Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 10.3.2006 - 1 K 15/04 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Zulassungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 15.000 EUR festgesetzt.

Gründe

Mit dem angefochtenen Urteil vom 10.3.2006 - 1 K 15/04 - hat das Verwaltungsgericht die immissionsschutzrechtliche Drittanfechtungsklage des Klägers als Vollerwerbslandwirt abgewiesen, mit der er Lärmschutz gegen den Windpark aus fünf Windenergieanlagen der Beigeladenen begehrt. Das Urteil ist im Wesentlichen auf die Beurteilung der Vorfrage gestützt, dass dem Kläger als Schutzniveau nur der nächtliche Immissionsrichtwert für Dorfgebiete von 45 dB (A) zusteht sowie auf die Entscheidung der Hauptfrage, dass dieser nächtliche Immissionsrichtwert nach der nachvollziehbaren Gutachtenlage auch tatsächlich eingehalten wird. Sowohl die Entscheidung der Vorfrage als auch die der Hauptfrage hat der Kläger mit mehreren Zulassungsrügen angegriffen, die indessen insgesamt keinen Erfolg haben.

I.

Gegenüber der Entscheidung der Vorfrage zum Schutzniveau hat der Kläger die Zulassungsrügen der ernstlichen Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), der grundsätzlichen Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) sowie der Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) erhoben.

Entgegen der Meinung des Klägers unterliegt das vom Verwaltungsgericht gefundene Ergebnis im Sinne eines Schutzniveaus gemäß einem nächtlichen Immissionsrichtwert von 45 dB (A) keinen ernstlichen Zweifeln. Rechtsgrundlage ist das Schutzprinzip des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG insoweit in der Bekanntmachung vom 26.9.2002 (BGBl. I S. 3830) i.V.m. Nr. 6.1 TA Lärm vom 26.8.1998 zur Festsetzung der Immissionsrichtwerte.

Mehrere vom Kläger im Zulassungsverfahren vorgebrachte Einwände verfehlen bereits diese normative Grundlage. Soweit sich der Kläger auf eine günstigere Regelung des Schutzniveaus in dem von ihm in vollem Umfang angefochtenen Genehmigungsbescheid vom 19.12.2002 beruft - was zur Begründung eines vollständigen Aufhebungsanspruchs nicht einleuchtet - liegt eine solche günstigere Bescheidregelung in Wirklichkeit nicht vor. Auf Seite 3 des Genehmigungsbescheides wird der in der Nachtzeit einzuhaltende Immissionsrichtwert für Wohngebiete auf 40 dB (A) festgelegt, dagegen für näher genannte Anwesen und eine Gaststätte auf 45 dB (A). Der Landwirtschaftsbetrieb des Klägers wird weder ausdrücklich noch sinngemäß genannt, sodass es allein auf die wirkliche Rechtslage ankommt. Noch weniger kann es auf die frühere gegebenenfalls einhellige Rechtsmeinung der Beteiligten über ein höheres Schutzniveau ankommen, da sie sich nicht gegenüber der wirklichen Rechtslage durchsetzt. Darüber hinaus sind die im zusammenfassenden Schriftsatz des Klägers vom 24.4.2007 dargestellten neuesten Planungsabsichten der Gemeinde aus dem Jahr 2007 rechtlich bereits deshalb irrelevant, weil es nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei immissionsschutzrechtlichen Drittanfechtungsklagen auf die Rechts- und Sachlage im Zeitpunkt der Genehmigung beziehungsweise des Widerspruchsbescheides - hier vom 26.1.2004 - ankommt

BVerwG, Beschluss vom 11.1.1991 - 7 B 102.90 -, UPR 1991, 235.

Ausgehend von dem maßgebenden Zeitpunkt besteht unstreitig ein Flächennutzungsplan, der die nähere Umgebung des Anwesens des Klägers als allgemeines Wohngebiet (WA) im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO darstellt. Indessen enthält der Flächennutzungsplan als bloß vorbereitender Bauleitplan nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BauGB rechtlich allein eine Darstellung der sich aus der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung ergebenden Bodennutzung (§ 5 Abs. 1 Satz 1 BauGB), die im Gegensatz zu den rechtsverbindlichen Festsetzungen eines Bebauungsplans nach § 8 Abs. 1 Satz 1 BauGB mangels Normqualität nicht aus sich heraus unmittelbare Rechtswirkung gegenüber Dritten entfaltet. Unstreitig existiert für das hier einschlägige Gebiet kein Bebauungsplan. Nr. 6.6 Satz 1 der TA Lärm verweist allein auf die Festlegung der Bebauungspläne. Fehlt es wie hier an solchen rechtsverbindlichen Festsetzungen, sind Gebiete und Einrichtungen entsprechend ihrer faktischen Schutzbedürftigkeit zu beurteilen. In seiner tatsächlichen Beurteilung geht das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Urteil (S. 10) davon aus, dass sich in dem einschlägigen Gebiet abgesehen von dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers unmittelbar vorgelagert ein weiterer landwirtschaftlicher Betrieb befindet und ansonsten Wohnhäuser vorhanden sind. Diese tatsächliche Grundstruktur ist im Zulassungsverfahren unstreitig, denn auch der Kläger geht davon aus, dass in dem einschlägigen Gebiet zwei landwirtschaftliche Vollerwerbsbetriebe an Wohnbebauung im Übrigen angrenzen und belegt dies mit einem Luftbild (Bl. 388 der Akte).

Allerdings will der Kläger aus dieser tatsächlichen Situation andere Konsequenzen ziehen als das Verwaltungsgericht. Er meint zum einen, es komme auf die Quantität der Nutzung an, so dass die überwiegende Wohnnutzung allein maßgebend sei und ein allgemeines Wohngebiet vorliege. Das überzeugt nicht. In einem allgemeinen Wohngebiet sind nach § 4 Abs. 3 BauNVO landwirtschaftliche Betriebe nicht einmal ausnahmsweise zulässig, während sie in einem Dorfgebiet nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 zur zulässigen Nutzung gehören. Da die beiden wohngebietsfremden landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetriebe den Gebietscharakter mitbestimmen, scheidet die Annahme eines gebietsreinen allgemeinen Wohngebiets aus. Mithin überzeugt dieser Gesichtspunkt nicht.

Weiter beruft sich der Kläger gegenüber der Entscheidung des Verwaltungsgerichts auf ein seiner Ansicht nach abweichendes Urteil des OVG Koblenz vom 24.7.2003 - 1 A 10708/02.OVG -. Nach seinem zusammenfassenden Schriftsatz vom 24.4.2007 meint der Kläger, das OVG Koblenz habe klar entschieden, dass selbst die Existenz eines einzelnen Landwirtschaftsbetriebs die Qualifikation als allgemeines Wohngebiet nicht hindert. Ausweislich der vorgelegten Entscheidung des OVG Koblenz liegt dort aber ein wesentlich anderer Sachverhalt vor als der hier zu entscheidende. Nach Seite 6 des Urteils des OVG Koblenz waren in dem dort entschiedenen Fall Wirtschaftsstellen landwirtschaftlicher Betriebe nicht vorhanden. Sodann folgt der Satz (S. 6 des Urteils):

Sollten solche Wirtschaftsstellen früher einmal bestanden haben, werden sie jedenfalls seit so langer Zeit nicht mehr betrieben, dass die Umgebung nicht mehr im Sinne eines Dorfgebiets geprägt ist.

Dieser ohne weiteres einleuchtende Rechtssatz bezieht sich mithin auf aufgegebene landwirtschaftliche Wirtschaftsstellen, nicht aber wie hier auf voll betriebene Landwirtschaftsstellen. Eine unterschiedliche Beurteilung der Gebietsprägung durch aufgegebene und voll betriebene Landwirtschaftsstellen liegt auf der Hand, was keiner weiteren Darlegung bedarf. Mithin hat der Kläger keinen Gesichtspunkt vorgetragen, der das vom Verwaltungsgericht gefundene Ergebnis der Schutzbedürftigkeit nur nach Maßgabe eines Dorfgebiets ernstlich in Zweifel ziehen könnte.

Vielmehr lässt sich das Ergebnis des VG noch durch einen weiteren Gesichtspunkt aus der Systematik der TA Lärm bestärken. Nach dieser Systematik kann einem landwirtschaftlichen Betrieb - als Einrichtung betrachtet - jedenfalls nicht die Schutzbedürftigkeit eines Wohngebiets zustehen. Nr. 1 Abs. 2 der TA Lärm stellt immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige landwirtschaftliche Anlagen wie hier weiteren emissionsträchtigen Anlagen wie Freizeitanlagen, Schießplätzen oder Tagebauen gleich, für deren eigene Emissionen aus besonderen Gründen die allgemeine Anwendung der TA Lärm nicht gegeben ist, vielmehr der Schutz der Nachbarn nach dem Schutzprinzip des BImSchG in anderer Weise erfolgen muss. Daraus ergibt sich hinreichend deutlich, dass der Vorschriftengeber der TA Lärm landwirtschaftliche Anlagen als emissionsträchtig ansieht und damit erkennbar nicht der Schutzbedürftigkeit eines Wohngebiets gleichstellen will. Vielmehr ergibt sich dann aus der systematischen Würdigung der Schutzbedürftigkeit nach Nr. 6.6 i.V.m. Nr. 1 TA Lärm, dass landwirtschaftliche Anlagen schon wegen ihrer eigenen Emissionsträchtigkeit in der Schutzbedürftigkeit nur einem Dorfgebiet nach Nr. 6.1 c gleichgestellt werden können, was wiederum zu dem vom Verwaltungsgericht festgestellten Schutzniveau von 45 dB (A) nachts führt. An dem vom Verwaltungsgericht gefundenen Ergebnis kann bei zusätzlicher immissionsschutzrechtlicher Wertung kein ernstlicher Zweifel bestehen. Deshalb überzeugt der erste gegen die Entscheidung des Schutzniveaus vorgebrachte Zulassungsgrund nicht.

Zum Schutzniveau macht der Kläger weitergehend geltend, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung. Auf welcher grundsätzlichen Feststellung die Gebietseinstufung durch das Verwaltungsgericht beruht, sagt der Kläger selbst nicht. Stattdessen trägt er vor (Zulassungsbegründung S. 8), das Verwaltungsgericht „rette sich“ in die Begründung, hier sei eine Einzelfallbetrachtung vorzunehmen. Beruht aber ein Urteil wie hier tragend auf eine Einzelfallwürdigung, kann es nach der Rechtsprechung des Senats insoweit nicht mit der Grundsatzrüge angegriffen werden

Beschluss des Senats vom 7.3.2007 - 3 Q 166/06 -, S. 5 des Umdrucks.

Mithin bleibt die Grundsatzrüge erfolglos.

Schließlich macht der Kläger mit Blick auf die Gebietseinstufung eine Divergenzrüge geltend. Er nimmt an, das Urteil des Verwaltungsgerichts weiche von dem bereits behandelten Urteil des OVG Koblenz vom 24.7.2003 - 1 A 10708/02.OVG - in der Frage der Einordnung als allgemeines Wohngebiet ab. Abgesehen davon, dass nach der Regelung des § 124 Abs.2 Nr. 4 VwGO bereits abstrakt nur eine Divergenz zu dem Oberverwaltungsgericht desselben Instanzenzugs ausreicht, liegt auch inhaltlich keine Divergenz vor. Wie bereits dargelegt, betrifft das Urteil des OVG Koblenz (S. 6 des Urteils) ein Gebiet mit aufgegebenen landwirtschaftlichen Wirtschaftsstellen, das hier angefochtene Urteil indessen ein Gebiet mit voll betriebenen Landwirtschaftsstellen. Angesichts des wesentlich unterschiedlichen Sachverhalts kann von einer divergierenden Behandlung gleichgelagerter Sachverhalte keine Rede sein.

Nach allem haben die gegen die Gebietseinstufung des Verwaltungsgerichts als Dorfgebiet vorgetragenen Zulassungsgründe keinen Erfolg.

II.

Ausgehend von dem danach geltenden nächtlichen Immissionsrichtwert von 45 dB (A) hat das Verwaltungsgericht aufgrund der Beweiserhebung, insbesondere der Einholung des Gerichtsgutachtens Pies, die tatsächliche Einhaltung dieses Nachtwerts durch den Windpark festgestellt. Gegen diese Feststellung macht der Kläger die Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und der besonderen tatsächlichen Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) geltend.

Unter dem Blickpunkt ernstlicher Zweifel erhebt der Kläger zahlreiche Gutachtenrügen, die aber insgesamt die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts nicht fragwürdig erscheinen lassen.

Zu diesem Maßstab Beschluss des Senats vom 5.9.2005 - 3 Q 47/04 - sowie des 1. Senats des OVG des Saarlandes vom 9.9.2004 - 1 Q 53/04.

Klarzustellen ist, dass der Gerichtsgutachter Pies der Sache nach ein Obergutachten für das Gericht erstellt hat und dabei das Prognosegutachten Kötter vom 6.9.2001 und das Immissionsmessgutachten Windtest Grevenbroich (im folgenden: Windtest) vom 29.4.2004 - beides anerkannte Messstellen nach § 26 BImSchG - gewürdigt hat. Alle drei Gutachten kommen übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass bei dem landwirtschaftlichen Anwesen des Klägers ein Nachtimmissionsrichtwert von 45 dB (A) durch den Windpark eingehalten wird. Das Urteil des Verwaltungsgerichts beruht auf dieser Grundlage, die nach Auffassung des Senats auch in Kenntnis der in zahlreiche detaillierte Einzelpunkte aufgespaltenen Gutachtenrügen des Klägers und seiner allgemeinen Kritik zur Unsicherheit der Gutachten nicht fragwürdig ist.

Mit einem ersten Einwand in seiner Zulassungsbegründung und dem zusammenfassenden Schriftsatz vom 24.4.2007 macht der Kläger geltend, es sei immissionsbezogen keine Langzeitmessung durchgeführt worden, sondern lediglich eine einzige Messung; Aufschluss über Schallimmissionen erhalte man aber nur durch Messung über einen langen Zeitraum bei verschiedenen Windgeschwindigkeiten und vor allem auch bei verschiedenen Windrichtungen. Diese Einwendung würde allenfalls im System der TA Luft zutreffen, indes nicht im System der einschlägigen TA Lärm. Die TA Luft enthält langfristig einen Immissions-Jahreswert und kurzfristig einen Immissions-Tageswert und Immissions-Stundenwert.

Nr. 4.7.1, 4.7.2 und 4.7.3 TA Luft vom 24.7.2002.

Demgegenüber enthält die TA Lärm gegenüber der TA Luft einen wesentlich verkürzten zeitlichen Horizont der Messungen. Kurzzeitwerte sind als Geräuschspitzen jeweils auf eine Taktzeit von 5 Sekunden bezogen

Nr. 2.8 und Nr. 2.9 TA Lärm vom 26.8.1998.

Demgegenüber bezieht sich der Mittelungspegel nach Nr. 2.7 TA Lärm im Fall des hier allein kritischen Nachtwerts auf eine volle Nachtstunde. Insoweit heißt es in Nr. 6.4 Abs. 2 Satz 2 TA Lärm:

Maßgebend für die Beurteilung der Nacht ist die volle Nachtstunde (z.B. 1.00 bis 2.00 Uhr) mit dem höchsten Beurteilungspegel, zu dem die zu beurteilende Anlage relevant beiträgt.

Beurteilungszeit ist mithin die lauteste Nachtstunde.

Jarass, BImSchG, 6. Auflage 2005, § 48 Rdnr. 19.

Dem entspricht das Immissionsmessgutachten Windtest, das auf Messungen in einem Zeitraum von knapp zwei Nachtstunden (S. 8 des Gutachtens) beruht.

Dem durchaus berechtigten Gesichtspunkt des Klägers, dass verschiedene Windgeschwindigkeiten und verschiedene Windrichtungen mit einer Messung nicht insgesamt erfasst werden, tragen die Regelung der TA Lärm und deren sachkundige Auslegung für Windenergieanlagen Rechnung.

Für die Windrichtung bestimmt Nr. A.3.3.3 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. der Anwendungsvorschrift des Satz 3 TA Lärm ausdrücklich:

Bei Abständen zwischen maßgeblichem Immissionsort und diesen Anlagen ( d.H. Anlagen mit wesentlichen Beiträgen ) ab 200 m (hier sind es etwa 650 m) sind die Messungen in der Regel bei Mitwind durchzuführen.

Diese Vorgabe ist eingehalten, denn nach dem Immissionsmessgutachten Windtest (S. 8) befand sich der Immissionsmesspunkt während der Messung in Mitwindbedingungen (Wind von den Windenergieanlagen zum betroffenen Anwesen); unter diesen Bedingungen ergab sich ein Beurteilungspegel am Fenster des Anwesens des Klägers von 40,0 dB (A) (Tabelle 4, S. 18 des Windtestgutachtens).

Die vom Kläger aufgeworfene Frage der Auswirkungen bei verschiedenen Windrichtungen lässt sich aus dem Gerichtsgutachten Pies, Anhang 11, mit dem dort wiedergegebenes Diagramm der VDI-Richtlinie 2714 leicht beantworten. Gegenüber einer mittleren Mitwindwetterlage führt im hier einschlägigen Abstand zwischen 500 und 1000 m Querwind zu einem um 5 - 10 dB (A) niedrigeren Schalldruck am Immissionsort und Gegenwind zu einem um etwa 15 dB (A) niedrigeren Schalldruckpegel. Daraus folgt, dass die Systematik der TA Lärm mit Blick auf die Windrichtungen auf der sicheren Seite liegt.

Vgl. zu dem Gesichtspunkt, dass Immissionswerte auf der sicheren Seite liegen, bereits BVerwG, Urteil vom 17.2.1984 - 7 C 8/82 - zitiert nach Juris, dort für die TA Luft.

Die Frage der Windgeschwindigkeit bei der Mitwindlage ist in der TA Lärm nicht ausdrücklich geregelt. Für Windenergieanlagen wird unter Beachtung technischen Sachverstands von einer standardisierten Windgeschwindigkeit von 10 m/s ausgegangen.

Fachbericht des Landesumweltamtes Nordrhein-Westfalen 2002, Materialien Nr. 63, Windenergieanlagen und Immissionsschutz, S. 13, unter Herleitung aus dem Regelwerk der DIN EN 61.400-11, Windenergieanlagen, sowie der technischen Richtlinien für Windenergieanlagen, vgl. Fachbericht S. 10, Fachbericht enthalten in der Beiakte 3, Blatt 34; dem Fachbericht folgend OVG Koblenz, Urteil vom 24.7.2003 - 1 A 10708/02.OVG , S. 7 des Umdrucks.

Diese standardisierte Windgeschwindigkeit ist bereits auf die modernen - auch hier vorliegenden - pitch-gesteuerten Anlagen mit dynamischer Blattwinkelverstellung abgestellt. Bei solchen Anlagen kann typischerweise davon ausgegangen werden, dass die betriebliche Geräuschemission bis zu einer Windgeschwindigkeit von etwa 10 m/s ansteigt und ab dann durch die pitch-gesteuerte Abbremsung der Anlage im Wesentlichen gleichmäßig verläuft. Das entspricht allgemeiner technischer Erfahrung

vgl. dazu das Bild 1 auf S. 8 des Fachberichts des Landesumweltamts Nordrhein-Westfalen 2002.

Konkret ist dies für die vorliegenden Windenergieanlagen des Typs E-66/18.70 aber auch durch den Kurzbericht der Windtest vom 31.5.2005 über Emissionsmessungen (in der Gerichtsakte, Bl. 147) festgestellt. Dort ist für den Betriebszustand von 1800 kW in der Tabelle 2 die Schallleistung von Betriebsgeräuschen und Windgeräuschen abhängig von der Windgeschwindigkeit in Nahentfernung (105 m) gemessen. Während die Hintergrundgeräusche des Windes zwischen 10 m/s und 12 m/s erwartungsgemäß ansteigen, bleiben die Betriebsgeräusche der Anlage (dargestellt als kreisförmige Symbole) bei Windgeschwindigkeiten zwischen 10 m/s und 13 m/s praktisch konstant. Qualitativ handelt es sich bei einer Windgeschwindigkeit von 10 m/s um eine frische Brise und bei 13 m/s um starken Wind

vgl. Windtabelle in Brockhaus Naturwissenschaften und Technik, 2003, Tabelle in Band 3, S. 2186.

Konsequenterweise genügt bei den konkreten typgleichen Anlagen eine festgestellte Windstärke bereits von 10 m/s, um den höchsten Betriebslärm zu erfassen.

Mit der standardisierten Windgeschwindigkeit ist damit auch dem Gebot von Nr. 6.4 Abs. 2 Satz 2 TA Lärm Rechnung getragen, dass der höchste Beurteilungspegel maßgebend ist, zu dem die zu beurteilende Anlage beiträgt.

Ebenso Fachbericht des Landesumweltamts Nordrhein-Westfalen 2002, S. 13.

Auch dieser Anforderung wird das Immissionsmessgutachten Windtest gerecht, denn die Windgeschwindigkeit hat während der Messung am Anwesen des Klägers sogar bis zu 14 m/s betragen (S. 12 des Gutachtens) und ging damit zeitweise deutlich über die standardisierte Windgeschwindigkeit von 10 m/s hinaus. Zur qualitativen Betrachtung ist darauf hinzuweisen, dass 10 m/s einer frischen Brise, Geschwindigkeiten ab 13,9 m/s bereits steifem Wind entsprechen

vgl. die Windstärketabelle in Brockhaus Naturwissenschaften und Technik, 2003, Tabelle in Band 3, S. 2186.

Auch insoweit liegt die Messung bei bis zu steifem Mitwind auf der sicheren Seite. Mithin ist das im Gerichtsgutachten beurteilte Immissionsmessgutachten Windtest auch mit Blick auf den Einwand des Klägers nicht nur tragfähig, sondern liegt nach den konkreten Windverhältnissen bei bis zu steifem Mitwind auf der sicheren Seite. Dies hat auch Bedeutung für die Würdigung der nachfolgenden Einwendungen des Klägers zur Pitch-Steuerung, zur reduzierten elektrischen Leistung und zur Rotorblattdrehzahl.

In seinem zusammenfassenden Schriftsatz vom 24.4.2007 hat der Kläger hervorgehoben, die Anlage sei im Zeitpunkt der Messung gepitcht gewesen und dementsprechend sei keine ordnungsgemäße Messung erfolgt; dem entspricht der vorausgehende rechtzeitige Vortrag in der Zulassungsbegründung, die Rotorblattstellung der Pitch-Steuerung sei bei der Messung zu gering gewesen und dies habe die Schallimmissionen verringert.

Dieser weitere Einzelpunkt der Gutachtenkritik beruht auf einem grundlegenden Missverständnis des bestimmungsgemäßen Anlagenbetriebs. Den immissionsschutzrechtlichen Berechnungen ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats der bestimmungsgemäße Betrieb der Anlage zugrundezulegen.

BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 - 7 C 19/02 -, „Nano-Anlagenurteil“, zitiert nach Juris, Rdnr. 19; ebenso Urteil des Senats vom 16.9.2005 - 3 M 2/04 -, S. 21 des Umdrucks, dort zu der maximalen Emission eines Kraftwerks im Rahmen des bestimmungsgemäßen Betriebs der Anlage.

Der Einwand des Klägers legt es nahe, in der „Pitchung“ der Anlagen liege ein Eingriff in den bestimmungsgemäßen Anlagenbetrieb, der die Messungen unzulässig mache. In Wirklichkeit gehört die autarke Pitch-Steuerung nach den Antragsunterlagen zum bestimmungsgemäßen Betrieb der Anlagen und ist auch so genehmigt. Bereits in der Kurzbeschreibung in den Antragsunterlagen ist ausgeführt, dass die Windenergieanlagen eine aktive Blattverstellung und damit eine Pitch-Regelung besitzen

Kurzbeschreibung S. 1 im Ordner 4, Registerteil 3.

Für die Pitch-Steuerung der Blattverstellung heißt es in den technischen Hauptdaten, dass je Rotorblatt ein autarkes Stellsystem mit zugeordneter Notversorgung besteht

Technische Hauptdaten in der Anlagenbeschreibung im Ordner 4, Registerteil 13.

Nach der Sicherheitstechnik der Anlagen dienen als Bremssystem drei autarke Blattverstellantriebe (Pitch-Antriebe), die das Rotorblatt um etwa 90° drehen können und damit den aerodynamischen Auftrieb regeln; unabhängig davon enthält die Sicherheitstechnik noch ein rein mechanisch wirkendes Sicherheitssystem im Sinne eines Überdrehzahlschalters

Antragsunterlagen Sicherheitstechnik, im Ordner 4, Registerteil 7.

Die für die moderne Pitch-Steuerung charakteristische Abbremsung der Anlage mit positiven Folgen für die Geräuschemissionen erfolgt mithin bei den streitigen Anlagen autark und automatisch und ist gegen Störungen gesichert. Sie ist so genehmigt und gehört damit zum bestimmungsgemäßen Betrieb der Anlagen, der für alle immissionsschutzrechtlichen Berechnungen maßgebend ist. Die Immissionsmessung fand mithin mit der Rotorblattstellung statt, die der genehmigten autarken Steuerung und damit dem bestimmungsgemäßen Betrieb entsprach. Messungen bei Ausfall der Pitch-Steuerung würden sich dagegen in Wirklichkeit auf den Fall einer Betriebsstörung beziehen, für die störfallrechtlich hinreichend Vorsorge getroffen ist, die aber rechtlich keinesfalls den Immissionsschutzberechnungen für den bestimmungsgemäßen Betrieb zugrunde gelegt werden darf. Letztlich verkennt der Einwand den bestimmungsgemäßen Betrieb der mit autarker Blatteinstellung genehmigten Anlagen.

Weiterhin trägt der Kläger in seiner Zulassungsbegründung und der Zusammenfassung als weiteren Einzelpunkt vor, die Messung sei nur mit reduzierter elektrischer Leistung durchgeführt worden und dadurch werde das Messergebnis verfälscht. Eine korrekte Messung erfordere die Vollleistung der Anlage mit 1800 kW. Dieser Einwand ist von der grundsätzlichen Systematik des Immissionsschutzrechts her richtig, berücksichtigt aber nicht die konkreten Besonderheiten der pitch-gesteuerten Anlagen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats ist für herkömmliche Kraftwerke die genehmigte elektrische Vollleistung für die immissionsschutzrechtlichen Berechnungen selbst dann maßgebend, wenn sie selten gefahren wird

BVerwG, Urteil vom 17.2.1984 - 7 C 8/82 -, NVwZ 1984, 371 - 374; dem folgend der Senat in dem Urteil vom 16.9.2005 - 3 M 2/04 -, S. 22 des Umdrucks.

Die fünf Anlagen des Windparks werden derzeit mit einer Einspeisebegrenzung von jeweils 1450 kW gefahren

Gerichtsgutachten Pies, S. 4.

Dagegen haben die Anlagen nach den technischen Hauptdaten der Anlagenbeschreibung eine Nennleistung von je1800 kW

Technische Hauptdaten in der Anlagenbeschreibung, Ordner 4, Registerteil 13

und sind auch für diese elektrische Leistung genehmigt. Bei konventionellen Kraftwerken liegt es auf der Hand, dass die höchste Schadstoffmenge bei höchster elektrischer Leistung und damit bei höchstem Einsatz des Brennmaterials emittiert wird. Denn die Filteranlagen sind naturgemäß nicht in der Lage, bei immer höherer Leistung den Schadstoff überproportional herauszufiltern und damit einen weiteren Schadstoffanstieg zu verhindern. Im Vergleich dazu arbeitet die Pitch-Steuerung der Windenergieanlagen mit Blick auf Geräuschemissionen effektiver. Bei den ursprünglichen „stall-geregelten“ Windkraftanlagen wuchsen zwar elektrische Leistung und Lärmauswirkung immer weiter proportional mit der Windstärke an

vgl. dazu das Bild 2 auf Seite 9 des Fachberichts des Landesumweltamts Nordrhein-Westfalen 2002, im Ordner 2, Blatt 34.

Dagegen wächst bei den modernen pitch-gesteuerten Anlagen mit Rotor-Bremsung die betriebsbezogene Geräuschemission nach Erreichung einer bestimmten Windgeschwindigkeit von etwa 10 m/s nicht mehr nennenswert weiter an

vgl. Bild 1 zum Geräuschverhalten einer pitch-gesteuerten Windenergieanlage auf Seite 8 des Fachberichts des Landesumweltamts Nordrhein-Westfalen 2002, in der Beiakte 3, Blatt 34.

Darüber hinaus kann die Einspeiseleistung in das elektrische Netz durch eine elastische Kopplung der Einspeiseeinheit mit dem Generator exakt zwischen 30 kW und der Nennleistung von 1800 kW geregelt werden

so Kurzbeschreibung S. 6 i.V.m. S. 2, im Ordner 4, Registerteil 3; vgl. dazu auch das Gerichtsgutachten Pies, S. 4, zur derzeitigen Einspeisebegrenzung auf 1450 kW.

Diese Besonderheiten der Pitch-Steuerung können im Vergleich zu konventionellen Kraftwerken zu überproportional günstigen Emissionsergebnissen führen. Konkret ist dies auch der Fall. Nach dem Gerichtsgutachten wurde das Emissionsverhalten bei Nennlast von 1800 kW und bei der begrenzten Anlagenleistung von 1450 kW verglichen. Danach war der emittierte Schallleistungspegel bei der niedrigen Anlagenleistung von 1450 kW mit 104,3 dB (A) geringfügig höher als bei der Nennleistung von 1800 kW mit einem Schallpegel von 104,0 dB (A).

Gerichtsgutachten, S. 16, und Kurzbericht der Windtest vom 31.5.2005, Gerichtsakte Bl. 147, S. 7 und S. 10, dort Tabellen 2 und 5.

Die höchste elektrische Leistung ist im Immissionsschutzrecht mithin nur ein regelmäßig zutreffendes Indiz für die höchste Emission, das hier aber widerlegt ist. Konkret betrachtet kommt es nach Nr. 6. 4 Abs. 2 Satz 2 der TA Lärm auf den Anlagenzustand mit dem höchsten Beurteilungspegel an. Nach der dargelegten technischen Prüfung kann von einer praktisch unveränderten Geräuschauswirkung zwischen einer Anlagenleistung von 1450 kW und 1800 kW ausgegangen werden. Deshalb ist es konkret kein Fehler, dass bei der nächtlichen Immissionsmessung des Windtestgutachtens die elektrische Wirkleistung der Anlagen auf 1450 kW reduziert war

vgl. Tabelle 3 auf Seite 12 des Immissionsmessgutachtens Windtest, in einer Zusatzmappe in den Gerichtsakten; weitere Erläuterung in der Nachstellungnahme der Windtest vom 10.8.2006, Gerichtsakte Bl. 373.

Die nächtliche Immissionsmessung an dem Anwesen des Klägers ist also auch insoweit konkret übereinstimmend mit den Anforderungen der TA Lärm durchgeführt worden. Der Einwand überzeugt nicht.

Weiter wendet der Kläger ein, das Gerichtsgutachten berücksichtige nicht die Gesamtauswirkung aller Anlagen, sondern nur von zwei Anlagen. Ausweislich des Gerichtsgutachtens Pies (S. 20) wurden bei den Immissionsmessungen alle fünf Anlagen des Windparks betrieben; dabei wirkte nach dem Gutachten (S. 17) lediglich die Anlage 4 ohne Abschirmung ein, während die Anlage 5 durch Gebäudeabschirmung und die übrigen Anlagen durch den Geländeverlauf abgeschirmt waren. In der Nachstellungnahme der Windtest vom 10.8.2006 (Gerichtsakte Bl. 373) wird ausdrücklich hervorgehoben (S. 3), dass während der Immissionsmessungen alle fünf Windenergieanlagen des Windparks in Betrieb waren. Es wurden damit eindeutig am Anwesen des Klägers auch die Schallimmissionen aller fünf Windenergieanlagen gemessen. Der Einwand ist unzutreffend.

Mit einem weiteren Punkt seiner Detailkritik macht der Kläger geltend, aus dem Gerichtsgutachten sei keine Rotorblattdrehzahl ersichtlich; diese sei jedoch ein wichtiges Kriterium.

Der Einwand trifft insofern zu, als für die Immissionsmessung selbst keine entsprechenden Daten vorliegen.

Nachstellungnahme der Windtest vom 10.8.2006, Gerichtsakte Bl. 373, dort S. 4.

Die Zuordnung von Rotorblattdrehzahl und elektrischer Leistung ist aber auf der Grundlage der Anlagenbeschreibung und der Emissionsmessungen der Windtest in dem Kurzbericht festgestellt. Aus der Anlagenbeschreibung ergibt sich, dass die Nenndrehzahl 10 bis 22 U/min beträgt und aus der Kurzbeschreibung, dass die Höchstdrehzahl von 22 U/min die Nennleistung von 1800 kW liefert

Technische Hauptdaten in der Anlagenbeschreibung in der Beiakte 4, Registerteil 13; Kurzbeschreibung S. 2 in der Beiakte 4, Registerteil 3.

Die Gutachterin Windtest hat bei ihren Emissionsmessungen die Drehzahlen für die beiden Betriebszustände von 1450 kW und 1800 kW exemplarisch bestimmt und dabei identische Drehzahlen jeweils zwischen 22,2 U/min bis 22,4 U/min. ausgezählt.

Nachstellungnahme Windtest vom 10.8.2006, S. 4, in der Gerichtsakte Bl. 373.

Die Höchstdrehzahl von rund 22 U/min wird mithin schon bei dem Betriebszustand von 1450 kW erreicht. Bei der Immissionsmessung der Gutachterin Windtest wurde während der gesamten Messzeit die Nennleistung von 1450 kW erreicht

Immissionsmessgutachten der Windtest vom 29.4.2004, in einer Zusatzmappe in den Gerichtsakten, dort Zusammenfassung S. 26 sowie Tabelle 5.

Damit ist technisch davon auszugehen, dass auch während der ausschlaggebenden Immissionsmessung die Maximaldrehzahl der Anlagen vorlag.

Für die Erreichung der maximalen Drehzahl bei der entscheidenden Immissionsmessung spricht weiter ein ganz einfacher Gesichtspunkt. Die Maximaldrehzahl wurde bei den Emissionsmessungen der Firma Windtest gemessen bei Windgeschwindigkeiten von 8 bis 13 m/s

zur Drehzahlauszählung selbst Nachstellungnahme der Windtest vom 10.8.2006, Gerichtsakte Bl. 373, dort S. 4; zur Windgeschwindigkeit von 8 bis 13 m/s bei den Emissionsmessungen Kurzbericht der Windtest vom 31.5.2005, Gerichtsakte Bl. 147, dort Tabelle 1.

Dagegen war die Windgeschwindigkeit bei der ausschlaggebenden Immissionsmessung am Anwesen des Klägers unter Mitwindbedingungen mit 8 bis 14 m/s nochmals etwas höher als während der Auszählung der Rotationsgeschwindigkeit bei 8 bis 13 m/s.

Immissionsgutachten der Windtest vom 29.4.2004, S. 19, dort Tabelle 5.

Es gibt keinen vernünftigen Grund dafür, dass die bereits bei Windgeschwindigkeiten bis zu 13 m/s (starker Wind) erreichte Höchstdrehzahl bei einer noch etwas höheren Windgeschwindigkeit von 14 m/s (steifer Wind) nicht mehr erreicht werden soll. Nach allem hat der vorgebrachte Gegengesichtspunkt keine Überzeugungskraft.

Mit einem weiteren Einzelpunkt seiner Gutachtenkritik (Zulassungsbegründung S. 6) rügt der Kläger:

Des Weiteren wurde kein Messabschlag vorgenommen. Erfahrungsgemäß erhöht ein Messabschlag die tatsächlich vorhandene Immission um ca. 3 dB (A).

Dieser Einwand ist nicht haltbar, denn er kehrt den Sinn des Messabschlags in sein Gegenteil um. Nach Nr. 6.9 TA Lärm wird für die Überwachung der Einhaltung der maßgeblichen Immissionsrichtwerte bei Berechnung des Beurteilungspegels nach der TA Lärm bestimmt, dass zum Vergleich mit den Immissionsrichtwerten nach Nr. 6 ein um 3 dB (A) verminderter Beurteilungspegel heranzuziehen ist. Der Kläger meint offenbar, der tatsächlich gemessene Beurteilungspegel von 40 dB (A) müsse um 3 dB (A) auf 43 dB (A) erhöht werden. In Wirklichkeit handelt es sich um einen Messabschlag, wie Jarass unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erläutert.

Jarass, BImSchG, 6. Auflage 2005, § 48 Rdnr. 19; BVerwG, Beschluss vom 22.10.1996 - BVerwG 7 B 132.96 -, S. 3/4 des Umdrucks für den inhaltsgleichen Messabschlag von 3 dB (A) nach der vorausgehenden Fassung der TA Lärm.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geht es bei dem Messabschlag um eine Toleranz zugunsten der Anlage, die untrennbarer Bestandteil des in der TA Lärm vorgeschriebenen Mess- und Berechnungsverfahrens ist.

BVerwG, Beschluss vom 22.10.1996 - BVerwG 7 B 132.96 -, S. 4 des Umdrucks.

In dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall war ein Wirkpegel von 58 dB (A) gemessen worden, der aufgrund der vorgeschriebenen Toleranz von 3 dB (A) nur mit einem Beurteilungspegel von 55 dB (A) angesetzt wurde, was exakt zur Einhaltung des Immissionsrichtwerts von tags 55 dB (A) im entschiedenen Fall ausreichte

BVerwG, Beschluss vom 22.10.1996 - BVerwG 7 B 132.96 -, S. 2 und 3 des Umdrucks.

Ein solcher Messabschlag wurde in dem Immissionsmessgutachten Windtest nicht gemacht, wie aus Tabelle 4 (S. 18 des Gutachtens) folgt, die keinen Abschlag von 3 dB (A) enthält und wie sich auch aus der Nachstellungnahme der Windtest vom 10.8.2006 (S. 4) ergibt, wonach der Messabschlag zu einem Immissionspegel von nur 37,0 dB (A) am Fenster des Anwesens des Klägers geführt hätte. Der Messabschlag ist nicht zur Anwendung gekommen, und dies wirkt sich allein zugunsten des Klägers aus. Im Übrigen war die Nichtansetzung des Messabschlags wohl korrekt, da sich der Messabschlag nach der Regelung der Nr. 6.9 TA Lärm auf das Überwachungsverfahren, aber nicht auf das Genehmigungsverfahren bezieht

ebenso OVG Koblenz, Urteil vom 24.7.2003 - 1 A 10708/02.OVG -, S. 7.

Die vom Kläger vorgetragene Erhöhungspflicht der Messwerte durch einen Messabschlag verfehlt die Rechtslage.

Sodann macht der Kläger als weiteren Punkt der detaillierten Gutachtenkritik geltend, die Tallage des Messortes sei übersehen. Sowohl das Gericht als auch das gerichtlich angeordnete Gutachten ließen die vorhandene Tallage des Ortes, also auch des Anwesens des Klägers, völlig außer Acht; hier müsse eine Prüfung im Sonderfall erfolgen, da sich Immissionen in Tallagen regelrecht aufrollten und mithin zu einer erhöhten Dauerbelastung führten. Dieser Einwand geht bereits von tatsächlich unrichtigen Voraussetzungen aus und hat keine Überzeugungskraft. Das Verwaltungsgericht stützt sich in dem angefochtenen Urteil (S. 15) voll umfänglich auf die Begründung des Gerichtsgutachtens. Das Gerichtsgutachten beschreibt bereits in den Grundlagen (S. 3) die Höhenverhältnisse der Schalleinwirkung und stellt einen Höhenunterschied zwischen den Windkraftanlagen und dem Anwesen des Klägers von 90 bis 105 m je nach Anlage fest. Damit ist die Tallage erkannt und nicht außer Acht gelassen. Vor allem geht die Tallage des Anwesens notwendig in das dem Gerichtsgutachten zugrunde liegende Immissionsmessgutachten Windtest vom 29.4.2004 ein. Auch dort ist der Höhenunterschied erkannt und es wird ausdrücklich ausgeführt, der Immissionsmesspunkt beim Kläger befinde sich in einer Kessellage (S. 7 des Immissionsmessgutachtens Windtest). Weiterhin ist in dem Gutachten die konkrete Auswirkung der Talkessellage insbesondere auf Fremdgeräusche dargelegt (S. 12 des Immissionsmessgutachtens Windtest). Jedenfalls ist die Tallage notwendig in die tatsächlichen Messungen eingegangen.

Was den vom Kläger vorgetragenen Aufrolleffekt angeht, führt die fachkundige Nachstellungnahme Windtest vom 10.8.2006 (S. 6) dazu aus, das beschriebene „Aufrollen“ der Immissionen sei unverständlich und dem Gutachter nicht bekannt. Dieser fachkundigen Stellungnahme hat der Kläger in späteren Schriftsätzen nicht mehr widersprochen. Der Senat ist davon überzeugt, dass die Tallage in der tatsächlichen Immissionsmessung notwendig berücksichtigt ist und dass darüber hinaus nichts für die Existenz des vorgetragenen Aufrolleffekts spricht.

Mit einem weiteren Einzelpunkt seiner Argumentation macht der Kläger geltend, die Anlagen erwiesen sich möglicherweise bei dem genehmigten Zustand als impulshaltig. Die Möglichkeit, dass Windenergieanlagen impulshaltige Geräusche verursachen, besteht

Fachbericht des Landesumweltamts Nordrhein-Westfalen 2002, Windenergieanlagen und Immissionsschutz, S. 10; vgl. auch zu atypischen Geräuscheinwirkungen aus dem Getriebe von Windenergieanlagen Beschluss des Senats vom 10.11.2006 - 3 W 5/06 -, S. 20 des Umdrucks.

Der Einwand wird aber der Gutachtenlage nicht gerecht. In dem Immissionsmessgutachten der Windtest vom 29.4.2004 (S. 19) heißt es dazu:

Geräuschspitzen und andere Auffälligkeiten wie z.B. Ton- oder Impulshaltigkeiten wurden nicht festgestellt.

Mit den konkreten Feststellungen dieses Gutachtens hat der Kläger sich nicht auseinandergesetzt. Damit spricht nichts für eine andere Beweiswürdigung.

Mit einem weiteren Punkt seiner Gutachtenkritik macht der Kläger geltend, der Schallleistungspegel sei in der Immissionsprognose mit etwa 102 dB (A) angegeben; selbst das Gerichtsgutachten komme aber zu dem Ergebnis, dass der Schallleistungspegel mit 104,3 dB (A) deutlich überschritten werde. Die vom Beklagten der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zugrunde gelegte Prognose liege danach nicht auf der sicheren Seite.

In der Sache macht der Kläger geltend, im Prognoseverfahren sei die von den Anlagen ausgehende Schallleistung niedriger angesetzt worden als dies den tatsächlichen späteren Emissionsmessungen entspreche. Richtig an dem Einwand ist nur der Ansatzpunkt. In dem Prognosegutachten Kötter wird der Schallleistungspegel der einschlägigen Anlagen in den Ausgangsdaten der Berechnung zunächst mit 102,7 dB (A) angegeben.

Immissionsgutachten Kötter vom 6.9.2001, S. 9, Abschnitt 5, Ausgangsdaten der Berechnung.

Entscheidend ist aber, dass das Gutachten Kötter in der Beurteilung der Immissionsrichtwerte (S. 18) ausdrücklich ausführt, dass die Schallleistungspegel bei der detaillierten Prognoseberechnung einen in Abschnitt 5 erläuterten Sicherheitszuschlag von 2,2 dB (A) enthalten. Nach Abschnitt 5, S. 11 des Prognosegutachtens beträgt der als immissionsrelevant angesetzte Schallleistungspegel 102,7 dB (A) + 2,2 dB (A) = 104,9 dB (A). Der Prognosewert der Immission beruht mithin aus Sicherheitsgründen auf einem Schallleistungspegel von 104,9 dB (A).

Dieser prognostisch hoch angesetzte Schallleistungspegel wird in den späteren tatsächlichen Emissionsmessungen noch unterschritten. Der Kläger trägt insoweit einen gemessenen Schallleistungspegel von 104,3 dB (A) vor. Nach dem Kurzbericht der Windtest vom 31.5.2005 (S. 7 und S. 10) beträgt der gemessene Schallleistungspegel der Anlage im 1800 kW-Betriebszustand sogar nur 104,0 dB (A) und liegt für den 1450 kW-Betriebszustand wie vom Kläger vorgetragen bei 104,3 dB (A). Auch mit dem Höchstwert des gemessenen Schallleistungspegels von 104,3 dB (A) liegt die tatsächliche Emissionsmessung noch immer etwas unterhalb des im Prognosegutachten aus Sicherheitsgründen angenommenen prognostischen Schallleistungspegels von 104,9 dB (A). Mithin bleibt die Prognose auch mit Blick auf die Schallleistung entgegen der Meinung des Klägers auf der sicheren Seite. Der Einwand trifft eindeutig nicht zu.

Bei der damit abgeschlossenen Würdigung der detaillierten zahlreichen Einzelpunkte der Gegenargumentation des Klägers gegen die vorliegenden Gutachten ist der Senat davon überzeugt, dass die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts auf fundierten Gutachten einschließlich des gerichtlichen Obergutachtens beruht. In keinem der zahlreichen Einzelpunkte sind die vom Verwaltungsgericht übernommenen Gutachterfeststellungen fragwürdig. Ein weiterer Klärungsbedarf für den Senat ist in keinem einzigen Einzelpunkt ersichtlich.

Auf der Grundlage seiner detaillierten Einzelkritik in zahlreichen Punkten hat der Kläger auch eine Gesamtwürdigung der Gutachten aus seiner Sicht vorgenommen, die danach keine gesicherten Aussagen enthalten und jedenfalls nicht auf der sicheren Seite liegen. Diese zusammenfassende negative Würdigung der Gutachten auf Seite 6 der Zulassungsbegründung überzeugt den Senat insgesamt nicht, wie im Einzelnen auszuführen ist.

Der Kläger meint zusammenfassend, dass der gerichtlich bestellte Gutachter Pies nach eigenen Angaben keine gesicherte Aussage über die Einhaltung des Nachtimmissionswertes machen könne; deshalb sei die angefochtene Genehmigung rechtswidrig, denn die alleinige Vorgabe der Einhaltung von Richtwerten genüge nicht, um die Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen hinreichend sicherzustellen.

Das Gerichtsgutachten enthält zwei Feststellungen, die klar voneinander zu trennen sind. Zum einen enthält das Gutachten die vom Kläger zitierte Darlegung (S. 21 des Gutachtens), Überschreitungen des Nachtimmissionsrichtwertes eines allgemeinen Wohngebietes von 40 dB (A) seien nicht auszuschließen; insoweit könne eine gesicherte Aussage nicht gemacht werden. Dieser Gutachtenteil ist aber vom Standpunkt des Verwaltungsgerichts und auch des Senats rechtsunerheblich, da das Verwaltungsgericht die mit Zulassungsrügen nicht durchgreifend angegriffene Feststellung getroffen hat, dass für den Landwirtschaftsbetrieb des Klägers ein Nachtimmissionsrichtwert von 45 dB (A) als maßgebendes Schutzniveau einzuhalten ist. Für diesen allein einschlägigen Nachtimmissionsrichtwert enthält das Gerichtsgutachten auf Seite 20 die Feststellung:

Auch unter Beachtung aller Unwägbarkeiten ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der Nachtimmissionsrichtwert von 45 dB (A) durch die fünf Windenergieanlagen eingehalten wird.

Sodann hat der Gerichtsgutachter in seiner Nachstellungnahme vom 2.8.2006 (Gerichtsakte Bl. 360) in Kenntnis der Einwendungen des Klägers im Zulassungsverfahren daran festgehalten, dass der Nachtimmissionsrichtwert von 45 dB (A) mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eingehalten wird.

Damit liegt im konkreten Fall sogar ein größeres Maß an Sicherheit vor, als es die immissionsschutzrechtliche Schutzpflicht als Genehmigungsvoraussetzung verlangt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats greift die immissionsschutzrechtliche Schutzpflicht als Instrument der Gefahrenabwehr ein, wenn die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts besteht

BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 - 7 C 19/02 -, Nano-Anlagenurteil, Juris-Ausdruck Rdnr. 12; ebenso Senat, Urteil vom 16.9.2005 - 3 M 2/04 -, S. 20 des Umdrucks.

Der Ausschluss schädlicher Umwelteinwirkungen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wird mithin als Rechtsvoraussetzung der erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nicht einmal verlangt. Bei dieser Sachlage kommt es nicht mehr auf die - sicher richtige - Feststellung des Klägers an, die alleinige Vorgabe der Einhaltung von Richtwerten genüge nicht als Genehmigungsvoraussetzung.

Mit einem weiteren Punkt seiner Gutachtenargumentation macht der Kläger geltend, das Kötter-Gutachten sei lediglich eine Prognose, die seitens der Beigeladenen als Windkraftbetreiberin bezahlt und der Behörde vorgelegt worden sei; solche Betreiberprognosen entsprächen regelmäßig nicht dem Rechtsprechungserfordernis, dass die Schallprognose auf der sicheren Seite liegen müsse.

Vorweg ist dazu zu bemerken, dass das Ingenieurbüro Kötter ausweislich des Widerspruchsbescheides vom 26.1.2004, S. 31 (in der Beiakte 3), eine nach § 26 BImSchG bekannt gegebene Stelle ist. Mit der Würdigung eines immissionsschutzrechtlichen Betreibergutachtens durch einen nach § 26 BImSchG benannte Stelle hat der Senat sich in einem den Prozessbevollmächtigen des Klägers bekannten Beschluss vom 10.11.2006 - 3 W 5/06 -, S. 18/19 des Umdrucks, eingehend befasst. Entgegen der Meinung des Klägers ist bei den bekannt gegebenen Stellen im Verständnis des § 26 BImSchG zumindest prinzipiell von der erforderlichen Objektivität und Unabhängigkeit auszugehen. Materielle Voraussetzungen einer solchen Bekanntgabe nach § 26 BImSchG sind Fachkunde, Zuverlässigkeit und Unabhängigkeit

Beschluss des Senats vom 10.11.2006 - 3 W 5/06 -, S. 18 des Umdrucks; ebenso Jarass, BImSchG, 6. Auflage 2005, § 26 Rdnr. 28.

Diese festgestellte Zuverlässigkeit und Unabhängigkeit werden grundsätzlich nicht dadurch beeinträchtigt, dass die Immissionsprognose entsprechend den Vorgaben des Immissionsschutzrechts von dem Betreiber in Auftrag gegeben und auch bezahlt wird

Beschluss des Senats vom 10.11.2006 - 3 W 5/06 -, S. 18 des amtl. Umdrucks.

Zu den Vorgaben des Immissionsschutzrechts ist noch festzustellen, dass die Unterlagen im Genehmigungsverfahren regelmäßig eine Immissionsprognose nach § 4a Abs. 2 Nr. 1 der 9. BImSchV enthalten müssen, da anderenfalls nach Maßgabe des § 10 Abs. 2 der 9. BImSchV ein Genehmigungshindernis vorliegt

Urteil des Senats vom 16.9.2005 - 3 M 2/04 -, S. 46 des Umdrucks.

Der Normgeber geht also erkennbar von der grundsätzlichen Verwertbarkeit der vom Betreiber vorgelegten Immissionsprognose aus. Dies gilt erst recht, wenn sie wie hier von einer nach § 26 BImSchG benannten Stelle erarbeitet worden ist. Entgegen der Meinung des Klägers sind solche Immissionsprognosen nicht regelmäßig unverwertbar, sondern regelmäßig und so auch hier verwertbar.

Unabhängig von der hier angestellten allgemeinen Betrachtung hat der Senat bereits konkret dargelegt, dass das Prognosegutachten Kötter für die Schallleistungspegel der Anlagen einen Sicherheitszuschlag angesetzt hat, der mit dem so erhöhten Schallleistungspegel noch über den späteren tatsächlichen Messungen lag. Auch konkret liegt das Kötter-Gutachten ungeachtet der Einwendungen auf der sicheren Seite.

Die Einwendungen zur Sicherheit der Gutachten sind also insgesamt nicht überzeugend; unsubstanziiert sind sie, soweit dem Verwaltungsgericht eine falsche Wertung des Gutachtens vorgeworfen ist.

Nach allem ist die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts nicht fragwürdig; der Zulassungsgrund ernstlicher Zweifel greift nicht durch.

Weiterhin macht der Kläger mit Blick auf die Gutachtenwürdigung den Zulassungsgrund der besonderen tatsächlichen Schwierigkeiten geltend (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) und trägt dazu vor, für eine gerichtliche Entscheidung bedürfe es der Erstellung eines korrekten Gutachtens und hierzu gehöre die in der Tat schwierige Auswertung eines solchen Gutachtens. Dazu verweist der Kläger auf die Einzelpunkte seiner bereits behandelten Gutachtenangriffe.

Der Gesichtspunkt der besonderen tatsächlichen Schwierigkeiten ist ausgehend von dem vom Verwaltungsgericht bereits erreichten Aufklärungsstand aus zu beantworten. Das Verwaltungsgericht hat durch die Beweisaufnahme eine klare Beweislage geschaffen, wonach Kötterprognose, Windtestmessgutachten und Gerichtsgutachten konvergent zu dem Ergebnis führen, dass der hier maßgebende nächtliche Immissionsrichtwert von 45 dB (A) eindeutig eingehalten wird. Für die Frage der tatsächlichen Schwierigkeiten kann auch auf den Begründungsaufwand des erstinstanzlichen Urteils abgestellt werden.

BVerfG, Beschluss vom 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458/1459.

Übereinstimmend mit der klaren Beweislage hat das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Urteil (S. 15) als Begründungsaufwand lediglich die sehr kurze Darstellung benötigt, dass der maßgebliche Immissionsrichtwert von 45 dB (A) für die Nachtzeit nach der nachvollziehbar begründeten Darlegung des Gerichtssachverständigen eingehalten wird und die Kammer dessen schriftlicher Stellungnahme folgt. Diese sehr kurze Darstellung entspricht der klaren Beweislage ohne besondere tatsächliche Schwierigkeiten.

Der Senat sieht durchaus, dass der eigene Begründungsaufwand im vorliegenden Zulassungsverfahren höher als derjenige des Verwaltungsgerichts ist. Dies liegt aber nicht an einer Komplexität der Beweislage selbst, sondern an dem formellen Gebot des rechtlichen Gehörs. Unter Wahrung des rechtlichen Gehörs des Klägers hat der Senat die sehr zahlreichen Kritikpunkte gegen das klare Beweisergebnis, die insgesamt und zwar eindeutig nicht überzeugen, einzeln abgearbeitet. Die Abarbeitung der sehr zahlreichen Einzelpunkte führt notwendigerweise zu einem höheren Begründungsaufwand. In der Sache selbst ändert sich an dem klaren Beweisergebnis nichts, denn der Senat geht mit dem Sachverständigen in seiner Nachstellungnahme vom 2.8.2006 (Gerichtsakte Bl. 360/361) in Kenntnis aller Gutachteneinwendungen davon aus, dass der Immissionsrichtwert von 45 dB (A) nachts mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eingehalten wird.

Mithin verbleibt es bei der bereits vom Verwaltungsgericht erreichten klaren Beweislage, für die der Zulassungsgrund der besonderen tatsächlichen Schwierigkeiten nicht einschlägig ist.

Damit greift gegen die grundlegenden Feststellungen des Verwaltungsgerichts zum Schutzniveau und zur Schutzeinhaltung nach dem Ergebnis der Überprüfung des Senats keiner der geltend gemachten Zulassungsgründe durch.

Für die erstrebte Rechtsmittelzulassung ist danach kein Raum.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung auf 15.000 EUR ergibt sich aus den §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG unter Mitberücksichtigung von Nr. 19.2 i.V.m. Nr. 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 7./8.7.2004 für die Klage drittbetroffener Privater gegen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 01. Juni 2007 - 3 Q 110/06

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 01. Juni 2007 - 3 Q 110/06

Referenzen - Gesetze

Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 01. Juni 2007 - 3 Q 110/06 zitiert 12 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 4 Allgemeine Wohngebiete


(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen. (2) Zulässig sind 1. Wohngebäude,2. die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,3. Anlagen für kirchliche, kulture

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 1 Allgemeine Vorschriften für Bauflächen und Baugebiete


(1) Im Flächennutzungsplan können die für die Bebauung vorgesehenen Flächen nach der allgemeinen Art ihrer baulichen Nutzung (Bauflächen) dargestellt werden als 1.Wohnbauflächen(W)2.gemischte Bauflächen(M)3.gewerbliche Bauflächen(G)4.Sonderbauflächen

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 5 Pflichten der Betreiber genehmigungsbedürftiger Anlagen


(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt 1. schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigu

Baugesetzbuch - BBauG | § 8 Zweck des Bebauungsplans


(1) Der Bebauungsplan enthält die rechtsverbindlichen Festsetzungen für die städtebauliche Ordnung. Er bildet die Grundlage für weitere, zum Vollzug dieses Gesetzbuchs erforderliche Maßnahmen. (2) Bebauungspläne sind aus dem Flächennutzungsplan zu e

Baugesetzbuch - BBauG | § 5 Inhalt des Flächennutzungsplans


(1) Im Flächennutzungsplan ist für das ganze Gemeindegebiet die sich aus der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung ergebende Art der Bodennutzung nach den voraussehbaren Bedürfnissen der Gemeinde in den Grundzügen darzustellen. Aus dem Flächennu

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 26 Messungen aus besonderem Anlass


Die zuständige Behörde kann anordnen, dass der Betreiber einer genehmigungsbedürftigen Anlage oder, soweit § 22 Anwendung findet, einer nicht genehmigungsbedürftigen Anlage Art und Ausmaß der von der Anlage ausgehenden Emissionen sowie die Immissione

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 01. Juni 2007 - 3 Q 110/06 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 01. Juni 2007 - 3 Q 110/06 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 07. März 2007 - 3 Q 166/06

bei uns veröffentlicht am 07.03.2007

Tenor Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 20.10.2006 – 2 K 163/06.A – wird zurückgewiesen. Die außergerichtlichen Kosten des gerichtskostenfreien Zulassungsverfahrens hat

Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 10. Nov. 2006 - 3 W 5/06

bei uns veröffentlicht am 10.11.2006

Tenor Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 26. Mai 2006 – 1 F 16/05 – wird zurückgewiesen. Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergeric

Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Urteil, 16. Sept. 2005 - 3 M 2/04

bei uns veröffentlicht am 16.09.2005

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen; außergerichtliche Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Revision wird
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 01. Juni 2007 - 3 Q 110/06.

Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 04. Mai 2010 - 3 B 77/10

bei uns veröffentlicht am 04.05.2010

Tenor Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 22. Februar 2010 – 5 L 9/10 – wird zurückgewiesen. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich

Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 27. Juni 2007 - 3 Q 164/06

bei uns veröffentlicht am 27.06.2007

Tenor Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 12. Oktober 2006 - 1 K 64/05 - wird zurückgewiesen. Die Kosten des Zulassungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Referenzen

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt

1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können;
2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen;
3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften;
4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.

(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.

(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung

1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können,
2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und
3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.

(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.

(1) Im Flächennutzungsplan können die für die Bebauung vorgesehenen Flächen nach der allgemeinen Art ihrer baulichen Nutzung (Bauflächen) dargestellt werden als

1.Wohnbauflächen(W)
2.gemischte Bauflächen(M)
3.gewerbliche Bauflächen(G)
4.Sonderbauflächen(S).

(2) Die für die Bebauung vorgesehenen Flächen können nach der besonderen Art ihrer baulichen Nutzung (Baugebiete) dargestellt werden als

1.Kleinsiedlungsgebiete(WS)
2.reine Wohngebiete(WR)
3.allgemeine Wohngebiete(WA)
4.besondere Wohngebiete(WB)
5.Dorfgebiete(MD)
6.dörfliche Wohngebiete(MDW)
7.Mischgebiete(MI)
8.urbane Gebiete(MU)
9.Kerngebiete(MK)
10.Gewerbegebiete(GE)
11.Industriegebiete(GI)
12.Sondergebiete(SO).

(3) Im Bebauungsplan können die in Absatz 2 bezeichneten Baugebiete festgesetzt werden. Durch die Festsetzung werden die Vorschriften der §§ 2 bis 14 Bestandteil des Bebauungsplans, soweit nicht auf Grund der Absätze 4 bis 10 etwas anderes bestimmt wird. Bei Festsetzung von Sondergebieten finden die Vorschriften über besondere Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 10 keine Anwendung; besondere Festsetzungen über die Art der Nutzung können nach den §§ 10 und 11 getroffen werden.

(4) Für die in den §§ 4 bis 9 bezeichneten Baugebiete können im Bebauungsplan für das jeweilige Baugebiet Festsetzungen getroffen werden, die das Baugebiet

1.
nach der Art der zulässigen Nutzung,
2.
nach der Art der Betriebe und Anlagen und deren besonderen Bedürfnissen und Eigenschaften
gliedern. Die Festsetzungen nach Satz 1 können auch für mehrere Gewerbegebiete einer Gemeinde im Verhältnis zueinander getroffen werden; dies gilt auch für Industriegebiete. Absatz 5 bleibt unberührt.

(5) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass bestimmte Arten von Nutzungen, die nach den §§ 2 bis 9 sowie 13 und 13a allgemein zulässig sind, nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(6) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 9 vorgesehen sind,

1.
nicht Bestandteil des Bebauungsplans werden oder
2.
in dem Baugebiet allgemein zulässig sind, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(7) In Bebauungsplänen für Baugebiete nach den §§ 4 bis 9 kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass in bestimmten Geschossen, Ebenen oder sonstigen Teilen baulicher Anlagen

1.
nur einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen zulässig sind,
2.
einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen unzulässig sind oder als Ausnahme zugelassen werden können oder
3.
alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 4 bis 9 vorgesehen sind, nicht zulässig oder, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt, allgemein zulässig sind.

(8) Die Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 7 können sich auch auf Teile des Baugebiets beschränken.

(9) Wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen, kann im Bebauungsplan bei Anwendung der Absätze 5 bis 8 festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der in den Baugebieten allgemein oder ausnahmsweise zulässigen baulichen oder sonstigen Anlagen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können.

(10) Wären bei Festsetzung eines Baugebiets nach den §§ 2 bis 9 in überwiegend bebauten Gebieten bestimmte vorhandene bauliche und sonstige Anlagen unzulässig, kann im Bebauungsplan festgesetzt werden, dass Erweiterungen, Änderungen, Nutzungsänderungen und Erneuerungen dieser Anlagen allgemein zulässig sind oder ausnahmsweise zugelassen werden können. Im Bebauungsplan können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets muss in seinen übrigen Teilen gewahrt bleiben. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch für die Änderung und Ergänzung von Bebauungsplänen.

(1) Im Flächennutzungsplan ist für das ganze Gemeindegebiet die sich aus der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung ergebende Art der Bodennutzung nach den voraussehbaren Bedürfnissen der Gemeinde in den Grundzügen darzustellen. Aus dem Flächennutzungsplan können Flächen und sonstige Darstellungen ausgenommen werden, wenn dadurch die nach Satz 1 darzustellenden Grundzüge nicht berührt werden und die Gemeinde beabsichtigt, die Darstellung zu einem späteren Zeitpunkt vorzunehmen; in der Begründung sind die Gründe hierfür darzulegen.

(2) Im Flächennutzungsplan können insbesondere dargestellt werden:

1.
die für die Bebauung vorgesehenen Flächen nach der allgemeinen Art ihrer baulichen Nutzung (Bauflächen), nach der besonderen Art ihrer baulichen Nutzung (Baugebiete) sowie nach dem allgemeinen Maß der baulichen Nutzung; Bauflächen, für die eine zentrale Abwasserbeseitigung nicht vorgesehen ist, sind zu kennzeichnen;
2.
die Ausstattung des Gemeindegebiets
a)
mit Anlagen und Einrichtungen zur Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen des öffentlichen und privaten Bereichs, insbesondere mit der Allgemeinheit dienenden baulichen Anlagen und Einrichtungen des Gemeinbedarfs, wie mit Schulen und Kirchen sowie mit sonstigen kirchlichen, sozialen, gesundheitlichen und kulturellen Zwecken dienenden Gebäuden und Einrichtungen, sowie mit Flächen für Sport- und Spielanlagen,
b)
mit Anlagen, Einrichtungen und sonstigen Maßnahmen, die dem Klimawandel entgegenwirken, insbesondere zur dezentralen und zentralen Erzeugung, Verteilung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung,
c)
mit Anlagen, Einrichtungen und sonstigen Maßnahmen, die der Anpassung an den Klimawandel dienen,
d)
mit zentralen Versorgungsbereichen;
3.
die Flächen für den überörtlichen Verkehr und für die örtlichen Hauptverkehrszüge;
4.
die Flächen für Versorgungsanlagen, für die Abfallentsorgung und Abwasserbeseitigung, für Ablagerungen sowie für Hauptversorgungs- und Hauptabwasserleitungen;
5.
die Grünflächen, wie Parkanlagen, Dauerkleingärten, Sport-, Spiel-, Zelt- und Badeplätze, Friedhöfe;
6.
die Flächen für Nutzungsbeschränkungen oder für Vorkehrungen zum Schutz gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes;
7.
die Wasserflächen, Häfen und die für die Wasserwirtschaft vorgesehenen Flächen sowie die Flächen, die im Interesse des Hochwasserschutzes und der Regelung des Wasserabflusses freizuhalten sind;
8.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen oder für die Gewinnung von Steinen, Erden und anderen Bodenschätzen;
9.
a)
die Flächen für die Landwirtschaft und
b)
Wald;
10.
die Flächen für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft.

(2a) Flächen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Abs. 3 im Geltungsbereich des Flächennutzungsplans können den Flächen, auf denen Eingriffe in Natur und Landschaft zu erwarten sind, ganz oder teilweise zugeordnet werden.

(2b) Für die Zwecke des § 35 Absatz 3 Satz 3 oder des § 249 Absatz 2 können sachliche Teilflächennutzungspläne aufgestellt werden; sie können auch für Teile des Gemeindegebiets aufgestellt werden.

(3) Im Flächennutzungsplan sollen gekennzeichnet werden:

1.
Flächen, bei deren Bebauung besondere bauliche Vorkehrungen gegen äußere Einwirkungen oder bei denen besondere bauliche Sicherungsmaßnahmen gegen Naturgewalten erforderlich sind;
2.
Flächen, unter denen der Bergbau umgeht oder die für den Abbau von Mineralien bestimmt sind;
3.
für bauliche Nutzungen vorgesehene Flächen, deren Böden erheblich mit umweltgefährdenden Stoffen belastet sind.

(4) Planungen und sonstige Nutzungsregelungen, die nach anderen gesetzlichen Vorschriften festgesetzt sind, sowie nach Landesrecht denkmalgeschützte Mehrheiten von baulichen Anlagen sollen nachrichtlich übernommen werden. Sind derartige Festsetzungen in Aussicht genommen, sollen sie im Flächennutzungsplan vermerkt werden.

(4a) Festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 2 des Wasserhaushaltsgesetzes, Risikogebiete außerhalb von Überschwemmungsgebieten im Sinne des § 78b Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie Hochwasserentstehungsgebiete im Sinne des § 78d Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sollen nachrichtlich übernommen werden. Noch nicht festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 3 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie als Risikogebiete im Sinne des § 73 Absatz 1 Satz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes bestimmte Gebiete sollen im Flächennutzungsplan vermerkt werden.

(5) Dem Flächennutzungsplan ist eine Begründung mit den Angaben nach § 2a beizufügen.

(1) Der Bebauungsplan enthält die rechtsverbindlichen Festsetzungen für die städtebauliche Ordnung. Er bildet die Grundlage für weitere, zum Vollzug dieses Gesetzbuchs erforderliche Maßnahmen.

(2) Bebauungspläne sind aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln. Ein Flächennutzungsplan ist nicht erforderlich, wenn der Bebauungsplan ausreicht, um die städtebauliche Entwicklung zu ordnen.

(3) Mit der Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung eines Bebauungsplans kann gleichzeitig auch der Flächennutzungsplan aufgestellt, geändert oder ergänzt werden (Parallelverfahren). Der Bebauungsplan kann vor dem Flächennutzungsplan bekannt gemacht werden, wenn nach dem Stand der Planungsarbeiten anzunehmen ist, dass der Bebauungsplan aus den künftigen Darstellungen des Flächennutzungsplans entwickelt sein wird.

(4) Ein Bebauungsplan kann aufgestellt, geändert, ergänzt oder aufgehoben werden, bevor der Flächennutzungsplan aufgestellt ist, wenn dringende Gründe es erfordern und wenn der Bebauungsplan der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung des Gemeindegebiets nicht entgegenstehen wird (vorzeitiger Bebauungsplan). Gilt bei Gebiets- oder Bestandsänderungen von Gemeinden oder anderen Veränderungen der Zuständigkeit für die Aufstellung von Flächennutzungsplänen ein Flächennutzungsplan fort, kann ein vorzeitiger Bebauungsplan auch aufgestellt werden, bevor der Flächennutzungsplan ergänzt oder geändert ist.

(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,
3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige nicht störende Gewerbebetriebe,
3.
Anlagen für Verwaltungen,
4.
Gartenbaubetriebe,
5.
Tankstellen.

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 20.10.2006 – 2 K 163/06.A – wird zurückgewiesen.

Die außergerichtlichen Kosten des gerichtskostenfreien Zulassungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Gründe

Dem Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 20.10.2006 – 2 K 163/06.A -, mit dem das Verwaltungsgericht dem Kläger Abschiebungsschutz verweigert hat, kann nicht entsprochen werden.

Der Kläger, der der Religionsgruppe der chaldäischen Christen im Irak angehört, stützt seinen Zulassungsantrag auf die von ihm vorgetragene grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG).

Als Grundsatzfrage stellt er zur Entscheidung des Senats,

ob die Weigerung irakischer Behörden, einen Staatsbürger als Christ zu registrieren, einen Verstoß nach § 60 Abs. 1 AufenthG darstellt.

Zur Begründung beruft er sich darauf, die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum asylrechtlichen Schutz der Religionsfreiheit allein für das forum internum sei durch die in Kraft getretene Qualifikationsrichtlinie 2004/83/EG vom 29.4.2004 überholt, da der Schutzbereich der asylrechtlich geschützten Religionsfreiheit nunmehr nach Art. 10 Abs. 1 b sowohl den privaten als auch den öffentlichen Bereich umfasse. Danach sei grundsätzlich die Verweigerung der staatlichen Registrierung als Christ nach dem neuen Recht politische Verfolgung.

Dieses Vorbringen rechtfertigt nicht die Durchführung eines Berufungsverfahrens.

Zugrunde zu legen für die Beurteilung der Grundsatzrüge ist die Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts, dass der Kläger seine christliche Religion im Irak uneingeschränkt ausgeübt hat (Urteil S. 8/9).

§ 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG gewährt Abschiebungsschutz, soweit Leben oder Freiheit des Ausländers wegen seiner Religion bedroht ist.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts

BVerwG, Urteil vom 20.1.2004 – 1 C 9/03

müssen die Eingriffe in die Religionsfreiheit ein solches Gewicht haben, dass das religiöse Existenzminimum verletzt ist. Nur dann befindet sich der Betroffene in seinem Heimatland in einer ausweglosen Lage. Geschützt ist dabei nur das forum internum als unverzichtbarer Kern der Privatsphäre des glaubenden Menschen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts scheidet es von vornherein aus, die bloße staatliche Nichtregistrierung bei fortbestehender Religionsausübung als einen asylrechtlich erheblichen Eingriff in die Religionsfreiheit anzusehen.

Die neue Rechtslage nach der Qualifikationsrichtlinie 2004 /83/EG vom 29.4.2004 führt zumindest im vorliegenden Fall eindeutig zu demselben Ergebnis. Mit Art. 10 Abs. 1 b der Qualifikationsrichtlinie ist der Schutzbereich der asylrelevanten Religionsfreiheit zwar von dem privaten auf den öffentlichen Bereich erweitert worden.

Überzeugend Marx, AsylVfG, 6. Auflage 2005, § 1 Rdnr. 206.

Artikel 10 Abs. 1 b der Qualifikationsrichtlinie lautet:

Der Begriff der Religion umfasst insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme bzw. Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder der Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind.

Auch der so erweiterte Schutzbereich der Religionsfreiheit enthält kein Recht auf staatliche Registrierung der eigenen Religion bei fortbestehender Religionsausübung. Dies spricht bereits dafür, dass entgegen der Meinung des Klägers die fehlende staatliche Registrierung als solche nicht vom Schutz der asylrelevanten Religionsfreiheit umfasst ist.

Offensichtlich wird das gefundene Ergebnis aber insbesondere durch Art. 9 Abs. 1 a der Qualifikationsrichtlinie, auf die bereits das Verwaltungsgericht abgestellt hat. Danach ist Verfolgungshandlung nicht jede Verletzung von Menschenrechten, sondern nur eine „schwerwiegende Verletzung“. Die Richtlinie zielt darauf ab, den Verfolgungsbegriff möglichst eng zu fassen.

Marx, AsylVfG, 6. Auflage 2005, § 1 Rdnr. 100.

Was nach Artikel 9 Abs. 1 der Richtlinie im konkreten Einzelfall schwerwiegend ist, bedarf einer wertenden, alle vorgebrachten und sonst ersichtlichen Umstände und Tatsachen einschließende Gesamtbetrachtung.

Marx, AsylVfG, 6. Auflage 2005.

Es liegt auf der Hand, dass die staatliche Nichtregistrierung einer Religionszugehörigkeit nicht bereits ohne Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zur Möglichkeit der Religionsausübung als schwerwiegende Menschenrechtsverletzung angesehen werden könnte.

So ist auch das Verwaltungsgericht vorgegangen und hat eine Einzelfallentscheidung getroffen, wonach der Kläger ungeachtet der von ihm nicht erreichten staatlichen Registrierung als Christ nicht gehindert war, sich zum chaldäischen Glauben zu bekennen (Seite 8 des Urteils) und seine Religionsausübung im Irak nach seinem eigenen Vortrag ohne Einschränkung war (Seite 9 des Urteils). Dieser Feststellung liegt zugrunde, dass der Kläger in seiner persönlichen Anhörung vor dem Verwaltungsgericht am 20.10.2006 auf Frage des Gerichts bekundet hat (Seite 4 des Protokolls, Gerichtsakte Blatt 56 R):

Ich habe im Irak meinen chaldäischen Glauben gelebt.

Das Verwaltungsgericht hat daraus den Schluss gezogen, dass der Kläger unverfolgt aus dem Irak ausgereist ist und auch künftig keiner Verfolgung unterliegt (Seite 9 des Urteils). Nach dem Ergebnis des Zulassungsverfahrens enthält das Urteil des Verwaltungsgerichts keine Verkennung des neuen Rechts, das hier zu einer Einzelfallbetrachtung führt.

Dementsprechend beruht das Urteil tragend auf einer Einzelfallwürdigung des Verfolgungsschicksals des Klägers, die allein der Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts unterliegt und mit der Grundsatzrüge nicht angegriffen werden kann.

Nach allem bleibt die Grundsatzrüge erfolglos.

Im Rahmen des Nichtzulassungsverfahrens wird von einer weiteren Begründung der Entscheidung abgesehen (§ 78 Abs. 5 Satz 1 AsylVfG).

Für die erstrebte Rechtsmittelzulassung ist danach kein Raum.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 2 VwGO, 83 b AsylVfG.

Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Die zuständige Behörde kann anordnen, dass der Betreiber einer genehmigungsbedürftigen Anlage oder, soweit § 22 Anwendung findet, einer nicht genehmigungsbedürftigen Anlage Art und Ausmaß der von der Anlage ausgehenden Emissionen sowie die Immissionen im Einwirkungsbereich der Anlage durch eine der von der zuständigen Behörde eines Landes bekannt gegebenen Stellen ermitteln lässt, wenn zu befürchten ist, dass durch die Anlage schädliche Umwelteinwirkungen hervorgerufen werden. Die zuständige Behörde ist befugt, Einzelheiten über Art und Umfang der Ermittlungen sowie über die Vorlage des Ermittlungsergebnisses vorzuschreiben.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen; außergerichtliche Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin betreibt seit 1983 auf ihrem Betriebsgelände im Gebiet der beigeladenen Gemeinde ein steinkohlebefeuertes Kraftwerk mit einer Feuerungswärmeleistung von 1840 Megawatt und einem maximalen Kohledurchsatz von 263,7 Tonnen/Stunde (Bescheid S. 9). Mit Schreiben vom 12.11.2002, eingegangen am 20.11.2002 (Behördenordner I Bl. 236), beantragte die Klägerin bei dem Beklagten eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Mitverbrennung von Klärschlamm. Energiemäßig soll der Klärschlamm nach dem Antrag gemeinsam mit Kohle bis zu einem Anteil von 15 % der jeweiligen Feuerungswärmeleistung verbrannt werden. Der maximale Durchsatz ist bei Trockenklärschlamm auf 20 Tonnen pro Stunde begrenzt, bei nassem Klärschlamm auf 40 Tonnen pro Stunde, insgesamt also 60 Tonnen pro Stunde; die maximale Lagermenge beträgt für Trockenklärschlamm 100 Tonnen und für Nassklärschlamm 630 Tonnen (vgl. für beides Formularantrag, Formular 3.4, Behördenordner I Bl. 221). Der maximale Gehalt von Quecksilber in der Trockenmasse wurde im Genehmigungsantrag mit bis zu 8 Milligramm pro Kilogramm angegeben mit Blick auf den entsprechenden Höchstwert in der Klärschlammverordnung für die landwirtschaftliche Aufbringung (Beschreibung des Vorhabens, Seite 11, Tabelle 1, Behördenordner I Bl. 207).

Innerhalb des Genehmigungsverfahrens bat der Beklagte mit Schreiben vom 17.12.2002 (Behördenordner I Bl. 278) die beigeladene Gemeinde um Herstellung des Einvernehmens. Nach dem vorliegenden Aktenvermerk vom 10.2.2003 (Behördenordner I Bl. 335) verweigerte die Beigeladene telefonisch ihr Einvernehmen. In ihrer schriftlichen Begründung vom 6.3.2003 (Behördenordner I Bl. 386) berief sich die Beigeladene insbesondere auf schädliche Umwelteinwirkungen und auf unwirtschaftliche Aufwendungen mit Blick auf den verstärkten Lkw-Verkehr. Mit Schreiben vom 17.9.2003 (Behördenordner II Bl. 319) teilte die Kommunalaufsichtsbehörde im Ersetzungsverfahren mit, das fehlende gemeindliche Einvernehmen werde nicht ersetzt.

Im Folgenden erklärte der Beklagte mit Schreiben vom 17.12.2002 (Behördenordner I Bl. 279) nach dem Ergebnis einer Vorprüfung die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung für nicht erforderlich. Nach Auslegung der Unterlagen (Behördenordner I Bl. 285) holte der Beklagte zur Klärung immissionsschutzrechtlicher Fragen insbesondere betreffend Emissionsgrenzwerte das Gutachten des TÜV Süddeutschland vom 27.8.2003 ein (Behördenordner II Bl. 268). Zu einem Erörterungstermin kam es nicht. Stattdessen hörte der Beklagte mit Schreiben vom 1.9.2003 (Behördenordner II Bl. 270) die Klägerin mit Blick auf überhöhte Quecksilber- und Stickstoffoxideinträge, die fehlende Immissionsprognose und das fehlende Einvernehmen der Standortgemeinde zu einer beabsichtigten Ablehnung an. Die Klägerin trat dem im Einzelnen entgegen.

Am 12.12.2003 erging der Ablehnungsbescheid des Beklagten (Behördenordner II Bl. 450), der auf die Überschreitung des Quecksilbergrenzwerts und das fehlende Einvernehmen der Beigeladenen gestützt ist. Gegen den am 19.12.2003 zugestellten (Behördenordner II Bl. 452) Ablehnungsbescheid hat die Klägerin am 19.1.2004 bei dem Oberverwaltungsgericht Bescheidungsklage erhoben.

Zur Begründung trägt sie in eingehender Auseinandersetzung mit dem Bescheid vor: In immissionsschutzrechtlicher Hinsicht erfülle sie unstreitig sämtliche Pflichten mit Ausnahme der streitigen Überschreitung des Quecksilbergrenzwertes als Tagesmittelwert von 0,03 Milligramm pro Kubikmeter Abgas. Der Beklagte gehe bei seiner Berechnung von dem fehlerhaften Verständnis einer Worst-Case-Betrachtung aus, das nur theoretisch sei, aber nicht realistisch auf die konkrete Anlage bezogen. Maßgebend sei der bestimmungsgemäße Gebrauch der Anlage und deshalb komme es nach der Rechtsprechung des VGH München auf repräsentative Betriebszustände an. Stattdessen habe der Beklagte unter Ausblendung repräsentativer Erfahrungen mit anderen Anlagen der Berechnung den theoretischen Fall zugrunde gelegt, dass der maximale Klärschlammeinsatz von 60 Tonnen pro Stunde über 24 Stunden aufrecht erhalten werde, und dazu noch mit einem Maximalwert an Quecksilber von 8 Milligramm pro Kilogramm Trockenmasse. Konkret komme es anlagebezogen zu einer Kapazitätsminderung, da das Trockenschlammsilo nur 100 Tonnen umfasse, der tägliche Maximaldurchsatz aber 480 Tonnen betrage. Außerdem läge bei Maximaldurchsatz der Tagesverbrauch der Anlage über der Tagesproduktion des Saarlandes.

Ebenso wenig liege der maximale Schadstoffgehalt an Quecksilber realistischerweise über einen ganzen Tag vor. Die Maximalangabe lege nur die Grenze des rechtlich Zulässigen beim Anlagebetrieb fest. Ein Quecksilberwert von 8 Milligramm pro Kilogramm sei aber für die Prognose keinesfalls repräsentativ. Vielmehr betrage der Durchschnittswert 1 Milligramm pro Kilogramm Trockensubstanz, nunmehr nach Mitteilung der Bundesregierung an die EU-Kommission sogar 0,7 Milligramm pro Kilogramm Trockensubstanz; auch die Bandbreite von Messwerten an Klärschlammproben reiche bis 2,8 Milligramm pro Kilogramm, allenfalls bis 5,4 Milligramm pro Kilogramm. Da die Berechnung des Beklagten wenn überhaupt nur auf einen kurzfristigen Betriebszustand passe, müsse hier allenfalls der höhere Halbstundenmittelwert von 0,05 Milligramm pro Kubikmeter angewandt werden, der auch eingehalten sei.

