Gericht

Verwaltungsgericht Augsburg

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen das Ergebnis der von ihm abgelegten Einstellungsprüfung für den Einstieg in die 2. Qualifikationsebene der Fachlaufbahn Polizei und Verfassungsschutz (fachlicher Schwerpunkt: Polizeivollzugsdienst).

1. Der im Jahr 1987 geborene Kläger erwarb im Jahr 2003 zunächst den qualifizierenden Hauptschulabschluss, im Jahr 2005 beendete er eine Ausbildung zum Verkäufer und erlangte die mittlere Reife. Im Jahr 2010 erwarb der Kläger die Fachhochschulreife. Das Abschlusszeugnis vom 23. Juli 2010 weist einen Notendurchschnitt von 3,4 aus und enthält als textliche Bemerkung u. a. folgenden Satz:

„Aufgrund einer fachärztlich festgestellten Legasthenie wurden Rechtschreibleistungen nicht bewertet.“

Im Rahmen seiner Bewerbung für eine Einstellung in den polizeilichen Vollzugsdienst legte der Kläger u. a. das Abschlusszeugnis der Fachhochschulreife vom 23. Juli 2010 vor; ein gesonderter Hinweis auf eine Legasthenie erfolgte nicht, ebenfalls kein Antrag auf Nachteilsausgleich.

Der Kläger nahm sodann zunächst an der am 23./24. Februar 2012 durchgeführten Einstellungsprüfung für den Polizeivollzugsdienst, 2. Qualifikationsebene teil. Der Kläger bestand diese Prüfung mit der Note „ausreichend“ (3,85). Mit Schreiben des Präsidiums der Bayerischen Bereitschaftspolizei vom 1. März 2012 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass er keinen ausreichenden Ranglistenplatz für den Einstellungstermin September 2012 erreicht habe.

Der Kläger nahm sodann an der am 26. Februar 2013 durchgeführten Einstellungsprüfung zur Notenverbesserung teil. Der Kläger erzielte wiederum die Gesamtnote „ausreichend“ (3,52). Mit Schreiben vom 28. Februar 2013 teilte das Präsidium der Bayerischen Bereitschaftspolizei dem Kläger mit, dass sein Bewerbungsverfahren habe eingestellt werden müssen, da er keinen ausreichenden Ranglistenplatz für den Einstellungstermin September 2013 erreicht habe. Hiergegen erhob der Kläger am 15. Mai 2013 Klage (Az. Au 3 K 13.713; nach statistischer Erledigung: Az. Au 3 K 14.1742). Dieses Klageverfahren wurde schließlich in der Hauptsache durch den Kläger für erledigt erklärt und mit Beschluss des Gerichts vom 14. Januar 2015 eingestellt, nachdem der Beklagte dem Kläger bereits im März 2014 die Möglichkeit einer (ausnahmsweise) erneuten Wiederholung der Einstellungsprüfung eingeräumt hatte.

2. Dementsprechend nahm der Kläger bereits am 2. Juni 2014 zum insgesamt dritten Mal an der Einstellungsprüfung zur Notenverbesserung teil (Prüfungs-Nr. 173/14). Hierbei erzielte er ausweislich des ihm am 3. Juni 2014 ausgehändigten Prüfungszeugnisses ein Gesamtergebnis „befriedigend“ (3,30). Insoweit erreichte der Kläger folgende Einzelergebnisse:

- Sprachtest:3,70

- Grundfähigkeitstest:3,70

- Gruppenaufgabe:3,10

- Mündliche Prüfung:2,70

Mit Schreiben des Präsidiums der Bayerischen Bereitschaftspolizei vom 19. November 2014 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass er mit diesem Ergebnis keinen Ausbildungsplatz für den Einstellungstermin März 2015 erhalten könne. Er habe Platz 922 der Rangliste erzielt. Im Rahmen der verfügbaren 488 Ausbildungsplätze für den Einstellungstermin März 2015 hätten Einstellungszusagen unter Einbeziehung von bereits eingegangenen Absagen bis zur Note 2,82 (Ranglistenplatz 575) vergeben werden können.

Eine Rechtsbehelfsbelehrung enthielten weder das Prüfungszeugnis vom 3. Juni 2014 noch das Schreiben vom 19. November 2014.

3. Am 3. Dezember 2014 ließ der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten hiergegen Klage erheben. Beantragt wird (schriftsätzlich und sinngemäß),

den Beklagten unter Aufhebung des Prüfungszeugnisses vom 3. Juni 2014 und des Bescheids vom 19. November 2014 zu verpflichten, das Prüfungsverfahren im Wege der Neubewertung der Prüfungsleistungen des Klägers unter Beachtung der Rechtsaufassung des Gerichts fortzusetzen.

Nach Abschluss eines Zwischenverfahrens nach § 99 VwGO trug der Kläger vor, trotz einer fachärztlich diagnostizierten Legasthenie, die dem Beklagten aus dem in den Bewerbungsunterlagen enthaltenem Fachhochschulzeugnis vom 23. Juli 2010 bekannt gewesen sei, habe er bei der polizeilichen Einstellungsprüfung im Juni 2014 keinen Nachteilsausgleich - etwa in Form einer Schreibzeitverlängerung - oder einen sog. Notenschutz erhalten. Sowohl der Sprachtest als auch der Grundfähigkeitstest seien beim Kläger mit der Note 3,70 bewertet worden. Die Sprach- und Ausdrucksfähigkeit und insbesondere die für die Lösung der einzelnen Aufgaben benötigte Zeit hätten für die Bewertung eine entscheidende Rolle gespielt. Die Legasthenie des Klägers habe nach alledem zu einer unzulässigen Benachteiligung geführt, die einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG darstelle. Zugleich sei deswegen ein Verstoß gegen den Grundsatz der Chancengleichheit aus Art. 3 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 12 Abs. 1 GG gegeben.

4. Der Beklagte beantragt (schriftsätzlich),

die Klage abzuweisen.

Der Kläger habe hinsichtlich der Einstellungsprüfung im Juni 2014 - so wie in den vorherigen Prüfungen auch - keinen Antrag auf Nachteilsausgleich gestellt, so dass sein Anliegen durch das Prüfungsamt nicht habe geprüft werden können.

5. Nachdem der Beklagte eine vollständige Aktenvorlage aufgrund Geheimhaltungsbedürftigkeit abgelehnt hatte, hat das Gericht unter dem Datum des 15. Juli 2015 beschlossen, dass Beweis zu erheben ist über die Bewertung der Einstellungsprüfung Nr. 173/14 des Klägers am 2. Juni 2014 für den Einstieg in die 2. Qualifikationsebene der Fachlaufbahn Polizei und Verfassungsschutz (fachlicher Schwerpunkt: Polizeivollzugsdienst) durch Beiziehung der vollständigen Prüfungsakten einschließlich der Prüfungsniederschriften, schriftlichen Prüfungsarbeiten und deren Bewertung gemäß § 99 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Mit Schreiben vom 30. Juli 2015 lehnte das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr die Aktenvorlage gemäß § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO ab. Mit Schreiben vom 3. August 2015 teilte sodann die Klägerseite mit, dass der Antrag auf Durchführung eines Zwischenverfahrens i. S. v. § 99 Abs. 2 VwGO aufrechterhalten werde.

Mit Beschluss vom 29. Oktober 2015 stellte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof das Zwischenverfahren nach § 99 Abs. 2 VwGO ein. Ausweislich der Beschlussgründe hatten sich zuvor der Kläger und der Beklagte über Umfang und Modalitäten der streiten Aktenherausgabe und -einsicht geeinigt; der Kläger hatte daraufhin seinen Antrag nach § 99 Abs. 2 Satz 1 VwGO für erledigt erklärt.

6.Mit Schriftsätzen vom 7. März 2016 bzw. 9. März 2016 haben die Beteiligten auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

7. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.

Gründe

Das Urteil kann aufgrund des Verzichts der Parteien gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung ergehen.

Die zulässigerweise innerhalb der Jahresfrist aus § 58 Abs. 2 VwGO erhobene Klage hat keinen Erfolg.

1. Ein Anspruch des Klägers, das Prüfungsverfahren im Wege der Neubewertung seiner Prüfungsleistungen unter Beachtung der Rechtsaufassung des Gerichts fortzusetzen, besteht nicht (§ 113 Abs. 5 VwGO).

Insbesondere vermag der Kläger einen solchen Anspruch nicht aus seinem erstmals im Klageverfahren vorgebrachten Vortrag abzuleiten, ihm stehe aufgrund einer fachärztlich festgestellten Legasthenie Nachteilsausgleich bzw. Notenschutz zu.

a) Regelbewerber und Regelbewerberinnen für die inmitten stehende Fachlaufbahn Polizei und Verfassungsschutz (Art. 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 LlbG) haben, mit Ausnahme für den Einstieg in der ersten Qualifikationsebene, gemäß Art. 22 Abs. 2 Satz 1 LlbG eine Einstellungsprüfung i. S. v. Art. 22 Abs. 1 LlbG abzulegen. Die Prüfungen und die besonderen Auswahlverfahren dienen der Auswahl und haben Wettbewerbscharakter; sie müssen so angelegt sein, dass sie die Eignung der Prüflinge für die angestrebte Fachlaufbahn und Qualifikationsebene ermitteln (Art. 22 Abs. 3 Satz 1 und 2 LlbG). Die Grundsätze des Prüfungsverfahrens i. S. v. Art. 22 Abs. 1 LlbG regelt die von der Staatsregierung im Benehmen mit dem Landespersonalausschuss erlassene Allgemeine Prüfungsordnung (APO); die weiteren Prüfungsbestimmungen erlassen die Staatsministerien im Benehmen mit dem Landespersonalausschuss (Art. 22 Abs. 6 LlbG).

Gemäß § 1 Satz 2 der Verordnung über die Fachlaufbahn Polizei und Verfassungsschutz (FachV-Pol/VS) sind die Vorschriften des Leistungslaufbahngesetzes sowie der Allgemeinen Prüfungsordnung (APO) anzuwenden, soweit die Verordnung über die Fachlaufbahn Polizei und Verfassungsschutz nichts anderes bestimmt.

