Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 17. Okt. 2014 - Au 4 K 13.42

bei uns veröffentlicht am17.10.2014

Gericht

Verwaltungsgericht Augsburg

Tenor

I. 1. Der Bescheid vom 10. Dezember 2012 (Au 4 K 13.42) wird in Ziffer 5 aufgehoben, soweit darin ein Zwangsgeld für die Nichtbefolgung der Anordnungen in Ziffer 1 des Bescheids vom 10. Dezember 2012 angedroht wurde.

2. Der Bescheid vom 13. Juni 2013 (Au 4 K 13.1030) wird in Ziffer 5 aufgehoben.

3. Der Bescheid vom 20. Juni 2013 (Au 4 K 13.1064) wird in Ziffer 7, der Bescheid vom 1. Juli 2013 (Au 4 K 13.1064) wird in Ziffer 4 und der Bescheid vom 2. Oktober 2013 (Au 4 K 13.1686) wird in Ziffer 6 aufgehoben.

4. Der Bescheid vom 26. Juli 2013 (Au 4 K 13.1292) wird in Ziffer 3 aufgehoben.

5. Im Übrigen werden die Klagen abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu 29/35 und die Beklagte zu 6/35.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen mehrere Bescheide der Beklagten über die Anordnung von Maßnahmen zur Baustellensicherung.

Mit Bescheid vom 10. März 2010 erteilte die Beklagte der Klägerin die Baugenehmigung zur Errichtung eines Geschäftshauses am „...-Platz“, Flur-Nr. ... der Gemarkung .... Die Beklagte erteilte hierbei mit Schreiben vom 7. Mai 2010 der Konstruktionsgruppe Bauen, Diplom-Ingenieur ..., den Prüfauftrag für das mit Bescheid vom 10. März 2010 genehmigte Bauvorhaben. Gegenstand des Auftrags ist die Prüfung der Nachweise über die Standsicherheit und die Feuerwiderstandsdauer der tragenden Bauteile sowie die Bauüberwachung.

Am 12. Mai 2010 begann die Klägerin mit dem Bau und hob dazu eine ca. 17 m tiefe Baugrube aus. Nach Erstellung der Bodenplatte und teilweisen Kellerwänden der unteren Untergeschosse wurde der Bau im Hinblick auf eine beabsichtigte Tektur nicht mehr weitergeführt. Zur Baugrubenumschließung wurde ein sog. Berliner Verbau errichtet, der u.a. Temporäranker mit einer der DIN entsprechenden Nutzungsdauer von zwei Jahren beinhaltet.

Das Baugrundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. ... „Westlich ...“ der Beklagten, der mit Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. November 2012 (15 N 10.2369) für unwirksam erklärt wurde. Die Klägerin stellte darauf mit Unterlagen vom gleichen Tag einen Tekturantrag zur teilweisen Nutzung mit Einzelhandel. Mit Beschluss vom 13. Dezember 2012 fasste die Beklagte einen Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan „Westlich ...“ mit dem Ziel, zentrenrelevanten Einzelhandel auszuschließen und erließ gleichzeitig eine Veränderungssperre, was im Amtsblatt der Beklagten vom 15. Dezember 2012 bekannt gemacht wurde. Mit Bescheid vom 8. März 2013 lehnte die Beklagte die beantragte Tektur ab; über die hiergegen erhobene Klage (Au 4 K 13.488) ist noch nicht entschieden.

Bereits mit Bescheid vom 1. Juli 2011 verpflichtete die Beklagte die Klägerin im Hinblick auf den absehbar noch längeren Baustillstand u.a. zur Vorlage eines Konzepts durchzuführender Maßnahmen für die Verlängerung der zulässigen Nutzungsdauer der Rückverankerung von zwei Jahren. Die hiergegen gerichtete Nichtigkeitsfeststellungsklage wurde mit Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 10. August 2012 (Au 4 K 11.1769) abgewiesen. Das Urteil ist nach Rücknahme des Antrags auf Zulassung der Berufung und Einstellung des Verfahrens durch Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 15. Januar 2013 (15 ZB 12.2394) rechtskräftig.

Im Zusammenhang mit dem Lösen von Teilen des Berliner Verbaus im Frühjahr 2011 wurde von der Ingenieurgesellschaft ... GmbH unter dem 18. April 2011 darauf hingewiesen, dass die zum Einsatz gelangten temporären Verpressanker gemäß Zulassung eine Geltungs- bzw. Gewährleistungsdauer von zwei Jahren aufwiesen und bei Überschreitung zusätzliche Korrosionsschutzmaßnahmen zu ergreifen seien. In einer gutachterlichen Stellungnahme des ... vom 20. September 2012 wurde ausgeführt, dass aufgrund des beobachteten Zustandes der Ankerköpfe zur Vermeidung des Fortschreitens der Korrosion an den freiliegenden Stahlteilen diese mit Korrosionsschutzmittel einzusprühen seien. Zudem sei vor jedem Ankerkopf eine Sicherung anzubringen, so dass im Falle Abreißens von Einzellitzen keine Teile „wegschießen“ oder in die Baugrube fallen könnten. Zudem sei die Vergurtung zu überprüfen und ggf. zu ertüchtigen. Sofern das Nachspannen nicht gelingen sollte, seien weitere Abhebeversuche erforderlich, um den Ist-Zustand des Verbaus weiter zu analysieren. Schließlich werde für die künftige Bauphase zur Überprüfung des Verbaus und der Funktionstüchtigkeit und der Tragfähigkeit der Verankerung vorgeschlagen, die geodätische 3D-Beweissicherung nach Lage und Höhe (Genauigkeit +/- 1mm), die bereits wegen der Wintersicherungsmaßnahmen seit Januar 2012 teilweise installiert sei, fortzuführen und zu erweitern. Hierzu nahm der Prüfstatiker mit Schreiben vom 2. Oktober 2012 Stellung.

Nachdem die Klägerin mit Schreiben vom 8. Oktober 2012 und 8. November 2012 zur Mitteilung des weiteren Vorgehens und Erledigung der aufgezeigten Maßnahmen aufgefordert wurde, erließ die Beklagte den Bescheid vom 10. Dezember 2012 (Au 4 K 13.42). Darin wurde die Klägerin in Ziffer 1 zur Durchführung verschiedener Maßnahmen, u.a. der Einsprühung freiliegender Stahlteile mit Korrosionsschutzmittel, der Anbringung von Sicherungen an den Ankerköpfen, der Überprüfung der Vergurtung und der Fortführung der geodätischen 3D-Beweissicherung bis spätestens 10. Januar 2013 verpflichtet. Zudem wurde die Klägerin in Ziffer 2 verpflichtet bis spätestens 28. Dezember 2012 einen Nachweis der Standsicherheit der Baugrube hinsichtlich des Winters vorzulegen sowie in Ziffer 3 verpflichtet bis spätestens 28. Dezember 2012 eine Beurteilung der Ergebnisse über den Zustand der Holzbohlen eines Statikers vorzulegen. Die sofortige Vollziehung wurde angeordnet und für den Fall der Nichtbefolgung der Verpflichtungen jeweils ein Zwangsgeld angedroht.

Mit E-Mail des Architekten ... vom 28. Dezember 2012 wurde der Standsicherheitsnachweis im Hinblick auf Frost und Eisbildung vorgelegt. Zur Vorlage der statischen Begutachtung der Holzbohlen wurde der Klägerin auf ihren Antrag auf Fristverlängerung mitgeteilt, dass insoweit auf die Beitreibung des Zwangsgeldes bis 8. Januar 2013 verzichtet werde. Mit E-Mail vom 8. Januar 2013 übermittelte der Architekt der Klägerin die statische Berechnung der Ingenieurgemeinschaft ... GmbH vom 7. Januar 2013. Am 23. Januar 2013 fand eine Besprechung statt, auf der der Architekt der Klägerin verschiedene Maßnahmen vorschlug.

Mit Schreiben vom 11. März 2013 und in der Folgezeit (18.3.2013, 15.4.2013 und 29.4.2013) erinnerte die Beklagte an die Erledigung verschiedener Maßnahmen. Mit Schreiben vom 2. Mai 2013 nahm das ... Stellung und führte aus, dass verschiedene empfohlene Maßnahmen notwendig durchzuführen seien. Hierbei handle es sich u.a. um 3D-Beweissicherung, Korrosionsschutzmaßnahmen, Vergurtung der Verbauträger und Ankerkopfsicherung. Vor Ausführung weiterer statisch wirksamer Maßnahmen sei der Bereich hinter den Baugrubenwänden abzusperren.

Mit Bescheid vom 7. Mai 2013 (Au 4 K 13.773) verfügte die Beklagte, dass der Bereich hinter den Baugrubenwänden außerhalb der Baugrube auf einer Breite, die der halben Baugrubentiefe entspreche, bis spätestens 10. Mai 2013 gegen Zutritt und Befahren abzusperren sei. Aufgrund der Dringlichkeit der Maßnahme wurde die Ersatzvornahme angedroht.

Mit Bescheid vom 17. Mai 2013 (Au 4 K 13.870) verfügte die Beklagte, dass die Klägerin mit geeigneten Mitteln die Sicherheit von Menschen innerhalb der Baugrube nach Maßgabe eines Sachverständigen zu gewährleisten habe und hierzu insbesondere die Ankerköpfe zu sichern seien. Der Nachweis der Beauftragung eines Sachverständigen zur Planung der erforderlichen Sicherungsmaßnahmen sei bis 24. Mai 2013, das Planungsergebnis bis zum 4. Juni 2013 vorzulegen. Aufgrund der Dringlichkeit wurde wiederum die Ersatzvornahme angedroht. Zur Begründung wurde angeführt, dass gegenwärtig bei Betreten der Baugrube erhebliche Gefahren für Menschen, die sich in der Grube befänden bestehe. Um gefahrlos in der Baugrube behelfsmäßige Reparaturen durchführen lassen zu können, sei vorab eine Sicherung der Ankerköpfe unerlässlich.

Mit E-Mail vom 24. Mai 2013 übersandte der Architekt der Klägerin den Nachweis der Beauftragung der .... Die Beklagte wies mit Schreiben vom 27. Mai 2013 nochmal auf den Umfang der notwendigen Sicherungsmaßnahmen hin, woraufhin der Auftrag mit E-Mail vom 28. Mai 2013 konkretisiert wurde.

Unter dem 4. Juni 2013 erfolgte eine Stellungnahme der ... mit ersten Einschätzungen zur aktuellen Standsicherheit der Baugrubenkonstruktion. Der Architekt der Klägerin teilte beantragte darauf mit Fax vom 7. Juni 2013 Fristverlängerung zur Mitteilung der Auftragsvergabe, was die Beklagte mit Schreiben vom 10. Juni 2013 unter Hinweis darauf, dass die Maßnahmen nunmehr selbst ergriffen würden, ablehnte.

Mit Schreiben vom 10. Juni 2013 nahm die von der Beklagten beauftragte ... AG Stellung. Ausgeführt wurde, dass verschiedene Maßnahmen zur Risikominimierung für erforderlich gehalten würden, u.a. die Unterbindung des Schwerlastverkehrs im Bereich der Baugrube, die Kopplung der bestehenden Verbauträger am Trägerkopf, eine messtechnische Überwachung und die Sicherung ungeschützter Ankerköpfe. Die Beklagte forderte hierzu die Klägerin mit Schreiben vom 12. Juni 2013 zur Vorabklärung einer möglichen Umsetzung auf.

Mit Bescheid vom 13. Juni 2013 (Au 4 K 13.1030) verpflichtete die Beklagte die Klägerin insbesondere, eine geeignete Fachfirma mit der Einrichtung einer Permanentüberwachung mit Alarmierungsfunktion, die über Messpunkte an jedem Verbauträgerkopf des Berliner Verbaus verfügt, zu beauftragen und unverzüglich mit der Einrichtung der Permanentüberwachung zu beginnen. Zudem wurde die Ersatzvornahme angedroht. Die Klägerin leistete dieser Anordnung fristgerecht durch Beauftragung der Firma ... Folge. Für die funktionstüchtige Einrichtung der Permanentvermessung wurde der Klägerin antragsgemäß Fristverlängerung gewährt.

Am 14. Juni 2014 erhielt die Beklagte die Planung des Ingenieurbüros .... Hierauf wurde die Klägerin mit Bescheid vom 20. Juni 2013 (Au 4 K 13.1064) insbesondere verpflichtet, eine Koppelung der bestehenden Verbauträger am Trägerkopf mittels Kopfzugbandes herzustellen (Nr. 1), die ungesicherten Ankerköpfe des Berliner Verbaus durch Vorsetzen von U-Trägern entsprechend der beigefügten Planung des Ingenieurbüros ... zu sichern (Nr. 2) sowie die Verbauträger auf Höhe der bereits hergestellten Decken gegen diese horizontal abzusteifen (Nr. 3). Unter Nr. 7 des Bescheids wurde jeweils die Ersatzvornahme angedroht.

Dieser Bescheid vom 20. Juni 2013 wurde mit Bescheid vom 1. Juli 2013 (Au 4 K 13.1064) dahingehend geändert, dass die gesetzten Fristen weitgehend antragsgemäß verlängert wurden. Lediglich die zur Umsetzung der Nr. 1 im Bescheid vom 20. Juni 2013 gesetzte Frist wurde nur bis 2. Juli 2013, 12:30 Uhr, verlängert, da diese Maßnahme als erste der angeordneten Maßnahmen umzusetzen sei und keiner weiteren Verzögerung unterliegen dürfe.

Am 18. und 19. Juli 2013 erhielt die Beklagte Mitteilung, dass die Permanentüberwachung nicht mehr ordnungsgemäß funktioniere. So seien an der südlichen Baugrubenwand mindestens 10 Messpunkte (Prismen) entfernt worden. Auch auf der Ostseite fehlten einige Prismen bzw. seien nicht mehr in der ursprünglichen Lage. Am 25. Juli 2013 übermittelte die Firma ... ein Nachtragsangebot zu den messtechnischen Leistungen.

Mit Bescheid vom 26. Juli 2013 (Au 4 K 13.1292) wurde der Klägerin auferlegt, eine geeignete Fachfirma mit der Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit und notwendiger Reparaturmaßnahmen der eingerichteten Permanentüberwachung (Permanentvermessung) mit Alarmierungsfunktion zu beauftragen. Zudem wurde die Ersatzvornahme angedroht. Zur Begründung wurde angeführt, dass während des Betriebs acht Messprismen der eingerichteten Anlage auf ungeklärte Art und Weise abhanden gekommen seien und es baubedingt zu Verschiebungen an Messprismen, die eine Nachjustierung erforderten, gekommen sei.

Nach Einholung von Angeboten zur Umsetzung der Nr. 2 des Bescheids vom 20. Juni 2013 durch die Beklagte im Wege der Ersatzvornahme wurde festgestellt, dass die geplante Ausführungsvariante mittels vorgestellten U-Profilen einen Kostenaufwand von mehr als 200.000,-- Euro verursacht hätte. Eine Alternativplanung durch Verwendung einer Netzkonstruktion stellte sich jedoch nach Erkenntnissen der Beklagten als preisgünstiger unter Beibehaltung des Schutzniveaus dar. Mit Bescheid vom 2. Oktober 2013 (Au 4 K 13.1686) wurde deshalb der Bescheid vom 20. Juni 2013 betreffend Baustellensicherung in der dortigen Nr. 2 dahingehend geändert, dass die Klägerin verpflichtet wurde, die Ankerkopfsicherung mittels vorgehängter Netze entsprechend des beigefügten Leistungsverzeichnisses und der Zeichnung des Ingenieurbüros ... herzustellen, wobei das Einbringen des Sicherungsnetzes von der Oberfläche ohne Betreten der Baustelle selbst zu erfolgen habe, mit der Umsetzung der Ankerkopfsicherung bis spätestens 28. Oktober 2013 zu beginnen und die Umsetzung bis spätestens 8. November 2013, 11.00 Uhr, zu erfolgen habe (Nr. 2). Anfragen an Firmen, die zur Umsetzung der jeweiligen Maßnahmen fachlich geeignet sind sowie Angebote derselben seien zu dokumentieren und zusammenzustellen und der Beklagten am 15. Oktober 2013, 11.00 Uhr, vorzulegen. Abschlägig beantwortete Anfragen seien unter Nennung der Ansprechpartner bei den jeweiligen Firmen und dem Zeitpunkt der Anfrage sowie der angefragten Leistungen und des Grundes der Ablehnung zu dokumentieren (Nr. 3), für die ausgeführten Arbeiten seien Bautagebücher zu führen, die den jeweiligen Baufortschritt dokumentierten und Auszüge aus den Bautagebüchern einer jeden Arbeitswoche seien jeweils am auf die Arbeitswoche folgenden Montag bis 12.00 Uhr vorzulegen. Baustillstand sei unverzüglich der Beklagten anzuzeigen und eine sachliche Begründung von der jeweils zuständigen Fachfirma vorzulegen (Nr. 4). Unter Nr. 6 des Bescheids wurde jeweils die Ersatzvornahme angedroht.

Gegen sämtliche o.g. Bescheide hat die Klägerin jeweils mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten Klage erheben lassen und beantragt,

im Verfahren Au 4 K 13.42 mit Schriftsatz vom 17. Juni 2013:

den Bescheid der Beklagten vom 10. Dezember 2012 aufzuheben,

im Verfahren Au 4 K 13.773 mit Schriftsatz vom 23. Oktober 2013:

den Bescheid der Beklagten vom 7. Mai 2013 aufzuheben,

hilfsweise:

festzustellen, dass der Bescheid vom 7. Mai 2013 rechtswidrig ist,

im Verfahren Au 4 K 13.870 mit Schriftsatz vom 22. Oktober 2013:

den Bescheid der Beklagten vom 17. Mai 2013 aufzuheben,

hilfsweise:

festzustellen, dass der Bescheid vom 17. Mai 2013 rechtswidrig ist,

im Verfahren Au 4 K 13.1030 mit Schriftsatz vom 7. Januar 2014:

den Bescheid der Beklagten vom 13. Juni 2013 aufzuheben,

im Verfahren Au 4 K 13.1064 mit Schriftsatz vom 10. März 2014:

den Bescheid der Beklagten vom 20. Juni 2013 und vom 1. Juli 2013 aufzuheben,

hilfsweise:

festzustellen, dass die Bescheide vom 20. Juni 2013 und 1. Juli 2013 über die Baustellensicherung/Kopfband rechtswidrig waren,

im Verfahren Au 4 K 13.1292 mit Schriftsatz vom 19. Februar 2014:

den Bescheid der Beklagten vom 26. Juli 2013 aufzuheben,

hilfsweise:

festzustellen, dass der Bescheid vom 26. Juli 2013 rechtswidrig war,

und im Verfahren Au 4 K 13.1686 mit Schriftsatz vom 2. Juni 2014:

den Bescheid der Beklagten vom 2. Oktober 2013 aufzuheben,

hilfsweise:

festzustellen, dass der Bescheid vom 2. Oktober 2013 rechtswidrig war.

