Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 16. Jan. 2015 - 6 A 2234/13
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Das beklagte Land trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf die Wertstufe bis 16.000,00 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Der Antrag bleibt ohne Erfolg.
3Die Berufung ist gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO nur zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 VwGO dargelegt ist und vorliegt. Das ist hier nicht der Fall.
41. Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils zuzulassen.
5Stützt der Rechtsmittelführer seinen Zulassungsantrag auf den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzen. Dabei muss er den tragenden Rechtssatz oder die Feststellungen tatsächlicher Art bezeichnen, die er mit seinem Antrag angreifen will, und mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellen. Es genügt hingegen nicht, wenn er pauschal die Unrichtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts behauptet oder wenn er lediglich sein Vorbringen erster Instanz wiederholt, ohne im Einzelnen auf die Gründe des angefochtenen Urteils einzugehen. Diesen Anforderungen entspricht das Zulassungsvorbringen nicht.
6Das Verwaltungsgericht hat der Klage gegen die Entlassungsverfügung des beklagten Landes vom 15. Februar 2013 stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Verfügung sei schon deshalb aufzuheben, weil sie formell rechtswidrig sei. Der Präsident des OLG Köln habe nicht, wie es erforderlich gewesen wäre, vor ihrem Erlass die Gleichstellungsbeauftragte beteiligt (§ 17 Abs. 1 Halbsatz 2 Nr. 1 des Landesgleichstellungsgesetzes NRW, LGG). Personelle Maßnahmen unterlägen ihrer Beteiligung auch dann, wenn der konkrete Anlass geschlechtsneutral sei. Die unterbliebene Beteiligung könne nicht durch Nachholung geheilt werden. § 45 Abs. 1 Nr. 5 VwVfG NRW könne mangels Vorliegens einer planwidrigen Regelungslücke nicht entsprechend angewandt werden, da § 18 Abs. 3 Satz 1 LGG ausdrücklich eine in zeitlicher Hinsicht nur eingeschränkt mögliche Nachholung der Beteiligung vorsehe. Der Verfahrensmangel sei auch nicht nach dem Rechtsgedanken des § 46 VwVfG NRW ausnahmsweise unbeachtlich. Die fehlende Kausalität des Verfahrensmangels für die Entscheidung könne nicht festgestellt werden; die Möglichkeit einer abweichenden Entscheidung sei nicht auszuschließen, da der hypothetische Wille des Präsidenten des OLG L. nicht feststehe. Er habe seinen Ermessensspielraum erkannt und wahrgenommen und überdies durch die Schreiben, mit denen er den Kläger angehört und den Personalrat beteiligt habe, zu erkennen gegeben, dass seine Entscheidung noch offen sei.
7Diese näher begründeten Erwägungen werden durch das Zulassungsvorbringen nicht erschüttert. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die streitige Entlassungsverfügung wegen der fehlenden Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten bereits formell rechtswidrig ist.
8a) Vergeblich macht das beklagte Land geltend, die Entlassung des Klägers aus dem Beamtenverhältnis auf Probe sei keine nach § 17 Abs. 1 LGG der Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten unterliegende Maßnahme.
9Danach unterstützt die Gleichstellungsbeauftragte die Dienststelle und wirkt mit bei der Ausführung dieses Gesetzes sowie aller Vorschriften und Maßnahmen, die Auswirkungen auf die Gleichstellung von Frau und Mann haben oder haben können; dies gilt insbesondere für personelle Maßnahmen (§ 17 Abs. 1 Halbsatz 2 Nr. 1 LGG). In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass der Begriff der „personellen Maßnahme“ in § 17 Abs. 1 Halbsatz 2 Nr. 1 LGG weit auszulegen ist. Unter ihn fällt auch eine vom Dienstherrn initiierte Entlassung aus dem Beamtenverhältnis, weil gerade eine solche Maßnahme regelmäßig mit potenziellen Auswirkungen auf die Gleichstellung von Frau und Mann einher geht. Es drängt sich insbesondere die Frage auf, ob Frauen häufiger von einer solchen für sie ungünstigen Maßnahme betroffen sind als Männer und sie deshalb diskriminierende Wirkung hat.
10Vgl. OVG NRW, Urteil vom 3. September 2009 - 6 A 3083/06 -, NWVBl. 2010, 183 = juris, Rn. 103 ff.
11Umgekehrt ist es auch möglich, dass Männer bei vergleichbaren Sachverhalten häufiger entlassen werden als Frauen mit der Folge, dass die darin liegende Ungleichbehandlung rechtfertigungsbedürftig wäre.
12Die Möglichkeit einer Diskriminierung kann entgegen der Ansicht des beklagten Landes nicht mit der Erwägung in Abrede gestellt werden, dass Männer wie Frauen als Wachtmeister beschäftigt werden und denselben Pflichten unterliegen. Dies unterstreicht zwar die Rechtspflicht des beklagten Landes, vergleichbare Fälle gleich zu behandeln. Aufgabe der Gleichstellungsbeauftragten ist es aber unter anderem gerade, bei ihrer Beteiligung darauf zu achten, dass diese Rechtspflicht eingehalten wird.
13Nicht erforderlich ist demgegenüber, dass der konkrete Vorfall, der zu der Entlassung geführt hat (hier: Verstöße gegen das Betäubungsmittel- und Arzneimittelgesetz), einen Bezug zu Gleichstellungsbelangen aufweist.
14Dem Senatsbeschluss vom 9. September 2010 - 6 A 100/10 - ist nichts anderes zu entnehmen, wie das Verwaltungsgericht bereits zutreffend ausgeführt hat. Die vom beklagten Land zitierten Ausführungen (Rn. 56 bei juris) beziehen sich auf den dortigen Einzelfall und stellen keine weitergehenden Anforderungen auf. Insbesondere werden damit nicht die eben aufgezeigten potenziellen Auswirkungen einer Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf die Gleichstellung in Frage gestellt.
15Die Befürchtung, dass die Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten bei allen personellen Maßnahmen in Widerspruch zu ihrer Unterstützungsfunktion (§ 17 Abs. 1 Halbsatz 1 LGG) geriete, ist nicht nachvollziehbar. Insbesondere ist die (bloße) Beteiligung an personellen Maßnahmen nicht, wie das beklagte Land vorträgt, gleichzusetzen mit einer Überwachung und Kontrolle der Dienststellenleitung.
16Der insoweit angestellte Vergleich mit dem Gleichstellungsgesetz des Bundes (BGleiG) geht schon wegen der abweichenden Regelung der Mitwirkungsangelegenheiten fehl. Die Mitwirkung der Gleichstellungsbeauftragten ist dort in § 19 Abs. 1 Satz 2 BGleiB auf Maßnahmen beschränkt, die einen Bezug auf bestimmte, im Einzelnen benannte Gleichstellungsbelange aufweisen (Gleichstellung von Frauen und Männern, Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit, Schutz vor sexueller Belästigung). Dagegen lässt § 17 Abs. 1 Halbsatz 1 LGG - wie schon erwähnt - potenzielle Auswirkungen ausreichen.