Die Einstellungsprüfung (Art. 22 Abs. 1 LlbG) besteht gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 FachV-Pol/VS aus

1. einem Sprachtest (Arbeitszeit 90 Minuten) zur Feststellung der Kenntnisse in Rechtschreibung und Grammatik sowie des Sprachgefühls,

2. einem Grundfähigkeitstest (Arbeitszeit 50 Minuten) zur Feststellung der Bearbeitungsgeschwindigkeit, Verarbeitungskapazität und Gedächtnisleistung,

3. einem Einstellungsgespräch in Form eines strukturierten Interviews zur Feststellung der sozialen Kompetenz, der Belastbarkeit und der Leistungsmotivation,

4. einer Gruppendiskussion zur Feststellung der kommunikativen Fähigkeiten und des Kooperationsvermögens sowie

5. einer Sportprüfung.

Die Prüfung kann gemäß § 18 Abs. 2 Satz 1 FachV-Pol/VS insgesamt, auch zur Notenverbesserung, zweimal wiederholt werden. Die Gesamtnote wird aus den Noten des Sprachtests, des Grundfähigkeitstests, des Einstellungsgesprächs und der Gruppendiskussion gebildet; die Summe der Einzelnoten, geteilt durch vier, ergibt die Gesamtnote (§ 19 Abs. 1 FachV-Pol/VS). Die Einstellungsbehörde erstellt gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 FachV-Pol/VS aus den Bewerbungen für den jeweiligen Einstellungstermin eine Rangliste, in der die Bewerber und Bewerberinnen, die die Einstellungsvoraussetzungen erfüllen, in der Reihenfolge ihrer Gesamtnoten der Einstellungsprüfung aufgeführt sind.

Auch wenn dem Dienstherrn hinsichtlich der Gestaltung des Prüfverfahrens zur Eignungsfeststellung eine Beurteilungsprärogative verbleibt, so ist diese doch rechtlich gebunden durch den das Prüfungsrecht beherrschenden Grundsatz der Chancengleichheit (vgl. hierzu allg. ThürOVG, B.v. 17.5.2010 - 1 EO 854/10 - juris Rn. 25 ff.; VG Regensburg, B.v. 16.7.2013 - RN 1 E 13.1166 - juris Rn. 31; VG Ansbach, B. v. 26.4.2013 - 2 E 13.00754 - juris Rn. 18). Dieser ist dogmatisch allgemein in Art. 3 GG, soweit es aber wie hier um Prüfungen geht, deren Bestehen Zulassungsvoraussetzung zur Einstellung in den Polizeidienst und damit zum Zugang zum Beamtenverhältnis sind, als sog. Bewerbungsverfahrensanspruch in Art. 3 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 33 Abs. 2 GG zu verankern (vgl. zu Art. 33 Abs. 2 GG: BVerwG, U.v. 29.11.2012 - 2 C 6.11 - BVerwGE 145, 185 - juris Rn. 25 - Richterbeförderung; VG Regensburg, B.v. 22.7.2013 - RO 1 E 13.867 - juris Rn. 28 ff. - Einstellung zum Vorbereitungsdienst für Fachlehrer an Berufsschulen; vgl. zu Art. 12 GG: HessVGH, B.v. 3.1.2006 - 8 TG 3292/05 - juris Rn. 10 - Nachteilsausgleich bei Legasthenie in 2. Juristischer Staatsprüfung; VG Regensburg, B.v. 16.7.2013 - RO 1 E 13.867 - juris Rn. 30 - Einstellung zum Vorbereitungsdienst für Fachlehrer an Berufsschulen; VG Saarland, U.v. 5.3.2009 - 1 K 643/08 - juris Rn. 62 - Prüfung zur Fachkauffrau für Büromanagement; vgl. zum Ganzen: VG München, B.v. 21.3.2014 - M 21 E 14.1168 - juris Rn. 31 - Einstellung zum Vorbereitungsdienst für Laufbahn des gehobenen nichttechnischen Zolldienstes).

Dementsprechend soll gemäß § 1 Satz 2 FachV-Pol/VS i. V. m. § 54 Abs. 1 Satz 1 APO schwerbehinderten Menschen (§ 2 Abs. 2 SGB IX) und gleichgestellten behinderten Menschen (§ 2 Abs. 3 SGB IX) auf Antrag vom Prüfungsausschuss (Prüfungsamt) nach der Schwere der nachgewiesenen Prüfungsbehinderung eine Arbeitszeitverlängerung bis zu einem Viertel der normalen Arbeitszeit gewährt werden. In Fällen besonders weitgehender Prüfungsbehinderung kann auf Antrag des schwerbehinderten Menschen oder des gleichgestellten behinderten Menschen die Arbeitszeit bis zur Hälfte der normalen Arbeitszeit verlängert werden (§ 1 Satz 2 FachV-Pol/VS i. V. m. § 54 Abs. 1 Satz 2 APO). Schwerbehinderten Menschen oder gleichgestellten behinderten Menschen kann gemäß § 1 Satz 2 FachV-Pol/VS i. V. m. § 54 Abs. 2 APO neben oder an Stelle einer Arbeitszeitverlängerung ein anderer angemessener Ausgleich gewährt werden, soweit dieser den Wettbewerb nicht beeinträchtigt. Prüfungsteilnehmern und Prüfungsteilnehmerinnen, die nicht schwerbehindert oder gleichgestellt behindert sind, aber wegen einer festgestellten, nicht nur vorübergehenden Behinderung bei der Fertigung der Prüfungsarbeiten erheblich beeinträchtigt sind, kann gemäß § 1 Satz 2 FachV-Pol/VS i. V. m. § 54 Abs. 3 APO nach Maßgabe von § 54 Abs. 1 und 2 APO ein Nachteilsausgleich gewährt werden.

Im Prüfungsrecht sind Nachteilsausgleich und Notenschutz zu unterscheiden. Als „Notenschutz“ werden allgemein alle Maßnahmen angesehen, die auf die Bevorzugung des einzelnen Prüflings gerichtet sind, da diesem gegenüber auf bestimmte Leistungsanforderungen verzichtet wird, die allen anderen Prüflingen abverlangt werden. Notenschutz berührt den anerkannten und insbesondere im Prüfungsrecht maßgeblichen Grundsatz der Chancengleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG, ggf. i. V. m. Art. 12 Abs. 1 GG) aller Prüflinge. Auf Notenschutz gibt es auch im Hinblick auf das in Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG geregelte Benachteiligungsverbot für körperlich eingeschränkte oder sonst behinderte Prüfungsteilnehmer keinen verfassungsrechtlich begründeten Anspruch. Maßnahmen des Notenschutzes kommen daher nur auf der Grundlage einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung in Betracht. Auf „Nachteilsausgleich“ besteht hingegen - gestützt auf den Grundsatz der Chancengleichheit - ein verfassungsrechtlicher Anspruch deshalb, da der Nachteilsausgleich es dem behinderten Prüfungsteilnehmer lediglich unter Wahrung der für alle Prüflinge geltenden Leistungsanforderungen ermöglichen soll, sein tatsächlich vorhandenes („wahres“) Leistungsvermögen nachzuweisen. Nachteilsausgleich darf nur insoweit gewährt werden, als dies zur Herstellung der Chancengleichheit erforderlich ist. Die Überkompensation der Behinderungen des Prüfungsteilnehmers durch Art oder Umfang des gewährten Nachteilsausgleichs führt zu einer Verletzung der Chancengleichheit der anderen Prüfungsteilnehmer und ist insoweit unzulässig. Die Abgrenzung zwischen Maßnahmen des Nachteilsausgleichs und des Notenschutzes ist dann besonders schwierig, wenn sich die körperlichen Einschränkungen oder sonstigen Behinderungen auf das spezifische Leistungsvermögen des Prüfungsteilnehmers auswirken, das - wie etwa im Fach Deutsch die Fehlerfreiheit der Rechtschreibleistungen des Prüflings - gerade Gegenstand der von ihm geforderten Prüfungsleistung ist (vgl. zum Ganzen: BayVGH, U.v. 28.5.2014 - 7 B 14.23 - juris Rn. 17-19).

b) Unter Berücksichtigung obiger Vorgaben und Grundsätze kommt eine nachträgliche Neubewertung des Prüfungsergebnisses und Änderung des Prüfungszeugnisses mit Blick auf eine vorgebliche, erstmals im Klageverfahren thematisierte Legasthenie des Klägers nicht in Betracht.

aa) Im Fall des Klägers spricht bereits vieles dafür, dass das Vorliegen einer Legasthenie nicht hinreichend belegt ist. Der Kläger hat insoweit weder im Prüfungsverfahren noch im Klageverfahren entsprechende fachärztliche Atteste bzw. Gutachten vorgelegt. Er verweist insoweit lediglich auf sein Zeugnis der Fachhochschulreife vom 23. Juli 2010 (Blatt 16 der Verwaltungsakte). Dieses zum Prüfungszeitpunkt im Juni 2014 bereits etwa vier Jahre alte Dokument, das lediglich einen nachrichtlichen Hinweis auf eine „fachärztlich festgestellte“ Legasthenie des Klägers enthält, ist jedoch nicht geeignet, einen fachärztlichen Nachweis zu ersetzen. Insbesondere könnte nur fachärztlichen Attesten entnommen werden, welche Intensität die vorgebliche Legasthenie im Fall des Klägers aufweist und welche Maßnahmen des Nachteilsausgleichs folglich in seinem Fall geboten sein könnten (vgl. zum Ganzen: BayVGH, B.v. 17.11.2009 - 7 CE 09.2550 - juris Rn. 13).