Auch bei unterstellter Grenzwertüberschreitung sei die Ablehnung unrichtig. Ein immissionsschutzrechtlicher Antrag dürfe nur abgelehnt werden, wenn die Prüfung ergebe, dass die Genehmigungsvoraussetzungen nicht vorlägen und die Erfüllung auch nicht durch Nebenbestimmungen sichergestellt werden könne. Dabei sei nach der Rechtsprechung zu vermuten, dass der Antragsteller Nebenbestimmungen in seinen Willen aufgenommen habe. Die Regelung sei Ausdruck des Verhältnismäßigkeitsprinzips und gelte damit auch für Inhaltsbestimmungen. In einer Besprechung vom 17.12.2003 habe die Klägerin eine zeitweise Herabsetzung der Einsatzstoffe für den konkreten Fall akzeptiert, dass sich im Einzelfall bei kontinuierlichen Messungen eine Überschreitung des Emissionsgrenzwerts abzeichne. Realistischerweise komme es deshalb während des Betriebs zu keiner Grenzwertüberschreitung. Entgegen der Rechtsansicht des Beklagten werde der Klägerin mit Begrenzungsregelungen kein neuer Antragsgegenstand aufgedrängt, es liege kein Aliud vor, sondern ein Minus. Vielmehr habe der Beklagte sie beraten müssen. Als einschränkende Regelung hätte der Tagesdurchsatz des Klärschlamms entsprechend den beschränkten Lager- und Lieferkapazitäten begrenzt werden können; denkbar wäre auch eine Auflage, nur Klärschlämme mit einer bestimmten Spezifikation, insbesondere mit Quecksilbergehalt von bis zu 6 Milligramm pro Kilogramm Trockenmasse zu verbrennen. Soweit dem Beklagten Ermessen verblieben sei, liege eine Ermessensunterschreitung vor, da er eine Pflicht zur Versagung angenommen habe.

Entgegen der Annahme der Beigeladenen stehe Naturschutzrecht dem Vorhaben nicht entgegen. Zwar existierten in der Umgebung gemeldete FFH-Gebiete. Der Beklagte habe aber zu Recht nach dem Ergebnis einer gutachtlichen Vorprüfung von der Durchführung einer FFH-Verträglichkeitsprüfung abgesehen, da das Vorhaben nicht zur Beeinträchtigung dieser Gebiete geeignet sei. Auch der für die Kraftwerksböschungen geltende Landschaftsplan sei nicht beeinträchtigt, da der Verlust von Gehölz ausweislich der Eingriffs- und Ausgleichskarte durch eine flächenmäßig größere Neubepflanzung ausgeglichen werde.

Bauplanungsrechtlich sei das Änderungsvorhaben rechtmäßig und die Versagung des Einvernehmens durch die Beigeladene mithin rechtswidrig. Es handele sich um ein privilegiertes Außenbereichsvorhaben, dem öffentliche Belange nicht entgegenstünden. Eine Zunahme schädlicher Umwelteinwirkungen sei nicht zu befürchten, da wie dargelegt die Grenzwerte eingehalten würden. Hilfsweise hätte es mit Blick auf den Quecksilbergrenzwert ausgereicht, wenn die Beigeladene ihr Einvernehmen zu der Genehmigung mit entsprechenden Nebenbestimmungen zum Quecksilbergrenzwert erteilt hätte. Auch der Gesichtspunkt unwirtschaftlicher Straßenaufwendungen der Beigeladenen mit Blick auf den erhöhten Lkw-Verkehr greife nicht durch. Dieser Gesichtspunkt schütze die Gemeinde nur speziell vor solchen Aufwendungen, die durch die Lage im Außenbereich verursacht würden. Die Lkw-bezogenen Straßenaufwendungen würden aber an jedem Standort innerhalb des Gemeindegebiets eintreten. Mithin greife dieser Gesichtspunkt von vornherein nicht. Zusatzkosten der Beigeladenen entstünden nicht. Insbesondere sei konkret zu bezweifeln, dass die Schätzung der Beigeladenen eines um mindestens 6 % erhöhten Unterhaltungsaufwands richtig durchgeführt sei. Etwaige doch entstehende zusätzliche Aufwendungen seien nicht unwirtschaftlich, weil sie nicht allein im Interesse der Klägerin lägen, sondern auch die örtliche Infrastruktur verbesserten. Schließlich stehe auch der städtebauliche Vertrag vom 4./5.9.1996 der Realisierung des Vorhabens nicht entgegen. Das in Ziffer 9 des Vertrages vereinbarte Verbot der Mitverbrennung von Klärschlamm beziehe sich nach Ziffer 17 allein auf den Fall, dass das seinerzeitige Projekt Kraftwerk Bexbach II realisiert werde, was aber zu keiner Zeit eingetreten sei. Davon abgesehen sei der Vertragsinhalt rechtlich weder eine Genehmigungsfrage noch eine Einvernehmensfrage.

Nach allem habe der Beklagte die beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung zu Unrecht versagt und sei zu verpflichten, nach Durchführung der noch erforderlichen Verfahrensschritte über den Antrag neu zu entscheiden.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 12.12.2003 zu verpflichten, über den von der Klägerin unter dem 12.11.2002 gestellten Antrag auf Genehmigung zur Mitverbrennung von Klärschlamm im Kraftwerk Bexbach unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hält die Klage für unbegründet. Die Klägerin habe keinen Genehmigungsanspruch, da sowohl die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen nicht vorlägen als auch das Gemeindeeinvernehmen versagt sei. Entgegen der Meinung der Klägerin habe er kein fehlerhaftes Verständnis von einer Worst-Case-Betrachtung. Er habe bei der Berechnung der Quecksilberemissionen nicht auf einen nur theoretischen Betriebszustand abgestellt, sondern sich ausschließlich nach der beantragten Genehmigung und damit dem Planzustand gerichtet. Ob die beantragten Betriebsbedingungen wie nunmehr vorgetragen unwahrscheinlich seien, sei nicht entscheidend. Es obliege allein der Klägerin, den von ihr als möglich und ausreichend erachteten Betriebsbedingungen durch eine entsprechende Formulierung des Genehmigungsantrags Rechnung zu tragen. Auch in der Sache selbst sei die beantragte Mitverbrennung von 60 Tonnen Klärschlamm pro Stunde über 24 Stunden am Tag und damit in Höhe von 1440 Tonnen nicht unrealistisch. Ein voll gefülltes Trockenschlammsilo mit 100 Tonnen Inhalt würde bei maximalem Mengendurchsatz erst nach 5 Stunden entleert. Zwar sei eine Klärschlammanlieferung während der Nachtzeit von 22 Uhr bis 6 Uhr nicht möglich, wohl aber eine Klärschlammentladung durch auf dem Betriebsgelände bereitgestellte Lkw’s.

Wegen des mithin vorliegenden immissionsschutzrechtlichen Versagungsgrundes habe der Antrag abgelehnt werden müssen. Eine Nebenbestimmung wäre nicht in Betracht gekommen. Umfang und Art des eingesetzten Klärschlamms gehörten zum Antragsgegenstand. Allein die Klägerin sei Herr des Antrags gewesen. Sie sei nicht bereit gewesen, ihren Antrag im Genehmigungsverfahren abzuändern. Deshalb wäre ein anderer Genehmigungsgegenstand unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten kein milderes, sondern ein unerwünschtes Mittel gewesen. Weiterhin habe die Beigeladene zu Recht ihr Einvernehmen versagt. Insofern schließt sich der Beklagte dem Vortrag der Beigeladenen vollinhaltlich an.

Die Beigeladene stellt keinen Antrag.

Die Beigeladene vertritt den Rechtsstandpunkt, dass die Genehmigung bereits aus immissionsschutzrechtlichen Gründen zu versagen sei und schließt sich insofern der Argumentation des Beklagten an. Ergänzend trägt sie vor, bei der Betrachtung eines realistischen oder wahrscheinlichen Betriebszustandes wären die Angaben im Genehmigungsantrag über die maximale Ausnutzbarkeit im Grunde überflüssig und das Ziel des Immissionsschutzes sei in Frage gestellt. Es gehe nicht an, dass die Klägerin im Prozess ihre eigenen Angaben nunmehr als theoretisch denkbaren Betriebszustand ansehe. Der Beklagte hätte keine Veranlassung gehabt, ohne Abänderung des Antrags der Klägerin ein Aliud zuzusprechen und habe mithin die Genehmigung zu Recht verweigert.

Abgesehen von immissionsschutzrechtlichen Gründen bestünden auch naturschutzrechtliche Bedenken gegen das Vorhaben. Zum einen befänden sich einige FFH-Gebiete in der Nähe des Kraftwerkstandorts und insofern fehle es an einer Verträglichkeitsuntersuchung. Weiterhin sei naturschutzrechtlich im Böschungsbereich der Anlage selbst ein Landschaftsplan betroffen, zu dem das Vorhaben im Widerspruch stehe.

Die Beigeladene habe ihr Einvernehmen zu Recht wegen entgegenstehender öffentlicher Belange verweigert. Dies gelte sowohl für schädliche Umwelteinwirkungen als auch für unwirtschaftliche Aufwendungen.

Insofern trägt die Beigeladene auf der Grundlage ihres Verkehrsentwicklungsplans mit Beweisanerbieten vor, dass das Vorhaben zu unwirtschaftlichen Aufwendungen für Straßen führe. Der tägliche zusätzliche Lkw-Verkehr von insgesamt 120 An- und Abfahrten erfolge mehrheitlich über den Industriering als Umgehungsstraße, beeinträchtige aber auch die Innenstadt. Insofern legt die Beigeladene eingehend ihre Erfahrungen mit dem Lkw-Zulieferungsverkehr durch ihre Innenstadt dar. Hinzu komme eine zusätzliche Belastung. Der Lkw-Verkehr auf dem Industriering als Umgehungsstraße betrage jetzt täglich 1045 Lkw-Fahrzeuge und steige durch 120 zusätzliche Fahrten um 10,3 % an. Im Haushaltsjahr 2005 habe die Beigeladene für die Unterhaltung des Industrierings Finanzmittel in Höhe von rund 20.000,-- Euro eingeplant; durch den zusätzlichen Lkw-Verkehr sei mit einem um mindestens 6 % erhöhten Unterhaltsaufwand zu rechnen. Ein Neuausbau des Industrierings koste 725.870,-- Euro. Hinzu kämen unter Einbeziehung der Innenstadt künftig weitere aufwändige Bau- und Sicherheitsmaßnahmen, die im Einzelnen aufgeführt werden. Mit Blick auf die Unwirtschaftlichkeit sei zu berücksichtigen, dass die Beigeladene bei einem Haushaltsdefizit von 10,5 Millionen Euro nicht die Mittel für zusätzliche Unterhaltungs- und Sanierungskosten habe. Die Kosten kämen allein der Klägerin für ihr Vorhaben zugute und hätten für die geordnete Entwicklung der Beigeladenen keine Bedeutung. Vor solchen unwirtschaftlichen Aufwendungen schütze das Bauplanungsrecht, ohne dass es auf eine spezielle Kausalität zwischen Außenbereichsstandort und Aufwendungen ankomme. Ihr Einvernehmen sei mithin zu Recht versagt worden. Aus den dargelegten Gründen könne die Klage keinen Erfolg haben.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Behördenordner – 7 Ordner – Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das Oberverwaltungsgericht nach § 48 I Nr. 3 VwGO für Streitigkeiten betreffend die Änderung von Kraftwerken mit einer Feuerungswärmeleistung mit mehr als 300 Megawatt – hier 1840 Megawatt – erstinstanzlich zuständig.

Die Klage ist aber unbegründet. Für die als Bescheidungsklage erhobene Klage ist das derzeit geltende Recht maßgebend. Danach hat die Klägerin deshalb keinen Genehmigungsanspruch nach § 6 des Bundesimmissionsschutzgesetzes – BImSchG – in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 24.5.2005 (BGBl. I S. 1794), weil auf der Grundlage des Antrags und der vorgelegten Unterlagen nicht sichergestellt ist, dass die Klägerin ihre Betreiberpflichten erfüllt (§ 6 I Nr. 1, § 5 I Nr. 2 BImSchG) und weiter andere öffentlich-rechtliche Vorschriften – die für die Beurteilung des Vorhabens einschlägigen Bestimmungen des Bauplanungsrechts entgegenstehen (§ 6 I Nr. 2 BimSchG, § 35 III 1 Nr. 3 BauGB) und die Beigeladene unter dem letztgenannten Gesichtspunkt zu Recht ihr Einvernehmen versagt hat.

Die von der Klägerin begehrte immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung nach § 16 I 1 BImSchG ist unstreitig erforderlich, da eine wesentliche Änderung des Anlagenbetriebs beantragt ist. Nach dem Antragsgegenstand sollen in dem Kohlekraftwerk stündlich bis zu 60 Tonnen Klärschlamm mitverbrannt werden. Nach dem abstrakten Maßstab des § 16 I 1 BImSchG können damit nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden, wie sich bereits aus dem wesentlich veränderten Schadstoffinput von Klärschlamm gegenüber Kohle ergibt. Im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts liegt hier nicht eine rein quantitative Erweiterung, sondern eine Änderung qualitativer Art vor.

BVerwG, Urteil vom 11.2.1977 – IV C 9.75 -, DVBl. 1977, 770 – 771.

Nach den im Immissionsschutzrecht anerkannten Grundsätzen sind bei qualitativen Änderungen sämtliche von der Anlage ausgehenden Emissionen als unmittelbarer Prüfungsgegenstand zu würdigen.

BVerwG, Urteil vom 11.2.1977 – IV C 9.75 -, DVBl. 1977, 770 – 771; BVerwG, Urteil vom 21.8.1996 – 11 C 9/95 -, Juris-Ausdruck Seite 7, wobei in dem letzteren Urteil die für das Immissionsschutzrecht anerkannten Grundsätze auf das Atomrecht übertragen werden; ebenso Jarass, BImSchG, Kommentar, 6. Auflage 2005, § 16 Rdnr. 20; Feldhaus, BImSchG, 2. Auflage, Stand 2003, § 16 Rdnr. 87.

Mithin kommt es bei der hier vorliegenden qualitativen Änderung der Klärschlammzugabe auf die Emissionen der gesamten Anlage an. Der Prüfungsgegenstand geht damit weiter als der Genehmigungsgegenstand, denn der Genehmigungsgegenstand bestimmt sich nach dem gestellten Antrag und stellt die vorhandene Anlage, soweit sie unverändert bleiben soll, nicht zur Entscheidung der Genehmigungsbehörde.

Feldhaus, § 16 Rdnrn. 87 und 88.

Die Änderungsgenehmigung kann nach den §§ 16, 6 I Nr. 1 BImSchG nur erteilt werden, wenn sichergestellt ist, dass die Betreiberpflichten nach § 5 BImSchG sowie nach einer aufgrund des § 7 BImSchG erlassenen Rechtsverordnung erfüllt werden. Sichergestellt ist die Erfüllung der Betreiberpflichten nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur dann, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Überschreitung der immissionsschutzrechtlich festgesetzten Werte ausgeschlossen werden kann.

BVerwG, Urteil vom 17.2.1978 – BVerwG 1 C 102.76 -, BVerwGE 55, 250 – 262, Voerde-Urteil.

Zu den Betreiberpflichten gehört es nach § 5 I Nr. 1 und 2 BImSchG, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt zum einen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können, mithin die Schutzpflicht erfüllt wird, und sodann, dass Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen, mithin die Vorsorgepflicht erfüllt wird. Der Schutzpflicht werden die Immissionswerte am Einwirkungsort zugeordnet und der Vorsorgepflicht die Emissionswerte an der Emissionsquelle (Schornstein).

Der Beklagte hat in seinem angefochtenen Bescheid einen Genehmigungsanspruch aus immissionsschutzrechtlicher Sicht deshalb verneint, weil die Erfüllung der Vorsorgepflicht durch Einhaltung des Emissionswertes für Quecksilberemissionen nach der von ihm durchgeführten Rechnung nicht sichergestellt ist und auch nach dem Antragsinhalt durch Nebenbestimmungen nicht sichergestellt werden kann. Nach dem Überprüfungsergebnis des Senats ist der als gebundener Verwaltungsakt ergangene Bescheid im immissionsschutzrechtlichen Ergebnis rechtmäßig, wobei es mit Blick auf den Streit der Beteiligten noch ergänzender und alternativer Betrachtungen insbesondere zu der streitigen Kapazität der Anlage und zu der Möglichkeit bedarf, aufgrund der vorliegenden Antragsunterlagen Genehmigungshindernisse durch Nebenbestimmungen oder Inhaltsbestimmungen zu überwinden.

Unstreitig ist zwischen den Beteiligten als anzulegender rechtlicher Maßstab der Emissionsgrenzwert für Quecksilberemissionen der Anlage.

Durch die Mitverbrennung von Klärschlamm wird die zur Genehmigung gestellte Anlage nach Maßgabe des § 2 Nr. 7 der 17. BImSchV in der hier maßgebenden Fassung vom 14.8.2003 (Bundesgesetzblatt I S. 1633) zur Mitverbrennungsanlage, da der Hauptzweck der Energiebereitstellung bestehen bleibt. Nach dem Antragsgegenstand

Beschreibung des Vorhabens, Seite 7, Behördenordner I, Bl. 217/211

erfolgt die Mitverbrennung in dem Kohlekraftwerk antragsgemäß mit einem Anteil von höchstens 15 Prozent der jeweils gefahrenen Feuerungswärmeleistung. Bei dieser Sachlage ist der Hauptzweck der zur Genehmigung gestellten Anlage nicht die Abfallbehandlung, sondern die Energiebereitstellung. Nach § 5 a I 1 der 17. BImSchV gelten für Mitverbrennungsanlagen mit – wie hier – Mitverbrennungsstoffen bis zu 25 Prozent der jeweils gefahrenen Feuerungswärmeleistung die Emissionsgrenzwerte gemäß Anhang II der Verordnung. Nach Anhang II, dort Nr. II.2.5, gilt für alle Brennstoffe als Tagesmittelwert der Quecksilbergrenzwert von 0,03 Milligramm oder umgerechnet 30 Mikrogramm pro Kubikmeter Abgas. Nach § 12 III der 17. BImSchV sind die Emissionsgrenzwerte nur dann eingehalten, wenn kein Tagesmittelwert überschritten wird. Als Halbstundenmittelwert gilt nach Nr. II. 2.6 des Anhangs II für Quecksilber ein Grenzwert von 0,05 Milligramm oder umgerechnet 50 Mikrogramm pro Kubikmeter.

Diese rechtliche Regelung ist hier anzuwenden. Zwar besteht nach § 17 I der 17. BImSchV zugunsten von Altanlagen eine Überleitungsregelung nach Maßgabe der alten Fassung der 17. BImSchV, die aber ohnedies nach dem 17.12.2005 ausläuft. Mit Blick auf die Dynamik der Betreiberpflichten

BVerwG, Beschluss vom 3.6.2004 – 7 B 14.04 -, DÖV 2004, 1043/1044, dort zur Dynamik der Pflichten sowohl im Immissionsschutzrecht wie im Abfallrecht

müsste jede Mitverbrennungsanlage unabhängig vom Zeitpunkt der Genehmigung den neuen Quecksilbergrenzwert ab dem 18.12.2005 einhalten. Dieser Rechtslage vorgreifend hat die Klägerin im Genehmigungsverfahren in ihrem Anwaltsschreiben vom 19.9.2003 verbindlich auf die Altanlagenprivilegierung nach § 17 der neuen 17. BImSchV verzichtet.

Seite 9 des Schreibens vom 19.9.2003, Behördenordner II Blatt 310.

Das Inkrafttreten des neueren, insofern strengeren Rechts während des Genehmigungsverfahrens hat im Übrigen dazu geführt, dass die Antragsunterlagen teilweise noch auf höhere und damit für die Betreiberin mildere Grenzwerte ausgerichtet sind. In dem von der Klägerin vorgelegten proTerra-Gutachten

Anlage 11, Gutachten der proTerra vom 11.11.2002, Behördenordner I Blatt 40, dort Seite 25 des Gutachtens

wird für Quecksilber von einem Mischgrenzwert für die Kohle- und Klärschlammverbrennung als Tagesmittelwert von 0,09 Milligramm pro Kubikmeter (90 Mikrogramm pro Kubikmeter) ausgegangen, der nach diesen Feststellungen sowohl beim reinen Kohlebetrieb als auch beim Einsatz von Klärschlamm deutlich unterschritten wird. Der nunmehr geltende neue Grenzwert für Quecksilber als Tagesmittelwert von 0,03 Milligramm pro Kubikmeter ist dreimal strenger als der in den Antragsunterlagen der Klägerin einschließlich des proTerra-Gutachtens angenommene Emissionsgrenzwert. Gerade diese Rechtsänderung führt hier zur Überschreitung des neuen Emissionsgrenzwerts, der nach dem früheren Recht noch sicher hätte eingehalten werden können. Die Klägerin hatte also ursprünglich keinen Anlass, der Quecksilberproblematik – Quecksilber entzieht sich als leichtflüchtiges und dann gasförmiges Schwermetall wesentlich leichter der Filterung im Abgas als die schwerflüchtigen Schwermetalle – verstärkte Aufmerksamkeit zu schenken oder eine technische Aufrüstung der Anlage in Erwägung zu ziehen.

Vgl. zur Flüchtigkeit von Quecksilber im Rauchgas bei der Verbrennung von Klärschlamm Förstner, Umweltschutztechnik, 6. Auflage 2004, S. 193; allgemein zur Flüchtigkeit von Quecksilber und zur stark toxischen Wirkung Römpp, Lexikon Umwelt, 2. Auflage 2000, Stichwort Quecksilber.

In dem angefochtenen Bescheid hat der Beklagte tagesbezogen die maximalen Quecksilberemissionen der gesamten Anlage sowohl im Ist-Zustand und damit im reinen Kohlebetrieb ermittelt als auch im Planzustand bei maximal zulässiger Zugabe von Klärschlamm in Höhe von 60 Tonnen pro Stunde. Bezogen auf den reinen Kohlebetrieb mit maximalem Durchsatz von 263,7 Tonnen/Stunde (Bescheid S. 9) hat er eine maximale Quecksilberkonzentration von 0,00875 Milligramm pro Kubikmeter (8,75 Mikrogramm pro Kubikmeter) berechnet, die deutlich unter dem Grenzwert von 0,03 Milligramm ( 30 Mikrogramm ) Quecksilber pro Kubikmeter im Tagesmittel liegt. Anschließend (Bescheid Seite 11 bis 13) hat der Beklagte in nachvollziehbarer Art die maximalen Emissionen an Quecksilber im Planzustand berechnet.

Den maximalen Massenstrom an Klärschlamm von 60 Tonnen pro Stunde hat er zunächst in die – niedrigere – Trockensubstanz von 34 Tonnen pro Stunde umgerechnet, da sich der Quecksilbergehalt des Klärschlamms stets auf die Trockensubstanz bezieht. Ausgehend von dem maximalen Quecksilbergehalt des beantragten Klärschlamms von 8 Milligramm pro Kilogramm errechnet sich der klärschlammbezogene Eintrag von Quecksilber in die Feuerung als Massenstrom von 0,272 Kilogramm pro Stunde (Seite 12). Hinzu kommt der Quecksilbereintrag in die Feuerung aus der vermindert verbrannten Kohle von 0,0714 Kilogramm pro Stunde (Bescheid Seite 12); der Quecksilbereintrag durch den Klärschlamm in die Feuerung ist also rund viermal höher als der Quecksilbereintrag durch die Kohle.

Ausgehend von der Summierung dieser beiden Quecksilbereinträge zu insgesamt 0,3434 Kilogramm pro Stunde (Bescheid Seite 13) berechnet der Beklagte sodann mit dem Transferfaktor von 0,26 (das entspricht 26 %) den Eintrag des Quecksilbers in das Reingas in Form eines stündlichen Massenstroms von 26 % von 0,3434 Kilogramm pro Stunde und damit 0,0893 Kilogramm pro Stunde (Bescheid Seite 13).

Der Massenstrom muss noch in die Konzentration und damit in Masse pro Volumen umgerechnet werden. Dafür wird der stündliche Massenstrom durch den stündlichen Volumenstrom geteilt; da sich die Stundenangaben im Zähler und im Nenner weg kürzen, führt diese Division zur Masse pro Volumen und damit dem Konzentrationswert. Rechnerisch ergibt sich (Bescheid Seite 13) aus dem maximalen Emissionsmassenstrom für Quecksilber von 0,0893 Kilogramm pro Stunde und dem maximalen Abgasvolumenstrom von 2,35 Millionen Kubikmeter pro Stunde ein Wert von 0,0380 Millionstel Kilogramm pro Kubikmeter. Umgerechnet in kleinere Einheiten entspricht dies einer Quecksilberkonzentration von 0,0380 Milligramm oder 38,0 Mikrogramm pro Kubikmeter (Bescheid Seite 13). Tagesbezogen ist damit der Grenzwert von 0,03 Milligramm oder 30 Mikrogramm pro Kubikmeter überschritten.

Die Rechnung des Beklagten ist rein rechnerisch nicht angegriffen und gibt letztlich das plausible Ergebnis wieder, dass ein Mitverbrennungsstoff mit einem maximal wesentlich höheren Quecksilbergehalt als dem der eingesetzten Steinkohle auch nach Filterung in den Abgasen zu einem deutlich erhöhten Quecksilberanteil führt. Der Senat ist so ausführlich auf die Berechnung des Beklagten eingegangen, weil es im Folgenden noch einer Alternativrechnung für den Fall einer durch einen nächtlichen Engpass eingeschränkten Kapazität bedarf.

Die Klägerin greift – zusammengefasst - die Voraussetzungen und die Konsequenzen der Berechnungen des Beklagten als nur theoretisch und nicht realistisch an. Repräsentative Vergleichsmessungen an anderen Anlagen seien ausgeblendet. Die Annahme einer Volllast der Klärschlammmitverbrennung über einen gesamten 24-stündigen Tag sei schon aus Gründen der Lagerkapazität nicht realistisch, sondern nur theoretisch. Ein repräsentativer Betriebszustand liege nicht vor. Ebenso sei der maximale Quecksilberwert von 8 Milligramm pro Kilogramm keineswegs repräsentativ, zumal der durchschnittliche Quecksilbergehalt inzwischen nur 0,7 Milligramm pro Kilogramm betrage. Die von dem Beklagten angenommenen Bedingungen könnten, wenn überhaupt, allenfalls für einen kurzfristigen Betriebszustand gelten, so dass damit allein der hier eingehaltene Halbstundenmittelwert von 0,05 Milligramm pro Kubikmeter maßgebend wäre.

Vorweg ist der Argumentation der Klägerin entgegenzuhalten, dass repräsentative Vergleichsmessungen an anderen Anlagen nicht die von ihr angenommene Bedeutung haben. Zwar können Messungen an anderen Anlagen die gemessene Einhaltung der Grenzwerte durch die streitgegenständliche Anlage indiziell bestätigen.

Vgl. BayVGH, Urteil vom 27.5.2003 – 22 B 94.314 -, Juris-Ausdruck S. 7.

Als bloßes Indiz würden Vergleichsmessungen an anderen Anlagen aber nicht ausreichen, um eine gemessene Grenzwertüberschreitung der streitgegenständlichen Anlage zu widerlegen. Ebenso wenig können Vergleichsmessungen an anderen Anlagen eine exakt durchgeführte Berechnung einer Grenzwertüberschreitung nach dem Konzept der streitgegenständlichen Anlage widerlegen. Es geht nur um den individualrechtlichen Genehmigungsanspruch nach den Besonderheiten der vorliegenden Anlage. Mithin liegt in der Ausblendung von Vergleichsmessungen kein Rechtsfehler des Beklagten vor.

Die Klägerin macht mit ihren Angriffen gegen die Berechnung vor allem geltend, der Beklagte habe ein grundlegend falsches Verständnis einer Worst-Case-Betrachtung im Immissionsschutzrecht. Für die Einhaltung des Emissionsgrenzwertes komme es auf einen repräsentativen Betriebszustand und repräsentative Schadstoffwerte an. Unter diesen Bedingungen werde der Quecksilbergrenzwert ohne Weiteres eingehalten, und damit sei die Vorsorgepflicht erfüllt.

Die Rechtsposition der Klägerin ist zwar durchdacht und in sich konsequent, entspricht aber nicht dem grundlegenden Verständnis der Vorsorge. Die Vorsorgepflicht ist zukunftsbezogen und beugt der Entstehung von schädlichen Umwelteinwirkungen generell vor.

Jarass, BimSchG, 6. Auflage 2005, § 5 Rdnr. 46.

Wesentlich ist zur Entscheidung des Streits der Beteiligten, dass die zukunftsbezogene Vorsorgepflicht nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts das Ziel der Risikominimierung hat.

BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 – BVerwG 7 C 19.02 -, BVerwGE 119, 329, Nanoanlagen-Urteil; BVerwG, Urteil vom 20.12.1999 – 7 C 15/98 -, Juris-Ausdruck S. 5; zusammenfassend zum Dreistufenmodell des Umweltrechts mit den Begriffen Gefahr, Risiko und Restrisiko Brenner/Nehrig, Das Risiko im öffentlichen Recht, DÖV 2003, 1024 – 1026.

Bei der Erfüllung der Vorsorgepflicht müssen die Emissionsgrenzwerte auch unter ungünstigsten Betriebsbedingungen eingehalten werden.

BVerwG, Beschluss vom 22.1.2004 – 7 B 97/03 -, Juris-Ausdruck S. 2.

Es genügt also rechtlich nicht, dass der Emissionsgrenzwert unter günstigsten oder unter mittelgünstigen Betriebsbedingungen eingehalten wird, vielmehr muss dies gerade unter ungünstigsten Betriebsbedingungen ( Worst- (ase-Konzept) von vornherein gewährleistet sein.

Die Klägerin stellt den Ausgangspunkt der Rechtsprechung, dass es auf die ungünstigsten Betriebsbedingungen ankommt, selbst nicht in Frage. Sie meint aber, bei einer realistischen Betrachtungsweise komme es rechtlich auf repräsentative Betriebsbedingungen an. Das Wort „repräsentativ“ bedeutet sprachlich typisch im Sinne eines repräsentativen Querschnitts.

Duden, Das Fremdwörterbuch, 7. Auflage 2001, Stichwort repräsentativ.

Es handelt sich also um einen statistisch gesicherten Querschnitt. In diesem Sinne verwendet die Klägerin auch das Wort in ihrer Argumentation, denn sie will atypische Betriebsbedingungen wie eine Volllast der Klärschlammmitverbrennung über einen ganzen Tag oder atypisch hohe Quecksilberanteile des verbrannten Klärschlamms von der rechtlichen Betrachtung ausschließen. Für diese im Immissionsschutzrecht kaum gebräuchliche Terminologie beruft sie sich sodann auf eine neuere Entscheidung des Bayerischen VGH aus dem Jahr 2003, in der in der Tat ausdrücklich auf einen „repräsentativen“ Betriebszustand für reale Messungen von Emissionswerten abgestellt wird.

Bayerischer VGH, Urteil vom 27.5.2003 – 22 B 94.314 -, Seite 8 des Juris-Ausdrucks, betreffend die Volllast bei einer Asphaltmischanlage.

Aus dem Sinnzusammenhang der Entscheidung des Bayerischen VGH ergibt sich indessen eindeutig, dass dieses Gericht ungeachtet der Wortwahl des repräsentativen Betriebszustandes gerade nicht auf einen typischen Querschnitt der Betriebszustände abstellt. Vielmehr lautet der von der Klägerin in Anspruch genommene Rechtssatz (Seite 7/8 des Juris-Ausdrucks):

Die Messungen werden daher nicht im anlagentechnisch möglichen Maximalbetrieb, sondern in einem noch innerhalb des produktionstechnisch Vernünftigen liegenden und insoweit repräsentativen Betriebszustand durchgeführt.

Die Begründung ergibt sich aus dem vorausgehenden Satz (Seite 7 des Juris-Ausdrucks):

Wie der Sachverständige K. erläutert hat, könnten bei einem maximalem Hochfahren der Anlage keine brauchbaren Produkte mehr hergestellt werden.

Aus dem Zusammenhang ergibt sich deutlich, dass der Bayerische VGH eine Vernunftgrenze zieht im Sinne des produktionstechnisch Vernünftigen und ein Hochfahren der Anlage über die Vernunftgrenzen ausschließt, wenn keine brauchbaren Produkte mehr hergestellt werden. In der Sache teilt der Senat die Auffassung des Bayerischen VGH zu einer Vernunftgrenze. Eine solche Produktionsweise wäre handgreiflich unvernünftig. Nicht zu folgen vermag der Senat aber der Terminologie eines „repräsentativen“ Betriebszustandes, die im Sprachsinn eine statistische Querschnittsbetrachtung bedeutet. Die Betrachtungsweise der Klägerin führt dazu, dass atypische Betriebssituationen und atypische Schadstoffgehalte für die Erfüllung der Vorsorgepflicht ausscheiden.

Der Ansatz der Klägerin mag in verschiedenen Rechtsbereichen durchaus zutreffen, passt aber nicht auf die hier relevante immissionsschutzrechtliche Vorsorgepflicht. Er kann deshalb nicht überzeugen, weil er dem Vorsorgekonzept der Risikominimierung nicht gerecht wird. Die immissionsschutzrechtliche Schutzpflicht als Instrument der Gefahrenabwehr greift zwar erst ein, wenn die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts besteht.

BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 – BVerwG 7 C 19.02 -, Nanoanlagenurteil; ebenso zur Gefahrdefinition im Sinne einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit bei ungehindertem Geschehensablauf Brenner/Nehrig, DÖV 2003, 1024 – 1025.

Dagegen ist es Aufgabe der Vorsorge, Risiken unterhalb der Gefahrengrenze zu minimieren.

BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 – 7 C 19.02 -, Nanoanlagenurteil.

Risiken sind nicht von vornherein wahrscheinlich. Ein Risiko bezieht sich auf einen möglichen, aber ungewissen Schaden; es muss lediglich hinreichende Gründe für die Möglichkeit geben.

BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 – BVerwG 7 C 19.02 -, Nanoanlagenurteil; ebenso Brenner/Nehrig, DÖV 2003, 1024 – 1025.

Erst jenseits einer Irrelevanzgrenze von 1 % einer anerkannten Wirkungsschwelle liegt ein unausweichliches Restrisiko vor, das immissionsschutzrechtlich hinzunehmen ist.

BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 – BVerwG 7 C 19.02 -, Nanoanlagenurteil; ebenso im Sinne einer Zumutbarkeitsgrenze des Restrisikos Brenner/Nehrig, DÖV 2003, 1024 – 1026.

Das Risikominimierungsgebot der Vorsorge gilt nach den Regeln der praktischen Vernunft.

So überzeugend Brenner/Nehrig, DÖV 2003, 1024 – 1025; ebenso in der Sache Bayerischer VGH, Urteil vom 27.5.2003 – 22 B 94.314 -, Seite 8 des Juris-Ausdrucks, soweit er auf die Grenzen des Vernünftigen abstellt.

Zusammengefasst ist es Aufgabe der Vorsorge, Risiken unterhalb der Gefahrengrenze innerhalb der Grenzen der praktischen Vernunft zu minimieren.

Dem so verstandenen Minimierungsgebot der Risiken wird der Ansatz der Klägerin aber nicht gerecht, die nur repräsentative Betriebszustände und repräsentative Schadstoffwerte in die Vorsorge einbeziehen will und alle atypischen Betriebszustände und Schadstoffwerte als nicht bestimmungsgemäß und nur theoretisch ansieht. Die Risiken können nur dann minimiert werden, wenn man rechtlich auf die maximalen Emissionen abstellt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gehören die maximalen Emissionen innerhalb des genehmigten Grenzwertes zum bestimmungsgemäßen Betrieb der Anlage und sind den immissionsschutzrechtlichen Berechnungen zugrunde zu legen, da die Betreiberin bis zum festgesetzten Grenzwert Schadstoff emittieren darf; auf die tatsächlich gemessenen Emissionen kommt es im Genehmigungsprozess nicht an.

BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 – BVerwG 7 C 19.02 -, Nanoanlagenurteil.

Nach dem Rechtsstandpunkt des Bundesverwaltungsgerichts sind auch für Heizwerke mit selten gefahrener Volllast die Emissionsgrenzwerte ohne Bonus maßgebend.

BVerwG, Urteil vom 17.2.1984 – 7 C 8/82 -, NVwZ 1984, 371-374.

Mithin betrifft ein Risiko auch seltene Ereignisse.

Nach der dargelegten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist der Streit der Beteiligten um das Verständnis der Worst-Case-Betrachtung wie folgt zu entscheiden: Es kommt nicht allein auf die technische Möglichkeit eines Betriebszustandes an, wie der Beklagte meint, und es kommt ebenso wenig auf repräsentative Betriebszustände im Sinne eines realistischen Durchschnittsgeschehens an, wie die Klägerin meint. Entscheidend ist die technische Möglichkeit der ungünstigsten Betriebszustände in den Grenzen der praktischen Vernunft.

Der danach näher begründete Rechtsstandpunkt des Senats zur Worst-Case-Betrachtung ist nunmehr auf die Streitfragen der Anlagenkapazität, der Marktkapazität und der Schadstoffzusammensetzung des Klärschlamms anzuwenden.

Der Senat geht zunächst auf den Streit über die anlagenbezogene Kapazität der Klärschlammmitverbrennung ein.

Der Beklagte geht von dem beantragten und tatsächlich möglichen Betriebsumfang aus. Die Klägerin hält dem kapazitätsmindernd entgegen, was rechtlich erlaubt und abstrakt möglich sei, gebe nur einen ersten Hinweis auf ungünstigste Betriebsbedingungen. Die Volllast bei der Mitverbrennung von Klärschlamm von 60 Tonnen pro Stunde über einen ganzen Tag sei zwar technisch möglich und rechtlich zulässig, werde aber realistischerweise nicht durchgeführt.

Schriftsatz der Klägerin vom 13.1.2005, Seite 6, Gerichtsakte Bl. 317.

Normativ bestimmt § 1 I 4 der 4. BImSchV in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 23.12.2004 (BGBl. I S. 3758), dass für die Kapazität einer Anlage auf den rechtlich und tatsächlich möglichen Betriebsumfang abzustellen ist. Entgegen der Meinung der Klägerin ist der rechtlich und tatsächlich mögliche Betriebsumfang nicht ein erster Hinweis, sondern das normative Kriterium für die Kapazität der Anlage. Nach der Normgebungsgeschichte hat der Verordnungsgeber deshalb nicht auf den tatsächlich praktizierten Betriebsumfang abgestellt, weil dieser gegebenenfalls von dem wechselnden Verhalten des Anlagenbetreibers abhänge; wenn der Anlagenbetreiber den technisch möglichen Betriebsumfang nicht ausnutzen wolle, könne er seinen Antrag entsprechend beschränken.

Landmann/Rohmer, § 1 der 4. BImSchV Rdnr. 6 unter Hinweis auf die Bundesrats-Drucksache 413/84.

Diese Regelung dient der Rechtsklarheit.

Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Band 2, § 1 der 4. BImSchV, Rdnr. 11.

Allerdings gilt nach dem Rechtsstandpunkt des Senats einschränkend eine Grenze der praktischen Vernunft insbesondere im Sinne des produktionstechnisch Vernünftigen. Übereinstimmend damit ist in der Literatur anerkannt, dass es nicht auf eine theoretisch mögliche Nutzung der Anlage ankommt, vielmehr eine konkrete Betrachtungsweise der Anlage einschließlich eingrenzender Nebeneinrichtungen maßgebend ist.

Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band II, § 1 der 4. BImSchV Rdnr. 7; Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Band 2, § 1 der 4. BImSchV, Rdnr. 11.

Als Beispiel für eine solche Begrenzung des Betriebsumfangs wird angeführt, dass innerhalb einer Lackieranlage die Trocknungsanlage einen geringeren Durchsatz hat.

Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, § 1 der 4. BImSchV Rdnr. 11.

Ebenso wie in dem bereits dargestellten Fall der Asphaltmischanlage ist es in dem genannten Beispiel handgreiflich unvernünftig, ein Produkt in einem zahlenmäßig höheren Umfang zu lackieren, als es ordnungsgemäß getrocknet werden kann, was die Brauchbarkeit des Produkts in Frage stellt.

Die Klägerin sieht im hier zu entscheidenden Fall eine vergleichbare Sachlage für die Trockenschlammverbrennung, da das Trockenschlammsilo nur 100 Tonnen umfasse, bei Volllast der tägliche Durchsatz von Trockenschlamm aber 480 Tonnen wäre. Der Beklagte hält dem entgegen (Schriftsatz vom 25.10.2004, Seite 4/5, Gerichtsakte Bl. 265/266), nach der eigenen Kurzbeschreibung des Vorhabens durch die Klägerin sei bei voller Auslastung mit rund 60 Lkw-Anlieferungen Klärschlamm pro Tag zu rechnen. Bei einem Lkw-Ladevolumen zwischen 20 und 40 Tonnen könne mit 60 Lkw-Transporten je Tag Klärschlamm zwischen 1200 und 2400 Tonnen angeliefert werden. Bei Maximallast genüge eine Anlieferung von 1440 Tonnen. Der Anlieferungszeitraum mit Lastwagen beschränke sich zwar auf die Tageszeit von 6.00 Uhr bis 22.00 Uhr, indessen nicht die Klärschlammentladung, die auch in der Nacht durch bereitgestellte Lkw’s erfolgen könne. Deshalb bestehe auch beim Trockenschlamm kein Engpass. Das überzeugt.

Die technische Möglichkeit eines solchen Vorgehens hat die Klägerin selbst nicht in Frage gestellt (Schriftsatz vom 13.1.2005, S. 6, Gerichtsakte Bl. 317).

Die maximale Lagermenge von Trockenschlamm beträgt 100 Tonnen.

Formularantrag, Formular 3.4, Behördenordner I Bl. 221.

Der stündliche Durchsatz des Trockenklärschlamms beträgt bis 20 Tonnen.

Formularantrag, Formular 3.4, Behördenordner I Bl. 221.

Das Silo kann während der Tageszeit von 6.00 Uhr bis 22.00 Uhr selbst bei einstündiger Entladezeit (vgl. Schriftsatz der Klägerin vom 30.4.2004, S. 8, Gerichtsakte Bl. 58) kontinuierlich mit Lkw-Anlieferungen von jeweils 20-40 Tonnen Klärschlamm gefüllt werden. Deshalb kann es für die achtstündige Nachtzeit von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr bei Bedarf im gefüllten Zustand vorgehalten werden. Bei vollem Durchsatz des Trockenschlamms von je 20 Tonnen pro Stunde reicht das Silo nachts fünf Stunden für die Beschickung der Feuerungsanlage aus. Rechnerisch entsteht dabei ein Engpass von 60 Tonnen innerhalb von drei Nachtstunden. Dafür genügt aber die Bereitstellung von drei Lastwagen mit einem Ladevolumen von je 20 Tonnen, die unstreitig auch nachts entladen werden dürfen. Die Befüllung des Annahmesilos erfolgt pneumatisch.

Beschreibung des Vorhabens, Seite 20, Behördenordner I Bl. 198.

Die nächtliche pneumatische Entladung fügt sich ohne Weiteres in den Produktionsablauf des Kraftwerks ein, das rund um die Uhr in Betrieb ist.

Zum Letzteren die von der Klägerin vorgelegte gutachtliche Stellungnahme der proTerra vom 11.12.2002, Seite 27, Behördenordner I Bl. 14.

Die nächtliche Entladung von drei Lastwagen ist gemessen an der täglichen Entladung von bis zu 60 Lastwagen kein besonders umfangreicher Betriebsvorgang und nicht handgreiflich unvernünftig.

Die vom Beklagten angegebene technisch mögliche Lösung ist nach der Ansicht des Senats produktionstechnisch vernünftig. Anders als in den bereits behandelten Beispielen der Asphaltmischanlage und der Lackieranlage mit zu geringer Trocknungskapazität wird das aus der Wärmeenergie hergestellte Produkt, der Strom, in seiner Qualität nicht berührt. Zwar mag eine Volllast bei Kraftwerken eher selten sein. Besteht aber Strombedarf in Höhe einer vollen Kraftwerksauslastung, ist es produktionstechnisch durchaus vernünftig, die volle Klärschlammmitverbrennung mit der nächtlichen Entladung von drei Lastwagen auf dem Betriebsgelände aufrecht zu erhalten. Eine Kapazitätsminderung besteht nicht.

Die Klägerin hält auch in ihren Antragsunterlagen eine Vollauslastung der Klärschlammmitverbrennung bezogen auf den Tag durch rund 60 Lkw-Anlieferungen für gewährleistet und insofern selbst offenbar für vernünftig, wie sich aus der Kurzbeschreibung des Vorhabens, aus dessen Beschreibung und dem pro Terra-Gutachten ergibt.

Kurzbeschreibung des Vorhabens Seite 2, Behördenordner I Bl. 233; Beschreibung des Vorhabens Seite 27, Behördenordner I Bl. 187; proTerra-Gutachten Seite 27, Behördenordner I Bl. 14.

Nach dem rechtlichen Ansatzpunkt des Senats ist mit dem Beklagten davon auszugehen, dass die Auslastung des Kraftwerks mit einer stündlichen Mitverbrennung von 60 Tonnen Klärschlamm produktionstechnisch vernünftig für einen ganzen Tag aufrecht erhalten werden kann; bei diesem Mitverbrennungsumfang muss die Vorsorgepflicht erfüllt sein.

Nur hilfsweise führt der Senat eine Alternativrechnung für den Fall durch, dass der dreistündige nächtliche Engpass rechtlich als kapazitätsmindernd zu werten sein sollte und sich damit auf den Quecksilberausstoß des gesamten Tages (24 Stunden) auswirkt. Auch dieser Fall führt bei Beachtung der Berechnungsmethode des Beklagten zu einer deutlichen Überschreitung des Quecksilbergrenzwerts als Tagesgrenzwert.

Die Alternativrechnung geht rechnerisch dem Vortrag der Klägerin nach, dass – allein in der Trockengutlinie – ein Engpass in der Verbrennung von Trockenklärschlamm besteht. Wie dargelegt führt die begrenzte Kapazität des Silos für den Trockenklärschlamm zu einem rechnerischen Engpass von drei Stunden zur Nachtzeit. In der Alternativrechnung wird nunmehr angenommen, dass die Trockenklärschlammverbrennung von 20 Tonnen pro Stunde drei Stunden in der Nachtzeit mit insgesamt 60 Tonnen und damit dem entsprechenden Quecksilbergehalt ausfällt. Entscheidungsrelevant mit Blick auf eine Einhaltung des Tagesgrenzwerts ist dabei der Wegfall des Quecksilbereintrags in die Feuerung und daraus folgend in das Reingas. Zugunsten der Klägerin wird der geringe zusätzliche Quecksilbereintrag durch die erforderliche Aufstockung des Kohleanteils während des Engpasses in den drei Nachtstunden vernachlässigt.

Ausgehend von dem nächtlichen Engpass von drei Stunden fallen von der maximalen Verbrennung von Klärschlamm insgesamt von täglich 1440 Tonnen 60 Tonnen Trockenklärschlamm weg.

Der täglich eingesparte Massenstrom von 60 Tonnen Trockenklärschlamm ist zunächst entsprechend der Berechnungsweise des Beklagten in den niedrigeren Wert der Trockensubstanz umzurechnen, auf die sich der Quecksilbergehalt bezieht. Das Einsatzgut Trockenklärschlamm enthält ungeachtet der Bezeichnung noch einen Wasseranteil von 10 % und mithin Trockensubstanz von 90 %.

Zu dieser Angabe von 90 % Trockensubstanz Beschreibung des Vorhabens, Seite 25, Ordner I, Bl. 189; von einem Anteil von 0,9 (90 %) der Trockensubstanz am Trockenschlamm geht auch der Beklagte in seiner Quecksilberberechnung (Bescheid, Seite 11) aus.

Eingespart werden also tagesbezogen 54 Tonnen Trockensubstanz. Dies ist entsprechend der Berechnungsmethode des Beklagten auf den Stundenwert umzurechnen. Die Einsparung beträgt stündlich 1/24 von 54 Tonnen und damit 2,25 Tonnen Trockensubstanz. Dieser Betrag ist von dem stündlichen Durchsatz von Trockensubstanz bei Volllast der Klärschlammverbrennung abzuziehen, der nach dem Bescheid (S. 11) 34 Tonnen für die gesamte Klärschlammmitverbrennung beträgt. Der durchschnittliche stündliche Durchsatz an Trockensubstanz wird also bei eingeschränkter Kapazität von 34 Tonnen um 2,25 Tonnen auf 31,75 Tonnen und damit relativ auf 93,4 % reduziert. Dies reduziert auch den klärschlammbezogenen Quecksilbereintrag.

In der weiteren Rechnung des Beklagten beträgt der stündliche klärschlammbedingte Quecksilbereintrag in die Feuerung bei Volllast 0,27 Kilogramm (Bescheid Seite 12). In der Alternativrechnung reduziert sich der klärschlammbedingte Quecksilbereintrag auf 93,4 % von 0,272 Kilo pro Stunde und damit auf 0,254 Kilo pro Stunde. Zu dem klärschlammbedingten Quecksilbereintrag in die Feuerung kommt der kohlebedingte Eintrag in die Feuerung hinzu. Der durch den Brennstoff Kohle verursachte Quecksilbereintrag in die Feuerung wird von dem Beklagten im Bescheid, Seite 12 (ganz unten) mit dem geringen Wert von 0,0714 Kilo pro Stunde berechnet. Zugunsten der Klägerin setzt der Senat wie bereits anfangs dargelegt nur diesen kohlebedingten Quecksilbereintrag in die Rechnung ein, wobei die Aufstockung des Kohleanteils zum Ersatz der fehlenden Energie außer Betracht bleibt. Deshalb wird in die Alternativrechnung unverändert ein kohlebedingter Quecksilbereintrag von nur 0,0714 Kilo pro Stunde eingesetzt, was zu einem Gesamteintrag von Quecksilber in die Feuerung von (0,254 + 0,0714) 0,3254 Kilo pro Stunde führt. Zur Umrechnung des Feuerungseintrags in den Reingaseintrag setzt der Beklagte unter Berücksichtigung der Filterleistung einen Transferfaktor von 0,26 (26 %) in die Rechnung ein (Bescheid Seite 13). Der Transferfaktor trägt der Flüchtigkeit von Quecksilber Rechnung und gilt unverändert. Damit beträgt der quecksilberbezogene Emissionsmassenstrom im Reingas (0,3254 x 0,26) 0,0846 Kilogramm pro Stunde bei eingeschränkter Kapazität statt wie bei Volllast der Klärschlammmitverbrennung 0,0893 Kilogramm pro Stunde (Bescheid Seite 13, Mitte).

Jetzt bedarf es nach der Berechnungsmethode des Beklagten einer Umrechnung des Massenstroms in die maßgebliche Konzentration (Bescheid Seite 13, unten). Dafür wird der stündliche Massenstrom durch den stündlichen Volumenstrom geteilt; da sich die Stundenangaben im Zähler und im Nenner weg kürzen, führt diese Division zur Masse pro Volumen und damit dem Konzentrationswert. Rechnerisch ist statt des Emissionsmassenstroms von 0,0893 Kilogramm pro Stunde bei Volllast in der Alternativrechnung der niedrigere Wert von 0,0846 Kilogramm pro Stunde einzusetzen. Der nach dem von der Klägerin selbst vorgelegten Gutachten des Instituts für Verfahrenstechnik und Dampfkesselwesen vom 12.5.2003 (Behördenordner I, Bl. 214) im Wesentlichen gegenüber Änderungen des Klärschlammanteils stabile trockene Rauchgasvolumenstrom bleibt unverändert und ist mit 2,35 Millionen Kubikmeter pro Stunde in die Division einzusetzen. Mit diesen Zahlen ergibt die Division des Quecksilbermassenstroms durch den Abgasvolumenstrom 0,0360 Millionstel Kilo pro Kubikmeter statt wie in der Hauptrechnung des Beklagten 0,0380 Millionstel Kilogramm pro Kubikmeter (Bescheid Seite 13, unten) Rechnet man die unhandlich kleine Zahl in die Einheit Mikrogramm um, ergibt sich als maximaler Konzentrationswert im Reingas bei eingeschränkter Kapazität der Gehalt von 36,0 Mikrogramm pro Kubikmeter statt 38,0 Mikrogramm pro Kubikmeter wie vom Beklagten für Volllast errechnet.

Der nächtliche Engpass der Trockengutlinie führt also rechnerisch auf den gesamten Tag bezogen zu einem Konzentrationswert von 36,0 Mikrogramm Quecksilber pro Kubikmeter und damit 94,7 % des Quecksilberkonzentrationswerts bei Volllast der Klärschlammmitverbrennung über den gesamten Tag. Wesentlich ist, dass der dargelegte Grenzwert als Tagesmittelwert von 30 Mikrogramm pro Kubikmeter mit 36,0 Mikrogramm pro Kubikmeter in der Alternativrechnung nach wie vor deutlich überschritten ist.

Abschließend zu der Alternativrechnung soll ergänzend noch eine Plausibilitätsüberlegung angegeben werden, warum der von der Klägerin angegebene nächtliche Engpass von drei Stunden nicht zu einer hinreichenden Senkung des Quecksilberausstoßes im Reingas führt. Erforderlich wäre vom Standpunkt der Klägerin aus eine Senkung der Tageskonzentration von bisher maximal 38,0 Mikrogramm pro Kubikmeter auf 30,0 Mikrogramm pro Kubikmeter. Dies wäre ein Minderanteil an Quecksilber von 21,1 Prozent. Demgegenüber führt der nächtliche Ausfall der Trockengutlinie von 3 Stunden wie dargelegt nur zur Reduktion der täglichen maximalen Klärschlammmenge von 1440 Tonnen um 60 Tonnen und damit um 4,1 % des Einsatzguts. Es ist plausibel, dass mit einer derart geringen täglichen Kapazitätseinschränkung die über den ganzen Tag zu erreichende Einschränkung der Quecksilberkonzentration um 21,1 % nicht erzielt werden kann. Die letztgenannte Überlegung macht nur plausibel, was die Alternativrechnung im Einzelnen belegt.

Mit der nur hilfsweise durchgeführten Alternativrechnung des Senats ist dargetan, dass der Quecksilbergrenzwert bei Geltung des Tagesmittelwerts von 30,0 Mikrogramm pro Kubikmeter nicht lediglich dadurch eingehalten werden kann, dass kapazitätsmindernd die Trockengutlinie der Klärschlammverbrennung für drei Stunden der Nachtzeit ausfällt.

Da die gesamte dargelegte Alternativrechnung nur hilfsweise durchgeführt wird, verbleibt es bei dem Rechtsstandpunkt des Senats, dass die Stundenkapazität der Klärschlammmitverbrennung innerhalb der Grenzen der Vernunft für einen ganzen Tag aufrecht erhalten werden kann und auch bei dieser Vollauslastung dem Vorsorgegebot genügen muss.

Allerdings sieht die Klägerin nicht nur eine anlagengemäße Kapazitätsbeschränkung der Klärschlammmitverbrennung, sondern auch eine marktmäßige Beschränkung. Sie trägt vor, bei Volllast der Klärschlammmitverbrennung übersteige der Tagesverbrauch des Kraftwerks an Trockenklärschlamm dessen durchschnittliche Tagesproduktion im Saarland bei Weitem. Der notwendige Einsatz entspräche einem Klärschlammanteil von 3,6 Millionen Einwohnern.

Schriftsatz der Klägerin vom 13.1.2005, Seite 7, Gerichtsakte Bl. 318.

Zwar wird in der Literatur angenommen, dass die tatsächliche Ausnutzung einer Anlage auch dadurch begrenzt sein kann, dass nicht genügend Einsatzstoffe zur Verfügung stehen.

Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band II, § 1 der 4. BImSchV Rdnr. 7, mit dem Beispiel des Räucherns von Fleischwaren.

Die Argumentation der Klägerin überzeugt hier nicht. Für die Kapazitätsbetrachtung ist nach dem Rechtsstandpunkt des Senats von der Ausnutzung der beantragten Kapazität innerhalb der Grenzen der Vernunft auszugehen, nicht etwa innerhalb der Grenzen eines Bundeslandes. Der Klärschlammmarkt ist nicht auf das Saarland begrenzt, sondern offen. Nach ihren eigenen Genehmigungsunterlagen geht die Klägerin erkennbar selbst von einem offenen Klärschlammmarkt aus, der für sie auch den Erwerb von Klärschlamm aus den Ländern Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Bayern umfasst. In der Beschreibung des Vorhabens (Seite 9, Behördenordner I Blatt 109) ist ausgeführt, dass der in Bexbach vorgesehene Klärschlamm aus kommunalen Kläranlagen stammt, die chemische Zusammensetzung von dem Einzugsgebiet der Kläranlage abhängt und exemplarisch in der Anlage 3.2 Einzelanalysen unterschiedlicher Herkunft zusammengestellt sind. Dazu gehören Klärschlämme aus den Kläranlagen Kaiserslautern (Rheinland-Pfalz), Pforzheim (Baden-Württemberg) und Forchheim (Bayern).

Anlage 3 zu den Genehmigungsunterlagen, Behördenordner I, Bl. 177.

Die in der Anlage 3.2 angegebenen Kläranlagen kommen nach dem eigenen Vortrag der Klägerin als Zulieferer für die Mitverbrennung in Betracht.

Klagebegründung, S. 7, Gerichtsakte Bl. 57.

Dies belegt, dass die Klägerin im Wesentlichen Süddeutschland als Einzugsgebiet für die Klärschlammmitverbrennung ihres Kraftwerks ansieht. Damit bleibt bei entsprechendem Strombedarf ein täglicher Klärschlammverbrauch, der über der Klärschlammproduktion des Saarlandes liegt, innerhalb der Grenzen der praktischen Vernunft und ist jedenfalls nicht handgreiflich unvernünftig.

Zusammenfassend hält sich die klärschlammbezogene Volllast des Kraftwerks über einen ganzen Tag sowohl von der technischen Anlage her als auch von dem Klärschlammmarkt her innerhalb der Grenzen der produktionstechnischen Vernunft. Die Klägerin verspricht sich durch den Einsatz des Klärschlamms einen wirtschaftlichen Erlösbeitrag im härter werdenden Stromwettbewerb zur langfristigen Kraftwerkssicherung.

Kurzbeschreibung des Vorhabens, Seite 2, Behördenordner I Blatt 233.

Gemessen daran liegt es innerhalb der produktionstechnischen Vernunft, die Klärschlammmitverbrennung im Kraftwerk bei entsprechendem Strombedarf für einen ganzen Tag voll auszufahren. Handgreiflich unvernünftig ist das nicht. Selbst wenn dies selten geschieht, kann dies nach der dargelegten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei den Emissionsgrenzwerten nicht zu einem Bonus führen.

BVerwG, Urteil vom 17.2.1984 – 7 C 8/82 -, NVwZ 1984, 371 – 374.

Damit greift aber auch nicht die Hilfserwägung der Klägerin, sie müsse lediglich den Halbstundenmittelwert für Quecksilber von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter statt des Tagesmittelwertes von 30 Mikrogramm pro Kubikmeter einhalten, was nach der Berechnung des Beklagten hier geschehe. Der Halbstundenwert hat den Sinn, Unregelmäßigkeiten der Anlage, insbesondere der Filtereinrichtungen, zu tolerieren, die sich nur für eine halbe Stunde auswirken und den Tagesmittelwert nicht berühren. Nach der dargelegten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann der Halbstundenmittelwert dagegen nicht als Bonus für seltene Volllast angesehen werden. Darüber hinaus ist die Hilfsargumentation nach dem eigenen Vortrag der Klägerin nicht konsequent. Sie müsste dazu vortragen, dass sie die Volllast der Klärschlammmitverbrennung jeden Tag allenfalls für eine halbe Stunde aufrecht erhalten könnte. Dem widersprechen aber eindeutig die Antragsunterlagen, wonach die stündliche Kapazität der Klärschlammmitverbrennung von 60 Tonnen außer Frage steht.

Kurzbeschreibung des Vorhabens, Seite 2, Behördenordner I Seite 233; Formularantrag, Formular 3.4, gehandhabte Stoffe, Behördenordner I Blatt 221; Beschreibung des Vorhabens, Seite 25, Behördenordner I Blatt 189; vorgelegtes pro-Terra-Gutachten, Seite 10, Behördenordner I Blatt 31.

Danach genügt es eindeutig nicht zur Wahrung der Betreiberpflichten, wenn die Klägerin bei Volllast der Klärschlammmitverbrennung nur den Halbstundenmittelwert, nicht aber den ebenfalls bindenden Tagesmittelwert einhält.

Im Ergebnis kann die Klägerin der fehlenden Einhaltung des Tagesmittelwerts für Quecksilber nicht erfolgreich Kapazitätsargumente entgegensetzen.

Mit einem weiteren Argument wendet sich die Klägerin gegen die Zugrundelegung des maximalen Quecksilbergehalts bei der behördlichen Prognose.

Der Einwand überzeugt nicht.

Der von der Behörde eingesetzte maximale Quecksilbergehalt von 8 Milligramm pro Kilogramm beruht auf den eigenen Antragsunterlagen der Klägerin, ist durch mehrere Gutachten abgesichert und stimmt mit dem Grenzwert von ebenfalls 8 Milligramm Quecksilber je Kilogramm Schlammtrockenmasse nach § 4 Abs. 12 der geltenden Klärschlammverordnung in der Fassung der Änderungsverordnung vom 26.11.2003 (BGBl. I S. 2373) überein, wonach bis zu dieser Grenze Klärschlamm auf landwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzten Böden nach näherer Maßgabe aufgebracht werden kann.

Zunächst einmal enthalten die eigenen Antragsunterlagen der Klägerin den dargelegten Maximalwert für Quecksilber. Nach Seite 10 der Beschreibung des Vorhabens (Behördenordner I, Bl. 208) und S. 11 der Kurzbeschreibung sind die Kenndaten des für Bexbach zugrunde gelegten Klärschlamms in der Tabelle 1 angegeben (Behördenordner I, Bl. 207). Dort ist die Bandbreite der Schlammtrockensubstanz für Quecksilber mit bis zu 8 Milligramm pro Kilogramm bezeichnet.

Dieser Wert ist durch mehrere Gutachten abgesichert. In der von der Klägerin selbst vorgelegten gutachtlichen Stellungnahme der proTerra vom 11.11.2002, S. 9 (Behördenordner I Bl. 32) werden die Kenndaten des für Bexbach zugrunde gelegten Klärschlamms ebenfalls mit bis zu 8 Milligramm pro Kilogramm der Trockensubstanz angegeben und allgemein zu den Bandbreiten der Inhaltsstoffe dargelegt, die obersten Grenzen entsprächen weit gehend den Grenzwerten, die in der Klärschlammverordnung festgelegt sind. Das von Mitverbrennungsgegnern in Auftrag gegebene Gutachten des Öko-Instituts vom 28.3.2003 führt in der Tabelle 6.2 für Quecksilber gemessene Schwermetallkonzentrationen zwischen 0 und 5,4 Milligramm pro Kilogramm an und gibt den Maximalwert mit 8 Milligramm pro Kilogramm an.

Gutachterliche Stellungnahme des Öko-Instituts vom 28.3.2003 im Auftrag der A.,Behördenordner I Bl. 136, Tabelle 6.2 nach Seite 23, Behördenordner I Bl. 121.

Schließlich geht das vom Beklagten eingeholte Gutachten des TÜV Süddeutschland vom 27.8.2003 auf S. 35, Tabelle 6-2, ebenfalls von einem Wert von bis zu 8 Milligramm pro Kilogramm Quecksilber aus; dabei wird (S. 39) die Quecksilberkonzentration im Klärschlamm nach der Klärschlammverordnung zugrunde gelegt.

Im Verwaltungsrechtsstreit wendet sich die Klägerin nunmehr dezidiert gegen den Einsatz des Maximalwerts für die Prognose. Die im Antrag angegebenen Maximalwerte bedeuteten nur ein Einsatzverbot für Stoffe mit höherem Schadstoffgehalt.

Schriftsatz vom 13.1.2005, S. 4, Gerichtsakte Bl. 315.

Dagegen komme es für die Prognose auf den repräsentativen Quecksilberwert an, der allein realistisch sei. Insofern macht die Klägerin geltend, der maximale Quecksilbergehalt sei keinesfalls repräsentativ.

Klagebegründung vom 30.4.2004, S. 7, Gerichtsakte Bl. 57.

Der durchschnittliche Quecksilbergehalt liege bei etwa 1 Milligramm pro Kilogramm, nach jüngsten Erhebungen sogar bei 0,7 Milligramm pro Kilogramm.

Schriftsatz vom 13.1.2005, S. 5, Gerichtsakte Bl. 316.

Die potenziellen Zulieferer der Klägerin für die Mitverbrennung von Klärschlamm hätten Werte zwischen 0,7 und 2,8 Milligramm pro Kilogramm Quecksilber ermittelt. Selbst das Gutachten des Öko-Instituts vom 28.3.2003 gehe von einer maximalen Quecksilberkonzentration in Klärschlämmen von 5,4 Milligramm pro Kilogramm aus. Letzteres trifft so nicht zu, denn das Gutachten des Öko-Instituts unterscheidet klar zwischen Probemessungen der Schwermetallkonzentration in Nordrhein-Westfalen 2001 zwischen 0 und 5,4 Milligramm pro Kilogramm einerseits und dem für das eigene Gutachten zugrunde gelegten Maximalwert von 8 Milligramm pro Kilogramm andererseits.

Gutachten des Öko-Instituts vom 28.3.2003, Tabelle 6.2 nach Seite 23, Behördenordner I Bl. 121.

Nach dem grundsätzlichen Ansatz der Klägerin bedeutet der Maximalwert des Quecksilbergehalts nur ein Einsatzverbot im Betrieb für höher kontaminierten Klärschlamm etwa mit 9 Milligramm pro Kilogramm Trockensubstanz. Dagegen sei für die Prognose der Emissionen nur von einem repräsentativen Quecksilberwert des Klärschlamms auszugehen und mithin realistischerweise auf den wahrscheinlichsten Betriebszustand abzustellen.

Die Argumentation der Klägerin überzeugt nicht.

Zunächst einmal ist der Argumentation entgegenzuhalten, dass Durchschnittswerte und Maximalwerte im Immissionsschutzrecht klar auseinander zu halten sind. Dies gilt sowohl rechnerisch als auch rechtlich. Rechnerisch folgt beispielsweise allein aus Zahlen über den Durchschnittslärm nicht der maximale Lärm. Unter rechnerischen Gesichtspunkten kann beim Klärschlamm weder ein Durchschnittswert von 0,7 Milligramm pro Kilogramm noch eine Untersuchung über Klärschlammproben bis 5,4 Milligramm pro Kilogramm einen Maximalwert von 8 Milligramm pro Kilogramm ausschließen. Zu Recht schließt keines der angeführten Gutachten einen Maximalwert von 8 Milligramm pro Kilogramm Quecksilber im Klärschlamm aus.

Ausgehend von dieser rechnerischen Klärung bedarf es nun einer rechtlichen Klärung.

Im Immissionsschutzrecht wird regelmäßig klargestellt, ob die Grenzziehung für schädliche Umwelteinwirkungen durch Mittelwerte, Maximalwerte oder eine Kombination davon erfolgt. Deutlich ist dies etwa in der TA Lärm vom 26.8.1998 (GMBl. S. 503), die zwischen Mittelungspegeln (Nr. 2.7) und kurzzeitigen Geräuschspitzen als Maximalwerten (Nr. 2.8) unterscheidet und für beide Immissionsrichtwerte festsetzt (vgl. Nr. 6.1 bis 6.3). Speziell für den hier einschlägigen Schadstoffgehalt von mitverbrannten Abfällen stellt der Normgeber in § 4 a III Nr. 4 der 9. BImSchV in der Fassung vom 14.8.2003 (BGBl. I S. 1614) dort für die Antragsunterlagen und in § 21 III Nr. 5 der Verordnung für den Genehmigungsbescheid ausschließlich auf den größten Gehalt an Schadstoffen ab. Der Durchschnittsgehalt ist nicht Regelungsgegenstand der Genehmigung. Auf den Durchschnittsgehalt an Schadstoffen und damit hier auf den niedrigeren Durchschnittsgehalt von 0,7 Milligramm pro Kilogramm Quecksilber kommt es mithin im Genehmigungsverfahren normativ nicht an.

Die dargelegte Regelung fügt sich nahtlos in das Vorsorgekonzept des Bundesverwaltungsgerichts ein. Danach ist es Aufgabe der Vorsorge, hinreichend mögliche Risiken unterhalb der Gefahrengrenze zu minimieren.

BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 – BVerwG 7 C 19.02 -, BVerwGE 119, 329.

Das Gebot der Risikominimierung führt aber dazu, die maximalen Schadstoffwerte der verbrannten Abfälle einzubeziehen. Sie sind nicht wahrscheinlich, aber ein zu beachtendes Risiko. Von der Klägerin wird mithin nicht mehr verlangt, als dass sie anlagemäßig das Risiko beherrscht, dass ein Tag lang Klärschlamm mit dem maximal erlaubten Quecksilbergehalt verbrannt wird.

Der Ansatz der Klägerin würde dagegen zur Inkonsequenz in der Risikobeherrschung führen. Die Klägerin meint insofern, die Maximalwerte bedeuteten nur ein Einsatzverbot für Stoffe mit höherem Schadstoff. Davon ausgehend beherrscht die Klägerin zwar das Risiko, dass der angelieferte Klärschlamm 9 Milligramm pro Kilogramm Quecksilber enthält, da hier das Einsatzverbot gilt. Dagegen braucht sie nach ihrer Ansicht das Risiko, dass der Klärschlamm 8 Milligramm pro Kilogramm Quecksilber enthält, deshalb nicht zu beherrschen, weil sie darin nur einen theoretischen Fall sieht. Das niedrigere Risiko etwa von einem Quecksilbergehalt von 5 Milligramm pro Kilogramm beherrscht die Klägerin wiederum, da die Anlage das Quecksilber ausreichend herausfiltert. Konsequent ist das nicht. Eine konsequente Risikobeherrschung ist indes ein Gebot der praktischen Vernunft.

Nur ergänzend ist noch auf einen Unterschied zur bereits behandelten Frage der Anlagenkapazität hinzuweisen: Die gefahrene Kapazität ist dem Anlagenbetreiber regelmäßig jederzeit bekannt und insofern auch beherrschbar. Dagegen ist die Stoffzusammensetzung des gesamten über einen Tag verbrannten Klärschlamms dem Betreiber ohnedies nur stichprobenweise bekannt, so dass der Klärschlamm auch Quecksilberwerte oberhalb der gemessenen Stichprobe haben kann und auch insofern ein Risiko besteht. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist anerkannt, dass Stoffe im Immissionsschutzrecht nach ihrer potenziellen Gefährlichkeit klassifiziert werden.

BVerwG, Urteil vom 20.12.1999 – 7 C 15/98 -, Juris-Ausdruck S. 5, zum Zusammenhang von Vorsorge- und Risikoproportionalität dort bezogen auf die Herstellung eines UV-Stabilisators für Lacke und Kunststoffe.

Nach dem dargelegten Standpunkt des Senats beherrscht die Klägerin das hinreichend mögliche Risiko nicht, dass in der Anlage ein Tag lang Klärschlamm mit dem maximal erlaubten Quecksilbergehalt verbrannt wird.

Die Vorsorgepflicht wird mithin nach dem im Genehmigungsverfahren vorgelegten Konzept nicht schon im vorhinein erfüllt.

Die Klägerin hält dem allerdings im Sinne einer realistischen Betrachtungsweise entgegen, im tatsächlichen Betrieb komme es dennoch nicht zu einer Grenzwertüberschreitung, weil sie im konkreten Fall einer sich abzeichnenden Grenzwertüberschreitung die Anlage mit Blick auf den Klärschlammeinsatz nachträglich herunterfahre. So werde nach Meinung der Klägerin genau das vom Beklagten gewollte Ziel erreicht, dass es im Betrieb konkret nicht zu einer Grenzwertüberschreitung komme.

Damit wird die Klägerin aber nicht dem bereits dargelegten generell vorbeugenden Inhalt der Vorsorgepflicht gerecht. Die Vorsorgepflicht ist zukunftsbezogen und beugt der Entstehung von Umwelteinwirkungen generell vor.

Jarass, BimSchG, 6. Auflage 2005, § 5 Rdnr. 46.

Bei der Vorsorge geht es nicht ausschließlich um das Ziel der Grenzwerteinhaltung, sondern es soll für dieses Ziel auch eine zur Emissionsbegrenzung geeignete Anlage vorliegen.

BVerwG, Beschluss vom 30.8.1996 – 7 VR 2/96 -, bezogen auf den Einbau eines Aktivkohlefilters zur Senkung des Dioxinausstoßes.

Kapazität und Filterleistung der Anlage sollen bereits nach dem Anlagenkonzept von vornherein zusammenpassen. Nur dann wird der Entstehung von Umwelteinwirkungen generell vorgebeugt. Anlagen mit einer Diskrepanz zwischen (höherer) technischer Kapazität und (niedrigerer) Filterleistung für Quecksilber enthalten ein zusätzliches Umweltrisiko, das durchaus real ist. Das zusätzliche Risiko liegt darin, dass das nachträgliche Herunterfahren der Anlage verspätet erfolgt und damit Quecksilber überhöht freigesetzt wird. Ein generell vorbeugendes Konzept beugt dagegen diesem zusätzlichen Risiko vor. Es entspricht auch wie dargelegt dem Sinn der gesetzlichen Vorsorgepflicht. Das auf Fehlerbehebung gerichtete Konzept der Klägerin wird der zukunftsbezogenen Vorsorge nicht gerecht. Ein Konzept nachträglicher Reaktionen ist kein Vorsorgekonzept. Die Vorsorgepflicht wird mit Blick auf Quecksilber nach der Überzeugung des Senats nicht erfüllt.

Der Senat ist nach allem davon überzeugt, dass das Konzept der Klägerin entgegen ihrem Standpunkt der gesetzlichen Vorsorgepflicht nicht genügt.

Der Beklagte hat aus der Nichterfüllung der Vorsorgepflicht die Konsequenz gezogen, dass das Konzept der Klägerin nicht genehmigungsfähig ist und den Antrag abgelehnt.

Dem hält die Klägerin entgegen, der Beklagte wäre aus Verhältnismäßigkeitserwägungen verpflichtet gewesen, ein genehmigungsrechtliches Minus zu erteilen. Dabei sei es letztlich nicht entscheidend, ob es sich um Nebenbestimmungen oder Inhaltsbestimmungen handele. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts werde vermutet, dass der Antragsteller etwaige Nebenbestimmungen als Minus verglichen mit einer uneingeschränkten Genehmigung in seinen Willen aufgenommen habe.

BVerwG, Urteil vom 18.2.1994 – 4 C 4/92 – BVerwGE 95, 123.

So hätte beispielsweise die Auflage erlassen werden können, den Tagesdurchsatz nach Maßgabe der beschränkten Lager- und Lieferkapazitäten zu begrenzen. Denkbar wäre auch eine Auflage, wonach nur Klärschlämme mit bestimmten Spezifikationen, insbesondere mit einem Quecksilbergehalt bis zu 6 Milligramm pro Kilogramm Trockenmasse, im Kraftwerk mitverbrannt werden dürften. Der Beklagte hat sich demgegenüber auf den Standpunkt gestellt (Bescheid S. 15), durch Festlegung von Nebenbestimmungen gegen den Willen der Klägerin würde er ihr einen neuen Antragsgegenstand aufdrängen; dies sei im konkreten Fall insbesondere deshalb nicht möglich, weil die Klägerin im Genehmigungsverfahren nachdrücklich die Auffassung vertreten habe, der Quecksilbergrenzwert werde eingehalten.

Die Auffassung des Beklagten überzeugt, da der Beklagte im konkreten Verwaltungsverfahren die Klägerin ausdrücklich zu einer Antragsreduktion – ohne Forderung nach Neuauslegung von Unterlagen – aufgefordert hat und die Klägerin ihrerseits nachdrücklich ihre Disposition über den Antragsgegenstand verteidigt hat und Abstriche nur nach Maßgabe einer eingeschränkten Jahreskapazität sowie im Fall sich tatsächlich abzeichnender Emissionsüberschreitungen zulassen wollte.

Im rechtlichen Ausgangspunkt kann nach § 12 I 1 BImSchG die Genehmigung unter Bedingungen erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzungen sicherzustellen. Übereinstimmend bestimmt § 20 II 1 der 9. BImSchV:

Der Antrag ist abzulehnen, sobald die Prüfung ergibt, dass die Genehmigungsvoraussetzungen nicht vorliegen und ihre Erfüllung nicht durch Nebenbestimmungen sichergestellt werden kann.

Zu Recht weist Jarass darauf hin, dass die Auslegung durch das Verhältnismäßigkeitsprinzip gesteuert wird: Die Verweigerung einer Genehmigung in Kenntnis einer geeigneten Nebenbestimmung ist unverhältnismäßig.

Jarass, BImSchG, 6. Auflage 2005, § 12 Rdnr. 15.

Auch außerhalb des Immissionsschutzrechts folgt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Übermaßverbot, dass die Genehmigungsbehörde statt zur Versagung der Genehmigung zu ihrer Erteilung unter Auflagen verpflichtet ist.

BVerwG, Urteil vom 18.2.1994 – 4 C 4/92 -, BVerwGE 95, 123.

Die Klägerin hat auch selbst darauf hingewiesen, dass nach dieser Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine Verpflichtung zur Genehmigung unter Auflagen insbesondere dann besteht, wenn die Auflage lediglich in einer Klarstellung des vom Antragsteller Gewollten besteht.

BVerwG, Urteil vom 18.2.1994 – 4 C 4/92 -, BVerwGE 95, 123.

Um eine Nebenbestimmung geht es hier allerdings nicht. Begrenzungen für die Einsatzstoffe wie etwa die Qualität des schweren Heizöls bei Fernheizwerken sind nach der immissionsschutzrechtlichen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts keine modifizierenden Auflagen, sondern Inhaltsbestimmungen für die Genehmigung.

BVerwG, Urteil vom 17.2.1984 – 7 C 8/82 -, NVwZ 1984, 371.

Der Senat hat keine Bedenken, die dargelegte Rechtslage für Nebenbestimmungen grundsätzlich auch auf Inhaltsbestimmungen der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zu erstrecken. Das Gewollte kann auch – insofern hat die Klägerin Recht – in einer Inhaltsbestimmung liegen. Insbesondere die dargelegte allgemeine Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Auflagen nach Maßgabe des vermuteten Willens lässt sich ohne weiteres auf Hauptbestimmungen der Genehmigung erstrecken, die ebenfalls nach Maßgabe des vermuteten Willens des Antragstellers Begrenzungen enthalten können.

Es kommt aber immer auf den konkreten Sachverhalt an. Eine Klarstellung des Gewollten bietet sich an, wenn nach den Antragsunterlagen und dem Verlauf des Genehmigungsverfahrens noch im Zeitpunkt der Behördenentscheidung eine verbleibende Unklarheit über das Gewollte besteht.

Der Behörde kann es aber nicht verwehrt werden – und es ist sogar mit Blick auf ihre Beratungspflicht ( § 2 II der 9. BImSchV ) vorzugswürdig -, wenn sie bereits im frühen Stadium im Genehmigungsverfahren auf eine Klarstellung des Gewollten hinwirkt im Sinne einer ausdrücklichen Antragsergänzung oder Änderung.

So liegt es hier.

Die Klägerin hatte im Verwaltungsverfahren mit Anwaltsschriftsatz vom 29.4.2003 (Behördenordner II Bl. 155) auf eine Beschleunigung der Genehmigung gedrängt und gleichzeitig (S. 3) unter Hinweis auf das vom Beklagten aufgeworfene Problem der Neuauslegung von Unterlagen eine Reduktion des Antrags in Aussicht gestellt. Dazu heißt es (S. 3):

Es ist deshalb zu erwägen, den Antrag auf (das) Benötigte zu reduzieren.

In seinem Antwortschreiben vom 9.5.2003, S. 3 (Behördenordner II Bl. 163) hat der Beklagte auf Seite 3 auf die Dispositionsbefugnis der Klägerin über den Antragsgegenstand durch Antragsreduktion ausdrücklich hingewiesen und ausgeführt:

Der Prüfungsrahmen der Genehmigungsbehörde wird vielmehr ausschließlich durch den Antrag gesetzt. Wenn die Antragstellerin erwägt, ihren eigenen Antrag auf das Benötigte zu reduzieren, mag sie dies tun.

Damit hat der Beklagte ausdrücklich auf eine Antragsreduktion - und zwar nunmehr ohne Forderung nach Neuauslegung von Unterlagen - hingewirkt. Deshalb traf die Verantwortung für eine verbindliche Antragsreduktion allein die Klägerin.

Eine abschließende schriftliche Klarstellung hat die Klägerin sodann mit Anwaltsschriftsatz vom 19.9.2003 (Behördenordner II Bl. 318) vorgenommen. Dort hat sie sich in Kenntnis der beabsichtigten Ablehnung mit Blick auf den Quecksilberwert (S. 2 des Schriftsatzes) ausdrücklich nur mit Nebenbestimmungen – und zwar nach § 12 I BimSchG - einverstanden erklärt (Nr. 7 des Schriftsatzes, S. 10/11, Behördenordner II Bl. 309/308). Zum Antragsgegenstand selbst (Nr. 6 des Schriftsatzes, S. 10) hat sich die Klägerin dagegen zur Einhaltung des Quecksilberwertes allein mit einer einzigen Abänderung, nämlich der Begrenzung der jährlichen Durchsatzmenge einverstanden erklärt. Dort heißt es (S. 10 des Schriftsatzes, Behördenordner II Bl. 309):

Namens und im Auftrag unserer Mandantin erklären wir uns rechtsverbindlich bereit, die Begrenzung einer jährlichen Durchsatzmenge von 20.000 Tonnen (TS) zu akzeptieren. Mit einer solchen Begrenzung sind sämtliche, etwa noch bestehende Bedenken hinfällig.

