Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 11. März 2015 - 6 A 1358/13
Gericht
Tenor
Das angefochtene Urteil wird geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Der Beschluss ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2I.
3Der am 11. April 1956 geborene und mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 50 schwerbehinderte Kläger steht als Polizeihauptkommissar (BesGr A12 BBesO) im Dienst des beklagten Landes. Er wendet sich gegen seine dienstliche Beurteilung durch das Polizeipräsidium (PP) L. für den Zeitraum vom 2. August 2008 bis zum 30. Juni 2011, die in der folgenden Weise zustande gekommen ist:
4Am 15. Dezember 2010 erstellte Polizeioberrat (POR) T. einen Beurteilungsbeitrag über die dienstliche Tätigkeit des Klägers im Zeitraum vom 2. August 2008 bis zum 13. August 2010. Darin wurden die acht Merkmale nach Nr. 6 der Richtlinien für die dienstliche Beurteilung der Beamtinnen und Beamten im Bereich der Polizei (BRL Pol), RdErl. d. Innenministeriums - 45.2-26.00.05 - vom 9. Juli 2010 (MBl. NRW. S. 678), mit insgesamt 37 von 40 möglichen Punkten bewertet. Mit dem Datum 5. Januar 2011 unterschrieb Leitender Polizeidirektor (LPD) L. in seiner Eigenschaft als Leiter der Direktion des Klägers (Zentrale Aufgaben, ZA) ein Vorblatt mit diesen Punktzahlen unter der vorgedruckten Überschrift „Einverstanden“. Am 7. Januar 2011 wurde der Beurteilungsbeitrag dem Kläger bekanntgegeben.
5Beigefügt war eine vorgedruckte und nicht unterschriebene Anlage, in der darauf hingewiesen wird, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine offensichtliche Abweichung von dem in der Vergleichsgruppe anzulegenden Maßstab festgestellt werden könne, dieser Einschätzung jedoch kein „umfassender behördenweiter Quervergleich“ zugrunde liege. Eine Bindungswirkung gegenüber dem Erstbeurteiler entfalte der Beurteilungsbeitrag nicht.
6Gegen Ende des Beurteilungszeitraums (2. August 2008 bis 30. Juni 2011) gab der für den Kläger zuständige Erstbeurteiler, Polizeidirektor (PD) F. , einen Beurteilungsvorschlag ab. Seine Bewertungen wurden wiederum auf einem zugehörigen Vorblatt als Punktzahlen wiedergegeben. Die Merkmale waren mit insgesamt 32 Punkten (in jedem der acht Merkmale 4 Punkte) ausgewiesen. Als Gesamturteil wurden ebenfalls 4 Punkte vorgeschlagen. Dieses Vorblatt enthielt wie das bei dem Beurteilungsbeitrag verwendete die beiden vorgedruckten Überschriften „Einverstanden“ und „Abweichende Stellungnahme“.
7Am 13. Juli 2011 fand eine Beurteilerbesprechung der Direktion ZA statt, an der unter anderem PD F. sowie LPD L. teilnahmen. Das Protokoll vom 18. Juli 2011 vermerkte dazu, in den aus der Anlage 1 ersichtlichen Fällen seien „Veränderungen vom Votum der beteiligten Hierarchieebene“ beschlossen worden; die „aktuellen Prädikate“ seien farblich in Fettdruck dargestellt. In dieser Anlage 1 wurden für den Kläger unter „Prä“ 3 Punkte, unter „Sum neu“ 24 Punkte sowie unter „MF“ (Mitarbeiterführung) 4 Punkte ausgewiesen.
8Entsprechende Änderungen nahm LPD L. auf dem Vorblatt zu dem Beurteilungsvorschlag vor. Er strich handschriftlich vier der acht Punktwerte „4“ durch und ersetzte sie jeweils durch die Punktzahl „3“ (Summe der Merkmale danach: 28, ohne Mitarbeiterführung: 24). Das Gesamturteil änderte er ebenfalls in 3 Punkte. Er unterschrieb unter „Abweichende Stellungnahme:“. Eine „Begründung siehe Rückseite“, wie darunter in Klammern vorgedruckt vorgesehen, gab er bei dieser Gelegenheit nicht ab.
9Das Beurteilungsgespräch nach Nr. 9.1 BRL Pol fand am 18. August 2011 statt.
10Am 6. und 7. Oktober 2011 wurde beim PP L. die behördenweite Endbeurteilerbesprechung abgehalten. Den Vorsitz hatte LPD L. in Vertretung des Polizeipräsidenten B. inne. Die Beurteilungen für die Beamten der Besoldungsgruppe A12 wurden an dem zweiten der beiden Tage behandelt. Das hierüber erstellte Protokoll vom 10. Oktober 2011 vermerkte in der Vergleichsgruppe mehrere Veränderungen zu den Beurteilungsvorschlägen. Der Kläger wurde hierbei nicht aufgeführt.