Die Bescheide seien rechtswidrig, da die Beklagte wegen rechtswidriger Verweigerung der Tekturgenehmigung den Baustillstand zu verschulden habe. Sowohl die Veränderungssperre als auch der geplante Bebauungsplan seien rechtswidrig, da es sich um eine reine Verhinderungsplanung des Vorhabens der Klägerin handle und Einzelhandel rechtswidrig ausgeschlossen werden solle.

Der Bescheid vom 10. Dezember 2012 (Au 4 K 13.42) sei darüber hinaus rechtswidrig, da die Fristsetzung zur Sicherung der ca. 260 Ankerköpfe unberechtigt und objektiv nicht einhaltbar sei. Ein Absenken des Wasserspiegels in der Baugrube sei in derart kurzer Zeit nicht möglich und weder mit der Statik noch mit den Einleitungsmöglichkeiten ins Abwassernetz vereinbar. Ein Nachspannen der Anker sei nicht geeignet, da die Gefahr des Reißens bzw. Ausreißens bestehe. Die angeordnete Korrosionsbehandlung sei sinnlos, da die Anker nicht korrosionsgefährdet seien und zudem wegen ihrer Lage im Erdreich gar nicht erreichbar seien. Ein Schutz der Anker gegen „Wegschießen“ sei nicht sinnvoll, da im Falle eines Ankerbruchs diese nicht wegschießen würden, sondern lediglich in die Baugrube hinunterfallen würden. Auch eine Vergurtung der Anker sei nicht sinnvoll, da dies einen Eingriff in das vorhandene Gleichgewicht des Verbaus darstelle. Die geforderte Genauigkeit von +/- 1 mm sei weder sinnvoll noch mit den laufenden Überwachungsmaßnahmen vereinbar. Zudem sei am 23. Januar 2013 vereinbart worden, den Verbau gem. DIN 1054 zu beobachten und Überwachungsmessungen mit einer Genauigkeit von +/- 4 mm durchzuführen. Die Maßnahmen gemäß Ziffern 2 und 3 des Bescheids vom 10. Dezember 2013 seien am 8. Januar 2013 erfüllt worden. Darüber hinaus gebe es aber ein Feststellungsinteresse, da die Beklagte auf eine Zwangsgeldandrohung zurückgreifen wolle.

Der Bescheid vom 7. Mai 2013 (Au 4 K 13.773) sei rechtswidrig, da das Nachspannen der Anker schon deshalb keine zulässige und geeignete Maßnahme sei, weil dadurch die erhebliche Gefahr des Reißens bzw. des Ausreißens der Anker begründet werde. Darauf habe der Mitarbeiter des Ingenieurbüros ... hingewiesen. Des Weiteren müsste dazu der Wasserspiegel in der Baugrube in einer unzulässig kurzen Zeit abgesenkt werden, um überhaupt einen Großteil der Anker zu erreichen, was weder mit der Statik vereinbar wäre noch mit der Einleitungsmöglichkeit in das Abwassernetz der Beklagten. Die Korrosionsbehandlung der Ankerköpfe sei sinnlos, weil diese nicht korrosionsgefährdet seien und die Anker selbst damit gar nicht erreicht werden könnten, da sich diese im Erdreich befänden. Ein Schutz der Anker gegen „Wegschießen“ sei nicht sinnvoll und überflüssig, da bei einem – theoretisch anzunehmenden – Ankerbruch keine starken Bewegungsmomente entstünden und die Ankerköpfe nicht „wegschießen“, sondern allenfalls – wenn überhaupt – in die Grube fallen würden, vermutlich aber überhaupt nicht herausfallen würden. Eine Vergurtung der ca. 260 Anker sei weder erforderlich noch sinnvoll, da damit nicht nur das vermeintliche Ziel einer Erhöhung der Sicherheit nicht erreicht werden würde, sondern im Gegenteil ein Eingriff in das vorhandene Gleichgewicht des Verbaus veranlagt werden würde, also das genaue Gegenteil. Die geforderte Genauigkeit von +/- 1 mm sei weder sinnvoll noch mit den laufenden Überwachungsmaßnahmen vereinbar, die dann nicht mehr fortgesetzt werden könnten. Das Ingenieurbüro ... habe am 23. Januar 2013 eine Besprechung organisiert, bei der dann die Situation nach entsprechenden Prüfungen der Baugrube und des Verbaus umfassend besprochen worden seien. Es sei vereinbart worden, dass der Verbau nach DIN 1054 beobachtet werde, die Überwachungsmessungen im Abstand von 4 Wochen mit einer Genauigkeit von +/- 4 mm weitergeführt würden, bei größeren Abweichungen seien dann Verstärkungsmaßnahmen erforderlich.

Der Bescheid vom 17. Mai 2013 (Au 4 K 13.870) sei rechtswidrig, da sich die Temporäranker im Erdreich befänden und weder korrosionsgefährdet seien noch vor Korrosion geschützt werden müssten. Es gebe auch kein plötzliches Versagen des Berliner Verbaus. Die Voraussetzungen einer Ersatzvornahme lägen nicht vor, da die Klägerin die Baugrubenstatik durch das Gutachten der ... im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens vorgelegt habe. Zudem sei die Fristsetzung unangemessen kurz, da die Klägerin den Bescheid erst am 22. Mai 2013 erhalten habe und zu dieser Zeit Pfingstferien gewesen seien, weshalb eine vollständige Beauftragung nicht möglich gewesen wäre. Gleichwohl sei der Auftrag an den Gutachter Prof. ... erteilt worden, die Vorlage des Gutachtens innerhalb der Frist aber nicht schaffbar gewesen. Die Vergabe des Auftrags an die Firma ... sei vergaberechtswidrig erfolgt. Neue statische Berechnungen seien gar nicht erforderlich gewesen. Da die Beklagte Ersatzvornahmekosten geltend mache und die Klägerin Schadensersatzansprüche wegen rechtswidriger Verweigerung der Tekturgenehmigung und der Einleitung eines Insolvenzverfahrens beabsichtige, habe sie auch ein Feststellungsinteresse. Die Klägerin sei entgegen der Darstellung der Beklagten nicht vergeblich aufgefordert worden, die Baustellensicherung und notwendige Maßnahmen bezüglich der Verlängerung der Nutzungsdauer der Temporäranker umzusetzen.

Der Bescheid vom 13. Juni 2013 (Au 4 K 13.1030) sei rechtswidrig, da die Verzögerung allein durch das Verhalten der Beklagten begründet sei und hier völlig unangemessene Fristen gesetzt worden seien. Die Klägerin habe überhaupt erst Kenntnis von dem Bescheid erhalten, als die dort gesetzten Fristen bereits abgelaufen gewesen seien, abgesehen davon, dass der 13. Juni 2013 ein Donnerstag gewesen sei und somit für die Leistung nicht einmal ein ganzer Werktag zur Verfügung gestanden habe. Die Voraussetzungen einer Ersatzvornahme hätten nicht vorgelegen und lägen weiter nicht vor. Die angebliche Auftragserteilung an das Büro ... sei wegen groben Verstoßes gegen Vergabevorschriften nichtig, die Arbeiten seien unnötig und unbrauchbar und Ziel der gesamten Maßnahme der Beklagten sei nur gewesen, einen Titel gegen die Klägerin zu erwirken, um mit Hilfe eines vorgeschobenen Insolvenzgrundes ihr das Grundstück zu nehmen, da sich die Beklagte anders nicht mehr zu helfen wisse, um ihr rechtswidriges Ziel, die Klägerin an der Errichtung eines Geschäftshauses mit Einzelhandel zu hindern, zu erreichen. Die Voraussetzungen einer Ersatzvornahme lägen offensichtlich nicht vor, da die Klägerin alle Maßnahmen getroffen habe, selbstverständlich auch eine Baugrubenstatik vorgelegt habe. Die Unterlagen befänden sich bei der Beklagten. Es handle sich um 1.720 Seiten, die von der ... Ingenieurgemeinschaft ... GmbH erstellt worden seien. Zwischenzeitlich habe die Klägerin den renommierten Sachverständigen Prof. ... beauftragt, entsprechende Unterlagen zu erstellen. Dieser habe auch sein Gutachten am 4. Juni 2013 über die von ihm durchzuführenden Maßnahmen vorgelegt. Dieser Bericht liege der Beklagten vor. Bereits am 5. Juni 2013, bevor Prof. ... die weitere Ausarbeitung habe vornehmen können, habe die Beklagte behauptet, dass sie nicht mehr warten werde und habe die Ersatzvornahme angeordnet. Gleich an diesem Tage sei die Firma ... von der Beklagten beauftragt worden. Der Beklagte habe der Klägerin mitgeteilt, dass sie jetzt alle Maßnahmen, die angeblich erforderlich seien, selbst ergreifen würde und Stellungnahmen von Prof. ... nicht mehr akzeptiert würden. Tatsache sei, dass die Einschaltung unter Verletzung aller Vergabevorschriften erfolgt sei. Die Vergabe derartiger Leistungen müsse zwingend, wenn 30.000,00 Euro erreicht würden, im Vergabeverfahren vorgenommen werden. Selbst bei der angeblichen Eilbedürftigkeit, die bestritten werde, hätte das Verfahren der freihändigen Vergabe eingehalten werden müssen mit der Folge, dass zumindest drei Angebote hätten eingeholt werden müssten. Gegen diese zwingenden Regeln habe die Beklagte verstoßen. Dazu komme, dass die Beiziehung der Firma ... ganz offensichtlich nicht nach fachlichen Kriterien erfolgt sei. Laut Internetauftritt würden als Referenzen Schulbauten angegeben, so dass es an einer entsprechenden Qualifikation für die Baugrubensicherung offensichtlich fehle. Da die Firma ihren Sitz in ... habe und in ihrer Referenzliste Bauvorhaben der Stadt ... angegeben habe, dürfte der Kontakt über die Bauamtsleiterin der Beklagten, die früher einmal bei der Stadt ... gewesen sein solle, hergestellt worden sein. Es werde auch mit Nachdruck bestritten, dass eine Gefahr im Verzug bestanden habe.

Der Bescheid vom 20. Juni 2013 und der Bescheid vom 1. Juli 2013 (Au 4 K 13.1064) seien rechtswidrig, da die geforderten Maßnahmen weder erforderlich gewesen seien noch die gesetzten Fristen angemessen, um überhaupt reagieren zu können. Soweit teilweise Maßnahmen im Wege der „Ersatzvornahme“ von der Beklagten veranlasst worden seien, was der Klägerin im Einzelnen nicht bekannt sei, sei der gestellte Feststellungsantrag berechtigt, da die eventuellen Kosten einer Ersatzvornahme ebenfalls rechtswidrig seien und hierfür ein Feststellungsinteresse bestehe. Zur Erläuterung der Tatsache, dass die Klägerin über die „Ersatzvornahme“ keinen genauen Überblick besitze, sei darauf zu verweisen, dass die Beklagte mit zwei vorgeschobenen, in der Sache nicht berechtigten „Ausstandsverzeichnissen“ beim Amtsgericht ... die Zwangsverwaltung beantragt und in erster Instanz auch zugesprochen erhalten habe. Der Zwangsverwalter habe – angeblich – „Ersatzvornahmen“ bzw. „Sicherungsmaßnahmen“ für 250.000 EUR durchführen lassen, wobei deren Umfang auch wiederum der Klägerin nicht bekanntgegeben werde. Es bestehe daher der Verdacht, dass die Beklagte die hier streitgegenständlichen Ersatzvornahmen tatsächlich über den Zwangsverwalter abgewickelt habe. Die dadurch eingetretene Verwirrung gehe allein zu Lasten der Beklagten.

Der Bescheid vom 26. Juli 2013 (Au 4 K 13.1292) sei rechtswidrig, da die Fristsetzung viel zu knapp bemessen sei. Bereits die Anordnung einer Permanentüberwachung selbst sei rechtswidrig, so dass dies auch für die Anordnung der Aufrechterhaltung der Permanentvermessung gelte. Die Klägerin habe eine Baugrubenstatik vorgelegt und zum Bescheidszeitpunkt sei eine Permanentüberwachung vorhanden gewesen. Deren Funktionsfähigkeit sei zu keinem Zeitpunkt gefährdet gewesen. Den Stromausfall wegen Arbeiten an einer Lichtzeichenanlage habe die Klägerin nicht zu vertreten. Im Übrigen sei der Sicherungszweck auch im Falle eines zweitägigen Ausfalls nicht gefährdet, da es um mittelfristige Beobachtungszeiträume gehe. Zu keinem Zeitpunkt habe Gefahr in Verzug bestanden. Die Anlage sei einwandfrei gewesen und die Wartungsaufforderung sinnlos.

Der Bescheid vom 2. Oktober 2013 (Au 4 K 13.1686) sei rechtswidrig, da die angeordnete Maßnahme völlig überflüssig und nicht sinnvoll sei. Es werde insoweit auf das Verfahren Au 4 K 14.1064 und auf die dortige Klagebegründung verwiesen.

Die beklagte Stadt ... hat beantragt,

die Klagen abzuweisen.

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Frage der Bauleitplanung für diese Verwaltungsstreitverfahren nicht relevant sei. Die Klägerin hätte die Tiefgarage ohne Änderungen fertigstellen können.

Der Bescheid vom 10. Dezember 2012 (Au 4 K 13.42) stütze sich auf die allgemeine bauaufsichtliche Befugnisnorm und die DIN 4125. Die Anker seien im Zeitraum Juni bis September 2010 eingefügt worden, so dass der Verlust der zweijährigen Zulassung im Sommer 2012 eingetreten sei. Nach den vorliegenden Gutachten habe ein erhebliches Risiko für die Standsicherheit der Baugrube bestanden. Da der Klägerin spätestens sei Juli 2011 bekannt gewesen sei, dass Maßnahmen zur Verlängerung der Temporäranker zu ergreifen seien, sei die gesetzte Frist nicht unangemessen. Auch die vom ... vom 20. Juni 2012 vorgeschlagenen Maßnahmen seien der Klägerin seit Aufforderung zur Umsetzung mit Schreiben vom 8. Oktober 2012 bekannt gewesen. Neben der erheblichen Gefahr sei bei der Bemessung der Frist zu berücksichtigen, dass ein Drittel der Ankerköpfe unter Wasser gelegen habe und somit der Maßnahme gar nicht unterlägen hätte. Hinsichtlich der angeordneten Maßnahmen bestehe auch keine Unmöglichkeit, da für diesen Fall ausdrücklich Vorsorge in Form anderer Maßnahmen vorgesehen worden sei. Die Notwendigkeit der Durchführung sämtlicher Maßnahmen sei gutachterlich belegt. Hinsichtlich der Korrosionsschutzmaßnahmen sei nur das Einsprühen freiliegender Stahlteile gefordert. Die Vergurtung der Anker sei zur Vermeidung eines Reißverschlusseffekts und der Gewährleistung der Sicherheit der Arbeiter erforderlich. Die geforderte Messgenauigkeit sei erreichbar und notwendig, um der Gefahr, dass bei Versagen eines Ankers die gesamte Verankerung versage, vorzubeugen. Die von Herrn Architekt ... vorgeschlagenen Maßnahmen stellten nur Mindestmaßnahmen dar, während vorliegend zur Vermeidung von Gefahren auch weitergehendere Maßnahmen festzulegen gewesen wären. Soweit die Maßnahmen erfüllt worden seien, sei eine Fortsetzungsfeststellungsklage ebenfalls unbegründet, da erhebliche Gefahren bestanden hätten. Sämtliche Maßnahmen seien nach den vorliegenden Gutachten geeignet, erforderlich und angemessen.

Der Bescheid vom 7. Mai 2013 (Au 4 K 13.773) sei angesichts des Gefahrenszenarios, welches von den Gutachtern auch auf Nachfrage hin aufrechterhalten und mit einer notwendigen Umsetzung der Absperrmaßnahmen binnen einer Woche versehen worden sei, rechtmäßig. Zeitnahes Handeln sei dringend erforderlich gewesen. Bei der Dringlichkeit sei hierbei auch die ausdrücklich im streitgegenständlichen Bescheid vom 7. Mai 2013 erwähnte Vorbereitungszeit zur Umsetzung der Maßnahmen einzukalkulieren gewesen. Die Einrichtung der Absperrzone sei erforderlich gewesen, um einerseits die Verbauwand von dem fließenden Verkehr zu entlasten und somit einem Anker- und damit Verbauversagen vorzubeugen und auch um andererseits Personen und Sachwerte aus dem Bereich des zu erwartenden Absenktrichters fernzuhalten. Im Falle eines Versagens des Berliner Verbaus, der sich unmittelbar an der stark befahrenen Bahnhofstraße in unmittelbarer Nähe des Einkaufszentrums ... befinde und der ebenfalls nicht unerheblich befahrenen ...straße, bestehe die Gefahr plötzlich nachsackenden Erdreichs in die ca. 17 m tiefe Baugrube. Die von Prof. ... festgelegte Absperrzone entspreche hierbei dem zu erwartenden Absenktrichter. Von dem Ingenieurbüro ... sei nach umfangreichen Berechnungen auch eine Sperrung der umliegenden Straßen für den Schwerverkehr als erforderlich angesehen worden, um auch noch die hierdurch entstehenden Kräfte von der Verbauwand fernzuhalten. Die Dringlichkeit einer zeitnahen Beauftragung einer fachlich geeigneten Firma mit der Umsetzung der angeordneten Maßnahmen noch am Tage des Bescheidserlasses sei dem von der Klägerin zutreffend dargelegten Feiertagsproblem in jener Woche geschuldet gewesen. Eine spätere Beauftragung trotz Tätigkeit von Straßenbauunternehmen auch auf Grund verringerten Verkehrsaufkommens an Feiertagen hätte eine nicht zu vertretende Verzögerung bei den Absperrmaßnahmen nach sich gezogen.

