkreten Umstände, unter denen dies vorliegend geschah – keine ausreichende Grundlage, um hieraus auf einen Austritt aus der Fraktion zu schließen. Wäre dies der Fall gewesen, so hätte die Antragsgegnerin sich gar keines Ausschlussverfahrens bedienen müssen. Durch die Wahl dieses Verfahrens gab die Fraktion nach außen zu verstehen, dass sie selbst nicht von einem wirksamen Austritt der Antragstellerin ausging. Insbesondere wurde in der Ladung der Antragstellerin vom 22. September 2017 mit keinem Wort darauf hingewiesen, dass man von einem bereits erfolgten selbst erklärten Austritt der Antragstellerin ausgegangen sei.

(3) Darüber hinaus hält es das Gericht für überwiegend wahrscheinlich und damit für glaubhaft gemacht, dass der Fraktionsausschluss auch materiell rechtswidrig ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein Ausschluss aus der Fraktion nur das letzte Mittel der Wahl sein kann. Er darf nach ständiger Rechtsprechung erst angeordnet werden, wenn alle milderen Maßnahmen versagt haben oder wegen der besonderen Umstände des Einzelfalls ausnahmsweise nicht in Betracht gezogen werden mussten (VG Osnabrück, B.v. 17.10.2008 – 1 B 27/08 – juris Rn. 20; VG Braunschweig, U.v. 12.09.2007 – 1 A 37/07 – juris Rn. 30). Hierbei fällt auf, dass die Antragstellerin ihre Äußerung nur im Ermittlungsverfahren gemacht hat und ihrerseits hinsichtlich der Äußerungen dort nicht an die Öffentlichkeit herangetreten ist. Erst durch das nach unwidersprochen gebliebenem Sachvortrag der Antragstellerin erfolgte Verlesen aller in den Ermittlungsakten befindlichen Aussagen und dem daran anschließenden Streit um den Ausschluss aus der Fraktion wurde auch die Öffentlichkeit auf die Problematik aufmerksam gemacht. Hierbei ist schon fraglich, ob der Prozessbevollmächtigte ... überhaupt berechtigt war, anderen Fraktionskollegen den Inhalt der Strafakten durch Verlesen zugänglich zu machen. Jedenfalls durfte die Antragstellerin darauf vertrauen, dass ihre Äußerungen im Ermittlungsverfahren nicht an die Öffentlichkeit – auch nicht an andere Fraktionsmitglieder – gelangen.

Sollte der Inhalt einer Fraktionssitzung im Ermittlungsverfahren von der Antragstellerin tatsächlich falsch wiedergegeben worden sein und hätte die Fraktion sich dadurch in ihren Rechten verletzt gesehen, so hätte sie als milderes Mittel die ihrer Ansicht nach richtige Inhaltsdarstellung in diesem Verfahren darlegen können. Soweit es nur um die persönliche Betroffenheit eines Fraktionsmitglieds geht, so hätte dieses im Ermittlungsverfahren unter entsprechender Zeugenangabe selbst seine andere Ansicht darstellen können.

Den Wahrheitsgehalt der Aussage der Antragstellerin zu prüfen, unter fällt den ordentlichen Gerichten bzw. der Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren. Sollte sich in diesem Verfahren herausstellen, dass die Antragstellerin bewusst wahrheitswidrig Äußerungen zu Lasten eines Fraktionsmitglieds unternommen hat, so kann das Vertrauensverhältnis derart verletzt sein, dass mildere Mittel als ein Ausschluss nicht in Betracht kommen. Durch den sofortigen Ausschluss aus der Fraktion wurde das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens aber bereits – ohne dessen Ausgang abzuwarten – vorweggenommen. Da eine Wiederholungsgefahr hier offensichtlich nicht gegeben ist, wäre ein milderes Mittel hier zunächst gewesen, den Ausgang des strafrechtlichen Verfahrens abzuwarten und im Strafverfahren selbst Sachdarstellungen einzubringen, zumal die Öffentlichkeit in diesem Verfahren ohnehin nicht beteiligt gewesen wäre. Im Übrigen schienen auch die Staatsanwaltschaft und das Amtsgericht nicht von der Unschuld des Herrn ... überzeugt gewesen zu sein, da ansonsten keine Einstellung des Strafverfahrens nach § 153a Abs. 2 StPO gegen Zahlung einer Geldauflage erfolgt wäre. Die Vorschrift bietet die Möglichkeit, in einem Bereich oberhalb der kleinen Kriminalität, in dem § 153 StPO nicht mehr anwendbar ist, zu einer Erledigung ohne Strafmaßnahmen zu kommen, weil die Einstellung ohne jede Ahndung dem öffentlichen Interesse zuwiderlaufen würde. Für den Betroffenen ist es vorteilhaft, ohne wirkliche (strafähnliche) Sanktion zur Erledigung eines Strafverfahrens zu gelangen und damit zu vermeiden, vorbestraft zu sein (KK-StPO/Diemer StPO § 153a Rn. 1-5, beck-online).

(4) Zudem sind Anhaltspunkte für das Vorliegen eines wichtigen Grundes hier nicht gegeben, weshalb auch aus diesem Grund rechtsstaatlichen Minimalanforderungen für den sofortigen Ausschluss nicht Rechnung getragen wurde. Ein den Ausschluss eines Mitglieds rechtfertigender wichtiger Grund ist gegeben, wenn Umstände vorliegen, die das Vertrauensverhältnis nachhaltig und derart stören, dass den übrigen Fraktionsmitgliedern eine weitere Zusammenarbeit nicht zugemutet werden kann, wobei auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung der Fraktion abzustellen ist (VG Braunschweig, U.v. 12.09.2007 – 1 A 37/07 – juris). Für das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen dieses Grundes trägt die ausschließende Fraktion die materielle Beweislast (HessVGH, B.v. 13.12.1989 – 6 TG 3175/89 – juris Rn. 5). Mangels Begründung des Ausschlusses ist ein wichtiger Grund nicht erkennbar. Soweit aus den Äußerungen im gerichtlichen Verfahren darauf abgestellt wird, dass die Antragstellerin im Rahmen ihrer Zeugenvernehmung eine falsche Aussage gemacht hat, so ergibt sich hierfür mangels diesbezüglicher Ergebnisse im Ermittlungsverfahren kein Anhaltspunkt. Im gerichtlichen Verfahren hat die Antragsgegnerin darauf abgestellt, dass Ergebnisse aus einer Fraktionsbesprechung im Ermittlungsverfahren weitergegeben wurden. Dies ist aber ebenfalls kein wichtiger Grund, da diese Inhalte keinem Zeugnisverweigerungsrecht unterliegen, weswegen Äußerungen in Fraktionssitzungen, die für ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren relevant sein können, von den Fraktionsmitgliedern nicht geheim gehalten werden müssen. Dies gilt erst recht, wenn eine solche Geheimhaltungspflicht nicht von der Fraktion vorab schriftlich in einer Geschäftsordnung festgehalten wurde. Soweit darauf abgestellt wird, dass ein Fraktionsmitglied fälschlicherweise verdächtigt wurde, ein Gerücht verbreitet zu haben, so ist hierfür aus der Zeugenaussage kein Anhaltspunkt ersichtlich: Auf die Frage: „Kennen Sie den Urheber der mitgeteilten Gerüchte/ die Person, welche diese Gerüchte in die Welt setzte namentlich, können Sie Hinweise darauf geben?“, antwortete die Antragstellerin: „Hier kann ich nur vermuten. …“ Weder äußerte die Antragstellerin selbst den Hinweis, dass das Fraktionsmitglied ein Gerücht verbreitet hat, noch gab sie zu verstehen, dass das Fraktionsmitglied dieses Gerücht verbreitet hatte. Sie sprach ausdrücklich nur eine Vermutung aus und erhärtete diese Vermutung mit einer Äußerung des Fraktionsmitglieds, welche in diesem Kontext gefallen sein soll.

Ein wichtiger Grund kann auch nicht darin gesehen werden, dass die Antragstellerin vertrauliche Inhalte einer Fraktionssitzung an die Presse weitergegeben hat. Die Antragsgegnerin beruft sich hierbei auf die Artikel der ... vom 18. und 19. September 2017. Dem Artikel vom 18. September 2017 ist aber gerade zu entnehmen, dass die Antragstellerin die Pressemitteilung der ... Stadtratsfraktion über den Austritt aus der Fraktion nicht kommentieren wolle. Schon zu diesem Zeitpunkt lagen der Presse offensichtlich Informationen vor. Dass diese Informationen auf die Antragstellerin zurückzuführen sind, wo doch auch die ... Fraktion selbst ihrerseits an die Presse herangetreten war, ist eine bloße Vermutung und wird wohl selbst in einem Hauptsacheverfahren schwer aufzuklären sein. Jedenfalls gibt der diesbezügliche Inhalt des Artikels vom 18. September 2017 hierzu keinen Anhaltspunkt. Eine Geheimhaltungspflicht wurde zudem in einer Geschäftsordnung der Fraktion nicht festgehalten. Wie bereits ausgeführt war es nicht die Antragstellerin, die von sich aus an die Öffentlichkeit herangetreten ist. Das Verfahren wurde durch die fragwürdige Verlesung aus den Ermittlungsakten in Gang gesetzt und durch die Mitteilung des angeblichen Austritts der Öffentlichkeit durch die Fraktion selbst publik gemacht. Eine Weitergabe geheimhaltungspflichtiger Interna aus einer Fraktionssitzung ist dem Inhalt des Zeitungsartikels vom 19. September 2017 zudem nicht zu entnehmen.

(5) Abschließend sei angemerkt, dass der Prozessbevollmächtigte der Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 23. November 2017 zwar betont hat, dass das Vertrauensverhältnis zwischen der Antragstellerin und der Fraktion als zerstört angesehen werden müsse und dass daran eine gerichtliche Entscheidung nichts ändern würde. Dies soll durch das Vorlegen von 5 eidesstattlichen Versicherungen (darunter jeweils eine der Fraktionskollegen ... und ...) und einem Zeitungsartikel vom 11./12. November 2017 mit einem Zitat der Antragstellerin untermauert werden. Die 5 vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen von Fraktionsmitgliedern spiegeln aber nur die Meinung eines Teils der Fraktion wieder. Die Antragstellerin hat durch eidesstattliche Versicherung bekräftigt, dass sie ihre Tätigkeit auch in Zukunft in vollem Umfang in den Dienst der ... stellen möchte. Wie sich der Rechtsstreit weiter entwickeln wird auch im Hinblick auf das Zitat in der ... und der strategischen Vorgehensweise einzelner Fraktionsmitglieder wird eine Frage sein, die das Verhältnis der Prozessparteien in Zukunft betreffen wird. Für die Rechtmäßigkeit der Prüfung des Ausschlusses vom 8. Oktober 2017 ist dies aber nicht entscheidungserheblich.

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO, wonach der unterliegende Teil die Kosten des Verfahrens trägt.

4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) i.V.m. Ziffer 22.7. des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, wobei im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur die Hälfte des Streitwerts des Hauptsacheverfahrens festzusetzen ist.

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin ist Mitglied des Stadtrats der Stadt N. Sie wendet sich im Wege der einstweiligen Anordnung dagegen, dass sie von der Antragsgegnerin, einer Stadtratsfraktion, aus der Fraktion ausgeschlossen wurde.

Bei einer Zeugenbefragung im Zuge eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens sagte die Antragstellerin aus, dass ihr Fraktionskollege Th. in Fraktionssitzungen die den Oberbürgermeister der Stadt N. betreffenden Gerüchte angesprochen habe; ihrer Vermutung nach sei er Urheber dieser Gerüchte. Daraufhin leitete die Antragsgegnerin gegen sie - nach einem gescheiterten Einigungsversuch - ein Ausschlussverfahren ein. Mit Beschluss vom 8. Oktober 2017 wurde die Antragstellerin aus der Fraktion ausgeschlossen; dies wurde ihr mit Schreiben vom selben Tag mitgeteilt.

Die Antragstellerin ließ dagegen Feststellungsklage erheben und zugleich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes beantragen, die Antragsgegnerin zu verpflichten, sie vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache mit allen Rechten und Pflichten eines Fraktionsmitglieds zur Fraktionsarbeit zuzulassen.

Beide Rechtsstreitigkeiten, die zunächst beim Landgericht anhängig gemacht worden waren, wurden von dort an das Verwaltungsgericht Bayreuth verwiesen.

Mit Beschluss vom 24. November 2017 gab das Verwaltungsgericht dem Eilantrag statt. Es liege ein kommunalverfassungsrechtlicher Organstreit vor, da es sich um eine Auseinandersetzung von sich gegenüberstehenden Organisationsteilen einer Stadt handle. Die Antragstellerin habe einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, da es für sie einen wesentlichen Nachteil darstelle, bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Hauptsache von der Mitwirkung bei der fraktionsinternen Willensbildung ausgeschlossen zu sein und als fraktionslose Gemeindevertreterin nur eingeschränkt Einflussmöglichkeiten in der Gemeindevertretung zu haben. Die Fraktionszugehörigkeit wirke sich auf die Sitzverteilung in den Ausschüssen aus, so dass ihr auch insoweit Möglichkeiten der Einflussnahme entzogen werden könnten. In einem solchen Organstreit sei zwar eine Vorwegnahme der Hauptsache nur in seltenen Ausnahmefällen gerechtfertigt, etwa wenn der Fraktionsausschluss dem Willkürverbot widerspreche oder das Ausschlussverfahren rechtsstaatlichen Minimalanforderungen nicht gerecht werde; dies sei hier aber überwiegend wahrscheinlich. Es sei sachgerecht, bei Fehlen besonderer Regelungen für einen Fraktionsausschluss auf den allgemein für die Beendigung von Dauerrechtsverhältnissen geltenden Maßstab zurückzugreifen. Danach erfordere ein solcher Ausschluss zwingend die Einhaltung bestimmter formeller Voraussetzungen. Da ein Fraktionsausschluss erheblich in die politischdemokratischen Handlungsmöglichkeiten eines gewählten Ratsmitglieds eingreifen könne, müsse er demokratischen und rechtsstaatlichen Grundsätzen entsprechen; hierbei sei mangels Regelung in der Geschäftsordnung der Antragsgegnerin auf die Regelungen der Gemeindeordnung zurückzugreifen. Nach Art. 49 Abs. 1 Satz 1 GO könne ein Gemeinderat an der Beratung und Abstimmung nicht teilnehmen, wenn der Beschluss ihm selbst oder einer von ihm kraft Vollmacht vertretenen natürlichen Person einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil erbringen könne. Beim Ausschluss der Antragstellerin hätten das Fraktionsmitglied Th., in dessen Ermittlungsverfahren die Antragstellerin befragt worden sei, und sein Prozessbevollmächtigter, das Fraktionsmitglied H., mitgestimmt, die jeweils im Sinne des Art. 49 Abs. 1 Satz 1 GO ein persönliches Interesse an der Entscheidung gehabt hätten. Ohne ihre Beteiligung wäre die für den Ausschluss erforderliche Mehrheit nicht zustande gekommen, da die Fraktion mit 6 Stimmen zu 4 Stimmen für den Ausschluss der Antragstellerin gestimmt habe. Auch seien die Gründe, die zu dem Ausschluss geführt hätten, der Antragstellerin nicht mitgeteilt worden; dies stelle einen zur Nichtigkeit des Fraktionsausschlusses führenden Verfahrensmangel dar. Das Fraktionsmitglied müsse allein durch die Lektüre der Mitteilung über seinen Fraktionsausschluss in die Lage versetzt werden zu entscheiden, ob es den Beschluss hinnehmen oder gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen wolle. Die im Schreiben vom 8. Oktober 2017 gegebenen Begründung, dass „mehrheitlich eine vertrauensvolle Zusammenarbeit nicht mehr möglich erscheint“, werde aufgrund ihrer leerformelhaften Fassung dem Begründungserfordernis nicht gerecht. Auf das Begründungserfordernis könne hier schon deshalb nicht verzichtet werden, weil die Antragstellerin die Fraktionssitzung vorzeitig verlassen habe und bei der Abstimmung nicht mehr anwesend gewesen sei. Die Begründung sei nicht nachholbar, denn es gebe keinen Grundsatz, dass Verstöße gegen Verfahrensvorschriften stets durch Nachholung bis zu einem bestimmten Zeitpunkt heilbar seien. Der Ansicht, dass die Antragstellerin ihren Austritt schon in der vorangegangenen Sitzung am 14. September 2017 selbst erklärt habe, könne nicht gefolgt werden. Das vorzeitige Verlassen der Fraktionssitzung biete - auch unter Berücksichtigung der konkreten Umstände - keine ausreichende Grundlage, um auf einen Austritt aus der Fraktion zu schließen. Das Gericht halte es darüber hinaus für überwiegend wahrscheinlich und damit für glaubhaft gemacht, dass der Fraktionsausschluss auch materiell rechtswidrig sei. Ein solcher Ausschluss könne nur das letzte Mittel der Wahl sein. Die Antragstellerin habe ihre Äußerung nur im Ermittlungsverfahren gemacht und sei ihrerseits nicht an die Öffentlichkeit herangetreten. Sie habe darauf vertrauen dürfen, dass ihre Äußerungen im Ermittlungsverfahren nicht an die Öffentlichkeit - auch nicht an andere Fraktionsmitglieder - gelangten. Den Wahrheitsgehalt ihrer Aussage zu prüfen, sei Aufgabe der ordentlichen Gerichte bzw. der Staatsanwaltschaft. Durch den sofortigen Fraktionsausschluss sei das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens bereits - ohne den Ausgang abzuwarten - vorweggenommen worden. Im Übrigen seien die Staatsanwaltschaft und das Amtsgericht offenbar nicht von der Unschuld des Herrn Th. überzeugt gewesen, wie die Einstellung des Strafverfahrens nach § 153a Abs. 2 StPO gegen Zahlung einer Geldauflage zeige. Ein wichtiger Grund für den Fraktionsausschluss sei schon mangels Begründung des Ausschlusses nicht erkennbar. Die Weitergabe von Ergebnissen einer Fraktionsbesprechung im Ermittlungsverfahren sei kein wichtiger Grund, da diese Inhalte keinem Zeugnisverweigerungsrecht unterlägen, so dass sie von den Fraktionsmitgliedern in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren nicht geheim gehalten werden müssten. Ein wichtiger Grund könne auch nicht darin gesehen werden, dass die Antragstellerin vertrauliche Inhalte einer Fraktionssitzung an die Presse weitergegeben habe. Zum betreffenden Zeitpunkt hätten der Presse offensichtlich die Informationen schon vorgelegen. Zudem sei eine Geheimhaltungspflicht nicht in einer Geschäftsordnung der Fraktion festgehalten worden.

Gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts wendet sich die Antragsgegnerin mit der Beschwerde. Das Verwaltungsgericht habe ihr zu Unrecht die Beteiligtenfähigkeit und damit die Passivlegitimation zugesprochen. Sie verfüge weder über eine eigene Geschäftsordnung oder eigenes Vermögen noch über ein vertretungsbefugtes Organ; ihr Vorsitzender sei nur koordinierend tätig. Antragsgegner könnten daher nur die einzelnen Fraktionsmitglieder sein. Für die einstweilige Anordnung fehle es an einem Anordnungsgrund, da die Antragstellerin durch den Fraktionsausschluss keine wesentlichen Nachteile erleide. Der Stadtrat verweigere sich einer Anpassung der Ausschussbesetzung, so dass ihr derzeit nicht der Verlust ihrer Ausschusssitze drohe. Zur Ausübung ihres Stadtratsmandats sei sie nicht auf die Information durch die Fraktion angewiesen. Die Vorwegnahme der Hauptsache im Eilverfahren lasse sich nicht auf Verstöße gegen rechtsstaatliche Minimalanforderungen stützen, da dies eine Vermischung von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bedeuten würde; solche Rechtsverstöße lägen zudem nicht vor. Die Antragstellerin habe die Sitzung am 14. September 2017 vorzeitig verlassen und dabei sinngemäß geäußert: „Ich habe verstanden, mir reicht's“; dies sei nach dem Empfängerhorizont als Austrittserklärung zu verstehen gewesen. Das danach von der Antragsgegnerin vorsorglich betriebene Ausschlussverfahren sei ordnungsgemäß durchgeführt worden. Die Fraktionsmitglieder Th. und H. hätten nicht von der Abstimmung ausgeschlossen werden dürfen, da Art. 49 GO auf Fraktionsausschlüsse nicht anwendbar sei; innerorganisatorische Akte würden ohnehin gemäß Art. 49 Abs. 2 Nr. 2 GO von der Norm nicht erfasst. Das Fraktionsmitglied H. habe als anwaltlicher Vertreter des Th. durch die Abstimmung keinen unmittelbaren Sondervorteil erlangen können. Auch bei Th. selbst habe kein individuelles Sonderinteresse am Ausschluss der Antragstellerin bestanden, da die nur indirekte Möglichkeit, dass sich der Beschluss auf die Glaubwürdigkeit der Antragstellerin im Strafverfahren auswirke, keinen auf dem Beschluss oder seinem Vollzug beruhenden unmittelbaren Vorteil darstelle. Gegen das Gebot, die Gründe für den Ausschluss mitzuteilen, sei ebenfalls nicht verstoßen worden. Zum Zeitpunkt der Ladung zur Anhörung sei noch nicht klar gewesen, ob es tatsächlich zu einem Ausschluss kommen werde; eine Art „Klageschrift“ könne insoweit nicht gefordert werden. Die Antragstellerin sei zu dem Termin erschienen und habe sich rügelos eingelassen; sie habe sogar einen Anwalt und eine vorgefertigte schriftliche Erklärung mitgebracht. Das vorzeitige Verlassen der Sitzung liege in ihrer eigenen Verantwortung. Der Fraktionsausschluss sei mangels Alternativen das letzte verfügbare Mittel gewesen. Der zentrale Vorwurf sei gewesen, dass sich die Fraktionsmitglieder durch das Verhalten der Antragstellerin der Gefahr ausgesetzt gesehen hätten, für Äußerungen im geschützten Kreis der Fraktion bei der Polizei angeschwärzt zu werden. Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht nicht die Unschuldsvermutung zugunsten von Herrn Th. zugrunde gelegt, sondern sei davon ausgegangen, dass an dem gegen ihn erhobenen Vorwurf „schon etwas dran“ gewesen sei. Unabhängig davon wäre die Aussage der Antragstellerin im Ermittlungsverfahren zur Begründung eines Ausschlusses selbst dann geeignet gewesen, wenn sie nur zutreffende Inhalte gehabt hätte. Da nach Art. 20 Abs. 3 GO schon im Gemeinderat ein Genehmigungsvorbehalt für gerichtliche und außergerichtliche Aussagen über der Verschwiegenheit unterliegende Angelegenheiten bestehe, müsse dies umso mehr für das vertrauliche Umfeld von Fraktionssitzungen gelten. Die Aussagen der Antragstellerin seien aber sogar objektiv falsch gewesen. Der von ihr geäußerte Verdacht sei geeignet gewesen, das Vertrauensverhältnis zu stören, da sie damit einen Fraktionskollegen in ein Strafverfahren hineingezogen habe. Durch ihre Aussage habe sich das Ermittlungsverfahren auf Herrn Th. konzentriert. Ein Ausschlussgrund liege auch darin, dass sie Informationen an die Presse weitergegeben habe, was entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts nicht bloß eine Vermutung darstelle, sondern von ihr selbst zugegeben worden sei bzw. sich bei lebensnaher Auslegung der Abläufe ergebe; zumindest hätten die übrigen Fraktionsmitglieder begründeten Anlass zu dieser Annahme gehabt. Dass das in einer Fraktion notwendige Vertrauensverhältnis zerstört sei, ergebe sich schon aus der Abstimmung am 8. Oktober 2017.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 24. November 2017 abzuändern und den Antrag der Antragstellerin abzulehnen.

Die Antragstellerin tritt der Beschwerde entgegen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten verwiesen.

II.

1. Die Beschwerde der Antragsgegnerin, die der Senat anhand der fristgerecht dargelegten Gründe prüft (§ 146 Abs. 4 Satz 1 und 6 VwGO), hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat dem Eilrechtsschutzbegehren der Antragstellerin zu Recht stattgegeben.

a) Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 123 Abs. 1 VwGO) mit dem Ziel, die Antragstellerin vorläufig mit allen Rechten und Pflichten eines Fraktionsmitglieds zur Fraktionsarbeit zuzulassen, ist zulässig.

aa) Soweit die Antragsgegnerin ihre Beteiligungsfähigkeit für das vorliegende Gerichtsverfahren in Abrede stellt und dementsprechend auch ihre Passivlegitimation bestreitet, kann dem nicht gefolgt werden.

