Die Kläger sind nach eigenen Angaben russische Staatsangehörige tschetschenischer Volkszugehörigkeit. Am 17. Dezember 2012 reisten sie in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 8. Januar 2013 Asylanträge.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) befragte den Kläger zu 1 und die Klägerin zu 2 am 8. Januar 2013 zur Vorbereitung der Anhörung nach § 25 AsylVfG. Sie führten beide aus, sie hätten ihre Reisepässe in Polen abgegeben und dort Asylanträge gestellt.
Am 11. November 2013 richtete die Beklagte ein Wiederaufnahmegesuch an die Republik Polen. Die polnischen Behörden stimmten mit Schreiben vom 19. November 2013 nach Art. 16 Abs. 1 Buchst. d Dublin II-VO zu. Mit Bescheid vom 4. März 2014 erklärte die Beklagte die Asylanträge für unzulässig (Nr. 1) und ordnete die Abschiebung nach Polen an (Nr. 2).
Das Verwaltungsgericht Würzburg ordnete mit Beschluss vom 25. März 2014 die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 4. März 2014 an (W 7 S 14.50003).
Mit Gerichtsbescheid vom 8. Dezember 2014 hob das Verwaltungsgericht den Bescheid vom 4. März 2014 auf. Es liege eine unangemessen lange Verfahrensdauer vor, die zu einem Anspruch der Kläger auf Selbsteintritt der Beklagten nach Art. 3 Abs. 2 Satz 1 Dublin II-VO führe. Die Beklagte habe erst zehn Monate nach der Befragung der Kläger ein Wiederaufnahmeersuchen an die Republik Polen gerichtet. Zwar gäbe es für ein Wiederaufnahmeersuchen in der Dublin II-VO keine Frist, die Beklagte habe aber keinerlei Ausführungen zur Ursache der langen Bearbeitungszeit gemacht und auch keine Ermessenserwägungen nachgeschoben, weshalb sie trotz der langen Verfahrensdauer davon absehe, von ihrem Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen. Es bestehe daher eine Ermessensreduzierung auf Null bezüglich der Ausübung des Selbsteintrittsrechts. Die Verpflichtung zum Selbsteintritt bedeute dabei ausschließlich, dass der Asylantrag der Kläger durch die Beklagte zu prüfen sei. Handele es sich um einen Zweitantrag nach § 71a AsylVfG müsse die Beklagte zuerst prüfen, ob die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorlägen und sich dazu Kenntnis vom Inhalt des Asylvorbringens in Polen verschaffen und eine Anhörung der Kläger zu ihrem materiellen Asylvorbringen durchführen.
Mit Beschluss vom 16. Februar 2015 (11 ZB 14.50093) hat der Senat auf Antrag der Beklagten die Berufung wegen Abweichung von obergerichtlicher Rechtsprechung zugelassen.
Die Beklagte macht im Berufungsverfahren geltend, die Kläger könnten nach der Zustimmung des ersuchten Mitgliedstaats zur Wiederaufnahme ihrer Überstellung in diesen Mitgliedstaat nur mit systemischen Mängeln des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen entgegentreten. Solche Mängel würden in der Republik Polen aber nicht vorliegen. Im Übrigen könne die Nr. 1 des Bescheids auch dahingehend umgedeutet werden, dass der Zweitantrag nach § 71a AsylVfG mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG als unzulässig abgelehnt werde. Die Kläger hätten keine Gründe für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens geltend gemacht. Eine Anhörung diesbezüglich sei daher entbehrlich.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Das Gericht hat Erkenntnisquellen zur Situation in Polen gemäß der Liste vom 20. Februar 2015 mit Schreiben vom 11. März 2015 in das Verfahren eingeführt.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren zugestimmt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
Über die Berufung konnte das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten ihr Einverständnis dazu erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
Die Berufung der Beklagten ist begründet. Nach der im Zeitpunkt der Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) ist der Bescheid des Bundesamts vom 4. März 2014 rechtmäßig und die Klage deshalb unter Abänderung des Gerichtsbescheids des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 8. Dezember 2014 abzuweisen.
I.
Die zulässige Klage ist unbegründet, da der Bescheid vom 4. März 2014 rechtmäßig ist und die Kläger nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 VwGO).
