Verwaltungsgericht Aachen Beschluss, 04. Aug. 2015 - 8 L 171/15.A
Tenor
1. Den Antragstellern wird für das vorliegende Verfahren Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und zur vorläufigen unentgeltlichen Wahrnehmung der Rechte Rechtsanwältin T. aus Berlin zu den für einen im Gerichtsbezirk ansässigen Rechtsanwalt geltenden Bedingungen beigeordnet.
2. Die aufschiebende Wirkung der Klage 8 K 370/15.A gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 14. Januar 2015 wird angeordnet.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens, in dem Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Gründe:
2Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist begründet, weil die Rechtsverfolgung, wie sich aus Nachstehendem ergibt, die nach § 166 VwGO in Verbindung mit § 114 ZPO erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
3Der - sinngemäß - gestellte Antrag,
4die aufschiebende Wirkung der Klage gleichen Rubrums 8 K 370/15.A gegen den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 14. Januar 2015 anzuordnen,
5ist zulässig und begründet.
6Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG setzt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage voraus, dass ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes des Bundesamtes bestehen. Ernstliche Zweifel im Sinne des § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG liegen vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprächen, dass sie einer rechtlichen Prüfung im Hauptsacheverfahren wahrscheinlich nicht standhalten. Dies ist hier der Fall.
7Die Antragsteller reisten am 19. Oktober 2012 in das Bundesgebiet ein und stellten am 2. November 2012 Asylanträge. Das Bundesamt erhielt über einen EURODAC-Treffer Kenntnis davon, dass die Antragsteller bereits in Polen einen Asylantrag gestellt hatten. Mit Bescheid vom 27. August 2013 stellte das Bundesamt die Unzulässigkeit der Asylanträge fest und ordnete die Abschiebung nach Polen an. Die hiergegen eingeleiteten Rechtsmittel blieben ohne Erfolg. Unter dem 18. November 2014 vermerkte die Antragsgegnerin, dass die Frist für eine Überstellung der Antragsteller nach Polen auf der Grundlage der Dublin-Verordnung abgelaufen sei. Mit Bescheid vom 14. Januar 2015 lehnte sie daraufhin die Abänderung des Bescheids vom 27. August 2013 ab und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorlägen; gleichzeitig hat sie die Antragsteller zur Ausreise binnen einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung aufgefordert und ihnen für den Fall der Nichteinhaltung der gesetzten Ausreisefrist die Abschiebung in die Russische Föderation oder in einen anderen aufnahmebereiten oder ‑verpflichteten Staat angedroht.
8Rechtsgrundlage des Bescheids vom 14. Januar 2015 ist § 71a Abs. 1 AsylVfG. Nach dieser Vorschrift ist nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat (§ 26a AsylVfG), für den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren gelten oder mit dem die Bundesrepublik Deutschland einen völkerrechtlichen Vertrag geschlossen hat, im Fall eines Asylantrags im Bundesgebiet (Zweitantrag) ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG (Wiederaufgreifen des Verfahrens) vorliegen.
9Der Anwendungsbereich der Vorschrift ist eröffnet. Die Antragsteller haben erfolglos ein Asylverfahren in Polen, einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, abgeschlossen.
10Ein Asylverfahren im Sinne des § 71a AsylVfG ist jedes Asylverfahren, das im Einklang mit den Regeln der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK durchgeführt wurde. Für die sichereren Vertragsstaaten ist aufgrund des Konzepts der normativen Vergewisserung,
11vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 22 BvR 2315/93 ‑, BVerfGE 94, 49 = juris, Rn. 181,
12bzw. des hinter der Schaffung eines Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (vgl. Art. 78 AEUV) stehenden "Prinzips des gegenseitigen Vertrauens", das auf der Annahme beruht, alle daran beteiligten Staaten, ob Mitgliedstaaten oder Drittstaaten, beachten die Grundrechte, einschließlich der Rechte, die ihre Grundlage in der Richtlinie 2011/95/EU (Qualifikationsrichtlinie - QualRL), der GFK sowie in der EMRK finden,
13vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 und 493/19, C-411/10, C-493/10 -, Slg 2011, I-13905 = juris, Rn. 10 ff., 75, 78, 80,
14keine Prüfung der Beachtung der Regeln im Einzelfall erforderlich. Eine Ausnahme hiervon kommt nur in Sondersituationen in Betracht.
