Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 24. Aug. 2015 - 7 B 886/15
Tenor
Die Anhörungsrüge wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Rügeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
1
G r ü n d e :
2Die nach § 152a Abs. 1 Satz 1 VwGO statthafte und innerhalb der Frist des § 152a Abs. 2 VwGO erhobene Anhörungsrüge ist unbegründet. Die Antragstellerin hat entgegen § 152a Abs. 2 Satz 6 VwGO keine Umstände dargelegt, aus denen sich ergibt, dass der Senat ihren Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs in entscheidungserheblicher Weise verletzt haben könnte (vgl. § 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO).
3Das Gebot, rechtliches Gehör zu gewähren, verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen. Dementsprechend dient die Gehörsrüge ausschließlich der Heilung von Gehörsverstößen durch Nachholung einer unterbliebenen Kenntnisnahme und Berücksichtigung des Vorbringens der Verfahrensbeteiligten in einem fortgesetzten Verfahren, nicht hingegen der Korrektur möglicher Rechtsfehler. Insbesondere schützt der in Art. 103 Abs. 1 GG verankerte Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs die Beteiligten nicht davor, dass das Gericht ihrem Vorbringen nicht folgt, sondern aus Gründen des materiellen Rechts oder des Prozessrechts zu einem anderen Ergebnis gelangt, als es die Beteiligten für richtig halten.
4Gemessen an diesen Maßstäben rügt die Antragstellerin ohne Erfolg, der Senat habe entscheidungserheblichen Vortrag im Zusammenhang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 5. Dezember 2014 - V ZR 5/14 -), die keinen Eingang in die in Bezug genommene Rechtsprechung gefunden habe, nicht zur Kenntnis genommen bzw. nicht in seine Erwägungen einbezogen. Vielmehr hat der Senat auch das Vorbringen der Antragstellerin zu Abwehrrechten von Wohnungseigentümern bei Verletzung des mit dem Sondereigentum untrennbar verbundenen Miteigentumsanteils an dem gemeinschaftlichen Eigentum bei seiner Entscheidungsfindung in Erwägung gezogen, wenn auch nicht mit dem von der Antragstellerin gewünschten Ergebnis.
5Aus der im angegriffenen Senatsbeschluss in Bezug genommenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 5. Dezember 2014 ergibt sich auch unter Berücksichtigung des nunmehrigen Vorbringens im Übrigen in der Sache keine andere Beurteilung des vorläufigen Rechtsschutzbegehrens der Antragstellerin. Aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs folgt nicht, dass die Antragstellerin nach zivilrechtlichen Grundsätzen zur Ausübung von Abwehrrechten gegen das Vorhaben der Beigeladenen mit Blick auf ihren Miteigentumsanteil am gemeinschaftlichen Eigentum befugt wäre. Der Bundesgerichtshof hat zwar ausgeführt, für Unterlassungsansprüche aus dem Miteigentum am Grundstück bestehe - anders als für Schadensersatzansprüche - keine „geborene“ Ausübungsbefugnis des Verbands gemäß § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 1 WEG (vgl. Entscheidungsabdruck in juris, Rn. 6), er hat aber weiter festgestellt, solche Ansprüche hätten einen gemeinschaftlichen Bezug, deshalb könne die Wohnungseigentümergemeinschaft sie gemäß § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 2 WEG durch Beschluss an sich ziehen und sodann in gesetzlicher Prozessstandschaft geltend machen („gekorene“ Ausübungsbefugnis, vgl. Entscheidungsabdruck in juris, Rn. 7). Hierzu hat der Bundesgerichtshof weiter ausgeführt, ob dem einzelnen die Prozessführungsbefugnis auch dann durch einen Mehrheitsbeschluss genommen werde, wenn es um Beseitigungs- oder Unterlassungsansprüche im Hinblick auf Störungen des gemeinschaftlichen Eigentums gehe, werde zwar unterschiedlich gesehen. Für die alleinige Rechtsverfolgungskompetenz des Verbands spreche der Wortlaut des § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG. Dafür, dass bei einer solchen „gekorenen“ Ausübungsbefugnis auch der Wohnungseigentümer selbst tätig werden könne, gebe der Gesetzestext keinen Anhaltspunkt (vgl. Entscheidungsabdruck in juris, Rn. 13 f.). Dazu hat der Bundesgerichtshof weiter erläutert, dass dies unabhängig davon gelte, ob