Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 07. März 2007 - 3 Q 166/06

bei uns veröffentlicht am07.03.2007

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 20.10.2006 – 2 K 163/06.A – wird zurückgewiesen.

Die außergerichtlichen Kosten des gerichtskostenfreien Zulassungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Gründe

Dem Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 20.10.2006 – 2 K 163/06.A -, mit dem das Verwaltungsgericht dem Kläger Abschiebungsschutz verweigert hat, kann nicht entsprochen werden.

Der Kläger, der der Religionsgruppe der chaldäischen Christen im Irak angehört, stützt seinen Zulassungsantrag auf die von ihm vorgetragene grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG).

Als Grundsatzfrage stellt er zur Entscheidung des Senats,

ob die Weigerung irakischer Behörden, einen Staatsbürger als Christ zu registrieren, einen Verstoß nach § 60 Abs. 1 AufenthG darstellt.

Zur Begründung beruft er sich darauf, die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum asylrechtlichen Schutz der Religionsfreiheit allein für das forum internum sei durch die in Kraft getretene Qualifikationsrichtlinie 2004/83/EG vom 29.4.2004 überholt, da der Schutzbereich der asylrechtlich geschützten Religionsfreiheit nunmehr nach Art. 10 Abs. 1 b sowohl den privaten als auch den öffentlichen Bereich umfasse. Danach sei grundsätzlich die Verweigerung der staatlichen Registrierung als Christ nach dem neuen Recht politische Verfolgung.

Dieses Vorbringen rechtfertigt nicht die Durchführung eines Berufungsverfahrens.

Zugrunde zu legen für die Beurteilung der Grundsatzrüge ist die Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts, dass der Kläger seine christliche Religion im Irak uneingeschränkt ausgeübt hat (Urteil S. 8/9).

§ 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG gewährt Abschiebungsschutz, soweit Leben oder Freiheit des Ausländers wegen seiner Religion bedroht ist.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts

BVerwG, Urteil vom 20.1.2004 – 1 C 9/03

müssen die Eingriffe in die Religionsfreiheit ein solches Gewicht haben, dass das religiöse Existenzminimum verletzt ist. Nur dann befindet sich der Betroffene in seinem Heimatland in einer ausweglosen Lage. Geschützt ist dabei nur das forum internum als unverzichtbarer Kern der Privatsphäre des glaubenden Menschen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts scheidet es von vornherein aus, die bloße staatliche Nichtregistrierung bei fortbestehender Religionsausübung als einen asylrechtlich erheblichen Eingriff in die Religionsfreiheit anzusehen.

Die neue Rechtslage nach der Qualifikationsrichtlinie 2004 /83/EG vom 29.4.2004 führt zumindest im vorliegenden Fall eindeutig zu demselben Ergebnis. Mit Art. 10 Abs. 1 b der Qualifikationsrichtlinie ist der Schutzbereich der asylrelevanten Religionsfreiheit zwar von dem privaten auf den öffentlichen Bereich erweitert worden.

Überzeugend Marx, AsylVfG, 6. Auflage 2005, § 1 Rdnr. 206.

Artikel 10 Abs. 1 b der Qualifikationsrichtlinie lautet:

Der Begriff der Religion umfasst insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme bzw. Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder der Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind.

Auch der so erweiterte Schutzbereich der Religionsfreiheit enthält kein Recht auf staatliche Registrierung der eigenen Religion bei fortbestehender Religionsausübung. Dies spricht bereits dafür, dass entgegen der Meinung des Klägers die fehlende staatliche Registrierung als solche nicht vom Schutz der asylrelevanten Religionsfreiheit umfasst ist.

Offensichtlich wird das gefundene Ergebnis aber insbesondere durch Art. 9 Abs. 1 a der Qualifikationsrichtlinie, auf die bereits das Verwaltungsgericht abgestellt hat. Danach ist Verfolgungshandlung nicht jede Verletzung von Menschenrechten, sondern nur eine „schwerwiegende Verletzung“. Die Richtlinie zielt darauf ab, den Verfolgungsbegriff möglichst eng zu fassen.

Marx, AsylVfG, 6. Auflage 2005, § 1 Rdnr. 100.