In Verwaltungsstreitsachen beteiligungsfähig sind neben natürlichen und juristischen Personen (§ 61 Nr. 1 VwGO) auch Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann (§ 61 Nr. 2 VwGO). Diese Voraussetzung ist bei Gemeinderatsfraktionen, denen nach Maßgabe der Geschäftsordnung (Art. 45 GO) bei der Besetzung von Ausschüssen (Art. 33 Abs. 1 Satz 2 GO) und auch sonst im ratsinternen Geschäftsgang eigene Rechte zustehen, jedenfalls in Organstreitigkeiten mit der Gemeinde unzweifelhaft gegeben (BayVGH, B.v. 20.3.2017 - 4 ZB 16.1815 - BayVBl 2018, 173; U.v. 8.5.2015 - 4 BV 15.201 - BayVBl 2015, 712; B.v. 28.9.2009 - 4 ZB 09.858 - BayVBl 2010, 248; ThürOVG, B.v. 30.9.1999 - 2 EO 790/98 - DVBl 2000, 935; Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 61 Rn. 10; Bier/Steinbeiß-Winkelmann in Schoch u.a., VwGO, Stand Juni 2017, § 61 Rn. 7 m.w.N.).

Für die vorliegende interne Streitigkeit um die Mitgliedschaft in einer Fraktion kann nichts anderes gelten. Der im Wege einer Mehrheitsentscheidung herbeigeführte, vom Fraktionsvorsitzenden namens der gesamten Fraktion bekanntgegebene Beschluss über den Ausschluss der Antragstellerin beruht zwar ersichtlich nicht auf einer kommunalgesetzlichen oder ortsrechtlichen Handlungsermächtigung. Die Antragsgegnerin beruft sich dabei aber auf ein ihr als einer Gruppe von Ratsmitgliedern zustehendes (ungeschriebenes) Recht, über die Zugehörigkeit zur Fraktionsgemeinschaft bestimmen zu können. Im Hinblick auf diese gemeinschaftlich wahrgenommene Entscheidungsbefugnis kann nur die Fraktion als Personenvereinigung und nicht jedes einzelne Fraktionsmitglied verfahrensbeteiligt und passivlegitimiert sein. Dass die Antragsgegnerin - entgegen ihrer Darstellung im Beschwerdeverfahren - kein bloßes „Diskussionsforum“ ohne organisierte Willensbildung und ohne vertretungsbefugtes Organ ist, zeigt sich im Übrigen daran, dass sie im Stadtrat als Gruppe auftritt und bei der Ausschussbesetzung das fraktionsbezogene Vorschlagsrecht nach Art. 33 Abs. 1 Satz 4 GO für sich in Anspruch nimmt.

bb) Für den Eilantrag besteht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Die Antragstellerin muss sich nicht entgegenhalten lassen, dass sie eine weitere Mitarbeit in der Fraktion schon deshalb nicht verlangen könne, weil sie in der Sitzung am 14. Sep-ember 2017 freiwillig ihren Austritt erklärt habe. Selbst wenn sie sich unmittelbar vor dem vorzeitigen Verlassen der Sitzung in der von der Antragsgegnerin zitierten Weise geäußert haben sollte („Ich habe verstanden, mir reicht's“), ließe sich daraus nach dem objektiven Erklärungswert nicht der Schluss ziehen, dass sie sich nicht nur einer weiteren Diskussion der gegen sie erhobenen Vorwürfe entziehen, sondern ihre Mitgliedschaft in der Fraktion aufgeben wollte. Angesichts der Bedeutung eines solchen Schritts hätte ein entsprechender Entschluss unmissverständlich zum Ausdruck kommen müssen; der Austritt aus einer Vereinigung wird, auch wenn er zuvor angedroht bzw. angekündigt war, üblicherweise in schriftlicher Form gegenüber dem Vorsitzenden erklärt. Dass die damals anwesenden weiteren Fraktionsmitglieder in dem Verhalten der Antragstellerin dennoch eine konkludente Austrittserklärung gesehen und dies sogleich durch Mehrheitsbeschluss festgestellt haben, führt zu keiner anderen Beurteilung, da es bei der Ermittlung des Erklärungsgehalts einzelner Äußerungen und Gesten in einer kontroversen Gesprächssituation nicht auf das subjektive, meist interessengeleitete Verständnis der jeweiligen Gegenseite ankommen kann.

b) Die Voraussetzungen für die Gewährung vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes liegen auch im Übrigen vor.

aa) Entgegen dem Beschwerdevorbringen fehlt es nicht an der Eilbedürftigkeit der beantragten gerichtlichen Entscheidung und damit am erforderlichen Anordnungsgrund. Dieser folgt allerdings nicht schon daraus, dass die Antragstellerin durch den Ausschluss aus der Fraktion an einer angemessenen Wahrnehmung ihres Mandats gehindert wäre; fraktionslose Ratsmitglieder dürfen bei der Erteilung mandatsbezogener Informationen nicht anders behandelt werden als die Mitglieder von Fraktionen oder sonstigen Gruppen (vgl. BayVGH, B.v. 23.11.2017 - 4 ZB 17.1586 - juris Rn. 11). Wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat, geht es der Antragstellerin aber erklärtermaßen auch um die Fraktionsarbeit und die daraus resultierenden Einflussmöglichkeiten in der Gemeinde. Diese ergeben sich nicht nur aus der - bisher nicht entzogenen - Mitgliedschaft in Ausschüssen des Stadtrats und in Aufsichtsräten städtischer Betriebe, sondern in erster Linie aus der Teilnahme an Fraktionssitzungen und der damit verbundenen fortlaufenden Mitwirkung an der fraktionsinternen Willensbildung. Das aus der Zugehörigkeit zur Fraktion folgende Anwesenheits-, Rede-, Antrags- und Stimmrecht hat die Antragstellerin durch die Ausschlussentscheidung vom 8. Oktober 2017 mit sofortiger Wirkung verloren; schon diese nicht unerhebliche Einschränkung ihrer kommunalpolitischen Wirkungsmöglichkeiten begründet die besondere Dringlichkeit einer gerichtlichen Entscheidung.

bb) Dem von der Antragstellerin verfolgten Begehren, bis zu einer rechtskräftigen Hauptsacheentscheidung vorläufig in vollem Umfang in der Fraktion mitarbeiten zu können, steht nicht das Verbot einer Vorwegnahme der Hauptsache entgegen.

Ein Beschluss, der zur Erledigung der Hauptsache führt, darf im Verfahren nach § 123 Abs. 1 VwGO allerdings nur ausnahmsweise ergehen, wenn das Abwarten der rechtskräftigen Entscheidung im Klageverfahren für den Antragsteller schwere und unzumutbare Nachteile zur Folge hätte (BVerwG, B.v. 26.11.2013 - 6 VR 3.13 - NVwZ-RR 2014, 558 Rn. 5 m.w.N.). Der vorliegende Antrag zielt aber nicht auf eine so weitreichende, nicht mehr abänderbare Entscheidung. Die Fraktionsmitgliedschaft stellt ein auf die laufende Wahlperiode (1.5.2014 bis 30.4.2020, s. Art. 23 Abs. 1 GLKrWG) befristetes Dauerrechtsverhältnis dar. Daher wird durch eine antragsgemäß ergehende Verpflichtung, die Antragstellerin weiterhin an der Fraktionsarbeit teilhaben zu lassen, das Ergebnis des anhängigen Klageverfahrens auch im Hinblick auf die zu erwartende Verfahrensdauer nicht bereits faktisch vorweggenommen.

Dass ein auf einer stattgebenden Eilentscheidung beruhendes zeitweiliges Mitwirken der Antragstellerin sich im Falle einer späteren Klageabweisung nicht ungeschehen machen ließe, genügt für sich genommen nicht, um eine - prinzipiell unzulässige - Vorwegnahme der Hauptsache annehmen zu können. Davon ließe sich vielmehr erst dann sprechen, wenn sich aus der einstweiligen Anordnung auch noch nach Abschluss des Hauptverfahrens irreversible Folgen ergäben (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 123 Rn. 14 m.w.N.). Geht es bei einem Eilrechtsschutzbegehren nicht um die Gewährung einer Leistung, sondern wie hier lediglich um die vorläufige Aussetzung einer belastenden Maßnahme, die bei entsprechendem Ausgang des Hauptsacheverfahrens wieder volle Geltung erlangt, so macht die Tatsache, dass die zeitweilige Aussetzung als solche nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, die vorläufige Regelung noch nicht zu einer faktisch endgültigen (vgl. BVerfG, B.v. 31.3.2003 - 2 BvR 1779/02 - NVwZ 2003, 1112 m.w.N.).

cc) Der für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderliche Anordnungsanspruch in Gestalt einer subjektiven Rechtsposition der Antragstellerin liegt ebenfalls vor. Eine - im Eilverfahren nur mögliche - summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage ergibt, dass der von der Antragsgegnerin beschlossene Fraktionsausschluss zumindest in formeller Hinsicht rechtswidrig war; auf die vom Verwaltungsgericht aufgezeigten weiteren Bedenken bezüglich der materiellen Rechtmäßigkeit kommt es somit nicht mehr an.

(1) Zu Recht wendet sich die Antragsgegnerin allerdings gegen die dem angegriffenen Beschluss zugrundeliegende Annahme, die Mitwirkung der Fraktionsmitglieder Th. und H. an der Ausschlussentscheidung führe zu dessen Unwirksamkeit.

Die dazu vom Verwaltungsgericht herangezogene Bestimmung des Art. 49 GO über den Ausschluss einzelner Mitglieder von der Beratung und Abstimmung wegen persönlicher Beteiligung findet auf die Beschlussfassung in den Ratsfraktionen keine Anwendung. Die Regelung gilt ausdrücklich nur für Sitzungen des Gemeinderats und seiner beschließenden Ausschüsse (Art. 55 Abs. 2 GO). Die auf rechtsverbindliche Beschlüsse der örtlichen Volksvertretung zugeschnittenen Ausschlussgründe des Art. 49 GO lassen sich auch nicht im Wege einer Analogie auf fraktionsinterne Entscheidungsvorgänge übertragen. Die Fraktionen als frei gebildete Personenvereinigungen sind keine Gemeindeorgane; sie werden im bayerischen Kommunalrecht auch nicht ausdrücklich als Teil oder Einrichtung des Gemeinderats bezeichnet (vgl. BayVGH, U.v. 9.3.1988 - 4 B 86.03226 - NJW 1988, 2754/2755). Die Gemeindeordnung erwähnt die im Rat vertretenen „Parteien und Wählergruppen“ nur im Zusammenhang mit der Ausschussbesetzung (Art. 33 Abs. 1 Satz 4 GO) und überlässt es im Übrigen der jeweiligen Geschäftsordnung (Art. 45 GO), die Rechte und Pflichten der Fraktionen näher zu bestimmen. Solche ortsrechtlichen Bestimmungen können sich aber nur auf das Außenverhältnis der Fraktionen zur Gemeinde und ihren Organen beziehen; die fraktionsinternen Abläufe gehören dagegen nicht mehr zum „Geschäftsgang des Gemeinderats“ (Art. 45 Abs. 2 GO) und lassen sich daher nur von den einzelnen Fraktionen durch interne Geschäftsordnungen regeln (vgl. BayVGH, a.a.O.). Fehlt es an einer Fraktionsgeschäftsordnung oder enthält diese keine mit Art. 49 GO vergleichbare Ausschlussregelung wegen persönlicher Beteiligung, dürfen die fraktionsangehörigen Mandatsträger demnach an Beratungen und Abstimmungen in der Fraktion selbst dann mitwirken, wenn die nachfolgende Beschlussfassung im Gemeinderat ihnen, einem Angehörigen oder einer von ihnen vertretenen Person oder Vereinigung einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil bringen kann. Für die fraktionsinterne Meinungsbildung gelten insoweit keine strengeren Maßstäbe als für die vorberatenden Ausschüsse des Gemeinderats, die nach Art. 55 Abs. 2 GO nicht an die gesetzlichen Regelungen zum Geschäftsgang (Art. 45 bis 54 GO) gebunden sind.

Die Unanwendbarkeit der kommunalrechtlichen Ausschlussgründe bedeutet allerdings nicht, dass es bei Abstimmungen in Fraktionsangelegenheiten keinerlei Mitwirkungsverbote gäbe. Unabhängig von der in der Rechtsprechung des Senats nicht endgültig entschiedenen Frage, ob die innerfraktionellen Rechtsbeziehungen dem Zivilrecht oder dem öffentlichen Recht zuzuordnen sind (dazu einerseits BayVGH, U.v. 9.3.1988, a.a.O., 2755 f.; andererseits B.v. 13.2.2007 - 4 C 06.2676 - juris Rn. 4; U.v. 3.12.2014 - 4 N 14.2046 - BayVBl 2015, 343 Rn. 29; vgl. auch Lange, Kommunalrecht, 2013, 289 f.; Prandl/Zimmermann/Büchner/Pahlke, Kommunalrecht in Bayern, Stand Juni 2017, GO, Art. 33 Anm. 3.2 m.w.N.), kann für die Beschlussfassung in Gemeinderatsfraktionen mangels spezieller Normen jedenfalls auf die allgemeinen Rechtsgrundsätze zurückgegriffen werden, die ein auf persönliches Zusammenwirken mehrerer Beteiligter angelegtes Dauerrechtsverhältnis kennzeichnen, insbesondere also auf die für rechtsfähige ebenso wie für nicht rechtsfähige Vereine geltenden Vorschriften der §§ 24 bis 54 BGB (vgl. BayVGH, B.v. 24.11.1988 - 4 CE 88.2620 - BayVBl 1989, 433/435; OVG NW, B.v. 21.11.1988 - 15 B 2380/88 - NJW 1989, 1105/1106; SaarlOVG, B.v. 20.04.2012 - 2 B 105/12 - NVwZ-RR 2012, 613/615; Erdmann, DÖV 1988, 907/911). Dazu gehört das aus dem Rechtsgedanken des § 34 BGB folgende Verbot des „Richtens in eigener Sache“, aus dem sich bei Entscheidungen über einen Vereinsausschluss ein striktes Stimmverbot nicht nur für das davon unmittelbar betroffene Mitglied ergibt (Schöpflin in BeckOK BGB, Stand 1.11.2017, § 34 Rn. 8; Weick in Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2005, § 34 Rn. 16; Arnold in Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2015, § 34 Rn. 16), sondern ebenso für Mitglieder, die durch eben jene Äußerungen, welche zur Einleitung des Ausschlussverfahrens geführt haben, persönlich verletzt oder angegriffen worden sind (BGH, U.v. 27.10.1980 - II ZR 62/80 - NJW 1981, 744 f.; OLG Köln, B.v. 23.3.1993 - 19 W 59/92 - juris Rn. 18; OLG Karlsruhe, U.v. 15.12.1995 - 3 U 26/95 – NJW-RR 1996, 1503/1504; Reichert, Hdb. des Vereins- und Verbandsrechts, 7. Aufl. 1999, Rn. 1671 m.w.N.).

Überträgt man diese Grundsätze auf den Beschluss über den Fraktionsausschluss der Antragstellerin, so war außer ihr selbst auch ihr Fraktionskollege Th. an der Stimmabgabe rechtlich gehindert, da es in dem Verfahren u. a. darum ging, ob die Antragstellerin über ihn unrichtige Aussagen gemacht hatte, die für ihn die Gefahr einer strafrechtlichen Verfolgung begründeten. Die daraus folgende persönliche Betroffenheit stand allerdings nicht schon seiner Beteiligung an der fraktionsinternen Aussprache entgegen; er musste vielmehr in gleicher Weise wie die Antragstellerin zu der Angelegenheit angehört werden. Bei der Abstimmung durfte er jedoch nicht mehr mitwirken, da mit diesem Beschluss implizit auch darüber entschieden wurde, ob und inwieweit die Fraktion die ihn betreffenden Vorwürfe bzw. Verdachtsmomente für begründet hielt. Für seinen Fraktionskollegen H., der ihn als Anwalt im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vertrat, stellte sich die Beteiligung an der Abstimmung dagegen nicht als ein „Richten in eigener Sache" dar, denn der zum Ausschlussverfahren führende Konflikt betraf ihn weder unmittelbar als Privatperson im Rahmen seiner Berufstätigkeit noch als Mitglied oder Funktionsträger der Fraktion.

Die unzulässige Teilnahme (allein) des Th. an der Abstimmung über den Fraktionsausschluss der Antragstellerin führte noch nicht zur Unwirksamkeit des Beschlusses, da sich dieser Verfahrensmangel nicht entscheidend ausgewirkt hat. Der für fehlerhafte Beschlüsse in Vereinsversammlungen anerkannte Grundsatz, dass nur solche Rechtsverstöße die Entscheidung ungültig machen, die für das Abstimmungsergebnis kausal waren (vgl. BGH, U.v. 18.12.1967 - II ZR 211/65 - NJW 1968, 543/544; Weick in Staudinger, a.a.O., § 32 Rn. 25), muss auch für Beschlüsse von Fraktionen gelten (vgl. BayVGH, B.v. 8.4.2005 - 4 ZB 04.1829 - juris Rn. 10). Geht man hier davon aus, dass Th. für den Ausschluss der Antragstellerin votierte, erhöhte sich dadurch die Zahl der Ja-Stimmen von fünf auf sechs, während die Zahl der Nein-Stimmen weiterhin vier betrug. Die einfache Mehrheit der anwesenden und stimmberechtigten Fraktionsmitglieder, die für den Ausschluss aus einer Fraktion ausreicht, wenn deren Geschäftsordnung keine qualifizierte Mehrheit verlangt (vgl. OVG NW, B.v. 21.11.1988, a.a.O.; VG Stade, B.v. 4.7.2017 - 1 B 976/17 - juris Rn. 34 m.w.N.; a.A. Erdmann, a.a.O., 910; Schmidt-Jortzig/Hansen, NVwZ 1994, 116/119), wäre demnach auch ohne die Beteiligung des Th. erreicht worden.

(2) Der Fraktionsausschluss war gleichwohl, wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat, rechtlich unwirksam, weil der Antragstellerin die Gründe für diese Entscheidung nicht in der gebotenen Weise erläutert wurden.

Die Ladung zu der maßgeblichen Sitzung am 8. Oktober 2017 enthielt lediglich die Mitteilung, dass die Antragstellerin zu den „Vorwürfen der Verletzung der Vertraulichkeit und der Verleumdung eines Fraktionsmitglieds" angehört werde und dass nach der Aussprache mit den Fraktionsmitgliedern in ihrer Abwesenheit über einen Ausschluss abgestimmt werden solle. In dem nachfolgenden Schreiben des Fraktionsvorsitzenden vom 8. Oktober 2017 wurde sie darüber unterrichtet, dass die Fraktion beschlossen habe, sich von ihr zu trennen; aufgrund ihrer Stellungnahmen müsse festgestellt werden, dass „mehrheitlich eine vertrauensvolle Zusammenarbeit nicht mehr möglich erscheint". Diese sehr allgemeinen Aussagen werden dem für Ausschlüsse aus einer Gemeinderatsfraktion geltenden Begründungserfordernis nicht gerecht.

Wie der Senat in einer früheren Entscheidung dargelegt hat, gehört zu den Voraussetzungen eines rechtswirksamen Fraktionsausschlusses die Mitteilung der Ausschlussgründe an den Betroffenen, wobei auch hier die für das Vereinsrecht geltenden Grundsätze entsprechend anzuwenden sind (BayVGH, B.v. 24.11.1988, a.a.O.; vgl. auch SaarlOVG, B.v. 20.4.2012, a.a.O., 614; VG Osnabrück, B.v. 17.10.2008 - 1 B 27/08 - juris Rn. 25; Erdmann, a.a.O., 910). Beschlüsse über den Ausschluss aus einem Verein unterliegen der gerichtlichen Überprüfung nur mit dem Inhalt, mit welchem sie tatsächlich gefasst worden sind, d. h. allein mit derjenigen Begründung, mit der die entsprechenden Anträge zur Abstimmung gestellt und angenommen worden sind. Die Vorwürfe, die dem auszuschließenden Mitglied gemacht werden, müssen daher im Ausschließungsverfahren so konkret bezeichnet werden, dass die zur Entscheidung berufenen Mitglieder sich über den Inhalt der Vorwürfe im Klaren sind und dass nach der Abstimmung eindeutig feststeht, aufgrund welcher als erwiesen angesehener Tatsachen der Ausschluss erfolgt ist (BGH, U.v. 10.7.1989 - II ZR 30/89 - NJW 1990, 40/41 f. m.w.N.). Denn nur dann kann der Betroffene sachgerecht über die Einlegung eines Rechtsmittels entscheiden und kann das ggf. angerufene Gericht darüber befinden, ob die der Ausschließungsentscheidung zugrunde gelegten Tatsachen zutreffend festgestellt worden sind (BGH, a.a.O.; OLG Karlsruhe, B.v. 23.9.1997 - 11 U 3/97 - NJW-RR 1998, 684/685; Reichert, Hdb. des Vereins- und Verbandsrechts, a.a.O., Rn. 1636, 1691; Schweyer, Der eingetragene Verein, 14. Aufl. 1990, Rn. 104; ebenso für den Ausschluss aus einer Fraktion Lange, a.a.O., S. 309).  

Da ein solcher Mangel nicht durch Nachholung im Gerichtsverfahren heilbar ist (BGH, U.v. 10.07.1989, a.a.O. 41 m.w.N.), müssen die für einen Vereinsbzw. Fraktionsausschluss maßgebenden Gründe dem betreffenden Mitglied mit Bekanntgabe der Entscheidung, jedenfalls aber noch vor einer Klageerhebung, persönlich erläutert oder schriftlich mitgeteilt werden. Auf eine solche nachträgliche Begründung kann nur verzichtet werden, wenn die Abstimmung über den Ausschluss unter ausdrücklicher Bezugnahme auf ein zuvor dem Betroffenen übermitteltes Anhörungsschreiben erfolgt ist, das die Sachverhalte, die der beabsichtigten Ordnungsmaßnahme zugrunde liegen, im Einzelnen erläutert (vgl. SaarlOVG, B.v. 20.04.2012, a.a.O., 614 f.; OLG Karlsruhe, B.v. 23.9.1997, a.a.O.). Ein solcher Ausnahmefall lag hier aber nicht vor. Weder ergab sich aus der Ladung zur Fraktionssitzung am 8. Oktober 2017 der genaue Inhalt der gegen die Antragstellerin erhobenen Vorwürfe, noch lässt sich - mangels einer Protokollierung des Sitzungsverlaufs und des zur Abstimmung gestellten Beschlussvorschlags - für einen Außenstehenden erkennen, welche tatsächlichen Feststellungen die Fraktionsmehrheit am Ende zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Unbeantwortet geblieben ist insbesondere - selbst noch im gerichtlichen Eilverfahren - die Frage, ob der Fraktionsausschluss auf die Annahme einer vorsätzlich oder fahrlässig wahrheitswidrigen Zeugenaussage, auf eine als erwiesen bzw. als möglich angesehene unbefugte Weitergabe vertraulicher Informationen an die Polizei und an die Presse oder aber auf eine Kombination dieser Vorwürfe gestützt wurde.

