Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 26. Jan. 2016 - 20 A 318/14

ECLI:ECLI:DE:OVGNRW:2016:0126.20A318.14.00
bei uns veröffentlicht am26.01.2016

Tenor

Das angefochtene Urteil wird geändert.

Die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 7. November 2012 wird aufgehoben, soweit die von der Klägerin angezeigte Sammlung von Altmetall, Altpapier und Grünabfall untersagt worden ist.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge tragen die Klägerin zu 40 % und der Beklagte zu 60 %.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.


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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

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(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 12


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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 155


(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

Zivilprozessordnung - ZPO | § 711 Abwendungsbefugnis


In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt e

Kreislaufwirtschaftsgesetz - KrWG | § 17 Überlassungspflichten


(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgu

Kreislaufwirtschaftsgesetz - KrWG | § 18 Anzeigeverfahren für Sammlungen


(1) Gemeinnützige Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und gewerbliche Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 sind spätestens drei Monate vor ihrer beabsichtigten Aufnahme durch ihren Träger der zuständigen Behörde nac

Kreislaufwirtschaftsgesetz - KrWG | § 3 Begriffsbestimmungen


(1) Abfälle im Sinne dieses Gesetzes sind alle Stoffe oder Gegenstände, derer sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss. Abfälle zur Verwertung sind Abfälle, die verwertet werden; Abfälle, die nicht verwertet werden, sind Abfä

Kreislaufwirtschaftsgesetz - KrWG | § 20 Pflichten der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger


(1) Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger haben die in ihrem Gebiet angefallenen und überlassenen Abfälle aus privaten Haushaltungen und Abfälle zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen nach Maßgabe der §§ 6 bis 11 zu verwerten oder nach

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Tenor Das angegriffene Urteil wird teilweise geändert.Die Untersagungsverfügung unter Buchstabe a Nr. 1 der Ordnungsverfügung des Beklagten vom 14. Juli 2010 wird mit Wirkung ab dem Tag der mündlichen Verhandlung vor dem Senat aufgehoben.Der Beklagt

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Tenor Das angegriffene Urteil wird teilweise geändert.Die Untersagungsverfügung unter Buchstabe a Nr. 1 der Ordnungsverfügung des Beklagten vom 14. Juli 2010 wird mit Wirkung ab dem Tag der mündlichen Verhandlung vor dem Senat aufgehoben.Der Beklagt
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Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 17. März 2016 - 2 L 45/14

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Tatbestand 1 Der Kläger wendet sich gegen die Untersagung seiner Sammlung von Altpapier, -pappe und Kartonagen (PPK) aus privaten Haushaltungen. 2 Der Kläger betreibt seit 2004 zwei Annahmestelle für Altpapier und Altkleider in den Betriebsstätt

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(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.

(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,

1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden,
2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist,
3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden,
4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
Satz 1 Nummer 3 und 4 gilt nicht für gemischte Abfälle aus privaten Haushaltungen und gefährliche Abfälle. Sonderregelungen der Überlassungspflicht durch Rechtsverordnungen nach den §§ 10, 16 und 25 bleiben unberührt.

(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung

1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt,
2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder
3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
Satz 3 Nummer 1 und 2 gilt nicht, wenn die vom gewerblichen Sammler angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle wesentlich leistungsfähiger ist als die von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder dem von ihm beauftragten Dritten bereits angebotene oder konkret geplante Leistung. Bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit sind sowohl die in Bezug auf die Ziele der Kreislaufwirtschaft zu beurteilenden Kriterien der Qualität und der Effizienz, des Umfangs und der Dauer der Erfassung und Verwertung der Abfälle als auch die aus Sicht aller privaten Haushalte im Gebiet des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu beurteilende gemeinwohlorientierte Servicegerechtigkeit der Leistung zugrunde zu legen. Leistungen, die über die unmittelbare Sammel- und Verwertungsleistung hinausgehen, insbesondere Entgeltzahlungen, sind bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit nicht zu berücksichtigen.

(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.

(1) Gemeinnützige Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und gewerbliche Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 sind spätestens drei Monate vor ihrer beabsichtigten Aufnahme durch ihren Träger der zuständigen Behörde nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 anzuzeigen.

(2) Der Anzeige einer gewerblichen Sammlung sind beizufügen

1.
Angaben über die Größe und Organisation des Sammlungsunternehmens,
2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer, insbesondere über den größtmöglichen Umfang und die Mindestdauer der Sammlung,
3.
Angaben über Art, Menge und Verbleib der zu verwertenden Abfälle,
4.
eine Darlegung der innerhalb des angezeigten Zeitraums vorgesehenen Verwertungswege einschließlich der erforderlichen Maßnahmen zur Sicherstellung ihrer Kapazitäten sowie
5.
eine Darlegung, wie die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle im Rahmen der Verwertungswege nach Nummer 4 gewährleistet wird.

(3) Der Anzeige der gemeinnützigen Sammlung sind beizufügen

1.
Angaben über die Größe und Organisation des Trägers der gemeinnützigen Sammlung sowie gegebenenfalls des Dritten, der mit der Sammlung beauftragt wird, sowie
2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer der Sammlung.
Die Behörde kann verlangen, dass der Anzeige der gemeinnützigen Sammlung Unterlagen entsprechend Absatz 2 Nummer 3 bis 5 beizufügen sind.