bb) Letztlich kann der Nachweis einer Legasthenie jedoch vorliegend offen bleiben. Denn selbst wenn man zugunsten des Klägers grundsätzlich das Vorliegen einer Legasthenie unterstellt, kommt hier bereits deshalb eine Neubewertung seiner Prüfungsleistungen nicht in Betracht, da der Kläger einen Antrag auf Nachteilsausgleich - etwa in Form einer Schreibzeitverlängerung - für die gegenständliche Einstellungsprüfung im Juni 2014 nicht gestellt hat, obwohl ein solcher Antrag in § 1 Satz 2 FachV-Pol/VS i. V. m. § 54 Abs. 3 APO und § 54 Abs. 1 und 2 APO ausdrücklich gefordert wird („auf Antrag“). Auch in den vorangegangenen Einstellungsprüfungen für den Polizeidienst hat der Kläger keinen derartigen Antrag gestellt. Er hat das Prüfungsamt des Beklagten auch zu keiner Zeit auf das Bestehen einer Behinderung hingewiesen; eine solche war lediglich aus einem Satz im Fließtext der mehrzeiligen Bemerkung des in den Bewerbungsunterlagen enthaltenen Zeugnisses der Fachhochschulreife vom 23. Juli 2010 ersichtlich. Da der Kläger - seine Behinderung unterstellt - offenbar zumindest seit 2010 an Legasthenie leidet und er dieses Leiden auf der Berufsoberschule offenbar geltend gemacht hat, waren ihm die sich daraus auch für schriftliche Prüfungen ergebenden Beeinträchtigungen auch vertraut. Unter den gegebenen Umständen musste sich dem Prüfungsamt des Beklagten die Notwendigkeit einer längeren Bearbeitungszeit nicht aufdrängen, zumal der Kläger selbst nach zweimaliger Ablegung der Einstellungsprüfung für den Polizeidienst - und damit in Kenntnis der Prüfungsanforderungen und -bedingungen - nicht den Wunsch geäußert hat, Nachteilsausgleich zu erhalten. Daher bestand für das Prüfungsamt des Beklagten keine Verpflichtung, den Kläger ungefragt auf die Möglichkeit hinzuweisen, eine Schreibzeitverlängerung zu beantragen. Vielmehr ist es Sache des Klägers gewesen, das Prüfungsamt des Beklagten auf ein aus seiner Sicht bestehendes Zeitproblem bei der Bearbeitung schriftlicher Prüfungsaufgaben hinzuweisen und die Frage eines Nachteilsausgleichs durch eine Verlängerung der Schreibzeit im Vorfeld der Prüfung abzuklären (vgl. zum Ganzen: BayVGH, B.v. 17.11.2009 - 7 CE 09.2550 - juris Rn. 14; VG Mainz, B.v. 12.8.2015 - 3 L 674/15.MZ - juris Rn. 7 f.).

cc) Mangels Antrags scheidet auch ein Anspruch des Klägers auf Notenschutz von vornherein aus. Unabhängig davon kommen - wie ausgeführt - Maßnahmen des Notenschutzes ohnehin nur auf der Grundlage einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung in Betracht. Eine solche ist weder vorgetragen noch ersichtlich; insbesondere bezieht sich § 54 APO bereits ausweislich der Normüberschrift nur auf Maßnahmen des Nachteilsausgleichs.

2. Nach alledem ist die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg, Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg, schriftlich zu beantragen.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, Hausanschrift in München: Ludwigstr. 23, 80539 München, oder Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, München, Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach einzureichen.

Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind die in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO genannten Personen vertreten lassen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 12.025,- festgesetzt.

Gründe:

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 3 GKG. Der festgesetzte Betrag entspricht der Jahresbesoldung eines Anwärters im Polizeivollzugsdienst der 2. Qualifikationsebene im ersten Jahr (EUR 925 x 13; vgl. VG Augsburg, B.v. 14.1.2015 - Au 3 K 14.1742; VG Ansbach, B.v. 14.7.2011 - AN 1 E 11.1005 - juris Rn. 30 sowie Gehaltsbeispiele für die 2. und 3. QE unter www...de).

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,- EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen worden ist.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg, Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg, schriftlich einzureichen oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Der Mitwirkung eines Bevollmächtigten bedarf es hierzu nicht.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

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(1) Behörden sind zur Vorlage von Urkunden oder Akten, zur Übermittlung elektronischer Dokumente und zu Auskünften verpflichtet. Wenn das Bekanntwerden des Inhalts dieser Urkunden, Akten, elektronischen Dokumente oder dieser Auskünfte dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde oder wenn die Vorgänge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach geheim gehalten werden müssen, kann die zuständige oberste Aufsichtsbehörde die Vorlage von Urkunden oder Akten, die Übermittlung der elektronischen Dokumente und die Erteilung der Auskünfte verweigern.

(2) Auf Antrag eines Beteiligten stellt das Oberverwaltungsgericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss fest, ob die Verweigerung der Vorlage der Urkunden oder Akten, der Übermittlung der elektronischen Dokumente oder der Erteilung von Auskünften rechtmäßig ist. Verweigert eine oberste Bundesbehörde die Vorlage, Übermittlung oder Auskunft mit der Begründung, das Bekanntwerden des Inhalts der Urkunden, der Akten, der elektronischen Dokumente oder der Auskünfte würde dem Wohl des Bundes Nachteile bereiten, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht; Gleiches gilt, wenn das Bundesverwaltungsgericht nach § 50 für die Hauptsache zuständig ist. Der Antrag ist bei dem für die Hauptsache zuständigen Gericht zu stellen. Dieses gibt den Antrag und die Hauptsacheakten an den nach § 189 zuständigen Spruchkörper ab. Die oberste Aufsichtsbehörde hat die nach Absatz 1 Satz 2 verweigerten Urkunden oder Akten auf Aufforderung dieses Spruchkörpers vorzulegen, die elektronischen Dokumente zu übermitteln oder die verweigerten Auskünfte zu erteilen. Sie ist zu diesem Verfahren beizuladen. Das Verfahren unterliegt den Vorschriften des materiellen Geheimschutzes. Können diese nicht eingehalten werden oder macht die zuständige Aufsichtsbehörde geltend, dass besondere Gründe der Geheimhaltung oder des Geheimschutzes der Übergabe der Urkunden oder Akten oder der Übermittlung der elektronischen Dokumente an das Gericht entgegenstehen, wird die Vorlage oder Übermittlung nach Satz 5 dadurch bewirkt, dass die Urkunden, Akten oder elektronischen Dokumente dem Gericht in von der obersten Aufsichtsbehörde bestimmten Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt werden. Für die nach Satz 5 vorgelegten Akten, elektronischen Dokumente und für die gemäß Satz 8 geltend gemachten besonderen Gründe gilt § 100 nicht. Die Mitglieder des Gerichts sind zur Geheimhaltung verpflichtet; die Entscheidungsgründe dürfen Art und Inhalt der geheim gehaltenen Urkunden, Akten, elektronischen Dokumente und Auskünfte nicht erkennen lassen. Für das nichtrichterliche Personal gelten die Regelungen des personellen Geheimschutzes. Soweit nicht das Bundesverwaltungsgericht entschieden hat, kann der Beschluss selbständig mit der Beschwerde angefochten werden. Über die Beschwerde gegen den Beschluss eines Oberverwaltungsgerichts entscheidet das Bundesverwaltungsgericht. Für das Beschwerdeverfahren gelten die Sätze 4 bis 11 sinngemäß.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Behörden sind zur Vorlage von Urkunden oder Akten, zur Übermittlung elektronischer Dokumente und zu Auskünften verpflichtet. Wenn das Bekanntwerden des Inhalts dieser Urkunden, Akten, elektronischen Dokumente oder dieser Auskünfte dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde oder wenn die Vorgänge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach geheim gehalten werden müssen, kann die zuständige oberste Aufsichtsbehörde die Vorlage von Urkunden oder Akten, die Übermittlung der elektronischen Dokumente und die Erteilung der Auskünfte verweigern.

(2) Auf Antrag eines Beteiligten stellt das Oberverwaltungsgericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss fest, ob die Verweigerung der Vorlage der Urkunden oder Akten, der Übermittlung der elektronischen Dokumente oder der Erteilung von Auskünften rechtmäßig ist. Verweigert eine oberste Bundesbehörde die Vorlage, Übermittlung oder Auskunft mit der Begründung, das Bekanntwerden des Inhalts der Urkunden, der Akten, der elektronischen Dokumente oder der Auskünfte würde dem Wohl des Bundes Nachteile bereiten, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht; Gleiches gilt, wenn das Bundesverwaltungsgericht nach § 50 für die Hauptsache zuständig ist. Der Antrag ist bei dem für die Hauptsache zuständigen Gericht zu stellen. Dieses gibt den Antrag und die Hauptsacheakten an den nach § 189 zuständigen Spruchkörper ab. Die oberste Aufsichtsbehörde hat die nach Absatz 1 Satz 2 verweigerten Urkunden oder Akten auf Aufforderung dieses Spruchkörpers vorzulegen, die elektronischen Dokumente zu übermitteln oder die verweigerten Auskünfte zu erteilen. Sie ist zu diesem Verfahren beizuladen. Das Verfahren unterliegt den Vorschriften des materiellen Geheimschutzes. Können diese nicht eingehalten werden oder macht die zuständige Aufsichtsbehörde geltend, dass besondere Gründe der Geheimhaltung oder des Geheimschutzes der Übergabe der Urkunden oder Akten oder der Übermittlung der elektronischen Dokumente an das Gericht entgegenstehen, wird die Vorlage oder Übermittlung nach Satz 5 dadurch bewirkt, dass die Urkunden, Akten oder elektronischen Dokumente dem Gericht in von der obersten Aufsichtsbehörde bestimmten Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt werden. Für die nach Satz 5 vorgelegten Akten, elektronischen Dokumente und für die gemäß Satz 8 geltend gemachten besonderen Gründe gilt § 100 nicht. Die Mitglieder des Gerichts sind zur Geheimhaltung verpflichtet; die Entscheidungsgründe dürfen Art und Inhalt der geheim gehaltenen Urkunden, Akten, elektronischen Dokumente und Auskünfte nicht erkennen lassen. Für das nichtrichterliche Personal gelten die Regelungen des personellen Geheimschutzes. Soweit nicht das Bundesverwaltungsgericht entschieden hat, kann der Beschluss selbständig mit der Beschwerde angefochten werden. Über die Beschwerde gegen den Beschluss eines Oberverwaltungsgerichts entscheidet das Bundesverwaltungsgericht. Für das Beschwerdeverfahren gelten die Sätze 4 bis 11 sinngemäß.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.