15Vgl. Hailbronner, AuslR, Bd. 4, § 71a AsylVfG Rn. 12; Funke-Kaiser, in: GK-AsylVfG, § 71a Rn. 11.
16Für eine solche Sondersituation müssten systemischen Mängel des polnischen Asylverfahrens vorliegen. Diese sind jedoch nicht ersichtlich.
17Vgl. BayVGH, Urteil vom 22. Juni 2015 - 11 B 15.50049 -, juris, Rn. 21 ff.; VG Aachen, Beschluss vom 30. Januar 2015 - 6 L 895/14.A ‑, juris, Rn. 9 ff., jeweils m.w.N.
18Dass die Antragsteller in Polen einen Asylantrag gestellt haben, ergibt sich aus der EURODAC Recherche des Bundesamtes. Das Verfahren war auch erfolglos im Sinne des § 71a AsylVfG.
19Unter dem erfolglosen Abschluss eines Asylverfahrens sind nicht nur die (materielle) Ablehnung des Antrags, sondern auch die Rücknahme des Antrags oder die konkludente Aufgabe des Begehrens durch eine freiwillige Ausreise zu verstehen.
20Vgl. Funke-Kaiser, in: GK-AsylVfG, § 71a Rn. 13; Hailbronner, AuslR, Bd. 4, § 71a AsylVfG Rn. 14; a.A: Marx, AsylVfG, 8. Aufl. (2014), § 71a Rn. 12.
21Vorliegend geht das Bundesamt ausweislich des streitgegenständlichen Bescheids zutreffend davon aus, dass der Antrag zurückgenommen wurde. Zwar haben die Antragsteller dies nicht vorgetragen. Es entspricht aber der Antwort der polnischen Behörden vom 23. August 2013 auf das Übernahmeersuchen des Bundesamtes. Dieses wurde unter Hinweis auf Art. 16 Abs. 1 d) der Verordnung 2003/343/EG (Dublin-II-VO) akzeptiert. Art. 16 Abs. 1 d) Dublin-II-VO erfasst gerade die Situation, in der ein Asylbewerber seinen Antrag während der Antragsprüfung zurückgezogen hat.
22Das Gericht kann offen lassen, ob der streitgegenständliche Bescheid schon deshalb rechtswidrig ist, weil das Bundesamt die Abänderung des Bescheids vom 27. August 2013 von den Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG abhängig gemacht hat. Zwar ordnet der Wortlaut von § 71 Abs. 1 AsylVfG eine entsprechende Prüfung ausdrücklich an. Es könnten jedoch Zweifel bestehen, ob dieses Erfordernis unionsrechtskonform ist.
23Zwar erlaubt auch das Unionsrecht in Art. 40 Abs. 2 der Richtlinie 2013/32/EU (Verfahrensrichtlinie - VRL), dass ein Folgeantrag auf internationalen Schutz zunächst daraufhin geprüft wird, ob neue Elemente oder Erkenntnisse betreffend die Frage, ob der Antragsteller als Person auf internationalen Schutz anzuerkennen ist, zuage getreten oder vom Antragsteller vorgebracht worden ist. Schon der Wortlaut von Art. 40 Abs. 1 VRL macht jedoch deutlich, dass sich dies nur auf die Situation eines weiteren Antrags in demselben Mitgliedstaat bezieht, in dem auch der erste Antrag gestellt wurde. Eine unionsrechtliche Vorschrift, die auch in der Situation des § 71a AsylVfG (Zweitantrag) eine vorgeschaltete Zulässigkeitsprüfung nach § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG erlaubt, existiert gerade nicht. Dies legt zumindest den (Umkehr‑)Schluss nahe, dass die Prüfung eines (Zweit-)Antrags auf internationalen Schutz im Sinne von Art. 2 h) Richtlinie 2011/95/EU (Qualifikationsrichtlinie - QualRL), d.h. eines Antrags auf Gewährung des Flüchtlingsstatus oder des subsidiären Schutzstatus, nicht von den Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 - 3 VwVfG abhängig gemacht werden darf.