(4) Die zuständige Behörde fordert den von der gewerblichen oder gemeinnützigen Sammlung betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf, für seinen Zuständigkeitsbereich eine Stellungnahme innerhalb einer Frist von zwei Monaten abzugeben. Hat der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bis zum Ablauf dieser Frist keine Stellungnahme abgegeben, ist davon auszugehen, dass sich dieser nicht äußern will.

(5) Die zuständige Behörde kann die angezeigte Sammlung von Bedingungen abhängig machen, sie zeitlich befristen oder Auflagen für sie vorsehen, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 sicherzustellen. Die zuständige Behörde hat die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben, oder die Einhaltung der in § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist.

(6) Die zuständige Behörde kann bestimmen, dass eine gewerbliche Sammlung mindestens für einen bestimmten Zeitraum durchzuführen ist; dieser Zeitraum darf drei Jahre nicht überschreiten. Wird die gewerbliche Sammlung vor Ablauf des nach Satz 1 bestimmten Mindestzeitraums eingestellt oder innerhalb dieses Zeitraums in ihrer Art und ihrem Ausmaß in Abweichung von den von der Behörde nach Absatz 5 Satz 1 festgelegten Bedingungen oder Auflagen wesentlich eingeschränkt, ist der Träger der gewerblichen Sammlung dem betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gegenüber zum Ersatz der Mehraufwendungen verpflichtet, die für die Sammlung und Verwertung der bislang von der gewerblichen Sammlung erfassten Abfälle erforderlich sind. Zur Absicherung des Ersatzanspruchs kann die zuständige Behörde dem Träger der gewerblichen Sammlung eine Sicherheitsleistung auferlegen.

(7) Soweit eine gewerbliche Sammlung, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits durchgeführt wurde, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems bislang nicht gefährdet hat, ist bei Anordnungen nach Absatz 5 oder 6 der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, insbesondere ein schutzwürdiges Vertrauen des Trägers der Sammlung auf ihre weitere Durchführung, zu beachten.

(8) Der von der gewerblichen Sammlung betroffene öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger hat einen Anspruch darauf, dass die für gewerbliche Sammlungen geltenden Bestimmungen des Anzeigeverfahrens eingehalten werden.

(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.

(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,

1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden,
2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist,
3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden,
4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
Satz 1 Nummer 3 und 4 gilt nicht für gemischte Abfälle aus privaten Haushaltungen und gefährliche Abfälle. Sonderregelungen der Überlassungspflicht durch Rechtsverordnungen nach den §§ 10, 16 und 25 bleiben unberührt.

(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung

1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt,
2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder
3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
Satz 3 Nummer 1 und 2 gilt nicht, wenn die vom gewerblichen Sammler angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle wesentlich leistungsfähiger ist als die von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder dem von ihm beauftragten Dritten bereits angebotene oder konkret geplante Leistung. Bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit sind sowohl die in Bezug auf die Ziele der Kreislaufwirtschaft zu beurteilenden Kriterien der Qualität und der Effizienz, des Umfangs und der Dauer der Erfassung und Verwertung der Abfälle als auch die aus Sicht aller privaten Haushalte im Gebiet des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu beurteilende gemeinwohlorientierte Servicegerechtigkeit der Leistung zugrunde zu legen. Leistungen, die über die unmittelbare Sammel- und Verwertungsleistung hinausgehen, insbesondere Entgeltzahlungen, sind bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit nicht zu berücksichtigen.

(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.


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(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.

(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,

1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden,
2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist,
3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden,
4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
Satz 1 Nummer 3 und 4 gilt nicht für gemischte Abfälle aus privaten Haushaltungen und gefährliche Abfälle. Sonderregelungen der Überlassungspflicht durch Rechtsverordnungen nach den §§ 10, 16 und 25 bleiben unberührt.

(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung

1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt,
2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder
3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
Satz 3 Nummer 1 und 2 gilt nicht, wenn die vom gewerblichen Sammler angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle wesentlich leistungsfähiger ist als die von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder dem von ihm beauftragten Dritten bereits angebotene oder konkret geplante Leistung. Bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit sind sowohl die in Bezug auf die Ziele der Kreislaufwirtschaft zu beurteilenden Kriterien der Qualität und der Effizienz, des Umfangs und der Dauer der Erfassung und Verwertung der Abfälle als auch die aus Sicht aller privaten Haushalte im Gebiet des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu beurteilende gemeinwohlorientierte Servicegerechtigkeit der Leistung zugrunde zu legen. Leistungen, die über die unmittelbare Sammel- und Verwertungsleistung hinausgehen, insbesondere Entgeltzahlungen, sind bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit nicht zu berücksichtigen.

(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.

(1) Gemeinnützige Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und gewerbliche Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 sind spätestens drei Monate vor ihrer beabsichtigten Aufnahme durch ihren Träger der zuständigen Behörde nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 anzuzeigen.