Weder die Stundenmenge noch die Tagesmenge des Antrags wird verändert. Ebenso ist es aus der allein zugelassenen Ausnahme der Jahresdurchsatzmenge klar ersichtlich, dass sie auch den ausdrücklich beantragten maximalen Quecksilbergehalt des Klärschlamms nicht abändert.

Nach dem dargelegten Einverständnis der Klägerin allein mit einer Änderung der Jahreskapazität ist ersichtlich, dass die Klägerin im Übrigen im Genehmigungsverfahren mit Blick auf den Antragsgegenstand weder Klärschlammmenge noch Klärschlammqualität ändern wollte. Für die fehlende Antragsreduktion ist die Klägerin letztlich selbst verantwortlich.

Weiter hat die Klägerin nach ihrem Vortrag in einer mündlichen Besprechung am 17.12.2003 eine zeitweise Herabsetzung der Einsatzstoffe für den Fall akzeptiert, dass sich im Einzelfall bei kontinuierlicher Messung eine Überschreitung des Emissionsgrenzwerts abzeichne. Der Vorsorgegrundsatz ist bei einer solchen vorgeschlagenen Regelung wie dargelegt nicht gewahrt. Im übrigen fehlt es dem Vorschlag an der Schriftform (§ 2 I der 9. BImSchV). Eine verbindliche Änderung liegt nicht vor.

Nur über den von der Klägerin selbst schriftlich klargestellten Antragsgegenstand hatte der Beklagte im Genehmigungsverfahren zu entscheiden. Im Entscheidungszeitpunkt bestand Klarheit. Das Verhältnismäßigkeitsprinzip gibt keine Handhabe dafür, einem Antragsteller die Disposition über seinen eigenen Antragsgegenstand entgegen dem erklärten Willen zu entziehen. Der Beklagte hatte mithin bei korrektem Vorgehen nur die Möglichkeit, den klargestellten Antrag mangels Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzungen abzulehnen. Nach § 20 II 1 der 9. BImSchV „ist“ der Antrag in solchen Fällen abzulehnen, so dass kein Ermessensspielraum bleibt und die von der Klägerin vorgetragene Ermessensunterschreitung nicht vorliegen kann.

Nach allem führt die Überschreitung des Quecksilbergrenzwertes nach der Klarstellung des Antrags im Genehmigungsverfahren hier rechtmäßig zur Ablehnung des immissionsschutzrechtlichen Antrags.

Nur vorsorglich geht der Senat noch auf den Gesichtspunkt ein, dass der Quecksilbergrenzwert einhaltbar wäre. Dann bestünden Bedenken aus einem Grund, auf den der Beklagte die Klägerin bereits in seiner Ablehnungsankündigung vom 1.9.2003 (Behördenordner I Bl. 270) im Genehmigungsverfahren hingewiesen hat, nämlich der Unvollständigkeit der Antragsunterlagen mit Blick auf das Fehlen der notwendigen Immissionsprognose.

Die nach § 4 a II Nr. 1 9. BimSchV erforderliche Immissionsprognose fehlte den Unterlagen des Genehmigungsantrags von vornherein, wie sich aus dem Verzeichnis der Unterlagen im Formular 2.1 (Behördenorder I Bl. 227) ergibt, in dem die Immissionsprognose nicht angekreuzt ist. Das vom Beklagten zur Überprüfung eingeholte Gutachten des TÜV Süddeutschland vom 27.8.2003 (Behördenordner II Bl. 267) hat sich im Abschnitt 5.3 (S. 24 bis 32) eingehend mit der Notwendigkeit der Ermittlung der Immissionskenngrößen nach der TA Luft und damit der Notwendigkeit einer Immissionsprognose befasst. In dem Gutachten ist festgestellt, dass keine der Vorschriften der TA Luft für die ausnahmsweise Entbehrlichkeit einer Immissionsprognose mit guten Gründen angenommen werden kann. Bagatellmassenströme liegen nach dem Gutachten selbst dann nicht vor, wenn man nur die zusätzlichen Massenströme durch die Klärschlammmitverbrennung und nicht die gesamten Massenströme betrachtet (S. 28 des Gutachtens). Insofern scheidet die Ausnahme nach Nr. 4.6.1.1 der TA Luft aus.

Weiterhin kommt das TÜV-Gutachten zu dem Ergebnis, dass die Vorbelastung nicht als gering einzustufen ist (S. 32 des Gutachtens). Nach Nr. 4.6.2.1 TA Luft ist eine Ermittlung der Vorbelastung für die Immissionsprognose insbesondere dann nicht erforderlich, wenn aufgrund etwa älterer Messungen der Jahresmittelwert des Schadstoffs weniger als 85 Prozent des Konzentrationswertes und damit des Grenzwertes beträgt. Diese Ausnahme ist hier nicht gegeben, denn nach der Tabelle 5-10 des TÜV-Gutachtens (S. 31) erreicht die gemessene Konzentration bei Fluorwasserstoff 0,4 Mikrogramm pro Kubikmeter und damit genau 100 Prozent des jetzt geltenden Grenzwertes von 0,4 Mikrogramm pro Kubikmeter der TA Luft 2002; für Cadmium im Staubniederschlag beträgt die ermittelte Messung 1,99 Mikrogramm pro Kubikmeter täglich und damit 99,5 Prozent des Grenzwertes von 2 Mikrogramm pro Kubikmeter.

Das von der Klägerin selbst vorgelegte proTerra-Gutachten vom 11.11.2002 (Behördenordner I Bl. 40) würdigt auf S. 22 die Immissionssituation in der Umgebung der Anlage im Wesentlichen übereinstimmend mit dem TÜV und führt aus, beim Cadmiumgehalt im Staubniederschlag, beim Stickstoffdioxid und beim Fluor seien die Grenzwerte nach der neuen TA Luft teilweise erreicht oder überschritten.

Das TÜV-Gutachten kommt aufgrund der dargelegten und überzeugenden Begründung zu dem Ergebnis (S. 32), dass eine Ermittlung der Zusatzbelastung durch Ausbreitungsrechnung im Rahmen der Immissionsprognose erfolgen „sollte“. Da keine aktuellen Daten über die Vorbelastung vorlägen, seien zumindest Vorbelastungsmessungen durchzuführen (S. 32 des Gutachtens). Insgesamt wird die Notwendigkeit einer Immissionsprognose von dem TÜV Süddeutschland bejaht.

Die Klägerin hat im Genehmigungsverfahren diesen Gesichtspunkt gesehen, aber die gutachtlich eingehend bejahte Notwendigkeit einer Immissionsprognose nicht überzeugend ausgeräumt. In ihrem Schriftsatz vom 19.9.2003 (Behördenordner II Bl. 318), hat sie (auf S. 9 in Verbindung mit S. 5) mitgeteilt, sie habe Vorbelastungsmessungen in Auftrag gegeben, das Auftragsdatum und die zu erwartende Erledigung indessen nicht angegeben. Zu einer Erledigung im Genehmigungsverfahren ist es ausweislich der Akten nicht gekommen. Dies spricht gegen einen positiv bescheidbaren Genehmigungsantrag ( vgl. im Sinne eines Ablehnungsgrundes nach Fristsetzung § 10 II 2 der 9. BImSchV).

Der von dem Senat nur vorsorglich angeführte Gesichtspunkt bedarf hier keiner weiteren Vertiefung. Er hätte nur bei Einhaltung des Emissionsgrenzwerts Bedeutung.

Da der Emissionsgrenzwert wie dargelegt nach dem klargestellten Verwaltungsantrag der Klägerin nicht einhaltbar ist, steht das Immissionsschutzrecht dem zur Bescheidung gestellten Genehmigungsanspruch schon deshalb entgegen.

Der Beklagte hat weder in seinem Bescheid noch in seiner Ablehnungsandrohung angenommen, dass außerhalb des Immissionsschutzrechts auch eine Genehmigungsunfähigkeit aus Naturschutzgründen vorliege. Die Beigeladene hat zwar im Prozess zunächst Bedenken mit Blick auf nicht unmittelbar benachbarte FFH-Gebiete geltend gemacht und mit Blick auf einen Landschaftsplan betreffend die Böschungsbepflanzung. Nachdem die Klägerin diesem Vortrag auf der Grundlage der gutachtlichen Vorprüfung und unter Hinweis auf die konkrete Eingriffs- und Ausgleichsberechnung substanziiert entgegen getreten ist, hat die Beigeladene ihre Argumentation nicht mehr weiter verfolgt und ein durchgreifendes naturschutzrechtliches Genehmigungshindernis nicht vorgetragen. Der Gesichtspunkt wurde in der mündlichen Verhandlung von keinem der Beteiligten aufgeworfen. Der Senat sieht deshalb keinen Anlass zu einer Problematisierung dieser Frage. Es verbleibt mithin bei dem festgestellten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungshindernis.

Der Ablehnungsbescheid ist weiter darauf gestützt, dass die Gemeinde ihr Einvernehmen nach § 36 I BauGB versagt hat.

Nach dem im immissionsschutzrechtlichen Teil des Urteils vertretenen Rechtsstandpunkt des Senats spricht alles dafür, dass das Vorhaben gegen Bauplanungsrecht verstößt und die Gemeinde aus diesem Grund ihr Einvernehmen zu Recht versagt hat. Zunächst einmal konnte die Versagung des Einvernehmens - wie im Rechtsstreit nicht mehr streitig ist - mangels Formbedürftigkeit auch fernmündlich wie hier geschehen erklärt werden.

Zum Ausreichen einer fernmündlichen Übermittlung BayVGH, Beschluss vom 27.10.2000 - 1 ZS/CS 00.2727 - Juris-Ausdruck, S. 2.

Weiter ist hier zugunsten der Klägerin von einer Privilegierung des der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität dienenden Vorhabens mit besonderen Anforderungen an die Umgebung (§ 35 I Nr. 3 und 4 BauGB) auszugehen, was auch nicht ernsthaft in Streit ist.

Diesem Vorhaben stehen dann aber jedenfalls insoweit öffentliche Belange entgegen (§ 35 I BauGB), als das Vorhaben schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann (§ 35 III Nr. 3 BauGB).

Nach den Feststellungen des Senats führt die Klärschlammmitverbrennung dazu, dass die bisher mit Blick auf die Quecksilberemissionen eingehaltene Vorsorgepflicht der Klägerin bei der Klärschlammmitverbrennung nach Maßgabe ihres Antrags nicht mehr erfüllt wird. Mithin ist bei diesem Vorhaben als Folgewirkung der Emissionsüberschreitung eine Verschlechterung der Immissionslage zu erwarten.

Zu diesem Maßstab BVerwG, Urteil vom 22.6.1990 - 4 C 6/87 -, Juris-Ausdruck, S. 6; vgl. auch Berliner Kommentar zum BauGB, 3. Auflage 2002, § 35 Rdnr. 68.

Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts haben die im Rahmen des Vorsorgegebots erlassenen Emissionsgrenzwerte zur Minimierung des Gesundheitsrisikos Drittschutzwirkung innerhalb des Einwirkungsbereichs der Anlage, solange für den betreffenden Schadstoff noch keine Immissionswerte nach § 48 BImSchG bestimmt worden sind.

So die neuere Rechtsprechung des BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 - BVerwG 7 C 19.02 -, S. 9 des Juris-Ausdrucks.

In diesem Fall dienen die Vorsorgewerte als Ersatz für fehlende Schutzwerte.

So zur Interpretation der neuen Rechtsprechung Jarass, BImSchG, 6. Auflage 2005, § 5 Rdnr. 122; dort auch zum Zusammenhang mit dem Europarecht.

Wie sich aus 4.2.1 der TA Luft vom 24.7.2002 ergibt, sind Immissionswerte für Quecksilber derzeit noch nicht bestimmt. Mithin hat der hier überschrittene Emissionsgrenzwert für Quecksilber nach der 17. BImSchVO im Einwirkungsbereich der Anlage Schutzwirkung zugunsten der Nachbarn.

Die Überschreitung des Quecksilberemissionsgrenzwerts führt jedenfalls dazu, dass das Vorhaben schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 35 III 1 Nr. 3 BauGB hervorrufen kann. Der dargelegte öffentliche Belang der Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen steht dem Vorhaben mit Gewicht entgegen. Da die fehlende Antragsreduzierung auch hier in die Sphäre der Klägerin fällt, war es nicht Sache der Gemeinde, ihr Einvernehmen unter der Voraussetzung einer reduzierten Genehmigung zu erteilen.

Ohne abschließende Entscheidung weist der Senat darauf hin, dass der weiter angeführte und streitige öffentliche Belang unwirtschaftlicher Aufwendungen für Straßen nach § 35 III Nr. 4 BauGB dem Vorhaben nicht ohne weiteres entgegensteht. Im Verständnis dieser Vorschrift dürfte es in erster Linie um den Fall des erst erforderlichen Straßenbaus bei fehlender Straßenanbindung im Außenbereich gehen.

Vgl. Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, 3. Auflage, § 35 Rdnrn. 70 und 71.

Im konkreten Fall ist die Sachlage aber anders. Das Kraftwerk ist wie dargelegt ein privilegiertes Vorhaben. Die ausreichende Erschließung im Sinn des § 35 I BauGB ist hier gesichert, weil die Straßenanbindung im Außenbereich schon vollständig vorhanden ist. Der Konflikt liegt in der Abnutzung gemeindlicher Straßen und der Verkehrslenkung des Lastwagenverkehrs um die Innenstadt. Insoweit bedeutet aber nicht jeder Konflikt dieser Art, dass im Rahmen einer gebundenen Abwägung ein öffentlicher Belang dem privilegierten Vorhaben entgegensteht. Das kann aber offen bleiben. Von einer Entscheidung dieses Gesichtspunkts sieht der Senat ab.

Schließlich führt auch der die Klägerin bindende städtebauliche Vertrag zwischen der Kraftwerksbetreiberin und der Beigeladenen vom 3./5.9.1996 (im Behördenordner I, Bl. 359) ungeachtet des Auslegungsstreits der Klägerin und des Beklagten nicht zu einem weiteren Genehmigungshindernis. Zwar trifft der Standpunkt der Klägerin nicht zu, auf vorliegende Verträge komme es im Genehmigungsverfahren von vornherein nicht an. Abwehransprüche aufgrund eines individuellen Vertrags beruhen auf besonderem Titel und sind deshalb nach § 14 BImSchG nicht ausgeschlossen.

Jarass, BImSchG, 6. Aufl., § 14 Rdnr. 10, dort bereits für private Verträge.

Stehen eingegangene Verträge dem zur Genehmigung gestellten Betrieb der Anlage zweifelsfrei entgegen, ist die Erteilung einer Genehmigung letztlich für den Betreiber nutzlos. Im Fall der Nutzlosigkeit der Genehmigung ist anerkannt, dass es an einem Sachbescheidungsinteresse für die Genehmigung fehlt.

Jarass, BImSchG, 6. Aufl., § 6 Rdnr. 29.

Der Beklagte beruft sich darauf, Nr. 9 Satz 1 des städtebaulichen Vertrages von 1996 verpflichte die Kraftwerksbetreiberin dazu, am Kraftwerksstandort Bexbach keine Mitverbrennung von Klärschlamm zu realisieren. Er hält dieses vertragliche Verbot der Klärschlammverbrennung ungeachtet der Suspensivregelung in Nr. 17 II des Vertrages für wirksam geworden. Dort heißt es:

Verpflichtungen aus diesem Vertrag, die das vorhandene Kraftwerk Bexbach I betreffen, werden nur wirksam, wenn Saarberg erklärt, dass das Kraftwerk Bexbach II realisiert wird, spätestens jedoch mit der Abgabe der Erklärung des Baubeginns.

Da der Vertragszweck der Errichtung des Kraftwerks Bexbach II unstreitig zu keinem Zeitpunkt realisiert worden ist, spricht alles dafür, dass die Verpflichtung für das vorhandene Kraftwerk Bexbach I nicht wirksam geworden ist. Der Beklagte nimmt insofern lediglich eine entgegenstehende Wortauslegung vor, als die Suspensivregelung der Nr. 17 II nur für das Kraftwerk Bexbach I gelte, das Klärschlammverbot in Nr. 9 Satz 1 für den gesamten Kraftwerksstandort und damit unbegrenzt. Diese isolierte Wortauslegung überzeugt nicht. Nach dem systematischen Zusammenhang der Nr. 9 umfasst der Standort (Satz 1) die Kraftwerke Bexbach I und II (Satz 2). Standortverpflichtungen gelten nach Nr. 9 Satz 2 deshalb auch für Bexbach I und werden für Bexbach I durch Nr. 17 II suspendiert.

Dies entspricht auch dem Zweck des Vertrages. Verträge sind nach beiden Seiten hin interessengerecht auszulegen.

BGH, Urteil vom 7.3.2002 - III ZR 137/01 -, Juris-Ausdruck S. 3, dort als anerkannter Grundsatz der Vertragsauslegung.

Nach der Vertragspräambel ging es im wesentlichen um die Sicherung der Errichtung eines zweiten Kraftwerksblocks entgegen städtebaulichen Bedenken. Bei dieser Interessenlage konnten nicht einseitige Vorleistungen der Kraftwerksbetreiberin für den Fall erwartet werden, dass der streitige neue Kraftwerksblock überhaupt nicht errichtet wird. Nr. 17 der Vertragsbestimmungen bringt die Zweckgebundenheit der Verpflichtungen an die Realisierung des Projekts deutlich zum Ausdruck. Die Auslegung der Klägerin überzeugt. Mangels Zweckerfüllung liegt mithin kein derzeit wirksames vertragliches Verbot der Klärschlammmitverbrennung vor.

Nach allem verbleibt es dabei, dass die Klägerin aus den Gründen des Immissionsschutzrechts und des Bauplanungsrechts keinen Anspruch auf die immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung ihres Vorhabens hat. Die Genehmigungsversagung ist rechtmäßig und ein Bescheidungsanspruch scheidet aus.

Die Klage ist mithin in vollem Umfang abzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 I VwGO und § 162 III VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten beruht auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO und über die Nichtzulassung der Revision auf § 132 VwGO.

Gründe

Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das Oberverwaltungsgericht nach § 48 I Nr. 3 VwGO für Streitigkeiten betreffend die Änderung von Kraftwerken mit einer Feuerungswärmeleistung mit mehr als 300 Megawatt – hier 1840 Megawatt – erstinstanzlich zuständig.

Die Klage ist aber unbegründet. Für die als Bescheidungsklage erhobene Klage ist das derzeit geltende Recht maßgebend. Danach hat die Klägerin deshalb keinen Genehmigungsanspruch nach § 6 des Bundesimmissionsschutzgesetzes – BImSchG – in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 24.5.2005 (BGBl. I S. 1794), weil auf der Grundlage des Antrags und der vorgelegten Unterlagen nicht sichergestellt ist, dass die Klägerin ihre Betreiberpflichten erfüllt (§ 6 I Nr. 1, § 5 I Nr. 2 BImSchG) und weiter andere öffentlich-rechtliche Vorschriften – die für die Beurteilung des Vorhabens einschlägigen Bestimmungen des Bauplanungsrechts entgegenstehen (§ 6 I Nr. 2 BimSchG, § 35 III 1 Nr. 3 BauGB) und die Beigeladene unter dem letztgenannten Gesichtspunkt zu Recht ihr Einvernehmen versagt hat.

Die von der Klägerin begehrte immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung nach § 16 I 1 BImSchG ist unstreitig erforderlich, da eine wesentliche Änderung des Anlagenbetriebs beantragt ist. Nach dem Antragsgegenstand sollen in dem Kohlekraftwerk stündlich bis zu 60 Tonnen Klärschlamm mitverbrannt werden. Nach dem abstrakten Maßstab des § 16 I 1 BImSchG können damit nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden, wie sich bereits aus dem wesentlich veränderten Schadstoffinput von Klärschlamm gegenüber Kohle ergibt. Im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts liegt hier nicht eine rein quantitative Erweiterung, sondern eine Änderung qualitativer Art vor.

BVerwG, Urteil vom 11.2.1977 – IV C 9.75 -, DVBl. 1977, 770 – 771.

Nach den im Immissionsschutzrecht anerkannten Grundsätzen sind bei qualitativen Änderungen sämtliche von der Anlage ausgehenden Emissionen als unmittelbarer Prüfungsgegenstand zu würdigen.

BVerwG, Urteil vom 11.2.1977 – IV C 9.75 -, DVBl. 1977, 770 – 771; BVerwG, Urteil vom 21.8.1996 – 11 C 9/95 -, Juris-Ausdruck Seite 7, wobei in dem letzteren Urteil die für das Immissionsschutzrecht anerkannten Grundsätze auf das Atomrecht übertragen werden; ebenso Jarass, BImSchG, Kommentar, 6. Auflage 2005, § 16 Rdnr. 20; Feldhaus, BImSchG, 2. Auflage, Stand 2003, § 16 Rdnr. 87.

Mithin kommt es bei der hier vorliegenden qualitativen Änderung der Klärschlammzugabe auf die Emissionen der gesamten Anlage an. Der Prüfungsgegenstand geht damit weiter als der Genehmigungsgegenstand, denn der Genehmigungsgegenstand bestimmt sich nach dem gestellten Antrag und stellt die vorhandene Anlage, soweit sie unverändert bleiben soll, nicht zur Entscheidung der Genehmigungsbehörde.

Feldhaus, § 16 Rdnrn. 87 und 88.

Die Änderungsgenehmigung kann nach den §§ 16, 6 I Nr. 1 BImSchG nur erteilt werden, wenn sichergestellt ist, dass die Betreiberpflichten nach § 5 BImSchG sowie nach einer aufgrund des § 7 BImSchG erlassenen Rechtsverordnung erfüllt werden. Sichergestellt ist die Erfüllung der Betreiberpflichten nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur dann, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Überschreitung der immissionsschutzrechtlich festgesetzten Werte ausgeschlossen werden kann.

BVerwG, Urteil vom 17.2.1978 – BVerwG 1 C 102.76 -, BVerwGE 55, 250 – 262, Voerde-Urteil.

Zu den Betreiberpflichten gehört es nach § 5 I Nr. 1 und 2 BImSchG, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt zum einen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können, mithin die Schutzpflicht erfüllt wird, und sodann, dass Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen, mithin die Vorsorgepflicht erfüllt wird. Der Schutzpflicht werden die Immissionswerte am Einwirkungsort zugeordnet und der Vorsorgepflicht die Emissionswerte an der Emissionsquelle (Schornstein).

Der Beklagte hat in seinem angefochtenen Bescheid einen Genehmigungsanspruch aus immissionsschutzrechtlicher Sicht deshalb verneint, weil die Erfüllung der Vorsorgepflicht durch Einhaltung des Emissionswertes für Quecksilberemissionen nach der von ihm durchgeführten Rechnung nicht sichergestellt ist und auch nach dem Antragsinhalt durch Nebenbestimmungen nicht sichergestellt werden kann. Nach dem Überprüfungsergebnis des Senats ist der als gebundener Verwaltungsakt ergangene Bescheid im immissionsschutzrechtlichen Ergebnis rechtmäßig, wobei es mit Blick auf den Streit der Beteiligten noch ergänzender und alternativer Betrachtungen insbesondere zu der streitigen Kapazität der Anlage und zu der Möglichkeit bedarf, aufgrund der vorliegenden Antragsunterlagen Genehmigungshindernisse durch Nebenbestimmungen oder Inhaltsbestimmungen zu überwinden.

Unstreitig ist zwischen den Beteiligten als anzulegender rechtlicher Maßstab der Emissionsgrenzwert für Quecksilberemissionen der Anlage.

Durch die Mitverbrennung von Klärschlamm wird die zur Genehmigung gestellte Anlage nach Maßgabe des § 2 Nr. 7 der 17. BImSchV in der hier maßgebenden Fassung vom 14.8.2003 (Bundesgesetzblatt I S. 1633) zur Mitverbrennungsanlage, da der Hauptzweck der Energiebereitstellung bestehen bleibt. Nach dem Antragsgegenstand

Beschreibung des Vorhabens, Seite 7, Behördenordner I, Bl. 217/211

erfolgt die Mitverbrennung in dem Kohlekraftwerk antragsgemäß mit einem Anteil von höchstens 15 Prozent der jeweils gefahrenen Feuerungswärmeleistung. Bei dieser Sachlage ist der Hauptzweck der zur Genehmigung gestellten Anlage nicht die Abfallbehandlung, sondern die Energiebereitstellung. Nach § 5 a I 1 der 17. BImSchV gelten für Mitverbrennungsanlagen mit – wie hier – Mitverbrennungsstoffen bis zu 25 Prozent der jeweils gefahrenen Feuerungswärmeleistung die Emissionsgrenzwerte gemäß Anhang II der Verordnung. Nach Anhang II, dort Nr. II.2.5, gilt für alle Brennstoffe als Tagesmittelwert der Quecksilbergrenzwert von 0,03 Milligramm oder umgerechnet 30 Mikrogramm pro Kubikmeter Abgas. Nach § 12 III der 17. BImSchV sind die Emissionsgrenzwerte nur dann eingehalten, wenn kein Tagesmittelwert überschritten wird. Als Halbstundenmittelwert gilt nach Nr. II. 2.6 des Anhangs II für Quecksilber ein Grenzwert von 0,05 Milligramm oder umgerechnet 50 Mikrogramm pro Kubikmeter.

Diese rechtliche Regelung ist hier anzuwenden. Zwar besteht nach § 17 I der 17. BImSchV zugunsten von Altanlagen eine Überleitungsregelung nach Maßgabe der alten Fassung der 17. BImSchV, die aber ohnedies nach dem 17.12.2005 ausläuft. Mit Blick auf die Dynamik der Betreiberpflichten

BVerwG, Beschluss vom 3.6.2004 – 7 B 14.04 -, DÖV 2004, 1043/1044, dort zur Dynamik der Pflichten sowohl im Immissionsschutzrecht wie im Abfallrecht

müsste jede Mitverbrennungsanlage unabhängig vom Zeitpunkt der Genehmigung den neuen Quecksilbergrenzwert ab dem 18.12.2005 einhalten. Dieser Rechtslage vorgreifend hat die Klägerin im Genehmigungsverfahren in ihrem Anwaltsschreiben vom 19.9.2003 verbindlich auf die Altanlagenprivilegierung nach § 17 der neuen 17. BImSchV verzichtet.

Seite 9 des Schreibens vom 19.9.2003, Behördenordner II Blatt 310.

Das Inkrafttreten des neueren, insofern strengeren Rechts während des Genehmigungsverfahrens hat im Übrigen dazu geführt, dass die Antragsunterlagen teilweise noch auf höhere und damit für die Betreiberin mildere Grenzwerte ausgerichtet sind. In dem von der Klägerin vorgelegten proTerra-Gutachten

Anlage 11, Gutachten der proTerra vom 11.11.2002, Behördenordner I Blatt 40, dort Seite 25 des Gutachtens

wird für Quecksilber von einem Mischgrenzwert für die Kohle- und Klärschlammverbrennung als Tagesmittelwert von 0,09 Milligramm pro Kubikmeter (90 Mikrogramm pro Kubikmeter) ausgegangen, der nach diesen Feststellungen sowohl beim reinen Kohlebetrieb als auch beim Einsatz von Klärschlamm deutlich unterschritten wird. Der nunmehr geltende neue Grenzwert für Quecksilber als Tagesmittelwert von 0,03 Milligramm pro Kubikmeter ist dreimal strenger als der in den Antragsunterlagen der Klägerin einschließlich des proTerra-Gutachtens angenommene Emissionsgrenzwert. Gerade diese Rechtsänderung führt hier zur Überschreitung des neuen Emissionsgrenzwerts, der nach dem früheren Recht noch sicher hätte eingehalten werden können. Die Klägerin hatte also ursprünglich keinen Anlass, der Quecksilberproblematik – Quecksilber entzieht sich als leichtflüchtiges und dann gasförmiges Schwermetall wesentlich leichter der Filterung im Abgas als die schwerflüchtigen Schwermetalle – verstärkte Aufmerksamkeit zu schenken oder eine technische Aufrüstung der Anlage in Erwägung zu ziehen.

Vgl. zur Flüchtigkeit von Quecksilber im Rauchgas bei der Verbrennung von Klärschlamm Förstner, Umweltschutztechnik, 6. Auflage 2004, S. 193; allgemein zur Flüchtigkeit von Quecksilber und zur stark toxischen Wirkung Römpp, Lexikon Umwelt, 2. Auflage 2000, Stichwort Quecksilber.

In dem angefochtenen Bescheid hat der Beklagte tagesbezogen die maximalen Quecksilberemissionen der gesamten Anlage sowohl im Ist-Zustand und damit im reinen Kohlebetrieb ermittelt als auch im Planzustand bei maximal zulässiger Zugabe von Klärschlamm in Höhe von 60 Tonnen pro Stunde. Bezogen auf den reinen Kohlebetrieb mit maximalem Durchsatz von 263,7 Tonnen/Stunde (Bescheid S. 9) hat er eine maximale Quecksilberkonzentration von 0,00875 Milligramm pro Kubikmeter (8,75 Mikrogramm pro Kubikmeter) berechnet, die deutlich unter dem Grenzwert von 0,03 Milligramm ( 30 Mikrogramm ) Quecksilber pro Kubikmeter im Tagesmittel liegt. Anschließend (Bescheid Seite 11 bis 13) hat der Beklagte in nachvollziehbarer Art die maximalen Emissionen an Quecksilber im Planzustand berechnet.

Den maximalen Massenstrom an Klärschlamm von 60 Tonnen pro Stunde hat er zunächst in die – niedrigere – Trockensubstanz von 34 Tonnen pro Stunde umgerechnet, da sich der Quecksilbergehalt des Klärschlamms stets auf die Trockensubstanz bezieht. Ausgehend von dem maximalen Quecksilbergehalt des beantragten Klärschlamms von 8 Milligramm pro Kilogramm errechnet sich der klärschlammbezogene Eintrag von Quecksilber in die Feuerung als Massenstrom von 0,272 Kilogramm pro Stunde (Seite 12). Hinzu kommt der Quecksilbereintrag in die Feuerung aus der vermindert verbrannten Kohle von 0,0714 Kilogramm pro Stunde (Bescheid Seite 12); der Quecksilbereintrag durch den Klärschlamm in die Feuerung ist also rund viermal höher als der Quecksilbereintrag durch die Kohle.

Ausgehend von der Summierung dieser beiden Quecksilbereinträge zu insgesamt 0,3434 Kilogramm pro Stunde (Bescheid Seite 13) berechnet der Beklagte sodann mit dem Transferfaktor von 0,26 (das entspricht 26 %) den Eintrag des Quecksilbers in das Reingas in Form eines stündlichen Massenstroms von 26 % von 0,3434 Kilogramm pro Stunde und damit 0,0893 Kilogramm pro Stunde (Bescheid Seite 13).

Der Massenstrom muss noch in die Konzentration und damit in Masse pro Volumen umgerechnet werden. Dafür wird der stündliche Massenstrom durch den stündlichen Volumenstrom geteilt; da sich die Stundenangaben im Zähler und im Nenner weg kürzen, führt diese Division zur Masse pro Volumen und damit dem Konzentrationswert. Rechnerisch ergibt sich (Bescheid Seite 13) aus dem maximalen Emissionsmassenstrom für Quecksilber von 0,0893 Kilogramm pro Stunde und dem maximalen Abgasvolumenstrom von 2,35 Millionen Kubikmeter pro Stunde ein Wert von 0,0380 Millionstel Kilogramm pro Kubikmeter. Umgerechnet in kleinere Einheiten entspricht dies einer Quecksilberkonzentration von 0,0380 Milligramm oder 38,0 Mikrogramm pro Kubikmeter (Bescheid Seite 13). Tagesbezogen ist damit der Grenzwert von 0,03 Milligramm oder 30 Mikrogramm pro Kubikmeter überschritten.

Die Rechnung des Beklagten ist rein rechnerisch nicht angegriffen und gibt letztlich das plausible Ergebnis wieder, dass ein Mitverbrennungsstoff mit einem maximal wesentlich höheren Quecksilbergehalt als dem der eingesetzten Steinkohle auch nach Filterung in den Abgasen zu einem deutlich erhöhten Quecksilberanteil führt. Der Senat ist so ausführlich auf die Berechnung des Beklagten eingegangen, weil es im Folgenden noch einer Alternativrechnung für den Fall einer durch einen nächtlichen Engpass eingeschränkten Kapazität bedarf.

Die Klägerin greift – zusammengefasst - die Voraussetzungen und die Konsequenzen der Berechnungen des Beklagten als nur theoretisch und nicht realistisch an. Repräsentative Vergleichsmessungen an anderen Anlagen seien ausgeblendet. Die Annahme einer Volllast der Klärschlammmitverbrennung über einen gesamten 24-stündigen Tag sei schon aus Gründen der Lagerkapazität nicht realistisch, sondern nur theoretisch. Ein repräsentativer Betriebszustand liege nicht vor. Ebenso sei der maximale Quecksilberwert von 8 Milligramm pro Kilogramm keineswegs repräsentativ, zumal der durchschnittliche Quecksilbergehalt inzwischen nur 0,7 Milligramm pro Kilogramm betrage. Die von dem Beklagten angenommenen Bedingungen könnten, wenn überhaupt, allenfalls für einen kurzfristigen Betriebszustand gelten, so dass damit allein der hier eingehaltene Halbstundenmittelwert von 0,05 Milligramm pro Kubikmeter maßgebend wäre.

Vorweg ist der Argumentation der Klägerin entgegenzuhalten, dass repräsentative Vergleichsmessungen an anderen Anlagen nicht die von ihr angenommene Bedeutung haben. Zwar können Messungen an anderen Anlagen die gemessene Einhaltung der Grenzwerte durch die streitgegenständliche Anlage indiziell bestätigen.

Vgl. BayVGH, Urteil vom 27.5.2003 – 22 B 94.314 -, Juris-Ausdruck S. 7.

Als bloßes Indiz würden Vergleichsmessungen an anderen Anlagen aber nicht ausreichen, um eine gemessene Grenzwertüberschreitung der streitgegenständlichen Anlage zu widerlegen. Ebenso wenig können Vergleichsmessungen an anderen Anlagen eine exakt durchgeführte Berechnung einer Grenzwertüberschreitung nach dem Konzept der streitgegenständlichen Anlage widerlegen. Es geht nur um den individualrechtlichen Genehmigungsanspruch nach den Besonderheiten der vorliegenden Anlage. Mithin liegt in der Ausblendung von Vergleichsmessungen kein Rechtsfehler des Beklagten vor.

Die Klägerin macht mit ihren Angriffen gegen die Berechnung vor allem geltend, der Beklagte habe ein grundlegend falsches Verständnis einer Worst-Case-Betrachtung im Immissionsschutzrecht. Für die Einhaltung des Emissionsgrenzwertes komme es auf einen repräsentativen Betriebszustand und repräsentative Schadstoffwerte an. Unter diesen Bedingungen werde der Quecksilbergrenzwert ohne Weiteres eingehalten, und damit sei die Vorsorgepflicht erfüllt.

Die Rechtsposition der Klägerin ist zwar durchdacht und in sich konsequent, entspricht aber nicht dem grundlegenden Verständnis der Vorsorge. Die Vorsorgepflicht ist zukunftsbezogen und beugt der Entstehung von schädlichen Umwelteinwirkungen generell vor.

Jarass, BimSchG, 6. Auflage 2005, § 5 Rdnr. 46.

Wesentlich ist zur Entscheidung des Streits der Beteiligten, dass die zukunftsbezogene Vorsorgepflicht nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts das Ziel der Risikominimierung hat.

BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 – BVerwG 7 C 19.02 -, BVerwGE 119, 329, Nanoanlagen-Urteil; BVerwG, Urteil vom 20.12.1999 – 7 C 15/98 -, Juris-Ausdruck S. 5; zusammenfassend zum Dreistufenmodell des Umweltrechts mit den Begriffen Gefahr, Risiko und Restrisiko Brenner/Nehrig, Das Risiko im öffentlichen Recht, DÖV 2003, 1024 – 1026.

Bei der Erfüllung der Vorsorgepflicht müssen die Emissionsgrenzwerte auch unter ungünstigsten Betriebsbedingungen eingehalten werden.

BVerwG, Beschluss vom 22.1.2004 – 7 B 97/03 -, Juris-Ausdruck S. 2.

Es genügt also rechtlich nicht, dass der Emissionsgrenzwert unter günstigsten oder unter mittelgünstigen Betriebsbedingungen eingehalten wird, vielmehr muss dies gerade unter ungünstigsten Betriebsbedingungen ( Worst- (ase-Konzept) von vornherein gewährleistet sein.

Die Klägerin stellt den Ausgangspunkt der Rechtsprechung, dass es auf die ungünstigsten Betriebsbedingungen ankommt, selbst nicht in Frage. Sie meint aber, bei einer realistischen Betrachtungsweise komme es rechtlich auf repräsentative Betriebsbedingungen an. Das Wort „repräsentativ“ bedeutet sprachlich typisch im Sinne eines repräsentativen Querschnitts.

Duden, Das Fremdwörterbuch, 7. Auflage 2001, Stichwort repräsentativ.

Es handelt sich also um einen statistisch gesicherten Querschnitt. In diesem Sinne verwendet die Klägerin auch das Wort in ihrer Argumentation, denn sie will atypische Betriebsbedingungen wie eine Volllast der Klärschlammmitverbrennung über einen ganzen Tag oder atypisch hohe Quecksilberanteile des verbrannten Klärschlamms von der rechtlichen Betrachtung ausschließen. Für diese im Immissionsschutzrecht kaum gebräuchliche Terminologie beruft sie sich sodann auf eine neuere Entscheidung des Bayerischen VGH aus dem Jahr 2003, in der in der Tat ausdrücklich auf einen „repräsentativen“ Betriebszustand für reale Messungen von Emissionswerten abgestellt wird.

Bayerischer VGH, Urteil vom 27.5.2003 – 22 B 94.314 -, Seite 8 des Juris-Ausdrucks, betreffend die Volllast bei einer Asphaltmischanlage.

Aus dem Sinnzusammenhang der Entscheidung des Bayerischen VGH ergibt sich indessen eindeutig, dass dieses Gericht ungeachtet der Wortwahl des repräsentativen Betriebszustandes gerade nicht auf einen typischen Querschnitt der Betriebszustände abstellt. Vielmehr lautet der von der Klägerin in Anspruch genommene Rechtssatz (Seite 7/8 des Juris-Ausdrucks):

Die Messungen werden daher nicht im anlagentechnisch möglichen Maximalbetrieb, sondern in einem noch innerhalb des produktionstechnisch Vernünftigen liegenden und insoweit repräsentativen Betriebszustand durchgeführt.

Die Begründung ergibt sich aus dem vorausgehenden Satz (Seite 7 des Juris-Ausdrucks):

Wie der Sachverständige K. erläutert hat, könnten bei einem maximalem Hochfahren der Anlage keine brauchbaren Produkte mehr hergestellt werden.

Aus dem Zusammenhang ergibt sich deutlich, dass der Bayerische VGH eine Vernunftgrenze zieht im Sinne des produktionstechnisch Vernünftigen und ein Hochfahren der Anlage über die Vernunftgrenzen ausschließt, wenn keine brauchbaren Produkte mehr hergestellt werden. In der Sache teilt der Senat die Auffassung des Bayerischen VGH zu einer Vernunftgrenze. Eine solche Produktionsweise wäre handgreiflich unvernünftig. Nicht zu folgen vermag der Senat aber der Terminologie eines „repräsentativen“ Betriebszustandes, die im Sprachsinn eine statistische Querschnittsbetrachtung bedeutet. Die Betrachtungsweise der Klägerin führt dazu, dass atypische Betriebssituationen und atypische Schadstoffgehalte für die Erfüllung der Vorsorgepflicht ausscheiden.

Der Ansatz der Klägerin mag in verschiedenen Rechtsbereichen durchaus zutreffen, passt aber nicht auf die hier relevante immissionsschutzrechtliche Vorsorgepflicht. Er kann deshalb nicht überzeugen, weil er dem Vorsorgekonzept der Risikominimierung nicht gerecht wird. Die immissionsschutzrechtliche Schutzpflicht als Instrument der Gefahrenabwehr greift zwar erst ein, wenn die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts besteht.

BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 – BVerwG 7 C 19.02 -, Nanoanlagenurteil; ebenso zur Gefahrdefinition im Sinne einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit bei ungehindertem Geschehensablauf Brenner/Nehrig, DÖV 2003, 1024 – 1025.

Dagegen ist es Aufgabe der Vorsorge, Risiken unterhalb der Gefahrengrenze zu minimieren.

BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 – 7 C 19.02 -, Nanoanlagenurteil.

Risiken sind nicht von vornherein wahrscheinlich. Ein Risiko bezieht sich auf einen möglichen, aber ungewissen Schaden; es muss lediglich hinreichende Gründe für die Möglichkeit geben.

BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 – BVerwG 7 C 19.02 -, Nanoanlagenurteil; ebenso Brenner/Nehrig, DÖV 2003, 1024 – 1025.

Erst jenseits einer Irrelevanzgrenze von 1 % einer anerkannten Wirkungsschwelle liegt ein unausweichliches Restrisiko vor, das immissionsschutzrechtlich hinzunehmen ist.

BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 – BVerwG 7 C 19.02 -, Nanoanlagenurteil; ebenso im Sinne einer Zumutbarkeitsgrenze des Restrisikos Brenner/Nehrig, DÖV 2003, 1024 – 1026.

Das Risikominimierungsgebot der Vorsorge gilt nach den Regeln der praktischen Vernunft.

So überzeugend Brenner/Nehrig, DÖV 2003, 1024 – 1025; ebenso in der Sache Bayerischer VGH, Urteil vom 27.5.2003 – 22 B 94.314 -, Seite 8 des Juris-Ausdrucks, soweit er auf die Grenzen des Vernünftigen abstellt.

Zusammengefasst ist es Aufgabe der Vorsorge, Risiken unterhalb der Gefahrengrenze innerhalb der Grenzen der praktischen Vernunft zu minimieren.

Dem so verstandenen Minimierungsgebot der Risiken wird der Ansatz der Klägerin aber nicht gerecht, die nur repräsentative Betriebszustände und repräsentative Schadstoffwerte in die Vorsorge einbeziehen will und alle atypischen Betriebszustände und Schadstoffwerte als nicht bestimmungsgemäß und nur theoretisch ansieht. Die Risiken können nur dann minimiert werden, wenn man rechtlich auf die maximalen Emissionen abstellt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gehören die maximalen Emissionen innerhalb des genehmigten Grenzwertes zum bestimmungsgemäßen Betrieb der Anlage und sind den immissionsschutzrechtlichen Berechnungen zugrunde zu legen, da die Betreiberin bis zum festgesetzten Grenzwert Schadstoff emittieren darf; auf die tatsächlich gemessenen Emissionen kommt es im Genehmigungsprozess nicht an.

BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 – BVerwG 7 C 19.02 -, Nanoanlagenurteil.

Nach dem Rechtsstandpunkt des Bundesverwaltungsgerichts sind auch für Heizwerke mit selten gefahrener Volllast die Emissionsgrenzwerte ohne Bonus maßgebend.

BVerwG, Urteil vom 17.2.1984 – 7 C 8/82 -, NVwZ 1984, 371-374.

Mithin betrifft ein Risiko auch seltene Ereignisse.

Nach der dargelegten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist der Streit der Beteiligten um das Verständnis der Worst-Case-Betrachtung wie folgt zu entscheiden: Es kommt nicht allein auf die technische Möglichkeit eines Betriebszustandes an, wie der Beklagte meint, und es kommt ebenso wenig auf repräsentative Betriebszustände im Sinne eines realistischen Durchschnittsgeschehens an, wie die Klägerin meint. Entscheidend ist die technische Möglichkeit der ungünstigsten Betriebszustände in den Grenzen der praktischen Vernunft.

Der danach näher begründete Rechtsstandpunkt des Senats zur Worst-Case-Betrachtung ist nunmehr auf die Streitfragen der Anlagenkapazität, der Marktkapazität und der Schadstoffzusammensetzung des Klärschlamms anzuwenden.

Der Senat geht zunächst auf den Streit über die anlagenbezogene Kapazität der Klärschlammmitverbrennung ein.

Der Beklagte geht von dem beantragten und tatsächlich möglichen Betriebsumfang aus. Die Klägerin hält dem kapazitätsmindernd entgegen, was rechtlich erlaubt und abstrakt möglich sei, gebe nur einen ersten Hinweis auf ungünstigste Betriebsbedingungen. Die Volllast bei der Mitverbrennung von Klärschlamm von 60 Tonnen pro Stunde über einen ganzen Tag sei zwar technisch möglich und rechtlich zulässig, werde aber realistischerweise nicht durchgeführt.

Schriftsatz der Klägerin vom 13.1.2005, Seite 6, Gerichtsakte Bl. 317.

Normativ bestimmt § 1 I 4 der 4. BImSchV in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 23.12.2004 (BGBl. I S. 3758), dass für die Kapazität einer Anlage auf den rechtlich und tatsächlich möglichen Betriebsumfang abzustellen ist. Entgegen der Meinung der Klägerin ist der rechtlich und tatsächlich mögliche Betriebsumfang nicht ein erster Hinweis, sondern das normative Kriterium für die Kapazität der Anlage. Nach der Normgebungsgeschichte hat der Verordnungsgeber deshalb nicht auf den tatsächlich praktizierten Betriebsumfang abgestellt, weil dieser gegebenenfalls von dem wechselnden Verhalten des Anlagenbetreibers abhänge; wenn der Anlagenbetreiber den technisch möglichen Betriebsumfang nicht ausnutzen wolle, könne er seinen Antrag entsprechend beschränken.

Landmann/Rohmer, § 1 der 4. BImSchV Rdnr. 6 unter Hinweis auf die Bundesrats-Drucksache 413/84.

Diese Regelung dient der Rechtsklarheit.

Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Band 2, § 1 der 4. BImSchV, Rdnr. 11.

Allerdings gilt nach dem Rechtsstandpunkt des Senats einschränkend eine Grenze der praktischen Vernunft insbesondere im Sinne des produktionstechnisch Vernünftigen. Übereinstimmend damit ist in der Literatur anerkannt, dass es nicht auf eine theoretisch mögliche Nutzung der Anlage ankommt, vielmehr eine konkrete Betrachtungsweise der Anlage einschließlich eingrenzender Nebeneinrichtungen maßgebend ist.

Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band II, § 1 der 4. BImSchV Rdnr. 7; Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Band 2, § 1 der 4. BImSchV, Rdnr. 11.

Als Beispiel für eine solche Begrenzung des Betriebsumfangs wird angeführt, dass innerhalb einer Lackieranlage die Trocknungsanlage einen geringeren Durchsatz hat.

Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, § 1 der 4. BImSchV Rdnr. 11.

Ebenso wie in dem bereits dargestellten Fall der Asphaltmischanlage ist es in dem genannten Beispiel handgreiflich unvernünftig, ein Produkt in einem zahlenmäßig höheren Umfang zu lackieren, als es ordnungsgemäß getrocknet werden kann, was die Brauchbarkeit des Produkts in Frage stellt.

Die Klägerin sieht im hier zu entscheidenden Fall eine vergleichbare Sachlage für die Trockenschlammverbrennung, da das Trockenschlammsilo nur 100 Tonnen umfasse, bei Volllast der tägliche Durchsatz von Trockenschlamm aber 480 Tonnen wäre. Der Beklagte hält dem entgegen (Schriftsatz vom 25.10.2004, Seite 4/5, Gerichtsakte Bl. 265/266), nach der eigenen Kurzbeschreibung des Vorhabens durch die Klägerin sei bei voller Auslastung mit rund 60 Lkw-Anlieferungen Klärschlamm pro Tag zu rechnen. Bei einem Lkw-Ladevolumen zwischen 20 und 40 Tonnen könne mit 60 Lkw-Transporten je Tag Klärschlamm zwischen 1200 und 2400 Tonnen angeliefert werden. Bei Maximallast genüge eine Anlieferung von 1440 Tonnen. Der Anlieferungszeitraum mit Lastwagen beschränke sich zwar auf die Tageszeit von 6.00 Uhr bis 22.00 Uhr, indessen nicht die Klärschlammentladung, die auch in der Nacht durch bereitgestellte Lkw’s erfolgen könne. Deshalb bestehe auch beim Trockenschlamm kein Engpass. Das überzeugt.

Die technische Möglichkeit eines solchen Vorgehens hat die Klägerin selbst nicht in Frage gestellt (Schriftsatz vom 13.1.2005, S. 6, Gerichtsakte Bl. 317).

Die maximale Lagermenge von Trockenschlamm beträgt 100 Tonnen.

Formularantrag, Formular 3.4, Behördenordner I Bl. 221.

Der stündliche Durchsatz des Trockenklärschlamms beträgt bis 20 Tonnen.

Formularantrag, Formular 3.4, Behördenordner I Bl. 221.

Das Silo kann während der Tageszeit von 6.00 Uhr bis 22.00 Uhr selbst bei einstündiger Entladezeit (vgl. Schriftsatz der Klägerin vom 30.4.2004, S. 8, Gerichtsakte Bl. 58) kontinuierlich mit Lkw-Anlieferungen von jeweils 20-40 Tonnen Klärschlamm gefüllt werden. Deshalb kann es für die achtstündige Nachtzeit von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr bei Bedarf im gefüllten Zustand vorgehalten werden. Bei vollem Durchsatz des Trockenschlamms von je 20 Tonnen pro Stunde reicht das Silo nachts fünf Stunden für die Beschickung der Feuerungsanlage aus. Rechnerisch entsteht dabei ein Engpass von 60 Tonnen innerhalb von drei Nachtstunden. Dafür genügt aber die Bereitstellung von drei Lastwagen mit einem Ladevolumen von je 20 Tonnen, die unstreitig auch nachts entladen werden dürfen. Die Befüllung des Annahmesilos erfolgt pneumatisch.

Beschreibung des Vorhabens, Seite 20, Behördenordner I Bl. 198.

Die nächtliche pneumatische Entladung fügt sich ohne Weiteres in den Produktionsablauf des Kraftwerks ein, das rund um die Uhr in Betrieb ist.

Zum Letzteren die von der Klägerin vorgelegte gutachtliche Stellungnahme der proTerra vom 11.12.2002, Seite 27, Behördenordner I Bl. 14.

Die nächtliche Entladung von drei Lastwagen ist gemessen an der täglichen Entladung von bis zu 60 Lastwagen kein besonders umfangreicher Betriebsvorgang und nicht handgreiflich unvernünftig.

Die vom Beklagten angegebene technisch mögliche Lösung ist nach der Ansicht des Senats produktionstechnisch vernünftig. Anders als in den bereits behandelten Beispielen der Asphaltmischanlage und der Lackieranlage mit zu geringer Trocknungskapazität wird das aus der Wärmeenergie hergestellte Produkt, der Strom, in seiner Qualität nicht berührt. Zwar mag eine Volllast bei Kraftwerken eher selten sein. Besteht aber Strombedarf in Höhe einer vollen Kraftwerksauslastung, ist es produktionstechnisch durchaus vernünftig, die volle Klärschlammmitverbrennung mit der nächtlichen Entladung von drei Lastwagen auf dem Betriebsgelände aufrecht zu erhalten. Eine Kapazitätsminderung besteht nicht.

Die Klägerin hält auch in ihren Antragsunterlagen eine Vollauslastung der Klärschlammmitverbrennung bezogen auf den Tag durch rund 60 Lkw-Anlieferungen für gewährleistet und insofern selbst offenbar für vernünftig, wie sich aus der Kurzbeschreibung des Vorhabens, aus dessen Beschreibung und dem pro Terra-Gutachten ergibt.

Kurzbeschreibung des Vorhabens Seite 2, Behördenordner I Bl. 233; Beschreibung des Vorhabens Seite 27, Behördenordner I Bl. 187; proTerra-Gutachten Seite 27, Behördenordner I Bl. 14.

Nach dem rechtlichen Ansatzpunkt des Senats ist mit dem Beklagten davon auszugehen, dass die Auslastung des Kraftwerks mit einer stündlichen Mitverbrennung von 60 Tonnen Klärschlamm produktionstechnisch vernünftig für einen ganzen Tag aufrecht erhalten werden kann; bei diesem Mitverbrennungsumfang muss die Vorsorgepflicht erfüllt sein.

Nur hilfsweise führt der Senat eine Alternativrechnung für den Fall durch, dass der dreistündige nächtliche Engpass rechtlich als kapazitätsmindernd zu werten sein sollte und sich damit auf den Quecksilberausstoß des gesamten Tages (24 Stunden) auswirkt. Auch dieser Fall führt bei Beachtung der Berechnungsmethode des Beklagten zu einer deutlichen Überschreitung des Quecksilbergrenzwerts als Tagesgrenzwert.

Die Alternativrechnung geht rechnerisch dem Vortrag der Klägerin nach, dass – allein in der Trockengutlinie – ein Engpass in der Verbrennung von Trockenklärschlamm besteht. Wie dargelegt führt die begrenzte Kapazität des Silos für den Trockenklärschlamm zu einem rechnerischen Engpass von drei Stunden zur Nachtzeit. In der Alternativrechnung wird nunmehr angenommen, dass die Trockenklärschlammverbrennung von 20 Tonnen pro Stunde drei Stunden in der Nachtzeit mit insgesamt 60 Tonnen und damit dem entsprechenden Quecksilbergehalt ausfällt. Entscheidungsrelevant mit Blick auf eine Einhaltung des Tagesgrenzwerts ist dabei der Wegfall des Quecksilbereintrags in die Feuerung und daraus folgend in das Reingas. Zugunsten der Klägerin wird der geringe zusätzliche Quecksilbereintrag durch die erforderliche Aufstockung des Kohleanteils während des Engpasses in den drei Nachtstunden vernachlässigt.

Ausgehend von dem nächtlichen Engpass von drei Stunden fallen von der maximalen Verbrennung von Klärschlamm insgesamt von täglich 1440 Tonnen 60 Tonnen Trockenklärschlamm weg.

Der täglich eingesparte Massenstrom von 60 Tonnen Trockenklärschlamm ist zunächst entsprechend der Berechnungsweise des Beklagten in den niedrigeren Wert der Trockensubstanz umzurechnen, auf die sich der Quecksilbergehalt bezieht. Das Einsatzgut Trockenklärschlamm enthält ungeachtet der Bezeichnung noch einen Wasseranteil von 10 % und mithin Trockensubstanz von 90 %.

Zu dieser Angabe von 90 % Trockensubstanz Beschreibung des Vorhabens, Seite 25, Ordner I, Bl. 189; von einem Anteil von 0,9 (90 %) der Trockensubstanz am Trockenschlamm geht auch der Beklagte in seiner Quecksilberberechnung (Bescheid, Seite 11) aus.

Eingespart werden also tagesbezogen 54 Tonnen Trockensubstanz. Dies ist entsprechend der Berechnungsmethode des Beklagten auf den Stundenwert umzurechnen. Die Einsparung beträgt stündlich 1/24 von 54 Tonnen und damit 2,25 Tonnen Trockensubstanz. Dieser Betrag ist von dem stündlichen Durchsatz von Trockensubstanz bei Volllast der Klärschlammverbrennung abzuziehen, der nach dem Bescheid (S. 11) 34 Tonnen für die gesamte Klärschlammmitverbrennung beträgt. Der durchschnittliche stündliche Durchsatz an Trockensubstanz wird also bei eingeschränkter Kapazität von 34 Tonnen um 2,25 Tonnen auf 31,75 Tonnen und damit relativ auf 93,4 % reduziert. Dies reduziert auch den klärschlammbezogenen Quecksilbereintrag.

In der weiteren Rechnung des Beklagten beträgt der stündliche klärschlammbedingte Quecksilbereintrag in die Feuerung bei Volllast 0,27 Kilogramm (Bescheid Seite 12). In der Alternativrechnung reduziert sich der klärschlammbedingte Quecksilbereintrag auf 93,4 % von 0,272 Kilo pro Stunde und damit auf 0,254 Kilo pro Stunde. Zu dem klärschlammbedingten Quecksilbereintrag in die Feuerung kommt der kohlebedingte Eintrag in die Feuerung hinzu. Der durch den Brennstoff Kohle verursachte Quecksilbereintrag in die Feuerung wird von dem Beklagten im Bescheid, Seite 12 (ganz unten) mit dem geringen Wert von 0,0714 Kilo pro Stunde berechnet. Zugunsten der Klägerin setzt der Senat wie bereits anfangs dargelegt nur diesen kohlebedingten Quecksilbereintrag in die Rechnung ein, wobei die Aufstockung des Kohleanteils zum Ersatz der fehlenden Energie außer Betracht bleibt. Deshalb wird in die Alternativrechnung unverändert ein kohlebedingter Quecksilbereintrag von nur 0,0714 Kilo pro Stunde eingesetzt, was zu einem Gesamteintrag von Quecksilber in die Feuerung von (0,254 + 0,0714) 0,3254 Kilo pro Stunde führt. Zur Umrechnung des Feuerungseintrags in den Reingaseintrag setzt der Beklagte unter Berücksichtigung der Filterleistung einen Transferfaktor von 0,26 (26 %) in die Rechnung ein (Bescheid Seite 13). Der Transferfaktor trägt der Flüchtigkeit von Quecksilber Rechnung und gilt unverändert. Damit beträgt der quecksilberbezogene Emissionsmassenstrom im Reingas (0,3254 x 0,26) 0,0846 Kilogramm pro Stunde bei eingeschränkter Kapazität statt wie bei Volllast der Klärschlammmitverbrennung 0,0893 Kilogramm pro Stunde (Bescheid Seite 13, Mitte).

Jetzt bedarf es nach der Berechnungsmethode des Beklagten einer Umrechnung des Massenstroms in die maßgebliche Konzentration (Bescheid Seite 13, unten). Dafür wird der stündliche Massenstrom durch den stündlichen Volumenstrom geteilt; da sich die Stundenangaben im Zähler und im Nenner weg kürzen, führt diese Division zur Masse pro Volumen und damit dem Konzentrationswert. Rechnerisch ist statt des Emissionsmassenstroms von 0,0893 Kilogramm pro Stunde bei Volllast in der Alternativrechnung der niedrigere Wert von 0,0846 Kilogramm pro Stunde einzusetzen. Der nach dem von der Klägerin selbst vorgelegten Gutachten des Instituts für Verfahrenstechnik und Dampfkesselwesen vom 12.5.2003 (Behördenordner I, Bl. 214) im Wesentlichen gegenüber Änderungen des Klärschlammanteils stabile trockene Rauchgasvolumenstrom bleibt unverändert und ist mit 2,35 Millionen Kubikmeter pro Stunde in die Division einzusetzen. Mit diesen Zahlen ergibt die Division des Quecksilbermassenstroms durch den Abgasvolumenstrom 0,0360 Millionstel Kilo pro Kubikmeter statt wie in der Hauptrechnung des Beklagten 0,0380 Millionstel Kilogramm pro Kubikmeter (Bescheid Seite 13, unten) Rechnet man die unhandlich kleine Zahl in die Einheit Mikrogramm um, ergibt sich als maximaler Konzentrationswert im Reingas bei eingeschränkter Kapazität der Gehalt von 36,0 Mikrogramm pro Kubikmeter statt 38,0 Mikrogramm pro Kubikmeter wie vom Beklagten für Volllast errechnet.

Der nächtliche Engpass der Trockengutlinie führt also rechnerisch auf den gesamten Tag bezogen zu einem Konzentrationswert von 36,0 Mikrogramm Quecksilber pro Kubikmeter und damit 94,7 % des Quecksilberkonzentrationswerts bei Volllast der Klärschlammmitverbrennung über den gesamten Tag. Wesentlich ist, dass der dargelegte Grenzwert als Tagesmittelwert von 30 Mikrogramm pro Kubikmeter mit 36,0 Mikrogramm pro Kubikmeter in der Alternativrechnung nach wie vor deutlich überschritten ist.

Abschließend zu der Alternativrechnung soll ergänzend noch eine Plausibilitätsüberlegung angegeben werden, warum der von der Klägerin angegebene nächtliche Engpass von drei Stunden nicht zu einer hinreichenden Senkung des Quecksilberausstoßes im Reingas führt. Erforderlich wäre vom Standpunkt der Klägerin aus eine Senkung der Tageskonzentration von bisher maximal 38,0 Mikrogramm pro Kubikmeter auf 30,0 Mikrogramm pro Kubikmeter. Dies wäre ein Minderanteil an Quecksilber von 21,1 Prozent. Demgegenüber führt der nächtliche Ausfall der Trockengutlinie von 3 Stunden wie dargelegt nur zur Reduktion der täglichen maximalen Klärschlammmenge von 1440 Tonnen um 60 Tonnen und damit um 4,1 % des Einsatzguts. Es ist plausibel, dass mit einer derart geringen täglichen Kapazitätseinschränkung die über den ganzen Tag zu erreichende Einschränkung der Quecksilberkonzentration um 21,1 % nicht erzielt werden kann. Die letztgenannte Überlegung macht nur plausibel, was die Alternativrechnung im Einzelnen belegt.

Mit der nur hilfsweise durchgeführten Alternativrechnung des Senats ist dargetan, dass der Quecksilbergrenzwert bei Geltung des Tagesmittelwerts von 30,0 Mikrogramm pro Kubikmeter nicht lediglich dadurch eingehalten werden kann, dass kapazitätsmindernd die Trockengutlinie der Klärschlammverbrennung für drei Stunden der Nachtzeit ausfällt.

Da die gesamte dargelegte Alternativrechnung nur hilfsweise durchgeführt wird, verbleibt es bei dem Rechtsstandpunkt des Senats, dass die Stundenkapazität der Klärschlammmitverbrennung innerhalb der Grenzen der Vernunft für einen ganzen Tag aufrecht erhalten werden kann und auch bei dieser Vollauslastung dem Vorsorgegebot genügen muss.

Allerdings sieht die Klägerin nicht nur eine anlagengemäße Kapazitätsbeschränkung der Klärschlammmitverbrennung, sondern auch eine marktmäßige Beschränkung. Sie trägt vor, bei Volllast der Klärschlammmitverbrennung übersteige der Tagesverbrauch des Kraftwerks an Trockenklärschlamm dessen durchschnittliche Tagesproduktion im Saarland bei Weitem. Der notwendige Einsatz entspräche einem Klärschlammanteil von 3,6 Millionen Einwohnern.

Schriftsatz der Klägerin vom 13.1.2005, Seite 7, Gerichtsakte Bl. 318.

Zwar wird in der Literatur angenommen, dass die tatsächliche Ausnutzung einer Anlage auch dadurch begrenzt sein kann, dass nicht genügend Einsatzstoffe zur Verfügung stehen.

Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band II, § 1 der 4. BImSchV Rdnr. 7, mit dem Beispiel des Räucherns von Fleischwaren.

Die Argumentation der Klägerin überzeugt hier nicht. Für die Kapazitätsbetrachtung ist nach dem Rechtsstandpunkt des Senats von der Ausnutzung der beantragten Kapazität innerhalb der Grenzen der Vernunft auszugehen, nicht etwa innerhalb der Grenzen eines Bundeslandes. Der Klärschlammmarkt ist nicht auf das Saarland begrenzt, sondern offen. Nach ihren eigenen Genehmigungsunterlagen geht die Klägerin erkennbar selbst von einem offenen Klärschlammmarkt aus, der für sie auch den Erwerb von Klärschlamm aus den Ländern Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Bayern umfasst. In der Beschreibung des Vorhabens (Seite 9, Behördenordner I Blatt 109) ist ausgeführt, dass der in Bexbach vorgesehene Klärschlamm aus kommunalen Kläranlagen stammt, die chemische Zusammensetzung von dem Einzugsgebiet der Kläranlage abhängt und exemplarisch in der Anlage 3.2 Einzelanalysen unterschiedlicher Herkunft zusammengestellt sind. Dazu gehören Klärschlämme aus den Kläranlagen Kaiserslautern (Rheinland-Pfalz), Pforzheim (Baden-Württemberg) und Forchheim (Bayern).

Anlage 3 zu den Genehmigungsunterlagen, Behördenordner I, Bl. 177.

Die in der Anlage 3.2 angegebenen Kläranlagen kommen nach dem eigenen Vortrag der Klägerin als Zulieferer für die Mitverbrennung in Betracht.

Klagebegründung, S. 7, Gerichtsakte Bl. 57.

Dies belegt, dass die Klägerin im Wesentlichen Süddeutschland als Einzugsgebiet für die Klärschlammmitverbrennung ihres Kraftwerks ansieht. Damit bleibt bei entsprechendem Strombedarf ein täglicher Klärschlammverbrauch, der über der Klärschlammproduktion des Saarlandes liegt, innerhalb der Grenzen der praktischen Vernunft und ist jedenfalls nicht handgreiflich unvernünftig.

Zusammenfassend hält sich die klärschlammbezogene Volllast des Kraftwerks über einen ganzen Tag sowohl von der technischen Anlage her als auch von dem Klärschlammmarkt her innerhalb der Grenzen der produktionstechnischen Vernunft. Die Klägerin verspricht sich durch den Einsatz des Klärschlamms einen wirtschaftlichen Erlösbeitrag im härter werdenden Stromwettbewerb zur langfristigen Kraftwerkssicherung.

Kurzbeschreibung des Vorhabens, Seite 2, Behördenordner I Blatt 233.

Gemessen daran liegt es innerhalb der produktionstechnischen Vernunft, die Klärschlammmitverbrennung im Kraftwerk bei entsprechendem Strombedarf für einen ganzen Tag voll auszufahren. Handgreiflich unvernünftig ist das nicht. Selbst wenn dies selten geschieht, kann dies nach der dargelegten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei den Emissionsgrenzwerten nicht zu einem Bonus führen.

BVerwG, Urteil vom 17.2.1984 – 7 C 8/82 -, NVwZ 1984, 371 – 374.

Damit greift aber auch nicht die Hilfserwägung der Klägerin, sie müsse lediglich den Halbstundenmittelwert für Quecksilber von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter statt des Tagesmittelwertes von 30 Mikrogramm pro Kubikmeter einhalten, was nach der Berechnung des Beklagten hier geschehe. Der Halbstundenwert hat den Sinn, Unregelmäßigkeiten der Anlage, insbesondere der Filtereinrichtungen, zu tolerieren, die sich nur für eine halbe Stunde auswirken und den Tagesmittelwert nicht berühren. Nach der dargelegten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann der Halbstundenmittelwert dagegen nicht als Bonus für seltene Volllast angesehen werden. Darüber hinaus ist die Hilfsargumentation nach dem eigenen Vortrag der Klägerin nicht konsequent. Sie müsste dazu vortragen, dass sie die Volllast der Klärschlammmitverbrennung jeden Tag allenfalls für eine halbe Stunde aufrecht erhalten könnte. Dem widersprechen aber eindeutig die Antragsunterlagen, wonach die stündliche Kapazität der Klärschlammmitverbrennung von 60 Tonnen außer Frage steht.

Kurzbeschreibung des Vorhabens, Seite 2, Behördenordner I Seite 233; Formularantrag, Formular 3.4, gehandhabte Stoffe, Behördenordner I Blatt 221; Beschreibung des Vorhabens, Seite 25, Behördenordner I Blatt 189; vorgelegtes pro-Terra-Gutachten, Seite 10, Behördenordner I Blatt 31.

Danach genügt es eindeutig nicht zur Wahrung der Betreiberpflichten, wenn die Klägerin bei Volllast der Klärschlammmitverbrennung nur den Halbstundenmittelwert, nicht aber den ebenfalls bindenden Tagesmittelwert einhält.

Im Ergebnis kann die Klägerin der fehlenden Einhaltung des Tagesmittelwerts für Quecksilber nicht erfolgreich Kapazitätsargumente entgegensetzen.

Mit einem weiteren Argument wendet sich die Klägerin gegen die Zugrundelegung des maximalen Quecksilbergehalts bei der behördlichen Prognose.

Der Einwand überzeugt nicht.

Der von der Behörde eingesetzte maximale Quecksilbergehalt von 8 Milligramm pro Kilogramm beruht auf den eigenen Antragsunterlagen der Klägerin, ist durch mehrere Gutachten abgesichert und stimmt mit dem Grenzwert von ebenfalls 8 Milligramm Quecksilber je Kilogramm Schlammtrockenmasse nach § 4 Abs. 12 der geltenden Klärschlammverordnung in der Fassung der Änderungsverordnung vom 26.11.2003 (BGBl. I S. 2373) überein, wonach bis zu dieser Grenze Klärschlamm auf landwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzten Böden nach näherer Maßgabe aufgebracht werden kann.

Zunächst einmal enthalten die eigenen Antragsunterlagen der Klägerin den dargelegten Maximalwert für Quecksilber. Nach Seite 10 der Beschreibung des Vorhabens (Behördenordner I, Bl. 208) und S. 11 der Kurzbeschreibung sind die Kenndaten des für Bexbach zugrunde gelegten Klärschlamms in der Tabelle 1 angegeben (Behördenordner I, Bl. 207). Dort ist die Bandbreite der Schlammtrockensubstanz für Quecksilber mit bis zu 8 Milligramm pro Kilogramm bezeichnet.

Dieser Wert ist durch mehrere Gutachten abgesichert. In der von der Klägerin selbst vorgelegten gutachtlichen Stellungnahme der proTerra vom 11.11.2002, S. 9 (Behördenordner I Bl. 32) werden die Kenndaten des für Bexbach zugrunde gelegten Klärschlamms ebenfalls mit bis zu 8 Milligramm pro Kilogramm der Trockensubstanz angegeben und allgemein zu den Bandbreiten der Inhaltsstoffe dargelegt, die obersten Grenzen entsprächen weit gehend den Grenzwerten, die in der Klärschlammverordnung festgelegt sind. Das von Mitverbrennungsgegnern in Auftrag gegebene Gutachten des Öko-Instituts vom 28.3.2003 führt in der Tabelle 6.2 für Quecksilber gemessene Schwermetallkonzentrationen zwischen 0 und 5,4 Milligramm pro Kilogramm an und gibt den Maximalwert mit 8 Milligramm pro Kilogramm an.

Gutachterliche Stellungnahme des Öko-Instituts vom 28.3.2003 im Auftrag der A.,Behördenordner I Bl. 136, Tabelle 6.2 nach Seite 23, Behördenordner I Bl. 121.

Schließlich geht das vom Beklagten eingeholte Gutachten des TÜV Süddeutschland vom 27.8.2003 auf S. 35, Tabelle 6-2, ebenfalls von einem Wert von bis zu 8 Milligramm pro Kilogramm Quecksilber aus; dabei wird (S. 39) die Quecksilberkonzentration im Klärschlamm nach der Klärschlammverordnung zugrunde gelegt.

Im Verwaltungsrechtsstreit wendet sich die Klägerin nunmehr dezidiert gegen den Einsatz des Maximalwerts für die Prognose. Die im Antrag angegebenen Maximalwerte bedeuteten nur ein Einsatzverbot für Stoffe mit höherem Schadstoffgehalt.

Schriftsatz vom 13.1.2005, S. 4, Gerichtsakte Bl. 315.

Dagegen komme es für die Prognose auf den repräsentativen Quecksilberwert an, der allein realistisch sei. Insofern macht die Klägerin geltend, der maximale Quecksilbergehalt sei keinesfalls repräsentativ.

Klagebegründung vom 30.4.2004, S. 7, Gerichtsakte Bl. 57.

Der durchschnittliche Quecksilbergehalt liege bei etwa 1 Milligramm pro Kilogramm, nach jüngsten Erhebungen sogar bei 0,7 Milligramm pro Kilogramm.

Schriftsatz vom 13.1.2005, S. 5, Gerichtsakte Bl. 316.

Die potenziellen Zulieferer der Klägerin für die Mitverbrennung von Klärschlamm hätten Werte zwischen 0,7 und 2,8 Milligramm pro Kilogramm Quecksilber ermittelt. Selbst das Gutachten des Öko-Instituts vom 28.3.2003 gehe von einer maximalen Quecksilberkonzentration in Klärschlämmen von 5,4 Milligramm pro Kilogramm aus. Letzteres trifft so nicht zu, denn das Gutachten des Öko-Instituts unterscheidet klar zwischen Probemessungen der Schwermetallkonzentration in Nordrhein-Westfalen 2001 zwischen 0 und 5,4 Milligramm pro Kilogramm einerseits und dem für das eigene Gutachten zugrunde gelegten Maximalwert von 8 Milligramm pro Kilogramm andererseits.

Gutachten des Öko-Instituts vom 28.3.2003, Tabelle 6.2 nach Seite 23, Behördenordner I Bl. 121.

Nach dem grundsätzlichen Ansatz der Klägerin bedeutet der Maximalwert des Quecksilbergehalts nur ein Einsatzverbot im Betrieb für höher kontaminierten Klärschlamm etwa mit 9 Milligramm pro Kilogramm Trockensubstanz. Dagegen sei für die Prognose der Emissionen nur von einem repräsentativen Quecksilberwert des Klärschlamms auszugehen und mithin realistischerweise auf den wahrscheinlichsten Betriebszustand abzustellen.

Die Argumentation der Klägerin überzeugt nicht.

Zunächst einmal ist der Argumentation entgegenzuhalten, dass Durchschnittswerte und Maximalwerte im Immissionsschutzrecht klar auseinander zu halten sind. Dies gilt sowohl rechnerisch als auch rechtlich. Rechnerisch folgt beispielsweise allein aus Zahlen über den Durchschnittslärm nicht der maximale Lärm. Unter rechnerischen Gesichtspunkten kann beim Klärschlamm weder ein Durchschnittswert von 0,7 Milligramm pro Kilogramm noch eine Untersuchung über Klärschlammproben bis 5,4 Milligramm pro Kilogramm einen Maximalwert von 8 Milligramm pro Kilogramm ausschließen. Zu Recht schließt keines der angeführten Gutachten einen Maximalwert von 8 Milligramm pro Kilogramm Quecksilber im Klärschlamm aus.

Ausgehend von dieser rechnerischen Klärung bedarf es nun einer rechtlichen Klärung.

Im Immissionsschutzrecht wird regelmäßig klargestellt, ob die Grenzziehung für schädliche Umwelteinwirkungen durch Mittelwerte, Maximalwerte oder eine Kombination davon erfolgt. Deutlich ist dies etwa in der TA Lärm vom 26.8.1998 (GMBl. S. 503), die zwischen Mittelungspegeln (Nr. 2.7) und kurzzeitigen Geräuschspitzen als Maximalwerten (Nr. 2.8) unterscheidet und für beide Immissionsrichtwerte festsetzt (vgl. Nr. 6.1 bis 6.3). Speziell für den hier einschlägigen Schadstoffgehalt von mitverbrannten Abfällen stellt der Normgeber in § 4 a III Nr. 4 der 9. BImSchV in der Fassung vom 14.8.2003 (BGBl. I S. 1614) dort für die Antragsunterlagen und in § 21 III Nr. 5 der Verordnung für den Genehmigungsbescheid ausschließlich auf den größten Gehalt an Schadstoffen ab. Der Durchschnittsgehalt ist nicht Regelungsgegenstand der Genehmigung. Auf den Durchschnittsgehalt an Schadstoffen und damit hier auf den niedrigeren Durchschnittsgehalt von 0,7 Milligramm pro Kilogramm Quecksilber kommt es mithin im Genehmigungsverfahren normativ nicht an.

Die dargelegte Regelung fügt sich nahtlos in das Vorsorgekonzept des Bundesverwaltungsgerichts ein. Danach ist es Aufgabe der Vorsorge, hinreichend mögliche Risiken unterhalb der Gefahrengrenze zu minimieren.

BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 – BVerwG 7 C 19.02 -, BVerwGE 119, 329.

Das Gebot der Risikominimierung führt aber dazu, die maximalen Schadstoffwerte der verbrannten Abfälle einzubeziehen. Sie sind nicht wahrscheinlich, aber ein zu beachtendes Risiko. Von der Klägerin wird mithin nicht mehr verlangt, als dass sie anlagemäßig das Risiko beherrscht, dass ein Tag lang Klärschlamm mit dem maximal erlaubten Quecksilbergehalt verbrannt wird.

Der Ansatz der Klägerin würde dagegen zur Inkonsequenz in der Risikobeherrschung führen. Die Klägerin meint insofern, die Maximalwerte bedeuteten nur ein Einsatzverbot für Stoffe mit höherem Schadstoff. Davon ausgehend beherrscht die Klägerin zwar das Risiko, dass der angelieferte Klärschlamm 9 Milligramm pro Kilogramm Quecksilber enthält, da hier das Einsatzverbot gilt. Dagegen braucht sie nach ihrer Ansicht das Risiko, dass der Klärschlamm 8 Milligramm pro Kilogramm Quecksilber enthält, deshalb nicht zu beherrschen, weil sie darin nur einen theoretischen Fall sieht. Das niedrigere Risiko etwa von einem Quecksilbergehalt von 5 Milligramm pro Kilogramm beherrscht die Klägerin wiederum, da die Anlage das Quecksilber ausreichend herausfiltert. Konsequent ist das nicht. Eine konsequente Risikobeherrschung ist indes ein Gebot der praktischen Vernunft.

Nur ergänzend ist noch auf einen Unterschied zur bereits behandelten Frage der Anlagenkapazität hinzuweisen: Die gefahrene Kapazität ist dem Anlagenbetreiber regelmäßig jederzeit bekannt und insofern auch beherrschbar. Dagegen ist die Stoffzusammensetzung des gesamten über einen Tag verbrannten Klärschlamms dem Betreiber ohnedies nur stichprobenweise bekannt, so dass der Klärschlamm auch Quecksilberwerte oberhalb der gemessenen Stichprobe haben kann und auch insofern ein Risiko besteht. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist anerkannt, dass Stoffe im Immissionsschutzrecht nach ihrer potenziellen Gefährlichkeit klassifiziert werden.

BVerwG, Urteil vom 20.12.1999 – 7 C 15/98 -, Juris-Ausdruck S. 5, zum Zusammenhang von Vorsorge- und Risikoproportionalität dort bezogen auf die Herstellung eines UV-Stabilisators für Lacke und Kunststoffe.

Nach dem dargelegten Standpunkt des Senats beherrscht die Klägerin das hinreichend mögliche Risiko nicht, dass in der Anlage ein Tag lang Klärschlamm mit dem maximal erlaubten Quecksilbergehalt verbrannt wird.

Die Vorsorgepflicht wird mithin nach dem im Genehmigungsverfahren vorgelegten Konzept nicht schon im vorhinein erfüllt.

Die Klägerin hält dem allerdings im Sinne einer realistischen Betrachtungsweise entgegen, im tatsächlichen Betrieb komme es dennoch nicht zu einer Grenzwertüberschreitung, weil sie im konkreten Fall einer sich abzeichnenden Grenzwertüberschreitung die Anlage mit Blick auf den Klärschlammeinsatz nachträglich herunterfahre. So werde nach Meinung der Klägerin genau das vom Beklagten gewollte Ziel erreicht, dass es im Betrieb konkret nicht zu einer Grenzwertüberschreitung komme.

Damit wird die Klägerin aber nicht dem bereits dargelegten generell vorbeugenden Inhalt der Vorsorgepflicht gerecht. Die Vorsorgepflicht ist zukunftsbezogen und beugt der Entstehung von Umwelteinwirkungen generell vor.

Jarass, BimSchG, 6. Auflage 2005, § 5 Rdnr. 46.

Bei der Vorsorge geht es nicht ausschließlich um das Ziel der Grenzwerteinhaltung, sondern es soll für dieses Ziel auch eine zur Emissionsbegrenzung geeignete Anlage vorliegen.

BVerwG, Beschluss vom 30.8.1996 – 7 VR 2/96 -, bezogen auf den Einbau eines Aktivkohlefilters zur Senkung des Dioxinausstoßes.

Kapazität und Filterleistung der Anlage sollen bereits nach dem Anlagenkonzept von vornherein zusammenpassen. Nur dann wird der Entstehung von Umwelteinwirkungen generell vorgebeugt. Anlagen mit einer Diskrepanz zwischen (höherer) technischer Kapazität und (niedrigerer) Filterleistung für Quecksilber enthalten ein zusätzliches Umweltrisiko, das durchaus real ist. Das zusätzliche Risiko liegt darin, dass das nachträgliche Herunterfahren der Anlage verspätet erfolgt und damit Quecksilber überhöht freigesetzt wird. Ein generell vorbeugendes Konzept beugt dagegen diesem zusätzlichen Risiko vor. Es entspricht auch wie dargelegt dem Sinn der gesetzlichen Vorsorgepflicht. Das auf Fehlerbehebung gerichtete Konzept der Klägerin wird der zukunftsbezogenen Vorsorge nicht gerecht. Ein Konzept nachträglicher Reaktionen ist kein Vorsorgekonzept. Die Vorsorgepflicht wird mit Blick auf Quecksilber nach der Überzeugung des Senats nicht erfüllt.

Der Senat ist nach allem davon überzeugt, dass das Konzept der Klägerin entgegen ihrem Standpunkt der gesetzlichen Vorsorgepflicht nicht genügt.

Der Beklagte hat aus der Nichterfüllung der Vorsorgepflicht die Konsequenz gezogen, dass das Konzept der Klägerin nicht genehmigungsfähig ist und den Antrag abgelehnt.

Dem hält die Klägerin entgegen, der Beklagte wäre aus Verhältnismäßigkeitserwägungen verpflichtet gewesen, ein genehmigungsrechtliches Minus zu erteilen. Dabei sei es letztlich nicht entscheidend, ob es sich um Nebenbestimmungen oder Inhaltsbestimmungen handele. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts werde vermutet, dass der Antragsteller etwaige Nebenbestimmungen als Minus verglichen mit einer uneingeschränkten Genehmigung in seinen Willen aufgenommen habe.