Die Fristsetzung im Bescheid vom 17. Mai 2013 (Au 4 K 13.870) sei angemessen, da der Klägerin die gesamte Problematik seit Sommer 2012 bekannt sei. Eventuelle Verzögerungen hätte die Klägerin durch Auswahl bislang nicht mit der Sache befasster Gutachter selbst zu vertreten. Die gesetzten gestaffelten Fristen wären ohne Weiteres einzuhalten gewesen, da der Klägerin eine frühzeitige Kontaktaufnahme zumutbar gewesen sei.

Die im Bescheid vom 26. Juli 2013 (Au 4 K 13.1292) gesetzten Fristen seien nicht zu kurz bemessen, da der Klägerin spätestens seit 25. Juli 2013 bekannt gewesen sei, dass die Permanentüberwachung instand zu setzen sei. Für die Folgebeauftragung eines von der Klägerin selbst ausgesuchten Unternehmens seien daher zwei Werktage ausreichend. Eine verzögerte Weiterleitung des Bescheids, der in ... zugestellt worden sei, sei nicht von der Beklagten zu vertreten. Die grundsätzliche Notwendigkeit einer Permanentüberwachung hätten mehrere Gutachter und der zuständige Prüfingenieur bestätigt, so dass auch die Notwendigkeit der Aufrechterhaltung der Funktionstüchtigkeit bestehe. Da Instandhaltungsmaßnahmen von der Klägerin nicht mit beauftragt waren, habe es insoweit der Erweiterung bedurft.

Die Klägerin sei durch den Bescheid vom 13. Juni 2013 (Au 4 K 13.1030) in keinerlei Hinsicht beschwert, auch wenn sie erst nach dem 17. Juni 2013 davon erfahren haben solle. Sie habe am 12. Juni 2013 ein Angebot der Firma ... erhalten und am 13. Juni 2013 die Einrichtung einer Permanentüberwachung beauftragt.

In Ziffer 1 des Bescheides vom 20. Juni 2013 (Au 4 K 13.1064) sei der Bescheid vom 10. Dezember 2012 konkretisiert worden. Ziffer 2 konkretisiere die angeordnete Sicherung der Ankerköpfe vor dem Wegschließen. Diese Ziffer sei mit Bescheid vom 2. Oktober 2013 abgeändert worden.

Mit Bescheid vom 2. Oktober 2013 (Au 4 K 13.1686) werde die Anordnung vom 20. Juni 2013 insofern geändert, als eine alternative Sicherung der Ankerköpfe angeordnet werde, die Kosten in signifikanter Höhe einspare. Ein substantiierter Vortrag der Klägerin, der die Erforderlichkeit der Maßnahme in Zweifel ziehen könnte, liege nicht vor.

Mit Schriftsätzen jeweils vom 3. Juni 2014 wiederholte und ergänzte der Klägerbevollmächtigte seinen Vortrag in sämtlichen Verfahren. Er führte unter anderem aus, dass die Baustelle durch die rechtswidrige Verhinderung der Errichtung von Einzelhandelsgeschäften durch die Beklagte zum Stillstand gekommen sei. Das Verfahren über die Aufstellung des Bebauungsplans „Westlich ...“ habe die Beklagte faktisch eingestellt. Ein Weiterbau über den jetzt erreichten Stand in der Baugrube (Decke über 2. Untergeschoß) sei für den Einzelhandel, gleich ob zentrenrelevant oder nicht zentrenrelevant ohne Planungsänderung und Genehmigung nicht möglich. Die Beklagte habe es daher allein zu verantworten, dass die Baumaßnahme nicht weitergeführt werden könne.

Der Bescheid vom 7. Mai 2013 sei lediglich per Telefax an die Kanzlei des Klägerbevollmächtigten ergangen, der jedoch zu keinem Zeitpunkt vor Klageerhebung seine Vertretung angezeigt habe. Die Frist sei viel zu knapp bemessen gewesen. Es liege auch kein Fall einer unaufschiebbaren Maßnahme vor, da keine Gefahr bestanden habe, erst recht keine Gefahr in Verzug. Das Gleiche gelte für den Bescheid vom 22. Mai 2013, da schon die Voraussetzungen der Ersatzvornahme nicht gegeben gewesen seien, die Maßnahmen weder erforderlich noch sinnvoll und zudem völlig überteuert gewesen seien.

Soweit die von der Beklagten vorgelegten Gutachten ergäben, dass für eine Verlängerung der Nutzungsdauer der Temporäranker über den Sommer 2012 hinaus zusätzlicher Korrosionsschutz an den Ankern anzubringen und der Verbau regelmäßig zu prüfen und zu beobachten sei, seien die Feststellungen falsch und genügten nicht den erforderlichen wissenschaftlichen Anforderungen an ein solches Gutachten, das eine erforderliche präzise Handlungsanleitung vermissen lasse. Die Verfügungen beruhten folglich vollständig auf unzutreffenden Annahmen und auch dass der Verbau in seinem Bestand gefährdet sei, sei unrichtig. Bohrwiderstandsmessungen hätten keine defekten Bohlen ergeben. Auch ein Gutachten in einem Zivilrechtsstreit habe ergebe, das an dem Verbau keine Mängel oder Fehler hätten festgestellt werden können und auch die Ankerauflager nicht zu beanstanden seien. Der Verbau stehe nach wie vor ungefährdet da.

Am 4. Juni 2014 fand mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht statt. Anträge der Bevollmächtigten der Klägerin auf Aussetzung und Ablehnung der Kammer einschließlich der ehrenamtlichen Richter wurden abgelehnt.

Mit Schriftsatz vom 22. Juli 2014 trug der Bevollmächtigte der Beklagten in sämtlichen Verfahren ergänzend und insbesondere zur Umsetzung und Erledigung der einzelnen Maßnahmen vor. Sämtliche angeordneten Maßnahmen seien erforderlich gewesen, was durch die vorliegenden Gutachten, gutachterliche Stellungnahmen und Ausführungen des Prüfsachverständigen belegt sei. Die Fristsetzungen seien nicht unangemessen kurz und aus Gründen der Sicherheit erforderlich gewesen. Im Übrigen bestehe, soweit die Maßnahmen erfüllt worden seien, kein Feststellungsinteresse.

Mit Schriftsatz vom 29. Juli 2014 führte der Klägerbevollmächtigte aus, dass sämtliche angegriffenen Bescheide rechtswidrig seien und die Beklagte erst durch die rechtswidrige Versagung der beantragten Tekturgenehmigung die Ursache geschaffen habe. Wäre die Tekturgenehmigung erteilt worden, wäre das Bauvorhaben bereits fertiggestellt, so dass eine isolierte Betrachtung der Verfügungen nicht erfolgen könne. Durch die Verfügungstechnik verstoße die Beklagte gegen das Verbot der Mehrfachbescheidung identischer Sachverhalte. Das Nachschieben von Begründungen sei insoweit nicht möglich. Im Übrigen mache die Klägerin ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse zur Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses geltend.

Am 31. Juli 2014 und 24. September 2014 fand weitere mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht statt, in der die beteiligten Gutachter als sachverständige Zeugen gehört wurden.

Mit Schriftsatz vom 15. Oktober 2014 nahm der Bevollmächtigte der Beklagten ergänzend Stellung. Anhand der Zeugenaussagen hätte sich die Rechtmäßigkeit der Verfügungen bestätigt.

Am 17. Oktober 2014 fand weitere mündliche Verhandlung statt. In dieser hat der Bevollmächtigte der Klägerin zuletzt in allen Verfahren beantragt,

den jeweiligen Bescheid der Beklagten aufzuheben,

hilfsweise:

festzustellen, dass der jeweilige Bescheid rechtswidrig war.

Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegten Verwaltungsakten und die Gerichtsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässigen Klagen sind weitgehend unbegründet und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Soweit die Bescheide teilweise – wie im Folgenden einzeln ausgeführt – rechtswidrig sind, waren die entsprechenden Regelungen aufzuheben.

A. Die Klagen sind zulässig.

Die Klagen sind als Anfechtungsklagen und – soweit Erledigung eingetreten ist – als Fortsetzungsfeststellungsklagen zulässig. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die streitgegenständlichen Bescheide nicht bereits durch Zeitablauf erledigt haben, da die von der Beklagten gesetzten Fristen Grundlage der nachfolgenden Vollstreckungsmaßnahmen sind (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG-Kommentar, 14. Auflage 2013, § 43 Rn. 40c). Auch soweit die angefochtenen Bescheide Grundlage der Vollziehungsmaßnahmen und damit verbundener Kostenerstattungsmaßnahmen sind, ist keine Erledigung eingetreten (Kopp/Schenke, VwGO-Kommentar, 20. Auflage 2014, § 103 Rn. 102, 104, § 80 Rn. 136; Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 43 Rn. 41b). Soweit sich einzelne Regelungen jedoch aufgrund inhaltlicher Überholung (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 113 Rn. 103) oder einem freiwilligen Nachkommen der auferlegten Pflichten (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 113 Rn. 103) seitens der Klägerin erledigt haben, ist nicht die Anfechtungsklage, sondern die Fortsetzungsfeststellungsklage richtige Klageart (Kopp/Schenke, a.a.O., § 42 Rn. 58). Das Feststellungsinteresse ergibt sich insoweit teilweise – betreffend die jährlich wiederkehrenden Maßnahmen, wie z.B. „Wintersicherung“– aufgrund einer Wiederholungsgefahr (vgl. das weitere anhängige Verfahren Au 4 K 14.93), im Übrigen aus einer typischerweise kurzfristigen Erledigung (Kopp/Schenke, a.a.O., § 113 Rn. 145) wegen der gesetzten kurzen Fristen im Zusammenhang mit unmittelbar anschließender Vollstreckung im Wege der Ersatzvornahme.

Soweit der Klägerbevollmächtigte mit seinen Anträgen auf Aufhebung bzw. Feststellung der Rechtswidrigkeit der Bescheide auch die Aufhebung der jeweiligen Anordnung des Sofortvollzugs begehrt, wären die Klagen allerdings unzulässig, da es sich bei den betreffenden Anordnungen nicht um einen Verwaltungsakt handelt (Kopp/Schenke, a.a.O., § 80 Rn. 78). Insoweit wäre vielmehr ein Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz erforderlich gewesen (Schmidt in Eyermann, VwGO-Kommentar, 13. Auflage 2010, § 80 Rn. 52; BVerwG, U.v. 21.10.1968 – IV C 33.68 – NJW 1969, 202).

Entgegen der Argumentation der Beklagten, die Klagen seien mangels ladungsfähiger Anschrift der Klägerin unzulässig (vgl. BVerwG, B.v. 14.2.2012 – 9 B 79/11 – NJW 2012, 1527 = juris Rn. 11; BVerwG, U.v. 13.4.1999 – 1 C 24/97 – NJW 1999, 2608 = juris Rn. 42), wird auch insoweit von der Zulässigkeit der Klagen ausgegangen. Auch wenn dieses Erfordernis nicht durch eine anwaltliche Vertretung obsolet wird (Kopp/Schenke, VwGO-Kommentar, 20. Auflage 2014, § 82 Rn. 4; Geiger in Eyermann, VwGO-Kommentar, 13. Auflage 2010, § 82 Rn. 3; Reichold in Thomas/Putzo, ZPO-Kommentar, 33. Auflage 2012, § 253 Rn. 7; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO-Kommentar, 72. Auflage, § 253 Rn. 23), dürfte vorliegend die Angabe und Adresse der persönlich haftenden Gesellschafter der klagenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts in den Schriftsätzen des Klägerbevollmächtigten (z.B. im Verfahren Au 4 K 13.42 vom 24. September 2013) ausreichend sein. Denn für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts genügt eine identifizierende Beschreibung (Vollkommer in Zöller, ZPO-Kommentar, 30. Auflage 2014, § 253 Rn. 8a) und besteht die Möglichkeit, die Gesellschaft (auch) durch Angabe aller Gesellschafter zu beschreiben (Vollkommer in Zöller, a.a.O., § 50 Rn. 18). Im Hinblick darauf, dass Zustellversuche an der angegebenen Anschrift der Klägerin nicht durchweg erfolglos waren, ein Prozessbevollmächtigter benannt ist und die Anschriften der Gesellschafter benannt wurden, bleibt der Gesichtspunkt der Kostenerstattung im gerichtlichen Verfahren untergeordnet (vgl. BFH, B.v. 18.8.2011 – V B 44/10 – juris Rn. 21). Die Klägerin hat schließlich ihre Prozessführungsbefugnis und Aktivlegitimation auch nicht durch Anordnung der Zwangsverwaltung nach Einleitung der Rechtsstreite verloren (BayVGH, U.v. 25.6.2013 – 22 B 11.701 – KommPrax BY 2013, 353 = juris Rn. 22).

B. Die Klagen sind weitgehend unbegründet und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Nur soweit einzelne Anordnungen in einzelnen Bescheiden rechtswidrig waren, war die jeweilige Anordnung aufzuheben, im Übrigen aber die Klagen abzuweisen.

I. Rechtsgrundlage der getroffenen bauaufsichtlichen Sicherungsanordnungen und Maßnahmen ist jeweils Art. 54 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 BayBO. Danach kann die Beklagte als Bauaufsichtsbehörde (Art. 53 Abs. 1 Satz 1 BayBO, Art. 9 Abs. 1 Satz 1 GO) in Wahrnehmung der ihr nach Satz 1 obliegenden Aufgaben die erforderlichen Maßnahmen treffen. Zu den Aufgaben der Bauaufsichtsbehörde nach Art. 54 Abs. 2 Satz 1 BayBO gehört dabei, bei der Errichtung, Änderung, Nutzungsänderung und Beseitigung sowie bei der Nutzung und Instandhaltung von Anlagen darüber zu wachen, dass die öffentlich-rechtlichen Vorschriften und die aufgrund dieser Vorschriften erlassenen Anordnungen eingehalten werden. Formelle Verstöße wurden seitens der Kläger nicht geltend gemacht.

II. Die angefochtenen Bescheide sind wirksam und nicht nichtig.

Sämtliche Bescheide sind gegenüber den Klägern mit Bekanntgabe wirksam geworden (Art. 43 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG): So wurde der Bescheid vom 10. Dezember 2012 (Au 4 K 13.42) am 11. Dezember 2012 zugestellt; nach Angaben des Klägerbevollmächtigten sogar bereits am 10. Dezember 2012 (Bl. 12 der Gerichtsakte Au 4 K 13.42).

Der Bescheid vom 7. Mai 2013 (Au 4 K 13.773) wurde per Fax am 7. Mai 2013 um 11.28 Uhr an die angegebene Fax-Nummer, an das beauftragte Architekturbüro ... an die angegebene Nummer um 11.34 Uhr und an die Klägerbevollmächtigten an die angegebene Nummer um 11.42 Uhr gefaxt (siehe Bl. 412 der Gerichtsakte Au 4 K 13.773 und Bl. 424, 425 und 426). Mit Postzustellungsurkunde wurde der Bescheid am 14. Mai 2013 der Klägerin zugestellt, nachdem der Zustellversuch am 10. Mai 2013 unter der angegebenen Adresse (... Str. ..., ...) gescheitert und die Zustelladresse vom Zusteller berichtigt worden ist (...str. ..., ...) (Bl. 427 der Gerichtsakte Au 4 K 13.773).

Der Bescheid vom 17. Mai 2013 (Au 4 K 13.870) wurde den Klägern mit Postzustellungsurkunde am 18. Mai 2013 (Behördenakte Bl. 94 im Verfahren Au 4 K 13.870) zugestellt. Nach Angaben des Klägerbevollmächtigten haben die Kläger den Bescheid nach den Pfingstfeiertagen am „Dienstag, 22. Juni 2013“ (Bl. 247 – Rückseite der Gerichtsakte Au 4 K 13.870) tatsächlich erhalten. Gemeint ist hierbei aber vermutlich entweder Dienstag, der 21. Mai 2013 oder Mittwoch der 22. Mai 2013, da der Sachverständige Prof. ... entsprechend der Vorgabe im Bescheid mit E-Mail des Architekturbüros ... vom 24. Mai 2013 (Bl. 144 der Behördenakte Au 4 K 13.870) beauftragt wurde.

Der Bescheid vom 13. Juni 2013 (Au 4 K 13.1030) wurde am 13. Juni 2013 im Briefkasten an der angegebenen Adresse (... Str. ..., ...) hinterlassen (Bl. 288 der Behördenakte).

Der Bescheid vom 20. Juni 2013 (Au 4 K 13.1064) wurde am 20. Juni 2013 im Briefkasten an der angegebenen Adresse (... Str. ..., ...) hinterlassen (Bl. 348 der Behördenakte). Der Bescheid wurde am 20. Juni 2013 auch noch im Briefkasten des Architekturbüros ... (...str. ..., in ...) hinterlassen und das Architekturbüro verständigt, das eine sofortige Weiterleitung zusicherte.

Der Bescheid vom 1. Juli 2013 (Au 4 K 13.1064) konnte am 4. Juli 2013 mit Postzustellungsurkunde nicht zugestellt werden, da der Adressat unter der angegebenen Adresse nicht zu ermitteln war (...str. ..., ..., Bl. 422 der Behördenakte). Am 11. Juli 2013 konnte der Bescheid mittels Postzustellungsurkunde an eine Beschäftigte im angegebenen Geschäftsraum (...str. ..., ..., Bl. 424 der Behördenakte) übergeben werden.