(2) Der Anzeige einer gewerblichen Sammlung sind beizufügen

1.
Angaben über die Größe und Organisation des Sammlungsunternehmens,
2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer, insbesondere über den größtmöglichen Umfang und die Mindestdauer der Sammlung,
3.
Angaben über Art, Menge und Verbleib der zu verwertenden Abfälle,
4.
eine Darlegung der innerhalb des angezeigten Zeitraums vorgesehenen Verwertungswege einschließlich der erforderlichen Maßnahmen zur Sicherstellung ihrer Kapazitäten sowie
5.
eine Darlegung, wie die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle im Rahmen der Verwertungswege nach Nummer 4 gewährleistet wird.

(3) Der Anzeige der gemeinnützigen Sammlung sind beizufügen

1.
Angaben über die Größe und Organisation des Trägers der gemeinnützigen Sammlung sowie gegebenenfalls des Dritten, der mit der Sammlung beauftragt wird, sowie
2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer der Sammlung.
Die Behörde kann verlangen, dass der Anzeige der gemeinnützigen Sammlung Unterlagen entsprechend Absatz 2 Nummer 3 bis 5 beizufügen sind.

(4) Die zuständige Behörde fordert den von der gewerblichen oder gemeinnützigen Sammlung betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf, für seinen Zuständigkeitsbereich eine Stellungnahme innerhalb einer Frist von zwei Monaten abzugeben. Hat der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bis zum Ablauf dieser Frist keine Stellungnahme abgegeben, ist davon auszugehen, dass sich dieser nicht äußern will.

(5) Die zuständige Behörde kann die angezeigte Sammlung von Bedingungen abhängig machen, sie zeitlich befristen oder Auflagen für sie vorsehen, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 sicherzustellen. Die zuständige Behörde hat die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben, oder die Einhaltung der in § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist.

(6) Die zuständige Behörde kann bestimmen, dass eine gewerbliche Sammlung mindestens für einen bestimmten Zeitraum durchzuführen ist; dieser Zeitraum darf drei Jahre nicht überschreiten. Wird die gewerbliche Sammlung vor Ablauf des nach Satz 1 bestimmten Mindestzeitraums eingestellt oder innerhalb dieses Zeitraums in ihrer Art und ihrem Ausmaß in Abweichung von den von der Behörde nach Absatz 5 Satz 1 festgelegten Bedingungen oder Auflagen wesentlich eingeschränkt, ist der Träger der gewerblichen Sammlung dem betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gegenüber zum Ersatz der Mehraufwendungen verpflichtet, die für die Sammlung und Verwertung der bislang von der gewerblichen Sammlung erfassten Abfälle erforderlich sind. Zur Absicherung des Ersatzanspruchs kann die zuständige Behörde dem Träger der gewerblichen Sammlung eine Sicherheitsleistung auferlegen.

(7) Soweit eine gewerbliche Sammlung, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits durchgeführt wurde, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems bislang nicht gefährdet hat, ist bei Anordnungen nach Absatz 5 oder 6 der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, insbesondere ein schutzwürdiges Vertrauen des Trägers der Sammlung auf ihre weitere Durchführung, zu beachten.

(8) Der von der gewerblichen Sammlung betroffene öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger hat einen Anspruch darauf, dass die für gewerbliche Sammlungen geltenden Bestimmungen des Anzeigeverfahrens eingehalten werden.

(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.

(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,

1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden,
2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist,
3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden,
4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
Satz 1 Nummer 3 und 4 gilt nicht für gemischte Abfälle aus privaten Haushaltungen und gefährliche Abfälle. Sonderregelungen der Überlassungspflicht durch Rechtsverordnungen nach den §§ 10, 16 und 25 bleiben unberührt.

(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung

1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt,
2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder
3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
Satz 3 Nummer 1 und 2 gilt nicht, wenn die vom gewerblichen Sammler angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle wesentlich leistungsfähiger ist als die von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder dem von ihm beauftragten Dritten bereits angebotene oder konkret geplante Leistung. Bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit sind sowohl die in Bezug auf die Ziele der Kreislaufwirtschaft zu beurteilenden Kriterien der Qualität und der Effizienz, des Umfangs und der Dauer der Erfassung und Verwertung der Abfälle als auch die aus Sicht aller privaten Haushalte im Gebiet des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu beurteilende gemeinwohlorientierte Servicegerechtigkeit der Leistung zugrunde zu legen. Leistungen, die über die unmittelbare Sammel- und Verwertungsleistung hinausgehen, insbesondere Entgeltzahlungen, sind bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit nicht zu berücksichtigen.

(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.

(1) Gemeinnützige Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und gewerbliche Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 sind spätestens drei Monate vor ihrer beabsichtigten Aufnahme durch ihren Träger der zuständigen Behörde nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 anzuzeigen.

(2) Der Anzeige einer gewerblichen Sammlung sind beizufügen

1.
Angaben über die Größe und Organisation des Sammlungsunternehmens,
2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer, insbesondere über den größtmöglichen Umfang und die Mindestdauer der Sammlung,
3.
Angaben über Art, Menge und Verbleib der zu verwertenden Abfälle,
4.
eine Darlegung der innerhalb des angezeigten Zeitraums vorgesehenen Verwertungswege einschließlich der erforderlichen Maßnahmen zur Sicherstellung ihrer Kapazitäten sowie
5.
eine Darlegung, wie die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle im Rahmen der Verwertungswege nach Nummer 4 gewährleistet wird.