(3) Da schon wegen dieses Begründungsmangels die angegriffene Entscheidung der Antragsgegnerin unwirksam war, bedarf es hier keiner näheren Befassung mit den gegen die materielle Rechtmäßigkeit vorgebrachten Bedenken. Im Hinblick auf die Möglichkeit einer künftigen (verfahrensfehlerfreien) Wiederholung der Abstimmung weist der Senat aber klarstellend darauf hin, dass der von der Antragsgegnerin geäußerten Rechtsansicht, Ratsmitglieder unterlägen bei Fraktionssitzungen ähnlich wie bei den vertraulichen Gemeindeangelegenheiten nach Art. 20 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 GO einer Verschwiegenheitspflicht und dürften daher über den Inhalt der Sitzungen ohne entsprechende Genehmigung weder vor Gericht noch außergerichtlich als Zeugen aussagen, nicht gefolgt werden kann. Die in Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GO normierte Verpflichtung, über die bei der ehrenamtlichen Tätigkeit bekanntgewordenen geheimhaltungsbedürftigen Angelegenheiten Verschwiegenheit zu bewahren, bezieht sich nur auf Vorgänge, die mit der Verwaltung der Gemeinde im Zusammenhang stehen. Diesbezügliche Informationen können die örtlichen Mandatsträger zwar nicht nur bei (nichtöffentlichen) Rats- oder Ausschusssitzungen oder durch Auskünfte von Gemeindebediensteten erlangen, sondern ebenso durch Bekanntgaben in Fraktionssitzungen (vgl. Wachsmuth in Schulz/Wachsmuth/Zwick, Kommunalverfassungsrecht Bayern, Stand Juli 2017, GO, Art. 20 Anm. 2.2.). Daraus folgt aber nicht, dass sämtliche Redebeiträge in einer Fraktion von Art. 20 Abs. 2 und 3 GO erfasst wären. Beziehen sich die Äußerungen nur auf fraktionsinterne Vorgänge ohne direkten Bezug zu den Gemeindeaufgaben oder - wie hier - auf rein private Verhältnisse eines Dritten, gilt dafür weder die kommunalrechtliche Verschwiegenheitspflicht noch der entsprechende Genehmigungsvorbehalt. Über den Inhalt derartiger Wortbeiträge müssen Fraktionsmitglieder daher im Rahmen einer förmlichen Zeugenbefragung auch dann Auskunft geben, wenn es sich um eine nichtöffentliche Sitzung gehandelt hat. Dass die Antragstellerin dieser allgemeinen staatsbürgerlichen Verpflichtung (vgl. BVerfG, B.v. 17.6.2009 - 2 BvE 3/07 - BVerfGE 124, 78 Rn. 114 m.w.N.) in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren nachgekommen ist und über den Verlauf früherer Fraktionssitzungen aus ihrer Sicht und ohne vorherige Rücksprache mit der Fraktionsführung berichtet hat, kann ihr somit nicht als unbefugte Weitergabe inter-ner Informationen entgegengehalten werden.

2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung zum Streitwert aus § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.5, 22.7 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

1. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, die Antragstellerin vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache mit allen Rechten und Pflichten eines Fraktionsmitglieds zur Fraktionsarbeit zuzulassen.

2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Der Streitwert wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung einstweilen bis zu einer Entscheidung im Hauptsachverfahren als Fraktionsmitglied zugelassen zu werden. Die Antragstellerin gehört dem Stadtrat der Stadt ... seit ... und zugleich der ... Stadtratsfraktion sowie dem Kreistag des Landkreises ... seit ... an. Sie ist seit ... Vorsitzende der ... Fraktion im Bezirkstag. Im Jahr ... wurde sie vom Stadtrat zur zweiten Bürgermeisterin der Stadt ... gewählt. Mit ihrem Antrag wendet sich die Antragstellerin gegen ihren Ausschluss aus der Stadtratsfraktion der ...

Der Oberbürgermeister der Stadt ... erstattete im Juni 2017 wegen der Verbreitung von Gerüchten um seine Person Strafanzeige gegen Unbekannt. Die Antragstellerin gab bei der Polizeiinspektion ... im Rahmen des diesbezüglich geführten Ermittlungsverfahrens gegen das Fraktionsmitglied der ... Stadtratsfraktion, ..., eine schriftliche Äußerung unter dem 2. Juli 2017 ab. Herr Rechtsanwalt ... (ebenfalls Fraktionsmitglied der ... Stadtratsfraktion), der Herrn ... im Ermittlungsverfahren vertritt, las in einer Sonderfraktionssitzung am 8. September 2017 unter anderem auch die schriftliche Äußerung der Antragstellerin aus den Ermittlungsakten vor. Mit Beschluss vom 9. November 2017 stellte das Amtsgericht ... das gegen das Mitglied der ... Stadtratsfraktion ... geführte Strafverfahren mit Zustimmung des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gem. § 153a der Strafprozessordnung (StPO) gegen eine Geldauflage von 900 EUR vorläufig ein.

Auf den Vorwurf der Fraktion, die Antragstellerin habe im Ermittlungsverfahren Fraktionsinterna weitergegeben, fand am 14. September 2017 eine Fraktionssondersitzung statt. Die Antragstellerin wurde aufgefordert, eine Erklärung abzugeben, verweigerte dies aber und verließ die Sitzung.

Mit Schreiben vom 15. September 2017 teilte der 1. stellvertretende Fraktionsvorsitzende gegenüber der Stadt ... mit, dass die Fraktion einen Sitzplatzwechsel für die Sitzungen im großen Sitzungssaal beschlossen habe und die Plätze der Antragstellerin und des 1. stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden getauscht würden, damit der Vorsitzende und sein erster Vertreter nebeneinander sitzen könnten. Mit Schreiben vom 17. September 2017 teilte der ... Fraktionsvorsitzende dem Oberbürgermeister mit, dass die Antragstellerin die ... Fraktion verlassen habe. Es werde gebeten, dies bei künftigen Formalitäten zu berücksichtigen.

Die Antragstellerin gab mit Schreiben vom 19. September 2017 eine Stellungnahme gegenüber der Presse ab, dass sie weiter Mitglied der ... Fraktion und die ... ihre politische Heimat sei.

Die Antragstellerin wurde zu einer weiteren Fraktionssitzung am 21. September 2017 per E Mail gebeten. Hierzu erklärte die Antragstellerin mit Schreiben vom 21. September 2017, dass sie wegen anderer terminlicher Gründe nicht teilnehmen könne und dass die Art der Einladung nicht korrekt gewesen sei. Sie hätte, da sie niemals ihren Austritt aus der Fraktion erklärt oder angedeutet habe, offiziell eingeladen werden müssen.

Mit Schreiben vom 22. September 2017 wurde die Antragstellerin zur Fraktionssondersitzung am 8. Oktober 2017 geladen. In der Sondersitzung solle der Antragstellerin die Möglichkeit gegeben werden, „zu den Vorwürfen der Verletzung der Vertraulichkeit und der Verleumdung eines Fraktionsmitglieds Stellung zu nehmen.“

In der Fraktionssitzung am 8. Oktober 2017 äußerte die Antragstellerin ausweislich des von ihr vorgelegten Redekonzepts, der Vorwurf, sie hätte aus vertraulicher Fraktionssitzung Interna offenbart, sei völlig falsch. Sie habe im Ermittlungsverfahren diesbezüglich kein Zeugnisverweigerungsrecht gehabt. Die Verpflichtung zur Zeugenaussage gehe vor. Sie habe gegenüber der Polizei den Fraktionskollegen ... nicht verleumdet. Sie habe wahrheitsgemäß den Ermittlungsbehörden mitgeteilt, was ihr nach ihrer Erinnerung und bestem Wissen und Gewissen inhaltlich zur Verfügung gestanden habe. Es bestünde nicht der geringste Anlass von der schriftlichen Aussage gegenüber der Polizei abzuweichen. Da die Zeugenaussage inhaltlich zutreffend sei, könne sie auch keine Beleidigung oder Verleumdung darstellen.

Mit Beschluss vom 8. Oktober 2017 wurde die Antragstellerin aus der Stadtratsfraktion der ... ausgeschlossen. Dies wurde der Antragstellerin mit Schreiben der ... Fraktion vom 8. Oktober 2017 mit der Begründung mitgeteilt, dass eine vertrauensvolle Zusammenarbeit nicht mehr möglich erscheine. Mit Schreiben vom 9. Oktober 2017 informierte der ... Fraktionsvorsitzende den Oberbürgermeister über den Ausschluss und bat um Berücksichtigung und um Mitteilung, wie sich dies auf die Sitzverteilung in den Senaten auswirken würde.

Mit Schreiben vom 11. Oktober 2017 wandte sich die Stadt ... an den Fraktionsvorsitzenden der ... Stadtratsfraktion. Nach Art. 33 Abs. 1 Satz 2 GO habe der Stadtrat bei Änderung der Fraktionsstärke die Besetzung der Ausschüsse zu prüfen. Bevor eine Neubesetzung der Ausschüsse durch Stadtratsbeschluss erfolgen könne, sei aus Gründen der Rechtsklarheit durch Stadtratsbeschluss festzustellen, dass der Ausgeschlossene seinen Ausschusssitz verliere. Die Fraktion wurde aufgefordert, Gründe mitzuteilen, aus denen sich ergebe, warum das Vertrauensverhältnis zur Antragstellerin nachhaltig gestört sei.

Mit Schreiben vom 11. Oktober 2017, eingegangen beim Landgericht ... am selben Tage, ließ die Antragstellerin Feststellungsklage erheben mit dem Antrag, den Beschluss der Antragsgegnerin vom 8. Oktober 2017 als rechtswidrig und unwirksam festzustellen. Mit weiterem Schreiben vom 11. Oktober 2017 ließ die Antragstellerin zugleich einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung stellen und beantragen,

die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung zu verpflichten, die Antragstellerin vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache mit allen Rechten und Pflichten eines Fraktionsmitglieds zur Fraktionsarbeit zuzulassen.

Zur Begründung ist ausgeführt, dass der Antragstellerin durch die Verhinderung der Teilnahme an Fraktionssitzungen Informations- und Einflussmöglichkeiten genommen würden. Es sei zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin zweite Bürgermeisterin der Stadt ... und Mitglied des Kreistages und des Bezirkstages sei. Die Antragstellerin sei als gewählte Stadträtin und Mitglied der ... Fraktion in den Gremien Verwaltungssenat, Bausenat, Aufsichtsrätin in ... und ... tätig. Der Ausschluss aus der Fraktion könne zu einer Änderung des Kräfteverhältnisses im Stadtrat führen, wobei auch die Sitzverteilung in den Ausschüssen und Delegationen betroffen wäre. Die Rechtmäßigkeit von Ausschussbeschlüssen sei abhängig von der ordnungsgemäßen Sitzverteilung. Aus diesem Grund müsse eine kurzfristige Entscheidung darüber getroffen werden, ob der Ausschluss wirksam sei. Der Ausschluss aus der Fraktion sei rechtswidrig. Ein wichtiger Grund liege nicht vor. Vier Fraktionsmitglieder hätten gegen den Ausschluss gestimmt. Zum Ausschluss sei es nur gekommen, da zwei Fraktionsmitglieder, Herr Rechtsanwalt ... und Herr ..., aus persönlichen Gründen ein starkes Interesse gehabt hätten, die Antragstellerin aus der Fraktion auszuschließen. Dies werde nach einem Zeitungsbericht der ... auch in der Öffentlichkeit so gesehen. Der Antragstellerin könne es nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass sie eine schriftliche Aussage gegenüber der Polizeiinspektion ... auf Anweisung der Staatsanwaltschaft abgegeben habe. Sie habe dabei nur ihre staatsbürgerlichen Pflichten erfüllt, eine wahrheitsgemäße Aussage abzugeben. Obwohl die Antragstellerin keine Austrittserklärung abgegeben habe und auch nicht austreten wolle, habe der Fraktionsvorsitzende den Medien und dem Oberbürgermeister gegenüber das Gegenteil mitgeteilt. Die Antragstellerin habe durch ihr Verhalten das Ansehen in der Öffentlichkeit nicht nachhaltig geschädigt, da ihr in vielen Zuschriften von Bürgern Solidarität versichert worden sei. Die Antragstellerin habe mehrmals versichert, dass sie weiterhin eine gedeihliche Arbeit mit der Antragsgegnerin anstrebe. Die Annahme, dass das Vertrauensverhältnis zerstört sei, müsse objektiv nachvollziehbar erscheinen. Dies sei bei einem rein zwischenmenschlichen Zerwürfnis nicht der Fall. Es sei bedenklich, dass das Fraktionsmitglied Herr Rechtsanwalt ... in der Fraktionssitzung aus den Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft vorgelesen habe. Der Schutzbereich des § 203 StGB beziehe sich auch auf Dritte. Es werde der Standpunkt vertreten, dass eine Schweigepflichtentbindung der Dritten Personen nötig sei, wenn geschützte Informationen an andere Personen als den Mandanten weitergegeben werden. Die Antragstellerin fügte ihrer Antragsschrift eine eidesstattliche Versicherung vom 11. Oktober 2017 bei, in der sie unter anderem ausführte, dass sie auch in Zukunft ihre Tätigkeit in verschiedenen Gremien in vollem Umfang in den Dienst der ... stellen wolle. In der Klagebegründung wird zusätzlich ausgeführt, dass der Antragstellerin der Vorwurf gemacht worden sei, sie habe der Presse gegenüber Interna aus der Fraktionssitzung weitergegeben. Die Antragstellerin habe aber keinen Einfluss auf die Presseberichterstattung. Die Abstimmung in der Fraktion habe ein Ergebnis von 6 zu 4 Stimmen erbracht. 4 Mitglieder der Fraktion seien der Überzeugung gewesen, dass mit der Antragstellerin weiterhin eine vertrauensvolle Zusammenarbeit möglich sei. Zudem hätten die Fraktionsmitglieder ... und ... mitgestimmt, obwohl diese persönliche Interessen in dieser Sache einbringen würden. Es sei § 34 BGB analog anzuwenden, da verbandsfremde Sonderinteressen von der Auswirkung auf Verbandsentscheidungen fernzuhalten seien. Aufgrund des Ermittlungsverfahrens hätten sowohl Herr ... als auch Herr ... ein persönliches Interesse daran, dass die Antragstellerin als unglaubwürdig dargestellt werde. Ohne deren Stimmen wäre keine Mehrheit für den Ausschluss der Antragstellerin zustande gekommen. Wegen der Auswirkungen des Ausschlusses aus der Fraktion für die politische Arbeit und die Gemeindevertretung sei ein Verfahren nach rechtsstaatlichen Grundsätzen durchzuführen. Die Antragstellerin habe Anspruch darauf, dass ihr nachvollziehbare Gründe mitgeteilt werden, die für den Ausschluss ursächlich gewesen sind.

Mit Schreiben vom 16. Oktober 2017 ließ die Antragsgegnerin durch ihre Bevollmächtigten erklären, dass kein ordnungsgemäßer passivlegitimierter Antragsgegner benannt worden sei. Bei der Stadtratsfraktion handele es sich um eine Gruppe, die weder einen eingetragenen Verein, noch eine Partei darstelle, so dass die Klage gegen eine Einzelperson unzulässig erscheine. Eine Eilbedürftigkeit liege nicht vor, da die Antragstellerin als zweite Bürgermeisterin umfassend über die Entscheidungen, die dem Stadtrat vorgelegt werden, informiert sei. Das Vertrauensverhältnis sei zerrüttet, da die Behauptungen hinsichtlich des Stadtratskollegen ... falsch seien und aus einer vertraulichen Sitzung an die Staatsanwaltschaft weitergegeben worden seien. Mit Schreiben vom 19. Oktober 2017 an das Landgericht ... lässt die Antragsgegnerin ausführen, dass die Antragstellerin in dem Ermittlungsverfahren ein Fraktionsmitglied der Verursachung eines Gerüchts bezichtigt habe und durch falsche Zitierung aus dem Verlauf einer Fraktionssitzung der weiteren Zusammenarbeit die Vertrauensgrundlage entzogen habe. Falsch habe die Antragstellerin auch in den Ermittlungsakten angegeben, dass es sich um Äußerungen in mehreren Fraktionssitzungen gehandelt habe.

Mit Beschluss vom 19. Oktober 2017, eingegangen beim Verwaltungsgericht Bayreuth am 8. November 2017, stellte das Landgericht ... fest, dass der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten unzulässig ist und verwies den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Bayreuth.

Mit Schreiben vom 10. November 2017 stellte die Antragsgegnerin klar, dass die ... Fraktion keine Geschäftsordnung habe.

Mit Schreiben vom 23. November 2017 ließ die Antragsgegnerin durch ihre Prozessbevollmächtigten beantragen,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung wird ausgeführt, dass Herr ... in der Fraktionssitzung am 11. Mai 2017 nur über das Gerücht über den Oberbürgermeister berichten habe wollen, wobei er weder den Namen des Oberbürgermeisters noch den der Mitarbeiterin genannt habe. Eine Diskussion habe sich aufgrund der Intervention des Fraktionsvorsitzenden nicht entfaltet. Herr ... habe das Thema bei keiner weiteren Fraktionssitzung angesprochen. Eine Äußerung des Inhalts, wie sie die Antragstellerin im Ermittlungsverfahren gemacht habe, sei durch Herrn ... nicht gefallen. Es wurden 5 eidesstattliche Versicherungen von Fraktionsmitgliedern vorgelegt. Das Verhalten der Antragstellerin in der Fraktionssitzung vom 14. September 2017 sei von den Fraktionsmitgliedern mehrheitlich (7 zu 1 Stimmen) als Austritt gewertet worden. Die Zeitungsartikel der ... vom 18. und 19. September 2017 enthielten detaillierte Darstellungen von Inhalten und Abläufen der vertraulichen Fraktionssitzung vom 14. September 2017, die von der Antragstellerin an die Presse weitergegeben worden seien. Der Stadtrat habe am 23. Oktober 2017 festgestellt, dass der Ausschluss aus der Fraktion nicht rechtswirksam gewesen sei. Das Strafverfahren gegen Herrn ... sei mit Beschluss des Amtsgerichts ... vom 9. November 2017 eingestellt worden. Der Nachweis der üblen Nachrede habe durch die Staatsanwaltschaft nicht geführt werden können, die Geldauflage sei beglichen worden. Es werde die Beiziehung der Akten der Staatsanwaltschaft beantragt. Das Verhältnis zwischen der Antragstellerin und der Fraktion sei zerrüttet. Dies ergebe sich auch aus den vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen. Die Antragstellerin werde im Zeitungsartikel vom 11. November 2017 ebenfalls mit den Worten zitiert, sie wolle mit den Personen, die hier agieren, nichts mehr zu tun haben. Der Antrag sei mangels Passivlegitimation der Antragsgegnerin bereits unzulässig. Richtigerweise wäre der Antrag gegen die einzelnen Fraktionsmitglieder zu richten gewesen. Die Antragstellerin habe einen Anordnungsgrund im Hinblick auf die Vorwegnahme der Hauptsache nicht geltend gemacht. Sie sei zweite Bürgermeisterin und weiter Ausschussmitglied, woran sich wegen des Stadtratsbeschlusses vom 23. Oktober 2017 nichts geändert habe. Ihr stünden in dieser Funktion weiterhin umfangreiche Informationsmöglichkeiten zur Verfügung, die über das hinausgingen, was an Informationen in Fraktionssitzungen gewonnen werden könne. Es werde auf ein Urteil des VG Regensburg verwiesen, in dem festgestellt worden sei, dass die Klägerin als zweite Bürgermeisterin nicht auf die Information der Fraktion angewiesen sei. Eine Wiederaufnahme in die Fraktion würde deshalb ihre Mitwirkungsmöglichkeiten in der Kommunalpolitik nicht verbessern. Eine sinnvolle Sitzungsarbeit sei darüber hinaus vor einer abschließenden gerichtlichen Klärung des Ausschlusses wegen des zerrütteten Verhältnisses nicht zu erwarten. Die Antragstellerin würde durch die einstweilige Zulassung keinen messbaren Vorteil erlangen, in keinem Fall liege aber ein wesentlicher Nachteil oder eine schwere und unzumutbare Belastung vor. Dadurch, dass die Fraktionsarbeit der übrigen Mitglieder lahmgelegt würde, werde sogar noch weiterer Schaden angerichtet. Ein Anordnungsanspruch sei nicht glaubhaft gemacht, da die Mitgliedschaft bereits durch den Austritt aus der Fraktion am 14. September 2017 geendet habe. Die Erklärung der Antragstellerin sei nach dem objektiven Empfängerhorizont als Austritt zu werten. Die Antragstellerin habe in dieser Sitzung angeboten, nicht mehr zu den Fraktionssitzungen zu erscheinen und nur noch, falls sie geladen würde, zu bestimmten Punkten Auskunft zu erteilen. Als dies für die Fraktionsmitglieder nicht akzeptabel erschienen sei, habe sie ihre Sachen gepackt und mit den Worten: „Ich habe verstanden, mir reicht’s, schönen Abend“, die Fraktionssitzung verlassen. Der Umstand, dass vor ihrer Erklärung eine Zwischenlösung – Aufrechterhaltung der Fraktionsmitgliedschaft ohne Teilnahme an den Sitzungen – abgelehnt worden sei, führe dazu, dass ihre darauf folgende Reaktion als Austrittserklärung gewertet werden müsse. Da die überwiegende Mehrheit der Fraktionsmitglieder dies auch so gewertet habe, sei dies ein Indiz für den objektiven Erklärungswert ihres Verhaltens. Unabhängig davon sei der Ausschluss am 8. Oktober 2017 rechtmäßig erfolgt. Anhaltspunkte dafür, dass die Fraktionsmitglieder ... oder ... befangen sein sollen, bestünden nicht. Es werde entschieden zurückgewiesen, dass die Unglaubwürdigkeit der Antragstellerin bezweckt werden sollte, da nicht nachvollziehbar sei, wie sich der Ausschluss aus der Fraktion auf die Glaubwürdigkeit der Antragstellerin auswirken könne. Es bestünde selbst bei Anwendung des § 34 BGB kein Ausschlussgrund, da weder ein Rechtsgeschäft zwischen den genannten Personen und der Fraktion noch die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits zwischen den beiden Personen und der Fraktion im Raum gestanden habe. Ein wichtiger Grund für den Ausschluss liege vor. Es habe auf Grund der im Zeitpunkt der Aussage der Antragstellerin geltenden Fassung des § 163 StPO schon keine Verpflichtung gegeben, vor der Polizei auszusagen. Die Zeugnispflicht bestünde nur hinsichtlich einer vollständigen und wahrheitsgemäßen Antwort auf Fragen der Ermittlungsbehörden, nicht auf Vermutungen. Die einmalige Äußerung des Stadtrats ... habe keinen Anlass gegeben, ihn bei der Zeugenbefragung ins Spiel zu bringen. Er habe durch den Hinweis auf das Gerücht lediglich seine Pflichten als Stadtrat wahrgenommen. Durch ihr Verhalten habe es die Antragstellerin unmöglich gemacht, sich in ihrem Beisein offen über kritische Sachverhalte auszutauschen. Jedes Fraktionsmitglied müsse damit rechnen, sich bei bietender Gelegenheit bei der Polizei angeschwärzt zu sehen. Eine ordnungsgemäße Fraktionsarbeit sei unter diesen Umständen nicht möglich. Zudem stelle die Weitergabe von Inhalten aus vertraulichen Sitzungen an die Presse bereits für sich gesehen einen schweren Verstoß dar, sodass eine vertrauensvolle Zusammenarbeit nicht mehr möglich sei. Es werde festgestellt, dass das Vertrauensverhältnis als gestört angesehen werden müsse, daran werde auch die gerichtliche Entscheidung nichts ändern.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.

II.

1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO ist zulässig. Der Antrag ist statthaft, weil der Ausschluss aus einer Fraktion der Gemeindevertretung mangels Behördeneigenschaft der Fraktion und wegen Fehlens einer Subordinationsverhältnisses nach unbestrittener Ansicht keinen Verwaltungsakt darstellt, so dass einstweiliger Rechtsschutz gemäß § 80 Abs. 5 VwGO ausscheidet (HessVGH, B. v. 02.08.1984 – 2 TG 607/84 – HSGZ 1987, 209; OVG NW, B. v. 21.11.1988 – 15 B 2380/88 – DVBl 1989, 940 m.w.N.). Zweifel an der Beteiligtenfähigkeit der Stadtratsfraktion, die als solche mit ihrem vom Fraktionsvorsitzenden unterzeichneten Schreiben vom 8. Oktober 2017 der Antragstellerin den Beschluss über den Fraktionsausschluss mitgeteilt hat, bestehen nicht (Schmidt-Jortzig/Hansen, NVwZ 1994, 116 (118), Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Rn. 7 zu § 61 m.w.N.).