17b) Der aus der fehlenden Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten folgende Verfahrensfehler ist nicht nach § 46 VwVfG NRW unbeachtlich.
18Das beklagte Land wendet ein, es sei offensichtlich, dass sich der Verfahrensfehler nicht auf die Entscheidung ausgewirkt habe. Es stehe von vorneherein und nach jeder Betrachtungsweise fest, dass sie bei einem ordnungsgemäßen Verfahren nicht anders ausgefallen wäre. Bei einem Dienstvergehen eines Probebeamten sei dessen Entlassung nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG regelmäßig indiziert. Von ihr könne nur bei Vorliegen besonderer Umstände abgesehen werden. Dieses Vorbringen dringt nicht durch.
19Es fehlt schon an Darlegungen dazu, dass das Dienstvergehen des Klägers ein solches gewesen sein soll, das die Rechtsfolge des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG auslöste. Hierfür hätte es bei einem Beamten auf Lebenszeit mindestens die Kürzung der Dienstbezüge zur Folge haben müssen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass diese Disziplinarmaßnahme neben einer bereits verhängten Strafe nur unter eingeschränkten Voraussetzungen ausgesprochen werden darf (§ 14 Abs. 1 Nr. 2 LDG NRW). Dem Kläger sind Verstöße gegen das Betäubungsmittel- und Arzneimittelgesetz zur Last gelegt worden. Im Hinblick auf das noch nicht abgeschlossene Strafverfahren ist das gegen den Kläger eingeleitete Disziplinarverfahren mit Verfügung vom 6. Februar 2013 ausgesetzt worden (§ 22 Abs. 2 LDG NRW). Bei Erlass der streitbefangenen Entlassungsverfügung stand demnach noch nicht fest, zu welchem Ergebnis das Strafverfahren führen würde. Weder war abzusehen, ob der Kläger bestraft werden würde und ggf. welche Strafe gegen den ihn verhängt würde, noch, ob neben dieser Strafe eine Disziplinarmaßnahme angezeigt sein würde.
20Selbst bei regelmäßig indizierter Entlassung ist aber nicht offensichtlich, dass die Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten zu keinem anderen Ergebnis geführt hätte.
21Es wäre möglich gewesen, dass die Gleichstellungsbeauftragte das Gespräch mit dem Kläger gesucht hätte, wenn der Präsident des OLG sie ordnungsgemäß nach § 17 Abs. 1 Halbsatz 2 Nr. 1 LGG beteiligt hätte. Denn nach § 18 Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 LGG ist sie frühzeitig über beabsichtigte Maßnahmen zu unterrichten und anzuhören; sie kann Sprechstunden für die Beschäftigten durchführen.
22Vgl. (zur entsprechenden bundesrechtlichen Lage) OVG NRW, Urteil vom 4. April 2014 - 1 A 1707/11 -, juris, Rn. 49.
23Es wäre weiter nicht auszuschließen gewesen, dass der Kläger im Gespräch mit der Gleichstellungsbeauftragten Bedenken gegen seine Entlassung geäußert hätte, die der Gleichstellungsbeauftragten, deren fachliche Qualifikation den umfassenden Anforderungen ihres Aufgabengebietes gerecht werden soll (§ 15 Abs. 3 Satz 2 LGG), Anlass gegeben hätten, diese Bedenken aufzugreifen und gegenüber der Behörde zu artikulieren. Dass solche Einwendungen nicht berücksichtigt worden wären, ist nicht offensichtlich.
242. Die Berufung ist auch nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.
25Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine im Berufungsverfahren klärungsbedürftige und für die Entscheidung dieses Verfahrens erhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder Weiterentwicklung des Rechts hat. Dabei ist zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes die Frage auszuformulieren und substantiiert auszuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird. Auch diesen Anforderungen genügt das Zulassungsvorbringen nicht.
26Die in der Zulassungsbegründung formulierte Frage,
27ob und unter welchen Voraussetzungen es sich bei der Entlassung nach § 5 Abs. 3 Satz 2 LDG NRW, § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG um eine der Mitwirkung der Gleichstellungsbeauftragten unterliegende personelle Maßnahme im Sinne von § 17 Abs. 1 LGG handelt,
28ist - wie ausgeführt - in der Rechtsprechung des Senats geklärt.
293. Der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) ist ebenfalls nicht gegeben. Für die Darlegung dieses Zulassungsgrundes muss ein die angefochtene Entscheidung tragender abstrakter, aber inhaltlich bestimmter Rechtssatz aufgezeigt werden, der zu einem ebensolchen Rechtssatz in einer Entscheidung eines der in der Vorschrift genannten Gerichte - mithin des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts - in Widerspruch steht.
30Der Beklagte behauptet zwar eine Abweichung der angefochtenen Entscheidung vom Beschluss des Senats vom 9. September 2010 - 6 A 100/10 -. Indem er lediglich anführt, in dieser Entscheidung sei auf die Gleichstellungsrelevanz der streitgegenständlichen Entlassungsverfügung abgestellt worden, arbeitet er jedoch keinen dieser Entscheidung zu Grunde liegenden abstrakten Rechtssatz heraus. Soweit er weiter vorträgt, das Verwaltungsgericht habe angenommen, „dass die Gleichstellungsbeauftragte generell bei personellen Maßnahmen zu beteiligen sei, um dieser Einsicht in die Entscheidungspraxis der Dienststellenleitung zu verschaffen, es mithin nicht darauf ankomme, ob der konkrete Anlass geschlechterbezogen oder geschlechterneutral sei“, verkennt er, dass das Verwaltungsgericht einen solchen Rechtssatz nicht aufgestellt hat. Das an einer Stelle in Bezug auf die Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten bei personellen Maßnahmen verwendete Wort „generell“ bezieht sich ausweislich des unmittelbar anschließenden erläuternden Einschubs darauf, dass auch solche Maßnahmen erfasst sind, „die nur Männer betreffen“.
31Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
32Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 40, 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 und 3 GKG in der bis zum 15. Juli 2014 geltenden Fassung.
33Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
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(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.
(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.
(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn
- 1.
der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird; - 2.
die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird; - 3.
die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird; - 4.
der Beschluss eines Ausschusses, dessen Mitwirkung für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderlich ist, nachträglich gefasst wird; - 5.
die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird.
(2) Handlungen nach Absatz 1 können bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.
(3) Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung oder ist die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsaktes unterblieben und ist dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsaktes versäumt worden, so gilt die Versäumung der Rechtsbehelfsfrist als nicht verschuldet. Das für die Wiedereinsetzungsfrist nach § 32 Abs. 2 maßgebende Ereignis tritt im Zeitpunkt der Nachholung der unterlassenen Verfahrenshandlung ein.
Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.
