Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 14. Juni 2016 - 2 K 5851/15
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der auf Grund des Urteils vollstreckbaren Kosten abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % der jeweils vollstreckbaren Kosten leistet.
1
Tatbestand:
3Die Klägerin steht im Polizeidienst des beklagten Landes. Sie ist im Polizeipräsidium X. (im Folgenden: Polizeipräsidium) in der Zentralabteilung tätig und leitet seit dem 21. Juli 2015 das Sachgebiet ZA 1.4.
4Für den Zeitraum vom 1. Juli 2011 bis zum 31. Mai 2014 wurde über die Klägerin eine dienstliche Regelbeurteilung erstellt. Während dieser Zeit wurde sie am 28. Februar 2014 zur Regierungsoberinspektorin (ROI´in) befördert.
5Für den genannten Beurteilungszeitraum gab Polizeipräsidentin (PP´in) S. mit Schreiben vom 29. April 2014 an alle Erstbeurteiler die Einzelheiten zum Ablauf des Regelbeurteilungsverfahrens für den gehobenen und mittleren Dienst zum Stichtag 31. Mai 2014 bekannt. Darin wurde unter anderem ausgeführt, dass die Beurteilungsvorschläge von den Erstbeurteilern mit Vorblatt mit ihrem jeweiligen Notenvotum zu erstellen seien und sodann die Weitergabe an die Linienvorgesetzten erfolge. Weiter heißt es, wenn dem Beurteilungsvorschlag des Erstbeurteilers aus Sicht des Linienvorgesetzten nicht zu folgen sei, sei dies auf dem Beurteilungsvorblatt kenntlich zu machen. Die „abweichende Stellungnahme" auf der Rückseite des Vorblattes, das als Arbeitspapier diene, könne sich zunächst darauf beschränken, ob individuelle oder einzelfallübergreifende Gründe, beispielsweise eine anderslautende Einschätzung der dienstlichen Leistungen in Relation zu den übrigen Angehörigen der Vergleichsgruppe („Quervergleich") ausschlaggebend für die Anhebung bzw. Absenkung des Beurteilungsvorschlags gewesen seien. Außerdem gelte für die Beamtinnen und Beamten, die nach ihrer letzten Beurteilung befördert worden seien, dass die neue Beurteilung gegenüber der vorherigen im statusniedrigeren Amt – auch um mehr als einen Punkt – geringer ausfallen könne, denn mit dem höheren Statusamt seien regelmäßig höhere Anforderungen an Leistung und Befähigung verbunden. Dies könne auf mangelnder Leistungskonstanz oder auf dem hohen Leistungsniveau der neuen Vergleichsgruppe beruhen. Eine Vergabe von 4 oder 5 Punkten im Gesamturteil an diese Beamtinnen und Beamten werde daher nur in besonderen, begründbaren Fällen plausibel sein. Dieser Orientierungsrahmen solle aber nicht die Vergabe von Prädikatsbeurteilungen an leistungsstarke Beamtinnen und Beamte nach erfolgter Beförderung verhindern.
6Am 10. Juni 2014 fand das Beurteilungsgespräch zwischen der Klägerin und ihrer Erstbeurteilerin, Regierungsamtsfrau (RAmtfr.) T. , statt. Im Beurteilungsvorschlag erhielt die Klägerin daraufhin das Gesamturteil „übertrifft die Anforderungen in besonderem Maße" und insgesamt 33 Punkte in den einzelnen Leistungs- und Befähigungsmerkmalen. Im Einzelnen bewertete die Erstbeurteilerin die Merkmale „Leistungsgüte“ und „Soziale Kompetenz" mit jeweils 4 Punkten und die übrigen fünf Merkmale mit jeweils 5 Punkten.