2. Der Antrag hat auch in der Sache Erfolg.

a) Der Antrag richtet sich gegen den richtigen Antragsgegner. Es handelt sich vorliegend um einen Organstreit, da es sich um eine Auseinandersetzung von sich gegenüberstehenden Organisationsteilen der juristischen Person der Stadt ... handelt. Im Rahmen dieser kommunalverfassungsrechtlichen Streitigkeit ist die Fraktion nach ständiger Rechtsprechung als passivlegitimiert angesehen, obwohl sie sich einer eindeutigen rechtlichen Eingruppierung entzieht. So bezeichnet das Verwaltungsgericht Regensburg die Fraktion, bei der es sich um einen Zusammenschluss von Gremiumsmitgliedern handelt, die auf den gleichen Wahlvorschlag gewählt wurden, als „öffentlich-rechtliche Vereinigung sui generis“ (VG Regensburg, U.v. 19.05.2004 – RN 3 K 03.1273 – juris Rn. 43, ebenso zur passiven Parteifähigkeit Kainz, NJW 1985, 2616, unter Berufung auf OLG Karlsruhe, OLGZ 1978, 226 (227); OLG Bamberg, NJW 1982, 895).

b) Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht, gegebenenfalls bereits vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert wird. § 123 Abs. 1 VwGO setzt ein besonderes Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund) im Interesse der Wahrung des behaupteten Rechts (Anordnungsanspruch) voraus. Beides ist vom Antragsteller glaubhaft zu machen, § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO). Maßgebend für die Beurteilung sind die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.

aa) Die Antragstellerin hat einen Anordnungsgrund und damit die Eilbedürftigkeit der gerichtlichen Entscheidung glaubhaft gemacht. Denn es stellt für die Antragstellerin einen wesentlichen Nachteil dar, wenn sie bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Hauptsache zu Unrecht von der Mitwirkung bei der fraktionsinternen Willensbildung ausgeschlossen wäre und damit als fraktionsloser Gemeindevertreter nur eingeschränkt Einflussmöglichkeiten in der Gemeindevertretung hätte (VG Gießen, B.v. 30.05.2003 – 8 G 1662/03 – juris Rn. 4). Dies gilt auch für die Antragstellerin als zweite Bürgermeisterin der Stadt, da sie zum einen als solche nur die Aufgabe hat, den ersten Bürgermeister im Falle dessen Verhinderung zu vertreten (vgl. Art. 39 Abs. 1 GO). Zum anderen geht es der Antragstellerin um die Fraktionsarbeit und die daraus resultierenden Einflussmöglichkeiten in der Gemeinde, die über die Einflussmöglichkeiten eines Bürgermeisters hinausgehen, da dessen inhaltliche Entscheidungsmöglichkeiten durch Art. 37 GO begrenzt sind. So obliegt die Willensbildung grundsätzlich dem Stadtrat und nicht dem ersten Bürgermeister (Art. 29 GO). Auch für den stellvertretenden Bürgermeister stellt deshalb der Fraktionsausschluss einen wesentlichen Nachteil dar. Nach Art. 33 Abs. 1 Satz 2 GO hat der Gemeinderat bei der Regelung der Zusammensetzung der Ausschüsse dem Stärkeverhältnis der in ihm vertretenen Parteien und Wählergruppen Rechnung zu tragen. Bei einer Änderung der Fraktionsstärke durch Ausschluss sind die Ausschüsse in der Gemeinde neu zu besetzen, wenn durch einen Wechsel das Stärkeverhältnis im Ausschuss so geändert wird, dass es dem vom Gemeinderat beschlossenen Schlüssel nicht mehr entspricht (Hölzl/Hien/Huber, GO, Stand: Dezember 2016, Art. 33 Seite 10 (3.)). Da sich die Zugehörigkeit zur Fraktion somit auch auf die Sitzverteilung in den Ausschüssen auswirken kann, könnten der Antragstellerin durch den Ausschluss auch Einflussnahmemöglichkeiten insoweit entzogen werden, als sie ihre Ausschusssitze verlieren würde. Dass dies bislang noch nicht geschehen ist, da der Stadtrat mit Beschluss vom 23. Oktober 2017 den Fraktionsausschluss als nicht rechtswirksam erachtet hat, ändert hieran nichts. Denn die Antragsgegnerin hält weiter an der Rechtsauffassung fest, dass die Antragstellerin kein Fraktionsmitglied mehr ist. Sie vertritt ferner gegenüber dem Stadtrat die Ansicht, dass die gerichtliche Entscheidung abzuwarten sei und dass das Verlangen der Ladung, der Geschäftsordnung oder der Protokolle der Fraktionssitzung zur Prüfung der Rechtmäßigkeit des Ausschlusses durch die Stadt jeder Rechtsgrundlage entbehre (Seite 2 der Beschlussvorlage der Stadt vom 19. Oktober 2017).

Auch aus dem Urteil des VG Regensburg vom 19. Mai 2004 (RN 3 K 03.1273 – juris) ergibt sich nichts anderes. Es handelt sich hier nicht um eine Entscheidung im Rahmen eines Antrags nach § 123 VwGO und somit auch nicht um das Verneinen eines Anordnungsgrunds. Die Entscheidung stützt sich darauf, dass im zu prüfenden Fall ein wichtiger Grund für den Fraktionsausschluss vorlag, da das Vertrauensverhältnis innerhalb der Fraktion zerstört war. Gegenüber dieser Zerstörung des Vertrauensverhältnisses traten gewichtige Interessen der Klägerin als zweite Bürgermeisterin nicht ins Gewicht. Der Fall ist mit dem vorliegenden nicht zu vergleichen, da hier eine Zerstörung des Vertrauensverhältnisses nicht feststeht und es um die Prüfung des Anordnungsgrundes geht.

Der Antragstellerin geht es nicht nur um die Informationen in den Sitzungen der Fraktion, sondern um die Frage, ob sie als fraktionslose Stadträtin weiter ihren Sitz in den Ausschüssen behält. Dass sich der Anordnungsgrund hierauf bezieht, zeigt die Antragsgegnerin selbst durch den Vortrag im Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 23. November 2017. Dort wird dargestellt, dass die Fraktion dem Vorschlag der Antragstellerin, an den Fraktionssitzungen nicht mehr teilzunehmen und nur zu erscheinen, wenn sie geladen würde, entgegen getreten sei (Seite 4 des Schriftsatzes). Somit gibt die Antragsgegnerin selbst zu verstehen, dass es bei der Zugehörigkeit zu einer Fraktion nicht nur um die Frage der Teilnahme an den Sitzungen der Fraktion geht, sondern auch um die Besetzung der Ausschüsse im Stärkeverhältnis der Fraktionen.

Das Gericht berücksichtigt bei seiner Entscheidung, dass in einem Organstreit nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung eine Vorwegnahme der Hauptsache nur in seltenen Ausnahmefällen gerechtfertigt werden kann, denn in einem Organstreit ist im Gegensatz zum Außenrechtsstreit nicht über Individualrechte, sondern über innerorganisatorische Kompetenzen zu entscheiden. Diese sind dem Antragsteller nicht um seiner selbst willen, sondern im Interesse der Gemeinde zugewiesen und daher weder aus den Grundrechten herzuleiten, noch im Schutzbereich der Rechtsweggarantie (Art. 19 Abs. 4 GG) angesiedelt. Gemessen daran kommt es nach der ständigen Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte für den Anordnungsgrund in einem Organstreit nicht auf die subjektive Betroffenheit des jeweiligen Antragstellers, sondern darauf an, ob die einstweilige Anordnung im Interesse der Körperschaft objektiv notwendig bzw. – bei einer Vorwegnahme der Hauptsache – unabweisbar erscheint. Entscheidend für die Vorwegnahme der Hauptsache ist neben der Bedeutung der konkreten Angelegenheit für die Gemeinde vor allem der Rang des Rechtssatzes, dessen Verletzung durch die einstweilige Anordnung abgewendet werden soll. Ausgehend davon kommt auch beim Streit um einen Fraktionsausschluss die Vorwegnahme der Hauptsache durch eine einstweilige Anordnung nur ausnahmsweise in Betracht (OVG NW, B.v. 20.07.1992 – 15 B 1643/92 – juris Rn. 52). Eine solche Ausnahme wird z.B. dann angesehen, wenn der Fraktionsausschluss dem Willkürverbot widerspricht oder wenn das Verfahren, das zur Ausschließung des Antragstellers geführt hat, rechtsstaatlichen Minimalanforderungen unterläuft (OVG NW, B.v. 20.07.1992 a.a.O.).

bb) Es ist überwiegend wahrscheinlich und damit glaubhaft gemacht, dass der Ausschluss aus der Fraktion rechtsstaatlichen Minimalanforderungen nicht gerecht wurde. Hieraus ergibt sich auch zugleich die Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruchs. Hierbei wird berücksichtigt, dass die gerichtliche Kontrolldichte beschränkt ist und fraktionsspezifische Wertungen nicht durch Beurteilungen durch das Gericht ersetzt werden dürfen (Schmidt-Jortzig/Hansen, NVwZ 1994, 116 (119), OVG Saarl, B.v.20.04.2012 – 2 B 105/12 – juris Rn. 15).

(1) Ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen ein Fraktionsmitglied ausgeschlossen werden kann, richtet sich in erster Linie nach den bei der Errichtung der Fraktion getroffenen Absprachen. Fehlt - wie im vorliegenden Fall - eine entsprechende Regelung, so ist es sachgerecht, auf den Maßstab zurückzugreifen, der allgemein für die Beendigung von Beteiligungen in Dauerrechtsverhältnissen gilt, die durch die persönliche Zusammenarbeit der Beteiligten geprägt werden. Danach erfordert ein solcher Ausschluss zunächst die Einhaltung bestimmter formeller Voraussetzungen, die nach allgemeiner Ansicht zwingend beachtet werden müssen. Hierzu ist erforderlich, dass dem Ausschluss des Fraktionsmitgliedes eine Anhörung des Betroffenen vorausgeht und zu der Sitzung, in der über den Ausschluss befunden werden soll, sämtliche Fraktionsmitglieder eine Ladung unter konkreter Benennung dieses Tagesordnungspunktes erhalten. Darüber hinaus sind dem ausgeschlossenen Mitglied die Ausschlussgründe schriftlich mitzuteilen (VG Gießen, B.v. 30.05.2003 – 8 G 1662/03 – juris Rn. 6 unter Berufung auf: BayVGH, B. v. 24.11.1988 – 4 CE 88.2620 – NVwZ 1989, 494). Zudem ist für den Ausschluss ein Mehrheitsbeschluss der Fraktion erforderlich (VG Osnabrück, B.v. 17.10.2008 – 1 B 27/08 – juris Rn. 20).

Da ein Fraktionsausschluss erheblich in die politisch-demokratischen Handlungsmöglichkeiten eines gewählten Mitglieds einer Vertretungskörperschaft eingreifen kann, muss der Ausschluss demokratischen und rechtsstaatlichen Grundsätzen entsprechen. Mangels Regelung in der Geschäftsordnung der ... Stadtratsfraktion kann hierbei auf Regelungen der Gemeindeordnung entsprechend zurückgegriffen werden. Nach Art. 49 Abs. 1 Satz 1 Gemeindeordnung (GO) kann ein Gemeinderat an der Beratung und der Abstimmung nicht teilnehmen, wenn der Beschluss ihm selbst oder einer von ihm kraft Vollmacht vertretenen natürlichen Person einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil erbringen kann. Als Vorteil oder Nachteil werden hierbei nicht nur wirtschaftliche Interessen gewertet, sondern auch ideelle oder persönliche Vorteile wie die Mehrung oder Minderung des Einflusses und des Ansehens. Sinn des Art. 49 GO ist es, dass niemand in eigener Sache ein Urteil abgeben und über eigene Sonderinteressen abstimmen soll (Widtmann/Grasser/Glaser, Bayerische Gemeindeordnung, Stand: 01.12.2015, Art. 49 Rn. 12). Ein unter Mitwirkung wegen seiner persönlichen Beteiligung ausgeschlossenen Mitglieds gefasster Beschluss hat die Ungültigkeit des Beschlusses nach Art. 49 Abs. 4 GO zur Folge, wenn die Mitwirkung für das Abstimmungsergebnis entscheidend war.

Nach unwidersprochen gebliebenem Sachvortrag stimmte für den Ausschluss der Antragstellerin auch das Fraktionsmitglied ... mit, in dessen Ermittlungsverfahren die Antragstellerin befragt wurde, sowie dessen Prozessbevollmächtigter, Fraktionsmitglied ... Im Hinblick auf den Fortgang seines Ermittlungsverfahrens und der Würdigung der Aussage durch die strafrechtlichen Behörden kann das Fraktionsmitglied ... ein persönliches eigenes Interesse am Ausschluss der Antragstellerin aus der Fraktion haben, da dadurch die Glaubwürdigkeit der Person der Antragstellerin in Frage gestellt werden kann. Würde eine Fraktion nach außen zu verstehen geben, dass der Grund für den Ausschluss eine Falschaussage in einem Ermittlungsverfahren gewesen ist, könnte das Ergebnis dieses Ausschlusses für die Würdigung der Aussage des ausgeschlossenen Mitglieds durch die Ermittlungsbehörden entscheidend sein. Die Aussage könnte als unglaubhaft gewürdigt werden, was dem Beschuldigten zum persönlichen Vorteil gereichen könnte. Ein persönliches eigenes Interesse hatte nach dem Grundgedanken der gesetzlichen Regelung des Art. 49 Abs. 1 Satz 1 GO auch der Prozessbevollmächtigte im Strafverfahren. Vorliegend stimmte die Fraktion nach unwidersprochen gebliebenem Vortrag der Antragstellerin mit 6 Stimmen zu 4 Stimmen für den Ausschluss der Antragstellerin aus der Fraktion. Die Fraktionsmitglieder ... (Beschuldigter des Ermittlungsverfahrens) und ... (dessen Prozessbevollmächtigter) waren auf Grund ihrer persönlichen Betroffenheit nicht stimmberechtigt. Ohne deren Stimmbeteiligung wäre aber die erforderliche Mehrheit für den Fraktionsausschluss nicht zustande gekommen. Die Abstimmung über den Fraktionsausschluss verstößt daher gegen den rechtsstaatlichen Grundgedanken, der in Art. 49 Abs. 1 und Abs. 4 GO zu Grunde gelegt ist und bei dem es sich auch um eine rechtsstaatliche Minimalanforderung handelt.

(2) Hinzu kommt, dass die Gründe, die zu dem Ausschluss geführt haben, der Antragstellerin im Schreiben vom 8. Oktober 2017 nicht mitgeteilt wurden. Auch dies stellt einen wesentlichen Verfahrensmangel dar, der dazu führt, dass der Fraktionsausschluss als nichtig zu werten ist (Widtmann/Grasser/Glaser, Bayerische Gemeindeordnung, Stand: 01.12.2015, Art. 33 Rn. 8). Das Fraktionsmitglied muss allein durch die Lektüre der Mitteilung über seinen Fraktionsausschluss in die Lage versetzt werden zu entscheiden, ob er den Beschluss hinnehmen oder aber hiergegen gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen will. Die im Schreiben vom 8. Oktober 2017 gegebenen Begründung, dass „mehrheitlich eine vertrauensvolle Zusammenarbeit nicht mehr möglich erscheint“, wird aufgrund ihrer leerformelhaften Fassung dem Begründungserfordernis nicht gerecht. Dieses Erfordernis stellt auch keine bloße Förmelei dar, denn nur durch die Mitteilung der tragenden Gründe der Ausschlussentscheidung kann der Betroffene erkennen, welche konkreten Umstände zu seinem Ausschluss geführt haben und warum sein Vorbringen die Mehrheit in der Fraktion nicht überzeugen konnte. Hierauf kann vorliegend schon deshalb nicht verzichtet werden, weil die Antragstellerin die Fraktionssitzung bereits vorzeitig verlassen und bei der Abstimmung nicht mehr anwesend war. Die Begründung ist mangels ausdrücklicher Regelung (z.B. in der Geschäftsordnung) auch nicht nachholbar, denn es gibt keinen im Rechtsstaatsprinzip oder in der Garantie effektiven Rechtsschutzes verwurzelten Grundsatz, dass Verstöße gegen Verfahrensvorschriften stets durch Nachholung bis zu einem bestimmten Zeitpunkt heilbar sind, sodass eine analoge Anwendung des § 45 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG vorliegend nicht angezeigt ist (VG Osnabrück, B.v. 17.10.2008 – 1 B 27/08 – juris Rn. 25).

Da sich der Ausschluss der Antragstellerin aus der Fraktion schon aus formalen Gründen, die rechtsstaatliche Grundsätze in einem erheblichen Maße verletzen, als rechtswidrig erweist, sind die mitgliedschaftlichen Rechte der Antragstellerin wie im Tenor angeordnet, sicherzustellen. Der Ansicht, dass die Antragstellerin ihren Austritt schon am 14. September 2017 selbst erklärt habe, kann nach dem objektiven Empfängerhorizont nicht gefolgt werden. Das bloße vorzeitige Verlassen der Fraktionssitzung bietet – auch unter Berücksichtigung der konkreten Umstände, unter denen dies vorliegend geschah – keine ausreichende Grundlage, um hieraus auf einen Austritt aus der Fraktion zu schließen. Wäre dies der Fall gewesen, so hätte die Antragsgegnerin sich gar keines Ausschlussverfahrens bedienen müssen. Durch die Wahl dieses Verfahrens gab die Fraktion nach außen zu verstehen, dass sie selbst nicht von einem wirksamen Austritt der Antragstellerin ausging. Insbesondere wurde in der Ladung der Antragstellerin vom 22. September 2017 mit keinem Wort darauf hingewiesen, dass man von einem bereits erfolgten selbst erklärten Austritt der Antragstellerin ausgegangen sei.

(3) Darüber hinaus hält es das Gericht für überwiegend wahrscheinlich und damit für glaubhaft gemacht, dass der Fraktionsausschluss auch materiell rechtswidrig ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein Ausschluss aus der Fraktion nur das letzte Mittel der Wahl sein kann. Er darf nach ständiger Rechtsprechung erst angeordnet werden, wenn alle milderen Maßnahmen versagt haben oder wegen der besonderen Umstände des Einzelfalls ausnahmsweise nicht in Betracht gezogen werden mussten (VG Osnabrück, B.v. 17.10.2008 – 1 B 27/08 – juris Rn. 20; VG Braunschweig, U.v. 12.09.2007 – 1 A 37/07 – juris Rn. 30). Hierbei fällt auf, dass die Antragstellerin ihre Äußerung nur im Ermittlungsverfahren gemacht hat und ihrerseits hinsichtlich der Äußerungen dort nicht an die Öffentlichkeit herangetreten ist. Erst durch das nach unwidersprochen gebliebenem Sachvortrag der Antragstellerin erfolgte Verlesen aller in den Ermittlungsakten befindlichen Aussagen und dem daran anschließenden Streit um den Ausschluss aus der Fraktion wurde auch die Öffentlichkeit auf die Problematik aufmerksam gemacht. Hierbei ist schon fraglich, ob der Prozessbevollmächtigte ... überhaupt berechtigt war, anderen Fraktionskollegen den Inhalt der Strafakten durch Verlesen zugänglich zu machen. Jedenfalls durfte die Antragstellerin darauf vertrauen, dass ihre Äußerungen im Ermittlungsverfahren nicht an die Öffentlichkeit – auch nicht an andere Fraktionsmitglieder – gelangen.

Sollte der Inhalt einer Fraktionssitzung im Ermittlungsverfahren von der Antragstellerin tatsächlich falsch wiedergegeben worden sein und hätte die Fraktion sich dadurch in ihren Rechten verletzt gesehen, so hätte sie als milderes Mittel die ihrer Ansicht nach richtige Inhaltsdarstellung in diesem Verfahren darlegen können. Soweit es nur um die persönliche Betroffenheit eines Fraktionsmitglieds geht, so hätte dieses im Ermittlungsverfahren unter entsprechender Zeugenangabe selbst seine andere Ansicht darstellen können.

Den Wahrheitsgehalt der Aussage der Antragstellerin zu prüfen, unter fällt den ordentlichen Gerichten bzw. der Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren. Sollte sich in diesem Verfahren herausstellen, dass die Antragstellerin bewusst wahrheitswidrig Äußerungen zu Lasten eines Fraktionsmitglieds unternommen hat, so kann das Vertrauensverhältnis derart verletzt sein, dass mildere Mittel als ein Ausschluss nicht in Betracht kommen. Durch den sofortigen Ausschluss aus der Fraktion wurde das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens aber bereits – ohne dessen Ausgang abzuwarten – vorweggenommen. Da eine Wiederholungsgefahr hier offensichtlich nicht gegeben ist, wäre ein milderes Mittel hier zunächst gewesen, den Ausgang des strafrechtlichen Verfahrens abzuwarten und im Strafverfahren selbst Sachdarstellungen einzubringen, zumal die Öffentlichkeit in diesem Verfahren ohnehin nicht beteiligt gewesen wäre. Im Übrigen schienen auch die Staatsanwaltschaft und das Amtsgericht nicht von der Unschuld des Herrn ... überzeugt gewesen zu sein, da ansonsten keine Einstellung des Strafverfahrens nach § 153a Abs. 2 StPO gegen Zahlung einer Geldauflage erfolgt wäre. Die Vorschrift bietet die Möglichkeit, in einem Bereich oberhalb der kleinen Kriminalität, in dem § 153 StPO nicht mehr anwendbar ist, zu einer Erledigung ohne Strafmaßnahmen zu kommen, weil die Einstellung ohne jede Ahndung dem öffentlichen Interesse zuwiderlaufen würde. Für den Betroffenen ist es vorteilhaft, ohne wirkliche (strafähnliche) Sanktion zur Erledigung eines Strafverfahrens zu gelangen und damit zu vermeiden, vorbestraft zu sein (KK-StPO/Diemer StPO § 153a Rn. 1-5, beck-online).

(4) Zudem sind Anhaltspunkte für das Vorliegen eines wichtigen Grundes hier nicht gegeben, weshalb auch aus diesem Grund rechtsstaatlichen Minimalanforderungen für den sofortigen Ausschluss nicht Rechnung getragen wurde. Ein den Ausschluss eines Mitglieds rechtfertigender wichtiger Grund ist gegeben, wenn Umstände vorliegen, die das Vertrauensverhältnis nachhaltig und derart stören, dass den übrigen Fraktionsmitgliedern eine weitere Zusammenarbeit nicht zugemutet werden kann, wobei auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung der Fraktion abzustellen ist (VG Braunschweig, U.v. 12.09.2007 – 1 A 37/07 – juris). Für das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen dieses Grundes trägt die ausschließende Fraktion die materielle Beweislast (HessVGH, B.v. 13.12.1989 – 6 TG 3175/89 – juris Rn. 5). Mangels Begründung des Ausschlusses ist ein wichtiger Grund nicht erkennbar. Soweit aus den Äußerungen im gerichtlichen Verfahren darauf abgestellt wird, dass die Antragstellerin im Rahmen ihrer Zeugenvernehmung eine falsche Aussage gemacht hat, so ergibt sich hierfür mangels diesbezüglicher Ergebnisse im Ermittlungsverfahren kein Anhaltspunkt. Im gerichtlichen Verfahren hat die Antragsgegnerin darauf abgestellt, dass Ergebnisse aus einer Fraktionsbesprechung im Ermittlungsverfahren weitergegeben wurden. Dies ist aber ebenfalls kein wichtiger Grund, da diese Inhalte keinem Zeugnisverweigerungsrecht unterliegen, weswegen Äußerungen in Fraktionssitzungen, die für ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren relevant sein können, von den Fraktionsmitgliedern nicht geheim gehalten werden müssen. Dies gilt erst recht, wenn eine solche Geheimhaltungspflicht nicht von der Fraktion vorab schriftlich in einer Geschäftsordnung festgehalten wurde. Soweit darauf abgestellt wird, dass ein Fraktionsmitglied fälschlicherweise verdächtigt wurde, ein Gerücht verbreitet zu haben, so ist hierfür aus der Zeugenaussage kein Anhaltspunkt ersichtlich: Auf die Frage: „Kennen Sie den Urheber der mitgeteilten Gerüchte/ die Person, welche diese Gerüchte in die Welt setzte namentlich, können Sie Hinweise darauf geben?“, antwortete die Antragstellerin: „Hier kann ich nur vermuten. …“ Weder äußerte die Antragstellerin selbst den Hinweis, dass das Fraktionsmitglied ein Gerücht verbreitet hat, noch gab sie zu verstehen, dass das Fraktionsmitglied dieses Gerücht verbreitet hatte. Sie sprach ausdrücklich nur eine Vermutung aus und erhärtete diese Vermutung mit einer Äußerung des Fraktionsmitglieds, welche in diesem Kontext gefallen sein soll.