(1) Beamtinnen und Beamte sind zu entlassen, wenn sie
- 1.
den Diensteid oder ein an dessen Stelle vorgeschriebenes Gelöbnis verweigern, - 2.
nicht in den Ruhestand oder einstweiligen Ruhestand versetzt werden können, weil eine versorgungsrechtliche Wartezeit nicht erfüllt ist, - 3.
dauernd dienstunfähig sind und das Beamtenverhältnis nicht durch Versetzung in den Ruhestand endet, - 4.
die Entlassung in schriftlicher Form verlangen oder - 5.
nach Erreichen der Altersgrenze berufen worden sind.
(2) Beamtinnen und Beamte können entlassen werden, wenn sie in Fällen des § 7 Abs. 2 die Eigenschaft als Deutsche oder Deutscher im Sinne des Artikels 116 Absatz 1 des Grundgesetzes verlieren.
(3) Beamtinnen auf Probe und Beamte auf Probe können entlassen werden,
- 1.
wenn sie eine Handlung begehen, die im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit mindestens eine Kürzung der Dienstbezüge zur Folge hätte, - 2.
wenn sie sich in der Probezeit nicht bewährt haben oder - 3.
wenn ihr Aufgabengebiet bei einer Behörde von der Auflösung dieser Behörde oder einer auf landesrechtlicher Vorschrift beruhenden wesentlichen Änderung des Aufbaus oder Verschmelzung dieser Behörde mit einer anderen oder von der Umbildung einer Körperschaft berührt wird und eine andere Verwendung nicht möglich ist.
(4) Beamtinnen auf Widerruf und Beamte auf Widerruf können jederzeit entlassen werden. Die Gelegenheit zur Beendigung des Vorbereitungsdienstes und zur Ablegung der Prüfung soll gegeben werden.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 vom Hundert des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 vom Hundert des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
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Tatbestand
2Der am 5. März 1976 geborene Kläger stand bis zu der hier streitigen Versetzung in den Ruhestand zum 1. April 2010 als Amtsrat (BesGr. A 12) in den Diensten der Beklagten.
3Am 6. Februar 2006 erlitt der Kläger im privaten Bereich einen Unfall mit dem Bruch dreier Brustwirbel. Seit dem 7. Februar 2006 leistet er keinen Dienst mehr. Zumindest bis Mitte Mai 2009 legte er privatärztliche Bescheinigungen über seine Dienstunfähigkeit vor. Der Sozialmedizinische Dienst stellte dagegen im Januar 2009 die volle Dienstfähigkeit fest. In der Folgezeit forderte die Beklagte den Kläger mehrfach erfolglos auf, seinen Dienst wiederaufzunehmen und sich bei weiteren Erkrankungen vom Amtsarzt bzw. vom Sozialmedizinischen Dienst untersuchen zu lassen. Wegen dieser Weisungen wandte sich der Kläger im April 2009 an den Personalrat.
4Nachdem der sozialpsychiatrische Dienst der Stadt L. zweimal vergeblich versucht hatte, den Kläger zu Hause zu besuchen, forderte die Beklagte ihn unter gleichzeitiger Anordnung der sofortigen Vollziehung unter dem 19. Oktober 2009 und unter dem 27. Oktober 2009 jeweils auf, sich beim sozialpsychiatrischen Dienst des Gesundheitsamtes der Stadt L. zur sozialpsychiatrischen Untersuchung einzufinden. Für den Fall, dass der Kläger sich nicht untersuchen lasse, kündigte die Beklagte an, die Dienstunfähigkeit zu unterstellen und das Pensionierungsverfahren einzuleiten. Der Kläger nahm die Termine nicht wahr.
5Daraufhin versetzt die Beklagte den Kläger mit Verfügung vom 15. März 2010 wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand. Den rechtzeitig dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10. September 2010 zurück.
6Am 7. Oktober 2010 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, sämtliche ärztlichen Gutachten, die die Beklagte in Auftrag gegeben habe, gingen von seiner Dienstfähigkeit aus. Daher verbiete sich die Versetzung in den Ruhestand aus Gesundheitsgründen. Er sei bereit gewesen, sich orthopädisch untersuchen zu lassen. Zudem habe die Beklagte ihn nicht auf sein Recht hingewiesen, den Personalrat zu beteiligen. § 46 VwVfG sei hier nicht anwendbar.
7Der Kläger hat beantragt,
8den Bescheid der Beklagten vom 15. März 2010 in Form des Widerspruchsbescheides vom 10. September 2010 aufzuheben.
9Die Beklagte hat beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Sie hat vorgetragen, die aus den Verwaltungsvorgängen ersichtlichen Umstände ließen nur den Schluss zu, dass der Kläger aus gesundheitlichen Gründen dauernd dienstunfähig sei. Die Gutachten über dessen Dienstfähigkeit seien veraltet. Sie habe sich nicht auf ein ärztliches Gutachten beziehen können, weil der Kläger die Begutachtung verweigert habe. Deshalb habe sie das Verhalten des Klägers umfassend selbstständig bewerten müssen. Der fehlende Hinweis auf die Beteiligungsmöglichkeit des Personalrats sei nach dem Rechtsgedanken des § 46 VwVfG unerheblich, weil es sich um eine gebundene Entscheidung handele. Außerdem sei nach Aktenlage auszuschließen, dass der Kläger den Antrag überhaupt gestellt hätte.
12Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt: Die Zurruhesetzung des Klägers nach § 44 Abs. 1 BBG sei formell rechtswidrig. Denn die Beklagte habe den Kläger nicht gemäß § 78 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 Satz 2 BPersVG darauf hingewiesen, dass der Personalrat am Zurruhesetzungsverfahren beteiligt werden könne. Das Fehlen dieses Hinweises sei nicht nach § 46 VwVfG unbeachtlich. Es sei hier nicht auszuschließen, dass der Kläger bei ordnungsgemäßer Unterrichtung die Beteiligung des Personalrates beantragt, dieser gegen die beabsichtigte Versetzung in den Ruhestand Einwendungen erhoben und die Beklagte aufgrund dessen von der Versetzung in den Ruhestand abgesehen hätte.
13Hiergegen hat die Beklagte fristgerecht die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt und diese im Wesentlichen wie folgt begründet: § 46 VwVfG sei auf Fehler des personalvertretungsrechtlichen Verfahrens anwendbar. Wenn ein Beamter wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt werde, stehe der Behörde kein Ermessensspielraum zu. Die Beklagte habe den Kläger mehrfach aufgefordert, sich amtsärztlich und sozialpsychiatrisch untersuchen zu lassen. Dieser habe sich jedoch geweigert mitzuwirken. Der Akteninhalt lege eine akute psychische Erkrankung nahe. Der Kläger habe seinen Dienst bis heute nicht wieder aufgenommen. Wenn der Personalrat beteiligt worden wäre, hätte er mutmaßlich der Zurruhesetzung des Klägers nicht widersprochen. Es sei auszuschließen, dass aufgrund von Stellungnahmen des Personalrats oder der – im Verwaltungsverfahren ebenfalls nicht beteiligten – Gleichstellungsbeauftragten die Mängel der behördlichen Untersuchungsaufforderung erkannt worden wären. Das ergebe sich schon daraus, dass das Bundesverwaltungsgericht die Anforderungen an solche Aufforderungen erstmals im Urteil vom 26. April 2012 – 2 C 17.10 – formuliert habe.