Der Bescheid vom 26. Juli 2013 (Au 4 K 13.1292) wurde den Klägern mit Postzustellungsurkunde am 29. Juli 2013 zugestellt (Bl. 72 der Gerichtsakte Au 4 K 13.1292), wobei die Kläger angeben, den Bescheid am 30. Juli 2013 tatsächlich erhalten zu haben (Bl. 198 – Rückseite der Gerichtsakte Au 4 K 13.1292).

Die Bescheide sind auch nicht nichtig i.S.d. Art. 44 Abs. 1, Art. 43 Abs. 3 BayVwVfG.

Zunächst liegt kein Fall des Art. 44 Abs. 2 BayVwVfG, insbesondere des Art. 44 Abs. 2 Nr. 4 BayVwVfG vor. Voraussetzung wäre insoweit eine objektive Unmöglichkeit, ein unverhältnismäßiger Aufwand oder unverhältnismäßige Schwierigkeiten (Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 44 Rn. 39). Zur tatsächlichen Unmöglichkeit der angeordneten Maßnahmen ist nichts vorgetragen und ergibt sich auch nichts aus den Aussagen der in den mündlichen Verhandlungen befragten sachverständigen Zeugen. Die streitige Frage der Notwendigkeit der einzelnen Maßnahmen und deren Kostenhöhe allein führen nicht ohne Weiteres zur Nichtigkeit wegen tatsächlicher Unmöglichkeit. Diese Frage ist vielmehr Teil der Verhältnismäßigkeitsprüfung der einzelnen Maßnahme und im Hinblick auf den Ablauf der Gewährleistungsdauer der Temporäranker und der grundsätzlichen Notwendigkeit sicherheitsrechtlicher Maßnahmen, die auch von keinem sachverständigen Zeugen in Frage gestellt wurde, nicht derart offensichtlich, dass einzelne Bescheide wegen unverhältnismäßigem Aufwand nichtig wären.

Die Bescheide leiden an keinem besonders schwerwiegenden Fehler und einer Offensichtlichkeit bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände (Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG). Die Bescheide verstoßen weder gegen tragende Zweck- und Wertvorstellungen (Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 44 Rn. 8) noch ist den Bescheiden eine Fehlerhaftigkeit geradezu „auf die Stirn geschrieben“ (Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 44 Rn. 12). Die getroffenen Regelungen drängen einem unvoreingenommenen, verständigen Beobachter nicht ohne Weiteres eine Nichtigkeit auf; sie sind vielmehr auf der Ebene einer unvoreingenommenen Betrachtung im Hinblick auf die Situation der Baugrube nachvollziehbar und verständlich. Eine eventuelle Rechtswidrigkeit eines Bescheids oder einzelner Anordnungen, insbesondere bei Annahme eines Verstoßes gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip führt nicht automatisch zur Nichtigkeit wegen offensichtlich schwerwiegendem Fehler des Bescheids. Im Hinblick auf die gesetzeskonforme Rechtsgrundlage des Art. 54 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 BayBO, der der Beklagten auch Handlungsspielräume eröffnet, ist auch ein Verstoß gegen Art. 20 Abs. 3 GG nicht ersichtlich.

Soweit der Klägerbevollmächtigte vorträgt, die Beklagte hätte die Ursache für die sicherheitsrechtlichen Anordnungen durch Ablehnung der Tekturgenehmigung mit Bescheid vom 8. März 2013 selbst zu verantworten, kann hierauf nicht die Nichtigkeit der getroffenen sicherheitsrechtlichen Anordnungen gestützt werden. Denn die Frage der Ursächlichkeit einer bestehenden Gefährdungslage ist keine Tatbestandsvoraussetzung sicherheitsrechtlicher Maßnahmen, sondern vielmehr gegebenenfalls im Rahmen eines Amtshaftungs- oder Schadensersatzprozesses geltend zu machen. Prüfungsgegenstand ist allein die Frage der Standsicherheit des Baugrubenverbaus und die Erforderlichkeit der getroffenen Anordnungen.

III. Die angefochtenen Bescheide sind auch inhaltlich hinreichend bestimmt.

Nach Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Dies setzt voraus, dass der Inhalt der getroffenen Regelung für den Adressaten vollständig, klar und unzweideutig erkennbar ist; der Adressat muss erkennen können, was von ihm gefordert ist (Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 37 Rn. 5). Hierbei ist auf den Entscheidungssatz mit Gründen und den sonst bekannten oder ohne Weiteres erkennbaren Umständen abzustellen (Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 37 Rn. 5, 6, 12). Im Falle der Unbestimmtheit des Tenors genügt auch die Begründung des Bescheids; maßgeblich ist der objektive Erklärungswert (BayVGH, B.v. 17.5.2011 – 20 CS 11.907 – juris Rn. 5). Bezugnahmen sind zulässig (Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 37 Rn. 6a), solange und soweit das Ziel der geforderten Handlung ersichtlich ist (Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG-Kommentar, 7. Auflage 2008, § 37 Rn. 33).

Im vorliegenden Fall sind die Regelungswirkungen und Anordnungen nicht unklar. Soweit die Anordnungen durch nachfolgende Regelungen überholt wurden, führt dies – entgegen der Annahme der Klägerbevollmächtigten – nicht zu einer Doppelregelung, sondern zu einer (teilweisen) Erledigung der bisher getroffenen Regelungen. Auch wenn eine klarstellende Tenorierung seitens der Beklagten insoweit wünschenswert gewesen wäre, ergibt sich jedenfalls aus dem Inhalt und der Regelung des jeweiligen Bescheids, dem Sachverhalt und der jeweiligen Bezugnahme, was gefordert ist, so dass keine Unbestimmtheit vorliegt. Auch eine unzulässige Doppelregelung desselben Lebenssachverhalts liegt nicht vor. Zwar handelt es sich im Rahmen der getroffenen Regelungen jeweils um dieselbe Baustelle. Aufgrund der veränderten Erkenntnisse, der eingeholten Sachverständigengutachten und des Zeitablaufs waren jedoch jeweils weitere oder veränderte Regelungen erforderlich und zulässig, ohne dass dadurch eine Doppelregelung entstanden wäre. Auch liegt – entgegen dem Vortrag des Klägerbevollmächtigten – in den streitgegenständlichen Verfahren keine unzulässige Nachholung einer Begründung i.S.d. Art. 45 Abs. 2 Nr. 2 BayVwVfG vor, da sämtliche Bescheide begründet waren und kein Fall einer vollständig fehlenden Begründung vorliegt. Auch liegt kein Fall des Nachschiebens von Gründen, die zu einer Wesensänderung des jeweiligen Verwaltungsakts führen, vor, sondern vielmehr Vervollständigungen und Erläuterungen durch das schriftsätzliche Vorbringen in den Klageverfahren. Die von der Beklagten vorgetragenen Aspekte stellen keine Wesensänderung der Bescheide oder eine unzumutbare Erschwernis der Rechtsverteidigung (vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 45 Rn. 21; Schemmer in Bader/Ronellenfitsch, Beck-OK VwVfG, § 45 Rn. 36) dar.

IV. Die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 54 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 BayBO liegen im Allgemeinen jeweils vor.

1. Bei den getroffenen Anordnungen handelt es sich um Aufgaben der Bauaufsichtsbehörde.

Der Begriff der Aufgaben der Bauaufsichtsbehörde ist hierbei weit auszulegen. Einbezogen werden alle Vorgänge während des gesamten Entstehungszeitraums einer Anlage (Dirnberger in Simon/Busse, BayBO-Kommentar, Stand 12/2013, Art. 54 Rn. 29). Maßgebliche bauliche Anlage ist hierbei die mit Baugenehmigung vom 10. März 2010 genehmigte Errichtung eines Gebäudes, so dass auch die hierbei ausgehobene Baugrube zur Errichtung der zugehörigen Tiefgarage einen Vorgang während der Entstehungszeit darstellt.

2. Zur Aufgabe der Bauaufsichtsbehörde gehört es, die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu überwachen.

Neben Art. 3 Abs. 1 BayBO, der besagt, dass die Errichtung baulicher Anlagen so zu erfolgen hat, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung nicht gefährdet werden und die anerkannten Regeln der Baukunst zu beachten sind, ist vorliegend vor allem auch Art. 9 Abs. 1 BayBO zu beachten, wonach die Baustelle so einzurichten ist, dass bauliche Anlagen ordnungsgemäß errichtet werden können und dass keine Gefahren, vermeidbare Nachteile oder vermeidbare Belästigungen entstehen. Darüber hinaus sind auch die Technischen Baubestimmungen erfasst (Jäde in Jäde/Dirnberger/Bauer/Eisenreich, BayBO-Kommentar, Stand 11/2013, Art. 54 Rn. 8).

3. Bei den getroffenen Regelungen handelt es sich dem Grunde nach um erforderliche Maßnahmen i.S.d. Art. 54 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 BayBO.

Die Anordnungsbefugnis der Bauaufsichtsbehörden erstreckt sich im Rahmen des Art. 54 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 BayBO auch auf Anordnungen außerhalb gesetzlich geregelter Verfahren und Befugnisse (Dirnberger in Simon/Busse, a.a.O., Art. 54 Rn. 39). Zulässig sind insbesondere Maßnahmen zur Abwehr von Gefahren, die nach Art. 3 BayBO und anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften abzuwehren sind, wie z.B. Maßnahmen der Standsicherheit, der Verkehrssicherheit oder zum Schutz der Gesundheit (Dirnberger in Simon/Busse, a.a.O., Art. 54 Rn. 43). Darüber hinaus sind Maßnahmen im Rahmen der Errichtung von baulichen Anlagen zulässig, wenn Anlagen so in ihrem jetzigen Zustand nicht belassen werden können und weniger belastende Änderungen nicht möglich sind (Dirnberger in Simon/Busse, a.a.O., Art. 54 Rn. 45). In Betracht kommen neben den eigentlich erforderlichen Maßnahmen zur Abwehr von Gefahren auch Maßnahmen zur Feststellung von Ausmaß, Umfang und Dringlichkeit der erforderlichen Maßnahmen (Dirnberger in Simon/Busse, a.a.O., Art. 54 Rn. 48). Soweit danach Maßnahmen zur Gefahrenabwehr notwendig werden, erlässt die Bauaufsichtsbehörde die erforderlichen Sicherungsanordnungen (Dirnberger in Simon/Busse, a.a.O., Art. 54 Rn. 51), auf die nachfolgend im Einzelnen einzugehen ist.

4. Die Maßnahmen richten sich auch gegen den richtigen Störer.

Maßnahmen nach Art. 54 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 BayBO haben sich gegen den (oder die) verantwortlichen Störer zu richten. Neben der Verantwortlichkeit des Bauherrn für die Errichtung der baulichen Anlage und dementsprechend auch für die Baugrube nach Art. 49, Art. 50 Abs. 1 BayBO, kommt vorliegend auch eine entsprechende Anwendung der sicherheitsrechtlichen Verantwortlichkeit nach Art. 9 LStVG in Betracht (vgl. Decker in Simon/Busse, a.a.O., Art. 76 Rn. 152). Vorliegend richten sich die getroffenen Maßnahmen gegen die Kläger, die sowohl Bauherr als auch Grundstückseigentümer sind. Die Kläger sind damit vorrangig als sogenannter Doppelstörer (Handlungs- und Zustandsstörer i.S.d. Art. 9 Abs. 1 und 2 BayBO) in Anspruch zu nehmen (vgl. Decker in Simon/Busse, a.a.O., Art. 76 Rn. 156ff, 166ff), da sie sowohl Bauherr (Art. 9 Abs. 1 Satz 1 LStVG) als auch Grundstückseigentümer (Art. 9 Abs. 2 Satz 2 LStVG) sind. Die Handlungs- und Zustandsverantwortlichkeit ist dabei verschuldensunabhängig (Decker in Simon/Busse, a.a.O., Art. 76 Rn. 159, 169), so dass es auf die vom Klägerbevollmächtigten aufgeworfene Frage der Verantwortlichkeit und Ursächlichkeit für die Situation der Baugrube wegen Versagung der Tekturgenehmigung durch Bescheid vom 8. März 2013 (Au 4 K 13.488) auch insoweit nicht ankommt.

5. Die Anordnungen sind ermessensgerecht erfolgt.

Die Beklagte hat im Rahmen der Anordnungen nach Art. 54 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 BayBO nach pflichtgemäßem Ermessen entsprechend Sinn und Zweck des Gesetzes zu entscheiden (Dirnberger in Simon/Busse, a.a.O., Art. 54 Rn. 84, 89). Sie hat dabei – wie sich im Einzelnen noch zeigen wird – von ihrem Entschließungs- und Auswahlermessen (Dirnberger in Simon/Busse, a.a.O., Art. 54 Rn. 88) sachgerecht Gebrauch gemacht. Die maßgeblichen Umstände und Interessen der Beteiligten sind im Rahmen der jeweiligen Entscheidung unter Berücksichtigung der jeweiligen sicherheitsrechtlichen Aspekte ausreichend berücksichtigt und abgewogen worden (Decker in Simon/Busse, a.a.O., Art. 76 Rn. 205). Im Übrigen ist der Prüfungsmaßstab des Gerichts hierbei nach Art. 114 Satz 1 VwGO beschränkt.

6. Die Bescheide sind auch verhältnismäßig.

Maßnahmen der Bauaufsichtsbehörde in Wahrnehmung ihrer gesetzlichen Überwachungsaufgabe müssen verhältnismäßig sein (Dirnberger in Simon/Busse, a.a.O., Art. 54 Rn. 56), d.h. die Maßnahme muss der Verfolgung eines legitimen Zwecks mit geeigneten, erforderlichen und angemessenen Mitteln dienen (vgl. BayVGH, U.v. 17.12.2012 – 10 BV 09.2641 – DÖV 2013, 695 = juris Rn. 102; Bengl/Berner/Emmering, LStVG-Kommentar, Stand 7/2013, Art. 8 Rn. 6). Geeignetheit bedeutet, dass die Maßnahme rechtlich und tatsächlich möglich ist und geeignet ist, das angestrebte Ziel zu erreichen (vgl. Dirnberger in Simon/Busse, a.a.O., Art. 54 Rn. 64). Dies ist vorliegend der Fall; Anhaltspunkte für eine rechtliche oder tatsächliche Unmöglichkeit der einzelnen Maßnahmen ergeben sich nicht; soweit hinsichtlich einzelner Maßnahmen Differenzen wegen deren Notwendigkeit bestehen, basieren diese nicht auf der Frage der Geeignetheit, sondern auf der Ebene der Erforderlichkeit und Angemessenheit.

Die Maßnahme muss ferner erforderlich sein, d.h. es muss sich um das am wenigsten eingreifende, mildeste Mittel handeln (Bengl/Berner/Emmering, a.a.O., Art. 8 Rn. 8; Dirnberger in Simon/Busse, a.a.O., Art. 54 Rn. 65); Voraussetzung ist insoweit, dass das Ziel nicht auf andere Weise ebenso wirksam erreicht werden kann (Dirnberger in Simon/Busse, a.a.O., Art. 54 Rn. 56; Jäde in Jäde/Dirnberger/Bauer/Eisenreich, a.a.O., Art. 54 Rn. 45). Insoweit ist bereits festzustellen, da die vom Architekturbüro ... im Aktenvermerk vom 23. Januar 2013 (Bl. 202 der Gerichtsakte im Verfahren Au 4 K 13.42) vorgesehene Beobachtung nach DIN 1054 nicht ausreichend ist, da im selben Aktenvermerk auch schon weitere Maßnahmen nach DIN 4125 vorgesehen waren. Die Überwachung des Berliner Verbaus konnte daher insgesamt allenfalls unterstützend, nicht aber als allein ausreichend angesehen werden, was auch durch die weiteren Sachverständigengutachten und Aussagen im Rahmen der mündlichen Verhandlung bestätigt wird. Denn die Überwachung war stets nur zusammen mit weiteren Sicherungsmaßnahmen, nicht aber als einzige Sicherungsmaßnahme, vorgesehen.

Darüber hinaus müssen die Maßnahmen angemessen im engeren Sinn sein, d.h. die Mittel-Zweck-Relation muss gegeben sein. Dies ist der Fall, wenn ein angemessener Ausgleich zwischen der Schwere der grundrechtlichen Beeinträchtigung und der Bedeutung des legitimen Zwecks besteht (Bengl/Berner/Emmering, a.a.O., Art. 8 Rn. 9; Berner/Köhler, PAG-Kommentar, 20. Auflage 2010, Art. 4 Rn. 2; BayVGH, U.v. 17.12.2012 – 10 BV 09.2641 – DÖV 2013, 695 = juris Rn. 109). Maßgebend ist hierbei die Eingriffsintensität, d.h. es darf sich nicht um eine evident unangemessene Maßnahme handeln (Bengl/Berner/Emmering, a.a.O., Art. 8 Rn. 9), was – wie sich im Einzelnen noch zeigen wird – der Fall ist.