1. Zutreffend hat die Beklagte in Nr. 1 des Bescheids festgestellt, dass die gestellten Asylanträge nach § 27a AsylVfG unzulässig sind. Danach ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Eine solche Zuständigkeit kann sich z. B. aus den Kriterien in Kapitel II der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (ABl L 50 S. 1, Dublin II-VO), ergeben. Hier ist nach der Dublin II-VO die Republik Polen für die Prüfung der Asylanträge der Kläger zuständig. Nach Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO ist der Mitgliedstaat für die Prüfung eines Asylantrags zuständig, dessen Land-, See- oder Luftgrenze ein Asylbewerber aus einem Drittstaat kommend, illegal überschritten hat. Ein solcher Fall liegt hier vor, denn die Kläger haben nach eigenen Angaben die Grenze von Weißrussland nach Polen illegal überschritten. Nachdem die Kläger nach eigenen Angaben und gemäß dem von der Beklagten festgestellten Eurodac-Treffer auch Asylanträge in Polen gestellt haben, sind für das Verfahren zur Wiederaufnahme in Polen die Vorschriften des Art. 16 Abs. 1 Buchst. d i. V. m. Art. 20 Dublin II-VO anwendbar.
2. Die Kläger können der Überstellung nach Polen auch nicht damit entgegentreten, dass ihnen ein Anspruch auf Selbsteintritt der Beklagten nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO zustehe oder die Beklagte aus anderen Gründen zuständig geworden sei, denn die Republik Polen hat der Überstellung zugestimmt (a), es bestehen keine systemischen Mängel im Asylsystem in Polen (b), eine von Grundrechten überlagerte Ausnahmesituation ist nicht gegeben (c), die Überstellungsfrist ist nicht abgelaufen (d) und die Beklagte ist auch nicht durch die Umdeutung des streitgegenständlichen Bescheids in einen Bescheid nach § 71a AsylVfG konkludent selbst eingetreten (e).
a) Nach der Zustimmung eines gemäß Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO zuständigen Mitgliedstaats zur Überstellung eines Asylbewerbers kann dieser der Überstellung nur noch mit systemischen Mängeln des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in dem aufnehmenden Mitgliedstaat entgegentreten (EuGH, U. v. 10.12.2013 - C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014,208 Rn. 60; vgl. auch BVerwG, B. v. 6.6.2014 - 10 B 35/14 - NVwZ 2014, 1677; BayVGH, U. v. 28.2.2014 - 13a B 13.30295 - BayVBl 2014, 628 Rn. 37). Weitere Überprüfungsmaßnahmen würden das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats entgegen den wohlverstandenen Interessen des Asylbewerbers und der Mitgliedstaaten verzögern, ohne dass ersichtlich wäre, welche Nachteile dem Asylbewerber daraus erwachsen könnten, dass er in den nach Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO zuständigen Mitgliedstaat überstellt wird. Im Rahmen des Verfahrens zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats hat der Asylbewerber insbesondere keinen Anspruch darauf, dass sein Asylbegehren in dem von ihm gewünschten Mitgliedstaat geprüft wird. Eine Rechtsverletzung des Asylbewerbers durch die Bestimmung eines zuständigen Mitgliedstaats nach Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO ist deshalb ausgeschlossen, solange dort keine systemischen Mängel im Asylsystem bestehen. Dieses Ergebnis wird auch durch Sinn und Zweck der Dublin II-VO getragen. Nach ihrem vierten Erwägungsgrund soll die Dublin II-VO insbesondere eine rasche Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats ermöglichen, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft zu gewährleisten und das Ziel einer zügigen Bearbeitung der Asylanträge nicht zu gefährden. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass das Gemeinsame Europäische Asylsystem auf der Annahme beruht, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte beachten. Aufgrund dieses Prinzips des gegenseitigen Vertrauens soll die Behandlung der Asylanträge rationalisiert und verhindert werden, dass das System dadurch stockt, dass die staatlichen Behörden mehrere Anträge desselben Antragstellers bearbeiten müssen (EuGH, U. v. 10.12.2013 a. a. O. Rn. 52 f.). Dies bezweckt hauptsächlich, dass die Bearbeitung der Anträge im Interesse sowohl der Asylbewerber als auch der teilnehmenden Staaten beschleunigt wird (EuGH, U. v. 10.12.2013 a. a. O. Rn. 53). Sind sich die beteiligten Mitgliedstaaten im Falle des Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO einig, welcher Mitgliedstaat zuständig ist, dann ist ein Anspruch des Asylbewerbers auf eine abweichende Entscheidung regelmäßig nicht gegeben, da damit nur eine weitere Verzögerung der Behandlung seines Asylbegehrens einhergehen würde. Ein solcher Fall liegt hier vor, da die Republik Polen gemäß Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO für die Prüfung der Asylanträge der Kläger zuständig ist und ihre Zustimmung zur Wiederaufnahme gegeben hat.