Was nach Artikel 9 Abs. 1 der Richtlinie im konkreten Einzelfall schwerwiegend ist, bedarf einer wertenden, alle vorgebrachten und sonst ersichtlichen Umstände und Tatsachen einschließende Gesamtbetrachtung.

Marx, AsylVfG, 6. Auflage 2005.

Es liegt auf der Hand, dass die staatliche Nichtregistrierung einer Religionszugehörigkeit nicht bereits ohne Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zur Möglichkeit der Religionsausübung als schwerwiegende Menschenrechtsverletzung angesehen werden könnte.

So ist auch das Verwaltungsgericht vorgegangen und hat eine Einzelfallentscheidung getroffen, wonach der Kläger ungeachtet der von ihm nicht erreichten staatlichen Registrierung als Christ nicht gehindert war, sich zum chaldäischen Glauben zu bekennen (Seite 8 des Urteils) und seine Religionsausübung im Irak nach seinem eigenen Vortrag ohne Einschränkung war (Seite 9 des Urteils). Dieser Feststellung liegt zugrunde, dass der Kläger in seiner persönlichen Anhörung vor dem Verwaltungsgericht am 20.10.2006 auf Frage des Gerichts bekundet hat (Seite 4 des Protokolls, Gerichtsakte Blatt 56 R):

Ich habe im Irak meinen chaldäischen Glauben gelebt.

Das Verwaltungsgericht hat daraus den Schluss gezogen, dass der Kläger unverfolgt aus dem Irak ausgereist ist und auch künftig keiner Verfolgung unterliegt (Seite 9 des Urteils). Nach dem Ergebnis des Zulassungsverfahrens enthält das Urteil des Verwaltungsgerichts keine Verkennung des neuen Rechts, das hier zu einer Einzelfallbetrachtung führt.

Dementsprechend beruht das Urteil tragend auf einer Einzelfallwürdigung des Verfolgungsschicksals des Klägers, die allein der Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts unterliegt und mit der Grundsatzrüge nicht angegriffen werden kann.

Nach allem bleibt die Grundsatzrüge erfolglos.

Im Rahmen des Nichtzulassungsverfahrens wird von einer weiteren Begründung der Entscheidung abgesehen (§ 78 Abs. 5 Satz 1 AsylVfG).

Für die erstrebte Rechtsmittelzulassung ist danach kein Raum.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 2 VwGO, 83 b AsylVfG.

Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 07. März 2007 - 3 Q 166/06

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 07. März 2007 - 3 Q 166/06

Referenzen - Gesetze

Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 07. März 2007 - 3 Q 166/06 zitiert 3 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 30 Gegenstandswert in gerichtlichen Verfahren nach dem Asylgesetz


(1) In Klageverfahren nach dem Asylgesetz beträgt der Gegenstandswert 5 000 Euro, in den Fällen des § 77 Absatz 4 Satz 1 des Asylgesetzes 10 000 Euro, in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 2 500 Euro. Sind mehrere natürliche Personen an demselb

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 07. März 2007 - 3 Q 166/06 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 07. März 2007 - 3 Q 166/06.

Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 01. Juni 2007 - 3 Q 110/06

bei uns veröffentlicht am 01.06.2007

Tenor Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 10.3.2006 - 1 K 15/04 - wird zurückgewiesen. Die Kosten des Zulassungsverfahrens hat der Kläger zu tr

Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 26. März 2007 - 3 A 30/07

bei uns veröffentlicht am 26.03.2007

Tenor Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 11.1.2007 – 2 K 234/06.A – wird zurückgewiesen. Die außergerichtlichen Kosten des gerichtskostenfreien Zulassungsverfahrens hat

Referenzen

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Klageverfahren nach dem Asylgesetz beträgt der Gegenstandswert 5 000 Euro, in den Fällen des § 77 Absatz 4 Satz 1 des Asylgesetzes 10 000 Euro, in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 2 500 Euro. Sind mehrere natürliche Personen an demselben Verfahren beteiligt, erhöht sich der Wert für jede weitere Person in Klageverfahren um 1 000 Euro und in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes um 500 Euro.

(2) Ist der nach Absatz 1 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.