(3) Der Anzeige der gemeinnützigen Sammlung sind beizufügen

1.
Angaben über die Größe und Organisation des Trägers der gemeinnützigen Sammlung sowie gegebenenfalls des Dritten, der mit der Sammlung beauftragt wird, sowie
2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer der Sammlung.
Die Behörde kann verlangen, dass der Anzeige der gemeinnützigen Sammlung Unterlagen entsprechend Absatz 2 Nummer 3 bis 5 beizufügen sind.

(4) Die zuständige Behörde fordert den von der gewerblichen oder gemeinnützigen Sammlung betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf, für seinen Zuständigkeitsbereich eine Stellungnahme innerhalb einer Frist von zwei Monaten abzugeben. Hat der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bis zum Ablauf dieser Frist keine Stellungnahme abgegeben, ist davon auszugehen, dass sich dieser nicht äußern will.

(5) Die zuständige Behörde kann die angezeigte Sammlung von Bedingungen abhängig machen, sie zeitlich befristen oder Auflagen für sie vorsehen, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 sicherzustellen. Die zuständige Behörde hat die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben, oder die Einhaltung der in § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist.

(6) Die zuständige Behörde kann bestimmen, dass eine gewerbliche Sammlung mindestens für einen bestimmten Zeitraum durchzuführen ist; dieser Zeitraum darf drei Jahre nicht überschreiten. Wird die gewerbliche Sammlung vor Ablauf des nach Satz 1 bestimmten Mindestzeitraums eingestellt oder innerhalb dieses Zeitraums in ihrer Art und ihrem Ausmaß in Abweichung von den von der Behörde nach Absatz 5 Satz 1 festgelegten Bedingungen oder Auflagen wesentlich eingeschränkt, ist der Träger der gewerblichen Sammlung dem betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gegenüber zum Ersatz der Mehraufwendungen verpflichtet, die für die Sammlung und Verwertung der bislang von der gewerblichen Sammlung erfassten Abfälle erforderlich sind. Zur Absicherung des Ersatzanspruchs kann die zuständige Behörde dem Träger der gewerblichen Sammlung eine Sicherheitsleistung auferlegen.

(7) Soweit eine gewerbliche Sammlung, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits durchgeführt wurde, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems bislang nicht gefährdet hat, ist bei Anordnungen nach Absatz 5 oder 6 der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, insbesondere ein schutzwürdiges Vertrauen des Trägers der Sammlung auf ihre weitere Durchführung, zu beachten.

(8) Der von der gewerblichen Sammlung betroffene öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger hat einen Anspruch darauf, dass die für gewerbliche Sammlungen geltenden Bestimmungen des Anzeigeverfahrens eingehalten werden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.

(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,

1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden,
2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist,
3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden,
4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
Satz 1 Nummer 3 und 4 gilt nicht für gemischte Abfälle aus privaten Haushaltungen und gefährliche Abfälle. Sonderregelungen der Überlassungspflicht durch Rechtsverordnungen nach den §§ 10, 16 und 25 bleiben unberührt.

(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung

1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt,
2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder
3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
Satz 3 Nummer 1 und 2 gilt nicht, wenn die vom gewerblichen Sammler angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle wesentlich leistungsfähiger ist als die von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder dem von ihm beauftragten Dritten bereits angebotene oder konkret geplante Leistung. Bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit sind sowohl die in Bezug auf die Ziele der Kreislaufwirtschaft zu beurteilenden Kriterien der Qualität und der Effizienz, des Umfangs und der Dauer der Erfassung und Verwertung der Abfälle als auch die aus Sicht aller privaten Haushalte im Gebiet des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu beurteilende gemeinwohlorientierte Servicegerechtigkeit der Leistung zugrunde zu legen. Leistungen, die über die unmittelbare Sammel- und Verwertungsleistung hinausgehen, insbesondere Entgeltzahlungen, sind bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit nicht zu berücksichtigen.

(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.

Tenor

Das angegriffene Urteil wird teilweise geändert.

Die Untersagungsverfügung unter Buchstabe a Nr. 1 der Ordnungsverfügung des Beklagten vom 14. Juli 2010 wird mit Wirkung ab dem Tag der mündlichen Verhandlung vor dem Senat aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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Tenor

Das angegriffene Urteil wird teilweise geändert.

Die Untersagungsverfügung unter Buchstabe a Nr. 1 der Ordnungsverfügung des Beklagten vom 14. Juli 2010 wird mit Wirkung ab dem Tag der mündlichen Verhandlung vor dem Senat aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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Tenor

Das angegriffene Urteil wird teilweise geändert.

Die Untersagungsverfügung unter Buchstabe a Nr. 1 der Ordnungsverfügung des Beklagten vom 14. Juli 2010 wird mit Wirkung ab dem Tag der mündlichen Verhandlung vor dem Senat aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird unter Änderung der erstinstanzlichen Festsetzung für beide Instanzen auf 24.000,00 € festgesetzt.


