Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 17. Juli 2018 - 2 L 46/17
Gericht
Gründe
I.
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Der Kläger wendet sich gegen eine bauordnungsrechtliche Verfügung des Beklagten vom 02.07.2013, mit der ihm unter Androhung von Zwangsgeldern aufgegeben wurde, den Anbau eines Wohnhauses, der nach den Angaben des Klägers von einem Nachbar genutzt wird, sowie eine aus Bruchsteinmauerwerk bestehende Einfriedung auf dem Grundstück (B.) 82 in H-Stadt so instand zu setzen, das die Sicherheit dauerhaft gewährleistet wird, oder – alternativ – abzubrechen. Ferner wendet er sich gegen die mit Bescheid vom 31.01.2014 wegen Nichtbefolgung der Verfügung vorgenommene Festsetzung von Zwangsgeldern in Höhe von 2.000,00 € und 500,00 € sowie gegen eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 13.10.2015, mit der der Beklagte diese und weitere Zwangsgelder in Höhe von zusammen 9.000,00 € vollstreckt hat.
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Mit dem angegriffenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung u.a. ausgeführt: Die Klage gegen die Pfändungs- und Einziehungsverfügung sei bereits unzulässig, weil die Klage erst nach Ablauf der einmonatigen Klagefrist des § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO erhoben worden sei. Die Klage gegen die bauaufsichtliche Verfügung vom 02.07.2013 sei unbegründet. Die Verfügung sei rechtmäßig, insbesondere hinreichend bestimmt. Auch materiell-rechtlich bestünden keine Bedenken. Bei mehreren Ortsbesichtigungen sei festgestellt worden, dass sich am Anbau Ziegel gelöst hätten. Dies sei auf den dort angefertigten Fotos ohne weiteres erkennbar. Auf einem der Fotos sei deutlich zu erkennen, dass dies auch den Bereich weit oberhalb der offenen Schadstelle bis hin zum Dach betreffe. Es bestehe eine erhebliche Wahrscheinlichkeit, dass sich weitere Ziegel – oberhalb des bereits offenen Bereiches – lösen und herabfallen. Zudem sei es möglich, dass dadurch die Tragfähigkeit der Außenwand beeinträchtigt werde und Teile des Daches einstürzen. Dadurch könnten Menschen verletzt werden, die sich in der Nähe aufhalten. Der verwahrloste und unbewachte Eindruck des Gebäudes könne auch Kinder und Jugendliche zu einem unbefugten Aufenthalt auf dem Grundstück verleiten. Auch aus der Bruchsteinmauer hätten sich Steine gelöst. Viele Steine seien locker und ohne Zusammenhang. Es bestehe die Gefahr, dass weitere Steine herabfallen und es dadurch zu Verletzungen komme, etwa bei Kindern, die in dem unmittelbar an der öffentlichen Straße gelegenen Bereich die Mauer besteigen oder dort spielen. Die Einwände des Klägers stellten die Annahme einer Gefahr nicht in Frage. Die von ihm vorgelegten Fotos bestätigen den vom Beklagten angenommenen Zustand. Der Anbau werde offensichtlich nicht hinreichend vom Nachbarn instandgehalten; eine Reparatur der Schadstellen sei ersichtlich nicht erfolgt. Hinsichtlich der Bruchsteinmauer habe der Kläger eingeräumt, dass Verletzungsgefahren bestünden, wenn jemand auf die Mauer steige. Auch die Zwangsgeldfestsetzung im Bescheid vom 31.01.2014 sei rechtmäßig.
II.
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A. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
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Die vom Kläger geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen nicht vor. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines verwaltungsgerichtlichen Urteils liegen vor, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 09.06.2016 - 1 BvR 2453/12 -, juris, RdNr. 16). Das ist vorliegend nicht der Fall.
