Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 25. Aug. 2016 - AN 1 K 15.01449
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist insoweit vorläufig vollstreckbar.
3. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Der am ... 1976 geborene Kläger steht als Polizeioberkommissar bei der Polizeiinspektion (PI) ... im Dienste des Beklagten.
Mit Schreiben vom
Der „sichtbare Bereich“ werde hier durch die Sommeruniform definiert. Das gewünschte Tattoo solle am Unterarm angebracht werden und würde somit beim Tragen der Sommeruniform für jedermann sichtbar sein.
Die gewünschte Tätowierung solle ein verzierter Schriftzug sein und das Wort „aloha“ erkennen lassen. Dieses aus dem hawaiianischen, respektive polynesischen Sprachraum stammende Wort habe eine Vielzahl von Bedeutungen, so etwa „Liebe, Freundlichkeit, Mitgefühl, Sympathie“, was also in vollem Einklang zur freiheitlich demokratischen Grundordnung stehen würde. Durch die seiner Meinung nach veraltete Regelung des Innenministeriums IC 5-0335.1-0 vom 7. Februar 2005 „Erscheinungsbild der Bayerischen Polizei“ werde ihm dieses Vorhaben jedoch generell untersagt. Tätowierungen per se seien laut IMS nur zulässig, wenn sie im Dienst - ausgenommen im Dienstsport - nicht sichtbar seien.
Laut bekannten Portalen im Internet, wie ntv, Stern, Focus, Bild, Welt.de, sei im August 2012 eine Umfrage durch das Emnid Institut veröffentlicht worden, deren Ergebnis laute, dass jeder zehnte Deutsche (ab 14 Jahren) eine Tätowierung trage. Außerdem sei wohl unstrittig (zumindest nach seinem Dafürhalten), dass die Ansicht, nur Kriminelle oder Seefahrer seien tätowiert, einfach völlig überholt sei und dass sich die Zeit und die Gesellschaft hier schlichtweg gewandelt hätten. Vor Jahren wäre es sicherlich auch völlig unmöglich, undenkbar und unverständlich gewesen, dass ein Polizeibeamter einen Ohrring trage. Er finde, dass es mittlerweile nicht mehr als außergewöhnlich angesehen werden könne, wenn jemand tätowiert sei. Bei vielen Leistungsträgern, angesehenen Persönlichkeiten oder sogar Vorbildern für Jugendliche oder auch Erwachsenen (beispielsweise Fußballer, Sänger, Schauspieler, Allgemeinsportler) sei es mittlerweile völlig normal und akzeptiert, dass diese Tätowierungen trügen. Selbst die ehemalige Bundespräsidentengattin habe Tätowierungen und diese auch als damalige Repräsentantin der Bundesrepublik öffentlich „getragen“. Auf den Hinweis, dass Tätowierungen vielleicht Modetrends seien, könne er nur erwidern, dass dieser „Trend“ nun schon jahrzehntelang anhalte.
Bereits Anfang der 1990er Jahre seien Tattoos wieder in die Gesellschaft gekommen und hätten Akzeptanz gefunden. Ohnehin seien Tätowierungen etwas sehr altes. So habe man beispielsweise Mumien entdeckt, die etwa 7.000 Jahre alt seien und Tätowierungen aufwiesen. Seit Jahrtausenden also tätowierten sich Menschen aus unterschiedlichsten Motiven heraus oder ließen sich tätowieren.
In einem Artikel in der Gewerkschaftszeitschrift der Deutschen Polizeigewerkschaft (Polizeispiegel), der sich in der Ausgabe Oktober 2013 mit diesem Thema befasse, schreibe die Autorin ... (im Personalwesen beim PP ... tätig und nebenamtliche Dozentin für öffentliches Dienstrecht bei der FHöV ...): „Beachtenswert bei diesen beiden in NRW geführten Verfahren ist, dass das Land auf eine Regelung, die das Ministerium für Inneres und Kommunales im Jahre 1995, also vor knapp 18 Jahren herausgegeben hat, zurückgreift, ohne diese Regelung mit den gesellschaftlichen Anschauungen in der heutigen Zeit abzugleichen und die Erforderlichkeit einer solchen massiv in das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit eingreifenden Maßnahme zu überprüfen“.
Aus den Jahren 2012 und 2013 seien ihm insgesamt vier Gerichtsurteile bekannt, die das Recht klar pro Tätowierung gesprochen hätten. Leider seien alle vier Urteile außerhalb Bayerns entschieden worden:
Im Beschluss vom VG Köln
In den Fällen der Beschlüsse des VG Aachen
Beim Beschluss des VG Weimar
Die genannten Urteile und Auszüge davon habe er der NVwZ-RR 7/2013 und der ZBR, Heft 04/2013 entnommen. Die Urteile seien teils aber auch in juris hinterlegt. So z. B. auch das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, 6. Senat,
Hier habe sich ein an den Unterarmen Tätowierter für den gehobenen Polizeidienst bewerben wollen und sei wegen seiner Tattoos abgelehnt worden. Das OVG habe dem Tätowierten Recht gegeben und er habe zugelassen werden müssen.
Mit Schreiben vom 18. November 2013 ersuchte das Polizeipräsidium Mittelfranken das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr als oberste Dienstbehörde aufgrund möglicher Auswirkungen einer Entscheidung für die gesamte Bayerische Polizei, über den Antrag des Klägers abschließend zu entscheiden und den Kläger sowie das Polizeipräsidium Mittelfranken hiervon zu unterrichten. Das Polizeipräsidium Mittelfranken beabsichtige, keinen Präzedenzfall zu schaffen.
Mit Schreiben vom 2. Mai 2014 teilte das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr dem Polizeipräsidium Mittelfranken mit, der Entscheidungsprozess hinsichtlich der Neuregelung des Erscheinungsbildes der Bayerischen Polizei sei noch nicht abgeschlossen. Es werde deshalb um Verständnis gebeten, dass eine abschließende Entscheidung zum Antrag des Klägers vom 22. Oktober 2013 derzeit noch nicht möglich sei.
Mit Schreiben vom 7. Oktober 2014 teilte das Polizeipräsidium Mittelfranken den Bevollmächtigten des Klägers mit, dass gemäß Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 7. Februar 2000 im Dienst - ausgenommen Dienstsport - Tätowierungen, Bandings, Mandies (durch Henna verursachte Hautverfärbungen) und Ähnliches nicht sichtbar sein dürften. Nur im Einzelfall könne auf Anordnung durch die jeweiligen Vorgesetzten bei Vorliegen von entsprechender dienstlicher Notwendigkeit von diesen Grundsätzen abgewichen werden.
Laut Ministerialschreiben vom 2. Mai 2014 sei der Entscheidungsprozess hinsichtlich der Neuregelung des Erscheinungsbildes der Bayerischen Polizei bislang nicht abgeschlossen und eine Entscheidung deshalb noch nicht möglich. Aus diesem Grund sei auch weiterhin die Bekanntmachung vom 7. Februar 2000 gültig, wonach nur bei dienstlicher Notwendigkeit von den ministeriellen Grundsätzen abgewichen werden könne.
Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 29. Mai 2015 „Widerspruch“ ein.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts
Es bedürfe für die fehlende Genehmigung der Tätowierung einer gesetzlichen Regelung. Der Kläger habe in seinem Antrag bereits auf verschiedene gerichtliche Entscheidungen verwiesen, in denen streitgegenständlich gewesen sei, ob ein Bewerber zum Polizeivollzugsdienst abgelehnt werden könne, der eine Tätowierung habe. Fraglich sei gewesen, ob die Eignung für den Polizeivollzugsdienst vorliege. Die Gerichte hätten in den Entscheidungen verdeutlicht, dass aufgrund des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 1 GG auf freie Entfaltung der Persönlichkeit die Tätowierungen der Übernahme in das Beamtenverhältnis nicht entgegenstünden. Wenn bereits die Einstellung trotz Tätowierung möglich sei, müsse es im Rahmen der Gleichbehandlung bereits eingestellten Polizeibeamten erlaubt sein, sich tätowieren zu lassen. Eine tragfähige Begründung für den Eingriff in die Grundrechte des Klägers sei weder erkennbar noch bisher vom Ministerium vorgetragen worden. Allein mit dem Verweis auf die bereits über 15 Jahre alte Bekanntmachung vom 7. Februar 2000 könne der Antrag des Klägers nicht abgelehnt werden.
Mit Schreiben vom 26. Mai 2015 verwies das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr gegenüber dem Polizeipräsidium Mittelfranken auf sein Schreiben vom 2. Mai 2014, das unveränderte Gültigkeit besitze. Der Entscheidungsprozess hinsichtlich der Neuregelung des Erscheinungsbildes der Bayerischen Polizei sei nach wie vor nicht abgeschlossen.
Mit Schriftsatz vom 21. Juli 2015 baten die Bevollmächtigten des Klägers, das Schreiben vom 29. April 2015 als Antrag umzudeuten, da laut Telefongespräch vom 20. Juli 2015 das Polizeipräsidium Mittelfranken mitgeteilt habe, dass in seinem Schreiben vom 7. Oktober 2014 kein Bescheid zu sehen sei. Es handle sich lediglich um eine Sachstandsmitteilung.
Mit Schreiben vom 28. Juli 2015, dem Kläger gegen Empfangsbekenntnis zugestellt am 20. August 2015, lehnte der Präsident des Polizeipräsidiums Mittelfranken den Antrag des Klägers vom 22. Oktober 2013 auf Erteilung einer Genehmigung zur Tätowierung an einem Unterarm im sogenannten sichtbaren Bereich ab.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, im Ergebnis sei die ministerielle Bekanntmachung IC 5-0335.1-0 vom 7. Februar 2000 gültig, wonach auch weiterhin nur im Einzelfall bei Vorliegen entsprechender dienstlicher Notwendigkeit von den Grundsätzen des Erscheinungsbildes der Bayerischen Polizei abgewichen werden dürfe. Dienstliche Gründe zur Genehmigung einer Abweichung von den Grundsätzen des Erscheinungsbildes der Bayerischen Polizei seien im vorliegenden Fall nicht ersichtlich, weshalb der Antrag des Klägers ablehnend beschieden werde.
Hierauf erhob der Kläger mit einem am 2. September 2015 beim Verwaltungsgericht eingegangenen Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 31. August 2015 Klage.
Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 8. Oktober 2015 ließ er folgende, in der mündlichen Verhandlung modifizierte Klageanträge stellen:
1. Der Bescheid des Beklagten vom 28. Juli 2015 wird aufgehoben.
2. Es wird festgestellt, dass der Kläger berechtigt ist, sich am Unterarm tätowieren zu lassen, sofern die Tätowierung nicht gegen Ziffer 3. Satz 2 des IMS vom 7. Februar 2000 verstößt.
3. Hilfsweise wird festgestellt, dass der Kläger berechtigt ist, seinen Unterarm entsprechend dem Antrag von 22. Oktober 2013 mit dem Wort „aloha“ und Verzierungen tätowieren zu lassen.
4. Hilfsweise wird beantragt, dass der Beklagte verpflichtet ist, über den Antrag des Klägers vom 22. Oktober 2013 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Zur Begründung wurde zusammengefasst vorgetragen, der Kläger werde durch die ablehnende Entscheidung in seinen Rechten verletzt, da er einen Anspruch habe, dass er sich im sichtbaren Bereich tätowieren lassen dürfe und damit vom Dienstherrn eine entsprechende Genehmigung zu erteilen sei. Sofern keine Genehmigung erteilt werden sollte, werde in das Grundrecht des Klägers auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG eingegriffen. Es schränke den Kläger in seinem von Art. 2 Abs. 1 GG umfassten Recht ein, über die Gestaltung der äußeren Erscheinung auch im Dienst eigenverantwortlich zu bestimmen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.1.1991, 2 BvR 550/90).
Es bedürfe für die fehlende Genehmigung der Tätowierung einer gesetzlichen Regelung.