7Die Beurteilung wurde anschließend durch die Linienvorgesetzten, Regierungsamtsrat (RAR) I. und Leitenden Regierungsdirektor (LRD) I1. , Direktionsleiter ZA, mit einem abweichenden Votum zum Vorschlag der Erstbeurteilerin versehen. RAR I. schlug eine Beurteilung der Klägerin mit einem Gesamtergebnis von 3 Punkten vor, wobei er für eine Bewertung der Merkmale „Arbeitseinsatz“, „Arbeitsorganisation“ und „Mitarbeiterführung“ mit 4 Punkten und der übrigen Merkmale mit 3 Punkten votierte. Als Grund für die vorgenommene Absenkung gab er an, der Beurteilungsmaßstab sei nicht ausreichend berücksichtigt worden; die Beurteilung sei im Quervergleich auch aufgrund des sehr kurzen Beurteilungszeitraums im neuen statusrechtlichen Amt nicht sachgerecht und mache eine Maßstabsverkürzung deutlich. LRD I1. schlug in seinem Votum ebenfalls ein Gesamtergebnis von 3 Punkten vor, die Merkmale „Arbeitseinsatz“ und „Mitarbeiterführung“ bewertete er mit 4 Punkten, die übrigen Merkmale sämtlich mit 3 Punkten. Zur Begründung seines Vorschlags verwies er auf die Anwendung eines einheitlichen Vergleichsmaßstabs in der Vergleichsgruppe.
8Am 4. und 5. August 2014 fand die Beurteilerbesprechung statt. Ausweislich des Ergebnisprotokolls vom 6. August 2014 nahm daran neben PP´in S. unter anderem LRD I1. teil. Im Protokoll wurde festgehalten, dass bei der Beurteilerbesprechung die Beurteilungsvorschläge für die Beamtinnen und Beamten aller Vergleichsgruppen vorgelegen hätten und getrennt nach Vergleichsgruppen in die Besprechung eingeführt worden seien. Die Leiter der Direktionen, der Leiter des Leitungsstabes sowie der Leiter der Pressestelle hätten die Gelegenheit wahrgenommen, zum Leistungsbild der ihrem jeweiligen Führungsbereich angehörenden zu Beurteilenden näher vorzutragen, ihr Votum zu den Beurteilungsvorschlägen im Einzelnen zu begründen und diesbezügliche Fragen der Endbeurteilerin zu beantworten. Alle Veränderungen seien unter Berücksichtigung des Quervergleichs erfolgt.
9Mit Datum vom 1. Oktober 2014 unterzeichnete PP´in S. die Beurteilung der Klägerin. Die Bekanntgabe an die Klägerin erfolgte am 7. Oktober 2014. Sie erhielt entsprechend dem Votum von LRD I1. die Gesamtnote „entspricht voll den Anforderungen"; in den Merkmalen „Arbeitseinsatz" und „Mitarbeiterfürhung“ wurde sie mit 4 Punkten und in den übrigen Merkmalen mit jeweils 3 Punkten bewertet. In der Anlage zur Beurteilung wurde ausgeführt, dass die Leistungen der Klägerin unter Anlegung eines einheitlichen Beurteilungsmaßstabes einem Quervergleich mit denen der übrigen Angehörigen der Vergleichsgruppe unterzogen worden seien.
10Die Klägerin hat am 27. August 2015 Klage erhoben.
11Sie ist der Ansicht, die angegriffene Beurteilung sei fehlerhaft. Aus dem Protokoll der Beurteilerkonferenz ergebe sich nicht, dass ein Vergleich ihrer Leistungen mit denen aller Angehörigen der Vergleichsgruppe durchgeführt worden sei. Die abweichenden Stellungnahmen der beiden Linienvorgesetzten könnten nicht auf einem behördenweiten Quervergleich basieren, da ein solcher Vergleich den beiden Vorgesetzten gar nicht möglich sei. Vielmehr könnten die Stellungnahmen lediglich Ausfluss einer anderen persönlichen Leistungseinschätzung sein. Eine sachgerechte persönliche Einschätzung seitens der Linienvorgesetzten sei jedoch mangels ausreichender dienstlicher Kontakte gar nicht möglich. Ein tatsächlicher Quervergleich mit anderen Angehörigen der Vergleichsgruppe habe in der Beurteilerkonferenz gar nicht stattgefunden, da sich die Endbeurteilerin lediglich auf die abweichenden Stellungnahmen der Linienvorgesetzten berufen habe. Außerdem sei die Beurteilung nicht ausreichend plausibilisiert worden. Es sei nicht nachvollziehbar, unter welchen Gesichtspunkten die Merkmale zur Abweichung ausgewählt worden seien und in welchem Maße dies geschehen sei. Erforderlich sei eine differenzierte Plausibilisierung, insbesondere deshalb, weil nicht alle einzelnen Beurteilungsmerkmale einheitlich abgestuft worden seien. Es müsse konkret dargelegt werden, wie die Endbeurteilerin entschieden habe, welche Merkmale wie stark abgesenkt worden seien.