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1. Der Kläger wendet ein, da das Verwaltungsgericht keinen Ortstermin durchgeführt, sondern sich allein auf die in der Akte befindlichen Lichtbilder gestützt habe, stelle sich die Frage, woher das Gericht seine Erkenntnisse nehme. dass sich mit erheblicher Wahrscheinlichkeit weitere Ziegel aus der Außenwand des Anbaus lösen und hierdurch auch deren Tragfähigkeit beeinträchtigt werde. Das Verwaltungsgericht sei seinem Einwand, dass eine solche Gefahr nicht bestehe, nicht nachgegangen und habe den Vortrag des Beklagten als wahr unterstellt. Es habe den Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt, weil es weder ein Sachverständigengutachten eingeholt noch sich selbst vor Ort ein Bild gemacht habe. Gleiches gelte für die Bruchsteinmauer. Der unbefangene Betrachter sehe auf dem vom Verwaltungsgericht bezeichneten Lichtbild (20160331_184658-jpg) eine an einer Stelle teilweise eingefallene Mauer, die im Übrigen jedoch einen recht soliden Eindruck mache. Ob die Gefahr bestehe, dass Steine herabfallen oder Mauerteile einstürzen, könne ein nicht bausachverständiger Laie anhand des Lichtbildes allein nicht beurteilen.
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Diese Einwände, mit denen der Kläger eine unzureichende Sachverhaltsermittlung rügt, verfangen nicht.
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Zwar können die Gründe, aus denen bei einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ernstliche Zweifel an der Richtigkeit einer Entscheidung bestehen, auch aus einer unzureichenden Ermittlung und Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts resultieren (vgl. Beschl. d. Senats v. 03.01.2018 – 2 L 71/16 –, juris, RdNr. 15, m.w.N.). Werden ernstliche Zweifel aus einem Verfahrensfehler hergeleitet, wird ein Zulassungsgrund aber nur dann ausreichend dargelegt, wenn dem Darlegungserfordernis der Verfahrensrüge genügt wird; entspricht das Vorbringen diesen Anforderungen, kommt eine Zulassung nur in Betracht, wenn auch eine entsprechende Verfahrensrüge zu einer Zulassung führen würde (BayVGH, Beschl. v. 07.10.2015 – 15 ZB 14.2115 –, juris, RdNr. 19). Bei Einwänden gegen die freie, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnene richterliche Überzeugung als tatsächliche Grundlage eines Urteils (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) ist von einer schlüssigen Gegenargumentation erst dann auszugehen, wenn gute Gründe dafür aufgezeigt werden, dass das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung mit Blick auf eine entscheidungserhebliche Tatsache von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist, oder wenn die vom Erstrichter vorgenommene Sachverhaltswürdigung im Lichte der Begründung des Zulassungsantrags fragwürdig erscheint, weil die tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts augenscheinlich nicht zutreffen. Wird eine fehlerhafte Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts gerügt, ist der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO erst dann erfüllt, wenn die tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts wahrscheinlich nicht zutreffend oder doch ernsthaft zweifelhaft sind (vgl. Beschl. d. Senats v. 03.01.2018, a.a.O., m.w.N.).
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Gemessen daran hat der Kläger keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung dargetan.
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a) Insbesondere kann er sich nicht mit Erfolg darauf berufen, das Verwaltungsgericht habe entgegen § 86 Abs. 1 VwGO und damit verfahrensfehlerhaft den entscheidungserheblichen Sachverhalt nicht aufgeklärt.
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Die Rüge einer Verletzung der Aufklärungspflicht erfordert die substantiierte Darlegung, welche Tatsachen auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des Berufungsgerichts aufklärungsbedürftig waren, welche für erforderlich und geeignet gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht kamen, welche tatsächlichen Feststellungen dabei voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern diese unter Zugrundelegung der materiell-rechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichts zu einer für den Rechtsmittelführer günstigeren Entscheidung hätten führen können. Außerdem muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder auf Grund welcher Anhaltspunkte sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken hätten aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.08.2017 – 9 B 68.16 –, juris, RdNr. 8, m.w.N.).