Ein wichtiger Grund kann auch nicht darin gesehen werden, dass die Antragstellerin vertrauliche Inhalte einer Fraktionssitzung an die Presse weitergegeben hat. Die Antragsgegnerin beruft sich hierbei auf die Artikel der ... vom 18. und 19. September 2017. Dem Artikel vom 18. September 2017 ist aber gerade zu entnehmen, dass die Antragstellerin die Pressemitteilung der ... Stadtratsfraktion über den Austritt aus der Fraktion nicht kommentieren wolle. Schon zu diesem Zeitpunkt lagen der Presse offensichtlich Informationen vor. Dass diese Informationen auf die Antragstellerin zurückzuführen sind, wo doch auch die ... Fraktion selbst ihrerseits an die Presse herangetreten war, ist eine bloße Vermutung und wird wohl selbst in einem Hauptsacheverfahren schwer aufzuklären sein. Jedenfalls gibt der diesbezügliche Inhalt des Artikels vom 18. September 2017 hierzu keinen Anhaltspunkt. Eine Geheimhaltungspflicht wurde zudem in einer Geschäftsordnung der Fraktion nicht festgehalten. Wie bereits ausgeführt war es nicht die Antragstellerin, die von sich aus an die Öffentlichkeit herangetreten ist. Das Verfahren wurde durch die fragwürdige Verlesung aus den Ermittlungsakten in Gang gesetzt und durch die Mitteilung des angeblichen Austritts der Öffentlichkeit durch die Fraktion selbst publik gemacht. Eine Weitergabe geheimhaltungspflichtiger Interna aus einer Fraktionssitzung ist dem Inhalt des Zeitungsartikels vom 19. September 2017 zudem nicht zu entnehmen.

(5) Abschließend sei angemerkt, dass der Prozessbevollmächtigte der Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 23. November 2017 zwar betont hat, dass das Vertrauensverhältnis zwischen der Antragstellerin und der Fraktion als zerstört angesehen werden müsse und dass daran eine gerichtliche Entscheidung nichts ändern würde. Dies soll durch das Vorlegen von 5 eidesstattlichen Versicherungen (darunter jeweils eine der Fraktionskollegen ... und ...) und einem Zeitungsartikel vom 11./12. November 2017 mit einem Zitat der Antragstellerin untermauert werden. Die 5 vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen von Fraktionsmitgliedern spiegeln aber nur die Meinung eines Teils der Fraktion wieder. Die Antragstellerin hat durch eidesstattliche Versicherung bekräftigt, dass sie ihre Tätigkeit auch in Zukunft in vollem Umfang in den Dienst der ... stellen möchte. Wie sich der Rechtsstreit weiter entwickeln wird auch im Hinblick auf das Zitat in der ... und der strategischen Vorgehensweise einzelner Fraktionsmitglieder wird eine Frage sein, die das Verhältnis der Prozessparteien in Zukunft betreffen wird. Für die Rechtmäßigkeit der Prüfung des Ausschlusses vom 8. Oktober 2017 ist dies aber nicht entscheidungserheblich.

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO, wonach der unterliegende Teil die Kosten des Verfahrens trägt.

4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) i.V.m. Ziffer 22.7. des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, wobei im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur die Hälfte des Streitwerts des Hauptsacheverfahrens festzusetzen ist.

(1) Handelt der Schuldner der Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, so ist er wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu einem Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, zur Ordnungshaft oder zur Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu verurteilen. Das einzelne Ordnungsgeld darf den Betrag von 250.000 Euro, die Ordnungshaft insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen.

(2) Der Verurteilung muss eine entsprechende Androhung vorausgehen, die, wenn sie in dem die Verpflichtung aussprechenden Urteil nicht enthalten ist, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges erlassen wird.

(3) Auch kann der Schuldner auf Antrag des Gläubigers zur Bestellung einer Sicherheit für den durch fernere Zuwiderhandlungen entstehenden Schaden auf bestimmte Zeit verurteilt werden.

Kommt die Behörde in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 5 und des § 123 der ihr im Urteil oder in der einstweiligen Anordnung auferlegten Verpflichtung nicht nach, so kann das Gericht des ersten Rechtszugs auf Antrag unter Fristsetzung gegen sie ein Zwangsgeld bis zehntausend Euro durch Beschluß androhen, nach fruchtlosem Fristablauf festsetzen und von Amts wegen vollstrecken. Das Zwangsgeld kann wiederholt angedroht, festgesetzt und vollstreckt werden.

(1) Handelt der Schuldner der Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, so ist er wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu einem Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, zur Ordnungshaft oder zur Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu verurteilen. Das einzelne Ordnungsgeld darf den Betrag von 250.000 Euro, die Ordnungshaft insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen.

(2) Der Verurteilung muss eine entsprechende Androhung vorausgehen, die, wenn sie in dem die Verpflichtung aussprechenden Urteil nicht enthalten ist, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges erlassen wird.

(3) Auch kann der Schuldner auf Antrag des Gläubigers zur Bestellung einer Sicherheit für den durch fernere Zuwiderhandlungen entstehenden Schaden auf bestimmte Zeit verurteilt werden.

Kommt die Behörde in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 5 und des § 123 der ihr im Urteil oder in der einstweiligen Anordnung auferlegten Verpflichtung nicht nach, so kann das Gericht des ersten Rechtszugs auf Antrag unter Fristsetzung gegen sie ein Zwangsgeld bis zehntausend Euro durch Beschluß androhen, nach fruchtlosem Fristablauf festsetzen und von Amts wegen vollstrecken. Das Zwangsgeld kann wiederholt angedroht, festgesetzt und vollstreckt werden.

Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind

1.
natürliche und juristische Personen,
2.
Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann,
3.
Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(1) Handelt der Schuldner der Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, so ist er wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu einem Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, zur Ordnungshaft oder zur Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu verurteilen. Das einzelne Ordnungsgeld darf den Betrag von 250.000 Euro, die Ordnungshaft insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen.

(2) Der Verurteilung muss eine entsprechende Androhung vorausgehen, die, wenn sie in dem die Verpflichtung aussprechenden Urteil nicht enthalten ist, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges erlassen wird.

(3) Auch kann der Schuldner auf Antrag des Gläubigers zur Bestellung einer Sicherheit für den durch fernere Zuwiderhandlungen entstehenden Schaden auf bestimmte Zeit verurteilt werden.

Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind

1.
natürliche und juristische Personen,
2.
Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann,
3.
Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(1) Handelt der Schuldner der Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, so ist er wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu einem Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, zur Ordnungshaft oder zur Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu verurteilen. Das einzelne Ordnungsgeld darf den Betrag von 250.000 Euro, die Ordnungshaft insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen.

(2) Der Verurteilung muss eine entsprechende Androhung vorausgehen, die, wenn sie in dem die Verpflichtung aussprechenden Urteil nicht enthalten ist, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges erlassen wird.

(3) Auch kann der Schuldner auf Antrag des Gläubigers zur Bestellung einer Sicherheit für den durch fernere Zuwiderhandlungen entstehenden Schaden auf bestimmte Zeit verurteilt werden.

Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 07. Januar 2013 - 8 K 4120/12 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass anstelle eines Zwangsgeldes ein Ordnungsgeld in genannter Höhe angedroht wird.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

Gründe

 
Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners ist nicht begründet.
Das Verwaltungsgericht hat dem Antragsgegner für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 06.11.2012 - 8 K 2354/12 -, soweit dem Antragsgegner dadurch untersagt wird, die Stelle eine Ministerialrats im Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren (BesGr. B 3) mit dem Beigeladenen zu besetzen, solange nicht über die Bewerbung des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu entschieden ist, ein „Zwangsgeld“ (gemeint: Ordnungsgeld) in Höhe von 10.000,-- EUR angedroht. Die hiergegen mit der Beschwerde angeführten Gründe rechtfertigen die Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses nicht. Die Androhung eines Ordnungsgeldes ist auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens rechtlich nicht zu beanstanden.
Nachdem das Verwaltungsgericht mit (insoweit rechtskräftigem) Beschluss vom 06.11.2012 die vorgenannte einstweilige Anordnung auf vorläufige Unterlassung der Stellenbesetzung mit dem Beigeladenen erlassen hatte, hat der Antragsteller (Vollstreckungsgläubiger) am 05.12.2012 beantragt, dem Antragsgegner für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen diesen Beschluss ein „Zwangsgeld“ in Höhe von bis zu 10.000,-- EUR anzudrohen. Dieses Vollstreckungsbegehren, das sich der Sache nach auf die Androhung eines Ordnungsgeldes richtet, ist zulässig und begründet.
Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Vollstreckungsantrag nach § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 890 Abs. 2 ZPO statthaft ist, dass die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen für die begehrte Androhung eines (richtigerweise) „Ordnungsgeldes“ nach § 890 Abs. 2 ZPO vorliegen, dass der Antrag auch nicht nach § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 929 Abs. 2 ZPO unzulässig ist, da er noch innerhalb der Vollzugsfrist von einem Monat gestellt worden ist, und dass es unerheblich ist, dass der Vollstreckungsschuldner zuvor nicht gegen die ihm mit der einstweiligen Anordnung auferlegte (Unterlassungs-)Verpflichtung verstoßen hat.
§ 890 Abs. 2 ZPO bestimmt, dass die Androhung eines Ordnungsgeldes - als Voraussetzung für eine Verurteilung hierzu nach § 890 Abs. 1 ZPO -, wenn sie nicht (bereits) in der die Verpflichtung aussprechenden Entscheidung enthalten ist, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszugs erlassen wird. Nach Wortlaut und Zweck der Regelung besteht unter den genannten Voraussetzungen eine Rechtspflicht des Gerichts zum Erlass der Androhung. Insoweit ist dem Gericht - mit Ausnahme der Entscheidung über die Höhe des Ordnungsgeldes - ein Ermessen nicht eingeräumt. Insbesondere ist die Androhung nicht daran geknüpft, dass der Vollstreckungsschuldner bereits gegen die betreffende Unterlassungspflicht verstoßen hat oder eine derartige Zuwiderhandlung droht (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 08.02.2012 - 4 S 3153/11 -, Juris; Beschluss vom 03.04.1990 - 8 S 341/90 -, NVwZ-RR 1990, 447 und Thüringer OVG, Beschluss vom 18.01.2010 - 2 VO 327/08 -, Juris). Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zeigen, dass mit der Androhung tatsächlich ein Ordnungsgeld nach § 890 Abs. 2 ZPO und nicht ein Zwangsgeld nach § 172 VwGO gemeint ist (vgl. zu einer vergleichbaren Fallkonstellation auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.08.2012 - 10 S 1085/12 -, Juris). Zur Klarstellung hat der Senat dies im Tenor ausgesprochen.
Ein Verstoß gegen § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 929 Abs. 2 ZPO, wonach die Vollziehung der einstweiligen Anordnung unstatthaft ist, wenn seit dem Tag, an dem sie verkündet oder der Partei, auf deren Gesuch sie erging, zugestellt ist, ein Monat verstrichen ist, liegt entgegen dem Beschwerdevorbringen nicht vor.
Unter „Vollziehung“ in diesem Sinne ist die Einleitung der Zwangsvollstreckung aus der einstweiligen Anordnung zu verstehen. Der Gläubiger muss innerhalb der Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO aktiv werden, indem er vom Titel Gebrauch macht. Das gilt auch für eine auf Unterlassung gerichtete einstweilige Anordnung. Die von Amts wegen erfolgte Zustellung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts an den Antragsgegner am 12.11.2012 genügt für die Vollziehung insoweit nicht. Die Amtszustellung ist Wirksamkeitserfordernis der nicht verkündeten einstweiligen Anordnung und kann deshalb nicht zugleich ihrer Vollziehung dienen. Ihr fehlt das „spezifisch vollstreckungsrechtliche Element“, dass der Gläubiger tätig wird und seinen Willen kundgibt, von dem Titel Gebrauch zu machen (vgl. BGH, Urteil vom 22.10.1992 - IX ZR 36/92 -, GRUR 1993, 415 m.w.N.; BAG, Urteil vom 18.09.2007 - 9 AZR 672/06 -, BAGE 124, 80; Funke-Kaiser, in: Bader u.a., VwGO, 5. Aufl., § 123 RdNr. 79 m.w.N.; a.A. wohl Schoch, in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 123 RdNr. 173). Für eine Vollziehung bedarf es allerdings auch keiner Zustellung im Parteibetrieb, vielmehr ist es ausreichend, wenn innerhalb der einmonatigen Vollziehungsfrist die Festsetzung von Ordnungsmitteln nach § 890 ZPO beantragt wird. Darin liegt bereits ein Gebrauchmachen im genannten Sinne (vgl. BGH, Urteil vom 13.04.1989 - IX ZR 148/88 -, WM 1989, 927; BAG, Urteil vom 18.09.2007, a.a.O. m.w.N.). Die hier am 05.12.2012 und damit innerhalb der Monatsfrist seit Wirksamwerden der einstweiligen Anordnung (durch Zustellung von Amts wegen) beantragte Androhung eines Ordnungsgeldes genügt diesen Anforderungen, zumal die Antragsschrift dem Antragsgegner durch das Verwaltungsgericht am 10.12.2012 und damit auch innerhalb dieser Frist zugestellt wurde. Die Monatsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO hat den Zweck, dass der Vollstreckungsschuldner nicht über Gebühr im Ungewissen gelassen wird, ob er noch aus dem Titel in Anspruch genommen wird (Bayerischer VGH, Beschluss vom 13.03.2003 - 4 C 03.640 -, NVwZ-RR 2003, 699). Das ist aber nicht der Fall, wenn innerhalb der Monatsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO ein Antrag nach § 890 ZPO gestellt wird, denn damit bringt der Gläubiger unmissverständlich zum Ausdruck, dass er die erwirkte Maßnahme durchsetzen will. Dementsprechend stellt das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 22.10.1992 (a.a.O.) klar, dass eine Vollziehung auch anders als durch Zustellung im Parteibetrieb denkbar ist.
Die im Ermessen des Gerichts stehende Höhe des anzudrohenden Ordnungsgeldes wird mit der Beschwerde nicht angegriffen. Ermessensfehler sind insoweit auch nicht erkennbar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.
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Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht. Infolge der Zurückweisung der Beschwerde fällt nach Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) lediglich eine Festgebühr an.
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Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Handelt der Schuldner der Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, so ist er wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu einem Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, zur Ordnungshaft oder zur Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu verurteilen. Das einzelne Ordnungsgeld darf den Betrag von 250.000 Euro, die Ordnungshaft insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen.

(2) Der Verurteilung muss eine entsprechende Androhung vorausgehen, die, wenn sie in dem die Verpflichtung aussprechenden Urteil nicht enthalten ist, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges erlassen wird.

(3) Auch kann der Schuldner auf Antrag des Gläubigers zur Bestellung einer Sicherheit für den durch fernere Zuwiderhandlungen entstehenden Schaden auf bestimmte Zeit verurteilt werden.

(1) Die Beschwerde hat nur dann aufschiebende Wirkung, wenn sie die Festsetzung eines Ordnungs- oder Zwangsmittels zum Gegenstand hat. Das Gericht, der Vorsitzende oder der Berichterstatter, dessen Entscheidung angefochten wird, kann auch sonst bestimmen, daß die Vollziehung der angefochtenen Entscheidung einstweilen auszusetzen ist.

(2) §§ 178 und 181 Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes bleiben unberührt.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Tenor

I.

Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 1. April 2014 wird der Antragsgegnerin aufgegeben, die Stelle Amtsleiter/in des Revisionsamtes nicht zu besetzen, bevor über die Bewerbung des Antragstellers bestandskräftig entschieden worden ist.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

II.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller und die Beigeladene bewarben sich - neben anderen Bewerbern -um die von der Antragsgegnerin am 5. September 2013 ausgeschriebene Stelle für eine/n Amtsleiter/in des Revisionsamtes (Besoldungsgruppe B4). Folgende Anforderungen an die Stelleninhaberin/den Stelleninhaber wurden festgelegt:

„Für die ausgeschriebene Position suchen wir eine überzeugende Persönlichkeit mit herausragenden und in der Praxis erprobten Führungs- und Managementqualitäten im Sinne der Grundsätze für Führung und Zusammenarbeit.

- Soziale Kompetenz, wie Gender- und interkulturelle Kompetenz, ausgeprägtes Verhandlungsgeschick, die Fähigkeit, die kooperative Zusammenarbeit zu fördern und mit Konflikten angemessen umzugehen

- Methodische Kompetenz, z. B. zielorientiertes Handeln, fachübergreifend vernetztes Vorgehen, relevante Potentiale der Weiterentwicklung der Rechnungsprüfung erkennen, erschließen und in den prüferischen Alltag integrieren, ausgeprägte Entscheidungs- und Lösungskompetenz auch bei fachübergreifenden Themen

- Persönliche Eigenschaften, insbesondere sehr hohes Engagement, die Fähigkeit, unterschiedliche Fachdisziplinen zu einem einheitlichen Prüfansatz zu vereinen, Motivationsfähigkeit, hohes Verantwortungsbewusstsein, überzeugendes Auftreten, auch gegenüber hochrangigen Mitgliedern der Stadtverwaltung sowie gegenüber dem ehrenamtlichen Stadtrat

- Fachliche Kompetenz: Einen guten Überblick über die Aufgaben und Arbeitsweisen der Stadtverwaltung, der Eigenbetriebe und der städtischen Gesellschaften. Betriebswirtschaftliche Kenntnisse und vertiefte Kenntnisse des MKRw. Erkennen von Schnittstellen und Zusammenhängen zwischen Rechnungswesen und anderen Fachlichkeiten. Die Fähigkeit, sich in der großen Bandbreite aller im Prüfgeschehen vorkommenden Fachlichkeiten ggf. auch vertieft zurecht zu finden. Von Vorteil sind praktische Erfahrungen im Bereich kommunaler Rechnungslegung und Prüfung von kommunalen Jahresabschlüssen sowie von deren Weiterentwicklung.“

Der ... geborene Antragsteller steht seit dem 1. September 1971 in den Diensten der Antragsgegnerin und ist als Leiter der Hauptabteilung Haushaltswirtschaft in der Stadtkämmerei (Besoldungsgruppe B2) tätig. In der letzten dienstlichen periodischen Beurteilung aus dem Jahr 2011 erreichte der Antragsteller für den Beurteilungszeitraum 1. Juli 2007 bis zum 31. Dezember 2010 in der Besoldungsgruppe A16 das Gesamtprädikat „übertrifft die Anforderungen in herausragender Weise“; der aktuelle Leistungsbericht, der den Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis zum 9. Oktober 2013 umfasst, schließt für den Antragsteller in der Besoldungsgruppe B2 mit demselben Gesamturteil ab.

Die ... geborene Beigeladene war nach Studium der Betriebswirtschaft und Promotion zunächst beruflich anderweitig tätig und wurde 1997 Prüferin im Revisionsamt der ... und ist seit 2005 Prüfgebietsleiterin im Revisionsamt, seit 1. Juli 2012 in der Besoldungsgruppe A15. In der letzten dienstlichen periodischen Beurteilung aus dem Jahr 2011 erreichte die Beigeladene für den Beurteilungszeitraum vom 1. Juli 2008 bis 31. Dezember 2010 in der Besoldungsgruppe A14 das Gesamtprädikat „übertrifft die Anforderungen in herausragender Weise“; der aktuelle Leistungsbericht, der den Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis 9. Oktober 2013 umfasst, schließt für die Beigeladene in der Besoldungsgruppe A15 mit demselben Gesamturteil ab.

Der Antragsteller sowie ein weiterer Bewerber - jeweils in der Besoldungsgruppe B2 -wurden zur Vorstellungsrunde am 17. Dezember 2013 geladen. Der weitere Bewerber zog einen Tag vor der Vorstellungsrunde seine Bewerbung zurück. Die Vorstellungsrunde fand dann nur mit dem Antragsteller statt.

Dem Antragsteller wurde mit Schreiben vom 23. Januar 2014 mitgeteilt, dass er für die zu besetzende Stelle nicht infrage komme, weil es ihm an der erforderlichen Eignung fehle. Es werde eine Vorauswahl aus den weiteren Bewerberinnen und Bewerbern vorgenommen. Ferner wies die Antragsgegnerin darauf hin, dass Rechtsbehelfe gegen eine Verfahrenshandlung nur gleichzeitig mit einem Rechtsbehelf gegen die Sachentscheidung zulässig seien und dass der Antragsteller über den Ausgang des Verfahrens abschließend informiert werde.

Am 18. Februar 2014 erhob der Antragsteller gegen die Ablehnung seiner Bewerbung Widerspruch und beantragte beim Verwaltungsgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Inhalt, der Antragsgegnerin aufzugeben, die Stelle Amtsleiter/in des Revisionsamtes nicht zu besetzen, bevor über die Bewerbung des Antragstellers bestandskräftig entschieden worden ist.

Auswahlentscheidungen seien in erster Linie anhand der dienstlichen Beurteilungen zu treffen, so dass es zwar richtig gewesen sei, den Antragsteller und einen gleich beurteilten Bewerber zum Vorstellungsgespräch einzuladen. Nachdem dieser seine Bewerbung zurückgezogen habe, sei der Antragsteller der am besten geeignete Beamte gewesen. Darüber hinaus könne ein nur kurze Zeit dauerndes Vorstellungsgespräch keinesfalls ein höheres Gewicht haben als eine dienstliche Beurteilung, der jahrelange Feststellungen zugrunde lägen. Ein Anordnungsgrund ergebe sich aus der rechtswidrigen Ablehnung der Bewerbung des Antragstellers, so dass ihm eine länger andauernde Verletzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs nicht zuzumuten sei.

Die Antragsgegnerin beantragte, den Antrag abzulehnen.

Es liege kein Anordnungsgrund vor, weil bis zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Besetzungsentscheidung getroffen worden sei und somit keine Dringlichkeit bestünde.

Mit Beschluss vom 1. April 2014 lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Für den Antrag bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis. Der Antrag ziele darauf ab, der Antragsgegnerin bis zu einer bestandskräftigen Entscheidung über die Bewerbung zu untersagen, die Stelle des Amtsleiters/der Amtsleiterin des Revisionsamts zu besetzen und damit das Stellenbesetzungsverfahren weiterzuführen. Mit diesem auf vorläufigen Rechtsschutz gerichteten Unterlassungsanspruch wende sich der Antragsteller gegen eine behördliche Verfahrenshandlung. Er begehre in unzulässiger Weise vorbeugenden Rechtsschutz im Hinblick auf eine erst noch zu treffende Auswahlentscheidung, ohne jedoch ein besonders qualifiziertes Rechtsschutzinteresse hierfür im Einzelnen darzulegen.

Bereits am 18. Februar 2014 hatte die Antragsgegnerin eine weitere Vorstellungsrunde mit der Beigeladenen und zwei weiteren Bewerbern durchgeführt. Die Vorstellungskommission war sich einig, dass die Beigeladene ihre Eignung für die ausgeschriebene Stelle am besten darstellen konnte. Am 20. März 2014 präsentierten sich die Beigeladene und ein weiterer Bewerber vor dem Verwaltungs- und Personalausschuss und dem Rechnungsprüfungsausschuss der Antragsgegnerin. Der Rechnungsprüfungsausschuss schlug in seiner Stellungnahme vom 25. März 2014 die Beigeladene für die Besetzung der Stelle vor. Der Verwaltungs- und Personalausschuss hat in seiner Sitzung am 2. April 2014 beschlossen, die Beigeladene nach Art. 104 Abs. 3 GO zur Leiterin des Revisionsamtes zu bestellen, vorbehaltlich des Ausgangs anhängiger verwaltungsgerichtlicher Eilverfahren. Nach rechtkräftigem Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens könne dann die Stellenbesetzung erfolgen. Der Stadtrat hat in seiner Sitzung vom 9. April 2014 einen inhaltsgleichen Beschluss gefasst.

Gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts legte der Antragsteller am 3. April 2014 Beschwerde ein und beantragte,

unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 1. April 2014 der Antragsgegnerin aufzugeben, die Stelle Amtsleiter/in des Revisionsamtes nicht zu besetzen, bevor über die Bewerbung des Antragstellers bestandskräftig entschieden wurde, für den Fall der Zuwiderhandlung gegen eine gerichtliche Verpflichtung, die Stelle nicht zu besetzen, wird der Antragsgegnerin ein Ordnungsgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt werde, das sich aber auf 10.000 € belaufen sollte, angedroht.

Die Ablehnung der Bewerbung des Antragstellers mit Schreiben vom 23. Januar 2014 stelle keine Verfahrenshandlung dar, vielmehr handele es sich um eine endgültige Ablehnung der Bewerbung des Antragstellers, die einen Verwaltungsakt darstelle. Es liege auch ein Anordnungsgrund vor. Nach Art. 33 Abs. 2 GG seien Besetzungsentscheidungen auf der Grundlage der aktuellen dienstlichen Beurteilungen zu treffen - lediglich dann, wenn eine wesentlich gleiche Beurteilungslage vorliege, dürfe ein Hilfskriterium, wie etwa ein Vorstellungsgespräch - herangezogen werden. Nach Zurückziehen der Bewerbung durch den zweiten Bewerber hätte die Antragsgegnerin sowohl nach der Rechtsprechung als auch nach ihren eigenen Ausschreibungsrichtlinien das Vorstellungsgespräch überhaupt nicht durchführen dürfen. Rechtswidrig sei auch die frühere Praxis der Antragsgegnerin, Stellenbesetzungsentscheidungen auf das Ergebnis eines Vorstellungsgespräches zu stützen.