der Verband vor dem Wohnungseigentümer oder zu einem späteren Zeitpunkt als dieser als gesetzlicher Prozessstandschafter Abwehransprüche geltend gemacht hat (vgl. Entscheidungsabdruck in juris, Rn. 16 f.). In Anwendung dieser Grundsätze hätte es hier an der Ausübungsbefugnis für Abwehrrechte der Antragstellerin im Hinblick auf das gemeinschaftliche Eigentum gefehlt, weil die Wohnungseigentümergemeinschaft auf der Grundlage des Beschlusses der Eigentümergemeinschaft vom 13. Januar 2015 als Verband im Parallelverfahren - 7 B 420/15 - (erfolgreich) einen Abwehranspruch gegen Störungen des gemeinschaftlichen Eigentums geltend gemacht hat. Auch nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs war hier mithin allein die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband befugt, Rechte zur Abwehr von Störungen des gemeinschaftlichen Eigentums auszuüben.
6Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dass etwaige außergerichtliche Kosten der Beigeladenen, die ihr im Rügeverfahren entstanden sind, von ihr selbst getragen werden, denn sie hat keinen Sachantrag gestellt und sich damit auch selbst einem Kostenrisiko nicht ausgesetzt (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).
7Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
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(1) Auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten ist das Verfahren fortzuführen, wenn
- 1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und - 2.
das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
(2) Die Rüge ist innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. § 67 Abs. 4 bleibt unberührt. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.
(3) Den übrigen Beteiligten ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
(4) Ist die Rüge nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Form oder Frist erhoben, so ist sie als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.
(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies aufgrund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können. Für den Ausspruch des Gerichts ist § 343 der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden.
(6) § 149 Abs. 1 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Beide Parteien sind Mitglieder derselben Wohnungseigentümergemeinschaft. In der Wohnung des Beklagten wird Prostitution gewerblich ausgeübt. Die Eigentümer fassten in ihrer Versammlung vom 14. Mai 2011 folgenden Beschluss : „Die Wohnungseigentümer beschließen, dass die ihnen aus ihrem Ei- gentum zustehenden Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche wegen der gewerbsmäßigen Prostitution im Objekt (…), gemeinschaftlich durch den Verband (…) geltend gemacht werden sollen. Die Verwaltung wird beauftragt, einen Rechtsanwalt mit der gerichtlichen Durchsetzung der Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche zu den üblichen Rechtsan- waltsgebühren zu beauftragen.“
- 2
- Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist jedenfalls bis zur Einleitung des vorliegenden Verfahrens nicht gegen den Beklagten vorgegangen. Nunmehr verlangt der Kläger von dem Beklagten, es zu unterlassen, seine Woh- nung zum Betrieb eines Bordells oder zur sonstigen Ausübung der Prostitution zu nutzen oder die Räumlichkeiten Dritten zum Zwecke des Betriebs eines Bordells oder zur Ausübung der Prostitution zu überlassen. Das Amtsgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist erfolglos gewesen. Mit der zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
- 3
- Das Berufungsgericht sieht die Klage als unzulässig an. Die Wohnungseigentümer hätten durch den wirksamen Beschluss vom 14. Mai 2011 eine Ausübungsbefugnis der Wohnungseigentümergemeinschaft gemäß § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 2 WEG begründet. Zu den gemeinschaftsbezogenen Ansprüchen im Sinne dieser Norm gehörten auch Ansprüche aus § 1004 BGB i.V.m. § 15 Abs. 3 WEG gegen den einzelnen Wohnungseigentümer, sofern es um Störungen gehe, die sich - wie hier - auf das Gemeinschaftseigentum auswirkten und dessen Substanz oder Nutzung beeinträchtigten.