BVerwG, Urteil vom 18.2.1994 – 4 C 4/92 – BVerwGE 95, 123.

So hätte beispielsweise die Auflage erlassen werden können, den Tagesdurchsatz nach Maßgabe der beschränkten Lager- und Lieferkapazitäten zu begrenzen. Denkbar wäre auch eine Auflage, wonach nur Klärschlämme mit bestimmten Spezifikationen, insbesondere mit einem Quecksilbergehalt bis zu 6 Milligramm pro Kilogramm Trockenmasse, im Kraftwerk mitverbrannt werden dürften. Der Beklagte hat sich demgegenüber auf den Standpunkt gestellt (Bescheid S. 15), durch Festlegung von Nebenbestimmungen gegen den Willen der Klägerin würde er ihr einen neuen Antragsgegenstand aufdrängen; dies sei im konkreten Fall insbesondere deshalb nicht möglich, weil die Klägerin im Genehmigungsverfahren nachdrücklich die Auffassung vertreten habe, der Quecksilbergrenzwert werde eingehalten.

Die Auffassung des Beklagten überzeugt, da der Beklagte im konkreten Verwaltungsverfahren die Klägerin ausdrücklich zu einer Antragsreduktion – ohne Forderung nach Neuauslegung von Unterlagen – aufgefordert hat und die Klägerin ihrerseits nachdrücklich ihre Disposition über den Antragsgegenstand verteidigt hat und Abstriche nur nach Maßgabe einer eingeschränkten Jahreskapazität sowie im Fall sich tatsächlich abzeichnender Emissionsüberschreitungen zulassen wollte.

Im rechtlichen Ausgangspunkt kann nach § 12 I 1 BImSchG die Genehmigung unter Bedingungen erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzungen sicherzustellen. Übereinstimmend bestimmt § 20 II 1 der 9. BImSchV:

Der Antrag ist abzulehnen, sobald die Prüfung ergibt, dass die Genehmigungsvoraussetzungen nicht vorliegen und ihre Erfüllung nicht durch Nebenbestimmungen sichergestellt werden kann.

Zu Recht weist Jarass darauf hin, dass die Auslegung durch das Verhältnismäßigkeitsprinzip gesteuert wird: Die Verweigerung einer Genehmigung in Kenntnis einer geeigneten Nebenbestimmung ist unverhältnismäßig.

Jarass, BImSchG, 6. Auflage 2005, § 12 Rdnr. 15.

Auch außerhalb des Immissionsschutzrechts folgt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Übermaßverbot, dass die Genehmigungsbehörde statt zur Versagung der Genehmigung zu ihrer Erteilung unter Auflagen verpflichtet ist.

BVerwG, Urteil vom 18.2.1994 – 4 C 4/92 -, BVerwGE 95, 123.

Die Klägerin hat auch selbst darauf hingewiesen, dass nach dieser Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine Verpflichtung zur Genehmigung unter Auflagen insbesondere dann besteht, wenn die Auflage lediglich in einer Klarstellung des vom Antragsteller Gewollten besteht.

BVerwG, Urteil vom 18.2.1994 – 4 C 4/92 -, BVerwGE 95, 123.

Um eine Nebenbestimmung geht es hier allerdings nicht. Begrenzungen für die Einsatzstoffe wie etwa die Qualität des schweren Heizöls bei Fernheizwerken sind nach der immissionsschutzrechtlichen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts keine modifizierenden Auflagen, sondern Inhaltsbestimmungen für die Genehmigung.

BVerwG, Urteil vom 17.2.1984 – 7 C 8/82 -, NVwZ 1984, 371.

Der Senat hat keine Bedenken, die dargelegte Rechtslage für Nebenbestimmungen grundsätzlich auch auf Inhaltsbestimmungen der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zu erstrecken. Das Gewollte kann auch – insofern hat die Klägerin Recht – in einer Inhaltsbestimmung liegen. Insbesondere die dargelegte allgemeine Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Auflagen nach Maßgabe des vermuteten Willens lässt sich ohne weiteres auf Hauptbestimmungen der Genehmigung erstrecken, die ebenfalls nach Maßgabe des vermuteten Willens des Antragstellers Begrenzungen enthalten können.

Es kommt aber immer auf den konkreten Sachverhalt an. Eine Klarstellung des Gewollten bietet sich an, wenn nach den Antragsunterlagen und dem Verlauf des Genehmigungsverfahrens noch im Zeitpunkt der Behördenentscheidung eine verbleibende Unklarheit über das Gewollte besteht.

Der Behörde kann es aber nicht verwehrt werden – und es ist sogar mit Blick auf ihre Beratungspflicht ( § 2 II der 9. BImSchV ) vorzugswürdig -, wenn sie bereits im frühen Stadium im Genehmigungsverfahren auf eine Klarstellung des Gewollten hinwirkt im Sinne einer ausdrücklichen Antragsergänzung oder Änderung.

So liegt es hier.

Die Klägerin hatte im Verwaltungsverfahren mit Anwaltsschriftsatz vom 29.4.2003 (Behördenordner II Bl. 155) auf eine Beschleunigung der Genehmigung gedrängt und gleichzeitig (S. 3) unter Hinweis auf das vom Beklagten aufgeworfene Problem der Neuauslegung von Unterlagen eine Reduktion des Antrags in Aussicht gestellt. Dazu heißt es (S. 3):

Es ist deshalb zu erwägen, den Antrag auf (das) Benötigte zu reduzieren.

In seinem Antwortschreiben vom 9.5.2003, S. 3 (Behördenordner II Bl. 163) hat der Beklagte auf Seite 3 auf die Dispositionsbefugnis der Klägerin über den Antragsgegenstand durch Antragsreduktion ausdrücklich hingewiesen und ausgeführt:

Der Prüfungsrahmen der Genehmigungsbehörde wird vielmehr ausschließlich durch den Antrag gesetzt. Wenn die Antragstellerin erwägt, ihren eigenen Antrag auf das Benötigte zu reduzieren, mag sie dies tun.

Damit hat der Beklagte ausdrücklich auf eine Antragsreduktion - und zwar nunmehr ohne Forderung nach Neuauslegung von Unterlagen - hingewirkt. Deshalb traf die Verantwortung für eine verbindliche Antragsreduktion allein die Klägerin.

Eine abschließende schriftliche Klarstellung hat die Klägerin sodann mit Anwaltsschriftsatz vom 19.9.2003 (Behördenordner II Bl. 318) vorgenommen. Dort hat sie sich in Kenntnis der beabsichtigten Ablehnung mit Blick auf den Quecksilberwert (S. 2 des Schriftsatzes) ausdrücklich nur mit Nebenbestimmungen – und zwar nach § 12 I BimSchG - einverstanden erklärt (Nr. 7 des Schriftsatzes, S. 10/11, Behördenordner II Bl. 309/308). Zum Antragsgegenstand selbst (Nr. 6 des Schriftsatzes, S. 10) hat sich die Klägerin dagegen zur Einhaltung des Quecksilberwertes allein mit einer einzigen Abänderung, nämlich der Begrenzung der jährlichen Durchsatzmenge einverstanden erklärt. Dort heißt es (S. 10 des Schriftsatzes, Behördenordner II Bl. 309):

Namens und im Auftrag unserer Mandantin erklären wir uns rechtsverbindlich bereit, die Begrenzung einer jährlichen Durchsatzmenge von 20.000 Tonnen (TS) zu akzeptieren. Mit einer solchen Begrenzung sind sämtliche, etwa noch bestehende Bedenken hinfällig.

Weder die Stundenmenge noch die Tagesmenge des Antrags wird verändert. Ebenso ist es aus der allein zugelassenen Ausnahme der Jahresdurchsatzmenge klar ersichtlich, dass sie auch den ausdrücklich beantragten maximalen Quecksilbergehalt des Klärschlamms nicht abändert.

Nach dem dargelegten Einverständnis der Klägerin allein mit einer Änderung der Jahreskapazität ist ersichtlich, dass die Klägerin im Übrigen im Genehmigungsverfahren mit Blick auf den Antragsgegenstand weder Klärschlammmenge noch Klärschlammqualität ändern wollte. Für die fehlende Antragsreduktion ist die Klägerin letztlich selbst verantwortlich.

Weiter hat die Klägerin nach ihrem Vortrag in einer mündlichen Besprechung am 17.12.2003 eine zeitweise Herabsetzung der Einsatzstoffe für den Fall akzeptiert, dass sich im Einzelfall bei kontinuierlicher Messung eine Überschreitung des Emissionsgrenzwerts abzeichne. Der Vorsorgegrundsatz ist bei einer solchen vorgeschlagenen Regelung wie dargelegt nicht gewahrt. Im übrigen fehlt es dem Vorschlag an der Schriftform (§ 2 I der 9. BImSchV). Eine verbindliche Änderung liegt nicht vor.

Nur über den von der Klägerin selbst schriftlich klargestellten Antragsgegenstand hatte der Beklagte im Genehmigungsverfahren zu entscheiden. Im Entscheidungszeitpunkt bestand Klarheit. Das Verhältnismäßigkeitsprinzip gibt keine Handhabe dafür, einem Antragsteller die Disposition über seinen eigenen Antragsgegenstand entgegen dem erklärten Willen zu entziehen. Der Beklagte hatte mithin bei korrektem Vorgehen nur die Möglichkeit, den klargestellten Antrag mangels Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzungen abzulehnen. Nach § 20 II 1 der 9. BImSchV „ist“ der Antrag in solchen Fällen abzulehnen, so dass kein Ermessensspielraum bleibt und die von der Klägerin vorgetragene Ermessensunterschreitung nicht vorliegen kann.

Nach allem führt die Überschreitung des Quecksilbergrenzwertes nach der Klarstellung des Antrags im Genehmigungsverfahren hier rechtmäßig zur Ablehnung des immissionsschutzrechtlichen Antrags.

Nur vorsorglich geht der Senat noch auf den Gesichtspunkt ein, dass der Quecksilbergrenzwert einhaltbar wäre. Dann bestünden Bedenken aus einem Grund, auf den der Beklagte die Klägerin bereits in seiner Ablehnungsankündigung vom 1.9.2003 (Behördenordner I Bl. 270) im Genehmigungsverfahren hingewiesen hat, nämlich der Unvollständigkeit der Antragsunterlagen mit Blick auf das Fehlen der notwendigen Immissionsprognose.

Die nach § 4 a II Nr. 1 9. BimSchV erforderliche Immissionsprognose fehlte den Unterlagen des Genehmigungsantrags von vornherein, wie sich aus dem Verzeichnis der Unterlagen im Formular 2.1 (Behördenorder I Bl. 227) ergibt, in dem die Immissionsprognose nicht angekreuzt ist. Das vom Beklagten zur Überprüfung eingeholte Gutachten des TÜV Süddeutschland vom 27.8.2003 (Behördenordner II Bl. 267) hat sich im Abschnitt 5.3 (S. 24 bis 32) eingehend mit der Notwendigkeit der Ermittlung der Immissionskenngrößen nach der TA Luft und damit der Notwendigkeit einer Immissionsprognose befasst. In dem Gutachten ist festgestellt, dass keine der Vorschriften der TA Luft für die ausnahmsweise Entbehrlichkeit einer Immissionsprognose mit guten Gründen angenommen werden kann. Bagatellmassenströme liegen nach dem Gutachten selbst dann nicht vor, wenn man nur die zusätzlichen Massenströme durch die Klärschlammmitverbrennung und nicht die gesamten Massenströme betrachtet (S. 28 des Gutachtens). Insofern scheidet die Ausnahme nach Nr. 4.6.1.1 der TA Luft aus.

Weiterhin kommt das TÜV-Gutachten zu dem Ergebnis, dass die Vorbelastung nicht als gering einzustufen ist (S. 32 des Gutachtens). Nach Nr. 4.6.2.1 TA Luft ist eine Ermittlung der Vorbelastung für die Immissionsprognose insbesondere dann nicht erforderlich, wenn aufgrund etwa älterer Messungen der Jahresmittelwert des Schadstoffs weniger als 85 Prozent des Konzentrationswertes und damit des Grenzwertes beträgt. Diese Ausnahme ist hier nicht gegeben, denn nach der Tabelle 5-10 des TÜV-Gutachtens (S. 31) erreicht die gemessene Konzentration bei Fluorwasserstoff 0,4 Mikrogramm pro Kubikmeter und damit genau 100 Prozent des jetzt geltenden Grenzwertes von 0,4 Mikrogramm pro Kubikmeter der TA Luft 2002; für Cadmium im Staubniederschlag beträgt die ermittelte Messung 1,99 Mikrogramm pro Kubikmeter täglich und damit 99,5 Prozent des Grenzwertes von 2 Mikrogramm pro Kubikmeter.

Das von der Klägerin selbst vorgelegte proTerra-Gutachten vom 11.11.2002 (Behördenordner I Bl. 40) würdigt auf S. 22 die Immissionssituation in der Umgebung der Anlage im Wesentlichen übereinstimmend mit dem TÜV und führt aus, beim Cadmiumgehalt im Staubniederschlag, beim Stickstoffdioxid und beim Fluor seien die Grenzwerte nach der neuen TA Luft teilweise erreicht oder überschritten.

Das TÜV-Gutachten kommt aufgrund der dargelegten und überzeugenden Begründung zu dem Ergebnis (S. 32), dass eine Ermittlung der Zusatzbelastung durch Ausbreitungsrechnung im Rahmen der Immissionsprognose erfolgen „sollte“. Da keine aktuellen Daten über die Vorbelastung vorlägen, seien zumindest Vorbelastungsmessungen durchzuführen (S. 32 des Gutachtens). Insgesamt wird die Notwendigkeit einer Immissionsprognose von dem TÜV Süddeutschland bejaht.

Die Klägerin hat im Genehmigungsverfahren diesen Gesichtspunkt gesehen, aber die gutachtlich eingehend bejahte Notwendigkeit einer Immissionsprognose nicht überzeugend ausgeräumt. In ihrem Schriftsatz vom 19.9.2003 (Behördenordner II Bl. 318), hat sie (auf S. 9 in Verbindung mit S. 5) mitgeteilt, sie habe Vorbelastungsmessungen in Auftrag gegeben, das Auftragsdatum und die zu erwartende Erledigung indessen nicht angegeben. Zu einer Erledigung im Genehmigungsverfahren ist es ausweislich der Akten nicht gekommen. Dies spricht gegen einen positiv bescheidbaren Genehmigungsantrag ( vgl. im Sinne eines Ablehnungsgrundes nach Fristsetzung § 10 II 2 der 9. BImSchV).

Der von dem Senat nur vorsorglich angeführte Gesichtspunkt bedarf hier keiner weiteren Vertiefung. Er hätte nur bei Einhaltung des Emissionsgrenzwerts Bedeutung.

Da der Emissionsgrenzwert wie dargelegt nach dem klargestellten Verwaltungsantrag der Klägerin nicht einhaltbar ist, steht das Immissionsschutzrecht dem zur Bescheidung gestellten Genehmigungsanspruch schon deshalb entgegen.

Der Beklagte hat weder in seinem Bescheid noch in seiner Ablehnungsandrohung angenommen, dass außerhalb des Immissionsschutzrechts auch eine Genehmigungsunfähigkeit aus Naturschutzgründen vorliege. Die Beigeladene hat zwar im Prozess zunächst Bedenken mit Blick auf nicht unmittelbar benachbarte FFH-Gebiete geltend gemacht und mit Blick auf einen Landschaftsplan betreffend die Böschungsbepflanzung. Nachdem die Klägerin diesem Vortrag auf der Grundlage der gutachtlichen Vorprüfung und unter Hinweis auf die konkrete Eingriffs- und Ausgleichsberechnung substanziiert entgegen getreten ist, hat die Beigeladene ihre Argumentation nicht mehr weiter verfolgt und ein durchgreifendes naturschutzrechtliches Genehmigungshindernis nicht vorgetragen. Der Gesichtspunkt wurde in der mündlichen Verhandlung von keinem der Beteiligten aufgeworfen. Der Senat sieht deshalb keinen Anlass zu einer Problematisierung dieser Frage. Es verbleibt mithin bei dem festgestellten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungshindernis.

Der Ablehnungsbescheid ist weiter darauf gestützt, dass die Gemeinde ihr Einvernehmen nach § 36 I BauGB versagt hat.

Nach dem im immissionsschutzrechtlichen Teil des Urteils vertretenen Rechtsstandpunkt des Senats spricht alles dafür, dass das Vorhaben gegen Bauplanungsrecht verstößt und die Gemeinde aus diesem Grund ihr Einvernehmen zu Recht versagt hat. Zunächst einmal konnte die Versagung des Einvernehmens - wie im Rechtsstreit nicht mehr streitig ist - mangels Formbedürftigkeit auch fernmündlich wie hier geschehen erklärt werden.

Zum Ausreichen einer fernmündlichen Übermittlung BayVGH, Beschluss vom 27.10.2000 - 1 ZS/CS 00.2727 - Juris-Ausdruck, S. 2.

Weiter ist hier zugunsten der Klägerin von einer Privilegierung des der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität dienenden Vorhabens mit besonderen Anforderungen an die Umgebung (§ 35 I Nr. 3 und 4 BauGB) auszugehen, was auch nicht ernsthaft in Streit ist.

Diesem Vorhaben stehen dann aber jedenfalls insoweit öffentliche Belange entgegen (§ 35 I BauGB), als das Vorhaben schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann (§ 35 III Nr. 3 BauGB).

Nach den Feststellungen des Senats führt die Klärschlammmitverbrennung dazu, dass die bisher mit Blick auf die Quecksilberemissionen eingehaltene Vorsorgepflicht der Klägerin bei der Klärschlammmitverbrennung nach Maßgabe ihres Antrags nicht mehr erfüllt wird. Mithin ist bei diesem Vorhaben als Folgewirkung der Emissionsüberschreitung eine Verschlechterung der Immissionslage zu erwarten.

Zu diesem Maßstab BVerwG, Urteil vom 22.6.1990 - 4 C 6/87 -, Juris-Ausdruck, S. 6; vgl. auch Berliner Kommentar zum BauGB, 3. Auflage 2002, § 35 Rdnr. 68.

Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts haben die im Rahmen des Vorsorgegebots erlassenen Emissionsgrenzwerte zur Minimierung des Gesundheitsrisikos Drittschutzwirkung innerhalb des Einwirkungsbereichs der Anlage, solange für den betreffenden Schadstoff noch keine Immissionswerte nach § 48 BImSchG bestimmt worden sind.

So die neuere Rechtsprechung des BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 - BVerwG 7 C 19.02 -, S. 9 des Juris-Ausdrucks.

In diesem Fall dienen die Vorsorgewerte als Ersatz für fehlende Schutzwerte.

So zur Interpretation der neuen Rechtsprechung Jarass, BImSchG, 6. Auflage 2005, § 5 Rdnr. 122; dort auch zum Zusammenhang mit dem Europarecht.

Wie sich aus 4.2.1 der TA Luft vom 24.7.2002 ergibt, sind Immissionswerte für Quecksilber derzeit noch nicht bestimmt. Mithin hat der hier überschrittene Emissionsgrenzwert für Quecksilber nach der 17. BImSchVO im Einwirkungsbereich der Anlage Schutzwirkung zugunsten der Nachbarn.

Die Überschreitung des Quecksilberemissionsgrenzwerts führt jedenfalls dazu, dass das Vorhaben schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 35 III 1 Nr. 3 BauGB hervorrufen kann. Der dargelegte öffentliche Belang der Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen steht dem Vorhaben mit Gewicht entgegen. Da die fehlende Antragsreduzierung auch hier in die Sphäre der Klägerin fällt, war es nicht Sache der Gemeinde, ihr Einvernehmen unter der Voraussetzung einer reduzierten Genehmigung zu erteilen.

Ohne abschließende Entscheidung weist der Senat darauf hin, dass der weiter angeführte und streitige öffentliche Belang unwirtschaftlicher Aufwendungen für Straßen nach § 35 III Nr. 4 BauGB dem Vorhaben nicht ohne weiteres entgegensteht. Im Verständnis dieser Vorschrift dürfte es in erster Linie um den Fall des erst erforderlichen Straßenbaus bei fehlender Straßenanbindung im Außenbereich gehen.

Vgl. Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, 3. Auflage, § 35 Rdnrn. 70 und 71.

Im konkreten Fall ist die Sachlage aber anders. Das Kraftwerk ist wie dargelegt ein privilegiertes Vorhaben. Die ausreichende Erschließung im Sinn des § 35 I BauGB ist hier gesichert, weil die Straßenanbindung im Außenbereich schon vollständig vorhanden ist. Der Konflikt liegt in der Abnutzung gemeindlicher Straßen und der Verkehrslenkung des Lastwagenverkehrs um die Innenstadt. Insoweit bedeutet aber nicht jeder Konflikt dieser Art, dass im Rahmen einer gebundenen Abwägung ein öffentlicher Belang dem privilegierten Vorhaben entgegensteht. Das kann aber offen bleiben. Von einer Entscheidung dieses Gesichtspunkts sieht der Senat ab.

Schließlich führt auch der die Klägerin bindende städtebauliche Vertrag zwischen der Kraftwerksbetreiberin und der Beigeladenen vom 3./5.9.1996 (im Behördenordner I, Bl. 359) ungeachtet des Auslegungsstreits der Klägerin und des Beklagten nicht zu einem weiteren Genehmigungshindernis. Zwar trifft der Standpunkt der Klägerin nicht zu, auf vorliegende Verträge komme es im Genehmigungsverfahren von vornherein nicht an. Abwehransprüche aufgrund eines individuellen Vertrags beruhen auf besonderem Titel und sind deshalb nach § 14 BImSchG nicht ausgeschlossen.

Jarass, BImSchG, 6. Aufl., § 14 Rdnr. 10, dort bereits für private Verträge.

Stehen eingegangene Verträge dem zur Genehmigung gestellten Betrieb der Anlage zweifelsfrei entgegen, ist die Erteilung einer Genehmigung letztlich für den Betreiber nutzlos. Im Fall der Nutzlosigkeit der Genehmigung ist anerkannt, dass es an einem Sachbescheidungsinteresse für die Genehmigung fehlt.

Jarass, BImSchG, 6. Aufl., § 6 Rdnr. 29.

Der Beklagte beruft sich darauf, Nr. 9 Satz 1 des städtebaulichen Vertrages von 1996 verpflichte die Kraftwerksbetreiberin dazu, am Kraftwerksstandort Bexbach keine Mitverbrennung von Klärschlamm zu realisieren. Er hält dieses vertragliche Verbot der Klärschlammverbrennung ungeachtet der Suspensivregelung in Nr. 17 II des Vertrages für wirksam geworden. Dort heißt es:

Verpflichtungen aus diesem Vertrag, die das vorhandene Kraftwerk Bexbach I betreffen, werden nur wirksam, wenn Saarberg erklärt, dass das Kraftwerk Bexbach II realisiert wird, spätestens jedoch mit der Abgabe der Erklärung des Baubeginns.

Da der Vertragszweck der Errichtung des Kraftwerks Bexbach II unstreitig zu keinem Zeitpunkt realisiert worden ist, spricht alles dafür, dass die Verpflichtung für das vorhandene Kraftwerk Bexbach I nicht wirksam geworden ist. Der Beklagte nimmt insofern lediglich eine entgegenstehende Wortauslegung vor, als die Suspensivregelung der Nr. 17 II nur für das Kraftwerk Bexbach I gelte, das Klärschlammverbot in Nr. 9 Satz 1 für den gesamten Kraftwerksstandort und damit unbegrenzt. Diese isolierte Wortauslegung überzeugt nicht. Nach dem systematischen Zusammenhang der Nr. 9 umfasst der Standort (Satz 1) die Kraftwerke Bexbach I und II (Satz 2). Standortverpflichtungen gelten nach Nr. 9 Satz 2 deshalb auch für Bexbach I und werden für Bexbach I durch Nr. 17 II suspendiert.

Dies entspricht auch dem Zweck des Vertrages. Verträge sind nach beiden Seiten hin interessengerecht auszulegen.

BGH, Urteil vom 7.3.2002 - III ZR 137/01 -, Juris-Ausdruck S. 3, dort als anerkannter Grundsatz der Vertragsauslegung.

Nach der Vertragspräambel ging es im wesentlichen um die Sicherung der Errichtung eines zweiten Kraftwerksblocks entgegen städtebaulichen Bedenken. Bei dieser Interessenlage konnten nicht einseitige Vorleistungen der Kraftwerksbetreiberin für den Fall erwartet werden, dass der streitige neue Kraftwerksblock überhaupt nicht errichtet wird. Nr. 17 der Vertragsbestimmungen bringt die Zweckgebundenheit der Verpflichtungen an die Realisierung des Projekts deutlich zum Ausdruck. Die Auslegung der Klägerin überzeugt. Mangels Zweckerfüllung liegt mithin kein derzeit wirksames vertragliches Verbot der Klärschlammmitverbrennung vor.

Nach allem verbleibt es dabei, dass die Klägerin aus den Gründen des Immissionsschutzrechts und des Bauplanungsrechts keinen Anspruch auf die immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung ihres Vorhabens hat. Die Genehmigungsversagung ist rechtmäßig und ein Bescheidungsanspruch scheidet aus.

Die Klage ist mithin in vollem Umfang abzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 I VwGO und § 162 III VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten beruht auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO und über die Nichtzulassung der Revision auf § 132 VwGO.

Sonstige Literatur

Rechtsmittelbelehrung:

Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils bei dem Oberverwaltungsgericht des Saarlandes (Hausadresse: Kaiser-Wilhelm-Straße 15, 66740 Saarlouis/Postanschrift: 66724 Saarlouis) einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründung ist ebenfalls bei dem Oberverwaltungsgericht des Saarlandes (Hausadresse: Kaiser-Wilhelm-Straße 15, 66740 Saarlouis/Postanschrift: 66724 Saarlouis) einzureichen. In der Begründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senates der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der das Urteil abweicht, oder ein Verfahrensmangel, auf dem das Urteil beruhen kann, bezeichnet werden.

Die Einlegung und die Begründung der Beschwerde müssen durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Prozessbevollmächtigten erfolgen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.

Beschluss:

Der Streitwert wird für das Klageverfahren auf 100.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe:

Auszugehen ist nach den §§ 25,13 GKG a.F.unter Berücksichtigung von Nr. 16.1.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 1996 (nunmehr inhaltsgleich Nr. 19.1.1 des Streitwertkatalogs 2004) von 2,5 % der Investitionssumme. Die Investitionssumme für das Änderungsvorhaben hat die Klägerin im Formularantrag, Formular 1.3 (Behördenordner I Bl. 228), mit 5 Millionen Euro angegeben. 2,5 % der Investitionssumme ergeben im Ansatz 125.000 Euro. Da es vorliegend um eine Bescheidungsklage geht, kann nach Nr. I.6 des Streitwertkatalogs 1996 der Streitwert ermäßigt werden mit dem Ergebnis, dass eine Festsetzung auf 100.000 Euro bedeutungsgerecht ist.

Tenor

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 26. Mai 2006 – 1 F 16/05 – wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen als Gesamtschuldner.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 7.500,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Durch Bescheid vom 14.1.2004 erteilte der Antragsgegner der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen im vereinfachten Verfahren nach § 19 BImSchG die Genehmigung zur Errichtung von 4 Windkraftanlagen des Typs „S77, GE 1,5 sL“ mit je 1,5 MW Nennleistung auf den Grundstücken Gemarkung Wahlen, Flur 12, Parzelle Nr. 146/1, Flur 16, Parzelle Nr. 159/1, Flur 17, Parzelle Nr. 80/1, und Flur 18 Parzelle Nr. 207/1.

Die genehmigten Anlagenstandorte liegen im Geltungsbereich des am 17.7.2003 als Satzung beschlossenen und offenbar am 24.9.2003 abschließend bekannt gemachten vorhabenbezogenen Bebauungsplanes „Windpark Wahlener Platte“ der Gemeinde I-Stadt. Dieser Bebauungsplan weist ein Sondergebiet „Wind“ mit Standorten für insgesamt 7 Windkraftanlagen aus, begrenzt die Gesamthöhe der Anlagen auf maximal 125 Meter, ihre Nabenhöhe auf maximal 85 Meter und ihren Rotorradius auf maximal 40 Meter. Die der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen genehmigten Windkraftanlagen werden unter den Nummern 1-4 geführt. An den drei weiteren Standorten 5, 6 und 7 war einem anderen Betreiber mit Bescheid vom 15.12.2003 die Genehmigung für drei gleich starke Windkraftanlagen erteilt worden.

In dem Genehmigungsbescheid vom 14.1.2004 ist unter Kapitel II B Nr. 4 bestimmt:

„Durch den Betrieb der Windenergieanlagen darf vor den Fenstern von schutzbedürftigen Räumen im 1. OG die nachstehenden Teilimmissionspegel an folgenden maßgeblichen Immissionsorten nicht überschritten werden

Ortsbereich Wahlen 37 dB(A)

Ortsbereich Rissenthal 37 dB(A)

Grundlage für die Ermittlung der Beurteilungspegel ist die TA-Lärm vom 20.8.1998, GMBl. S. 503.“

Unter Kapitel II B Nr. 5 heißt es:

„Spätestens 6 Monate nach Inbetriebnahme der Windfarm ist durch Messungen einer nach §§ 26, 28 BImSchG bekannt gegebenen Messstelle der Nachweis zu führen, dass die o.a. Lärm-Immissions-Richtwerte bezogen auf die schalltechnisch ungünstigste Betriebsart (Windgeschwindigkeit 10 m/s in 10 m Höhe) an allen Aufpunkten eingehalten wird. Der Messbericht ist unmittelbar nach Erhalt der Genehmigungsbehörde unaufgefordert vorzulegen.“

Unter dem 21.1.2005 zeigte die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen die Inbetriebnahme der Windkraftanlagen sowie den Betreiberwechsel auf die Beigeladenen an. Die Betriebsaufnahme der dem anderen Betreiber genehmigten drei Anlagen war unter dem 28.12.2004 für die 52. Kalenderwoche 2004 angezeigt worden.

Nach Betriebsaufnahme beschwerten sich Anwohner aus den Losheimer Ortsteilen Wahlen und Rissenthal über den von den Windkraftanlagen ausgehenden Lärm. In der Folgezeit vorgenommene Untersuchungen zur Abklärung der Lärmursachen führten zum Austausch der Getriebe der Anlagen 1, 2 und 3 und wohl auch der Anlagen 5 und 7.

Am 18.4.2005 erhoben die Antragsteller, Eigentümer des Wohnanwesens I-Straße in Wahlen, das östlich beziehungsweise nordöstlich der Windkraftanlagen liegt, Widerspruch gegen die Genehmigungsbescheide vom 15.12.2003 und vom 14.1.2004. Am 4.5.2005 legten die Antragsteller der Verfahren 3 W 7/06 und 3 W 8/06, Eigentümer des Wohnanwesens A. in Rissenthal, das grob betrachtet westlich der Windkraftanlagen liegt, ebenfalls Widerspruch gegen die vorgenannten Genehmigungsbescheide ein.

Die Widersprüche wurden durch Bescheide vom 28.7.2005 zurückgewiesen. Außerdem wurde auf entsprechende Anträge der Betreiber der Windkraftanlagen die sofortige Vollziehbarkeit der Genehmigungsbescheide angeordnet und – wegen der noch nicht abgeschlossenen Arbeiten zum Getriebeaustausch – die Frist zur Beibringung der gemäß Kapitel II B Nr. 5 der Genehmigungsbescheide geforderten Nachweise bis zum 30.9.2005 verlängert. Ferner ist auf den Antrag der Antragsteller auf Anordnung von Sicherungsmaßnahmen hin für den Betrieb zur Nachtzeit folgende Regelung getroffen:

„a) Bis zum Abschluss der Reparaturarbeiten an den Getrieben der WKA ist der Nachtbetrieb untersagt. Der Abschluss ist dem LUA anzuzeigen und durch Bestätigung der Reparaturfirma beziehungsweise der Herstellerfirma nachzuweisen.

b) Nach Abschluss der Reparaturarbeiten ist der Nachtbetrieb zu Messzwecken zulässig. Ein der Genehmigung entsprechender Nachtbetrieb ist erst nach Vorlage des Nachweises über die Einhaltung der Lärmpegel zulässig.“

Die Widerspruchsbescheide wurden am 10.8.2005 zugestellt. Am 7.9.2005 haben die Antragsteller Klage sowohl gegen den Genehmigungsbescheid vom 15.12.2003 als auch gegen den Genehmigungsbescheid vom 14.1.2004 erhoben.

Am 28.9.2005 haben sie außerdem beim Verwaltungsgericht um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht.

Während des erstinstanzlichen Verfahrens haben die Anlagenbetreiber ein in ihrem Auftrag unter dem 15.12.2005 erstelltes Gutachten des TÜV-Süddeutschland betreffend die Messung von Geräuschimmissionen des „Windparks I-Stadt-Wahlener Platte“ bei Nordost-Windlage an zwei Immissionsorten in Rissenthal, einer davon in der Nähe des Anwesens der Antragsteller der Verfahren 3 W 7/06 und 3 W 8/06, die die Erlaubnis für Messungen auf ihrem Grundstück verweigert hatten, zur Nachtzeit vorgelegt. Dieses Gutachten gelangt zusammenfassend zu dem Ergebnis, für den Gesamtwindpark ergebe sich in der lautesten vollen Nachtstunde bei einer durchgehenden Last von 95 % der Nennlast am IP 12 (Wohnhaus A. im 1. OG) ein Beurteilungspegel von 40 dB(A) und am IP 13 (Wohnhaus A., EG) ein solcher von 39 dB(A).

Der Antragsgegner hat dieses Gutachten zum Anlass genommen, mit Schreiben vom 8.3.2006 den Nachtbetrieb der Anlagen 2, 4, 5, 6 und 7 zuzulassen. Hinsichtlich der Anlagen 1 und 3 durfte ein Nachtbetrieb weiterhin nach vorheriger Absprache mit ihm nur zu Messzwecken erfolgen.

Durch Beschlüsse vom 26.5.2006 hat das Verwaltungsgericht es abgelehnt, den Antragstellern Eilrechtsschutz gegen den Betrieb der umstrittenen Windkraftanlagen zu gewähren. Die Beschlüsse sind am 6.6.2006 zugestellt worden.

Am 19.6.2006 haben die Antragsteller Beschwerde erhoben und diese am 4.7.2006 begründet.

Während des Rechtsmittelverfahrens haben die Anlagenbetreiber den unter dem 23.8.2006 vom TÜV-Süd erstellten zweiten Teil des Gutachtens betreffend Geräuschimmissionen im Einwirkungsbereich des „Windparks I-Stadt-Wahlener Platte“ vorgelegt, der Geräuschimmissionsmessungen bei Südwest-Windlage am Immissionsort IP 5 (Wohnanwesen I.) in Wahlen zur Nachtzeit zum Gegenstand hat. Das Gutachten ermittelte für den Betrieb des Gesamtwindparks für die lauteste Nachtstunde bei einer Last von durchgehend 95 % der Nennlast Beurteilungspegel von – gerundet – maximal 38 dB(A), obwohl die Messung vor geschlossenem statt vor geöffnetem Schlafzimmerfenster durchgeführt wurde, und auf einen Abschlag zur Korrektur der Auswirkungen von Schallreflexionen an der Gebäudefront verzichtet wurde. Bei Zugrundelegung eines Teilbetriebs der Anlagen 1 bis 4 betrug der Pegel ebenfalls gerundet 38 dB(A), während bei einem Teilbetrieb der Anlagen 5 bis 7 Geräuschimmissionen nicht messbar waren, da die betreffenden Messreihen unterhalb oder im Niveau des Fremdgeräuschpegels lagen. Der Antragsgegner verfügte daraufhin, dass nunmehr auch die Anlagen 1 und 3 zur Nachtzeit betrieben werden dürfen.

Das Gericht hat den Prozessbevollmächtigten der Antragsteller unter dem 16.10.2006 eine Kopie des Gutachtens vom 23.8.2006 übersandt und ihnen Gelegenheit zur Äußerung bis zum 2.11.2006 eingeräumt.

II.

Der gemäß § 146 Abs. 4 VwGO statthaften und auch sonst zulässigen Beschwerde kann nicht entsprochen werden.

Das Verwaltungsgericht hat es mit dem angefochtenen Beschluss zu Recht abgelehnt, den Antragstellern vorläufigen Rechtschutz gegen die der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen erteilte Genehmigung vom 14.1.2004 zu gewähren.

Das Beschwerdevorbringen der Antragsteller, das gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO den Umfang der gerichtlichen Nachprüfung in dem vorliegenden Rechtsmittelverfahren begrenzt, rechtfertigt keine andere Entscheidung. Für die Beurteilung ist zunächst davon auszugehen, dass mit den Regelungen des § 146 Abs. 4 Sätze 1, 3 und 6 VwGO, die dem Beschwerdeführer eine Frist von einem Monat zur Einreichung einer Beschwerdebegründung setzen, ferner verlangen, dass die Beschwerdebegründung die Gründe darlegt, aus denen die erstinstanzliche Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzt, und die die beschwerdegerichtliche Nachprüfung auf die (fristgerecht) vorgetragenen Beschwerdegründe begrenzen, das gesetzgeberische Ziel verfolgt, im Interesse einer beschleunigten Abwicklung von Eilrechtschutzverfahren den Streitstoff im Rechtsmittelverfahren betreffend Beschwerden gegen Beschlüsse nach den §§ 80, 80 a VwGO sowie § 123 VwGO zu beschränken. Diese Einschränkung hindert den Beschwerdeführer zwar nicht daran, auch Änderungen der Sach- und Rechtslage geltend zu machen, die nach Ergehen der erstinstanzlichen Entscheidung und vor Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO eingetreten sind. Änderungen der Sach- und Rechtslage nach Fristablauf können seinem Rechtsmittel hingegen nicht mehr zum Erfolg verhelfen. Ihre Berücksichtigung liefe den Regelungen des § 146 Abs. 4 Sätze 1, 3 und 6 VwGO und der damit verfolgten gesetzgeberischen Zielsetzung zuwider

vgl. zum Beispiel Bader u.a., VwGO, 3. Auflage 2005, § 146 Rdnr. 36; Redeker/von Oertzen, VwGO, 14. Auflage 2004, § 146 Rdnr. 22; Meyer-Ladewig/Rudisile in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 146 Rdnr. 15; VGH Mannheim, Beschluss vom 8.11.2004 – 9 S 1536/04; im Übrigen auch BVerwG, Beschluss vom 12.11.2002 – 7 AV 4/02 – NVwZ 2003, 496 zu § 124 a Abs. 4 Satz 3 VwGO; anderer Ansicht unter Hinweis auf die Prozessökonomie Happ in Eyermann, VwGO, 12. Auflage 2006, § 146 Rdnr. 26; Kopp/Schenke, VwGO, 14. Auflage 2005, § 146 Rdnr. 32.

In derartigen Fällen bleibt dem Beschwerdeführer die Möglichkeit, gemäß § 80 Abs. 7 VwGO einen Abänderungsantrag oder in Fallgestaltungen, in denen ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt wurde, einen neuen Antrag zu stellen. Von daher ist es für die im Beschwerdeverfahren zu treffende Entscheidung ohne Belang, dass der Antragsgegner nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist nunmehr den Nachtbetrieb auch der Anlagen 1 und 3 zugelassen hat.

Mit ihrem innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist bei Gericht eingegangenem Vorbringen wenden die Antragsteller zunächst ein, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht angenommen, die im Widerspruchsbescheid enthaltene Begründung der Vollzugsanordnung genüge den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO, und hierbei unberücksichtigt gelassen, dass die Anlagenbetreiber ihre Anträge auf Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit nur mit der Notwendigkeit der Durchführung von Messungen begründet hätten, die getroffene Regelung indes darüber hinaus gehe, indem sie einen Dauerbetrieb erlaube. Im Übrigen erfülle die Begründung der Vollzugsanordnung nicht einmal die Mindestanforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO. So würden beispielsweise ohne irgendwelche Beträge in den Raum zu stellen, die wirtschaftlichen Nachteile einer Betriebseinstellung als durchgreifend bewertet. Diese Rügen greifen nicht durch. Zunächst trifft es nicht zu, dass die Anlagenbetreiber ihre Anträge auf Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit der ihnen erteilten Genehmigungen nur mit der Notwendigkeit von Messungen begründet hätten. In der Antragsbegründung vom 12.7.2005 (Bl. 183 der Verw.-Akten II) wird nämlich geltend gemacht, die erteilte Genehmigung sei rechtmäßig, die Anlagen seien bereits errichtet und längere Zeit in Betrieb. Die Ablehnung der Vollzugsanordnung würde Existenz bedrohenden Charakter für die jeweiligen Anlagenbetreiber haben. Lediglich als zusätzlicher Aspekt ist angeführt, die Umsetzung des Maßnahmenkatalogs zur Beseitigung der aufgetretenen atypischen Geräusche bedinge, dass sich die Anlagen in Betrieb befänden. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Beschluss (Seiten 16 und 17) die ausführliche Begründung der Vollzugsanordnung wiedergegeben und zutreffend ausgeführt, diese Begründung erschöpfe sich nicht in einer bloßen Wiedergabe des Gesetzestextes oder in einer Bezugnahme auf den Ausgangsbescheid; sie lasse vielmehr erkennen, dass die Anordnung nach sorgfältiger Abwägung der widerstreitenden Interessen getroffen und nach dem Ergebnis der Abwägung den Betreiberinteressen der Vorrang eingeräumt worden sei. Es hat weiter darauf abgestellt, dass es für die Erfüllung der Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO ohne Bedeutung sei, ob die Begründung der Vollzugsanordnung inhaltlich zutreffe, da das Gericht im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO eine originäre Ermessensentscheidung treffe und keine Inhaltskontrolle der Begründung des Sofortvollzuges vornehme. Diese Würdigung steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes

vgl. zum Beispiel OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 1.3.1995 – 2 W 63/04 -, vom 6.11.2002 – 2 U 9/02 -, und vom 22.8.2001 – 2 W 1/01 -

Danach sind die Anforderungen, die § 80 Abs. 3 VwGO an die Begründung einer Vollzugsanordnung stellt, eher formaler Natur. Ihnen ist in aller Regel – und auch hier – Rechnung getragen, wenn sich die Behörde über ihre bloße und mit Blick auf das Rechtsstaatsprinzip des § 20 Abs. 3 GG selbstverständliche Überzeugung, der von ihr erlassene Verwaltungsakt sei rechtmäßig, hinaus mit den gegenläufigen, von der sofortigen Vollziehbarkeit betroffenen Interessen auseinandersetzt, auf dieser Grundlage ihre Entscheidung trifft und so zum Ausdruck bringt, dass sie sich der Abweichung vom Regelfall des § 80 Abs. 1 VwGO bewusst ist. Diesen Anforderungen entspricht die hier umstrittene Vollzugsanordnung, wobei bei dieser Würdigung zu berücksichtigen ist, dass hier die Vollzugs- und die „Sicherungsanordnung“, die erstere einschränkt, als Einheit gesehen werden müssen, da sich beide als Ergebnis der vorgenommenen Abwägung darstellen. Danach hat die Widerspruchsbehörde zum einen darauf abgestellt, dass die Windkraftanlagen zur Vornahme der geforderten Schallimmissionsmessungen in Betrieb sein müssen. Außerdem ist sie davon ausgegangen, dass die im Genehmigungsbescheid festgelegten Schallimmissionswerte während der Tageszeit eingehalten werden, und hat deshalb keinen Grund gesehen, den Betrieb der Anlagen tagsüber zu untersagen. Ferner hat sie es „im Hinblick auf die seitens der Antragsteller bereits getätigten Investitionen und die laufenden Betriebskosten“ für unverhältnismäßig erachtet, den Betrieb „zum jetzigen Zeitpunkt“ vollständig einzustellen. Dass sie in diesem Zusammenhang keine Beträge angeführt hat, ist unschädlich, da auf der Hand liegt, dass die Errichtung von vier beziehungsweise insgesamt sieben Windkraftanlagen mit jeweils 1,5 MW Leistung beträchtliche Investitionen erfordert hat und dem Betreiber erhebliche wirtschaftliche Nachteile entstehen, wenn die Anlagen bis zum rechtskräftigen Abschluss der eingeleiteten Rechtsbehelfsverfahren nicht betrieben und keine Einnahmen zur Kostendeckung erzielt werden können. Auf der anderen Seite hat die Widerspruchsbehörde auch die Nachbarinteressen nicht aus dem Blick verloren, indem sie den Nachtbetrieb der Anlagen bis zum Abschluss der Reparaturarbeiten an den Getrieben untersagt, nach Abschluss dieser Arbeiten einen Nachtbetrieb zunächst nur zu Messzwecken erlaubt und die endgültige Zulassung des Nachtbetriebes erst für den Fall der Vorlage des Nachweises über die Einhaltung der Lärmpegel in Aussicht gestellt hat. Diese Erwägungen genügen jedenfalls den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO. Ob sie die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit des angefochtenen Genehmigungsbescheides auch inhaltlich rechtfertigen ist – wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat – für die Erfüllung dieser Anforderungen ohne Belang.

Dem Verwaltungsgericht ist im Weiteren darin zu folgen, dass der Ausgang der Klageverfahren derzeit noch offen ist. Einigkeit dürfte zwischen den Beteiligten darüber bestehen, dass die Klage der Antragsteller gegen den Genehmigungsbescheid nur dann Erfolg haben kann, wenn die angefochtene Genehmigung gegen auch ihren Schutz bezweckende Vorschriften des öffentlichen Rechts verstößt. Nicht in diesem Sinne drittschützend wirken Vorschriften, die ausschließlich öffentlichen Belangen Rechnung tragen. Dazu gehören – worauf das Verwaltungsgericht zu Recht hingewiesen hat – Vorschriften, die Belange der Raumordnung, des Natur- und des Landschaftsschutzes beziehungsweise des Artenschutzes regeln und die eine Verunstaltung der Landschaft verbieten.

Zugunsten der Antragsteller als offen ist zunächst die Beantwortung der Frage anzusehen, ob den Antragstellern unter verfahrensrechtlichen Gesichtspunkten ein Anspruch auf Aufhebung der angefochtenen Genehmigung zusteht. Voraussetzung hierfür wäre hier nicht nur, dass über den Genehmigungsantrag nach dem im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung maßgeblichen Recht nicht im vereinfachten Verfahren nach § 19 BImSchG, sondern im förmlichen Verfahren nach § 10 BImSchG mit Öffentlichkeitsbeteiligung zu entscheiden war, sondern auch, dass Dritte – gegebenenfalls nach einer gemeinschaftsrechtliche Vorgaben berücksichtigenden Auslegung – einen Anspruch auf Durchführung des zutreffenden Genehmigungsverfahrens einschließlich Öffentlichkeitsbeteiligung haben. Das Verwaltungsgericht hat indes zu Recht darauf hingewiesen, dass aufgrund der zum 1.7.2005 in Kraft getretenen Änderung der Nr. 1.6 des Anhangs zur 4. BImSchV durch die Verordnung zur Änderung der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen und zur Änderung der Anlage 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung vom 20.6.2005 (BGBl. I S. 1687) nunmehr über die Genehmigung von Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 Metern im Verfahren nach § 19 BImSchG – ohne Öffentlichkeitsbeteiligung – zu entscheiden ist, es sei denn, nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung ist ein Verfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 c der 4. BImSchV).

Entgegen der Ansicht der Antragsteller spricht allenfalls wenig dafür, dass diese zum 1.7.2005 wirksam gewordene Rechtsänderung vorliegend außer Betracht zu bleiben hat und auf das im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung geltende Verfahrensrecht abzustellen ist. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist jedenfalls für das öffentliche Baurecht anerkannt, dass nachträgliche Rechtsänderungen zu Gunsten des Bauherrn beachtlich sind

vgl. zum Beispiel BVerwG, Beschluss vom 23.4.1998, Baurecht 1998, 995,

und auch in der vorliegenden Konstellation leuchtet nicht ein, den Antragstellern deshalb einen Anspruch auf Aufhebung der Genehmigung zuzubilligen, weil der Antragsgegner den im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung für die Bestimmung des Genehmigungsverfahrens maßgeblichen Begriff der Windfarm (Anhang zur 4. BImSchV Nr. 1.6, Spalten 1 und 2 in der bis zum 30.6.2005 maßgeblichen Fassung) unzutreffend ausgelegt und kein Verfahren nach § 10 BImSchG durchgeführt hat, wenn über einen nach Aufhebung der Genehmigung zu erwartenden neuen Genehmigungsantrag aufgrund der zum 1.7.2005 wirksam gewordenen Rechtsänderung erneut im Verfahren nach § 19 BImSchG zu entscheiden wäre.

Eine andere Frage ist, ob für die Genehmigung der Anlagen nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen und deshalb über den Genehmigungsantrag im förmlichen Verfahren nach § 10 BImSchG zu entscheiden war (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 c, aa der 4. BImSchV a.F.) und ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 c der 4. BImSchV n.F.). Nach Nr. 1.6.2 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung in der bis zum 30.6.2005 geltenden Fassung bedurfte die Errichtung von 6 bis weniger als 20 Windkraftanlagen einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls gemäß § 3 c Abs. 1 Satz 1 UVPG. Die ab 1.7.2005 maßgebliche Neufassung dieser Anlage 1 stellt in Nr. 1.6 nunmehr auf die Errichtung und den Betrieb einer Windfarm mit Anlagen mit einer Gesamthöhe von jeweils mehr als 50 Metern ab. Ansonsten hat sich nichts geändert. Es bleibt damit beim Erfordernis einer allgemeinen Vorprüfung nach § 3 c Abs. 1 Satz 1 UVPG. Eine solche allgemeine Vorprüfung hat vorliegend stattgefunden. Sie hat zu dem Ergebnis geführt, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorliegend nicht durchzuführen ist. Von daher hätte die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung allenfalls dann bestanden, wenn der Antragsgegner rechtsfehlerhaft nach den Kriterien des § 3 c Abs. 1 Satz 1 UVPG das Erfordernis einer solchen Prüfung verneint hätte. Da nach der betreffenden Bestimmung die „Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung“ maßgeblich ist, also auch Raum für „Ungenauigkeiten“ besteht

vgl. Peter/Balla, UVPG, 3. Auflage 2006, § 3 c Rdnr. 4,

spricht derzeit allenfalls wenig dafür, dass dem Antragsgegner insoweit ein entscheidungserheblicher Rechtsfehler unterlaufen ist. Jedenfalls bedürfte es zu einer dahingehenden Feststellung einer eingehenden Auseinandersetzung mit der durchgeführten allgemeinen Vorprüfung, die dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben muss. Hiervon ausgehend hat das Verwaltungsgericht die Frage, ob den Antragstellern ein Abwehrrecht aufgrund eines Verstoßes gegen drittschützende Vorschriften des Genehmigungsverfahrens zusteht, zu Recht als offen angesehen.

Nichts anderes gilt hinsichtlich der Frage, ob die angefochtene Genehmigung in materiell-rechtlicher Hinsicht gegen auch den Schutz der Antragsteller bezweckende Vorschriften verstößt.

Soweit die Antragsteller, offenbar unter Berufung auf das von ihnen im erstinstanzlichen Verfahren geltend gemacht baurechtliche Gebot der Rücksichtnahme vorbringen, die Drehbewegungen der Rotoren der Windkraftanlage hätten als Blickfang nicht außer Betracht bleiben, sondern in der Abwägung berücksichtigt werden müssen, ist zu bemerken: Die umstrittenen Windkraftanlagen sind im Geltungsbereich des vorhabenbezogenen Bebauungsplanes „Windpark Wahlener Platte“ der Gemeinde I-Stadt errichtet worden. Von der Gültigkeit dieses Bebauungsplanes ist für das vorliegende Verfahren auszugehen, da in den nur auf die summarische Überprüfung der Sach- und Rechtslage ausgerichteten Antragsverfahren nach den §§ 80, 80 a und 123 VwGO in aller Regel kein Raum für eine inzidente Normenkontrolle ist. Vielmehr ist im Grundsatz von der Verbindlichkeit der als Rechtsnorm (Satzung) erlassenen planerischen Festsetzungen auszugehen

vgl. zum Beispiel OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 13.4.1993 – 2 W 5/93 – BRS 55 Nr. 189, und vom 31.7.2006 – 2 W 3/06 -.

Etwas anderes mag allenfalls dann gelten, wenn die betreffenden Satzungsregelungen bereits nach dem Ergebnis einer überschlägigen Prüfung mit Sicherheit oder aller Voraussicht nach unwirksam sind. Für einen solchen Sonderfall ist indes hier nichts dargetan. Mit den Festsetzungen des Bebauungsplanes, die auf der Grundlage einer entsprechenden Abwägung und Entscheidung des Gemeinderates von I-Stadt als demokratisch legitimiertem Beschlussorgan dieser Gemeinde getroffen wurden, stehen die umstrittenen Windkraftanlagen in Einklang. Das wird offenbar auch von den Antragstellern nicht in Frage gestellt. Nach den betreffenden Festsetzungen sind die Anlagen an ihren Standorten, mit den erreichten Naben- und Gesamthöhen und mit den realisierten Rotordurchmessern danach planungsrechtlich zulässig und die von ihnen ausgehenden optischen Einwirkungen grundsätzlich hinzunehmen. Hiervon musste auch der Antragsgegner als Genehmigungsbehörde ausgehen, den diese planerischen Festsetzungen ebenfalls binden. Zwar bestimmt § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO, dass die in den §§ 2 bis 14 BauNVO aufgeführten baulichen Anlagen im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes unzulässig sind, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets in dem Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind. Es ist jedoch anerkannt, dass gestützt auf diese Regelung, die insoweit eine Ausprägung des Gebotes der Rücksichtnahme darstellt, die Festsetzungen eines Bebauungsplanes nur ergänzt, nicht aber korrigiert werden können

BVerwG, Beschluss vom 6.3.1989 – 4 NB 8.89 – Baurecht 1989, 306.

Das bedeutet, lässt wie hier ein Bebauungsplan, der ein Sondergebiet für Windkraftanlagen ausweist, auf der Grundlage einer entsprechenden planerischen Abwägung an genau festgelegten Standorten Windkraftanlagen in den von den Anlagenbetreibern realisierten Dimensionen durch entsprechende detaillierte Festsetzungen ausdrücklich zu, so kann gegenüber der Genehmigung solcher plankonformer Anlagen nicht mit Erfolg vorgebracht werden, sie verursachten mit ihrer Dimensionierung an den planerisch zugelassenen Standorten unzumutbare Einwirkungen (zum Beispiel im Sinne einer erdrückenden Wirkung) im Verständnis von § 15 BauNVO. In einem solchen Falle würde nämlich die gemeindliche Planung über § 15 BauNVO in unzulässiger Weise ausgehebelt. Eine andere Frage ist freilich, ob die planerische Entscheidung, an den betreffenden Standorten Windkraftanlagen in der hier in Rede stehenden Dimensionierung zuzulassen, auf einer rechtmäßigen Abwägung beruht und der betreffende Plan gültig ist. Ihr ist indes – wie dargelegt – in Verfahren der vorliegenden Art nicht im Einzelnen nachzugehen.

Was die von den Windkraftanlagen verursachten Lärmeinwirkungen auf das Wohnanwesen der Antragsteller anbelangt, so hat das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf einschlägige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zutreffend ausgeführt, dass das in bauplanungsrechtlichen Vorschriften verankerte Rücksichtnahmegebot keinen weitergehenden Schutz vor Lärmimmissionen gewährt als § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG. Die letztgenannte Bestimmung hat es dann entgegen der Darstellung der Antragsteller durchaus als drittschützend wirkende Norm geprüft (vgl. Seiten 22 und 23 des Beschlussabdruckes) und sich in diesem Zusammenhang unter anderem mit dem der Genehmigung zugrunde liegenden schalltechnischen Prognosegutachten des Ingenieur- und Beratungsbüros K. vom 25.2.2003 und mit den rechtlichen Wirkungen der Nebenbestimmungen in Kapitel II B Nr. 4 der Genehmigung auseinandergesetzt, mit der unter anderem für die Ortsbereiche Wahlen und Rissenthal Teilimmissionspegel von jeweils 37 dB(A) festgesetzt werden (vgl. Seiten 24 und 25 des Beschlussabdrucks). Dass das Verwaltungsgericht nach dieser – in Verfahren der vorliegenden Art nur überschlägigen – Prüfung zu dem Ergebnis gelangt ist, die Klärung der Frage einer unzumutbaren Betroffenheit der Antragsteller durch von den umstrittenen Windkraftanlagen verursachte Lärmimmissionen müsse dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben mit der Folge, dass auch insoweit von einer offenen Rechtslage auszugehen sei, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Näher klärungsbedürftig ist bereits im Ansatz, ob und gegebenenfalls auf welche Weise in den den Anlagenbetreibern erteilten Genehmigungen der Schutz der Anwohner vor unzumutbaren Lärmbelästigungen sicherzustellen ist und welches Schutzniveau die Antragsteller einfordern können. Der Antragsgegner hat unter Kapitel II B Nr. 4 der Genehmigungsbescheide unter anderem für die Ortsbereiche von Wahlen und Rissenthal Teilimmissionspegel von jeweils 37 dB(A) festgelegt, „die vor den Fenstern von schutzbedürftigen Räumen im 1. OG“ nicht überschritten werden dürfen. Das Verwaltungsgericht hat diese Festlegungen trotz ihres auf eine Schutzauflage hinweisenden Wortlauts nicht als drittschützend angesehen (S. 24 des Beschlussabdruckes)

vgl. zur Festlegung von Lärmwerten in einer Nebenbestimmung zu einer Baugenehmigung zum Beispiel BVerwG, Urteil vom 29.10.1998 – 4 C 9/97 – zitiert nach Juris,

sondern offenbar ausgehend von der Lage des Anwesens der Antragsteller in einem durch Bebauungsplan festgesetzten allgemeinen Wohngebiet auf den Immissionsrichtwert für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden in allgemeinen Wohngebieten von 40 dB(A) gemäß Nr. 6.1 d der technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm – TA-Lärm – vom 26.8.1998 (GMBl. 1998, 503) abgestellt. Ob diese Sicht dem Umstand hinreichend Rechnung trägt, dass es sich bei dem Richtwert von 40 dB(A) vorliegend um einen Summenpegel handelt, der von den Immissionen von insgesamt sieben, mit zwei Genehmigungen zugelassenen Windkraftanlagen nicht überschritten werden darf, und sich von daher die Frage stellt, ob der Antragsgegner mit der Festschreibung der Teilimmissionspegel wirklich ein verglichen mit den einschlägigen Richtwerten der TA-Lärm höheres Schutzniveau fordern wollte, oder ob es ihm lediglich um die Aufteilung des als Richtwert maßgeblichen Beurteilungspegels von 40 dB(A) auf die beiden (damaligen) Genehmigungsinhaber ging, bedarf indes im vorliegenden Beschwerdeverfahren ebenso wenig der näheren Klärung wie die Frage, in welchem Umfang und auf welche Weise Lärmschutz in Fallgestaltungen zu gewährleisten ist, in denen Lärmimmissionen durch mehrere Anlagen verschiedener Betreiber verursacht werden. Denn die Antragsteller haben diesen rechtlichen Ansatz mit ihrer Beschwerdebegründung nicht, jedenfalls nicht substantiiert in Frage gestellt.

Ausgehend davon, dass der Immissionsrichtwert von 40 dB(A) zur Nachtzeit gemäß Nr. 6.1 d der TA-Lärm das Schutzniveau beschreibt, dessen Einhaltung die Antragsteller gegenüber den vom Betrieb sämtlicher sieben Windkraftanlagen verursachten Geräuschimmissionen beanspruchen können, dürfte es entscheidend darauf ankommen, ob dieser Richtwert vorliegend überschritten wird. Das ist nach dem Ergebnis der summarischen Überprüfung im vorliegenden Eilverfahren noch offen, insbesondere kann nach dem derzeitigen Erkenntnisstand keine Rede davon sein, dass die unzumutbare Beeinträchtigung der Wohnnutzung auf dem Anwesen der Antragsteller durch von den Windkraftanlagen verursachten Lärm offenkundig ist. In der während des Genehmigungsverfahrens vorgelegten gutachterlichen Stellungnahme des Ingenieur- und Beratungsbüros K. vom 25.2.2003 wird die Einhaltung der Lärmrichtwerte prognostiziert. Dass diese Prognose offenkundig fehlerhaft erstellt wäre, kann nicht angenommen werden. Bei dem Ingenieurbüro K. handelt es sich ausweislich des Widerspruchsbescheides vom 28.7.2005 (S. 19) um eine gemäß § 26 BImSchG benannte Stelle, so dass von der erforderlichen Sachkunde für die Erstellung von Lärmimmissionsprognosen im Grundsatz ausgegangen werden kann.

Entgegen der Ansicht der Antragsteller hat diese sachverständige Stellungnahme nicht schon deshalb außer Betracht zu bleiben, weil sie im Auftrag der Anlagenbetreiber gefertigt wurde. Zum einen ist es grundsätzlich Sache der Anlagenbetreiber, die Genehmigungsunterlagen vorzulegen, und wenn hierzu eine Immissionsprognose gehört, liegt auf der Hand, dass diese von den Betreibern in Auftrag gegeben wird. Daraus lässt sich für sich allein noch kein Einwand gegen die Aussagekraft der hier in Rede stehenden gutachterlichen Stellungnahme herleiten. Zum anderen ist die Vorlage von im Betreiberauftrag erstellten Immissionsprognosen und –messungen dem Regelungssystem des BImSchG nicht fremd, das zum Beispiel neben der behördlichen (§ 52 BImSchG) auch die so genannte betreibereigene Überwachung von Anlagen (vgl. zum Beispiel §§ 26 bis 29 BImSchG) vorsieht. Dem Erfordernis der Gewährleistung der Objektivität von im Auftrag von Anlagenbetreibern durchgeführten Messungen und Begutachtungen wird unter anderem dadurch Rechnung getragen, dass die von der Anlage ausgehenden Emissionen sowie die Immissionen im Einwirkungsbereich der Anlage durch eine von der nach Landesrecht zuständigen Behörde bekannt gegebenen Stelle zu ermitteln sind. Zu den Voraussetzungen für eine solche „Bekanntgabe“ gehören nicht nur Anforderungen an die Fachkunde und das Personal der betreffenden Stelle, sondern auch die Zuverlässigkeit des Leiters und der Bediensteten sowie ihre Unabhängigkeit. Die erforderliche Zuverlässigkeit ist unter anderem dann nicht (mehr) gegeben, wenn Ermittlungsergebnisse vorsätzlich zum Vor- oder Nachteil eines Anlagenbetreibers verändert oder nicht vollständig wiedergegeben werden

vgl. Richtlinie für die Bekanntgabe sachverständiger Stellen im Bereich des Immissionsschutzes in der Fassung des LAI-Beschlusses der 106. Sitzung vom 30.9. bis 2.10.2003, Bl. 199 der Gerichtsakten.

Rechtfertigt es danach der Status eines Sachverständigen als „bekannt gegebene Stelle“ im Verständnis von § 26 BImSchG zumindest prinzipiell, von seiner hierfür erforderlichen Objektivität und Unabhängigkeit auszugehen, so kann seine sachverständige Äußerung nicht allein deshalb als „Gefälligkeitsgutachten“ abgetan werden, weil er im Auftrage des Anlagenbetreibers tätig geworden ist. Ob die hier von dem Ingenieur- und Beratungsbüro K. erstellte Lärmprognose fachlich „auf der sicheren Seite“ liegt, bedarf, worauf das Verwaltungsgericht mit Recht hingewiesen hat (S. 25 des Beschlussabdrucks), noch der näheren Klärung.

Von einer offensichtlichen Überschreitung des Lärmrichtwertes von 40 dB(A) kann insbesondere nicht aufgrund der Ergebnisse der privat veranlassten Messungen am Anwesen A. in Rissenthal ausgegangen werden. Abgesehen von der Frage, ob Lärmmessungen an diesem Standort überhaupt eine zuverlässige Aussage über die Lärmbelastung am Anwesen I-Straße in Wahlen erlauben, eine Frage übrigens, die auch gegenüber der Aussagekraft der Ergebnisse der ebenfalls an zwei Immissionsorten in Rissenthal durchgeführten Messungen im Gutachten des TÜV-Süddeutschland vom 15.12.2005 für die Verhältnisse am Anwesen der Antragsteller aufzuwerfen ist, bestehen nämlich ganz erhebliche Bedenken, ob diesen von den Antragstellern vorgelegten privaten Messungen überhaupt die Bedeutung selbst eines bloßen Anhaltspunktes für eine Richtwertüberschreitung beigemessen werden kann. Denn es ist weder bekannt, wer diese Messungen durchgeführt hat, noch über welche Sachkunde er verfügt, noch welche Messgeräte verwendet wurden, sowie welche meteorologischen Bedingungen bei ihrer Durchführung herrschten und ob die Ermittlungen der Geräuschimmissionen auch sonst nach den Vorgaben der Anlage zur TA-Lärm durchgeführt wurden. Mit Gewicht gegen die Brauchbarkeit dieser Messungen spricht ferner, dass für Montag, den 19.9.2005, in der Zeit zwischen 1.00 und 2.00 Uhr eine Häufung hoher Lärmpegel mit Spitzen von über 60 dB(A) ausgewiesen wird (Bl. 82 der Gerichtsakten), obwohl die Anlagen an dem betreffenden Tag von 22.00 Uhr (Anlagen 1 bis 4, siehe Maschinenlogbücher Bl. 209 bis 212 der Behördenakte II) beziehungsweise vor 24.00 Uhr (Anlagen 5 bis 7, siehe Maschinenlogbücher Bl. 348, 365, 378 der Akte I) ausgeschaltet wurden und auch sonst keine Erklärung für die gemessenen hohen Pegel gegeben wird.

Ebenfalls nicht mit Gewissheit auf das Auftreten unzumutbarer Lärmbelästigungen kann aus dem Umstand geschlossen werden, dass es in der Zeit nach Betriebsaufnahme zu einer ganzen Reihe von Anwohnerbeschwerden über von den Windkraftanlagen ausgehendem Lärm gekommen ist und die Anlagenbetreiber unerwartete und atypische Geräuscheinwirkungen auch eingeräumt haben. Denn diese Situation hat sich dadurch geändert, dass in aus Anlass dieser Anwohnerbeschwerden eingeleiteten Untersuchungen die Getriebe einiger Anlagen als Ursache der Geräusche ermittelt und in der Folgezeit ausgetauscht wurden. Von daher kann eine Fortdauer der anfänglichen, von den Betreibern auch eingeräumten Belästigungen nicht unterstellt werden. Zwar bestreiten die Antragsteller, dass die ihrer Ansicht nach unzumutbaren Lärmbelästigungen durch den Austausch der Getriebe beseitigt wurden und legen mit Schriftsatz vom 22.9.2005 im Beschwerdeverfahren Unterlagen vor, wonach Windkraftanlagen des hier in Rede stehenden Typs auch an anderer Stelle durch tonartige Geräusche aufgefallen sein sollen. Das Verwaltungsgericht hat indes auf von den Sachverständigen des TÜV-Süddeutschland festgehaltene Äußerungen von Anwohnern in Wahlen und Rissenthal verwiesen, wonach nach dem Austausch der Getriebe nur noch ein rhythmisches Rauschen verblieben sei, das bei weitem nicht mehr so störe. Diesen Äußerungen kommt entgegen der Ansicht der Antragsteller zumindest insoweit ein gewisses Gewicht zu, als es sich – wie im Falle der Bewohnerin des Anwesens I. in Wahlen, Frau S., - um Anwohner handelt, die sich ursprünglich selbst über Lärmbelästigungen beschwert hatten. Zudem wurden die Anlagengeräusche von den Sachverständigen des TÜV-Süddeutschland, einer ebenfalls bekannt gegebenen sachverständigen Stelle im Sinne von § 26 BImSchG, im Gutachten vom 15.12.2005 anlässlich der Messungen an den IP 12 und IP 13 in Rissenthal zur Nachtzeit als periodisches Rauschen beschrieben, das weder als impuls- noch als ton- oder informationshaltig empfunden wurde. Entgegen der Ansicht der Antragsteller ist diese sachverständige Beurteilung aus den bereits dargelegten Gründen ebenfalls nicht schon deshalb außer Betracht zu lassen, weil das betreffende Gutachten in Erfüllung der Auflage in Kapitel II B Nr. 5 der Genehmigung von den Anlagenbetreibern in Auftrag gegeben wurde. Von daher besteht vorliegend durchaus die Möglichkeit, dass die ursprüngliche Tonhaltigkeit der Anlagengeräusche durch den Getriebeaustausch behoben werden konnte.

Nach dem Ergebnis der hier nur möglichen summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage steht daher keineswegs im Sinne von Offenkundigkeit fest, dass der für das Anwesen der Antragsteller zugrunde gelegte Immissionsrichtwert von 40 dB(A) in der Nachtzeit überschritten wird.

Ebenso wenig kann freilich für das vorliegende Beschwerdeverfahren im Sinne von Offensichtlichkeit angenommen werden, dass er eingehalten wird. Das (Teil-)gutachten des TÜV-Süddeutschland vom 15.12.2005 betrifft die Lärmimmissionen an den Immissionspunkten in Rissenthal. Es hat – wie bereits angesprochen – allenfalls beschränkte Aussagekraft für die Verhältnisse am Anwesen der Antragsteller in Wahlen. Das während des Beschwerdeverfahrens am 13.10.2006 vorgelegte, am 23.8.2006, das heißt nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist erstellte Gutachten des TÜV-Süd betreffend die Messungen der Lärmbelastungen am Immissionsort IP 5 in Wahlen zur Nachtzeit, das zusammenfassend zu dem Ergebnis gelangt, dass an dem maßgeblichen, offenbar in einer geringeren Entfernung als das Anwesen der Antragsteller gelegenen Anwesen I.

vgl. Entfernungsangaben im Schriftsatz der Beigeladenen vom 20.10.2005, Bl. 96 der Akten des Parallelverfahrens 1 F 17/05

ein Beurteilungspegel von 36 dB(A) bis 38 dB(A) auftritt, wobei auf einen Korrekturabzug für Reflexionen bei während der Messungen geschlossenem Schlafzimmerfenster verzichtet wurde, soll hier zu Gunsten der Antragsteller außer Betracht bleiben, obwohl die Eingangs dargelegte Beschränkung des Streitstoffs im Beschwerdeverfahren nach wohl überwiegender Auffassung in der Rechtsprechung nur für Einwände für Beschwerdeführer gegen die erstinstanzliche Entscheidung, nicht jedoch für Umstände gilt, die sich für die Ergebnisrichtigkeit des angefochtenen Beschlusses anführen lassen

vgl. zum Beispiel VGH Mannheim, Beschluss vom 25.11.2004 – 8 S 1870/04 – NVwZ-RR 2006, 75, mit umfangreichen weiteren Nachweisen; OVG Lüneburg, Beschluss vom 28.3.2006 – 7 ME 159/04 – NVwZ-RR 2006, 682.

Zudem bedarf die Frage der Gewährleistung eines hinreichenden Lärmschutzes auch unter Berücksichtigung dieses Gutachtens einer näheren Prüfung und einer eingehenden Würdigung nicht zuletzt mit Blick auf den zwischen den Beteiligten umstrittenen Aspekt der Ton- oder Informationshaltigkeit der Anlagengeräusche auch nach den durchgeführten Getriebewechseln, die den Rahmen des vorliegenden Eilrechtschutzverfahrens überschreiten und dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben müssen.

Die demnach noch offene Frage der Einhaltung des Immissionsrichtwertes von 40 dB(A) zur Nachtzeit brauchte entgegen der Ansicht der Antragsteller nicht im vorliegenden Eilrechtschutzverfahren durch Einholung eines vom Gericht in Auftrag gegebenen Sachverständigengutachtens einer abschließenden Klärung zugeführt werden. Es ist anerkannt, dass in Eilrechtschutzverfahren der vorliegenden Art, obschon auch in diesen Verfahren der Amtsermittlungsgrundsatz gilt, in aller Regel keine umfassende Klärung des Sachverhalts, insbesondere mittels einer förmlichen Beweisaufnahme zu erfolgen hat. Anders würde das Eilrechtschutzverfahren zum Hauptsacheverfahren, ohne dass der in ihm ergehenden Entscheidung eine der Hauptsachentscheidung vergleichbare Bindungswirkung zukommt. Das entspricht nicht dem Sinn des auf die Gewährung von vorläufigem Rechtschutz abzielenden Eilrechtschutzverfahrens

vgl. zum Beispiel Bader u.a., VwGO, 3. Auflage 2005, § 80 Rdnr. 91 m.w.N.

Nichts anderes gilt vorliegend mit Blick auf die – wie zuzugeben ist – ungewöhnlich lange Dauer des erstinstanzlichen Verfahren, das am 28.9.2005 eingeleitet und durch Beschluss vom 26.5.2006 abgeschlossen worden ist. Gesehen werden muss insoweit, dass das erstinstanzliche Verfahren offenbar infolge der Vorlage des Gutachtens vom 15.12.2005 und der Notwendigkeit, zu dieser Änderung der Sachlage rechtliches Gehör zu gewähren, erst im April 2006 (Schriftsatz der Antragsteller vom 12.4.2006) „ausgeschrieben“ war und erst zu diesem Zeitpunkt der vom Verwaltungsgericht zu würdigende Prozessstoff feststand. Hinzu kommt, dass das Verwaltungsgericht von seinem Ansatz her eine offene Rechtslage unter zwei Aspekten angenommen hat, und zwar zum einen wegen der Frage einer Verletzung von eventuell drittschützendem Verfahrensrecht und zum anderen wegen der Frage unzumutbarer Lärmimmissionen (vgl. S. 27 des Beschlussabdrucks). Damit stand für das Verwaltungsgericht im Zeitpunkt seiner Entscheidung noch nicht fest, ob die letztere Frage überhaupt entscheidungserheblich sein würde. Abgesehen hiervon ist gerade bei den vorliegenden Gegebenheiten folgendes zu berücksichtigen: Die Ermittlungen des Ausmaßes des von den Windkraftanlagen auf das Anwesen der Antragsteller einwirkenden Lärms bereitet anders als in Fällen, in denen zum Beispiel Lärmimmissionen konstant arbeitender Maschinen zu ermitteln sind, besondere Schwierigkeiten, da sowohl bestimmte Windstärken als auch bestimmte Windrichtungen (im Falle der Antragsteller aus West beziehungsweise Südwest) gegebenenfalls verbunden mit weiteren meteorologischen Bedingen gegeben sein müssen, um zu aussagekräftigen Ergebnissen zu gelangen. Gerade diese Erfordernisse bringen es mit sich, dass der Zeitbedarf für die Einholung eines Gutachtens und damit auch für die Dauer des gerichtlichen Verfahrens kaum verlässlich kalkulierbar ist, denn Messungen können nur durchgeführt werden, wenn die entsprechenden Verhältnisse vorliegen und der Sachverständige und das Bedienungspersonal zu diesem Zeitpunkt auch zur Verfügung stehen. Bei solchen Gegebenheiten ist die Einholung eines Sachverständigengutachtens mit dem Charakter eines Eilrechtschutzverfahrens nicht zu vereinbaren.

Hat danach das Verwaltungsgericht den Ausgang des Hauptsacheverfahrens zu Recht als offen beurteilt, so ist ihm ferner darin beizupflichten, dass die in diesem Falle vorzunehmende allgemeine Interessenabwägung zu Lasten der Antragsteller ausfällt.

Abzuwägen ist vorliegend zwischen dem Interesse der Antragsteller, bis zu einer abschließenden Entscheidung über die gegen die Anlagengenehmigung erhobene Anfechtungsklage von den nachteiligen Wirkungen des Anlagenbetriebes, insbesondere von den von ihnen als unzumutbar empfundenen Lärmbeeinträchtigungen während der Nachtzeit verschont zu bleiben, einerseits, und dem Interesse der beigeladenen Anlagenbetreiber andererseits, die Anlagen unbehindert von der aufschiebenden Wirkung der Nachbarklage vorläufig nutzen zu dürfen, um mit der Stromerzeugung Einnahmen zu erzielen. Dabei ist die Interessenlage der Anlagenbetreiber vorliegend dadurch gekennzeichnet, dass es für sie nicht wie sonst regelmäßig bei der Nachbaranfechtung von bau- oder immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen „nur“ darum geht, ob das zugelassene Vorhaben umgehend nach Genehmigungserteilung oder verzögert nach Abschluss des Nachbarstreits realisiert wird, sondern darum, dass die Anlagen in Ausnutzung der erteilten Genehmigung vor Einlegung von Nachbarrechtsbehelfen bereits erstellt worden sind und im Falle einer vorläufigen Betriebseinstellung als Folge der Aussetzung der sofortigen Vollziehbarkeit der erteilten Genehmigung keine Einnahmen erzielen, mit denen die getätigten Investitionen und die weiterlaufenden Unterhaltungskosten finanziert werden können. Die gegenüber dem Regelfall veränderte Situation verleiht den Betreiberinteressen zusätzlich Gewicht. Das gilt vorliegend um so mehr, als die Antragsteller während des Verfahrens zur Aufstellung des Bebauungsplanes „Windpark Wahlener Platte“, das ihnen aufgrund der öffentlichen Bekanntmachungen nicht verborgen geblieben sein kann, und auch noch während des Baus der Anlagen, der ihnen in Anbetracht der behaupteten exponierten Standorte nicht entgangen sein kann, keinerlei Einwände erhoben haben, obwohl es für sie aufgrund der örtlichen Gegebenheiten „von Anfang an auf der Hand“ lag, dass es hier „zu besonderen Immissionen kommen müsse“ (vgl. Schriftsatz vom 14.11.2005, S. 5, Bl. 137 der Akten). Unabhängig von der Frage, ob den Antragstellern aufgrund ihres Zuwartens mit der Genehmigungsanfechtung trotz für sie von Anfang an auf der Hand liegender Lärmschutzprobleme der Vorwurf treuwidrigen Verhaltens entgegen gehalten werden kann, müssen sie jedenfalls die nach Bau- und Inbetriebnahme der Anlagen gestiegene Bedeutung der wirtschaftlichen Interessen der beigeladenen Anlagenbetreiber gegen sich geltend lassen. Hinzu kommt, dass sich auch ihr Interesse aufgrund der Fertigstellung der Anlagen vor Einlegung ihres Rechtbehelfs von seinem Gewicht her von dem typischen Nachbarinteresse bei der Anfechtung von Bau- und Anlagengenehmigungen unterscheidet. Für sie geht es nämlich nicht (mehr) darum, mittels einer Aussetzung der sofortigen Vollziehbarkeit der Genehmigung die Ausführung der umstrittenen Anlage(n) und die damit in aller Regel verbundene Herstellung vollendeter oder zumindest selbst im Falle eines Obsiegens in der Hauptsache nur schwer wieder rückgängig zu machender Tatsachen vorläufig zu verhindern, sondern „lediglich“ noch darum, einstweilen von den nachteiligen Wirkungen der Nutzung der bereits ausgeführten Anlagen verschont zu bleiben, die im Falle ihres Obsiegens in der Hauptsache relativ kurzfristig beendet werden kann. Bestehen die nachteiligen Wirkungen des Anlagenbetriebes wie hier in (Geräusch-)Immissionen, so entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes, dass in einer derartigen Konstellation ein überwiegendes Nachbarinteresse an der vorläufigen Unterbindung der Nutzung beziehungsweise des Anlagenbetriebes nur dann anzuerkennen ist, wenn im Raum steht, dass die in Rede stehenden Einwirkungen ganz wesentlich über das im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG Erhebliche hinausgehen und ein solches Ausmaß erreichen, dass dem betroffenen Nachbarn ihre Hinnahme nicht einmal vorübergehend bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache angesonnen werden kann

vgl. zum Beispiel OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 30.7.1991 – 2 W 18/91 -, vom 4.5.1995 – 2 W 9/95 – und vom 12.9.2003 – 1 W 22/03 -.

Dass die durch den Betrieb der Windkraftanlagen der Beigeladenen verursachten Lärmimmissionen am Anwesen der Antragsteller ein solches „qualifiziertes“ Ausmaß erreichen, ist nicht erkennbar. Jedenfalls vorübergehend hinnehmbar sind Beurteilungspegel, die den Immissionsrichtwerten der TA-Lärm für Kerngebiete, Dorfgebiete und Mischgebiete von 60 dB(A) am Tag und 45 dB(A) in der Nacht (Nr. 6.1c TA-Lärm) entsprechen. Denn auch in Dorfgebieten und in Mischgebieten ist Wohnnutzung regelmäßig zulässig (§§ 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3, 6 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BauNVO). Es ist daher davon auszugehen, dass die für derartige Gebiete maßgeblichen Lärmrichtwerte der TA-Lärm ein Wohnen unter zumutbaren Bedingungen sicherstellen, was die Lärmeinwirkungen anbelangt.

Zu berücksichtigen ist ferner, dass obschon die maßgeblichen Immissionsorte für die Ermittlung der Beurteilungspegel nach der TA-Lärm (Nr. 2.3 TA-Lärm) bei bebauten Flächen 0,5 Meter außerhalb vor der Mitte des geöffneten Fensters des vom Geräusch am stärksten betroffenen schutzbedürftigen Raumes nach DIN 4109, Ausgabe 1989, liegen (TA-Lärm, Anhang B 1), das Ziel des Lärmschutzes – sieht man einmal vom Aufenthalt in Außenwohnbereichen ab – darin besteht, in den Gebäuden eine ungestörte Kommunikation am Tage und ein ungestörtes Schlafen in der Nacht zu ermöglichen. Wird weiter berücksichtigt, dass nach dem Stand der Lärmwirkungsforschung zur ungestörten Kommunikation ein Innengeräuschpegel von 45 dB(A) gewährleistet sein muss und Innengeräuschpegel von 30 dB(A) bis 35 dB(A) gemessen am Ohr des Schläfers im schlafgünstigen Bereich liegen (Ticken einer leisen Uhr: 30 dB(A))

vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 9. Auflage 1998, § 15 Rdnrn. 15.2, 18.3, 18.4, 19.1 und 19.3,

und außerdem in die Betrachtung einbezogen, dass zwischen Innen- und Außengeräusch bei geöffnetem Fenster die Pegeldifferenz bis 10 dB(A) bei spaltbreit geöffneten (auf Kipp gestellten) Fenster bis 15 dB(A) und bei geschlossenen Einfachfenstern ca. 20 bis 25 dB(A) beträgt

vgl. Fickert/Fieseler, a.a.O., § 15 Rdnrn. 15.1 und 19.3,

so weist nichts darauf hin, dass der vorliegend jedenfalls als vorübergehend zumutbar anzusehende Beurteilungspegel von 45 dB(A) die Grenze des von Anwohnern Hinnehmbaren überschreitet.