Mit Schreiben vom 9. April 2014 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass beabsichtigt sei, die ausgeschriebene Stelle mit der Beigeladenen zu besetzen. Diese Ablehnung führte der Antragsteller mit Schreiben vom 24. April 2014 in das Verfahren ein.

Mit Schriftsatz vom 30. April 2014 beantragte die Antragsgegnerin,

den Antrag abzulehnen.

Das Verwaltungsgericht habe rechtsfehlerfrei die Vorschrift des § 44 a VwGO auf den hier vorliegenden Sachverhalt angewendet. Der Antrag sei zudem auch unbegründet, da es an einem Anordnungsanspruch fehle. Das Auswahlverfahren verletze den Antragsteller nicht in seinen Rechten. Vorliegend sei nach der ersten Vorauswahl, nach welcher der Antragsteller gleichauf mit einem Mitbewerber gelegen habe, eine Bewerbungssituation entstanden, aufgrund derer die Antragsgegnerin nach sachgerechter Prüfung zu der Auffassung gelangt sei, dass eine Stellenbesetzung mit dem Antragsteller dem Maßstab der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistungen nicht gerecht werde und dem Grundsatz der Bestenauslese für den zu besetzenden Dienstposten zuwiderlaufen würde. Das öffentliche Interesse der Antragsgegnerin an der bestmöglichen Besetzung der ausgeschriebenen Stelle sei vorrangig. Der Antragsteller habe nicht den Erwartungen entsprochen und habe das Vorliegen der für die konkrete Stelle geforderten Kriterien nicht nachweisen können. Es sei nicht rechtsfehlerhaft, wenn die Antragsgegnerin ihre Beurteilung, der Antragsteller sei für die ausgeschriebene Stelle nicht geeignet, auf die im Rahmen des Vorstellungsgespräches zutage getretenen Mängel hinsichtlich der geforderten Kompetenzen gestützt habe. Die Antragsgegnerin habe das Vorstellungsgespräch führen dürfen, um sich von der Eignung des Antragstellers für die ausgeschriebene Stelle zu überzeugen. Der Auffassung des Antragstellers folgend hätte die Antragsgegnerin die streitgegenständliche Stelle auch einem Bewerber übertragen müssen, der in seiner dienstlichen Beurteilung z. B. das schlechteste Gesamturteil, bei Erfüllung jedenfalls der konstitutiven Kriterien des Anforderungsprofils, erhalten hätte. Der Antragsgegnerin müsse es aber in Hinblick auf die exponierte Bedeutung der Stelle des Amtsleiters/der Amtsleiterin des Revisionsamtes möglich sein, einen Bewerber hinsichtlich der Erfüllung der konkreten Anforderungskriterien - auch und im Besonderen der deskriptiven Merkmale - zu prüfen. Hinsichtlich der für die streitgegenständliche Stelle besonders wichtigen Merkmale fänden sich in der dienstlichen Beurteilung des Antragstellers keine hinreichenden Aussagen. Seine bisherigen Beurteilungen bezögen sich auf gänzlich andere Aufgabenstellungen im Gefüge der normalen Verwaltungstätigkeit. Nach Art. 16 Abs. 1 Satz 4 LlbG könnten Grundlagen der Entscheidung des Dienstherrn dienstliche Beurteilungen und wissenschaftlich fundierte Auswahlverfahren, wie insbesondere systematisierte Personalauswahlgespräche, strukturierte Interviews oder Assessment-Center sein, sofern diese von Auswahlkommissionen durchgeführt werden. Auch insofern dürfte sich die Antragsgegnerin in einem Vorstellungsgespräch ein Bild davon machen, ob der Antragsteller die für die Stelle erforderlichen Anforderungen tatsächlich erfülle.

Zur Ergänzung wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde des Antragstellers hat Erfolg.

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts ist aufgrund der Änderung der Sachlage (endgültige Auswahlentscheidung und Mitteilung an die Bewerber im April 2014) aufzuheben und die beantragte einstweilige Anordnung zu erlassen.

1. Maßgeblich für die Entscheidung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts. Dies gilt sowohl für den Anordnungsgrund als auch für den Anordnungsanspruch, wobei der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung des Anordnungsanspruchs auch im vorläufigen Rechtsschutz nach dem jeweils einschlägigen materiellen Recht früher sein kann (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 123 Rn. 46 und 54; Kopp, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 123 Rn. 27). Da hier kein früherer Zeitpunkt in Betracht kommt, hat der Senat die im Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgebliche Sach- und Rechtslage zugrunde zu legen. Zu diesem Zeitpunkt hat die Auswahlentscheidung, die durch den zuständigen Stadtrat durch Beschluss vom 9. April 2014 erfolgt ist, stattgefunden (§ 2 Nr. 22 GeschO vom 2.5.2002 i. d. F. vom 26.6.2013). Damit sind die Voraussetzungen für den vom Antragsteller gestellten Antrag spätestens mit Erhalt des Ablehnungsschreibens der Antragsgegnerin vom 9. April 2014 erfüllt. Die Ablehnung der Bewerbung hat der Antragsteller im Laufe der Beschwerdebegründungsfrist in das Verfahren eingeführt, so dass auch dem § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO Rechnung getragen ist, wonach das Oberverwaltungsgericht nur die dargelegten Gründe prüft.

Ob der beim Verwaltungsgericht am 18. Februar 2014 gestellte Antrag bereits aufgrund des Schreibens der Antragsgegnerin vom 23. Januar 2014 zulässig war, kann bei dieser Sachlage dahingestellt bleiben.

2. Im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats besteht sowohl ein Anordnungsgrund als auch ein Anordnungsanspruch.

Ein Anordnungsgrund ist zu bejahen, da die Antragsgegnerin das Stellenbesetzungsverfahren mit dem Beschluss des Stadtrats vom 9. April 2014 und der daraufhin erfolgten Mitteilungen an die Bewerber abgeschlossen hat und die ausgeschriebene Stelle zügig besetzt werden soll.

Der Antragsteller hat auch einen Anordnungsanspruch, weil die von der Antragsgegnerin getroffene Auswahlentscheidung, die streitgegenständliche Stelle aufgrund der Auswahlgespräche mit der Beigeladenen zu besetzen, den Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers nach Art. 33 Abs. 2 GG verletzt.

Gemäß Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Danach sind öffentliche Ämter nach Maßgabe des Bestenauslesegrundsatzes zu besetzen. Die Geltung dieses Grundsatzes wird nach Art. 33 Abs. 2 GG unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleistet. Die Vorschrift dient zum einen dem öffentlichen Interesse der bestmöglichen Besetzung des öffentlichen Dienstes. Zum anderen trägt Art. 33 Abs. 2 GG dem berechtigten Interesse des Beamten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen dadurch Rechnung, dass er grundrechtsgleiche Rechte auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl begründet. Mit den Begriffen Eignung, Befähigung und fachliche Leistung eröffnet Art. 33 Abs. 2 GG bei Beförderungsentscheidungen einen Beurteilungsspielraum des Dienstherrn. Dieser unterliegt schon von Verfassungs wegen einer nur eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Art. 33 Abs. 2 GG i. V. m. Art. 19 Abs. 4 GG verleiht Beamten in diesem Rahmen das Recht, eine Auswahlentscheidung dahingehend überprüfen zu lassen, ob der Dienstherr ermessens- und beurteilungsfehlerfrei über ihre Bewerbung entschieden hat. Damit korrespondiert ein Bewerbungsverfahrensanspruch, dass die im Rahmen der Stellenbesetzung vorzunehmende Auswahlentscheidung gemäß dem Verfassungsgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG und Art. 94 Abs. 2 BV (vgl. § 9 BeamtStG, Art. 16 Abs. 1 LlbG) nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu treffen ist (BVerfG, B. v. 11.5.2011 - 2 BvR 764/11 - juris Rn. 10; BVerwG, B. v. 4.11.2010 - 2 C 16.09 - juris Rn. 20; BayVGH, B. v. 17.5.2013 - 3 CE 12.2469 - juris Rn. 28).

Kommen mehrere Bewerber für einen höherwertigen Dienstposten in Betracht, muss der am besten Geeignete ausfindig gemacht werden. Der Bewerberauswahl dürfen nach Art. 33 Abs. 2 GG nur Gesichtspunkte zugrunde gelegt werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber betreffen. Bei der Auswahl des am besten geeigneten Bewerbers ist im Rahmen einer Prognose auf die Anforderungen des konkret zu besetzenden Dienstpostens abzustellen. Den von Art. 33 Abs. 2 GG geforderten Leistungsbezug weisen diejenigen Merkmale auf, die darüber Aufschluss geben können, in welchem Maß der Bewerber den Anforderungen des angestrebten Dienstpostens voraussichtlich genügen wird (BVerwG, U. v. 4.11.2010 - 2 C 16.09 - juris Rn. 20, B. v. 22.11.2012 - 2 VR 5.12 - juris Rn. 23 st. Rspr.).

Der Dienstherr bestimmt primär im Rahmen seines organisatorischen Ermessens, welche Eignungsvoraussetzungen (Anforderungsprofil) der zukünftige Stelleninhaber erfüllen muss (BVerwG, B. v. 25.10.2011 - 2 VR 4.11 - juris Rn. 27 ff.; BayVGH, B. v. 18.6.2012 - 3 CE 12.675 - juris Rn. 76 ff.). Bei den in der Ausschreibung unter soziale Kompetenz, methodische Kompetenz, persönliche Eigenschaften und fachliche Kompetenz genannten Anforderungen an die Stelleninhaberin/den Stelleninhaber handelt es sich um deklaratorische bzw. beschreibende Merkmale eines Anforderungsprofils. Die beschreibenden Anforderungsprofile informieren den möglichen Bewerber über den Dienstposten und die auf ihn zukommenden Aufgaben. Ihrer bedarf es häufig nicht unbedingt, denn vielfach ergibt sich das beschreibende oder auch allgemeine Anforderungsprofil ohne weiteres aus dem angestrebten Statusamt. Ein solches Anforderungsprofil gibt dem die Stelle Ausschreibenden aber auch die Gelegenheit, bestimmte Kriterien, auf die es ihm besonders ankommt und die im Rahmen eines leistungsbezogenen Vergleichs mehrerer in die Auswahl einbezogener Bewerber von erhöhtem Gewicht sein sollen, aufzustellen.

Unter Umständen kann anhand von solchen, besonders bedeutsamen Kriterien, die in einem lediglich beschreibenden Anforderungsprofil enthalten sind, ein Beurteilungsrückstand aufgeholt (BayVGH, B. v. 16.9.2011 - 3 CE 11.1132 - Rn. 36; BayVGH, B. v. 25.5.2011 - 3 CE 11.605 - juris Rn. 32 -) oder sogar ein Vorsprung des zunächst aufgrund der dienstlichen Beurteilungen zurückliegenden Bewerbers (Überkompensation) begründet werden (BVerwG, B. v. 25.10.2011 - 2 VR 4/11 - Rn. 18; BayVGH, B. v. 22.11.2007 - 3 CE 07.2274 - juris Rn. 68).

Maßgebend für den Leistungsvergleich sind Feststellungen über Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung in erster Linie in den dienstlichen Beurteilungen (BVerwG, B. v. 19.12.2002 - 2 C 31.01 - BayVBl. 2003, 533; BayVGH, B. v. 18.6.2012 - 3 CE 12.675 - juris Rn. 108 f.; BayVGH B. v. 17.5.2013 - 3 CE 12.2469 - juris Rn. 32 f.). Dabei ist darauf zu achten, dass die bei dem Vergleich der Konkurrenten zugrunde gelegten Beurteilungen untereinander vergleichbar sind. Dies ist in der Regel der Fall, wenn diese Beurteilungen im gleichen Statusamt erzielt worden sind. Feststellungen über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung von Bewerbern um eine Beförderungsstelle sind in erster Linie auf die aktuellen dienstlichen Beurteilungen zu stützen, denn sie bilden den gegenwärtigen bzw. zeitnah zurückliegenden Stand ab und können somit am besten als Grundlage für die Prognose dafür dienen, welcher der Konkurrenten die Anforderungen der zu besetzenden Stelle voraussichtlich am besten erfüllen wird. Geht es ausschließlich um die Besetzung eines Dienstpostens, so kann einem Bewerber, der nicht das beste Gesamturteil des Bewerberfeldes aufweist, der Vorrang eingeräumt werden, wenn er spezifische Anforderungen des Dienstpostens voraussichtlich am besten erfüllt. Dieser Bewerber muss in Bezug auf bestimmte leistungsbezogene Gesichtspunkte, die für die Wahrnehmung der Aufgaben des Dienstpostens von herausragender Bedeutung sind, in besonderem Maße geeignet sein. Auch dieses Urteil muss in erster Linie auf die aktuellen dienstlichen Beurteilungen gestützt werden, je mehr das abschließende Gesamturteil eines Bewerbers abfällt, desto größer muss sein Vorsprung bei den spezifischen dienstpostenbezogenen Leistungskriterien sein, um ausgewählt werden zu können (BVerwG, B. v. 27.9.2011 - 2 VR 3/11 - juris Rn. 25).

Die Antragsgegnerin konnte den Antragsteller und einen weiteren Bewerber, die beide in der Besoldungsgruppe B2 und mit der besten Beurteilungsstufe beurteilt waren, zu einem Personalauswahlgespräch laden. Durch die Rücknahme der Bewerbung des geladenen Konkurrenten einen Tag vor dem Personalauswahlgespräch ist die Berechtigung hierzu nicht entfallen. Grundsätzlich lässt Art. 16 Abs. 1 Satz 4 LlbG solche systematisierten Personalauswahlgespräche zu, ohne weitere Voraussetzungen aufzustellen.

Im Rahmen der Personalvorauswahl hat die Antragsgegnerin im Vermerk vom 27. Dezember 2013 unter 2.1 festgestellt, dass für die ausgeschriebene Stelle in der Praxis erprobte Führungs- und Managementqualitäten im Sinn der Grundsätze für Führung und Zusammenarbeit gefordert werden, sowie ein guter Überblick über die Aufgaben und Arbeitsweisen der Stadtverwaltung, der Eigenbetriebe und der städtischen Gesellschaften. Voraussetzung für die Wahrnehmung der Aufgaben sind ebenso betriebswirtschaftliche und vertiefte Kenntnisse des MKRw sowie das Erkennen von Schnittstellen und Zusammenhängen zwischen Rechnungswesen und anderen Fachlichkeiten und die Fähigkeit, sich in der großen Bandbreite aller im Prüfungsgeschehen vorkommenden Fachlichkeiten gegebenenfalls auch vertieft zurecht zu finden. Von Vorteil sind praktische Erfahrungen im Bereich kommunaler Rechnungslegung und Prüfung von kommunalen Jahresabschlüssen sowie von deren Weiterentwicklung. Zusammenfassend wird festgestellt, dass der Antragsteller die zwingenden Kriterien des Anforderungsprofils dem Grunde nach erfüllt.

Im Rahmen der Vorauswahl wurde die Eignung der internen Kandidatinnen und Kandidaten anhand der aktuellen Leistungsberichte und der dienstlichen Beurteilungen überprüft. Dabei wurde festgestellt, dass zwischen dem Antragsteller und einem weiteren Bewerber eine im Wesentlichen gleiche Beurteilungslage vorliegt und diese nach der Papierlage (gemeint wohl: den Beurteilungen) alle im Anforderungsprofil geforderten Kompetenzen und Eigenschaften dem Grunde nach abdecken (vgl. Vermerk 2.2). Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass nach der dienstlichen Beurteilung der Antragsteller für die ausgeschriebene Stelle nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung geeignet ist und den Anforderungen des höherwertigen Dienstpostens nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung gewachsen ist.

In 3.3 des Auswahlvermerks „Grundlage der Auswahlentscheidung“ ist dann ausgeführt, dass diese gemäß Art. 33 Abs. 2 GG, Art. 94 Abs. 2 BV, § 9 BeamtStG, den einschlägigen Bestimmungen des LlbG und den Ausschreibungsrichtlinien der Antragsgegnerin nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu treffen ist. Wer auf der Grundlage des gesamten auf das Anforderungsprofil der zu besetzenden Stelle bezogenen, für die Einschätzung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung bedeutsamen Inhalts der Personalakte die fachlichen und persönlichen Anforderungen der zu besetzenden Stelle am besten erfüllt, ist auszuwählen. Dabei kommt den aktuellen Leistungsberichten und dienstlichen Beurteilungen besondere Bedeutung zu. Unter Anwendung der Grundsätze der Bestenauslese nahm die Vorstellungskommission die Wertung der Bewerber unter Einbeziehung der oben genannten Unterlagen, Bewerbungsschreiben sowie der Erkenntnisse aus der Vorstellungsrunde vor. Diese Darstellung der Grundlage der Auswahlentscheidung entspricht zwar den gesetzlichen Vorgaben, betrachtet man jedoch die Gesamtwürdigung unter 3.4 ist nicht erkennbar, inwieweit die Antragsgegnerin diesen an sich richtig dargestellten Grundsätzen Rechnung getragen hat. In der Gesamtwürdigung wird festgestellt, dass der Antragsteller seine Eignung für die ausgeschriebene Stelle nicht unter Beweis stellen konnte. Danach werden die Mängel beim Vorstellungsgespräch bestehend aus Kurzvortrag, Konfliktgespräch, Fachvortrag und Fachfragen bewertet und dann in der Zusammenfassung festgestellt, dass der Antragsteller trotz der guten Papierlage (gemeint wohl: dienstliche Beurteilungen) in der Vorstellungsrunde nicht überzeugend nachweisen konnte, dass er für die Leitungsposition des Revisionsamtes geeignet sei und über die im Anforderungsprofil hierfür festgelegten speziellen Kompetenzen und Eigenschaften verfüge.

Allein durch das Vorstellungsgespräch lässt sich nicht begründen, dass der Antragsteller das beschreibende Anforderungsprofil der ausgeschriebenen Stelle nicht erfüllt. Die an Art. 33 Abs. 2 GG zu messende Auswahlentscheidung ist auf das Amt im statusrechtlichen Sinne bezogen und kann daher nicht anhand der Anforderungen des konkreten Dienstpostens erfolgen, außer es bestehen gesetzliche Vorgaben (wie hier Art. 104 Abs. 4 GO als Leiter des Rechnungsprüfungsamts, die hier jedoch nicht im Streit sind) oder die Wahrnehmung der Aufgaben des Dienstpostens setzt zwingend besondere Kenntnisse oder Fähigkeiten voraus, die ein Bewerber regelmäßig nicht mitbringt und sich in angemessener Zeit und ohne zumutbare Beeinträchtigung der Aufgabenwahrnehmung auch nicht verschaffen kann (BVerwG, B. v. 20.6.2013 - 2 VR 1/13 - BVerwGE 147, 20 - juris Rn. 28). Bei dem hier vorliegenden beschreibenden Anforderungsprofil handelt es sich nicht um zwingende besondere Kenntnisse, die der Bewerber in der Regel nicht mitbringt. Dies wurde ihm auch in der Vorauswahl bescheinigt. Damit ist es rechtlich problematisch, dem Antragsteller die erforderliche Eignung für die Stelle generell abzusprechen.

Darüber hinaus wird in der Auswahlentscheidung nicht deutlich, ob bzw. inwieweit die dienstlichen Beurteilungen bei ihr eine Rolle gespielt haben. Denn nach der dienstlichen Beurteilung bzw. dem Leistungsbericht, in denen der Antragsteller mit dem Prädikat „übertrifft die Anforderungen in herausragender Weise“ jeweils die beste Beurteilungsstufe erreicht hat, erfüllt der Antragsteller, wie die Antragsgegnerin unter 2.1 selbst festgestellt hat, die Anforderungen an die Stelle. Darüber hinaus wurde in der dienstlichen Beurteilung zu den Einsatzmöglichkeiten (Verwendungseignung) festgestellt, dass der Antragsteller für alle Spitzenämter der Stadtverwaltung bestens geeignet ist. Im besonderen Maße gilt dies, wenn es darum geht, große Organisationseinheiten zu führen, da er ausgesprochen hohe Führungsqualitäten besitzt. Damit ist in der dienstlichen Beurteilung die Eignung des Antragstellers für die ausgeschriebene Stelle festgestellt, während die Antragsgegnerin nur aufgrund des Vorstellungsgesprächs zum Ergebnis kommt, dass er für die ausgeschriebene Stelle nicht geeignet sei.

Mit Wirkung vom 1. August 2013 wurde Art. 16 Abs. 1 LlbG durch § 4 (Gesetz vom 24.7.2013 [GVBl. S. 450]) geändert und Satz 4 neu gefasst und Satz 5 eingefügt. Danach können Grundlagen für die Entscheidung des Dienstherrn dienstliche Beurteilungen und wissenschaftlich fundierte Auswahlverfahren, wie insbesondere systematisierte Personalauswahlgespräche, strukturierte Interviews oder Assessment-Center sein, sofern diese von Auswahlkommissionen durchgeführt werden. Werden für eine Auswahlentscheidung dienstliche Beurteilungen sowie weitere verschiedene Auswahlmethoden nach Satz 4 verwandt, bestimmt der Dienstherr die Gewichtung.

Die Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin widerspricht Art. 16 Abs. 1 Satz 4 und 5 LlbG in der ab 1. August 2013 geltenden Fassung. Ob die Änderungen des Art. 16 Abs. 1 Satz 4 und 5 LlbG in der Fassung ab 1. August 2013 verfassungsgemäß sind, kann demnach dahinstehen (vgl. hierzu Günther, Recht im Amt 2014, 101, 102). Art. 16 Abs. 1 Satz 4 LlbG stellt als Grundlagen für die Entscheidung des Dienstherrn dienstliche Beurteilungen und wissenschaftlich fundierte Auswahlverfahren, wie insbesondere systematisierte Personalauswahlgespräche, strukturierte Interviews oder Assessment-Center, sofern diese von Auswahlkommissionen durchgeführt werden, nebeneinander. Zur Auswahlentscheidung selbst trifft jedoch Art. 16 Abs. 1 Satz 5 LlbG dahingehend eine Abstufung, dass dienstliche Beurteilungen stets verwendet werden müssen und weitere Auswahlmethoden zusätzlich gestattet sind (vgl. Günther, a. a. O., S. 106; Kathke, Recht im Amt 2013, 193, 197; vgl. auch dritte Änderung der Verwaltungsvorschriften zum Beamtenrecht vom 24.4.2014, Az. 22/21-P 1003/114 257/14, FMBL 2014, 260 Unterabschnitt 4, wissenschaftlich fundierte Auswahlverfahren).