24Vgl. Marx, AsylVfG, 8. Aufl. (2014), § 71a Rn. 3 ff.; a.A.: VG Berlin, Beschluss vom 17. Juli 2015 - 33 L 164/15.A -, juris, Rn. 10 ff.; VG München, Urteil vom 7. Februar 2013 - M 11 K 12.30661 -, juris, Rn. 21
25Dies bedarf jedoch keiner abschließenden Entscheidung. Denn ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Antragsgegnerin bestehen zumindest deshalb, da sie die Antragsteller vor der Entscheidung nicht angehört hat. Nach § 71a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG gelten für das Verfahren zur Feststellung, ob ein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, die §§ 12 bis 25, 33, 44 bis 54 AsylVfG entsprechend. Ein Asylsuchender ist nach § 25 AsylVfG zu seinem Verfolgungsschicksal persönlich anzuhören. Nach § 71a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG kann hiervon nur dann abgesehen werden, soweit sie für die Feststellung, dass kein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, nicht erforderlich ist. Hiervon dürfte zumindest i.d.R. von vornherein nur dann ausgegangen werden können, wenn das Bundesamt die Akten des Asylverfahrens eines anderen Mitgliedstaats vorliegen hat. Denn nur dann ist der von § 51 VwVfG vorausgesetzte Vergleich möglich, ob ein neues Vorbringen vorliegt.
26Vgl. Marx, AsylVfG, 8. Aufl. (2014), § 71a Rn. 16; Funke-Kaiser, in: GK-AsylVfG, § 71a Rn. 23 ff.
27Eine persönliche Anhörung ist im Verfahren nach § 71a AsylVfG jedenfalls dann erforderlich, wenn es für die Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 - 3 VwVfG auf die Glaubhaftigkeit des Antragstellers ankommt. Dies ist hier mangels anderer Erkenntnisquellen über das in Polen durchgeführte Asylverfahren der Fall. Das Bundesamt hat die Akten über das Verfahren der Antragsteller in Polen nicht beigezogen. Es ist deshalb schon nicht ersichtlich, auf welche Tatsachengrundlage es seine Entscheidung gestützt hat. Den Antragstellern wurde vor dem Erlass des streitgegenständlichen Bescheids nicht einmal die Absicht einer Entscheidung nach § 71a AsylVfG ohne persönliche Anhörung schriftlich angekündigt. Sie hatten also auch insofern keine Möglichkeit sich zu äußern.
28Die fehlende materielle Prüfung des Asylbegehrens ohne Anhörung konnte die Antragsgegnerin insbesondere nicht auf § 51 Abs. 2 VwVfG stützen. Nach der Vorschrift ist ein (Wiederaufgreifens-)Antrag nur dann zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen. Die Antragsgegnerin sieht diese Voraussetzungen in dem streitgegenständlichen Bescheid mit der Begründung als erfüllt an, dass die Antragsteller durch die Rücknahme ihres Antrags die Zuständigkeit Deutschlands verursacht hätten. Auch für diese Einschätzung fehlt es jedoch mangels der Beiziehung der polnischen Akten schon an einer Tatsachengrundlage. Überdies resultiert die Zuständigkeit Deutschlands nicht aus der Rücknahme des Asylantrags, sondern aus dem Ablauf der Überstellungsfrist. Dies kann den Antragstellern nicht zu Last gelegt werden.
29Eine Anhörung der Antragsteller vor der getroffenen Entscheidung war auch unionsrechtlich zwingend erforderlich. Nach Art. 14 Abs. 1 UAbs. 1 VRL wird dem Antragsteller vor einer Entscheidung durch die Asylbehörde Gelegenheit zu einer persönlichen Anhörung gegeben. Das Vorliegen von Ausnahmegründen des Art. 14 Abs. 2 VRL ist nicht ersichtlich. Das durch § 71a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG eröffnete Ermessen durfte also auch aus unionsrechtlichen Gründen nicht zu Lasten der Antragsteller ausgeübt werden.
30Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO und § 83 b AsylVfG.
31Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylVfG unanfechtbar.
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(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.
(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.
(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.
(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.
(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.
(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.
(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn
- 1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat; - 2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden; - 3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.
(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.
(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.
(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.
Tenor
I.
Der Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Würzburg wird geändert und die Klage abgewiesen.
II.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III.
Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Gründe
I.
II.
III.
Tenor
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
1
G r ü n d e:
2Der Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage gleichen Rubrums 6 K 2553/14.A gegen den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 18. Dezember 2014 anzuordnen,
4hat keinen Erfolg. Er ist zulässig, aber nicht begründet.
5Die Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 18. Dezember 2014 hat gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i.V.m. § 75 Abs. 1 des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht kann jedoch gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die aufschiebende Wirkung der Klage ganz oder teilweise anordnen, wenn das Interesse des Antragstellers, von der Vollziehung des Bescheides vorläufig verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse an der Vollziehung des Bescheides überwiegt. Bedeutsam sind für die vorzunehmende Interessenabwägung in erster Linie die Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren. Das Interesse des Antragstellers überwiegt regelmäßig, sofern der angegriffene Bescheid offensichtlich rechtswidrig ist. Ist er offensichtlich rechtmäßig, überwiegt dem gegenüber das Interesse der Allgemeinheit an seiner Vollziehung. Wenn die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen sind, hat eine weitere Interessenabwägung im Sinne einer Folgenbetrachtung stattzufinden.
6Vorliegend überwiegt das Vollziehungsinteresse der Allgemeinheit. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) vom 18. Dezember 2014, mit dem das Bundesamt den Asylantrag als unzulässig abgelehnt (Ziffer 1.) und die Abschiebung des Antragstellers nach Polen angeordnet hat (Ziffer 2.), erweist sich bei der der gebotenen summarischen Prüfung als rechtmäßig. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Durchführung seines Asylverfahrens in der Bundesrepublik Deutschland.
7Ein Asylantrag ist gemäß § 27a AsylVfG unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. In diesem Falle ist gemäß § 34a Abs. 1 AsylVfG durch das Bundesamt die Abschiebung in den zuständigen Staat anzuordnen; einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht (§ 34a Abs. 1 Satz 3 AsylVfG).
8Nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist, vom 26. Juni 2013 (sog. "Dublin III-Verordnung") ist die Republik Polen der für die Durchführung des Asylverfahrens zuständige Staat.
9Zuständig für ein Asylbegehren, das von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft wird (Art. 3 Abs. 3 Dublin III-VO), ist grundsätzlich der Mitgliedstaat, in dem nach Einreise in die Europäische Union erstmalig ein Antrag gestellt worden ist. Sucht ein Antragsteller von dort aus einen weiteren Mitgliedstaat auf und stellt dort einen weiteren Antrag, so ist bzw. bleibt grundsätzlich der Mitgliedstaat der ersten Antragstellung zuständig (Art. 13 Dublin III-VO).
10Diese Verpflichtung hat die Republik Polen hinsichtlich der Person des Antragstellers, der eigenen Angaben zufolge über Polen in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist, mit Schreiben vom 11. Dezember 2014 ausdrücklich anerkannt.
11Ein Mitgliedstaat kann sich gegenüber dem Asylsuchenden nur dann nicht auf die dargelegten Zuständigkeitsregelungen berufen, wenn hinsichtlich des (erst‑)zuständigen Mitgliedstaats nicht unbekannt sein kann, dass er die Beachtung und Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge - GFK - vom 28. Juli 1951 (BGBl. 1953 II S. 560) und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten - EMRK - vom 4. November 1950 (BGBl. 1952 II S. 953) sowie der Richtlinien 2003/09, 2004/83 und 2005/85 nicht sicherstellt, wobei allerdings nicht bereits der geringste Verstoß hiergegen zur Unvereinbarkeit mit den Regelungen der Dublin III-Verordnung führen kann, sondern es sich um einen systemischen Mangel handeln muss.
12Vgl. Europäischer Gerichtshof (EuGH), Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 und C-493/10, C-411/10, C-493/10 -, zur Vorgängerregelung der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 (Dublin II-Verordnung), juris.