In Art. 75 BayBG sei geregelt, dass der Beamte verpflichtet sei, nach näherer Bestimmung der obersten Dienstbehörde Dienstkleidung zu tragen, wenn es das Amt erfordere. Bei einer Tätowierung handle sich nicht um eine Dienstkleidung i. S.v. Art. 75 BayBG. Im Bayerischen Beamtengesetz sei daher keine Norm enthalten, die das Erscheinungsbild der Bayerischen Polizei regle. Die Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 7. Februar 2000 zum Erscheinungsbild der Bayerischen Polizei könne das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG nicht beschränken. Es handle sich nicht um ein Gesetz, das nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts
Selbst wenn die Bekanntmachung als Grundlage für die fehlende Genehmigung herangezogen werden könne, stehe sie dem Antrag auf Tätowierung nicht entgegen. In der Bekanntmachung sei geregelt, dass im Dienst Tätowierungen nicht sichtbar sein dürften. Es sei weiter geregelt, dass Tätowierungen - soweit sie getragen werden dürften - inhaltlich nicht gegen die Grundsätze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung verstoßen sowie keine sexuellen, diskriminierenden, gewaltverherrlichenden oder ähnliche Motive darstellen dürften. Letzteres dürfte im Falle der Tätowierung des Klägers unstreitig nicht der Fall sein. Der Eingriff durch die Bekanntmachung vom 7. Februar 2000 sei wesentlich, da es sich nicht nur um Beschränkungen für die Dienstzeit handle. Die Vorgaben der Bekanntmachung beinhalteten auch Beschränkungen für das Erscheinungsbild außerhalb des Dienstes. Damit sei festzuhalten, dass der Eingriffsgehalt der Regelung auch Auswirkungen auf die private Sphäre des Klägers habe. Unberücksichtigt dürfe nicht bleiben, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. Beschluss vom 10.1.1991, 2 BVR 550/90) der Dienstherr die Entwicklung der tatsächlichen Verhältnisse im Auge zu behalten habe und jeweils prüfen müsse, ob die Voraussetzungen des Verbots, wie sie bei Erlass der Bekanntmachung angenommen worden seien, bei einer möglicherweise gewandelten Anschauung in der Bevölkerung zu dieser Frage noch gegeben seien. Die Bekanntmachung sei bereits 15 Jahre alt. Laut Schreiben vom 2. Mai 2014 sei zwar eine Überprüfung der Regelungen in die Wege geleitet. Eine Abänderung sei ungeachtet dessen bisher nicht erfolgt. Ein Ergebnis der Überprüfung liege jedenfalls noch nicht vor. Dabei sei auch mit einzubeziehen, dass die Bekanntmachung nicht abgeändert worden sei, obwohl mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. März 2006 die Regelungen zum Erscheinungsbild uniformierter Polizeibeamter, was die Haarlänge betreffe, gegen Art. 2 Abs. 1 GG verstießen. Vorliegend bestehe eine Verpflichtung, das Verbot der Tätowierungen im sichtbaren Bereich unter Berücksichtigung der veränderten Anschauungen der Bevölkerung neu zu bewerten.
Das Bundesverwaltungsgericht habe in der Entscheidung vom 2. März 2006 unter anderem ausgeführt:
„Eine Beschränkung des Erscheinungsbildes uniformierter Polizeibeamter ist mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar, wenn sie geeignet und erforderlich ist, um dienstliche Erfordernisse, nämlich die mit Uniformpflicht verfolgten Zielsetzungen zu fördern und die Grenzen der Zumutbarkeit für die Betroffenen wahrt (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 16. März 1971, BVerfGE 30, 292 <316> und vom 9. März 1994, BVerfGE 90, 145 <171f>)“.
Wenn nach den vom Kläger bereits in seinem Antrag vom 22. Oktober 2013 zitierten gerichtlichen Entscheidungen aufgrund des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 1 GG auf freie Entfaltung der Persönlichkeit die Tätowierungen der Übernahme in das Beamtenverhältnis nicht entgegenstünden, müsse es im Rahmen der Gleichbehandlung bereits eingestellten Polizeibeamten erlaubt sein, sich tätowieren zu lassen und eine Berechtigung dafür bestehen. Eine tragfähige Begründung für den Eingriff in die Grundrechte des Klägers sei weder erkennbar noch bisher vom Beklagten vorgetragen worden. Allein mit dem Verweis auf die bereits über 15 Jahre alte Bekanntmachung vom 7. Februar 2000 könne der Antrag des Klägers nicht abgelehnt werden.
Der Beklagte beantragte mit Schreiben des Polizeipräsidiums Mittelfranken vom 27. November 2015,
die Klage abzuweisen.
Der Klageantrag zu 1) sei zulässig, jedoch nicht begründet. Rechtsgrundlage für die Ablehnung des Antrags sei Art. 75 BayBG i. V. m. Ziff. 3. und 5. der IM-Bek. vom 7. Februar 2000, die ein generelles Verbot für Tätowierungen, Brandings, Mandies und ähnliches im sichtbaren Bereich der Haut für den Dienst enthalte. Unter dem „sichtbaren Bereich“ sei dabei der nicht von der Sommeruniform (kurzärmeliges Hemd bzw. kurzärmelige Bluse) verdeckte Bereich des Körpers (Unterarme, Hals und Kopf) zu verstehen.
Hierbei handle es sich entgegen der Meinung des Klägers um eine zulässige Beschränkung des von Art. 2 Abs. 1 GG umfassten Grundrechts der Beamten auf freie Entfaltung der Persönlichkeit, das die eigenverantwortliche Bestimmung über die Gestaltung der äußeren Erscheinung umfasse. Dabei dürfe unter Berücksichtigung der Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts im Rahmen des vom Kläger zitierten Urteils zur Regelung der Haarlänge uniformierter Polizeibeamter (vgl. BVerwG, Urteil vom 2.3. 2006, 2 C 3/05) davon ausgegangen werden, dass Art. 75 BayBG den inhaltlichen Anforderungen des Vorbehalts in Art. 2 Abs. 1 GG entspreche. Nach Art. 75 BayBG seien Beamte verpflichtet, nach näherer Bestimmung der obersten Dienstbehörde Dienstkleidung zu tragen, wenn es das Amt erfordere. Hierbei handle es sich nicht nur um eine Zuständigkeitsbestimmung, die Vorschriften begründeten vielmehr dem Grunde nach die Pflicht von Beamten, im Dienst Dienstkleidung (Uniform) zu tragen und dabei bestimmte Erscheinungsformen zu wahren. Die Vorschriften ermächtigten die oberste Dienstbehörde, die gesetzlich verankerten Grundpflichten durch konkrete Ge- und Verbote inhaltlich auszugestalten und zu aktualisieren. In diesem Zusammenhang könne sie Dienstkleidungsträgern auch Vorgaben für die äußere Erscheinung im Dienst etwa für die Gestaltung der Haar- und Barttracht, das Tragen von Schmuck oder für Tätowierungen machen. Solche Regelungen könnten durch Verwaltungsvorschriften getroffen werden, weil es sich um eine Aufgabe der Organisations- und Geschäftsleitungsgewalt handle (vgl. BVerwG, a. a. O.). Das Bayerische Staatsministerium des Innern habe mit IM-Bek. vom 7. Februar 2000, in der auf die dem Art. 75 BayBG vorangegangene inhaltsgleiche Regelung des Art. 83 BayBG a. F. Bezug genommen werde, entsprechende Verwaltungsvorschriften erlassen.
Nach der Rechtsprechung sei eine Beschränkung des Erscheinungsbilds uniformierter Polizeibeamter mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar, wenn sie geeignet und erforderlich sei, dienstliche Erfordernisse, nämlich die mit der Uniformpflicht verfolgten Zielsetzungen zu fördern, und die Grenzen der Zumutbarkeit für die Betroffenen wahre. Im Hinblick auf Regelungen, die sich auch auf das Erscheinungsbild außerhalb des Dienstes auswirkten und damit zwangsläufig die private Lebensführung beeinflussten, müssten die Vorgaben des Dienstherrn nach der Rechtsprechung auf plausible und nachvollziehbare Gründe gestützt sein (vgl. BVerwG, a. a. O.; Hess. VGH, Beschluss vom 9.7.2014, 1 B 1006/14; OVG NRW, Beschluss vom 26.9.2015, 6 B 1064/14).
Dies sei hier der Fall. Das Verbot von Tätowierungen im sichtbaren Bereich sei durch dienstliche Erfordernisse gerechtfertigt, da die Beschränkung geeignet und erforderlich sei, um mit der Uniformpflicht verfolgte Zielsetzungen zu fördern und das Verbot auch für die Betroffenen zumutbar sei. Das Verbot diene der Wahrung der Neutralitäts-, Legitimations- und Repräsentationsfunktion der Uniform. Die Dienstkleidungsvorschriften dienten dem einheitlichen, neutralen Erscheinungsbild der Bayerischen Polizeivollzugsbeamten, das den polizeilichen Auftrag der Gewährleistung der inneren Sicherheit glaubhaft verkörpere (Neutralitätsfunktion). Anhand der Uniform sei für jedermann erkennbar, dass deren Träger mit hoheitlichen Rechten ausgestattet seien (Legitimationsfunktion). Diese repräsentierten insoweit den Staat gegenüber den Bürgern (Repräsentationsfunktion). Dabei sei zu berücksichtigen, dass das äußere Erscheinungsbild von Polizeivollzugsbeamten maßgeblichen Einfluss auf das Ansehen und das Vertrauen in der Bevölkerung sowie die Akzeptanz polizeilicher Maßnahmen habe. Um eine größtmögliche Akzeptanz der Bevölkerung zu erzielen, sei ein hohes Maß an Neutralität der Beamten im Dienst unabdingbar. Daher müsse die Individualität des einzelnen Beamten im Dienst hinter den Anforderungen des Amtes zurücktreten. Das äußere Erscheinungsbild von Polizeivollzugsbeamten habe frei von übertriebenen und auffälligen Äußerlichkeiten zu sein und solle weder persönliche, noch politische oder andere (Lebens-) Einstellungen im Dienst aufmerksamkeitswirksam zur Schau stellen. Polizeiliche Maßnahmen sollten losgelöst von der Person der handelnden Beamten als Maßnahme des Staates empfunden werden. Daher könne der Dienstherr Erscheinungsformen, welche die mit der Uniform verfolgten Zielsetzungen gefährdeten, durch generelle Vorhaben untersagen (vgl. VG Arnsberg, Beschluss vom 20.8.2014, 2 L 795/14).
Eine solche Vorgabe stelle Ziffer 3. der IM-Bek. vom 7. Februar 2000 dar. Durch sichtbare Tätowierungen bestehe die Gefahr, dass die Autorität der Polizeivollzugsbeamten und die Legitimationsfunktion der Uniform beeinträchtigt würden. Insbesondere bei Einsätzen mit Gefährdungs- und Konfliktpotenzial komme es im Sinne der Deeskalation und der Eigensicherung wesentlich darauf an, dem polizeilichen Gegenüber möglichst keine Angriffspunkte und Ansätze für Provokationen zu bieten. Dies sei jedoch bei sichtbar tätowierten Polizeibeamten in erhöhtem Maße zu befürchten. Zudem könnten Tätowierungen das Misstrauen des Bürgers schüren, weil sie als Zeichen eines gesteigerten Erlebnisdrangs des Trägers verstanden werden könnten. Mit ihnen komme eine übersteigerte Individualität zum Ausdruck, die die Toleranz anderer übermäßig beanspruchen könne.