11Die dienstliche Beurteilung des Klägers wurde sodann gemäß dem von LPD L. bearbeiteten Vorblatt erstellt. Sie enthält zu allen acht Merkmalen als „Ergebnis Erstbeurteilerin/Erstbeurteiler“ die dem Vorschlag von PD F. entsprechende Notenstufe (jeweils „übertrifft die Anforderungen“, entsprechend 4 Punkten) und als „Ergebnis Endbeurteilerin/Endbeurteiler“ die Bewertung durch LPD L. , die in vier Merkmalen mit dem Vorschlag übereinstimmt, in den übrigen vier Merkmalen jeweils um eine Notenstufe niedriger ausfällt („entspricht voll den Anforderungen“, entsprechend 3 Punkten). Unter der Überschrift „Gesamturteil“ sind die Bewertungen durch beide Beurteiler als „Beurteilungsvorschlag“ („übertrifft die Anforderungen“, entsprechend 4 Punkten) und als „Beurteilungsergebnis“ („entspricht voll den Anforderungen“, entsprechend 3 Punkten) aufgeführt. Hierzu wird folgende „Begründung (Nr. 9.2 BRL Pol)“ gegeben:
12In Relation zu den Beamtinnen und Beamten der Vergleichsgruppe führt der einheitliche strenge Beurteilungsmaßstab und der in den Beurteilerbesprechungen abgestufte Vergleich der Leistung und Befähigung zu einer abweichenden Bewertung in den Merkmalen „Arbeitseinsatz“, „Leistungsumfang“, „Veränderungskompetenz“, „Soziale Kompetenz“ sowie im Gesamturteil.
13Die vier genannten Merkmale sind diejenigen, die von LPD L. von 4 auf 3 Punkte abgewertet worden waren.
14Unterschrieben ist die dienstliche Beurteilung unter dem 10. November 2011 von PD F. und unter dem 13. Dezember 2011 in grüner Farbe und mit dem Zusatz „i.V.“ von LPD L. . Am 13. Januar 2012 wurde die Beurteilung dem Kläger, der dies durch seine Unterschrift bestätigte, von PD F. bekannt gegeben.
15Einen Antrag des Klägers vom 16. Februar 2012, die Beurteilung zu ändern, lehnte das PP L. mit Bescheid vom 26. April 2012, dem Kläger gegen Empfangsbekenntnis zugestellt am 15. Mai 2012, ab.
16Am 14. Juni 2012 hat der Kläger Klage erhoben. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ist der Erstbeurteiler PD F. als Zeuge vernommen worden.
17Der Kläger hat geltend gemacht, die günstige Bewertung des Beurteilungsbeitrags habe zum damaligen Zeitpunkt im Wesentlichen seinen tatsächlichen Leistungen entsprochen. LPD L. habe dies mit der Anlage zum Beurteilungsbeitrag gezeigt. Im Hinblick darauf sei die schlechtere dienstliche Beurteilung nicht plausibel. Weder seine Schwerbehinderung noch seine Lebens- und Diensterfahrung seien berücksichtigt worden. Er sei nunmehr bereits zum vierten Mal im selben statusrechtlichen Amt beurteilt worden, ohne dass eine Leistungssteigerung ersichtlich werde. Insbesondere die Absenkung im Merkmal „Veränderungskompetenz“ sei für ihn nicht nachvollziehbar. Bei acht Merkmalen, von denen vier mit 4 Punkten und vier mit 3 Punkten bewertet worden seien, hätte es zudem einer weitergehenden Begründung bedurft, warum als Gesamtergebnis die niedrigere der beiden Punktbeurteilungen ausgeworfen worden sei. Abgesehen von den inhaltlichen Fragen lägen auch formelle Verstöße vor. So sei das Beurteilungsgespräch erst zu einem Zeitpunkt geführt worden, zu dem das Ergebnis der Beurteilung bereits festgestanden habe.
18Der Kläger hat beantragt,
19das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheids vom 26. April 2012 zu verurteilen, die dienstliche Beurteilung des PP L. vom 13. Dezember 2011 aufzuheben und ihn erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts dienstlich zu beurteilen.
20Das beklagte Land hat beantragt,
21die Klage abzuweisen.
22Es hat vorgetragen: Der Beurteilungsbeitrag sei bei den Beurteilungsbesprechungen und der Beurteilung berücksichtigt worden. Die Beurteilung sei plausibel; sie stehe nicht in unlösbarem Widerspruch zu den Einzelbewertungen. Die Schwerbehinderung des Klägers habe sich nicht auf seine Leistungsfähigkeit ausgewirkt. Seine Lebens- und Diensterfahrung sei berücksichtigt worden. Bei der großen Leistungsdichte seiner Vergleichsgruppe sei eine bessere Beurteilung nicht angezeigt gewesen, zumal er eine der BesGr A11 zugeordnete Tätigkeit ausgeübt habe. Die gerügten Verfahrensmängel lägen ebenfalls nicht vor. Bei der direktionsinternen Beurteilerbesprechung sei allen Beteiligten klar gewesen, dass das Beurteilungsergebnis nur vorläufig habe festgelegt werden können, da in vielen Einzelfällen noch keine Beurteilungsgespräche geführt gewesen seien und auch die behördenweite Beurteilerbesprechung noch ausgestanden habe.