Im vorliegenden Fall ist insbesondere zu berücksichtigen, dass sich die Gefährdung der Standsicherheit des Berliner Verbaus aufgrund einer Überschreitung der Nutzungsdauer der Temporäranker nach Nr. 2.1.4 DIN 4125 nicht nur auf die Baugrube selbst, sondern darüber hinaus unmittelbar auf nahestehende Nachbargebäude, den öffentlichen Verkehr sowie Leben und Gesundheit von Menschen, die sich in der Baugrube – sei es, um dort den Bau weiterzuführen oder um Sicherungsmaßnahmen durchzuführen – aufhalten, auswirkt. Die Anforderungen, die an den Grad der erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit eines drohenden Schadens zu stellen sind, sind umso geringer, je höherrangiger das betroffene Rechtsgut und je schwerer der zu erwartende Schaden und seine Folgen sind (Dirnberger in Simon/Busse, a.a.O., Art. 54 Rn. 48). Im vorliegenden Fall genügen daher begründete Zweifel an der Standsicherheit (vgl. Dirnberger in Simon/Busse, a.a.O., Art. 54 Rn. 172). Derartige begründete Zweifel ergeben sich eindeutig aus den zahlreichen vorliegenden Sachverständigengutachten und den Aussagen der sachverständigen Zeugen in den mündlichen Verhandlungen. So wird bereits in der Stellungnahme der Ingenieurgemeinschaft ... GmbH (...) vom 18. April 2011 (Blatt 181 der Gerichtsakte Au 4 K 13.42) darauf hingewiesen, dass bei Überschreitung der Geltungsdauer der Temporäranker weitere Maßnahmen erforderlich seien. Auch der zuständige Prüfingenieur hat in mehreren Stellungnahmen auf die Notwendigkeit einer detaillierten Darstellung von Maßnahmen zur Verlängerung der Standzeit und Korrosionsschutzmaßnahmen hingewiesen (Stellungnahmen vom 6.6.2011 – Bl. 402 der Gerichtsakte Au 4 K 13.42 und vom 29.6.2011 – Bl. 404 der Gerichtsakte Au 4 K 13.42). Auch das ... an der ... Universität ... hat in der gutachterlichen Stellungnahme vom 20. September 2012 (Bl. 193 der Gerichtsakte Au 4 K 13.42) auf notwendige Maßnahmen zur Vermeidung des Fortschreitens der Korrosion, Sicherung des Abreißens von Einzellitzen und weitere Maßnahmen hingewiesen. Ein grundsätzliches Sicherungsbedürfnis ist auch durch die Aussagen der sachverständigen Zeugen in den mündlichen Verhandlungen bestätigt worden. So hat selbst der sachverständige Zeuge Dipl. Ing. Benz, der in den Verwaltungsverfahren nicht beteiligt war, ausgesagt, dass – unabhängig von der Beurteilung der im Einzelnen durchgeführten Maßnahmen – die Notwendigkeit von Sicherungsmaßnahmen aufgrund der deutlichen Überschreitung der Nutzungsdauer von zwei Jahren schlüssig gewesen sei. Zudem hat der sachverständige Zeuge ausgeführt, eine Untersuchungsmethode ausgewählt zu haben, mit der er sich keiner Gefährdung ausgesetzt habe. Unter Berücksichtigung der Aussagen des sachverständigen Zeugen Dipl. Ing. ... in der mündlichen Verhandlung vom 24. September 2014, dass die Sicherung der Ankerköpfe aus Gründen des Arbeitsschutzes nicht nur zum Schutz von Arbeitern im Falle des Weiterbaus, sondern auch zum Schutz der Arbeiter, die Sicherungsmaßnahmen durchführen, erforderlich gewesen seien, ergibt sich jedenfalls eine mindestens abstrakte Gefahr, d.h. ein Zustand, der nach allgemeiner Lebenserfahrung eine nicht nur entfernte Möglichkeit entstehender Schäden enthält (vgl. Dirnberger in Simon/Busse, a.a.O., Art. 54 Rn. 169). Dem kann der Klägerbevollmächtigte auch nicht die Aussagen des sachverständigen Zeugen Architekt ... und insbesondere dessen Aktennotiz vom 23. Januar 2013 (Bl. 202 der Gerichtsakte Au 4 K 13.42) entgegenhalten. Denn zum einen ist der sachverständige Zeuge nicht nachweisberechtigt für die statischen Nachweise betreffend Gebäude der Gebäudeklasse 5 und Sonderbauten und zum anderen wird auch vom sachverständigen Zeugen die grundsätzliche Notwendigkeit von Sicherungsmaßnahmen nicht bestritten.

Sicherungsmaßnahmen sind daher im vorliegenden Fall grundsätzlich erforderlich gewesen und von der Befugnis der Bauaufsichtsbehörde gedeckt (Molodovsky in Koch/Moldovsky/Famers, Kommentar zur BayBO, Stand 10/2013, Art. 54 Rn. 34). Dazu zählen insbesondere auch Maßnahmen zur Gewährleistung der Standsicherheit (vgl. Dirnberger in Simon/Busse, a.a.O., Art. 54 Rn. 52; Jäde in Jäde/Dirnberger/Bauer/Eisenreich, a.a.O., Art. 54 Rn. 61; BayVGH, B.v. 12.5.1999 – 8 S 963/99 – BRS 62 Nr. 201 = juris Rn. 3), wozu im vorliegenden Fall auch die Standsicherheit der zur Errichtung des Bauwerks ausgehobenen und erforderlichen Baugrube gehört. Zwar genügen grundsätzlich begründete Zweifel (vgl. Dirnberger in Simon/Busse, a.a.O., Art. 54 Rn. 172), Art. 3 Abs. 1 Satz 1 und Art. 9 Abs. 1 BayBO, auf die die vorliegenden Maßnahmen gestützt sind, setzen jedoch eine Gefahr voraus (Molodovsky inKoch/Molodovsky/Firmamers, a.a.O., Art. 54 Rn. 43). Eine solche Gefahr lässt sich jedoch – wie oben bereits ausgeführt – aus den vorliegenden Sachverständigengutachten, Stellungnahmen und Ausführungen der sachverständigen Zeugen in den mündlichen Verhandlungen im Hinblick auf die Überschreitung der Geltungsdauer der Temporäranker gem. Nr. 2.1.4 DIN 4125 ohne Weiteres ableiten. Verhältnismäßig sind daher insbesondere Maßnahmen zur Sicherung, wenn die Gefahr herabstürzender Teile – hier ein Ausreißen von Einzellitzen der Temporäranker – besteht (vgl. Dirnberger in Simon/Busse, a.a.O., Art. 54 Rn. 52) oder Maßnahmen zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit erforderlich sind (vgl. Dirnberger in Simon/Busse, a.a.O., Art. 54 Rn. 52; Molodovsky in Koch/Molodovsky/Famers, a.a.O., Art. 54 Rn. 54). Für die Beurteilung ist dabei nicht allein auf das Bauwerk und den hierzu vorgelegten Statiknachweis abzustellen. Gegenstand der Beurteilung ist auch die sichere Einrichtung und der sichere Betrieb der Baustelle einschließlich der Standsicherheit der Baugrube, des Arbeitsschutzes und der Sicherheit der Nachbargrundstücke (Dirnberger in Simon/Busse, a.a.O., Art. 54 Rn. 54).

V. Die sicherheitsrechtlichen Anordnungen sind auch im Einzelnen rechtmäßig, insbesondere verhältnismäßig.

1. Die sicherheitsrechtlichen Anordnungen im Bescheid vom 10. Dezember 2012 (Au 4 K 13.42) sind rechtmäßig.

Bei den Maßnahmen handelt es sich im Einzelnen um verschiedene Anordnungen zur Gewährleistung der Sicherheit in der Baugrube wegen Ablauf der Nutzungsdauer der Temporäranker. Sämtliche Maßnahmen entsprechen den o.g. Grundsätzen und sind auch im Einzelnen rechtmäßig angeordnet worden.

Bei der Anordnung zum Einsprühen der Ankerköpfe mit Korrosionsschutzmittel (Nr. 1 Spiegelstrich 1 im Bescheid vom 10.12.2012 – Au 4 K 13.42) handelt es sich um eine zusätzliche Korrosionsschutzmaßnahme im Falle des Überschreitens der Geltungsdauer der Temporäranker, die sowohl in der Stellungnahme der ... vom 18. April 2011 (Bl. 181 der Gerichtsake Au 4 K 13.42) als auch vom Architekten der Klägerin im Protokoll vom 28. April 2011 unter Nr. 5 (Bl. 183 der Gerichtsakte Au 4 K 13.42) vorgesehen war. Die Maßnahme ist bislang nicht umgesetzt und hat sich damit noch nicht erledigt. Zwar ist nach der Stellungnahme des Prüfingenieurs vom 2. Oktober 2012 unter Nr. 1 (Bl. 346 der Gerichtsakte) grundsätzlich ein Versagen der temporären Anker durch Korrosion ausgeschlossen, gleichwohl wird ein Behandeln der freiliegenden Stahlteile auch vom Prüfingenieur (Nr. 3 der Stellungnahme vom 2.10.2012 – Bl. 346 der Gerichtsakte) in Übereinstimmung mit der oben genannten Stellungnahme der ... und der gutachterlichen Stellungnahme des ... vom 20. September 2012 unter Nr. 5 (Bl. 193 der Gerichtsakte Au 4 K 13.42) für notwendig erachtet. Soweit der Klägerbevollmächtigte anführt, die Maßnahme sei tatsächlich unmöglich, da die Baugrube teilweise geflutet gewesen sei, ist auf den Wortlaut der Anordnung hinzuweisen, wonach nur freiliegende Stahlteile mit Korrosionsschutzmittel eingesprüht werden sollten. Insoweit ist eine Unmöglichkeit dieser Anordnung aufgrund des (damaligen) Wasserstandes in der Baugrube nicht ersichtlich.

Die Anbringung von Sicherungen vor jedem Ankerkopf gegen „Wegschießen“ (Nr. 1 Spiegelstrich 2 im Bescheid vom 10.12.2012 – Au 4 K 13.42) wurde durch Nr. 1 Satz 2 im Bescheid vom 17. Mai 2013 (Au 4 K 13.870) wiederholt und durch die Anordnung einer Planung ergänzt sowie durch Bescheide vom 20. Juni 2013 (Au 4 K 13.1064) und 2. Oktober 2013 (Au 4 K 13.1686) konkretisiert. Die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der Maßnahme ergibt sich aus der gutachterlichen Stellungnahme des ... vom 20. September 2012 unter Nr. 5 (Bl. 193 der Gerichtsakte Au 4 K 13.42) und wird auch vom Prüfingenieur in der Stellungnahme vom 2. Oktober 2012 unter Nr. 3 (Bl. 346 der Gerichtsakte Au 4 K 13.42) bestätigt. Der sachverständige Zeuge Dipl. Ing. ... hat zudem in der mündlichen Verhandlung vom 24. September 2014 dargelegt, dass die Notwendigkeit der empfohlenen Maßnahmen auch heute noch für richtig gehalten werde. Abgesehen davon habe es sich nur um ein Minimum an Maßnahmen für eine derartige Baustelle gehandelt, die im Falle einer weiteren Analyse eher zu weitergehenderen Maßnahmen geführt hätten. Dies ist im Hinblick auf die Aussagen sämtlicher sachverständiger Zeugen und der vorliegenden Gutachten nachvollziehbar und plausibel.

Die Anordnung unter Nr. 1 Spiegelstrich 3 im Bescheid vom 10. Dezember 2012 (Au 4 K 13.42) wurde durch den Bescheid vom 17. Mai 2013 (Au 4 K 13.870) hinsichtlich einer Planung erweitert und durch Bescheid vom 20. Juni 2013 (Au 4 K 13.1064) konkretisiert. Die Ertüchtigung der Vergurtung stellt ebenfalls eine zulässige Sicherungsmaßnahme dar. In der gutachterlichen Stellungnahme des ... vom 20. September 2012 unter Nr. 5 (Bl. 193 der Gerichtsakte Au 4 K 13.42) wird ausgeführt, dass ein Versagen von Einzelankern nicht zum Versagen des gesamten Verbaus führen dürfe und deshalb eine Überprüfung und Ertüchtigung der Vergurtung erforderlich sei. Hierzu sei – wie auch der Prüfingenieur in der Stellungnahme vom 2. Oktober 2012 unter Nr. 5 bestätigt (Bl. 346 der Gerichtsakte Au 4 K 13.42) – ein Spannen und Festlegen der Anker auf ihre planmäßige Last notwendig. Entgegen der Auffassung des Klägerbevollmächtigten handelt es sich hierbei allerdings nicht um eine zwingende Vorgabe, die ohne Rücksichtnahme auf die konkrete Situation durchzuführen sei. Denn wie sowohl in der gutachterlichen Stellungnahme des ... vom 20. September 2012 unter Nr. 5 (Bl. 193 der Gerichtsakte Au 4 K 13.42) als auch des Prüfingenieurs in der Stellungnahme vom 2. Oktober 2012 unter Nr. 5 (Bl. 346 der Gerichtsakte Au 4 K 13.42) und im Schreiben des ... 2. Mai 2013 (Bl. 427 der Gerichtsakte Au 4 K 13.42) auf Seite 2 ausgeführt wird, sind im Falle der Nichteignung dieser Maßnahme weitere Abhebeversuche durchzuführen, der Ist-Zustand zu analysieren und im Anschluss hieran ergebnisabhängig weitere Maßnahmen zu treffen. Dies wird auch durch die Stellungnahme der ... AG (...) vom 10. Juni 2013 (Bl. 430 der Gerichtsakte Au 4 K 13.42) auf Seite 2 und den Aussagen der sachverständigen Zeugen bestätigt. Insoweit ist die Maßnahme zusammen mit der Anordnung unter Nr. 1 Spiegelstrich 4 im Bescheid vom 10. Dezember 2012 (Au 4 K 13.42), die sich durch Erfüllung der Nr. 1 des Bescheids vom 20. Juni 2013 (Au 4 K 13.1064) erledigt hat, zu sehen und unter dem Gesichtspunkt eines in Abhängigkeit von der konkreten Situation vor Ort gestuften Vorgehens auch verhältnismäßig.

Die Anordnung zur Einrichtung und Fortführung einer 3D-Beweissicherung unter Nr. 1 Spiegelstrich 5 im Bescheid vom 10. Dezember 2012 wurde von den Klägern erfüllt und durch Bescheid vom 13. Juni 2013 (Au 4 K 13.1030) in Form einer Permanentüberwachung sowie deren Fortführung durch Bescheid vom 26. Juli 2013 (Au 4 K 13.1292) erweitert. Die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit dieser Maßnahme ist im Grundsatz nicht bestritten und wird auch von den beteiligten Gutachtern durchweg empfohlen. Soweit der Klägerbevollmächtigte vorträgt, eine Messgenauigkeit von +/- 1 mm sei nicht zu erzielen, hat der sachverständige Zeuge Dipl. Ing. ... in der mündlichen Verhandlung vom 24. September 2014 unwidersprochen und nachvollziehbar ausgeführt, dass eine derartige Messgenauigkeit sehr wohl möglich sei, es sich aber um eine Kostenfrage handle. Im vorliegenden Fall sei eine Messgenauigkeit von +/- 1 mm empfohlen worden, da sich aussagekräftige Verformungen im Millimeterbereich bewegen würden. Auch wenn Temperaturschwankungen bereits Verformungen im Millimeterbereich hervorrufen könnten, sei jedenfalls frühzeitig erkennbar, dass „etwas in Bewegung“ sei. Dementsprechend ist die Anordnung der Beklagten nicht unverhältnismäßig und nicht durch die abweichende Absprache anlässlich des Termins von Architekt ... am 23. Januar 2013 (Bl. 202 der Gerichtsakte Au 4 K 13.42) aufgehoben oder obsolet. Die Beklagte konnte – unter Berücksichtigung der sicherheitsrechtlichen Aspekte und der betroffenen Rechtsgüter – auch eine Messgenauigkeit von +/- 1 mm anordnen.

Die Anordnung unter Nr. 2 im Bescheid vom 10. Dezember 2012 (Au 4 K 13.42) ist rechtmäßig, da sie zur Berücksichtigung witterungsbedingter Einflüsse erforderlich ist. Dies ergibt sich bereits aus dem bestandskräftigen und nicht angefochtenen Bescheid vom 9. Mai 2012 (Bl. 411 der Gerichtsakte Au 4 K 13.42) und dem Verweis auf das Gutachten der ... vom 23. März 2012. Die Anordnung wurde mit E-Mail des Architekturbüros ... vom 28. Januar 2012 (Bl. 206 der Gerichtsakte Au 4 K 13.42) erfüllt und hat sich dementsprechend erledigt.

Die Anordnung Nr. 3 im Bescheid vom 10. Dezember 2012 (Au 4 K 13.42) hat sich ebenfalls erledigt, da die geforderte gutachterliche Stellungnahme (... vom 7.1.2013 – Bl. 351 der Gerichtsakte Au 4 K 13.42) zum Gutachten Prof. Dr. ... vom 7. Juli 2012 (Bl. 581 der Gerichtsakte Au 4 K 13.42) mit E-Mail 8. Januar 2013 (Bl. 349 der Gerichtsakte Au 4 K 13.42) vorgelegt wurde. Da die Beklagte bis 8. Januar 2013 insoweit auf Fälligstellung eines Zwangsgeldes verzichtet hat (Schreiben vom 2.1.2013 – Bl. 59 der Gerichtsakte Au 4 K 13.424), droht insoweit auch keine Zwangsmaßnahme mehr. Die Anordnung ist im Übrigen rechtmäßig, da sich bereits aus dem Gutachten von Prof. Dr. ... vom 7. Juli 2012 (Bl. 349 der Gerichtsakte Au 4 K 13.42) selbst die Notwendigkeit einer Beurteilung der Ergebnisse durch einen Statiker ergibt. Dies wird auch vom Prüfingenieur in seiner Stellungnahme vom 2. Oktober 2012 unter Nr. 7 (Bl. 346 der Gerichtsakte Au 4 K 13.42) bestätigt. Darüber hinaus wird im Gutachten vom 7. Juli 2012 unter Nr. 4 auf Seite 7 (Bl. 581 der Gerichtsakte Au 4 K 13.42) bereits darauf hingewiesen, dass unbedingt zu beachten sei, dass der Zerstörungsprozess weiter voranschreite.

2. Der Bescheid vom 7. Mai 2013 (Au 4 K 13.773) ist hinsichtlich der sicherheitsrechtlichen Anordnungen rechtmäßig. Bei den Maßnahmen handelt es sich im Einzelnen um die Baustellensicherung, d.h. der Bereich hinter den Baugrubenwänden außerhalb der Baugrube sollte auf einer Breite, die der halben Baugrubentiefe entspricht, gegen Zutritt und Befahren abgesperrt werden. Die Maßnahme entspricht den oben genannten Grundsätzen (siehe S. 24 bis 32) und ist auch im Einzelnen rechtmäßig angeordnet worden.

