Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 08. Juni 2016 - 1 LB 14/15

ECLI:ECLI:DE:OVGSH:2016:0608.1LB14.15.0A
bei uns veröffentlicht am08.06.2016

Tenor

Die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 9. September 2013 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt eine Genehmigung zum Abbau von Kies und zur teilweisen Wiederverfüllung in der Gemeinde Dannewerk.

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Der Kläger beantragte am 14. Juni 1995 bei dem Beklagten eine Genehmigung zum Kiesabbau auf dem Flurstück … sowie teilweise auf dem Flurstück … der Flur … der Gemarkung … . Die beantragte Fläche – so der Erläuterungsbericht – sei die Erweiterung der bereits genehmigten Abbauflächen auf den Flurstücken …, … und … . Sie sei rund 4,3 ha groß. Es sei vorgesehen, im Zuge des Kiesabbaus auf dem Flurstück … die drei vorhandenen bzw. genehmigten Abbaugebiete mit in eine große Fläche einzubinden. Die Flächen sollten bis ca. 10,0 m unter Grundwasserstand ausgebeutet werden. Eine Wiederauffüllung der in Anspruch genommenen Flächen einschließlich Oberbodenandeckung sei auf ca. 1,0 m über Grundwasserstand mit nicht verwertbarem Sand- und Kiesmaterial vorgesehen.

3

Der Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 06. Juli 1995 mit, dass die betreffende Fläche im Landschaftsschutzgebiet „Haithabu-Danewerk“ liege. Nach § 58 c Abs. 1 Nr. 2 Landesnaturschutzgesetz - LNatSchG – in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 der Kreisverordnung über das Landschaftsschutzgebiet „Haithabu-Danewerk“ vom 04. April 1989 (KreisVO) sei es verboten, die Bodengestalt durch größerflächige Abgrabungen im Sinne des § 13 Landschaftspflegegesetz vom 19. November 1982 zu verändern. Gemäß § 58 c Abs. 3 LNatSchG könne er eine Befreiung von dem vorgenannten Verbot erteilen, wenn die Versagung der Genehmigung zu einer unzumutbaren Härte führen würde und die Befreiung mit den Belangen des Naturschutzes vereinbar sei. Härtegründe seien dem Antrag nicht zu entnehmen.

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Der Kläger stellte daraufhin am 09. August 1995 einen Antrag auf Befreiung von den Verbotstatbeständen der Landschaftsschutzverordnung gemäß § 58 c Abs. 3 LNatSchG.

5

Der Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 12. September 1995 mit, dass nach nochmaliger Prüfung von dem Verbot nach § 4 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 KreisVO keine Befreiungsmöglichkeit bestehe, da der § 58 c Abs. 1 Nr. 2 LNatSchG nicht über die Regelungen der Kreisverordnung hinausgehe.

6

Mit Bescheid vom 08. Februar 1999 lehnte der Beklagte den Antrag auf Erteilung einer Befreiung vom Kiesabbauverbot nach § 4 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 KreisVO iVm § 58 c Abs. 1 Nr. 2 LNatSchG im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass es nach § 4 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 KreisVO verboten sei, die Bodengestalt durch größerflächige Abgrabungen, Aufschüttungen usw. im Sinne des § 13 Landschaftspflegegesetz (LPflegG) zu verändern. Die betreffende Fläche liege im Schutzgebiet. Eine Ausnahme oder Befreiung von diesem Verbot sehe die Kreisverordnung nicht vor. Die Kreisverordnung über das Landschaftsschutzgebiet falle aber nicht unter die Vorschrift des § 58 c Abs. 3 LNatSchG, da sie dem § 58 c Abs. 1 LNatSchG entsprechende Regelungen bereits enthalte. Auch die Anwendung des § 54 Abs. 2 LNatSchG führe zu keiner Befreiungsmöglichkeit, denn die Durchführung der Vorschrift führe nicht zu einer nicht beabsichtigten Härte.

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Der Kläger legte gegen diesen Bescheid Widerspruch ein, den das Landesamt für Natur und Umwelt des Landes Schleswig-Holstein mit Widerspruchsbescheid vom 24. Oktober 2000 zurückwies. Zur Begründung wurde im Wesentlichen angeführt, dass nach § 13 Abs. 1 LNatSchG der Bodenabbau einer Genehmigung bedürfe, wenn ein bestimmtes Ausmaß überschritten werde. Eine Genehmigung nach § 13 Abs. 1 LNatSchG sei vorliegend nicht beantragt worden. Nach § 13 Abs. 4 LNatSchG sei die Genehmigung ohnehin zu versagen, weil dem Vorhaben öffentlich-rechtliche Rechtsvorschriften in Form des § 4 KreisVO entgegen stünden. Das Vorhaben befinde sich in der Nähe des Danewerkes. Gemäß § 3 Abs. 2 KreisVO sei es der Zweck der Unterschutzstellung, die Landschaftszonen mit den hier befindlichen Kulturdenkmälern (Danewerk, Haithabu mit Hochburg, Königshügel) in ihren typengerechten Erscheinungsbildern auch im topographischen Bezug vor negativen Entwicklungen zu schützen bzw. solche Entwicklungen ggfs. zu korrigieren. Das Kiesabbauvorhaben stelle aufgrund des gravierenden Eingriffs in Natur und Landschaft eine negative Entwicklung im topographischen Bezug zum Danewerk im Sinne des § 3 Abs. 2 KreisVO dar und laufe somit dem Schutzzweck dieser Landschaftsschutzverordnung zuwider. § 5 Abs. 1 S. 1 KreisVO stelle alle Handlungen, die geeignet seien, die in § 4 Abs. 1 S. 1 KreisVO genannten Wirkungen hervorzurufen, unter einen Genehmigungsvorbehalt. Der Wortlaut des § 5 Abs. 1 S. 1 KreisVO sei einschränkend auszulegen mit dem Ergebnis, dass eine Genehmigung nach dieser Vorschrift nicht für Vorhaben erteilt werden dürfe, die in § 4 Abs. 1 S. 3 KreisVO namentlich als Verbote aufgeführt seien. Eine Ausnahme oder Befreiung nach Maßgabe des § 58 c LNatSchG komme hier nicht in Betracht. Anders als bei vielen anderen Landschaftsschutzverordnungen gehe der Schutz dieser Landschaftsschutzverordnung relativ weit, so dass es für diese Verordnung des § 58 c LNatSchG nicht bedurft hätte. Wie sich aus § 58 c Abs. 1 LNatSchG ergebe, habe der Gesetzgeber allein eine Auffangvorschrift für die Altverordnungen schaffen wollen, deren Schutzregime relativ weitgehende Eingriffe zugelassen hätten. Da die Verbote des § 4 Abs. 1 S. 3 KreisVO somit von den Verboten des § 58 c Abs. 1 LNatSchG unberührt blieben und Ausnahmen und Befreiungen nach § 58 c Abs. 2 und 3 LNatSchG in der Folge nicht in Frage kämen, bleibe allein die Möglichkeit der Ausnahme oder Befreiung nach § 54 Abs. 1 und 2 LNatSchG. Eine Ausnahme nach § 54 Abs. 1 LNatSchG könne nicht gewährt werden. Ebenso könne auch eine Befreiung von dem Verbot nicht erteilt werden.

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Der Kläger hat am 14. November 2000 Klage erhoben.

9

Mit Beschluss vom 07. November 2002 wurde das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Der Kläger hat am 06. Juli 2006 mitgeteilt, dass das Verfahren fortgeführt werden solle. Das Gericht hat auf den übereinstimmenden Antrag der Beteiligten nach einer mündlichen Verhandlung vom 4. September 2007 erneut das Ruhen des Verfahrens angeordnet, um den Beteiligten Gelegenheit für eine gütliche außergerichtliche Einigung zu geben.

10

Mit Schreiben vom 16. September 2008 stellte der Kläger beim Beklagten einen neuen Antrag auf Kiesabbau, der unter Einbeziehung der bisher beantragten streitgegenständlichen Flächen weitere benachbarte Flächen für den Kiesabbau vorsah. Diesen Antrag lehnte der Beklagte als untere Denkmalschutzbehörde mit Bescheid vom 20. Oktober 2008 ab und führte zur Begründung an, nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 Denkmalschutzgesetz bedürfe die Veränderung der Umgebung eines eingetragenen unbeweglichen Kulturdenkmals der Genehmigung der unteren Denkmalschutzbehörde. Der Kläger legte gegen diesen Bescheid Widerspruch ein, über den bislang noch nicht entschieden worden ist.

11

Mit Schreiben vom 25. Mai 2010 stellte der Kläger erneut einen Antrag auf Genehmigung zur Herstellung von Heideflächen auf einem Teil des Flurstücks … der Flur … der Gemeinde … - Größe 0,8 ha -. Im Erläuterungsbericht wird eine vorgesehene Entsteinung des Bodens sowie eine vollständige Wiederverfüllung des Geländes mit Material aus dem Abbau als möglich und praktisch umsetzbar dargestellt.

12

Der Beklagte lehnte als untere Denkmalschutzbehörde den Antrag auf denkmalschutzrechtliche Genehmigung für diese Maßnahme mit Bescheid vom 7. Juli 2010 ab, den dagegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte nach Erhebung einer Untätigkeitsklage – 8 A 155/12 – mit Widerspruchsbescheid vom 29. April 2013 zurück. Dagegen ist bei dem Verwaltungsgericht zum Aktenzeichen 8 A 85/13 Klage erhoben worden, über die noch nicht entschieden worden ist.

13

Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 25. Januar 2012 nach dem angeordneten Ruhen des vorliegenden Verfahrens die Wiederaufnahme und machte geltend, dass es um die Genehmigung des Kiesabbaus einschließlich der Befreiung von den Vorschriften der Landschaftsschutzverordnung gehe, sofern diese überhaupt notwendig sein sollte. Nach seiner Auffassung könne eine Ausnahme erteilt werden. Die geplante Erweiterung des bereits begonnenen Kiesabbaus widerspreche nicht dem Schutzzweck der Landschaftsschutzverordnung. Unabhängig davon sei zu klären, ob sich der in § 3 KreisVO erwähnte Schutzzweck auf die hier betroffenen Flächen bezöge. Insbesondere erscheine zweifelhaft, ob die Unterschutzstellung der betroffenen Fläche überhaupt geeignet sei, das Danewerk in seinem „typengerechten Erscheinungsbild auch im topographischen Bezug“ vor negativen Entwicklungen zu schützen bzw. solche Entwicklungen ggfs. zu korrigieren. Die gesetzlichen Einschränkungen der Grundstückseigentümer durch Landschaftsschutzverordnungen seien nur deshalb und soweit mit Art. 14 GG vereinbar, als jedenfalls im Rahmen der Erteilung von Ausnahmen und Befreiungen von den geltenden Verboten auch die wirtschaftlichen Interessen der betroffenen Grundstückseigentümer berücksichtigt werden müssten. Das beantragte Vorhaben biete sich als Fortführung des bereits begonnenen Kiesabbaus nach Lage der Dinge objektiv an.

14

Die für den Kiesabbau vorgesehene Fläche liege in einem Bereich, der in den ursprünglich vorgelegten Entwürfen nicht vom geplanten Landschaftsschutzgebiet erfasst gewesen sei. Zum Zeitpunkt des Erlasses der Landschaftsschutzverordnung habe noch das Landschaftspflegegesetz in der Fassung vom 19. November 1982 gegolten. In § 17 Abs. 1 seien die Voraussetzungen für Landschaftsschutzgebiete genannt worden. Keiner der dort genannten Voraussetzungen liege für die hier genannte Fläche vor. Es handele sich vielmehr um schlichtes Ackerland, auf dem zum Teil Kiesabbau bereits durchgeführt worden sei. Das allein denkmalschutzrechtlich zu beurteilende Ziel, die Umgebung eines Kulturdenkmals zu schützen, finde in dieser Regelung keinen Niederschlag. Die Verordnung gehe also, zumindest was den hier genannten Bereich angehe, über die Verordnungsermächtigung hinaus. Eine Ausnahme oder eine Befreiung von der Verordnung sei also gar nicht erforderlich.

15

Die noch im Antrag vom 14. Juli 1995 dargestellte künftige Geländegestaltung im Anschluss an den Rohstoffabbau sei für ihn kein Dogma und kein zwingender Bestandteil seines mit der Klage weiterverfolgten Genehmigungs- und Befreiungsantrages.

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Die herangezogenen Bestimmungen der Landschaftsschutzverordnung vom 4. April 1989 seien unwirksam. Die Landschaftsschutzverordnung nenne in ihrer Präambel § 17 Abs. 1 LPflegG in der Fassung vom 19. November 1982 als ermächtigende Rechtsgrundlage. Nach dieser Vorschrift könnten Gebiete, in denen ein besonderer Schutz von Natur und Landschaft (1.) zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts oder der Nutzbarkeit der Naturgüter, (2.) wegen der Vielfalt, Eigenart oder Schönheit des Landschaftsbildes oder (3.) wegen ihrer besonderen Bedeutung für die Erholung erforderlich sei, zu Landschaftsschutzgebieten erklärt werden. Kein einziges Tatbestandsmerkmal dieser Vorschrift sei erfüllt.

17

Die Vorschriften der Landschaftsschutzverordnung verstießen auch gegen das Bestimmtheitsgebot.

18

Schon die Generalklausel in § 4 Abs. 1 KreisVO begegne durchgreifenden Bedenken. Der Adressat könne nicht abschätzen, welche Handlungen im Detail der Verordnungsgeber mit seinen Verboten habe untersagen wollen. Was der Verordnungsgeber mit den mannigfachen topographischen Bezügen und den nicht mehr wegzudenkenden naturnahen Elementen im Umfeld des Emporiums Haithabu und des Königshügels zum Ausdruck habe bringen wollen, sei zweifelhaft. Eine inhaltlich unbestimmte Verordnung mit bußgeldbewehrten Vorschriften sei verfassungswidrig.