23Das Verwaltungsgericht hat durch Urteil vom 12. April 2013 der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die angegriffene Beurteilung sei rechtswidrig. Sie stehe nicht im Einklang mit den Beurteilungsrichtlinien, da sie von LPD L. als Vertreter des Polizeipräsidenten B. unterzeichnet worden sei. Nach Nr. 9.3 Satz 1 BRL Pol habe die Endbeurteilung des Klägers, da dieser dem gehobenen Dienst angehöre, dem Polizeipräsidenten oblegen. LPD L. habe nicht als sein allgemeiner Vertreter handeln dürfen. Nach § 8 Abs. 1 der Geschäftsordnung für die Kreispolizeibehörden des Landes NRW (Rd.Erl. des Innenministeriums vom 22. Oktober 2004 - 43.1-0302 -, MBl. NRW. S. 962, GO-KrPolBeh NRW) habe der Behördenleiter einen allgemeinen Vertreter. Ein Vertretungsfall habe aber nicht vorgelegen. Er ergebe sich nicht daraus, dass LPD L. bereits die Endbeurteilerbesprechung am 7. Oktober 2011 „in Vertretung des Endbeurteilers“, also des Polizeipräsidenten, geleitet habe, da für diesen Tag dessen nachvollziehbare Verhinderung oder Abwesenheit nicht vorgetragen sei. Bei den von ihm wahrgenommenen Terminen sei nichts dafür ersichtlich, dass seine persönliche Teilnahme zwingend gewesen sei. Der Umstand, dass der Polizeipräsident wegen seines erst am 4. Oktober 2011 erfolgten Dienstantritts beim PP L. noch keine persönlichen Leistungseindrücke von den Mitarbeitern habe sammeln können und auch an vorbereitenden Maßstabsbesprechungen nicht beteiligt gewesen sei, biete keinen Anlass, seine Verhinderung anzunehmen. Dass bei seinem Dienstantritt der Beurteilungszeitraum bereits beendet gewesen sei, sei ebenfalls ohne Belang. Er habe das Beurteilungsverfahren auch nicht auf LPD L. delegieren können. Zwar habe Nr. 9.3 BRL Pol in der alten Fassung (RdErl. vom 25. Januar 1996 in der Fassung der Änderung vom 19. Januar 1999) Raum für eine solche allgemeine Delegation gelassen, wie aus den zugehörigen Erläuterungen hervorgehe. Solche Erläuterungen seien jedoch in den neuen Beurteilungsrichtlinien nicht mehr enthalten. Die danach verbleibende Regelung des § 8 Abs. 1 GO-KrPolBeh NRW sehe demgegenüber nur eingeschränkte Kompetenzen des allgemeinen Vertreters vor. Darüber hinaus dürfte es auch - ohne dass es darauf ankomme - gegen Verfahrensvorschriften verstoßen, dass der Kläger bereits mit dem gegenüber dem Erstbeurteilervorschlag abgesenkten Vorschlag des LPD L. in die behördenweite Beurteilerbesprechung eingebracht worden sei. Neben dem Verstoß gegen Verfahrensvorschriften sei die dienstliche Beurteilung auch materiell fehlerhaft. Sie sei nicht plausibel, da der Beurteilungsbeitrag nicht hinreichend gewürdigt worden und die Bildung des Gesamtergebnisses nicht nachvollziehbar sei.
24Gegen das am 2. Mai 2013 zugestellte Urteil hat das beklagte Land am 28. Mai 2013 die Zulassung der Berufung beantragt. Es hat den Antrag am 20. Juni 2013 begründet.
25Mit der vom Senat zugelassenen und rechtzeitig begründeten Berufung tritt das beklagte Land der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts entgegen.
26Es trägt vor: Am 7. Oktober 2011 als dem maßgeblichen Tag der Endbeurteilerbesprechung der Vergleichsgruppe A12 sei der Polizeipräsident nicht in der Behörde anwesend gewesen. Damit habe ein Fall der Verhinderungsvertretung vorgelegen. Die GO-KrPolBeh NRW, deren Intention es sei, eine Behörde auch bei Abwesenheit oder Verhinderung des etatmäßigen Behördenleiters handlungsfähig zu erhalten, fordere im Gegensatz zum Verwaltungsgericht hierfür weder eine „nachvollziehbare“ noch eine „zwingende“ Verhinderung des Behördenleiters. Wäre es anders, müssten Beurteilungsangelegenheiten wohl auch im Falle eines Erholungsurlaubs eines Polizeipräsidenten „liegen bleiben“, weil auch der Urlaub nicht im Sinne des Verwaltungsgerichts zu diesem Zeitpunkt „zwingend“ wäre. Eine solche Ansicht stelle einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Organisationsfreiheit eines Behördenleiters dar. Da der Polizeipräsident bei der Endbeurteilerbesprechung verhindert gewesen sei, hätten ihm nicht die für die Schlusszeichnung erforderlichen Informationen vorgelegen mit der Folge, dass er als Schlussunterzeichner ausgeschieden sei. Ohnehin komme der Unterschrift lediglich ein vollziehender Charakter zu; sie wirke sich auf das Beurteilungsergebnis, das bereits in der Endbeurteilerbesprechung festgelegt worden sei, nicht aus. Abgesehen von dem Vertretungsfall sei auch eine Delegation des Beurteilungsverfahrens auf LPD L. zulässig gewesen. Die in Nr. 9.3 BRL Pol gewählte Zuständigkeitsformulierung, die auf den „Leiter der Behörde“ abstelle, sei gleichzusetzen mit der grundsätzlich vorrangigen allgemeinen Regelung in § 1 der Verordnung über beamten- und diszipinarrechtliche Zuständigkeiten im Geschäftsbereich des für Inneres zuständigen Ministeriums (SGV. NRW. 2030). Hierzu sei allgemein anerkannt, dass ein Dienstvorgesetzter seine Aufgaben nicht nur persönlich, sondern auch durch nach internen Regelungen damit betraute Beschäftigte seiner Behörde wahrnehmen könne. Anders sei es nur bei einem Behördenleitervorbehalt, der hier aber nicht bestehe. Der Text der Nr. 9.3 BRL Pol habe sich nicht verändert. Die Vorschrift werde landesweit dahin praktiziert, dass bei verschiedenen Polizeibehörden eine allgemeine Delegation von Beurteilungsentscheidungen stattfinde. Dies entspreche auch dem unveränderten Willen des Innenministeriums als Richtliniengeber. Die Aufgabendelegation auf LPD L. sei ordnungsgemäß gewesen; sie sei mit ausdrücklichem Wissen und Wollen des Polizeipräsidenten erfolgt. Der wegen der Verwendung des Zusatzes „i.V.“ entstandene äußere Eindruck, dass eine Aufgabendelegation nicht vorliege, sei unter diesen Umständen unerheblich.