Dass die durch die Windkraftanlagen verursachten Lärmbelastungen am Anwesen der Antragsteller diesen Beurteilungspegel merklich übersteigen, kann vorliegend nicht angenommen werden. Das gilt zunächst für die nach den obigen Ausführungen zum Prüfungsumfang des Beschwerdegerichts maßgebliche Sachlage im Zeitpunkt des Ablaufs der Beschwerdebegründungsfrist, die auch der Beurteilung des Verwaltungsgerichts zugrunde lag. Diese Situation war dadurch gekennzeichnet, dass die dem Anwesen der Antragsteller am nächsten stehenden Windkraftanlagen 1 und 3 nachts nicht in Betrieb waren. Dafür, dass durch den Nachtbetrieb der übrigen 5 Anlagen, die zum Teil über 1200 Meter (Anlage 5) über 1500 Meter (Anlage 6) und über 2000 Meter (Anlage 7)

siehe die Angaben des Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen in dem Parallelverfahren 3 W 6/06 im Schriftsatz vom 20.10.2005, Bl. 96 der Akte 1 F 17/05

vom Anwesen der Antragsteller entfernt stehen, selbst ein Beurteilungspegel von 45 dB(A) nachts merklich überschritten wird, bestehen keinerlei objektive Anhaltspunkte.

Aber auch wenn entgegen der Eingangs vertretenen Ansicht zur Berücksichtigung von Änderungen der Sachlage nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist der Umstand in die Beurteilung einbezogen wird, dass nunmehr der Nachtbetrieb sämtlicher 7 Windkraftanlagen zugelassen ist, ergibt sich keine andere Beurteilung. Die Sachverständigen des TÜV-Süd haben in dem der Zulassung des Nachtbetriebes auch der Anlagen 1 und 3 zugrunde liegenden Gutachten vom 23.8.2006 für den Betrieb sämtlicher sieben Anlagen bei Mit-Windverhältnissen und einer Auslastung im Bereich der Nennleistung für die lauteste Nachtstunde am IP 5, Anwesen I., das etwa 75 Meter näher zu den Anlagen liegt als dasjenige der Antragsteller

vgl. Schriftsatz der Beigeladenen im Parallelverfahren 3 W 6/06 vom 20.10.2005, Bl. 96 der Akten 1 F 17/05,

einen Beurteilungspegel von 38 dB(A) ermittelt, wobei trotz des während der Messungen geschlossenen Schlafzimmerfensters auf einen Abzug zur Korrektur der Auswirkungen von Schallreflexionen an der – geschlossenen – Gebäudeaußenwand verzichtet wurde. Es spricht nichts dafür, dass diese Messungen einen Fehler in der Größenordnung von 7 dB(A) aufweisen und in Wirklichkeit sogar der Nachtrichtwert für Mischgebiete überschritten wird, wobei – um die Größenordnung des Unterschiedes zu verdeutlichen – anzumerken ist, dass eine Pegeldifferenz von 3 dB(A) bezogen auf Straßenverkehrslärm einer Veränderung entspricht, die bei der Verdoppelung oder Halbierung des Verkehrsaufkommens auf einer Straße auftritt

vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 9. Auflage 1998, § 15 Rdnr. 15 .

Zudem liegt der Richtwert von 45 dB(A) über dem Wert, der sich ergäbe, wenn der höchstzulässige Zuschlag für Ton- beziehungsweise Informationshaltigkeit von Geräuschen von 6 dB(A)

vgl. Anhang A zur TA-Lärm Nr. 3.3.5

zu dem ermittelten Beurteilungspegel von 38 dB(A) hinzugerechnet würde. Auf die Berechtigung eines derart hohen Zuschlages weisen nicht einmal die von den Antragstellern vorgelegten Berichte über das Auftreten tonhaltiger Geräusche bei Windkraftanlagen des in Rede stehenden Typs hin.

Hinzu kommt vorliegend folgendes: Die auftretenden Lärmbelästigungen erreichen ihr Maximum bei – bezogen auf das Anwesen der Antragsteller – Mit-Windbetrieb im Bereich der Nennleistung. Weil solche meteorologischen Bedingungen nicht ständig herrschen, treten die maximalen auf das Anwesen der Antragsteller einwirkenden Anlagengeräusche auch nicht ständig und dauerhaft auf, vergleichbar etwa den Geräuschen, die durch den kontinuierlichen Betreib einer Maschine verursacht werden. Sie sind bei anderen Windrichtungen und Windstärken geringer und entfallen in Zeiten von Windstille sogar vollständig. Für die zumindest vorübergehende Zumutbarkeit der durch den Betrieb der Windkraftanlagen verursachten Geräusche sprechen schließlich auch, worauf das Verwaltungsgericht mit Recht hingewiesen hat, die in den Verwaltungsakten festgehaltenen Angaben von zwei Anwohnern aus Rissenthal und Wahlen, wonach nach dem Austausch der Getriebe nur noch ein rhythmisches Rauschen verblieben sei, das „bei weitem nicht mehr so störe“. Die Beachtlichkeit dieser Äußerungen lässt sich vorläufig nicht von der Hand weisen, da – wie bereits angesprochen – jedenfalls einer dieser Anwohner zum Kreis der ursprünglichen Beschwerdeführer gehört.

Fällt danach die im Verfahren nach den §§ 80 Abs. 5, 80 a Abs. 1 Nr. 2 VwGO bei noch offenen Erfolgsaussichten der Hauptsacheklage vorzunehmende allgemeine Interessenabwägung zum Nachteil der Antragsteller aus, so muss es bei der erstinstanzlichen Entscheidung verbleiben.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 2, 162 Abs. 3 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47, 52, 53 Abs. 3 Nr. 2, 63 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Die zuständige Behörde kann anordnen, dass der Betreiber einer genehmigungsbedürftigen Anlage oder, soweit § 22 Anwendung findet, einer nicht genehmigungsbedürftigen Anlage Art und Ausmaß der von der Anlage ausgehenden Emissionen sowie die Immissionen im Einwirkungsbereich der Anlage durch eine der von der zuständigen Behörde eines Landes bekannt gegebenen Stellen ermitteln lässt, wenn zu befürchten ist, dass durch die Anlage schädliche Umwelteinwirkungen hervorgerufen werden. Die zuständige Behörde ist befugt, Einzelheiten über Art und Umfang der Ermittlungen sowie über die Vorlage des Ermittlungsergebnisses vorzuschreiben.

Tenor

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 26. Mai 2006 – 1 F 16/05 – wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen als Gesamtschuldner.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 7.500,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Durch Bescheid vom 14.1.2004 erteilte der Antragsgegner der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen im vereinfachten Verfahren nach § 19 BImSchG die Genehmigung zur Errichtung von 4 Windkraftanlagen des Typs „S77, GE 1,5 sL“ mit je 1,5 MW Nennleistung auf den Grundstücken Gemarkung Wahlen, Flur 12, Parzelle Nr. 146/1, Flur 16, Parzelle Nr. 159/1, Flur 17, Parzelle Nr. 80/1, und Flur 18 Parzelle Nr. 207/1.

Die genehmigten Anlagenstandorte liegen im Geltungsbereich des am 17.7.2003 als Satzung beschlossenen und offenbar am 24.9.2003 abschließend bekannt gemachten vorhabenbezogenen Bebauungsplanes „Windpark Wahlener Platte“ der Gemeinde I-Stadt. Dieser Bebauungsplan weist ein Sondergebiet „Wind“ mit Standorten für insgesamt 7 Windkraftanlagen aus, begrenzt die Gesamthöhe der Anlagen auf maximal 125 Meter, ihre Nabenhöhe auf maximal 85 Meter und ihren Rotorradius auf maximal 40 Meter. Die der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen genehmigten Windkraftanlagen werden unter den Nummern 1-4 geführt. An den drei weiteren Standorten 5, 6 und 7 war einem anderen Betreiber mit Bescheid vom 15.12.2003 die Genehmigung für drei gleich starke Windkraftanlagen erteilt worden.

In dem Genehmigungsbescheid vom 14.1.2004 ist unter Kapitel II B Nr. 4 bestimmt:

„Durch den Betrieb der Windenergieanlagen darf vor den Fenstern von schutzbedürftigen Räumen im 1. OG die nachstehenden Teilimmissionspegel an folgenden maßgeblichen Immissionsorten nicht überschritten werden

Ortsbereich Wahlen 37 dB(A)

Ortsbereich Rissenthal 37 dB(A)

Grundlage für die Ermittlung der Beurteilungspegel ist die TA-Lärm vom 20.8.1998, GMBl. S. 503.“

Unter Kapitel II B Nr. 5 heißt es:

„Spätestens 6 Monate nach Inbetriebnahme der Windfarm ist durch Messungen einer nach §§ 26, 28 BImSchG bekannt gegebenen Messstelle der Nachweis zu führen, dass die o.a. Lärm-Immissions-Richtwerte bezogen auf die schalltechnisch ungünstigste Betriebsart (Windgeschwindigkeit 10 m/s in 10 m Höhe) an allen Aufpunkten eingehalten wird. Der Messbericht ist unmittelbar nach Erhalt der Genehmigungsbehörde unaufgefordert vorzulegen.“

Unter dem 21.1.2005 zeigte die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen die Inbetriebnahme der Windkraftanlagen sowie den Betreiberwechsel auf die Beigeladenen an. Die Betriebsaufnahme der dem anderen Betreiber genehmigten drei Anlagen war unter dem 28.12.2004 für die 52. Kalenderwoche 2004 angezeigt worden.

Nach Betriebsaufnahme beschwerten sich Anwohner aus den Losheimer Ortsteilen Wahlen und Rissenthal über den von den Windkraftanlagen ausgehenden Lärm. In der Folgezeit vorgenommene Untersuchungen zur Abklärung der Lärmursachen führten zum Austausch der Getriebe der Anlagen 1, 2 und 3 und wohl auch der Anlagen 5 und 7.

Am 18.4.2005 erhoben die Antragsteller, Eigentümer des Wohnanwesens I-Straße in Wahlen, das östlich beziehungsweise nordöstlich der Windkraftanlagen liegt, Widerspruch gegen die Genehmigungsbescheide vom 15.12.2003 und vom 14.1.2004. Am 4.5.2005 legten die Antragsteller der Verfahren 3 W 7/06 und 3 W 8/06, Eigentümer des Wohnanwesens A. in Rissenthal, das grob betrachtet westlich der Windkraftanlagen liegt, ebenfalls Widerspruch gegen die vorgenannten Genehmigungsbescheide ein.

Die Widersprüche wurden durch Bescheide vom 28.7.2005 zurückgewiesen. Außerdem wurde auf entsprechende Anträge der Betreiber der Windkraftanlagen die sofortige Vollziehbarkeit der Genehmigungsbescheide angeordnet und – wegen der noch nicht abgeschlossenen Arbeiten zum Getriebeaustausch – die Frist zur Beibringung der gemäß Kapitel II B Nr. 5 der Genehmigungsbescheide geforderten Nachweise bis zum 30.9.2005 verlängert. Ferner ist auf den Antrag der Antragsteller auf Anordnung von Sicherungsmaßnahmen hin für den Betrieb zur Nachtzeit folgende Regelung getroffen:

„a) Bis zum Abschluss der Reparaturarbeiten an den Getrieben der WKA ist der Nachtbetrieb untersagt. Der Abschluss ist dem LUA anzuzeigen und durch Bestätigung der Reparaturfirma beziehungsweise der Herstellerfirma nachzuweisen.

b) Nach Abschluss der Reparaturarbeiten ist der Nachtbetrieb zu Messzwecken zulässig. Ein der Genehmigung entsprechender Nachtbetrieb ist erst nach Vorlage des Nachweises über die Einhaltung der Lärmpegel zulässig.“

Die Widerspruchsbescheide wurden am 10.8.2005 zugestellt. Am 7.9.2005 haben die Antragsteller Klage sowohl gegen den Genehmigungsbescheid vom 15.12.2003 als auch gegen den Genehmigungsbescheid vom 14.1.2004 erhoben.

Am 28.9.2005 haben sie außerdem beim Verwaltungsgericht um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht.

Während des erstinstanzlichen Verfahrens haben die Anlagenbetreiber ein in ihrem Auftrag unter dem 15.12.2005 erstelltes Gutachten des TÜV-Süddeutschland betreffend die Messung von Geräuschimmissionen des „Windparks I-Stadt-Wahlener Platte“ bei Nordost-Windlage an zwei Immissionsorten in Rissenthal, einer davon in der Nähe des Anwesens der Antragsteller der Verfahren 3 W 7/06 und 3 W 8/06, die die Erlaubnis für Messungen auf ihrem Grundstück verweigert hatten, zur Nachtzeit vorgelegt. Dieses Gutachten gelangt zusammenfassend zu dem Ergebnis, für den Gesamtwindpark ergebe sich in der lautesten vollen Nachtstunde bei einer durchgehenden Last von 95 % der Nennlast am IP 12 (Wohnhaus A. im 1. OG) ein Beurteilungspegel von 40 dB(A) und am IP 13 (Wohnhaus A., EG) ein solcher von 39 dB(A).

Der Antragsgegner hat dieses Gutachten zum Anlass genommen, mit Schreiben vom 8.3.2006 den Nachtbetrieb der Anlagen 2, 4, 5, 6 und 7 zuzulassen. Hinsichtlich der Anlagen 1 und 3 durfte ein Nachtbetrieb weiterhin nach vorheriger Absprache mit ihm nur zu Messzwecken erfolgen.

Durch Beschlüsse vom 26.5.2006 hat das Verwaltungsgericht es abgelehnt, den Antragstellern Eilrechtsschutz gegen den Betrieb der umstrittenen Windkraftanlagen zu gewähren. Die Beschlüsse sind am 6.6.2006 zugestellt worden.

Am 19.6.2006 haben die Antragsteller Beschwerde erhoben und diese am 4.7.2006 begründet.

Während des Rechtsmittelverfahrens haben die Anlagenbetreiber den unter dem 23.8.2006 vom TÜV-Süd erstellten zweiten Teil des Gutachtens betreffend Geräuschimmissionen im Einwirkungsbereich des „Windparks I-Stadt-Wahlener Platte“ vorgelegt, der Geräuschimmissionsmessungen bei Südwest-Windlage am Immissionsort IP 5 (Wohnanwesen I.) in Wahlen zur Nachtzeit zum Gegenstand hat. Das Gutachten ermittelte für den Betrieb des Gesamtwindparks für die lauteste Nachtstunde bei einer Last von durchgehend 95 % der Nennlast Beurteilungspegel von – gerundet – maximal 38 dB(A), obwohl die Messung vor geschlossenem statt vor geöffnetem Schlafzimmerfenster durchgeführt wurde, und auf einen Abschlag zur Korrektur der Auswirkungen von Schallreflexionen an der Gebäudefront verzichtet wurde. Bei Zugrundelegung eines Teilbetriebs der Anlagen 1 bis 4 betrug der Pegel ebenfalls gerundet 38 dB(A), während bei einem Teilbetrieb der Anlagen 5 bis 7 Geräuschimmissionen nicht messbar waren, da die betreffenden Messreihen unterhalb oder im Niveau des Fremdgeräuschpegels lagen. Der Antragsgegner verfügte daraufhin, dass nunmehr auch die Anlagen 1 und 3 zur Nachtzeit betrieben werden dürfen.

Das Gericht hat den Prozessbevollmächtigten der Antragsteller unter dem 16.10.2006 eine Kopie des Gutachtens vom 23.8.2006 übersandt und ihnen Gelegenheit zur Äußerung bis zum 2.11.2006 eingeräumt.

II.

Der gemäß § 146 Abs. 4 VwGO statthaften und auch sonst zulässigen Beschwerde kann nicht entsprochen werden.

Das Verwaltungsgericht hat es mit dem angefochtenen Beschluss zu Recht abgelehnt, den Antragstellern vorläufigen Rechtschutz gegen die der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen erteilte Genehmigung vom 14.1.2004 zu gewähren.

Das Beschwerdevorbringen der Antragsteller, das gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO den Umfang der gerichtlichen Nachprüfung in dem vorliegenden Rechtsmittelverfahren begrenzt, rechtfertigt keine andere Entscheidung. Für die Beurteilung ist zunächst davon auszugehen, dass mit den Regelungen des § 146 Abs. 4 Sätze 1, 3 und 6 VwGO, die dem Beschwerdeführer eine Frist von einem Monat zur Einreichung einer Beschwerdebegründung setzen, ferner verlangen, dass die Beschwerdebegründung die Gründe darlegt, aus denen die erstinstanzliche Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzt, und die die beschwerdegerichtliche Nachprüfung auf die (fristgerecht) vorgetragenen Beschwerdegründe begrenzen, das gesetzgeberische Ziel verfolgt, im Interesse einer beschleunigten Abwicklung von Eilrechtschutzverfahren den Streitstoff im Rechtsmittelverfahren betreffend Beschwerden gegen Beschlüsse nach den §§ 80, 80 a VwGO sowie § 123 VwGO zu beschränken. Diese Einschränkung hindert den Beschwerdeführer zwar nicht daran, auch Änderungen der Sach- und Rechtslage geltend zu machen, die nach Ergehen der erstinstanzlichen Entscheidung und vor Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO eingetreten sind. Änderungen der Sach- und Rechtslage nach Fristablauf können seinem Rechtsmittel hingegen nicht mehr zum Erfolg verhelfen. Ihre Berücksichtigung liefe den Regelungen des § 146 Abs. 4 Sätze 1, 3 und 6 VwGO und der damit verfolgten gesetzgeberischen Zielsetzung zuwider

vgl. zum Beispiel Bader u.a., VwGO, 3. Auflage 2005, § 146 Rdnr. 36; Redeker/von Oertzen, VwGO, 14. Auflage 2004, § 146 Rdnr. 22; Meyer-Ladewig/Rudisile in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 146 Rdnr. 15; VGH Mannheim, Beschluss vom 8.11.2004 – 9 S 1536/04; im Übrigen auch BVerwG, Beschluss vom 12.11.2002 – 7 AV 4/02 – NVwZ 2003, 496 zu § 124 a Abs. 4 Satz 3 VwGO; anderer Ansicht unter Hinweis auf die Prozessökonomie Happ in Eyermann, VwGO, 12. Auflage 2006, § 146 Rdnr. 26; Kopp/Schenke, VwGO, 14. Auflage 2005, § 146 Rdnr. 32.

In derartigen Fällen bleibt dem Beschwerdeführer die Möglichkeit, gemäß § 80 Abs. 7 VwGO einen Abänderungsantrag oder in Fallgestaltungen, in denen ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt wurde, einen neuen Antrag zu stellen. Von daher ist es für die im Beschwerdeverfahren zu treffende Entscheidung ohne Belang, dass der Antragsgegner nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist nunmehr den Nachtbetrieb auch der Anlagen 1 und 3 zugelassen hat.

Mit ihrem innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist bei Gericht eingegangenem Vorbringen wenden die Antragsteller zunächst ein, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht angenommen, die im Widerspruchsbescheid enthaltene Begründung der Vollzugsanordnung genüge den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO, und hierbei unberücksichtigt gelassen, dass die Anlagenbetreiber ihre Anträge auf Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit nur mit der Notwendigkeit der Durchführung von Messungen begründet hätten, die getroffene Regelung indes darüber hinaus gehe, indem sie einen Dauerbetrieb erlaube. Im Übrigen erfülle die Begründung der Vollzugsanordnung nicht einmal die Mindestanforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO. So würden beispielsweise ohne irgendwelche Beträge in den Raum zu stellen, die wirtschaftlichen Nachteile einer Betriebseinstellung als durchgreifend bewertet. Diese Rügen greifen nicht durch. Zunächst trifft es nicht zu, dass die Anlagenbetreiber ihre Anträge auf Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit der ihnen erteilten Genehmigungen nur mit der Notwendigkeit von Messungen begründet hätten. In der Antragsbegründung vom 12.7.2005 (Bl. 183 der Verw.-Akten II) wird nämlich geltend gemacht, die erteilte Genehmigung sei rechtmäßig, die Anlagen seien bereits errichtet und längere Zeit in Betrieb. Die Ablehnung der Vollzugsanordnung würde Existenz bedrohenden Charakter für die jeweiligen Anlagenbetreiber haben. Lediglich als zusätzlicher Aspekt ist angeführt, die Umsetzung des Maßnahmenkatalogs zur Beseitigung der aufgetretenen atypischen Geräusche bedinge, dass sich die Anlagen in Betrieb befänden. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Beschluss (Seiten 16 und 17) die ausführliche Begründung der Vollzugsanordnung wiedergegeben und zutreffend ausgeführt, diese Begründung erschöpfe sich nicht in einer bloßen Wiedergabe des Gesetzestextes oder in einer Bezugnahme auf den Ausgangsbescheid; sie lasse vielmehr erkennen, dass die Anordnung nach sorgfältiger Abwägung der widerstreitenden Interessen getroffen und nach dem Ergebnis der Abwägung den Betreiberinteressen der Vorrang eingeräumt worden sei. Es hat weiter darauf abgestellt, dass es für die Erfüllung der Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO ohne Bedeutung sei, ob die Begründung der Vollzugsanordnung inhaltlich zutreffe, da das Gericht im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO eine originäre Ermessensentscheidung treffe und keine Inhaltskontrolle der Begründung des Sofortvollzuges vornehme. Diese Würdigung steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes

vgl. zum Beispiel OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 1.3.1995 – 2 W 63/04 -, vom 6.11.2002 – 2 U 9/02 -, und vom 22.8.2001 – 2 W 1/01 -

Danach sind die Anforderungen, die § 80 Abs. 3 VwGO an die Begründung einer Vollzugsanordnung stellt, eher formaler Natur. Ihnen ist in aller Regel – und auch hier – Rechnung getragen, wenn sich die Behörde über ihre bloße und mit Blick auf das Rechtsstaatsprinzip des § 20 Abs. 3 GG selbstverständliche Überzeugung, der von ihr erlassene Verwaltungsakt sei rechtmäßig, hinaus mit den gegenläufigen, von der sofortigen Vollziehbarkeit betroffenen Interessen auseinandersetzt, auf dieser Grundlage ihre Entscheidung trifft und so zum Ausdruck bringt, dass sie sich der Abweichung vom Regelfall des § 80 Abs. 1 VwGO bewusst ist. Diesen Anforderungen entspricht die hier umstrittene Vollzugsanordnung, wobei bei dieser Würdigung zu berücksichtigen ist, dass hier die Vollzugs- und die „Sicherungsanordnung“, die erstere einschränkt, als Einheit gesehen werden müssen, da sich beide als Ergebnis der vorgenommenen Abwägung darstellen. Danach hat die Widerspruchsbehörde zum einen darauf abgestellt, dass die Windkraftanlagen zur Vornahme der geforderten Schallimmissionsmessungen in Betrieb sein müssen. Außerdem ist sie davon ausgegangen, dass die im Genehmigungsbescheid festgelegten Schallimmissionswerte während der Tageszeit eingehalten werden, und hat deshalb keinen Grund gesehen, den Betrieb der Anlagen tagsüber zu untersagen. Ferner hat sie es „im Hinblick auf die seitens der Antragsteller bereits getätigten Investitionen und die laufenden Betriebskosten“ für unverhältnismäßig erachtet, den Betrieb „zum jetzigen Zeitpunkt“ vollständig einzustellen. Dass sie in diesem Zusammenhang keine Beträge angeführt hat, ist unschädlich, da auf der Hand liegt, dass die Errichtung von vier beziehungsweise insgesamt sieben Windkraftanlagen mit jeweils 1,5 MW Leistung beträchtliche Investitionen erfordert hat und dem Betreiber erhebliche wirtschaftliche Nachteile entstehen, wenn die Anlagen bis zum rechtskräftigen Abschluss der eingeleiteten Rechtsbehelfsverfahren nicht betrieben und keine Einnahmen zur Kostendeckung erzielt werden können. Auf der anderen Seite hat die Widerspruchsbehörde auch die Nachbarinteressen nicht aus dem Blick verloren, indem sie den Nachtbetrieb der Anlagen bis zum Abschluss der Reparaturarbeiten an den Getrieben untersagt, nach Abschluss dieser Arbeiten einen Nachtbetrieb zunächst nur zu Messzwecken erlaubt und die endgültige Zulassung des Nachtbetriebes erst für den Fall der Vorlage des Nachweises über die Einhaltung der Lärmpegel in Aussicht gestellt hat. Diese Erwägungen genügen jedenfalls den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO. Ob sie die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit des angefochtenen Genehmigungsbescheides auch inhaltlich rechtfertigen ist – wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat – für die Erfüllung dieser Anforderungen ohne Belang.

Dem Verwaltungsgericht ist im Weiteren darin zu folgen, dass der Ausgang der Klageverfahren derzeit noch offen ist. Einigkeit dürfte zwischen den Beteiligten darüber bestehen, dass die Klage der Antragsteller gegen den Genehmigungsbescheid nur dann Erfolg haben kann, wenn die angefochtene Genehmigung gegen auch ihren Schutz bezweckende Vorschriften des öffentlichen Rechts verstößt. Nicht in diesem Sinne drittschützend wirken Vorschriften, die ausschließlich öffentlichen Belangen Rechnung tragen. Dazu gehören – worauf das Verwaltungsgericht zu Recht hingewiesen hat – Vorschriften, die Belange der Raumordnung, des Natur- und des Landschaftsschutzes beziehungsweise des Artenschutzes regeln und die eine Verunstaltung der Landschaft verbieten.

Zugunsten der Antragsteller als offen ist zunächst die Beantwortung der Frage anzusehen, ob den Antragstellern unter verfahrensrechtlichen Gesichtspunkten ein Anspruch auf Aufhebung der angefochtenen Genehmigung zusteht. Voraussetzung hierfür wäre hier nicht nur, dass über den Genehmigungsantrag nach dem im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung maßgeblichen Recht nicht im vereinfachten Verfahren nach § 19 BImSchG, sondern im förmlichen Verfahren nach § 10 BImSchG mit Öffentlichkeitsbeteiligung zu entscheiden war, sondern auch, dass Dritte – gegebenenfalls nach einer gemeinschaftsrechtliche Vorgaben berücksichtigenden Auslegung – einen Anspruch auf Durchführung des zutreffenden Genehmigungsverfahrens einschließlich Öffentlichkeitsbeteiligung haben. Das Verwaltungsgericht hat indes zu Recht darauf hingewiesen, dass aufgrund der zum 1.7.2005 in Kraft getretenen Änderung der Nr. 1.6 des Anhangs zur 4. BImSchV durch die Verordnung zur Änderung der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen und zur Änderung der Anlage 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung vom 20.6.2005 (BGBl. I S. 1687) nunmehr über die Genehmigung von Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 Metern im Verfahren nach § 19 BImSchG – ohne Öffentlichkeitsbeteiligung – zu entscheiden ist, es sei denn, nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung ist ein Verfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 c der 4. BImSchV).

Entgegen der Ansicht der Antragsteller spricht allenfalls wenig dafür, dass diese zum 1.7.2005 wirksam gewordene Rechtsänderung vorliegend außer Betracht zu bleiben hat und auf das im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung geltende Verfahrensrecht abzustellen ist. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist jedenfalls für das öffentliche Baurecht anerkannt, dass nachträgliche Rechtsänderungen zu Gunsten des Bauherrn beachtlich sind

vgl. zum Beispiel BVerwG, Beschluss vom 23.4.1998, Baurecht 1998, 995,

und auch in der vorliegenden Konstellation leuchtet nicht ein, den Antragstellern deshalb einen Anspruch auf Aufhebung der Genehmigung zuzubilligen, weil der Antragsgegner den im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung für die Bestimmung des Genehmigungsverfahrens maßgeblichen Begriff der Windfarm (Anhang zur 4. BImSchV Nr. 1.6, Spalten 1 und 2 in der bis zum 30.6.2005 maßgeblichen Fassung) unzutreffend ausgelegt und kein Verfahren nach § 10 BImSchG durchgeführt hat, wenn über einen nach Aufhebung der Genehmigung zu erwartenden neuen Genehmigungsantrag aufgrund der zum 1.7.2005 wirksam gewordenen Rechtsänderung erneut im Verfahren nach § 19 BImSchG zu entscheiden wäre.

Eine andere Frage ist, ob für die Genehmigung der Anlagen nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen und deshalb über den Genehmigungsantrag im förmlichen Verfahren nach § 10 BImSchG zu entscheiden war (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 c, aa der 4. BImSchV a.F.) und ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 c der 4. BImSchV n.F.). Nach Nr. 1.6.2 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung in der bis zum 30.6.2005 geltenden Fassung bedurfte die Errichtung von 6 bis weniger als 20 Windkraftanlagen einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls gemäß § 3 c Abs. 1 Satz 1 UVPG. Die ab 1.7.2005 maßgebliche Neufassung dieser Anlage 1 stellt in Nr. 1.6 nunmehr auf die Errichtung und den Betrieb einer Windfarm mit Anlagen mit einer Gesamthöhe von jeweils mehr als 50 Metern ab. Ansonsten hat sich nichts geändert. Es bleibt damit beim Erfordernis einer allgemeinen Vorprüfung nach § 3 c Abs. 1 Satz 1 UVPG. Eine solche allgemeine Vorprüfung hat vorliegend stattgefunden. Sie hat zu dem Ergebnis geführt, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorliegend nicht durchzuführen ist. Von daher hätte die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung allenfalls dann bestanden, wenn der Antragsgegner rechtsfehlerhaft nach den Kriterien des § 3 c Abs. 1 Satz 1 UVPG das Erfordernis einer solchen Prüfung verneint hätte. Da nach der betreffenden Bestimmung die „Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung“ maßgeblich ist, also auch Raum für „Ungenauigkeiten“ besteht

vgl. Peter/Balla, UVPG, 3. Auflage 2006, § 3 c Rdnr. 4,

spricht derzeit allenfalls wenig dafür, dass dem Antragsgegner insoweit ein entscheidungserheblicher Rechtsfehler unterlaufen ist. Jedenfalls bedürfte es zu einer dahingehenden Feststellung einer eingehenden Auseinandersetzung mit der durchgeführten allgemeinen Vorprüfung, die dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben muss. Hiervon ausgehend hat das Verwaltungsgericht die Frage, ob den Antragstellern ein Abwehrrecht aufgrund eines Verstoßes gegen drittschützende Vorschriften des Genehmigungsverfahrens zusteht, zu Recht als offen angesehen.

Nichts anderes gilt hinsichtlich der Frage, ob die angefochtene Genehmigung in materiell-rechtlicher Hinsicht gegen auch den Schutz der Antragsteller bezweckende Vorschriften verstößt.

Soweit die Antragsteller, offenbar unter Berufung auf das von ihnen im erstinstanzlichen Verfahren geltend gemacht baurechtliche Gebot der Rücksichtnahme vorbringen, die Drehbewegungen der Rotoren der Windkraftanlage hätten als Blickfang nicht außer Betracht bleiben, sondern in der Abwägung berücksichtigt werden müssen, ist zu bemerken: Die umstrittenen Windkraftanlagen sind im Geltungsbereich des vorhabenbezogenen Bebauungsplanes „Windpark Wahlener Platte“ der Gemeinde I-Stadt errichtet worden. Von der Gültigkeit dieses Bebauungsplanes ist für das vorliegende Verfahren auszugehen, da in den nur auf die summarische Überprüfung der Sach- und Rechtslage ausgerichteten Antragsverfahren nach den §§ 80, 80 a und 123 VwGO in aller Regel kein Raum für eine inzidente Normenkontrolle ist. Vielmehr ist im Grundsatz von der Verbindlichkeit der als Rechtsnorm (Satzung) erlassenen planerischen Festsetzungen auszugehen

vgl. zum Beispiel OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 13.4.1993 – 2 W 5/93 – BRS 55 Nr. 189, und vom 31.7.2006 – 2 W 3/06 -.

Etwas anderes mag allenfalls dann gelten, wenn die betreffenden Satzungsregelungen bereits nach dem Ergebnis einer überschlägigen Prüfung mit Sicherheit oder aller Voraussicht nach unwirksam sind. Für einen solchen Sonderfall ist indes hier nichts dargetan. Mit den Festsetzungen des Bebauungsplanes, die auf der Grundlage einer entsprechenden Abwägung und Entscheidung des Gemeinderates von I-Stadt als demokratisch legitimiertem Beschlussorgan dieser Gemeinde getroffen wurden, stehen die umstrittenen Windkraftanlagen in Einklang. Das wird offenbar auch von den Antragstellern nicht in Frage gestellt. Nach den betreffenden Festsetzungen sind die Anlagen an ihren Standorten, mit den erreichten Naben- und Gesamthöhen und mit den realisierten Rotordurchmessern danach planungsrechtlich zulässig und die von ihnen ausgehenden optischen Einwirkungen grundsätzlich hinzunehmen. Hiervon musste auch der Antragsgegner als Genehmigungsbehörde ausgehen, den diese planerischen Festsetzungen ebenfalls binden. Zwar bestimmt § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO, dass die in den §§ 2 bis 14 BauNVO aufgeführten baulichen Anlagen im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes unzulässig sind, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets in dem Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind. Es ist jedoch anerkannt, dass gestützt auf diese Regelung, die insoweit eine Ausprägung des Gebotes der Rücksichtnahme darstellt, die Festsetzungen eines Bebauungsplanes nur ergänzt, nicht aber korrigiert werden können

BVerwG, Beschluss vom 6.3.1989 – 4 NB 8.89 – Baurecht 1989, 306.

Das bedeutet, lässt wie hier ein Bebauungsplan, der ein Sondergebiet für Windkraftanlagen ausweist, auf der Grundlage einer entsprechenden planerischen Abwägung an genau festgelegten Standorten Windkraftanlagen in den von den Anlagenbetreibern realisierten Dimensionen durch entsprechende detaillierte Festsetzungen ausdrücklich zu, so kann gegenüber der Genehmigung solcher plankonformer Anlagen nicht mit Erfolg vorgebracht werden, sie verursachten mit ihrer Dimensionierung an den planerisch zugelassenen Standorten unzumutbare Einwirkungen (zum Beispiel im Sinne einer erdrückenden Wirkung) im Verständnis von § 15 BauNVO. In einem solchen Falle würde nämlich die gemeindliche Planung über § 15 BauNVO in unzulässiger Weise ausgehebelt. Eine andere Frage ist freilich, ob die planerische Entscheidung, an den betreffenden Standorten Windkraftanlagen in der hier in Rede stehenden Dimensionierung zuzulassen, auf einer rechtmäßigen Abwägung beruht und der betreffende Plan gültig ist. Ihr ist indes – wie dargelegt – in Verfahren der vorliegenden Art nicht im Einzelnen nachzugehen.

Was die von den Windkraftanlagen verursachten Lärmeinwirkungen auf das Wohnanwesen der Antragsteller anbelangt, so hat das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf einschlägige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zutreffend ausgeführt, dass das in bauplanungsrechtlichen Vorschriften verankerte Rücksichtnahmegebot keinen weitergehenden Schutz vor Lärmimmissionen gewährt als § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG. Die letztgenannte Bestimmung hat es dann entgegen der Darstellung der Antragsteller durchaus als drittschützend wirkende Norm geprüft (vgl. Seiten 22 und 23 des Beschlussabdruckes) und sich in diesem Zusammenhang unter anderem mit dem der Genehmigung zugrunde liegenden schalltechnischen Prognosegutachten des Ingenieur- und Beratungsbüros K. vom 25.2.2003 und mit den rechtlichen Wirkungen der Nebenbestimmungen in Kapitel II B Nr. 4 der Genehmigung auseinandergesetzt, mit der unter anderem für die Ortsbereiche Wahlen und Rissenthal Teilimmissionspegel von jeweils 37 dB(A) festgesetzt werden (vgl. Seiten 24 und 25 des Beschlussabdrucks). Dass das Verwaltungsgericht nach dieser – in Verfahren der vorliegenden Art nur überschlägigen – Prüfung zu dem Ergebnis gelangt ist, die Klärung der Frage einer unzumutbaren Betroffenheit der Antragsteller durch von den umstrittenen Windkraftanlagen verursachte Lärmimmissionen müsse dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben mit der Folge, dass auch insoweit von einer offenen Rechtslage auszugehen sei, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Näher klärungsbedürftig ist bereits im Ansatz, ob und gegebenenfalls auf welche Weise in den den Anlagenbetreibern erteilten Genehmigungen der Schutz der Anwohner vor unzumutbaren Lärmbelästigungen sicherzustellen ist und welches Schutzniveau die Antragsteller einfordern können. Der Antragsgegner hat unter Kapitel II B Nr. 4 der Genehmigungsbescheide unter anderem für die Ortsbereiche von Wahlen und Rissenthal Teilimmissionspegel von jeweils 37 dB(A) festgelegt, „die vor den Fenstern von schutzbedürftigen Räumen im 1. OG“ nicht überschritten werden dürfen. Das Verwaltungsgericht hat diese Festlegungen trotz ihres auf eine Schutzauflage hinweisenden Wortlauts nicht als drittschützend angesehen (S. 24 des Beschlussabdruckes)

vgl. zur Festlegung von Lärmwerten in einer Nebenbestimmung zu einer Baugenehmigung zum Beispiel BVerwG, Urteil vom 29.10.1998 – 4 C 9/97 – zitiert nach Juris,

sondern offenbar ausgehend von der Lage des Anwesens der Antragsteller in einem durch Bebauungsplan festgesetzten allgemeinen Wohngebiet auf den Immissionsrichtwert für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden in allgemeinen Wohngebieten von 40 dB(A) gemäß Nr. 6.1 d der technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm – TA-Lärm – vom 26.8.1998 (GMBl. 1998, 503) abgestellt. Ob diese Sicht dem Umstand hinreichend Rechnung trägt, dass es sich bei dem Richtwert von 40 dB(A) vorliegend um einen Summenpegel handelt, der von den Immissionen von insgesamt sieben, mit zwei Genehmigungen zugelassenen Windkraftanlagen nicht überschritten werden darf, und sich von daher die Frage stellt, ob der Antragsgegner mit der Festschreibung der Teilimmissionspegel wirklich ein verglichen mit den einschlägigen Richtwerten der TA-Lärm höheres Schutzniveau fordern wollte, oder ob es ihm lediglich um die Aufteilung des als Richtwert maßgeblichen Beurteilungspegels von 40 dB(A) auf die beiden (damaligen) Genehmigungsinhaber ging, bedarf indes im vorliegenden Beschwerdeverfahren ebenso wenig der näheren Klärung wie die Frage, in welchem Umfang und auf welche Weise Lärmschutz in Fallgestaltungen zu gewährleisten ist, in denen Lärmimmissionen durch mehrere Anlagen verschiedener Betreiber verursacht werden. Denn die Antragsteller haben diesen rechtlichen Ansatz mit ihrer Beschwerdebegründung nicht, jedenfalls nicht substantiiert in Frage gestellt.

Ausgehend davon, dass der Immissionsrichtwert von 40 dB(A) zur Nachtzeit gemäß Nr. 6.1 d der TA-Lärm das Schutzniveau beschreibt, dessen Einhaltung die Antragsteller gegenüber den vom Betrieb sämtlicher sieben Windkraftanlagen verursachten Geräuschimmissionen beanspruchen können, dürfte es entscheidend darauf ankommen, ob dieser Richtwert vorliegend überschritten wird. Das ist nach dem Ergebnis der summarischen Überprüfung im vorliegenden Eilverfahren noch offen, insbesondere kann nach dem derzeitigen Erkenntnisstand keine Rede davon sein, dass die unzumutbare Beeinträchtigung der Wohnnutzung auf dem Anwesen der Antragsteller durch von den Windkraftanlagen verursachten Lärm offenkundig ist. In der während des Genehmigungsverfahrens vorgelegten gutachterlichen Stellungnahme des Ingenieur- und Beratungsbüros K. vom 25.2.2003 wird die Einhaltung der Lärmrichtwerte prognostiziert. Dass diese Prognose offenkundig fehlerhaft erstellt wäre, kann nicht angenommen werden. Bei dem Ingenieurbüro K. handelt es sich ausweislich des Widerspruchsbescheides vom 28.7.2005 (S. 19) um eine gemäß § 26 BImSchG benannte Stelle, so dass von der erforderlichen Sachkunde für die Erstellung von Lärmimmissionsprognosen im Grundsatz ausgegangen werden kann.

Entgegen der Ansicht der Antragsteller hat diese sachverständige Stellungnahme nicht schon deshalb außer Betracht zu bleiben, weil sie im Auftrag der Anlagenbetreiber gefertigt wurde. Zum einen ist es grundsätzlich Sache der Anlagenbetreiber, die Genehmigungsunterlagen vorzulegen, und wenn hierzu eine Immissionsprognose gehört, liegt auf der Hand, dass diese von den Betreibern in Auftrag gegeben wird. Daraus lässt sich für sich allein noch kein Einwand gegen die Aussagekraft der hier in Rede stehenden gutachterlichen Stellungnahme herleiten. Zum anderen ist die Vorlage von im Betreiberauftrag erstellten Immissionsprognosen und –messungen dem Regelungssystem des BImSchG nicht fremd, das zum Beispiel neben der behördlichen (§ 52 BImSchG) auch die so genannte betreibereigene Überwachung von Anlagen (vgl. zum Beispiel §§ 26 bis 29 BImSchG) vorsieht. Dem Erfordernis der Gewährleistung der Objektivität von im Auftrag von Anlagenbetreibern durchgeführten Messungen und Begutachtungen wird unter anderem dadurch Rechnung getragen, dass die von der Anlage ausgehenden Emissionen sowie die Immissionen im Einwirkungsbereich der Anlage durch eine von der nach Landesrecht zuständigen Behörde bekannt gegebenen Stelle zu ermitteln sind. Zu den Voraussetzungen für eine solche „Bekanntgabe“ gehören nicht nur Anforderungen an die Fachkunde und das Personal der betreffenden Stelle, sondern auch die Zuverlässigkeit des Leiters und der Bediensteten sowie ihre Unabhängigkeit. Die erforderliche Zuverlässigkeit ist unter anderem dann nicht (mehr) gegeben, wenn Ermittlungsergebnisse vorsätzlich zum Vor- oder Nachteil eines Anlagenbetreibers verändert oder nicht vollständig wiedergegeben werden

vgl. Richtlinie für die Bekanntgabe sachverständiger Stellen im Bereich des Immissionsschutzes in der Fassung des LAI-Beschlusses der 106. Sitzung vom 30.9. bis 2.10.2003, Bl. 199 der Gerichtsakten.

Rechtfertigt es danach der Status eines Sachverständigen als „bekannt gegebene Stelle“ im Verständnis von § 26 BImSchG zumindest prinzipiell, von seiner hierfür erforderlichen Objektivität und Unabhängigkeit auszugehen, so kann seine sachverständige Äußerung nicht allein deshalb als „Gefälligkeitsgutachten“ abgetan werden, weil er im Auftrage des Anlagenbetreibers tätig geworden ist. Ob die hier von dem Ingenieur- und Beratungsbüro K. erstellte Lärmprognose fachlich „auf der sicheren Seite“ liegt, bedarf, worauf das Verwaltungsgericht mit Recht hingewiesen hat (S. 25 des Beschlussabdrucks), noch der näheren Klärung.

Von einer offensichtlichen Überschreitung des Lärmrichtwertes von 40 dB(A) kann insbesondere nicht aufgrund der Ergebnisse der privat veranlassten Messungen am Anwesen A. in Rissenthal ausgegangen werden. Abgesehen von der Frage, ob Lärmmessungen an diesem Standort überhaupt eine zuverlässige Aussage über die Lärmbelastung am Anwesen I-Straße in Wahlen erlauben, eine Frage übrigens, die auch gegenüber der Aussagekraft der Ergebnisse der ebenfalls an zwei Immissionsorten in Rissenthal durchgeführten Messungen im Gutachten des TÜV-Süddeutschland vom 15.12.2005 für die Verhältnisse am Anwesen der Antragsteller aufzuwerfen ist, bestehen nämlich ganz erhebliche Bedenken, ob diesen von den Antragstellern vorgelegten privaten Messungen überhaupt die Bedeutung selbst eines bloßen Anhaltspunktes für eine Richtwertüberschreitung beigemessen werden kann. Denn es ist weder bekannt, wer diese Messungen durchgeführt hat, noch über welche Sachkunde er verfügt, noch welche Messgeräte verwendet wurden, sowie welche meteorologischen Bedingungen bei ihrer Durchführung herrschten und ob die Ermittlungen der Geräuschimmissionen auch sonst nach den Vorgaben der Anlage zur TA-Lärm durchgeführt wurden. Mit Gewicht gegen die Brauchbarkeit dieser Messungen spricht ferner, dass für Montag, den 19.9.2005, in der Zeit zwischen 1.00 und 2.00 Uhr eine Häufung hoher Lärmpegel mit Spitzen von über 60 dB(A) ausgewiesen wird (Bl. 82 der Gerichtsakten), obwohl die Anlagen an dem betreffenden Tag von 22.00 Uhr (Anlagen 1 bis 4, siehe Maschinenlogbücher Bl. 209 bis 212 der Behördenakte II) beziehungsweise vor 24.00 Uhr (Anlagen 5 bis 7, siehe Maschinenlogbücher Bl. 348, 365, 378 der Akte I) ausgeschaltet wurden und auch sonst keine Erklärung für die gemessenen hohen Pegel gegeben wird.

Ebenfalls nicht mit Gewissheit auf das Auftreten unzumutbarer Lärmbelästigungen kann aus dem Umstand geschlossen werden, dass es in der Zeit nach Betriebsaufnahme zu einer ganzen Reihe von Anwohnerbeschwerden über von den Windkraftanlagen ausgehendem Lärm gekommen ist und die Anlagenbetreiber unerwartete und atypische Geräuscheinwirkungen auch eingeräumt haben. Denn diese Situation hat sich dadurch geändert, dass in aus Anlass dieser Anwohnerbeschwerden eingeleiteten Untersuchungen die Getriebe einiger Anlagen als Ursache der Geräusche ermittelt und in der Folgezeit ausgetauscht wurden. Von daher kann eine Fortdauer der anfänglichen, von den Betreibern auch eingeräumten Belästigungen nicht unterstellt werden. Zwar bestreiten die Antragsteller, dass die ihrer Ansicht nach unzumutbaren Lärmbelästigungen durch den Austausch der Getriebe beseitigt wurden und legen mit Schriftsatz vom 22.9.2005 im Beschwerdeverfahren Unterlagen vor, wonach Windkraftanlagen des hier in Rede stehenden Typs auch an anderer Stelle durch tonartige Geräusche aufgefallen sein sollen. Das Verwaltungsgericht hat indes auf von den Sachverständigen des TÜV-Süddeutschland festgehaltene Äußerungen von Anwohnern in Wahlen und Rissenthal verwiesen, wonach nach dem Austausch der Getriebe nur noch ein rhythmisches Rauschen verblieben sei, das bei weitem nicht mehr so störe. Diesen Äußerungen kommt entgegen der Ansicht der Antragsteller zumindest insoweit ein gewisses Gewicht zu, als es sich – wie im Falle der Bewohnerin des Anwesens I. in Wahlen, Frau S., - um Anwohner handelt, die sich ursprünglich selbst über Lärmbelästigungen beschwert hatten. Zudem wurden die Anlagengeräusche von den Sachverständigen des TÜV-Süddeutschland, einer ebenfalls bekannt gegebenen sachverständigen Stelle im Sinne von § 26 BImSchG, im Gutachten vom 15.12.2005 anlässlich der Messungen an den IP 12 und IP 13 in Rissenthal zur Nachtzeit als periodisches Rauschen beschrieben, das weder als impuls- noch als ton- oder informationshaltig empfunden wurde. Entgegen der Ansicht der Antragsteller ist diese sachverständige Beurteilung aus den bereits dargelegten Gründen ebenfalls nicht schon deshalb außer Betracht zu lassen, weil das betreffende Gutachten in Erfüllung der Auflage in Kapitel II B Nr. 5 der Genehmigung von den Anlagenbetreibern in Auftrag gegeben wurde. Von daher besteht vorliegend durchaus die Möglichkeit, dass die ursprüngliche Tonhaltigkeit der Anlagengeräusche durch den Getriebeaustausch behoben werden konnte.

Nach dem Ergebnis der hier nur möglichen summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage steht daher keineswegs im Sinne von Offenkundigkeit fest, dass der für das Anwesen der Antragsteller zugrunde gelegte Immissionsrichtwert von 40 dB(A) in der Nachtzeit überschritten wird.

Ebenso wenig kann freilich für das vorliegende Beschwerdeverfahren im Sinne von Offensichtlichkeit angenommen werden, dass er eingehalten wird. Das (Teil-)gutachten des TÜV-Süddeutschland vom 15.12.2005 betrifft die Lärmimmissionen an den Immissionspunkten in Rissenthal. Es hat – wie bereits angesprochen – allenfalls beschränkte Aussagekraft für die Verhältnisse am Anwesen der Antragsteller in Wahlen. Das während des Beschwerdeverfahrens am 13.10.2006 vorgelegte, am 23.8.2006, das heißt nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist erstellte Gutachten des TÜV-Süd betreffend die Messungen der Lärmbelastungen am Immissionsort IP 5 in Wahlen zur Nachtzeit, das zusammenfassend zu dem Ergebnis gelangt, dass an dem maßgeblichen, offenbar in einer geringeren Entfernung als das Anwesen der Antragsteller gelegenen Anwesen I.

vgl. Entfernungsangaben im Schriftsatz der Beigeladenen vom 20.10.2005, Bl. 96 der Akten des Parallelverfahrens 1 F 17/05

ein Beurteilungspegel von 36 dB(A) bis 38 dB(A) auftritt, wobei auf einen Korrekturabzug für Reflexionen bei während der Messungen geschlossenem Schlafzimmerfenster verzichtet wurde, soll hier zu Gunsten der Antragsteller außer Betracht bleiben, obwohl die Eingangs dargelegte Beschränkung des Streitstoffs im Beschwerdeverfahren nach wohl überwiegender Auffassung in der Rechtsprechung nur für Einwände für Beschwerdeführer gegen die erstinstanzliche Entscheidung, nicht jedoch für Umstände gilt, die sich für die Ergebnisrichtigkeit des angefochtenen Beschlusses anführen lassen

vgl. zum Beispiel VGH Mannheim, Beschluss vom 25.11.2004 – 8 S 1870/04 – NVwZ-RR 2006, 75, mit umfangreichen weiteren Nachweisen; OVG Lüneburg, Beschluss vom 28.3.2006 – 7 ME 159/04 – NVwZ-RR 2006, 682.

Zudem bedarf die Frage der Gewährleistung eines hinreichenden Lärmschutzes auch unter Berücksichtigung dieses Gutachtens einer näheren Prüfung und einer eingehenden Würdigung nicht zuletzt mit Blick auf den zwischen den Beteiligten umstrittenen Aspekt der Ton- oder Informationshaltigkeit der Anlagengeräusche auch nach den durchgeführten Getriebewechseln, die den Rahmen des vorliegenden Eilrechtschutzverfahrens überschreiten und dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben müssen.

Die demnach noch offene Frage der Einhaltung des Immissionsrichtwertes von 40 dB(A) zur Nachtzeit brauchte entgegen der Ansicht der Antragsteller nicht im vorliegenden Eilrechtschutzverfahren durch Einholung eines vom Gericht in Auftrag gegebenen Sachverständigengutachtens einer abschließenden Klärung zugeführt werden. Es ist anerkannt, dass in Eilrechtschutzverfahren der vorliegenden Art, obschon auch in diesen Verfahren der Amtsermittlungsgrundsatz gilt, in aller Regel keine umfassende Klärung des Sachverhalts, insbesondere mittels einer förmlichen Beweisaufnahme zu erfolgen hat. Anders würde das Eilrechtschutzverfahren zum Hauptsacheverfahren, ohne dass der in ihm ergehenden Entscheidung eine der Hauptsachentscheidung vergleichbare Bindungswirkung zukommt. Das entspricht nicht dem Sinn des auf die Gewährung von vorläufigem Rechtschutz abzielenden Eilrechtschutzverfahrens

vgl. zum Beispiel Bader u.a., VwGO, 3. Auflage 2005, § 80 Rdnr. 91 m.w.N.

Nichts anderes gilt vorliegend mit Blick auf die – wie zuzugeben ist – ungewöhnlich lange Dauer des erstinstanzlichen Verfahren, das am 28.9.2005 eingeleitet und durch Beschluss vom 26.5.2006 abgeschlossen worden ist. Gesehen werden muss insoweit, dass das erstinstanzliche Verfahren offenbar infolge der Vorlage des Gutachtens vom 15.12.2005 und der Notwendigkeit, zu dieser Änderung der Sachlage rechtliches Gehör zu gewähren, erst im April 2006 (Schriftsatz der Antragsteller vom 12.4.2006) „ausgeschrieben“ war und erst zu diesem Zeitpunkt der vom Verwaltungsgericht zu würdigende Prozessstoff feststand. Hinzu kommt, dass das Verwaltungsgericht von seinem Ansatz her eine offene Rechtslage unter zwei Aspekten angenommen hat, und zwar zum einen wegen der Frage einer Verletzung von eventuell drittschützendem Verfahrensrecht und zum anderen wegen der Frage unzumutbarer Lärmimmissionen (vgl. S. 27 des Beschlussabdrucks). Damit stand für das Verwaltungsgericht im Zeitpunkt seiner Entscheidung noch nicht fest, ob die letztere Frage überhaupt entscheidungserheblich sein würde. Abgesehen hiervon ist gerade bei den vorliegenden Gegebenheiten folgendes zu berücksichtigen: Die Ermittlungen des Ausmaßes des von den Windkraftanlagen auf das Anwesen der Antragsteller einwirkenden Lärms bereitet anders als in Fällen, in denen zum Beispiel Lärmimmissionen konstant arbeitender Maschinen zu ermitteln sind, besondere Schwierigkeiten, da sowohl bestimmte Windstärken als auch bestimmte Windrichtungen (im Falle der Antragsteller aus West beziehungsweise Südwest) gegebenenfalls verbunden mit weiteren meteorologischen Bedingen gegeben sein müssen, um zu aussagekräftigen Ergebnissen zu gelangen. Gerade diese Erfordernisse bringen es mit sich, dass der Zeitbedarf für die Einholung eines Gutachtens und damit auch für die Dauer des gerichtlichen Verfahrens kaum verlässlich kalkulierbar ist, denn Messungen können nur durchgeführt werden, wenn die entsprechenden Verhältnisse vorliegen und der Sachverständige und das Bedienungspersonal zu diesem Zeitpunkt auch zur Verfügung stehen. Bei solchen Gegebenheiten ist die Einholung eines Sachverständigengutachtens mit dem Charakter eines Eilrechtschutzverfahrens nicht zu vereinbaren.

Hat danach das Verwaltungsgericht den Ausgang des Hauptsacheverfahrens zu Recht als offen beurteilt, so ist ihm ferner darin beizupflichten, dass die in diesem Falle vorzunehmende allgemeine Interessenabwägung zu Lasten der Antragsteller ausfällt.

Abzuwägen ist vorliegend zwischen dem Interesse der Antragsteller, bis zu einer abschließenden Entscheidung über die gegen die Anlagengenehmigung erhobene Anfechtungsklage von den nachteiligen Wirkungen des Anlagenbetriebes, insbesondere von den von ihnen als unzumutbar empfundenen Lärmbeeinträchtigungen während der Nachtzeit verschont zu bleiben, einerseits, und dem Interesse der beigeladenen Anlagenbetreiber andererseits, die Anlagen unbehindert von der aufschiebenden Wirkung der Nachbarklage vorläufig nutzen zu dürfen, um mit der Stromerzeugung Einnahmen zu erzielen. Dabei ist die Interessenlage der Anlagenbetreiber vorliegend dadurch gekennzeichnet, dass es für sie nicht wie sonst regelmäßig bei der Nachbaranfechtung von bau- oder immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen „nur“ darum geht, ob das zugelassene Vorhaben umgehend nach Genehmigungserteilung oder verzögert nach Abschluss des Nachbarstreits realisiert wird, sondern darum, dass die Anlagen in Ausnutzung der erteilten Genehmigung vor Einlegung von Nachbarrechtsbehelfen bereits erstellt worden sind und im Falle einer vorläufigen Betriebseinstellung als Folge der Aussetzung der sofortigen Vollziehbarkeit der erteilten Genehmigung keine Einnahmen erzielen, mit denen die getätigten Investitionen und die weiterlaufenden Unterhaltungskosten finanziert werden können. Die gegenüber dem Regelfall veränderte Situation verleiht den Betreiberinteressen zusätzlich Gewicht. Das gilt vorliegend um so mehr, als die Antragsteller während des Verfahrens zur Aufstellung des Bebauungsplanes „Windpark Wahlener Platte“, das ihnen aufgrund der öffentlichen Bekanntmachungen nicht verborgen geblieben sein kann, und auch noch während des Baus der Anlagen, der ihnen in Anbetracht der behaupteten exponierten Standorte nicht entgangen sein kann, keinerlei Einwände erhoben haben, obwohl es für sie aufgrund der örtlichen Gegebenheiten „von Anfang an auf der Hand“ lag, dass es hier „zu besonderen Immissionen kommen müsse“ (vgl. Schriftsatz vom 14.11.2005, S. 5, Bl. 137 der Akten). Unabhängig von der Frage, ob den Antragstellern aufgrund ihres Zuwartens mit der Genehmigungsanfechtung trotz für sie von Anfang an auf der Hand liegender Lärmschutzprobleme der Vorwurf treuwidrigen Verhaltens entgegen gehalten werden kann, müssen sie jedenfalls die nach Bau- und Inbetriebnahme der Anlagen gestiegene Bedeutung der wirtschaftlichen Interessen der beigeladenen Anlagenbetreiber gegen sich geltend lassen. Hinzu kommt, dass sich auch ihr Interesse aufgrund der Fertigstellung der Anlagen vor Einlegung ihres Rechtbehelfs von seinem Gewicht her von dem typischen Nachbarinteresse bei der Anfechtung von Bau- und Anlagengenehmigungen unterscheidet. Für sie geht es nämlich nicht (mehr) darum, mittels einer Aussetzung der sofortigen Vollziehbarkeit der Genehmigung die Ausführung der umstrittenen Anlage(n) und die damit in aller Regel verbundene Herstellung vollendeter oder zumindest selbst im Falle eines Obsiegens in der Hauptsache nur schwer wieder rückgängig zu machender Tatsachen vorläufig zu verhindern, sondern „lediglich“ noch darum, einstweilen von den nachteiligen Wirkungen der Nutzung der bereits ausgeführten Anlagen verschont zu bleiben, die im Falle ihres Obsiegens in der Hauptsache relativ kurzfristig beendet werden kann. Bestehen die nachteiligen Wirkungen des Anlagenbetriebes wie hier in (Geräusch-)Immissionen, so entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes, dass in einer derartigen Konstellation ein überwiegendes Nachbarinteresse an der vorläufigen Unterbindung der Nutzung beziehungsweise des Anlagenbetriebes nur dann anzuerkennen ist, wenn im Raum steht, dass die in Rede stehenden Einwirkungen ganz wesentlich über das im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG Erhebliche hinausgehen und ein solches Ausmaß erreichen, dass dem betroffenen Nachbarn ihre Hinnahme nicht einmal vorübergehend bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache angesonnen werden kann

vgl. zum Beispiel OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 30.7.1991 – 2 W 18/91 -, vom 4.5.1995 – 2 W 9/95 – und vom 12.9.2003 – 1 W 22/03 -.

Dass die durch den Betrieb der Windkraftanlagen der Beigeladenen verursachten Lärmimmissionen am Anwesen der Antragsteller ein solches „qualifiziertes“ Ausmaß erreichen, ist nicht erkennbar. Jedenfalls vorübergehend hinnehmbar sind Beurteilungspegel, die den Immissionsrichtwerten der TA-Lärm für Kerngebiete, Dorfgebiete und Mischgebiete von 60 dB(A) am Tag und 45 dB(A) in der Nacht (Nr. 6.1c TA-Lärm) entsprechen. Denn auch in Dorfgebieten und in Mischgebieten ist Wohnnutzung regelmäßig zulässig (§§ 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3, 6 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BauNVO). Es ist daher davon auszugehen, dass die für derartige Gebiete maßgeblichen Lärmrichtwerte der TA-Lärm ein Wohnen unter zumutbaren Bedingungen sicherstellen, was die Lärmeinwirkungen anbelangt.

Zu berücksichtigen ist ferner, dass obschon die maßgeblichen Immissionsorte für die Ermittlung der Beurteilungspegel nach der TA-Lärm (Nr. 2.3 TA-Lärm) bei bebauten Flächen 0,5 Meter außerhalb vor der Mitte des geöffneten Fensters des vom Geräusch am stärksten betroffenen schutzbedürftigen Raumes nach DIN 4109, Ausgabe 1989, liegen (TA-Lärm, Anhang B 1), das Ziel des Lärmschutzes – sieht man einmal vom Aufenthalt in Außenwohnbereichen ab – darin besteht, in den Gebäuden eine ungestörte Kommunikation am Tage und ein ungestörtes Schlafen in der Nacht zu ermöglichen. Wird weiter berücksichtigt, dass nach dem Stand der Lärmwirkungsforschung zur ungestörten Kommunikation ein Innengeräuschpegel von 45 dB(A) gewährleistet sein muss und Innengeräuschpegel von 30 dB(A) bis 35 dB(A) gemessen am Ohr des Schläfers im schlafgünstigen Bereich liegen (Ticken einer leisen Uhr: 30 dB(A))

vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 9. Auflage 1998, § 15 Rdnrn. 15.2, 18.3, 18.4, 19.1 und 19.3,

und außerdem in die Betrachtung einbezogen, dass zwischen Innen- und Außengeräusch bei geöffnetem Fenster die Pegeldifferenz bis 10 dB(A) bei spaltbreit geöffneten (auf Kipp gestellten) Fenster bis 15 dB(A) und bei geschlossenen Einfachfenstern ca. 20 bis 25 dB(A) beträgt

vgl. Fickert/Fieseler, a.a.O., § 15 Rdnrn. 15.1 und 19.3,

so weist nichts darauf hin, dass der vorliegend jedenfalls als vorübergehend zumutbar anzusehende Beurteilungspegel von 45 dB(A) die Grenze des von Anwohnern Hinnehmbaren überschreitet.

Dass die durch die Windkraftanlagen verursachten Lärmbelastungen am Anwesen der Antragsteller diesen Beurteilungspegel merklich übersteigen, kann vorliegend nicht angenommen werden. Das gilt zunächst für die nach den obigen Ausführungen zum Prüfungsumfang des Beschwerdegerichts maßgebliche Sachlage im Zeitpunkt des Ablaufs der Beschwerdebegründungsfrist, die auch der Beurteilung des Verwaltungsgerichts zugrunde lag. Diese Situation war dadurch gekennzeichnet, dass die dem Anwesen der Antragsteller am nächsten stehenden Windkraftanlagen 1 und 3 nachts nicht in Betrieb waren. Dafür, dass durch den Nachtbetrieb der übrigen 5 Anlagen, die zum Teil über 1200 Meter (Anlage 5) über 1500 Meter (Anlage 6) und über 2000 Meter (Anlage 7)

siehe die Angaben des Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen in dem Parallelverfahren 3 W 6/06 im Schriftsatz vom 20.10.2005, Bl. 96 der Akte 1 F 17/05

vom Anwesen der Antragsteller entfernt stehen, selbst ein Beurteilungspegel von 45 dB(A) nachts merklich überschritten wird, bestehen keinerlei objektive Anhaltspunkte.

Aber auch wenn entgegen der Eingangs vertretenen Ansicht zur Berücksichtigung von Änderungen der Sachlage nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist der Umstand in die Beurteilung einbezogen wird, dass nunmehr der Nachtbetrieb sämtlicher 7 Windkraftanlagen zugelassen ist, ergibt sich keine andere Beurteilung. Die Sachverständigen des TÜV-Süd haben in dem der Zulassung des Nachtbetriebes auch der Anlagen 1 und 3 zugrunde liegenden Gutachten vom 23.8.2006 für den Betrieb sämtlicher sieben Anlagen bei Mit-Windverhältnissen und einer Auslastung im Bereich der Nennleistung für die lauteste Nachtstunde am IP 5, Anwesen I., das etwa 75 Meter näher zu den Anlagen liegt als dasjenige der Antragsteller

vgl. Schriftsatz der Beigeladenen im Parallelverfahren 3 W 6/06 vom 20.10.2005, Bl. 96 der Akten 1 F 17/05,

einen Beurteilungspegel von 38 dB(A) ermittelt, wobei trotz des während der Messungen geschlossenen Schlafzimmerfensters auf einen Abzug zur Korrektur der Auswirkungen von Schallreflexionen an der – geschlossenen – Gebäudeaußenwand verzichtet wurde. Es spricht nichts dafür, dass diese Messungen einen Fehler in der Größenordnung von 7 dB(A) aufweisen und in Wirklichkeit sogar der Nachtrichtwert für Mischgebiete überschritten wird, wobei – um die Größenordnung des Unterschiedes zu verdeutlichen – anzumerken ist, dass eine Pegeldifferenz von 3 dB(A) bezogen auf Straßenverkehrslärm einer Veränderung entspricht, die bei der Verdoppelung oder Halbierung des Verkehrsaufkommens auf einer Straße auftritt

vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 9. Auflage 1998, § 15 Rdnr. 15 .

Zudem liegt der Richtwert von 45 dB(A) über dem Wert, der sich ergäbe, wenn der höchstzulässige Zuschlag für Ton- beziehungsweise Informationshaltigkeit von Geräuschen von 6 dB(A)

vgl. Anhang A zur TA-Lärm Nr. 3.3.5

zu dem ermittelten Beurteilungspegel von 38 dB(A) hinzugerechnet würde. Auf die Berechtigung eines derart hohen Zuschlages weisen nicht einmal die von den Antragstellern vorgelegten Berichte über das Auftreten tonhaltiger Geräusche bei Windkraftanlagen des in Rede stehenden Typs hin.

Hinzu kommt vorliegend folgendes: Die auftretenden Lärmbelästigungen erreichen ihr Maximum bei – bezogen auf das Anwesen der Antragsteller – Mit-Windbetrieb im Bereich der Nennleistung. Weil solche meteorologischen Bedingungen nicht ständig herrschen, treten die maximalen auf das Anwesen der Antragsteller einwirkenden Anlagengeräusche auch nicht ständig und dauerhaft auf, vergleichbar etwa den Geräuschen, die durch den kontinuierlichen Betreib einer Maschine verursacht werden. Sie sind bei anderen Windrichtungen und Windstärken geringer und entfallen in Zeiten von Windstille sogar vollständig. Für die zumindest vorübergehende Zumutbarkeit der durch den Betrieb der Windkraftanlagen verursachten Geräusche sprechen schließlich auch, worauf das Verwaltungsgericht mit Recht hingewiesen hat, die in den Verwaltungsakten festgehaltenen Angaben von zwei Anwohnern aus Rissenthal und Wahlen, wonach nach dem Austausch der Getriebe nur noch ein rhythmisches Rauschen verblieben sei, das „bei weitem nicht mehr so störe“. Die Beachtlichkeit dieser Äußerungen lässt sich vorläufig nicht von der Hand weisen, da – wie bereits angesprochen – jedenfalls einer dieser Anwohner zum Kreis der ursprünglichen Beschwerdeführer gehört.

Fällt danach die im Verfahren nach den §§ 80 Abs. 5, 80 a Abs. 1 Nr. 2 VwGO bei noch offenen Erfolgsaussichten der Hauptsacheklage vorzunehmende allgemeine Interessenabwägung zum Nachteil der Antragsteller aus, so muss es bei der erstinstanzlichen Entscheidung verbleiben.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 2, 162 Abs. 3 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47, 52, 53 Abs. 3 Nr. 2, 63 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Die zuständige Behörde kann anordnen, dass der Betreiber einer genehmigungsbedürftigen Anlage oder, soweit § 22 Anwendung findet, einer nicht genehmigungsbedürftigen Anlage Art und Ausmaß der von der Anlage ausgehenden Emissionen sowie die Immissionen im Einwirkungsbereich der Anlage durch eine der von der zuständigen Behörde eines Landes bekannt gegebenen Stellen ermitteln lässt, wenn zu befürchten ist, dass durch die Anlage schädliche Umwelteinwirkungen hervorgerufen werden. Die zuständige Behörde ist befugt, Einzelheiten über Art und Umfang der Ermittlungen sowie über die Vorlage des Ermittlungsergebnisses vorzuschreiben.

Tenor

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 26. Mai 2006 – 1 F 16/05 – wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen als Gesamtschuldner.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 7.500,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Durch Bescheid vom 14.1.2004 erteilte der Antragsgegner der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen im vereinfachten Verfahren nach § 19 BImSchG die Genehmigung zur Errichtung von 4 Windkraftanlagen des Typs „S77, GE 1,5 sL“ mit je 1,5 MW Nennleistung auf den Grundstücken Gemarkung Wahlen, Flur 12, Parzelle Nr. 146/1, Flur 16, Parzelle Nr. 159/1, Flur 17, Parzelle Nr. 80/1, und Flur 18 Parzelle Nr. 207/1.

Die genehmigten Anlagenstandorte liegen im Geltungsbereich des am 17.7.2003 als Satzung beschlossenen und offenbar am 24.9.2003 abschließend bekannt gemachten vorhabenbezogenen Bebauungsplanes „Windpark Wahlener Platte“ der Gemeinde I-Stadt. Dieser Bebauungsplan weist ein Sondergebiet „Wind“ mit Standorten für insgesamt 7 Windkraftanlagen aus, begrenzt die Gesamthöhe der Anlagen auf maximal 125 Meter, ihre Nabenhöhe auf maximal 85 Meter und ihren Rotorradius auf maximal 40 Meter. Die der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen genehmigten Windkraftanlagen werden unter den Nummern 1-4 geführt. An den drei weiteren Standorten 5, 6 und 7 war einem anderen Betreiber mit Bescheid vom 15.12.2003 die Genehmigung für drei gleich starke Windkraftanlagen erteilt worden.

In dem Genehmigungsbescheid vom 14.1.2004 ist unter Kapitel II B Nr. 4 bestimmt:

„Durch den Betrieb der Windenergieanlagen darf vor den Fenstern von schutzbedürftigen Räumen im 1. OG die nachstehenden Teilimmissionspegel an folgenden maßgeblichen Immissionsorten nicht überschritten werden

Ortsbereich Wahlen 37 dB(A)

Ortsbereich Rissenthal 37 dB(A)

Grundlage für die Ermittlung der Beurteilungspegel ist die TA-Lärm vom 20.8.1998, GMBl. S. 503.“

Unter Kapitel II B Nr. 5 heißt es:

„Spätestens 6 Monate nach Inbetriebnahme der Windfarm ist durch Messungen einer nach §§ 26, 28 BImSchG bekannt gegebenen Messstelle der Nachweis zu führen, dass die o.a. Lärm-Immissions-Richtwerte bezogen auf die schalltechnisch ungünstigste Betriebsart (Windgeschwindigkeit 10 m/s in 10 m Höhe) an allen Aufpunkten eingehalten wird. Der Messbericht ist unmittelbar nach Erhalt der Genehmigungsbehörde unaufgefordert vorzulegen.“

Unter dem 21.1.2005 zeigte die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen die Inbetriebnahme der Windkraftanlagen sowie den Betreiberwechsel auf die Beigeladenen an. Die Betriebsaufnahme der dem anderen Betreiber genehmigten drei Anlagen war unter dem 28.12.2004 für die 52. Kalenderwoche 2004 angezeigt worden.

Nach Betriebsaufnahme beschwerten sich Anwohner aus den Losheimer Ortsteilen Wahlen und Rissenthal über den von den Windkraftanlagen ausgehenden Lärm. In der Folgezeit vorgenommene Untersuchungen zur Abklärung der Lärmursachen führten zum Austausch der Getriebe der Anlagen 1, 2 und 3 und wohl auch der Anlagen 5 und 7.

Am 18.4.2005 erhoben die Antragsteller, Eigentümer des Wohnanwesens I-Straße in Wahlen, das östlich beziehungsweise nordöstlich der Windkraftanlagen liegt, Widerspruch gegen die Genehmigungsbescheide vom 15.12.2003 und vom 14.1.2004. Am 4.5.2005 legten die Antragsteller der Verfahren 3 W 7/06 und 3 W 8/06, Eigentümer des Wohnanwesens A. in Rissenthal, das grob betrachtet westlich der Windkraftanlagen liegt, ebenfalls Widerspruch gegen die vorgenannten Genehmigungsbescheide ein.

Die Widersprüche wurden durch Bescheide vom 28.7.2005 zurückgewiesen. Außerdem wurde auf entsprechende Anträge der Betreiber der Windkraftanlagen die sofortige Vollziehbarkeit der Genehmigungsbescheide angeordnet und – wegen der noch nicht abgeschlossenen Arbeiten zum Getriebeaustausch – die Frist zur Beibringung der gemäß Kapitel II B Nr. 5 der Genehmigungsbescheide geforderten Nachweise bis zum 30.9.2005 verlängert. Ferner ist auf den Antrag der Antragsteller auf Anordnung von Sicherungsmaßnahmen hin für den Betrieb zur Nachtzeit folgende Regelung getroffen:

„a) Bis zum Abschluss der Reparaturarbeiten an den Getrieben der WKA ist der Nachtbetrieb untersagt. Der Abschluss ist dem LUA anzuzeigen und durch Bestätigung der Reparaturfirma beziehungsweise der Herstellerfirma nachzuweisen.

b) Nach Abschluss der Reparaturarbeiten ist der Nachtbetrieb zu Messzwecken zulässig. Ein der Genehmigung entsprechender Nachtbetrieb ist erst nach Vorlage des Nachweises über die Einhaltung der Lärmpegel zulässig.“

Die Widerspruchsbescheide wurden am 10.8.2005 zugestellt. Am 7.9.2005 haben die Antragsteller Klage sowohl gegen den Genehmigungsbescheid vom 15.12.2003 als auch gegen den Genehmigungsbescheid vom 14.1.2004 erhoben.

Am 28.9.2005 haben sie außerdem beim Verwaltungsgericht um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht.

Während des erstinstanzlichen Verfahrens haben die Anlagenbetreiber ein in ihrem Auftrag unter dem 15.12.2005 erstelltes Gutachten des TÜV-Süddeutschland betreffend die Messung von Geräuschimmissionen des „Windparks I-Stadt-Wahlener Platte“ bei Nordost-Windlage an zwei Immissionsorten in Rissenthal, einer davon in der Nähe des Anwesens der Antragsteller der Verfahren 3 W 7/06 und 3 W 8/06, die die Erlaubnis für Messungen auf ihrem Grundstück verweigert hatten, zur Nachtzeit vorgelegt. Dieses Gutachten gelangt zusammenfassend zu dem Ergebnis, für den Gesamtwindpark ergebe sich in der lautesten vollen Nachtstunde bei einer durchgehenden Last von 95 % der Nennlast am IP 12 (Wohnhaus A. im 1. OG) ein Beurteilungspegel von 40 dB(A) und am IP 13 (Wohnhaus A., EG) ein solcher von 39 dB(A).

Der Antragsgegner hat dieses Gutachten zum Anlass genommen, mit Schreiben vom 8.3.2006 den Nachtbetrieb der Anlagen 2, 4, 5, 6 und 7 zuzulassen. Hinsichtlich der Anlagen 1 und 3 durfte ein Nachtbetrieb weiterhin nach vorheriger Absprache mit ihm nur zu Messzwecken erfolgen.

Durch Beschlüsse vom 26.5.2006 hat das Verwaltungsgericht es abgelehnt, den Antragstellern Eilrechtsschutz gegen den Betrieb der umstrittenen Windkraftanlagen zu gewähren. Die Beschlüsse sind am 6.6.2006 zugestellt worden.

Am 19.6.2006 haben die Antragsteller Beschwerde erhoben und diese am 4.7.2006 begründet.

Während des Rechtsmittelverfahrens haben die Anlagenbetreiber den unter dem 23.8.2006 vom TÜV-Süd erstellten zweiten Teil des Gutachtens betreffend Geräuschimmissionen im Einwirkungsbereich des „Windparks I-Stadt-Wahlener Platte“ vorgelegt, der Geräuschimmissionsmessungen bei Südwest-Windlage am Immissionsort IP 5 (Wohnanwesen I.) in Wahlen zur Nachtzeit zum Gegenstand hat. Das Gutachten ermittelte für den Betrieb des Gesamtwindparks für die lauteste Nachtstunde bei einer Last von durchgehend 95 % der Nennlast Beurteilungspegel von – gerundet – maximal 38 dB(A), obwohl die Messung vor geschlossenem statt vor geöffnetem Schlafzimmerfenster durchgeführt wurde, und auf einen Abschlag zur Korrektur der Auswirkungen von Schallreflexionen an der Gebäudefront verzichtet wurde. Bei Zugrundelegung eines Teilbetriebs der Anlagen 1 bis 4 betrug der Pegel ebenfalls gerundet 38 dB(A), während bei einem Teilbetrieb der Anlagen 5 bis 7 Geräuschimmissionen nicht messbar waren, da die betreffenden Messreihen unterhalb oder im Niveau des Fremdgeräuschpegels lagen. Der Antragsgegner verfügte daraufhin, dass nunmehr auch die Anlagen 1 und 3 zur Nachtzeit betrieben werden dürfen.

Das Gericht hat den Prozessbevollmächtigten der Antragsteller unter dem 16.10.2006 eine Kopie des Gutachtens vom 23.8.2006 übersandt und ihnen Gelegenheit zur Äußerung bis zum 2.11.2006 eingeräumt.

II.

Der gemäß § 146 Abs. 4 VwGO statthaften und auch sonst zulässigen Beschwerde kann nicht entsprochen werden.

Das Verwaltungsgericht hat es mit dem angefochtenen Beschluss zu Recht abgelehnt, den Antragstellern vorläufigen Rechtschutz gegen die der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen erteilte Genehmigung vom 14.1.2004 zu gewähren.

Das Beschwerdevorbringen der Antragsteller, das gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO den Umfang der gerichtlichen Nachprüfung in dem vorliegenden Rechtsmittelverfahren begrenzt, rechtfertigt keine andere Entscheidung. Für die Beurteilung ist zunächst davon auszugehen, dass mit den Regelungen des § 146 Abs. 4 Sätze 1, 3 und 6 VwGO, die dem Beschwerdeführer eine Frist von einem Monat zur Einreichung einer Beschwerdebegründung setzen, ferner verlangen, dass die Beschwerdebegründung die Gründe darlegt, aus denen die erstinstanzliche Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzt, und die die beschwerdegerichtliche Nachprüfung auf die (fristgerecht) vorgetragenen Beschwerdegründe begrenzen, das gesetzgeberische Ziel verfolgt, im Interesse einer beschleunigten Abwicklung von Eilrechtschutzverfahren den Streitstoff im Rechtsmittelverfahren betreffend Beschwerden gegen Beschlüsse nach den §§ 80, 80 a VwGO sowie § 123 VwGO zu beschränken. Diese Einschränkung hindert den Beschwerdeführer zwar nicht daran, auch Änderungen der Sach- und Rechtslage geltend zu machen, die nach Ergehen der erstinstanzlichen Entscheidung und vor Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO eingetreten sind. Änderungen der Sach- und Rechtslage nach Fristablauf können seinem Rechtsmittel hingegen nicht mehr zum Erfolg verhelfen. Ihre Berücksichtigung liefe den Regelungen des § 146 Abs. 4 Sätze 1, 3 und 6 VwGO und der damit verfolgten gesetzgeberischen Zielsetzung zuwider

vgl. zum Beispiel Bader u.a., VwGO, 3. Auflage 2005, § 146 Rdnr. 36; Redeker/von Oertzen, VwGO, 14. Auflage 2004, § 146 Rdnr. 22; Meyer-Ladewig/Rudisile in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 146 Rdnr. 15; VGH Mannheim, Beschluss vom 8.11.2004 – 9 S 1536/04; im Übrigen auch BVerwG, Beschluss vom 12.11.2002 – 7 AV 4/02 – NVwZ 2003, 496 zu § 124 a Abs. 4 Satz 3 VwGO; anderer Ansicht unter Hinweis auf die Prozessökonomie Happ in Eyermann, VwGO, 12. Auflage 2006, § 146 Rdnr. 26; Kopp/Schenke, VwGO, 14. Auflage 2005, § 146 Rdnr. 32.

In derartigen Fällen bleibt dem Beschwerdeführer die Möglichkeit, gemäß § 80 Abs. 7 VwGO einen Abänderungsantrag oder in Fallgestaltungen, in denen ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt wurde, einen neuen Antrag zu stellen. Von daher ist es für die im Beschwerdeverfahren zu treffende Entscheidung ohne Belang, dass der Antragsgegner nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist nunmehr den Nachtbetrieb auch der Anlagen 1 und 3 zugelassen hat.