Die Anordnung wurde im Wege der Ersatzvornahme am 13. Mai umgesetzt. Die Gewährleistung der Sicherheit von Menschen außerhalb der Baugrube ist rechtmäßig. Die Notwendigkeit ergibt sich insbesondere aus dem Schreiben des ... vom 2. Mai 2013 (Bl. 411 der Gerichtsakte), in dem darauf hingewiesen wird, dass, bevor weiter statisch wirksame Maßnahmen ausgeführt werden, der Bereich hinter den Baugrubenwänden auf einer Breite, die der halben Baugrubentiefe entspreche, gegen Zutritt abgesperrt werden müsse. In der mündlichen Verhandlung vom 24. September 2014 hat der sachverständige Zeuge Dipl.Ing. ... nachvollziehbar ausgeführt, dass die im Schreiben vom 2. Mai 2013 dargestellte Absperrung des Bereichs hinter den Baugrubenwänden so zu verstehen gewesen sei, dass dies innerhalb von Tagen, allenfalls von einer Woche zu erfolgen gehabt hätte. Dementsprechend sieht der Bescheid vom 7. Mai 2013 auch die Ausführung der Maßnahme bis spätestens 10. Mai 2013, 16.00 Uhr, vor. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass dann bereits ein Zeitraum von acht Tagen verstrichen war nach Erstellen des Schreibens des sachverständigen Zeugen .... Soweit der Klägerbevollmächtigte vorträgt, die Beklagte hätte die Baustellenabsicherung nicht im Wege der Ersatzvornahme vornehmen dürfen, ist dies für die Frage der Rechtmäßigkeit der Anordnungen im Bescheid vom 7. Mai 2013 nicht relevant. Dies kommt nämlich erst bei Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen des Kostenbescheids der Ersatzvornahme zum Tragen. Voraussetzung der Rechtmäßigkeit des Kostenbescheids für die Ersatzvornahme ist nämlich auch die Frage, ob die Voraussetzungen der Ersatzvornahme überhaupt vorgelegen haben. Für die Rechtmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit der hier zugrunde liegenden sicherheitsrechtlichen Anordnung der Baustellensicherung spielt dies aber keine Rolle.

3. Der Bescheid vom 17. Mai 2013 (Au 4 K 13.870) ist hinsichtlich der sicherheitsrechtlichen Anordnungen rechtmäßig.

Die Anordnungen wurde teilweise im Wege der Ersatzvornahme (Planung erforderlicher Sicherungsmaßnahmen in Nr. 1 Satz 3 des Bescheids vom 17.5.2013 – Au 4 K 13.870 durch ... vom 10.6.2013 – Bl. 430 der Gerichtsakte Au 4 K 13.42), die sich ergebenden Sicherungsmaßnahmen (Nr. 1 Satz 4 des Bescheids vom 17.5.2013 – Au 4 K 13.870) teilweise durch den Zwangsverwalter umgesetzt, wobei sich durch die Bescheide vom 20. Juni 2013 (Au 4 K 13.1064) hinsichtlich des Kopfzugbandes und der Fußabspreizung und vom 2. Oktober 2013 (Au 4 K 13.1686) hinsichtlich der Ankerkopfsicherung Änderungen ergeben haben. Die Anordnungen waren jedoch zum maßgeblichen Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung rechtmäßig.

Die Gewährleistung der Sicherheit von Menschen in der Baugrube, insbesondere durch Sicherung der Ankerköpfe (Nr. 1 Satz 1 und 2 des Bescheids vom 17.5.2013 – Au 4 K 13.870) ist rechtmäßig. Die Notwendigkeit ergibt sich sowohl aus dem Schreiben des ... vom 2. Mai 2013 (Bl. 427 der Gerichtsakte Au 4 K 13.42), in dem der aktuelle Zustand der Baugrube als nicht zufriedenstellend bezeichnet wird, die Ankerkopfsicherung aus Arbeitsschutzgründen – nach den nachvollziehbaren Ausführungen des sachverständigen Zeugen Dipl. Ing. ... in der mündlichen Verhandlung vom 24. September 2014 auch soweit ein Betreten der Baugrube zur Durchführung von Sicherungsmaßnahmen erfolgt – für erforderlich begründet wird und die Erarbeitung eines Ausführungsvorschlags empfohlen wird. Dementsprechend sieht der Bescheid vom 17. Mai 2013 (Au 4 K 13.870) auch ein gestuftes Vorgehen – Beauftragung eines Sachverständigen, Vorlage eines Planungsergebnisses, Auftragsvergabe zur Umsetzung von Sicherungsmaßnahmen und Umsetzung der Sicherungsmaßnahmen – vor. Soweit der Klägerbevollmächtigte vorträgt, die Beklagte hätte die Planung durch ... nicht im Wege der Ersatzvornahme vornehmen dürfen, da die gutachterliche Stellungnahme der ... vom 4. Juni 2013 (Bl. 433 der Gerichtsakte Au 4 K 13.42 und Bl. 211 der Gerichtsakte Au 4 K 13.870) ausreichend war und damit der Anordnung unter Nr. 1 Satz 3 des Bescheids vom 17. Mai 2013 (Au 4 K 13.870) nachgekommen worden sei, ist dies für die Frage der Rechtmäßigkeit der Anordnungen im Bescheid vom 17. Mai 2013 nicht relevant. Dies kommt erst bei Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen des Kostenbescheids der Ersatzvornahme zum Tragen. Voraussetzung der Rechtmäßigkeit des Kostenbescheids für die Ersatzvornahme ist nämlich auch die Frage, ob die Voraussetzungen der Ersatzvornahme überhaupt vorgelegen haben oder die Kläger die Anordnung durch Vorlage der gutachterlichen Stellungnahme vom 4. Juni 2013 erfüllt haben. Für die Rechtmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit der hier zugrundeliegenden sicherheitsrechtlichen Anordnung spielt dies aber keine Rolle.

4. Der Bescheid vom 13. Juni 2013 (Au 4 K 13.1030) ist hinsichtlich der sicherheitsrechtlichen Anordnungen rechtmäßig.

Die Anordnung betrifft die Einrichtung einer Permanentüberwachung mit Alarmierungsfunktion, die über Messpunkte an jedem Verbauträger des Berliner Verbaus verfügt. Die Permanentvermessung wurde umgehend beauftragt (vgl. Schreiben des Architekturbüros ... vom 13. Juni 2013, Bl. 293 der Gerichtsakte Au 4 K 13.1030). Die Permanentüberwachung wurde auch von der Firma ... umgehend eingerichtet. Der sachverständige Zeuge ... hat in der mündlichen Verhandlung am 30. Juli 2014 auch ausgeführt, dass er am 13. Juni 2013 den Auftrag erteilt bekommen habe und die Arbeiten seiner Firma Anfang Juli 2013 erfolgt seien. Anfang Juli 2013 sei die Permanentüberwachung in Betrieb gegangen. Bereits in der gutachterlichen Stellungnahme von ... vom 4. Juni 2013 ist darauf hingewiesen, dass die Standsicherheit des Verbaus im Zuge der Sicherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung intensiv überwacht werden solle. Aufgrund der sensiblen Situation vor Ort im innerstädtischen Bereich werde eine permanente Überwachung vorgeschlagen. Auch der Sachverständige von ... kommt in seiner Stellungnahme vom 10. Juni 2013 zu dem Ergebnis, dass parallel zu den Arbeiten der Kopplung eine messtechnische Überwachung des Verbaus einzurichten sei. Der Klägerbevollmächtigte hat die Notwendigkeit der Permanentüberwachung auch nicht substantiiert bestritten.

5. Die Bescheide vom 20. Juni 2013, 1. Juli 2013 (Au 4 K 13.1064) und vom 2. Oktober 2013 (Au 4 K 13.1686) sind hinsichtlich der sicherheitsrechtlichen Anordnungen rechtmäßig.

Bei den Maßnahmen handelt es sich im Einzelnen um verschiedene Anordnungen zur Sicherung der Ankerköpfe des Berliner Verbaus und der Verbauträger. Diese Maßnahmen wurden bereits im Bescheid vom 10. Dezember 2012 (Au 4 K 13.42) grundsätzlich angeordnet, durch den Bescheid vom 17. Mai 2013 (Au 4 K 13.870) hinsichtlich einer Planung erweitert und durch die Bescheide vom 20. Juni 2013, 1. Juli 2013 und vom 2. Oktober 2013 (Au 4 K 13.1064 und Au 4 K 13.1686) konkretisiert. Bezüglich der einzelnen Maßnahmen kann insoweit auf die Ausführungen auf Seite 33 bis 34 Bezug genommen werden.

6. Der Bescheid vom 26. Juli 2013 (Au 4 K 13.1292) ist hinsichtlich der sicherheitsrechtlichen Anordnungen rechtmäßig.

Die Anordnung der Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der Permanentüberwachung (Permanentüberwachung) in Nr. 1 des Bescheids vom 26. Juli 2013 (Au 4 K 13.1292) ist rechtmäßig und verstößt nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Der sachverständige Zeuge ... hat in der mündlichen Verhandlung vom 30. Juli 2014 nachvollziehbar und schlüssig erläutert, dass die von den Klägern eingerichtete Permanentüberwachung nur noch teilweise funktionsfähig gewesen sei, ein Ersatz von defekten Geräten bzw. ein Austausch bei unvorhergesehenen Ereignissen aber nicht vom Grundvertrag erfasst gewesen sei. Da die grundsätzliche Notwendigkeit der Einrichtung einer Permanentvermessung durch die gutachterliche Stellungnahme der ... vom 4. Juni 2013 auf Seite 7 ff (Bl. 433 der Gerichtsakte Au 4 K 13.42), der Stellungnahme der ... vom 10. Juni 2013 (Bl. 430 der Gerichtsakte Au 4 K 13.42) und dem Schreiben des ... vom 2. Mai 2013 (Bl. 427 der Gerichtsakte Au 4 K 13.42) belegt ist, ist auch die Funktionsfähigkeit der Anlage weiterhin zu gewährleisten.

VI. Die Zwangsmittelandrohungen sind teilweise rechtswidrig und verletzen die Kläger dadurch in ihren Rechten.

1. Die Zwangsmittelandrohung in Nr. 5 im Bescheid vom 10. Dezember 2012 (Au 4 K 13.42) ist hinsichtlich der Androhung eines Zwangsgeldes für die Nichtbefolgung der Ziffer 1 des Bescheids vom 10. Dezember 2012 rechtswidrig. Im Übrigen sind die Zwangsmittelandrohungen rechtmäßig.

Der Bescheid vom 10. Dezember 2012 (Au 4 K 13.42) ist vollstreckbar (Art. 18, 19, 29 Abs. 1 VwZVG), da gemäß Nr. 4 die sofortige Vollziehung der Nrn. 1 bis 3 angeordnet wurde (Art. 19 Abs. 1 Nr. 3 VwZVG, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO). Hinsichtlich der Zwangsmittelandrohung ist der Bescheid kraft Gesetzes sofort vollziehbar (Art. 19 Abs. 1 Nr. 2 VwZVG, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Abs. 2 Satz 2 VwGO i.V.m. Art. 21a VwZVG).

Die Androhung von Zwangsgeld ist nach Art. 29 Abs. 2 Nr. 1, Art. 31, Art. 36 Abs. 3 Satz 1 VwZVG ein zulässiges Zwangsmittel. Die Zwangsgeldandrohung muss jedoch inhaltlich hinreichend bestimmt sein (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG, Art. 36 Abs. 3 Satz 1 VwZVG), damit der Pflichtige auch weiß, was von ihm verlangt ist und für welchen Verstoß welches Zwangsgeld angedroht ist. Insoweit ist die Zwangsgeldandrohung im Bescheid vom 10. Dezember 2012 (Au 4 K 13.42) soweit sie die Maßnahmen unter Nr. 1 betrifft nicht hinreichend bestimmt. Da es sich entsprechend der Spiegelstriche um zahlreiche Einzelmaßnahmen, die auch getrennt voneinander durchgeführt werden können, handelt, wäre für jede Handlungspflicht eine eigene Zwangsgeldandrohung erforderlich (Decker in Simon/Busse, a.a.O., Art. 76 Rn. 380; BayVGH, B.v. 26.9.2012 – 1 CS 12.1730 – juris Rn. 29). Dem wird der Bescheid vom 10. Dezember 2012 (Au 4 K 13.42) in Nr. 5, soweit für die Nichtbefolgung der Anordnungen unter Nr. 1 ein Zwangsgeld in Höhe von 7.000,-- Euro angedroht wird, nicht gerecht. Vielmehr wird insoweit für zahlreiche Einzelmaßnahmen und selbständige Handlungspflichten ein einheitliches Zwangsgeld angedroht, so dass die Zwangsgeldandrohung insoweit rechtswidrig ist. Demgegenüber ist die Zwangsgeldandrohung in Nr. 5 hinsichtlich der Nrn. 2 und 3 des Bescheids vom 10. Dezember 2012 (Au 4 K 13.42) hinreichend bestimmt, da es sich insoweit um einzelne Handlungspflichten handelt.

Die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes bezüglich Nrn. 2 und 3 des Bescheids vom 10. Dezember 2013 (Au 4 K 13.42) richtet sich nach Art. 31 Abs. 2 Satz 1, Art. 36 Abs. 5 VwZVG und liegt innerhalb des Rahmens von 15,-- Euro bis 50.000,-- Euro. Die Höhe hat sich am wirtschaftlichen Interesse zu orientieren, da der Pflichtige keinen Vorteil aus dem Unterbleiben der Handlung erzielen soll (BayVGH, B.v. 16.9.2010 – 1 CS 10.1803 – juris Rn. 23; Harrer/Kugele/Kugele/ Thum/Tegethoff, Verwaltungsrecht in Bayern, Stand 9/2013, Art. 31 VwZVG E 3). Im Hinblick darauf sind die angedrohten 2.000,-- Euro bzw. 500,-- Euro nicht zu beanstanden.

Das Zwangsmittel wurde auch entsprechend Art. 36 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 VwZVG angedroht. Es wurde vorliegend mit dem schriftlichen Grundverwaltungsakt verbunden.

Die gesetzten Fristen sind vorliegend nicht zu beanstanden.

Fristen zur Erfüllung der Handlungspflicht(en) sind nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der Dringlichkeit und den Möglichkeiten des Pflichtigen zu bestimmen (Harrer/Kugele/Kugele/Thum/Tegethoff, a.a.O., Art. 36 VwZVG E 4). Dem Pflichtigen muss eine angemessene Reaktionszeit verbleiben (BayVGH, B.v. 24.4.2013 – 22 CS 13.590 – juris Rn. 14; vgl. BVerwG, U.v. 29.10.1963 – I C 8.63 – BVerwGE 17, 83). Diese Anforderungen sind vorliegend aber eingehalten.

Hinsichtlich der Maßnahmen unter Nr. 1 des Bescheids vom 10. Dezember 2012 (Au 4 K 13.42) wurde den Klägern, die den Bescheid nach Angaben des Klägerbevollmächtigen bereits am 11. Dezember 2012 erhalten haben (vgl. Bl. 12 der Gerichtsakte Au 4 K 13.42), eine Frist bis 10. Januar 2013 gesetzt, was nicht zu beanstanden ist. Zwar liegen die Weihnachtsfeiertage und der Jahreswechsel innerhalb dieser Monatsfrist, den Klägern war jedoch im Hinblick auf den bevorstehenden Winter und die bereits seit Juli bis September 2012 abgelaufene Geltungsdauer der Temporäranker ein Tätigwerden innerhalb dieser Frist zumutbar. Darüber hinaus war den Klägern bereits seit Erlass des – zwischenzeitlich rechtskräftigen (Au 4 K 11.1769) – Bescheids vom 1. Juli 2011 bekannt, dass ein Tätigwerden zur Verlängerung der Geltungsdauer der Temporäranker erforderlich ist. Ihnen waren auch die konkret geforderten Maßnahmen seit dem Schreiben der Beklagten vom 8. Oktober 2012 bekannt (Bl. 417 der Gerichtsakte Au 4 K 13.42), spätestens jedenfalls seit Mitte Oktober 2012, da hier ein entsprechender Antrag auf Fristverlängerung gestellt wurde (Bl. 419 der Gerichtsakte Au 4 K 13.42).

Die Frist zur Umsetzung der Maßnahme unter Nr. 2 des Bescheids vom 10. Dezember 2012 (Au 4 K 13.42) ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden, da die Maßnahme jedenfalls seit Mitte Oktober 2012 den Klägern bekannt war und im Hinblick auf den bevorstehenden Winter auch nicht unangemessen kurz ist.

Auch die Fristsetzung zur Umsetzung der Maßnahme unter Nr. 3 des Bescheids vom 10. Dezember 2012 (Au 4 K 13.42) ist – aus den gleichen Gründen wie oben – nicht unangemessen. Hinzu kommt, dass die Notwendigkeit einer Begutachtung des Gutachtens von Prof. Dr. ... vom 7. Juli 2012 (Bl. 581 der Gerichtsakte Au 4 K 13.42) durch einen Statiker sich bereits unmittelbar aus dessen Gutachten selbst ergibt und dieses den Klägern bereits vorzeitig bekannt war, da dieses Gutachten von ihnen selbst in Auftrag gegeben wurde. Darüber hinaus hat die Beklagte den Klägern gegenüber zusätzlich auf eine Vollstreckung bis zum 8. Januar 2014 verzichtet (Bl. 59 der Gerichtsakte Au 4 K 13.42) und somit faktisch eine Fristverlängerung gewährt; mit Vorlage des geforderten Gutachtens zu diesem Termin (Bl. 349 der Gerichtsakte Au 4 K 13.42) kommt damit eine Vollstreckung nicht mehr in Betracht.