27Weiter tritt das beklagte Land den Annahmen des Verwaltungsgerichts eines zusätzlichen Verfahrensmangels und fehlender Plausibilität der Beurteilung entgegen.
28Das beklagte Land beantragt,
29das erstinstanzliche Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
30Der Kläger beantragt,
31die Berufung zurückzuweisen.
32Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
33Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge und Personalakten des beklagten Landes Bezug genommen.
34II.
35Der Senat entscheidet nach Anhörung der Beteiligten über die Berufung des beklagten Landes durch Beschluss nach § 130a VwGO, weil er sie einstimmig für begründet und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht für erforderlich hält.
36Die Berufung hat Erfolg. Sie ist zulässig und begründet.
37Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
38Die angefochtene dienstliche Beurteilung vom 13. Dezember 2011 ist rechtmäßig.
39Dienstliche Beurteilungen sind von den Verwaltungsgerichten nur beschränkt überprüfbar. Die Rechtmäßigkeitskontrolle hat sich darauf zu beschränken, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat oder ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat. Soweit der Dienstherr Richtlinien für die Abgabe dienstlicher Beurteilungen erlassen hat, ist vom Gericht auch zu prüfen, ob die Richtlinien eingehalten worden sind und ob sie mit den gesetzlichen Regelungen im Einklang stehen.
40Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Dezember 2002 - 2 C 31.01 -, NVwZ 2003, 1398.
41Die angefochtene Beurteilung hält einer Überprüfung an diesen Maßstäben stand.
421. Verfahrensmängel bestehen nicht.
43a) Das Beurteilungsverfahren ist hinsichtlich der Abfolge der Verfahrensschritte im Einklang mit den - ihrerseits bedenkenfreien - Regelungen der BRL Pol abgelaufen.
44Da der Kläger mehr als sechs Monate lang einem anderen Vorgesetzten als dem Erstbeurteiler unterstellt war, hatte dieser andere Vorgesetzte - POR T. - für den betreffenden Zeitraum - vom 2. August 2008 bis zum 13. August 2010 - einen Beurteilungsbeitrag abzugeben (Nr. 3.5 BRL Pol). Dies ist am 15. Dezember 2010 geschehen.
45Sodann hatte gemäß Nr. 9.1 Abs. 1 UAbs. 1 BRL Pol (erster Unterabsatz des ersten Absatzes mit der Überschrift „Erstbeurteilung“) der Erstbeurteiler mit dem Kläger zu Beginn des Beurteilungsverfahrens ein Gespräch zu führen. Dieses Gespräch fand am 18. August 2011 statt. Dieser Zeitpunkt lag kurz nach dem Ende des Beurteilungszeitraums (30. Juni 2011) und damit „zu Beginn“ des Beurteilungsverfahrens. Dass dem die direktionsinterne Beurteilerbesprechung (am 13. Juli 2011) vorausgegangen war, ist unschädlich. Die Angabe „zu Beginn“ bezieht sich allein auf die zeitliche Lage des Termins, an dem das Beurteilungsgespräch stattzufinden hat, besagt aber nicht, dass es der erste Verfahrensschritt in dem Beurteilungsverfahren zu sein hat. Dies wäre, wenn - wie hier - bereits Beurteilungsbeiträge abgegeben worden sind, die der Erstbeurteiler zu berücksichtigen hat (Nr. 9.1 Abs. 1 UAbs. 2 Satz 3 BRL Pol), überhaupt nicht möglich. Folgerichtig bestimmt Nr. 9.1 Abs. 1 UAbs. 4 Satz 2 BRL Pol, dass vor der Erstellung des Beurteilungsvorschlags Gespräche der Vorgesetzten mit den Erstbeurteilern „mit dem Ziel der Anwendung gleicher Beurteilungsmaßstäbe zulässig und sinnvoll“ sind.
46Der Erstbeurteiler, PD F. , gab seinen Beurteilungsvorschlag in dem dafür vorgesehenen Beurteilungsvorduck ab, in dem der Vorschlag als „Entwurf“ gekennzeichnet war. Er legte ihn einschließlich Vorblatt auf dem Dienstweg dem Schlusszeichnenden vor (Nr. 9.1 Abs. 2 UAbs. 3 Satz 1 BRL Pol). Dies war hier LPD L. als Vertreter des Polizeipräsidenten B. . LPD L. trug in dem Vorblatt später handschriftlich die abschließende Beurteilung ein (Nr. 9.1 Abs. 2 UAbs. 3 Satz 2 BRL Pol). Die handschriftlichen Ergänzungen wurden in das Original der Beurteilung aufgenommen und dieses wiederum LPD L. als dem Schlusszeichnendem zugeleitet (Nr. 9.1 Abs. 2 UAbs. 3 Satz 3 BRL Pol).