- 4
- Infolgedessen sei der Kläger nicht prozessführungsbefugt. § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 2 WEG begründe eine gesetzliche Prozessstandschaft des Verbands, die die eigentlichen Anspruchsinhaber von der gerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs ausschließe. Der Kläger stütze sich ausschließlich auf Störungen des Gemeinschaftseigentums durch den bordellartigen Betrieb in Gestalt von Lärmbelästigung und Verschmutzung von Treppenhaus und Fluren. Sein Sondereigentum werde durch negative Auswirkungen auf den Verkehrswert und die Vermietbarkeit nur indirekt betroffen. Ebenso wenig ändere sich die rechtliche Beurteilung durch eine verzögerte Umsetzung des Beschlusses auf Seiten der Wohnungseigentümergemeinschaft. Der Kläger könne im Innenverhältnis beanspruchen, dass der Beschluss umgesetzt werde.
II.
- 5
- Die Revision hat keinen Erfolg. Die Vorinstanzen haben die Klage mit zutreffender Begründung als unzulässig angesehen.
- 6
- 1. Im Ausgangspunkt kommen wegen der Ausübung von Prostitution in dem Sondereigentum des Beklagten allerdings individuelle Unterlassungsansprüche der anderen Wohnungseigentümer - also auch des Klägers - gegen den Beklagten in Betracht, die vor Gericht geltend gemacht werden können. Denn jeder Wohnungseigentümer kann gemäß § 15 Abs. 3 WEG einen Gebrauch der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile und des gemeinschaftlichen Eigentums verlangen, der dem Gesetz, den Vereinbarungen und Beschlüssen und, soweit sich die Regelung hieraus nicht ergibt, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht. Sofern der Gebrauch nicht den genannten Voraussetzungen entspricht, liegt hierin eine Eigentumsbeeinträchtigung, die Voraussetzung für einen Unterlassungsanspruch gemäß § 1004 Abs. 1 BGB ist (vgl. Senat, Urteil vom 16. Mai 2014 - V ZR 131/13, NJW 2014, 2640 Rn. 7). Für Unterlassungsansprüche aus dem Miteigentum an dem Grundstück besteht nach der ständigen Rechtsprechung des Senats - anders als etwa für Schadensersatzansprüche - auch keine geborene Ausübungsbefugnis des Verbands gemäß § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 1 WEG, die zur Folge hätte, dass sie von vornherein nur durch den Verband geltend gemacht werden könnten (vgl. Senat, Beschluss vom 30. März 2006 - V ZB 17/06, NJW 2006, 2187 Rn. 12; Urteile vom 7. Februar 2014 - V ZR 25/13, NJW 2014, 1090 Rn. 6, 17 und vom 4. Juli 2014 - V ZR 183/13, NJW 2014, 2861 Rn. 22).
- 7
- 2. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats haben solche Ansprüche jedoch einen Gemeinschaftsbezug. Entgegen der Auffassung der Revision kann die Wohnungseigentümergemeinschaft sie deshalb gemäß § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 2 WEG durch Beschluss an sich ziehen und sodann in gesetzlicher Prozessstandschaft geltend machen (gekorene Ausübungsbefugnis; vgl. Senat, Beschluss vom 30. März 2006 - V ZB 17/06, NJW 2006, 2187 Rn. 12; Urteile vom 7. Februar 2014 - V ZR 25/13, NJW 2014, 1090 Rn. 6 und vom 4. Juli 2014 - V ZR 183/13, NJW 2014, 2861 Rn. 22). Hierfür reicht es - jedenfalls außerhalb des Bereichs der Sachmängelhaftung (dazu: BGH, Urteil vom 12. April 2007 - VII ZR 236/05, BGHZ 172, 42 Rn. 20) - schon aus, dass die Rechtsausübung durch den Verband förderlich ist (Senat, Urteile vom 17. Dezember 2010 - V ZR 125/10, NJW 2011, 1351 Rn. 9; vom 8. Februar 2013 - V ZR 238/11, NJW 2013, 3092 Rn. 13 und vom 14. Februar 2014 - V ZR 100/13, NJW 2014, 1093 Rn. 6). Die Annahme des Berufungsgerichts, die Wohnungseigentümergemeinschaft habe die auf die Ausübung der Prostitution bezogenen Individualansprüche der übrigen Wohnungseigentümer durch den wirksamen Mehrheitsbeschluss vom 14. Mai 2011 an sich gezogen, ist danach rechtsfehlerfrei.