(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 60 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tenor

I.

Die Beklagte wird unter Abänderung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 26. Februar 2013 verpflichtet, den Klägern Abiturzeugnisse ohne Bemerkungen zur Nichtbewertung von Rechtschreibleistungen auszustellen.

II.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

IV.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger wenden sich gegen folgende Bemerkung der Schule (staatlich anerkanntes privates Gymnasium in I.) in ihren (neu ausgestellten) Abiturzeugnissen vom 25. Juni 2010: „Aufgrund einer fachärztlich festgestellten Legasthenie wurden Rechtschreibleistungen nicht gewertet.“

Die jeweiligen Abiturzeugnisse der Kläger hatten ursprünglich folgende Bemerkung enthalten: „Aufgrund einer fachärztlich festgestellten Legasthenie wurde dem Schüler Nachteilsausgleich gemäß KMBek vom 16.11.1999 gewährt.“ Nach Einwänden der Kläger hiergegen hat die Beklagte die Abiturzeugnisse neu ausgestellt und anstelle der bisherigen Bemerkung folgende Bemerkung aufgenommen: „Aufgrund einer fachärztlich festgestellten Legasthenie wurden Rechtschreibleistungen nicht gewertet.“

Das Bayerische Verwaltungsgericht München hat auf die Klagen der Kläger die Beklagte mit Urteil vom 26. Februar 2013 verpflichtet, den Klägern jeweils ein neues Abiturzeugnis auszustellen, in dem kein Hinweis mehr auf die „fachärztlich festgestellte Legasthenie“ oder die „Gewährung des Nachteilsausgleichs gemäß KMBek vom 16.11.1999“ enthalten ist. Im Übrigen hat es die Klagen abgewiesen. Die streitgegenständliche Bemerkung sei als allgemeine Beurteilung zulässig, welche das Abschlusszeugnis nach Maßgabe des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungsund Unterrichtswesen (BayEUG) enthalten könne (Art. 54 Abs. 4 Satz 3 BayEUG). Zudem seien gemäß den Richtlinien des (ehemaligen) Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus zur Förderung von Schülern mit besonderen Schwierigkeiten beim Erlernen des Lesens und des Rechtschreibens vom 16. November 1999, geändert am 11. August 2000, sowie entsprechend dem Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 4. Dezember 2003 in der Fassung vom 15. November 2007, Abweichungen von den allgemeinen Grundsätzen der Leistungsbewertung - wie vorliegend in Bezug auf die Bewertung der Rechtschreibleistungen - im Abschlusszeugnis zu vermerken. Bei solchen Abweichungen von allgemeinen Grundsätzen der Leistungsbewertung handele es sich für die betroffenen Schüler um „Notenschutz“, der anders als der „Nachteilsausgleich“, der lediglich Chancengleichheit mit nichtbehinderten Schülern herstelle, eine Bevorzugung des behinderten Schülers darstelle. Der Notenschutz sei aus Gründen der „Notenwahrheit“ und zur Wahrung der Chancengleichheit aller Schüler im Zeugnis zu vermerken. Demgegenüber sei es nicht geboten, den Hinweis auf eine „fachärztlich festgestellte Legasthenie“, der in die Privatsphäre der Kläger unverhältnismäßig eingreife, in das Abiturzeugnis aufzunehmen. Ebenso seien auch die ursprünglichen Bemerkungen über die Gewährung von Nachteilsausgleich unzulässig. Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil Bezug genommen.

Mit der vom Senat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Berufung wenden sich die Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts, soweit es die Klagen abgewiesen hat. Die streitgegenständliche Bemerkung knüpfe ohne gesetzliche Grundlage in diskriminierender Weise unmittelbar an die Legasthenie der Kläger an und erschwere diesen ohne sachlichen Grund den Übertritt in das Berufsleben. Sie sei nicht aus Gründen der Notenwahrheit gerechtfertigt, weil das Abiturzeugnis den Klägern keine Kompetenzen bescheinige, über die sie nicht verfügten und zudem die Noten in einzelnen Fächern weder bei behinderten noch bei nichtbehinderten Schülern Auskunft über deren tatsächliche Rechtschreibleistungen gäben. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts handele es sich bei der Nichtbewertung von Rechtschreibleistungen auch nicht um eine Bevorzugung der Kläger, sondern lediglich um einen Ausgleich der mit deren Legasthenie im Rahmen der schulischen Ausbildung verbundenen Nachteile. Von Bedeutung sei in diesem Zusammenhang auch, dass der Beklagte Fördermaßnahmen für Legastheniker in der gymnasialen Oberstufe nur in einem „Gesamtpaket“ gewähre und er den betroffenen Schülern nicht erlaube, sich auf einzelne Fördermaßnahmen, etwa auf die Gewährung eines Zeitzuschlages zu beschränken, die als anerkannte Maßnahme des Nachteilsausgleichs unstreitig nicht zu einer Bemerkung im Abiturzeugnis führe. Die streitgegenständliche Bemerkung dürfe im Übrigen wegen ihrer nachteiligen Wirkungen für die Kläger schon nach Maßgabe einschlägiger Regelungen der Gymnasialschulordnung (GSO) nicht in das Abiturzeugnis aufgenommen werden. Die Kläger beantragen sinngemäß,

den Beklagten unter Abänderung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 26. Februar 2013 zu verpflichten, die Abiturzeugnisse jeweils ohne die streitgegenständliche Bemerkung auszustellen.

Die Beklagte beantragt unter Bezugnahme auf die Begründung des angefochtenen Urteils und das Vorbringen des Vertreters des öffentlichen Interesses,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Landesanwaltschaft Bayern führt als Vertreter des öffentlichen Interesses in Abstimmung mit dem Bayerischen Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst im Berufungsverfahren aus, die streitgegenständliche Bemerkung im Abiturzeugnis bedürfe keiner gesetzlichen Grundlage, weil sie allein der „Kenntlichmachung einer Abweichung von der regulären Leistungsbewertung“ diene. Ihre Notwendigkeit ergebe sich unmittelbar aus prüfungsrechtlichen Grundsätzen, da Legastheniker bei Maßnahmen des Notenschutzes geringeren Leistungsanforderungen als nichtbehinderte Schüler genügen müssten und diesen gegenüber somit bevorzugt würden. Diese Ungleichbehandlung werde durch die streitgegenständliche Bemerkung, die der Zeugniswahrheit diene und in die die Kläger bzw. deren Erziehungsberechtigte vor Eintritt in die Oberstufe des Gymnasiums bereits eingewilligt hätten, ausgeglichen. Ein milderes Mittel zur Herstellung der Chancengleichheit aller Schüler sei nicht ersichtlich. Allerdings sei einzuräumen, dass bei Schülern mit anderen Behinderungen nicht in gleicher Weise (Bemerkungen über Maßnahmen des Notenschutzes in Abschlusszeugnissen) verfahren werde.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten in beiden Rechtszügen und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

Gründe

Die Berufung der Kläger hat Erfolg.

Die Kläger haben Anspruch auf Ausstellung eines Abiturzeugnisses, das frei ist von Bemerkungen, die nicht auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen. Für die streitgegenständliche Bemerkung, die auf den Klägern gewährte Maßnahmen des Notenschutzes hinweisen soll, gibt es keine gesetzliche Grundlage.

1. Die streitgegenständliche Bemerkung im Abiturzeugnis beruht nicht auf Regelungen des Bayerischen Schulrechts.

a) Das Bayerische Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Mai 2000 (GVBl. S. 414, BayRS 22301-K), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23. Mai 2014 (GVBl. S. 186), enthält sowohl in der aktuellen als auch in der für die streitgegenständlichen Abiturzeugnisse maßgeblichen (bis zum 31.7.2010 geltenden) Fassung des Gesetzes (= a. F.) keine Rechtsgrundlage für die streitgegenständliche Bemerkung.

Nach Maßgabe des Gesetzes erhält der Prüfling nach bestandener Abschlussprüfung ein Abschlusszeugnis. Dieses enthält die Noten in den einzelnen Fächern und die Feststellung, welche Berechtigung das Zeugnis verleiht. Zusätzlich kann das Zeugnis eine allgemeine Beurteilung enthalten (Art. 54 Abs. 4 Satz 1 bis 3 BayEUG). In den Abiturzeugnissen wird jedoch gemäß den Bestimmungen der einschlägigen Schulordnung für die Gymnasien in ... (Gymnasialschulordnung - GSO) vom 23. Juli 2007 (GVBl. S. 68, BayRS 22351K), zuletzt geändert durch Verordnung vom 12. Juni 2013 (GVBl. S. 390), keine allgemeine Beurteilung im Sinn des Art. 54 Abs. 4 Satz 3 BayEUG aufgenommen (vgl. auch LT-Drs. 16/4814 S. 3).

b) Die auf Grundlage des Gesetzes (Art. 89 BayEUG) erlassene Gymnasialschulordnung sieht - sowohl in der aktuellen als auch in der vorliegend maßgeblichen (bis zum 31.7.2010 geltenden) Fassung der Verordnung (= a. F.) - die Aufnahme von Vermerken in das Abiturzeugnis nur in besonders geregelten Fällen vor. So erhalten etwa Schüler, die das Latinum oder Graecum erworben haben, im Abiturzeugnis einen entsprechenden Vermerk (§ 86 Abs. 4 Satz 1 GSO = § 86a Abs. 4 Satz 1 GSO a. F. für das von den Klägern besuchte neunjährige Gymnasium). Ebenso können auf Antrag des Schülers herausragende Leistungen in Vokalensemble (Chor) oder Instrumentalensemble (Orchester) sowie die Tätigkeit in der Schülermitverantwortung oder ähnliche Tätigkeiten im Abiturzeugnis vermerkt werden (§ 86 Abs. 3 Satz 2 GSO = § 86a Abs. 3 Satz 2 GSO a. F.). Bemerkungen über die Gesamtpersönlichkeit des Schülers und damit auch Bemerkungen etwa über dessen Anlagen oder Verhalten werden in das Abiturzeugnis hingegen nicht aufgenommen (§ 86 Abs. 3 Satz 1 GSO = § 86a Abs. 3 Satz 1 GSO a. F.). Auch in Bezug auf die Nichtbewertung von Rechtschreibleistungen sind Vermerke weder in der Gymnasialschulordnung noch in dem vom Staatsministerium nach Maßgabe des § 86 Abs. 1 GSO (= § 86a Abs. 1 GSO a. F.) herausgegebenen Muster des Abiturzeugnisses (Zeugnis der allgemeinen Hochschulreife) vorgesehen.