19

Für die insbesondere in § 4 Abs. 1 Satz 2 KreisVO aufgezählten Verbote gelte nichts anderes. Denn die Kulturdenkmale im Landschaftsraum zwischen der Schlei und der Treene prägten weder die Landschaft in dieser Region in ihrer Gesamtheit noch die unmittelbare Umgebung der Kulturdenkmale. Unbestimmt sei der von dem Verordnungsgeber geregelte besondere Verbotstatbestand des Eingriffs in die topographischen Bezüge zwischen Landschaft und Denkmälern sowie das Landschaftsbild im Übrigen. Es sei auch unklar, was mit dem unter Geldandrohung gestellten Verbot der Beeinträchtigung des Naturgenusses und des Naturhaushalts konkret gemeint sei.

20

Sogar die Einzelaufzählungen der Verbote in § 4 Abs. 1 Satz 3 der Verordnung seien nur dem äußeren Anschein nach von den Bestimmtheitszweifeln frei. Unklar sei, was größer-flächige Abgrabungen, Aufschüttungen, Auf- und Abspülungen, Auffüllungen seien.

21

Der Landschaftsschutz sei nur zum Vorwand genommen worden, die Rohstoffgewinnung selbst in solchen Bereichen zu unterbinden, wo eine Gefährdung der historischen Danewerk-Anlagen nicht einmal entfernt zu besorgen sei.

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Der Kläger hat beantragt,

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den Bescheid des Beklagten vom 08. Februar 1999 und den Widerspruchsbescheid des Landesamtes für Natur und Umwelt des Landes Schleswig-Holstein vom 24. Oktober 2000 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm die beantragte Kiesabbaugenehmigung zu erteilen,

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hilfsweise,

25

die Befreiung vom Kiesabbauverbot zu erteilen,

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weiter hilfsweise,

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ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden,

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weiter hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, ihm eine Kiesabbaugenehmigung mit der Maßgabe zu erteilen, dass das ursprüngliche Geländeniveau des Abbaugebietes wiederhergestellt wird.

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Der Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

31

Er hat die Auffassung vertreten, dem beantragten Vorhaben stehe § 4 KreisVO entgegen. Die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung oder eine Befreiung von diesem Verbot sei schon aus rechtlichen Gründen nicht möglich. § 5 KreisVO sehe keine Befreiung von den ausdrücklichen Verboten des § 4 KreisVO vor. § 58 c Abs. 2 LNatSchG (jeweils 2003) sei vorliegend nicht anwendbar. Ebenfalls nicht anwendbar sei § 54 LNatSchG.

32

§ 54 Abs. 1 LNatSchG gelte nur für Verbote des Landesnaturschutzgesetzes selbst oder solcher in Rechtsverordnungen, die aufgrund jenen Gesetzes erlassen worden seien. Bei der Landschaftsschutzverordnung handele es sich um eine Rechtsverordnung, die nicht auf der Grundlage des Landesnaturschutzgesetzes erlassen worden sei, sondern vielmehr aufgrund des Landschaftspflegegesetzes. Sie gelte nach § 58 a Abs. 1 LNatSchG fort.

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Aber auch eine Anwendung des § 54 LNatSchG würde nichts am Ergebnis ändern. § 54 Abs. 1 LNatSchG lasse Ausnahmen nur von Regel- oder Sollvorschriften in Rechtsverordnungen zu. Dazu sei festzustellen, dass das Verbot der Abgrabung in § 4 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 KreisVO als absolutes Verbot ausgestaltet sei. Auch eine Befreiung nach § 54 Abs. 2 LNatSchG scheide bei dessen Anwendbarkeit aus, da dies eine unbeabsichtigte Härte oder überwiegende Gründe für das Allgemeinwohl voraussetze, was aber beides nicht vorliege.

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Der Verordnungsgeber habe bei der Schaffung der streitigen Landschaftsschutzverordnung von seiner weiten Einschätzungsprärogative Gebrauch gemacht und dabei die überwiegenden Belange des Natur- und Landschaftsschutzes mit den privaten Interessen der Grundstückseigentümer an der Rohstoffausbeutung hinreichend und in verhältnismäßiger Weise miteinander abgewogen. Im Hinblick auf den Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung im Jahre 1989 und seiner Antragstellung im Jahre 1995 könne sich der Kläger nicht auf einen überwiegenden Vertrauensschutz berufen, zumal er nicht selbst Grundstückseigentümer sei. Soweit er Pächter oder dergleichen sein sollte, wäre er lediglich in einer nicht besonders verfassungsrechtlich geschützten Gewinnerwartung geschützt.

35

Durch Urteil vom 09.09.2013 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

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Die Klage sei mit Ausnahme des auf eine vollständige Wiederverfüllung zielenden Hilfsantrages zulässig. Der von dem Kläger gestellte Hauptantrag, den Beklagten zu verpflichten, ihm die beantragte Kiesabbaugenehmigung in der im Jahre 1995 bei dem Beklagten beantragten Gestalt zu erteilen, sei abweichend von § 68 VwGO ohne Durchführung eines Vorverfahrens aus Gründen der Prozessökonomie zulässig, da sich der Beklagte insoweit auf die Klage sachlich eingelassen und deren Abweisung beantragt habe. Hingegen sei der neue Hilfsantrag, der auf die vollständige Wiederverfüllung (ursprüngliches Geländeniveau) gerichtet sei und damit einen anderen Streitgegenstand betreffe, mangels eines vorherigen Antrages bei dem Beklagten unzulässig. Diese teilweise Klageänderung durch die hilfsweise zur Entscheidung gestellte Klageerweiterung sei durch die Zustimmung des Beklagten ungeachtet der Frage, ob diese Klageänderung sachdienlich sei, zwar nicht schon aufgrund der Vorschrift des § 91 Abs. 1 VwGO unzulässig. Der Zulässigkeit der Klagänderung stehe jedoch der fehlende Antrag bei dem Beklagten entgegen. Eine Klage auf Erlass eines Verwaltungsaktes sei nach § 42 Abs. 2 VwGO nur zulässig, wenn der Kläger geltend mache, durch die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsaktes in seinen Rechten verletzt zu sein. Die Zulässigkeit der Verpflichtungsklage setze neben der erforderlichen Klagebefugnis einen vorher im Verwaltungsverfahren erfolglos gestellten Antrag auf Vornahme des eingeklagten Verwaltungsakts voraus. Liege kein gegenüber der Behörde gestellter Antrag vor, so fehle es an einer Sachurteilsvoraussetzung. Davon strikt zu trennen sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Frage der Entbehrlichkeit des Vorverfahrens. Wenn eine Klage bereits wegen Fehlens des erforderlichen Antrages nicht zulässig sei, komme es nicht darauf an, ob die Voraussetzung für die Entbehrlichkeit eines Vorverfahrens vorliegen. Bei dem neuen Hilfsantrag, der auf eine vollständige Wiederverfüllung gerichtet sei, handele es sich nicht nur um eine unwesentliche Änderung. Durch diesen neuen Hilfsantrag würden die Grundlagen des Verfahrens teilweise geändert. Darüber hinaus sei der geänderte (erweiterte) Hilfsantrag nicht ohne weiteres prüfungsfähig.

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Die Klage sei im Hauptantrag und im zulässigen Hilfsantrag nicht begründet. Der Kläger habe keinen Anspruch auf die beantragte Kiesabbaugenehmigung. Anspruchsgrundlage für einen solchen Anspruch sei jetzt § 11 Abs. 2 des LNatSchG 2010. Danach stehe dem Kläger kein Anspruch auf die beantragte Genehmigung zu. Das Vorhaben des Klägers sei genehmigungsbedürftig, aber nicht genehmigungsfähig. Nach § 9 Abs. 3 LNatschG 2010 dürfte ein Eingriff auch dann nicht zugelassen werden, wenn andere Vorschriften des Naturschutzrechtes dem entgegenstünden. Dies sei hier der Fall. Dem beantragten Vorhaben stünde die Vorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 3 Nummer 2 KreisVO entgegen. Danach sei es in dem Landschaftschutzgebiet namentlich verboten, die Bodengestalt durch größerflächiger Abgrabungen, Aufschüttungen, Auf- und Abspülungen, Auffüllungen im Sinne von § 13 LPflegG oder auf andere Arten zu verändern, ausgenommen seien nur wasserwirtschaftlich notwendige Nachklärteiche. Das beantragte Vorhaben, das sowohl größerflächige Abgrabungen als auch Aufschüttungen im Geltungsbereich des Landschaftsschutzgebietes vorsehe, sei von dem Verbot dieser Vorschrift erfasst. Es handele sich bei der geplanten größerflächigen Abgrabung bzw. Aufschüttung nicht um eine im Einzelfall genehmigungsfähige erlaubnispflichtige Handlung im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nummer 5 KreisVO. In § 4 Abs. 1 Satz 3 KreisVO seien Handlungen umschrieben, die grundsätzlich verboten und nicht genehmigungsfähig seien. Danach seien größerflächige Abgrabungen und Aufschüttungen grundsätzlich verboten und lediglich andere als größerflächige Abgrabungen und Aufschüttungen genehmigungsfähig. Die geplante Abbaufläche sei vorliegend etwa 4,3 ha groß; bei dieser Größe könne kein Zweifel daran bestehen, dass es sich auch unter Berücksichtigung des Schutzzwecks der Verordnung, die Landschaftszonen mit den hier befindlichen Kulturdenkmälern in ihren typengerechten Erscheinungsbildern auch im topographischen Bezug vor negativen Entwicklungen zu schützen, um eine größerflächige Abgrabung handele.

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Es bestünden keine Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Kreisverordnung, die nach § 70 Abs. 1 Satz 1 LNatSchG 2007 und § 59 Abs. 1 LNatSchG 2010 weitergelte. Die Verordnung erfülle die Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 LPflegG, wonach der Schutzgegenstand, der Schutzzweck und die zur Erreichung des Zwecks im einzelnen erforderlichen Gebote, Verbote und Genehmigungsvorbehalte sowie die Ermächtigung zur Durchführung der notwendigen Pflege-und Entwicklungsmaßnahmen bestimmt sein müssten. Die Vorschrift des § 4 der Landschaftsschutzverordnung verstoße auch nicht gegen den Bestimmtheitsgrundsatz. Die Regelung des § 4 Abs. 1 Satz 1 KreisVO gebe den Gesetzeswortlaut des § 26 Bundesnaturschutzgesetz 2009 wieder. Diese Bestimmung der Landschaftsschutzverordnung werde durch nachfolgende Bestimmungen konkretisiert, der Anwendungsbereich sei damit vorhersehbar und hinreichend bestimmt. Das Verbot größerflächiger Abgrabungen und Aufschüttungen in § 4 Abs. 1 Satz 3 Nummer 2 KreisVO widerspreche auch nicht dem Ermächtigungsrahmen des § 17 Abs. 1 LPflegG. Der Bezug der in § 3 Abs. 1 KreisVO beschriebenen Landschaftszonen mit den Kulturdenkmälern, insbesondere mit dem Danewerk, stelle eine Eigenart des Landschaftsbildes im Sinne des § 17 Abs. 1 Nr. 2 LPflegG dar. Das hier einschlägige Verbot des § 4 KreisVO widerspreche auch nicht dem Ermächtigungsrahmen des § 26 Bundesnaturschutzgesetz sowie dem § 15 LNatSchG 2010 und sei nach § 59 Abs. 1 LNatSchG 2010 weiterhin gültig. Die Regelungen dieser Landschaftsschutzverordnung verstießen schließlich nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. An die Unterschutzstellung von Landschaftsteilen knüpfe der Gesetzgeber bestimmte normativ vorgegebene Kriterien und Voraussetzungen. Welche Flächen in ein Landschaftsschutzgebiet einbezogen werden könnten, liege grundsätzlich im "Normsetzungsermessen" des naturschutzrechtlichen Normgebers. Diesen weiten Gestaltungsspielraum habe der Beklagte hier nicht überschritten. Auch der Schutzgegenstand der Verordnung, gemessen an den in § 3 KreisVO festgelegten Schutzzwecken, sei hinreichend schutzwürdig und schutzbedürftig. Das Verbot größerflächiger Abgrabungen und Aufschüttungen stelle eine geeignete, aber auch erforderliche Maßnahme dar, um die Eigenart der geschützten Landschaft zu erhalten. Größerflächige Kiesabbauvorhaben veränderten zwangsläufig zumindest für einen gewissen Zeitraum die typische geomorphologische Struktur dieser geschützten Landschaft. Der Schutzzweck einer Landschaftsschutzverordnung könne in rechtlich zulässiger Weise auch die Verhinderung vorübergehender Veränderungen zum Ziel haben. Mit dem Hauptantrag des Klägers sei vorgesehen, nach Wiederverfüllung ein Geländeniveau von ca. 5 m unter dem heutigen Niveau herzustellen. Damit werde dauerhaft und erheblich in die geomorphologische Struktur der Landschaft eingegriffen. Nichts anderes gelte im Hinblick auf das generelle Verbot der Verordnung, wenn eine Wiederherstellung der Landschaft nach Beendigung eines Kiesabbaus durch praktisch vollständige Wiederverfüllung beim Kiesabbau geplant sei. Der Landschaftsschutz bezwecke die Erhaltung natürlicher Gebiete in ihrer Eigenart, nicht deren spätere Wiederherstellung. Das Verbot größerflächiger Abgrabungen und Aufschüttungen wahre den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne. Das Verbot führe nicht zu einer solchen Beeinträchtigung der Grundstückseigentümer oder Nutzungsberechtigten, die in einem offenbaren Missverhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg stehe. Das in der Landschaftsschutzverordnung enthaltene grundsätzliche Verbot von Abgrabungen zur Gewinnung von Bodenschätzen stelle auch eine zulässige Inhaltsbestimmung des Eigentums im Sinne des Art. 14 Grundgesetz dar. Eine Ausnahme oder eine Befreiung entsprechend dem zulässigen Hilfsantrag von dem Verbot größerflächiger Abgrabungen komme auch nach § 51 LNatschG 2010 nicht in Betracht. Auch eine Ausnahme nach § 61 Abs. 1 und 2 LNatSchG 2010 könne nicht erteilt werden. Zweck der Vorschrift des § 61 LNatschG 2010 sei es, in einem Landschaftsschutzgebiet einen bestimmten Mindestschutz zu erreichen, nicht jedoch weitergehende Regelungen der Landschaftsschutzverordnung einzuschränken. Schließlich komme im vorliegenden Fall auch keine Befreiung nach § 67 Abs. 1 Bundesnaturschutzgesetz in Betracht. Bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift seien nicht erfüllt, so dass auch ein Ermessen des Beklagten nicht eröffnet sei. Die Durchführung der Vorschriften der Verordnung führe vorliegend nicht zu einer unzumutbaren Belastung des Klägers im Sinne dieser Vorschrift. Die Beschränkung der streitigen Flächen für den Kiesabbau sei eine typische und vom Verordnungsgeber gewollte Folge der Vorschriften der Landschaftsschutzverordnung.