Mit ihrem innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist bei Gericht eingegangenem Vorbringen wenden die Antragsteller zunächst ein, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht angenommen, die im Widerspruchsbescheid enthaltene Begründung der Vollzugsanordnung genüge den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO, und hierbei unberücksichtigt gelassen, dass die Anlagenbetreiber ihre Anträge auf Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit nur mit der Notwendigkeit der Durchführung von Messungen begründet hätten, die getroffene Regelung indes darüber hinaus gehe, indem sie einen Dauerbetrieb erlaube. Im Übrigen erfülle die Begründung der Vollzugsanordnung nicht einmal die Mindestanforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO. So würden beispielsweise ohne irgendwelche Beträge in den Raum zu stellen, die wirtschaftlichen Nachteile einer Betriebseinstellung als durchgreifend bewertet. Diese Rügen greifen nicht durch. Zunächst trifft es nicht zu, dass die Anlagenbetreiber ihre Anträge auf Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit der ihnen erteilten Genehmigungen nur mit der Notwendigkeit von Messungen begründet hätten. In der Antragsbegründung vom 12.7.2005 (Bl. 183 der Verw.-Akten II) wird nämlich geltend gemacht, die erteilte Genehmigung sei rechtmäßig, die Anlagen seien bereits errichtet und längere Zeit in Betrieb. Die Ablehnung der Vollzugsanordnung würde Existenz bedrohenden Charakter für die jeweiligen Anlagenbetreiber haben. Lediglich als zusätzlicher Aspekt ist angeführt, die Umsetzung des Maßnahmenkatalogs zur Beseitigung der aufgetretenen atypischen Geräusche bedinge, dass sich die Anlagen in Betrieb befänden. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Beschluss (Seiten 16 und 17) die ausführliche Begründung der Vollzugsanordnung wiedergegeben und zutreffend ausgeführt, diese Begründung erschöpfe sich nicht in einer bloßen Wiedergabe des Gesetzestextes oder in einer Bezugnahme auf den Ausgangsbescheid; sie lasse vielmehr erkennen, dass die Anordnung nach sorgfältiger Abwägung der widerstreitenden Interessen getroffen und nach dem Ergebnis der Abwägung den Betreiberinteressen der Vorrang eingeräumt worden sei. Es hat weiter darauf abgestellt, dass es für die Erfüllung der Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO ohne Bedeutung sei, ob die Begründung der Vollzugsanordnung inhaltlich zutreffe, da das Gericht im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO eine originäre Ermessensentscheidung treffe und keine Inhaltskontrolle der Begründung des Sofortvollzuges vornehme. Diese Würdigung steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes

vgl. zum Beispiel OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 1.3.1995 – 2 W 63/04 -, vom 6.11.2002 – 2 U 9/02 -, und vom 22.8.2001 – 2 W 1/01 -

Danach sind die Anforderungen, die § 80 Abs. 3 VwGO an die Begründung einer Vollzugsanordnung stellt, eher formaler Natur. Ihnen ist in aller Regel – und auch hier – Rechnung getragen, wenn sich die Behörde über ihre bloße und mit Blick auf das Rechtsstaatsprinzip des § 20 Abs. 3 GG selbstverständliche Überzeugung, der von ihr erlassene Verwaltungsakt sei rechtmäßig, hinaus mit den gegenläufigen, von der sofortigen Vollziehbarkeit betroffenen Interessen auseinandersetzt, auf dieser Grundlage ihre Entscheidung trifft und so zum Ausdruck bringt, dass sie sich der Abweichung vom Regelfall des § 80 Abs. 1 VwGO bewusst ist. Diesen Anforderungen entspricht die hier umstrittene Vollzugsanordnung, wobei bei dieser Würdigung zu berücksichtigen ist, dass hier die Vollzugs- und die „Sicherungsanordnung“, die erstere einschränkt, als Einheit gesehen werden müssen, da sich beide als Ergebnis der vorgenommenen Abwägung darstellen. Danach hat die Widerspruchsbehörde zum einen darauf abgestellt, dass die Windkraftanlagen zur Vornahme der geforderten Schallimmissionsmessungen in Betrieb sein müssen. Außerdem ist sie davon ausgegangen, dass die im Genehmigungsbescheid festgelegten Schallimmissionswerte während der Tageszeit eingehalten werden, und hat deshalb keinen Grund gesehen, den Betrieb der Anlagen tagsüber zu untersagen. Ferner hat sie es „im Hinblick auf die seitens der Antragsteller bereits getätigten Investitionen und die laufenden Betriebskosten“ für unverhältnismäßig erachtet, den Betrieb „zum jetzigen Zeitpunkt“ vollständig einzustellen. Dass sie in diesem Zusammenhang keine Beträge angeführt hat, ist unschädlich, da auf der Hand liegt, dass die Errichtung von vier beziehungsweise insgesamt sieben Windkraftanlagen mit jeweils 1,5 MW Leistung beträchtliche Investitionen erfordert hat und dem Betreiber erhebliche wirtschaftliche Nachteile entstehen, wenn die Anlagen bis zum rechtskräftigen Abschluss der eingeleiteten Rechtsbehelfsverfahren nicht betrieben und keine Einnahmen zur Kostendeckung erzielt werden können. Auf der anderen Seite hat die Widerspruchsbehörde auch die Nachbarinteressen nicht aus dem Blick verloren, indem sie den Nachtbetrieb der Anlagen bis zum Abschluss der Reparaturarbeiten an den Getrieben untersagt, nach Abschluss dieser Arbeiten einen Nachtbetrieb zunächst nur zu Messzwecken erlaubt und die endgültige Zulassung des Nachtbetriebes erst für den Fall der Vorlage des Nachweises über die Einhaltung der Lärmpegel in Aussicht gestellt hat. Diese Erwägungen genügen jedenfalls den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO. Ob sie die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit des angefochtenen Genehmigungsbescheides auch inhaltlich rechtfertigen ist – wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat – für die Erfüllung dieser Anforderungen ohne Belang.

Dem Verwaltungsgericht ist im Weiteren darin zu folgen, dass der Ausgang der Klageverfahren derzeit noch offen ist. Einigkeit dürfte zwischen den Beteiligten darüber bestehen, dass die Klage der Antragsteller gegen den Genehmigungsbescheid nur dann Erfolg haben kann, wenn die angefochtene Genehmigung gegen auch ihren Schutz bezweckende Vorschriften des öffentlichen Rechts verstößt. Nicht in diesem Sinne drittschützend wirken Vorschriften, die ausschließlich öffentlichen Belangen Rechnung tragen. Dazu gehören – worauf das Verwaltungsgericht zu Recht hingewiesen hat – Vorschriften, die Belange der Raumordnung, des Natur- und des Landschaftsschutzes beziehungsweise des Artenschutzes regeln und die eine Verunstaltung der Landschaft verbieten.

Zugunsten der Antragsteller als offen ist zunächst die Beantwortung der Frage anzusehen, ob den Antragstellern unter verfahrensrechtlichen Gesichtspunkten ein Anspruch auf Aufhebung der angefochtenen Genehmigung zusteht. Voraussetzung hierfür wäre hier nicht nur, dass über den Genehmigungsantrag nach dem im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung maßgeblichen Recht nicht im vereinfachten Verfahren nach § 19 BImSchG, sondern im förmlichen Verfahren nach § 10 BImSchG mit Öffentlichkeitsbeteiligung zu entscheiden war, sondern auch, dass Dritte – gegebenenfalls nach einer gemeinschaftsrechtliche Vorgaben berücksichtigenden Auslegung – einen Anspruch auf Durchführung des zutreffenden Genehmigungsverfahrens einschließlich Öffentlichkeitsbeteiligung haben. Das Verwaltungsgericht hat indes zu Recht darauf hingewiesen, dass aufgrund der zum 1.7.2005 in Kraft getretenen Änderung der Nr. 1.6 des Anhangs zur 4. BImSchV durch die Verordnung zur Änderung der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen und zur Änderung der Anlage 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung vom 20.6.2005 (BGBl. I S. 1687) nunmehr über die Genehmigung von Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 Metern im Verfahren nach § 19 BImSchG – ohne Öffentlichkeitsbeteiligung – zu entscheiden ist, es sei denn, nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung ist ein Verfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 c der 4. BImSchV).

Entgegen der Ansicht der Antragsteller spricht allenfalls wenig dafür, dass diese zum 1.7.2005 wirksam gewordene Rechtsänderung vorliegend außer Betracht zu bleiben hat und auf das im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung geltende Verfahrensrecht abzustellen ist. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist jedenfalls für das öffentliche Baurecht anerkannt, dass nachträgliche Rechtsänderungen zu Gunsten des Bauherrn beachtlich sind

vgl. zum Beispiel BVerwG, Beschluss vom 23.4.1998, Baurecht 1998, 995,

und auch in der vorliegenden Konstellation leuchtet nicht ein, den Antragstellern deshalb einen Anspruch auf Aufhebung der Genehmigung zuzubilligen, weil der Antragsgegner den im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung für die Bestimmung des Genehmigungsverfahrens maßgeblichen Begriff der Windfarm (Anhang zur 4. BImSchV Nr. 1.6, Spalten 1 und 2 in der bis zum 30.6.2005 maßgeblichen Fassung) unzutreffend ausgelegt und kein Verfahren nach § 10 BImSchG durchgeführt hat, wenn über einen nach Aufhebung der Genehmigung zu erwartenden neuen Genehmigungsantrag aufgrund der zum 1.7.2005 wirksam gewordenen Rechtsänderung erneut im Verfahren nach § 19 BImSchG zu entscheiden wäre.

Eine andere Frage ist, ob für die Genehmigung der Anlagen nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen und deshalb über den Genehmigungsantrag im förmlichen Verfahren nach § 10 BImSchG zu entscheiden war (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 c, aa der 4. BImSchV a.F.) und ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 c der 4. BImSchV n.F.). Nach Nr. 1.6.2 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung in der bis zum 30.6.2005 geltenden Fassung bedurfte die Errichtung von 6 bis weniger als 20 Windkraftanlagen einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls gemäß § 3 c Abs. 1 Satz 1 UVPG. Die ab 1.7.2005 maßgebliche Neufassung dieser Anlage 1 stellt in Nr. 1.6 nunmehr auf die Errichtung und den Betrieb einer Windfarm mit Anlagen mit einer Gesamthöhe von jeweils mehr als 50 Metern ab. Ansonsten hat sich nichts geändert. Es bleibt damit beim Erfordernis einer allgemeinen Vorprüfung nach § 3 c Abs. 1 Satz 1 UVPG. Eine solche allgemeine Vorprüfung hat vorliegend stattgefunden. Sie hat zu dem Ergebnis geführt, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorliegend nicht durchzuführen ist. Von daher hätte die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung allenfalls dann bestanden, wenn der Antragsgegner rechtsfehlerhaft nach den Kriterien des § 3 c Abs. 1 Satz 1 UVPG das Erfordernis einer solchen Prüfung verneint hätte. Da nach der betreffenden Bestimmung die „Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung“ maßgeblich ist, also auch Raum für „Ungenauigkeiten“ besteht

vgl. Peter/Balla, UVPG, 3. Auflage 2006, § 3 c Rdnr. 4,

spricht derzeit allenfalls wenig dafür, dass dem Antragsgegner insoweit ein entscheidungserheblicher Rechtsfehler unterlaufen ist. Jedenfalls bedürfte es zu einer dahingehenden Feststellung einer eingehenden Auseinandersetzung mit der durchgeführten allgemeinen Vorprüfung, die dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben muss. Hiervon ausgehend hat das Verwaltungsgericht die Frage, ob den Antragstellern ein Abwehrrecht aufgrund eines Verstoßes gegen drittschützende Vorschriften des Genehmigungsverfahrens zusteht, zu Recht als offen angesehen.

Nichts anderes gilt hinsichtlich der Frage, ob die angefochtene Genehmigung in materiell-rechtlicher Hinsicht gegen auch den Schutz der Antragsteller bezweckende Vorschriften verstößt.

Soweit die Antragsteller, offenbar unter Berufung auf das von ihnen im erstinstanzlichen Verfahren geltend gemacht baurechtliche Gebot der Rücksichtnahme vorbringen, die Drehbewegungen der Rotoren der Windkraftanlage hätten als Blickfang nicht außer Betracht bleiben, sondern in der Abwägung berücksichtigt werden müssen, ist zu bemerken: Die umstrittenen Windkraftanlagen sind im Geltungsbereich des vorhabenbezogenen Bebauungsplanes „Windpark Wahlener Platte“ der Gemeinde I-Stadt errichtet worden. Von der Gültigkeit dieses Bebauungsplanes ist für das vorliegende Verfahren auszugehen, da in den nur auf die summarische Überprüfung der Sach- und Rechtslage ausgerichteten Antragsverfahren nach den §§ 80, 80 a und 123 VwGO in aller Regel kein Raum für eine inzidente Normenkontrolle ist. Vielmehr ist im Grundsatz von der Verbindlichkeit der als Rechtsnorm (Satzung) erlassenen planerischen Festsetzungen auszugehen

vgl. zum Beispiel OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 13.4.1993 – 2 W 5/93 – BRS 55 Nr. 189, und vom 31.7.2006 – 2 W 3/06 -.

Etwas anderes mag allenfalls dann gelten, wenn die betreffenden Satzungsregelungen bereits nach dem Ergebnis einer überschlägigen Prüfung mit Sicherheit oder aller Voraussicht nach unwirksam sind. Für einen solchen Sonderfall ist indes hier nichts dargetan. Mit den Festsetzungen des Bebauungsplanes, die auf der Grundlage einer entsprechenden Abwägung und Entscheidung des Gemeinderates von I-Stadt als demokratisch legitimiertem Beschlussorgan dieser Gemeinde getroffen wurden, stehen die umstrittenen Windkraftanlagen in Einklang. Das wird offenbar auch von den Antragstellern nicht in Frage gestellt. Nach den betreffenden Festsetzungen sind die Anlagen an ihren Standorten, mit den erreichten Naben- und Gesamthöhen und mit den realisierten Rotordurchmessern danach planungsrechtlich zulässig und die von ihnen ausgehenden optischen Einwirkungen grundsätzlich hinzunehmen. Hiervon musste auch der Antragsgegner als Genehmigungsbehörde ausgehen, den diese planerischen Festsetzungen ebenfalls binden. Zwar bestimmt § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO, dass die in den §§ 2 bis 14 BauNVO aufgeführten baulichen Anlagen im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes unzulässig sind, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets in dem Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind. Es ist jedoch anerkannt, dass gestützt auf diese Regelung, die insoweit eine Ausprägung des Gebotes der Rücksichtnahme darstellt, die Festsetzungen eines Bebauungsplanes nur ergänzt, nicht aber korrigiert werden können

BVerwG, Beschluss vom 6.3.1989 – 4 NB 8.89 – Baurecht 1989, 306.

Das bedeutet, lässt wie hier ein Bebauungsplan, der ein Sondergebiet für Windkraftanlagen ausweist, auf der Grundlage einer entsprechenden planerischen Abwägung an genau festgelegten Standorten Windkraftanlagen in den von den Anlagenbetreibern realisierten Dimensionen durch entsprechende detaillierte Festsetzungen ausdrücklich zu, so kann gegenüber der Genehmigung solcher plankonformer Anlagen nicht mit Erfolg vorgebracht werden, sie verursachten mit ihrer Dimensionierung an den planerisch zugelassenen Standorten unzumutbare Einwirkungen (zum Beispiel im Sinne einer erdrückenden Wirkung) im Verständnis von § 15 BauNVO. In einem solchen Falle würde nämlich die gemeindliche Planung über § 15 BauNVO in unzulässiger Weise ausgehebelt. Eine andere Frage ist freilich, ob die planerische Entscheidung, an den betreffenden Standorten Windkraftanlagen in der hier in Rede stehenden Dimensionierung zuzulassen, auf einer rechtmäßigen Abwägung beruht und der betreffende Plan gültig ist. Ihr ist indes – wie dargelegt – in Verfahren der vorliegenden Art nicht im Einzelnen nachzugehen.

Was die von den Windkraftanlagen verursachten Lärmeinwirkungen auf das Wohnanwesen der Antragsteller anbelangt, so hat das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf einschlägige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zutreffend ausgeführt, dass das in bauplanungsrechtlichen Vorschriften verankerte Rücksichtnahmegebot keinen weitergehenden Schutz vor Lärmimmissionen gewährt als § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG. Die letztgenannte Bestimmung hat es dann entgegen der Darstellung der Antragsteller durchaus als drittschützend wirkende Norm geprüft (vgl. Seiten 22 und 23 des Beschlussabdruckes) und sich in diesem Zusammenhang unter anderem mit dem der Genehmigung zugrunde liegenden schalltechnischen Prognosegutachten des Ingenieur- und Beratungsbüros K. vom 25.2.2003 und mit den rechtlichen Wirkungen der Nebenbestimmungen in Kapitel II B Nr. 4 der Genehmigung auseinandergesetzt, mit der unter anderem für die Ortsbereiche Wahlen und Rissenthal Teilimmissionspegel von jeweils 37 dB(A) festgesetzt werden (vgl. Seiten 24 und 25 des Beschlussabdrucks). Dass das Verwaltungsgericht nach dieser – in Verfahren der vorliegenden Art nur überschlägigen – Prüfung zu dem Ergebnis gelangt ist, die Klärung der Frage einer unzumutbaren Betroffenheit der Antragsteller durch von den umstrittenen Windkraftanlagen verursachte Lärmimmissionen müsse dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben mit der Folge, dass auch insoweit von einer offenen Rechtslage auszugehen sei, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Näher klärungsbedürftig ist bereits im Ansatz, ob und gegebenenfalls auf welche Weise in den den Anlagenbetreibern erteilten Genehmigungen der Schutz der Anwohner vor unzumutbaren Lärmbelästigungen sicherzustellen ist und welches Schutzniveau die Antragsteller einfordern können. Der Antragsgegner hat unter Kapitel II B Nr. 4 der Genehmigungsbescheide unter anderem für die Ortsbereiche von Wahlen und Rissenthal Teilimmissionspegel von jeweils 37 dB(A) festgelegt, „die vor den Fenstern von schutzbedürftigen Räumen im 1. OG“ nicht überschritten werden dürfen. Das Verwaltungsgericht hat diese Festlegungen trotz ihres auf eine Schutzauflage hinweisenden Wortlauts nicht als drittschützend angesehen (S. 24 des Beschlussabdruckes)

vgl. zur Festlegung von Lärmwerten in einer Nebenbestimmung zu einer Baugenehmigung zum Beispiel BVerwG, Urteil vom 29.10.1998 – 4 C 9/97 – zitiert nach Juris,

sondern offenbar ausgehend von der Lage des Anwesens der Antragsteller in einem durch Bebauungsplan festgesetzten allgemeinen Wohngebiet auf den Immissionsrichtwert für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden in allgemeinen Wohngebieten von 40 dB(A) gemäß Nr. 6.1 d der technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm – TA-Lärm – vom 26.8.1998 (GMBl. 1998, 503) abgestellt. Ob diese Sicht dem Umstand hinreichend Rechnung trägt, dass es sich bei dem Richtwert von 40 dB(A) vorliegend um einen Summenpegel handelt, der von den Immissionen von insgesamt sieben, mit zwei Genehmigungen zugelassenen Windkraftanlagen nicht überschritten werden darf, und sich von daher die Frage stellt, ob der Antragsgegner mit der Festschreibung der Teilimmissionspegel wirklich ein verglichen mit den einschlägigen Richtwerten der TA-Lärm höheres Schutzniveau fordern wollte, oder ob es ihm lediglich um die Aufteilung des als Richtwert maßgeblichen Beurteilungspegels von 40 dB(A) auf die beiden (damaligen) Genehmigungsinhaber ging, bedarf indes im vorliegenden Beschwerdeverfahren ebenso wenig der näheren Klärung wie die Frage, in welchem Umfang und auf welche Weise Lärmschutz in Fallgestaltungen zu gewährleisten ist, in denen Lärmimmissionen durch mehrere Anlagen verschiedener Betreiber verursacht werden. Denn die Antragsteller haben diesen rechtlichen Ansatz mit ihrer Beschwerdebegründung nicht, jedenfalls nicht substantiiert in Frage gestellt.

Ausgehend davon, dass der Immissionsrichtwert von 40 dB(A) zur Nachtzeit gemäß Nr. 6.1 d der TA-Lärm das Schutzniveau beschreibt, dessen Einhaltung die Antragsteller gegenüber den vom Betrieb sämtlicher sieben Windkraftanlagen verursachten Geräuschimmissionen beanspruchen können, dürfte es entscheidend darauf ankommen, ob dieser Richtwert vorliegend überschritten wird. Das ist nach dem Ergebnis der summarischen Überprüfung im vorliegenden Eilverfahren noch offen, insbesondere kann nach dem derzeitigen Erkenntnisstand keine Rede davon sein, dass die unzumutbare Beeinträchtigung der Wohnnutzung auf dem Anwesen der Antragsteller durch von den Windkraftanlagen verursachten Lärm offenkundig ist. In der während des Genehmigungsverfahrens vorgelegten gutachterlichen Stellungnahme des Ingenieur- und Beratungsbüros K. vom 25.2.2003 wird die Einhaltung der Lärmrichtwerte prognostiziert. Dass diese Prognose offenkundig fehlerhaft erstellt wäre, kann nicht angenommen werden. Bei dem Ingenieurbüro K. handelt es sich ausweislich des Widerspruchsbescheides vom 28.7.2005 (S. 19) um eine gemäß § 26 BImSchG benannte Stelle, so dass von der erforderlichen Sachkunde für die Erstellung von Lärmimmissionsprognosen im Grundsatz ausgegangen werden kann.

Entgegen der Ansicht der Antragsteller hat diese sachverständige Stellungnahme nicht schon deshalb außer Betracht zu bleiben, weil sie im Auftrag der Anlagenbetreiber gefertigt wurde. Zum einen ist es grundsätzlich Sache der Anlagenbetreiber, die Genehmigungsunterlagen vorzulegen, und wenn hierzu eine Immissionsprognose gehört, liegt auf der Hand, dass diese von den Betreibern in Auftrag gegeben wird. Daraus lässt sich für sich allein noch kein Einwand gegen die Aussagekraft der hier in Rede stehenden gutachterlichen Stellungnahme herleiten. Zum anderen ist die Vorlage von im Betreiberauftrag erstellten Immissionsprognosen und –messungen dem Regelungssystem des BImSchG nicht fremd, das zum Beispiel neben der behördlichen (§ 52 BImSchG) auch die so genannte betreibereigene Überwachung von Anlagen (vgl. zum Beispiel §§ 26 bis 29 BImSchG) vorsieht. Dem Erfordernis der Gewährleistung der Objektivität von im Auftrag von Anlagenbetreibern durchgeführten Messungen und Begutachtungen wird unter anderem dadurch Rechnung getragen, dass die von der Anlage ausgehenden Emissionen sowie die Immissionen im Einwirkungsbereich der Anlage durch eine von der nach Landesrecht zuständigen Behörde bekannt gegebenen Stelle zu ermitteln sind. Zu den Voraussetzungen für eine solche „Bekanntgabe“ gehören nicht nur Anforderungen an die Fachkunde und das Personal der betreffenden Stelle, sondern auch die Zuverlässigkeit des Leiters und der Bediensteten sowie ihre Unabhängigkeit. Die erforderliche Zuverlässigkeit ist unter anderem dann nicht (mehr) gegeben, wenn Ermittlungsergebnisse vorsätzlich zum Vor- oder Nachteil eines Anlagenbetreibers verändert oder nicht vollständig wiedergegeben werden

vgl. Richtlinie für die Bekanntgabe sachverständiger Stellen im Bereich des Immissionsschutzes in der Fassung des LAI-Beschlusses der 106. Sitzung vom 30.9. bis 2.10.2003, Bl. 199 der Gerichtsakten.

Rechtfertigt es danach der Status eines Sachverständigen als „bekannt gegebene Stelle“ im Verständnis von § 26 BImSchG zumindest prinzipiell, von seiner hierfür erforderlichen Objektivität und Unabhängigkeit auszugehen, so kann seine sachverständige Äußerung nicht allein deshalb als „Gefälligkeitsgutachten“ abgetan werden, weil er im Auftrage des Anlagenbetreibers tätig geworden ist. Ob die hier von dem Ingenieur- und Beratungsbüro K. erstellte Lärmprognose fachlich „auf der sicheren Seite“ liegt, bedarf, worauf das Verwaltungsgericht mit Recht hingewiesen hat (S. 25 des Beschlussabdrucks), noch der näheren Klärung.

Von einer offensichtlichen Überschreitung des Lärmrichtwertes von 40 dB(A) kann insbesondere nicht aufgrund der Ergebnisse der privat veranlassten Messungen am Anwesen A. in Rissenthal ausgegangen werden. Abgesehen von der Frage, ob Lärmmessungen an diesem Standort überhaupt eine zuverlässige Aussage über die Lärmbelastung am Anwesen I-Straße in Wahlen erlauben, eine Frage übrigens, die auch gegenüber der Aussagekraft der Ergebnisse der ebenfalls an zwei Immissionsorten in Rissenthal durchgeführten Messungen im Gutachten des TÜV-Süddeutschland vom 15.12.2005 für die Verhältnisse am Anwesen der Antragsteller aufzuwerfen ist, bestehen nämlich ganz erhebliche Bedenken, ob diesen von den Antragstellern vorgelegten privaten Messungen überhaupt die Bedeutung selbst eines bloßen Anhaltspunktes für eine Richtwertüberschreitung beigemessen werden kann. Denn es ist weder bekannt, wer diese Messungen durchgeführt hat, noch über welche Sachkunde er verfügt, noch welche Messgeräte verwendet wurden, sowie welche meteorologischen Bedingungen bei ihrer Durchführung herrschten und ob die Ermittlungen der Geräuschimmissionen auch sonst nach den Vorgaben der Anlage zur TA-Lärm durchgeführt wurden. Mit Gewicht gegen die Brauchbarkeit dieser Messungen spricht ferner, dass für Montag, den 19.9.2005, in der Zeit zwischen 1.00 und 2.00 Uhr eine Häufung hoher Lärmpegel mit Spitzen von über 60 dB(A) ausgewiesen wird (Bl. 82 der Gerichtsakten), obwohl die Anlagen an dem betreffenden Tag von 22.00 Uhr (Anlagen 1 bis 4, siehe Maschinenlogbücher Bl. 209 bis 212 der Behördenakte II) beziehungsweise vor 24.00 Uhr (Anlagen 5 bis 7, siehe Maschinenlogbücher Bl. 348, 365, 378 der Akte I) ausgeschaltet wurden und auch sonst keine Erklärung für die gemessenen hohen Pegel gegeben wird.

Ebenfalls nicht mit Gewissheit auf das Auftreten unzumutbarer Lärmbelästigungen kann aus dem Umstand geschlossen werden, dass es in der Zeit nach Betriebsaufnahme zu einer ganzen Reihe von Anwohnerbeschwerden über von den Windkraftanlagen ausgehendem Lärm gekommen ist und die Anlagenbetreiber unerwartete und atypische Geräuscheinwirkungen auch eingeräumt haben. Denn diese Situation hat sich dadurch geändert, dass in aus Anlass dieser Anwohnerbeschwerden eingeleiteten Untersuchungen die Getriebe einiger Anlagen als Ursache der Geräusche ermittelt und in der Folgezeit ausgetauscht wurden. Von daher kann eine Fortdauer der anfänglichen, von den Betreibern auch eingeräumten Belästigungen nicht unterstellt werden. Zwar bestreiten die Antragsteller, dass die ihrer Ansicht nach unzumutbaren Lärmbelästigungen durch den Austausch der Getriebe beseitigt wurden und legen mit Schriftsatz vom 22.9.2005 im Beschwerdeverfahren Unterlagen vor, wonach Windkraftanlagen des hier in Rede stehenden Typs auch an anderer Stelle durch tonartige Geräusche aufgefallen sein sollen. Das Verwaltungsgericht hat indes auf von den Sachverständigen des TÜV-Süddeutschland festgehaltene Äußerungen von Anwohnern in Wahlen und Rissenthal verwiesen, wonach nach dem Austausch der Getriebe nur noch ein rhythmisches Rauschen verblieben sei, das bei weitem nicht mehr so störe. Diesen Äußerungen kommt entgegen der Ansicht der Antragsteller zumindest insoweit ein gewisses Gewicht zu, als es sich – wie im Falle der Bewohnerin des Anwesens I. in Wahlen, Frau S., - um Anwohner handelt, die sich ursprünglich selbst über Lärmbelästigungen beschwert hatten. Zudem wurden die Anlagengeräusche von den Sachverständigen des TÜV-Süddeutschland, einer ebenfalls bekannt gegebenen sachverständigen Stelle im Sinne von § 26 BImSchG, im Gutachten vom 15.12.2005 anlässlich der Messungen an den IP 12 und IP 13 in Rissenthal zur Nachtzeit als periodisches Rauschen beschrieben, das weder als impuls- noch als ton- oder informationshaltig empfunden wurde. Entgegen der Ansicht der Antragsteller ist diese sachverständige Beurteilung aus den bereits dargelegten Gründen ebenfalls nicht schon deshalb außer Betracht zu lassen, weil das betreffende Gutachten in Erfüllung der Auflage in Kapitel II B Nr. 5 der Genehmigung von den Anlagenbetreibern in Auftrag gegeben wurde. Von daher besteht vorliegend durchaus die Möglichkeit, dass die ursprüngliche Tonhaltigkeit der Anlagengeräusche durch den Getriebeaustausch behoben werden konnte.

Nach dem Ergebnis der hier nur möglichen summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage steht daher keineswegs im Sinne von Offenkundigkeit fest, dass der für das Anwesen der Antragsteller zugrunde gelegte Immissionsrichtwert von 40 dB(A) in der Nachtzeit überschritten wird.

Ebenso wenig kann freilich für das vorliegende Beschwerdeverfahren im Sinne von Offensichtlichkeit angenommen werden, dass er eingehalten wird. Das (Teil-)gutachten des TÜV-Süddeutschland vom 15.12.2005 betrifft die Lärmimmissionen an den Immissionspunkten in Rissenthal. Es hat – wie bereits angesprochen – allenfalls beschränkte Aussagekraft für die Verhältnisse am Anwesen der Antragsteller in Wahlen. Das während des Beschwerdeverfahrens am 13.10.2006 vorgelegte, am 23.8.2006, das heißt nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist erstellte Gutachten des TÜV-Süd betreffend die Messungen der Lärmbelastungen am Immissionsort IP 5 in Wahlen zur Nachtzeit, das zusammenfassend zu dem Ergebnis gelangt, dass an dem maßgeblichen, offenbar in einer geringeren Entfernung als das Anwesen der Antragsteller gelegenen Anwesen I.

vgl. Entfernungsangaben im Schriftsatz der Beigeladenen vom 20.10.2005, Bl. 96 der Akten des Parallelverfahrens 1 F 17/05

ein Beurteilungspegel von 36 dB(A) bis 38 dB(A) auftritt, wobei auf einen Korrekturabzug für Reflexionen bei während der Messungen geschlossenem Schlafzimmerfenster verzichtet wurde, soll hier zu Gunsten der Antragsteller außer Betracht bleiben, obwohl die Eingangs dargelegte Beschränkung des Streitstoffs im Beschwerdeverfahren nach wohl überwiegender Auffassung in der Rechtsprechung nur für Einwände für Beschwerdeführer gegen die erstinstanzliche Entscheidung, nicht jedoch für Umstände gilt, die sich für die Ergebnisrichtigkeit des angefochtenen Beschlusses anführen lassen

vgl. zum Beispiel VGH Mannheim, Beschluss vom 25.11.2004 – 8 S 1870/04 – NVwZ-RR 2006, 75, mit umfangreichen weiteren Nachweisen; OVG Lüneburg, Beschluss vom 28.3.2006 – 7 ME 159/04 – NVwZ-RR 2006, 682.

Zudem bedarf die Frage der Gewährleistung eines hinreichenden Lärmschutzes auch unter Berücksichtigung dieses Gutachtens einer näheren Prüfung und einer eingehenden Würdigung nicht zuletzt mit Blick auf den zwischen den Beteiligten umstrittenen Aspekt der Ton- oder Informationshaltigkeit der Anlagengeräusche auch nach den durchgeführten Getriebewechseln, die den Rahmen des vorliegenden Eilrechtschutzverfahrens überschreiten und dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben müssen.

Die demnach noch offene Frage der Einhaltung des Immissionsrichtwertes von 40 dB(A) zur Nachtzeit brauchte entgegen der Ansicht der Antragsteller nicht im vorliegenden Eilrechtschutzverfahren durch Einholung eines vom Gericht in Auftrag gegebenen Sachverständigengutachtens einer abschließenden Klärung zugeführt werden. Es ist anerkannt, dass in Eilrechtschutzverfahren der vorliegenden Art, obschon auch in diesen Verfahren der Amtsermittlungsgrundsatz gilt, in aller Regel keine umfassende Klärung des Sachverhalts, insbesondere mittels einer förmlichen Beweisaufnahme zu erfolgen hat. Anders würde das Eilrechtschutzverfahren zum Hauptsacheverfahren, ohne dass der in ihm ergehenden Entscheidung eine der Hauptsachentscheidung vergleichbare Bindungswirkung zukommt. Das entspricht nicht dem Sinn des auf die Gewährung von vorläufigem Rechtschutz abzielenden Eilrechtschutzverfahrens

vgl. zum Beispiel Bader u.a., VwGO, 3. Auflage 2005, § 80 Rdnr. 91 m.w.N.

Nichts anderes gilt vorliegend mit Blick auf die – wie zuzugeben ist – ungewöhnlich lange Dauer des erstinstanzlichen Verfahren, das am 28.9.2005 eingeleitet und durch Beschluss vom 26.5.2006 abgeschlossen worden ist. Gesehen werden muss insoweit, dass das erstinstanzliche Verfahren offenbar infolge der Vorlage des Gutachtens vom 15.12.2005 und der Notwendigkeit, zu dieser Änderung der Sachlage rechtliches Gehör zu gewähren, erst im April 2006 (Schriftsatz der Antragsteller vom 12.4.2006) „ausgeschrieben“ war und erst zu diesem Zeitpunkt der vom Verwaltungsgericht zu würdigende Prozessstoff feststand. Hinzu kommt, dass das Verwaltungsgericht von seinem Ansatz her eine offene Rechtslage unter zwei Aspekten angenommen hat, und zwar zum einen wegen der Frage einer Verletzung von eventuell drittschützendem Verfahrensrecht und zum anderen wegen der Frage unzumutbarer Lärmimmissionen (vgl. S. 27 des Beschlussabdrucks). Damit stand für das Verwaltungsgericht im Zeitpunkt seiner Entscheidung noch nicht fest, ob die letztere Frage überhaupt entscheidungserheblich sein würde. Abgesehen hiervon ist gerade bei den vorliegenden Gegebenheiten folgendes zu berücksichtigen: Die Ermittlungen des Ausmaßes des von den Windkraftanlagen auf das Anwesen der Antragsteller einwirkenden Lärms bereitet anders als in Fällen, in denen zum Beispiel Lärmimmissionen konstant arbeitender Maschinen zu ermitteln sind, besondere Schwierigkeiten, da sowohl bestimmte Windstärken als auch bestimmte Windrichtungen (im Falle der Antragsteller aus West beziehungsweise Südwest) gegebenenfalls verbunden mit weiteren meteorologischen Bedingen gegeben sein müssen, um zu aussagekräftigen Ergebnissen zu gelangen. Gerade diese Erfordernisse bringen es mit sich, dass der Zeitbedarf für die Einholung eines Gutachtens und damit auch für die Dauer des gerichtlichen Verfahrens kaum verlässlich kalkulierbar ist, denn Messungen können nur durchgeführt werden, wenn die entsprechenden Verhältnisse vorliegen und der Sachverständige und das Bedienungspersonal zu diesem Zeitpunkt auch zur Verfügung stehen. Bei solchen Gegebenheiten ist die Einholung eines Sachverständigengutachtens mit dem Charakter eines Eilrechtschutzverfahrens nicht zu vereinbaren.

Hat danach das Verwaltungsgericht den Ausgang des Hauptsacheverfahrens zu Recht als offen beurteilt, so ist ihm ferner darin beizupflichten, dass die in diesem Falle vorzunehmende allgemeine Interessenabwägung zu Lasten der Antragsteller ausfällt.

Abzuwägen ist vorliegend zwischen dem Interesse der Antragsteller, bis zu einer abschließenden Entscheidung über die gegen die Anlagengenehmigung erhobene Anfechtungsklage von den nachteiligen Wirkungen des Anlagenbetriebes, insbesondere von den von ihnen als unzumutbar empfundenen Lärmbeeinträchtigungen während der Nachtzeit verschont zu bleiben, einerseits, und dem Interesse der beigeladenen Anlagenbetreiber andererseits, die Anlagen unbehindert von der aufschiebenden Wirkung der Nachbarklage vorläufig nutzen zu dürfen, um mit der Stromerzeugung Einnahmen zu erzielen. Dabei ist die Interessenlage der Anlagenbetreiber vorliegend dadurch gekennzeichnet, dass es für sie nicht wie sonst regelmäßig bei der Nachbaranfechtung von bau- oder immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen „nur“ darum geht, ob das zugelassene Vorhaben umgehend nach Genehmigungserteilung oder verzögert nach Abschluss des Nachbarstreits realisiert wird, sondern darum, dass die Anlagen in Ausnutzung der erteilten Genehmigung vor Einlegung von Nachbarrechtsbehelfen bereits erstellt worden sind und im Falle einer vorläufigen Betriebseinstellung als Folge der Aussetzung der sofortigen Vollziehbarkeit der erteilten Genehmigung keine Einnahmen erzielen, mit denen die getätigten Investitionen und die weiterlaufenden Unterhaltungskosten finanziert werden können. Die gegenüber dem Regelfall veränderte Situation verleiht den Betreiberinteressen zusätzlich Gewicht. Das gilt vorliegend um so mehr, als die Antragsteller während des Verfahrens zur Aufstellung des Bebauungsplanes „Windpark Wahlener Platte“, das ihnen aufgrund der öffentlichen Bekanntmachungen nicht verborgen geblieben sein kann, und auch noch während des Baus der Anlagen, der ihnen in Anbetracht der behaupteten exponierten Standorte nicht entgangen sein kann, keinerlei Einwände erhoben haben, obwohl es für sie aufgrund der örtlichen Gegebenheiten „von Anfang an auf der Hand“ lag, dass es hier „zu besonderen Immissionen kommen müsse“ (vgl. Schriftsatz vom 14.11.2005, S. 5, Bl. 137 der Akten). Unabhängig von der Frage, ob den Antragstellern aufgrund ihres Zuwartens mit der Genehmigungsanfechtung trotz für sie von Anfang an auf der Hand liegender Lärmschutzprobleme der Vorwurf treuwidrigen Verhaltens entgegen gehalten werden kann, müssen sie jedenfalls die nach Bau- und Inbetriebnahme der Anlagen gestiegene Bedeutung der wirtschaftlichen Interessen der beigeladenen Anlagenbetreiber gegen sich geltend lassen. Hinzu kommt, dass sich auch ihr Interesse aufgrund der Fertigstellung der Anlagen vor Einlegung ihres Rechtbehelfs von seinem Gewicht her von dem typischen Nachbarinteresse bei der Anfechtung von Bau- und Anlagengenehmigungen unterscheidet. Für sie geht es nämlich nicht (mehr) darum, mittels einer Aussetzung der sofortigen Vollziehbarkeit der Genehmigung die Ausführung der umstrittenen Anlage(n) und die damit in aller Regel verbundene Herstellung vollendeter oder zumindest selbst im Falle eines Obsiegens in der Hauptsache nur schwer wieder rückgängig zu machender Tatsachen vorläufig zu verhindern, sondern „lediglich“ noch darum, einstweilen von den nachteiligen Wirkungen der Nutzung der bereits ausgeführten Anlagen verschont zu bleiben, die im Falle ihres Obsiegens in der Hauptsache relativ kurzfristig beendet werden kann. Bestehen die nachteiligen Wirkungen des Anlagenbetriebes wie hier in (Geräusch-)Immissionen, so entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes, dass in einer derartigen Konstellation ein überwiegendes Nachbarinteresse an der vorläufigen Unterbindung der Nutzung beziehungsweise des Anlagenbetriebes nur dann anzuerkennen ist, wenn im Raum steht, dass die in Rede stehenden Einwirkungen ganz wesentlich über das im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG Erhebliche hinausgehen und ein solches Ausmaß erreichen, dass dem betroffenen Nachbarn ihre Hinnahme nicht einmal vorübergehend bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache angesonnen werden kann

vgl. zum Beispiel OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 30.7.1991 – 2 W 18/91 -, vom 4.5.1995 – 2 W 9/95 – und vom 12.9.2003 – 1 W 22/03 -.

Dass die durch den Betrieb der Windkraftanlagen der Beigeladenen verursachten Lärmimmissionen am Anwesen der Antragsteller ein solches „qualifiziertes“ Ausmaß erreichen, ist nicht erkennbar. Jedenfalls vorübergehend hinnehmbar sind Beurteilungspegel, die den Immissionsrichtwerten der TA-Lärm für Kerngebiete, Dorfgebiete und Mischgebiete von 60 dB(A) am Tag und 45 dB(A) in der Nacht (Nr. 6.1c TA-Lärm) entsprechen. Denn auch in Dorfgebieten und in Mischgebieten ist Wohnnutzung regelmäßig zulässig (§§ 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3, 6 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BauNVO). Es ist daher davon auszugehen, dass die für derartige Gebiete maßgeblichen Lärmrichtwerte der TA-Lärm ein Wohnen unter zumutbaren Bedingungen sicherstellen, was die Lärmeinwirkungen anbelangt.

Zu berücksichtigen ist ferner, dass obschon die maßgeblichen Immissionsorte für die Ermittlung der Beurteilungspegel nach der TA-Lärm (Nr. 2.3 TA-Lärm) bei bebauten Flächen 0,5 Meter außerhalb vor der Mitte des geöffneten Fensters des vom Geräusch am stärksten betroffenen schutzbedürftigen Raumes nach DIN 4109, Ausgabe 1989, liegen (TA-Lärm, Anhang B 1), das Ziel des Lärmschutzes – sieht man einmal vom Aufenthalt in Außenwohnbereichen ab – darin besteht, in den Gebäuden eine ungestörte Kommunikation am Tage und ein ungestörtes Schlafen in der Nacht zu ermöglichen. Wird weiter berücksichtigt, dass nach dem Stand der Lärmwirkungsforschung zur ungestörten Kommunikation ein Innengeräuschpegel von 45 dB(A) gewährleistet sein muss und Innengeräuschpegel von 30 dB(A) bis 35 dB(A) gemessen am Ohr des Schläfers im schlafgünstigen Bereich liegen (Ticken einer leisen Uhr: 30 dB(A))

vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 9. Auflage 1998, § 15 Rdnrn. 15.2, 18.3, 18.4, 19.1 und 19.3,

und außerdem in die Betrachtung einbezogen, dass zwischen Innen- und Außengeräusch bei geöffnetem Fenster die Pegeldifferenz bis 10 dB(A) bei spaltbreit geöffneten (auf Kipp gestellten) Fenster bis 15 dB(A) und bei geschlossenen Einfachfenstern ca. 20 bis 25 dB(A) beträgt

vgl. Fickert/Fieseler, a.a.O., § 15 Rdnrn. 15.1 und 19.3,

so weist nichts darauf hin, dass der vorliegend jedenfalls als vorübergehend zumutbar anzusehende Beurteilungspegel von 45 dB(A) die Grenze des von Anwohnern Hinnehmbaren überschreitet.

Dass die durch die Windkraftanlagen verursachten Lärmbelastungen am Anwesen der Antragsteller diesen Beurteilungspegel merklich übersteigen, kann vorliegend nicht angenommen werden. Das gilt zunächst für die nach den obigen Ausführungen zum Prüfungsumfang des Beschwerdegerichts maßgebliche Sachlage im Zeitpunkt des Ablaufs der Beschwerdebegründungsfrist, die auch der Beurteilung des Verwaltungsgerichts zugrunde lag. Diese Situation war dadurch gekennzeichnet, dass die dem Anwesen der Antragsteller am nächsten stehenden Windkraftanlagen 1 und 3 nachts nicht in Betrieb waren. Dafür, dass durch den Nachtbetrieb der übrigen 5 Anlagen, die zum Teil über 1200 Meter (Anlage 5) über 1500 Meter (Anlage 6) und über 2000 Meter (Anlage 7)

siehe die Angaben des Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen in dem Parallelverfahren 3 W 6/06 im Schriftsatz vom 20.10.2005, Bl. 96 der Akte 1 F 17/05

vom Anwesen der Antragsteller entfernt stehen, selbst ein Beurteilungspegel von 45 dB(A) nachts merklich überschritten wird, bestehen keinerlei objektive Anhaltspunkte.

Aber auch wenn entgegen der Eingangs vertretenen Ansicht zur Berücksichtigung von Änderungen der Sachlage nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist der Umstand in die Beurteilung einbezogen wird, dass nunmehr der Nachtbetrieb sämtlicher 7 Windkraftanlagen zugelassen ist, ergibt sich keine andere Beurteilung. Die Sachverständigen des TÜV-Süd haben in dem der Zulassung des Nachtbetriebes auch der Anlagen 1 und 3 zugrunde liegenden Gutachten vom 23.8.2006 für den Betrieb sämtlicher sieben Anlagen bei Mit-Windverhältnissen und einer Auslastung im Bereich der Nennleistung für die lauteste Nachtstunde am IP 5, Anwesen I., das etwa 75 Meter näher zu den Anlagen liegt als dasjenige der Antragsteller

vgl. Schriftsatz der Beigeladenen im Parallelverfahren 3 W 6/06 vom 20.10.2005, Bl. 96 der Akten 1 F 17/05,

einen Beurteilungspegel von 38 dB(A) ermittelt, wobei trotz des während der Messungen geschlossenen Schlafzimmerfensters auf einen Abzug zur Korrektur der Auswirkungen von Schallreflexionen an der – geschlossenen – Gebäudeaußenwand verzichtet wurde. Es spricht nichts dafür, dass diese Messungen einen Fehler in der Größenordnung von 7 dB(A) aufweisen und in Wirklichkeit sogar der Nachtrichtwert für Mischgebiete überschritten wird, wobei – um die Größenordnung des Unterschiedes zu verdeutlichen – anzumerken ist, dass eine Pegeldifferenz von 3 dB(A) bezogen auf Straßenverkehrslärm einer Veränderung entspricht, die bei der Verdoppelung oder Halbierung des Verkehrsaufkommens auf einer Straße auftritt

vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 9. Auflage 1998, § 15 Rdnr. 15 .

Zudem liegt der Richtwert von 45 dB(A) über dem Wert, der sich ergäbe, wenn der höchstzulässige Zuschlag für Ton- beziehungsweise Informationshaltigkeit von Geräuschen von 6 dB(A)

vgl. Anhang A zur TA-Lärm Nr. 3.3.5

zu dem ermittelten Beurteilungspegel von 38 dB(A) hinzugerechnet würde. Auf die Berechtigung eines derart hohen Zuschlages weisen nicht einmal die von den Antragstellern vorgelegten Berichte über das Auftreten tonhaltiger Geräusche bei Windkraftanlagen des in Rede stehenden Typs hin.

Hinzu kommt vorliegend folgendes: Die auftretenden Lärmbelästigungen erreichen ihr Maximum bei – bezogen auf das Anwesen der Antragsteller – Mit-Windbetrieb im Bereich der Nennleistung. Weil solche meteorologischen Bedingungen nicht ständig herrschen, treten die maximalen auf das Anwesen der Antragsteller einwirkenden Anlagengeräusche auch nicht ständig und dauerhaft auf, vergleichbar etwa den Geräuschen, die durch den kontinuierlichen Betreib einer Maschine verursacht werden. Sie sind bei anderen Windrichtungen und Windstärken geringer und entfallen in Zeiten von Windstille sogar vollständig. Für die zumindest vorübergehende Zumutbarkeit der durch den Betrieb der Windkraftanlagen verursachten Geräusche sprechen schließlich auch, worauf das Verwaltungsgericht mit Recht hingewiesen hat, die in den Verwaltungsakten festgehaltenen Angaben von zwei Anwohnern aus Rissenthal und Wahlen, wonach nach dem Austausch der Getriebe nur noch ein rhythmisches Rauschen verblieben sei, das „bei weitem nicht mehr so störe“. Die Beachtlichkeit dieser Äußerungen lässt sich vorläufig nicht von der Hand weisen, da – wie bereits angesprochen – jedenfalls einer dieser Anwohner zum Kreis der ursprünglichen Beschwerdeführer gehört.

Fällt danach die im Verfahren nach den §§ 80 Abs. 5, 80 a Abs. 1 Nr. 2 VwGO bei noch offenen Erfolgsaussichten der Hauptsacheklage vorzunehmende allgemeine Interessenabwägung zum Nachteil der Antragsteller aus, so muss es bei der erstinstanzlichen Entscheidung verbleiben.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 2, 162 Abs. 3 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47, 52, 53 Abs. 3 Nr. 2, 63 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen; außergerichtliche Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin betreibt seit 1983 auf ihrem Betriebsgelände im Gebiet der beigeladenen Gemeinde ein steinkohlebefeuertes Kraftwerk mit einer Feuerungswärmeleistung von 1840 Megawatt und einem maximalen Kohledurchsatz von 263,7 Tonnen/Stunde (Bescheid S. 9). Mit Schreiben vom 12.11.2002, eingegangen am 20.11.2002 (Behördenordner I Bl. 236), beantragte die Klägerin bei dem Beklagten eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Mitverbrennung von Klärschlamm. Energiemäßig soll der Klärschlamm nach dem Antrag gemeinsam mit Kohle bis zu einem Anteil von 15 % der jeweiligen Feuerungswärmeleistung verbrannt werden. Der maximale Durchsatz ist bei Trockenklärschlamm auf 20 Tonnen pro Stunde begrenzt, bei nassem Klärschlamm auf 40 Tonnen pro Stunde, insgesamt also 60 Tonnen pro Stunde; die maximale Lagermenge beträgt für Trockenklärschlamm 100 Tonnen und für Nassklärschlamm 630 Tonnen (vgl. für beides Formularantrag, Formular 3.4, Behördenordner I Bl. 221). Der maximale Gehalt von Quecksilber in der Trockenmasse wurde im Genehmigungsantrag mit bis zu 8 Milligramm pro Kilogramm angegeben mit Blick auf den entsprechenden Höchstwert in der Klärschlammverordnung für die landwirtschaftliche Aufbringung (Beschreibung des Vorhabens, Seite 11, Tabelle 1, Behördenordner I Bl. 207).

Innerhalb des Genehmigungsverfahrens bat der Beklagte mit Schreiben vom 17.12.2002 (Behördenordner I Bl. 278) die beigeladene Gemeinde um Herstellung des Einvernehmens. Nach dem vorliegenden Aktenvermerk vom 10.2.2003 (Behördenordner I Bl. 335) verweigerte die Beigeladene telefonisch ihr Einvernehmen. In ihrer schriftlichen Begründung vom 6.3.2003 (Behördenordner I Bl. 386) berief sich die Beigeladene insbesondere auf schädliche Umwelteinwirkungen und auf unwirtschaftliche Aufwendungen mit Blick auf den verstärkten Lkw-Verkehr. Mit Schreiben vom 17.9.2003 (Behördenordner II Bl. 319) teilte die Kommunalaufsichtsbehörde im Ersetzungsverfahren mit, das fehlende gemeindliche Einvernehmen werde nicht ersetzt.

Im Folgenden erklärte der Beklagte mit Schreiben vom 17.12.2002 (Behördenordner I Bl. 279) nach dem Ergebnis einer Vorprüfung die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung für nicht erforderlich. Nach Auslegung der Unterlagen (Behördenordner I Bl. 285) holte der Beklagte zur Klärung immissionsschutzrechtlicher Fragen insbesondere betreffend Emissionsgrenzwerte das Gutachten des TÜV Süddeutschland vom 27.8.2003 ein (Behördenordner II Bl. 268). Zu einem Erörterungstermin kam es nicht. Stattdessen hörte der Beklagte mit Schreiben vom 1.9.2003 (Behördenordner II Bl. 270) die Klägerin mit Blick auf überhöhte Quecksilber- und Stickstoffoxideinträge, die fehlende Immissionsprognose und das fehlende Einvernehmen der Standortgemeinde zu einer beabsichtigten Ablehnung an. Die Klägerin trat dem im Einzelnen entgegen.

Am 12.12.2003 erging der Ablehnungsbescheid des Beklagten (Behördenordner II Bl. 450), der auf die Überschreitung des Quecksilbergrenzwerts und das fehlende Einvernehmen der Beigeladenen gestützt ist. Gegen den am 19.12.2003 zugestellten (Behördenordner II Bl. 452) Ablehnungsbescheid hat die Klägerin am 19.1.2004 bei dem Oberverwaltungsgericht Bescheidungsklage erhoben.

Zur Begründung trägt sie in eingehender Auseinandersetzung mit dem Bescheid vor: In immissionsschutzrechtlicher Hinsicht erfülle sie unstreitig sämtliche Pflichten mit Ausnahme der streitigen Überschreitung des Quecksilbergrenzwertes als Tagesmittelwert von 0,03 Milligramm pro Kubikmeter Abgas. Der Beklagte gehe bei seiner Berechnung von dem fehlerhaften Verständnis einer Worst-Case-Betrachtung aus, das nur theoretisch sei, aber nicht realistisch auf die konkrete Anlage bezogen. Maßgebend sei der bestimmungsgemäße Gebrauch der Anlage und deshalb komme es nach der Rechtsprechung des VGH München auf repräsentative Betriebszustände an. Stattdessen habe der Beklagte unter Ausblendung repräsentativer Erfahrungen mit anderen Anlagen der Berechnung den theoretischen Fall zugrunde gelegt, dass der maximale Klärschlammeinsatz von 60 Tonnen pro Stunde über 24 Stunden aufrecht erhalten werde, und dazu noch mit einem Maximalwert an Quecksilber von 8 Milligramm pro Kilogramm Trockenmasse. Konkret komme es anlagebezogen zu einer Kapazitätsminderung, da das Trockenschlammsilo nur 100 Tonnen umfasse, der tägliche Maximaldurchsatz aber 480 Tonnen betrage. Außerdem läge bei Maximaldurchsatz der Tagesverbrauch der Anlage über der Tagesproduktion des Saarlandes.

Ebenso wenig liege der maximale Schadstoffgehalt an Quecksilber realistischerweise über einen ganzen Tag vor. Die Maximalangabe lege nur die Grenze des rechtlich Zulässigen beim Anlagebetrieb fest. Ein Quecksilberwert von 8 Milligramm pro Kilogramm sei aber für die Prognose keinesfalls repräsentativ. Vielmehr betrage der Durchschnittswert 1 Milligramm pro Kilogramm Trockensubstanz, nunmehr nach Mitteilung der Bundesregierung an die EU-Kommission sogar 0,7 Milligramm pro Kilogramm Trockensubstanz; auch die Bandbreite von Messwerten an Klärschlammproben reiche bis 2,8 Milligramm pro Kilogramm, allenfalls bis 5,4 Milligramm pro Kilogramm. Da die Berechnung des Beklagten wenn überhaupt nur auf einen kurzfristigen Betriebszustand passe, müsse hier allenfalls der höhere Halbstundenmittelwert von 0,05 Milligramm pro Kubikmeter angewandt werden, der auch eingehalten sei.

Auch bei unterstellter Grenzwertüberschreitung sei die Ablehnung unrichtig. Ein immissionsschutzrechtlicher Antrag dürfe nur abgelehnt werden, wenn die Prüfung ergebe, dass die Genehmigungsvoraussetzungen nicht vorlägen und die Erfüllung auch nicht durch Nebenbestimmungen sichergestellt werden könne. Dabei sei nach der Rechtsprechung zu vermuten, dass der Antragsteller Nebenbestimmungen in seinen Willen aufgenommen habe. Die Regelung sei Ausdruck des Verhältnismäßigkeitsprinzips und gelte damit auch für Inhaltsbestimmungen. In einer Besprechung vom 17.12.2003 habe die Klägerin eine zeitweise Herabsetzung der Einsatzstoffe für den konkreten Fall akzeptiert, dass sich im Einzelfall bei kontinuierlichen Messungen eine Überschreitung des Emissionsgrenzwerts abzeichne. Realistischerweise komme es deshalb während des Betriebs zu keiner Grenzwertüberschreitung. Entgegen der Rechtsansicht des Beklagten werde der Klägerin mit Begrenzungsregelungen kein neuer Antragsgegenstand aufgedrängt, es liege kein Aliud vor, sondern ein Minus. Vielmehr habe der Beklagte sie beraten müssen. Als einschränkende Regelung hätte der Tagesdurchsatz des Klärschlamms entsprechend den beschränkten Lager- und Lieferkapazitäten begrenzt werden können; denkbar wäre auch eine Auflage, nur Klärschlämme mit einer bestimmten Spezifikation, insbesondere mit Quecksilbergehalt von bis zu 6 Milligramm pro Kilogramm Trockenmasse zu verbrennen. Soweit dem Beklagten Ermessen verblieben sei, liege eine Ermessensunterschreitung vor, da er eine Pflicht zur Versagung angenommen habe.

Entgegen der Annahme der Beigeladenen stehe Naturschutzrecht dem Vorhaben nicht entgegen. Zwar existierten in der Umgebung gemeldete FFH-Gebiete. Der Beklagte habe aber zu Recht nach dem Ergebnis einer gutachtlichen Vorprüfung von der Durchführung einer FFH-Verträglichkeitsprüfung abgesehen, da das Vorhaben nicht zur Beeinträchtigung dieser Gebiete geeignet sei. Auch der für die Kraftwerksböschungen geltende Landschaftsplan sei nicht beeinträchtigt, da der Verlust von Gehölz ausweislich der Eingriffs- und Ausgleichskarte durch eine flächenmäßig größere Neubepflanzung ausgeglichen werde.

Bauplanungsrechtlich sei das Änderungsvorhaben rechtmäßig und die Versagung des Einvernehmens durch die Beigeladene mithin rechtswidrig. Es handele sich um ein privilegiertes Außenbereichsvorhaben, dem öffentliche Belange nicht entgegenstünden. Eine Zunahme schädlicher Umwelteinwirkungen sei nicht zu befürchten, da wie dargelegt die Grenzwerte eingehalten würden. Hilfsweise hätte es mit Blick auf den Quecksilbergrenzwert ausgereicht, wenn die Beigeladene ihr Einvernehmen zu der Genehmigung mit entsprechenden Nebenbestimmungen zum Quecksilbergrenzwert erteilt hätte. Auch der Gesichtspunkt unwirtschaftlicher Straßenaufwendungen der Beigeladenen mit Blick auf den erhöhten Lkw-Verkehr greife nicht durch. Dieser Gesichtspunkt schütze die Gemeinde nur speziell vor solchen Aufwendungen, die durch die Lage im Außenbereich verursacht würden. Die Lkw-bezogenen Straßenaufwendungen würden aber an jedem Standort innerhalb des Gemeindegebiets eintreten. Mithin greife dieser Gesichtspunkt von vornherein nicht. Zusatzkosten der Beigeladenen entstünden nicht. Insbesondere sei konkret zu bezweifeln, dass die Schätzung der Beigeladenen eines um mindestens 6 % erhöhten Unterhaltungsaufwands richtig durchgeführt sei. Etwaige doch entstehende zusätzliche Aufwendungen seien nicht unwirtschaftlich, weil sie nicht allein im Interesse der Klägerin lägen, sondern auch die örtliche Infrastruktur verbesserten. Schließlich stehe auch der städtebauliche Vertrag vom 4./5.9.1996 der Realisierung des Vorhabens nicht entgegen. Das in Ziffer 9 des Vertrages vereinbarte Verbot der Mitverbrennung von Klärschlamm beziehe sich nach Ziffer 17 allein auf den Fall, dass das seinerzeitige Projekt Kraftwerk Bexbach II realisiert werde, was aber zu keiner Zeit eingetreten sei. Davon abgesehen sei der Vertragsinhalt rechtlich weder eine Genehmigungsfrage noch eine Einvernehmensfrage.

Nach allem habe der Beklagte die beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung zu Unrecht versagt und sei zu verpflichten, nach Durchführung der noch erforderlichen Verfahrensschritte über den Antrag neu zu entscheiden.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 12.12.2003 zu verpflichten, über den von der Klägerin unter dem 12.11.2002 gestellten Antrag auf Genehmigung zur Mitverbrennung von Klärschlamm im Kraftwerk Bexbach unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hält die Klage für unbegründet. Die Klägerin habe keinen Genehmigungsanspruch, da sowohl die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen nicht vorlägen als auch das Gemeindeeinvernehmen versagt sei. Entgegen der Meinung der Klägerin habe er kein fehlerhaftes Verständnis von einer Worst-Case-Betrachtung. Er habe bei der Berechnung der Quecksilberemissionen nicht auf einen nur theoretischen Betriebszustand abgestellt, sondern sich ausschließlich nach der beantragten Genehmigung und damit dem Planzustand gerichtet. Ob die beantragten Betriebsbedingungen wie nunmehr vorgetragen unwahrscheinlich seien, sei nicht entscheidend. Es obliege allein der Klägerin, den von ihr als möglich und ausreichend erachteten Betriebsbedingungen durch eine entsprechende Formulierung des Genehmigungsantrags Rechnung zu tragen. Auch in der Sache selbst sei die beantragte Mitverbrennung von 60 Tonnen Klärschlamm pro Stunde über 24 Stunden am Tag und damit in Höhe von 1440 Tonnen nicht unrealistisch. Ein voll gefülltes Trockenschlammsilo mit 100 Tonnen Inhalt würde bei maximalem Mengendurchsatz erst nach 5 Stunden entleert. Zwar sei eine Klärschlammanlieferung während der Nachtzeit von 22 Uhr bis 6 Uhr nicht möglich, wohl aber eine Klärschlammentladung durch auf dem Betriebsgelände bereitgestellte Lkw’s.

Wegen des mithin vorliegenden immissionsschutzrechtlichen Versagungsgrundes habe der Antrag abgelehnt werden müssen. Eine Nebenbestimmung wäre nicht in Betracht gekommen. Umfang und Art des eingesetzten Klärschlamms gehörten zum Antragsgegenstand. Allein die Klägerin sei Herr des Antrags gewesen. Sie sei nicht bereit gewesen, ihren Antrag im Genehmigungsverfahren abzuändern. Deshalb wäre ein anderer Genehmigungsgegenstand unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten kein milderes, sondern ein unerwünschtes Mittel gewesen. Weiterhin habe die Beigeladene zu Recht ihr Einvernehmen versagt. Insofern schließt sich der Beklagte dem Vortrag der Beigeladenen vollinhaltlich an.

Die Beigeladene stellt keinen Antrag.

Die Beigeladene vertritt den Rechtsstandpunkt, dass die Genehmigung bereits aus immissionsschutzrechtlichen Gründen zu versagen sei und schließt sich insofern der Argumentation des Beklagten an. Ergänzend trägt sie vor, bei der Betrachtung eines realistischen oder wahrscheinlichen Betriebszustandes wären die Angaben im Genehmigungsantrag über die maximale Ausnutzbarkeit im Grunde überflüssig und das Ziel des Immissionsschutzes sei in Frage gestellt. Es gehe nicht an, dass die Klägerin im Prozess ihre eigenen Angaben nunmehr als theoretisch denkbaren Betriebszustand ansehe. Der Beklagte hätte keine Veranlassung gehabt, ohne Abänderung des Antrags der Klägerin ein Aliud zuzusprechen und habe mithin die Genehmigung zu Recht verweigert.

Abgesehen von immissionsschutzrechtlichen Gründen bestünden auch naturschutzrechtliche Bedenken gegen das Vorhaben. Zum einen befänden sich einige FFH-Gebiete in der Nähe des Kraftwerkstandorts und insofern fehle es an einer Verträglichkeitsuntersuchung. Weiterhin sei naturschutzrechtlich im Böschungsbereich der Anlage selbst ein Landschaftsplan betroffen, zu dem das Vorhaben im Widerspruch stehe.

Die Beigeladene habe ihr Einvernehmen zu Recht wegen entgegenstehender öffentlicher Belange verweigert. Dies gelte sowohl für schädliche Umwelteinwirkungen als auch für unwirtschaftliche Aufwendungen.

Insofern trägt die Beigeladene auf der Grundlage ihres Verkehrsentwicklungsplans mit Beweisanerbieten vor, dass das Vorhaben zu unwirtschaftlichen Aufwendungen für Straßen führe. Der tägliche zusätzliche Lkw-Verkehr von insgesamt 120 An- und Abfahrten erfolge mehrheitlich über den Industriering als Umgehungsstraße, beeinträchtige aber auch die Innenstadt. Insofern legt die Beigeladene eingehend ihre Erfahrungen mit dem Lkw-Zulieferungsverkehr durch ihre Innenstadt dar. Hinzu komme eine zusätzliche Belastung. Der Lkw-Verkehr auf dem Industriering als Umgehungsstraße betrage jetzt täglich 1045 Lkw-Fahrzeuge und steige durch 120 zusätzliche Fahrten um 10,3 % an. Im Haushaltsjahr 2005 habe die Beigeladene für die Unterhaltung des Industrierings Finanzmittel in Höhe von rund 20.000,-- Euro eingeplant; durch den zusätzlichen Lkw-Verkehr sei mit einem um mindestens 6 % erhöhten Unterhaltsaufwand zu rechnen. Ein Neuausbau des Industrierings koste 725.870,-- Euro. Hinzu kämen unter Einbeziehung der Innenstadt künftig weitere aufwändige Bau- und Sicherheitsmaßnahmen, die im Einzelnen aufgeführt werden. Mit Blick auf die Unwirtschaftlichkeit sei zu berücksichtigen, dass die Beigeladene bei einem Haushaltsdefizit von 10,5 Millionen Euro nicht die Mittel für zusätzliche Unterhaltungs- und Sanierungskosten habe. Die Kosten kämen allein der Klägerin für ihr Vorhaben zugute und hätten für die geordnete Entwicklung der Beigeladenen keine Bedeutung. Vor solchen unwirtschaftlichen Aufwendungen schütze das Bauplanungsrecht, ohne dass es auf eine spezielle Kausalität zwischen Außenbereichsstandort und Aufwendungen ankomme. Ihr Einvernehmen sei mithin zu Recht versagt worden. Aus den dargelegten Gründen könne die Klage keinen Erfolg haben.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Behördenordner – 7 Ordner – Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das Oberverwaltungsgericht nach § 48 I Nr. 3 VwGO für Streitigkeiten betreffend die Änderung von Kraftwerken mit einer Feuerungswärmeleistung mit mehr als 300 Megawatt – hier 1840 Megawatt – erstinstanzlich zuständig.

Die Klage ist aber unbegründet. Für die als Bescheidungsklage erhobene Klage ist das derzeit geltende Recht maßgebend. Danach hat die Klägerin deshalb keinen Genehmigungsanspruch nach § 6 des Bundesimmissionsschutzgesetzes – BImSchG – in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 24.5.2005 (BGBl. I S. 1794), weil auf der Grundlage des Antrags und der vorgelegten Unterlagen nicht sichergestellt ist, dass die Klägerin ihre Betreiberpflichten erfüllt (§ 6 I Nr. 1, § 5 I Nr. 2 BImSchG) und weiter andere öffentlich-rechtliche Vorschriften – die für die Beurteilung des Vorhabens einschlägigen Bestimmungen des Bauplanungsrechts entgegenstehen (§ 6 I Nr. 2 BimSchG, § 35 III 1 Nr. 3 BauGB) und die Beigeladene unter dem letztgenannten Gesichtspunkt zu Recht ihr Einvernehmen versagt hat.

Die von der Klägerin begehrte immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung nach § 16 I 1 BImSchG ist unstreitig erforderlich, da eine wesentliche Änderung des Anlagenbetriebs beantragt ist. Nach dem Antragsgegenstand sollen in dem Kohlekraftwerk stündlich bis zu 60 Tonnen Klärschlamm mitverbrannt werden. Nach dem abstrakten Maßstab des § 16 I 1 BImSchG können damit nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden, wie sich bereits aus dem wesentlich veränderten Schadstoffinput von Klärschlamm gegenüber Kohle ergibt. Im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts liegt hier nicht eine rein quantitative Erweiterung, sondern eine Änderung qualitativer Art vor.

BVerwG, Urteil vom 11.2.1977 – IV C 9.75 -, DVBl. 1977, 770 – 771.

Nach den im Immissionsschutzrecht anerkannten Grundsätzen sind bei qualitativen Änderungen sämtliche von der Anlage ausgehenden Emissionen als unmittelbarer Prüfungsgegenstand zu würdigen.

BVerwG, Urteil vom 11.2.1977 – IV C 9.75 -, DVBl. 1977, 770 – 771; BVerwG, Urteil vom 21.8.1996 – 11 C 9/95 -, Juris-Ausdruck Seite 7, wobei in dem letzteren Urteil die für das Immissionsschutzrecht anerkannten Grundsätze auf das Atomrecht übertragen werden; ebenso Jarass, BImSchG, Kommentar, 6. Auflage 2005, § 16 Rdnr. 20; Feldhaus, BImSchG, 2. Auflage, Stand 2003, § 16 Rdnr. 87.

Mithin kommt es bei der hier vorliegenden qualitativen Änderung der Klärschlammzugabe auf die Emissionen der gesamten Anlage an. Der Prüfungsgegenstand geht damit weiter als der Genehmigungsgegenstand, denn der Genehmigungsgegenstand bestimmt sich nach dem gestellten Antrag und stellt die vorhandene Anlage, soweit sie unverändert bleiben soll, nicht zur Entscheidung der Genehmigungsbehörde.

Feldhaus, § 16 Rdnrn. 87 und 88.

Die Änderungsgenehmigung kann nach den §§ 16, 6 I Nr. 1 BImSchG nur erteilt werden, wenn sichergestellt ist, dass die Betreiberpflichten nach § 5 BImSchG sowie nach einer aufgrund des § 7 BImSchG erlassenen Rechtsverordnung erfüllt werden. Sichergestellt ist die Erfüllung der Betreiberpflichten nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur dann, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Überschreitung der immissionsschutzrechtlich festgesetzten Werte ausgeschlossen werden kann.

BVerwG, Urteil vom 17.2.1978 – BVerwG 1 C 102.76 -, BVerwGE 55, 250 – 262, Voerde-Urteil.

Zu den Betreiberpflichten gehört es nach § 5 I Nr. 1 und 2 BImSchG, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt zum einen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können, mithin die Schutzpflicht erfüllt wird, und sodann, dass Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen, mithin die Vorsorgepflicht erfüllt wird. Der Schutzpflicht werden die Immissionswerte am Einwirkungsort zugeordnet und der Vorsorgepflicht die Emissionswerte an der Emissionsquelle (Schornstein).

Der Beklagte hat in seinem angefochtenen Bescheid einen Genehmigungsanspruch aus immissionsschutzrechtlicher Sicht deshalb verneint, weil die Erfüllung der Vorsorgepflicht durch Einhaltung des Emissionswertes für Quecksilberemissionen nach der von ihm durchgeführten Rechnung nicht sichergestellt ist und auch nach dem Antragsinhalt durch Nebenbestimmungen nicht sichergestellt werden kann. Nach dem Überprüfungsergebnis des Senats ist der als gebundener Verwaltungsakt ergangene Bescheid im immissionsschutzrechtlichen Ergebnis rechtmäßig, wobei es mit Blick auf den Streit der Beteiligten noch ergänzender und alternativer Betrachtungen insbesondere zu der streitigen Kapazität der Anlage und zu der Möglichkeit bedarf, aufgrund der vorliegenden Antragsunterlagen Genehmigungshindernisse durch Nebenbestimmungen oder Inhaltsbestimmungen zu überwinden.

Unstreitig ist zwischen den Beteiligten als anzulegender rechtlicher Maßstab der Emissionsgrenzwert für Quecksilberemissionen der Anlage.

Durch die Mitverbrennung von Klärschlamm wird die zur Genehmigung gestellte Anlage nach Maßgabe des § 2 Nr. 7 der 17. BImSchV in der hier maßgebenden Fassung vom 14.8.2003 (Bundesgesetzblatt I S. 1633) zur Mitverbrennungsanlage, da der Hauptzweck der Energiebereitstellung bestehen bleibt. Nach dem Antragsgegenstand

Beschreibung des Vorhabens, Seite 7, Behördenordner I, Bl. 217/211

erfolgt die Mitverbrennung in dem Kohlekraftwerk antragsgemäß mit einem Anteil von höchstens 15 Prozent der jeweils gefahrenen Feuerungswärmeleistung. Bei dieser Sachlage ist der Hauptzweck der zur Genehmigung gestellten Anlage nicht die Abfallbehandlung, sondern die Energiebereitstellung. Nach § 5 a I 1 der 17. BImSchV gelten für Mitverbrennungsanlagen mit – wie hier – Mitverbrennungsstoffen bis zu 25 Prozent der jeweils gefahrenen Feuerungswärmeleistung die Emissionsgrenzwerte gemäß Anhang II der Verordnung. Nach Anhang II, dort Nr. II.2.5, gilt für alle Brennstoffe als Tagesmittelwert der Quecksilbergrenzwert von 0,03 Milligramm oder umgerechnet 30 Mikrogramm pro Kubikmeter Abgas. Nach § 12 III der 17. BImSchV sind die Emissionsgrenzwerte nur dann eingehalten, wenn kein Tagesmittelwert überschritten wird. Als Halbstundenmittelwert gilt nach Nr. II. 2.6 des Anhangs II für Quecksilber ein Grenzwert von 0,05 Milligramm oder umgerechnet 50 Mikrogramm pro Kubikmeter.

Diese rechtliche Regelung ist hier anzuwenden. Zwar besteht nach § 17 I der 17. BImSchV zugunsten von Altanlagen eine Überleitungsregelung nach Maßgabe der alten Fassung der 17. BImSchV, die aber ohnedies nach dem 17.12.2005 ausläuft. Mit Blick auf die Dynamik der Betreiberpflichten

BVerwG, Beschluss vom 3.6.2004 – 7 B 14.04 -, DÖV 2004, 1043/1044, dort zur Dynamik der Pflichten sowohl im Immissionsschutzrecht wie im Abfallrecht

müsste jede Mitverbrennungsanlage unabhängig vom Zeitpunkt der Genehmigung den neuen Quecksilbergrenzwert ab dem 18.12.2005 einhalten. Dieser Rechtslage vorgreifend hat die Klägerin im Genehmigungsverfahren in ihrem Anwaltsschreiben vom 19.9.2003 verbindlich auf die Altanlagenprivilegierung nach § 17 der neuen 17. BImSchV verzichtet.

Seite 9 des Schreibens vom 19.9.2003, Behördenordner II Blatt 310.

Das Inkrafttreten des neueren, insofern strengeren Rechts während des Genehmigungsverfahrens hat im Übrigen dazu geführt, dass die Antragsunterlagen teilweise noch auf höhere und damit für die Betreiberin mildere Grenzwerte ausgerichtet sind. In dem von der Klägerin vorgelegten proTerra-Gutachten

Anlage 11, Gutachten der proTerra vom 11.11.2002, Behördenordner I Blatt 40, dort Seite 25 des Gutachtens

wird für Quecksilber von einem Mischgrenzwert für die Kohle- und Klärschlammverbrennung als Tagesmittelwert von 0,09 Milligramm pro Kubikmeter (90 Mikrogramm pro Kubikmeter) ausgegangen, der nach diesen Feststellungen sowohl beim reinen Kohlebetrieb als auch beim Einsatz von Klärschlamm deutlich unterschritten wird. Der nunmehr geltende neue Grenzwert für Quecksilber als Tagesmittelwert von 0,03 Milligramm pro Kubikmeter ist dreimal strenger als der in den Antragsunterlagen der Klägerin einschließlich des proTerra-Gutachtens angenommene Emissionsgrenzwert. Gerade diese Rechtsänderung führt hier zur Überschreitung des neuen Emissionsgrenzwerts, der nach dem früheren Recht noch sicher hätte eingehalten werden können. Die Klägerin hatte also ursprünglich keinen Anlass, der Quecksilberproblematik – Quecksilber entzieht sich als leichtflüchtiges und dann gasförmiges Schwermetall wesentlich leichter der Filterung im Abgas als die schwerflüchtigen Schwermetalle – verstärkte Aufmerksamkeit zu schenken oder eine technische Aufrüstung der Anlage in Erwägung zu ziehen.

Vgl. zur Flüchtigkeit von Quecksilber im Rauchgas bei der Verbrennung von Klärschlamm Förstner, Umweltschutztechnik, 6. Auflage 2004, S. 193; allgemein zur Flüchtigkeit von Quecksilber und zur stark toxischen Wirkung Römpp, Lexikon Umwelt, 2. Auflage 2000, Stichwort Quecksilber.

In dem angefochtenen Bescheid hat der Beklagte tagesbezogen die maximalen Quecksilberemissionen der gesamten Anlage sowohl im Ist-Zustand und damit im reinen Kohlebetrieb ermittelt als auch im Planzustand bei maximal zulässiger Zugabe von Klärschlamm in Höhe von 60 Tonnen pro Stunde. Bezogen auf den reinen Kohlebetrieb mit maximalem Durchsatz von 263,7 Tonnen/Stunde (Bescheid S. 9) hat er eine maximale Quecksilberkonzentration von 0,00875 Milligramm pro Kubikmeter (8,75 Mikrogramm pro Kubikmeter) berechnet, die deutlich unter dem Grenzwert von 0,03 Milligramm ( 30 Mikrogramm ) Quecksilber pro Kubikmeter im Tagesmittel liegt. Anschließend (Bescheid Seite 11 bis 13) hat der Beklagte in nachvollziehbarer Art die maximalen Emissionen an Quecksilber im Planzustand berechnet.

Den maximalen Massenstrom an Klärschlamm von 60 Tonnen pro Stunde hat er zunächst in die – niedrigere – Trockensubstanz von 34 Tonnen pro Stunde umgerechnet, da sich der Quecksilbergehalt des Klärschlamms stets auf die Trockensubstanz bezieht. Ausgehend von dem maximalen Quecksilbergehalt des beantragten Klärschlamms von 8 Milligramm pro Kilogramm errechnet sich der klärschlammbezogene Eintrag von Quecksilber in die Feuerung als Massenstrom von 0,272 Kilogramm pro Stunde (Seite 12). Hinzu kommt der Quecksilbereintrag in die Feuerung aus der vermindert verbrannten Kohle von 0,0714 Kilogramm pro Stunde (Bescheid Seite 12); der Quecksilbereintrag durch den Klärschlamm in die Feuerung ist also rund viermal höher als der Quecksilbereintrag durch die Kohle.

Ausgehend von der Summierung dieser beiden Quecksilbereinträge zu insgesamt 0,3434 Kilogramm pro Stunde (Bescheid Seite 13) berechnet der Beklagte sodann mit dem Transferfaktor von 0,26 (das entspricht 26 %) den Eintrag des Quecksilbers in das Reingas in Form eines stündlichen Massenstroms von 26 % von 0,3434 Kilogramm pro Stunde und damit 0,0893 Kilogramm pro Stunde (Bescheid Seite 13).

Der Massenstrom muss noch in die Konzentration und damit in Masse pro Volumen umgerechnet werden. Dafür wird der stündliche Massenstrom durch den stündlichen Volumenstrom geteilt; da sich die Stundenangaben im Zähler und im Nenner weg kürzen, führt diese Division zur Masse pro Volumen und damit dem Konzentrationswert. Rechnerisch ergibt sich (Bescheid Seite 13) aus dem maximalen Emissionsmassenstrom für Quecksilber von 0,0893 Kilogramm pro Stunde und dem maximalen Abgasvolumenstrom von 2,35 Millionen Kubikmeter pro Stunde ein Wert von 0,0380 Millionstel Kilogramm pro Kubikmeter. Umgerechnet in kleinere Einheiten entspricht dies einer Quecksilberkonzentration von 0,0380 Milligramm oder 38,0 Mikrogramm pro Kubikmeter (Bescheid Seite 13). Tagesbezogen ist damit der Grenzwert von 0,03 Milligramm oder 30 Mikrogramm pro Kubikmeter überschritten.

Die Rechnung des Beklagten ist rein rechnerisch nicht angegriffen und gibt letztlich das plausible Ergebnis wieder, dass ein Mitverbrennungsstoff mit einem maximal wesentlich höheren Quecksilbergehalt als dem der eingesetzten Steinkohle auch nach Filterung in den Abgasen zu einem deutlich erhöhten Quecksilberanteil führt. Der Senat ist so ausführlich auf die Berechnung des Beklagten eingegangen, weil es im Folgenden noch einer Alternativrechnung für den Fall einer durch einen nächtlichen Engpass eingeschränkten Kapazität bedarf.

Die Klägerin greift – zusammengefasst - die Voraussetzungen und die Konsequenzen der Berechnungen des Beklagten als nur theoretisch und nicht realistisch an. Repräsentative Vergleichsmessungen an anderen Anlagen seien ausgeblendet. Die Annahme einer Volllast der Klärschlammmitverbrennung über einen gesamten 24-stündigen Tag sei schon aus Gründen der Lagerkapazität nicht realistisch, sondern nur theoretisch. Ein repräsentativer Betriebszustand liege nicht vor. Ebenso sei der maximale Quecksilberwert von 8 Milligramm pro Kilogramm keineswegs repräsentativ, zumal der durchschnittliche Quecksilbergehalt inzwischen nur 0,7 Milligramm pro Kilogramm betrage. Die von dem Beklagten angenommenen Bedingungen könnten, wenn überhaupt, allenfalls für einen kurzfristigen Betriebszustand gelten, so dass damit allein der hier eingehaltene Halbstundenmittelwert von 0,05 Milligramm pro Kubikmeter maßgebend wäre.

Vorweg ist der Argumentation der Klägerin entgegenzuhalten, dass repräsentative Vergleichsmessungen an anderen Anlagen nicht die von ihr angenommene Bedeutung haben. Zwar können Messungen an anderen Anlagen die gemessene Einhaltung der Grenzwerte durch die streitgegenständliche Anlage indiziell bestätigen.

Vgl. BayVGH, Urteil vom 27.5.2003 – 22 B 94.314 -, Juris-Ausdruck S. 7.