47Vor der Schlusszeichnung wurde am 7. Oktober 2011 die Beurteilerbesprechung gemäß Nr. 9.2 Abs. 2 Satz 2 BRL Pol abgehalten. Dabei zog der Schlusszeichnende, LPD L. , als Leiter dieser Besprechung weitere personen- und sachkundige Bedienstete heran, wie es die Bestimmung vorsieht.
48Aus dem Umstand, dass in der Beurteilerbesprechung ausweislich des Protokolls vom 10. Oktober 2011 die Beurteilung des Klägers nicht geändert wurde, hat das Verwaltungsgericht geschlossen, dass der Kläger in die Beurteilerbesprechung bereits mit dem abgesenkten Beurteilungsvorschlag „eingebracht“ worden sei. Ob dies in tatsächlicher Hinsicht zutrifft, kann dahinstehen. Ein Verfahrensmangel würde hieraus nicht folgen. Die Beurteilungsrichtlinien treffen keine Aussage dazu, in welcher Weise der Schlusszeichnende die Beratung durch die „weiteren Bediensteten“ in der Beurteilerbesprechung nach Nr. 9.2 Abs. 2 Satz 2 BRL Pol zu gestalten hat. Er muss sich zwar dem Beurteilungsvorschlag des Erstbeurteilers anschließen, wenn er zu einer Abweichung keinen Anlass hat (Nr. 9.2 Abs. 2 Satz 3 BRL Pol). Daraus ist aber nicht zu folgern, dass allein der Beurteilungsvorschlag die Grundlage der Erörterung in der Beurteilerbesprechung bilden müsste. Vielmehr ist es dem Schlusszeichnenden unbenommen, bereits zu Beginn der Beurteilerbesprechung einen abweichenden Vorschlag zu verfolgen, wenn er hierfür Anlass hat. Sichergestellt sein muss lediglich, dass ihm die Abweichung bewusst ist und er sie begründet, wenn er auch am Ende der Besprechung an ihr festhalten will. Dies ist hier - sogar unter ausdrücklicher Bezugnahme auf Nr. 9.2 BRL Pol - geschehen.
49b) Auch die Leitung der Beurteilerbesprechung sowie die Schlussunterzeichnung durch LPD L. anstelle des Polizeipräsidenten B. begegnet keinen Bedenken.
50Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts war es zulässig, dass LPD L. den Polizeipräsidenten B. als Leiter der Endbeurteilerbesprechung für die Beamten des gehobenen Dienstes (BesGr A12) am 7. Oktober 2011 vertrat. Dies ergibt sich aus § 8 Abs. 1 GO-KrPolBeh NRW, der auf das PP L. als Kreispolizeibehörde (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 POG NRW) Anwendung findet. Danach hat der Polizeipräsident als Behördenleiter einen allgemeinen Vertreter. Er vertritt ihn im Falle von Abwesenheit oder Verhinderung. Dieser allgemeine Vertreter war hier LPD L. , der somit den Polizeipräsidenten B. bei dessen Abwesenheit oder Verhinderung vertrat. Ein solcher Fall war bei der Endbeurteilerbesprechung am 6. und 7. Oktober 2011 gegeben.
51Unter den beiden in der Geschäftsordnung genannten Vertretungsfällen ist derjenige der „Verhinderung“ der Oberbegriff. Er bezeichnet alle Tatbestände, die den Behördenleiter aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen davon abhalten, seinen Amtsgeschäften nachzugehen, wie z. B. Krankheit, Befangenheit oder Ortsabwesenheit. Der letzte Fall wird zusätzlich mit dem Begriff der „Abwesenheit“ aufgegriffen, der damit einen Unterfall der Verhinderung bildet. Dabei muss sich der Behördenleiter nicht notwendig an einem anderen Ort als dem Sitz der Dienststelle aufhalten; es reicht aus, dass er sich außerhalb des Dienstgebäudes befindet und daher dort nicht tätig werden kann. Zu dem Grund oder Anlass der Abwesenheit macht die Vorschrift keine Angaben. Daraus folgt, dass jede dienstliche Veranlassung der Abwesenheit genügt.
52Durch auszugsweise Vorlage seines Terminkalenders hat Polizeipräsident B. bereits im erstinstanzlichen Verfahren belegt, dass er am 6. und 7. Oktober 2011 in diesem Sinne abwesend und somit an der Teilnahme bei der Endbeurteilerbesprechung verhindert war. Am 6. Oktober 2011 hatte er ab 10.00 Uhr einen Termin beim Ministerium für Inneres und Kommunales (MIK) in E. , der ihn einschließlich der Rückkehr nach L. bis 13.00 Uhr in Anspruch nahm. Ab 15.00 Uhr wohnte er der Amtseinführung der neuen Leiterin der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in L. bei. Am folgenden Tag hatte er durchgehend Termine an seiner früheren Dienststelle, dem PP Bonn, wo er vor dem 4. Oktober 2011 Polizeipräsident war. Dass diese Termine teilweise noch aus der früheren Tätigkeit herrührten, er sie insoweit also nicht als Polizeipräsident L. wahrnahm, ändert nichts an ihrem dienstlichen Charakter und damit an der Ortsabwesenheit aus dienstlichen Gründen.