13Solche Mängel, die im Rechtssystem des zuständigen Mitgliedstaates angelegt sind oder dessen Vollzugspraxis strukturell prägen, treffen den Einzelnen nicht unvorhersehbar oder schicksalhaft, sondern lassen sich aus Sicht der deutschen Behörden und Gerichte wegen ihrer systemimmanenten Regelhaftigkeit verlässlich prognostizieren. Die Annahme systemischer Mängel setzt voraus, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedstaat aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylsuchenden im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht. Ist diese Annahme begründet, scheidet eine Überstellung an den nach der Dublin III-Verordnung zuständigen Mitgliedstaat aus.
14Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 19. März 2014 - 10 B 6.14 -, juris Rn. 9.
15Durchgreifende Anhaltspunkte für mögliche erhebliche systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylsuchende in Polen sieht das Gericht in Übereinstimmung mit der in der Rechtsprechung weit überwiegend vertretenen Auffassung nicht.
16Vgl. Verwaltungsgericht (VG) Aachen, u.a. Beschlüsse vom 12. Dezember 2014 - 8 L 752/14.A - und vom 18. Juni 2014 - 8 L 357/14.A -; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 26. August 2014 - 6a L 1234/14.A -; VG Göttingen, Beschlüsse vom 8. Mai 2014 ‑ 2 B 145/14 und vom 7. März 2014 ‑ 2 B 55/14 ‑; VG Wiesbaden, Urteil vom 19. Februar 2014 ‑ 5 K 651/13.WI.A ‑; VG Leipzig, Beschluss vom 17. Februar 2014 - A 6 L 26/14 -; VG Köln, Urteil vom 23. Januar 2014 ‑ 1 K 4245/13.A ‑, alle eingestellt in die Rechtsprechungs-Datenbank NRWE (abrufbar unter http://www.nrwe.de).
17Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist die Kammer insoweit auf die Gründe des angefochtenen Bescheides, die sie auch im Hinblick auf den vom Antragsteller - allerdings ohne nähere Begründung - zitierten "Bericht des UNHCR aus dem Jahre 2013" (gemeint wohl: Bericht des UNHCR "Where is my home? Homelessness and Access to Housing among Asylum-seekers, Refugees and Persons with International Protection in Poland" - Warschau 2013) für zutreffend hält (§ 77 Abs. 2 AsylVfG).
18Die vom Antragsteller zusätzlich angeführten gesundheitlichen Einschränkungen (Tachykardie und Depression bzw. posttraumatische Belastungsstörung) führen zu keiner anderen Einschätzung. Dass und ggf. warum dem Antragsteller aus den angeführten gesundheitlichen Gründen eine Rückkehr nach Polen, wo er zuvor seinen Asylantrag gestellt hat, unzumutbar sein soll, ist den vorgelegten Attesten bzw. Arztberichten nicht zu entnehmen.
19Es ist nicht zu befürchten, dass der Antragsteller, was die Behandlung der depressiven Episoden und einer etwaigen posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) angeht, die nach dem Arztbericht vom 7. Januar 2015 wohl auch ursächlich für die Herzbeschwerden des Antragstellers sein dürfte ("Sinustachykardie i.R. einer Panikattacke dd posttraumatischer Belastungsreaktion"), auch in Polen nicht hinreichend betreut wird. Insoweit wird zunächst auf die zutreffenden Darlegungen im angefochtenen Bescheid des Bundesamts Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylVfG). Weiterhin ist Folgendes festzustellen:
20Die Asylsuchenden in Polen werden in den verschiedenen Verfahrensschritten, wenn nötig, durch Sozialarbeiter begleitet.
21Vgl. Länderreport 2013 des State Department (USA) zur Menschenrechtspraxis in Polen, 19. April 2013.
22Sie erhalten schriftlich und mündlich alle erforderlichen Informationen über die Möglichkeit, medizinische und psychologische in Anspruch zu nehmen. In allen Zentren können die Ausländer medizinische Hilfe erhalten, wobei es - wie auch in deutschen Unterkünften - Sprachschwierigkeiten mit dem medizinischen Personal geben kann.