Als bloßes Indiz würden Vergleichsmessungen an anderen Anlagen aber nicht ausreichen, um eine gemessene Grenzwertüberschreitung der streitgegenständlichen Anlage zu widerlegen. Ebenso wenig können Vergleichsmessungen an anderen Anlagen eine exakt durchgeführte Berechnung einer Grenzwertüberschreitung nach dem Konzept der streitgegenständlichen Anlage widerlegen. Es geht nur um den individualrechtlichen Genehmigungsanspruch nach den Besonderheiten der vorliegenden Anlage. Mithin liegt in der Ausblendung von Vergleichsmessungen kein Rechtsfehler des Beklagten vor.

Die Klägerin macht mit ihren Angriffen gegen die Berechnung vor allem geltend, der Beklagte habe ein grundlegend falsches Verständnis einer Worst-Case-Betrachtung im Immissionsschutzrecht. Für die Einhaltung des Emissionsgrenzwertes komme es auf einen repräsentativen Betriebszustand und repräsentative Schadstoffwerte an. Unter diesen Bedingungen werde der Quecksilbergrenzwert ohne Weiteres eingehalten, und damit sei die Vorsorgepflicht erfüllt.

Die Rechtsposition der Klägerin ist zwar durchdacht und in sich konsequent, entspricht aber nicht dem grundlegenden Verständnis der Vorsorge. Die Vorsorgepflicht ist zukunftsbezogen und beugt der Entstehung von schädlichen Umwelteinwirkungen generell vor.

Jarass, BimSchG, 6. Auflage 2005, § 5 Rdnr. 46.

Wesentlich ist zur Entscheidung des Streits der Beteiligten, dass die zukunftsbezogene Vorsorgepflicht nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts das Ziel der Risikominimierung hat.

BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 – BVerwG 7 C 19.02 -, BVerwGE 119, 329, Nanoanlagen-Urteil; BVerwG, Urteil vom 20.12.1999 – 7 C 15/98 -, Juris-Ausdruck S. 5; zusammenfassend zum Dreistufenmodell des Umweltrechts mit den Begriffen Gefahr, Risiko und Restrisiko Brenner/Nehrig, Das Risiko im öffentlichen Recht, DÖV 2003, 1024 – 1026.

Bei der Erfüllung der Vorsorgepflicht müssen die Emissionsgrenzwerte auch unter ungünstigsten Betriebsbedingungen eingehalten werden.

BVerwG, Beschluss vom 22.1.2004 – 7 B 97/03 -, Juris-Ausdruck S. 2.

Es genügt also rechtlich nicht, dass der Emissionsgrenzwert unter günstigsten oder unter mittelgünstigen Betriebsbedingungen eingehalten wird, vielmehr muss dies gerade unter ungünstigsten Betriebsbedingungen ( Worst- (ase-Konzept) von vornherein gewährleistet sein.

Die Klägerin stellt den Ausgangspunkt der Rechtsprechung, dass es auf die ungünstigsten Betriebsbedingungen ankommt, selbst nicht in Frage. Sie meint aber, bei einer realistischen Betrachtungsweise komme es rechtlich auf repräsentative Betriebsbedingungen an. Das Wort „repräsentativ“ bedeutet sprachlich typisch im Sinne eines repräsentativen Querschnitts.

Duden, Das Fremdwörterbuch, 7. Auflage 2001, Stichwort repräsentativ.

Es handelt sich also um einen statistisch gesicherten Querschnitt. In diesem Sinne verwendet die Klägerin auch das Wort in ihrer Argumentation, denn sie will atypische Betriebsbedingungen wie eine Volllast der Klärschlammmitverbrennung über einen ganzen Tag oder atypisch hohe Quecksilberanteile des verbrannten Klärschlamms von der rechtlichen Betrachtung ausschließen. Für diese im Immissionsschutzrecht kaum gebräuchliche Terminologie beruft sie sich sodann auf eine neuere Entscheidung des Bayerischen VGH aus dem Jahr 2003, in der in der Tat ausdrücklich auf einen „repräsentativen“ Betriebszustand für reale Messungen von Emissionswerten abgestellt wird.

Bayerischer VGH, Urteil vom 27.5.2003 – 22 B 94.314 -, Seite 8 des Juris-Ausdrucks, betreffend die Volllast bei einer Asphaltmischanlage.

Aus dem Sinnzusammenhang der Entscheidung des Bayerischen VGH ergibt sich indessen eindeutig, dass dieses Gericht ungeachtet der Wortwahl des repräsentativen Betriebszustandes gerade nicht auf einen typischen Querschnitt der Betriebszustände abstellt. Vielmehr lautet der von der Klägerin in Anspruch genommene Rechtssatz (Seite 7/8 des Juris-Ausdrucks):

Die Messungen werden daher nicht im anlagentechnisch möglichen Maximalbetrieb, sondern in einem noch innerhalb des produktionstechnisch Vernünftigen liegenden und insoweit repräsentativen Betriebszustand durchgeführt.

Die Begründung ergibt sich aus dem vorausgehenden Satz (Seite 7 des Juris-Ausdrucks):

Wie der Sachverständige K. erläutert hat, könnten bei einem maximalem Hochfahren der Anlage keine brauchbaren Produkte mehr hergestellt werden.

Aus dem Zusammenhang ergibt sich deutlich, dass der Bayerische VGH eine Vernunftgrenze zieht im Sinne des produktionstechnisch Vernünftigen und ein Hochfahren der Anlage über die Vernunftgrenzen ausschließt, wenn keine brauchbaren Produkte mehr hergestellt werden. In der Sache teilt der Senat die Auffassung des Bayerischen VGH zu einer Vernunftgrenze. Eine solche Produktionsweise wäre handgreiflich unvernünftig. Nicht zu folgen vermag der Senat aber der Terminologie eines „repräsentativen“ Betriebszustandes, die im Sprachsinn eine statistische Querschnittsbetrachtung bedeutet. Die Betrachtungsweise der Klägerin führt dazu, dass atypische Betriebssituationen und atypische Schadstoffgehalte für die Erfüllung der Vorsorgepflicht ausscheiden.

Der Ansatz der Klägerin mag in verschiedenen Rechtsbereichen durchaus zutreffen, passt aber nicht auf die hier relevante immissionsschutzrechtliche Vorsorgepflicht. Er kann deshalb nicht überzeugen, weil er dem Vorsorgekonzept der Risikominimierung nicht gerecht wird. Die immissionsschutzrechtliche Schutzpflicht als Instrument der Gefahrenabwehr greift zwar erst ein, wenn die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts besteht.

BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 – BVerwG 7 C 19.02 -, Nanoanlagenurteil; ebenso zur Gefahrdefinition im Sinne einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit bei ungehindertem Geschehensablauf Brenner/Nehrig, DÖV 2003, 1024 – 1025.

Dagegen ist es Aufgabe der Vorsorge, Risiken unterhalb der Gefahrengrenze zu minimieren.

BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 – 7 C 19.02 -, Nanoanlagenurteil.

Risiken sind nicht von vornherein wahrscheinlich. Ein Risiko bezieht sich auf einen möglichen, aber ungewissen Schaden; es muss lediglich hinreichende Gründe für die Möglichkeit geben.

BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 – BVerwG 7 C 19.02 -, Nanoanlagenurteil; ebenso Brenner/Nehrig, DÖV 2003, 1024 – 1025.

Erst jenseits einer Irrelevanzgrenze von 1 % einer anerkannten Wirkungsschwelle liegt ein unausweichliches Restrisiko vor, das immissionsschutzrechtlich hinzunehmen ist.

BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 – BVerwG 7 C 19.02 -, Nanoanlagenurteil; ebenso im Sinne einer Zumutbarkeitsgrenze des Restrisikos Brenner/Nehrig, DÖV 2003, 1024 – 1026.

Das Risikominimierungsgebot der Vorsorge gilt nach den Regeln der praktischen Vernunft.

So überzeugend Brenner/Nehrig, DÖV 2003, 1024 – 1025; ebenso in der Sache Bayerischer VGH, Urteil vom 27.5.2003 – 22 B 94.314 -, Seite 8 des Juris-Ausdrucks, soweit er auf die Grenzen des Vernünftigen abstellt.

Zusammengefasst ist es Aufgabe der Vorsorge, Risiken unterhalb der Gefahrengrenze innerhalb der Grenzen der praktischen Vernunft zu minimieren.

Dem so verstandenen Minimierungsgebot der Risiken wird der Ansatz der Klägerin aber nicht gerecht, die nur repräsentative Betriebszustände und repräsentative Schadstoffwerte in die Vorsorge einbeziehen will und alle atypischen Betriebszustände und Schadstoffwerte als nicht bestimmungsgemäß und nur theoretisch ansieht. Die Risiken können nur dann minimiert werden, wenn man rechtlich auf die maximalen Emissionen abstellt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gehören die maximalen Emissionen innerhalb des genehmigten Grenzwertes zum bestimmungsgemäßen Betrieb der Anlage und sind den immissionsschutzrechtlichen Berechnungen zugrunde zu legen, da die Betreiberin bis zum festgesetzten Grenzwert Schadstoff emittieren darf; auf die tatsächlich gemessenen Emissionen kommt es im Genehmigungsprozess nicht an.

BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 – BVerwG 7 C 19.02 -, Nanoanlagenurteil.

Nach dem Rechtsstandpunkt des Bundesverwaltungsgerichts sind auch für Heizwerke mit selten gefahrener Volllast die Emissionsgrenzwerte ohne Bonus maßgebend.

BVerwG, Urteil vom 17.2.1984 – 7 C 8/82 -, NVwZ 1984, 371-374.

Mithin betrifft ein Risiko auch seltene Ereignisse.

Nach der dargelegten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist der Streit der Beteiligten um das Verständnis der Worst-Case-Betrachtung wie folgt zu entscheiden: Es kommt nicht allein auf die technische Möglichkeit eines Betriebszustandes an, wie der Beklagte meint, und es kommt ebenso wenig auf repräsentative Betriebszustände im Sinne eines realistischen Durchschnittsgeschehens an, wie die Klägerin meint. Entscheidend ist die technische Möglichkeit der ungünstigsten Betriebszustände in den Grenzen der praktischen Vernunft.

Der danach näher begründete Rechtsstandpunkt des Senats zur Worst-Case-Betrachtung ist nunmehr auf die Streitfragen der Anlagenkapazität, der Marktkapazität und der Schadstoffzusammensetzung des Klärschlamms anzuwenden.

Der Senat geht zunächst auf den Streit über die anlagenbezogene Kapazität der Klärschlammmitverbrennung ein.

Der Beklagte geht von dem beantragten und tatsächlich möglichen Betriebsumfang aus. Die Klägerin hält dem kapazitätsmindernd entgegen, was rechtlich erlaubt und abstrakt möglich sei, gebe nur einen ersten Hinweis auf ungünstigste Betriebsbedingungen. Die Volllast bei der Mitverbrennung von Klärschlamm von 60 Tonnen pro Stunde über einen ganzen Tag sei zwar technisch möglich und rechtlich zulässig, werde aber realistischerweise nicht durchgeführt.

Schriftsatz der Klägerin vom 13.1.2005, Seite 6, Gerichtsakte Bl. 317.

Normativ bestimmt § 1 I 4 der 4. BImSchV in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 23.12.2004 (BGBl. I S. 3758), dass für die Kapazität einer Anlage auf den rechtlich und tatsächlich möglichen Betriebsumfang abzustellen ist. Entgegen der Meinung der Klägerin ist der rechtlich und tatsächlich mögliche Betriebsumfang nicht ein erster Hinweis, sondern das normative Kriterium für die Kapazität der Anlage. Nach der Normgebungsgeschichte hat der Verordnungsgeber deshalb nicht auf den tatsächlich praktizierten Betriebsumfang abgestellt, weil dieser gegebenenfalls von dem wechselnden Verhalten des Anlagenbetreibers abhänge; wenn der Anlagenbetreiber den technisch möglichen Betriebsumfang nicht ausnutzen wolle, könne er seinen Antrag entsprechend beschränken.

Landmann/Rohmer, § 1 der 4. BImSchV Rdnr. 6 unter Hinweis auf die Bundesrats-Drucksache 413/84.

Diese Regelung dient der Rechtsklarheit.

Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Band 2, § 1 der 4. BImSchV, Rdnr. 11.

Allerdings gilt nach dem Rechtsstandpunkt des Senats einschränkend eine Grenze der praktischen Vernunft insbesondere im Sinne des produktionstechnisch Vernünftigen. Übereinstimmend damit ist in der Literatur anerkannt, dass es nicht auf eine theoretisch mögliche Nutzung der Anlage ankommt, vielmehr eine konkrete Betrachtungsweise der Anlage einschließlich eingrenzender Nebeneinrichtungen maßgebend ist.

Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band II, § 1 der 4. BImSchV Rdnr. 7; Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Band 2, § 1 der 4. BImSchV, Rdnr. 11.

Als Beispiel für eine solche Begrenzung des Betriebsumfangs wird angeführt, dass innerhalb einer Lackieranlage die Trocknungsanlage einen geringeren Durchsatz hat.

Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, § 1 der 4. BImSchV Rdnr. 11.

Ebenso wie in dem bereits dargestellten Fall der Asphaltmischanlage ist es in dem genannten Beispiel handgreiflich unvernünftig, ein Produkt in einem zahlenmäßig höheren Umfang zu lackieren, als es ordnungsgemäß getrocknet werden kann, was die Brauchbarkeit des Produkts in Frage stellt.

Die Klägerin sieht im hier zu entscheidenden Fall eine vergleichbare Sachlage für die Trockenschlammverbrennung, da das Trockenschlammsilo nur 100 Tonnen umfasse, bei Volllast der tägliche Durchsatz von Trockenschlamm aber 480 Tonnen wäre. Der Beklagte hält dem entgegen (Schriftsatz vom 25.10.2004, Seite 4/5, Gerichtsakte Bl. 265/266), nach der eigenen Kurzbeschreibung des Vorhabens durch die Klägerin sei bei voller Auslastung mit rund 60 Lkw-Anlieferungen Klärschlamm pro Tag zu rechnen. Bei einem Lkw-Ladevolumen zwischen 20 und 40 Tonnen könne mit 60 Lkw-Transporten je Tag Klärschlamm zwischen 1200 und 2400 Tonnen angeliefert werden. Bei Maximallast genüge eine Anlieferung von 1440 Tonnen. Der Anlieferungszeitraum mit Lastwagen beschränke sich zwar auf die Tageszeit von 6.00 Uhr bis 22.00 Uhr, indessen nicht die Klärschlammentladung, die auch in der Nacht durch bereitgestellte Lkw’s erfolgen könne. Deshalb bestehe auch beim Trockenschlamm kein Engpass. Das überzeugt.

Die technische Möglichkeit eines solchen Vorgehens hat die Klägerin selbst nicht in Frage gestellt (Schriftsatz vom 13.1.2005, S. 6, Gerichtsakte Bl. 317).

Die maximale Lagermenge von Trockenschlamm beträgt 100 Tonnen.

Formularantrag, Formular 3.4, Behördenordner I Bl. 221.

Der stündliche Durchsatz des Trockenklärschlamms beträgt bis 20 Tonnen.

Formularantrag, Formular 3.4, Behördenordner I Bl. 221.

Das Silo kann während der Tageszeit von 6.00 Uhr bis 22.00 Uhr selbst bei einstündiger Entladezeit (vgl. Schriftsatz der Klägerin vom 30.4.2004, S. 8, Gerichtsakte Bl. 58) kontinuierlich mit Lkw-Anlieferungen von jeweils 20-40 Tonnen Klärschlamm gefüllt werden. Deshalb kann es für die achtstündige Nachtzeit von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr bei Bedarf im gefüllten Zustand vorgehalten werden. Bei vollem Durchsatz des Trockenschlamms von je 20 Tonnen pro Stunde reicht das Silo nachts fünf Stunden für die Beschickung der Feuerungsanlage aus. Rechnerisch entsteht dabei ein Engpass von 60 Tonnen innerhalb von drei Nachtstunden. Dafür genügt aber die Bereitstellung von drei Lastwagen mit einem Ladevolumen von je 20 Tonnen, die unstreitig auch nachts entladen werden dürfen. Die Befüllung des Annahmesilos erfolgt pneumatisch.

Beschreibung des Vorhabens, Seite 20, Behördenordner I Bl. 198.

Die nächtliche pneumatische Entladung fügt sich ohne Weiteres in den Produktionsablauf des Kraftwerks ein, das rund um die Uhr in Betrieb ist.

Zum Letzteren die von der Klägerin vorgelegte gutachtliche Stellungnahme der proTerra vom 11.12.2002, Seite 27, Behördenordner I Bl. 14.

Die nächtliche Entladung von drei Lastwagen ist gemessen an der täglichen Entladung von bis zu 60 Lastwagen kein besonders umfangreicher Betriebsvorgang und nicht handgreiflich unvernünftig.

Die vom Beklagten angegebene technisch mögliche Lösung ist nach der Ansicht des Senats produktionstechnisch vernünftig. Anders als in den bereits behandelten Beispielen der Asphaltmischanlage und der Lackieranlage mit zu geringer Trocknungskapazität wird das aus der Wärmeenergie hergestellte Produkt, der Strom, in seiner Qualität nicht berührt. Zwar mag eine Volllast bei Kraftwerken eher selten sein. Besteht aber Strombedarf in Höhe einer vollen Kraftwerksauslastung, ist es produktionstechnisch durchaus vernünftig, die volle Klärschlammmitverbrennung mit der nächtlichen Entladung von drei Lastwagen auf dem Betriebsgelände aufrecht zu erhalten. Eine Kapazitätsminderung besteht nicht.

Die Klägerin hält auch in ihren Antragsunterlagen eine Vollauslastung der Klärschlammmitverbrennung bezogen auf den Tag durch rund 60 Lkw-Anlieferungen für gewährleistet und insofern selbst offenbar für vernünftig, wie sich aus der Kurzbeschreibung des Vorhabens, aus dessen Beschreibung und dem pro Terra-Gutachten ergibt.

Kurzbeschreibung des Vorhabens Seite 2, Behördenordner I Bl. 233; Beschreibung des Vorhabens Seite 27, Behördenordner I Bl. 187; proTerra-Gutachten Seite 27, Behördenordner I Bl. 14.

Nach dem rechtlichen Ansatzpunkt des Senats ist mit dem Beklagten davon auszugehen, dass die Auslastung des Kraftwerks mit einer stündlichen Mitverbrennung von 60 Tonnen Klärschlamm produktionstechnisch vernünftig für einen ganzen Tag aufrecht erhalten werden kann; bei diesem Mitverbrennungsumfang muss die Vorsorgepflicht erfüllt sein.

Nur hilfsweise führt der Senat eine Alternativrechnung für den Fall durch, dass der dreistündige nächtliche Engpass rechtlich als kapazitätsmindernd zu werten sein sollte und sich damit auf den Quecksilberausstoß des gesamten Tages (24 Stunden) auswirkt. Auch dieser Fall führt bei Beachtung der Berechnungsmethode des Beklagten zu einer deutlichen Überschreitung des Quecksilbergrenzwerts als Tagesgrenzwert.

Die Alternativrechnung geht rechnerisch dem Vortrag der Klägerin nach, dass – allein in der Trockengutlinie – ein Engpass in der Verbrennung von Trockenklärschlamm besteht. Wie dargelegt führt die begrenzte Kapazität des Silos für den Trockenklärschlamm zu einem rechnerischen Engpass von drei Stunden zur Nachtzeit. In der Alternativrechnung wird nunmehr angenommen, dass die Trockenklärschlammverbrennung von 20 Tonnen pro Stunde drei Stunden in der Nachtzeit mit insgesamt 60 Tonnen und damit dem entsprechenden Quecksilbergehalt ausfällt. Entscheidungsrelevant mit Blick auf eine Einhaltung des Tagesgrenzwerts ist dabei der Wegfall des Quecksilbereintrags in die Feuerung und daraus folgend in das Reingas. Zugunsten der Klägerin wird der geringe zusätzliche Quecksilbereintrag durch die erforderliche Aufstockung des Kohleanteils während des Engpasses in den drei Nachtstunden vernachlässigt.

Ausgehend von dem nächtlichen Engpass von drei Stunden fallen von der maximalen Verbrennung von Klärschlamm insgesamt von täglich 1440 Tonnen 60 Tonnen Trockenklärschlamm weg.

Der täglich eingesparte Massenstrom von 60 Tonnen Trockenklärschlamm ist zunächst entsprechend der Berechnungsweise des Beklagten in den niedrigeren Wert der Trockensubstanz umzurechnen, auf die sich der Quecksilbergehalt bezieht. Das Einsatzgut Trockenklärschlamm enthält ungeachtet der Bezeichnung noch einen Wasseranteil von 10 % und mithin Trockensubstanz von 90 %.

Zu dieser Angabe von 90 % Trockensubstanz Beschreibung des Vorhabens, Seite 25, Ordner I, Bl. 189; von einem Anteil von 0,9 (90 %) der Trockensubstanz am Trockenschlamm geht auch der Beklagte in seiner Quecksilberberechnung (Bescheid, Seite 11) aus.

Eingespart werden also tagesbezogen 54 Tonnen Trockensubstanz. Dies ist entsprechend der Berechnungsmethode des Beklagten auf den Stundenwert umzurechnen. Die Einsparung beträgt stündlich 1/24 von 54 Tonnen und damit 2,25 Tonnen Trockensubstanz. Dieser Betrag ist von dem stündlichen Durchsatz von Trockensubstanz bei Volllast der Klärschlammverbrennung abzuziehen, der nach dem Bescheid (S. 11) 34 Tonnen für die gesamte Klärschlammmitverbrennung beträgt. Der durchschnittliche stündliche Durchsatz an Trockensubstanz wird also bei eingeschränkter Kapazität von 34 Tonnen um 2,25 Tonnen auf 31,75 Tonnen und damit relativ auf 93,4 % reduziert. Dies reduziert auch den klärschlammbezogenen Quecksilbereintrag.

In der weiteren Rechnung des Beklagten beträgt der stündliche klärschlammbedingte Quecksilbereintrag in die Feuerung bei Volllast 0,27 Kilogramm (Bescheid Seite 12). In der Alternativrechnung reduziert sich der klärschlammbedingte Quecksilbereintrag auf 93,4 % von 0,272 Kilo pro Stunde und damit auf 0,254 Kilo pro Stunde. Zu dem klärschlammbedingten Quecksilbereintrag in die Feuerung kommt der kohlebedingte Eintrag in die Feuerung hinzu. Der durch den Brennstoff Kohle verursachte Quecksilbereintrag in die Feuerung wird von dem Beklagten im Bescheid, Seite 12 (ganz unten) mit dem geringen Wert von 0,0714 Kilo pro Stunde berechnet. Zugunsten der Klägerin setzt der Senat wie bereits anfangs dargelegt nur diesen kohlebedingten Quecksilbereintrag in die Rechnung ein, wobei die Aufstockung des Kohleanteils zum Ersatz der fehlenden Energie außer Betracht bleibt. Deshalb wird in die Alternativrechnung unverändert ein kohlebedingter Quecksilbereintrag von nur 0,0714 Kilo pro Stunde eingesetzt, was zu einem Gesamteintrag von Quecksilber in die Feuerung von (0,254 + 0,0714) 0,3254 Kilo pro Stunde führt. Zur Umrechnung des Feuerungseintrags in den Reingaseintrag setzt der Beklagte unter Berücksichtigung der Filterleistung einen Transferfaktor von 0,26 (26 %) in die Rechnung ein (Bescheid Seite 13). Der Transferfaktor trägt der Flüchtigkeit von Quecksilber Rechnung und gilt unverändert. Damit beträgt der quecksilberbezogene Emissionsmassenstrom im Reingas (0,3254 x 0,26) 0,0846 Kilogramm pro Stunde bei eingeschränkter Kapazität statt wie bei Volllast der Klärschlammmitverbrennung 0,0893 Kilogramm pro Stunde (Bescheid Seite 13, Mitte).

Jetzt bedarf es nach der Berechnungsmethode des Beklagten einer Umrechnung des Massenstroms in die maßgebliche Konzentration (Bescheid Seite 13, unten). Dafür wird der stündliche Massenstrom durch den stündlichen Volumenstrom geteilt; da sich die Stundenangaben im Zähler und im Nenner weg kürzen, führt diese Division zur Masse pro Volumen und damit dem Konzentrationswert. Rechnerisch ist statt des Emissionsmassenstroms von 0,0893 Kilogramm pro Stunde bei Volllast in der Alternativrechnung der niedrigere Wert von 0,0846 Kilogramm pro Stunde einzusetzen. Der nach dem von der Klägerin selbst vorgelegten Gutachten des Instituts für Verfahrenstechnik und Dampfkesselwesen vom 12.5.2003 (Behördenordner I, Bl. 214) im Wesentlichen gegenüber Änderungen des Klärschlammanteils stabile trockene Rauchgasvolumenstrom bleibt unverändert und ist mit 2,35 Millionen Kubikmeter pro Stunde in die Division einzusetzen. Mit diesen Zahlen ergibt die Division des Quecksilbermassenstroms durch den Abgasvolumenstrom 0,0360 Millionstel Kilo pro Kubikmeter statt wie in der Hauptrechnung des Beklagten 0,0380 Millionstel Kilogramm pro Kubikmeter (Bescheid Seite 13, unten) Rechnet man die unhandlich kleine Zahl in die Einheit Mikrogramm um, ergibt sich als maximaler Konzentrationswert im Reingas bei eingeschränkter Kapazität der Gehalt von 36,0 Mikrogramm pro Kubikmeter statt 38,0 Mikrogramm pro Kubikmeter wie vom Beklagten für Volllast errechnet.

Der nächtliche Engpass der Trockengutlinie führt also rechnerisch auf den gesamten Tag bezogen zu einem Konzentrationswert von 36,0 Mikrogramm Quecksilber pro Kubikmeter und damit 94,7 % des Quecksilberkonzentrationswerts bei Volllast der Klärschlammmitverbrennung über den gesamten Tag. Wesentlich ist, dass der dargelegte Grenzwert als Tagesmittelwert von 30 Mikrogramm pro Kubikmeter mit 36,0 Mikrogramm pro Kubikmeter in der Alternativrechnung nach wie vor deutlich überschritten ist.

Abschließend zu der Alternativrechnung soll ergänzend noch eine Plausibilitätsüberlegung angegeben werden, warum der von der Klägerin angegebene nächtliche Engpass von drei Stunden nicht zu einer hinreichenden Senkung des Quecksilberausstoßes im Reingas führt. Erforderlich wäre vom Standpunkt der Klägerin aus eine Senkung der Tageskonzentration von bisher maximal 38,0 Mikrogramm pro Kubikmeter auf 30,0 Mikrogramm pro Kubikmeter. Dies wäre ein Minderanteil an Quecksilber von 21,1 Prozent. Demgegenüber führt der nächtliche Ausfall der Trockengutlinie von 3 Stunden wie dargelegt nur zur Reduktion der täglichen maximalen Klärschlammmenge von 1440 Tonnen um 60 Tonnen und damit um 4,1 % des Einsatzguts. Es ist plausibel, dass mit einer derart geringen täglichen Kapazitätseinschränkung die über den ganzen Tag zu erreichende Einschränkung der Quecksilberkonzentration um 21,1 % nicht erzielt werden kann. Die letztgenannte Überlegung macht nur plausibel, was die Alternativrechnung im Einzelnen belegt.

Mit der nur hilfsweise durchgeführten Alternativrechnung des Senats ist dargetan, dass der Quecksilbergrenzwert bei Geltung des Tagesmittelwerts von 30,0 Mikrogramm pro Kubikmeter nicht lediglich dadurch eingehalten werden kann, dass kapazitätsmindernd die Trockengutlinie der Klärschlammverbrennung für drei Stunden der Nachtzeit ausfällt.

Da die gesamte dargelegte Alternativrechnung nur hilfsweise durchgeführt wird, verbleibt es bei dem Rechtsstandpunkt des Senats, dass die Stundenkapazität der Klärschlammmitverbrennung innerhalb der Grenzen der Vernunft für einen ganzen Tag aufrecht erhalten werden kann und auch bei dieser Vollauslastung dem Vorsorgegebot genügen muss.

Allerdings sieht die Klägerin nicht nur eine anlagengemäße Kapazitätsbeschränkung der Klärschlammmitverbrennung, sondern auch eine marktmäßige Beschränkung. Sie trägt vor, bei Volllast der Klärschlammmitverbrennung übersteige der Tagesverbrauch des Kraftwerks an Trockenklärschlamm dessen durchschnittliche Tagesproduktion im Saarland bei Weitem. Der notwendige Einsatz entspräche einem Klärschlammanteil von 3,6 Millionen Einwohnern.

Schriftsatz der Klägerin vom 13.1.2005, Seite 7, Gerichtsakte Bl. 318.

Zwar wird in der Literatur angenommen, dass die tatsächliche Ausnutzung einer Anlage auch dadurch begrenzt sein kann, dass nicht genügend Einsatzstoffe zur Verfügung stehen.

Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band II, § 1 der 4. BImSchV Rdnr. 7, mit dem Beispiel des Räucherns von Fleischwaren.

Die Argumentation der Klägerin überzeugt hier nicht. Für die Kapazitätsbetrachtung ist nach dem Rechtsstandpunkt des Senats von der Ausnutzung der beantragten Kapazität innerhalb der Grenzen der Vernunft auszugehen, nicht etwa innerhalb der Grenzen eines Bundeslandes. Der Klärschlammmarkt ist nicht auf das Saarland begrenzt, sondern offen. Nach ihren eigenen Genehmigungsunterlagen geht die Klägerin erkennbar selbst von einem offenen Klärschlammmarkt aus, der für sie auch den Erwerb von Klärschlamm aus den Ländern Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Bayern umfasst. In der Beschreibung des Vorhabens (Seite 9, Behördenordner I Blatt 109) ist ausgeführt, dass der in Bexbach vorgesehene Klärschlamm aus kommunalen Kläranlagen stammt, die chemische Zusammensetzung von dem Einzugsgebiet der Kläranlage abhängt und exemplarisch in der Anlage 3.2 Einzelanalysen unterschiedlicher Herkunft zusammengestellt sind. Dazu gehören Klärschlämme aus den Kläranlagen Kaiserslautern (Rheinland-Pfalz), Pforzheim (Baden-Württemberg) und Forchheim (Bayern).

Anlage 3 zu den Genehmigungsunterlagen, Behördenordner I, Bl. 177.

Die in der Anlage 3.2 angegebenen Kläranlagen kommen nach dem eigenen Vortrag der Klägerin als Zulieferer für die Mitverbrennung in Betracht.

Klagebegründung, S. 7, Gerichtsakte Bl. 57.

Dies belegt, dass die Klägerin im Wesentlichen Süddeutschland als Einzugsgebiet für die Klärschlammmitverbrennung ihres Kraftwerks ansieht. Damit bleibt bei entsprechendem Strombedarf ein täglicher Klärschlammverbrauch, der über der Klärschlammproduktion des Saarlandes liegt, innerhalb der Grenzen der praktischen Vernunft und ist jedenfalls nicht handgreiflich unvernünftig.

Zusammenfassend hält sich die klärschlammbezogene Volllast des Kraftwerks über einen ganzen Tag sowohl von der technischen Anlage her als auch von dem Klärschlammmarkt her innerhalb der Grenzen der produktionstechnischen Vernunft. Die Klägerin verspricht sich durch den Einsatz des Klärschlamms einen wirtschaftlichen Erlösbeitrag im härter werdenden Stromwettbewerb zur langfristigen Kraftwerkssicherung.

Kurzbeschreibung des Vorhabens, Seite 2, Behördenordner I Blatt 233.

Gemessen daran liegt es innerhalb der produktionstechnischen Vernunft, die Klärschlammmitverbrennung im Kraftwerk bei entsprechendem Strombedarf für einen ganzen Tag voll auszufahren. Handgreiflich unvernünftig ist das nicht. Selbst wenn dies selten geschieht, kann dies nach der dargelegten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei den Emissionsgrenzwerten nicht zu einem Bonus führen.

BVerwG, Urteil vom 17.2.1984 – 7 C 8/82 -, NVwZ 1984, 371 – 374.

Damit greift aber auch nicht die Hilfserwägung der Klägerin, sie müsse lediglich den Halbstundenmittelwert für Quecksilber von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter statt des Tagesmittelwertes von 30 Mikrogramm pro Kubikmeter einhalten, was nach der Berechnung des Beklagten hier geschehe. Der Halbstundenwert hat den Sinn, Unregelmäßigkeiten der Anlage, insbesondere der Filtereinrichtungen, zu tolerieren, die sich nur für eine halbe Stunde auswirken und den Tagesmittelwert nicht berühren. Nach der dargelegten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann der Halbstundenmittelwert dagegen nicht als Bonus für seltene Volllast angesehen werden. Darüber hinaus ist die Hilfsargumentation nach dem eigenen Vortrag der Klägerin nicht konsequent. Sie müsste dazu vortragen, dass sie die Volllast der Klärschlammmitverbrennung jeden Tag allenfalls für eine halbe Stunde aufrecht erhalten könnte. Dem widersprechen aber eindeutig die Antragsunterlagen, wonach die stündliche Kapazität der Klärschlammmitverbrennung von 60 Tonnen außer Frage steht.

Kurzbeschreibung des Vorhabens, Seite 2, Behördenordner I Seite 233; Formularantrag, Formular 3.4, gehandhabte Stoffe, Behördenordner I Blatt 221; Beschreibung des Vorhabens, Seite 25, Behördenordner I Blatt 189; vorgelegtes pro-Terra-Gutachten, Seite 10, Behördenordner I Blatt 31.

Danach genügt es eindeutig nicht zur Wahrung der Betreiberpflichten, wenn die Klägerin bei Volllast der Klärschlammmitverbrennung nur den Halbstundenmittelwert, nicht aber den ebenfalls bindenden Tagesmittelwert einhält.

Im Ergebnis kann die Klägerin der fehlenden Einhaltung des Tagesmittelwerts für Quecksilber nicht erfolgreich Kapazitätsargumente entgegensetzen.

Mit einem weiteren Argument wendet sich die Klägerin gegen die Zugrundelegung des maximalen Quecksilbergehalts bei der behördlichen Prognose.

Der Einwand überzeugt nicht.

Der von der Behörde eingesetzte maximale Quecksilbergehalt von 8 Milligramm pro Kilogramm beruht auf den eigenen Antragsunterlagen der Klägerin, ist durch mehrere Gutachten abgesichert und stimmt mit dem Grenzwert von ebenfalls 8 Milligramm Quecksilber je Kilogramm Schlammtrockenmasse nach § 4 Abs. 12 der geltenden Klärschlammverordnung in der Fassung der Änderungsverordnung vom 26.11.2003 (BGBl. I S. 2373) überein, wonach bis zu dieser Grenze Klärschlamm auf landwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzten Böden nach näherer Maßgabe aufgebracht werden kann.

Zunächst einmal enthalten die eigenen Antragsunterlagen der Klägerin den dargelegten Maximalwert für Quecksilber. Nach Seite 10 der Beschreibung des Vorhabens (Behördenordner I, Bl. 208) und S. 11 der Kurzbeschreibung sind die Kenndaten des für Bexbach zugrunde gelegten Klärschlamms in der Tabelle 1 angegeben (Behördenordner I, Bl. 207). Dort ist die Bandbreite der Schlammtrockensubstanz für Quecksilber mit bis zu 8 Milligramm pro Kilogramm bezeichnet.

Dieser Wert ist durch mehrere Gutachten abgesichert. In der von der Klägerin selbst vorgelegten gutachtlichen Stellungnahme der proTerra vom 11.11.2002, S. 9 (Behördenordner I Bl. 32) werden die Kenndaten des für Bexbach zugrunde gelegten Klärschlamms ebenfalls mit bis zu 8 Milligramm pro Kilogramm der Trockensubstanz angegeben und allgemein zu den Bandbreiten der Inhaltsstoffe dargelegt, die obersten Grenzen entsprächen weit gehend den Grenzwerten, die in der Klärschlammverordnung festgelegt sind. Das von Mitverbrennungsgegnern in Auftrag gegebene Gutachten des Öko-Instituts vom 28.3.2003 führt in der Tabelle 6.2 für Quecksilber gemessene Schwermetallkonzentrationen zwischen 0 und 5,4 Milligramm pro Kilogramm an und gibt den Maximalwert mit 8 Milligramm pro Kilogramm an.

Gutachterliche Stellungnahme des Öko-Instituts vom 28.3.2003 im Auftrag der A.,Behördenordner I Bl. 136, Tabelle 6.2 nach Seite 23, Behördenordner I Bl. 121.

Schließlich geht das vom Beklagten eingeholte Gutachten des TÜV Süddeutschland vom 27.8.2003 auf S. 35, Tabelle 6-2, ebenfalls von einem Wert von bis zu 8 Milligramm pro Kilogramm Quecksilber aus; dabei wird (S. 39) die Quecksilberkonzentration im Klärschlamm nach der Klärschlammverordnung zugrunde gelegt.

Im Verwaltungsrechtsstreit wendet sich die Klägerin nunmehr dezidiert gegen den Einsatz des Maximalwerts für die Prognose. Die im Antrag angegebenen Maximalwerte bedeuteten nur ein Einsatzverbot für Stoffe mit höherem Schadstoffgehalt.

Schriftsatz vom 13.1.2005, S. 4, Gerichtsakte Bl. 315.

Dagegen komme es für die Prognose auf den repräsentativen Quecksilberwert an, der allein realistisch sei. Insofern macht die Klägerin geltend, der maximale Quecksilbergehalt sei keinesfalls repräsentativ.

Klagebegründung vom 30.4.2004, S. 7, Gerichtsakte Bl. 57.

Der durchschnittliche Quecksilbergehalt liege bei etwa 1 Milligramm pro Kilogramm, nach jüngsten Erhebungen sogar bei 0,7 Milligramm pro Kilogramm.

Schriftsatz vom 13.1.2005, S. 5, Gerichtsakte Bl. 316.

Die potenziellen Zulieferer der Klägerin für die Mitverbrennung von Klärschlamm hätten Werte zwischen 0,7 und 2,8 Milligramm pro Kilogramm Quecksilber ermittelt. Selbst das Gutachten des Öko-Instituts vom 28.3.2003 gehe von einer maximalen Quecksilberkonzentration in Klärschlämmen von 5,4 Milligramm pro Kilogramm aus. Letzteres trifft so nicht zu, denn das Gutachten des Öko-Instituts unterscheidet klar zwischen Probemessungen der Schwermetallkonzentration in Nordrhein-Westfalen 2001 zwischen 0 und 5,4 Milligramm pro Kilogramm einerseits und dem für das eigene Gutachten zugrunde gelegten Maximalwert von 8 Milligramm pro Kilogramm andererseits.

Gutachten des Öko-Instituts vom 28.3.2003, Tabelle 6.2 nach Seite 23, Behördenordner I Bl. 121.

Nach dem grundsätzlichen Ansatz der Klägerin bedeutet der Maximalwert des Quecksilbergehalts nur ein Einsatzverbot im Betrieb für höher kontaminierten Klärschlamm etwa mit 9 Milligramm pro Kilogramm Trockensubstanz. Dagegen sei für die Prognose der Emissionen nur von einem repräsentativen Quecksilberwert des Klärschlamms auszugehen und mithin realistischerweise auf den wahrscheinlichsten Betriebszustand abzustellen.

Die Argumentation der Klägerin überzeugt nicht.

Zunächst einmal ist der Argumentation entgegenzuhalten, dass Durchschnittswerte und Maximalwerte im Immissionsschutzrecht klar auseinander zu halten sind. Dies gilt sowohl rechnerisch als auch rechtlich. Rechnerisch folgt beispielsweise allein aus Zahlen über den Durchschnittslärm nicht der maximale Lärm. Unter rechnerischen Gesichtspunkten kann beim Klärschlamm weder ein Durchschnittswert von 0,7 Milligramm pro Kilogramm noch eine Untersuchung über Klärschlammproben bis 5,4 Milligramm pro Kilogramm einen Maximalwert von 8 Milligramm pro Kilogramm ausschließen. Zu Recht schließt keines der angeführten Gutachten einen Maximalwert von 8 Milligramm pro Kilogramm Quecksilber im Klärschlamm aus.

Ausgehend von dieser rechnerischen Klärung bedarf es nun einer rechtlichen Klärung.

Im Immissionsschutzrecht wird regelmäßig klargestellt, ob die Grenzziehung für schädliche Umwelteinwirkungen durch Mittelwerte, Maximalwerte oder eine Kombination davon erfolgt. Deutlich ist dies etwa in der TA Lärm vom 26.8.1998 (GMBl. S. 503), die zwischen Mittelungspegeln (Nr. 2.7) und kurzzeitigen Geräuschspitzen als Maximalwerten (Nr. 2.8) unterscheidet und für beide Immissionsrichtwerte festsetzt (vgl. Nr. 6.1 bis 6.3). Speziell für den hier einschlägigen Schadstoffgehalt von mitverbrannten Abfällen stellt der Normgeber in § 4 a III Nr. 4 der 9. BImSchV in der Fassung vom 14.8.2003 (BGBl. I S. 1614) dort für die Antragsunterlagen und in § 21 III Nr. 5 der Verordnung für den Genehmigungsbescheid ausschließlich auf den größten Gehalt an Schadstoffen ab. Der Durchschnittsgehalt ist nicht Regelungsgegenstand der Genehmigung. Auf den Durchschnittsgehalt an Schadstoffen und damit hier auf den niedrigeren Durchschnittsgehalt von 0,7 Milligramm pro Kilogramm Quecksilber kommt es mithin im Genehmigungsverfahren normativ nicht an.

Die dargelegte Regelung fügt sich nahtlos in das Vorsorgekonzept des Bundesverwaltungsgerichts ein. Danach ist es Aufgabe der Vorsorge, hinreichend mögliche Risiken unterhalb der Gefahrengrenze zu minimieren.

BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 – BVerwG 7 C 19.02 -, BVerwGE 119, 329.

Das Gebot der Risikominimierung führt aber dazu, die maximalen Schadstoffwerte der verbrannten Abfälle einzubeziehen. Sie sind nicht wahrscheinlich, aber ein zu beachtendes Risiko. Von der Klägerin wird mithin nicht mehr verlangt, als dass sie anlagemäßig das Risiko beherrscht, dass ein Tag lang Klärschlamm mit dem maximal erlaubten Quecksilbergehalt verbrannt wird.

Der Ansatz der Klägerin würde dagegen zur Inkonsequenz in der Risikobeherrschung führen. Die Klägerin meint insofern, die Maximalwerte bedeuteten nur ein Einsatzverbot für Stoffe mit höherem Schadstoff. Davon ausgehend beherrscht die Klägerin zwar das Risiko, dass der angelieferte Klärschlamm 9 Milligramm pro Kilogramm Quecksilber enthält, da hier das Einsatzverbot gilt. Dagegen braucht sie nach ihrer Ansicht das Risiko, dass der Klärschlamm 8 Milligramm pro Kilogramm Quecksilber enthält, deshalb nicht zu beherrschen, weil sie darin nur einen theoretischen Fall sieht. Das niedrigere Risiko etwa von einem Quecksilbergehalt von 5 Milligramm pro Kilogramm beherrscht die Klägerin wiederum, da die Anlage das Quecksilber ausreichend herausfiltert. Konsequent ist das nicht. Eine konsequente Risikobeherrschung ist indes ein Gebot der praktischen Vernunft.

Nur ergänzend ist noch auf einen Unterschied zur bereits behandelten Frage der Anlagenkapazität hinzuweisen: Die gefahrene Kapazität ist dem Anlagenbetreiber regelmäßig jederzeit bekannt und insofern auch beherrschbar. Dagegen ist die Stoffzusammensetzung des gesamten über einen Tag verbrannten Klärschlamms dem Betreiber ohnedies nur stichprobenweise bekannt, so dass der Klärschlamm auch Quecksilberwerte oberhalb der gemessenen Stichprobe haben kann und auch insofern ein Risiko besteht. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist anerkannt, dass Stoffe im Immissionsschutzrecht nach ihrer potenziellen Gefährlichkeit klassifiziert werden.

BVerwG, Urteil vom 20.12.1999 – 7 C 15/98 -, Juris-Ausdruck S. 5, zum Zusammenhang von Vorsorge- und Risikoproportionalität dort bezogen auf die Herstellung eines UV-Stabilisators für Lacke und Kunststoffe.

Nach dem dargelegten Standpunkt des Senats beherrscht die Klägerin das hinreichend mögliche Risiko nicht, dass in der Anlage ein Tag lang Klärschlamm mit dem maximal erlaubten Quecksilbergehalt verbrannt wird.

Die Vorsorgepflicht wird mithin nach dem im Genehmigungsverfahren vorgelegten Konzept nicht schon im vorhinein erfüllt.

Die Klägerin hält dem allerdings im Sinne einer realistischen Betrachtungsweise entgegen, im tatsächlichen Betrieb komme es dennoch nicht zu einer Grenzwertüberschreitung, weil sie im konkreten Fall einer sich abzeichnenden Grenzwertüberschreitung die Anlage mit Blick auf den Klärschlammeinsatz nachträglich herunterfahre. So werde nach Meinung der Klägerin genau das vom Beklagten gewollte Ziel erreicht, dass es im Betrieb konkret nicht zu einer Grenzwertüberschreitung komme.

Damit wird die Klägerin aber nicht dem bereits dargelegten generell vorbeugenden Inhalt der Vorsorgepflicht gerecht. Die Vorsorgepflicht ist zukunftsbezogen und beugt der Entstehung von Umwelteinwirkungen generell vor.

Jarass, BimSchG, 6. Auflage 2005, § 5 Rdnr. 46.

Bei der Vorsorge geht es nicht ausschließlich um das Ziel der Grenzwerteinhaltung, sondern es soll für dieses Ziel auch eine zur Emissionsbegrenzung geeignete Anlage vorliegen.

BVerwG, Beschluss vom 30.8.1996 – 7 VR 2/96 -, bezogen auf den Einbau eines Aktivkohlefilters zur Senkung des Dioxinausstoßes.

Kapazität und Filterleistung der Anlage sollen bereits nach dem Anlagenkonzept von vornherein zusammenpassen. Nur dann wird der Entstehung von Umwelteinwirkungen generell vorgebeugt. Anlagen mit einer Diskrepanz zwischen (höherer) technischer Kapazität und (niedrigerer) Filterleistung für Quecksilber enthalten ein zusätzliches Umweltrisiko, das durchaus real ist. Das zusätzliche Risiko liegt darin, dass das nachträgliche Herunterfahren der Anlage verspätet erfolgt und damit Quecksilber überhöht freigesetzt wird. Ein generell vorbeugendes Konzept beugt dagegen diesem zusätzlichen Risiko vor. Es entspricht auch wie dargelegt dem Sinn der gesetzlichen Vorsorgepflicht. Das auf Fehlerbehebung gerichtete Konzept der Klägerin wird der zukunftsbezogenen Vorsorge nicht gerecht. Ein Konzept nachträglicher Reaktionen ist kein Vorsorgekonzept. Die Vorsorgepflicht wird mit Blick auf Quecksilber nach der Überzeugung des Senats nicht erfüllt.

Der Senat ist nach allem davon überzeugt, dass das Konzept der Klägerin entgegen ihrem Standpunkt der gesetzlichen Vorsorgepflicht nicht genügt.

Der Beklagte hat aus der Nichterfüllung der Vorsorgepflicht die Konsequenz gezogen, dass das Konzept der Klägerin nicht genehmigungsfähig ist und den Antrag abgelehnt.

Dem hält die Klägerin entgegen, der Beklagte wäre aus Verhältnismäßigkeitserwägungen verpflichtet gewesen, ein genehmigungsrechtliches Minus zu erteilen. Dabei sei es letztlich nicht entscheidend, ob es sich um Nebenbestimmungen oder Inhaltsbestimmungen handele. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts werde vermutet, dass der Antragsteller etwaige Nebenbestimmungen als Minus verglichen mit einer uneingeschränkten Genehmigung in seinen Willen aufgenommen habe.

BVerwG, Urteil vom 18.2.1994 – 4 C 4/92 – BVerwGE 95, 123.

So hätte beispielsweise die Auflage erlassen werden können, den Tagesdurchsatz nach Maßgabe der beschränkten Lager- und Lieferkapazitäten zu begrenzen. Denkbar wäre auch eine Auflage, wonach nur Klärschlämme mit bestimmten Spezifikationen, insbesondere mit einem Quecksilbergehalt bis zu 6 Milligramm pro Kilogramm Trockenmasse, im Kraftwerk mitverbrannt werden dürften. Der Beklagte hat sich demgegenüber auf den Standpunkt gestellt (Bescheid S. 15), durch Festlegung von Nebenbestimmungen gegen den Willen der Klägerin würde er ihr einen neuen Antragsgegenstand aufdrängen; dies sei im konkreten Fall insbesondere deshalb nicht möglich, weil die Klägerin im Genehmigungsverfahren nachdrücklich die Auffassung vertreten habe, der Quecksilbergrenzwert werde eingehalten.

Die Auffassung des Beklagten überzeugt, da der Beklagte im konkreten Verwaltungsverfahren die Klägerin ausdrücklich zu einer Antragsreduktion – ohne Forderung nach Neuauslegung von Unterlagen – aufgefordert hat und die Klägerin ihrerseits nachdrücklich ihre Disposition über den Antragsgegenstand verteidigt hat und Abstriche nur nach Maßgabe einer eingeschränkten Jahreskapazität sowie im Fall sich tatsächlich abzeichnender Emissionsüberschreitungen zulassen wollte.

Im rechtlichen Ausgangspunkt kann nach § 12 I 1 BImSchG die Genehmigung unter Bedingungen erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzungen sicherzustellen. Übereinstimmend bestimmt § 20 II 1 der 9. BImSchV:

Der Antrag ist abzulehnen, sobald die Prüfung ergibt, dass die Genehmigungsvoraussetzungen nicht vorliegen und ihre Erfüllung nicht durch Nebenbestimmungen sichergestellt werden kann.

Zu Recht weist Jarass darauf hin, dass die Auslegung durch das Verhältnismäßigkeitsprinzip gesteuert wird: Die Verweigerung einer Genehmigung in Kenntnis einer geeigneten Nebenbestimmung ist unverhältnismäßig.

Jarass, BImSchG, 6. Auflage 2005, § 12 Rdnr. 15.

Auch außerhalb des Immissionsschutzrechts folgt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Übermaßverbot, dass die Genehmigungsbehörde statt zur Versagung der Genehmigung zu ihrer Erteilung unter Auflagen verpflichtet ist.

BVerwG, Urteil vom 18.2.1994 – 4 C 4/92 -, BVerwGE 95, 123.

Die Klägerin hat auch selbst darauf hingewiesen, dass nach dieser Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine Verpflichtung zur Genehmigung unter Auflagen insbesondere dann besteht, wenn die Auflage lediglich in einer Klarstellung des vom Antragsteller Gewollten besteht.

BVerwG, Urteil vom 18.2.1994 – 4 C 4/92 -, BVerwGE 95, 123.

Um eine Nebenbestimmung geht es hier allerdings nicht. Begrenzungen für die Einsatzstoffe wie etwa die Qualität des schweren Heizöls bei Fernheizwerken sind nach der immissionsschutzrechtlichen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts keine modifizierenden Auflagen, sondern Inhaltsbestimmungen für die Genehmigung.

BVerwG, Urteil vom 17.2.1984 – 7 C 8/82 -, NVwZ 1984, 371.

Der Senat hat keine Bedenken, die dargelegte Rechtslage für Nebenbestimmungen grundsätzlich auch auf Inhaltsbestimmungen der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zu erstrecken. Das Gewollte kann auch – insofern hat die Klägerin Recht – in einer Inhaltsbestimmung liegen. Insbesondere die dargelegte allgemeine Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Auflagen nach Maßgabe des vermuteten Willens lässt sich ohne weiteres auf Hauptbestimmungen der Genehmigung erstrecken, die ebenfalls nach Maßgabe des vermuteten Willens des Antragstellers Begrenzungen enthalten können.

Es kommt aber immer auf den konkreten Sachverhalt an. Eine Klarstellung des Gewollten bietet sich an, wenn nach den Antragsunterlagen und dem Verlauf des Genehmigungsverfahrens noch im Zeitpunkt der Behördenentscheidung eine verbleibende Unklarheit über das Gewollte besteht.

Der Behörde kann es aber nicht verwehrt werden – und es ist sogar mit Blick auf ihre Beratungspflicht ( § 2 II der 9. BImSchV ) vorzugswürdig -, wenn sie bereits im frühen Stadium im Genehmigungsverfahren auf eine Klarstellung des Gewollten hinwirkt im Sinne einer ausdrücklichen Antragsergänzung oder Änderung.

So liegt es hier.

Die Klägerin hatte im Verwaltungsverfahren mit Anwaltsschriftsatz vom 29.4.2003 (Behördenordner II Bl. 155) auf eine Beschleunigung der Genehmigung gedrängt und gleichzeitig (S. 3) unter Hinweis auf das vom Beklagten aufgeworfene Problem der Neuauslegung von Unterlagen eine Reduktion des Antrags in Aussicht gestellt. Dazu heißt es (S. 3):

Es ist deshalb zu erwägen, den Antrag auf (das) Benötigte zu reduzieren.

In seinem Antwortschreiben vom 9.5.2003, S. 3 (Behördenordner II Bl. 163) hat der Beklagte auf Seite 3 auf die Dispositionsbefugnis der Klägerin über den Antragsgegenstand durch Antragsreduktion ausdrücklich hingewiesen und ausgeführt:

Der Prüfungsrahmen der Genehmigungsbehörde wird vielmehr ausschließlich durch den Antrag gesetzt. Wenn die Antragstellerin erwägt, ihren eigenen Antrag auf das Benötigte zu reduzieren, mag sie dies tun.

Damit hat der Beklagte ausdrücklich auf eine Antragsreduktion - und zwar nunmehr ohne Forderung nach Neuauslegung von Unterlagen - hingewirkt. Deshalb traf die Verantwortung für eine verbindliche Antragsreduktion allein die Klägerin.

Eine abschließende schriftliche Klarstellung hat die Klägerin sodann mit Anwaltsschriftsatz vom 19.9.2003 (Behördenordner II Bl. 318) vorgenommen. Dort hat sie sich in Kenntnis der beabsichtigten Ablehnung mit Blick auf den Quecksilberwert (S. 2 des Schriftsatzes) ausdrücklich nur mit Nebenbestimmungen – und zwar nach § 12 I BimSchG - einverstanden erklärt (Nr. 7 des Schriftsatzes, S. 10/11, Behördenordner II Bl. 309/308). Zum Antragsgegenstand selbst (Nr. 6 des Schriftsatzes, S. 10) hat sich die Klägerin dagegen zur Einhaltung des Quecksilberwertes allein mit einer einzigen Abänderung, nämlich der Begrenzung der jährlichen Durchsatzmenge einverstanden erklärt. Dort heißt es (S. 10 des Schriftsatzes, Behördenordner II Bl. 309):

Namens und im Auftrag unserer Mandantin erklären wir uns rechtsverbindlich bereit, die Begrenzung einer jährlichen Durchsatzmenge von 20.000 Tonnen (TS) zu akzeptieren. Mit einer solchen Begrenzung sind sämtliche, etwa noch bestehende Bedenken hinfällig.

Weder die Stundenmenge noch die Tagesmenge des Antrags wird verändert. Ebenso ist es aus der allein zugelassenen Ausnahme der Jahresdurchsatzmenge klar ersichtlich, dass sie auch den ausdrücklich beantragten maximalen Quecksilbergehalt des Klärschlamms nicht abändert.

Nach dem dargelegten Einverständnis der Klägerin allein mit einer Änderung der Jahreskapazität ist ersichtlich, dass die Klägerin im Übrigen im Genehmigungsverfahren mit Blick auf den Antragsgegenstand weder Klärschlammmenge noch Klärschlammqualität ändern wollte. Für die fehlende Antragsreduktion ist die Klägerin letztlich selbst verantwortlich.

Weiter hat die Klägerin nach ihrem Vortrag in einer mündlichen Besprechung am 17.12.2003 eine zeitweise Herabsetzung der Einsatzstoffe für den Fall akzeptiert, dass sich im Einzelfall bei kontinuierlicher Messung eine Überschreitung des Emissionsgrenzwerts abzeichne. Der Vorsorgegrundsatz ist bei einer solchen vorgeschlagenen Regelung wie dargelegt nicht gewahrt. Im übrigen fehlt es dem Vorschlag an der Schriftform (§ 2 I der 9. BImSchV). Eine verbindliche Änderung liegt nicht vor.

Nur über den von der Klägerin selbst schriftlich klargestellten Antragsgegenstand hatte der Beklagte im Genehmigungsverfahren zu entscheiden. Im Entscheidungszeitpunkt bestand Klarheit. Das Verhältnismäßigkeitsprinzip gibt keine Handhabe dafür, einem Antragsteller die Disposition über seinen eigenen Antragsgegenstand entgegen dem erklärten Willen zu entziehen. Der Beklagte hatte mithin bei korrektem Vorgehen nur die Möglichkeit, den klargestellten Antrag mangels Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzungen abzulehnen. Nach § 20 II 1 der 9. BImSchV „ist“ der Antrag in solchen Fällen abzulehnen, so dass kein Ermessensspielraum bleibt und die von der Klägerin vorgetragene Ermessensunterschreitung nicht vorliegen kann.

Nach allem führt die Überschreitung des Quecksilbergrenzwertes nach der Klarstellung des Antrags im Genehmigungsverfahren hier rechtmäßig zur Ablehnung des immissionsschutzrechtlichen Antrags.

Nur vorsorglich geht der Senat noch auf den Gesichtspunkt ein, dass der Quecksilbergrenzwert einhaltbar wäre. Dann bestünden Bedenken aus einem Grund, auf den der Beklagte die Klägerin bereits in seiner Ablehnungsankündigung vom 1.9.2003 (Behördenordner I Bl. 270) im Genehmigungsverfahren hingewiesen hat, nämlich der Unvollständigkeit der Antragsunterlagen mit Blick auf das Fehlen der notwendigen Immissionsprognose.

Die nach § 4 a II Nr. 1 9. BimSchV erforderliche Immissionsprognose fehlte den Unterlagen des Genehmigungsantrags von vornherein, wie sich aus dem Verzeichnis der Unterlagen im Formular 2.1 (Behördenorder I Bl. 227) ergibt, in dem die Immissionsprognose nicht angekreuzt ist. Das vom Beklagten zur Überprüfung eingeholte Gutachten des TÜV Süddeutschland vom 27.8.2003 (Behördenordner II Bl. 267) hat sich im Abschnitt 5.3 (S. 24 bis 32) eingehend mit der Notwendigkeit der Ermittlung der Immissionskenngrößen nach der TA Luft und damit der Notwendigkeit einer Immissionsprognose befasst. In dem Gutachten ist festgestellt, dass keine der Vorschriften der TA Luft für die ausnahmsweise Entbehrlichkeit einer Immissionsprognose mit guten Gründen angenommen werden kann. Bagatellmassenströme liegen nach dem Gutachten selbst dann nicht vor, wenn man nur die zusätzlichen Massenströme durch die Klärschlammmitverbrennung und nicht die gesamten Massenströme betrachtet (S. 28 des Gutachtens). Insofern scheidet die Ausnahme nach Nr. 4.6.1.1 der TA Luft aus.

Weiterhin kommt das TÜV-Gutachten zu dem Ergebnis, dass die Vorbelastung nicht als gering einzustufen ist (S. 32 des Gutachtens). Nach Nr. 4.6.2.1 TA Luft ist eine Ermittlung der Vorbelastung für die Immissionsprognose insbesondere dann nicht erforderlich, wenn aufgrund etwa älterer Messungen der Jahresmittelwert des Schadstoffs weniger als 85 Prozent des Konzentrationswertes und damit des Grenzwertes beträgt. Diese Ausnahme ist hier nicht gegeben, denn nach der Tabelle 5-10 des TÜV-Gutachtens (S. 31) erreicht die gemessene Konzentration bei Fluorwasserstoff 0,4 Mikrogramm pro Kubikmeter und damit genau 100 Prozent des jetzt geltenden Grenzwertes von 0,4 Mikrogramm pro Kubikmeter der TA Luft 2002; für Cadmium im Staubniederschlag beträgt die ermittelte Messung 1,99 Mikrogramm pro Kubikmeter täglich und damit 99,5 Prozent des Grenzwertes von 2 Mikrogramm pro Kubikmeter.

Das von der Klägerin selbst vorgelegte proTerra-Gutachten vom 11.11.2002 (Behördenordner I Bl. 40) würdigt auf S. 22 die Immissionssituation in der Umgebung der Anlage im Wesentlichen übereinstimmend mit dem TÜV und führt aus, beim Cadmiumgehalt im Staubniederschlag, beim Stickstoffdioxid und beim Fluor seien die Grenzwerte nach der neuen TA Luft teilweise erreicht oder überschritten.

Das TÜV-Gutachten kommt aufgrund der dargelegten und überzeugenden Begründung zu dem Ergebnis (S. 32), dass eine Ermittlung der Zusatzbelastung durch Ausbreitungsrechnung im Rahmen der Immissionsprognose erfolgen „sollte“. Da keine aktuellen Daten über die Vorbelastung vorlägen, seien zumindest Vorbelastungsmessungen durchzuführen (S. 32 des Gutachtens). Insgesamt wird die Notwendigkeit einer Immissionsprognose von dem TÜV Süddeutschland bejaht.

Die Klägerin hat im Genehmigungsverfahren diesen Gesichtspunkt gesehen, aber die gutachtlich eingehend bejahte Notwendigkeit einer Immissionsprognose nicht überzeugend ausgeräumt. In ihrem Schriftsatz vom 19.9.2003 (Behördenordner II Bl. 318), hat sie (auf S. 9 in Verbindung mit S. 5) mitgeteilt, sie habe Vorbelastungsmessungen in Auftrag gegeben, das Auftragsdatum und die zu erwartende Erledigung indessen nicht angegeben. Zu einer Erledigung im Genehmigungsverfahren ist es ausweislich der Akten nicht gekommen. Dies spricht gegen einen positiv bescheidbaren Genehmigungsantrag ( vgl. im Sinne eines Ablehnungsgrundes nach Fristsetzung § 10 II 2 der 9. BImSchV).

Der von dem Senat nur vorsorglich angeführte Gesichtspunkt bedarf hier keiner weiteren Vertiefung. Er hätte nur bei Einhaltung des Emissionsgrenzwerts Bedeutung.

Da der Emissionsgrenzwert wie dargelegt nach dem klargestellten Verwaltungsantrag der Klägerin nicht einhaltbar ist, steht das Immissionsschutzrecht dem zur Bescheidung gestellten Genehmigungsanspruch schon deshalb entgegen.

Der Beklagte hat weder in seinem Bescheid noch in seiner Ablehnungsandrohung angenommen, dass außerhalb des Immissionsschutzrechts auch eine Genehmigungsunfähigkeit aus Naturschutzgründen vorliege. Die Beigeladene hat zwar im Prozess zunächst Bedenken mit Blick auf nicht unmittelbar benachbarte FFH-Gebiete geltend gemacht und mit Blick auf einen Landschaftsplan betreffend die Böschungsbepflanzung. Nachdem die Klägerin diesem Vortrag auf der Grundlage der gutachtlichen Vorprüfung und unter Hinweis auf die konkrete Eingriffs- und Ausgleichsberechnung substanziiert entgegen getreten ist, hat die Beigeladene ihre Argumentation nicht mehr weiter verfolgt und ein durchgreifendes naturschutzrechtliches Genehmigungshindernis nicht vorgetragen. Der Gesichtspunkt wurde in der mündlichen Verhandlung von keinem der Beteiligten aufgeworfen. Der Senat sieht deshalb keinen Anlass zu einer Problematisierung dieser Frage. Es verbleibt mithin bei dem festgestellten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungshindernis.

Der Ablehnungsbescheid ist weiter darauf gestützt, dass die Gemeinde ihr Einvernehmen nach § 36 I BauGB versagt hat.

Nach dem im immissionsschutzrechtlichen Teil des Urteils vertretenen Rechtsstandpunkt des Senats spricht alles dafür, dass das Vorhaben gegen Bauplanungsrecht verstößt und die Gemeinde aus diesem Grund ihr Einvernehmen zu Recht versagt hat. Zunächst einmal konnte die Versagung des Einvernehmens - wie im Rechtsstreit nicht mehr streitig ist - mangels Formbedürftigkeit auch fernmündlich wie hier geschehen erklärt werden.

Zum Ausreichen einer fernmündlichen Übermittlung BayVGH, Beschluss vom 27.10.2000 - 1 ZS/CS 00.2727 - Juris-Ausdruck, S. 2.

Weiter ist hier zugunsten der Klägerin von einer Privilegierung des der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität dienenden Vorhabens mit besonderen Anforderungen an die Umgebung (§ 35 I Nr. 3 und 4 BauGB) auszugehen, was auch nicht ernsthaft in Streit ist.

Diesem Vorhaben stehen dann aber jedenfalls insoweit öffentliche Belange entgegen (§ 35 I BauGB), als das Vorhaben schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann (§ 35 III Nr. 3 BauGB).

Nach den Feststellungen des Senats führt die Klärschlammmitverbrennung dazu, dass die bisher mit Blick auf die Quecksilberemissionen eingehaltene Vorsorgepflicht der Klägerin bei der Klärschlammmitverbrennung nach Maßgabe ihres Antrags nicht mehr erfüllt wird. Mithin ist bei diesem Vorhaben als Folgewirkung der Emissionsüberschreitung eine Verschlechterung der Immissionslage zu erwarten.

Zu diesem Maßstab BVerwG, Urteil vom 22.6.1990 - 4 C 6/87 -, Juris-Ausdruck, S. 6; vgl. auch Berliner Kommentar zum BauGB, 3. Auflage 2002, § 35 Rdnr. 68.

Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts haben die im Rahmen des Vorsorgegebots erlassenen Emissionsgrenzwerte zur Minimierung des Gesundheitsrisikos Drittschutzwirkung innerhalb des Einwirkungsbereichs der Anlage, solange für den betreffenden Schadstoff noch keine Immissionswerte nach § 48 BImSchG bestimmt worden sind.

So die neuere Rechtsprechung des BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 - BVerwG 7 C 19.02 -, S. 9 des Juris-Ausdrucks.

In diesem Fall dienen die Vorsorgewerte als Ersatz für fehlende Schutzwerte.

So zur Interpretation der neuen Rechtsprechung Jarass, BImSchG, 6. Auflage 2005, § 5 Rdnr. 122; dort auch zum Zusammenhang mit dem Europarecht.

Wie sich aus 4.2.1 der TA Luft vom 24.7.2002 ergibt, sind Immissionswerte für Quecksilber derzeit noch nicht bestimmt. Mithin hat der hier überschrittene Emissionsgrenzwert für Quecksilber nach der 17. BImSchVO im Einwirkungsbereich der Anlage Schutzwirkung zugunsten der Nachbarn.

Die Überschreitung des Quecksilberemissionsgrenzwerts führt jedenfalls dazu, dass das Vorhaben schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 35 III 1 Nr. 3 BauGB hervorrufen kann. Der dargelegte öffentliche Belang der Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen steht dem Vorhaben mit Gewicht entgegen. Da die fehlende Antragsreduzierung auch hier in die Sphäre der Klägerin fällt, war es nicht Sache der Gemeinde, ihr Einvernehmen unter der Voraussetzung einer reduzierten Genehmigung zu erteilen.

Ohne abschließende Entscheidung weist der Senat darauf hin, dass der weiter angeführte und streitige öffentliche Belang unwirtschaftlicher Aufwendungen für Straßen nach § 35 III Nr. 4 BauGB dem Vorhaben nicht ohne weiteres entgegensteht. Im Verständnis dieser Vorschrift dürfte es in erster Linie um den Fall des erst erforderlichen Straßenbaus bei fehlender Straßenanbindung im Außenbereich gehen.

Vgl. Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, 3. Auflage, § 35 Rdnrn. 70 und 71.

Im konkreten Fall ist die Sachlage aber anders. Das Kraftwerk ist wie dargelegt ein privilegiertes Vorhaben. Die ausreichende Erschließung im Sinn des § 35 I BauGB ist hier gesichert, weil die Straßenanbindung im Außenbereich schon vollständig vorhanden ist. Der Konflikt liegt in der Abnutzung gemeindlicher Straßen und der Verkehrslenkung des Lastwagenverkehrs um die Innenstadt. Insoweit bedeutet aber nicht jeder Konflikt dieser Art, dass im Rahmen einer gebundenen Abwägung ein öffentlicher Belang dem privilegierten Vorhaben entgegensteht. Das kann aber offen bleiben. Von einer Entscheidung dieses Gesichtspunkts sieht der Senat ab.

Schließlich führt auch der die Klägerin bindende städtebauliche Vertrag zwischen der Kraftwerksbetreiberin und der Beigeladenen vom 3./5.9.1996 (im Behördenordner I, Bl. 359) ungeachtet des Auslegungsstreits der Klägerin und des Beklagten nicht zu einem weiteren Genehmigungshindernis. Zwar trifft der Standpunkt der Klägerin nicht zu, auf vorliegende Verträge komme es im Genehmigungsverfahren von vornherein nicht an. Abwehransprüche aufgrund eines individuellen Vertrags beruhen auf besonderem Titel und sind deshalb nach § 14 BImSchG nicht ausgeschlossen.

Jarass, BImSchG, 6. Aufl., § 14 Rdnr. 10, dort bereits für private Verträge.

Stehen eingegangene Verträge dem zur Genehmigung gestellten Betrieb der Anlage zweifelsfrei entgegen, ist die Erteilung einer Genehmigung letztlich für den Betreiber nutzlos. Im Fall der Nutzlosigkeit der Genehmigung ist anerkannt, dass es an einem Sachbescheidungsinteresse für die Genehmigung fehlt.

Jarass, BImSchG, 6. Aufl., § 6 Rdnr. 29.

Der Beklagte beruft sich darauf, Nr. 9 Satz 1 des städtebaulichen Vertrages von 1996 verpflichte die Kraftwerksbetreiberin dazu, am Kraftwerksstandort Bexbach keine Mitverbrennung von Klärschlamm zu realisieren. Er hält dieses vertragliche Verbot der Klärschlammverbrennung ungeachtet der Suspensivregelung in Nr. 17 II des Vertrages für wirksam geworden. Dort heißt es:

Verpflichtungen aus diesem Vertrag, die das vorhandene Kraftwerk Bexbach I betreffen, werden nur wirksam, wenn Saarberg erklärt, dass das Kraftwerk Bexbach II realisiert wird, spätestens jedoch mit der Abgabe der Erklärung des Baubeginns.

Da der Vertragszweck der Errichtung des Kraftwerks Bexbach II unstreitig zu keinem Zeitpunkt realisiert worden ist, spricht alles dafür, dass die Verpflichtung für das vorhandene Kraftwerk Bexbach I nicht wirksam geworden ist. Der Beklagte nimmt insofern lediglich eine entgegenstehende Wortauslegung vor, als die Suspensivregelung der Nr. 17 II nur für das Kraftwerk Bexbach I gelte, das Klärschlammverbot in Nr. 9 Satz 1 für den gesamten Kraftwerksstandort und damit unbegrenzt. Diese isolierte Wortauslegung überzeugt nicht. Nach dem systematischen Zusammenhang der Nr. 9 umfasst der Standort (Satz 1) die Kraftwerke Bexbach I und II (Satz 2). Standortverpflichtungen gelten nach Nr. 9 Satz 2 deshalb auch für Bexbach I und werden für Bexbach I durch Nr. 17 II suspendiert.

Dies entspricht auch dem Zweck des Vertrages. Verträge sind nach beiden Seiten hin interessengerecht auszulegen.

BGH, Urteil vom 7.3.2002 - III ZR 137/01 -, Juris-Ausdruck S. 3, dort als anerkannter Grundsatz der Vertragsauslegung.

Nach der Vertragspräambel ging es im wesentlichen um die Sicherung der Errichtung eines zweiten Kraftwerksblocks entgegen städtebaulichen Bedenken. Bei dieser Interessenlage konnten nicht einseitige Vorleistungen der Kraftwerksbetreiberin für den Fall erwartet werden, dass der streitige neue Kraftwerksblock überhaupt nicht errichtet wird. Nr. 17 der Vertragsbestimmungen bringt die Zweckgebundenheit der Verpflichtungen an die Realisierung des Projekts deutlich zum Ausdruck. Die Auslegung der Klägerin überzeugt. Mangels Zweckerfüllung liegt mithin kein derzeit wirksames vertragliches Verbot der Klärschlammmitverbrennung vor.

Nach allem verbleibt es dabei, dass die Klägerin aus den Gründen des Immissionsschutzrechts und des Bauplanungsrechts keinen Anspruch auf die immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung ihres Vorhabens hat. Die Genehmigungsversagung ist rechtmäßig und ein Bescheidungsanspruch scheidet aus.

Die Klage ist mithin in vollem Umfang abzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 I VwGO und § 162 III VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten beruht auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO und über die Nichtzulassung der Revision auf § 132 VwGO.

Gründe

Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das Oberverwaltungsgericht nach § 48 I Nr. 3 VwGO für Streitigkeiten betreffend die Änderung von Kraftwerken mit einer Feuerungswärmeleistung mit mehr als 300 Megawatt – hier 1840 Megawatt – erstinstanzlich zuständig.

Die Klage ist aber unbegründet. Für die als Bescheidungsklage erhobene Klage ist das derzeit geltende Recht maßgebend. Danach hat die Klägerin deshalb keinen Genehmigungsanspruch nach § 6 des Bundesimmissionsschutzgesetzes – BImSchG – in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 24.5.2005 (BGBl. I S. 1794), weil auf der Grundlage des Antrags und der vorgelegten Unterlagen nicht sichergestellt ist, dass die Klägerin ihre Betreiberpflichten erfüllt (§ 6 I Nr. 1, § 5 I Nr. 2 BImSchG) und weiter andere öffentlich-rechtliche Vorschriften – die für die Beurteilung des Vorhabens einschlägigen Bestimmungen des Bauplanungsrechts entgegenstehen (§ 6 I Nr. 2 BimSchG, § 35 III 1 Nr. 3 BauGB) und die Beigeladene unter dem letztgenannten Gesichtspunkt zu Recht ihr Einvernehmen versagt hat.

Die von der Klägerin begehrte immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung nach § 16 I 1 BImSchG ist unstreitig erforderlich, da eine wesentliche Änderung des Anlagenbetriebs beantragt ist. Nach dem Antragsgegenstand sollen in dem Kohlekraftwerk stündlich bis zu 60 Tonnen Klärschlamm mitverbrannt werden. Nach dem abstrakten Maßstab des § 16 I 1 BImSchG können damit nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden, wie sich bereits aus dem wesentlich veränderten Schadstoffinput von Klärschlamm gegenüber Kohle ergibt. Im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts liegt hier nicht eine rein quantitative Erweiterung, sondern eine Änderung qualitativer Art vor.

BVerwG, Urteil vom 11.2.1977 – IV C 9.75 -, DVBl. 1977, 770 – 771.

Nach den im Immissionsschutzrecht anerkannten Grundsätzen sind bei qualitativen Änderungen sämtliche von der Anlage ausgehenden Emissionen als unmittelbarer Prüfungsgegenstand zu würdigen.

BVerwG, Urteil vom 11.2.1977 – IV C 9.75 -, DVBl. 1977, 770 – 771; BVerwG, Urteil vom 21.8.1996 – 11 C 9/95 -, Juris-Ausdruck Seite 7, wobei in dem letzteren Urteil die für das Immissionsschutzrecht anerkannten Grundsätze auf das Atomrecht übertragen werden; ebenso Jarass, BImSchG, Kommentar, 6. Auflage 2005, § 16 Rdnr. 20; Feldhaus, BImSchG, 2. Auflage, Stand 2003, § 16 Rdnr. 87.

Mithin kommt es bei der hier vorliegenden qualitativen Änderung der Klärschlammzugabe auf die Emissionen der gesamten Anlage an. Der Prüfungsgegenstand geht damit weiter als der Genehmigungsgegenstand, denn der Genehmigungsgegenstand bestimmt sich nach dem gestellten Antrag und stellt die vorhandene Anlage, soweit sie unverändert bleiben soll, nicht zur Entscheidung der Genehmigungsbehörde.

Feldhaus, § 16 Rdnrn. 87 und 88.

Die Änderungsgenehmigung kann nach den §§ 16, 6 I Nr. 1 BImSchG nur erteilt werden, wenn sichergestellt ist, dass die Betreiberpflichten nach § 5 BImSchG sowie nach einer aufgrund des § 7 BImSchG erlassenen Rechtsverordnung erfüllt werden. Sichergestellt ist die Erfüllung der Betreiberpflichten nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur dann, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Überschreitung der immissionsschutzrechtlich festgesetzten Werte ausgeschlossen werden kann.

BVerwG, Urteil vom 17.2.1978 – BVerwG 1 C 102.76 -, BVerwGE 55, 250 – 262, Voerde-Urteil.

Zu den Betreiberpflichten gehört es nach § 5 I Nr. 1 und 2 BImSchG, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt zum einen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können, mithin die Schutzpflicht erfüllt wird, und sodann, dass Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen, mithin die Vorsorgepflicht erfüllt wird. Der Schutzpflicht werden die Immissionswerte am Einwirkungsort zugeordnet und der Vorsorgepflicht die Emissionswerte an der Emissionsquelle (Schornstein).

Der Beklagte hat in seinem angefochtenen Bescheid einen Genehmigungsanspruch aus immissionsschutzrechtlicher Sicht deshalb verneint, weil die Erfüllung der Vorsorgepflicht durch Einhaltung des Emissionswertes für Quecksilberemissionen nach der von ihm durchgeführten Rechnung nicht sichergestellt ist und auch nach dem Antragsinhalt durch Nebenbestimmungen nicht sichergestellt werden kann. Nach dem Überprüfungsergebnis des Senats ist der als gebundener Verwaltungsakt ergangene Bescheid im immissionsschutzrechtlichen Ergebnis rechtmäßig, wobei es mit Blick auf den Streit der Beteiligten noch ergänzender und alternativer Betrachtungen insbesondere zu der streitigen Kapazität der Anlage und zu der Möglichkeit bedarf, aufgrund der vorliegenden Antragsunterlagen Genehmigungshindernisse durch Nebenbestimmungen oder Inhaltsbestimmungen zu überwinden.

Unstreitig ist zwischen den Beteiligten als anzulegender rechtlicher Maßstab der Emissionsgrenzwert für Quecksilberemissionen der Anlage.

Durch die Mitverbrennung von Klärschlamm wird die zur Genehmigung gestellte Anlage nach Maßgabe des § 2 Nr. 7 der 17. BImSchV in der hier maßgebenden Fassung vom 14.8.2003 (Bundesgesetzblatt I S. 1633) zur Mitverbrennungsanlage, da der Hauptzweck der Energiebereitstellung bestehen bleibt. Nach dem Antragsgegenstand

Beschreibung des Vorhabens, Seite 7, Behördenordner I, Bl. 217/211

erfolgt die Mitverbrennung in dem Kohlekraftwerk antragsgemäß mit einem Anteil von höchstens 15 Prozent der jeweils gefahrenen Feuerungswärmeleistung. Bei dieser Sachlage ist der Hauptzweck der zur Genehmigung gestellten Anlage nicht die Abfallbehandlung, sondern die Energiebereitstellung. Nach § 5 a I 1 der 17. BImSchV gelten für Mitverbrennungsanlagen mit – wie hier – Mitverbrennungsstoffen bis zu 25 Prozent der jeweils gefahrenen Feuerungswärmeleistung die Emissionsgrenzwerte gemäß Anhang II der Verordnung. Nach Anhang II, dort Nr. II.2.5, gilt für alle Brennstoffe als Tagesmittelwert der Quecksilbergrenzwert von 0,03 Milligramm oder umgerechnet 30 Mikrogramm pro Kubikmeter Abgas. Nach § 12 III der 17. BImSchV sind die Emissionsgrenzwerte nur dann eingehalten, wenn kein Tagesmittelwert überschritten wird. Als Halbstundenmittelwert gilt nach Nr. II. 2.6 des Anhangs II für Quecksilber ein Grenzwert von 0,05 Milligramm oder umgerechnet 50 Mikrogramm pro Kubikmeter.

Diese rechtliche Regelung ist hier anzuwenden. Zwar besteht nach § 17 I der 17. BImSchV zugunsten von Altanlagen eine Überleitungsregelung nach Maßgabe der alten Fassung der 17. BImSchV, die aber ohnedies nach dem 17.12.2005 ausläuft. Mit Blick auf die Dynamik der Betreiberpflichten

BVerwG, Beschluss vom 3.6.2004 – 7 B 14.04 -, DÖV 2004, 1043/1044, dort zur Dynamik der Pflichten sowohl im Immissionsschutzrecht wie im Abfallrecht

müsste jede Mitverbrennungsanlage unabhängig vom Zeitpunkt der Genehmigung den neuen Quecksilbergrenzwert ab dem 18.12.2005 einhalten. Dieser Rechtslage vorgreifend hat die Klägerin im Genehmigungsverfahren in ihrem Anwaltsschreiben vom 19.9.2003 verbindlich auf die Altanlagenprivilegierung nach § 17 der neuen 17. BImSchV verzichtet.

Seite 9 des Schreibens vom 19.9.2003, Behördenordner II Blatt 310.

