Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss, 20. Sept. 2011 - 3 W 103/11

ECLI: ECLI:DE:POLGZWE:2011:0920.3W103.11.0A
published on 20/09/2011 00:00
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss, 20. Sept. 2011 - 3 W 103/11
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1. Die Zwischenverfügung des Amtsgerichts – Grundbuchamt – Sinzig vom 27. Juli 2011 wird aufgehoben.

2. Das Verfahren wird zur erneuten Sachbehandlung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats an das Amtsgericht - Grundbuchamt - Sinzig zurückverwiesen

Gründe

I.

1

Im Grundbuch der im Betreff genannten Grundstücke ist in Abteilung II unter Nr. 5 „gemäß Bewilligung vom 14. Juni 1923“ seit dem 28. Januar 1924 ein Vorkaufsrecht zugunsten der inzwischen verstorbenen Eheleute J… J… und M… S… eingetragen. Die Eintragungsbewilligung vom 6. Februar 1923 lautet.

2

„Herr Direktor A… W…, lies handelnd wie angegeben, räumt hiermit den Verkäufern und deren Erben an dem verkauften Grundstück ein Vorkaufsrecht für alle Verkaufsfälle ein, die sich während der Besitzzeit der jetzigen Erwerberin und deren sämtlichen Rechtsnachfolgern im Eigentume des Grundstücks ereignen möchten, mit der Maßgabe, dass die Verkäufer oder deren Erben im Verkaufsfalle berechtigt sind, das Grundstück zurück zu erwerben zu einem Preise, der sich ergibt unter Zugrundelegung des heutigen Verkaufspreises von fünf Millionen Papiermark auf einer Dollarbasis von vierzigtausend Mark pro Dollar und des Dollarkurses bei Ausübung des Vorkaufsrechtes.“

3

Die Beteiligten haben die Löschung des Vorkaufsrechts mit der Begründung beantragt, sämtliche Erben der in der Bewilligung genannten Vorkaufsberechtigten seien gestorben.

4

Mit dem angegriffenen Beschluss hat die Rechtspflegerin bei dem Amtsgericht die Bewilligung der durch Erbschein nachzuweisenden Berechtigten verlangt. Zur Begründung ist ausgeführt, dass das Vorkaufsrecht auch für die Erbeserben der zunächst Berechtigten bestellt worden sei.

5

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten, mit der er zusätzlich geltend macht, die Vereinbarung eines festen Preises bei Ausübung des Vorkaufsrechtes sei nicht wirksam, ein dingliches Vorkaufsrecht zu einem Festpreis sei inhaltlich unzulässig.

II.

6

1. Die Beschwerde ist nach § 71 Abs. 1 GBO zulässig. Der Senat ist nach §§ 72, 81 Abs. 1 GBO für die Entscheidung über die Beschwerde zuständig.

7

2. Die Beschwerde führt in der Sache zu dem angestrebten Erfolg.

8

Die Löschung des im Grundbuch eingetragenen Vorkaufsrechts kann aufgrund – allerdings noch zu führenden - Unrichtigkeitsnachweises (§ 22 GBO) grundsätzlich mittels öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunden (§ 29 GBO) erfolgen. Im Einzelnen gilt folgendes:

9

Das – hier im Jahr 1923 vereinbarte - subjektiv-persönliche dingliche Vorkaufsrecht (§ 1094 Abs. 1 BGB) ist nach § 1098 Abs. 1 iVm. § 473 BGB im Zweifel unvererblich, es sei denn, es ist durch Vereinbarung vererblich gemacht worden. Ist die Vererblichkeit eines subjektiv-persönlichen Vorkaufsrechts weder durch den Eintragungsvermerk noch durch Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung Grundbuchinhalt geworden, dann kann dieses Recht nach dem Tode des eingetragenen Vorkaufsberechtigten durch Vorlage einer Sterbeurkunde ohne Bewilligung der Rechtsnachfolger gelöscht werden (OLG Hamm OLGZ 1989, 9, Senat, OLGZ 1990, 11). Nicht anders verhält es sich, wenn die Vererblichkeit vereinbart und – wie hier – durch Inbezugnahme der Eintragungsbewilligung auch Grundbuchinhalt geworden ist, aber sämtliche Erben gestorben und eine Weitervererbung an deren Erben ausgeschlossen ist. So liegt der Fall hier.