Bei dem von der Antragsgegnerin durchgeführten Personalauswahlgespräch dürfte es sich um ein systematisiertes Personalauswahlgespräch handeln, das von einer Auswahlkommission durchgeführt wurde. Inwieweit es sich um ein wissenschaftlich fundiertes Auswahlverfahren handelt, muss in diesem Verfahren nicht geklärt werden. Die in Art. 16 Abs. 1 Satz 5 LlbG festgelegte Gewichtungsbefugnis des Dienstherrn ist jedoch nicht grenzenlos, sondern wird durch den rechtlichen Rahmen des vom Bund gesetzten Statusrechts (§ 9 BeamtStG) und des Grundgesetzes (Art. 33 Abs. 2 GG) begrenzt. Die Gewichtung muss zweckgerecht, den Aspekten des Leistungsprinzips entsprechend wahrgenommen werden. Nur dienstliche Beurteilungen decken alle drei Kernelemente (Eignung, Befähigung und fachliche Leistung) ab, darüber hinaus haben sie den Vorteil von Langzeitbeobachtungen, während systematisierte Personalauswahlgespräche nur die augenblickliche Leistung bewerten. Im Rahmen der Auswahlentscheidung wurde der dienstlichen Beurteilung des Antragstellers keine signifikante Bedeutung mehr zugemessen, da die Nichtgeeignetheit des Antragstellers für die ausgeschriebene Stelle nur mit dem systematisierten Auswahlgespräch begründet wurde, während die dienstliche Beurteilung nur Maßstab war, wer zu den Auswahlgesprächen zugelassen wurde. Dies wird Art. 16 Abs. 1 LlbG nicht gerecht. Aus der dienstlichen Beurteilung ergibt sich, wie die Antragsgegnerin selbst feststellt, die Geeignetheit des Antragstellers für die ausgeschriebene Stelle. Dieser dienstlichen Beurteilung ist Gewicht beizumessen. In der dienstlichen Beurteilung wurde festgestellt, dass der Antragsteller für alle Spitzenämter der Stadtverwaltung bestens geeignet ist, wobei dies im besonderen Maße gilt, wenn es darum geht, große Organisationseinheiten zu führen, da er ausgesprochen hohe Führungsqualitäten besitzt. In dem systematisierten Auswahlgespräch kam die Auswahlkommission zu der gegenteiligen Auffassung, dass der Antragsteller nicht überzeugend nachweisen konnte, dass er für die Leitungsposition des Revisionsamtes geeignet ist und über die im Anforderungsprofil hierfür festgelegten speziellen Kompetenzen und Eigenschaften verfügt. Damit stehen sich einerseits aus der dienstlichen Beurteilung die Eignung für die Stelle sowie aufgrund des systematisierten Personalauswahlgesprächs die Nichteignug gegenüber. Im Rahmen einer Gewichtung sowohl des systematisierten Personalauswahlgesprächs und der dienstlichen Beurteilung erscheint ein Urteil, das dem Antragsteller die Geeignetheit für die Stelle vollständig abspricht, nicht tragfähig. Würde man der Antragsgegnerin folgen, würde der dienstlichen Beurteilung ein Gewicht zukommen, das gegen Null tendiert. Das würde, ohne dass die Frage endgültig geklärt werden muss, welche Vorgaben § 9 BeamtStG und Art. 33 Abs. 2 GG für die Gewichtung geben, Art. 16 Abs. 1 Satz 4 und 5 LlbG widersprechen. Die dienstliche Beurteilung würde hier zur Marginalie werden.

Damit ist eine Verletzung des Bewerberverfahrensanspruchs des Antragstellers gegeben. Ein derartiger Verstoß hat Auswirkung auf die Bewerbung des Antragstellers, dessen Erfolg bei rechtsfehlerfreiem Verlauf zumindest möglich sein kann.

3. Der Antrag, für den Fall der Zuwiderhandlung gegen eine gerichtliche Verpflichtung, die Stelle nicht zu besetzen, der Antragsgegnerin ein Ordnungsgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt werde, das sich aber auf 10.000 € belaufen sollte, anzudrohen, bleibt ohne Erfolg.

Der Antrag des Antragstellers stützt ich auf § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 890 Abs. 2 ZPO, wonach zur Durchsetzung von Unterlassungspflichten ein Ordnungsgeld angedroht werden kann. Der Antrag steht in Zusammenhang mit § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. einer entsprechenden Anwendung des § 929 Abs. 2 ZPO, wonach die Vollziehung eines Arrestbefehls (einstweilige Anordnung) unstatthaft ist, wenn seit dem Tag, an dem der Befehl verkündet oder der Partei, auf deren Gesuch er erging, zugestellt ist, ein Monat verstrichen ist. Unter Vollziehung wird im Zivilrecht die Einleitung der Zwangsvollstreckung aus der einstweiligen Anordnung verstanden. Einer gesonderten Vollziehung bedarf es jedoch im Stellenbesetzungsverfahren im Beamtenrecht nicht, da die Antragsgegnerin mit der Zustellung bzw. Verkündung an sie gebunden ist, so dass damit auch die Voraussetzungen des § 929 Abs. 2 ZPO als erfüllt anzusehen sind (so auch OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 29.3.2007 - 4 S 16.06 - juris Rn. 6; a. A. VGH Baden-Württemberg, B. v. 8.2.2012 -4 S 3153/11 - juris; OVG Magdeburg, B. v. 20.1.2014 - 1 M 132/13 - NVwZ-RR 2014, [372]).

Die vom Senat ausgesprochene Verpflichtung, die Stelle des Amtsleiters/der Amtsleiterin des Revisionsamtes nicht zu besetzen, bevor über die Bewerbung des Antragstellers bestandskräftig entschieden worden ist, bindet demnach die Antragsgegnerin unmittelbar und bedarf keiner weiteren Vollziehung in Form der Androhung eines Ordnungsgeldes. Die Antragsgegnerin ist von Verfassungs wegen nach Art. 19 Abs. 4 und Art. 33 Abs. 2 GG gehindert, sich über die einstweilige Anordnung hinwegzusetzen (BVerwG, U. v. 21.8.2003 - 2 C 14.02 - juris Rn. 19). Der unterlegene Bewerber kann gerichtlichen Rechtsschutz in einem solchen Fall im Wege der Anfechtungsklage gegen die Ernennung des Mitbewerbers erlangen mit dem Ziel, die Ernennung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben (BVerwG, U. v. 4.11.2010 2 C 16/09 - juris). Es würde den vorgenannten Grundsätzen widersprechen, von dem in einem Auswahlverfahren unterlegenen Bewerber, der eine einstweilige Anordnung erstritten hat, zu verlangen, zusätzlich gegen seinen Dienstherrn zugleich bzw. innerhalb einer Vollziehungsfrist von einem Monat ab Zustellung der einstweiligen Anordnung, Vollstreckungsmaßnahmen nach § 167 VwGO i. V. m. § 890 Abs. 2 ZPO zu beantragen. Einem solchen Antrag fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, weil erwartet werden kann, dass sich der Dienstherr nicht über die gerichtliche Entscheidung hinwegsetzt. Darüber hinaus ist der Antragsteller durch die dargestellte Klagemöglichkeit im Falle, dass sich der Dienstherr über die einstweilige Anordnung hinwegsetzt, voll umfänglich geschützt. Der mit § 929 Abs. 2 ZPO für den Zivilprozess bezweckte Schutz des Vollstreckungsschuldners, der nicht im Ungewissen gelassen werden soll, ob er noch aus dem Titel in Anspruch genommen wird, mit dem sichergestellt werden soll, dass der Arrestgrund im Zeitpunkt der Vollziehung noch fortwirkt (vgl. BVerfG, B. v. 27.4.1988 - 1 BvR 549/87 - juris), kommt in einem beamtenrechtlichen Konkurrentenstreit nicht zum Tragen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 29.3.2007 - 4 S 16.06 - juris Rn. 6).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Da die Beigeladene keinen eigenen Antrag gestellt hat, entspricht es der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt (§ 162 Abs. 2 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2, § 47 GKG.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Handelt der Schuldner der Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, so ist er wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu einem Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, zur Ordnungshaft oder zur Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu verurteilen. Das einzelne Ordnungsgeld darf den Betrag von 250.000 Euro, die Ordnungshaft insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen.

(2) Der Verurteilung muss eine entsprechende Androhung vorausgehen, die, wenn sie in dem die Verpflichtung aussprechenden Urteil nicht enthalten ist, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges erlassen wird.

(3) Auch kann der Schuldner auf Antrag des Gläubigers zur Bestellung einer Sicherheit für den durch fernere Zuwiderhandlungen entstehenden Schaden auf bestimmte Zeit verurteilt werden.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

Kommt die Behörde in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 5 und des § 123 der ihr im Urteil oder in der einstweiligen Anordnung auferlegten Verpflichtung nicht nach, so kann das Gericht des ersten Rechtszugs auf Antrag unter Fristsetzung gegen sie ein Zwangsgeld bis zehntausend Euro durch Beschluß androhen, nach fruchtlosem Fristablauf festsetzen und von Amts wegen vollstrecken. Das Zwangsgeld kann wiederholt angedroht, festgesetzt und vollstreckt werden.

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Die Vollstreckungsgläubigerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.

Die Antragstellerin und Vollstreckungsgläubigerin begehrt die Androhung von Ordnungsgeld gegenüber der Antragsgegnerin und Vollstreckungsschuldnerin.

1. Auf Antrag der Antragstellerin verpflichtete das Bayer. Verwaltungsgericht Bayreuth die Antragsgegnerin mit rechtskräftigem Beschluss vom 20. Dezember 2016 im Wege der einstweiligen Anordnung, bis zur rechtskräftigen Entscheidung in einer noch zu erhebenden Hauptsacheklage in der auf ihrer Homepage abrufbaren Pressemitteilung vom 7. November 2016 mit der Überschrift „Demokratische Grundordnung wird angegriffen“ die Worte „und sogar zu kriminellen Handlungen aufzurufen“ zu löschen; im Übrigen lehnte es den Antrag ab (Az. B 5 E 16.832). Am 28. Dezember 2016 beantragte die Antragstellerin gem. § 172 VwGO die Androhung eines Zwangsgeldes „für den Fall der Zuwiderhandlung gegen das ausgesprochene Verbot“. Nach Hinweis der Antragsgegnerin, dass sie der Verpflichtung aus der einstweiligen Anordnung sofort und vollumfänglich nachgekommen sei (Schreiben vom 29.12.2016), nahm die Antragstellerin ihren Antrag zurück; das Gericht stellte nachfolgend das Verfahren ein (Beschluss vom 29.12.2016, Az. B 5 V 16.928).

2. Mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 9. Januar 2017, eingegangen beim Bayer. Verwaltungsgericht Bayreuth am selben Tag, beantragte die Antragstellerin in Bezug auf die einstweilige Anordnung vom 20. Dezember 2016, die Androhung eines Ordnungsgeldes bis 250.000 Euro für den Fall der Zuwiderhandlung gegen das ausgesprochene Verbot.

Zur Begründung wird vorgetragen, es sei zur Vermeidung der negativen Konsequenz des § 929 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) erforderlich, dass die Antragstellerin die einstweilige Anordnung vollziehe. Hierfür reiche im Verwaltungsverfahren die bloße Zustellung von Amts wegen nicht aus; es bedürfe zusätzlich einer Androhung eines Ordnungsmittels gem. § 929 Abs. 2 ZPO. Das Vorliegen einer Zuwiderhandlung sei nicht erforderlich.

Mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 17. Januar 2017 beantragte die Antragsgegnerin, den Antrag auf Androhung eines Ordnungsgeldes zurückzuweisen.

Zur Begründung wird vorgetragen, der Antrag beziehe sich auf eine Verpflichtung der Antragsgegnerin, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden (§ 890 ZPO). Der Beschluss vom 20. Dezember 2016 verlange dagegen ein Tun, nämlich die Löschung bestimmter Worte in einer Pressemitteilung. Eine Androhung und Vollstreckung nach § 890 ZPO sei daher nicht möglich. Zudem sei ausschließlich die VwGO anwendbar; der durch § 172 VwGO gewährte Schutz reiche aus. Ein weitergehendes Rechtsschutzbedürfnis bestehe nicht. Es bestehe keine Wiederholungsgefahr.

Mit Schriftsatz vom 23. Januar 2017 ließ die Antragstellerin vortragen, der Tenor des Beschlusses vom 20. Dezember 2016 enthalte unabhängig von seinem konkreten Wortlaut ein Unterlassungsgebot, zumindest aber ein damit vergleichbares Gebot. Würde man etwas anderes annehmen, so hätte die Antragsgegnerin der Anordnung auch dann genügt, wenn sie die Passage einmal gelöscht und anschließend den ursprünglichen Wortlaut wieder ergänzt hätte. Hierdurch wären der Sinn und Zweck der Anordnung konterkariert. Daher sei in der Anordnung der Löschung auch das Gebot des Gelöschthaltens enthalten, sodass hinsichtlich der konkreten Pressemitteilung auf der Webseite ein Unterlassungsanspruch bestehe und tituliert sei. Jedenfalls seien aufgrund der inhaltlichen Nähe die für Unterlassungsansprüche geltenden Regeln anwendbar. Entgegen der Darstellung der Antragsgegnerin habe das Gericht eine Wiederholungsgefahr bejaht. Diese bestehe nach wie vor, wie sich aus der zwischen den Parteien geführten außergerichtlichen Korrespondenz vom 13. Januar 2017 und 18. Januar 2017 hervorgehe. Die Antragstellerin habe die Antragsgegnerin um eine Klarstellung gebeten, ob die Löschung allein vor dem Hintergrund des gerichtlichen Verbots erfolgt sei oder ob unabhängig von einem solchen Verbot nicht mit einer Wiederholung gerechnet werden müsse. Die Antragsgegnerin habe in ihrem Schreiben deutlich gemacht, dass die Löschung allein vor dem Hintergrund der gerichtlichen Anordnung erfolgt sei. Somit sei in dem Moment, in dem die gerichtliche Anordnung wegfalle oder diese nicht mehr vollstreckt werden könne (§ 929 Abs. 2 ZPO), mit der Wiederholung zu rechnen.

Mit Schriftsatz vom 6. Februar 2017 trugen die Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin vor, dass sich die Antragsgegnerin an die Verpflichtung in Nr. 1 des Beschlusses vom 20. Dezember 2016 selbstverständlich halten werde.

3. Ergänzend wird auf die Gerichtsakten Bezug genommen.

II.

1. Der Antrag ist unzulässig (dazu unten Buchst. a) und hat auch in der Sache keinen Erfolg (dazu unten Buchst. b).

a) Der Antrag der Vollstreckungsgläubigerin auf Androhung eines Ordnungsgeldes ist mangels Rechtsschutzbedürfnisses bereits unzulässig.

Es ist zwar nach allgemeiner Ansicht für die Androhung eines Ordnungsgeldes nach § 890 Abs. 2 ZPO nicht erforderlich, dass bereits eine Zuwiderhandlung bzw. ein besonderes, über das allgemeine, d.h. bei jeder Rechtsverfolgung geforderte Rechtsschutzinteresse hinausgehendes Rechtsschutzbedürfnis vorliegt (vgl. nur Seiler in Thomas/Putzo, ZPO, 35. Aufl. 2014, § 890 Rn. 19; Stöber in Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 890 Rn. 11).

Vorliegend fehlt es aber bereits an dem Vorliegen eines allgemeinen Rechtsbedürfnisses der Vollstreckungsgläubigerin, weil erwartet werden kann, dass sich die Antragsgegnerin als an Gesetz und Recht gebundene Trägerin hoheitlicher Gewalt nicht über die gerichtliche Entscheidung hinwegsetzen wird. Abgesehen davon, dass die Antragsgegnerin und Vollstreckungsschuldnerin sowohl gegenüber der Antragstellerin (Schreiben vom 18.1.2017) aus auch gegenüber dem Gericht (Schriftsatz vom 6.2.2017) ausdrücklich erklärt hat, sich „selbstverständlich“ an die Verpflichtung in Nr. 1 des Beschlusses vom 20. Dezember 2016 halten zu wollen, ist zu berücksichtigen, dass die Antragsgegnerin und Vollstreckungsschuldnerin von Verfassungs wegen nach Art. 19 Abs. 4 GG gehindert ist, sich über die einstweilige Anordnung hinwegzusetzen (vgl. BayVGH B.v. 5.8.2014 - 3 CE 14.771 - juris Rn. 50; so wohl auch Schoch in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 123 VwGO Rn. 171a).

b) Darüber hinaus hat der Antrag auch in der Sache keinen Erfolg. Die Voraussetzungen für die Androhung eines Ordnungsgeldes nach § 890 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

Gemäß § 167 Abs. 1 S. 1 VwGO i.V.m. § 890 Abs. 1 und 2 ZPO ist ein Schuldner, wenn er der Verpflichtung zuwiderhandelt, eine Handlung zu unterlassen, wegen jeder Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers zu einem Ordnungsgeld zu verurteilen, wobei dieser Verurteilung eine entsprechende Androhung vorauszugehen hat.

aa) Zur Überzeugung des Gerichts scheitert die von der Antragstellerin begehrte Androhung eines Ordnungsgeldes bereits an dem Umstand, dass die Regelung des § 890 Abs. 2 ZPO in Bezug auf die Durchsetzung einer einstweiligen Anordnung gem. § 123 Abs. 1 VwGO nicht anwendbar ist. Die Kammer teilt insoweit die in der Literatur vertretene und überzeugend begründete Auffassung, dass Sinn und Zweck der in der Verwaltungsgerichtsordnung enthaltenen Vollstreckungsregelungen für ein umfassendes Verständnis des § 172 VwGO bezüglich der Durchsetzung einer einstweiligen Anordnung sprechen. Demnach wollte der Gesetzgeber mit der vorgenannten Regelung alle Fälle der Erzwingung hoheitlicher Amtshandlungen außerhalb der Geldvollstreckung erfassen. Nach dieser überzeugenden Auffassung bedarf es mithin gegenüber der an Gesetz und Recht gebundenen Verwaltungsbehörde in aller Regel nicht der „scharfen ZPO-Vollstreckung“ (so: Pietzner/Möller in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 172 Rn. 16/18; Schoch in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 123 VwGO Rn. 171a; Heckmann in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 167 Rn. 10).

bb) Selbst dann, wenn man hier zur Anwendbarkeit der § 890 ZPO käme, führte das nicht dazu, dass gegenüber der Antragsgegnerin ein Ordnungsgeld anzudrohen wäre, weil die Voraussetzungen dieser Regelung vorliegend nicht erfüllt sind.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Vollstreckung - auch im Verwaltungsprozessrecht - grundsätzlich nach dem Inhalt des zu vollstreckenden Titels richtet. Somit ist zur Abgrenzung der einzelnen in § 887, § 888 und § 890 ZPO geregelten Fallgruppen auf den Kern der nach dem Vollstreckungstitel geschuldeten Leistung des Schuldners abzustellen (BayVGH B.v. 30.3.2006 - 15 C 05.2757 - juris Rn. 10; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 74. Aufl. 2016, § 887 ZPO Rn. 2). Demnach ist nur dann, wenn der Titel auf ein Unterlassen beschränkt ist, auch der in der Aufrechterhaltung des Zustands liegende Verstoß gegen den Titel nach § 890 ZPO zu vollstrecken; ist dagegen dem Schuldner ausdrücklich aufgegeben, den Zustand zu beseitigen, kommt insoweit nur die Handlungsvollstreckung nach §§ 887 f. ZPO in Frage. Voraussetzung für die Anwendung des § 890 ZPO ist mithin, dass der zu vollstreckende Anspruch auf Unterlassung einer Handlung gerichtet ist oder dazu verpflichtet, die Vornahme einer Handlung zu dulden (vgl.: Lackmann in Musielak/Voit, ZPO, 13. Aufl. 2016, § 890 Rn. 2; Stöber in Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 890 Rn. 2).

Eine solche Fallkonstellation liegt hier aber gerade nicht vor. Denn das Gericht hat die Antragsgegnerin in dem Beschluss vom 20. Dezember 2016 ausdrücklich nur zu Löschung der dort näher bezeichneten Worte und damit zur Vornahme einer Handlung verpflichtet (Nr. 1 Satz 1 des Beschlusstenors); im übrigen hat es den Antrag abgelehnt (Nr. 1 Satz 2 des Beschlusstenors). Von der Ablehnung umfasst ist, wie sich aus den Gründen des Beschlusses zweifelsfrei ergibt, das von der Antragsgegnerin in der Antragsschrift vom 23. November 2016 geltend gemachte Unterlassungsbegehren (vgl. S. 8 f., 11. f. des Beschlusses vom 20.12.2016). Insoweit scheidet eine Anwendung des § 890 ZPO bereits tatbestandlich aus.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

3. Eine Streitwertfestsetzung ist nicht erforderlich, weil keine wertabhängigen Gerichtsgebühren anfallen. Das Kostenverzeichnis zum GKG (KV-GKG) trifft in Nummer 5301 nur eine Regelung für die Zwangsvollstreckung nach § 169, § 170 und § 172 VwGO. Einschlägig ist daher die allgemeine Regelung in Nummer 2111 KV-GKG, die für Verfahren über Anträge nach § 890 ZPO eine Festgebühr von 20 Euro vorsieht (wie im Übrigen auch die Regelung in Nummer 5301 KV-GKG).

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Erfüllt der Schuldner die Verpflichtung nicht, eine Handlung vorzunehmen, deren Vornahme durch einen Dritten erfolgen kann, so ist der Gläubiger von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges auf Antrag zu ermächtigen, auf Kosten des Schuldners die Handlung vornehmen zu lassen.

(2) Der Gläubiger kann zugleich beantragen, den Schuldner zur Vorauszahlung der Kosten zu verurteilen, die durch die Vornahme der Handlung entstehen werden, unbeschadet des Rechts auf eine Nachforderung, wenn die Vornahme der Handlung einen größeren Kostenaufwand verursacht.

(3) Auf die Zwangsvollstreckung zur Erwirkung der Herausgabe oder Leistung von Sachen sind die vorstehenden Vorschriften nicht anzuwenden.

(1) Kann eine Handlung durch einen Dritten nicht vorgenommen werden, so ist, wenn sie ausschließlich von dem Willen des Schuldners abhängt, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu erkennen, dass der Schuldner zur Vornahme der Handlung durch Zwangsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, durch Zwangshaft oder durch Zwangshaft anzuhalten sei. Das einzelne Zwangsgeld darf den Betrag von 25 000 Euro nicht übersteigen. Für die Zwangshaft gelten die Vorschriften des Zweiten Abschnitts über die Haft entsprechend.

(2) Eine Androhung der Zwangsmittel findet nicht statt.

(3) Diese Vorschriften kommen im Falle der Verurteilung zur Leistung von Diensten aus einem Dienstvertrag nicht zur Anwendung.

(1) Handelt der Schuldner der Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, so ist er wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu einem Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, zur Ordnungshaft oder zur Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu verurteilen. Das einzelne Ordnungsgeld darf den Betrag von 250.000 Euro, die Ordnungshaft insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen.

(2) Der Verurteilung muss eine entsprechende Androhung vorausgehen, die, wenn sie in dem die Verpflichtung aussprechenden Urteil nicht enthalten ist, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges erlassen wird.

(3) Auch kann der Schuldner auf Antrag des Gläubigers zur Bestellung einer Sicherheit für den durch fernere Zuwiderhandlungen entstehenden Schaden auf bestimmte Zeit verurteilt werden.