Das Inkrafttreten des neueren, insofern strengeren Rechts während des Genehmigungsverfahrens hat im Übrigen dazu geführt, dass die Antragsunterlagen teilweise noch auf höhere und damit für die Betreiberin mildere Grenzwerte ausgerichtet sind. In dem von der Klägerin vorgelegten proTerra-Gutachten

Anlage 11, Gutachten der proTerra vom 11.11.2002, Behördenordner I Blatt 40, dort Seite 25 des Gutachtens

wird für Quecksilber von einem Mischgrenzwert für die Kohle- und Klärschlammverbrennung als Tagesmittelwert von 0,09 Milligramm pro Kubikmeter (90 Mikrogramm pro Kubikmeter) ausgegangen, der nach diesen Feststellungen sowohl beim reinen Kohlebetrieb als auch beim Einsatz von Klärschlamm deutlich unterschritten wird. Der nunmehr geltende neue Grenzwert für Quecksilber als Tagesmittelwert von 0,03 Milligramm pro Kubikmeter ist dreimal strenger als der in den Antragsunterlagen der Klägerin einschließlich des proTerra-Gutachtens angenommene Emissionsgrenzwert. Gerade diese Rechtsänderung führt hier zur Überschreitung des neuen Emissionsgrenzwerts, der nach dem früheren Recht noch sicher hätte eingehalten werden können. Die Klägerin hatte also ursprünglich keinen Anlass, der Quecksilberproblematik – Quecksilber entzieht sich als leichtflüchtiges und dann gasförmiges Schwermetall wesentlich leichter der Filterung im Abgas als die schwerflüchtigen Schwermetalle – verstärkte Aufmerksamkeit zu schenken oder eine technische Aufrüstung der Anlage in Erwägung zu ziehen.

Vgl. zur Flüchtigkeit von Quecksilber im Rauchgas bei der Verbrennung von Klärschlamm Förstner, Umweltschutztechnik, 6. Auflage 2004, S. 193; allgemein zur Flüchtigkeit von Quecksilber und zur stark toxischen Wirkung Römpp, Lexikon Umwelt, 2. Auflage 2000, Stichwort Quecksilber.

In dem angefochtenen Bescheid hat der Beklagte tagesbezogen die maximalen Quecksilberemissionen der gesamten Anlage sowohl im Ist-Zustand und damit im reinen Kohlebetrieb ermittelt als auch im Planzustand bei maximal zulässiger Zugabe von Klärschlamm in Höhe von 60 Tonnen pro Stunde. Bezogen auf den reinen Kohlebetrieb mit maximalem Durchsatz von 263,7 Tonnen/Stunde (Bescheid S. 9) hat er eine maximale Quecksilberkonzentration von 0,00875 Milligramm pro Kubikmeter (8,75 Mikrogramm pro Kubikmeter) berechnet, die deutlich unter dem Grenzwert von 0,03 Milligramm ( 30 Mikrogramm ) Quecksilber pro Kubikmeter im Tagesmittel liegt. Anschließend (Bescheid Seite 11 bis 13) hat der Beklagte in nachvollziehbarer Art die maximalen Emissionen an Quecksilber im Planzustand berechnet.

Den maximalen Massenstrom an Klärschlamm von 60 Tonnen pro Stunde hat er zunächst in die – niedrigere – Trockensubstanz von 34 Tonnen pro Stunde umgerechnet, da sich der Quecksilbergehalt des Klärschlamms stets auf die Trockensubstanz bezieht. Ausgehend von dem maximalen Quecksilbergehalt des beantragten Klärschlamms von 8 Milligramm pro Kilogramm errechnet sich der klärschlammbezogene Eintrag von Quecksilber in die Feuerung als Massenstrom von 0,272 Kilogramm pro Stunde (Seite 12). Hinzu kommt der Quecksilbereintrag in die Feuerung aus der vermindert verbrannten Kohle von 0,0714 Kilogramm pro Stunde (Bescheid Seite 12); der Quecksilbereintrag durch den Klärschlamm in die Feuerung ist also rund viermal höher als der Quecksilbereintrag durch die Kohle.

Ausgehend von der Summierung dieser beiden Quecksilbereinträge zu insgesamt 0,3434 Kilogramm pro Stunde (Bescheid Seite 13) berechnet der Beklagte sodann mit dem Transferfaktor von 0,26 (das entspricht 26 %) den Eintrag des Quecksilbers in das Reingas in Form eines stündlichen Massenstroms von 26 % von 0,3434 Kilogramm pro Stunde und damit 0,0893 Kilogramm pro Stunde (Bescheid Seite 13).

Der Massenstrom muss noch in die Konzentration und damit in Masse pro Volumen umgerechnet werden. Dafür wird der stündliche Massenstrom durch den stündlichen Volumenstrom geteilt; da sich die Stundenangaben im Zähler und im Nenner weg kürzen, führt diese Division zur Masse pro Volumen und damit dem Konzentrationswert. Rechnerisch ergibt sich (Bescheid Seite 13) aus dem maximalen Emissionsmassenstrom für Quecksilber von 0,0893 Kilogramm pro Stunde und dem maximalen Abgasvolumenstrom von 2,35 Millionen Kubikmeter pro Stunde ein Wert von 0,0380 Millionstel Kilogramm pro Kubikmeter. Umgerechnet in kleinere Einheiten entspricht dies einer Quecksilberkonzentration von 0,0380 Milligramm oder 38,0 Mikrogramm pro Kubikmeter (Bescheid Seite 13). Tagesbezogen ist damit der Grenzwert von 0,03 Milligramm oder 30 Mikrogramm pro Kubikmeter überschritten.

Die Rechnung des Beklagten ist rein rechnerisch nicht angegriffen und gibt letztlich das plausible Ergebnis wieder, dass ein Mitverbrennungsstoff mit einem maximal wesentlich höheren Quecksilbergehalt als dem der eingesetzten Steinkohle auch nach Filterung in den Abgasen zu einem deutlich erhöhten Quecksilberanteil führt. Der Senat ist so ausführlich auf die Berechnung des Beklagten eingegangen, weil es im Folgenden noch einer Alternativrechnung für den Fall einer durch einen nächtlichen Engpass eingeschränkten Kapazität bedarf.

Die Klägerin greift – zusammengefasst - die Voraussetzungen und die Konsequenzen der Berechnungen des Beklagten als nur theoretisch und nicht realistisch an. Repräsentative Vergleichsmessungen an anderen Anlagen seien ausgeblendet. Die Annahme einer Volllast der Klärschlammmitverbrennung über einen gesamten 24-stündigen Tag sei schon aus Gründen der Lagerkapazität nicht realistisch, sondern nur theoretisch. Ein repräsentativer Betriebszustand liege nicht vor. Ebenso sei der maximale Quecksilberwert von 8 Milligramm pro Kilogramm keineswegs repräsentativ, zumal der durchschnittliche Quecksilbergehalt inzwischen nur 0,7 Milligramm pro Kilogramm betrage. Die von dem Beklagten angenommenen Bedingungen könnten, wenn überhaupt, allenfalls für einen kurzfristigen Betriebszustand gelten, so dass damit allein der hier eingehaltene Halbstundenmittelwert von 0,05 Milligramm pro Kubikmeter maßgebend wäre.

Vorweg ist der Argumentation der Klägerin entgegenzuhalten, dass repräsentative Vergleichsmessungen an anderen Anlagen nicht die von ihr angenommene Bedeutung haben. Zwar können Messungen an anderen Anlagen die gemessene Einhaltung der Grenzwerte durch die streitgegenständliche Anlage indiziell bestätigen.

Vgl. BayVGH, Urteil vom 27.5.2003 – 22 B 94.314 -, Juris-Ausdruck S. 7.

Als bloßes Indiz würden Vergleichsmessungen an anderen Anlagen aber nicht ausreichen, um eine gemessene Grenzwertüberschreitung der streitgegenständlichen Anlage zu widerlegen. Ebenso wenig können Vergleichsmessungen an anderen Anlagen eine exakt durchgeführte Berechnung einer Grenzwertüberschreitung nach dem Konzept der streitgegenständlichen Anlage widerlegen. Es geht nur um den individualrechtlichen Genehmigungsanspruch nach den Besonderheiten der vorliegenden Anlage. Mithin liegt in der Ausblendung von Vergleichsmessungen kein Rechtsfehler des Beklagten vor.

Die Klägerin macht mit ihren Angriffen gegen die Berechnung vor allem geltend, der Beklagte habe ein grundlegend falsches Verständnis einer Worst-Case-Betrachtung im Immissionsschutzrecht. Für die Einhaltung des Emissionsgrenzwertes komme es auf einen repräsentativen Betriebszustand und repräsentative Schadstoffwerte an. Unter diesen Bedingungen werde der Quecksilbergrenzwert ohne Weiteres eingehalten, und damit sei die Vorsorgepflicht erfüllt.

Die Rechtsposition der Klägerin ist zwar durchdacht und in sich konsequent, entspricht aber nicht dem grundlegenden Verständnis der Vorsorge. Die Vorsorgepflicht ist zukunftsbezogen und beugt der Entstehung von schädlichen Umwelteinwirkungen generell vor.

Jarass, BimSchG, 6. Auflage 2005, § 5 Rdnr. 46.

Wesentlich ist zur Entscheidung des Streits der Beteiligten, dass die zukunftsbezogene Vorsorgepflicht nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts das Ziel der Risikominimierung hat.

BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 – BVerwG 7 C 19.02 -, BVerwGE 119, 329, Nanoanlagen-Urteil; BVerwG, Urteil vom 20.12.1999 – 7 C 15/98 -, Juris-Ausdruck S. 5; zusammenfassend zum Dreistufenmodell des Umweltrechts mit den Begriffen Gefahr, Risiko und Restrisiko Brenner/Nehrig, Das Risiko im öffentlichen Recht, DÖV 2003, 1024 – 1026.

Bei der Erfüllung der Vorsorgepflicht müssen die Emissionsgrenzwerte auch unter ungünstigsten Betriebsbedingungen eingehalten werden.

BVerwG, Beschluss vom 22.1.2004 – 7 B 97/03 -, Juris-Ausdruck S. 2.

Es genügt also rechtlich nicht, dass der Emissionsgrenzwert unter günstigsten oder unter mittelgünstigen Betriebsbedingungen eingehalten wird, vielmehr muss dies gerade unter ungünstigsten Betriebsbedingungen ( Worst- (ase-Konzept) von vornherein gewährleistet sein.

Die Klägerin stellt den Ausgangspunkt der Rechtsprechung, dass es auf die ungünstigsten Betriebsbedingungen ankommt, selbst nicht in Frage. Sie meint aber, bei einer realistischen Betrachtungsweise komme es rechtlich auf repräsentative Betriebsbedingungen an. Das Wort „repräsentativ“ bedeutet sprachlich typisch im Sinne eines repräsentativen Querschnitts.

Duden, Das Fremdwörterbuch, 7. Auflage 2001, Stichwort repräsentativ.

Es handelt sich also um einen statistisch gesicherten Querschnitt. In diesem Sinne verwendet die Klägerin auch das Wort in ihrer Argumentation, denn sie will atypische Betriebsbedingungen wie eine Volllast der Klärschlammmitverbrennung über einen ganzen Tag oder atypisch hohe Quecksilberanteile des verbrannten Klärschlamms von der rechtlichen Betrachtung ausschließen. Für diese im Immissionsschutzrecht kaum gebräuchliche Terminologie beruft sie sich sodann auf eine neuere Entscheidung des Bayerischen VGH aus dem Jahr 2003, in der in der Tat ausdrücklich auf einen „repräsentativen“ Betriebszustand für reale Messungen von Emissionswerten abgestellt wird.

Bayerischer VGH, Urteil vom 27.5.2003 – 22 B 94.314 -, Seite 8 des Juris-Ausdrucks, betreffend die Volllast bei einer Asphaltmischanlage.

Aus dem Sinnzusammenhang der Entscheidung des Bayerischen VGH ergibt sich indessen eindeutig, dass dieses Gericht ungeachtet der Wortwahl des repräsentativen Betriebszustandes gerade nicht auf einen typischen Querschnitt der Betriebszustände abstellt. Vielmehr lautet der von der Klägerin in Anspruch genommene Rechtssatz (Seite 7/8 des Juris-Ausdrucks):

Die Messungen werden daher nicht im anlagentechnisch möglichen Maximalbetrieb, sondern in einem noch innerhalb des produktionstechnisch Vernünftigen liegenden und insoweit repräsentativen Betriebszustand durchgeführt.

Die Begründung ergibt sich aus dem vorausgehenden Satz (Seite 7 des Juris-Ausdrucks):

Wie der Sachverständige K. erläutert hat, könnten bei einem maximalem Hochfahren der Anlage keine brauchbaren Produkte mehr hergestellt werden.

Aus dem Zusammenhang ergibt sich deutlich, dass der Bayerische VGH eine Vernunftgrenze zieht im Sinne des produktionstechnisch Vernünftigen und ein Hochfahren der Anlage über die Vernunftgrenzen ausschließt, wenn keine brauchbaren Produkte mehr hergestellt werden. In der Sache teilt der Senat die Auffassung des Bayerischen VGH zu einer Vernunftgrenze. Eine solche Produktionsweise wäre handgreiflich unvernünftig. Nicht zu folgen vermag der Senat aber der Terminologie eines „repräsentativen“ Betriebszustandes, die im Sprachsinn eine statistische Querschnittsbetrachtung bedeutet. Die Betrachtungsweise der Klägerin führt dazu, dass atypische Betriebssituationen und atypische Schadstoffgehalte für die Erfüllung der Vorsorgepflicht ausscheiden.

Der Ansatz der Klägerin mag in verschiedenen Rechtsbereichen durchaus zutreffen, passt aber nicht auf die hier relevante immissionsschutzrechtliche Vorsorgepflicht. Er kann deshalb nicht überzeugen, weil er dem Vorsorgekonzept der Risikominimierung nicht gerecht wird. Die immissionsschutzrechtliche Schutzpflicht als Instrument der Gefahrenabwehr greift zwar erst ein, wenn die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts besteht.

BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 – BVerwG 7 C 19.02 -, Nanoanlagenurteil; ebenso zur Gefahrdefinition im Sinne einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit bei ungehindertem Geschehensablauf Brenner/Nehrig, DÖV 2003, 1024 – 1025.

Dagegen ist es Aufgabe der Vorsorge, Risiken unterhalb der Gefahrengrenze zu minimieren.

BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 – 7 C 19.02 -, Nanoanlagenurteil.

Risiken sind nicht von vornherein wahrscheinlich. Ein Risiko bezieht sich auf einen möglichen, aber ungewissen Schaden; es muss lediglich hinreichende Gründe für die Möglichkeit geben.

BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 – BVerwG 7 C 19.02 -, Nanoanlagenurteil; ebenso Brenner/Nehrig, DÖV 2003, 1024 – 1025.

Erst jenseits einer Irrelevanzgrenze von 1 % einer anerkannten Wirkungsschwelle liegt ein unausweichliches Restrisiko vor, das immissionsschutzrechtlich hinzunehmen ist.

BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 – BVerwG 7 C 19.02 -, Nanoanlagenurteil; ebenso im Sinne einer Zumutbarkeitsgrenze des Restrisikos Brenner/Nehrig, DÖV 2003, 1024 – 1026.

Das Risikominimierungsgebot der Vorsorge gilt nach den Regeln der praktischen Vernunft.

So überzeugend Brenner/Nehrig, DÖV 2003, 1024 – 1025; ebenso in der Sache Bayerischer VGH, Urteil vom 27.5.2003 – 22 B 94.314 -, Seite 8 des Juris-Ausdrucks, soweit er auf die Grenzen des Vernünftigen abstellt.

Zusammengefasst ist es Aufgabe der Vorsorge, Risiken unterhalb der Gefahrengrenze innerhalb der Grenzen der praktischen Vernunft zu minimieren.

Dem so verstandenen Minimierungsgebot der Risiken wird der Ansatz der Klägerin aber nicht gerecht, die nur repräsentative Betriebszustände und repräsentative Schadstoffwerte in die Vorsorge einbeziehen will und alle atypischen Betriebszustände und Schadstoffwerte als nicht bestimmungsgemäß und nur theoretisch ansieht. Die Risiken können nur dann minimiert werden, wenn man rechtlich auf die maximalen Emissionen abstellt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gehören die maximalen Emissionen innerhalb des genehmigten Grenzwertes zum bestimmungsgemäßen Betrieb der Anlage und sind den immissionsschutzrechtlichen Berechnungen zugrunde zu legen, da die Betreiberin bis zum festgesetzten Grenzwert Schadstoff emittieren darf; auf die tatsächlich gemessenen Emissionen kommt es im Genehmigungsprozess nicht an.

BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 – BVerwG 7 C 19.02 -, Nanoanlagenurteil.

Nach dem Rechtsstandpunkt des Bundesverwaltungsgerichts sind auch für Heizwerke mit selten gefahrener Volllast die Emissionsgrenzwerte ohne Bonus maßgebend.

BVerwG, Urteil vom 17.2.1984 – 7 C 8/82 -, NVwZ 1984, 371-374.

Mithin betrifft ein Risiko auch seltene Ereignisse.

Nach der dargelegten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist der Streit der Beteiligten um das Verständnis der Worst-Case-Betrachtung wie folgt zu entscheiden: Es kommt nicht allein auf die technische Möglichkeit eines Betriebszustandes an, wie der Beklagte meint, und es kommt ebenso wenig auf repräsentative Betriebszustände im Sinne eines realistischen Durchschnittsgeschehens an, wie die Klägerin meint. Entscheidend ist die technische Möglichkeit der ungünstigsten Betriebszustände in den Grenzen der praktischen Vernunft.

Der danach näher begründete Rechtsstandpunkt des Senats zur Worst-Case-Betrachtung ist nunmehr auf die Streitfragen der Anlagenkapazität, der Marktkapazität und der Schadstoffzusammensetzung des Klärschlamms anzuwenden.

Der Senat geht zunächst auf den Streit über die anlagenbezogene Kapazität der Klärschlammmitverbrennung ein.

Der Beklagte geht von dem beantragten und tatsächlich möglichen Betriebsumfang aus. Die Klägerin hält dem kapazitätsmindernd entgegen, was rechtlich erlaubt und abstrakt möglich sei, gebe nur einen ersten Hinweis auf ungünstigste Betriebsbedingungen. Die Volllast bei der Mitverbrennung von Klärschlamm von 60 Tonnen pro Stunde über einen ganzen Tag sei zwar technisch möglich und rechtlich zulässig, werde aber realistischerweise nicht durchgeführt.

Schriftsatz der Klägerin vom 13.1.2005, Seite 6, Gerichtsakte Bl. 317.

Normativ bestimmt § 1 I 4 der 4. BImSchV in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 23.12.2004 (BGBl. I S. 3758), dass für die Kapazität einer Anlage auf den rechtlich und tatsächlich möglichen Betriebsumfang abzustellen ist. Entgegen der Meinung der Klägerin ist der rechtlich und tatsächlich mögliche Betriebsumfang nicht ein erster Hinweis, sondern das normative Kriterium für die Kapazität der Anlage. Nach der Normgebungsgeschichte hat der Verordnungsgeber deshalb nicht auf den tatsächlich praktizierten Betriebsumfang abgestellt, weil dieser gegebenenfalls von dem wechselnden Verhalten des Anlagenbetreibers abhänge; wenn der Anlagenbetreiber den technisch möglichen Betriebsumfang nicht ausnutzen wolle, könne er seinen Antrag entsprechend beschränken.

Landmann/Rohmer, § 1 der 4. BImSchV Rdnr. 6 unter Hinweis auf die Bundesrats-Drucksache 413/84.

Diese Regelung dient der Rechtsklarheit.

Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Band 2, § 1 der 4. BImSchV, Rdnr. 11.

Allerdings gilt nach dem Rechtsstandpunkt des Senats einschränkend eine Grenze der praktischen Vernunft insbesondere im Sinne des produktionstechnisch Vernünftigen. Übereinstimmend damit ist in der Literatur anerkannt, dass es nicht auf eine theoretisch mögliche Nutzung der Anlage ankommt, vielmehr eine konkrete Betrachtungsweise der Anlage einschließlich eingrenzender Nebeneinrichtungen maßgebend ist.

Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band II, § 1 der 4. BImSchV Rdnr. 7; Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Band 2, § 1 der 4. BImSchV, Rdnr. 11.

Als Beispiel für eine solche Begrenzung des Betriebsumfangs wird angeführt, dass innerhalb einer Lackieranlage die Trocknungsanlage einen geringeren Durchsatz hat.

Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, § 1 der 4. BImSchV Rdnr. 11.

Ebenso wie in dem bereits dargestellten Fall der Asphaltmischanlage ist es in dem genannten Beispiel handgreiflich unvernünftig, ein Produkt in einem zahlenmäßig höheren Umfang zu lackieren, als es ordnungsgemäß getrocknet werden kann, was die Brauchbarkeit des Produkts in Frage stellt.

Die Klägerin sieht im hier zu entscheidenden Fall eine vergleichbare Sachlage für die Trockenschlammverbrennung, da das Trockenschlammsilo nur 100 Tonnen umfasse, bei Volllast der tägliche Durchsatz von Trockenschlamm aber 480 Tonnen wäre. Der Beklagte hält dem entgegen (Schriftsatz vom 25.10.2004, Seite 4/5, Gerichtsakte Bl. 265/266), nach der eigenen Kurzbeschreibung des Vorhabens durch die Klägerin sei bei voller Auslastung mit rund 60 Lkw-Anlieferungen Klärschlamm pro Tag zu rechnen. Bei einem Lkw-Ladevolumen zwischen 20 und 40 Tonnen könne mit 60 Lkw-Transporten je Tag Klärschlamm zwischen 1200 und 2400 Tonnen angeliefert werden. Bei Maximallast genüge eine Anlieferung von 1440 Tonnen. Der Anlieferungszeitraum mit Lastwagen beschränke sich zwar auf die Tageszeit von 6.00 Uhr bis 22.00 Uhr, indessen nicht die Klärschlammentladung, die auch in der Nacht durch bereitgestellte Lkw’s erfolgen könne. Deshalb bestehe auch beim Trockenschlamm kein Engpass. Das überzeugt.

Die technische Möglichkeit eines solchen Vorgehens hat die Klägerin selbst nicht in Frage gestellt (Schriftsatz vom 13.1.2005, S. 6, Gerichtsakte Bl. 317).

Die maximale Lagermenge von Trockenschlamm beträgt 100 Tonnen.

Formularantrag, Formular 3.4, Behördenordner I Bl. 221.

Der stündliche Durchsatz des Trockenklärschlamms beträgt bis 20 Tonnen.

Formularantrag, Formular 3.4, Behördenordner I Bl. 221.

Das Silo kann während der Tageszeit von 6.00 Uhr bis 22.00 Uhr selbst bei einstündiger Entladezeit (vgl. Schriftsatz der Klägerin vom 30.4.2004, S. 8, Gerichtsakte Bl. 58) kontinuierlich mit Lkw-Anlieferungen von jeweils 20-40 Tonnen Klärschlamm gefüllt werden. Deshalb kann es für die achtstündige Nachtzeit von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr bei Bedarf im gefüllten Zustand vorgehalten werden. Bei vollem Durchsatz des Trockenschlamms von je 20 Tonnen pro Stunde reicht das Silo nachts fünf Stunden für die Beschickung der Feuerungsanlage aus. Rechnerisch entsteht dabei ein Engpass von 60 Tonnen innerhalb von drei Nachtstunden. Dafür genügt aber die Bereitstellung von drei Lastwagen mit einem Ladevolumen von je 20 Tonnen, die unstreitig auch nachts entladen werden dürfen. Die Befüllung des Annahmesilos erfolgt pneumatisch.

Beschreibung des Vorhabens, Seite 20, Behördenordner I Bl. 198.

Die nächtliche pneumatische Entladung fügt sich ohne Weiteres in den Produktionsablauf des Kraftwerks ein, das rund um die Uhr in Betrieb ist.

Zum Letzteren die von der Klägerin vorgelegte gutachtliche Stellungnahme der proTerra vom 11.12.2002, Seite 27, Behördenordner I Bl. 14.

Die nächtliche Entladung von drei Lastwagen ist gemessen an der täglichen Entladung von bis zu 60 Lastwagen kein besonders umfangreicher Betriebsvorgang und nicht handgreiflich unvernünftig.

Die vom Beklagten angegebene technisch mögliche Lösung ist nach der Ansicht des Senats produktionstechnisch vernünftig. Anders als in den bereits behandelten Beispielen der Asphaltmischanlage und der Lackieranlage mit zu geringer Trocknungskapazität wird das aus der Wärmeenergie hergestellte Produkt, der Strom, in seiner Qualität nicht berührt. Zwar mag eine Volllast bei Kraftwerken eher selten sein. Besteht aber Strombedarf in Höhe einer vollen Kraftwerksauslastung, ist es produktionstechnisch durchaus vernünftig, die volle Klärschlammmitverbrennung mit der nächtlichen Entladung von drei Lastwagen auf dem Betriebsgelände aufrecht zu erhalten. Eine Kapazitätsminderung besteht nicht.

Die Klägerin hält auch in ihren Antragsunterlagen eine Vollauslastung der Klärschlammmitverbrennung bezogen auf den Tag durch rund 60 Lkw-Anlieferungen für gewährleistet und insofern selbst offenbar für vernünftig, wie sich aus der Kurzbeschreibung des Vorhabens, aus dessen Beschreibung und dem pro Terra-Gutachten ergibt.

Kurzbeschreibung des Vorhabens Seite 2, Behördenordner I Bl. 233; Beschreibung des Vorhabens Seite 27, Behördenordner I Bl. 187; proTerra-Gutachten Seite 27, Behördenordner I Bl. 14.

Nach dem rechtlichen Ansatzpunkt des Senats ist mit dem Beklagten davon auszugehen, dass die Auslastung des Kraftwerks mit einer stündlichen Mitverbrennung von 60 Tonnen Klärschlamm produktionstechnisch vernünftig für einen ganzen Tag aufrecht erhalten werden kann; bei diesem Mitverbrennungsumfang muss die Vorsorgepflicht erfüllt sein.

Nur hilfsweise führt der Senat eine Alternativrechnung für den Fall durch, dass der dreistündige nächtliche Engpass rechtlich als kapazitätsmindernd zu werten sein sollte und sich damit auf den Quecksilberausstoß des gesamten Tages (24 Stunden) auswirkt. Auch dieser Fall führt bei Beachtung der Berechnungsmethode des Beklagten zu einer deutlichen Überschreitung des Quecksilbergrenzwerts als Tagesgrenzwert.

Die Alternativrechnung geht rechnerisch dem Vortrag der Klägerin nach, dass – allein in der Trockengutlinie – ein Engpass in der Verbrennung von Trockenklärschlamm besteht. Wie dargelegt führt die begrenzte Kapazität des Silos für den Trockenklärschlamm zu einem rechnerischen Engpass von drei Stunden zur Nachtzeit. In der Alternativrechnung wird nunmehr angenommen, dass die Trockenklärschlammverbrennung von 20 Tonnen pro Stunde drei Stunden in der Nachtzeit mit insgesamt 60 Tonnen und damit dem entsprechenden Quecksilbergehalt ausfällt. Entscheidungsrelevant mit Blick auf eine Einhaltung des Tagesgrenzwerts ist dabei der Wegfall des Quecksilbereintrags in die Feuerung und daraus folgend in das Reingas. Zugunsten der Klägerin wird der geringe zusätzliche Quecksilbereintrag durch die erforderliche Aufstockung des Kohleanteils während des Engpasses in den drei Nachtstunden vernachlässigt.

Ausgehend von dem nächtlichen Engpass von drei Stunden fallen von der maximalen Verbrennung von Klärschlamm insgesamt von täglich 1440 Tonnen 60 Tonnen Trockenklärschlamm weg.

Der täglich eingesparte Massenstrom von 60 Tonnen Trockenklärschlamm ist zunächst entsprechend der Berechnungsweise des Beklagten in den niedrigeren Wert der Trockensubstanz umzurechnen, auf die sich der Quecksilbergehalt bezieht. Das Einsatzgut Trockenklärschlamm enthält ungeachtet der Bezeichnung noch einen Wasseranteil von 10 % und mithin Trockensubstanz von 90 %.

Zu dieser Angabe von 90 % Trockensubstanz Beschreibung des Vorhabens, Seite 25, Ordner I, Bl. 189; von einem Anteil von 0,9 (90 %) der Trockensubstanz am Trockenschlamm geht auch der Beklagte in seiner Quecksilberberechnung (Bescheid, Seite 11) aus.

Eingespart werden also tagesbezogen 54 Tonnen Trockensubstanz. Dies ist entsprechend der Berechnungsmethode des Beklagten auf den Stundenwert umzurechnen. Die Einsparung beträgt stündlich 1/24 von 54 Tonnen und damit 2,25 Tonnen Trockensubstanz. Dieser Betrag ist von dem stündlichen Durchsatz von Trockensubstanz bei Volllast der Klärschlammverbrennung abzuziehen, der nach dem Bescheid (S. 11) 34 Tonnen für die gesamte Klärschlammmitverbrennung beträgt. Der durchschnittliche stündliche Durchsatz an Trockensubstanz wird also bei eingeschränkter Kapazität von 34 Tonnen um 2,25 Tonnen auf 31,75 Tonnen und damit relativ auf 93,4 % reduziert. Dies reduziert auch den klärschlammbezogenen Quecksilbereintrag.

In der weiteren Rechnung des Beklagten beträgt der stündliche klärschlammbedingte Quecksilbereintrag in die Feuerung bei Volllast 0,27 Kilogramm (Bescheid Seite 12). In der Alternativrechnung reduziert sich der klärschlammbedingte Quecksilbereintrag auf 93,4 % von 0,272 Kilo pro Stunde und damit auf 0,254 Kilo pro Stunde. Zu dem klärschlammbedingten Quecksilbereintrag in die Feuerung kommt der kohlebedingte Eintrag in die Feuerung hinzu. Der durch den Brennstoff Kohle verursachte Quecksilbereintrag in die Feuerung wird von dem Beklagten im Bescheid, Seite 12 (ganz unten) mit dem geringen Wert von 0,0714 Kilo pro Stunde berechnet. Zugunsten der Klägerin setzt der Senat wie bereits anfangs dargelegt nur diesen kohlebedingten Quecksilbereintrag in die Rechnung ein, wobei die Aufstockung des Kohleanteils zum Ersatz der fehlenden Energie außer Betracht bleibt. Deshalb wird in die Alternativrechnung unverändert ein kohlebedingter Quecksilbereintrag von nur 0,0714 Kilo pro Stunde eingesetzt, was zu einem Gesamteintrag von Quecksilber in die Feuerung von (0,254 + 0,0714) 0,3254 Kilo pro Stunde führt. Zur Umrechnung des Feuerungseintrags in den Reingaseintrag setzt der Beklagte unter Berücksichtigung der Filterleistung einen Transferfaktor von 0,26 (26 %) in die Rechnung ein (Bescheid Seite 13). Der Transferfaktor trägt der Flüchtigkeit von Quecksilber Rechnung und gilt unverändert. Damit beträgt der quecksilberbezogene Emissionsmassenstrom im Reingas (0,3254 x 0,26) 0,0846 Kilogramm pro Stunde bei eingeschränkter Kapazität statt wie bei Volllast der Klärschlammmitverbrennung 0,0893 Kilogramm pro Stunde (Bescheid Seite 13, Mitte).

Jetzt bedarf es nach der Berechnungsmethode des Beklagten einer Umrechnung des Massenstroms in die maßgebliche Konzentration (Bescheid Seite 13, unten). Dafür wird der stündliche Massenstrom durch den stündlichen Volumenstrom geteilt; da sich die Stundenangaben im Zähler und im Nenner weg kürzen, führt diese Division zur Masse pro Volumen und damit dem Konzentrationswert. Rechnerisch ist statt des Emissionsmassenstroms von 0,0893 Kilogramm pro Stunde bei Volllast in der Alternativrechnung der niedrigere Wert von 0,0846 Kilogramm pro Stunde einzusetzen. Der nach dem von der Klägerin selbst vorgelegten Gutachten des Instituts für Verfahrenstechnik und Dampfkesselwesen vom 12.5.2003 (Behördenordner I, Bl. 214) im Wesentlichen gegenüber Änderungen des Klärschlammanteils stabile trockene Rauchgasvolumenstrom bleibt unverändert und ist mit 2,35 Millionen Kubikmeter pro Stunde in die Division einzusetzen. Mit diesen Zahlen ergibt die Division des Quecksilbermassenstroms durch den Abgasvolumenstrom 0,0360 Millionstel Kilo pro Kubikmeter statt wie in der Hauptrechnung des Beklagten 0,0380 Millionstel Kilogramm pro Kubikmeter (Bescheid Seite 13, unten) Rechnet man die unhandlich kleine Zahl in die Einheit Mikrogramm um, ergibt sich als maximaler Konzentrationswert im Reingas bei eingeschränkter Kapazität der Gehalt von 36,0 Mikrogramm pro Kubikmeter statt 38,0 Mikrogramm pro Kubikmeter wie vom Beklagten für Volllast errechnet.

Der nächtliche Engpass der Trockengutlinie führt also rechnerisch auf den gesamten Tag bezogen zu einem Konzentrationswert von 36,0 Mikrogramm Quecksilber pro Kubikmeter und damit 94,7 % des Quecksilberkonzentrationswerts bei Volllast der Klärschlammmitverbrennung über den gesamten Tag. Wesentlich ist, dass der dargelegte Grenzwert als Tagesmittelwert von 30 Mikrogramm pro Kubikmeter mit 36,0 Mikrogramm pro Kubikmeter in der Alternativrechnung nach wie vor deutlich überschritten ist.

Abschließend zu der Alternativrechnung soll ergänzend noch eine Plausibilitätsüberlegung angegeben werden, warum der von der Klägerin angegebene nächtliche Engpass von drei Stunden nicht zu einer hinreichenden Senkung des Quecksilberausstoßes im Reingas führt. Erforderlich wäre vom Standpunkt der Klägerin aus eine Senkung der Tageskonzentration von bisher maximal 38,0 Mikrogramm pro Kubikmeter auf 30,0 Mikrogramm pro Kubikmeter. Dies wäre ein Minderanteil an Quecksilber von 21,1 Prozent. Demgegenüber führt der nächtliche Ausfall der Trockengutlinie von 3 Stunden wie dargelegt nur zur Reduktion der täglichen maximalen Klärschlammmenge von 1440 Tonnen um 60 Tonnen und damit um 4,1 % des Einsatzguts. Es ist plausibel, dass mit einer derart geringen täglichen Kapazitätseinschränkung die über den ganzen Tag zu erreichende Einschränkung der Quecksilberkonzentration um 21,1 % nicht erzielt werden kann. Die letztgenannte Überlegung macht nur plausibel, was die Alternativrechnung im Einzelnen belegt.

Mit der nur hilfsweise durchgeführten Alternativrechnung des Senats ist dargetan, dass der Quecksilbergrenzwert bei Geltung des Tagesmittelwerts von 30,0 Mikrogramm pro Kubikmeter nicht lediglich dadurch eingehalten werden kann, dass kapazitätsmindernd die Trockengutlinie der Klärschlammverbrennung für drei Stunden der Nachtzeit ausfällt.

Da die gesamte dargelegte Alternativrechnung nur hilfsweise durchgeführt wird, verbleibt es bei dem Rechtsstandpunkt des Senats, dass die Stundenkapazität der Klärschlammmitverbrennung innerhalb der Grenzen der Vernunft für einen ganzen Tag aufrecht erhalten werden kann und auch bei dieser Vollauslastung dem Vorsorgegebot genügen muss.

Allerdings sieht die Klägerin nicht nur eine anlagengemäße Kapazitätsbeschränkung der Klärschlammmitverbrennung, sondern auch eine marktmäßige Beschränkung. Sie trägt vor, bei Volllast der Klärschlammmitverbrennung übersteige der Tagesverbrauch des Kraftwerks an Trockenklärschlamm dessen durchschnittliche Tagesproduktion im Saarland bei Weitem. Der notwendige Einsatz entspräche einem Klärschlammanteil von 3,6 Millionen Einwohnern.

Schriftsatz der Klägerin vom 13.1.2005, Seite 7, Gerichtsakte Bl. 318.

Zwar wird in der Literatur angenommen, dass die tatsächliche Ausnutzung einer Anlage auch dadurch begrenzt sein kann, dass nicht genügend Einsatzstoffe zur Verfügung stehen.

Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band II, § 1 der 4. BImSchV Rdnr. 7, mit dem Beispiel des Räucherns von Fleischwaren.

Die Argumentation der Klägerin überzeugt hier nicht. Für die Kapazitätsbetrachtung ist nach dem Rechtsstandpunkt des Senats von der Ausnutzung der beantragten Kapazität innerhalb der Grenzen der Vernunft auszugehen, nicht etwa innerhalb der Grenzen eines Bundeslandes. Der Klärschlammmarkt ist nicht auf das Saarland begrenzt, sondern offen. Nach ihren eigenen Genehmigungsunterlagen geht die Klägerin erkennbar selbst von einem offenen Klärschlammmarkt aus, der für sie auch den Erwerb von Klärschlamm aus den Ländern Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Bayern umfasst. In der Beschreibung des Vorhabens (Seite 9, Behördenordner I Blatt 109) ist ausgeführt, dass der in Bexbach vorgesehene Klärschlamm aus kommunalen Kläranlagen stammt, die chemische Zusammensetzung von dem Einzugsgebiet der Kläranlage abhängt und exemplarisch in der Anlage 3.2 Einzelanalysen unterschiedlicher Herkunft zusammengestellt sind. Dazu gehören Klärschlämme aus den Kläranlagen Kaiserslautern (Rheinland-Pfalz), Pforzheim (Baden-Württemberg) und Forchheim (Bayern).

Anlage 3 zu den Genehmigungsunterlagen, Behördenordner I, Bl. 177.

Die in der Anlage 3.2 angegebenen Kläranlagen kommen nach dem eigenen Vortrag der Klägerin als Zulieferer für die Mitverbrennung in Betracht.

Klagebegründung, S. 7, Gerichtsakte Bl. 57.

Dies belegt, dass die Klägerin im Wesentlichen Süddeutschland als Einzugsgebiet für die Klärschlammmitverbrennung ihres Kraftwerks ansieht. Damit bleibt bei entsprechendem Strombedarf ein täglicher Klärschlammverbrauch, der über der Klärschlammproduktion des Saarlandes liegt, innerhalb der Grenzen der praktischen Vernunft und ist jedenfalls nicht handgreiflich unvernünftig.

Zusammenfassend hält sich die klärschlammbezogene Volllast des Kraftwerks über einen ganzen Tag sowohl von der technischen Anlage her als auch von dem Klärschlammmarkt her innerhalb der Grenzen der produktionstechnischen Vernunft. Die Klägerin verspricht sich durch den Einsatz des Klärschlamms einen wirtschaftlichen Erlösbeitrag im härter werdenden Stromwettbewerb zur langfristigen Kraftwerkssicherung.

Kurzbeschreibung des Vorhabens, Seite 2, Behördenordner I Blatt 233.

Gemessen daran liegt es innerhalb der produktionstechnischen Vernunft, die Klärschlammmitverbrennung im Kraftwerk bei entsprechendem Strombedarf für einen ganzen Tag voll auszufahren. Handgreiflich unvernünftig ist das nicht. Selbst wenn dies selten geschieht, kann dies nach der dargelegten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei den Emissionsgrenzwerten nicht zu einem Bonus führen.

BVerwG, Urteil vom 17.2.1984 – 7 C 8/82 -, NVwZ 1984, 371 – 374.

Damit greift aber auch nicht die Hilfserwägung der Klägerin, sie müsse lediglich den Halbstundenmittelwert für Quecksilber von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter statt des Tagesmittelwertes von 30 Mikrogramm pro Kubikmeter einhalten, was nach der Berechnung des Beklagten hier geschehe. Der Halbstundenwert hat den Sinn, Unregelmäßigkeiten der Anlage, insbesondere der Filtereinrichtungen, zu tolerieren, die sich nur für eine halbe Stunde auswirken und den Tagesmittelwert nicht berühren. Nach der dargelegten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann der Halbstundenmittelwert dagegen nicht als Bonus für seltene Volllast angesehen werden. Darüber hinaus ist die Hilfsargumentation nach dem eigenen Vortrag der Klägerin nicht konsequent. Sie müsste dazu vortragen, dass sie die Volllast der Klärschlammmitverbrennung jeden Tag allenfalls für eine halbe Stunde aufrecht erhalten könnte. Dem widersprechen aber eindeutig die Antragsunterlagen, wonach die stündliche Kapazität der Klärschlammmitverbrennung von 60 Tonnen außer Frage steht.

Kurzbeschreibung des Vorhabens, Seite 2, Behördenordner I Seite 233; Formularantrag, Formular 3.4, gehandhabte Stoffe, Behördenordner I Blatt 221; Beschreibung des Vorhabens, Seite 25, Behördenordner I Blatt 189; vorgelegtes pro-Terra-Gutachten, Seite 10, Behördenordner I Blatt 31.

Danach genügt es eindeutig nicht zur Wahrung der Betreiberpflichten, wenn die Klägerin bei Volllast der Klärschlammmitverbrennung nur den Halbstundenmittelwert, nicht aber den ebenfalls bindenden Tagesmittelwert einhält.

Im Ergebnis kann die Klägerin der fehlenden Einhaltung des Tagesmittelwerts für Quecksilber nicht erfolgreich Kapazitätsargumente entgegensetzen.

Mit einem weiteren Argument wendet sich die Klägerin gegen die Zugrundelegung des maximalen Quecksilbergehalts bei der behördlichen Prognose.

Der Einwand überzeugt nicht.

Der von der Behörde eingesetzte maximale Quecksilbergehalt von 8 Milligramm pro Kilogramm beruht auf den eigenen Antragsunterlagen der Klägerin, ist durch mehrere Gutachten abgesichert und stimmt mit dem Grenzwert von ebenfalls 8 Milligramm Quecksilber je Kilogramm Schlammtrockenmasse nach § 4 Abs. 12 der geltenden Klärschlammverordnung in der Fassung der Änderungsverordnung vom 26.11.2003 (BGBl. I S. 2373) überein, wonach bis zu dieser Grenze Klärschlamm auf landwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzten Böden nach näherer Maßgabe aufgebracht werden kann.

Zunächst einmal enthalten die eigenen Antragsunterlagen der Klägerin den dargelegten Maximalwert für Quecksilber. Nach Seite 10 der Beschreibung des Vorhabens (Behördenordner I, Bl. 208) und S. 11 der Kurzbeschreibung sind die Kenndaten des für Bexbach zugrunde gelegten Klärschlamms in der Tabelle 1 angegeben (Behördenordner I, Bl. 207). Dort ist die Bandbreite der Schlammtrockensubstanz für Quecksilber mit bis zu 8 Milligramm pro Kilogramm bezeichnet.

Dieser Wert ist durch mehrere Gutachten abgesichert. In der von der Klägerin selbst vorgelegten gutachtlichen Stellungnahme der proTerra vom 11.11.2002, S. 9 (Behördenordner I Bl. 32) werden die Kenndaten des für Bexbach zugrunde gelegten Klärschlamms ebenfalls mit bis zu 8 Milligramm pro Kilogramm der Trockensubstanz angegeben und allgemein zu den Bandbreiten der Inhaltsstoffe dargelegt, die obersten Grenzen entsprächen weit gehend den Grenzwerten, die in der Klärschlammverordnung festgelegt sind. Das von Mitverbrennungsgegnern in Auftrag gegebene Gutachten des Öko-Instituts vom 28.3.2003 führt in der Tabelle 6.2 für Quecksilber gemessene Schwermetallkonzentrationen zwischen 0 und 5,4 Milligramm pro Kilogramm an und gibt den Maximalwert mit 8 Milligramm pro Kilogramm an.

Gutachterliche Stellungnahme des Öko-Instituts vom 28.3.2003 im Auftrag der A.,Behördenordner I Bl. 136, Tabelle 6.2 nach Seite 23, Behördenordner I Bl. 121.

Schließlich geht das vom Beklagten eingeholte Gutachten des TÜV Süddeutschland vom 27.8.2003 auf S. 35, Tabelle 6-2, ebenfalls von einem Wert von bis zu 8 Milligramm pro Kilogramm Quecksilber aus; dabei wird (S. 39) die Quecksilberkonzentration im Klärschlamm nach der Klärschlammverordnung zugrunde gelegt.

Im Verwaltungsrechtsstreit wendet sich die Klägerin nunmehr dezidiert gegen den Einsatz des Maximalwerts für die Prognose. Die im Antrag angegebenen Maximalwerte bedeuteten nur ein Einsatzverbot für Stoffe mit höherem Schadstoffgehalt.

Schriftsatz vom 13.1.2005, S. 4, Gerichtsakte Bl. 315.

Dagegen komme es für die Prognose auf den repräsentativen Quecksilberwert an, der allein realistisch sei. Insofern macht die Klägerin geltend, der maximale Quecksilbergehalt sei keinesfalls repräsentativ.

Klagebegründung vom 30.4.2004, S. 7, Gerichtsakte Bl. 57.

Der durchschnittliche Quecksilbergehalt liege bei etwa 1 Milligramm pro Kilogramm, nach jüngsten Erhebungen sogar bei 0,7 Milligramm pro Kilogramm.

Schriftsatz vom 13.1.2005, S. 5, Gerichtsakte Bl. 316.

Die potenziellen Zulieferer der Klägerin für die Mitverbrennung von Klärschlamm hätten Werte zwischen 0,7 und 2,8 Milligramm pro Kilogramm Quecksilber ermittelt. Selbst das Gutachten des Öko-Instituts vom 28.3.2003 gehe von einer maximalen Quecksilberkonzentration in Klärschlämmen von 5,4 Milligramm pro Kilogramm aus. Letzteres trifft so nicht zu, denn das Gutachten des Öko-Instituts unterscheidet klar zwischen Probemessungen der Schwermetallkonzentration in Nordrhein-Westfalen 2001 zwischen 0 und 5,4 Milligramm pro Kilogramm einerseits und dem für das eigene Gutachten zugrunde gelegten Maximalwert von 8 Milligramm pro Kilogramm andererseits.

Gutachten des Öko-Instituts vom 28.3.2003, Tabelle 6.2 nach Seite 23, Behördenordner I Bl. 121.

Nach dem grundsätzlichen Ansatz der Klägerin bedeutet der Maximalwert des Quecksilbergehalts nur ein Einsatzverbot im Betrieb für höher kontaminierten Klärschlamm etwa mit 9 Milligramm pro Kilogramm Trockensubstanz. Dagegen sei für die Prognose der Emissionen nur von einem repräsentativen Quecksilberwert des Klärschlamms auszugehen und mithin realistischerweise auf den wahrscheinlichsten Betriebszustand abzustellen.

Die Argumentation der Klägerin überzeugt nicht.

Zunächst einmal ist der Argumentation entgegenzuhalten, dass Durchschnittswerte und Maximalwerte im Immissionsschutzrecht klar auseinander zu halten sind. Dies gilt sowohl rechnerisch als auch rechtlich. Rechnerisch folgt beispielsweise allein aus Zahlen über den Durchschnittslärm nicht der maximale Lärm. Unter rechnerischen Gesichtspunkten kann beim Klärschlamm weder ein Durchschnittswert von 0,7 Milligramm pro Kilogramm noch eine Untersuchung über Klärschlammproben bis 5,4 Milligramm pro Kilogramm einen Maximalwert von 8 Milligramm pro Kilogramm ausschließen. Zu Recht schließt keines der angeführten Gutachten einen Maximalwert von 8 Milligramm pro Kilogramm Quecksilber im Klärschlamm aus.

Ausgehend von dieser rechnerischen Klärung bedarf es nun einer rechtlichen Klärung.

Im Immissionsschutzrecht wird regelmäßig klargestellt, ob die Grenzziehung für schädliche Umwelteinwirkungen durch Mittelwerte, Maximalwerte oder eine Kombination davon erfolgt. Deutlich ist dies etwa in der TA Lärm vom 26.8.1998 (GMBl. S. 503), die zwischen Mittelungspegeln (Nr. 2.7) und kurzzeitigen Geräuschspitzen als Maximalwerten (Nr. 2.8) unterscheidet und für beide Immissionsrichtwerte festsetzt (vgl. Nr. 6.1 bis 6.3). Speziell für den hier einschlägigen Schadstoffgehalt von mitverbrannten Abfällen stellt der Normgeber in § 4 a III Nr. 4 der 9. BImSchV in der Fassung vom 14.8.2003 (BGBl. I S. 1614) dort für die Antragsunterlagen und in § 21 III Nr. 5 der Verordnung für den Genehmigungsbescheid ausschließlich auf den größten Gehalt an Schadstoffen ab. Der Durchschnittsgehalt ist nicht Regelungsgegenstand der Genehmigung. Auf den Durchschnittsgehalt an Schadstoffen und damit hier auf den niedrigeren Durchschnittsgehalt von 0,7 Milligramm pro Kilogramm Quecksilber kommt es mithin im Genehmigungsverfahren normativ nicht an.

Die dargelegte Regelung fügt sich nahtlos in das Vorsorgekonzept des Bundesverwaltungsgerichts ein. Danach ist es Aufgabe der Vorsorge, hinreichend mögliche Risiken unterhalb der Gefahrengrenze zu minimieren.

BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 – BVerwG 7 C 19.02 -, BVerwGE 119, 329.

Das Gebot der Risikominimierung führt aber dazu, die maximalen Schadstoffwerte der verbrannten Abfälle einzubeziehen. Sie sind nicht wahrscheinlich, aber ein zu beachtendes Risiko. Von der Klägerin wird mithin nicht mehr verlangt, als dass sie anlagemäßig das Risiko beherrscht, dass ein Tag lang Klärschlamm mit dem maximal erlaubten Quecksilbergehalt verbrannt wird.

Der Ansatz der Klägerin würde dagegen zur Inkonsequenz in der Risikobeherrschung führen. Die Klägerin meint insofern, die Maximalwerte bedeuteten nur ein Einsatzverbot für Stoffe mit höherem Schadstoff. Davon ausgehend beherrscht die Klägerin zwar das Risiko, dass der angelieferte Klärschlamm 9 Milligramm pro Kilogramm Quecksilber enthält, da hier das Einsatzverbot gilt. Dagegen braucht sie nach ihrer Ansicht das Risiko, dass der Klärschlamm 8 Milligramm pro Kilogramm Quecksilber enthält, deshalb nicht zu beherrschen, weil sie darin nur einen theoretischen Fall sieht. Das niedrigere Risiko etwa von einem Quecksilbergehalt von 5 Milligramm pro Kilogramm beherrscht die Klägerin wiederum, da die Anlage das Quecksilber ausreichend herausfiltert. Konsequent ist das nicht. Eine konsequente Risikobeherrschung ist indes ein Gebot der praktischen Vernunft.

Nur ergänzend ist noch auf einen Unterschied zur bereits behandelten Frage der Anlagenkapazität hinzuweisen: Die gefahrene Kapazität ist dem Anlagenbetreiber regelmäßig jederzeit bekannt und insofern auch beherrschbar. Dagegen ist die Stoffzusammensetzung des gesamten über einen Tag verbrannten Klärschlamms dem Betreiber ohnedies nur stichprobenweise bekannt, so dass der Klärschlamm auch Quecksilberwerte oberhalb der gemessenen Stichprobe haben kann und auch insofern ein Risiko besteht. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist anerkannt, dass Stoffe im Immissionsschutzrecht nach ihrer potenziellen Gefährlichkeit klassifiziert werden.

BVerwG, Urteil vom 20.12.1999 – 7 C 15/98 -, Juris-Ausdruck S. 5, zum Zusammenhang von Vorsorge- und Risikoproportionalität dort bezogen auf die Herstellung eines UV-Stabilisators für Lacke und Kunststoffe.

Nach dem dargelegten Standpunkt des Senats beherrscht die Klägerin das hinreichend mögliche Risiko nicht, dass in der Anlage ein Tag lang Klärschlamm mit dem maximal erlaubten Quecksilbergehalt verbrannt wird.

Die Vorsorgepflicht wird mithin nach dem im Genehmigungsverfahren vorgelegten Konzept nicht schon im vorhinein erfüllt.

Die Klägerin hält dem allerdings im Sinne einer realistischen Betrachtungsweise entgegen, im tatsächlichen Betrieb komme es dennoch nicht zu einer Grenzwertüberschreitung, weil sie im konkreten Fall einer sich abzeichnenden Grenzwertüberschreitung die Anlage mit Blick auf den Klärschlammeinsatz nachträglich herunterfahre. So werde nach Meinung der Klägerin genau das vom Beklagten gewollte Ziel erreicht, dass es im Betrieb konkret nicht zu einer Grenzwertüberschreitung komme.

Damit wird die Klägerin aber nicht dem bereits dargelegten generell vorbeugenden Inhalt der Vorsorgepflicht gerecht. Die Vorsorgepflicht ist zukunftsbezogen und beugt der Entstehung von Umwelteinwirkungen generell vor.

Jarass, BimSchG, 6. Auflage 2005, § 5 Rdnr. 46.

Bei der Vorsorge geht es nicht ausschließlich um das Ziel der Grenzwerteinhaltung, sondern es soll für dieses Ziel auch eine zur Emissionsbegrenzung geeignete Anlage vorliegen.

BVerwG, Beschluss vom 30.8.1996 – 7 VR 2/96 -, bezogen auf den Einbau eines Aktivkohlefilters zur Senkung des Dioxinausstoßes.

Kapazität und Filterleistung der Anlage sollen bereits nach dem Anlagenkonzept von vornherein zusammenpassen. Nur dann wird der Entstehung von Umwelteinwirkungen generell vorgebeugt. Anlagen mit einer Diskrepanz zwischen (höherer) technischer Kapazität und (niedrigerer) Filterleistung für Quecksilber enthalten ein zusätzliches Umweltrisiko, das durchaus real ist. Das zusätzliche Risiko liegt darin, dass das nachträgliche Herunterfahren der Anlage verspätet erfolgt und damit Quecksilber überhöht freigesetzt wird. Ein generell vorbeugendes Konzept beugt dagegen diesem zusätzlichen Risiko vor. Es entspricht auch wie dargelegt dem Sinn der gesetzlichen Vorsorgepflicht. Das auf Fehlerbehebung gerichtete Konzept der Klägerin wird der zukunftsbezogenen Vorsorge nicht gerecht. Ein Konzept nachträglicher Reaktionen ist kein Vorsorgekonzept. Die Vorsorgepflicht wird mit Blick auf Quecksilber nach der Überzeugung des Senats nicht erfüllt.

Der Senat ist nach allem davon überzeugt, dass das Konzept der Klägerin entgegen ihrem Standpunkt der gesetzlichen Vorsorgepflicht nicht genügt.

Der Beklagte hat aus der Nichterfüllung der Vorsorgepflicht die Konsequenz gezogen, dass das Konzept der Klägerin nicht genehmigungsfähig ist und den Antrag abgelehnt.

Dem hält die Klägerin entgegen, der Beklagte wäre aus Verhältnismäßigkeitserwägungen verpflichtet gewesen, ein genehmigungsrechtliches Minus zu erteilen. Dabei sei es letztlich nicht entscheidend, ob es sich um Nebenbestimmungen oder Inhaltsbestimmungen handele. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts werde vermutet, dass der Antragsteller etwaige Nebenbestimmungen als Minus verglichen mit einer uneingeschränkten Genehmigung in seinen Willen aufgenommen habe.

BVerwG, Urteil vom 18.2.1994 – 4 C 4/92 – BVerwGE 95, 123.

So hätte beispielsweise die Auflage erlassen werden können, den Tagesdurchsatz nach Maßgabe der beschränkten Lager- und Lieferkapazitäten zu begrenzen. Denkbar wäre auch eine Auflage, wonach nur Klärschlämme mit bestimmten Spezifikationen, insbesondere mit einem Quecksilbergehalt bis zu 6 Milligramm pro Kilogramm Trockenmasse, im Kraftwerk mitverbrannt werden dürften. Der Beklagte hat sich demgegenüber auf den Standpunkt gestellt (Bescheid S. 15), durch Festlegung von Nebenbestimmungen gegen den Willen der Klägerin würde er ihr einen neuen Antragsgegenstand aufdrängen; dies sei im konkreten Fall insbesondere deshalb nicht möglich, weil die Klägerin im Genehmigungsverfahren nachdrücklich die Auffassung vertreten habe, der Quecksilbergrenzwert werde eingehalten.

Die Auffassung des Beklagten überzeugt, da der Beklagte im konkreten Verwaltungsverfahren die Klägerin ausdrücklich zu einer Antragsreduktion – ohne Forderung nach Neuauslegung von Unterlagen – aufgefordert hat und die Klägerin ihrerseits nachdrücklich ihre Disposition über den Antragsgegenstand verteidigt hat und Abstriche nur nach Maßgabe einer eingeschränkten Jahreskapazität sowie im Fall sich tatsächlich abzeichnender Emissionsüberschreitungen zulassen wollte.

Im rechtlichen Ausgangspunkt kann nach § 12 I 1 BImSchG die Genehmigung unter Bedingungen erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzungen sicherzustellen. Übereinstimmend bestimmt § 20 II 1 der 9. BImSchV:

Der Antrag ist abzulehnen, sobald die Prüfung ergibt, dass die Genehmigungsvoraussetzungen nicht vorliegen und ihre Erfüllung nicht durch Nebenbestimmungen sichergestellt werden kann.

Zu Recht weist Jarass darauf hin, dass die Auslegung durch das Verhältnismäßigkeitsprinzip gesteuert wird: Die Verweigerung einer Genehmigung in Kenntnis einer geeigneten Nebenbestimmung ist unverhältnismäßig.

Jarass, BImSchG, 6. Auflage 2005, § 12 Rdnr. 15.

Auch außerhalb des Immissionsschutzrechts folgt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Übermaßverbot, dass die Genehmigungsbehörde statt zur Versagung der Genehmigung zu ihrer Erteilung unter Auflagen verpflichtet ist.

BVerwG, Urteil vom 18.2.1994 – 4 C 4/92 -, BVerwGE 95, 123.

Die Klägerin hat auch selbst darauf hingewiesen, dass nach dieser Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine Verpflichtung zur Genehmigung unter Auflagen insbesondere dann besteht, wenn die Auflage lediglich in einer Klarstellung des vom Antragsteller Gewollten besteht.

BVerwG, Urteil vom 18.2.1994 – 4 C 4/92 -, BVerwGE 95, 123.

Um eine Nebenbestimmung geht es hier allerdings nicht. Begrenzungen für die Einsatzstoffe wie etwa die Qualität des schweren Heizöls bei Fernheizwerken sind nach der immissionsschutzrechtlichen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts keine modifizierenden Auflagen, sondern Inhaltsbestimmungen für die Genehmigung.

BVerwG, Urteil vom 17.2.1984 – 7 C 8/82 -, NVwZ 1984, 371.

Der Senat hat keine Bedenken, die dargelegte Rechtslage für Nebenbestimmungen grundsätzlich auch auf Inhaltsbestimmungen der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zu erstrecken. Das Gewollte kann auch – insofern hat die Klägerin Recht – in einer Inhaltsbestimmung liegen. Insbesondere die dargelegte allgemeine Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Auflagen nach Maßgabe des vermuteten Willens lässt sich ohne weiteres auf Hauptbestimmungen der Genehmigung erstrecken, die ebenfalls nach Maßgabe des vermuteten Willens des Antragstellers Begrenzungen enthalten können.

Es kommt aber immer auf den konkreten Sachverhalt an. Eine Klarstellung des Gewollten bietet sich an, wenn nach den Antragsunterlagen und dem Verlauf des Genehmigungsverfahrens noch im Zeitpunkt der Behördenentscheidung eine verbleibende Unklarheit über das Gewollte besteht.

Der Behörde kann es aber nicht verwehrt werden – und es ist sogar mit Blick auf ihre Beratungspflicht ( § 2 II der 9. BImSchV ) vorzugswürdig -, wenn sie bereits im frühen Stadium im Genehmigungsverfahren auf eine Klarstellung des Gewollten hinwirkt im Sinne einer ausdrücklichen Antragsergänzung oder Änderung.

So liegt es hier.

Die Klägerin hatte im Verwaltungsverfahren mit Anwaltsschriftsatz vom 29.4.2003 (Behördenordner II Bl. 155) auf eine Beschleunigung der Genehmigung gedrängt und gleichzeitig (S. 3) unter Hinweis auf das vom Beklagten aufgeworfene Problem der Neuauslegung von Unterlagen eine Reduktion des Antrags in Aussicht gestellt. Dazu heißt es (S. 3):

Es ist deshalb zu erwägen, den Antrag auf (das) Benötigte zu reduzieren.

In seinem Antwortschreiben vom 9.5.2003, S. 3 (Behördenordner II Bl. 163) hat der Beklagte auf Seite 3 auf die Dispositionsbefugnis der Klägerin über den Antragsgegenstand durch Antragsreduktion ausdrücklich hingewiesen und ausgeführt:

Der Prüfungsrahmen der Genehmigungsbehörde wird vielmehr ausschließlich durch den Antrag gesetzt. Wenn die Antragstellerin erwägt, ihren eigenen Antrag auf das Benötigte zu reduzieren, mag sie dies tun.

Damit hat der Beklagte ausdrücklich auf eine Antragsreduktion - und zwar nunmehr ohne Forderung nach Neuauslegung von Unterlagen - hingewirkt. Deshalb traf die Verantwortung für eine verbindliche Antragsreduktion allein die Klägerin.

Eine abschließende schriftliche Klarstellung hat die Klägerin sodann mit Anwaltsschriftsatz vom 19.9.2003 (Behördenordner II Bl. 318) vorgenommen. Dort hat sie sich in Kenntnis der beabsichtigten Ablehnung mit Blick auf den Quecksilberwert (S. 2 des Schriftsatzes) ausdrücklich nur mit Nebenbestimmungen – und zwar nach § 12 I BimSchG - einverstanden erklärt (Nr. 7 des Schriftsatzes, S. 10/11, Behördenordner II Bl. 309/308). Zum Antragsgegenstand selbst (Nr. 6 des Schriftsatzes, S. 10) hat sich die Klägerin dagegen zur Einhaltung des Quecksilberwertes allein mit einer einzigen Abänderung, nämlich der Begrenzung der jährlichen Durchsatzmenge einverstanden erklärt. Dort heißt es (S. 10 des Schriftsatzes, Behördenordner II Bl. 309):

Namens und im Auftrag unserer Mandantin erklären wir uns rechtsverbindlich bereit, die Begrenzung einer jährlichen Durchsatzmenge von 20.000 Tonnen (TS) zu akzeptieren. Mit einer solchen Begrenzung sind sämtliche, etwa noch bestehende Bedenken hinfällig.

Weder die Stundenmenge noch die Tagesmenge des Antrags wird verändert. Ebenso ist es aus der allein zugelassenen Ausnahme der Jahresdurchsatzmenge klar ersichtlich, dass sie auch den ausdrücklich beantragten maximalen Quecksilbergehalt des Klärschlamms nicht abändert.

Nach dem dargelegten Einverständnis der Klägerin allein mit einer Änderung der Jahreskapazität ist ersichtlich, dass die Klägerin im Übrigen im Genehmigungsverfahren mit Blick auf den Antragsgegenstand weder Klärschlammmenge noch Klärschlammqualität ändern wollte. Für die fehlende Antragsreduktion ist die Klägerin letztlich selbst verantwortlich.

Weiter hat die Klägerin nach ihrem Vortrag in einer mündlichen Besprechung am 17.12.2003 eine zeitweise Herabsetzung der Einsatzstoffe für den Fall akzeptiert, dass sich im Einzelfall bei kontinuierlicher Messung eine Überschreitung des Emissionsgrenzwerts abzeichne. Der Vorsorgegrundsatz ist bei einer solchen vorgeschlagenen Regelung wie dargelegt nicht gewahrt. Im übrigen fehlt es dem Vorschlag an der Schriftform (§ 2 I der 9. BImSchV). Eine verbindliche Änderung liegt nicht vor.

Nur über den von der Klägerin selbst schriftlich klargestellten Antragsgegenstand hatte der Beklagte im Genehmigungsverfahren zu entscheiden. Im Entscheidungszeitpunkt bestand Klarheit. Das Verhältnismäßigkeitsprinzip gibt keine Handhabe dafür, einem Antragsteller die Disposition über seinen eigenen Antragsgegenstand entgegen dem erklärten Willen zu entziehen. Der Beklagte hatte mithin bei korrektem Vorgehen nur die Möglichkeit, den klargestellten Antrag mangels Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzungen abzulehnen. Nach § 20 II 1 der 9. BImSchV „ist“ der Antrag in solchen Fällen abzulehnen, so dass kein Ermessensspielraum bleibt und die von der Klägerin vorgetragene Ermessensunterschreitung nicht vorliegen kann.

Nach allem führt die Überschreitung des Quecksilbergrenzwertes nach der Klarstellung des Antrags im Genehmigungsverfahren hier rechtmäßig zur Ablehnung des immissionsschutzrechtlichen Antrags.

Nur vorsorglich geht der Senat noch auf den Gesichtspunkt ein, dass der Quecksilbergrenzwert einhaltbar wäre. Dann bestünden Bedenken aus einem Grund, auf den der Beklagte die Klägerin bereits in seiner Ablehnungsankündigung vom 1.9.2003 (Behördenordner I Bl. 270) im Genehmigungsverfahren hingewiesen hat, nämlich der Unvollständigkeit der Antragsunterlagen mit Blick auf das Fehlen der notwendigen Immissionsprognose.

Die nach § 4 a II Nr. 1 9. BimSchV erforderliche Immissionsprognose fehlte den Unterlagen des Genehmigungsantrags von vornherein, wie sich aus dem Verzeichnis der Unterlagen im Formular 2.1 (Behördenorder I Bl. 227) ergibt, in dem die Immissionsprognose nicht angekreuzt ist. Das vom Beklagten zur Überprüfung eingeholte Gutachten des TÜV Süddeutschland vom 27.8.2003 (Behördenordner II Bl. 267) hat sich im Abschnitt 5.3 (S. 24 bis 32) eingehend mit der Notwendigkeit der Ermittlung der Immissionskenngrößen nach der TA Luft und damit der Notwendigkeit einer Immissionsprognose befasst. In dem Gutachten ist festgestellt, dass keine der Vorschriften der TA Luft für die ausnahmsweise Entbehrlichkeit einer Immissionsprognose mit guten Gründen angenommen werden kann. Bagatellmassenströme liegen nach dem Gutachten selbst dann nicht vor, wenn man nur die zusätzlichen Massenströme durch die Klärschlammmitverbrennung und nicht die gesamten Massenströme betrachtet (S. 28 des Gutachtens). Insofern scheidet die Ausnahme nach Nr. 4.6.1.1 der TA Luft aus.

Weiterhin kommt das TÜV-Gutachten zu dem Ergebnis, dass die Vorbelastung nicht als gering einzustufen ist (S. 32 des Gutachtens). Nach Nr. 4.6.2.1 TA Luft ist eine Ermittlung der Vorbelastung für die Immissionsprognose insbesondere dann nicht erforderlich, wenn aufgrund etwa älterer Messungen der Jahresmittelwert des Schadstoffs weniger als 85 Prozent des Konzentrationswertes und damit des Grenzwertes beträgt. Diese Ausnahme ist hier nicht gegeben, denn nach der Tabelle 5-10 des TÜV-Gutachtens (S. 31) erreicht die gemessene Konzentration bei Fluorwasserstoff 0,4 Mikrogramm pro Kubikmeter und damit genau 100 Prozent des jetzt geltenden Grenzwertes von 0,4 Mikrogramm pro Kubikmeter der TA Luft 2002; für Cadmium im Staubniederschlag beträgt die ermittelte Messung 1,99 Mikrogramm pro Kubikmeter täglich und damit 99,5 Prozent des Grenzwertes von 2 Mikrogramm pro Kubikmeter.

Das von der Klägerin selbst vorgelegte proTerra-Gutachten vom 11.11.2002 (Behördenordner I Bl. 40) würdigt auf S. 22 die Immissionssituation in der Umgebung der Anlage im Wesentlichen übereinstimmend mit dem TÜV und führt aus, beim Cadmiumgehalt im Staubniederschlag, beim Stickstoffdioxid und beim Fluor seien die Grenzwerte nach der neuen TA Luft teilweise erreicht oder überschritten.

Das TÜV-Gutachten kommt aufgrund der dargelegten und überzeugenden Begründung zu dem Ergebnis (S. 32), dass eine Ermittlung der Zusatzbelastung durch Ausbreitungsrechnung im Rahmen der Immissionsprognose erfolgen „sollte“. Da keine aktuellen Daten über die Vorbelastung vorlägen, seien zumindest Vorbelastungsmessungen durchzuführen (S. 32 des Gutachtens). Insgesamt wird die Notwendigkeit einer Immissionsprognose von dem TÜV Süddeutschland bejaht.

Die Klägerin hat im Genehmigungsverfahren diesen Gesichtspunkt gesehen, aber die gutachtlich eingehend bejahte Notwendigkeit einer Immissionsprognose nicht überzeugend ausgeräumt. In ihrem Schriftsatz vom 19.9.2003 (Behördenordner II Bl. 318), hat sie (auf S. 9 in Verbindung mit S. 5) mitgeteilt, sie habe Vorbelastungsmessungen in Auftrag gegeben, das Auftragsdatum und die zu erwartende Erledigung indessen nicht angegeben. Zu einer Erledigung im Genehmigungsverfahren ist es ausweislich der Akten nicht gekommen. Dies spricht gegen einen positiv bescheidbaren Genehmigungsantrag ( vgl. im Sinne eines Ablehnungsgrundes nach Fristsetzung § 10 II 2 der 9. BImSchV).

Der von dem Senat nur vorsorglich angeführte Gesichtspunkt bedarf hier keiner weiteren Vertiefung. Er hätte nur bei Einhaltung des Emissionsgrenzwerts Bedeutung.

Da der Emissionsgrenzwert wie dargelegt nach dem klargestellten Verwaltungsantrag der Klägerin nicht einhaltbar ist, steht das Immissionsschutzrecht dem zur Bescheidung gestellten Genehmigungsanspruch schon deshalb entgegen.

Der Beklagte hat weder in seinem Bescheid noch in seiner Ablehnungsandrohung angenommen, dass außerhalb des Immissionsschutzrechts auch eine Genehmigungsunfähigkeit aus Naturschutzgründen vorliege. Die Beigeladene hat zwar im Prozess zunächst Bedenken mit Blick auf nicht unmittelbar benachbarte FFH-Gebiete geltend gemacht und mit Blick auf einen Landschaftsplan betreffend die Böschungsbepflanzung. Nachdem die Klägerin diesem Vortrag auf der Grundlage der gutachtlichen Vorprüfung und unter Hinweis auf die konkrete Eingriffs- und Ausgleichsberechnung substanziiert entgegen getreten ist, hat die Beigeladene ihre Argumentation nicht mehr weiter verfolgt und ein durchgreifendes naturschutzrechtliches Genehmigungshindernis nicht vorgetragen. Der Gesichtspunkt wurde in der mündlichen Verhandlung von keinem der Beteiligten aufgeworfen. Der Senat sieht deshalb keinen Anlass zu einer Problematisierung dieser Frage. Es verbleibt mithin bei dem festgestellten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungshindernis.

Der Ablehnungsbescheid ist weiter darauf gestützt, dass die Gemeinde ihr Einvernehmen nach § 36 I BauGB versagt hat.

Nach dem im immissionsschutzrechtlichen Teil des Urteils vertretenen Rechtsstandpunkt des Senats spricht alles dafür, dass das Vorhaben gegen Bauplanungsrecht verstößt und die Gemeinde aus diesem Grund ihr Einvernehmen zu Recht versagt hat. Zunächst einmal konnte die Versagung des Einvernehmens - wie im Rechtsstreit nicht mehr streitig ist - mangels Formbedürftigkeit auch fernmündlich wie hier geschehen erklärt werden.

Zum Ausreichen einer fernmündlichen Übermittlung BayVGH, Beschluss vom 27.10.2000 - 1 ZS/CS 00.2727 - Juris-Ausdruck, S. 2.

Weiter ist hier zugunsten der Klägerin von einer Privilegierung des der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität dienenden Vorhabens mit besonderen Anforderungen an die Umgebung (§ 35 I Nr. 3 und 4 BauGB) auszugehen, was auch nicht ernsthaft in Streit ist.

Diesem Vorhaben stehen dann aber jedenfalls insoweit öffentliche Belange entgegen (§ 35 I BauGB), als das Vorhaben schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann (§ 35 III Nr. 3 BauGB).

Nach den Feststellungen des Senats führt die Klärschlammmitverbrennung dazu, dass die bisher mit Blick auf die Quecksilberemissionen eingehaltene Vorsorgepflicht der Klägerin bei der Klärschlammmitverbrennung nach Maßgabe ihres Antrags nicht mehr erfüllt wird. Mithin ist bei diesem Vorhaben als Folgewirkung der Emissionsüberschreitung eine Verschlechterung der Immissionslage zu erwarten.

Zu diesem Maßstab BVerwG, Urteil vom 22.6.1990 - 4 C 6/87 -, Juris-Ausdruck, S. 6; vgl. auch Berliner Kommentar zum BauGB, 3. Auflage 2002, § 35 Rdnr. 68.

Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts haben die im Rahmen des Vorsorgegebots erlassenen Emissionsgrenzwerte zur Minimierung des Gesundheitsrisikos Drittschutzwirkung innerhalb des Einwirkungsbereichs der Anlage, solange für den betreffenden Schadstoff noch keine Immissionswerte nach § 48 BImSchG bestimmt worden sind.

So die neuere Rechtsprechung des BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 - BVerwG 7 C 19.02 -, S. 9 des Juris-Ausdrucks.

In diesem Fall dienen die Vorsorgewerte als Ersatz für fehlende Schutzwerte.

So zur Interpretation der neuen Rechtsprechung Jarass, BImSchG, 6. Auflage 2005, § 5 Rdnr. 122; dort auch zum Zusammenhang mit dem Europarecht.

Wie sich aus 4.2.1 der TA Luft vom 24.7.2002 ergibt, sind Immissionswerte für Quecksilber derzeit noch nicht bestimmt. Mithin hat der hier überschrittene Emissionsgrenzwert für Quecksilber nach der 17. BImSchVO im Einwirkungsbereich der Anlage Schutzwirkung zugunsten der Nachbarn.

Die Überschreitung des Quecksilberemissionsgrenzwerts führt jedenfalls dazu, dass das Vorhaben schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 35 III 1 Nr. 3 BauGB hervorrufen kann. Der dargelegte öffentliche Belang der Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen steht dem Vorhaben mit Gewicht entgegen. Da die fehlende Antragsreduzierung auch hier in die Sphäre der Klägerin fällt, war es nicht Sache der Gemeinde, ihr Einvernehmen unter der Voraussetzung einer reduzierten Genehmigung zu erteilen.

Ohne abschließende Entscheidung weist der Senat darauf hin, dass der weiter angeführte und streitige öffentliche Belang unwirtschaftlicher Aufwendungen für Straßen nach § 35 III Nr. 4 BauGB dem Vorhaben nicht ohne weiteres entgegensteht. Im Verständnis dieser Vorschrift dürfte es in erster Linie um den Fall des erst erforderlichen Straßenbaus bei fehlender Straßenanbindung im Außenbereich gehen.

Vgl. Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, 3. Auflage, § 35 Rdnrn. 70 und 71.

Im konkreten Fall ist die Sachlage aber anders. Das Kraftwerk ist wie dargelegt ein privilegiertes Vorhaben. Die ausreichende Erschließung im Sinn des § 35 I BauGB ist hier gesichert, weil die Straßenanbindung im Außenbereich schon vollständig vorhanden ist. Der Konflikt liegt in der Abnutzung gemeindlicher Straßen und der Verkehrslenkung des Lastwagenverkehrs um die Innenstadt. Insoweit bedeutet aber nicht jeder Konflikt dieser Art, dass im Rahmen einer gebundenen Abwägung ein öffentlicher Belang dem privilegierten Vorhaben entgegensteht. Das kann aber offen bleiben. Von einer Entscheidung dieses Gesichtspunkts sieht der Senat ab.

Schließlich führt auch der die Klägerin bindende städtebauliche Vertrag zwischen der Kraftwerksbetreiberin und der Beigeladenen vom 3./5.9.1996 (im Behördenordner I, Bl. 359) ungeachtet des Auslegungsstreits der Klägerin und des Beklagten nicht zu einem weiteren Genehmigungshindernis. Zwar trifft der Standpunkt der Klägerin nicht zu, auf vorliegende Verträge komme es im Genehmigungsverfahren von vornherein nicht an. Abwehransprüche aufgrund eines individuellen Vertrags beruhen auf besonderem Titel und sind deshalb nach § 14 BImSchG nicht ausgeschlossen.

Jarass, BImSchG, 6. Aufl., § 14 Rdnr. 10, dort bereits für private Verträge.

Stehen eingegangene Verträge dem zur Genehmigung gestellten Betrieb der Anlage zweifelsfrei entgegen, ist die Erteilung einer Genehmigung letztlich für den Betreiber nutzlos. Im Fall der Nutzlosigkeit der Genehmigung ist anerkannt, dass es an einem Sachbescheidungsinteresse für die Genehmigung fehlt.

Jarass, BImSchG, 6. Aufl., § 6 Rdnr. 29.

Der Beklagte beruft sich darauf, Nr. 9 Satz 1 des städtebaulichen Vertrages von 1996 verpflichte die Kraftwerksbetreiberin dazu, am Kraftwerksstandort Bexbach keine Mitverbrennung von Klärschlamm zu realisieren. Er hält dieses vertragliche Verbot der Klärschlammverbrennung ungeachtet der Suspensivregelung in Nr. 17 II des Vertrages für wirksam geworden. Dort heißt es:

Verpflichtungen aus diesem Vertrag, die das vorhandene Kraftwerk Bexbach I betreffen, werden nur wirksam, wenn Saarberg erklärt, dass das Kraftwerk Bexbach II realisiert wird, spätestens jedoch mit der Abgabe der Erklärung des Baubeginns.

Da der Vertragszweck der Errichtung des Kraftwerks Bexbach II unstreitig zu keinem Zeitpunkt realisiert worden ist, spricht alles dafür, dass die Verpflichtung für das vorhandene Kraftwerk Bexbach I nicht wirksam geworden ist. Der Beklagte nimmt insofern lediglich eine entgegenstehende Wortauslegung vor, als die Suspensivregelung der Nr. 17 II nur für das Kraftwerk Bexbach I gelte, das Klärschlammverbot in Nr. 9 Satz 1 für den gesamten Kraftwerksstandort und damit unbegrenzt. Diese isolierte Wortauslegung überzeugt nicht. Nach dem systematischen Zusammenhang der Nr. 9 umfasst der Standort (Satz 1) die Kraftwerke Bexbach I und II (Satz 2). Standortverpflichtungen gelten nach Nr. 9 Satz 2 deshalb auch für Bexbach I und werden für Bexbach I durch Nr. 17 II suspendiert.

Dies entspricht auch dem Zweck des Vertrages. Verträge sind nach beiden Seiten hin interessengerecht auszulegen.

BGH, Urteil vom 7.3.2002 - III ZR 137/01 -, Juris-Ausdruck S. 3, dort als anerkannter Grundsatz der Vertragsauslegung.

Nach der Vertragspräambel ging es im wesentlichen um die Sicherung der Errichtung eines zweiten Kraftwerksblocks entgegen städtebaulichen Bedenken. Bei dieser Interessenlage konnten nicht einseitige Vorleistungen der Kraftwerksbetreiberin für den Fall erwartet werden, dass der streitige neue Kraftwerksblock überhaupt nicht errichtet wird. Nr. 17 der Vertragsbestimmungen bringt die Zweckgebundenheit der Verpflichtungen an die Realisierung des Projekts deutlich zum Ausdruck. Die Auslegung der Klägerin überzeugt. Mangels Zweckerfüllung liegt mithin kein derzeit wirksames vertragliches Verbot der Klärschlammmitverbrennung vor.

Nach allem verbleibt es dabei, dass die Klägerin aus den Gründen des Immissionsschutzrechts und des Bauplanungsrechts keinen Anspruch auf die immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung ihres Vorhabens hat. Die Genehmigungsversagung ist rechtmäßig und ein Bescheidungsanspruch scheidet aus.

Die Klage ist mithin in vollem Umfang abzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 I VwGO und § 162 III VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten beruht auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO und über die Nichtzulassung der Revision auf § 132 VwGO.

Sonstige Literatur

Rechtsmittelbelehrung:

Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils bei dem Oberverwaltungsgericht des Saarlandes (Hausadresse: Kaiser-Wilhelm-Straße 15, 66740 Saarlouis/Postanschrift: 66724 Saarlouis) einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründung ist ebenfalls bei dem Oberverwaltungsgericht des Saarlandes (Hausadresse: Kaiser-Wilhelm-Straße 15, 66740 Saarlouis/Postanschrift: 66724 Saarlouis) einzureichen. In der Begründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senates der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der das Urteil abweicht, oder ein Verfahrensmangel, auf dem das Urteil beruhen kann, bezeichnet werden.

Die Einlegung und die Begründung der Beschwerde müssen durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Prozessbevollmächtigten erfolgen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.

Beschluss:

Der Streitwert wird für das Klageverfahren auf 100.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe:

Auszugehen ist nach den §§ 25,13 GKG a.F.unter Berücksichtigung von Nr. 16.1.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 1996 (nunmehr inhaltsgleich Nr. 19.1.1 des Streitwertkatalogs 2004) von 2,5 % der Investitionssumme. Die Investitionssumme für das Änderungsvorhaben hat die Klägerin im Formularantrag, Formular 1.3 (Behördenordner I Bl. 228), mit 5 Millionen Euro angegeben. 2,5 % der Investitionssumme ergeben im Ansatz 125.000 Euro. Da es vorliegend um eine Bescheidungsklage geht, kann nach Nr. I.6 des Streitwertkatalogs 1996 der Streitwert ermäßigt werden mit dem Ergebnis, dass eine Festsetzung auf 100.000 Euro bedeutungsgerecht ist.

Die zuständige Behörde kann anordnen, dass der Betreiber einer genehmigungsbedürftigen Anlage oder, soweit § 22 Anwendung findet, einer nicht genehmigungsbedürftigen Anlage Art und Ausmaß der von der Anlage ausgehenden Emissionen sowie die Immissionen im Einwirkungsbereich der Anlage durch eine der von der zuständigen Behörde eines Landes bekannt gegebenen Stellen ermitteln lässt, wenn zu befürchten ist, dass durch die Anlage schädliche Umwelteinwirkungen hervorgerufen werden. Die zuständige Behörde ist befugt, Einzelheiten über Art und Umfang der Ermittlungen sowie über die Vorlage des Ermittlungsergebnisses vorzuschreiben.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.