123456789101112131415161718192021222324252627

Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 2. Mai 2013 - 1 K 886/13 - wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Antragstellerin, die R. GmbH, wendet sich gegen die sofortige Vollziehung einer Verfügung der Antragsgegnerin vom 06.03.2013, mit der ihr untersagt wurde, im Stadtgebiet Mannheim gewerblich Alttextilien aus privaten Haushaltungen zu sammeln.
Die Antragstellerin betrieb ab 1996 die Sammlung von Alttextilien in Mannheim, bis 06.11.2011 im Auftrag des Deutschen Roten Kreuzes. Am 28.10.2011 zeigte die Antragstellerin der Antragsgegnerin an, dass sie eine gewerbliche Sammlung von Alttextilien beabsichtige. Daraufhin untersagte die Antragsgegnerin mit bestandskräftig gewordener Verfügung vom 21.11.2011 die angezeigte Sammlung. Am 27.06.2012, näher konkretisiert am 26.07. und 05.09.2012, zeigte die Antragstellerin die gewerbliche Sammlung von Alttextilien und Schuhen (im Folgenden: Alttextilien) auf dem Gebiet der Stadt Mannheim für die Dauer von zehn Jahren an. Sie führte dazu aus, sie beabsichtige, zusätzlich zu den bereits seit 1996 betriebenen 67 Container-Stellplätzen mit einem Aufkommen von 240 t pro Jahr 50 weitere Container aufzustellen und damit weitere ca. 175 t jährlich zu erfassen. Sie betreibe bundesweit ca. 7.000 Altkleidercontainer, in ihrem Werk im thüringischen A. würden über 350.000 Kleidungsstücke (ca. 100 t) täglich sortiert.
Im Rahmen der Anhörung der Antragstellerin zu einer beabsichtigten Untersagungsverfügung beschrieb die Antragsgegnerin das von ihrem Eigenbetrieb Abfallwirtschaft Mannheim durchgeführte Sammelsystem wie folgt: Seit 1999 erfolge die Erfassung und Verwertung von Alttextilien getrennt von den übrigen Siedlungsabfällen. Im Bring-System stehe ein flächendeckendes, stadtweites Containernetz mit 149 Standplätzen und 156 Behältern zur Verfügung, ferner könnten größere Mengen kostenfrei bei dem Recyclinghof abgegeben werden. Die Behälterbewirtschaftung erfolge über stadteigenes Personal, die Behälterleerung erfolge in der Regel einmal wöchentlich. Ein Rufbereitschaftssystem stelle ständig die Erreichbarkeit der Abfallwirtschaft Mannheim sicher. Die Verwertung der Sammelware erfolge nach entsprechender Ausschreibung durch die Beauftragung Dritter über die Vergabestelle der Abfallwirtschaft Mannheim. Die Kosten für Erfassung und Verwertung dieser Abfälle deckten sich aus dem Gebührenhaushalt und könnten zu einem wesentlichen Teil mit den Vermarktungserlösen erwirtschaftet werden. Es existierten keine genehmigten gewerblichen Sammlungen im Stadtgebiet, jedoch eine Vielzahl (abfall-, straßen- und eigentumsrechtlich) illegal aufgestellter Sammelbehälter. Dies habe bereits zu einem signifikanten Mengenrückgang geführt, der Erlösausfall werde für 2012 auf 75.000,-- bis 150.000,-- EUR geschätzt.
Mit Bescheid vom 06.03.2013 untersagte die Antragsgegnerin mit der Firmierung „Abfallwirtschaft Mannheim als untere Abfallrechtsbehörde, Eigenbetrieb für Abfallwirtschaft und Stadtreinigung“ der Antragstellerin unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Durchführung der angezeigten gewerblichen Sammlung von Alttextilien und drohte für den Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000,-- EUR an. Zur Begründung wurde ausgeführt, Rechtsgrundlage der Untersagungsverfügung sei § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG i.V.m. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 - 3 KrWG AbfG. Die Antragstellerin verfüge nicht über die erforderliche Zuverlässigkeit im Sinne des § 18 Abs. 5 Satz 2 1. Alt. KrWG. Entgegen der bestandskräftigen Untersagungsverfügung vom 21.11.2011 habe die Antragstellerin nach Beendigung der früheren Zusammenarbeit mit dem Deutschen Roten Kreuz gewerblich Alttextilien im Stadtgebiet Mannheim gesammelt. Daher sei nicht auszuschließen, dass sie sich auch zukünftig über bestehende gesetzliche Vorschriften oder behördliche Verfügungen hinwegsetzen werde.
Der angezeigten Sammlung stünden darüber hinaus überwiegende öffentliche Interessen der Antragsgegnerin als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträgerin entgegen. Die Durchführung der Sammlung der Antragstellerin würde auch im Zusammenwirken mit anderen angezeigten Sammlungen die Funktionsfähigkeit der Antragsgegnerin als Entsorgungsträgerin erheblich gefährden. Das Gesamtaufkommen an Alttextilien im Stadtgebiet Mannheim werde auf ca. 1.200 t pro Jahr geschätzt. Durch den Umfang der von der Antragstellerin angezeigten Sammlung von 415 t pro Jahr würden ein Abfluss von 35% der Sammelware verursacht und damit bereits erhebliche Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit der städtischen Sammlung. Im Zusammenwirken