12Die Klägerin beantragt,
13das beklagte Land zu verpflichten, die dienstliche Beurteilung der Klägerin vom 1.10.2014 für den Zeitraum vom 1.7.2011 bis 31.5.2014 aufzuheben und die Klägerin für diesen Zeitraum erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts dienstlich zu beurteilen.
14Das beklagte Land beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Es ist der Auffassung, die dienstliche Beurteilung sei sowohl formal als auch inhaltlich fehlerfrei erstellt worden. Es sei dem Grundsatz der Bestenauslese Rechnung getragen worden, indem die persönlichen Leistungen eines jeden Beamten innerhalb seiner Vergleichsgruppe erörtert und verglichen worden seien. Die Veränderungen gegenüber dem Beurteilungsvorschlag der Erstbeurteilerin habe die Endbeurteilerin nach der Beratung durch die Direktionsleiter aufgrund eines Leistungsquervergleichs aller Beamtinnen und Beamten der Vergleichsgruppen in der Beurteilerkonferenz beschlossen. Bei dieser Konferenz seien alle zu beurteilenden Beamtinnen und Beamten in jeder Vergleichsgruppe der Reihe nach angesprochen worden, so auch die Klägerin. Die Endbeurteilerin habe sich bei ihrer Bewertung sowohl der Vorgesetzten der Klägerin als auch weiterer personen- und sachkundiger Bediensteter bedient. Eine auf einzelne Leistungsmerkmale bezogene Plausibilisierung der erfolgten Abstufung sei bei einer generellen Maßstabsverkennung der Erstbeurteilerin nicht notwendig. Bei der Beurteilung der Klägerin sei insbesondere zu berücksichtigen, dass bei einer erfolgten Beförderung eine Maßstabsverschärfung stattfinde und der oder die Beurteilte sich in einer neuen Vergleichsgruppe mit den dortigen Leistungsanforderungen messen müsse. Die Klägerin habe sich nach ihrer Beförderung in das nach Besoldungsgruppe A 10 bewertete Statusamt einer Regierungsoberinspektorin zum Beurteilungsstichtag erst seit drei Monaten in der entsprechenden Vergleichsgruppe befunden, sodass die gezeigten Leistungen nach der Beförderung in einem anderen Lichte zu bewerten gewesen seien. Diesen Maßstab habe die Erstbeurteilerin offensichtlich verkannt. Anhaltspunkte für eine wie in ihrem Beurteilungsvorschlag zum Ausdruck kommende erhebliche Leistungssteigerung innerhalb kürzester Zeit, durch die die Klägerin mindestens 90 Prozent der Vergleichsgruppenangehörigen hinter sich gelassen hätte, seien nicht gegeben gewesen. Sofern - wie hier - die anders lautende Endbeurteilung nicht auf einer abweichenden Bewertung des individuellen Leistungs- und Befähigungsprofils, sondern auf einzelfallübergreifenden Erwägungen beruhe, könne und müsse die Abweichungsbegründung diese Gesichtspunkte in den Mittelpunkt stellen. Dass derartige Begründungen auf Grund ihrer Abstrahierung möglicherweise formelhaft wirkten, sei noch kein Begründungsdefizit.
17Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, des beigezogenen Verwaltungsvorgangs und der Personalakte der Klägerin Bezug genommen.
18Entscheidungsgründe:
19Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist als Leistungsklage zulässig, aber unbegründet.
20Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen das beklagte Land auf Aufhebung der streitigen und Erstellung einer neuen dienstlichen Beurteilung. Die Beurteilung des Polizeipräsidiums X. vom 1. Oktober 2014 ist rechtmäßig.
21Nach ständiger Rechtsprechung,
22vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 24. November 2005 - 2 C 34.04 -, juris, Rn. 8; OVG NRW, Urteil vom 7. Juli 2015 - 6 A 360/14 -, juris, Rn. 31; Beschluss vom 7. April 2011 - 6 A 1495/10 -, juris, Rn. 14,
23unterliegen dienstliche Beurteilungen nur der eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung. Die Entscheidung des Dienstherrn darüber, ob und in welchem Grade ein Beamter die für sein Amt und für seine Laufbahn erforderliche Befähigung und fachliche Leistung aufweist, ist ein von der Rechtsordnung dem Dienstherrn vorbehaltener Akt wertender Erkenntnis. Die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung hat sich deshalb darauf zu beschränken, ob der Dienstherr den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich frei bewegen kann, verkannt hat oder ob er von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat.