14Die Beklagte hat eine Erklärung des Vorsitzenden des Personalrates des BMBF, Herrn G. H. , vom 19. Oktober 2012 vorgelegt. Danach sei der Personalrat umfänglich informiert gewesen. Er habe keine Alternative zur Durchführung des „Zwangspensionierungsverfahrens“ gesehen.
15Außerdem hat die Beklagte gleichlautende Erklärungen des Vorsitzenden des Personalrats des BMBF und der vormaligen Gleichstellungsbeauftragten des BMBF jeweils vom 31. März 2014 übersandt. Darin erklären diese, sie hätten das Fehlen einer inhaltlichen Begründung der Untersuchungsaufforderungen der Beklagten vom Oktober 2009 nicht als formalen Verfahrensmangel erkannt und bewertet, wenn sie beteiligt worden wären.
16Die Beklagte beantragt,
17das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
18Der Kläger beantragt,
19die Berufung zurückzuweisen.
20Er trägt im Wesentlichen vor: Schon aus den ärztlichen Gutachten ergebe sich, dass er nicht dienstunfähig sei. Er habe sich auch nicht ärztlichen Untersuchungen entzogen. Die Beklagte habe vielmehr die amtsärztlichen Untersuchungen nicht ordnungsgemäß organisiert. Die Voraussetzungen des § 46 VwVfG lägen erkennbar nicht vor. Hier sei nicht ausgeschlossen, dass der Personalrat oder die Gleichstellungsbeauftragte die Mängel der Untersuchungsaufforderung erkannt hätten. Er hätte jedenfalls den Personalrat im Zurruhesetzungsverfahren beteiligt.
21Der Senat hat am 25. Oktober 2012 beschlossen, durch Einholung eines ärztlichen Gutachtens des Amtsarztes der Stadt L. Beweis zu erheben zur Frage, ob der Kläger bezogen auf den 14. September 2010 (Datum der Zustellung des Widerspruchsbescheides) wegen seines körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung der Dienstpflichten dauernd unfähig im Sinne des § 44 Abs. 1 BBG war. Den daraufhin ergangenen beiden Aufforderungen des Gesundheitsamtes der Stadt L. , sich ärztlich untersuchen zu lassen, ist der Kläger nicht nachgekommen.
22Durch Urteil vom 18. April 2013 hat der Senat der Berufung der Beklagten stattgegeben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat er angeführt, der angefochtene Bescheid sei zwar formell rechtswidrig. Denn die Beklagte habe den Kläger nicht auf dessen Recht hingewiesen, den Personalrat beteiligen zu können. Außerdem habe sie die Gleichstellungsbeauftragte nicht beteiligt. Die Versetzung in den Ruhestand sei aber materiell-rechtlich rechtmäßig. Der Kläger habe sich grundlos der gerichtlichen Beweiserhebung verweigert. Deswegen müsse er sich in Anwendung des Rechtsgrundsatzes nach § 444 ZPO so behandeln lassen, als sei er zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung dienstunfähig gewesen. Die formelle Rechtswidrigkeit des Bescheides sei hier nach § 46 VwVfG unbeachtlich. Die Verfahrensfehler hätten sich nicht auf die Entscheidung in der Sache ausgewirkt, weil die Beklagte wegen der auf den Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides bezogenen Dienstunfähigkeit des Klägers nicht anders hätte entscheiden können, als ihn in den vorzeitigen Ruhestand zu versetzen.
23Auf die dagegen vom Kläger erhobene Beschwerde wegen der Nichtzulassung der Revision hat das Bundesverwaltungsgericht durch Beschluss vom 5. November 2013 – 2 B 60.13 – das Urteil des Senats vom 18. April 2013 aufgehoben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen. Zur Begründung führte das Bundesverwaltungsgericht an, der Senat habe gegen die gerichtliche Aufklärungspflicht verstoßen. Denn dieser habe nicht aufgeklärt, ob der Kläger die Aufforderungen des Gesundheitsamtes zur amtsärztlichen Untersuchung tatsächlich erhalten habe.
24Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Verfahrensakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge und Beiakten (6 Hefte) Bezug genommen.
25Entscheidungsgründe
26Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Die Klage ist zulässig und begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 15. März 2010 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheides vom 10. September 2010 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
27Der angefochtene Bescheid ist formell rechtswidrig (1.). Dieser Fehler ist nicht nach § 46 VwVfG unbeachtlich (2.).
281. Die formelle Rechtswidrigkeit ergibt sich zum einen daraus, dass die Beklagte den Kläger nicht auf dessen Recht hingewiesen hat, gemäß § 78 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 Satz 2 BPersVG den Personalrat während des Zurruhesetzungsverfahrens zu beteiligen.
29Nach den genannten Vorschriften wirkt der Personalrat bei vorzeitiger Versetzung in den Ruhestand mit, wenn der Beschäftigte dies beantragt. Der Dienstherr ist verpflichtet, den Beschäftigten über dessen Recht zu belehren, die Beteiligung der Personalvertretung zu verlangen.
30Vgl. BVerwG, Urteile vom 9. Dezember 1999– 2 C 4.99 –, BVerwGE 110, 173 = ZBR 2000, 242 = juris, Rn. 23 ff., und vom 24. November 1983 – 2 C 27.82 –, BVerwGE 68, 197 = RiA 1984, 117 = juris, Rn. 19.
31Der Zurruhesetzungsbescheid der Beklagten ist weiter deswegen formell rechtswidrig, weil die Beklagte die Gleichstellungsbeauftragte entgegen § 19 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 BGleiG nicht am Zurruhesetzungsverfahren beteiligt hat.
32Nach dieser Vorschrift ist die Gleichstellungsbeauftragte frühzeitig zu beteiligen, insbesondere u. a. bei vorzeitiger Beendigung der Beschäftigung.
33Zur notwendigen Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten bei der Versetzung eines Beamten in den Ruhestand vgl. OVG NRW, Urteil vom 24. Februar 2010 – 6 A 1978/07 –, DVBl. 2010, 981 = juris, Rn. 42 ff. = NRWE, und Beschluss vom 22. Juni 2010 – 6 A 699/10 –, juris, Rn. 7 = NRWE (jeweils zu § 17 Abs. 1 Nr. 1 LGG NRW).