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Auf Antrag des Klägers hat der Senat seine Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil mit Beschluss vom 22. Juli 2015 im Hinblick auf den in der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts am 9.9.2013 zu Protokoll erklärten Hilfsantrag

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"weiter hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, ihm eine Kiesabbaugenehmigung mit der Maßgabe zu erteilen, dass das ursprüngliche Geländeniveau des Abbaugebietes wiederhergestellt wird"

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zugelassen und im Übrigen den Antrag abgelehnt.

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Der Kläger hält zur Begründung seiner Berufung unter Vertiefung seines bisherigen Vorbringens im Verwaltungs-und erstinstanzlichen Klagverfahren an der Auffassung fest, dass der vom Senat zugelassene Hilfsantrag nicht - wie das Verwaltungsgericht meine - unzulässig gewesen sei. Er ist der Ansicht, der zugelassene Hilfsantrag erfülle entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht den Tatbestand der Klagänderung. Die klagabweisenden Argumente des Verwaltungsgerichts hielten einer Überprüfung nicht stand. Die hier streitige Kreisverordnung lasse keine Zustimmung und Genehmigung der betroffenen Kommunen erkennen. Im Übrigen werde im Hinblick auf die Kreisverordnung ein Ausfertigungsfehler gerügt, weil die Regelung des § 56 Abs. 1 Ziffer 3 LVwG nicht eingehalten worden sei.

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Selbst wenn die Kreisverordnung formell fehlerfrei zustande gekommen sein sollte, sei sie nicht rechtmäßig auf der Grundlage des § 17 LPflegG erlassen worden. Der Urheber der Verordnung habe keinen Landschaftsschutz bezweckt. Die in § 4 der Kreisverordnung aufgeführten Verbote seien viel zu unbestimmt, der in § 3 der Kreisverordnung definierte Schutzzweck sei zu pauschal und ebenfalls zu unbestimmt und damit verfassungswidrig im Sinne des Artikel 20 Abs. 3 Grundgesetz. Dieser Fehler färbe auf die Regelung des § 4 der Kreisverordnung ab. Das Genehmigungsgesuch des Klägers und die darin vorgreiflich liegende Befreiung vom Kiesabbau-Verbot verstoße nicht gegen das von § 4 Abs. 1 Satz 3 Ziffer 2 KreisVO abgeleitete Verbot größerflächiger Abgrabungen und Aufschüttungen. Der Genehmigungsantrag vom 14.6.1995 in modifizierter Fassung der Folgeanträge vom 16.9.2008 und 20.5.2010 stehe in punkto Wiederherstellung der ursprünglichen Geländegestalt nicht im Konflikt mit dem Abgrabungsverbot des § 4 Abs. 1 Satz 3 Ziffer 2 KreisVO. Diese Vorschrift habe ausschließlich nur die Verhinderung dauerhafter Veränderungen der Bodengestalt im Schutzgebiet zum Ziel; gegen zeitlich begrenzte vorübergehende Eingriffe in die Bodengestalt mit anschließender Restitution machten die Regelungen der §§ 3 und 4 KreisVO bei einer verfassungskonformen Auslegung nicht Front. Das mit Schriftsatz vom 25.1.2012 dargestellte Gewinnungsverfahren geschehe weitgehend unterhalb des Sichthorizonts, die Veränderung der unter Schutz gestellten Bodengestalt sei mit der eingesetzten Technik zeitlich äußerst begrenzt; nach der Kiesgewinnung führe dies zu einer nicht mehr verbleibenden Änderung der Bodengestalt. §§ 3 und 4 KreisVO würden - auch unter Einbeziehung des § 13 LPflegG 1982 - vorübergehende, anschließend jedoch nicht mehr wahrnehmbare Eingriffe in die Bodengestalt des Verordnungsgebietes nicht ausschließen, sondern nur diejenigen Eingriffe, die zu einer dauerhaften Beeinträchtigung würden. Die Vorschrift des § 4 Absatz 1 Satz 3 Ziffer 2 KreisVO wäre wegen einer Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgebotes nichtig, sollte sie sogar bloß vorübergehende, später als solche nicht mehr auszumachende Eingriffe in die vorhandene Bodengestalt untersagen wollen. Mit seinen Anträgen aus 2008 und 2010, spätestens jedoch mit seiner Erläuterung der Technik des Kiesabbaus im Jahre 2010, habe er klargestellt, dass er an der Muldengestaltung im Sinne des Antrages aus dem Jahre 1995 nicht mehr festhalte. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Verbotsnorm des § 4 Abs. 1 Satz 3 Ziffer 2 KreisVO habe selbst dann die Abweisung seines Klagebegehrens zur Konsequenz, wenn die ursprüngliche Bodengestalt nach der Beendigung der Kiesentnahme wiederhergestellt werde, unterstütze die Verfassungswidrigkeit der Kreisverordnung. Die verwaltungsgerichtliche Interpretation des § 4 Abs. 1 Satz 3 Ziffer 2 KreisVO stehe im Konflikt zu der Ermächtigungsgrundlage des § 17 LPflegG 1982 und dem vom § 4 KreisVO in Bezug genommenen § 13 LPflegG. Die Entstehungsgeschichte der Kreisverordnung zeige den Willen des Verordnungsgebers, das Verordnungsgebiet nicht allgemein und selbst vor vorübergehenden Störungen und Eingriffen zu bewahren. Im Übrigen treffe die Klagabweisung den Kläger besonders hart, weil er unter dem Eindruck der bis in die Neunzigerjahre hinein erteilten Kiesabbaugenehmigungen im April 1995 das Flurstück … mit einer Fläche von 4,7583 ha gekauft habe. Eine Nichtgenehmigung würde dieses zu einer nutzlosen Investition machen, ohne die in Art. 14 des Grundgesetzes für Eingriffe jenseits der Sozialbindung vorgeschriebene Entschädigung. Schließlich sei die vom Verwaltungsgericht auf der Grundlage des Ortstermins im September 2013 festgestellte Darstellung der Landschaft und deren besondere Schutzbedürftigkeit des Landschaftsbildes fehlerhaft. Die Landschaftsbeschreibung sei, um eine besondere Beziehung zwischen dem Bodendenkmal und der Umgebungslandschaft zu rechtfertigen, nicht ausreichend, da nirgendwo im Urteil des Verwaltungsgerichts besondere Landschaftsbezüge zwischen den Bodendenkmalen und dem allgemeinen Landschaftsbild ausgemacht worden seien. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts weise die Landschaft keinen besonderen landschaftlichen Reiz auf, wie die von ihm vorgelegten Unterlagen und Gutachten aufzeigten. Die Kreisverordnung stehe seinem Antrag nicht entgegen, da es keine besondere Schutzbedürftigkeit des Verordnungsgebietes gebe und eine Ausweisung als Landschaftsschutzgebiet objektiv nicht erforderlich gewesen sei, wie dies jedoch von § 17 des Landschaftspflegegesetzes gefordert werde. Dies belegten die von ihm bereits vorgelegten Gutachten der Firma leguan (Dipl.-Biol. …) und die Expertise des Dipl.-Ing. …, sowie die dem Gericht übermittelten Bilder mit den begleitenden Ausführungen dazu. Danach lägen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 17 LPflegG für den Erlass der streitigen Kreisverordnung nicht vor. Die Feststellungen in der Expertise … vermittelten eindrucksvoll ein Bild von der landschaftlichen und natürlichen Entstehungsgeschichte des jetzt angeblich wirksam angeordneten Schutzgebietes. Seine Feststellung, dass sich das Landschaftsbild in drastischer Art und Weise bereits vor 1989 in die heutige Erscheinungsform gewandelt habe, zeige auf, dass, von allen anderen Einwendungen gegen die Kreisverordnung abgesehen, die Ablehnung des Genehmigungsgesuches vom 14. Juni 1995 nicht zuletzt deshalb rechtswidrig gewesen sei, weil der gewünschte Landschafts- und Naturschutz durch die Gestaltung von Auflagen der beantragten Genehmigung ohne weiteres hätte gesichert werden können. Aus welchen der im Übrigen in § 17 LPflegG genannten besonderen Gründe das überall in Schleswig Holstein anzutreffende Landschaftsbild des Verordnungsgebietes gerade im zerstörten Vorland des Danewerks besonders schutzwürdig sei und deshalb eine Ausweisung zum Landschaftsschutzgebiet objektiv erforderlich gewesen sein solle, lasse weder das angefochtene Urteil noch der Zulassungsbeschluss des Senats erkennen. Die biologischen Gutachten der Firma leguan zeigten, dass es sich nicht um eine besonders schützenswerte Landschaft handele. Entgegen der Auffassung des Senates dokumentiere die Verfahrensakte B die Motive zum Erlass der Kreisverordnung. Dort seien angeblich landschaftsprägende Wallanlagen als maßgebliches Motiv für den Erlass der Verordnung nicht erwähnt worden. Auch die Duldung der angesprochenen Planung einer zivilen Nutzung des direkt neben dem Verordnungsgebiet liegenden Flughafens Jagel zeige zusammen mit der Genehmigung einer ausgedehnten Biogasanlage in unmittelbarer Nachbarschaft zum Verordnungsgebiet, dass es dem Beklagten in Wirklichkeit nicht um den Landschaftsschutz und schon gar nicht aus solchen Gründen, mit denen sich § 17 LPflegG befasse, gegangen sei. Die Kreisverordnung mit den in § 4 aufgenommenen Verboten verstoße deswegen gegen das verfassungsrechtliche Verhältnismäßigkeitsprinzip. Die Rohstoffgewinnung in jenem Verordnungsgebiet vollkommen untersagen zu wollen, sei ein Verstoß gegen dieses Prinzip, aber auch gegen Art. 14 des Grundgesetzes und außerdem gegen die Freiheit der Berufswahl und Berufsausübung. Schließlich sei die Fortdauer der Kreisverordnung über den in § 2 Abs. 3 LVwG bestimmten Zeitraum hinaus zu prüfen und im Ergebnis zu verneinen. Selbst wenn die Zeitbestimmung des § 62 LVwG hier nicht zum Tragen kommen sollte, bleibe die Verordnung als deutliche Überschreitung der in § 17 LPflegG verankerten Ermächtigungsgrundlage rechtswidrig, weil das in Wirklichkeit politisch verfolgte Ziel der Unterbindung der Rohstoffgewinnung mit dem Denkmalschutz nicht zu realisieren sei. Die Vorschriften der Verordnung stünden im Übrigen im Widerspruch zu dem ungeheuren und verfassungsrechtlich bedeutsamen Kiesbedarf der öffentlichen Hand. Die Kies- und Sandgewinnung im Genehmigungsbereich werde bei einer Genehmigung im Übrigen keineswegs ewig andauern, sondern zügig vonstatten gehen; es werde auch keine industrielle Geschäftigkeit mit störenden Auswirkungen entstehen.

44

Der Kläger beantragt,

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den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger im Rahmen seines Antrages vom 14. Juni 1995 eine Kiesabbaugenehmigung mit der Maßgabe zu erteilen, dass das ursprüngliche Geländeniveau des im Antrag vom 14. Juni 1995 beschriebenen Abbaugebietes wiederhergestellt wird, und die Revision zuzulassen.