Zutreffend sei, dass der Dienstherr zu prüfen habe, ob die seinerseits bei Erlass der Regelung herrschenden Verhältnisse auch noch den heutigen Gegebenheiten entsprächen oder von einem Wandel der in der heutigen pluralistischen Gesellschaft herrschenden Ansichten auszugehen sei. Ebenfalls zutreffend dürfte sein, dass sich seit Erlass der IM-Bek. am 7. Februar 2000 eine Veränderung hinsichtlich der Anzahl der Tätowierten und der Verbreitung von Tätowierungen innerhalb der Gesellschaft ergeben habe, so dass sich Tätowierungen sicherlich nicht mehr pauschal einem bestimmten „Klientel“ (z. B. Seefahrer oder Sträflinge) zuschreiben ließen. Es sei allerdings nicht belegt, dass in der Gesellschaft in ihrer Gesamtheit ein Wandel der Anschauungen dergestalt stattgefunden habe, dass auch bei einem Polizeivollzugsbeamten als Repräsentanten der Staatsgewalt sichtbare Tätowierungen allgemein toleriert würden (vgl. VG Darmstadt
Mildere Mittel seien nicht ersichtlich. Eine Differenzierung hinsichtlich Gestaltung und Größe von Tätowierungen im Sichtbereich wäre nicht ausreichend und würde zudem zu einem zusätzlichen, erheblichen Verwaltungsaufwand führen. Als milderes Mittel käme auch die Anordnung, im Dienst jederzeit langärmlige Diensthemden/-blusen zu tragen, nicht in Betracht. Der mit der Umsetzung verbundene erhebliche Verwaltungsaufwand sei dem Dienstherrn bereits aus Gründen der Praktikabilität nicht zumutbar (vgl. OVG NRW, a. a. O.). Dabei wäre eine solche Regelung gerade im Hochsommer aus gesundheitlichen Gründen kaum durchsetzbar und daher nicht genauso effektiv. Zudem sei festzustellen, dass es grundsätzlich der Entscheidung des Dienstherrn vorbehalten sei, wie er die Einheitlichkeit des Erscheinungsbildes der uniformierten Polizei herstellen wolle (vgl. OVG NRW, a. a. O.; Hess. VGH. a. a. O.). Gleiches gelte für die Anordnung des Überschminkens einer Tätowierung, in Bezug auf deren Praxistauglichkeit bereits Zweifel bestünden (vgl. VG Arnsberg, a. a. O.).
Schließlich sei die Regelung auch verhältnismäßig und den Beamten zumutbar. Die mit dem einheitlichen Erscheinungsbild der Polizeibeamten verfolgten Interessen überwögen das Interesse der Beamten, über ihr Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit frei bestimmen zu können. In diesem Zusammenhang sei insbesondere zu berücksichtigen, dass es sich beim sichtbaren Bereich der Unterarme um einen relativ kleinen Bereich der Gesamtkörperoberfläche handle. Es bleibe den Beamten unbenommen, sich auf der verbleibenden, im Dienst nicht sichtbaren Körperoberfläche tätowieren zu lassen.
Da die Regelung in Ziffer 3. der IM-Bek. damit insoweit nicht zu beanstanden und dienstliche Gründe für eine Ausnahme nach Ziffer 5. der IM-Bek. nicht ersichtlich seien, bestünden auch gegen den Bescheid des Polizeipräsidiums Mittelfranken vom 28. Juli 2015 keine Bedenken.
Vor diesem Hintergrund seien die Klageanträge zu 2. bis 4. zwar zulässig, jedoch ebenfalls nicht begründet.
Im Übrigen sei der Entscheidungsprozess hinsichtlich der Neuregelung des Erscheinungsbildes der bayerischen Polizei nach aktueller Mitteilung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern für Bau und Verkehr (vgl. Schreiben vom 19.11.2015 an das Polizeipräsidium Mittelfranken) nach wie vor noch nicht abgeschlossen.
Mit Schriftsatz vom 18. Dezember 2015 verwiesen die Bevollmächtigten des Klägers auf einen Artikel in der „Zeit Online“ vom 19. November 2015, wonach die Bundespolizei die Zugangsvoraussetzungen lockern wolle und vor allem Kandidaten mit sichtbaren Tätowierungen künftig nicht mehr ausgeschlossen werden sollten. Es werde damit deutlich, dass offensichtlich bei der Bundespolizei die Auffassung vertreten werde, dass sichtbare Tätowierungen der Neutralitäts-, Legitimations- und Repräsentationsfunktion der Polizeibeamten nicht entgegenstünden. Es werde darin offensichtlich nicht die Gefahr gesehen, dass die Autorität der Polizeivollzugsbeamten und die Legitimationsfunktion der Uniform beeinträchtigt würden. Die Ausführungen der Gegenseite würden bedeuten, dass durch die Tätowierung für den Bürger nicht mehr sichergestellt sei, dass er trotz Uniform einen echten Polizeibeamten vor sich habe. Soweit ausgeführt worden sei, dass das äußere Erscheinungsbild maßgeblichen Einfluss auf das Ansehen und das Vertrauen in der Bevölkerung sowie die Akzeptanz polizeilicher Maßnahmen habe, werde wohl im Wesentlichen darauf abzustellen sein, dass es auf das für das Vertrauen in der Bevölkerung maßgebliche Verhalten der Polizeibeamten im Einsatz und Alltag ankomme.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Behördenakte des Polizeipräsidiums Mittelfranken und hinsichtlich des Verlaufs der mündlichen Verhandlung auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Gründe
Die Klage ist unter Zugrundelegung des in der mündlichen Verhandlung modifizierten Klageantrags als allgemeine Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO zulässig, da ein zwischen den Beteiligten streitiges Rechtsverhältnis über die Zulässigkeit der vom Kläger gewünschten Tätowierung besteht.
Die Subsidiarität der Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 2 Satz VwGO steht dem nicht entgegen. Bei öffentlich-rechtlichen Körperschaften kann angesichts ihrer verfassungsrechtlichen Bindung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) grundsätzlich vermutet werden, dass sie das ergehende Feststellungsurteil unabhängig von dessen mangelnder Vollstreckbarkeit respektieren werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.7.2000 - 7 C 3/00, BVerwGE 111, 306). Grundlage dieses von der Rechtsprechung entwickelten Grundsatzes ist die Erwartung, dass sich der Streit zwischen den Beteiligten nach dem Ergehen des beantragten Feststellungsurteils auch ohne ein entsprechendes gerichtliches Handlungsgebot endgültig erledigen wird.
Es kann deshalb dahinstehen, ob der Kläger seine Rechte im Wege der Verpflichtungs- oder Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO verfolgen hätte können. Hieran bestehen Zweifel, weil das Schreiben des Präsidenten des Polizeipräsidiums Mittelfranken vom 28. Juli 2015 als innerdienstliche Maßnahme mit dem Ziel, die Modalitäten der Dienstausübung festzulegen, zu werten sein könnte und daher mangels unmittelbarer Rechtswirkungen nach außen keinen gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO der gerichtlichen Aufhebung unterliegenden Verwaltungsakt i. S. d. Art. 35 BayVwVfG darstellen dürfte (so BVerwG, Urteil vom 2.3.2006,
2 C 3/05).
Die zulässigerweise erhobene Feststellungsklage hat jedoch weder im Hauptantrag noch in den Hilfsanträgen Erfolg.
Die mit Schreiben des Präsidenten des Polizeipräsidiums Mittelfranken vom
erfolgte Ablehnung des Antrags des Klägers vom 22. Oktober 2013 auf Erteilung einer Genehmigung zur Tätowierung am Unterarm im sogenannten sichtbaren Bereich kann rechtlich nicht beanstandet werden. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 75 BayBG i. V. m. Ziff. 3. und 5. der rechtlich als Verwaltungsvorschrift zu qualifizierenden Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 7. Februar 2000, Az.: IC 5-0335.1-0, „Erscheinungsbild der Bayerischen Polizei“.
Nach Art. 75 BayBG sind Beamte und Beamtinnen verpflichtet, nach näherer Bestimmung der obersten Dienstbehörde Dienstkleidung zu tragen, wenn es das Amt erfordert.
Gemäß Ziff. 3. der IMS vom
Soweit Tätowierungen getragen werden, dürfen diese inhaltlich nicht gegen die Grundsätze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung verstoßen sowie keine sexuellen, diskriminierenden, Gewalt verherrlichenden oder ähnliche Motive darstellen (Satz 2).
Nach Ziff. 5. des IMS vom
Die oben zitierten Vorschriften bezüglich des äußeren Erscheinungsbilds der Bayerischen Polizeibeamten stellen keinen unzulässigen Eingriff in deren Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG dar.
Das Grundrecht gemäß Art. 2 Abs. 1 GG ist unter dem Vorbehalt der verfassungsmäßigen Ordnung gewährleistet. Daher kann es aufgrund eines Gesetzes eingeschränkt werden, das den Vorschriften des Grundgesetzes entspricht und inhaltlich hinreichend bestimmt ist, wenn der Eingriff auf Gründe des Gemeinwohls gestützt ist und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügt (vgl. BVerwG, Urteil vom 2.3.2006 a. a. O. m. w. N.). Die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage in Art. 75 BayBG genügt den inhaltlichen Anforderungen dieses Gesetzesvorbehalts. Danach ist der parlamentarische Gesetzgeber im Hinblick auf Rechtsstaatsprinzip und Demokratiegebot verpflichtet, in grundlegenden, insbesondere grundrechtlich relevanten Bereichen die wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen. Die inhaltliche Reichweite des Gesetzesvorbehalts hängt von der Eigenart der jeweiligen Regelungsbereichs, insbesondere von Schwere und Intensität der Grundrechtseingriffe ab (vgl. BVerwG, Urteil vom 2.3.2006 a. a. O. m. w. N.).
Vorliegend bedürfen die in Art. 75 BayBG angelegten Grundpflichten von Beamten hinsichtlich des Tragens einer Dienstkleidung keiner weiteren inhaltlichen Konkretisierung durch den Gesetzgeber. Nach der gesetzlichen Vorschrift des Art. 75 BayBG muss die Verpflichtung zum Tragen einer Dienstkleidung durch dienstliche Erfordernisse gerechtfertigt sein.
Die Konkretisierung und Ausgestaltung dieser Verpflichtung im Einzelnen erfolgt vorliegend in rechtlich nicht zu beanstandender Weise durch das IMS vom
Art. 75 BayBG begründet dem Grunde nach die Pflicht von Beamten, im Dienst Dienstkleidung (Uniform oder Amtstracht) zu tragen und dabei bestimmte Erscheinungsformen zu wahren. Diese Vorschrift ermächtigt die oberste Dienstbehörde, die gesetzlich verankerte Grundpflichten durch konkrete Ge- und Verbote inhaltlich auszugestalten und zu aktualisieren. Zum einen legt die oberste Dienstbehörde fest, welche Amtsinhaber im Dienst oder bei bestimmten dienstlichen Anlässen Dienstkleidung zu tragen haben und wie diese im Einzelnen zusammengesetzt und beschaffen ist. Zum anderen kann sie Dienstkleidungsträgern Vorgaben für die äußere Erscheinung im Dienst, etwa für die Gestaltung der Haar- und Barttracht, das Tragen von Schmuck oder für Tätowierungen machen. Solche Regelungen können durch Verwaltungsvorschriften getroffen werden, weil es sich um eine Aufgabe der Organisations- und Geschäftsleitungsgewalt handelt (vgl. BVerwG, Urteil vom 2.3.2006 a. a. O. m. w. N.).