- 8
- 3. Weil die Wohnungseigentümergemeinschaft nunmehr im eigenen Namen gegen den Beklagten vorgehen kann, ist der Kläger für eine Klage mit diesem Streitgegenstand nicht (mehr) prozessführungsbefugt.
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- a) Im Bereich der Sachmängelhaftung entspricht es der höchstrichterlichen Rechtsprechung, dass bei gemeinschaftsbezogenen Ansprüchen, die auf die ordnungsgemäße Herstellung des gemeinschaftlichen Eigentums gerichtet sind, gemäß § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 2 WEG eine Ausübungsbefugnis der Wohnungseigentümergemeinschaft begründet werden kann, die die individuelle Rechtsverfolgungskompetenz des Einzelnen überlagert. Zieht der Verband die Durchsetzung solcher Rechte der Erwerber von Wohnungseigentum wegen Mängeln des Gemeinschaftseigentums durch Mehrheitsbeschluss an sich, so begründet er damit seine alleinige Zuständigkeit für die gerichtliche Geltendmachung (BGH, Urteil vom 12. April 2007 - VII ZR 236/05, BGHZ 172, 42 Rn. 21; Senat, Urteil vom 15. Januar 2010 - V ZR 80/09, NJW 2010, 933 Rn. 9). Unzutreffend ist die Annahme der Revision, dem Urteil des VII. Zivilsenats vom 12. April 2007 (VII ZR 236/05, aaO, Rn. 20) lasse sich eine Aussage des Inhalts entnehmen, dass unter Umständen eine konkurrierende Rechtsverfolgung sowohl durch den Verband als auch durch einzelne Wohnungseigentümer zulässig sei. Die in Bezug genommenen Ausführungen, wonach ein Ausschluss des einzelnen Erwerbers von der Verfolgung seiner Rechte zu bejahen sei, soweit die ordnungsmäßige Verwaltung ein gemeinschaftliches Vorgehen erfordere, beziehen sich allein auf die Frage nach der Beschlusskompetenz, also darauf, ob und unter welchen Voraussetzungen die Wohnungseigentümergemeinschaft die individualvertraglichen Ansprüche an sich ziehen darf (Urteil vom 12. April 2007 - VII ZR 236/05, aaO, Rn. 20; vgl. auch die dort in Bezug genommene Literatur, die sich nur mit dieser Frage befasst). Dass bejahendenfalls ein Mehrheitsbeschluss die alleinige Zuständigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft begründet, hat der VII. Zivilsenat eindeutig ausgesprochen (Urteil vom 12. April 2007 - VII ZR 236/05, aaO, Rn. 21); hiervon unberührt bleibt im Grundsatz die Befugnis des Erwerbers, die Voraussetzungen für die Rückabwicklung seines Individualvertrags zu schaffen (näher BGH, Urteil vom 19. August 2010 - VII ZR 113/09, NJW 2010, 3089 Rn. 27 ff.; Urteil vom 6. März 2014 - VII ZR 266/13, BGHZ 200, 263 Rn. 31 ff.).