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Der Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

48

Er ist der Ansicht, dass die Berufung aus den zutreffenden Gründen des erstinstanzlichen Urteils zurückzuweisen sei. Er sehe keine Notwendigkeit, zu dem erneuten Vortrag des Klägers zur angeblichen Unwirksamkeit der Kreisverordnung und dem dort in § 4 geregelten Verbot der Veränderung der Bodengestalt durch größerflächige Abgrabungen Stellung zu nehmen. Insoweit verweise er auf das Urteil des Verwaltungsgerichts und den Beschluss des Senats vom 22.07.2015. Der in der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts gestellte Hilfsantrag des Klägers sei unzulässig. Zutreffend habe das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass es sich bei diesem Hilfsantrag nicht nur um eine unwesentliche Änderung des ursprünglichen Antrages handele und dieser geänderte Hilfsantrag nicht ohne weiteres prüfungsfähig gewesen sei. Entscheidungserheblich werde diese Erkenntnis auch durch den Befund, dass für das streitgegenständliche Vorhaben eine standortbezogene Vorprüfung nach dem Landesgesetz für die Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müsse. Eine solche standortbezogene Vorprüfung könne mangels einer behördlichen Antragstellung durch den Kläger und der Vorlage entsprechender prüffähiger Unterlagen nicht vorgenommen werden. Eine solche Vorprüfung könne auch nicht während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden. Neben der Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen Vorprüfung unterliege das Vorhaben auch der Pflicht zur Vornahme einer Umweltverträglichkeitsprüfung. Alle Verfahrenshandlungen einer Umweltverträglichkeitsprüfung hätten aufgrund eines fehlenden Antrages bisher nicht stattgefunden. Da das Gesetz erst im Jahre 2003 in Kraft getreten sei, habe auch zum Zeitpunkt der Ablehnungsentscheidungen keine Notwendigkeit zur Vornahme einer Vorprüfung oder gar einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestanden. Schon wegen der Notwendigkeit einer standortbezogenen Vorprüfung fehle es an einer Überprüfungsfähigkeit des Hilfsantrages im Gerichtsverfahren. Dies gelte umso mehr wegen der notwendigen Umweltverträglichkeitsprüfung nach den Vorgaben des UVPG. Eine neue behördliche Antragstellung sei auch nicht deswegen entbehrlich gewesen, weil der Beklagte in der Verhandlung des Verwaltungsgerichts der Klageänderung hinsichtlich des Hilfsantrags zugestimmt habe. Dies ändere nichts an der fehlenden Prüfungsfähigkeit dieses Antrages, weil darin kein Verzicht auf die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung gesehen werden könne. Eine ohne vorherige Einleitung eines Verwaltungsverfahrens erhobene Verpflichtungsklage sei nach der Rechtsprechung selbst dann unzulässig, wenn sich die Behörde im Rechtsstreit zur Sache eingelassen habe. Im Übrigen stünden dem streitgegenständlichen Vorhaben des Klägers auch denkmalrechtliche Aspekte entgegen.

49

Der Antrag des Klägers sei auch unbegründet, weil ihm kein Anspruch auf Erteilung einer Kiesabbaugenehmigung bzw. kein Anspruch auf Erteilung einer Ausnahme oder Befreiung vom Kiesabbau-Verbot zustehe. Das Vorhaben sei gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 und 6 LNatSchG 2010 in Verbindung mit § 9 Abs. 3 LNatSchG 2010 und § 4 Abs. 1 Satz 3 Nummer 2 KreisVO genehmigungsbedürftig, jedoch gemäß § 9 Abs. 3 LNatSchG nicht genehmigungsfähig. Dem stehe hier die Vorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 3 Nummer 2 KreisVO entgegen. Das beantragte Vorhaben werde auch in seiner modifizierten Ausführungsart von dem in § 4 KreisVO postulierten Veränderungsverbot erfasst. Die Darlegungen des Klägers dazu, dass vorübergehende, nicht dauerhaft verbleibende Veränderungen der Bodengestalt vom Abgrabungsverbot nicht erfasst würden, seien nicht tragfähig. Im Erläuterungsbericht zum Antrag 2010 werde dargestellt, dass der Boden durch das gewählte Abbauverfahren bis in das Grundwasser hinein abgegraben sowie nach dem Waschen entsteint werde und es danach faktisch zu einer sofortigen Wiederverfüllung komme, die den Vorgaben der Kreisverordnung entspreche, da die Bodengestalt nach Beendigung des Abbaus wiederhergestellt werde. Diese Darstellung des Klägers treffe nicht zu. Der Eingriff habe vielmehr erhebliche und auch dauerhafte Auswirkungen für das Landschaftsbild. Entgegen der wiederholt vorgetragenen Auffassung des Klägers sei die Kreisverordnung auch wirksam. Die Befristungspflicht des § 62 Abs. 1 LVwG gelte nur für Rechtsverordnungen, die ab dem 1.1.2004 erlassen worden seien. Die Kreisverordnung falle daher nicht in den Anwendungsbereich des § 62 LVwG. Die Argumentation des Klägers übersehe die eindeutige Regelung des § 59 LNatSchG 2010, wonach die auf dem Landschaftspflegegesetz basierte Kreisverordnung auch unter Geltung des Landesnaturschutzgesetzes in seiner jeweiligen Fassung fortgelte.

50

In der mündlichen Verhandlung des Senates hat der Kläger erklärt, dass für den Abbau pro Hektar Fläche ein Zeitraum von 4 Wochen benötigt werde. Die von ihm im Hinblick auf den Abbau geschilderte Volumenvergrößerung sei dauerhaft, weil beim Abbau Lehm und Sand getrennt würden. Material oberhalb einer Korngröße von 2 mm werde von ihm verwendet, der Rest werde für die Wiederverfüllung verwendet.

51

Den vom Kläger in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag hat der Senat abgelehnt und dies in der mündlichen Verhandlung begründet.

52

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die eingereichten Schriftsätze (nebst Anlagen) sowie auf die Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. Deren Inhalt ist – soweit erforderlich – Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

53

Die mit Beschränkung auf den in der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts am 9. September 2013 zu Protokoll erklärten Hilfsantrag, der eine vollständige Wiederverfüllung beinhaltet, zugelassene Berufung des Klägers bleibt ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

54

Der vom Kläger auf diesem Hilfsantrag fußende, in der mündlichen Verhandlung gestellte Antrag, den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger im Rahmen seines Antrages vom 14. Juni 1995 eine Kiesabbaugenehmigung mit der Maßgabe zu erteilen, dass das ursprüngliche Geländeniveau des im Antrag 1990 beschriebenen Abbaugebietes wiederhergestellt wird, ist zwar zulässig, aber unbegründet.

55

1. Dieser vormals als Hilfsantrag in der Verhandlung des Verwaltungsgerichts gestellte Antrag ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts und des Beklagten zulässig.

56

Der Antrag des Klägers vom 16.09.2008 umfasste die Erteilung einer Kiesabbaugenehmigung auf einer Fläche von ca. 14 ha, darunter die streitgegenständlichen Flächen (FlSt … und teilw. …) des Hauptantrages aus 1995, auf die sich der vom Senat zugelassene Hilfsantrag bezieht. Allerdings sah der Antrag 2008 keine vollständige Wiederverfüllung vor. Eine solche - aus Sicht des Klägers auf eine "vollständige Wiederverfüllung" - gerichtete Kiesabbaugenehmigung beinhaltete zwar sein beim Beklagten eingereichter Antrag vom 25.05.2010, allerdings betraf dieser Antrag nur eine 0,8 ha große Teilfläche der Flächen des Ursprungsantrages, nämlich FlSt … der Flur … der Gemarkung … . Für die nach Maßgabe des zur Berufung zugelassen Hilfsantrages betroffene Fläche von 4,3 bzw. 4,7 ha ist demgegenüber bisher kein Antrag gestellt worden, der eine vollständige Wiederverfüllung vorsieht.

57

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts und des Beklagten ist insoweit kein erneuter - vorheriger - Antrag beim Beklagten bzw. ein Vorverfahren erforderlich. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist nicht mehr der Verzicht der Behörde auf das Vorverfahren durch rügelose Einlassung entscheidend, sondern die verobjektivierte (richterliche) Einschätzung. Komme das Gericht - so das Bundesverwaltungsgericht - nach Lage der Dinge zu dem Ergebnis, dass das Vorverfahren funktionsloslos und überflüssig sei, weil es erfolglos bleiben werde bzw. seine Zwecke schon durch eine anderweitige Prüfung erfüllt worden seien, sei die Klage ohne Vorverfahren zulässig (so zuletzt BVerwG, U. vom 30.10.2013 - 2 C 23/12 - m.w.N. - zitiert nach juris). Ausgehend von diesen Grundsätzen ist selbst für den Fall, dass der Kläger erneut einen Antrag bei dem Beklagten stellen würde, nach Einschätzung des Senates mit einem unveränderten Ausgang des Vorverfahrens – Ablehnung – durch den Beklagten zu rechnen. Eine Verweisung des Klägers auf einen neuen Antrag beim Beklagten würde bei dieser Sachlage und in Fortführung der prozessökonomisch orientierten Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts einen sachlich nicht zu rechtfertigenden Formalismus darstellen, der die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes unnötig verzögern würde.

58

Der auf den in der Verhandlung des Verwaltungsgerichts gestellten Hilfsantrag gestützte - inhaltlich identische - Antrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung des Senats ist daher zulässig.

59

2. Die Klage ist mit dem zulässigen Antrag jedoch nicht begründet. Der Kläger hat auch unter Berücksichtigung des nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Rahmen des Zulassungs- und Berufungsverfahrens in den Prozess eingeführten neuen Vorbringens keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten Genehmigung.

60

Anspruchsgrundlage für einen solchen Anspruch ist nunmehr § 11 Abs. 2 des Landesnaturschutzgesetzes (LNatSchG) vom 24. Februar 2010 (GVOBl. S. 301) in der Fassung vom 13.07.2011 (GVOBl. S. 225) .

61

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Begründetheit einer Verpflichtungsklage ist grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor Gericht; maßgebend ist danach, ob dem Kläger nach dem Landesnaturschutzgesetz vom 24. Februar 2010 ein Anspruch auf die beantragte Genehmigung zusteht. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Das Vorhaben des Klägers in der Gestalt des auf der Grundlage des zugelassenen Hilfsantrages gestellten Antrages ist genehmigungsbedürftig, aber nicht genehmigungsfähig.

62

Nach § 11 Abs. 2 Satz 1 und 6 LNatSchG ist eine Genehmigung für den Abbau von oberflächennahen Bodenschätzen, Abgrabungen und Aufschüttungen auch erforderlich, wenn die betroffene Grundfläche – wie vorliegend - größer als 1.000 m² ist oder die zu verbringende Menge mehr als 30 m³ beträgt. Nach § 11 Abs. 1 Satz 2 LNatSchG gelten mit einem Antrag auf Genehmigung für den Abbau von oberflächennahen Bodenschätzen, Abgrabungen und Aufschüttungen alle nach anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften für die Gewinnung von oberflächennahen Bodenschätzen, für Abgrabungen oder für Aufschüttungen erforderlichen Anträge auf behördliche Zulassungen als gestellt.

63

Nach § 9 Abs. 3 LNatSchG darf ein Eingriff auch dann nicht zugelassen werden, wenn andere Vorschriften des Naturschutzrechts entgegenstehen. Dies ist hier der Fall.

64

Dem beantragen Vorhaben stehen Regelungen der Kreisverordnung über das Landschaftsschutzgebiet „Haithabu-Danewerk“ vom 04. April 1989 (KreisVO) entgegen.

65

a. Entgegen der Auffassung des Klägers bestehen unverändert keine Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit dieser Kreisverordnung. Auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts (UA S. 27 ab 2. Absatz - S. 35 bis Ende 2. Absatz) nimmt der Senat ebenso Bezug, wie auf die Erwägungen des Senats im Beschluss vom 22.07.2015 - 1 LA 84/13 - Umdruck S. 3 letzter Absatz - S. 8 bis Ende des 1. Absatzes). Ergänzend ist hinzuzufügen:

66

Die vom Kläger mit der Berufung vorgebrachten Einwendungen zur formellen und materiellen Rechtswidrigkeit der Kreisverordnung vom 04. April 1989 wiederholen im Wesentlichen das erstinstanzliche Vorbringen, ohne zu überzeugen. Soweit der Kläger insbesondere (erneut) rügt, dass § 4 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 KreisVO nur die Verhinderung einer dauerhaften Veränderung der Bodengestalt erfasst, nicht jedoch zeitlich begrenzte Eingriffe, kann dies offen bleiben. Die im zugelassenen Hilfsantrag mit der beschriebenen Abbautechnik "vorgesehene Wiederverfüllung" des Bodens im Abbaugebiet führt zur Überzeugung des Senats - dazu nachfolgend - zu einer dauerhaften Veränderung der Bodengestalt. Aus dem gleichen Grunde kann die Frage, ob das Verwaltungsgericht unzutreffend festgestellt hat, dass § 4 KreisVO auch dann Eingriffe verbiete, wenn die ursprüngliche Bodengestalt wiederhergestellt werde, hier offen bleiben. Auch die wiederholten Darlegungen des Klägers dazu, dass die Voraussetzungen für den Erlass der hier streitigen Kreisverordnung nach Maßgabe des § 17 LPflegG 1982 wegen einer fehlenden Schutzbedürftigkeit des Verordnungsgebietes nicht vorgelegen hätten, wie dies das Gutachten des Dipl.-Ing. … und die Gutachten des Planungsbüros leguan - Dipl.-Biologe … - zeigten, weil das politische Ziel in Wirklichkeit eine Unterbindung der Rohstoffgewinnung gewesen sei, überzeugt angesichts der Ausführungen des Senats im Zulassungsbeschluss vom 22.07.2015 (Umdruck S. 4 ff), auf die Bezug genommen wird, nicht. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf das weite Normsetzungsermessen des Verordnungsgebers. Soweit der Kläger erneut rügt, dass ihn die Klagabweisung besonders hart treffe, hat der Senat dies bereits in seinem Beschluss als nicht überzeugend gewürdigt. Auf die Ausführungen im Beschluss des Senats (S. 9 unten und 10 oben) wird Bezug genommen. Der Kläger hat zu der dort geforderten Möglichkeit einer Differenzbetrachtung anhand prüfungsfähiger Unterlagen keinerlei Angaben gemacht.

