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| Die gemäß § 197 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige und statthafte Erinnerung ist auch begründet. |
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| Das Gericht prüft im Rahmen des Erinnerungsverfahrens die Kostenfestsetzung in vollem Umfang und entscheidet nach eigenem Ermessen. Hierbei können einzelne Posten/Gebühren zwar anders/niedriger festgesetzt werden, allerdings darf der Gesamtbetrag der bislang festgesetzten Kosten (vorliegend 1/3 aus 756,55 EUR = 252,18 EUR; bereits vom Beklagten erstattet 261,50 EUR) nicht unterschritten werden. |
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| Maßgebend für die Kostenfestsetzung des erledigten Rechtsstreits sind im vorliegenden Fall die Bestimmungen des Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), denn gemäß § 61 RVG kommt es für die Anwendbarkeit des alten (BRAGO) oder des neuen Rechts (RVG) auf den Zeitpunkt der unbedingten Auftragserteilung an. Sowohl der Auftrag bezüglich der Einlegung des Widerspruchs, als auch der Auftrag zur Klageerhebung wurde nach dem 01.07.2004 erteilt, so dass die Bestimmungen des RVG für die Festsetzung der Kosten für das Widerspruchsverfahren und für das Klageverfahren Anwendung finden. |
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| Das Gerichtskostengesetz (GKG) ist nicht anwendbar, weil § 183 SGG einschlägig ist, so dass Betragsrahmengebühren entstehen, wobei dies auch für die Tätigkeit des Rechtsanwalts außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens gilt, § 3 Abs. 2 RVG. Hierbei bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. |
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| Entgegen den Darlegungen des Erinnerungsführers endete das Hauptsacheverfahren vorliegend durch Vergleich, bzw. durch übereinstimmende Erledigungserklärung im Rahmen eines Vergleichs, und nicht durch ein angenommenes Anerkenntnis. Ein Anerkenntnis im Sinne des § 101 Abs. 2 SGG liegt nur vor, wenn die Erklärung des Beteiligten ein uneingeschränktes Zugeständnis enthält, dass der mit der Klage geltend gemachte prozessuale Anspruch besteht, d. h. wenn der Beklagte zugibt, "ohne drehen und wenden", dass sich das Begehren des Klägers aus dem von ihm behaupteten Tatbestand ergibt. Ob ein Vergleichsangebot vorliegt oder ein Anerkenntnis ist nach den Grundsätzen der Auslegung zu ermitteln. Hiernach stellt sich die Erklärung des Beklagten vom 30.03.2006 nicht als Anerkenntnis dar, denn der Beklagte hat – ungeachtet des eindeutigen Wortlauts – lediglich ein Angebot abgegeben, den GdB auf 50 festzustellen, jedoch die begehrte weitere Zuerkennung der beantragten Merkzeichen nicht angeboten. Dementsprechend hat der Kläger auch im Sinne eines gegenseitigen Nachgebens das Vergleichsangebot mit Schriftsatz vom 09.06.2006 angenommen und hinsichtlich des Merkzeichens "G" und "aG" sein Begehren nicht mehr weiter verfolgt. |
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| Die Kosten für das Widerspruchsverfahren hat die Kostenbeamtin zutreffend wie folgt festgesetzt: |
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Geschäftsgebühr nach Ziff. 2500 VV (Ziff. 2501 VV ist nicht einschlägig, weil eine Tätigkeit im Verwaltungsverfahren nicht vorausgegangen ist) |
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Auslagenpauschale nach Ziff. 7002 VV |
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Kosten für 91 Fotokopien Ziff. 7000 VV |
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| Für das Klageverfahren sind die Kosten wie folgt festzusetzen: |
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Verfahrensgebühr nach Ziff. 3103 VV |
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| (weil eine Tätigkeit im Widerspruchsverfahren vorausgegangen war, ist Ziff. 3102 VV nicht einschlägig). Bei dem in Ziff. 3103 VV vorgesehenen Gebührenrahmen von 20,00 EUR bis 320,00 EUR wäre eine Mittelgebühr von 170,00 EUR anzusetzen. Zutreffend hat aber die Kostenbeamtin eine erhöhte Mittelgebühr für sachgerecht erachtet, denn der Klägervertreter hat mehrere umfangreiche Schriftsätze eingereicht und sich intensiv mit den medizinischen Beweisergebnissen auseinandergesetzt, so dass die Mittelgebühr auf 210,00 EUR erhöht werden kann (sog. überdurchschnittliche Gebühr). |
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Einigungsgebühr/Erledigungsgebühr nach Ziff. 1005/1006 VV, entsprechend erhöht (überdurchschnittliche Gebühr) |
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Auslagenpauschale nach Ziff. 7002 VV |
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Kosten für Fotokopien nach Ziff. 7000 VV |