2. Die streitgegenständliche Bemerkung kann auch nicht auf „prüfungsrechtliche Grundsätze“ gestützt werden. Für sie ist eine gesetzliche Grundlage nicht deshalb entbehrlich, weil sie nach Ansicht der Beklagten und des Vertreters des öffentlichen Interesses der „Kenntlichmachung einer Abweichung von der regulären Leistungsbewertung“ dient und zum Ausgleich einer Bevorzugung des Legasthenikers („Notenschutz“) notwendig sein soll. Denn Notenschutz seinerseits darf nur aufgrund einer vorliegend fehlenden ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung gewährt werden.

a) Als Notenschutz werden nach gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung im Prüfungsrecht allgemein und im Schulrecht in Bezug auf die Bewertung schulischer Leistungen einschließlich der jeweiligen Prüfungsleistungen alle Maßnahmen angesehen, die auf die Bevorzugung des einzelnen Prüflings gerichtet sind, weil diesem gegenüber auf bestimmte Leistungsanforderungen verzichtet wird, die allen anderen Prüflingen abverlangt werden. Notenschutz berührt den anerkannten und insbesondere im Prüfungsrecht maßgeblichen Grundsatz der Chancengleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG, ggf. i. V. m. Art. 12 Abs. 1 GG) aller Prüflinge (vgl. z. B. zuletzt OVG LSA, B. v. 10.2.2014 - 3 M 358/13 - juris Rn. 13 f. m. w. N.; NdsOVG, B. v. 10.7.2008 - 2 ME 309/08 - NVwZ-RR 2009, 68; BayVGH, B. v. 25.10.2007 - 7 CE 07.2374 - juris Rn. 15). Auf Notenschutz gibt es auch im Hinblick auf das in Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG geregelte Benachteiligungsverbot für körperlich eingeschränkte oder sonst behinderte Prüfungsteilnehmer keinen verfassungsrechtlich begründeten Anspruch (vgl. z. B. HessVGH, B. v. 5.2.2010 - 7 A 2406/09.Z - NVwZ-RR 2010, 767; NdsOVG, B. v. 10.7.2008 - 2 ME 309/08 - NVwZ-RR 2009, 68; zum Meinungsstand in Rechtsprechung und Literatur, vgl. Cremer/Kolok, DVBl. 2014, 333).

Der Notenschutz ist vom „Nachteilsausgleich“ zu unterscheiden, auf den - seinerseits gestützt auf den Grundsatz der Chancengleichheit - ein verfassungsrechtlicher Anspruch deshalb besteht, weil der Nachteilsausgleich es dem behinderten Prüfungsteilnehmer lediglich unter Wahrung der für alle Prüflinge geltenden Leistungsanforderungen ermöglichen soll, sein tatsächlich vorhandenes („wahres“) Leistungsvermögen nachzuweisen (vgl. z. B. Niehues/Fischer, Prüfungsrecht, 5. Aufl. 2010, Rn. 249/259 ff. m. w. N.). Nachteilsausgleich darf nur insoweit gewährt werden, als dies zur Herstellung der Chancengleichheit erforderlich ist. Die „Überkompensation“ der Behinderungen des Prüfungsteilnehmers durch Art oder Umfang des gewährten Nachteilsausgleichs führt zu einer Verletzung der Chancengleichheit der anderen Prüfungsteilnehmer und ist insoweit unzulässig (vgl. z. B. BayVGH, B. v. 28.6.2012 - 7 CE 12.1324 - juris Rn. 18). Die Abgrenzung zwischen Maßnahmen des Nachteilsausgleichs und des Notenschutzes ist dann besonders schwierig, wenn sich die körperlichen Einschränkungen oder sonstigen Behinderungen auf das spezifische Leistungsvermögen des Prüfungsteilnehmers auswirken, das - wie etwa im Fach Deutsch die Fehlerfreiheit der Rechtschreibleistungen des Schülers - gerade Gegenstand der von ihm geforderten Prüfungsleistung ist. So sollen nach dem Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 4. Dezember 2003 in der Fassung vom 15. November 2007 über „Grundsätze zur Förderung von Schülerinnen und Schülern mit besonderen Schwierigkeiten im Lesen und Rechtschreiben oder im Rechnen“ im Rahmen des Nachteilsausgleichs Maßnahmen wie die Ausweitung der Arbeitszeit oder die Bereitstellung von technischen und didaktischen Hilfsmitteln in Betracht kommen, während es sich etwa bei der stärkeren Gewichtung mündlicher Leistungen oder dem Verzicht auf eine Bewertung der Lese- und Rechtschreibleistung um Abweichungen von den allgemeinen Grundsätzen der Leistungsbewertung und damit um Maßnahmen des Notenschutzes handeln soll. Fehlt eine nähere gesetzliche Regelung über Art und Umfang von Maßnahmen des Nachteilsausgleichs und des Notenschutzes, so ist bei Rechtsstreitigkeiten über deren Zulässigkeit die Abgrenzung zwischen Nachteilsausgleich und Notenschutz unverzichtbar, weil Prüfungsteilnehmer (Schüler) einen verfassungsrechtlich begründeten Anspruch nur auf den zur Herstellung der Chancengleichheit im Einzelfall erforderlichen Nachteilsausgleich, nicht jedoch auf Notenschutz haben.

b) Maßnahmen des Notenschutzes kommen danach nur auf der Grundlage einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung in Betracht. Nach der Rechtsprechung der Verfassungsgerichte verpflichten dabei das Rechtsstaatsprinzip, das Demokratieprinzip sowie der Grundsatz der Gewaltenteilung den parlamentarischen Gesetzgeber, die wesentlichen Entscheidungen im Schulwesen selbst zu treffen oder durch eine nach Inhalt, Zweck und Ausmaß begrenzte Ermächtigungsnorm inhaltlich mitzubestimmen und diese nicht allein der Schulverwaltung zu überlassen (Parlamentsvorbehalt). Der Umfang des Parlamentsvorbehalts bestimmt sich dabei von Fall zu Fall nach der Intensität, mit welcher die Grundrechte der Regelungsadressaten betroffen sind (vgl. BVerfG, B. v. 20.10.1981 - 1 BvR 640/80 - BVerfGE 58, 257; BayVerfGH, E.v. 27.3.1980 - Vf. 4-VII-79 - VerfGH 33, 33/37; vgl. zuletzt auch BayVerfGH, E.v. 21.5.2014 - Vf. 7-VII-13 - Rn. 35). Über die Zulässigkeit von Maßnahmen des Notenschutzes einschließlich ihrer Folgen (etwa in Bezug auf das auszustellende Zeugnis) hat dementsprechend, jedenfalls bei schulischen Abschlussprüfungen, die für den beruflichen Werdegang bedeutsam sind, wegen der mit Maßnahmen des Notenschutzes verbundenen und den Anspruch aller Prüflinge auf Chancengleichheit, der aus den Grundrechten des Art. 3 Abs. 1 GG (Gleichbehandlung) und des Art. 12 Abs. 1 GG (Berufsfreiheit) resultiert, in erheblicher Weise berührenden Abweichungen von den allgemein geltenden Leistungsanforderungen, der parlamentarische Gesetzgeber zu entscheiden (zum Vorbehalt des Gesetzes im Schulrecht allgemein, den notwendigen parlamentarischen Leitentscheidungen und dem Problem individueller Leistungsanforderungen beim gemeinsamen Unterricht behinderter und nichtbehinderter Schüler im Rahmen des inklusiven Schulsystems, vgl. auch Rux/Niehus, Schulrecht, 5. Aufl. 2013, Rn. 27 ff., 507 ff.). Auf die Erforderlichkeit einer landesrechtlichen Ermächtigung bei Abweichungen von den allgemeinen Grundsätzen der Leistungsbewertung namentlich bei Abschlussprüfungen hat im Übrigen bereits die Kultusministerkonferenz in ihrem genannten Beschluss vom 4. Dezember 2003 in der Fassung vom 15. November 2007 hingewiesen, wobei nach Ansicht der Kultusministerkonferenz Maßnahmen der individuellen Förderung von Legasthenikern in allgemeinbildenden Schulen grundsätzlich bis zum Ende der Jahrgangsstufe 10 abgeschlossen sein sollen. Dem Anliegen des Kultusministeriums, entsprechend befähigten Legasthenikern durch Fördermaßnahmen des Notenschutzes den Besuch weiterführender Schulen einschließlich des Gymnasiums und die Möglichkeit des Erwerbs der allgemeinen Hochschulreife im Wege der Abiturprüfung zu eröffnen, kann somit nur durch den parlamentarischen Gesetzgeber entsprochen werden, der eine verbindliche Entscheidung darüber zu treffen hat, ob und in welchem Umfang Notenschutz gewährt werden darf und welche weiteren schulrechtlichen Folgen damit verbunden sind.