67

Die vom Kläger auf der Rechtsgrundlage des § 62 Landesverwaltungsgesetz (LVwG) - Geltungsdauer von Verordnungen - insbesondere im Hinblick auf dessen Absatz 3 zur Unwirksamkeit der Kreisverordnung vorgetragenen Argumente rechtfertigen keine andere Beurteilung. Der Kläger verkennt, dass die Befristungspflicht des § 62 Abs. 1 LVwG nur für Rechtsverordnungen gilt, die ab dem 01.01.2004 erlassen wurden. Dies zeigt der Vergleich zur Regelung in § 62 Abs. 3 LVwG (so auch Friedersen: in Praxis der Kommunalverwaltung, A 15 SH, Stand: 6/2014, § 62 LVwG, S. 196 b). Gleichermaßen fällt die Kreisverordnung auch nicht in den Anwendungsbereich des § 62 Abs. 3 S. 1 LVwG, wonach abweichend von Absatz 1 Verordnungen, die bis zum 01.01.2004 erlassen worden sind, mit Ablauf des 31.12.2009 ihre Gültigkeit verlieren. Im Hinblick auf die Weitergeltung der Kreisverordnung stehen dieser Regelung des § 62 Abs. 3 S. 1 LVwG bereits die eindeutige Regelung des § 70 LNatSchG in der Fassung vom 06.03.2007 und nachfolgend die wortgleiche Regelung des § 59 LNatSchG in der Fassung vom 24.02.2010 als lex specialis entgegen. Zutreffend hat insoweit bereits das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die Landschaftsschutzverordnung nach § 70 Abs. 1 Satz 1 LNatSchG 2007 und jetzt § 59 Abs. 1 LNatSchG 2010 weiter gilt, da sie dem neuen Bundesnaturschutzgesetz und dem neuen Landesnaturschutzgesetz nicht widerspricht. Landschaftsschutzverordnungen sind auch nach § 26 BNatSchG 2009 grundsätzlich zulässig und die Voraussetzungen für eine Unterschutzstellung sind im Vergleich zu § 17 Landschaftspflegegesetz in den hier maßgeblichen Voraussetzungen nicht enger gefasst.

68

Entgegen der Auffassung des Klägers kommt es im vorliegenden Verfahren nicht mehr darauf an, ob seine Genehmigungsanträge vom 14.06.1995, 16.09.2008 bzw. 25.05.2010 "nicht auf Konfliktkurs" mit dem Abgrabungsverbot des § 4 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 KreisVO standen. Diese Anträge sind nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens. Der (insoweit) ablehnende Zulassungsbeschluss des Senats vom 22.07.2015 und die damit eingetretene Rechtskraft des Urteils des Verwaltungsgerichts steht einer Würdigung dieses Berufungsvortrages entgegen (§ 121 VwGO).

69

b. Dem vom Kläger beantragten Vorhaben steht die Vorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 KreisVO entgegen.

70

Nach dieser Vorschrift ist es in dem Landschaftsschutzgebiet namentlich verboten, die Bodengestalt durch größerflächige Abgrabungen, Aufschüttungen, Auf- und Abspülungen, Auffüllungen im Sinne von § 13 Landschaftspflegegesetz oder auf andere Art zu verändern, ausgenommen wasserwirtschaftlich notwendige Nachklärteiche.

71

Das beantragte Vorhaben, das sowohl größerflächige Abgrabungen als auch Aufschüttungen im Geltungsbereich des Landschaftsschutzgebietes vorsieht, ist von dem Verbot dieser Vorschrift erfasst. Eine Abgrabung größeren Umfanges im Sinne von § 29 Absatz 1 BauGB, die der Gewinnung von Sand und Gestein dient, kann zwar ein im Außenbereich nach Bauplanungsrecht gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB privilegiertes Vorhaben sein. Ist jedoch ein solches Vorhaben nach Landschaftsschutzrecht – wie hier nach der Landschaftsschutzverordnung - nicht genehmigungsfähig, vermag sich auch die bebauungsrechtliche Privilegierung des Vorhabens im Außenbereich nicht durchzusetzen (BVerwG, U. v. 13. 4. 1983 – 4 C 21.79 -, zit. nach juris).

72

Zutreffend hat bereits das Verwaltungsgericht festgestellt, dass es sich bei dieser Abgrabung nicht um eine im Einzelfall genehmigungsfähige erlaubnispflichtige Handlung im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 KreisVO handelt.

73

Nach § 5 Abs. 1 Satz 2 KreisVO bedarf, wer im Landschaftsschutzgebiet Handlungen vornehmen will, die geeignet sind, die in § 4 Abs. 1 Satz 1 KreisVO genannten nachteiligen Wirkungen hervorzurufen, der Genehmigung. Nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 KreisVO sind Veränderungen der Bodengestalt durch Abgrabungen, Aufschüttungen, Ausspülungen oder ähnliche Änderungen der geschützten Bodennutzung sowie das Aufbringen von Klärschlamm auf nicht landwirtschaftlich genutzten Flächen, ausgenommen wasserwirtschaftlich notwendige Nachklärteiche, genehmigungsbedürftig. Demgegenüber sind in § 4 Abs. 1 Satz 3 KreisVO Handlungen namentlich aufgezählt, die ausdrücklich verboten sind. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 KreisVO ist es danach verboten, die Bodengestalt durch größerflächige Abgrabungen, Aufschüttungen, Auf- und Abspülungen, Auffüllungen im Sinne von § 13 LPflegG oder auf andere Art zu verändern, ausgenommen wasserwirtschaftlich notwendige Nachklärteiche.

74

Zu Recht weist bereits das Verwaltungsgericht darauf hin, dass ein Vergleich der in beiden Vorschriften genannten Handlungen zeige, dass die nach § 4 Abs. 1 Satz 3 KreisVO verbotenen Handlungen schwerwiegendere Eingriffe in den in § 2 Abs. 1 KreisVO beschriebenen Schutzgegenstand darstellten und deshalb grundsätzlich verboten sein sollten. § 5 Abs. 1 Satz 2 KreisVO nennt hingegen Handlungen, die zwar grundsätzlich geeignet sind, die in § 4 Abs. 1 Satz 1 KreisVO benannten nachteiligen Wirkungen, nämlich eine Veränderung des Charakters des Gebietes oder eine Beeinträchtigung des Schutzzweckes der Verordnung, hervorzurufen. Bei diesen Handlungen hält es der Verordnungsgeber jedoch grundsätzlich für möglich, dass im Einzelfall eine solche Wirkung nicht hervorgerufen wird und erlaubt deshalb in § 5 Abs. 2 KreisVO unter bestimmten Voraussetzungen die Erteilung einer Genehmigung.

75

Mit zutreffenden Erwägungen hat das Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil (UA S. 26 f) dargelegt, dass die Veränderung der sichtbaren Bodengestalt durch größerflächige Abgrabungen nicht in den Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1 Satz 2 KreisVO fällt. Sie sind nicht genehmigungsfähig i.S.d. § 5 Abs. 2 KreisVO, sondern grundsätzlich nach Maßgabe der Regelung des § 4 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 KreisVO verboten; genehmigungsfähig sind allein - nicht größerflächige - Abgrabungen und Aufschüttungen.

76

Im vorliegenden Fall handelt es sich um eine größerflächige Abgrabung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 KreisVO. Zur Bestimmtheit des Begriffes "größerflächig" hat sich der Senat bereits im Zulassungsbeschluss (S. 8 oben) geäußert. Darauf wird Bezug genommen. Der hier streitgegenständliche Hilfsantrag ist im laufenden Klagverfahren gegen die Versagung des Genehmigungsantrages vom 14.06.1995 gestellt worden und kann sich - da nichts anderes zu Protokoll gegeben worden ist - inhaltlich auch nur auf die dort streitgegenständlichen Kiesabbauflächen beziehen. Danach betrifft die geplante Abbaufläche die Flurstücke … und teilw. … der Flur … der Gemarkung … mit einer vom Kläger im Antrag vom 14.06.1995 angegebenen Größe von 4,3 ha. Bei dieser Größe kann mit dem Verwaltungsgericht kein Zweifel daran bestehen, dass es sich auch unter Berücksichtigung des Schutzzwecks der Verordnung, die Landschaftszonen mit den hier befindlichen Kulturdenkmälern in ihren typengerechten Erscheinungsbildern auch im topographischen Bezug vor negativen Entwicklungen zu schützen, um eine größerflächige Abgrabung handelt. Bereits aus § 13 Abs. 1 Satz 1 LPflG ist zu entnehmen, dass Kiesabbauvorhaben ab einer Grundfläche von 1.000 m² der Genehmigungspflicht unterliegen. Die Ermächtigung in § 17 LPflG zum Erlass einer Landschaftsschutzverordnung zielt auf eine Bewahrung des Charakters des Gebiets und des Landschaftsbildes, was einen (noch) größeren Flächenumgriff umfasst.

77

Die weiteren Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 KreisVO liegen vor. Auch wenn der Kläger dies bestritten hat, führt das von ihm geplante Vorhaben zur tatrichterlichen Überzeugung des Senats unzweifelhaft in den Folgejahren zu einer dauerhaften Veränderung der Bodengestalt durch erhebliche Setzungen des wiederverfüllten Bodens. Davon ist bereits aufgrund der Darlegungen des Klägers in seinem Antrag vom 25.05.2010 und dem dort beschriebenen Gewinnungsverfahren bzw. dem in seinem Schriftsatz vom 30.07.2015 beschriebenen Abbauverfahren auszugehen.

78

Der Erläuterungsbericht zum Antrag vom 25.05.2010 (Beiakte C Bl. 85 ff) enthält u.a. folgende Aussagen:

79

- (C 87) "Deutlich gemacht wird hierdurch, dass die vorgesehene Entsteinung des Bodens bei einer vollständigen Wiederverfüllung des Geländes mit Material aus dem Abbau möglich und praktisch umsetzbar ist."

80

- (C 91) "Der Boden wird durch das gewählte Abbauverfahren bis in das Grundwasser hinein abgegraben und durch Waschen entsteint. Das Steinmaterial wird abgefahren und der ausgewaschene Sand verbleibt zur Rückverfüllung der Fläche vor Ort, so dass hiermit eine faktische sofortige Wiederverfüllung bis auf das Ursprungsniveau erreicht wird. Somit wird……. den Vorgaben der Verordnung des Landschaftschutzgebietes entsprochen, indem die Bodengestalt nach Beendigung der Entsteinung wiederhergestellt wird."

81

- (C 97) "Das übrige Material wird für die Wiederverfüllung der Entnahmestelle verwendet. Aufgrund der im Zuge des angrenzenden Abbaus bestätigten Auflockerung des wiederverfüllten Materials und der Volumenvergrößerung durch die Umschichtung der Sandkörner von zusammen 25-30 % ist die Wiederverfüllung des Geländes gewährleistet."

82

Im Schriftsatz des Klägers vom 30.7.2015 (GA 711f) heißt es zur Abbautechnik u.a.:

83

"…. dass die Fördertechnik zumal mit den größeren Gerätschaften im Maschinenpark des Klägers jeweils nur einen kleinräumigen und außerdem sehr kurzzeitigen Eingriff in das ursprüngliche Geländeprofil bewirkt; und dass sofort im Anschluss an die Kiesentnahme auf der Rückseite der zügig voranschreitenden Multifunktionsgeräte der vorhandene Boden aufgesetzt und darüber im direkten Anschluss das nährstoffreiche Erdreich so verteilt wird, dass die ursprüngliche Bodengestalt sich in nichts mehr von ihrer vorherigen Beschaffenheit unterscheidet."

84

Diese in der mündlichen Verhandlung des Senats im Wesentlichen erneut vorgetragenen Ausführungen des Klägers zeigen zunächst, dass die Verwendung von Fremdboden für die Wiederverfüllung der Abbauflächen nicht vorgesehen ist. Der Kläger hat zudem auf Nachfrage des Senats dargelegt, dass Material oberhalb einer Korngröße von 2 mm verwertet und der Rest für die Wiederverfüllung verwendet werde.

85

Ausgehend hiervon hält der Senat es bereits denklogisch für ausgeschlossen, dass die Abbautechnik des Klägers nicht zu einer dauerhaften Veränderung der Bodengestalt führt. Die beschriebene Wiederverfüllung erreicht der Kläger nur, indem die Umschichtung der Sandkörner zu einer Auflockerung des wiederverfüllten Materials und Volumenvergrößerung von zusammen 25-30 % führt. Es ist zwar durchaus denkbar, dass so zumindest kurzfristig die ursprüngliche Bodengestalt wiederhergestellt wird. Allerdings ist es zur tatrichterlichen Überzeugung des Senats gerade im Hinblick auf die vom Kläger selbst dargestellte Korngröße des zur Wiederverfüllung verwendeten Materials (< als 2 mm) absehbar, dass die zunächst durch die geschilderte Volumenvergrößerung erreichte Bodengestaltung wegen der - physikalisch zwangsläufig einsetzenden - Verdichtung des rückverfüllten Materials und der durch die Korngröße veränderten Drainagefähigkeiten des eingesetzten Bodenmaterials zu einem Sackungseffekt und damit in den Folgejahren zu deutlich sichtbaren Setzungen führen muss. Dies könnte allenfalls durch eine Einbringung von Fremdmaterial und Verdichtung des wiederverfüllten Bodens verhindert werden. Davon ist bei der vom Kläger beschriebenen Abbautechnik allerdings keine Rede.

86

Ausgehend von dieser Erwägungen war der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung gestellte Beweisantrag abzulehnen, da der Senat im Rahmen seiner tatrichterlichen Würdigung der Folgen der vom Kläger beschriebenen Abbautechnik aus den o.a. Gründen vom Gegenteil der Beweisbehauptung überzeugt ist.

87

Im Ergebnis verstößt daher auch das im nunmehr gestellten Antrag des Klägers vorgesehene Gewinnungsverfahren gegen das Abgrabungsverbot des § 4 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 KreisVO. Das Vorhaben des Klägers ist bereits aus diesem Grund nicht genehmigungsfähig.