mit weiteren zur Zeit 22 angezeigten gewerblichen Sammlungen würde das Gesamtaufkommen an Alttextilien mehrfach überschritten, so dass nur noch ein unplanbarer Bruchteil des Alttextilaufkommens von der Stadt Mannheim erfasst werden könnte. Die dadurch bewirkten Einnahmeausfälle aus der Vermarktung bzw. Verwertung könnten nicht durch geringere Erfassungskosten kompensiert werden, weil sich weder die Behälteranzahl noch der Personaleinsatz bei der gebotenen Sicherstellung einer mindestens wöchentlichen Leerung reduzieren ließen. Letztlich wäre eine Erfassung und Verwertung unter wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen nicht mehr möglich. Zudem gefährde die Durchführung der angezeigten Sammlung die Stabilität der Abfallgebühren. Allein die angezeigte Sammlung würde zu Ausfällen im Umfang von ca. 167.000,-- EUR führen, bei Durchführung aller angezeigten Sammlungen wäre mit Einnahmeausfällen in Höhe von 80 bis 90% zu rechnen. Die Durchführung der angezeigten Sammlung der Antragstellerin würde ferner die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe der im Herbst 2012 ausgeschriebenen Leistung (Transport und Verwertung der Sammelware) unterlaufen, da die Antragstellerin, obwohl im Vergabewettbewerb unterlegen, neben dem erfolgreichen Bewerber den Transport und die Verwertung von Sammelware durchführen würde. Die von der Antragstellerin angezeigte nicht flächendeckende, sondern auf lukrative Standorte beschränkte Sammlung sei auch nicht etwa leistungsfähiger als das Sammelsystem der Antragsgegnerin. Auf ein schutzwürdiges Vertrauen im Sinne von § 18 Abs. 7 KrWG, resultierend aus einer bereits bestehenden Sammlung, könne die Antragstellerin sich nicht berufen. Denn bei der von der Antragstellerin in der Vergangenheit im Auftrag des Deutschen Roten Kreuzes durchgeführten Sammlung habe es sich um eine gemeinnützige Sammlung gehandelt. Ermächtigungsgrundlage für die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Das erforderliche besondere Vollzugsinteresse ergebe sich daraus, dass die Durchführung der angezeigten Sammlung zu erheblichen Einnahmeeinbußen der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgerin führe. Zur Sicherung der Funktionsfähigkeit einer geordneten Abfallentsorgung sei die Antragsgegnerin jedoch auf einen berechenbaren, stetigen Mittelzufluss auch für die Dauer eines Rechtsmittelverfahrens angewiesen.
Die Antragstellerin hat gegen den Bescheid Widerspruch eingelegt und beim Verwaltungsgericht die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes beantragt. Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 02.05.2013 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wiederhergestellt bzw. angeordnet. Es hat hinreichend gewichtige Verstöße der Antragstellerin gegen die bestandskräftige Untersagungsverfügung für nicht belegt erachtet, so dass die Annahme der Unzuverlässigkeit darauf nicht gestützt werden könne; die Antragstellerin habe unwidersprochen vorgetragen, dass sie nach Erlass der Untersagungsverfügung vom 21.11.2011 nicht mehr gewerblich, sondern wieder für eine karitative Organisation gemeinnützig gesammelt habe. Es bestünden auch Zweifel, ob bei einem bundesweit tätigen Unternehmen allein aus dem Verstoß gegen eine Verfügung in einer bestimmten Stadt auf dessen Unzuverlässigkeit geschlossen werden könne. Soweit die Untersagungsverfügung damit begründet worden sei, dass die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG genannten Voraussetzungen nicht anders zu gewährleisten sei, werfe der Rechtsstreit schwierige Fragen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, deren Klärung dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben müsse. Die sonach zu treffende Interessenabwägung falle wegen des verfassungsrechtlichen Gebots des effektiven Rechtsschutzes zugunsten der Antragstellerin aus.
Zur Begründung ihrer gegen den Beschluss erhobenen Beschwerde führt die Antragsgegnerin im Wesentlichen aus, entgegen der Einschätzung des Verwaltungsgerichts ergebe sich die Unzuverlässigkeit der Antragstellerin daraus, dass sie systematisch und über einen längeren Zeitraum hinweg die Untersagung ihrer gewerblichen Sammlung ignoriert habe. Dies zeige, dass die Antragstellerin sich über jedes Behördenhandeln vollständig hinwegsetze und sich bei ihrem wirtschaftlichem Interesse nicht durch irgendeine Untersagungsverfügung von der Sammlung abhalten lasse. Im Übrigen seien die sich aufgrund des unstrittigen Sachverhalts ergebenden Rechtsfragen bereits im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes klärungsfähig und im Sinne der Antragsgegnerin zu beantworten. Aus den im angefochtenen Bescheid angeführten Gründen sei von der Sammlung entgegenstehenden