53Das von dem Verwaltungsgericht eingeführte Kriterium, die persönliche Teilnahme des Polizeipräsidenten an den von ihm wahrgenommenen Terminen müsse „zwingend“ gewesen sein, hat in der GO-KrPolBeh NRW ebenso wenig eine Stütze wie das dem zur Seite gestellte Kriterium einer „nachvollziehbaren“ Verhinderung. Der Wortlaut des Runderlasses gibt für derartige Einschränkungen der Vertretungsmöglichkeiten nichts her. Auch aus systematischen Gesichtspunkten oder nach Sinn und Zweck der Regelung ist keine Notwendigkeit erkennbar, die genannten Erfordernisse aufzustellen. Die Entscheidung darüber, welchen Terminen oder sonstigen Amtsgeschäften er Vorrang einräumt, obliegt vielmehr zunächst dem Polizeipräsidenten als Behördenleiter. Sie muss nicht „nachvollziehbar“ oder gar „zwingend“ sein, um in dem Falle, dass die Wahrnehmung des Amtsgeschäfts das Verlassen des Dienstgebäudes erfordert, seine Verhinderung zu begründen. Eine gerichtliche Kontrolle im Sinne einer Überprüfung der Verhinderungsgründe wäre allenfalls bei dem Verdacht eines Missbrauchs der Vertretungsregelungen angezeigt, der aber im Streitfall nicht besteht.
54Abweichendes gilt auch nicht für dienstliche Beurteilungen. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, dass bei der Abgabe solcher Beurteilungen sowie der vorangehenden Besprechung eine Vertretung in geringerem Umfang möglich sein soll als bei anderen Amtsgeschäften. Insbesondere enthalten die BRL Pol keinen Hinweis darauf, dass sie eine höchstpersönliche Führung des Beurteilungsverfahrens verlangen. Im Gegenteil ergab sich aus den Erläuterungen zu ihrer früheren Fassung (RdErl. d. Innenministeriums vom 25. Januar 1996 - IV B 1 - 3034 H, MBl. NRW. S. 278), dass sie eine Delegation des Beurteilungsverfahrens zuließen.
55Vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. Dezember 2007 - 6 A 1414/05 -, juris, m.w.N.
56Dies trifft auch weiterhin zu. Die maßgebliche Bestimmung ist die mit der früheren Fassung der BRL Pol wörtlich übereinstimmende Nr. 9.3, wonach die Schlusszeichnung bei der Beurteilung von Beamten des gehobenen Dienstes dem Behördenleiter, hier also dem Polizeipräsidenten, obliegt. Zu einer Delegationsmöglichkeit wird hierbei keine Aussage getroffen. Indessen ist der Wortlaut der Richtlinie nicht ausschlaggebend. Für die Anwendung von Beurteilungsrichtlinien oder anderen Verwaltungsvorschriften ist die tatsächliche Handhabung entscheidend, sofern diese zu einer einheitlichen Verwaltungspraxis geführt hat.
57Vgl. BVerwG, Urteil vom 2. März 2000 - 2 C 7.99 -, NVwZ-RR 2000, 621 = juris, Rn. 19.
58Die tatsächliche Handhabung der Vertretungsmöglichkeit war nach der bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Auskunft (Schreiben vom 8. März 2013) des zuständigen MIK nahezu 15 Jahre lang (unter der Geltung der alten BRL Pol) landesweit durch folgenden Satz der früheren Erläuterungen zu Nr. 9.3 BRL Pol (dort S. 136) geprägt:
59„Diese Zuständigkeit kann auf die Vertreterin oder den Vertreter delegiert werden.“
60Daraus, dass es zu der neuen Fassung der BRL Pol erläuternde Hinweise wie zu der alten Fassung nicht mehr gibt, kann nicht geschlossen werden, dass nun eine den früheren Erläuterungen entsprechende Handhabung nicht mehr zulässig wäre. Das Ministerium hat vielmehr mitgeteilt, die tatsächliche Handhabung habe sich seit der Novellierung nicht geändert. Hierfür gäbe es aus Sicht des MIK auch keinen Anlass. Insbesondere hat das Ministerium nach seinen Angaben nicht etwa deshalb auf eine Erläuterung wie die frühere verzichtet, weil es von der damals ausdrücklich für zulässig erklärten Vertretungsmöglichkeit abrücken wollte.
61Die Verhinderung des Polizeipräsidenten am 6. und 7. Oktober 2011 hatte zur Folge, dass der Vertretungsfall eintrat und damit die Zuständigkeit für die Leitung der Endbeurteilerbesprechung an beiden Tagen auf LPD L. überging.
62War danach LPD L. in nicht zu beanstandender Weise schon bei der Endbeurteilerbesprechung als Vertreter des Polizeipräsidenten tätig geworden, so begegnet es auch keinen Bedenken, wenn er die Schlusszeichnung der dienstlichen Beurteilung ebenfalls als dessen Vertreter vornahm. Die Beurteilungsrichtlinien stellen einen Zusammenhang zwischen der Leitung der Beurteilerbesprechung und der Schlusszeichnung in der Weise her, dass die Beurteilerbesprechung ein Instrumentarium ist, dessen sich der Schlusszeichnende zur abschließenden Entscheidung über das Gesamturteil bedient (Nr. 9.2 Abs. 2 Satz 2 BRL Pol). Nachdem dieses Instrumentarium nicht durch den Polizeipräsidenten selbst, sondern in zulässiger Weise durch seinen Vertreter gebraucht worden war, ist es folgerichtig, dass dieser auch die Schlusszeichnung vornahm. Durch den Zusatz „i.V.“ hat LPD L. dabei deutlich gemacht, dass er die Unterschrift nicht in Ausübung seiner eigenen Amtsbefugnisse, sondern derer des Polizeipräsidenten leistete.