Von diesen rechtlichen Gegebenheiten ausgehend ist eine Beschränkung des Erscheinungsbildes uniformierter Polizeibeamter zulässig, wenn sie geeignet und erforderlich ist, um dienstliche Erfordernisse, nämlich die mit der Uniformpflicht verfolgten Zielsetzungen zu fördern und die Grenzen der Zumutbarkeit für die Betroffenen wahrt. Bei der Beurteilung der Eignung und Erforderlichkeit steht der obersten Dienstbehörde ein gerichtlich nur beschränkt nachprüfbarer weiter Einschätzungsspielraum zu (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 10.1.1991, 2 BvR 550/90
Hiervon ausgehend hat der Beklagte in Ziff. 3 des IMS vom 7. Februar 2000 die Grenzen seines Einschätzungsspielraums nicht überschritten. Die Verpflichtung von Polizeivollzugsbeamten, im Dienst die vorgeschriebene Uniform zu tragen, ist vor allem durch das Erfordernis gerechtfertigt, die Legitimation der Beamten für polizeiliche Maßnahmen äußerlich kundzutun. Die Uniform ist einerseits sichtbares Zeichen für die Ausstattung ihrer Träger mit hoheitlichen Befugnissen. Zum anderen soll die Uniform die Neutralität ihrer Träger zum Ausdruck bringen und sichtbares Zeichen dafür sein, dass die Individualität der Polizeivollzugsbeamten im Dienst hinter die Anforderungen des Amtes zurücktritt. Polizeiliche Maßnahmen sollen losgelöst von der Person der handelnden Beamten als Maßnahmen des Staates empfunden werden. Dieser durch die Uniform vermittelte Anschein der Neutralität kann durch ein Erscheinungsbild uniformierter Polizeibeamter beeinträchtigt werden, dass die Individualität übermäßig hervorhebt und daher aus dem Rahmen des Üblichen fällt. Solche Erscheinungsformen, die geeignet sind, die Neutralitätsfunktion der Uniform in Frage zu stellen, kann der Dienstherr durch generelle und einheitliche Vorgaben untersagen. Insbesondere kann eine Erscheinungsform als unkorrekt oder unseriös gelten, wenn so auftretende Personen Vorbehalten der Art begegnen, die erwarten lassen, dass sie bei der Amtsausübung nicht ernst genommen werden oder ihnen das dabei erforderliche Vertrauen nicht entgegengebracht wird. Unter diesen Voraussetzungen können uniformierte Polizeibeamte verpflichtet werden, auf ein bestimmtes Erscheinungsbild zu verzichten (vgl. BVerwG, Urteil vom 2.3.2006 a. a. O. m. w. N.). Denn die Pflicht zum Tragen einer Uniform schließt die Pflicht des Polizeivollzugsbeamten ein, das durch die Uniform bezweckte einheitliche äußere Erscheinungsbild nicht wieder durch das sichtbare Zurschaustellen eines Tattoos in Frage zu stellen (vgl. OVG Koblenz, Urteil vom 28.5.2004, 2 A 10239/04).
Hinzu kommt im vorliegenden Fall, und darauf stellt die Kammer maßgeblich ab, dass das vom Kläger beabsichtigte Tattoo eine verbale Botschaft (Aloha, übersetzt: Liebe, Freundlichkeit, Mitgefühl, Sympathie) enthalten soll. Gerade durch diese verbale Bekundung kann aber eine Minderung des Ansehens des Klägers als mit hoheitlichen Funktionen ausgestattetem, der Neutralität gegenüber dem Bürger verpflichteten Polizeivollzugsbeamten gerade auch bei Einsätzen, bei denen Ge- oder Verbote mit „Polizeigewalt“ zwangsweise durchgesetzt werden müssen, und damit eine verminderte Akzeptanz entsprechender, durch den Kläger angeordneter polizeilicher Maßnahmen nicht ausgeschlossen werden.
Nicht entschieden werden muss vorliegend, ob die Rüge des Klägers, es fehle im IMS vom 7. Februar 2000 an einer expliziten Ausnahmeregelung beispielsweise bei kleinflächigen Tattoos, die problemlos abgedeckt werden können, durchgreift. Denn eine derartige Fallkonstellation ist vorliegend eindeutig nicht gegeben, wie die insoweit undifferenzierten Klageanträge zeigen. Zudem vertritt die Kammer die Auffassung, dass in einem derartigen Ausnahmefall eines unverhältnismäßigen Eingriffs in das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG der Dienstherr bei der Anwendung der Verwaltungsvorschriften nicht an den strengen Wortlaut des IMS vom 7. Februar 2000 gebunden wäre.
Nach alledem war die Klage sowohl im Hauptantrag als auch in den Hilfsanträgen abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11 ZPO.
Die Berufung war gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, weil die vom Kläger aufgeworfene Frage der Zulässigkeit eines während des Dienstes als uniformierter Polizeivollzugsbeamter am Unterarm sichtbaren Tattoos auf der Grundlage des IMS vom 7. Februar 2000 nach Auffassung der Kammer grundsätzliche Bedeutung hat und, soweit ersichtlich, auch noch nicht Gegenstand der obergerichtlichen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs gewesen ist.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,
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schriftlich einzulegen; sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
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einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag vom Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt oder die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
Der Berufungsschrift sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.
Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,
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schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift sollen vier Abschriften beigefügt werden.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 25. Aug. 2016 - AN 1 K 15.01449
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Urteil einreichenVerwaltungsgericht Ansbach Urteil, 25. Aug. 2016 - AN 1 K 15.01449 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf die Wertstufe bis 7.000 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
3Aus den in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründen, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, ergibt sich nicht, dass das Verwaltungsgericht dem erstinstanzlich gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hätte stattgeben müssen.
4Das Verwaltungsgericht hat den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung, den Antragsgegner zu verpflichten, den Antragsteller in den gehobenen Polizeivollzugsdienst des Landes Nordrhein-Westfalen einzustellen, abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Antrag sei auf eine grundsätzlich unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet. Denn mit der im Wege der einstweiligen Anordnung begehrten Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst würde der im Klageverfahren zu verfolgende Anspruch jedenfalls vorübergehend erfüllt. Eine ausnahmsweise Durchbrechung des Grundsatzes des Verbots der Vorwegnahme der Entscheidung in der Hauptsache wäre nur dann gerechtfertigt, wenn dem Antragsteller ohne Erlass einer einstweiligen Anordnung schlechthin unzumutbare Nachteile drohten und er im Hauptsacheverfahren mit hoher Wahrscheinlichkeit obsiegen würde. Letzteres lasse sich jedoch nicht feststellen. Damit fehle es zugleich an der für den Erfolg des vorliegenden Rechtsschutzbegehrens erforderlichen Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs. Der Antragsteller könne einen Anspruch auf Einstellung nicht aus dem Schreiben des Antragsgegners vom 14. Februar 2014 ableiten. Dieses Schreiben enthalte keine verbindliche Einstellungszusage. Dem Antragsgegner sei es auch nicht wegen widersprüchlichen Verhaltens nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, die Ablehnung der Einstellung des Antragstellers in den gehobenen Polizeivollzugsdienst mit dessen Tätowierungen an den Unterarmen zu begründen. Der Antragsgegner habe sich nicht widersprüchlich verhalten. Zwar habe er dem Antragsteller mit Schreiben vom 14. Februar 2014 mitgeteilt, dass dieser grundsätzlich für eine Einstellung in Betracht komme. Hieraus habe der Antragsteller bei verständiger Würdigung aber nicht folgern dürfen, dass der Antragsgegner sich im weiteren Verlauf des Einstellungsverfahrens zur Begründung einer Ablehnung der Einstellung nicht mehr auf die ihm bereits bekannten Tätowierungen berufen werde. Ausgehend von den in rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstandenden Vorgaben unter Ziffer 3 b) des Erlasses des Ministeriums für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen vom 29. Mai 2013 - 403-26.00.07 A - habe der Antragsgegner schließlich zu Recht ein Einstellungshindernis aufgrund der Tätowierungen des Antragstellers angenommen.
5Diese näher begründeten Feststellungen des Verwaltungsgerichts werden mit dem Beschwerdevorbringen nicht durchgreifend in Frage gestellt.
6Ohne Erfolg macht der Antragsteller geltend, er habe den Antragsgegner bereits im Juni 2013 von den beiden Tätowierungen an seinen Unterarmen in Kenntnis gesetzt. Da der Antragsgegner ihm mit Schreiben vom 14. Februar 2014 gleichwohl mitgeteilt habe, dass er „grundsätzlich für eine Einstellung in Betracht“ komme, habe er davon ausgehen dürfen, dass diese Tätowierungen kein Einstellungshindernis (mehr) darstellten. Mit diesem Einwand dringt die Beschwerde nicht durch.
7Bereits das Verwaltungsgericht hat zutreffend festgestellt, dass das angeführte Schreiben keine Einstellungszusage enthält. Eine von der zuständigen Behörde abgegebene schriftliche Erklärung stellt dann eine Zusicherung im Sinne von § 38 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW dar, wenn die Behörde gegenüber dem Adressaten unzweifelhaft den Willen zum Ausdruck bringt, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen. Ob eine solche selbstverpflichtende Willenserklärung vorliegt, ist durch Auslegung nach der im öffentlichen Recht entsprechend anwendbaren Regel des § 133 BGB zu ermitteln. Maßgeblich ist der erklärte Wille, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte.
8Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. September 1996 - 2 C 39.95 -, juris, Rn. 25; OVG NRW, Beschluss vom 28. Oktober 2013 - 6 B 1105/13 -, juris, Rn. 4 ff.
9Bei der Auslegung sind neben dem Wortlaut der Erklärung auch die Begleitumstände der Erklärung zu berücksichtigen.
10Vgl. U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 38 Rn. 21; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl. 2013, § 38 Rn. 7a.
11Gemessen hieran hat der Antragsgegner mit dem Schreiben vom 14. Februar 2014 kein verbindliches Versprechen zum Ausdruck gebracht, die Einstellung des Antragstellers in jedem Fall vorzunehmen zu wollen. Ein solcher Rechtsbindungswille lässt sich insbesondere nicht aus dem Wortlaut der Erklärung ableiten. Das angeführte Schreiben enthält keine Formulierungen, die bei einem objektiven Empfänger als (verbindliche) Zusage der Einstellung gedeutet werden können. So fehlt es etwa an einer Bezeichnung des Schreibens als „Einstellungszusage“.
12Vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 28. Oktober 2013, a.a.O., Rn. 6.
13Im Gegenteil wird auf Seite 2 des genannten Schreibens hervorgehoben: „Eine gegebenenfalls erfolgende Einstellungszusage ergeht gesondert.“ Gegen einen Rechtsbindungswillen des Antragsgegners spricht auch, dass dieser im zweiten Absatz dieses Schreibens lediglich angegeben hat, dass der Antragsteller „grundsätzlich für eine Einstellung in Betracht“ komme.
14Erfolglos bleibt der mit der Beschwerde weiter erhobene Einwand, der Antragsgegner habe sich mit der Ablehnung der begehrten Einstellung rechtsmissbräuchlich verhalten. Zur Begründung hat der Antragsteller auch in diesem Zusammenhang ausgeführt, er habe angesichts des Schreibens vom 14. Februar 2014 davon ausgehen dürfen, dass die dem Antragsgegner bereits bekannten Tätowierungen „für die Einstellung keine Rolle mehr spielen“. Dieser Einwand greift nicht durch. Ein widersprüchliches Verhalten ist zwar unter anderem dann rechtsmissbräuchlich, wenn der Handelnde dadurch für den anderen Teil einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat, auf den sich sein Gegenüber verlassen darf.
15Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2010 - 5 C 2.10 -, juris, Rn. 12, mit weiteren Nachweisen.
16Im Streitfall fehlt es indes, wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat, an einem widersprüchlichen Verhalten des Antragsgegners. Ein solches folgt insbesondere nicht daraus, dass der Antragsgegner, dem die streitgegenständlichen Tätowierungen seit dem Eingang der Bewerbungsunterlagen am 11. Juni 2013 bekannt sind, im Schreiben vom 14. Februar 2014 ausgeführt hat, dass eine Einstellung des Antragstellers möglich sei, wenn „bis zum Einstellungstermin keine in Ihrer Person liegende Ablehnungsgründe bekannt werden, z. B. einen Eignungsmangel darstellenden Körperschmuck (Tätowierungen, Piercings etc.)“. Entgegen der Auffassung des Antragstellers kann hieraus nicht die Schlussfolgerung gezogen werden, dass die dem Antragsgegner bereits bekannten Tätowierungen „für die Einstellung keine Rolle mehr spielen“ sollten. Ein dahingehender Erklärungsgehalt kann dem angeführten Schreiben bei verständiger Würdigung nicht entnommen werden. Die angeführte Textpassage ist überschrieben mit „wichtiger Hinweis“. Im Anschluss hieran hat der Antragsgegner ausgeführt, unter welchen Voraussetzungen eine Einstellung „möglich“ ist. Diese Hinweise sind genereller Art. Sie verhalten sich nicht zu etwaigen aus der Bewerbung des Antragstellers ersichtlichen Einstellungshindernissen (wie etwa den der Bewerbung beigefügten Lichtbildern über die Unterarmtätowierungen). Ausgehend vom maßgeblichen Empfängerhorizont ist das Schreiben des Antragsgegners vom 14. Februar 2014 allein darauf gerichtet, die Bewerber über die von ihnen im Auswahlverfahren erzielten Ergebnisse sowie darüber zu informieren, dass sie mit dem „erreichten Auswahlergebnis grundsätzlich für eine Einstellung in Betracht“ kommen und unter welchen Voraussetzungen („wichtiger Hinweis“) eine Einstellung möglich ist. Zur Frage, ob die streitbefangenen Tätowierungen ein Einstellungshindernis darstellen, verhält es sich nicht.