Die Zwangsgeldandrohung ist auch verhältnismäßig (Art. 29 Abs. 3 VwZVG). Wie auch die Grundmaßnahme muss das Zwangsmittel geeignet, erforderlich und angemessen im engeren Sinne sein (Engelhardt/App, VwVZ/VwZG, 9. Auflage 2011, § 9 VwVG Rn. 3), d.h. es muss der Verfolgung eines legitimen Zwecks mit geeigneten, erforderlichen und angemessenen Mitteln dienen (BayVGH, U.v. 17.12.2012 – 10 BV 09.2641 – DÖV 2013, 695 = juris Rn. 102; Bengl/Berner/ Emmerig, LStVG, Stand 7/2013, Art. 8 Rn. 6). Im vorliegenden Fall ist die Zwangsgeldandrohung nicht ungeeignet, die Kläger zum Nachkommen der Handlungspflichten anzuhalten. Mildere Mittel, d.h. weniger eingreifende Maßnahmen (Bengl/Berner/Emmerig, a.a.O., Art. 8 Rn. 8) sind ebenfalls nicht ersichtlich. Zwar sind grundsätzlich auch andere Mittel, die der Zweckerreichung dienen, einzubeziehen, im vorliegenden Fall ist jedoch insoweit keine weitere Prüfung angezeigt, da das Zwangsgeld bereits das am wenigsten belastende Mittel von mehreren möglichen und geeigneten Zwangsmaßnahmen darstellt (Engelhardt/ App, a.a.O., § 9 VwVG Rn. 3). Die Zwangsgeldandrohung war auch angemessen; sie steht im Hinblick auf die Schutzgüter, die durch eine nicht rechtzeitige Prüfung und Sicherung der Baugrube betroffen sind, nicht außer Verhältnis (vgl. Berner/Köhler, PAG, 20. Auflage 2010, Art. 4 Rn. 2; Bengl/Berner/Emmerig, a.a.O., Art. 8 Rn. 9; BayVGH, U.v. 17.12.2012 – 10 BV 09.2641 – DÖV 2013, 695 = juris Rn. 109). Maßgeblich ist insoweit die Eingriffsintensität, wobei es sich beim Zwangsgeld vorliegend nicht um eine evident unangemessene Maßnahme handelt (vgl. Bengl/Berner/Emmerig, a.a.O., Art. 8 Rn. 9).

Vollstreckungshindernisse sind ebenfalls nicht ersichtlich. Der Verpflichtete muss rechtlich und tatsächlich in der Lage sein, zum Zeitpunkt des Art. 36 Abs. 1 Satz 1 VwZVG der Anordnung nachzukommen (Decker in Simon/Busse, a.a.O., Art. 76 Rn. 378; BayVGH, U.v. 6.4.1976 – 327 II 74 – BayVBl 1977, 52 = juris Rn. 16; VG Augsburg, U.v. 16.11.2011 – Au 4 K 10.1706 – juris Rn. 47). Dies ist bei den Klägern als Bauherrn vorliegend der Fall. Gegenteilige Anhaltspunkte liegen nicht vor.

2. Die Androhung der Ersatzvornahme in Nr. 3 des Bescheids vom 7. Mai 2013 ist rechtmäßig (Au 4 K 13.773).

Die allgemeinen und besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen liegen vor, insbesondere sind auch die gesetzten Fristen (Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG) angemessen. Die Dringlichkeit der Maßnahme (Gefahr für Leben und Gesundheit von Personen), die der Klägerin seit dem Schreiben des ... vom 2. Mai 2013 bekannt sein musste, und die Notwendigkeit einer zügigen Umsetzung war im Hinblick auf die Erforderlichkeit der Absperrung des Bereichs hinter den Baugrubenwänden außerhalb der Baugrube sowohl aus dem Bescheid als auch aus den sonstigen Umständen ersichtlich. Die voraussichtlichen Kosten der Maßnahme in Höhe von ca. 50.000 EUR sind im Tenor des Bescheids (Ziffer 3) angegeben.

Nach Art. 36 Abs. 4 Satz 1 VwZVG sind die voraussichtlichen Kosten der Ersatzvornahme „in der Androhung“ anzugeben. Dies ist im Bescheid vom 7. Mai 2013 in Ziffer 3 Satz 3 erfolgt.

4. Die Androhung der Ersatzvornahme in Nr. 5 des Bescheides vom 13. Juni 2013 (Au 4 K 13.1030), Ziffer 7 des Bescheides vom 20. Juni 2013, Ziffer 4 des Bescheides vom 1. Juli 2013 (Au 4 K 13.1064) und Ziffer 6 des Bescheids vom 2. Oktober 2013 (Au 4 K 13.1686) ist rechtswidrig.

Die allgemeinen und besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen liegen zwar weitgehend vor, insbesondere sind auch die gesetzten Fristen (Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG) angemessen. Angesichts der Lage bezüglich des Zustandes der Baugrube musste der Klägerin die Notwendigkeit einer zügigen Umsetzung der geforderten Maßnahmen bezüglich der Ankerköpfe und der Verbauträger ersichtlich sein.

Die Androhung der Ersatzvornahme in den genannten Ziffern der Bescheide ist jedoch rechtswidrig, da die voraussichtlichen Kosten im Tenor der jeweiligen Bescheide nicht angegeben wurden.

Nach Art. 36 Abs. 4 Satz 1 VwZVG sind die voraussichtlichen der Ersatzvornahme „in der Androhung“ anzugeben. Ohne eine derartige Angabe liegt keine ordnungsgemäße Androhung vor (Harrer/Kugele/Kugele/Thum/Tegethoff, a.a.O., Art. 32 VwZVG Erl. 10; Linhart, Schreiben, Bescheide und Vorschriften in der Verwaltung, 5/2014, § 18 Rn. 193, § 19 Rn. 137). Selbst wenn in den Bescheidsgründen die voraussichtlichen Kosten der Ersatzvornahme angegeben wären, was nur im Bescheid vom 2. Oktober 2013 (Au 4 K 13.1686) mit ca. 150.000 EUR erfolgt ist, ist eine ansonsten grundsätzlich mögliche Bezugnahme auf die Gründe des Bescheids (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, Kommentar 14. Aufl., § 37 Rn. 5) jedoch im Hinblick auf den eindeutigen Wortlaut und die Warn- und Hinweisfunktion der Androhung nach Art. 36 Abs. 4 Satz 1 VwZVG hier nicht möglich. Die Angabe der voraussichtlichen Kosten hat unmittelbar „in der Androhung“, d.h. im verfügenden Teil des Bescheids, zu erfolgen. Dem ist vorliegend – anders als beispielsweise im Bescheid vom 7. Mai 2013 (Au 4 K 13.773) – nicht Rechnung getragen worden, so dass die Zwangsmittelandrohung jeweils rechtswidrig ist. Eine Ergänzung der Bescheide – mit der Folge, dass die Frage, ob eine Nachholung möglich ist und ob eine spätere Nachholung Auswirkungen auf die Geltendmachung der Kostenerstattung im Rahmen des Verfahrens betreffend die Kostenerstattung der Ersatzvornahme hat (vgl. Art. 16 Abs. 5 KG) – ist bislang nicht erfolgt.

5. Die Zwangsmittelandrohung im Bescheid vom 17. Mai 2013 (Au 4 K 13.870) ist rechtmäßig.

Der Zwangsmittelandrohung liegt ein vollstreckbarer Verwaltungsakt zugrunde (Art. 19 Abs. 1 Nr. 3 VwZVG, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) und die Ersatzvornahme ist nach Art. 29 Abs. 2 Nr. 2, Art. 32, Art. 36 Abs. 3 Satz 1 VwZVG, Art. 37, 39 BayVwVfG ein zulässiges Zwangsmittel. Die Ersatzvornahme wurde auch ordnungsgemäß unter Angabe der voraussichtlichen Kosten (Art. 36 Abs. 4 Satz 1 VwZVG) schriftlich verbunden mit dem Grundverwaltungsakt angedroht (Art. 36 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 VwZVG).

Die Androhung begegnet auch im Hinblick auf die gesetzten Fristen (Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG) keinen rechtlichen Bedenken.

Fristen sind nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der Dringlichkeit und den Möglichkeiten des Pflichtigen zu bestimmen (Harrer/Kugele/Kugele/Thum/Tegethoff, a.a.O., Art. 36 VwZVG E 4). Dem Pflichtigen muss eine angemessene Reaktionszeit zur Erfüllung der Handlungspflichten gegeben werden (BayVGH, B.v. 24.4.2013 – 22 CS 13.590 – juris Rn. 13; vgl. BVerwG, U.v. 29.10.1963 – I C 8.63 – BVerwGE 17,83). Dies ist vorliegend der Fall.

In dem Bescheid vom 17. Mai 2013 (Au 4 K 13.870) wurden zur Erfüllung der verschiedenen Handlungspflichten gestaffelte Fristen gesetzt; der Bescheid wurde den Klägern mit Postzustellungsurkunde am Pfingstsamstag, den 18. Mai 2013 (Bl. 94 der Gerichtsakte Au 4 K 13.870) zugestellt. Nach Angaben des Klägerbevollmächtigen haben die Kläger den Bescheid am Dienstag nach Pfingsten (vgl. Bl. 247 Rückseite der Gerichtsakte Au 4 K 13.870) erhalten, so dass ihnen für die Beauftragung eines Sachverständigen fünf Werktage (gerechnet ab Samstag, 18.5.2013) mindestens aber drei Werktage (gerechnet ab Mittwoch 22.5.2013) verblieben. Im Hinblick auf die in den vorliegenden Gutachten, insbesondere dem Schreiben des ... vom 2. Mai 2013 (Bl. 427 der Gerichtsakte Au 4 K 13.42) dargelegte und dem sachverständigen Zeugen Dipl. Ing. ... in der mündlichen Verhandlung vom 24. September 2014 nachvollziehbar ausgeführte Dringlichkeit wegen einer Gefährdung von Menschen, die sich in der Baugrube aufhalten, ist diese Frist nicht unangemessen. Soweit der Klägerbevollmächtigte einwendet, dass keine Dringlichkeit bestanden habe, da in der Baugrube nicht gearbeitet worden sei, ist anzumerken, dass der sachverständige Zeuge Dipl. Ing. ... ausgeführt hat, dass die Maßnahmen des Arbeitsschutzes auch für die Personen gelten, die die Sicherungsmaßnahmen in der Baugrube durchzuführen haben. Den Klägern war die Notwendigkeit der Durchführung von Sicherungsmaßnahmen auch spätestens seit der Aufforderung durch die Beklagte im Schreiben vom 8. Oktober 2012 (Bl. 417 der Gerichtsakte Au 4 K 13.42) bekannt. Zudem war den Klägern ein Handlungsbedürfnis, nicht zuletzt aus dem Bescheid vom 10. Dezember 2012 (Au 4 K 13.42), bekannt und einzelne Maßnahmen zur Sicherung der Baugrube bereits in der gutachterlichen Stellungnahme des ... vom 20. September 2012 unter Nr. 5 (Bl. 193 der Gerichtsakte Au 4 K 13.42) und im Bescheid vom 10. Dezember 2012 unter Nr. 1 (Au 4 K 13.42) benannt.

Auch die Frist für die Vorlage eines Planungsergebnisses zum 4. Juni 2013 (6 Werktage) ist nicht unverhältnismäßig. Zwar beinhaltet der Zeitraum die zweite Pfingstferienwoche, einen gesetzlichen Feiertag am 30. Mai 2013 (Fronleichnam) und es besteht keine Verpflichtung zur Einschaltung bereits bisher mit der Baustelle befasster Gutachter und Sachverständiger, im Hinblick auf die lange Verfahrensdauer, die Zeit seit Ablauf der Nutzungsdauer der Temporäranker und die Notwendigkeit der Sicherung der Baugrube, wie sie sich aus den vorhandenen Gutachten ergibt, haben die Kläger auch eine Mitwirkungs- und Schadensminderungspflicht, die ein zügiges Handeln erfordert und kurze Fristsetzungen rechtfertigen kann. Darüber hinaus war der von der Beklagten im Wege der Ersatzvornahme beauftragten Firma ... – unabhängig von der Rechtmäßigkeit der Beauftragung, die im Rahmen des Verfahrens betreffend die Kostenerstattung der Ersatzvornahme zu prüfen sein wird – möglich, eine Planung innerhalb weniger Tage vorzulegen. So hat ... bereits am 10. Juni 2013 (Bl. 430 der Gerichtsakte Au 4 K 13.42) und unter dem 14. Juni 2013 (Bl. 473 der Gerichtsakte Au 4 K 13.42) Planungen vorgelegt. Ob im Hinblick auf die Ausführungen des sachverständigen Zeugen Prof. ... und des sachverständigen Zeugen Dipl. Ing. ... in der mündlichen Verhandlung, dass innerhalb der Frist nur erste Planungsschritte bzw. eine Grobplanung realisierbar waren, die Voraussetzungen der Ersatzvornahme vorlagen oder die gutachterliche Stellungnahme der ... vom 4. Juni 2013 (Bl. 433 der Gerichtsakte Au 4 K 13.42) die Anordnung im Bescheid vom 17. Mai 2013 (Au 4 K 13.870) erfüllt hat, muss dem Verfahren betreffend die Erstattung der Ersatzvornahmekosten vorbehalten bleiben, was jedoch keine Auswirkungen auf die Verhältnismäßigkeit der gesetzten Frist hat.

Eine Frist zur Beauftragung von drei Werktagen war im Hinblick auf die vorherige umfangreiche Befassung mit der Problematik und der vorliegenden Situation angemessen. Gleiches gilt für eine Frist von elf Werktagen für die anschließende Umsetzung der Planungsmaßnahmen.

Die Zwangsmittelandrohung ist auch verhältnismäßig. Zusätzlich zu den allgemeinen Verhältnismäßigkeitsanforderungen, die vorliegend gegeben sind, ist bei der Ersatzvornahme zu beachten, dass die Androhung eines Zwangsgeldes keinen Erfolg versprechen darf (Art. 32 Satz 2 VwZVG). Dies ist hier der Fall, da die Kläger trotz eines angedrohten Zwangsgeldes im Bescheid vom 10. Dezember 2012 unter Nr. 1 Spiegelstrich 2 und Nr. 5 (Au 4 K 13.42) die geforderten Handlungen nicht vorgenommen haben und aufgrund der Chronologie nicht damit zu rechnen war, dass die Kläger sich durch die Androhung eines (weiteren) Zwangsgeldes zur Vornahme der Handlung würden bewegen lassen. Dass das Zwangsgeld nicht vollstreckt war spielt insoweit keine Rolle (Harrer/Kugele/Kugele/Thum/Tegethoff, a.a.O., Art. 32 VwZVG Erl. 3 a); ebenso unerheblich ist, dass die Zwangsgeldandrohung im Bescheid vom 10. Dezember 2012 (Au 4 K 13.42) betreffend die Nr. 1 rechtswidrig war (s.o.), soweit jedenfalls die Grundverfügung rechtmäßig war. Erforderlich ist zudem, dass im Bescheid vom 17. Mai 2013 (Au 4 K 13.870) die Umstände genannt waren, aus denen sich ergibt, dass ein Zwangsgeld nicht zum Erfolg führt (Harrer/Kugele/Kugele/Thum/Tegethoff, a.a.O., Art. 32 VwZVG Erl. 3 b). Insoweit dürften zwar eine bloße Sachverhaltsschilderung und Hinweise auf bisher ergebnislose Bemühungen nicht ausreichend sein, in der Begründung des Bescheids vom 17. Mai 2013 (Au 4 K 13.870) macht die Beklagte jedoch Ausführungen zur Dringlichkeit, so dass in der Gesamtschau ausreichende Gründe angegeben wurden, aus denen sich ergibt, dass ein Zwangsgeld nicht zum Erfolg führen würde.

Vollstreckungshindernisse sind, wie bereits oben ausgeführt, nicht ersichtlich.

6. Die Androhung der Ersatzvornahme in Nr. 3 des Bescheids vom 26. Juli 2013 (Au 4 K 13.1292) ist rechtswidrig.

Die allgemeinen und besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen liegen zwar weitgehend vor, insbesondere sind auch die gesetzten Fristen (Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG) angemessen. Denn der Klägerin war der Defekt an der Permanentüberwachung seit 25. Juli 2013 (vgl. Bl. 280 der Gerichtsakte Au 4 K 13.1292) bekannt und die Notwendigkeit einer zügigen Umsetzung war im Hinblick auf die Erforderlichkeit der Überwachung der Baugrube sowohl aus dem Bescheid als auch aus den sonstigen Umständen ersichtlich.

Die Androhung der Ersatzvornahme in Nr. 3 des Bescheids vom 26. Juli 2013 (Au 4 K 13.1292) ist jedoch rechtswidrig, da die voraussichtlichen Kosten im Tenor des Bescheids nicht angegeben wurden.

Nach Art. 36 Abs. 4 Satz 1 VwZVG sind die voraussichtlichen Kosten der Ersatzvornahme „in der Androhung“ anzugeben. Ohne eine derartige Angabe liegt keine ordnungsgemäße Androhung vor (Harrer/Kugele/Kugele/Thum/Tegethoff, a.a.O., Art. 32 VwZVG Erl. 10; Linhart, Schreiben, Bescheide und Vorschriften in der Verwaltung, 5/2014, § 18 Rn. 193, § 19 Rn. 137). Zwar sind in den Bescheidsgründen Kosten in Höhe von 30.000,-- Euro angegeben und wurde den Klägern das Angebot der Firma ... vom 23. Juli 2013 in Höhe von 4.217,36 Euro (Bl. 22 der Gerichtsakte Au 4 K 13.1292) als Anlage übermittelt, eine – ansonsten grundsätzlich mögliche – Bezugnahme auf die Gründe des Bescheids (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG-Kommentar, 14. Auflage 2013, § 37 Rn. 5) ist jedoch im Hinblick auf den eindeutigen Wortlaut und die Warn- und Hinweisfunktion der Androhung nach Art. 36 Abs. 4 Satz 1 VwZVG hier nicht möglich. Die Angabe der voraussichtlichen Kosten hat unmittelbar „in der Androhung“, d.h. im verfügenden Teil des Bescheids, zu erfolgen. Dem ist vorliegend – anders als beispielsweise im Bescheid vom 17. Mai 2012 (Au 4 K 13.870) – nicht Rechnung getragen worden, so dass die Zwangsmittelandrohung rechtswidrig ist. Eine Ergänzung des Bescheids – mit der Folge, dass die Frage, ob eine Nachholung möglich ist und ob eine spätere Nachholung Auswirkungen auf die Geltendmachung der Kostenerstattung im Rahmen des Verfahrens betreffend die Kostenerstattung der Ersatzvornahme hat (vgl. Art. 16 Abs. 5 KG) – ist bislang nicht erfolgt.