632. Die dienstliche Beurteilung vom 13. Dezember 2011 weist auch in materieller Hinsicht keine Mängel auf, die der gerichtlichen Prüfung unterliegen und daher zu ihrer Aufhebung führen könnten. Der Dienstherr hat weder einen unrichtigen Sachverhalt angenommen noch allgemeine Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt. Insbesondere ist die dienstliche Beurteilung plausibel.
64a) Der Beurteilungsbeitrag des POR T. ist hinreichend berücksichtigt worden.
65Nach Nr. 9.1 Abs. 2 Satz 3 BRL Pol hat der Erstbeurteiler vorliegende Beurteilungsbeiträge zu berücksichtigen. Der beschließende Senat hat dies dahin beschrieben, dass der Beurteiler den Beurteilungsbeitrag würdigt und in Beziehung zu seinen eigenen Anschauungen und sonstigen Erkenntnissen setzt. Eine Bindung an den Beurteilungsbeitrag besteht auch dann nicht, wenn dieser einen großen Teil des Beurteilungszeitraums abdeckt. Denn im System der Regelbeurteilung können sich Bewertungsunterschiede zwischen einem Beurteilungsbeitrag und der Beurteilung selbst insbesondere daraus ergeben, dass der Beurteilungsbeitrag außerhalb eines die gesamte Vergleichsgruppe erfassenden Beurteilungsverfahrens erstellt wird und somit ‑ im Gegensatz zu der Beurteilung ‑ nicht auf einem Quervergleich mit den übrigen zur Organisationseinheit gehörenden Beamten desselben Statusamtes beruht.
66Einen erheblichen Teil des Beurteilungszeitraums erfassende Beurteilungsbeiträge müssen zwar mit einem dem entsprechenden Gewicht in die Beurteilung einfließen. Dies ändert aber nichts daran, dass der Beurteiler seine Bewertung aufgrund einer Gesamtwürdigung in eigener Entscheidung zu treffen hat. Er ist an die in den Beurteilungsbeiträgen enthaltenen Werturteile nicht in der Weise gebunden, dass er sie in seine Beurteilung „fortschreibend“ übernehmen müsste. Vielmehr kann er gegenüber den Feststellungen und Bewertungen Dritter zu abweichenden Erkenntnissen gelangen. Er übt seinen Beurteilungsspielraum jedoch nur dann rechtmäßig aus, wenn er die Beurteilungsbeiträge in seine Überlegungen einbezieht. Abweichungen müssen nachvollziehbar begründet werden.
67Vgl. zum Ganzen zuletzt OVG NRW, Beschluss vom 17. Februar 2015 - 6 A 180/14 -, juris, m.w.N.
68Der Erstbeurteiler, PD F. , ist in dieser Weise verfahren, wie er bei seiner Zeugenvernehmung vor dem Verwaltungsgericht erläutert hat. Er hat den Beurteilungsbeitrag zur Kenntnis genommen und insofern berücksichtigt, als er den Kläger in allen Merkmalen mit 4 Punkten bewertet hat. In seiner eigenen Einschätzung hätte der Kläger eher etwas schwächer abgeschnitten, wäre nämlich in einigen Merkmalen möglichweise nur mit 3 Punkten bewertet worden. Die Abweichung von der günstigeren Bewertung des Beurteilungsbeitrags (32 statt 37 Punkte) hat der Erstbeurteiler mit dem Verweis auf seine eigenen Eindrücke nachvollziehbar erklären können. Danach hätte er den Kläger in den zehn Monaten, in denen er ihm unterstand, zwar im Gesamturteil mit 4 Punkten eingestuft, habe seine Leistungen aber „nicht so gut gesehen wie in dem Beurteilungsbeitrag attestiert“. Es ist unter diesen Umständen plausibel, dass er davon Abstand genommen hat, einzelne Merkmale mit der Spitzennote von 5 Punkten zu bewerten, wie in dem Beurteilungsbeitrag geschehen.
69b) Die nochmalige Abweichung von dem Beurteilungsvorschlag bei der Summe der Merkmale, wie sie in der Beurteilung vorgenommen wurde (28 statt 32 Punkte), beruht auf der Endbeurteilerbesprechung, in der ein behördenweiter Quervergleich angestellt worden ist. Dies kommt in der der Beurteilung beigegebenen Begründung nach Nr. 9.2 BRL Pol zum Ausdruck. Bedenken bestehen insoweit nicht.
70c) Der Beurteilung fehlt es auch nicht an Plausibilität hinsichtlich des Verhältnisses der Einzelmerkmale zum Gesamturteil.
71Gemäß Nr. 8.1 BRL Pol ist die Gesamtnote aus der Bewertung der Leistungs- und Befähigungsmerkmale unter Würdigung ihrer Gewichtung und der Gesamtpersönlichkeit des Beamten zu bilden und in Punkten festzusetzen. Ein Punktwert als arithmetisches Mittel aus den Bewertungen der einzelnen Merkmale ist nicht zu bilden.