10

Zu Recht weisen die Beteiligten in diesem Zusammenhang darauf hin, dass das subjektiv-dingliche Vorkaufsrecht hier bei zutreffender Auslegung nur für die Erben der zunächst Berechtigten, nicht aber für deren Erbeserben vereinbart worden ist. Überzeugend argumentiert die Beschwerde, dass „Erbeserben“ im Rechtssinne keine Erben der Berechtigten sind und dass in einer notariellen Urkunde im Zweifel Rechtsbegriffe in ihrer nach der Rechtslehre zutreffenden Bedeutung verwandt werden. Weiter haben die Vertragsschließenden auf Seiten der durch das Vorkaufsrecht Verpflichteten auch „deren sämtliche Rechtsnachfolger“ bezeichnet und auch dadurch zu verstehen gegeben, dass sie in ihrer Wortwahl zwischen den Erben als unmittelbaren Rechtsnachfolgern der Verpflichteten und jedweden, auch mehrstufigen Rechtsnachfolgern auf Seiten der Verpflichteten unterscheiden. Damit ist das Vorkaufsrecht mit dem Tod des letzen Erben der aus dem Vorkaufsrecht berechtigten Grundstücksverkäufer erloschen.

11

Ergänzend weist der Senat auf folgendes hin:

12

Das Vorkaufsrecht ist nicht schon deshalb zu löschen, weil es sich um eine inhaltlich unzulässige Eintragung handelt. Zwar ist die Ausgangsüberlegung der Beschwerdeführer zutreffend, wonach ein dingliches Vorkaufsrecht nicht zu einem „limitierten Kaufpreis“ vereinbart werden kann (RGZ 104, 122, Westermann in MüKo/BGB, 5. Aufl., § 1094 Rn 6); denn die in § 464 BGB enthaltene Bestimmung, wonach der Kaufvertrag bei Ausübung des Vorkaufsrechtes unter den Bedingungen zustande kommt, welche der Verpflichtete mit dem Dritten vereinbart hat, gilt nach § 1098 BGB zwingend auch für das dingliche Vorkaufsrecht (während sie schuldrechtlich abdingbar ist). Die Vereinbarung eines solchen „limitierten Kaufpreises“ führt aber nur zur Unwirksamkeit eben dieser Regelung, nicht aber zur inhaltlichen Unzulässigkeit der Grundbucheintragung im Sinne von § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO (OLG München, NJOZ 2008, 476), es sei denn, es stünde fest, dass sich die Beteiligten über ein Vorkaufsrecht mit dem gesetzlich zulässigen Inhalt nicht geeinigt hätten. Letzteres wird das Grundbuchamt mit den ihm zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen regelmäßig nicht feststellen können, weshalb eine Löschung als inhaltlich unzulässig ausscheidet.

13

Die Beteiligten haben bislang noch nicht durch öffentliche Urkunden den Tod sämtlicher Erben der Grundstücksverkäufer nachgewiesen. Sollte der Tod der letzten Erbin noch nicht länger als ein Jahr zurückliegen, so wird das Grundbuchamt die Bestimmung in § 23 GBO zu beachten haben. Es ist nämlich nicht auszuschließen, dass einer der Vorkaufsberechtigten zu Lebzeiten sein Vorkaufsrecht bereits ausgeübt hat und damit zwischen ihm und dem Eigentümer ein Grundstückskaufvertrag zustande gekommen ist. Die hieraus resultierenden Rechte wären sodann auf den oder die Rechtsnachfolger des Vorkaufsberechtigten übergegangen, weil insoweit die Unvererblichkeitsregel des § 473 Satz 1 BGB nicht gilt. Dem deshalb bestehenden Schutzbedürfnis der Rechtsnachfolger des Vorkaufsberechtigten wird durch die Regelung des § 23 Abs. 1 Satz 1 GBO Rechnung getragen (Senat OLGZ 1990, 11).