überwiegenden öffentlichen Interessen im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 i.V.m. Abs. 3 KrWG auszugehen. Der Untersagungsverfügung stehe auch nicht die Frist des § 18 Abs. 1 KrWG entgegen, die keine Entscheidungsfrist für die Behörde darstelle und deshalb bei Überschreitung auch nicht zur Rechtswidrigkeit einer Untersagungsverfügung führe. Im Übrigen könne die Frist für Sammlungen, die wie hier bereits vor Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaftsgesetzes stattgefunden hätten und auch während des gesamten Anzeigeverfahrens weiter durchgeführt worden seien, keine Bedeutung haben. Da sich die angefochtene Verfügung nach allem als voraussichtlich rechtmäßig darstelle, überwiege das öffentliche Interesse am Sofortvollzug der Untersagungsverfügung.
Die Antragstellerin verteidigt den angefochtenen Beschluss und führt noch aus, die einschlägigen Vorschriften des § 17 KrWG stießen auf durchgreifende verfassungsrechtliche und europarechtliche Bedenken. Alttextilien unterlägen mangels Abfalleigenschaft ohnedies nicht dem Regime des Kreislaufwirtschaftsgesetzes. Die Zuständigkeit der Antragsgegnerin sei wegen der Identität von öffentlich-rechtlichem Entsorgungsträger und unterer Abfallbehörde und der daraus resultierenden offensichtlichen Interessenkollision nicht gegeben. Die Verfügung sei wegen Überschreitung der Dreimonatsfrist des § 18 Abs. 1 KrWG rechtswidrig. Der Sachverhalt sei entgegen der Darstellung der Antragsgegnerin nicht unstreitig, insbesondere wolle die Antragsgegnerin gar nicht sammeln und verwerten, sondern nur Einnahmen generieren; für eine Verwertung sei sie gar nicht leistungsfähig. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit der Antragsgegnerin als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger sei nicht ersichtlich. Auf die bestandskräftige Untersagungsverfügung vom 21.11.2011 berufe sich die Antragsgegnerin zu Unrecht, weil die Sammlung nach Kündigung des Auftragsverhältnisses seitens des Deutschen Roten Kreuzes im Auftrag einer anderen gemeinnützigen Organisation fortgesetzt worden sei; jedenfalls habe die Antragsgegnerin diese Sammlungstätigkeit geduldet.
II.
Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin ist nicht begründet.
10 
Die von der Antragsgegnerin dargelegten Beschwerdegründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine Änderung des angefochtenen Beschlusses.
11 
Das Verwaltungsgericht hat die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom 06.03.2013 zu Recht wiederhergestellt bzw. angeordnet. Denn die Erfolgsaussichten des Widerspruchs und einer eventuell nachfolgenden Anfechtungsklage gegen die genannte Verfügung sind bei summarischer Prüfung zumindest offen (dazu 1.). Bei einer von den Erfolgsaussichten unabhängigen Interessenabwägung überwiegt aber das Interesse der Antragstellerin daran, ihre Sammeltätigkeit einstweilen ausüben zu dürfen (dazu 2.). Ob der angefochtene Beschluss sich auch noch aus anderen als den vom Verwaltungsgericht angestellten Erwägungen als richtig erweist, kann letztlich dahinstehen.
12 
1. Wie die Antragsgegnerin zutreffend erkannt hat, kommt als Rechtsgrundlage der Untersagungsverfügung nur § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG in Betracht. Diese Vorschrift genießt bei einer angezeigten gewerblichen Sammlung als spezielle Ermächtigungsgrundlage Vorrang gegenüber der abfallrechtlichen Generalklausel des § 62 KrWG (vgl. Senatsbeschlüsse vom 09.09.2013 - 10 S 1116/13 -, DVBl 2013, 1537; vom 16.01.2014 - 10 S 2273/13 -, juris, jeweils m.w.N.). Danach hat die zuständige Behörde die Durchführung einer nach § 18 Abs. 1 KrWG angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben (1. Alternative) oder die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 3 oder 4 genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist (2. Alternative).
13 
Die Anwendbarkeit des § 18 Abs. 5 S. 2 KrWG scheitert entgegen der Auffassung der Antragstellerin allerdings nicht an verfassungs- oder europarechtlichen Bedenken oder an der mangelnden Abfalleigenschaft der Alttextilien (1.1). Ob die Verfügung auf formellrechtliche Bedenken stößt, ist jedoch nicht ohne weiteres auszuschließen (1.2). Sodann ist keineswegs offensichtlich, sondern beim derzeitigen Erkenntnisstand im Gegenteil eher fernliegend, dass die normative Voraussetzung des § 18 Abs. 5 S. 2 1. Alt. KrWG – Unzuverlässigkeit der Antragstellerin – gegeben ist (1.3). Fraglich ist schließlich, ob die Voraussetzungen des § 18 Abs. 5 S. 2 2. Alt. KrWG vorliegen (1.4).
14 