b) Es besteht auch keine Pflicht der Beklagten, die Prüfung der Kriterien nach Kapitel III der Dublin II-VO fortzusetzen und ggf. eine Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland nach Art. 13 Dublin II-VO anzunehmen (vgl. EuGH, U. v. 14.11.2013 - C-4/11 - NVwZ 2014, 129 Rn. 36), denn systemische Mängel im Asylsystem der Republik Polen bestehen nicht. Systemische Mängel im Asylsystem liegen dann vor, wenn in dem als zuständig bestimmten Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme bestehen, dass der betreffende Asylbewerber tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union in der Fassung vom 26. Oktober 2012 (ABl EG C 326 S. 392, EuGrCH) ausgesetzt zu werden (EuGH, U. v. 14.11.2013 a. a. O. Rn. 36). Es kommt demgegenüber nicht darauf an, ob es unterhalb der Schwelle systemischer Mängel in Einzelfällen zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 EuGrCh bzw. Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) kommen kann (BVerwG, B. v. 6.6.2014 a. a. O. Rn. 6). An die Feststellung systemischer Mängel sind mithin hohe Anforderungen zu stellen und es kann nur bei strukturellen und landesweiten Missständen davon ausgegangen werden, dass eine individuelle und konkrete Gefahr unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung eines jeden einzelnen oder zumindest einer nennenswerten Anzahl von Asylbewerbern von den nationalen Behörden tatenlos hingenommen wird (OVG Lüneburg, B. v. 1.4.2014 - 13 LA 22/14 - juris).
Die Kläger haben im Berufungsverfahren keine systemischen Mängel im polnischen Asylsystem dargelegt. Auch den in das Verfahren eingeführten Erkenntnismitteln lassen sich keine solchen gravierenden Mängel entnehmen. Insbesondere aus dem „National Country Report - Poland“ des AIDA-Projekts (Asylum Information Database, Stand Juni 2014) ergibt sich, dass keine strukturellen Mängel bestehen, die landesweit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung befürchten lassen. Nach dem Bericht werden Asylbewerber in Polen üblicherweise in zwölf Aufnahmeeinrichtungen untergebracht. Es besteht dort auch kein Mangel an Plätzen (National Country Report - Poland, S. 39). Asylbewerber erhalten Mahlzeiten, Unterstützung zum Erwerb von Kleidung und Hygieneartikeln, einen Geldbetrag zur persönlichen Verfügung, medizinische Versorgung, Sprachkurse und notwendigen Schulbedarf (National Country Report - Poland, S. 37 f.). Die medizinische Versorgung wird auf dem gleichen Niveau gewährt wie polnischen Staatsbürgern ohne Krankenversicherung und umfasst daher eine Notfallbehandlung sowie eingeschränkten Zugang zu der allgemeinen Krankenversorgung (National Country Report - Poland, S. 49).