23Vgl. Bericht der Helsinki Foundation for Human Rights (Helsinki-Stiftung) "Migration is not a crime", 2013.
24Auch nach dem Bericht "Migration is not a crime - Report on the Monitoring of Guarded Centres for Foreigners" ist die medizinische Versorgung Asylsuchender in Polen gewährleistet, einschließlich der Möglichkeit, ärztliche Behandlung außerhalb der Asylzentren zu finden.
25Vgl. auch VG Saarlouis, Beschluss vom 24. Juni 2013 - 6 L 839/13 -, juris Rn. 5; VG Schleswig, Beschluss vom 27. August 2013 - 1 B 43/13 -, juris Rn. 32 f.
26Nach der Auskunft der Liaisonbeamtin des Bundesamtes in Polen von April 2013 (wiedergegeben in BT-Drucks. 17/14795, S. 5 ff.) sind die medizinische Versorgung und die psychologische Betreuung kostenlos und durch qualifiziertes Personal sichergestellt. Die medizinische Versorgung gleicht derjenigen, die polnischen Staatsangehörigen zukommt, und steht für alle Asylsuchenden offen, unabhängig davon, in welcher Art von Einrichtung sie leben. Erklärt ein Betroffener, er sei Opfer von psychischer oder physischer Gewalt geworden, wird er vor seiner Anhörung im Flüchtlingsverfahren an einen Psychologen verwiesen. Dieser begutachtet ihn im Beisein eines Dolmetschers und verfasst eine Stellungnahme, ob der Betroffene unter einer PTBS leidet. Der Psychologe kann je nach dem Ergebnis der Stellungnahme auch an der folgenden Anhörung im Flüchtlingsverfahren teilnehmen. Nach Feststellung einer PTBS informiert er den Antragsteller über die Erforderlichkeit der Behandlung und die Kontaktaufnahme mit dem Psychologen in der Einrichtung. Der Zugang zu dem Psychologen ist kostenlos und es gibt keine festgelegte Anzahl an Gesprächen. Auch eine Überweisung an einen Psychiater ist möglich. Alle Informationen zum Zugang zu Psychologen erhalten Asylsuchende in den Aufnahmeeinrichtungen.
27Diese Einschätzung der Liaisonbeamtin des Bundesamtes stimmt mit anderen verfügbaren Stellungnahmen überein. Der Bericht des U.S. Department "Poland 2013, Human Rights Report" vom 22. April 2014 beschreibt eine zufriedenstellende medizinische Basisversorgung, auch wenn teilweise von langen Wartezeiten für die Konsultierung von Spezialisten berichtet werde (S. 13 des Reports). Auch der aktuelle Bericht von "aida - Asylum Information Database, National Country Report Poland" von der Helsinki Foundation for Human Rights und der Bericht des European Council on Refugees and Exiles von Juni 2014 beschreiben den generellen Zugang zu medizinischer und psychologischer Hilfe inklusive der Überweisung zu einem Spezialisten (S. 49 f. und 56 ff. des Berichts). Sofern das größte Problem in der sprachlichen Verständigung liegt, so wird auch dies nicht als systemischer Mangel dargestellt, sondern als Problem im Einzelfall, und tritt in dieser Form sicher nicht nur in Polen, sondern auch in anderen Mitgliedstaaten und insbesondere auch in Deutschland auf.
28Vgl. VG Aachen, u.a. Beschlüsse vom 12. Dezember 2014 - 8 L 752/14.A - und vom 18. Juni 2014 - 8 L 357/14.A -; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 26. August 2014 - 6a L 1234/14.A -, juris Rn. 13.
29Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes vom 18. Dezember 2014 erweist sich mithin bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtmäßig, weshalb das Vollziehungsinteresse der Allgemeinheit überwiegt und der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes erfolglos bleibt.
30Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG.
31Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylVfG.
(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn
- 1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat; - 2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden; - 3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.
(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.
(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.
(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
Für die sachliche und örtliche Zuständigkeit gelten die §§ 17 bis 17b des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechend. Beschlüsse entsprechend § 17a Abs. 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes sind unanfechtbar.