- 10
- b) Ob dem Einzelnen die Prozessführungsbefugnis auch dann durch einen Mehrheitsbeschluss genommen wird, wenn es um Beseitigungs- oder Unterlassungsansprüche im Hinblick auf Störungen des gemeinschaftlichen Eigentums geht, wird unterschiedlich gesehen.
- 11
- aa) Teilweise wird angenommen, die Wohnungseigentümer könnten solche Ansprüche neben dem Verband geltend machen. Andernfalls könne der Verband die Individualsprüche durch eine nachlässige Rechtsverfolgung vereiteln (OLG München, NZM 2008, 87, 89; OLG Hamburg, ZMR 2009, 306, 307; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 30. Januar 2009 - 3 W 182/08, juris Rn. 17 ff.; Riecke/Schmid/Abramenko, WEG, 3. Aufl., § 13 Rn. 6 aE und § 43 Rn. 11; Schmid, NZM 2009, 721, 722 f.; Böttcher, Rpfleger 2009, 181, 185; differenzierend Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 11. Aufl., § 10 Rn. 95).
- 12
- bb) Die Gegenauffassung, der das Berufungsgericht folgt, sieht in solchen Fallkonstellationen allein den Verband als ausübungsbefugt an (OLG Hamm, ZWE 2010, 44, 45; LG Köln, ZWE 2014, 94, 95; Klein in Bärmann, WEG, 12. Aufl., § 10 Rn. 256; Timme/Dötsch, WEG, 2. Aufl., § 10 Rn. 549 ff.; Jennißen in Jennißen, WEG, 4. Aufl., § 10 Rn. 62g; Riecke/Schmid/Elzer, WEG, 3. Aufl., § 10 Rn. 426; Spielbauer in Spielbauer/Then, WEG, 2. Aufl., § 10 Rn. 45, anders allerdings § 15 Rn. 20; Wenzel, NZM 2008, 74 ff.; Becker, ZWE 2007, 432, 436 ff.; Suilmann, ZWE 2013, 302, 306 f.; Lehmann-Richter, ZWE 2014, 385, 389).
- 13
- c) Der Senat hält die zweite Auffassung für zutreffend.
- 14
- aa) Für die alleinige Rechtsverfolgungskompetenz des Verbands spricht schon der Wortlaut des § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG. Danach übt die Wohnungseigentümergemeinschaft unter bestimmten Voraussetzungen die Rechte der Wohnungseigentümer aus, ohne dass insoweit zwischen geborener und gekorener Ausübungsbefugnis differenziert würde. Dass bei einer geborenen Ausübungsbefugnis nur der Verband tätig werden kann, steht außer Frage; dafür, dass hiervon abweichend bei einer gekorenen Ausübungsbefugnis nicht nur der Verband, sondern auch der Wohnungseigentümer selbst tätig werden kann, gibt der Gesetzestext keinen Anhaltspunkt (vgl. Wenzel, NZM 2008, 74, 76). In der Gesetzesbegründung zu § 10 WEG wird zwar ausgeführt, dass „die nach gel- tendem Recht zulässige Konkurrenz der Verfolgung von Individual- und ge- meinschaftlichen Ansprüchen” unberührt bleibe (BT-Drucks. 16/887, S. 62); dem kommt aber keine maßgebliche Bedeutung zu, weil der Bundesgerichtshof nach dem damals geltenden Recht, das erklärtermaßen nicht geändert werden sollte, eine solche Konkurrenz jedenfalls im Bereich der gemeinschaftsbezogenen Sachmängelansprüche gerade nicht anerkannt hat und damit der überwiegenden Auffassung in der damaligen Rechtsliteratur gefolgt ist (vgl. BGH, Urteil vom 12. April 2007 - VII ZR 236/05, BGHZ 172, 42 Rn. 20 f. mwN; so auch Wenzel, NZM 2008, 74, 76).
- 15
- bb) Verfahrensrechtliche Erwägungen stützen dieses Ergebnis.