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aa) Nicht zu beanstanden ist insbesondere, dass das Verwaltungsgericht den Anbau und die Bruchsteinmauer nicht selbst in Augenschein genommen hat. Der Kläger legt schon nicht dar, hinsichtlich welcher konkreten entscheidungserheblichen Tatsachen Aufklärungsbedarf bestanden hat und welche tatsächlichen Feststellungen bei Einnahme eines Augenscheins getroffen worden wären, die nicht bereits aus den vorgelegten Lichtbildern ersichtlich sind. Zudem hat der Kläger im erstinstanzlichen Verfahren nicht auf die Einnahme richterlichen Augenscheins hingewirkt, insbesondere hat er nicht an der mündlichen Verhandlung teilgenommen und einen entsprechenden Beweisantrag gestellt. Aus seinen Darlegungen in der Zulassungsschrift ergibt sich auch nicht, dass sich dem Verwaltungsgericht eine solche Beweiserhebung ohne ein Hinwirken des Klägers hätte aufdrängen müssen.
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Auszugehen ist von dem allgemeinen Grundsatz, dass das Gericht Umfang und Art der Tatsachenermittlung nach pflichtgemäßem Ermessen bestimmt. Auch von den Beteiligten vorgelegte und zu den Akten genommene Karten, Lagepläne, Fotos und Luftbildaufnahmen können im Rahmen von § 86 Abs. 1 VwGO unbedenklich verwertbar sein, wenn sie die Örtlichkeit in ihren für die gerichtliche Beurteilung maßgeblichen Merkmalen so eindeutig ausweisen, dass sich der mit einer Ortsbesichtigung erreichbare Zweck mit ihrer Hilfe ebenso zuverlässig erfüllen lässt. Ist dies der Fall, bedarf es unter dem Gesichtspunkt des Untersuchungsgrundsatzes keiner Durchführung einer Ortsbesichtigung. Das gilt nur dann nicht, wenn ein Beteiligter geltend macht, dass die Karten oder Lichtbilder in Bezug auf bestimmte, für die Entscheidung wesentliche Merkmale keine Aussagekraft besitzen, und dies zutreffen kann (zum Ganzen: BVerwG, Beschl. v. 30.06.2014 - BVerwG 4 B 51.13 -, juris, RdNr. 4, m.w.N.).
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Der Kläger legt nicht dar, welchen Erkenntnisgewinn eine Inaugenscheinnahme durch das Gericht in Bezug auf das Vorhandensein erkennbarer Schäden am Mauerwerk des Anbaus und der Buchsteinmauer hätte erbringen können. Dass die baulichen Anlagen die auf den Fotos sichtbaren Schäden aufweisen, stellt der Kläger nicht in Abrede. Was die Frage anbetrifft, wie sich diese Schäden auswirken (können), insbesondere ob die konkrete Gefahr besteht, dass sich weitere Steine lösen und herabfallen und dadurch ggf. die nach § 12 Abs. 1 Satz 1 BauO LSA erforderliche Standsicherheit der Außenwand des Anbaus und der Bruchsteinmauer beeinträchtigt wird, ist nicht ersichtlich, weshalb die optische Wahrnehmung der baulichen Anlagen vor Ort eine bessere Bewertungsgrundlage geboten hätte als die vorgelegten Lichtbilder.
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bb) Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge des Klägers, das Verwaltungsgericht sei nicht der Frage nachgegangen, ob tatsächlich die Gefahr bestehe, dass sich Steine aus der Außenwand des Anbaus und von der Bruchsteinmauer lösen bzw. herabfallen und dadurch auch die Standsicherheit der baulichen Anlagen beeinträchtigt werde, und hätte hierzu ein Sachverständigengutachten oder zumindest sachverständigen Rat einholen müssen.