342. Die genannten Verfahrensfehler sind hier nicht gemäß § 46 VwVfG unbeachtlich. Die Vorschrift ist hier grundsätzlich anwendbar und hat strenge Voraussetzungen (dazu a)). Danach ist im vorliegenden Fall nicht auszuschließen, dass die Beklagte aufgrund einer Stellungnahme des Personalrats und/oder der Gleichstellungsbeauftragten die Mängel der im behördlichen Verfahren ergangenen Untersuchungsaufforderungen vom Oktober 2009 erkannt und dementsprechend vom Erlass der Ausgangsverfügung vom März 2010 abgesehen hätte, die die Annahme der Dienstunfähigkeit des Klägers auf die Verweigerung der Begutachtung stützt (dazu b)).
35a) Nach § 46 VwVfG kann die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 VwVfG nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.
36§ 46 VwVfG ist auch auf Verwaltungsakte anwendbar, die einen Beamten wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzen. Die Annahme der "Offensichtlichkeit" im Sinne von § 46 VwVfG ist allerdings bereits dann ausgeschlossen, wenn nach den Umständen des Falls die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Verfahrensfehler eine andere Entscheidung getroffen worden wäre.
37BVerwG, Beschluss vom 5. November 2013– 2 B 60.13 –, juris, Rn. 11 m. w. N.
38Eine Offensichtlichkeit im Sinne des § 46 VwVfG liegt nur dann vor, wenn jeglicher Zweifel daran ausgeschlossen ist, dass die Behörde ohne den Verfahrensfehler genauso entschieden hätte.
39Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Juni 2010 – 3 C 14.09 –, BVerwGE 137, 199 = NVwZ 2011, 115 = juris, Rn. 40.
40Dazu muss der hypothetische Wille der Behörde zweifelsfrei feststehen. Von einer solchen Situation kann nur dann die Rede sein, wenn von vornherein und nach jeder Betrachtungsweise klar ist, dass die Sachentscheidung auch bei ordnungsgemäßem Verfahren genauso ausgefallen wäre. Nachträgliche Bekundungen der Behörde, dass sie ohne den Fehler in der Sache die gleiche Entscheidung getroffen hätte, sind daher für sich genommen ohne Belang.
41Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 17. Juli 2013– 6 A 2296/11 –, IÖD 2013, 230 = juris, Rn. 45 f. = NRWE, vom 1. Juni 2010 – 6 A 470/08 –, IÖD 2010, 219 = juris, Rn. 81, 85 = NRWE, und vom 15. März 2010 – 6 A 4435/06 –, ZBR 2010, 316 = juris, Rn. 68 = NRWE; Sachs, in: Stelkens/Bonk/ Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 46 Rn. 81.
42Aufwändige Ermittlungen oder Beweisaufnahmen zur Feststellung des hypothetischen Willens der Behörde scheiden ebenfalls aus. Denn sobald solche nötig erscheinen, ist die Fehlerrelevanz nicht mehr offensichtlich auszuschließen.
43Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Juli 2013– 6 A 2296/11 –, IÖD 2013, 230 = juris, Rn. 47 f. = NRWE; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 46 Rn. 83; Baumeister, in: Obermayer/Funke-Kaiser, VwVfG, 4. Aufl. 2014, § 46 Rn. 36; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl. 2013, § 46 Rn. 36; Schemmer, in Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, 2010, § 46 Rn. 41, 43.
44Besteht ein Verfahrensfehler darin, dass eine bestimmte Stelle nicht beteiligt worden ist, kann nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entscheidungserheblich sein, wie sich diese Stelle nachträglich geäußert hat. Erklärt sie ausdrücklich, die Entscheidung wäre bei vorheriger Anhörung gebilligt worden, kann eine Beeinflussung der angefochtenen Entscheidung durch diese Stelle ausgeschlossen sein.
45Vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Februar 1990– 1 WB 36.88 –, BVerwGE 86, 244 = ZBR 1990, 323 = juris, Rn. 34 (zur unterlassenen vorherigen Anhörung der Schwerbehindertenvertretung).
46b) Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben und der Besonderheiten des vorliegenden Falles ist es hier nicht offensichtlich, dass die Verfahrensfehler die Zurruhesetzungsverfügung vom 15. März 2010 nicht beeinflusst haben. Insoweit kommt es nicht, wie der Senat noch in seinem Urteil vom 18. April 2013 angenommen hat, darauf an, ob ausgeschlossen werden kann, dass sich durch Stellungnahmen des Personalrats oder der Gleichstellungsbeauftragten an der Annahme der Dienstunfähigkeit etwas geändert hätte. Entscheidend ist vielmehr, ob ausgeschlossen werden kann, dass die Beklagte aufgrund einer Stellungnahme des Personalrats oder der Gleichstellungsbeauftragten die im Urteil vom 18. April 2013 aufgezeigten Mängel der im behördlichen Verfahren ergangenen Untersuchungsaufforderungen vom Oktober 2009 erkannt und dementsprechend vom Erlass der Ausgangsverfügung vom März 2010 abgesehen hätte, die die Annahme der Dienstunfähigkeit des Klägers auf die Verweigerung der Begutachtung stützt.
47Vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. November 2013 – 2 B 60.13 –, juris, Rn. 18.
48Der Senat hält nach nochmaliger Überprüfung an seiner im (durch den vorgenannten Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts aufgehobenen) Urteil vom 18. April 2013 vertretenen Auffassung nicht mehr fest, dass die formellen Mängel des Zurruhesetzungsverfahrens vorliegend nach § 46 VwVfG unbeachtlich seien. Ausschlaggebend hierfür sind folgende Überlegungen:
49Die an den Kläger gerichteten Untersuchungsaufforderungen vom 19. und 27. Oktober 2009 genügten nicht den an derartige Aufforderungen zu stellenden Begründungsanforderungen, wie sie das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 26. April 2012 – 2 C 17.10 – formuliert hat. Dies räumt auch die Beklagte ein; einer vertiefenden Darlegung bedarf es daher nicht. Im vorliegenden Einzelfall ist nicht auszuschließen, dass es auf die Zurruhesetzungsangelegenheit, gerade auch auf die diese betreffenden Begründungsanforderungen, bezogene Gespräche zwischen dem Kläger und dem Personalrat oder der Gleichstellungsbeauftragten gegeben hätte (dazu aa)) und dass diesen Stellen der Begründungsmangel der Untersuchungsaufforderungen aufgefallen wäre (dazu bb)). Die nachträglichen Erklärungen des Personalratsvorsitzenden und der ehemaligen Gleichstellungsbeauftragten stehen dieser Einschätzung nicht entgegen (dazu cc)). Schließlich ist nicht auszuschließen, dass der Personalrat und/oder die Gleichstellungsbeauftragte daraufhin Einwendungen vorgebracht hätten, welche die Beklagte bewogen hätten, den Kläger nicht mit der angefochtenen Verfügung vom 15. März 2010 in den Ruhestand zu versetzen (dazu dd)).