24Der Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet es ferner, dass der Dienstherr, wenn er - wie hier - für einen Verwaltungsbereich Beurteilungsrichtlinien geschaffen hat, diese gleichmäßig auf alle zu beurteilenden Beamten anwendet. Die gerichtliche Kontrolle ist insoweit auf die Prüfung beschränkt, ob das tatsächlich durchgeführte Beurteilungsverfahren die in den Beurteilungsrichtlinien vorgegebenen wesentlichen Verfahrensstadien und Abläufe eingehalten hat und ob die beurteilten Beamten nach den gleichen Maßstäben beurteilt worden sind.
25Vgl. allgemein BVerwG, Urteil vom 30. April 1981 - 2 C 8.79 -, juris, Rn. 22; OVG NRW, Beschluss vom 26. September 2014 - 6 A 1767/11 -, juris, Rn. 9; Beschluss vom 22. September 2011 - 6 A 1284/11 -, juris, Rn. 10.
26Die Beurteilung vom 1. Oktober 2014 ist zunächst unter Beachtung der Form- und Verfahrensvorschriften erstellt worden. Insbesondere hat die Erstbeurteilerin am 10. Juni 2014 vor Erstellung ihres Beurteilungsvorschlags das nach Nr. 9.1 Abs. 1 der Richtlinien für die dienstliche Beurteilung der Beamten und Beamtinnen im Bereich der Polizei (BRL Pol) vorgeschriebene Beurteilungsgespräch mit der Klägerin geführt.
27Darüber hinaus fand am 4. und 5. August 2014 unter Leitung von PP´in S. als nach Nr. 9.3 BRL Pol zuständiger Endbeurteilerin in Anwesenheit weiterer personen- und sachkundiger Bediensteter einschließlich der Gleichstellungsbeauftragten die Beurteilerbesprechung nach Nr. 9.2 Abs. 2 Sätze 2 und 3 BRL Pol statt.
28Das Gericht vermag auch keine materiell-rechtlichen Fehler festzustellen.
29Bei der Beurteilerbesprechung ist nach Auffassung des Gerichts der erforderliche (behördenweite) Quervergleich der Leistungen der Klägerin mit denen der Angehörigen ihrer Vergleichsgruppe erfolgt. Das beklagte Land kann seine Darstellung, dass alle zu beurteilenden Beamten der Reihe nach angesprochen worden seien und ein Quervergleich durchgeführt worden sei, auf das Ergebnisprotokoll vom 6. August 2014 stützen. Diesem zufolge wurden die Beurteilungsvorschläge für die Beamten aller Vergleichsgruppen - also auch der Vergleichsgruppe A 10 der Klägerin - in die Besprechung eingeführt. Aus welchen Gründen dies entgegen der Darstellung im Protokoll allgemein oder speziell im Fall der Klägerin nicht der Fall gewesen sein sollte, ist nicht erkennbar. Der Vertreter des beklagten Landes hat im Termin zur mündlichen Verhandlung angegeben, dass die Beurteilungsvorschläge und abweichenden Stellungnahmen einzeln mittels eines Computers „an die Wand geworfen" werden und anschließend ein Quervergleich erfolgt. Diese Vorgehensweise ist dem Gericht aus vergleichbaren Verfahren zu derselben Beurteilungsrunde aus demselben Polizeipräsidium bekannt und in rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden.
30Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 6. Oktober 2015 – 2 K 7176/14 -, juris, Rn. 42.
31Zudem war als Linienvorgesetzter der Klägerin der Direktionsleiter ZA, LRD I1. , bei der Besprechung zugegen, der ausweislich des Protokolls auch Gelegenheit hatte, zum Leistungsbild der zu Beurteilenden aus der Direktion ZA - somit auch zu dem der Klägerin - näher vorzutragen und sein Votum zum Beurteilungsvorschlag im Einzelnen zu begründen. Insofern bezweifelt das Gericht auch nicht, dass die Endbeurteilerin die Abweichungen vom Beurteilungsvorschlag nach erfolgter Diskussion und durchgeführtem Quervergleich beschlossen hat.
32Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass die Endbeurteilerin die Leistungen der Klägerin nicht einem behördenweiten Quervergleich unterzogen hat. Hierfür spricht bereits der Umstand, dass nach dem Protokoll der Beurteilerkonferenz und den Angaben des Vertreters des beklagten Landes im Termin zur mündlichen Verhandlung die Beurteilungsvorschläge der Erstbeurteiler sowie die Voten der Linienvorgesetzten hinsichtlich aller Angehörigen der jeweiligen Vergleichsgruppe aus dem gesamten Polizeipräsidium Gegenstand der Besprechung waren. Dass sich demgegenüber die abweichenden Voten der Linienvorgesetzten der Klägerin RAR I. und LRD I1. nur auf einen Quervergleich mit denjenigen Beamten der ihnen unterstehenden Organisationseinheit beziehen konnten, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Es entspricht den Vorgaben der BRL Pol zum Beurteilungsverfahren, dass der Vorschlag des Erstbeurteilers über die Linie zum Endbeurteiler weitergereicht wird. Nach Nr. 9.1 „Erstbeurteilung" Abs. 5 BRL Pol ist der Beurteilungsvorschlag dem Schlusszeichnenden auf dem Dienstweg zur abschließenden Beurteilung vorzulegen. Dabei haben die Vorgesetzten der Erstbeurteiler den Vorschlag mit ihren Vorgesetzten zu erörtern und auch zu berücksichtigen, inwieweit der zu Beurteilende im Vergleich zu anderen ihnen unterstehenden Beamten der Vergleichsgruppe den Anforderungen entsprochen hat. Daraus folgt gerade die Möglichkeit einer abweichenden Stellungnahme und Bewertung durch den Linienvorgesetzten,
33vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 6. Oktober 2015 - 2 K 7176/14 -, juris, Rn. 43,
34wie dies im Streitfall durch LRD I1. und RAR I. geschah. Gemäß Nr. 9.1 „Erstellung der Beurteilungen" Abs. 3 BRL Pol ist der Beurteilungsvorschlag sodann als Entwurf zu kennzeichnen und einschließlich des Vorblatts - hier mit der abweichenden Stellungnahme und Bewertung - auf dem Dienstweg dem Schlusszeichnenden vorzulegen. Nach Nr. 9.2 „Schlusszeichnung“ Abs. 1 BRL Pol ist der Schlusszeichnende zur Anwendung gleicher Beurteilungsmaßstäbe verpflichtet und soll bei Regelbeurteilungen die zur einheitlichen Anwendung festgelegten Richtsätze berücksichtigen. Gemäß Abs. 2 der Bestimmung sind die Beurteilungen in der Beurteilerbesprechung mit dem Ziel zu erörtern, leistungsgerecht abgestufte und untereinander vergleichbare Beurteilungen zu erreichen. Genau dieses Verfahren ist hier eingehalten worden, indem die Linienvorgesetzten der Klägerin den Beurteilungsvorschlag aufgrund eines Quervergleiches mit den ihnen unterstehenden Beamten abweichend votiert und die Endbeurteilerin in der Beurteilerkonferenz einen behördenweiten Quervergleich vorgenommen hat, bei dem sie nicht zu einer Abweichung vom Votum des Linienvorgesetzten gelangt ist.
35Unschädlich ist, dass die Klägerin im Gegensatz zu einzelnen anderen Beamten aus ihrer Vergleichsgruppe nicht namentlich im Ergebnisprotokoll vom 6. August 2014 aufgeführt ist. Die Vorgehensweise des Polizeipräsidiums, im Ergebnisprotokoll der Beurteilerbesprechung nur noch auf solche Beamte namentlich einzugehen, bei denen die Endbeurteilung nicht mit dem abweichenden Votum des Linienvorgesetzten übereinstimmt, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Eine Verpflichtung zu einer weitergehenden Protokollierung lässt sich auch § 93 Abs. 1 LBG NRW nicht entnehmen. Dem Begründungserfordernis gemäß Nr. 9.2 BRL Pol kann hinreichend und für den zu Beurteilenden nachvollziehbar in der dienstlichen Beurteilung selbst entsprochen werden. Auch lässt sich nicht der Umkehrschluss ziehen, dass die nicht angesprochenen Beurteilungsvorschläge überhaupt nicht thematisiert worden seien. Bei 305 Beamten allein in der Vergleichsgruppe A 10 wäre es wenig praktikabel und im Übrigen auch ohne Erkenntnisgewinn, sämtliche abweichenden Bewertungen aufzunehmen, wenn diese bereits aus dem jeweiligen Vorblatt hinlänglich ersichtlich sind.