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| Letztlich ist maßgebend, dass im vorliegenden Fall nach Auffassung der Kammer auch eine Terminsgebühr (entsprechend erhöht) von 245,00 EUR anzusetzen ist. Zwar ist nach dem Wortlaut der Ziff. 3106 VV eine Terminsgebühr für den gerichtlichen Vergleich oder den außergerichtlichen Vergleich nebst Erledigungserklärung nicht vorgesehen, aber nach Auffassung der Kammer kann es sich hierbei nur um ein gesetzgeberisches Versehen handeln, denn insbesondere fällt (auch) im sozialgerichtlichen Verfahren nach Ziff. 3104 VV (gerichtskostenpflichtiges Verfahren nach § 197 a SGG)) eine Terminsgebühr bei Erledigung des Rechtsstreits durch schriftlichen Vergleich an. Nach Auffassung der Kammer ist kein Grund ersichtlich, warum dies für gerichtskostenfreie Verfahren nach Ziff. 3106 VV nicht gelten sollte. Vielmehr kann es sich nach Überzeugung der Kammer hierbei nur um ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers handeln (entgegen Sächsisches LSG Beschluss vom 17.06.2006 – L 6 B 168/06 R-KO). Zwar weist das Sächsische LSG in der genannten Entscheidung zutreffend daraufhin, dass es den "schriftlichen Vergleich" in Verfahren nach dem SGG nicht gibt, aber dies gilt gleichfalls für Verfahren nach § 197 a SGG und rechtfertigt daher die unterschiedliche Ausgestaltung der Ziff. 3104 VV und Ziff. 3106 VV gerade nicht. Zwar wirkt der außergerichtliche Vergleich im sozialgerichtlichen Verfahren nicht prozessbeendigend (vgl. hierzu Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Komm. SGG, 8. Aufl. § 101 Rdnr. 18) allerdings ist die Prozessbeendigung in der Regel – so auch vorliegend – gleichzeitig durch eine Erledigungserklärung im Rahmen des Vergleiches gegeben. Die Kammer hat zudem entscheidend berücksichtigt, dass auch kein sachlicher Grund ersichtlich ist, eine Terminsgebühr bei der Annahme eines Anerkenntnisses (§ 101 SGG) anzuerkennen und nicht bei einer übereinstimmenden Erledigungserklärung im Rahmen eines Vergleichs. Dieses Ergebnis entspricht auch der Begründung des Regierungsentwurfs zur Änderung des Gebührenrechts für Rechtsanwälte. Gegenüber der früheren Verhandlungs- und Erörterungsgebühr sollte nämlich der Anwendungsbereich für die Terminsgebühr erweitert werden. Nach der Bestellung zum Verfahrens- oder Prozessbevollmächtigten soll der Anwalt in jeder Phase des Verfahrens zu einer möglichst frühen, der Sach- und Rechtslage entsprechenden Beendigung des Verfahrens beitragen. Deshalb soll die Gebühr nun auch schon verdient sein, wenn der Rechtsanwalt bei auf die Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen ohne Beteiligung des Gerichts mitwirkt, insbesondere wenn diese auf den Abschluss des Verfahrens durch eine gütliche Regelung zielen. Den Beteiligten soll die nach früherem Recht geübte Praxis, einen gerichtlichen Verhandlungstermin anzustreben, in dem ein bereits ausgehandelter Vergleich nach Erörterung der Sach- und Rechtslage (nur) "protokolliert" wird, erspart bleiben. Aus diesen Gründen kann es nach Auffassung des Gerichts nur ein Redaktionsversehen sein, dass in Ziff. 3106 VV der außergerichtliche Vergleich bzw. die übereinstimmende Erledigungserklärung nicht vorgesehen ist. Der Gesetzgeber wollte nämlich in allen Verfahren, in denen eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist – so auch im Verfahren nach dem SGG – die frühzeitige Beendigung des Verfahrens ohne mündliche Verhandlung durch einen Beitrag der Beteiligten mit einer Terminsgebühr honorieren (vgl. hierzu auch BAG Beschluss vom 20.06.2006 – 3 AZB 78/05; BGH Beschluss vom 03.07.2006 – II ZB 31/05). Andernfalls würde dies zu dem Zustand führen, den der Gesetzgeber mit der Ausweitung der Terminsgebühr – auch im Interesse der Entlastung der Gerichte – vermeiden wollte, dass nämlich die früher geübte Praxis, einen gerichtlichen Verhandlungstermin (Protokollierungstermin) nur wegen einer anwaltlichen Gebühr anzustreben, fortgesetzt wird (vgl. auch BGH Beschluss vom 03.07.2006 – II ZB 31/05; BGH Beschluss vom 27.10.2005 – III ZB 42/05; LAG Düsseldorf Beschluss vom 10.01.2006 – 16 Ta 668/05). Gegen die Auffassung der Kammer spricht auch nicht die Tatsache, dass im Falle eines außergerichtlichen Vergleichs mit übereinstimmender Erledigungserklärung bereits eine Einigungsgebühr/Erledigungsgebühr nach Ziffern 1005/1006/1007 VV anfällt, denn diese kann bei einem angenommenen Anerkenntnis nach Auffassung des Gerichts (jedenfalls in der Regel) gleichfalls festgesetzt werden (vgl. hierzu Hartmann, Komm. Kostengesetze Ziff. VV 1002 Rdnr. 11 bis 17). Im Ergebnis werden daher Rechtsstreitigkeiten, die durch Annahme eines Anerkenntnisses, bzw. Annahme eines Teilanerkenntnisses mit weitergehender Prozesserklärung oder durch Vergleich mit übereinstimmender Erledigungserklärung enden von der Kammer (im Regelfall) kostenrechtlich – jedenfalls hinsichtlich der anzusetzenden Gebührentatbestände – gleich behandelt und zwar unabhängig, ob es sich um gerichtskostenpflichtige Verfahren nach § 197 a SGG handelt oder um Verfahren in denen Betragsrahmengebühren entstehen. |
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Letztlich ist die Mehrwertsteuer (16 % aus 1.001,55 Euro) nach Ziff. 7008 VV |
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| Entsprechend der Kostengrundregelung 1/3 waren somit aus dem Gesamtbetrag von 1.161,80 EUR 387,27 EUR festzusetzen. Da der Beklagte vorliegend vor der Kostenfestsetzung durch die Kostenbeamtin bereits 261,50 EUR erstattet hatte, sind lediglich die restlichen Kosten 125,76 EUR festzusetzen. Der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 25.07.2006 war folglich auf die Erinnerung des Klägers entsprechend abzuändern. |
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