50aa) Zunächst ist nicht auszuschließen, dass sich der Kläger tatsächlich an den Personalrat gewandt und dessen Mitwirkung am Verfahren beantragt hätte. Dies ergibt sich schon daraus, dass wegen der von der Dienststelle angeordneten Attestpflicht bereits im April 2009 tatsächlich ein Gespräch zwischen ihm und dem stellvertretenden Personalratsvorsitzenden stattgefunden hat. Abgesehen davon hat der Kläger auch in seinem Eilantrag vom 6. Oktober 2010 an das Verwaltungsgericht L. – 15 L 1426/10 – vorgetragen, er hätte „unbedingt Wert darauf gelegt, dass der Personalrat in dem Zurruhesetzungsverfahren beteiligt wird“.
51Hinsichtlich der Gleichstellungsbeauftragten ist nicht auszuschließen, dass sie das Gespräch mit dem Kläger wegen der bevorstehenden Zurruhesetzung gesucht hätte, wenn die Beklagte sie nach § 19 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 BGleiG ordnungsgemäß beteiligt hätte. Denn nach § 20 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 5 BGleiG ist der Gleichstellungsbeauftragten Gelegenheit zur aktiven Teilnahme an allen Entscheidungsprozessen zu geben und sie kann Sprechstunden für die Beschäftigten durchführen.
52bb) Es ist weiter nicht auszuschließen, dass dem Personalrat und/oder der Gleichstellungsbeauftragten der Begründungsmangel der Untersuchungsaufforderungen als solcher aufgefallen wäre.
53Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass sich einerseits – wie bereits ausgeführt – im Anwendungsbereich von § 46 VwVfG eine weitere Sachverhaltsaufklärung etwa durch Beweisaufnahme verbietet. Unabhängig davon kann der weitere (hypothetische) Verlauf der Dinge, wenn der Kläger sich an den Personalrat gewandt hätte, aber auch gar nicht rekonstruiert werden. Es ist schon nicht klar, mit welchen genauen Anliegen bzw. Einwänden der Kläger sich seine vorzeitige Zurruhesetzung betreffend an den Personalrat gewandt hätte. Zu welchen weiteren Überlegungen sodann die gemeinsame Erörterung geführt hätte, lässt sich nicht feststellen, weil sich (vergleichbar etwa der Situation von mündlichen Prüfungsgesprächen),
54zur Erheblichkeit von Verfahrensfehlern bei unvollständig informierten oder fehlerhaft besetzten Prüfungsgremien siehe Hess. VGH, Urteil vom 13. Oktober 1994 – 6 UE 2077/90 –, juris, Rn. 83 ff.; VGH Bad.-Württ., Urteile vom 16. März 1993 – 9 S 72/91 –, GewArch 1994, 289 = juris, Rn. 19, und vom 16. Januar 1990 – 9 S 3071/88 –, GewArch 1990, 134 = juris, Rn. 37; VG Karlsruhe, Urteil vom 10. Juli 2002 – 7 K 3292/01 –, juris, Rn. 20; Niehues/Fischer, Prüfungsrecht, 5. Aufl. 2010, Rn. 492, 685,
55der Inhalt des Dialogs nicht hypothetisch ermitteln lässt. Was in einem solchen Gespräch, welches sich ohne Weiteres auch auf die Umstände der Untersuchungsaufforderungen bezogen haben könnte, z. B. mit einem Mitglied des Personalrats (nicht notwendigerweise dem Personalratsvorsitzenden) besprochen worden wäre und wie sich das Gespräch inhaltlich entwickelt hätte, lässt sich im Nachhinein auch mit einer Befragung des Klägers und von Mitgliedern des Personalrats nicht aufklären. Es bliebe rein spekulativ und mit zu vielen Unwägbarkeiten versehen, wie der eine Gesprächspartner in der konkreten Situation mit den damaligen Kenntnissen und Erfahrungen auf den anderen reagiert und wie sich daraus der Verlauf des Gesprächs entwickelt hätte. Weiter ist unklar, wie das Personalratsmitglied nach einem solchen Gespräch mit dem Kläger konkret gehandelt hätte, ob es etwa sogleich den Personalrat als Gremium mit der Sache befasst oder sich zuvor selbst an die Dienststellenleitung gewandt hätte, um noch (weitere) Informationen einzuholen bzw. die vom Kläger erhaltenen Informationen abzugleichen.
56Entsprechendes gilt für den hypothetischen Verlauf eines Gesprächs zwischen der Gleichstellungsbeauftragten und dem Kläger.
57In besonderem Maße gilt Vorstehendes für den Personalrat als einem aus mehreren Personen bestehenden Gremium. Es lässt sich heute (auch durch zeugenschaftliche Vernehmung der damaligen Personalratsmitglieder) nicht ermitteln, welchen Gang die Diskussion in diesem Gremium damals genommen und zu welchen Ergebnissen sie geführt hätte, und zwar selbst dann nicht, wenn man in Rechnung stellt, dass den Personalratsmitgliedern – wie die Prozessbevollmächtigte der Beklagten auch in der Berufungsverhandlung angeführt hat – die Fallumstände bekannt waren. Es ist schon unklar, welche konkreten Personen an einer Personalratssitzung teilgenommen hätten. Denn es lässt sich im Nachhinein nicht sagen, wann der Personalrat getagt hätte, nachdem er eingebunden worden wäre, und welche Personen bei einer solchen Sitzung etwa aus Krankheits- oder dienstlichen Gründen verhindert gewesen wären.
58Bei der Beantwortung der Frage, ob es ausgeschlossen ist, dass der Personalrat oder die Gleichstellungsbeauftragte die Mängel der im behördlichen Verfahren ergangenen Untersuchungsaufforderungen vom Oktober 2009 erkannt hätten, kommt es nicht darauf an, ob diese Stellen hinsichtlich der Begründungsanforderungen an eine Untersuchungsanordnung exakt dieselben Überlegungen angestellt hätten und zu denselben Schlüssen gelangt wären wie das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 26. April 2012. Dies erscheint – das ist der Beklagten angesichts der zeitlichen Abfolge zuzugeben – eher fernliegend. Dass aber überhaupt Mängel der Untersuchungsaufforderungen gerügt worden wären, ist nicht auszuschließen. So hat der (damals anwaltlich vertretene) Kläger den Widerspruch gegen die Zurruhesetzungsverfügung unter dem 4. Mai 2010 (also knapp zwei Jahre vor der fraglichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts) u. a. mit der fehlenden Begründung der Untersuchungsanordnung begründet. Das lag auch deshalb nicht fern, weil das Bundesverwaltungsgericht schon früher die aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz abgeleitete Forderung erhoben hatte, die Untersuchungsaufforderung müsse nach ihrem Inhalt für den Adressaten aus sich heraus klar, eindeutig und unmissverständlich sein und insbesondere müsse das Ausmaß der ärztlichen Untersuchung durch den Anlass gerechtfertigt sein.
59Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 1980 – 2 A 4.78 –, DVBl 1981, 502 = juris, Rn. 27.