36VG Düsseldorf, Urteil vom 6. Oktober 2015 - 2 K 7176/14 -, juris, Rn. 45 unter Hinweis auf OVG NRW, Beschluss vom 11. März 2015 - 6 A 1358/13 -, juris, Rn. 45, wonach die Beurteilungsrichtlinien keine Aussagen dazu treffen, in welcher Weise der Schlusszeichnende die Beratung durch die „weiteren Bediensteten" zu gestalten (und zu protokollieren) hat.
37Ohne Erfolg bleibt der Einwand der Klägerin, die Veränderungen der Einzelmerkmale aus dem Beurteilungsvorschlag der Erstbeurteilerin seien nicht hinreichend plausibel. Die dienstliche Beurteilung genügt dem Begründungserfordernis gemäß Nr. 9.2 Abs. 3 Satz 1 BRL Pol. Danach hat die Schlusszeichnende die abweichende Beurteilung zu begründen, wenn Erst- und Endbeurteilung bei der Bewertung der Merkmale und des Gesamturteils nicht übereinstimmen. Das ist vorliegend mit dem Hinweis auf den Quervergleich mit den übrigen Angehörigen der Vergleichsgruppe und der Anlegung eines einheitlichen Beurteilungsmaßstabs erfolgt. Dabei ist angesichts der Darstellung im Ergebnisprotokoll davon auszugehen, dass bei der Beurteilerbesprechung vom 4. und 5. August 2014 die Vergleichsgruppe auf den Kreis aller Beamten des Polizeipräsidiums mit dem Statusamt A 10 ausgeweitet wurde und die Teilnehmer auch insoweit die zunächst nur auf die Direktion ZA bezogenen Abweichungen bestätigten.
38Eine darüber hinausgehende Begründung war vorliegend nicht erforderlich. Umfang und Intensität einer Begründung im Beurteilungsverfahren haben sich daran auszurichten, was angesichts des vorgesehenen Beurteilungsverfahrens überhaupt möglich und zulässig ist. Beruht die Endbeurteilung nicht auf einer abweichenden Bewertung des individuellen Leistungs- und Befähigungsprofils, sondern auf einzelfallübergreifenden Erwägungen, etwa der Korrektur einer zu wohlwollenden oder zu strengen, vom allgemeinen Beurteilungsmaßstab abweichenden Grundhaltung des Erstbeurteilers und/oder auf einem allgemeinen Quervergleich mit den Beurteilungen der weiteren zur Vergleichsgruppe gehörenden Personen unter gleichzeitiger Berücksichtigung der Richtsätze, muss die Abweichungsbegründung diese Gesichtspunkte in den Vordergrund stellen.
39Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. Juni 2015 - 6 B 287/15 -, juris, Rn. 10 m.w.N.
40Gemessen hieran ist der Verweis auf den Quervergleich hinreichend plausibel. Das Polizeipräsidium hat deutlich gemacht, dass die Abstufung gerade auf dem Quervergleich als einzelfallübergreifender Erwägung beruhte.
41Auch bei Zugrundelegung eines weitergehenden Plausibilisierungserfordernisses in Fällen einer – wie hier gegebenen und grundsätzlich zulässigen – nicht linearen Absenkung der Einzelmerkmale aus Gründen eines Quervergleichs ist die streitige Beurteilung der Klägerin hinreichend plausibel.
42Vgl. zum Plausibilisierungserfordernis in einer solchen Konstellation OVG NRW, Beschluss vom 19. Februar 2016 – 6 A 2596/14 –, juris, Rn. 49 m. w. N.; vgl. zur grundsätzlichen Zulässigkeit einer nicht linearen Absenkung OVG NRW, Beschluss vom 13. Januar 2016 – 6 B 1406/15 –, juris, Rn. 5.
43Zunächst ist in Bezug auf die streitige Beurteilung der Klägerin von einem Fall der generellen Maßstabsverkennung der Erstbeurteilerin, RAmtfr. T. , auszugehen mit der Folge, dass bei einem Quervergleich die Leistungen der Klägerin nicht in den Blick genommen werden und mithin auch keine diesbezüglichen Plausibilisierungen erfolgen mussten.
44Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 13. Januar 2016 – 6 B 1406/15 –, juris, Rn. 9 und vom 19. Februar 2016 – 6 A 2596/15 –, juris, Rn. 38.
45Eine generelle Maßstabsverkennung durch die Erstbeurteilerin liegt hier nahe, weil sich die Klägerin zum Beurteilungsstichtag am 31. Mai 2014 nach ihrer Beförderung zur Regierungsoberinspektorin am 28. Februar 2014 gerade einmal drei Monate im neuen Statusamt befand, und sie nach dem Vorschlag der Erstbeurteilerin trotz der im neuen Statusamt geltenden strengeren Anforderungen im Gesamtergebnis wie auch im ganz überwiegenden Teil der Einzelmerkmale die Bestnote von 5 Punkten erreicht haben soll. Hinzu kommt, dass die Klägerin in der vorangehenden Beurteilung vom 19. Februar 2013 im rangniedrigen Statusamt noch eine deutlich niedrigere Gesamtnote von 3 Punkten erzielt hatte. Ein solcher exorbitanter Leistungssprung um zwei Notenstufen nach einer nur dreimonatigen Standzeit im ranghöheren Amt ist nicht ohne weiteres erklärlich und mangels Begründung – zumal die Erstbeurteilerin im Schreiben an alle Erstbeurteiler vom 29. April 2014 auf ein entsprechendes Begründungserfordernis hingewiesen hatte – seinerseits unplausibel.
46Die angefochtene Beurteilung ist aber auch bei Verneinung einer generellen Maßstabsverkennung der Erstbeurteilerin ausreichend plausibel. Aus der Beurteilung wird in einer Zusammenschau mit den Begründungen der abweichenden Voten von RAR I. und LRD I1. hinreichend deutlich, dass die Leistungen der Klägerin nach der geringen Verweildauer im neuen Statusamt und des dort geltenden Maßstabs im Quervergleich mit der übrigen Beamten der Vergleichsgruppe A 10 insgesamt mit drei Punkten im Gesamtergebnis und in der überwiegenden Anzahl der Einzelmerkmale zu bewerten waren, wobei die Klägerin hinsichtlich der mit jeweils 4 Punkten bewerteten Merkmale „Arbeitseinsatz“ und „Mitarbeiterführung“ gegenüber den übrigen Merkmalen – im Quervergleich – besser darstand.
47Jedenfalls ist die Beurteilung der Klägerin nach den vom Vertreter des beklagten Landes in der mündlichen Verhandlung mitgeteilten Gründen plausibel. Nach dessen Angaben lag der differenzierten Absenkung der Einzelmerkmale die Erwägung zugrunde, dass die Klägerin aufgrund einer krankheitsbedingten Abwesenheit der Sachgebietsleitung diese Funktion längere Zeit vertretungsweise wahrgenommen und hierbei gute Leistungen gezeigt hat, insbesondere hinsichtlich des im betreffenden Sachgebiet ZA 1.4 anfallenden Umgangs mit schwieriger Klientel. Deswegen seien die Merkmale „Arbeitseinsatz“ und „Mitarbeiterführung“ mit je 4 Punkten gegenüber den übrigen Merkmalen hervorgehoben und besser benotet worden. Diese Erwägungen vermögen die vorgenommene differenzierte Absenkung der Merkmale auf 3 bzw. 4 Punkte nachvollziehbar zu begründen und nehmen auch das individuelle Leistungs- und Befähigungsprofil der Klägerin in den Blick. Sie spiegeln sich im Übrigen in Ziffer III.5. der Beurteilung wider. Dort wird explizit und unter Angabe der jeweiligen Zeiträume auf die Vertretung der Sachgebietsleitung durch die Klägerin aufgrund von Erkrankungen und von Teilzeit- bzw. Telearbeit sowie auf ihre alleinige und kompetente Aufgabenausführung hingewiesen. Den vorgenannten Plausibilisierungserwägungen ist die Klägerin schließlich nicht mehr entgegen getreten.
48Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 Abs. 1 und 2 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
49Beschluss:
50Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
51Gründe:
52Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 2 GKG erfolgt.
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Annotations
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.