Des Weiteren existieren mehrere geschlossene Einrichtungen, in denen Asylbewerber und andere Ausländer zum Zwecke der Rückführung untergebracht werden (National Country Report - Poland, S. 51 ff.). Insbesondere werden dort auch aus anderen EU-Mitgliedstaaten im Dublin-Verfahren rückgeführte Personen untergebracht, die entgegen den Weisungen polnischer Behörden ihr Erstaufnahmeland verlassen und somit gegen die Aufnahmerichtlinie verstoßen haben, denn das polnische Asylgesetz enthält den Grundsatz, dass Ausländer in geschlossenen Einrichtungen untergebracht werden können, wenn sie das Flüchtlingsverfahren oder den Flüchtlingsstatus missbrauchen (Auskunft des Auswärtigen Amts an das Verwaltungsgericht Wiesbaden vom 6.12.2013). Zwar wird dort nur ein kleiner Teil der Asylbewerber festgehalten. Gleichwohl ist festzustellen, dass es sich bei einem großen Teil der dort in Gewahrsam Genommenen um Minderjährige handelt, die mit ihren erwachsenen Familienangehörigen dort untergebracht werden (National Country Report - Poland, S. 51). Seit 1. Mai 2014 ist die Haftdauer für Asylbewerber gesetzlich auf sechs Monate begrenzt. Für abgelehnte Asylbewerber und andere Einwanderer beträgt sie in Rückführungsfällen 12 Monate und kann um weitere sechs Monate verlängert werden, wenn der Betreffende Rechtsmittel gegen die Asylentscheidung eingelegt hat (National Country Report - Poland, S. 55). In dem Bericht des AIDA-Projekts wird weiterhin ausgeführt, dass jederzeit ein Entlassungsgesuch gestellt werden kann, bei der Entscheidung aber regelmäßig nicht auf die Rechtmäßigkeit der Unterbringung, sondern überwiegend auf die persönliche Situation des Betreffenden abgestellt wird. Zusammenfassend wird festgehalten, dass nur wenige Asylbewerber während der gesamten Verfahrensdauer ihres Asylverfahrens in den geschlossenen Einrichtungen verbleiben müssen, dies auf keinen Fall alle Asylbewerber betrifft und dort sowohl der Zugang zu medizinischer Versorgung als auch die Religionsausübung gewährleistet sind (National Country Report - Poland, S. 55 f.). Der Zugang zu einem kostenfreien Rechtsbeistand wird zwar nach dem Gesetz gewährt, in der Praxis jedoch nur mangelhaft umgesetzt, während Besuch durch Nichtregierungsorganisationen und Verwandte auf jeden Fall gewährleistet ist (National Country Report - Poland, S. 56 und 62). Auch der Bericht des United States Department of State „Poland 2013 Human Rights Report“ (Human Rights Report) stellt fest, dass die Bedingungen in den Haft- und Unterbringungseinrichtungen grundsätzlich internationalen Standards entsprechen (Human Rights Report, S. 2). Die Helsinki Foundation for Human Rights kommt in ihrer Studie „Report on the Monitoring of Guarded Centres for Foreigners - Migration Is Not a Crime“ (Migration Is Not a Crime, Warschau 2013) zu dem Ergebnis, dass die geschlossenen Einrichtungen in gutem Zustand sind (Migration Is Not a Crime, S. 11), das Essen regelmäßig in Ordnung ist (S. 14), Zugang zu medizinischer Versorgung (S. 23 ff.) und Möglichkeit zu Kontakt mit Angehörigen und Nichtregierungsorganisationen (S. 22 f.) besteht, aber die Behandlung durch das Sicherheitspersonal teilweise unfreundlich ist (S. 13). Die durchschnittliche Verweildauer in den geschlossenen Einrichtungen habe im Jahr 2012 ca. zwei Monate betragen (S. 11). Auch die früher bemängelte Praxis, Asylbewerber in ihr Heimatland abzuschieben, bevor die Gerichte über deren Klagen gegen eine ablehnende Entscheidung entschieden haben, wurde durch das neue Ausländergesetz vom 1. Mai 2014 beseitigt. Nunmehr wird die Rückkehrentscheidung nicht mehr zeitgleich mit der Entscheidung über den Asylantrag getroffen und auch für Entscheidungen, die vor der Rechtsänderung erlassen wurden, wurde angeordnet, dass eine Abschiebung vor der Gerichtsentscheidung nicht erfolgen darf (National Country Report - Poland, S. 16 f.).
Es ist damit nicht ersichtlich, dass trotz mancher Defizite der Bedingungen für Asylbewerber in Polen, insbesondere in den geschlossenen Einrichtungen, systemische Schwächen vorliegen, die auf strukturellen Missständen beruhen, von den polnischen Behörden tatenlos hingenommen werden und zu massiven Grundrechtsbeeinträchtigungen der Asylsuchenden führen würden.