60Die konkret an den Kläger gerichteten Untersuchungsaufforderungen enthalten aber nicht einmal im Ansatz eine Begründung für das Untersuchungsverlangen. Ein solcher Begründungsmangel kann auch einem juristischen Laien auffallen, zumal es sich bei der angeordneten sozialpsychiatrischen Untersuchung um einen schwerwiegenden Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Betroffenen handelte. Dies gilt vor allem dann, wenn er – wie nach Aktenlage die Gleichstellungsbeauftragte – den Sachverhalt bis dahin nicht in für das Gericht nachvollziehbarer Weise kannte. Die pauschale Behauptung der Beklagten im Termin, der Sachverhalt sei in der Dienststelle allgemein bekannt gewesen, vermag Gegenteiliges nicht substantiiert aufzuzeigen.
61Die Annahme, es sei nicht ausgeschlossen, dass der Personalrat oder die Gleichstellungsbeauftragte – sei es auf entsprechende Rüge des Klägers oder ggf. auch ohne dies nur durch Einblick in die Akten – die fehlende Begründung hätten bemängeln können, beruht auf deren allgemeinen Kenntnissen zu Verwaltungsakten. Dabei geht der Senat davon aus, dass sowohl die Mitglieder des Personalrats als auch die Gleichstellungsbeauftragte in einem Ministerium jedenfalls Grundkenntnisse des Verwaltungsverfahrensrechts besitzen. Dazu gehört die Kenntnis, dass Verwaltungsakte nach § 39 Abs. 1 VwVfG grundsätzlich zu begründen sind. Ob die Voraussetzungen für den Verzicht auf eine Begründung nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG erfüllt gewesen wären, hätte sich erst durch Nachfragen klären lassen.
62Die Annahme, es habe sich bei den Untersuchungsaufforderungen um Verwaltungsakte gehandelt und dies hätten auch der Personalrat oder die Gleichstellungsbeauftragte erkennen können, liegt deswegen nicht fern, weil die Beklagte jeweils die sofortige Vollziehung angeordnet hatte. Dies ist nur bei Verwaltungsakten möglich.
63Außerdem ging die Rechtsprechung insbesondere in Nordrhein-Westfalen bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. April 2012 – 2 C 17.10 – davon aus, eine Untersuchungsaufforderung an einen Beamten sei ein Verwaltungsakt.
64Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26. August 2009 – 1 B 787/09 –, juris, Rn. 8 f. = NRWE, mit Nachweisen aus der Rechtsprechung; inzwischen hat der Senat sich der Rechtsprechung des BVerwG angeschlossen, vgl. Beschluss vom 1. Oktober 2012 – 1 B 550/12 –, IÖD 2012, 258 = juris, Rn. 7 ff. = NRWE; einschränkend OVG NRW, Beschluss vom 27. November 2013 – 6 B 975/13 –, DÖD 2014, 73 = juris, Rn. 7 = NRWE für den Fall, dass die Untersuchungsaufforderung aus Sicht eines verständigen Adressaten schon wegen der äußeren Form als Verwaltungsakt anzusehen ist.
65Weiter ist nicht auszuschließen, dass der Personalrat, hätte der Kläger ihn angesprochen, deswegen eine Begründung für eine solche Untersuchungsaufforderung verlangt hätte, um keinen Präzedenzfall für zukünftige Fälle einer Zurruhesetzung zu schaffen, in denen die Vermutung einer Dienstunfähigkeit fernliegender sein mag als beim Kläger. Denn es ging hier um eine sozialpsychiatrische Untersuchung, die einen schwerwiegenderen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Betroffenen darstellt als z. B. eine auf rein physische Merkmale ausgerichtete Untersuchung.
66Wäre die Gleichstellungsbeauftragte nach § 19 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 BGleiG beteiligt worden, ist ebenfalls nicht auszuschließen, dass ihr der Begründungsmangel aufgefallen wäre, zumal sie (im Unterschied zum Personalrat) mit dem Fall des Klägers nach Aktenlage bis dahin nicht befasst war. Offen ist, welche Schlüsse sie aus den ihr vorzulegenden Unterlagen gezogen hätte.
67cc) Der Einschätzung, es sei nicht auszuschließen, dass dem Personalrat oder der Gleichstellungsbeauftragten der Begründungsmangel der Untersuchungsaufforderungen als solcher aufgefallen wäre, stehen hier die Erklärungen des Personalratsvorsitzenden vom 19. Oktober 2012 und vom 31. März 2014 und die Erklärung der ehemaligen Gleichstellungsbeauftragten vom 31. März 2014 nicht entgegen.
68In den Erklärungen des Personalratsvorsitzenden ist schon nicht erkennbar, dass sie im Namen des Personalrats erfolgt sind. Sie sind zwar vom Vorsitzenden des Personalrats unterschrieben; aus ihnen ergibt sich jedoch nicht, dass sich der Personalrat als Ganzes mit der Sache befasst und einen entsprechenden Beschluss gefasst hätte.
69Aus der Erklärung der ehemaligen Gleichstellungsbeauftragten vom 31. März 2014 ergibt sich nichts Aussagekräftiges zu der Frage, wie sie damals regiert hätte, wenn die Beklagte sie ordnungsgemäß beteiligt hätte. Denn es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Erklärung auf einer vollständigen Aktenkenntnis der entscheidungserheblichen Tatsachen beruht. Die damalige Gleichstellungsbeauftragte ist ausweislich ihrer Erklärung vom 31. März 2014 jetzt nicht mehr in dieser Funktion tätig. Daher wäre es zum Schutz der Persönlichkeitsrechte des Klägers aus datenschutzrechtlichen Gründen nach § 111 BBG unzulässig gewesen, ihr ohne Zustimmung des Klägers vor Abgabe dieser Erklärung die hierfür erforderlichen Unterlagen aus der Personalakte des Klägers zu dessen Erkrankung und zum Ablauf des Dienstunfähigkeitsverfahrens vorzulegen und ihr ggf. erbetene Auskünfte hierüber zu erteilen (vgl. § 20 Abs. 1 Satz 2 BGleiG). Dass die Beklagte sich über die Vorgaben des § 111 BBG hinweggesetzt oder der Kläger einer Akteneinsicht zugestimmt hätte, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Aus einer Erklärung, die nicht auf einer erkennbaren Kenntnis aller entscheidungserheblichen Tatsachen beruht, können jedoch keine Rückschlüsse darauf gezogen werden, wie die Gleichstellungsbeauftragte damals tatsächlich reagiert hätte, wenn sie ordnungsgemäß, d. h. nach Vorlage der erforderlichen Unterlagen, beteiligt worden wäre.