72Daraus ergibt sich, dass das Gesamturteil nicht in unauflösbarem Widerspruch zu der Bewertung der Einzelmerkmale stehen darf. Ist dies der Fall, so ist die dienstliche Beurteilung nicht plausibel und damit rechtswidrig.
73Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. März 2008 - 6 A 1408/07 -, juris.
74Ein Widerspruch zwischen der Bewertung der Merkmale und dem Gesamturteil ist hier nicht gegeben. Werden von acht Merkmalen vier mit 4 Punkten und die anderen vier mit 3 Punkten bewertet, so steht das Gesamturteil offenbar „auf der Kippe“ zwischen zwei Möglichkeiten. Eine Gesamtbeurteilung mit 3 Punkten ist in einer solchen Konstellation nicht weniger plausibel als eine solche mit 4 Punkten.
75Der von dem Verwaltungsgericht hierzu vermissten ausdrücklichen Begründung mit überprüfbarer Gewichtung der Merkmale bedurfte es nicht. Ein solches Erfordernis ergibt sich weder aus allgemeinen Beurteilungsgrundsätzen noch findet es sich in den BRL Pol. Vielmehr ist auch insoweit die nach Nr. 9.2 BRL Pol gegebene Begründung ausreichend. Aus ihr geht sinngemäß hervor, dass sich aus dem behördenweiten Quervergleich ergeben habe, dass das niedrigere der beiden in Frage kommenden Gesamturteile zu vergeben war.
76Die von dem Verwaltungsgericht für seine Auffassung angeführte Entscheidung
77VG Aachen, Urteil vom 30. September 2010 - 1 K 443/09 -, juris, Rn. 24,
78ist nicht einschlägig, worauf die Berufung zutreffend hinweist. Sie betraf eine Konstellation, bei der es außer den Einzelmerkmalen noch Submerkmale gab und die Bewertung der meisten Submerkmale besser ausgefallen war als die Gesamtnote.
79d) Die Bewertung der Merkmale im Einzelnen weist keinen Rechtsfehler auf.
80Dies gilt insbesondere für das Merkmal „Veränderungskompetenz“, dessen Absenkung von 4 auf 3 Punkte gegenüber dem Beurteilungsvorschlag der Kläger kritisiert. Das beklagte Land hat Gründe nennen können, die eine Einschätzung dahingehend, der Kläger habe in diesem Punkt nichts Überdurchschnittliches geleistet, nachvollziehbar und damit plausibel erscheinen lässt.
81Den von dem Kläger ins Feld geführten Bemühungen um eine veränderte dienstliche Verwendung hat es entgegengehalten, dass er von der Gelegenheit, sich tatsächlich um Führungsaufgaben zu bewerben, keinen Gebrauch gemacht hat. Dies hat der Kläger ausdrücklich bestätigt und Gründe dafür genannt, warum er von den Stellenbewerbungen Abstand genommen hat. Diese Gründe mögen verständlich sein, ändern aber nichts daran, dass es zu den Bewerbungen, auf die er sich ggf. für eine bessere Bewertung seiner Veränderungskompetenz hätte berufen können, nicht gekommen ist.
82Der weiteren Einschätzung des Klägers, er habe mit seiner Abteilung eine „Pionierarbeit“ auf dem Gebiet (Arbeitsrate) der „Überprüfung der Elektrogeräte“ geleistet, ist das beklagte Land ebenfalls mit nachvollziehbaren Erwägungen entgegengetreten. Sie ergeben sich im Einzelnen aus der Stellungnahme des Erstbeurteilers, PD F. , vom 14. Januar 2013. Danach hatte der Kläger schon vor dem hier in Rede stehenden Beurteilungszeitraum die Verantwortung für diesen Bereich. Im Beurteilungszeitraum hätten sich keine Veränderungen ergeben, die Anlass für eine bessere Beurteilung gegeben hätten.
83e) Schließlich ist die Schwerbehinderung des Klägers berücksichtigt worden.
84Die Tatsache der Schwerbehinderung ist ebenso wie die Anhörung und Stellungnahme der Schwerbehindertenvertretung in der Beurteilung vermerkt worden (Nr. 10.2 Abs. 4 BRL Pol).
85Auch die Folgen der Schwerbehinderung für die Arbeitsleistung wurden gewürdigt (Nr. 10.1 BRL Pol). Unter Punkt III.5 der Beurteilung ist festgehalten, dass sie sich nicht auf die Leistung und Befähigung ausgewirkt habe. Anhaltspunkte dafür, dass dies unzutreffend sein könnte, hat der Kläger nicht aufgezeigt.
86Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
87Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO und des § 127 BRRG nicht gegeben sind.
88Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 40, 47 Abs. 1 GKG i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG.
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Das Oberverwaltungsgericht kann über die Berufung durch Beschluß entscheiden, wenn es sie einstimmig für begründet oder einstimmig für unbegründet hält und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. § 125 Abs. 2 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.
Für die Revision gegen das Urteil eines Oberverwaltungsgerichts über eine Klage aus dem Beamtenverhältnis gilt folgendes:
- 1.
Die Revision ist außer in den Fällen des § 132 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung zuzulassen, wenn das Urteil von der Entscheidung eines anderen Oberverwaltungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht, solange eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist. - 2.
Die Revision kann außer auf die Verletzung von Bundesrecht darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Landesrecht beruht.
Für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der den jeweiligen Streitgegenstand betreffenden Antragstellung maßgebend, die den Rechtszug einleitet.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.