c) Der Bayerische Landesgesetzgeber sieht im Schulrecht generell und insbesondere auch bei schulischen Abschlussprüfungen Maßnahmen des Notenschutzes gegenwärtig nicht vor. Er hat sich vielmehr ausdrücklich (lediglich) für Maßnahmen des Nachteilsausgleichs sowie des „Notenausgleichs“ entschieden, die aufgrund der mit Wirkung vom 16. Dezember 2011 in Kraft getretenen geänderten Bestimmungen des Art. 52 Abs. 4 BayEUG und des Art. 54 Abs. 3 Satz 2 BayEUG in den jeweiligen Schulordnungen der unterschiedlichen Schularten konkret und differenziert geregelt werden können (vgl. auch LT-Drs. 16/9412 S. 6). Der in den genannten gesetzlichen Bestimmungen erwähnte „Notenausgleich“ betrifft den seit jeher möglichen Ausgleich mangelhafter oder ungenügender Leistungen in einzelnen Fächern durch sehr gute, gute oder befriedigende Leistungen in anderen Fächern und ist nunmehr ausdrücklich auch im Rahmen der jeweiligen Abschlussprüfungen möglich (vgl. Lindner/Stahl, Das Schulrecht in Bayern, Stand 15.11.2013, Art. 52 BayEUG Rn. 18). Der in den Schulordnungen zu regelnde Notenausgleich bezweckt - anders als der Notenschutz - nicht, einzelnen Schülern „bessere“ Noten zu geben, als diesen nach den allgemein geltenden Bewertungsmaßstäben in Bezug auf ihre schulischen Leistungen (Prüfungsleistungen) zukommen würden. Er kann allerdings ebenso wie der Notenschutz geeignet sein, Schülern trotz ungenügender Leistungen in einzelnen Fächern das Vorrücken in den Jahrgangsstufen, den Besuch weiterführender Schulen und das Bestehen schulischer Abschlussprüfungen zu ermöglichen.

Die seit dem 1. August 2011 (vor Inkrafttreten des Änderungsgesetzes) geltende Neuregelung des § 53 Abs. 4 GSO, wonach das Staatsministerium zur Frage eines Nachteilsausgleichs oder Notenschutzes für Schülerinnen und Schüler mit besonderen Schwierigkeiten beim Erlernen des Lesens und des Rechtschreibens gesonderte Festlegungen trifft, hat der Verordnungsgeber danach in Bezug auf den Notenschutz ohne die erforderliche gesetzliche Ermächtigung vorgenommen. Sie ist - unbeschadet weiterer Einwände gegen die fehlende Bestimmtheit der Regelung - auf die bereits am 25. Juni 2010 erteilten streitgegenständlichen Abiturzeugnisse allerdings ohnehin nicht anwendbar.

d) Aus dem Umstand, dass in Bayern - anders als in anderen Bundesländern - in der Oberstufe des Gymnasiums zugunsten von Legasthenikern Notenschutz gewährt wird und es hierfür, ebenso wie für die streitgegenständliche Bemerkung im Abiturzeugnis an der gebotenen gesetzlichen Grundlage fehlt, folgt, dass sich die Zeugnisbemerkung nicht allein mit Hilfe der vom Vertreter des öffentlichen Interesses betonten Gedanken der „Zeugniswahrheit“ („Notenwahrheit“) oder der vermeintlichen Wahrung der Chancengleichheit rechtfertigen lassen. Das den Legasthenikern verliehene Abiturzeugnis ist auch nicht ohne weiteres „unwahr“. Es bescheinigt die Befähigung zum Hochschulstudium, die nach Ansicht des Kultusministeriums entsprechend befähigten Legasthenikern nicht allein wegen individueller Schwierigkeiten beim Erlernen des Lesens und des Rechtschreibens abgesprochen werden soll, zumal während des Studiums oder im beruflichen Alltag eingeschränkte Fähigkeiten in diesen Bereichen durch Hilfsmittel weitgehend ausgeglichen werden können. Die Bemerkung gibt zudem keinen Hinweis darauf, in welchem Umfang und in Bezug auf welche Fächer die angegebenen Noten tatsächlich nicht den hierfür maßgebenden Leistungsanforderungen entsprechen und deshalb „unwahr“ sein sollen. Im Verhältnis zu den anderen Abiturienten wird schließlich, solange der Gesetzgeber im Rahmen seiner weiten Gestaltungsfreiheit hierfür keine gesetzliche Grundlage geschaffen hat, die durch Maßnahmen des Notenschutzes erfolgte Bevorzugung der Legastheniker nicht notwendigerweise durch eine Bemerkung ausgeglichen, die sich auf den beruflichen Werdegang der Legastheniker negativ auswirken kann.

e) Die streitgegenständlichen Bemerkungen im Abiturzeugnis sind schließlich nicht mit der Erwägung zu rechtfertigen, die Kläger bzw. deren Erziehungsberechtigte hätten in die Gewährung von Maßnahmen des Notenschutzes und damit in die Zeugnisbemerkungen eingewilligt.

Die Beklagte gewährt in der Oberstufe des Gymnasiums „Fördermaßnahmen“ für Legastheniker auf der Grundlage der Bekanntmachung des (ehemaligen) Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 16. November 1999 (KWMBl. I S. 379) zur „Förderung von Schülern mit besonderen Schwierigkeiten beim Erlernen des Lesens und des Rechtschreibens“, zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 11. August 2000 (KWMBl. I S. 403), sowie aufgrund ergänzender Ministerialschreiben (KMS). Die Fördermaßnahmen werden dabei als unteilbares „Gesamtpaket“ - mit der Folge der streitgegenständlichen Zeugnisbemerkung - gewährt. Das Gesamtpaket umfasst die Befreiung von der Teilnahme an schriftlichen Leistungserhebungen, die ausschließlich der Feststellung der Rechtschreibkenntnisse dienen, die Gewährung eines Zeitzuschlags, die Nichtbewertung von Rechtschreibleistungen sowie die Bewertung schriftlicher und mündlicher Leistungen im Verhältnis 1:1 bei Fremdsprachen. Nur dann, wenn Schüler (bzw. deren Erziehungsberechtigte) vor Eintritt in die Oberstufe des Gymnasiums schriftlich beantragen, während der restlichen Schulzeit und in der Abschlussprüfung keine Fördermaßnahmen und damit keinen Nachteilsausgleich und Notenschutz zu erhalten, entfällt eine Zeugnisbemerkung (vgl. KMS vom 28.5.2008). In dem nach Ansicht des Kultusministeriums nicht teilbaren Gesamtpaket der Fördermaßnahmen sind - wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist - auch Maßnahmen des Nachteilsausgleichs enthalten, auf deren Gewährung im Einzelfall ein verfassungsrechtlicher Anspruch besteht. Das „Einverständnis“ des Maßnahmen des Nachteilsausgleichs begehrenden Schülers mit weitergehenden und gegenwärtig rechtlich unzulässigen Maßnahmen des Notenschutzes, rechtfertigt die Zeugnisbemerkung daher nicht. Die Koppelung von Maßnahmen des Nachteilsausgleichs an Maßnahmen des Notenschutzes birgt im Übrigen die Gefahr ebenso unzulässiger Überkompensation, weil nicht sämtliche Fördermaßnahmen zum individuellen Ausgleich einer Legasthenie erforderlich sein müssen.

3. Für die streitgegenständliche Zeugnisbemerkung fehlt nicht nur eine hinreichende gesetzliche Grundlage. Sie widerspricht gegenwärtig auch einschlägigen Regelungen der Gymnasialschulordnung.

Unbeschadet dessen, dass Bemerkungen über die Gesamtpersönlichkeit des Schülers in das Abiturzeugnis nicht aufgenommen werden (§ 86 Abs. 3 Satz 1 GSO = § 86s Abs. 3 Satz 1 GSO) und zur Gesamtpersönlichkeit eines Schülers auch dessen persönliche Anlagen wie Legasthenie gehören, dürfen bereits in den Jahrgangsstufen 9 und 10 des Gymnasiums die Jahreszeugnisse keine Bemerkungen enthalten, die den Übertritt in das Berufsleben erschweren (§ 70 Abs. 2 Satz 4 GSO). Dies gilt erst recht für das Abiturzeugnis, das bei Bewerbungen um ein Hochschulstudium, eine Berufsausbildung oder einen Arbeitsplatz während des gesamten beruflichen Werdegangs von erheblicher Bedeutung ist. Eine Zeugnisbemerkung, die auch bei Streichung der Worte der „fachärztlich festgestellten Legasthenie“ unverändert auf die Legasthenie des betroffenen Abiturienten hindeutet, ist geeignet, den Übertritt in das Berufsleben zu erschweren. Der Abiturient ist auch keineswegs verpflichtet, seine Legasthenie durch die Zeugnisbemerkung im Berufsleben einem unbestimmten Personenkreis gegenüber zu offenbaren. Es ist vielmehr von den Umständen des Einzelfalles abhängig, ob etwa ein (potentieller) Arbeitgeber in Bezug auf eine konkrete Beschäftigung nach einer Legasthenie (oder anderen Beeinträchtigungen oder Behinderungen) des Bewerbers fragen darf und dieser zu deren Offenbarung verpflichtet ist oder nicht (vgl. z. B. Linck in Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 15. Aufl. 2013, § 26 Rn. 8 ff, 16 ff. m. w. N.).

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.

5. Die Revision wird zugelassen, weil die Rechtssache wegen ihres verfassungsrechtlichen Bezugs über das Bayerische Landesrecht hinaus grundsätzliche Bedeutung hat (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird auf 2.500 € festgesetzt.

Gründe

1

Der (sachlich dienlich auszulegende) Antrag des Antragstellers, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihn im Schuljahr 2015/2016 vorläufig – bis zur Entscheidung in der Hauptsache – am Unterricht der 9. Klassenstufe des Gymnasiums N. teilnehmen zu lassen, ist zulässig, jedoch nicht begründet.

2

Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis nur zulässig, wenn die Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Gerechtfertigt ist die der Hauptsache vorgreifende Regelungsanordnung jedoch nur, wenn der Antragsteller glaubhaft gemacht hat (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO), dass der geltend gemachte Anspruch bei summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage hinreichend wahrscheinlich ist (Anordnungsanspruch) und dem Betroffenen bis zum Ergehen einer Entscheidung in der Hauptsache schlechthin unzumutbare Nachteile drohen (Anordnungsgrund).