88

3. Die weitergehend vom Beklagten gegen einen Genehmigungsanspruch geltend gemachten Gründe, dass das Vorhaben des Klägers nicht genehmigungsfähig sei, weil es gem. § 2 Abs. 2 Nr. 1 lit. c), § 3 Abs. 1 Satz 1 LUVPG iVm Nr. 4.1.2 der Anlage zu § 3 Abs. 1 Satz 1 LUVPG vom Anwendungsbereich des LUVPG erfasst sei mit der Folge, dass eine - bisher mangels prüffähiger Antragsunterlagen nicht erfolgte - standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalles erforderlich sei, daneben möglicherweise auch die Pflicht zur Vornahme einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Maßgabe des § 6 Satz 2 LUVPG bestehe und schließlich dem Vorhaben aus den Gründen des Bescheides vom 07.07.2010 und des Widerspruchsbescheides vom 29.04.2013 auch denkmalschutzrechtliche Belange entgegenstünden, bedürfen danach keiner weitergehenden Prüfung.

89

Gleiches gilt im Hinblick auf einen - vom Verwaltungsgericht verneinten - Anspruch des Klägers auf eine Ausnahme nach Maßgabe des § 51 LNatSchG 2010 bzw. § 61 Abs. 1 und 2 LNatSchG 2010 bzw. einen Anspruch auf eine Befreiung nach § 67 Abs. 1 BNatschG. Das kann hier offen bleiben, weil der vom Senat zur Berufung zugelassene Hilfsantrag bzw. der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung gestellte - inhaltlich identische - Antrag keinen Anspruch auf eine Ausnahme und Befreiung geltend machen; im Übrigen steht einer weitergehenden Prüfung die aufgrund des Zulassungsbeschlusses des Senats vom 22.07.2015 insoweit eingetretene Rechtskraft des Urteils des Verwaltungsgerichts entgegen (§ 121 VwGO).

90

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

91

Gründe, die die Zulassung der Revision rechtfertigen könnten, liegen nicht vor (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO).


ra.de-Urteilsbesprechung zu Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 08. Juni 2016 - 1 LB 14/15

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Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 08. Juni 2016 - 1 LB 14/15 zitiert 14 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


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Bundesverwaltungsgericht Urteil, 30. Okt. 2013 - 2 C 23/12

bei uns veröffentlicht am 30.10.2013

Tatbestand 1 Der Kläger verlangt Schadensersatz, weil er bei der Vergabe von Amtszulagen nicht berücksichtigt wurde.

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(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn

1.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde oder von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
2.
der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

(2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat.

(3) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliegt oder zuzulassen sei, ist nicht selbständig anfechtbar.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

Tatbestand

1

Der Kläger verlangt Schadensersatz, weil er bei der Vergabe von Amtszulagen nicht berücksichtigt wurde.

2

Der Kläger ist Bundesbeamter im Amt eines Postbetriebsinspektors (BesGr. A 9vz BBesO). Nach der Umwandlung der Bundespost in privatrechtliche Nachfolgeunternehmen mit Wirkung vom 1. Januar 1995 war er bis Ende 2005 bei der Deutschen Post AG, danach bis Ende 2008 bei der Deutschen Postbank AG (im Folgenden: Postbank) als Sozialberater beschäftigt.

3

Die Postbank vergab mit Wirkung vom 1. Juli 2007 sechs Amtszulagen für Beamte mit einem Amt der Besoldungsgruppe A 9vz. Sie führte ein internes Auswahlverfahren ohne Ausschreibung durch, in das sie 26 Beamte, darunter den Kläger, einbezog und verlieh sechs Beamten die Amtszulage, ohne dies den anderen mitzuteilen.

4

Im August 2007 erfuhr der Kläger von diesen Vorgängen. Er widersprach seiner Nichtberücksichtigung und forderte die Postbank auf, ihre Auswahlentscheidungen zu begründen. Diese verwies auf die bessere Eignung der ausgewählten Beamten. Daraufhin legte der Kläger mit Schreiben vom 22. Oktober 2007 nochmals Widerspruch ein und beanstandete, die Postbank habe weder die Anzahl der zur Verfügung stehenden Amtszulagen noch die Anzahl der Bewerber und die Auswahlkriterien mitgeteilt. In einem Absatz am Ende des Schreibens machte er einen Anspruch auf Schadensersatz für den Fall geltend, dass seine Berücksichtigung wegen der anderweitigen Vergabe der Amtszulagen nicht mehr möglich sein sollte. Abschließend bat er um Stellungnahme bis 6. November 2007.

5

Die Postbank erwiderte mit Schreiben vom 5. November 2007: Sie habe nur Beamte ausgewählt, die als "sehr gut" geeignet eingestuft worden seien. Fünf Beamte hätten einen Eignungsvorsprung gegenüber dem Kläger, weil sie als Beamte des mittleren Dienstes erfolgreich in Positionen tätig seien, die auch Besoldungsgruppen des gehobenen Dienstes zugeordnet seien. Der sechste ausgewählte Beamte weise ein wesentlich höheres Dienstalter in dem Amt der Besoldungsgruppe A 9vz auf als der Kläger.

6

Mit der im Dezember 2007 erhobenen Klage will der Kläger erreichen, im Wege des Schadensersatzes so gestellt zu werden, als wenn ihm die Amtszulage verliehen worden wäre. Die Postbank hat im Klageverfahren hauptsächlich gerügt, dass kein Widerspruchsverfahren durchgeführt worden sei. Hilfsweise hat sie sich in der Sache auf das Schadensersatzbegehren eingelassen.

7

Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. In dem Berufungsurteil hat das Oberverwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei unzulässig, weil der Klageerhebung kein Widerspruchsverfahren vorausgegangen sei. Der Kläger habe versäumt, innerhalb eines Jahres Widerspruch gegen die Ablehnung seines Schadensersatzantrags in dem Schreiben der Postbank vom 5. November 2007 einzulegen. Dieses Schreiben sei als Verwaltungsakt zu werten, obwohl es weder einen Tenor noch eine Rechtsmittelbelehrung enthalte. Der Regelungscharakter ergebe sich aus dem Inhalt und aus dem Zusammenhang mit dem Schreiben des Klägers vom 22. Oktober 2007. Darin habe der Kläger seinen Widerspruch gegen die Nichtberücksichtigung bekräftigt und zusätzlich einen Antrag auf Schadensersatz gestellt. Die Annahme eines eigenständigen Antrags folge daraus, dass der Kläger die Ausführungen zur Frage des Schadensersatzes deutlich abgesetzt an das Ende seines Schreibens gestellt habe. In dem darauf bezogenen Schreiben vom 5. November 2007 habe die Postbank unmissverständlich erklärt, sie halte ihre Auswahlentscheidungen aus den näher dargelegten Gründen für rechtmäßig. Daraus habe der Kläger den Schluss ziehen müssen, die Postbank habe den Antrag auf Schadensersatz rechtsverbindlich abgelehnt. Das gesetzlich vorgesehene Widerspruchsverfahren sei nicht entbehrlich geworden. Hierfür reiche nicht aus, dass sich die Beklagte in dem Klageverfahren hilfsweise auf das Schadensersatzbegehren eingelassen habe.

8

Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Revision und beantragt,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 24. Oktober 2012 und des Verwaltungsgerichts Münster vom 24. Juni 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Kläger dienst-, besoldungs- und versorgungsrechtlich so zu stellen, als wenn ihm mit Wirkung vom 1. Juli 2007 die Amtszulage für das Amt des Postbetriebsinspektors (Besoldungsgruppe A 9vz) verliehen worden wäre.

9

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

10

Sie verteidigt das Berufungsurteil und trägt ergänzend vor, nach den im Berufungsverfahren eingeholten Leistungseinschätzungen habe der Kläger keine Aussicht gehabt, eine Amtszulage zu erhalten.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 141 Satz 1, § 125 Abs. 1 Satz 1, § 101 Abs. 2 VwGO), ist mit der Maßgabe begründet, dass das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen ist (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Das Berufungsurteil verletzt revisibles Recht, nämlich § 133 BGB und § 126 Abs. 3 des Beamtenrechtsrahmengesetzes - BRRG - in der im Jahr 2007 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 31. März 1999 (BGBl I S. 654). Das Berufungsurteil stellt sich nicht aus anderen als den vom Oberverwaltungsgericht angeführten Gründen im Ergebnis als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Der Senat kann über die Begründetheit der form- und fristgerecht erhobenen allgemeinen Leistungsklage, d.h. über das Bestehen des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs, nicht entscheiden, weil die tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hierfür nicht ausreichen.

12

Das Oberverwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht mit der Begründung als unzulässig angesehen, der Kläger habe vor der Klageerhebung das gesetzlich vorgesehene Widerspruchsverfahren nicht eingeleitet. Die Auslegung seiner vorgerichtlichen Erklärungen ergibt, dass er in Bezug auf den Schadensersatzanspruch Widerspruch eingelegt hat. Darüber hinaus war ein Widerspruchsverfahren nach den Umständen des vorliegenden Falles entbehrlich.

13

1. Die tragende Erwägung des Oberverwaltungsgerichts, es fehle an einem Widerspruch des Klägers, beruht auf einer rechtsfehlerhaften Auslegung seines Schreibens an die Postbank vom 22. Oktober 2007. Die Auslegung genügt den sich aus § 133 BGB ergebenden Anforderungen nicht.

14

Die Ermittlung des Inhalts einer Erklärung im Wege der Auslegung gilt revisionsrechtlich als Tatsachenfeststellung im Sinne von § 137 Abs. 2 VwGO. Daher ist das Bundesverwaltungsgericht an den vom Tatsachengericht festgestellten Erklärungsinhalt gebunden, wenn dieses Gericht sein Ergebnis rechtsfehlerfrei begründet hat. Die Bindung tritt nicht ein, wenn die Auslegung auf einer unvollständigen Würdigung der festgestellten Tatsachen, einem Rechtsirrtum, einem Verstoß gegen eine Auslegungsregel oder einem Verstoß gegen einen allgemeinen Erfahrungssatz oder ein Denkgesetz beruht. In diesen Fällen kann das Bundesverwaltungsgericht die Erklärung selbst auslegen (stRspr; Urteile vom 5. November 2009 - BVerwG 4 C 3.09 - BVerwGE 135, 209 = Buchholz 316 § 35 VwVfG Nr. 60 und vom 17. Juni 2010 - BVerwG 2 C 86.08 - BVerwGE 137, 138 = Buchholz 240 § 6 BBesG Nr. 28). Hier hat das Oberverwaltungsgericht gegen die Auslegungsregel des § 133 BGB verstoßen.

15

Nach der Auslegungsregel des § 133 BGB, die auch auf öffentlich-rechtliche Erklärungen Anwendung findet, ist bei der Auslegung einer Willenserklärung der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Es kommt darauf an, wie die Erklärung aus der Sicht des Empfängers bei objektiver Betrachtung zu verstehen ist. Maßgebend ist der geäußerte Wille des Erklärenden, wie er sich dem Empfänger nach dem Wortlaut der Erklärung und den sonstigen Umständen darstellt, die der Empfänger bei Zugang der Erklärung erkennen kann. Dieser hat in den Blick zu nehmen, welchen Zweck der Erklärende verfolgt (stRspr; Urteil vom 15. September 2010 - BVerwG 8 C 21.09 - BVerwGE 138, 1 = Buchholz 310 § 68 VwGO Nr. 48).

16

§ 133 BGB gibt eine Auslegung vor, die - im Rahmen des für den Erklärungsempfänger Erkennbaren - den mit der Erklärung angestrebten Erfolg herbeiführt und die Erklärung nicht sinnlos macht (BGH, Urteile vom 23. Januar 1997 - IX ZR 69/96 - BGHZ 134, 325 <329> = NJW 1997, 1003 <1004> und vom 7. März 2005 - II ZR 194/03 - NJW 2005, 2618 <2619>). Dies gilt insbesondere für die Ermittlung des Inhalts von Erklärungen Privater gegenüber Behörden. Diese dürfen bei der Auslegung die erkennbare Interessenlage des Erklärenden nicht außer Acht lassen. Legt der Private erkennbar einen Rechtsbehelf ein, darf die Behörde der Erklärung keinen Inhalt geben, der die Rechtsverfolgung erschwert oder gar ausschließt, wenn nach den erkennbaren Umständen auch eine günstigere Auslegung möglich ist. In Zweifelsfällen sollte beim Erklärenden nachgefragt werden.

17

Die Interessenlage des Klägers wird durch § 126 Abs. 3 BRRG bestimmt, der nach wie vor in Kraft ist (§ 63 Abs. 3 Satz 2 des Beamtenstatusgesetzes vom 17. Juni 2008 - BeamtStG - BGBl I S.1010). Nach dieser Regelung gelten für Klagen nach Absatz 1, d.h. für alle Klagen aus dem Beamtenverhältnis einschließlich der Leistungs- und Feststellungsklagen, die Vorschriften des 8. Abschnitts der Verwaltungsgerichtsordnung über das Widerspruchsverfahren. Danach ist eine Klage aus dem Beamtenverhältnis unabhängig von der Klageart erst nach Durchführung eines Widerspruchsverfahrens zulässig, sofern gesetzlich nichts anderes bestimmt ist (§ 126 Abs. 3 Nr. 4 BRRG). Darüber hinaus bedarf es eines Widerspruchsverfahrens nicht, wenn es sich nach den Umständen des Einzelfalles als sinnlos erweist (vgl. unter 2.).