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Insoweit fehlt es an einer Darlegung, welche Feststellungen bei der Einholung eines Sachverständigengutachtens voraussichtlich getroffen worden wären. Ferner wurde auch insoweit kein Beweisantrag gestellt.
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Dem Verwaltungsgericht musste sich eine solche Beweiserhebung auch nicht aufdrängen. Das Verwaltungsgericht hat aus dem auf den Lichtbildern erkennbaren Umstand, dass aus der Außenwand große Teile des Ziegelmauerwerks herausgebrochen sind, geschlussfolgert, dass sich weitere Teile aus dieser Wand lösen können, was Auswirkungen auf die Standfestigkeit der Außenwand und des Gebäudes insgesamt haben könne. Aus dem Umstand, dass in einem Abschnitt der Bruchsteinmauer ebenfalls Steine herausgebrochen waren, hat es den Schluss gezogen, dass sich auch dort weitere Steine lösen können, insbesondere wenn sie von Personen (Kindern) betreten werde. Diese Schlussfolgerungen wären unter dem Gesichtspunkt der Aufklärungspflicht nur dann zu beanstanden, wenn sich das Verwaltungsgericht damit eine Sachkunde zugeschrieben hätte, die ihm keinesfalls zur Verfügung stehen kann, oder wenn seine Entscheidungsgründe auf mangelnde Sachkunde schließen ließen; dies ist nicht der Fall, wenn die Würdigungen und Schlussfolgerungen, die das Verwaltungsgericht vorgenommen hat, nicht außerhalb des Bereichs liegen, in dem ein Richter aufgrund seiner Lebenserfahrung urteilsfähig ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 01.07.1987 – BVerwG 1 C 25.85 – juris, RdNr. 17, m.w.N.). Die vom Verwaltungsgericht gezogenen Schlussfolgerungen liegen jedoch durchaus noch im Bereich allgemeiner Lebenserfahrung. Die hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass in absehbarer Zeit ein Schaden eintritt (§ 3 Nr. 3 Buchstabe a) SOG LSA) verlangt im Übrigen nicht die Gewissheit, dass der Schaden eintreten werde; vielmehr ist der Eintritt eines Schadens schon bei einer nach der Lebenserfahrung begründeten Befürchtung der Gefahrenverwirklichung hinreichend wahrscheinlich (vgl. Beschl. d. Senats v. 19.04.2010 – 2 L 15/10 –, juris, RdNr. 12, m.w.N.). Der Umstand, dass der Kläger – ohne dies näher zu begründen – nicht die Gefahr sieht, dass die vom Verwaltungsgericht genannten Folgen eintreten, vermag nichts daran zu ändern, dass sich dem Verwaltungsgericht die vom Kläger für erforderlich gehaltene Beweiserhebung nicht aufdrängen musste.
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b) Auch ein Verstoß gegen das Gebot der freien Beweiswürdigung nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO lässt sich nicht feststellen. Der Kläger hat keine schlüssigen Gründe dafür aufgezeigt, dass das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung mit Blick auf eine entscheidungserhebliche Tatsache von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist oder seine tatsächlichen Feststellungen augenscheinlich nicht zutreffen. Die von der Vorinstanz anhand der vorgelegten Fotos getroffene Würdigung, aufgrund der darauf erkennbaren Schäden an der Außenwand des Anbaus und an der Einfriedungsmauer bestehe die Gefahr, dass sich weitere Ziegel bzw. Bruchsteine lösen und dadurch (bei dem Anbau) die Standsicherheit gefährdet wird, liegt – wie oben bereits dargelegt – noch im Bereich der allgemeinen Lebenserfahrung.