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- (1) Das Bestehen einer gesetzlichen Prozessstandschaft besagt zwar nicht ohne weiteres, dass der Rechtsinhaber von der Geltendmachung der Rechte ausgeschlossen ist; dies bestimmt sich vielmehr nach dem Zusammenhang der Regelung (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl., vor § 50 Rn. 33 ff.; Senat, Urteil vom 23. Januar 1981 - V ZR 146/79, BGHZ 79, 245, 247 f.). In Bezug auf § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 2 WEG ergibt sich der Vorrang der gemeinschaftlichen Rechtsausübung aber aus prozessualen Gründen, sobald der Verband Klage eingereicht hat. Eine weitere Klage eines einzelnen Wohnungseigentümers ist nämlich schon deshalb unzulässig, weil ihr die Rechtshängigkeit des Anspruchs (§ 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) und nach Abschluss des Verfah- rens die Rechtskraft des Urteils (§ 322 Abs. 1 ZPO) entgegensteht. Denn der Verband klagt zwar als Prozessstandschafter im eigenen Namen. In dem geltend gemachten einheitlichen Anspruch werden aber sämtliche Individualrechte seiner Mitglieder - also auch der Anspruch des später klagenden Wohnungseigentümers - gebündelt.
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- (2) Die Rechtslage ist nicht anders, wenn umgekehrt ein einzelner Wohnungseigentümer zuerst Klage erhebt. Dem Verband muss es weiterhin möglich sein, einen einheitlichen Anspruch geltend zu machen, in dem die Individualansprüche aller Mitglieder (und nicht nur diejenigen der verbleibenden Mitglieder) enthalten sind; die gebündelte Rechtsdurchsetzung muss von der Beschlussfassung an sichergestellt sein. Die Beiladung gemäß § 48 WEG kann dies nicht gewährleisten. Entfaltete sie ihre im Einzelnen ohnehin höchst streitige Wirkung (dazu näher Lehmann-Richter, ZWE 2014, 385, 386 ff. mwN) erst nach Abschluss eines Verfahrens, könnte sie den unterschiedlichen Verlauf von Parallelprozessen und divergierende Urteile nicht verhindern. Sollte sie umgekehrt sogar den Einwand der Rechtshängigkeit begründen, könnte der zuerst klagende Wohnungseigentümer die von der Mehrheit gewünschte Rechtsverfolgung durch den Verband vereiteln.
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- cc) Ein entscheidender Gesichtspunkt ist schließlich, dass die Ausübungsbefugnis des Verbands auf einem mehrheitlich gefassten Beschluss beruht. Hierin liegt ein fundamentaler Unterschied zu einer Bruchteilsgemeinschaft , bei der die gesetzliche Prozessstandschaft eines Miteigentümers gemäß § 1011 BGB im Grundsatz nicht dazu führt, dass die anderen Teilhaber von der Prozessführung ausgeschlossen sind (Senat, Urteile vom 23. Januar 1981 - V ZR 146/79, BGHZ 79, 245, 247 f.; vom 28. Juni 1985 - V ZR 43/84, NJW 1985, 2825). Die gemeinschaftliche Willensbildung ist nur sinnvoll, wenn ihr Vorrang zukommt. Denn regelmäßig bedarf es im Zusammenhang mit der Ver- folgung eines Beseitigungsanspruchs - etwa im Hinblick auf eine eigenmächtig vorgenommene bauliche Maßnahme - einer Entscheidung darüber, auf welche Weise der Anspruch zu erfüllen ist. Auch Unterlassungsansprüche können auf unterschiedliche Weise durchgesetzt werden, indem beispielsweise - als milderes Mittel - nur die Einhaltung bestimmter Auflagen verlangt wird. Dem Verband obliegt es von der Beschlussfassung an, die mehrheitlich gewollte Lösung durchzusetzen; einzelne Wohnungseigentümer, die mit dem beschlossenen Vorgehen nicht einverstanden sind, können den Beschluss mit der Anfechtungsklage überprüfen lassen (vgl. Timme/Dötsch, WEG, 2. Aufl., § 10 Rn. 552 f.). Dies schützt auch den Schuldner vor einer mehrfachen Inanspruchnahme mit möglicherweise unterschiedlicher Zielsetzung. Richtig ist zwar, dass der Verband die Geltendmachung der Rechte verschleppen kann. Jedem Wohnungseigentümer steht es aber offen, seinen Anspruch auf ordnungsmäßige Verwaltung durchzusetzen. Auch ist der Verwalter verpflichtet, die Beschlüsse der Wohnungseigentümer durchzuführen (§ 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG); er kann sich schadensersatzpflichtig machen, wenn er dies unterlässt (vgl. Senat, Urteil vom 3. Februar 2012 - V ZR 83/11, ZWE 2012, 218, 219; Timme/Dötsch, WEG, 2. Aufl., § 27 Rn. 7 mwN).