70Auch ist der zeitliche Abstand zwischen der angefochtenen Zurruhesetzungsverfügung und den nachträglichen Erklärungen im Hinblick auf deren Aussagekraft zu berücksichtigen. Allenfalls dann, wenn sich eine zu beteiligende Stelle in einem engen zeitlichen Zusammenhang zur angefochtenen Entscheidung geäußert hat, lässt sich noch annehmen, dass eine nachträgliche Erklärung tatsächlich dem entspricht, was diese Stelle bei einer rechtzeitigen Beteiligung, also zu dem Zeitpunkt, in welchem die Beteiligung geboten gewesen wäre, geäußert hätte. Nur dann kann die fehlende Kausalität offensichtlich sein. Liegen dagegen Jahre zwischen dem fehlerhaften Verwaltungsverfahren und einer Erklärung, wie eine bestimmte Stelle damals mutmaßlich gehandelt hätte, besteht typischerweise die Gefahr, dass in die nachträgliche Erklärung auch Umstände und Kenntnisse eingeflossen sind, die dieser Stelle damals noch nicht bekannt waren oder damals noch keine entscheidende Rolle gespielt haben.
71Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Juli 2013– 6 A 2296/11 –, IÖD 2013, 230 = juris, Rn. 49 = NRWE zu Erklärungen einer Gleichstellungsbeauftragten etwa 2 und 3,5 Jahre nach der angefochtenen Entscheidung.
72Hier hat sich der Vorsitzende des Personalrats erstmals am 19. Oktober 2012, also etwa zweieinhalb Jahre nach Erlass der streitgegenständlichen Zurruhesetzungsverfügung geäußert. Unter dem 31. März 2014 hat er nochmals ausgeführt, das Fehlen einer inhaltlichen Begründung der gegenüber dem Kläger im Oktober 2009 ergangenen Untersuchungsaufforderungen wäre nicht als Mangel erkannt und bewertet worden. Unter dem gleichen Datum hat sich auch die damalige Gleichstellungsbeauftragte (erstmals etwa vier Jahre nach Erlass der Zurruhesetzungsverfügung) in diesem Sinne geäußert.
73Es kann offen bleiben, ob dem Ansatz des Bundesverwaltungsgerichts in seinem oben genannten Beschluss vom 15. Februar 1990 – 1 WB 36.88 – zu folgen ist, wonach die nachträgliche Erklärung einer zu Unrecht nicht beteiligten Stelle, dass die Entscheidung bei vorheriger Anhörung gebilligt worden wäre, eine Beeinflussung der angefochtenen Entscheidung durch diese Stelle ausschließen kann.
74Vgl. verneinend OVG NRW, Beschlüsse vom 17. Juli 2013 – 6 A 2296/11 –, IÖD 2013, 230 = juris, Rn. 49 ff. = NRWE, vom 1. Juni 2010 – 6 A 470/08 –, IÖD 2010, 219 = juris, Rn. 82 ff. = NRWE, und vom 15. März 2010 – 6 A 4435/06 –, ZBR 2010, 316 = juris, Rn. 66 ff. = NRWE.
75Denn die hier abgegebenen nachträglichen Erklärungen erfolgten nicht von der zuständigen Stelle (Personalrat als Gremium) bzw. nicht erkennbar unter vollständiger Kenntnis der Sachlage (Gleichstellungsbeauftragte). Schon dadurch unterscheidet sich der Fall von dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen maßgeblich. In der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts hatte der Vertrauensmann der Schwerbehinderten nach umfassender Unterrichtung offenbar eine im Einzelnen begründete Erklärung abgegeben (s. S. 4 und 23 Beschlussabdruck), an der es vorliegend fehlt. Außerdem ist der (ungekürzten) Fassung des Beschlusses des Bundesverwaltungsgerichts zu entnehmen, dass der nicht ordnungsgemäß beteiligte Vertrauensmann der Schwerbehinderten sich etwa zehn Monate nach Erlass der seinerzeit streitigen Versetzungsverfügung geäußert hatte (s. S. 21 Beschlussabdruck) und nicht – wie hier – erst zweieinhalb bzw. vier Jahre später.
76dd) Angesichts der Ausführungen unter bb) und cc) ist nicht auszuschließen, dass der Personalrat und/oder die Gleichstellungsbeauftragte den Begründungsmangel der Untersuchungsaufforderungen gerügt hätten und dass eine solche Rüge die Beklagte veranlasst hätte, die Untersuchungsaufforderungen zu überprüfen. Hätte sie dies getan, ist weiter nicht auszuschließen, dass sie – u. a. mit Blick auf die oben dargestellten verwaltungsverfahrensrechtlichen Anforderungen an einen Verwaltungsakt, ggf. aber auch, um Risiken in Bezug auf einen sonst drohenden Rechtsstreit auszuschließen – eine neue, begründete Untersuchungsaufforderung verfügt hätte. Dies hätte wegen einer damit u. U. verbundenen Zeitverzögerung möglicherweise aber dazu geführt, dass der Kläger zumindest zu einem späteren Zeitpunkt zur Ruhe gesetzt worden wäre.
77Vgl. zum zeitlichen Aspekt Nds. OVG, Beschluss vom 19. Juli 2010 – 5 LB 131/10 –, NVwZ-RR 2010, 898 = juris, Rn. 26.
78Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
79Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen nach § 132 Abs. 2 VwGO, § 127 BRRG nicht gegeben sind.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Beamtinnen und Beamte sind zu entlassen, wenn sie
- 1.
den Diensteid oder ein an dessen Stelle vorgeschriebenes Gelöbnis verweigern, - 2.
nicht in den Ruhestand oder einstweiligen Ruhestand versetzt werden können, weil eine versorgungsrechtliche Wartezeit nicht erfüllt ist, - 3.
dauernd dienstunfähig sind und das Beamtenverhältnis nicht durch Versetzung in den Ruhestand endet, - 4.
die Entlassung in schriftlicher Form verlangen oder - 5.
nach Erreichen der Altersgrenze berufen worden sind.
(2) Beamtinnen und Beamte können entlassen werden, wenn sie in Fällen des § 7 Abs. 2 die Eigenschaft als Deutsche oder Deutscher im Sinne des Artikels 116 Absatz 1 des Grundgesetzes verlieren.
(3) Beamtinnen auf Probe und Beamte auf Probe können entlassen werden,
- 1.
wenn sie eine Handlung begehen, die im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit mindestens eine Kürzung der Dienstbezüge zur Folge hätte, - 2.
wenn sie sich in der Probezeit nicht bewährt haben oder - 3.
wenn ihr Aufgabengebiet bei einer Behörde von der Auflösung dieser Behörde oder einer auf landesrechtlicher Vorschrift beruhenden wesentlichen Änderung des Aufbaus oder Verschmelzung dieser Behörde mit einer anderen oder von der Umbildung einer Körperschaft berührt wird und eine andere Verwendung nicht möglich ist.
(4) Beamtinnen auf Widerruf und Beamte auf Widerruf können jederzeit entlassen werden. Die Gelegenheit zur Beendigung des Vorbereitungsdienstes und zur Ablegung der Prüfung soll gegeben werden.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
Für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der den jeweiligen Streitgegenstand betreffenden Antragstellung maßgebend, die den Rechtszug einleitet.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.
(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.
(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.
(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.