3

Eine einstweilige Anordnung mit dem Ziel der vorläufigen Zulassung zum Unterricht der nächsthöheren Jahrgangsstufe, gleichgültig ob als Sicherungs- oder als Regelungsanordnung zu erlassen, ginge über dasjenige hinaus, was im Hauptsachverfahren mit der Klage erreicht werden könnte. Wegen des gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren pädagogischen Beurteilungsspielraums der Schule könnte der Antragsteller in den meisten Fällen allenfalls den Ausspruch erstreiten, dass der Antragsgegner zu einer rechtsfehlerfreien Neubescheidung verpflichtet wird (vgl. OVG RP, Beschluss vom 27. Oktober 1995 – 2 B 13092/95.OVG –, S. 2 BA). Eine einstweilige Anordnung kann vor diesem Hintergrund nur ergehen, wenn die angegriffene Entscheidung rechtswidrig erscheint und entweder der Antragsteller einen Anspruch auf Versetzung glaubhaft machen kann oder wenn wenigstens eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass die zuständigen Gremien nur eine für den Antragsteller positive Entscheidung treffen können (vgl. VG Neustadt/Wstr., Beschluss vom 9. September 2003 – 2 L 2229/03.NW –, S. 2 BA).

4

Gemessen an diesen Voraussetzungen hat der Antragsteller einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft machen können, weil die Entscheidung des Antragsgegners, den Antragsteller nicht in die Klassenstufe 9 zu versetzen, einer summarischen gerichtlichen Überprüfung standhält. Der Antragsteller kann weder eine Versetzung nach Maßgabe von § 66 der Schulordnung für die öffentlichen Realschulen plus, Integrierten Gesamtschulen, Gymnasien, Kollegs und Abendgymnasien (Übergreifende Schulordnung – üSchulO –) noch im Wege einer Versetzung in besonderen Fällen gemäß § 71 üSchulO beanspruchen.

5

(1) Nach § 66 Abs. 1 Satz 1 üSchulO ist an Gymnasien ein Schüler zu versetzen, wenn er in keinem Fach eine Note unter „ausreichend“ oder nur in einem Fach die Note „mangelhaft“ hat. Darüber hinaus hat nach § 66 Abs. 1 Satz 2 üSchulO eine Versetzung zu erfolgen, wenn die unter „ausreichend“ liegenden Noten (nach Maßgabe von § 66 Abs. 2 üSchulO) ausgeglichen werden. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Ausweislich des Jahreszeugnisses der Klassenstufe 8 hat der Antragsteller in den Fächern „Deutsch“ und „Physik“ jeweils die Note „mangelhaft“ erzielt mit der Folge, dass er diese Noten jeweils durch eine Note „gut“ oder zwei Noten „befriedigend“ in einem anderen Fach ausgleichen müsste (§ 66 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 65 Abs. 5 üSchulO). Für die Note im Fach „Deutsch“ kommt jedoch hinzu, dass gemäß § 66 Abs. 2 Nr. 2 üSchulO der Ausgleich nur durch Noten in den Fächern „Mathematik“ sowie der 1. und 2. Fremdsprache erfolgen kann. Daran fehlt es hier, denn der Antragsteller hat in diesen Fächern jeweils die Note „ausreichend“ erzielt.

6

Entgegen der Auffassung des Antragstellers begegnet die Festsetzung der Noten in den Fächern „Deutsch“ und „Physik“ keinen durchgreifenden Bedenken.

7

Soweit der Antragsteller geltend macht, die Note im Fach „Deutsch“ sei deshalb verfahrensfehlerhaft zustande gekommen, weil ihm wegen einer bestehenden Lese- und Rechtschreibschwäche (Legasthenie) in der Klassenstufe 8 kein Nachteilsausgleich gewährt worden sei, was bei der Benotung hätte berücksichtigt werden müssen, steht dem bereits entgegen, dass er darauf beruhende Leistungseinschränkungen in der Klassenstufe 8 nicht glaubhaft gemacht hat. Derartiges ergibt sich insbesondere nicht aus der fachärztlichen Stellungnahme des Zentrums für ambulante Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie vom 2. April 2012, denn diese verhält sich ausschließlich dazu, dass bei dem Antragsteller in der Vergangenheit eine manifeste Legasthenie sowie eine mäßig ausgeprägte einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung diagnostiziert werden konnte. Sie ist aufgrund ihres Alters nicht geeignet, Leistungseinschränkungen des Antragstellers im Schuljahr 2014/2015 glaubhaft zu machen (vgl. auch VG Neustadt/Wstr., Beschluss vom 9. August 2012 – 2 L 671/12.NW –, S. 6 BA). Es hätte dem Antragsteller bzw. seinen Eltern oblegen, durch Vorlage eines aktuellen Nachweises und Stellung eines entsprechenden Antrags auf einen Nachteilsausgleich hinzuwirken.

8

Dem kann der Antragsteller nicht mit Erfolg entgegen halten, er habe im Jahr 2012 einen zeitlich unbefristeten Antrag auf Nachteilsausgleich (seinerzeit für die Fächer „Deutsch“ und „Fremdsprachen“) gestellt, den die Schule auch im Schuljahr 2014/2015 hätte verbescheiden müssen. Ihm hätte sich vielmehr aufgrund des Schreibens der damaligen Klassenleiterin vom 26. April 2012 und des am 23. August 2012 erstellten Förderplans aufdrängen müssen, dass der aufgrund seines Antrags gewährte Nachteilsausgleich nur auf eine begrenzte Zeit (nämlich für das Schuljahr 2012/2013) angelegt und dementsprechend ein darüber hinausgehender Nachteilsausgleich unter Nachweis weiterhin andauernder Leistungseinschränkungen neu zu beantragen war, ohne dass es hierfür noch eines weiteren expliziten Hinweises der Schule bedurft hätte. Eine Neubeantragung von Nachteilsausgleich hat der Antragsteller jedoch für die folgenden beiden Schuljahre – wie er selbst einräumt – versäumt mit der Folge, dass sich dies der Schule auch nicht aufdrängen musste.

9

Auch die Benotung im Fach „Physik“ lässt bei summarischer Prüfung Rechtsfehler nicht erkennen. Die seitens des Fachlehrers vorgelegte Liste der dem Antragsteller im Schuljahr 2014/2015 erteilten Noten rechtfertigt vor dem Hintergrund, dass nach § 61 Abs. 2 Satz 4 üSchulO eine unterschiedliche Gewichtung von Einzelnoten zulässig ist und nach § 61 Abs. 6 üSchulO die Zeugnisnoten des Jahreszeugnisses aufgrund der Leistungen im gesamten Schuljahrunter stärkerer Berücksichtigung der Leistungen im zweiten Schulhalbjahr festgelegt werden, die Jahresnote „mangelhaft“, zumal der Antragsteller selbst substantiierte Einwendungen gegen das Zustandekommen der Noten bislang nicht erhoben hat.

10

Ferner greift auch der Einwand des Antragstellers nicht durch, eine verfahrensfehlerhafte Benotung in den Fächern „Deutsch“ und „Physik“ ergebe sich daraus, dass seine Eltern nicht über die Versetzungsgefährdung wegen mangelhafter Leistungen in diesen Fächern informiert worden seien. Dem steht bereits entgegen, dass die Eltern des Antragstellers nachweislich bereits am 30. Januar 2015 über schwach ausreichende Leistungen u.a. im Fach „Deutsch“ und eine Gefährdung der Versetzung informiert wurden, so dass sie das Gespräch mit der Fachlehrerin hätten suchen können. Darüber hinaus bestehen aufgrund des unwidersprochen Vortrags des Antragsgegners keine vernünftigen Zweifel daran, dass die nach § 77 Abs. 3 üSchulO erfolgte schriftliche Mitteilung vom 19. Mai 2015 mit dem Hinweis, dass die Noten u.a. in „Deutsch“ (5) und „Physik“ (4-) unter ausreichend liegen und die Versetzung gefährdet ist, dem Antragsteller zum Zwecke der Aushändigung an seine Eltern übergeben und auch mehrfach der „Rückantwortzettel“ eingefordert wurde, so dass etwaige fehlende Informationen der Eltern über den Leistungsstand des Antragstellers in dessen Risikosphäre fallen und nicht dem Antragsgegner angelastet werden können. Letztlich kommt es hierauf aber nicht an, denn nach § 77 Abs. 7 Hs. 1 üSchulO können aus einem Unterlassen von nach § 77 Abs. 3 üSchulO erforderlichen Mitteilungen keine Ansprüche hergeleitet werden.

11

Ist mithin die Benotung der Fächer „Deutsch“ und „Physik“ mit „mangelhaft“ nach derzeitiger Betrachtung nicht zu beanstanden, kommt nach dem klaren, vom Antragsteller nicht zutreffend gesehenen Wortlaut von § 66 Abs. 1 Satz 2 üSchulO eine Versetzung nur in Betracht, wennbeide Noten nach Maßgabe von § 66 Abs. 2 üSchulO ausgeglichen werden (vgl. VG Mainz, Beschluss vom 7. August 2008 – 6 L 654/08.MZ –, S. 3 BA; VG Koblenz, Beschluss vom 22. August 2006 – 7 L 1188/06.KO –, S. 4 f. BA). Dahinter steht erkennbar die sachgerechte Erwägung, dass ein Schüler, der in zwei oder mehr Fächern unzureichende Leistungen erbracht hat, allenfalls dann die Kapazität hat, die folgende Klassenstufe erfolgversprechend zu durchlaufen, wenn seine guten Noten in anderen Fächern erkennen lassen, dass er genügend Leistungsreserven hat, um seine Mängel in den mit schlechter als „ausreichend“ bewerteten Fächern in absehbarer Zeit beheben zu können (vgl. auch die Definition von „mangelhaft“ in § 53 Abs. 2 üSchulO). Dies entspricht dem sich aus § 64 Abs. 1 Satz 2 üSchulO ergebenden Grundsatz, dass der Entscheidung über die Versetzung eine Prognose u.a. darüber zugrunde liegt, ob der Schüler in der nächsthöheren Klassenstufe voraussichtlich erfolgreich mitarbeiten kann.