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(1) Gegen die Entscheidungen des Grundbuchamts findet das Rechtsmittel der Beschwerde statt. (2) Die Beschwerde gegen eine Eintragung ist unzulässig. Im Wege der Beschwerde kann jedoch verlangt werden, daß das Grundbuchamt angewiesen wird, nach § 53

(1) Eine Eintragung soll nur vorgenommen werden, wenn die Eintragungsbewilligung oder die sonstigen zu der Eintragung erforderlichen Erklärungen durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden. Andere Voraussetzungen der Ei

(1) Zur Berichtigung des Grundbuchs bedarf es der Bewilligung nach § 19 nicht, wenn die Unrichtigkeit nachgewiesen wird. Dies gilt insbesondere für die Eintragung oder Löschung einer Verfügungsbeschränkung. (2) Die Berichtigung des Grundbuchs durch

Annotations

(1) Gegen die Entscheidungen des Grundbuchamts findet das Rechtsmittel der Beschwerde statt.

(2) Die Beschwerde gegen eine Eintragung ist unzulässig. Im Wege der Beschwerde kann jedoch verlangt werden, daß das Grundbuchamt angewiesen wird, nach § 53 einen Widerspruch einzutragen oder eine Löschung vorzunehmen.

Über die Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht, in dessen Bezirk das Grundbuchamt seinen Sitz hat.

(1) Über Beschwerden entscheidet bei den Oberlandesgerichten und dem Bundesgerichtshof ein Zivilsenat.

(2) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen sind entsprechend anzuwenden.

(3) Die Vorschrift des § 44 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit über die Fortführung des Verfahrens bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist entsprechend anzuwenden.

(4) Die Bundesregierung und die Landesregierungen bestimmen für ihren Bereich durch Rechtsverordnung den Zeitpunkt, von dem an elektronische Akten geführt werden können. Die Bundesregierung und die Landesregierungen bestimmen für ihren Bereich durch Rechtsverordnung die organisatorisch-technischen Rahmenbedingungen für die Bildung, Führung und Aufbewahrung der elektronischen Akten. Die Rechtsverordnungen der Bundesregierung bedürfen nicht der Zustimmung des Bundesrates. Die Landesregierungen können die Ermächtigungen durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen. Die Zulassung der elektronischen Akte kann auf einzelne Gerichte oder Verfahren beschränkt werden.

(1) Zur Berichtigung des Grundbuchs bedarf es der Bewilligung nach § 19 nicht, wenn die Unrichtigkeit nachgewiesen wird. Dies gilt insbesondere für die Eintragung oder Löschung einer Verfügungsbeschränkung.

(2) Die Berichtigung des Grundbuchs durch Eintragung eines Eigentümers oder eines Erbbauberechtigten darf, sofern nicht der Fall des § 14 vorliegt oder die Unrichtigkeit nachgewiesen wird, nur mit Zustimmung des Eigentümers oder des Erbbauberechtigten erfolgen.

(1) Eine Eintragung soll nur vorgenommen werden, wenn die Eintragungsbewilligung oder die sonstigen zu der Eintragung erforderlichen Erklärungen durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden. Andere Voraussetzungen der Eintragung bedürfen, soweit sie nicht bei dem Grundbuchamt offenkundig sind, des Nachweises durch öffentliche Urkunden.

(2) (weggefallen)

(3) Erklärungen oder Ersuchen einer Behörde, auf Grund deren eine Eintragung vorgenommen werden soll, sind zu unterschreiben und mit Siegel oder Stempel zu versehen. Anstelle der Siegelung kann maschinell ein Abdruck des Dienstsiegels eingedruckt oder aufgedruckt werden.

(1) Ein Grundstück kann in der Weise belastet werden, dass derjenige, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, dem Eigentümer gegenüber zum Vorkauf berechtigt ist.

(2) Das Vorkaufsrecht kann auch zugunsten des jeweiligen Eigentümers eines anderen Grundstücks bestellt werden.

Das Vorkaufsrecht ist nicht übertragbar und geht nicht auf die Erben des Berechtigten über, sofern nicht ein anderes bestimmt ist. Ist das Recht auf eine bestimmte Zeit beschränkt, so ist es im Zweifel vererblich.