- 19
- dd) Unter welchen Voraussetzungen Störungen des Sondereigentums anzunehmen sind, die von einem Beschluss der Wohnungseigentümer gemäß § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 2 WEG nicht erfasst werden und eine eigene Prozessführung des Wohnungseigentümers neben dem Verband erlauben (vgl. Timme/Dötsch, WEG, 2. Aufl., § 10 Rn. 550), kann dahinstehen. Denn die von dem Kläger bekämpften Störungen beziehen sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ausschließlich auf Treppenhaus und Flure und damit auf das gemeinschaftliche Eigentum. Dass der Verkehrswert des Sondereigentums sinkt oder dessen Vermietbarkeit erschwert wird, reicht - wie das Berufungsgericht zutreffend anmerkt - für die Annahme einer Störung (auch) des Sonderei- gentums jedenfalls nicht aus. Denn ebenso wie Mängel des gemeinschaftlichen Eigentums haben Störungen desselben regelmäßig Einfluss auf den Wert und die Verwertbarkeit des Sondereigentums. Es bedarf auch keiner Entscheidung darüber, wie einem rechtsmissbräuchlichen Handeln der Wohnungseigentümergemeinschaft zu begegnen ist; dass ein Rechtsmissbrauch vorliegt, verneint das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei und von der Revision unbeanstandet unter Hinweis darauf, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft bereits mehrere Verfahren (gegen andere Wohnungseigentümer) zur Unterbindung der Prostitution in dem Anwesen eingeleitet habe.
III.
- 20
- Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Stresemann Czub Roth Brückner Kazele
AG Erlangen, Entscheidung vom 10.07.2013 - 4 C 1152/12 -
LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 19.12.2013 - 14 S 5795/13 WEG -
(1) Das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander und zur Gemeinschaft der Wohnungseigentümer bestimmt sich nach den Vorschriften dieses Gesetzes und, soweit dieses Gesetz keine besonderen Bestimmungen enthält, nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Gemeinschaft. Die Wohnungseigentümer können von den Vorschriften dieses Gesetzes abweichende Vereinbarungen treffen, soweit nicht etwas anderes ausdrücklich bestimmt ist.
(2) Jeder Wohnungseigentümer kann eine vom Gesetz abweichende Vereinbarung oder die Anpassung einer Vereinbarung verlangen, soweit ein Festhalten an der geltenden Regelung aus schwerwiegenden Gründen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Rechte und Interessen der anderen Wohnungseigentümer, unbillig erscheint.
(3) Vereinbarungen, durch die die Wohnungseigentümer ihr Verhältnis untereinander in Ergänzung oder Abweichung von Vorschriften dieses Gesetzes regeln, die Abänderung oder Aufhebung solcher Vereinbarungen sowie Beschlüsse, die aufgrund einer Vereinbarung gefasst werden, wirken gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nur, wenn sie als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragen sind. Im Übrigen bedürfen Beschlüsse zu ihrer Wirksamkeit gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nicht der Eintragung in das Grundbuch.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.
(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.
(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.