12

Vor diesem Hintergrund spielt es keine Rolle, dass – wie der Antragsteller vor-trägt – es rechnerisch durchaus möglich ist, dass ein Schüler mit nur einer Note „mangelhaft“ einen schlechteren Gesamtnotendurchschnitt hat, als ein Schüler mit mehreren unter „ausreichend“ liegenden Noten, und trotzdem, anders als Letzterer, versetzt wird. Bei dieser Argumentation verkennt der Antragsteller, dass der maßgebliche Ansatzpunkt für die Versetzungsentscheidung nicht der Notendurchschnitt, sondern die Anzahl der Fächer mit nicht ausreichenden Leistungen ist (vgl. VG Mainz, Beschluss vom 7. August 2008, a.a.O.).

13

(2) Der Antragsteller kann auch keine Versetzung in besonderen Fällen nach § 71 Abs. 1 üSchulO beanspruchen. Nach dieser Vorschrift kann ein Schüler abweichend von den Bestimmungen der §§ 65 bis 67 üSchulO in besonderen Fällen, wie längere Krankheit, Wechsel der Schule während des Schuljahres, außergewöhnlichen Entwicklungsstörungen, besonders ungünstigen häuslichen Verhältnissen oder einseitiger Begabung versetzt werden, wenn dies bei Würdigung seiner Gesamtpersönlichkeit, seiner besonderen Lage, seines Leistungsstandes, einschließlich des Leistungsstandes im wahlfreien Unterricht und seines Arbeitswillens gerechtfertigt und eine erfolgreiche Mitarbeit in der nächsthöheren Klassenstufe zu erwarten ist. Die Norm fordert somit auf der Tatbestandsseite neben dem Vorliegen besonderer Umstände eine Prognoseentscheidung im Hinblick auf den künftigen Lernerfolg. Zugleich räumt sie auf der Rechtsfolgenseite der nach § 64 Abs. 4 üSchulO zuständigen Versetzungskonferenz Ermessen ein. Aus dieser Normstruktur folgt, dass ein Anspruch eines Schülers auf Sonderfallversetzung nur dann besteht, wenn bei ihm besondere Umstände vorliegen, die Prognose für den Lernerfolg in der höheren Klassenstufe positiv ist und bei einer Gesamtbetrachtung das Ermessen der Klassenkonferenz in Richtung Versetzung reduziert ist (vgl. OVG RP, Beschluss vom 17. Oktober 1994 – 2 B 12612/94.OVG –, S. 6 BA; VG Koblenz, Beschlüsse vom 2. August 2011 – 7 L 637/11.KO –, juris Rn. 7, und vom 13. August 2001 – 7 L 1678/01.KO –, S. 8 BA; VG Mainz, Beschluss vom 27. August 2013 – 6 L 802/13.MZ –, LKRZ 2013, 517 = juris Rn. 6).

14

Zunächst ist in verfahrensrechtlicher Hinsicht kein Rechtsfehler erkennbar. Aus dem Schreiben der Schulleiterin des Gymnasiums N. vom 27. Juli 2015 an die Eltern des Antragstellers ergibt sich, dass auf das Schreiben der Eltern vom 21. Juli 2015, in dem erstmals die Prüfung einer Versetzung nach § 71 üSchulO erbeten wurde, die Klassenkonferenz nochmals zusammentrat und die Voraussetzungen einer Versetzung auch weiterhin nicht für gegeben erachtete.

15

Auch in materieller Hinsicht erweist sich die getroffene Entscheidung, den Antragsteller nicht im Wege des § 71 Abs. 1 üSchulO zu versetzen, als rechtmäßig. Vorliegend scheitert ein Anspruch des Antragstellers auf Sonderfallversetzung bereits auf der Tatbestandsseite. Es spricht bereits vieles dafür, dass der Antragsteller schon keinen Ausnahmegrund im Sinne einer nach Sinn und Zweck von § 71 Abs. 1 üSchulO erforderlichen vorübergehenden atypischen Sondersituation glaubhaft machen kann. Insbesondere bestehen erhebliche Zweifel daran, dass die angeführte Vollzeitberufstätigkeit der Eltern mit berufsbedingter Abwesenheit eines Elternteils während der Woche als besonders ungünstige häusliche Verhältnisse im Sinne von § 71 Abs. 1 üSchulO angesehen werden kann. Letztlich kann dies jedoch offenbleiben, denn jedenfalls ist die seitens der Klassenkonferenz anzustellende Prognoseentscheidung rechtlich nicht zu beanstanden. Die Prognoseentscheidung ist – da der Schule insoweit ein pädagogischer Beurteilungsspielraum zukommt (vgl. BayVGH, Beschluss vom 24. Oktober 1996 – 7 CE 96.3206 –, BeckRS 1996, 15627) – nur in eingeschränktem Umfang einer gerichtlichen Überprüfung zugänglich (vgl. VG Mainz, Beschluss vom 27. August 2013, a.a.O. = juris Rn. 8; VG Koblenz, Beschluss vom 2. August 2011, a.a.O. = juris Rn. 9; VG Dresden, Beschlüsse vom 7. August 2009 – 5 L 368/09 –, juris Rn. 18, und vom 10. September 2008 – 5 L 480/08 –, juris Rn. 21). Die Kammer kann daher nur prüfen, ob die Prognoseentscheidung auf Beurteilungsfehlern wie etwa dem Zugrundelegen einer unvollständigen Tatsachengrundlage oder auf einem Verstoß gegen anerkannte Bewertungsgrundsätze beruht. Derartige Fehler sind indes nicht zu erkennen.

16

Der Antragsgegner hat die Ablehnung einer Versetzung auf der Grundlage von § 71 Abs. 1 üSchulO damit begründet, dass nach Einschätzung aller Fachlehrerinnen und Fachlehrer eine erfolgreiche Mitarbeit des Antragstellers in der nächsthöheren Klassenstufe nicht zu erwarten sei. Diese Prognose wurde mit den mangelhaften Leistungen in den Fächern „Deutsch“ und „Physik“ und mit schwachen Leistungen in anderen Fächern begründet, die zeigten, dass es sich nicht um punktuelle Schwächen, sondern um überfachliche Kompetenzen handele, die einer langfristigen Repetition bedürften. Die Prognoseentscheidung hält die Grenzen des der Klassenkonferenz zustehenden pädagogischen Spielraums ein; sie geht ersichtlich insbesondere von einer zutreffenden Tatsachengrundlage aus. Dies erschließt sich bereits aus dem Jahreszeugnis der Klassenstufe 8, in dem der Antragsteller zweimal die Note mangelhaft und fünfmal die Note ausreichend, darunter in allen Hauptfächern sowie dem Wahlpflichtfach, erzielt hat. Die hieraus gezogene Schlussfolgerung, der Antragsteller werde (nach sich im Laufe der gymnasialen Schuljahren nach den Zeugnissen stetig verschlechternden Leistungen) aufgrund der bei ihm bestehenden Defizite voraussichtlich nicht erfolgreich in der Klassenstufe 9 mitarbeiten können, hält sich damit bei objektiver Betrachtung im Rahmen der der Klassenkonferenz zustehenden pädagogischen Wertung.

17

Dem kann der Antragsteller nicht unter Hinweis auf eine E-Mail der Fachlehrerin für Französisch entgegen halten, zumindest diese Lehrerin gehe davon aus, dass er Willens und in der Lage sei, den Anforderungen der Schule zu entsprechen. Abgesehen davon, dass diese E-Mail ebenfalls Probleme des Antragstellers im Unterricht (Schwierigkeiten bei der Konzentration und der effektiven Nutzung im Unterricht eingeräumter Übungsphasen) anspricht, datiert diese E-Mail vom 30. November 2014; sie kann daher allenfalls die schulische Situation des Antragstellers im Fach Französisch im 1. Schulhalbjahr der Klassenstufe 8 wiedergeben und ist schon von daher ungeeignet, die im Rahmen der Klassenkonferenz am Ende des Schuljahres anzustellende Prognoseentscheidung zu erschüttern.

18

Scheitert mithin der vom Antragsteller geltend gemachte Anspruch auf Sonderfallversetzung nach § 71 Abs. 1 üSchulO bereits auf der tatbestandlichen Ebene, so kommt es nicht mehr darauf an, ob der Antragsgegner auf der Rechtsfolgenseite sein Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt hat.

19

Soweit der Antragsteller schließlich noch geltend macht, der Antragsgegner habe zu Unrecht auch eine Nachprüfung gemäß § 69 üSchulO versagt, geht dieser Einwand ins Leere, weil die Schulleiterin des Gymnasiums N. den Antragsteller im Hinblick auf damals bestehende Unklarheiten bezüglich des Zustandekommens der Note im Fach „Physik“ – entgegen der Auffassung der Klassenkonferenz – zu einer Nachprüfung im Fach Physik zugelassen und damit seinem im Schreiben vom 21. Juli 2015 geäußerten Begehren entsprochen hat. Insoweit fehlt es ihm am Rechtsschutzinteresse für eine Geltendmachung im vorliegenden Verfahren.

20

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

21

Die Festsetzung des Wertes des Verfahrensgegenstandes beruht auf § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG i.V.m. Ziffern 1.5 und 38.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (LKRZ 2014, 169).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Anträge und Erklärungen, deren Abgabe vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zulässig ist, können vor der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts zu Protokoll abgegeben werden.

(2) Die Geschäftsstelle hat das Protokoll unverzüglich an das Gericht zu übermitteln, an das der Antrag oder die Erklärung gerichtet ist. Die Wirkung einer Prozesshandlung tritt frühestens ein, wenn das Protokoll dort eingeht. Die Übermittlung des Protokolls kann demjenigen, der den Antrag oder die Erklärung zu Protokoll abgegeben hat, mit seiner Zustimmung überlassen werden.