Nach alldem war den Klagen nur teilweise, soweit die Anordnungen rechtswidrig sind / waren, stattzugeben, im Übrigen die Klagen abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Das Gericht bewertet die aufgehobenen Zwangsmaßnahmen mit jeweils 1/5 des betroffenen Verfahrens, so dass die Klägerin in der Summe mit 6/35 obsiegt und mit 29/35 unterlegen ist.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff ZPO.
 

Beschluss

Der Streitwert wird bis zur Verbindung für jedes Verfahren auf 5.000,-- EUR, danach auf 35.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

Die Festsetzung des Streitwertes beruht jeweils auf § 52 Abs. 2 GKG.

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Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 17. Okt. 2014 - Au 4 K 13.1030

bei uns veröffentlicht am 17.10.2014

Tenor I. 1. Der Bescheid vom 10. Dezember 2012 (Au 4 K 13.42) wird in Ziffer 5 aufgehoben, soweit darin ein Zwangsgeld für die Nichtbefolgung der Anordnungen in Ziffer 1 des Bescheids vom 10. Dezember 2012 angedroht wurde. 2. Der Besch

Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 17. Okt. 2014 - Au 4 K 13.1152

bei uns veröffentlicht am 17.10.2014

Tenor I. Die Klagen werden abgewiesen. II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen. III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckungsschuldnerin darf die Vollstreckung durch Siche

Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 17. Okt. 2014 - Au 4 K 13.42

bei uns veröffentlicht am 17.10.2014

Tenor I. 1. Der Bescheid vom 10. Dezember 2012 (Au 4 K 13.42) wird in Ziffer 5 aufgehoben, soweit darin ein Zwangsgeld für die Nichtbefolgung der Anordnungen in Ziffer 1 des Bescheids vom 10. Dezember 2012 angedroht wurde. 2. Der Besch

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist eine juristische Person in der Rechtsform einer GmbH, Gegenstand ihres Unternehmens war der An- und Verkauf von …. Im Anschluss an zwei Umsatzsteuer-Sonderprüfungen versagte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) der Klägerin den Vorsteuerabzug aus Eingangsleistungen und die Steuerfreiheit von Ausfuhrlieferungen. In der nach Zurückweisung des Einspruchs eingereichten Klage war als Adresse der --durch ihren Geschäftsführer A B vertretenen-- Klägerin die "X-Str. …, … Y-Stadt" angegeben. Auf Anforderung des Gerichts bezeichnete die Klägerin "c/o C D, Z-Str. …, … Y-Stadt" als ihre ladungsfähige Anschrift und teilte mit, dass aufgrund der zeitweiligen Einstellung des Geschäftsbetriebs ein Firmensitz in der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) nicht unterhalten werde. Die vorgenannte Anschrift stelle lediglich ihre postalische Erreichbarkeit sicher. Der Wohnsitz des Geschäftsführers werde wie folgt mitgeteilt: "A B, Belarus, … R-Stadt, …."

2

Nachdem das FA die Klage für unzulässig hielt, weil ein Geschäftssitz der Klägerin in der X-Str. …, … Y-Stadt seit der Einstellung des Geschäftsbetriebs nicht mehr unterhalten werde und die Möglichkeit einer Postzustellung unter der c/o-Adresse einer ladungsfähigen Anschrift nicht gleichgestellt werden könne, gab die Klägerin ihre ladungsfähige Anschrift mit "E, M-Str. …, … Y-Stadt" an. Dabei handelt es sich um die Anschrift eines Büroserviceunternehmens (S-AG). Im Anschluss an eine Ortsbesichtigung teilte das FA mit, dass sich am Gebäude weder ein Firmenschild noch ein Briefkasten mit Namensschild befunden habe. Die Klägerin verfüge laut Auskunft einer Mitarbeiterin im Eingangsbereich über keine Geschäftsräume, es werde lediglich die eingehende Post weitergeleitet.

3

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unzulässig ab und begründete dies mit dem Fehlen einer ladungsfähigen Anschrift. Eine Zustellung nach § 53 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. §§ 166 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO) sei ausgeschlossen, da die Klägerin nach ihren eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung in der M-Str. … in … Y-Stadt über keine Geschäftsräume verfüge. Da sich dort nicht einmal ein Briefkasten mit dem Namen der Klägerin befinde, habe auch eine Ersatzzustellung nicht vorgenommen werden können. Dem Gericht sei auf telefonische Nachfrage unter der von der Klägerin mitgeteilten Telefonnummer mitgeteilt worden, die ladungsfähige Anschrift befinde sich in der X-Str. … in … Y-Stadt. Die an diesem Ort befindlichen Geschäftsräume habe die Klägerin aber bereits vor mehreren Jahren aufgegeben.

4

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der auf Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) gestützten Beschwerde. Das FG habe die Klage zu Unrecht wegen eines fehlenden Firmensitzes als unzulässig abgewiesen. Durch Buchung der entsprechenden Serviceleistungen habe sie eine zustellfähige Adresse bei der S-AG unterhalten. Soweit das FA vortrage, keine Angaben zur Firma vorgefunden zu haben, widerspreche dies ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung. Das persönliche Erscheinen der Klägerin sei weder notwendig gewesen noch vom Gericht angeordnet worden. Zudem habe der Geschäftsführer der Klägerin seine ladungsfähige Anschrift mitteilen lassen, so dass es dem Gericht möglich gewesen sei, diesen ordnungsgemäß zu laden. Das Urteil des FG verstoße gegen Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG), außerdem seien die vom Gericht aufgestellten Erfordernisse unverhältnismäßig.

Entscheidungsgründe

5

II. Die Beschwerde ist begründet.

6

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen (§ 116 Abs. 6 FGO). Die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO liegen vor. Das FG hat zwar zu Recht das Vorliegen einer ladungsfähigen Anschrift verneint, aber nicht berücksichtigt, dass eine Klage ausnahmsweise auch ohne ladungsfähige Anschrift zulässig sein kann.

7

1. Eine ordnungsgemäße Klageerhebung erfordert nach § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO regelmäßig die Bezeichnung des Klägers unter Angabe seiner ladungsfähigen Anschrift (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 11. Dezember 2001 VI R 19/01, BFH/NV 2002, 651, und vom 19. Oktober 2000 IV R 25/00, BFHE 193, 52, BStBl II 2001, 112; BFH-Beschluss vom 31. Mai 2010 V B 49/08, BFH/NV 2010, 1978).

8

a) Die Angabe der ladungsfähigen Anschrift dient in erster Linie der Identifizierung des Klägers und der Zustellung des mit dem Prozess verbundenen Schriftverkehrs. Dabei ist insbesondere von Bedeutung, dass das FG die Möglichkeit hat, das persönliche Erscheinen des Klägers anzuordnen und durchzusetzen. Daneben ist die Bezeichnung der Beteiligten nach Namen, Beruf und Wohnort im Rubrum des Urteils anzugeben (§ 105 Abs. 2 Nr. 1 FGO). In der zivilprozessualen Rechtsprechung wird die Klägeranschrift auch deshalb für erforderlich erachtet, um sicherzustellen, dass sich der Kläger bei einem etwaigen Unterliegen seiner Kostenpflicht nicht durch Unerreichbarkeit entzieht (Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 9. Dezember 1987 IVb ZR 4/87, BGHZ 102, 332, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1988, 2114). Diesem Aspekt wird aber in der verwaltungsgerichtlichen (vgl. Verwaltungsgerichtshof Kassel, Beschluss vom 30. Mai 1989  12 TH 1658/89, NJW 1990, 140) und der finanzgerichtlichen Rechtsprechung (BFH-Urteil in BFHE 193, 52, BStBl II 2001, 112) nur eine untergeordnete Bedeutung beigemessen, da Beklagter im Regelfall eine Behörde ist und deren Aufwendungen nicht erstattungsfähig sind (§ 139 Abs. 2 FGO).

9

b) Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die Klägerin keine ladungsfähige Anschrift mitgeteilt hatte. Dem Wohnsitz einer natürlichen Person entspricht der Sitz einer juristischen Person. Da bei natürlichen Personen im Hinblick auf ihre Erreichbarkeit auf die Angabe des tatsächlichen Wohnorts abgestellt wird (vgl. BFH-Urteil in BFHE 193, 52, BStBl II 2001, 112), ist bei juristischen Personen grundsätzlich die Angabe ihres tatsächlichen Firmen- oder Geschäftssitzes erforderlich.

10

aa) Die Klägerin hatte ihre Geschäftsräume in der X-Str. … in Y-Stadt aufgegeben und ihren Geschäftsbetrieb eingestellt, so dass sie dort über keinen Firmen- oder Geschäftssitz mehr verfügte.

11

bb) Unabhängig davon, ob in der M-Str. … in Y-Stadt ein Briefkasten mit dem Firmenschild der Klägerin angebracht worden ist, handelt es sich um keinen tatsächlichen Firmen- oder Unternehmenssitz der Klägerin. Denn unter dieser Adresse verfügte die Klägerin --was zwischen den Beteiligten unstrittig ist-- weder über Räume, von denen aus sie ihre Geschäfte ausübte, noch befand sich dort die Geschäftsführung oder Verwaltung der Klägerin. Dass die Klägerin die Möglichkeit hatte, dort Räume anzumieten, begründet keinen tatsächlichen Firmen- oder Geschäftssitz. Ein solcher wurde auch nicht unter der von der Klägerin zuvor als ladungsfähige Anschrift bezeichneten c/o-Adresse unterhalten.

12

2. Das FG hat in seiner Entscheidung nicht berücksichtigt, dass nach den Besonderheiten des Streitfalls auf die Mitteilung einer ladungsfähigen Anschrift der Klägerin ausnahmsweise verzichtet werden konnte.

13

a) Mit dem Erfordernis, die Zulässigkeit einer Klage ausnahmslos von der Angabe einer ladungsfähigen Anschrift abhängig zu machen, stellt ein Fachgericht Anforderungen auf, die über die ausdrücklich im Gesetz geregelten Zulässigkeitserfordernisse hinausgehen (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 2. Februar 1996  1 BvR 2211/94, NJW 1996, 1272). Denn § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO ordnet lediglich an, dass der Kläger zu bezeichnen ist, in welcher Weise dies zu geschehen hat, schreibt § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO nicht vor (vgl. Schallmoser in Hübschmann/Hepp/Spitaler, FGO, § 65 Rz 39).

14

aa) Das ungeschriebene und für juristische Personen des Privatrechts weitgehend ungeklärte Erfordernis der Angabe der ladungsfähigen Anschrift darf nicht zu einer unzumutbaren Einschränkung des aus Art. 19 Abs. 4 GG abgeleiteten Gebots führen, dem Rechtsuchenden den Zugang zu den Gerichten nicht unnötig zu erschweren oder zu versagen. § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO ist daher unter Berücksichtigung dieses Grundrechts und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit verfassungskonform auszulegen.

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bb) Für § 82 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung, auf den die Fassung des § 65 FGO zurückgeht (vgl. zur Gesetzgebungsgeschichte BFH-Urteil vom 11. Dezember 1992 VI R 162/88, BFHE 169, 507, unter II.2.a mit Hinweis auf BTDrucks IV/1446) ist in der verfassungsrechtlichen und verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass auf die Angabe einer ladungsfähigen Anschrift ausnahmsweise verzichtet werden kann (BVerfG-Beschluss in NJW 1996, 1272; Urteil des Bundesverwaltungsgerichts --BVerwG-- vom 13. April 1999  1 C 24/97, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2000, 382), wenn ihre Erfüllung unmöglich oder unzumutbar ist. Ein solcher Ausnahmefall wird bejaht, wenn der Angabe der Anschrift unüberwindliche oder nur schwer zu beseitigende Schwierigkeiten oder schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen entgegenstehen (BVerwG-Urteil in HFR 2000, 382, unter Hinweis auf das BGH-Urteil in BGHZ 102, 332, 336). Darüber hinaus ist das Fehlen einer ladungsfähigen Anschrift dann unschädlich, wenn der Kläger glaubhaft über eine solche Anschrift nicht verfügt (BVerwG-Urteil in HFR 2000, 382, unter Hinweis auf den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 1. Juni 1992  12 CE 92.1201, Bayerisches Verwaltungsblatt 1992, 594). In diesen Ausnahmefällen müssen dem Gericht aber die insoweit maßgebenden Gründe unterbreitet werden. Wird die Angabe dagegen ohne zureichenden Grund verweigert, liegt keine ordnungsgemäße Klage vor (BVerwG-Urteil in HFR 2000, 382).

16

b) In der Rechtsprechung des BFH wurde eine Einschränkung für die Angabe der ladungsfähigen Anschrift bislang bereits für natürliche Personen bejaht. So haben der VI. Senat des BFH im Urteil in BFH/NV 2002, 651 und der IV. Senat im Urteil in BFHE 193, 52, BStBl II 2001, 112 entschieden, dass es für die Zulässigkeit einer Klage der Angabe einer ladungsfähigen Anschrift dann nicht bedarf, wenn sich der Kläger dadurch der konkreten Gefahr der Verhaftung aussetzen würde. Dies gelte jedenfalls dann, wenn die Identität des Klägers feststeht und die Möglichkeit der Zustellung durch einen Prozessbevollmächtigten sichergestellt ist (BFH-Urteile in BFH/NV 2002, 651, Leitsatz 1, sowie in BFHE 193, 52, BStBl II 2001, 112, Leitsatz).

17

c) Die entsprechende Anwendung der verfassungs- und verwaltungsprozessualen Grundsätze zum effektiven Rechtsschutz hat bei juristischen Personen des Privatrechts, die ihre Geschäftstätigkeit aufgegeben haben und über keinen tatsächlichen Geschäfts- oder Firmensitz mehr verfügen, zur Folge, dass dessen Fehlen der Zulässigkeit einer Klage dann nicht entgegensteht, wenn keine Zweifel an der Identität der Klägerin bestehen und die Möglichkeit der Zustellung durch einen Zustellungs- oder Prozessbevollmächtigten sichergestellt ist.

18

3. Im Streitfall folgt daraus, dass das FG die Zulässigkeit der Klage zu Unrecht verneint hat.

19

a) An der Identität der Klägerin bestanden und bestehen keine Zweifel, so dass es insoweit der Mitteilung einer ladungsfähigen Anschrift nicht bedurfte.

20

b) Auch sind in der Kommunikation mit dem Gericht keine Schwierigkeiten aufgetreten, da die Klägerin durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten ist. Soweit die Angabe der ladungsfähigen Anschrift für erforderlich gehalten wird, um dem FG die Möglichkeit zu eröffnen, ein persönliches Erscheinen der Klägerin anzuordnen und durchzusetzen, kommt diesem Gesichtspunkt bei juristischen Personen des Privatrechts --wie einer GmbH im Streitfall-- nur hinsichtlich ihres Geschäftsführers Bedeutung zu. Dieser als der satzungsmäßige Vertreter der GmbH (§ 35 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung) ist Adressat der Anordnung auf persönliches Erscheinen und ihm gegenüber wird auch das Ordnungsgeld angedroht und festgesetzt (§ 80 Abs. 2 FGO). Die Wohnanschrift des Geschäftsführers hat die Klägerin dem Gericht im Schriftsatz vom 25. August 2008 mitgeteilt, so dass eine etwaige Anordnung des persönlichen Erscheinens diesem gegenüber erfolgen konnte. Der Geschäftsführer war zwar zwischenzeitlich in das Ausland verzogen, eine Anordnung zum persönlichen Erscheinen kann aber nach § 53 Abs. 2 FGO i.V.m. § 183 ZPO auch im Ausland zugestellt werden.

21

c) Der Zulässigkeit der Klage steht auch das Erfordernis der Angabe des Wohnortes im Rubrum des Urteils (§ 105 Abs. 2 Nr. 1 FGO) nicht entgegen. Denn hierfür kann bei Unternehmen auf den Sitz i.S. des § 11 der Abgabenordnung (vgl. Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 105 FGO Rz 4) abgestellt werden (statuarischer Sitz), der sich bei Körperschaften an dem Ort befindet, der durch Satzung dazu bestimmt wurde. Schließlich ist der im finanzgerichtlichen Verfahren nur untergeordnete Gesichtspunkt einer Kostenerstattung nicht geeignet, der Klägerin den Zugang zu den Finanzgerichten zu versagen.

22

d) Die zur Annahme eines Ausnahmefalles führenden Tatsachen sind dem Gericht auch unterbreitet worden. Der Prozessbevollmächtigte hatte im Schriftsatz vom 25. August 2008 mitgeteilt, dass aufgrund der zeitweiligen Einstellung des Geschäftsbetriebs ein Firmensitz in der Bundesrepublik nicht unterhalten werde.

23

4. Da es nach ständiger Rechtsprechung einen Verfahrensmangel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO darstellt, wenn über eine zulässige Klage nicht in der Sache, sondern durch Prozessurteil entschieden wird (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2010, 1978, m.w.N.), hält es der Senat für zweckmäßig, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 116 Abs. 6 FGO). Das FG erhält damit Gelegenheit, den Rechtsstreit in der Sache zu entscheiden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Zwangsmittel sind:

a)
Ersatzvornahme (§ 10),
b)
Zwangsgeld (§ 11),
c)
unmittelbarer Zwang (§ 12).

(2) Das Zwangsmittel muß in einem angemessenen Verhältnis zu seinem Zweck stehen. Dabei ist das Zwangsmittel möglichst so zu bestimmen, daß der Betroffene und die Allgemeinheit am wenigsten beeinträchtigt werden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.