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2. Der Kläger beanstandet ferner, das Verwaltungsgericht habe nicht beachtet, dass die wiederholte Festsetzung von Zwangsgeldern unverhältnismäßig sei, weil dem Beklagten bereits seit geraumer Zeit, insbesondere im Zusammenhang mit der Vollstreckung der das Wohnhaus betreffenden Verfügung vom 17.01.2011, bekannt gewesen sei, dass er, der Kläger, eine andere Rechtsauffassung vertrete als der Beklagte und deshalb einen Abbruch oder weitergehende Sicherungsmaßnahmen nicht vornehmen werde, so dass das Zwangsgeld nicht den vom Beklagten gewünschten Erfolg herbeiführen könne. Der Beklagte hätte, wenn er der Meinung sei, dass eine unmittelbare Gefahr drohe, im Wege der Ersatzvornahme vorgehen müssen. Er habe jedoch eine "Zwangsgeldspirale" in Gang gesetzt. Damit vermag der Kläger nicht durchzudringen.
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Gemäß § 71 Abs. 1 VwVG LSA i.V.m. § 54 Abs. 3SOG LSA können Zwangsmittel so lange wiederholt und gewechselt werden, bis der Verwaltungsakt befolgt worden ist oder sich auf andere Weise erledigt hat. Dies entspricht der Eigenart und dem Wesen der Zwangsmittel als Beugemittel (OVG LSA, Beschl. v. 14.09.2007 – 4 L 242/06 –, juris, RdNr. 3, m.w.N.). Bezüglich der Auswahl der Zwangsmittel sehen die §§ 54 ff. SOG LSA keine gesetzliche Rangfolge vor; die Auswahl steht vielmehr im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde, bei dessen Ausübung der Zweck der Ermächtigung zu beachten ist und die gesetzlichen Grenzen einzuhalten sind (Beschl. d. Senats v. 30.01.1998 – B 2 S 381/97 –, juris, RdNr 10). Dabei ist insbesondere der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten, und bei gleicher Erfolgsaussicht muss das mildeste Mittel ausgewählt werden (Martell, SOG LSA, 5. Aufl., § 54 RdNr. 2). Sowohl der Vollstreckungsschuldner als auch die Allgemeinheit sollen durch die Vollstreckung möglichst wenig beeinträchtigt werden (Urt. d. Senats v. 21.11.2003 – 2 L 253/02 –, juris, RdNr. 28). Allerdings ergibt sich auch aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bei vertretbaren Handlungen kein genereller Vorrang der Ersatzvornahme gegenüber dem Zwangsgeld. Die keine vorherige Festsetzung erfordernde Ausführung der Ersatzvornahme durch die Behörde oder von ihr beauftragte Dritte, die den Pflichtigen eigener Dispositionsmöglichkeiten hinsichtlich der Modalitäten der Befolgung „beraubt“, kann in den Auswirkungen gegenüber dem Zwangsgeld im Einzelfall das gravierendere Zwangsmittel darstellen, so dass es unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit von der Behörde möglicherweise erst dann angewandt werden darf, wenn das Zwangsgeld bezogen auf das Vollstreckungsziel erfolglos geblieben ist (vgl. SaarlOVG, Urt. v. 23.05.2016 – 2 A 240/15 –, juris, RdNr. 43). Eine Zwangsgeldfestsetzung kommt etwa auch dann in Betracht, wenn der Vollstreckungsschuldner zwar außerstande ist, die Kosten einer Ersatzvornahme zu tragen, aber in der Lage ist, die Handlung – eventuell unter Mithilfe eines Dritten – selbst auszuführen (Urt. d. Senats v. 21.11.2003, a.a.O.). Die Behörde darf an einem auferlegten Zwangsgeld festhalten und es gegebenenfalls wiederholen, wenn sie Grund zu der Annahme hat, dass der Betroffene vielleicht doch noch veranlasst werden kann, der Verfügung nachzukommen; steht allerdings fest, dass der Zweck auch durch die Wiederholung des Zwangsgeldes nicht erreicht werden kann, ist dieses Zwangsmittel unzulässig (Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl., S. 525).