18

Liegt kein Ausnahmefall vor, müssen Beamte gegen jedes Tun oder Unterlassen des Dienstherrn sowie gegen jeden von ihm zu verantwortenden Zustand, in dem sie eine Beeinträchtigung ihrer Rechtsstellung aus dem Beamtenverhältnis sehen, Widerspruch einlegen (Urteil vom 28. Juni 2001 - BVerwG 2 C 48.00 - BVerwGE 114, 350 <354> = Buchholz 230 § 126 BRRG Nr. 21 S. 3 f.). Die Klagemöglichkeit wird durch den Erlass des Widerspruchsbescheids eröffnet. Dieser ändert die Rechtsnatur der vom Beamten geforderten oder beanstandeten Maßnahme nicht. Eine verwaltungsinterne Maßnahme wird durch den Widerspruchsbescheid nicht zum Verwaltungsakt (Urteil vom 2. März 2006 - BVerwG 2 C 3.05 - BVerwGE 125, 85 = Buchholz 237.8 § 84 RhPLBG Nr. 1).

19

Ergeht nach Einlegung des Widerspruchs in angemessener Zeit kein Widerspruchsbescheid, kann der Beamte nach Maßgabe des § 75 VwGO Untätigkeitsklage erheben. Diese Vorschrift gilt auch für allgemeine Leistungs- und Feststellungsklagen aus dem Beamtenverhältnis, denen nach § 126 Abs. 3 BRRG ein Widerspruchsverfahren vorauszugehen hat (Brenner, in: Sodan/Ziekow, VwGO, Kommentar, 3. Aufl., § 75 Rn. 18; Rennert, in: Eyermann, VwGO, Kommentar, 13. Aufl., § 75 Rn. 1).

20

Der Gesetzgeber hat das Erfordernis des Widerspruchsverfahrens auf alle Streitigkeiten aus dem Beamtenverhältnis erstreckt, um sicherzustellen, dass Beamte vor der Anrufung der Verwaltungsgerichte den Dienstherrn mit ihren Anliegen befassen. Dem Dienstherrn soll stets die Möglichkeit eröffnet werden, einen gerichtlichen Rechtsstreit zu vermeiden, sei es durch Abhilfe, durch gütliche Einigung, soweit dies rechtlich möglich ist, oder durch nähere Begründung seines Rechtsstandpunktes. Neben der Selbstkontrolle des Dienstherrn dient das Widerspruchsverfahren auch in beamtenrechtlichen Angelegenheiten dem Rechtsschutz der Beamten und der Entlastung der Verwaltungsgerichte (Urteil vom 15. September 2010 a.a.O. Rn. 24 f.).

21

Aus dem Zweck des § 126 Abs. 3 BRRG folgt, dass das Widerspruchsverfahren den verfahrensrechtlichen Rahmen darstellt, in dem vorgerichtliche Auseinandersetzungen zwischen Beamten und Dienstherrn ausgetragen werden. Dieses gesetzlich geregelte Verfahren soll an die Stelle informeller Verfahren und Absprachen treten. Dies zwingt den Beamten, sein Anliegen inhaltlich zu konkretisieren (Urteil vom 28. Juni 2001 a.a.O. S. 354 f. bzw. S. 3 f.).

22

Aus der durch § 126 Abs. 3 BRRG angeordneten Konzentration auf das Widerspruchsverfahren folgt weiter, dass der Beamte einem Widerspruch, der sich nicht gegen einen Verwaltungsakt richtet (Leistungs- oder Feststellungswiderspruch), keinen Antrag vorschalten muss. Ein derartiges Antragserfordernis ergibt sich weder aus einer sonstigen Vorschrift des Prozessrechts noch aus der beamtenrechtlichen Treuepflicht. Es würde die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes erschweren, weil der Beamte nach der Ablehnung des Antrags nicht sogleich Klage erheben kann, sondern Widerspruch einlegen muss (Urteil vom 28. Juni 2001 a.a.O. S. 355 f. bzw. S. 4 f.; Beschluss vom 18. Juni 2009 - BVerwG 2 B 64.08 - Buchholz 237.2 § 93 BlnLBG Nr. 1 = NVwZ 2009, 1314).

23

Aufgrund dieses Bedeutungsgehalts des § 126 Abs. 3 BRRG sind Rechtsbehelfe von Beamten ungeachtet ihrer Bezeichnung, etwa als Antrag oder Beschwerde, als Widerspruch zu werten, soweit diese Auslegung nach § 133 BGB vertretbar ist. Eine Ausnahme soll nur gelten, wenn der Beamte ausdrücklich einen gesonderten Antrag stellt, anstatt Widerspruch einzulegen, und auf Nachfrage daran festhält. In diesem Fall soll der Dienstherr verpflichtet sein, diesen Antrag zu bescheiden, sodass der Beamte gegen den ablehnenden Bescheid gesondert Widerspruch erheben muss (Beschluss vom 28. September 2006 - BVerwG 2 B 14.06 - Rn. 3).

24

Diese Grundsätze gelten auch für ein Schadensersatzbegehren, das ein Beamter mit der Behauptung geltend macht, der Dienstherr habe schuldhaft seine Rechte aus dem Beamtenverhältnis verletzt. Der Beamte kann die Beseitigung der behaupteten Rechtsverletzung und den daraus hergeleiteten Schadensersatzanspruch gegen den Dienstherrn mit einem einheitlichen Widerspruch verfolgen. Die Bündelung von Beseitigungs- und Schadensersatzbegehren in einem Widerspruchsverfahren entspricht dem Zweck des § 126 Abs. 3 Satz 1 BRRG, weil beide Anliegen in einem engen inhaltlichen Zusammenhang stehen. Zwischen ihnen besteht ein Stufenverhältnis wie zwischen Haupt- und Hilfsantrag im Klageverfahren. Die Gewährung von Schadensersatz kommt nur in Betracht, wenn es der Dienstherr ablehnt, die behauptete Rechtsverletzung zu beseitigen. Entspricht er dem Beseitigungsbegehren, wird das Schadensersatzbegehren gegenstandslos. Hält der Dienstherr das beanstandete Tun oder Unterlassen für rechtmäßig oder sieht er darin jedenfalls keine Verletzung der Rechtsstellung des Beamten, steht zugleich fest, dass er sich nicht für schadensersatzpflichtig hält. Daher ist es erforderlich, aber auch ausreichend, dass der Beamte in der Begründung des Widerspruchs deutlich macht, er verlange hilfsweise Schadensersatz (Urteil vom 28. Juni 2001 a.a.O. S. 355 f. bzw. S. 4).

25

Aus dieser durch § 126 Abs. 3 BRRG vorgegebenen Rechtslage ergibt sich das Interesse des Klägers, dass sein Schreiben vom 22. Oktober 2007 auch in Bezug auf den geltend gemachten Schadensersatzanspruch nicht als eigenständiger Antrag, sondern als Erweiterung seines Widerspruchs gegen die Nichtberücksichtigung bei der Vergabe der Amtszulagen zu verstehen ist.

26

Dies liegt auch deshalb nahe, weil der Widerspruch des Klägers gegen die Nichtberücksichtigung bei der Vergabe der Amtszulagen im Jahr 2007 nach der damals einheitlichen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte aussichtslos war, weil die Postbank die Amtszulagen den ausgewählten Beamten bereits verliehen hatte. Bis zu dem Urteil des Senats vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - (BVerwGE 138, 102 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 47) war in der Rechtsprechung allgemein anerkannt, dass Ernennungen und ernennungsähnliche Verwaltungsakte wie die Verleihung von Amtszulagen auch im Falle ihrer Rechtswidrigkeit von Mitbewerbern nicht mit Erfolg angefochten werden konnten. Es wurde angenommen, diese Maßnahmen berührten die subjektive Rechtstellung der Mitbewerber nicht und seien nach dem Grundsatz der Ämterstabilität stets rechtsbeständig. Nach der Ernennung der ausgewählten Bewerber waren Mitbewerber darauf verwiesen, Schadensersatz geltend zu machen. Erst in dem Urteil vom 4. November 2010 (a.a.O.) hat der Senat Ernennungen Drittwirkung zuerkannt und den Grundsatz der Ämterstabilität für unanwendbar erklärt, wenn der Dienstherr vor der Ernennung die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes durch Mitbewerber verhindert hat. Dies gilt in gleicher Weise für ernennungsähnliche Verwaltungsakte.

27

Diese Rechtslage und die sich daraus ergebenden Interessen des Klägers musste die Postbank schon deshalb erkennen und bei der Auslegung der Erklärungen des Klägers einbeziehen, weil auf sie die für Behörden geltenden Maßstäbe anzuwenden sind. Nach Art. 143b Abs. 3 Satz 2 GG übt die Postbank die Dienstherrnbefugnisse gegenüber den ihr zugewiesenen Bundesbeamten aus. Sie wird als Unternehmen privater Rechtsform im Auftrag des Bundes tätig, der sie mit hoheitlichen, einem Privaten ansonsten nicht zustehenden Befugnissen beliehen hat (Urteile vom 20. August 1996 - BVerwG 1 D 80.95 - BVerwGE 103, 375 <377> = Buchholz 232 § 54 Satz 3 Nr. 7 S. 20 und vom 25. Juni 2009 - BVerwG 2 C 68.08 - Buchholz 232.0 § 46 BBG 2009 Nr. 1 = NVwZ-RR 2009, 893).

28

In Anbetracht des erkennbaren Interesses des Klägers, seinen Widerspruch auf das Schadensersatzbegehren zu erstrecken, wäre die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, der Kläger habe in dem Schreiben vom 22. Oktober 2007 einen eigenständigen, dem Widerspruch vorgeschalteten Schadensersatzantrag gestellt, nur dann mit § 133 BGB vereinbar, wenn eine andere Auslegung ausgeschlossen wäre. Hierfür müsste der Wortlaut dieses Schreibens eindeutig für eine Antragstellung sprechen. Dies ist aber nicht der Fall:

29

Das Oberverwaltungsgericht hat seine Auffassung entscheidend darauf gestützt, der Kläger habe das Schadensersatzbegehren in einem eigenen Absatz am Ende des Schreibens geltend gemacht. Mit dieser formalen Betrachtungsweise hat es den Inhalt des Schreibens entgegen § 133 BGB nicht vollständig in den Blick genommen. Es hat nicht berücksichtigt, dass der Absatz über das Schadensersatzbegehren offensichtlich einen inhaltlichen Bezug zu den vorstehenden Ausführungen aufweist. Der Kläger hat zunächst dargelegt, seine Nichtberücksichtigung bei der Vergabe der Amtszulagen sei nicht nachvollziehbar, und die unzureichende Information durch die Postbank gerügt. Im Anschluss daran hat er Schadensersatz mit den Worten geltend gemacht, "soweit die Einweisung in eine Planstelle A 09vz mit Amtszulage nun wegen anderweitiger Besetzungen nicht mehr möglich sein sollte". Damit hat er unmissverständlich an den Widerspruch gegen die Nichtberücksichtigung angeknüpft. Er hat Schadensersatz für den Fall geltend gemacht hat, dass die Vergabe einer Amtszulage an ihn rechtlich ausgeschlossen sei.

30

Diesen inhaltlichen Zusammenhang lässt auch die Erwägung des Oberverwaltungsgerichts außer Acht, die Bitte um kurzfristige Stellungnahme in dem letzten Satz des Schreibens vom 22. Oktober 2007 habe sich nicht an die Postbank als Widerspruchsbehörde richten können, weil die Abgabe von Stellungnahmen nicht zu den Aufgaben einer Widerspruchsbehörde gehöre. Auch hat der Kläger diese Bitte nach ihrem Wortlaut nicht auf das Schadensersatzbegehren beschränkt.

31

Da der Kläger seinen Widerspruch durch das Schreiben vom 22. Oktober 2007 auf das Schadensersatzbegehren erstreckt hat, ist die allgemeine Leistungsklage auf Gewährung von Schadensersatz nach § 75 Satz 1 und 2 VwGO jedenfalls nach Ablauf von drei Monaten nach Einlegung des Widerspruchs zulässig geworden.

32

Im Übrigen verstößt auch die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts gegen § 133 BGB, die Postbank habe das Schadensersatzbegehren durch das Schreiben vom 5. November 2007 rechtsverbindlich in Form eines Verwaltungsakts abgelehnt. Bei der Bestimmung der Rechtsqualität einer behördlichen Erklärung aufgrund ihres tatsächlich festgestellten Inhalts handelt es sich um eine rechtliche Würdigung, die in vollem Umfang der Prüfung des Bundesverwaltungsgerichts im Revisionsverfahren unterliegt (stRspr; Urteil vom 5. November 2009 - BVerwG 4 C 3.09 - BVerwGE 135, 209 = Buchholz 316 § 35 VwVfG Nr. 60).

33

Die Auslegung des Schreibens vom 5. November 2007 als Verwaltungsakt liegt schon deshalb fern, weil es weder einen von der Begründung abgesetzten Entscheidungsausspruch noch eine Rechtsmittelbelehrung enthält. Daher käme die Qualifizierung als Verwaltungsakt nur in Betracht, wenn sich der Regelungscharakter im Sinne von § 35 Satz 1 VwVfG ohne jeden Zweifel aus dem Inhalt ergäbe. Diesem lassen sich aber keine Hinweise für eine rechtsverbindliche Ablehnung des Schadensersatzbegehrens entnehmen. Vielmehr spricht nach der äußeren Gestaltung und dem Inhalt des Schreibens vom 5. November 2007 alles dafür, dass die Postbank dem Kläger eine abschließende Auskunft über die Sach- und Rechtslage erteilen wollte. Sie teilte ihm die tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen für ihre Auswahlentscheidungen mit und legte dar, dass der Kläger zu Recht nicht zum Zuge kam, ohne ausdrücklich auf das Schadensersatzbegehren einzugehen.

34

2. Unabhängig von dem Inhalt des Schreibens des Klägers vom 22. Oktober 2007 war das Widerspruchsverfahren im vorliegenden Fall entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts ausnahmsweise entbehrlich.