c) Die Beklagte ist nicht verpflichtet, nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO selbst in die materielle Prüfung des Asylbegehrens der Kläger einzutreten oder erneut über einen Selbsteintritt zu entscheiden. Insbesondere ergibt sich eine solche Pflicht nicht daraus, dass die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zehn Monate gedauert hat. Eine Pflicht zum Selbsteintritt gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO nach erfolgter Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats kommt nur in sehr eng begrenzten Ausnahmefällen in Betracht und ist selbst nach Ablauf der Überstellungsfrist nicht zwingend anzunehmen (vgl. EuGH, U. v. 14.11.2013 a. a. O. Rn. 37). Der Mitgliedstaat, der die Überstellung vornehmen müsste, muss im Falle der Unmöglichkeit der Überstellung eines Antragstellers an den ursprünglich nach den Kriterien des Kapitels III der Verordnung als zuständig bestimmten Mitgliedstaat nur darauf achten, dass eine Situation, in der die Grundrechte des Asylbewerbers verletzt werden, nicht durch ein unangemessen langes Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats verschlimmert wird und erforderlichenfalls den Antrag nach den Modalitäten des Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO selbst prüfen (EuGH, U. v. 14.11.2013 a. a. O. Rn. 35). Mit dieser Konstellation ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar, denn hier ist - wie oben ausgeführt - die Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat nicht nach der Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats unmöglich geworden, sondern weiterhin möglich.
Selbst wenn durch die lange Dauer des Verfahrens bis zur Bestimmung der Republik Polen als zuständigen Mitgliedstaat eine Verschlimmerungen von Grundrechtsverletzungen der Kläger eingetreten wäre, hätte sich diese Situation durch die nunmehr erfolgte Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats erledigt. Eine unmittelbare Rechtsbeeinträchtigung könnte durch die lange Verfahrensdauer nicht mehr hervorgerufen werden, denn nunmehr steht der zuständige Mitgliedstaat fest und das Verfahren kann zügig fortgesetzt werden. Weitere Maßnahmen nach der Bestimmung und Zustimmung des zuständigen Mitgliedstaats würden das Verfahren nur weiter verzögern und damit den Interessen aller Beteiligten an einem zügigen Verfahren zuwider laufen. Im Übrigen ist für eine nur ausnahmsweise anzunehmende Pflicht zum Selbsteintritt auch erforderlich, dass nicht nur die Verletzung von Verfahrensrechten im Raum steht, sondern der Betreffende durch die lange Verfahrensdauer auch in anderen Grundrechten verletzt wird.
d) Die sechsmonatige Überstellungsfrist des Art. 20 Abs. 1 Buchst. d Satz 2, Abs. 2 Satz 1 Dublin II-VO ist noch nicht abgelaufen, da das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 25. März 2014 (W 7 S 14.50003) die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet hat.
e) Die Beklagte ist auch nicht durch Umdeutung des streitgegenständlichen Bescheids in einen Bescheid nach § 71a AsylVfG konkludent nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO selbst eingetreten und der Bescheid vom 4. März 2014 damit rechtswidrig geworden. Zwar wäre die Durchführung eines Zweitantragsverfahrens durch die Beklagte nur dann möglich, wenn sie nach der Dublin II-VO für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig geworden wäre. Eine im Verwaltungsverfahren erfolgte Umdeutung des Bescheids vom 4. März 2014 in einen Bescheid nach § 71a AsylVfG müsste daher wohl als konkludenter Selbsteintritt der Beklagten angesehen werden, unabhängig davon, ob die Umdeutung einer gerichtlichen Überprüfung standhält. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte aber erstmals mit ihrer Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung vorgetragen, dass der Bescheid ggf. auch im Wege einer Umdeutung aufrechterhalten werden könnte. Dabei handelte es sich nur um eine Hilfsargumentation, die das Gericht in Betracht ziehen sollte, wenn es eine Zuständigkeit der Beklagten nach der Dublin II-VO angenommen hätte. Dies ist aber gerade nicht der Fall.
3. Auch die Abschiebungsanordnung in Nr. 2 des Bescheids ist nach § 34a AsylVfG rechtmäßig, denn die Kläger sollen in einen für die Durchführung des Asylverfahrens nach § 27a AsylVfG zuständigen Staat abgeschoben werden und der Abschiebung stehen keine Hindernisse entgegen.
II.
Die Kosten beider Instanzen sind nach § 154 Abs. 1 VwGO von den Klägern zu tragen. Gerichtskosten werden nach § 83b AsylVfG nicht erhoben. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 ZPO.
III.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da Gründe nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.