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Gemessen daran stellen die im Bescheid vom 31.01.2014 festgesetzten Zwangsgelder geeignete Zwangsmittel zur Durchsetzung der Verfügung vom 02.07.2013 dar und können nicht als unverhältnismäßig angesehen werden. Der Beklagte hat mit diesem Bescheid die in der Verfügung vom 02.07.2013 angedrohten Zwangsgelder in Höhe von 2.000,00 € und 500,00 € erstmalig festgesetzt. Die danach erfolgte Festsetzung und Androhung weiterer Zwangsgelder im Bescheid vom 07.09.2015 ist nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens. Auch der Umstand, dass der Beklagte bei der Vollstreckung der das Wohnhaus betreffenden, mittlerweile bestandskräftigen Ordnungsverfügung vom 17.01.2011 mit Bescheiden vom 30.05.2011 und 28.06.2013 bereits erfolglos Zwangsgelder gegen den Kläger festgesetzt hatte, führt nicht dazu, dass der Beklagte im Rahmen der Vollstreckung der Verfügung vom 02.07.2013 die darin angedrohten Zwangsgelder nicht festsetzen durfte, sondern eine Ersatzvornahme hätte durchführen müssen. Obwohl die Vollstreckung der Verfügung vom 17.01.2011 durch Zwangsgeld erfolglos geblieben war, stand noch nicht fest, dass auch die Vollstreckung der Verfügung vom 02.07.2013 durch Zwangsgeld erfolglos bleiben würde. Die dem Kläger in der Verfügung vom 17.01.2011 aufgegebenen Sicherungsmaßnahmen am Wohnhaus, die einen Einsturz des Dachtragwerks und der Deckenscheiben und damit ein Ausbrechen der straßenseitigen Giebelwand verhindern sollten, sind von anderer Qualität als die dem Kläger in der Verfügung vom 02.07.2013 aufgegebenen Sicherungsmaßnahmen, sie dürften insbesondere kostenintensiver sein. Zudem hat der Beklagte dem Kläger die Wahl gelassen, ob er an den baulichen Anlagen Sicherungsmaßnahmen durchführt oder die Anlagen abbricht. Vor diesem Hintergrund musste der Beklagte nicht davon ausgehen, dass sich der Kläger unter keinen Umständen durch die Festsetzung eines Zwangsgeldes zur Durchführung der in der Verfügung vom 02.07.2013 angeordneten Maßnahmen – ggf. mit Hilfe des Nachbarn, der den Anbau nach den Angaben des Klägers nutzt – bewegen lässt.
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3. Deshalb vermag der Kläger auch nicht mit dem Einwand durchzudringen, die Pfändungs- und Einziehungsverfügung des Beklagten vom 13.10.2015 sei rechtswidrig, weil die damit vollstreckten Zwangsgeldfestsetzungen unverhältnismäßig seien. Unabhängig davon greift der Kläger die insoweit tragende Begründung des Verwaltungsgerichts, die Klage gegen die Pfändungs- und Einziehungsverfügung sei bereits unzulässig, weil der Kläger nicht innerhalb der Klagefrist des § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO Klage erhoben habe, nicht an.
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B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
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C. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 und 3 GKG. Hinsichtlich der Verfügung vom 02.07.2013 bemisst der Senat die sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebende Bedeutung der Sache (§ 52 Abs. 1 GKG) nach den voraussichtlichen Kosten für die Durchführung der angeordneten Maßnahmen und schätzt diese auf ca. 2.500,00 €. Bezüglich des Zwangsgeldfestsetzungsbescheides vom 31.01.2014 und der Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 13.10.2015 ist gemäß § 52 Abs. 3 GKG die Höhe der darin angegebenen Beträge von 2.500,00 € und 9.000,00 € maßgebend.
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D. Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 66 Abs. 3 Satz 3, 68 Abs. 1 Satz 5 GKG).
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Annotations
(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden.
(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.
(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.
(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.
(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.
(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.
(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.
(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden.
(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.
(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.
(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.
(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.
(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.
(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.
(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.
(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.
(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.