17Hinzu kommt, dass der Antragsgegner den Antragsteller in der von diesem am 17. Dezember 2013 unterschriebenen „Einwilligungserklärung zur Dokumentation von Köperschmuck“ darauf hingewiesen hatte, dass Köperschmuck (wie beispielsweise Tätowierungen) durch eine „eigens dazu einberufene Kommission bewertet“ werde und „als Zeichen der Individualität weiterhin grundsätzlich nicht erwünscht“ sei. Nach Aktenlage hat der Antragsgegner im weiteren Einstellungsverfahren nicht zu erkennen gegeben, dass die beiden Tätowierungen an den Unterarmen der Einstellung nicht (mehr) entgegenstehen.
18Ohne Erfolg macht der Antragsteller weiter geltend, er könne „im Sommer langärmelige Uniformhemden (…) tragen, damit die Tätowierungen nicht sichtbar sind“. Vor diesem Hintergrund sei die Ablehnung der Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt. Sie verstoße gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Dieser Einwand verfängt nicht.
19Der auf den Erlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen vom 29. Mai 2013 - 403-26.00.07 A - gestützte Bescheid des Antragsgegners vom 10. März 2014, den Antragsteller aufgrund dessen Tätowierungen an den Unterarmen nicht in den gehobenen Polizeidienst einzustellen, begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Nach Ziffer 3 b) Absatz 1 des Erlasses ist Körperschmuck im sichtbaren Bereich als Zeichen der Individualität weiterhin grundsätzlich nicht erwünscht. Unter Körperschmuck sind nach Ziffer 1 des Erlasses alle nicht medizinischen Körpermodifikationen zu verstehen, die (überwiegend permanent) den Körper verändern, wie etwa Tätowierungen. Als Maßstab für die Unterscheidung zwischen dem sichtbaren und dem unsichtbaren Bereich des Körpers gilt die Sommeruniform, die sich über das Tragen kurzärmeliger Hemden beziehungsweise Blusen definiert (Ziffer 1 Abs. 2 bis 4 des Erlasses). Ein Eignungsmangel durch Körperschmuck im sichtbaren Bereich kann nach Ziffer 3 b) Absatz 3 des Erlasses im Rahmen einer individuellen Einzelbewertung verneint werden, wenn ein dezenter Körperschmuck z.B. maximal die durchschnittliche Größe eines Handtellers hat. Diese Voraussetzungen erfüllen die auf die Unterarme des Antragstellers tätowierten Schriftzüge, bei denen es sich um die Namen seiner Töchter „H. N. “ (15 cm x 2,5 cm) und „F. T. “ (16 cm x 2,5 cm) handelt, nicht.
20Das Verwaltungsgericht hat zu Recht festgestellt, dass angesichts dessen, dass das angeführte Einstellungshindernis in das Recht des Bewerbers auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG) eingreift und über das Merkmal der persönlichen Eignung den Zugang zu einem öffentlichen Amt (Art. 33 Abs. 2 GG) und die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) beschränkt, nur dann mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar ist und die Ablehnung der Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst rechtfertigen kann, wenn es geeignet und erforderlich ist, um dienstliche Erfordernisse, nämlich die mit der Uniformpflicht verfolgten Zielsetzungen zu fördern, und die Grenzen der Zumutbarkeit für die Betroffenen wahrt.
21Vgl. BVerwG, Urteil vom 2. März 2006 - 2 C 3.05 -, juris, Rn. 21; Hess. VGH, Beschluss vom 9. Juli 2014 - 1 B 1006/14 -, juris, Rn. 6.
22Nach diesen Maßstäben ist die angegriffene Entscheidung des Antragsgegners nicht zu beanstanden. Grundlage seiner Argumentation im Ablehnungsbescheid ist die Neutralitäts- und Repräsentationsfunktion der Polizeiuniform. Dort heißt es:
23„Gemäß Erlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales NRW vom 29.05.2013 – 403 – 26.00.07. A – ist Körperschmuck als Zeichen der Individualität weiterhin grundsätzlich nicht erwünscht und kann einen Eignungsmangel darstellen, der für sich genommen bereits einer Einstellung entgegensteht. Bei der Prüfung der vollen Dienstfähigkeit im Rahmen der Einstellungsuntersuchung gilt es im Interesse der späteren Aufgabenwahrnehmung bezogen auf das äußere Erscheinungsbild den Schutz des Vertrauens der Bürgerin und des Bürgers in eine neutrale und seriös auftretende Polizei zu berücksichtigen. Daher wird eine Einschränkung der dienstlichen Verwendbarkeit der Bewerberinnen und Bewerber durch Körperschmuck unter den im Erlass festgelegten Gesichtspunkten berücksichtigt, soweit nicht schon unter medizinischen Gesichtspunkten die Polizeidienstuntauglichkeit vom polizeiärztlichen Dienst festgestellt wird (…). Wie auch durch die Uniform dokumentiert, soll in der Amtswahrnehmung jede Individualität hinter die neutrale Erfüllung des dienstlichen Auftrages zurücktreten. Die sich insbesondere aus der Uniform ergebende Legitimation und Autorität eines Polizeivollzugsbeamten dürfen durch den bei Ihnen vorliegenden Körperschmuck nicht beeinträchtigt sein (Neutralitäts- und Repräsentationsfunktion).“
24Vgl. zu einem insoweit wortgleichen Ablehnungsbescheid: OVG NRW, Beschluss vom 28. Mai 2014 - 6 B 523/14 -, juris.
25Das Bundesverwaltungsgericht hat sich insbesondere im - die Haarlänge uniformierter Polizeibeamter betreffenden - Urteil vom 2. März 2006, a.a.O., auf welches auch das Verwaltungsgericht seine Ausführungen stützt, zur Neutralitätsfunktion der Polizeiuniform bzw. zum Bedürfnis des Staates nach angemessener Repräsentation durch uniformierte Polizeibeamte geäußert. Hiernach soll die Polizeiuniform sichtbares Zeichen dafür sein, dass die Individualität der Polizeivollzugsbeamten im Dienst hinter die Anforderungen des Amtes zurücktritt. Polizeiliche Maßnahmen sollen losgelöst von der Person der handelnden Beamten als Maßnahmen des Staates empfunden werden. Dieser durch die Uniform vermittelte Eindruck der Neutralität kann durch ein Erscheinungsbild uniformierter Polizeibeamter beeinträchtigt werden, das die Individualität übermäßig hervorhebt und daher aus dem Rahmen des Üblichen fällt. Bei der danach gebotenen Ermittlung des Rahmens des Üblichen hat sich der Dienstherr an den Anschauungen zu orientieren, die in der heutigen pluralistischen Gesellschaft herrschen; er darf sich einem Wandel dieser Anschauungen nicht verschließen. Daher kann er ein gesellschaftlich weitgehend akzeptiertes Aussehen nicht schon deshalb untersagen, weil er es ungeachtet der veränderten Verhältnisse weiterhin für unpassend, unästhetisch oder nicht schicklich hält. Danach fallen Erscheinungsformen aus dem Rahmen des Üblichen und sind geeignet, die Neutralitätsfunktion der Polizeiuniform zu beeinträchtigen, die unter Berücksichtigung der gesellschaftlichen Anschauungen als unkorrekt oder unseriös anzusehen sind. Dies ist nicht bereits dann der Fall, wenn sie die Mehrheit der Bevölkerung für die eigene Person ablehnt oder allgemein nicht für vorteilhaft hält. Vielmehr kann eine Erscheinungsform erst dann als unkorrekt oder unseriös gelten, wenn so auftretende Personen von weiten Kreisen der Bevölkerung ausgegrenzt werden oder ihnen doch Vorbehalte der Art begegnen, die erwarten lassen, dass sie bei der Amtsausübung nicht ernst genommen werden oder ihnen das dabei erforderliche Vertrauen nicht entgegengebracht wird.
26Das Verwaltungsgericht hat hieran angeknüpft und festgestellt, dass die Tätowierungen des Antragstellers an den Unterarmen die Neutralitäts- und Repräsentationsfunktion der Polizeiuniform beeinflussen können. Es könne bislang nicht festgestellt werden, dass in der Gesellschaft in ihrer Gesamtheit ein Wechsel der Anschauungen dergestalt stattgefunden habe, dass auch bei einem Polizeivollzugsbeamten als Repräsentant der Staatsgewalt größere sichtbare Tätowierungen allgemein toleriert würden. Alleine die Größe der Tätowierungen könnte Anlass zu entsprechenden Nachfragen oder Anwürfen durch Dritte sein, denn unzweifelhaft stellten sich solche Tätowierungen als Ausdruck einer sehr individuellen „Note“ eines Polizeivollzugsbeamten dar. Sie stünden im starken Kontrast zu der ansonsten durch die Uniform vorgegebenen und gewollten Einheitlichkeit des äußeren Erscheinungsbildes und böten schon von daher in der Bevölkerung Ansatzpunkte zumindest für Diskussionen ‑ auch im Hinblick auf die Akzeptanz hoheitlicher Entscheidungen -, die im Ergebnis dazu führen könnten, den betreffenden Polizeivollzugsbeamten wegen des äußeren Erscheinungsbildes abzulehnen oder zumindest gegen ihn Misstrauen hervorzurufen.
27Vgl. auch VG Darmstadt, Beschluss vom 27. Mai 2014 - 1 L 528/14.DA -, juris, Rn. 53.
28Diesen zutreffenden und näher begründeten Feststellungen setzt das Beschwerdevorbringen nichts Durchgreifendes entgegen. Nach alledem sind die hier im Streit stehenden landeseinheitlichen Vorgaben zur Bewertung von Körperschmuck im angeführten Erlass vom 29. Mai 2013 geeignet, das Vertrauen der Bürger in eine neu- trale und seriös auftretende Polizei zu schützen.
29Der Umstand, dass es sich bei den beiden in Rede stehenden Tätowierungen um die Namen der Töchter des Antragstellers handelt, führt zu keiner anderen rechtlichen Bewertung. Für einen Dritten ist bereits nicht erkennbar, dass es sich bei den Namen „H. N. “ und „F. T. “ um die Töchter des Antragstellers handelt. Davon abgesehen ändert dieser Umstand nichts daran, dass es sich um sogenannte großflächige Tätowierungen im sichtbaren Bereich handelt, die nach Ziffer 3 b) des angeführten Erlasses „nicht erwünscht“ sind.
30Ohne Erfolg macht die Beschwerde sinngemäß geltend, die Ablehnung der Einstellung des Antragstellers in den gehobenen Polizeivollzugsdienst sei nicht erforderlich, da ihm als „milderes Mittel“ aufgegeben werden könnte, im Sommer langärmelige Uniformhemden zu tragen, die seine Tätowierungen nicht sichtbar werden lassen.
31In diesem Sinne: VG Düsseldorf, Urteil vom 5. August 2014 - 2 K 778/14 -, juris, Rn. 66 bis 68; VG Aachen, Urteil vom 29. November 2012 - 1 K 1518/12 -, juris, Rn. 28 bis 29.
32Dieser Einwand verhilft der Beschwerde bereits deswegen nicht zum Erfolg, weil es grundsätzlich der Entscheidung des Dienstherrn vorbehalten bleibt, wie er die Einheitlichkeit des Erscheinungsbildes der uniformierten Polizei verwirklicht.
33Vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 9. Juli 2014, a.a.O., Rn. 19.
34Mit der Dienstkleidungsordnung der Polizei des Landes Nordrhein-Westfalen, RdErl. d. Ministeriums für Inneres und Kommunales - 405/401-63.01.01 - vom 21. Januar 2014 (im Folgenden: Dienstkleidungsordnung), hat der Dienstherr von seiner in § 45 LBG NRW geregelten Befugnis Gebrauch gemacht, Bestimmungen über die Dienstkleidung, etwa das Tragen der Uniform, zu erlassen. Nach Ziffer 1.3 der Dienstkleidungsordnung ist ein einheitliches Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit sicherzustellen, wenn Uniform getragen wird. Aufgrund seiner Organisationsgewalt ist der Dienstherr berechtigt, den Dienstkleidungsträgern in Gestalt von Verwaltungsvorschriften auch Vorgaben für die äußere Erscheinung im Dienst, etwa für die Gestaltung der Haar- und Barttracht, das Tragen von Schmuck oder für Tätowierungen zu machen.
35Vgl. BVerwG, Urteil vom 2. März 2006, a.a.O., Rn. 18; VG Düsseldorf, Urteil vom 5. August 2014, a.a.O., Rn. 34.
36In Ergänzung der Dienstkleidungsbestimmungen hat das Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen durch den angeführten Erlass vom 29. Mai 2013 für Bewerber um die Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst Vorgaben zur Bewertung von Körperschmuck aufgestellt, die sich auch auf Tätowierungen erstrecken. Diese Bestimmungen sind - wie ausgeführt - geeignet, aber auch erforderlich, um „die sich insbesondere aus der Uniform ergebende Legitimation und Autorität eines Polizeivollzugsbeamten“ sicherzustellen (Neutralitäts- und Repräsentanzfunktion, Ziffer 3 b) des letztgenannten Erlasses). Bei der Beurteilung der Eignung und Erforderlichkeit steht dem Dienstherrn ein gerichtlich nur begrenzt nachprüfbarer Einschätzungsspielraum zu, dessen inhaltliche Reichweite insbesondere von der Schwere und Intensität des jeweiligen Eingriffs abhängt.
37Vgl. BVerwG, Urteile vom 15. Januar 1999 - 2 C 11.98 -, juris, Rn. 12 und 13, vom 2. März 2006 - 2 C 3.05 -, a.a.O., Rn. 21.
38Mit den im Streit stehenden Bestimmungen über Körperschmuck im sichtbaren Bereich hat das Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen die Grenzen seines Einschätzungsspielraums nicht überschritten. Die Erwägung der obersten Dienstbehörde, dass „in der Amtswahrnehmung jede Individualität hinter die neutrale Erfüllung des dienstlichen Auftrages zurücktreten“ soll (vgl. Ziffer 3 b) des Erlasses), ist nicht zu beanstanden.
39Die von der obersten Dienstbehörde im Erlass vom 29. Mai 2013 aufgestellten landeseinheitlichen Vorgaben zur Bewertung von Körperschmuck wahren auch die Grenzen der Zumutbarkeit für die Bewerber. Denn selbst im sichtbaren Bereich befindliche Tätowierungen - wie beispielsweise auf den Unterarmen - stehen der Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst nicht ausnahmslos entgegen. Eine „positive Entscheidung“ der beim Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei NRW zur Bewertung von Körperschmuck eingerichteten Kommission kommt nach Ziffer 3 b) des Erlasses bei Tätowierungen „von minderer Größe in Betracht, die keine Botschaft transportieren oder zumindest weltanschaulich neutral bleiben“ (wie etwa Namen mit nachweislich rein privatem Hintergrund, kleinere Blumenmotive oder abstrakte Ornamente, Herzchen, Sterne, Pfeile, Pfotenabdrücke oder aus wenigen Worten bestehende Sinnsprüche).
40Ohne dass es darauf noch entscheidungserheblich ankäme, weist der Senat darauf hin, dass das Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt hat, dass der Antragsgegner auch aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität nicht darauf verwiesen werden kann, einem Bewerber, der im sichtbaren Bereich großflächige Tätowierungen aufweist, aufzugeben, im Dienst langärmelige Hemden zu tragen. Die gegenteilige Rechtsauffassung des Antragstellers vernachlässigt den mit dem Erlass entsprechender dienstlicher Anweisungen, der Kontrolle ihrer Befolgung und gegebenenfalls ihrer Durchsetzung verbundenen erheblichen zusätzlichen Verwaltungsaufwand für den Dienstherrn und damit den Gesichtspunkt der Verwaltungspraktikabilität.
41Soweit sich die Beschwerde pauschal auf die Klageschrift vom 1. April 2014 (VG Arnsberg – 2 K 989/14) und die Antragsbegründung vom 17. Juli 2014 im erstinstanzlichen Verfahren bezieht, genügt sie den Darlegungsanforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO nicht, weil es an einer Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung mangelt.
42Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2, Sätze 2 und 3 GKG.
43Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Tenor
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf die Wertstufe bis 7.000,- € festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Der Antrag des Antragstellers,
3den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO zu verpflichten, ihn – den Antragsteller – zum
41. September 2014 in den gehobenen Polizeivollzugsdienst des Landes NRW einzustellen,
5hat keinen Erfolg.
6Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
7Die einstweilige Anordnung dient lediglich der Sicherung von Rechten eines Antragstellers, nicht aber ihrer Befriedigung. Die vom Antragsteller im vorliegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahren begehrte Verpflichtung des Antragsgegners, ihn
8– den Antragsteller – zum 1. September 2014 in den gehobenen Polizeivollzugsdienst einzustellen, würde eine Vorwegnahme der Hauptsache beinhalten. Eine entsprechende einstweilige Anordnung würde dem Antragsteller bereits die Rechtsposition vermitteln, die er sinngemäß in der Hauptsache anstrebt. Für eine derartige, die Hauptsache vorwegnehmende Entscheidung ist im Verfahren nach § 123 VwGO grundsätzlich kein Raum. Eine Ausnahme von dem Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache im Eilverfahren wäre nur dann gerechtfertigt, wenn festzustellen wäre, dass wirksamer Rechtsschutz im Hauptsacheverfahren nicht zu erreichen ist, dem Antragsteller ohne Erlass einer einstweiligen Anordnung schlechthin unzumutbare Nachteile drohen und er im Hauptsacheverfahren mit hoher Wahrscheinlichkeit obsiegen wird.
9Vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. August 1999 – 2 VR 1.99 –, DVBl. 2000, 487 (488); OVG NRW, Beschlüsse vom 24. Juli 2014 – 13 B 597/14 –, juris Rn. 9, und vom 2. Dezember 2008 – 6 B 1458/08 –, juris Rn. 5; VGH Kassel, Beschluss vom 9. Juli 2014 – 1 B 1006/14 –, nicht veröffentlicht.
10Letzteres lässt sich jedoch nicht feststellen; damit fehlt es zugleich an der für den Erfolg des vorliegenden Rechtsschutzbegehrens erforderlichen Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs.
11Der Antragsteller kann einen Anspruch auf Einstellung zunächst nicht aus dem Schreiben des Antragsgegners vom 14. Februar 2014 ableiten. Dieses Schreiben enthält keine verbindliche Einstellungszusage. Eine von der zuständigen Behörde abgegebene schriftliche Erklärung stellt dann eine Zusicherung i. S. v. § 38 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW dar, wenn die Behörde gegenüber dem Adressaten unzweifelhaft den Willen zum Ausdruck bringt, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen. Ob eine solche selbstverpflichtende Willenserklärung vorliegt, ist durch Auslegung nach der im öffentlichen Recht entsprechend anwendbaren Regel des § 133 BGB zu ermitteln. Maßgeblich ist der erklärte Wille, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte.
12Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. September 1996 – 2 C 39.95 –, BVerwGE 102, 81; OVG NRW, Beschluss vom 28. Oktober 2013 – 6 B 1105/13 –, juris Rn. 4.
13Von einem für eine Zusicherung maßgeblichen Rechtsbindungswillen des Antragsgegners konnte vorliegend jedoch zu diesem Zeitpunkt ersichtlich nicht ausgegangen werden. Denn das Schreiben vom 14. Februar 2014 enthält auf Seite 2 – optisch besonders hervorgehoben – den insoweit eindeutigen Zusatz: „Eine gegebenenfalls erfolgende Einstellungszusage ergeht gesondert.“
14Ein Rechtsanspruch des Antragstellers auf Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst ist auch ansonsten nicht glaubhaft gemacht.
15Nach dem geltenden Dienstrecht hat ein Bewerber keinen Rechtsanspruch auf Einstellung in das Beamtenverhältnis. Der Dienstherr hat allerdings bei Beamtenernennungen gemäß § 9 BeamtStG den Leistungsgrundsatz zu beachten und eine erforderliche Auswahlentscheidung an Eignung, Befähigung und Leistung der Bewerber zu orientieren. Der Beamtenbewerber hat demgemäß in der Regel lediglich einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr über seine Bewerbung eine am Leistungsgrundsatz ausgerichtete ermessensfehlerfreie Entscheidung trifft.
16Vorliegend hat der Antragsgegner die Ungeeignetheit des Antragstellers in persönlicher Hinsicht mit dem Vorhandensein von jeweils einer Tätowierung an den Innenseiten beider Unterarme (Schriftzüge der Namen seiner Töchter F. T. und H. N. ; links: 15 mal 2,5 cm; rechts: 16 mal 2,5 cm) begründet. Die zudem am rechten Oberarm vorhandene Tätowierung, die einen Drachen darstellt, wurde zur Begründung der Einstellungsabsage nicht herangezogen.
17Die Ablehnung der Übernahme des Antragstellers in den gehobenen Polizeivollzugs-dienst ist im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden.
18Dem Antragsgegner ist es zunächst nicht – wie vom Antragsteller zuletzt im Schriftsatz vom 12. August 2014 sinngemäß geltend gemacht – wegen widersprüchlichen Verhaltens nach dem Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB verwehrt gewesen, die Ablehnung der Einstellung des Antragstellers in den gehobenen Polizeivollzugsdienst mit dessen Tätowierungen an den Unterarmen zu begründen.
19Der Grundsatz von Treu und Glauben (hier: Verbot des widersprüchlichen Verhaltens, „venire contra factum proprium“) ist ein in allen Rechtsgebieten allgemein anerkannter Rechtsgrundsatz. Widersprüchliches Verhalten ist nach der Rechtsordnung grundsätzlich zulässig und nur dann rechtsmissbräuchlich, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder wenn andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen. Eine Rechtsausübung kann unzulässig sein, wenn sich objektiv das Gesamtbild eines widersprüchlichen Verhaltens ergibt, weil das frühere Verhalten mit dem späteren sachlich unvereinbar ist und die Interessen der Gegenpartei im Hinblick hierauf vorrangig schutzwürdig erscheinen.
20Vgl. hierzu etwa: BGH, Urteil vom 7. Mai 2014 – IV ZR 76/11 –, juris Rn. 40.
21Vorliegend hat sich der Antragsgegner nicht in diesem Sinne widersprüchlich verhalten.
22Der Antragsteller konnte als Empfänger dem Schreiben des Antragsgegners vom 14. Februar 2014 bei objektiver Würdigung entsprechend § 133 BGB nicht entnehmen, dass sich der Antragsgegner im weiteren Verlauf des Einstellungsverfahrens nicht mehr zur Begründung einer Ablehnung der Einstellung auf die bereits bekannten Tätowierungen an den Unterarmen berufen wird. Dass Körperschmuck als Zeichen der Individualität aus Sicht des Antragsgegners weiterhin nicht erwünscht ist und der Körperschmuck durch eine eigens dazu einberufene Kommission bewertet wird, war dem Antragsteller jedenfalls aufgrund der von ihm am 17. Dezember 2013 unterzeichneten „Einwilligungserklärung zur Dokumentation von Körperschmuck“ bekannt. Das Schreiben vom 14. Februar 2014 enthält keine ausdrückliche Erklärung, dass die beim Antragsteller vorhandenen Tätowierungen an den Unterarmen nach Durchführung des insoweit vorgesehenen Verfahrens seiner Einstellung nicht entgegenstehen. Vielmehr handelt es sich ersichtlich um eine allgemein und ohne Bezug auf den jeweiligen Einzelfall gehaltene Mitteilung in einem Massenverfahren an alle nach Errechnung des im Assessment-Center-Verfahren erzielten Rangordnungswertes grundsätzlich in Betracht kommenden Bewerber, deren Bewerbung nicht zuvor schon aus sonstigen Gründen abgelehnt worden ist.