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 28.01.2014 - 7 K 1393/12 - mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung aufgehoben.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert wird auf 7.500,- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin ist begründet.
1. Der Antragsteller ist Inhaber der Professur für Anatomie am Institut für Anatomie und Zellbiologie der Medizinischen Fakultät der Antragsgegnerin und verlangt von dieser in der Hauptsache die Einhaltung von Berufungszusagen. Mit Urteil vom 30.10.2013 - 7 K 1099/12 - hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben. Hiergegen hat die Antragsgegnerin am 28.02.2014 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt (9 S 451/14). Mit Beschluss vom 28.01.2014 hat das Verwaltungsgericht die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Vollzug der mit Schreiben vom 16.05.2012 gegenüber dem Antragsteller erfolgten Kündigung bzw. Anpassung der Berufungszusagen vom 18.08.2009, vom 11.11.2009 und vom 02.03.2010 bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren vorläufig rückgängig zu machen und auszusetzen. Ausweislich der - zur Ermittlung eines vollstreckungsfähigen Inhalts der Anordnung heranzuziehenden - Gründe ist davon (lediglich) die Ausstattung umfasst, die dem Antragsteller nach der Fakultätsvorstandssitzung vom 30.06.2010 und vor dem 01.07.2012 zur Verfügung stand. Dabei habe es sich nach Aktenlage um drei wissenschaftliche Stellen, insgesamt sieben TA-Stellen, ein jährliches Sachkostenaversum in Höhe von 105.500.- EUR sowie die dem Antragsteller bei Dienstantritt und vor Umsetzung der mit Schreiben vom 28.06.2012 mitgeteilten neuen Raumzuweisung zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten der Abteilung Neuroanatomie gehandelt.
2. Die vom Verwaltungsgericht erlassene einstweilige Anordnung ist aufzuheben, weil der Antragsteller nicht innerhalb der Monatsfrist nach § 123 Abs. 3, § 929 Abs. 2 ZPO mit der Vollziehung der einstweiligen Anordnung begonnen hat.
a) Nach § 929 Abs. 2 ZPO ist die Vollziehung des Arrestbefehls unstatthaft, wenn seit dem Tag, an dem der Befehl verkündet oder der Partei, auf deren Gesuch er erging, zugestellt ist, ein Monat verstrichen ist. Nach fruchtlosem Ablauf dieser gemäß § 123 Abs. 3 VwGO in Verfahren der einstweiligen Anordnung entsprechend geltenden Vollziehungsfrist ist die einstweilige Anordnung nach § 123 VwGO endgültig unvollziehbar und damit gegenstandslos (vgl. BGH, Urteil vom 25.10.1990 - IX ZR 211/89 -, BGHZ 122, 356; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 16.02.2009 - 4 M 463/08 -, NVwZ 2009, 855; BayVGH, Beschluss vom 03.05.2006 - 4 CE 06.637 -, Juris; HessVGH, Beschluss vom 07.09.2004 - 10 TG 1498/04 -, Juris). Geschieht dies - wie hier - während der Anhängigkeit des Beschwerdeverfahrens, hebt das Beschwerdegericht die einstweilige Anordnung - auch aus Gründen der Rechtsklarheit - auf (vgl. HessVGH, Beschluss vom 07.09.2004, a.a.O.; BayVGH, Beschluss vom 13.06.2001 - 12 CE 01.140 -, Juris; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 6. Aufl. 2011, Rn. 524; Funke-Kaiser, in: Bader u.a., VwGO, 5. Aufl. 2011, § 123 Rn. 80). Eines zusätzlich gestellten Antrags nach § 80 Abs. 7 VwGO bedarf es nicht.
Dass der auf die Gegenstandslosigkeit des Beschlusses gerichtete Einwand der Antragsgegnerin nicht zu den Gründen gehört, welche innerhalb der einmonatigen Frist für die Begründung der Beschwerde (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) vorgebracht worden sind und auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), steht einer Berücksichtigung im Beschwerdeverfahren nicht entgegen. Denn es handelt sich insoweit um eine Sachentscheidungsvoraussetzung des Rechtsmittelverfahrens und damit um einen von Amts wegen zu berücksichtigenden Umstand (vgl. BayVGH, Beschluss vom 03.05.2006, a.a.O.; HessVGH, Beschluss vom 07.09.2004, a.a.O.).
Trotz der Gegenstandslosigkeit der einstweiligen Anordnung kann der Antragsgegnerin ein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung nicht abgesprochen werden (vgl.; BayVGH, Beschluss vom 03.05.2006, a.a.O.; Funke-Kaiser, a.a.O., § 123 Rn. 80).
b) Die einstweilige Anordnung ist nicht innerhalb der Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 VwGO vollzogen worden.
Die einstweilige Anordnung nach § 123 VwGO ist gemäß § 168 Abs. 1 Nr. 2 VwGO Vollstreckungstitel und vorläufig vollstreckbar. Eine Vollstreckungsklausel war entbehrlich, da es ihrer nur im Falle des § 929 Abs. 1 ZPO bedarf (vgl. Pietzner/Möller, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 25. Ergänzungslieferung 2013, § 172 Rn. 32; Bader, in: Bader u.a., a.a.O., § 168 Rn. 6).
aa) Der angefochtene Beschluss ist dem Antragsteller am 18.02.2014 zugestellt worden. Durch diese Zustellung ist die Vollziehungsfrist in Lauf gesetzt worden (vgl. Finkelnburg/Dombert/Külpmann, a.a.O., Rn. 522 m.w.N.). Soweit der Senat in seiner älteren Rechtsprechung - im Zusammenhang mit einer auf die Auslosung der Rangfolge der Hochschulzulassung gerichteten, rechtskräftigen einstweiligen Anordnung - die Auffassung vertreten hat, die Monatsfrist beginne im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Vollzugspflicht der durch die einstweilige Anordnung verpflichteten Behörde erst mit dem Zeitpunkt, zu dem der Vollstreckungsgläubiger Kenntnis von dem nach seiner Auffassung unzureichenden Vollzug der einstweiligen Anordnung erhält (Senatsbeschluss vom 14.09.1983 - 9 S 1924/83 -, VBlBW 1984, 150; vgl. auch Nieders. OVG, Beschluss vom 08.12.1987 - 6 B 90/87 -, Juris), hält der Senat daran nicht fest. Die in Rechtsprechung und Literatur geäußerte Kritik an dieser Auslegung überzeugt. Der eindeutige Wortlaut des in § 123 Abs. 3 VwGO in Bezug genommenen § 929 Abs. 2 ZPO spricht dafür, dass es der Gesetzgeber auch für den Verwaltungsprozess bei der förmlichen Bekanntmachung der einstweiligen Anordnung als maßgeblichen Bezugspunkt für den Fristbeginn belassen wollte (OVG NRW, Beschlüsse vom 08.07.1991 - 11 B 773/91 -, NVwZ-RR 1992, 388, und vom 14.01.1992 - 1 E 1474/91.PVL -, Juris; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.12.1999 - 7 S 2505/99 -, NVwZ 2000, 691; Schoch in: Schoch/Schneider/Bier, a.a.O., § 123 Rn. 172; Pietzner/Möller, a.a.O., § 172 Rn. 36; Happ in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 123, Rn. 83; Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 123 Rn. 40; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, a.a.O., Rn. 521). Der Wortlaut bietet keinen Anhalt dafür, dass der Gesetzgeber in der besonderen Interessenlage bei der Vollstreckung gegen eine - verfassungsgebundene - juristische Person des öffentlichen Rechts einen Grund für eine modifizierte Ausgestaltung der Vollziehungsfrist gesehen hat (vgl. Finkelnburg/Dombert/Külpmann, a.a.O., Rn. 521; OVG NRW, Beschluss vom 08.07.1991, a.a.O.). Darüber hinaus wird zu Recht darauf hingewiesen, dass ein späterer Fristbeginn schwerlich mit dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot vereinbar wäre, da nicht immer mit hinreichender Sicherheit feststellbar ist, ob und wann die Behörde zu erkennen gegeben hat, dass sie die ihr obliegenden Verpflichtungen nicht erfüllen will (vgl. Finkelnburg/Dombert/Külpmann, a.a.O., Rn. 521; HessVGH, Beschluss vom 07.09.2004, a.a.O.). Dies würde auch nach Auffassung des Senats die Gefahr einer insbesondere dem Vollstreckungsrecht unzuträglichen Rechtsunsicherheit auslösen (vgl. BayVGH, Beschluss vom 13.03.2003 - 4 C 03.640 -, NVwZ-RR 2003, 699). Auch wenn die Anwendung des § 929 Abs. 2 ZPO danach in Fällen der Vollstreckung einer einstweiligen Anordnung gegen juristische Personen des öffentlichen Rechts mit gewissen Problemen gerade für den jeweiligen Antragsteller verbunden ist (vgl. Pietzner/Möller, a.a.O., § 172 Rn. 36 ff.), kann dem letztlich nur durch einen ausdrückliche Entscheidung des Gesetzgebers abgeholfen werden.
10 
bb) Innerhalb der mithin am 18.03.2014 abgelaufenen Vollziehungsfrist ist die einstweilige Anordnung nicht im Sinne des § 929 Abs. 2 ZPO vollzogen worden.
11 
Unter „Vollziehung“ in diesem Sinne ist die Einleitung der Zwangsvollstreckung aus der einstweiligen Anordnung zu verstehen. Der Gläubiger muss innerhalb der Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO aktiv werden, indem er vom Titel Gebrauch macht. Die von Amts wegen erfolgte Zustellung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts an die Antragsgegnerin am 18.02.2014 genügt für die Vollziehung insoweit nicht. Die Amtszustellung ist Wirksamkeitserfordernis der nicht verkündeten einstweiligen Anordnung und kann deshalb nicht zugleich ihrer Vollziehung dienen. Ihr fehlt das „spezifisch vollstreckungsrechtliche Element“, dass der Gläubiger tätig wird und seinen Willen kundgibt, von dem Titel Gebrauch zu machen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 18.03.2013 - 4 S 226/13 -, NVwZ-RR 2013, 737; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 16.02.2009, a.a.O.; BGH, Urteil vom 22.10.1992 - IX ZR 36/92 -, GRUR 1993, 415 m.w.N.; BAG, Urteil vom 18.09.2007 - 9 AZR 672/06 -, BAGE 124, 80; Funke-Kaiser, a.a.O., § 123 Rn. 79 m.w.N.).
12 
Für eine Vollziehung bedarf es allerdings auch keiner Zustellung im Parteibetrieb. Die Monatsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO hat insbesondere den Zweck, dass der Vollstreckungsschuldner nicht über Gebühr im Ungewissen gelassen wird, ob er noch aus dem Titel in Anspruch genommen wird (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 18.03.2013, a.a.O.; BayVGH, Beschluss vom 13.03.2003, a.a.O.). Daneben soll eine Vollziehung verhindert werden, die zu einem späteren Zeitpunkt unter möglicherweise wesentlich veränderten Umständen erfolgt (vgl. BGH, Urteil vom 25.10.1990 - IX ZR 211/89 -, BGHZ 112, 356; Funke-Kaiser, a.a.O., § 123 Rn. 78). Vor diesem Hintergrund ist es für ein Gebrauchmachen im genannten Sinne ausreichend, aber auch erforderlich, dass der Gläubiger innerhalb der Frist beim zuständigen Vollstreckungsorgan eine bestimmte Vollziehungsmaßnahme beantragt, etwa den Erlass einer Vollstreckungsanordnung nach § 170 Abs. 1 Satz 1, § 172 Satz 1 VwGO, eine Zwangsgeldfestsetzung nach § 167 Abs. 1 VwGO, § 888 ZPO oder die Festsetzung von Ordnungsmitteln nach § 167 Abs. 1 VwGO, § 890 ZPO (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 18.03.2013, a.a.O.; Pietzner/Möller, a.a.O., § 172 Rn. 37; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, a.a.O., Rn. 523; BGH, Urteil vom 13.04.1989 - IX ZR 148/88 -, WM 1989, 927; Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 71. Aufl. 2013, § 929 Rn. 7; Drescher, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Aufl. 2012, § 929 Rn. 9; Huber, in: Musielak, ZPO, 10. Aufl. 2013, § 929 Rn. 6). Denn damit bringt er unmissverständlich zum Ausdruck, dass er die erwirkte Maßnahme durchsetzen will.
13 
An diesem Maßstab gemessen hat der Antragsteller innerhalb der Frist des § 929 Abs. 2 ZPO keine Maßnahme vorgenommen, die als Vollziehung bzw. Beginn der Vollziehung der einstweiligen Anordnung angesehen werden könnte. Das an das Verwaltungsgericht gerichtete Schreiben vom 21.02.2014, mit dem „um Herreichung einer vollstreckbaren Ausfertigung des gerichtlichen Beschlusses vom 28.01.2014“ gebeten wird, erfüllt diese Voraussetzung nicht. Dies gilt unabhängig davon, dass die Antragsgegnerin nach Aktenlage erst am 26.03.2014 und damit nach der am 18.03.2014 abgelaufenen Vollziehungsfrist Kenntnis von diesem Schreiben erhalten hat, zumal der Antragsteller nicht damit rechnen konnte, dass das Schreiben vom 21.02.2014 überhaupt der Antragsgegnerin zugeleitet wird. Der Antragsteller hat weder dargetan noch ist sonst für den Senat ersichtlich, dass dieses Schreiben geeignet war, die Vollstreckung der gegenständlichen einstweiligen Anordnung einzuleiten.
14 
Dies gilt schon deshalb, weil es für die Vollstreckung der einstweiligen Anordnung der Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung überhaupt nicht bedurfte (vgl. bereits oben unter b). Im Übrigen entspricht es allgemeiner Meinung, dass selbst in Fällen der Notwendigkeit einer Vollstreckungsklausel deren Erteilung nicht Teil des Vollstreckungsverfahren ist (vgl. Drescher, a.a.O., § 929 Rn. 9; Pietzner/Möller, a.a.O., § 168 Rn. 3 f.). Mithin hat der Antragsteller mit diesem Schreiben auch nicht hinreichend verlässlich den Willen zum Ausdruck gebracht, von dem Titel vollstreckungsrechtlich Gebrauch zu machen. Anders als der Antragsteller meint, kann Gegenteiliges auch nicht aus dem „nachfolgenden Vollstreckungsschutzantrag gemäß § 149 VwGO“ abgeleitet werden. Denn dieser Antrag ist von der Antragsgegnerin bereits mit Schriftsatz vom 06.03.2014 am 10.03.2014 gestellt worden, zu einem Zeitpunkt also, zu dem diese von der Anforderung einer vollstreckbaren Ausfertigung durch den Antragsteller noch keine Kenntnis hatte.
15 
Welches die innerhalb der Frist beim zuständigen Vollstreckungsorgan zu beantragende bestimmte Vollziehungsmaßnahme ist, ergibt sich aus den einschlägigen vollstreckungsrechtlichen Vorschriften. Der Senat geht davon aus, dass sich die Vollstreckung der hier durch die einstweilige Anordnung auferlegten Pflichten nicht nach § 172 VwGO, sondern nach § 167 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit dem 8. Buch der ZPO richtet. § 172 VwGO ist nicht für alle Fälle der Vollstreckung aus einer einstweiligen Anordnung als abschließende Sonderregelung heranzuziehen. Die Bestimmung gilt vielmehr bereits nach ihrem Wortlaut nur in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 5 VwGO sowie des § 123 VwGO, also nur hinsichtlich der Vollstreckung von Entscheidungen im Zusammenhang mit Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen im Sinne des § 42 Abs. 1 VwGO, die das Ergehen eines Verwaltungsakts voraussetzen. Die dort genannten Fälle „des § 123 VwGO“ sind dementsprechend nur Fälle einstweiliger Anordnungen, die auf eine bereits erhobene oder noch zu erhebende Verpflichtungsklage bezogen sind (vgl. nur Senatsbeschluss vom 24.07.2013 - 9 S 1170/13 -; VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 28.02.2013 - 10 S 81/13 -, und vom 29.08.2012 - 10 S 1085/12 -, Juris; a.A. Pietzner/Möller, a.a.O., § 172 Rn. 18 ff.). Mithin sind sowohl in der Hauptsache mit der allgemeinen Leistungsklage zu verfolgende Handlungspflichten wie auch Unterlassungsverpflichtungen nicht vom Anwendungsbereich des § 172 VwGO erfasst (vgl. VGH Baden-Württemberg, a.a.O.; vgl. auch Kopp/Schenke, a.a.O., § 172 Rn. 1). Die Vollstreckung einer derartige Pflichten begründenden einstweiligen Anordnung richtet sich daher nach § 167 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit dem 8. Buch der ZPO.
16 
Das unter Nr. 1 des Beschlusses vom 28.01.2014 geregelte Gebot, den Vollzug der mit Schreiben vom 16.05.2012 erfolgten Kündigung bzw. Anpassung der Berufungszusagen vom 18.08.2009, vom 11.11.2009 und vom 02.03.2010 bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren vorläufig rückgängig zu machen und auszusetzen, begründet - nicht auf den Erlass von Verwaltungsakten gerichtete - Handlungspflichten der Antragsgegnerin, die durch einen Dritten nicht vorgenommen werden können. Die Vollstreckung dieser unvertretbaren Handlungspflichten erfolgt auf der Grundlage des § 888 ZPO. Diese Bestimmung sieht als Zwangsmittel ausschließlich die Festsetzung von Zwangsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, von Zwangshaft vor (§ 888 Abs. 1 ZPO). Eine Androhung der Zwangsmittel findet gemäß § 888 Abs. 2 ZPO nicht statt. Unstreitig hat der Antragsteller den danach zur Durchsetzung der einstweiligen Anordnung gebotenen Antrag auf Festsetzung von Zwangsgeld nach § 888 Abs. 1 ZPO innerhalb der am 18.03.2014 abgelaufenen Monatsfrist nicht gestellt.
17 
Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass der Antragsteller nach einer Mitteilung des Verwaltungsgerichts erst am 17.04.2014 einen Antrag auf Androhung eines Zwangsgelds gestellt hat. Die Vollziehungsfrist wäre deshalb auch dann nicht eingehalten, wenn von einem späteren, etwa erst durch die Einlegung der Beschwerde seitens der Antragsgegnerin am 18.02.2014 oder durch die Beschwerdebegründung einschließlich der Stellung des Antrags auf Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Beschlusses nach § 149 VwGO am 10.03.2014 ausgelösten Fristbeginn ausgegangen würde.
18 
cc) Der Antragsteller kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, die Berufung der Antragsgegnerin auf den Ablauf der Vollziehungsfrist sei rechtsmissbräuchlich.
19 
Die Frist des § 929 Abs. 2 ZPO ist eine gesetzliche Frist und der Disposition der Beteiligten und des Gerichts entzogen. Auf ihre Einhaltung kann nicht verzichtet werden, auch eine Verlängerung ist nicht möglich (vgl. BGH, Urteil vom 22.10.1992 - IX ZR 36/92 -, BGHZ 120, 73; Drescher, in: Münchener Kommentar zur ZPO, a.a.O., § 929 Rn. 8; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, a.a.O., Rn. 522). Die Fristversäumung ist vom Gericht und von den Vollstreckungsorganen von Amts wegen zu beachten (vgl. Drescher, a.a.O., Rn. 8). Wegen dieser Besonderheiten ist eine Ungewissheit oder Unklarheit darüber, ob eine (fristgerechte) Vollziehung stattgefunden hat, tunlichst zu vermeiden. Es geht nicht an, die Beantwortung dieser Frage von den Umständen des Einzelfalls, einer Interessenabwägung oder einer Ermessensentscheidung abhängig zu machen (vgl. BGH, Urteil vom 22.10.1992, a.a.O.). Ausgehend hiervon sind die Behauptung, die Antragsgegnerin habe im Rahmen von Vergleichsverhandlungen in einem Gespräch am 13.02.2014 mitgeteilt, sie werde der einstweiligen Anordnung nachkommen, und die in einem Schreiben vom 18.02.2014 geäußerte Bitte der Antragsgegnerin, von Vollstreckungsmaßnahmen abzusehen, auch aufgrund der Unbestimmtheit und Widersprüchlichkeit dieser Erklärungen nicht geeignet, den Lauf oder die Geltung der Monatsfrist ernsthaft in Frage zu stellen. Im Übrigen hat die Antragsgegnerin jedenfalls auch durch die Einlegung der Beschwerde am 18.02.2014 und den am 10.03.2014 gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung zu erkennen gegeben, dass sie nicht gewillt ist, der einstweiligen Anordnung nachzukommen.
20 
dd) Schließlich kann dem Antragsteller wegen der Versäumung der Vollziehungsfrist auch nicht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 60 Abs. 1 VwGO gewährt werden (zur grundsätzlichen Anwendbarkeit des § 60 Abs. 1 VwGO vgl. Finkelnburg/Dombert/Külpmann, a.a.O., Rn. 523 m.w.N.). Ein entsprechender Antrag ist nicht gestellt (vgl. § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Im Übrigen sind Wiedereinsetzungsgründe weder glaubhaft gemacht worden (§ 60 Abs. 2 Satz 2 VwGO) noch sonst ersichtlich.
21 
3. Ein über die Aufhebung der einstweiligen Anordnung hinausgehendes Begehren hat die Antragsgegnerin im Rahmen der Beschwerde nicht geltend gemacht (vgl. die Schriftsätze vom 06.03.2014 und vom 09.04.2014). Unabhängig davon bestünde für einen zusätzlichen Antrag, die vom Antragsteller beantragte einstweilige Anordnung abzulehnen, kein Rechtsschutzbedürfnis und wäre die Beschwerde insoweit unzulässig (vgl. BayVGH, Beschluss vom 03.05.2006, a.a.O.).
22 
4. Zur Klarstellung weist der Senat darauf hin, dass der Antragsteller nicht gehindert ist, eine neue einstweilige Anordnung zu beantragen; über den Antrag ist dann nach Maßgabe der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung zu befinden.
23 
5. Durch die Entscheidung über die Beschwerde der Antragsgegnerin erledigt sich deren Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gemäß § 149 VwGO.
24 
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertentscheidung folgt unter Berücksichtigung der vom Antragsteller begehrten (teilweisen) Vorwegnahme der Hauptsache aus §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 in Verbindung mit den Empfehlungen aus Nrn. 1.5 und 18.11 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (VBlBW Heft 1 2014, Sonderbeilage).
25 
Der Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 152 Abs. 1 VwGO sowie § 68 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG hinsichtlich der Streitwertfestsetzung).

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Arrestbefehle bedürfen der Vollstreckungsklausel nur, wenn die Vollziehung für einen anderen als den in dem Befehl bezeichneten Gläubiger oder gegen einen anderen als den in dem Befehl bezeichneten Schuldner erfolgen soll.

(2) Die Vollziehung des Arrestbefehls ist unstatthaft, wenn seit dem Tag, an dem der Befehl verkündet oder der Partei, auf deren Gesuch er erging, zugestellt ist, ein Monat verstrichen ist. Kann ein ausländischer Sicherungstitel im Inland ohne vorherige Vollstreckbarerklärung vollzogen werden, so beträgt die Frist nach Satz 1 zwei Monate.

(3) Die Vollziehung ist vor der Zustellung des Arrestbefehls an den Schuldner zulässig. Sie ist jedoch ohne Wirkung, wenn die Zustellung nicht innerhalb einer Woche nach der Vollziehung und vor Ablauf der für diese im vorhergehenden Absatz bestimmten Frist erfolgt.

Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind

1.
natürliche und juristische Personen,
2.
Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann,
3.
Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soll zugunsten des Bundes, eines Landes, eines Gemeindeverbands, einer Gemeinde oder einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so richtet sich die Vollstreckung nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz. Vollstreckungsbehörde im Sinne des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes ist der Vorsitzende des Gerichts des ersten Rechtszugs; er kann für die Ausführung der Vollstreckung eine andere Vollstreckungsbehörde oder einen Gerichtsvollzieher in Anspruch nehmen.

(2) Wird die Vollstreckung zur Erzwingung von Handlungen, Duldungen und Unterlassungen im Wege der Amtshilfe von Organen der Länder vorgenommen, so ist sie nach landesrechtlichen Bestimmungen durchzuführen.

(1) Soll gegen den Bund, ein Land, einen Gemeindeverband, eine Gemeinde, eine Körperschaft, eine Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts wegen einer Geldforderung vollstreckt werden, so verfügt auf Antrag des Gläubigers das Gericht des ersten Rechtszugs die Vollstreckung. Es bestimmt die vorzunehmenden Vollstreckungsmaßnahmen und ersucht die zuständige Stelle um deren Vornahme. Die ersuchte Stelle ist verpflichtet, dem Ersuchen nach den für sie geltenden Vollstreckungsvorschriften nachzukommen.

(2) Das Gericht hat vor Erlaß der Vollstreckungsverfügung die Behörde oder bei Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, gegen die vollstreckt werden soll, die gesetzlichen Vertreter von der beabsichtigten Vollstreckung zu benachrichtigen mit der Aufforderung, die Vollstreckung innerhalb einer vom Gericht zu bemessenden Frist abzuwenden. Die Frist darf einen Monat nicht übersteigen.

(3) Die Vollstreckung ist unzulässig in Sachen, die für die Erfüllung öffentlicher Aufgaben unentbehrlich sind oder deren Veräußerung ein öffentliches Interesse entgegensteht. Über Einwendungen entscheidet das Gericht nach Anhörung der zuständigen Aufsichtsbehörde oder bei obersten Bundes- oder Landesbehörden des zuständigen Ministers.

(4) Für öffentlich-rechtliche Kreditinstitute gelten die Absätze 1 bis 3 nicht.

(5) Der Ankündigung der Vollstreckung und der Einhaltung einer Wartefrist bedarf es nicht, wenn es sich um den Vollzug einer einstweiligen Anordnung handelt.

Kommt die Behörde in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 5 und des § 123 der ihr im Urteil oder in der einstweiligen Anordnung auferlegten Verpflichtung nicht nach, so kann das Gericht des ersten Rechtszugs auf Antrag unter Fristsetzung gegen sie ein Zwangsgeld bis zehntausend Euro durch Beschluß androhen, nach fruchtlosem Fristablauf festsetzen und von Amts wegen vollstrecken. Das Zwangsgeld kann wiederholt angedroht, festgesetzt und vollstreckt werden.

(1) Handelt der Schuldner der Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, so ist er wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu einem Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, zur Ordnungshaft oder zur Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu verurteilen. Das einzelne Ordnungsgeld darf den Betrag von 250.000 Euro, die Ordnungshaft insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen.

(2) Der Verurteilung muss eine entsprechende Androhung vorausgehen, die, wenn sie in dem die Verpflichtung aussprechenden Urteil nicht enthalten ist, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges erlassen wird.

(3) Auch kann der Schuldner auf Antrag des Gläubigers zur Bestellung einer Sicherheit für den durch fernere Zuwiderhandlungen entstehenden Schaden auf bestimmte Zeit verurteilt werden.