(1) Die Ausübung des Vorkaufsrechts erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Verpflichteten. Die Erklärung bedarf nicht der für den Kaufvertrag bestimmten Form.

(2) Mit der Ausübung des Vorkaufsrechts kommt der Kauf zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten unter den Bestimmungen zustande, welche der Verpflichtete mit dem Dritten vereinbart hat.

(1) Das Rechtsverhältnis zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten bestimmt sich nach den Vorschriften der §§ 463 bis 473. Das Vorkaufsrecht kann auch dann ausgeübt werden, wenn das Grundstück von dem Insolvenzverwalter aus freier Hand verkauft wird.

(2) Dritten gegenüber hat das Vorkaufsrecht die Wirkung einer Vormerkung zur Sicherung des durch die Ausübung des Rechts entstehenden Anspruchs auf Übertragung des Eigentums.

(3) Steht ein nach § 1094 Abs. 1 begründetes Vorkaufsrecht einer juristischen Person oder einer rechtsfähigen Personengesellschaft zu, so gelten, wenn seine Übertragbarkeit nicht vereinbart ist, für die Übertragung des Rechts die Vorschriften der §§ 1059a bis 1059d entsprechend.

(1) Ergibt sich, daß das Grundbuchamt unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften eine Eintragung vorgenommen hat, durch die das Grundbuch unrichtig geworden ist, so ist von Amts wegen ein Widerspruch einzutragen. Erweist sich eine Eintragung nach ihrem Inhalt als unzulässig, so ist sie von Amts wegen zu löschen.

(2) Bei einer Hypothek, einer Grundschuld oder einer Rentenschuld bedarf es zur Eintragung eines Widerspruchs der Vorlegung des Briefes nicht, wenn der Widerspruch den im § 41 Abs. 1 Satz 2 bezeichneten Inhalt hat. Diese Vorschrift ist nicht anzuwenden, wenn der Grundschuld- oder Rentenschuldbrief auf den Inhaber ausgestellt ist.

(1) Ein Recht, das auf die Lebenszeit des Berechtigten beschränkt ist, darf nach dessen Tod, falls Rückstände von Leistungen nicht ausgeschlossen sind, nur mit Bewilligung des Rechtsnachfolgers gelöscht werden, wenn die Löschung vor dem Ablauf eines Jahres nach dem Tod des Berechtigten erfolgen soll oder wenn der Rechtsnachfolger der Löschung bei dem Grundbuchamt widersprochen hat; der Widerspruch ist von Amts wegen in das Grundbuch einzutragen. Ist der Berechtigte für tot erklärt, so beginnt die einjährige Frist mit dem Erlaß des die Todeserklärung aussprechenden Urteils.

(2) Der im Absatz 1 vorgesehenen Bewilligung des Rechtsnachfolgers bedarf es nicht, wenn im Grundbuch eingetragen ist, daß zur Löschung des Rechtes der Nachweis des Todes des Berechtigten genügen soll.

Das Vorkaufsrecht ist nicht übertragbar und geht nicht auf die Erben des Berechtigten über, sofern nicht ein anderes bestimmt ist. Ist das Recht auf eine bestimmte Zeit beschränkt, so ist es im Zweifel vererblich.

(1) Ein Recht, das auf die Lebenszeit des Berechtigten beschränkt ist, darf nach dessen Tod, falls Rückstände von Leistungen nicht ausgeschlossen sind, nur mit Bewilligung des Rechtsnachfolgers gelöscht werden, wenn die Löschung vor dem Ablauf eines Jahres nach dem Tod des Berechtigten erfolgen soll oder wenn der Rechtsnachfolger der Löschung bei dem Grundbuchamt widersprochen hat; der Widerspruch ist von Amts wegen in das Grundbuch einzutragen. Ist der Berechtigte für tot erklärt, so beginnt die einjährige Frist mit dem Erlaß des die Todeserklärung aussprechenden Urteils.

(2) Der im Absatz 1 vorgesehenen Bewilligung des Rechtsnachfolgers bedarf es nicht, wenn im Grundbuch eingetragen ist, daß zur Löschung des Rechtes der Nachweis des Todes des Berechtigten genügen soll.