23Der Antragsteller konnte auch nicht den Ausführungen des Antragsgegners unter dem Oberpunkt „Wichtiger Hinweis“ entnehmen, dass die Tätowierungen an den Unterarmen seiner Einstellung nicht entgegenstehen. Denn anders als bei den darunter aufgeführten „Vorbehalten“, dass nachträglich keine haushaltsrechtlichen Beschränkungen eintreten dürften, nachträglich bis zum Einstellungstermin keine negativen ärztlichen Befunde festgestellt werden dürften bzw. der Bewerber nicht bei der polizeiärztlichen Untersuchung am Tag des Dienstantritts nachträglich (Hervorhebungen jeweils durch das Gericht) polizeidienstuntauglich geworden sein dürfe, ist bei dem „Vorbehalt“, dass bis zum Einstellungstermin keine in der Person des Bewerbers liegenden Ablehnungsgründe bekannt werden dürften, z.B. ein einen Eignungsmangel darstellender Körperschmuck (Tätowierungen, Piercings etc.), gerade nicht auf eine nachträgliche Kenntnis abgestellt worden. Da der Antragsteller aufgrund der von ihm unterzeichneten „Einwilligungserklärung zur Dokumentation von Körperschmuck“ wusste, dass der Körperschmuck durch eine Kommission bewertet wird, er jedoch keine Kenntnis vom diesbezüglichen Verfahrensstand hatte, konnte er nach alledem nicht aufgrund des Schreibens des Antragsgegners vom 14. Februar 2014 davon ausgehen, dass die Tätowierungen an den Unterarmen vom Antragsgegner nicht als Ablehnungsgrund herangezogen werden. Dem Antragsteller ist zwar zuzugeben, dass die Vorgehensweise, das Schreiben vom 14. Februar 2014 zu versenden ohne zuvor das Ergebnis der Körperschmuckkommission abzuwarten, aus Sicht der betroffenen Bewerber nicht sinnvoll erscheint; dies ändert jedoch nichts daran, dass vorliegend kein widersprüchliches Verhalten im obigen Sinne gegeben ist.
24War es dem Antragsgegner mithin nicht aufgrund widersprüchlichen Verhaltens verwehrt, die Einstellungsablehnung auf die an den Unterarmen des Antragstellers befindlichen Tätowierungen zu stützen, ist die Ablehnung auch in gerichtlich nicht zu beanstandender Weise erfolgt. Dabei geht das Gericht von folgenden Erwägungen aus:
25Der Dienstherr ist verpflichtet, seine Entscheidung über eine Bewerbung an der verfassungsrechtlichen Vorschrift des Art. 33 Abs. 2 GG und den Regelungen in § 9 BeamtStG sowie § 15 Abs. 3 Satz 1 LBG auszurichten. Nach Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Diese Vorschrift begründet grundrechtsgleiche Rechte auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl. Dabei hat die Ermittlung des gemessen an den Kriterien der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung am besten geeigneten Bewerbers stets in Bezug auf das konkrete Amt zu erfolgen,
26vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Oktober 2012 - 2 BvR 1120/12 -, juris Rn. 11 m. w. N.
27In diesem Rahmen obliegt es dem Dienstherrn, die Anforderungen an Bewerber für den gehobenen Polizeivollzugsdienst festzulegen. Der Dienstherr soll bereits im Einstellungsverfahren den künftigen Einsatz in den Blick nehmen.
28Gemäß §§ 45, 113 LBG ist der Dienstherr gesetzlich ermächtigt, Bestimmungen über die Dienstkleidung der Polizeivollzugsbeamten zu erlassen. Diese Bestimmungen darf er in Form von Verwaltungsvorschriften treffen.
29Vgl. BVerwG, Urteil vom 2. März 2006 – 2 C 3.05 –, juris Rn. 18.
30In Ergänzung der Dienstkleidungsbestimmungen hat der Antragsgegner insbesondere durch den Erlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales des Landes NRW vom 29. Mai 2013 (403-26.00.07 A) Bestimmungen über Tätowierungen bei – künftigen – Polizeivollzugsbeamten (im Folgenden: Erlass) getroffen.
31In dem Erlass ist unter „1- Allgemeine Begriffsbestimmungen“ definiert worden, dass zum Körperschmuck im Sinne des Erlasses u.a. Tätowierungen zählen, unterschieden werde zwischen dem sichtbaren und dem unsichtbaren Bereich des Körpers der Bewerber, wobei als Maßstab die Sommeruniform gelte, mit der einerseits in bestimmten Einsatzsituationen das einheitliche Erscheinungsbild uniformierter Polizeivollzugsbeamter sichergestellt sei, andererseits im Rahmen des Fürsorgeprinzips die Grenze der Zumutbarkeit einer Dienstverrichtung insbesondere im Hochsommer gewahrt werde. Der sichtbare Bereich werde durch das Fehlen einer Abdeckung beim Tragen der Sommeruniform, die sich über das Tragen kurzärmeliger Hemden bzw. Blusen definiere, festgelegt. Ein absoluter Eignungsmangel liegt nach „3- Vorgaben zur Bewertung von Körperschmuck / a) Absoluter Eignungsmangel“ bei Verletzungsgefahr, verfassungswidrigem und / oder diskriminierendem Körperschmuck
32sowie bei einem auffälligen und großflächigen sichtbaren Körperschmuck vor. Nach „b) Relativer Eignungsmangel“ kann ein Eignungsmangel durch Körperschmuck im sichtbaren Bereich im Rahmen einer individuellen Einzelbewertung verneint werden, wenn ein dezenter Körperschmuck z.B. maximal die durchschnittliche Größe eines Handtellers hat. Zudem sei zugunsten des Bewerbers eine versteckte bzw. weniger sichtbare Lage zu berücksichtigen (z.B. im Bereich des Handgelenkes auf der Innenseite des Unterarms). Eine positive Entscheidung komme nur z.B. bei Körperschmuck (z.B. Tätowierungen) von minderer Größe in Betracht, der keine Botschaft transportiere oder zumindest weltanschaulich neutral bleibe. Der im Dienst sichtbare Körperschmuck dürfe nicht der Ausdruck überzogener Individualität sein, der die Toleranz anderer übermäßig beanspruche.
33Ausgehend von den aufgezeigten und in rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstandenden Vorgaben insbesondere unter „3 b / Relativer Eignungsmangel“ hat der Antragsgegner unter Zugrundelegung des Ergebnisses der eigens zur Bewertung von Körperschmuck gebildeten Kommission (vgl. „2- Regelungen zum Verfahren / b) Kommission“) zu Recht ein Einstellungshindernis wegen der Tätowierungen an den Unterarmen des Antragstellers angenommen. Beide Tätowierungen sind unstreitig größer als handtellergroß und ziehen sich jeweils deutlich sichtbar über die Innenseiten der Unterarme. Der Bewertung der Kommission ist der Antragsteller auch selbst nicht substantiiert entgegengetreten.
34Der Antragsteller ist vielmehr der Auffassung, dass der Antragsgegner durch Zugrundelegung der entsprechenden Regelungen im Erlass das ihm eröffnete Auswahlermessen fehlerhaft ausgeübt habe, weil sichtbare größere Tätowierungen ohne – wie hier – verfassungswidrigen oder diskriminierenden Sinngehalt aufgrund größerer gesellschaftlicher Akzeptanz keinen Mangel der persönlichen Eignung (mehr) begründen könnten.
35Angesichts dessen, dass das hier streitgegenständliche Einstellungshindernis in das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG eingreift und über das Merkmal der persönlichen Eignung den Zugang zu einem öffentlichen Amt (Art. 33 Abs. 2 GG) und die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) beschränkt, ist es nur mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar und kann die Ablehnung der Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst nur rechtfertigen, wenn es geeignet und erforderlich ist, um dienstliche Erfordernisse, nämlich die mit der Uniformpflicht verfolgten Zielsetzungen zu fördern, und die Grenzen der Zumutbarkeit für die Betroffenen wahrt.
36Vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 9. Juli 2014 – 1 B 1006/14 –, unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 2. März 2006 – 2 C 3.05 –, juris Rn. 21.
37Dabei steht der obersten Dienstbehörde bei der Beurteilung der Eignung und Erforderlichkeit ein gerichtlich nur begrenzt nachprüfbarer Einschätzungsspielraum zu, dessen inhaltliche Reichweite insbesondere von Schwere und Intensität des jeweiligen Eingriffs abhängt.
38Vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Januar 1991 – 2 BvR 550/90 –, juris Rn. 6; BVerwG, Urteile vom 2. März 2006 – 2 C 3.05 –, juris Rn. 22, und vom 15. Januar 1999 – 2 C 11.98 –, juris Rn. 13; Hess. VGH, Beschluss vom 9. Juli 2014 – 1 B 1006/14 –.
39Da vorliegend ersichtlich auch das Erscheinungsbild der Betroffenen außerhalb der Dienstzeit betroffen ist, muss die Einschätzung des Dienstherrn, entsprechende Tätowierungen liefen dem mit dem äußeren Erscheinungsbild der Polizeivollzugsbeamten verfolgten Zweck zuwider bzw. seien ein Einstellungshindernis, auf plausible und nachvollziehbare Gründe gestützt sein.
40Vgl. BVerwG, Urteil vom 2. März 2006 – 2 C 3.05 –, juris Rn. 22; Hess. VGH, Beschluss vom 9. Juli 2014 – 1 B 1006/14 –.
41Der Antragsgegner hat zur Begründung der streitgegenständlichen Regelungen insbesondere in der Einleitung sowie unter 3 b) des Erlasses ausgeführt: Die sich insbesondere aus der Uniform ergebende Legitimation und Autorität eines Polizeivollzugsbeamten dürften durch den fraglichen Körperschmuck nicht beeinträchtigt werden (Neutralitäts- und Repräsentanzfunktion). Wie auch durch die Uniform dokumentiert werde, solle in der Amtswahrnehmung jede Individualität hinter die neutrale Erfüllung des dienstlichen Auftrags zurücktreten. Im sichtbaren Bereich sei Körperschmuck als Zeichen der Individualität weiterhin grundsätzlich nicht erwünscht. Bereits im Rahmen der Personalauswahl gelte es im Interesse der späteren Aufgabenwahrnehmung bezogen auf das äußere Erscheinungsbild den Schutz des Vertrauens der Bürgerin und des Bürgers in eine neutrale und seriös auftretende Polizei zu berücksichtigen. Der im Dienst sichtbare Körperschmuck dürfe nicht der Ausdruck überzogener Individualität sein, der die Toleranz anderer übermäßig beanspruche.
42Mit diesen Erwägungen hält sich der Antragsgegner vom Ansatz her grundsätzlich im Rahmen der zulässigen Erwägungen zu den Anforderungen an das äußere Erscheinungsbild von Polizisten.