35

Auch in beamtenrechtlichen Angelegenheiten dient das Widerspruchsverfahren der Selbstkontrolle der Verwaltung, dem individuellen Rechtsschutz und der Entlastung der Verwaltungsgerichte. Sind diese Ziele vor der Klageerhebung schon auf andere Weise erreicht worden oder können sie nicht mehr erreicht werden, ist ein Widerspruchsverfahren sinnlos. Seine Durchführung würde einen sachlich nicht zu rechtfertigenden Formalismus darstellen, der die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes unnötig verzögert. Die Entbehrlichkeit des Widerspruchsverfahrens in diesen Fällen stellt eine weitere, gesetzlich nicht ausdrücklich geregelte Ausnahme dar, die sich aus Sinn und Zweck der § 126 Abs. 3 BRRG, §§ 68 f. VwGO ergibt (stRspr; vgl. zuletzt Urteil vom 15. September 2010 - BVerwG 8 C 21.09 - BVerwGE 138, 1 = Buchholz 310 § 68 VwGO Nr. 48). Die genannte Entscheidung kann als Zusammenfassung der - vom Berufungsgericht kritisch dargestellten - Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verstanden werden.

36

Das Widerspruchsverfahren kann seinen Zweck nicht mehr erreichen, wenn feststeht, dass der Widerspruch unabhängig von der Begründung keinen Erfolg haben würde. Daher wird es regelmäßig nicht entbehrlich sein, wenn Ausgangs- und Widerspruchsbehörde nicht identisch sind oder gar unterschiedlichen Rechtsträgern angehören (Urteil vom 21. September 2010 a.a.O. Rn. 26). Auch wird das Widerspruchsverfahren regelmäßig durchzuführen sein, wenn die Widerspruchsbehörde einen Ermessens- oder Beurteilungsspielraum wahrzunehmen hat. In diesen Fällen geht deren Nachprüfung inhaltlich über die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung hinaus (§ 114 Satz 1 VwGO).

37

Im Übrigen kommt es vor allem auf den Inhalt der vorgerichtlichen Erklärungen der Beklagten an. Ergibt deren Gesamtwürdigung, dass sich die Beklagte endgültig darauf festgelegt hat, das Rechtsschutzbegehren abzulehnen, ist ein Widerspruchsverfahren sinnlos. Eine derartige Festlegung setzt voraus, dass die Beklagte zu erkennen gegeben hat, sie habe sich ihre Auffassung gebildet und gedenke daran auf jeden Fall festzuhalten. Hat der Betroffene daraufhin Klage erhoben, kann die Beklagte im Klageverfahren nicht dadurch die Durchführung des Widerspruchsverfahrens erreichen, dass sie auf dessen Fehlen verweist und sich gar nicht oder nur hilfsweise zur Sache einlässt. Dadurch setzt sie sich in Widerspruch zu ihren vorgerichtlichen Erklärungen, aus denen der Kläger zu Recht den Schluss zog, ein Widerspruchsverfahren sei sinnlos.

38

Hat der Betroffene Klage erhoben, ohne dass ihm die Beklagte hierzu Anlass gegeben hat, kann diese das Widerspruchsverfahren entbehrlich machen, wenn sie sich im Klageverfahren vorbehaltlos zur Sache einlässt. Dagegen bringt sie in diesen Fällen durch eine nur hilfsweise Einlassung regelmäßig zum Ausdruck, dass sie den Kläger an der Durchführung des Widerspruchsverfahrens festhalten will. Dieses Verhalten ist dann auch nicht widersprüchlich, weil sich die Beklagte vorgerichtlich gerade nicht endgültig auf die Ablehnung des Klagebegehrens festgelegt hat.

39

Nach diesen Grundsätzen hat sich das Widerspruchsverfahren im vorliegenden Fall bereits zum Zeitpunkt der Klageerhebung als entbehrlich erwiesen: Die als Ausgangs- und Widerspruchsbehörde zuständige Postbank hatte sich gegenüber dem Kläger vorgerichtlich darauf festgelegt, dieser habe zu Recht keine Amtszulage erhalten. In dem Schreiben vom 5. November 2007 ließ sie keinen Zweifel daran, dass sie die dargelegten Auswahlkriterien und die darauf gestützte Bewerberauswahl für rechtmäßig halte. Nach Ansicht der Postbank wiesen die ausgewählten Beamten einen erheblichen Eignungsvorsprung gegenüber dem Kläger auf. Diese Erklärungen ließen aus der Sicht des Klägers nur den Schluss zu, die Postbank sei auf keinen Fall bereit, wegen dessen Nichtberücksichtigung Schadensersatz zu leisten.

40

Hatte sich ein Widerspruchsverfahren aufgrund der eindeutigen Aussagen der Postbank bereits vor der Klageerhebung als sinnlos erwiesen, kann sie durch ihr prozessuales Verhalten nicht mehr erreichen, dass ein solches Verfahren durchgeführt wird.

41

3. Die tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts ermöglichen es dem Senat nicht, abschließend zu beurteilen, ob der geltend gemachte Schadensersatzanspruch besteht. Er weist jedoch auf Folgendes hin:

42

Ein Beamter kann von seinem Dienstherrn Ersatz des ihm durch die Nichtbeförderung entstandenen Schadens verlangen, wenn der Dienstherr bei der Vergabe eines Beförderungsamtes den aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Anspruch des Beamten auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl schuldhaft verletzt hat, dem Beamten das Amt ohne diesen Rechtsverstoß voraussichtlich übertragen worden wäre und dieser es nicht schuldhaft unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden (Urteile vom 17. August 2005 - BVerwG 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <101 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32 Rn. 16; vom 26. Januar 2012 - BVerwG 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 53 und vom 29. November 2012 - BVerwG 2 C 6.11 - BVerwGE 145, 185 = NVwZ 2013, 955 ).

43

Die Vergabe der Amtszulagen ist an Art. 33 Abs. 2 GG zu messen, weil es sich bei Ämtern gleicher Besoldungsgruppe mit und ohne Amtszulage um statusrechtlich verschiedene Ämter handelt. Liegt kein gesetzlicher Ernennungstatbestand vor, wird die Amtszulage durch einen ernennungsähnlichen Verwaltungsakt verliehen. Die Verleihung genießt in gleicher Weise Ämterstabilität wie eine Ernennung (Urteile vom 12. Juli 1972 - BVerwG 6 C 11.70 - BVerwGE 40, 229 <230 f.> = Buchholz 235.11 Art. 356 Nr. 1 und vom 23. Februar 1989 - BVerwG 2 C 25.87 - BVerwGE 81, 282 <286 f.> = Buchholz 237.6 § 18 NdsLBG Nr. 2 S. 3 f.; Beschluss vom 16. April 2007 - BVerwG 2 B 25.07 - Buchholz 240 § 42 BBesG Nr. 26 Rn. 4). Im vorliegenden Fall geht es um die Amtszulage nach Fußnote 3 zur Besoldungsgruppe A 9 in der Anlage I i.V.m. Anlage IX des Bundesbesoldungsgesetzes.

44

Die Erläuterungen der Postbank in dem Schreiben vom 5. November 2007 lassen es zumindest als ernsthaft möglich erscheinen, dass sie die Rechte des Klägers aus Art. 33 Abs. 2 GG verletzt hat, weil sie die Bewerberauswahl auf nicht unmittelbar leistungsbezogene Auswahlkriterien, nämlich auf die Einstufung (Wertigkeit) der Tätigkeitsbereiche der Bewerber und das Dienstalter gestützt hat. In diesem Fall wäre der Postbank angesichts der bereits 2007 vorliegenden Rechtsprechung zu diesen Kriterien ein Verschulden anzulasten (Urteile vom 28. Oktober 2004 - BVerwG 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <151> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 30 S. 17 f. und vom 17. August 2005 a.a.O. S. 103 bzw. Rn. 20).

45

Die Kausalität der Rechtsverletzung für den Eintritt des Schadens setzt voraus, dass der Beamte ohne den schuldhaften Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG, d.h. bei rechtmäßiger Bewerberauswahl, zumindest reelle Aussichten gehabt hätte, das angestrebte Amt zu erhalten. Seine Berücksichtigung muss nach Lage der Dinge ernsthaft möglich gewesen sein. Hierfür muss festgestellt werden, welcher hypothetische Kausalverlauf bei rechtmäßigem Vorgehen des Dienstherrn voraussichtlich an die Stelle des tatsächlichen Verlaufs getreten wäre (Urteile vom 17. August 2005 a.a.O. S. 108 f. bzw. Rn. 36 f. und vom 26. Januar 2012 a.a.O. ). Hierfür muss aufgrund der 2007 vorhandenen Erkenntnisse nachgezeichnet werden, welches Ergebnis die Bewerberauswahl bei rechtsfehlerfreiem Verfahrensablauf voraussichtlich gehabt hätte. Beurteilungen der Bewerber, die spätere Erkenntnisse aufnehmen, dürfen nicht einbezogen werden.

46

Schließlich kann dem Kläger nicht angelastet werden, dass er nicht versucht hat, die Vergabe der Amtszulagen durch einen Antrag auf Erlass einer einstweiliger Anordnung nach § 123 VwGO zu verhindern oder deren Aufhebung im Klageweg zu erreichen. Rechtsschutz nach § 123 VwGO war nicht möglich, weil ihm die Postbank ihre Auswahlentscheidungen vor der Verleihung der Amtszulagen nicht mitgeteilt hat. Aus diesem Grund hätten die Verleihungen zwar nach der neuen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts keine Ämterstabilität genossen (Urteil vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - BVerwGE 138, 102 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 47). Im hier maßgebenden Jahr 2007 wären Klagen gegen die Verleihungen nach der damals einhelligen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte aber aussichtslos gewesen.

(1) Landschaftsschutzgebiete sind rechtsverbindlich festgesetzte Gebiete, in denen ein besonderer Schutz von Natur und Landschaft erforderlich ist

1.
zur Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder der Regenerationsfähigkeit und nachhaltigen Nutzungsfähigkeit der Naturgüter, einschließlich des Schutzes von Lebensstätten und Lebensräumen bestimmter wild lebender Tier- und Pflanzenarten,
2.
wegen der Vielfalt, Eigenart und Schönheit oder der besonderen kulturhistorischen Bedeutung der Landschaft oder
3.
wegen ihrer besonderen Bedeutung für die Erholung.

(2) In einem Landschaftsschutzgebiet sind unter besonderer Beachtung des § 5 Absatz 1 und nach Maßgabe näherer Bestimmungen alle Handlungen verboten, die den Charakter des Gebiets verändern oder dem besonderen Schutzzweck zuwiderlaufen.

(3) In einem Landschaftsschutzgebiet sind die Errichtung und der Betrieb von Windenergieanlagen sowie der zugehörigen Nebenanlagen nicht verboten, wenn sich der Standort der Windenergieanlagen in einem Windenergiegebiet nach § 2 Nummer 1 des Windenergieflächenbedarfsgesetzes vom 20. Juli 2022 (BGBl. I S. 1353) befindet. Satz 1 gilt auch, wenn die Erklärung zur Unterschutzstellung nach § 22 Absatz 1 entgegenstehende Bestimmungen enthält. Für die Durchführung eines im Übrigen zulässigen Vorhabens bedarf es insoweit keiner Ausnahme oder Befreiung. Bis gemäß § 5 des Windenergieflächenbedarfsgesetzes festgestellt wurde, dass das jeweilige Land den Flächenbeitragswert nach Anlage 1 Spalte 2 des Windenergieflächenbedarfsgesetzes oder der jeweilige regionale oder kommunale Planungsträger ein daraus abgeleitetes Teilflächenziel erreicht hat, gelten die Sätze 1 bis 3 auch außerhalb von für die Windenergienutzung ausgewiesenen Gebieten im gesamten Landschaftsschutzgebiet entsprechend. Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht, wenn der Standort in einem Natura 2000-Gebiet oder einer Stätte, die nach Artikel 11 des Übereinkommens vom 16. November 1972 zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt (BGBl. 1977 II S. 213, 215) in die Liste des Erbes der Welt aufgenommen wurde, liegt.

Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,

1.
die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und
2.
im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

(1) Für Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben, und für Aufschüttungen und Abgrabungen größeren Umfangs sowie für Ausschachtungen, Ablagerungen einschließlich Lagerstätten gelten die §§ 30 bis 37.

(2) Die Vorschriften des Bauordnungsrechts und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Von den Geboten und Verboten dieses Gesetzes, in einer Rechtsverordnung auf Grund des § 57 sowie nach dem Naturschutzrecht der Länder kann auf Antrag Befreiung gewährt werden, wenn

1.
dies aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer und wirtschaftlicher Art, notwendig ist oder
2.
die Durchführung der Vorschriften im Einzelfall zu einer unzumutbaren Belastung führen würde und die Abweichung mit den Belangen von Naturschutz und Landschaftspflege vereinbar ist.
Im Rahmen des Kapitels 5 gilt Satz 1 nur für die §§ 39 und 40, 42 und 43.

(2) Von den Verboten des § 33 Absatz 1 Satz 1 und des § 44 sowie von Geboten und Verboten im Sinne des § 32 Absatz 3 kann auf Antrag Befreiung gewährt werden, wenn die Durchführung der Vorschriften im Einzelfall zu einer unzumutbaren Belastung führen würde. Im Fall des Verbringens von Tieren oder Pflanzen aus dem Ausland wird die Befreiung vom Bundesamt für Naturschutz gewährt.

(3) Die Befreiung kann mit Nebenbestimmungen versehen werden. § 15 Absatz 1 bis 4 und Absatz 6 sowie § 17 Absatz 5 und 7 finden auch dann Anwendung, wenn kein Eingriff in Natur und Landschaft im Sinne des § 14 vorliegt.

Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,

1.
die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und
2.
im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.