43Die Verpflichtung von Polizeivollzugsbeamten, im Dienst die vorgeschriebene Uniform zu tragen, ist vor allem durch das Erfordernis gerechtfertigt, die Legitimation der Beamten für polizeiliche Maßnahmen äußerlich kundzutun. Der Polizeivollzugsbeamte ist Repräsentant des Staates. Die Uniform ist sichtbares Zeichen für die Ausstattung ihrer Träger mit hoheitlichen Befugnissen. Weiterhin soll die Uniform die Neutralität, Seriosität und Autorität ihrer Träger zum Ausdruck bringen. Sie soll sichtbares Zeichen dafür sein, dass die Individualität der Polizeivollzugsbeamten im Dienst hinter die Anforderungen des Amtes zurücktritt. Polizeiliche Maßnahmen sollen losgelöst von der Person der handelnden Beamten als Maßnahmen des Staates empfunden werden. Dieser durch die Uniform vermittelte Anschein der Neutralität kann durch ein Erscheinungsbild uniformierter Polizeibeamter beeinträchtigt werden, das die Individualität übermäßig hervorhebt und daher aus dem Rahmen des Üblichen fällt. Solche Erscheinungsformen, die geeignet sind, die Neutralitätsfunktion der Uniform in Frage zu stellen, kann der Dienstherr durch generelle und einheitliche Vorgaben untersagen. Bei der danach gebotenen Ermittlung des Rahmens des Üblichen hat sich der Dienstherr an den Anschauungen zu orientieren, die in der heutigen pluralistischen Gesellschaft herrschen; er darf sich einem Wandel dieser Anschauungen nicht verschließen. Daher kann er ein gesellschaftlich weitgehend akzeptiertes Aussehen nicht schon deshalb untersagen, weil er es ungeachtet der veränderten Verhältnisse weiterhin für unpassend, unästhetisch oder nicht schicklich hält.
44Danach fallen Erscheinungsformen aus dem Rahmen des Üblichen und sind geeignet, die Neutralitätsfunktion der Polizeiuniform zu beeinträchtigen, die unter Berücksichtigung der gesellschaftlichen Anschauungen als unkorrekt oder unseriös anzusehen sind. Dies ist nicht bereits dann der Fall, wenn sie die Mehrheit der Bevölkerung für die eigene Person ablehnt oder allgemein nicht für vorteilhaft hält. Vielmehr kann eine Erscheinungsform erst dann als unkorrekt oder unseriös gelten, wenn so auftretende Personen von weiten Kreisen der Bevölkerung ausgegrenzt werden oder ihnen doch Vorbehalte der Art begegnen, die erwarten lassen, dass sie bei der Amtsausübung nicht ernst genommen werden oder ihnen das dabei erforderliche Vertrauen nicht entgegengebracht wird. Unter dieser Voraussetzung können uniformierte Polizeibeamte verpflichtet werden, auf ein bestimmtes – übertrieben individuell geprägtes – Erscheinungsbild zu verzichten. In Zweifelsfällen kann die oberste Dienstbehörde von ihrem Einschätzungsspielraum Gebrauch machen.
45Vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 2. März 2006 – 2 C 3.05 –, juris Rn. 24 ff.
46Die sinngemäß zugrunde liegenden Erwägungen des Antragsgegners, dass größere als handtellergroße Tätowierungen im sichtbaren Bereich ohne verfassungswidrigen oder diskriminierenden Sinngehalt – und nur hierum geht es vorliegend – Ausdruck einer überzogenen Individualität seien, der die Toleranz anderer übermäßig beanspruche, und wodurch der durch die Uniform vermittelte Anschein der Neutralität beeinträchtigt werden könne, sind hiernach vom Einschätzungsspielraum des Antragsgegners gedeckt.
47Es kann bislang nicht festgestellt werden, dass in der Gesellschaft in ihrer Gesamtheit ein Wechsel der Anschauungen dergestalt stattgefunden hat, dass auch bei einem Polizisten als Repräsentant der Staatsgewalt eine größere sichtbare Tätowierung allgemein toleriert würde. Alleine die Größe der Tätowierung kann Anlass zu entsprechenden Nachfragen oder auch Anwürfen durch Dritte sein, denn unzweifelhaft stellt sich eine solche Tätowierung als Ausdruck einer sehr individuellen „Note“ einer Polizeibeamtin bzw. eines Polizeibeamten dar. Sie steht in starkem Kontrast zu der ansonsten durch die Uniform vorgegebenen und gewollten Einheitlichkeit des äußeren Erscheinungsbildes und bietet schon von daher in der Bevölkerung Ansatzpunkte zumindest für Diskussionen – auch im Hinblick auf die Akzeptanz von hoheitlichen Entscheidungen – , die im Ergebnis dazu führen können, eine solche Uniformträgerin bzw. einen solchen Uniformträger wegen des äußeren Erscheinungsbildes abzulehnen oder zumindest gegen sie bzw. ihn Misstrauen hervorzurufen.
48Vgl. VG Darmstadt, Beschluss vom 27. Mai 2014 – 1 L 528/14.DA –, juris Rn. 53.
49Zwar trifft es sicherlich zu, dass Tätowierungen heutzutage nicht mehr – wie wohl ursprünglich – vorwiegend in Seefahrer- und auch Sträflingskreisen anzutreffen sind, sondern in den verschiedensten Gesellschaftsschichten, wenn auch nicht zu verkennen ist, dass bestimmte Tätowierungen im Milieu der Straftäter nach wie vor eine besondere Bedeutung haben und insofern der Schluss auf eine breite Akzeptanz größerer Tätowierungen keineswegs zwingend ist.
50Vgl. VG Darmstadt, Beschluss vom 27. Mai 2014 – 1 L 528/14.A –, juris Rn. 57; Günther, Sichtbare großflächige Tätowierungen kein Einstellungshindernis für Polizeivollzugsbeamte?, ZBR 2013, 116.
51Dass Tätowierungen vermehrt als Körperschmuck getragen werden, wird auch von der beschließenden Kammer nicht in Abrede gestellt. Auffällig ist in dem Zusammenhang, dass gerade in den Medien ständig insbesondere Fußballer, Künstler, Prominente etc. gezeigt werden, die ihre Tätowierungen bewusst zur Schau stellen. Hieraus kann jedoch nach Auffassung der Kammer nicht auf eine weitgehende gesamtgesellschaftliche Akzeptanz größerer Tätowierungen im sichtbaren Bereich geschlossen werden. Sportler, Künstler, Prominente etc. führen häufig ein Leben weitgehend im Rampenlicht; sie sind für alle deutlich erkennbar – ganz im Gegensatz zu hoheitlich tätigen Polizisten – berufsbedingt vermehrt auf die Zurschaustellung ihrer Individualität angewiesen. Verlässliche und nachprüfbare Angaben dazu, dass in der Gesamtbevölkerung größere Tätowierungen allgemein akzeptiert werden, und zwar ungeachtet der Frage, ob es sich um Tätowierungen handelt, die lediglich bei Freizeitaktivitäten zu bemerken sind, oder aber um solche, die auch während der Berufsausübung sichtbar sind, sind jedoch nicht bekannt und vom Antragsteller auch nicht angegeben. Allein der Umstand, dass ein zunehmender Bevölkerungsanteil – nicht notwendig jederzeit sichtbare – Tätowierungen trägt, zwingt den Antragsgegner nicht dazu, die nach wie vor damit verbundenen Auffälligkeiten den Zielen zu opfern, denen die oben dargelegten Bekleidungsvorschriften der uniformierten Polizei dienen sollen. Eine andere Einschätzung ergibt sich auch nicht zwingend aus der Rechtsprechung des VG Frankfurt am Main, Beschluss vom 14. Februar 2002 – 9 G 411/02 –, juris Rn. 8, und des VG Aachen, Beschluss vom 31. Juli 2012 – 1 L 277/12 –, juris Rn. 7, die ihre gegenteilige Einschätzung zur Verbreitung und Akzeptanz von Tätowierungen nicht näher begründet haben.
52Vgl. hierzu Hess.VGH, Beschluss vom 9. Juli 2014 – 1 B 1006/14 –; VG Darmstadt, Beschluss vom 27. Mai 2014 – 1 L 528/14 –, juris Rn. 56 ff.
53Durch die im Erlass unter 3 b) vorgesehene individuelle Bewertung bei Körperschmuck im sichtbaren Bereich trägt dieser schließlich auch den Interessen der Bewerber an einem individuellen Körperschmuck hinreichend Rechnung.
54Der Antragsteller kann sich auch nicht erfolgreich darauf berufen, dass der Antragsgegner durch Zugrundelegung der entsprechenden Regelungen im Erlass das ihm eröffnete Auswahlermessen fehlerhaft ausgeübt habe, weil es jedenfalls die Möglichkeit gebe, zur Durchsetzung seiner mit der Regelung der Tätowierungen als Einstellungshindernis verfolgten Ziele als milderes Mittel die Anordnung des Tragens eines langärmeligen Hemdes zu erlassen, die Einstellungsablehnung also nicht erforderlich sei.
55Dem Dienstherrn bleibt die Entscheidung vorbehalten, wie er die Einheitlichkeit des Erscheinungsbildes der uniformierten Polizei verwirklicht.
56Vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 9. Juli 2014 – 1 B 1006/14 –; VG Darm-stadt, Beschluss vom 27. Mai 2014 – 1 L 528/14.DA –, juris Rn. 60; siehe auch Günther, Sichtbare großflächige Tätowierungen kein Einstellungshindernis für Polizeivollzugsbeamte?, ZBR 2013 (122).
57Dies hat er in für die Bewerber zumutbarer Weise mit dem Erlass vom 29. Mai 2013 geregelt.
58Maßstab für den sichtbaren Bereich ist nach „1- Allgemeine Begriffsbestimmungen“ die Sommeruniform, die sich über das Tragen kurzärmeliger Hemden bzw. Blusen definiert.
59Siehe hierzu auch : OVG NRW, Beschluss vom 28. Mai 2014 – 6 B 523/14 -, juris Rn. 9 f.
60Mit der Sommeruniform soll danach einerseits in bestimmten Einsatzsituationen das einheitliche Erscheinungsbild uniformierter Polizeivollzugsbeamter sichergestellt werden mit der Folge, dass ein entsprechend tätowierter Bewerber ggf. nur eingeschränkt einsetzbar wäre; andererseits soll im Rahmen des Fürsorgeprinzips die Grenze der Zumutbarkeit einer Dienstverrichtung im Hochsommer gewahrt werden. Mithin sind bereits im Erlass sinngemäß Erwägungen dazu enthalten, ob das Tragen langärmeliger Hemden ein geeignetes milderes Mittel als eine Einstellungsabsage darstellt.
61Dem Antragsgegner drängte es sich auch nicht auf, weitere Erwägungen zur Möglichkeit der Anordnung des Tragens langärmeliger Hemden im Ablehnungsbescheid anzustellen (Der Antragsteller hat das Tragen langärmeliger Hemden nicht von sich aus angeboten.). Es liegt auf der Hand, dass mit Blick auf die gesamte abzuleistende Dienstzeit nicht ausgeschlossen werden kann, dass es einem Bewerber nachträglich aus medizinischen Gründen unzumutbar werden kann, im Hochsommer langärmelige Hemden zu tragen. Hinzu kommt der mit dem Erlass entsprechender Anordnungen, der Kontrolle ihrer Befolgung und ggf. der Durchsetzung verbundene nicht unerhebliche zusätzliche Aufwand für den Dienstherrn. Gleiches gilt im Übrigen im Ergebnis für die Anordnung des Überschminkens einer Tätowierung bzw. die Anordnung des Tragens einer hautfarbenen Bandage, wobei insofern noch eine nicht unerhebliche Praxisuntauglichkeit hinzukommen dürfte.
62Dass der Antragsgegner bei Polizeivollzugsbeamten, die sich nachträglich entsprechend tätowieren lassen, u.U. das Tragen langärmeliger Hemden akzeptiert, hat nicht zur Folge, dass er schon im Einstellungsverfahren, in dem das Prinzip der Bestenauslese gilt, Bewerber akzeptieren muss, bei denen von Anfang an feststeht, dass die persönliche Eignung im Hinblick auf bestimmte Verwendungen, die das Tragen einheitlicher Uniformen erfordern, fehlt und ansonsten lediglich bei Befolgen entsprechender Anordnungen gegeben ist.
63Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
64Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2, Sätze 2 und 3 GKG in der ab 16. Juli 2014 geltenden Fassung. Von einer Halbierung des Streitwerts sieht die Kammer ab, weil das Antragsbegehren hier auf eine Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet ist (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 28. Oktober 2013 – 6 B 1105/13 –, juris).
(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).
(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.
(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.