1.1 Der Senat teilt die von der Antragstellerin erhobenen grundsätzlichen Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit und der Europarechtskonformität der genannten hier einschlägigen Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes ebenso wenig wie die geltend gemachten Zweifel an der Abfalleigenschaft der Alttextilien und damit am Vorliegen dieses tatbestandlichen Anknüpfungspunkts für die Anwendung dieser Vorschriften. Der Senat nimmt insoweit Bezug auf den in einem Parallelverfahren mit Prozessvertretung durch den Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin ergangenen grundlegenden Beschluss des Senats vom 09.09.2013 - 10 S 1116/13 -, (a.a.O.), in dem der Senat insbesondere die mögliche und gebotene unionsrechtskonforme Auslegung und Anwendung der betreffenden Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes dargelegt hat.
15 
1.2 Ob die von der Antragstellerin gegen die Untersagungsverfügung vom 06.03.2013 erhobenen formellrechtlichen Bedenken durchgreifen, erscheint hinsichtlich der Zuständigkeitsrüge immerhin möglich (1.2.1), hinsichtlich der Rüge einer Verfristung des Einschreitens (1.2.2) hingegen wenig wahrscheinlich. Beide Fragen sind im vorliegenden Verfahren aber nicht vertieft zu erörtern und abschließend zu beantworten.
16 
1.2.1 Zu dem von der Antragstellerin als Zuständigkeitsmangel problematisierten Gesichtspunkt einer Interessenkollision bei der Wahrnehmung von Aufgaben der unteren Abfallrechtsbehörde einerseits und des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers andererseits hat der Senat bereits ausführlich in dem Sinne Stellung genommen, dass Verfassungsrecht und Europarecht keine Organisation der für die Untersagung von Sammlungen nach § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG zuständigen Behörde dergestalt als neutrale Stelle verlangen, dass diese Behörde und der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger unterschiedlichen Rechtsträgern angehören müssten (vgl. Senatsbeschlüsse vom 09.09.2013 - 10 S 1116/13 -, a.a.O., und vom 12.12.2013 - 10 S 1067/13 -). Allerdings ist der Senat dabei davon ausgegangen, dass insbesondere bei einer Behörde mit Doppelzuständigkeit - wie sie bei der Antragsgegnerin als Stadtkreis gegeben ist (§§ 6 Abs. 1, 23 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 Satz 1 LAbfG, 13 Abs. 1 Nr. 2, 15 Abs. 1 Nr. 2 LVG) -, behördenintern für eine organisatorische und personelle Trennung der Aufgabenbereiche gesorgt ist und keine „Personalunion“ der verantwortlichen Personen besteht (vgl. dazu auch OVG Rheinland-Pfalz, Beschlüsse vom 04.07.2013 - 8 B 10533/13 - und vom 09.10.2013 - 8 B 10791/13 -, jeweils juris). Die Erfüllung dieser Anforderung ist im vorliegenden Fall nach Aktenlage zweifelhaft, wie sich etwa aus der behördlichen Firmierung bei Erlass der angefochtenen Verfügung mit „Eigenbetrieb Abfallwirtschaft Mannheim als untere Abfallrechtsbehörde“ ergibt, die auf eine Vermischung der Verantwortungsbereiche mit einheitlicher Steuerung hindeutet. Dem wird nötigenfalls in einem Hauptsacheverfahren näher nachzugehen sein.
17 
1.2.2 Entsprechendes gilt für den von der Antragstellerin geltend gemachten Gesichtspunkt, dass die Untersagungsverfügung erst nach Ablauf der dreimonatigen Anzeigefrist des § 18 Abs. 5 S. 1 KrWG erlassen worden sei. Insoweit merkt der Senat nur an, dass eine von der Antragstellerin der Sache nach postulierte Ausschlussfrist für ein Einschreiten der Abfallrechtsbehörde der Regelung über die Anzeigefrist nicht zu entnehmen sein dürfte. Dagegen spricht zum einen das Fehlen einer expliziten normativen Sanktionierung einer Überschreitung der Dreimonatsfrist, zum anderen der Umstand, dass sich die Notwendigkeit eines Einschreitens auch erst während des Sammelbetriebs ergeben kann. Von dem formellrechtlichen Gesichtspunkt zu unterscheiden sind die Fragen, welche (auch verfassungs-) rechtlichen Anforderungen an die Untersagung oder Beschränkung einer drei Monate nach der Anzeige aufgenommenen Sammlung zu stellen sind und ob eine verzögerte behördliche Reaktion Entschädigungs- oder Amtshaftungsansprüche auslösen kann (vgl. dazu Dippel in: Schink/Versteyl, KrWG, § 18 Rn. 23; Klement in: Schmehl, GK-KrWG, § 18 Rn. 49; Beckmann in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, KrWG § 18 Rn. 6 ff.).
18 
Die angesprochenen formellrechtlichen Fragen bedürfen im vorliegenden Verfahren keiner weitergehenden Klärung, weil die Erfüllung der materiellen Tatbestandsvoraussetzungen des § 18 Abs. 5 S. 2 KrWG Zweifeln ausgesetzt ist, die der Annahme einer überwiegend wahrscheinlichen oder gar offensichtlichen Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung entgegenstehen.
19 
1.3 Bei summarischer Prüfung rechtfertigt das Vorbringen der Antragsgegnerin schwerlich die Annahme, dass die Antragstellerin unzuverlässig sei und deshalb die Untersagungsvoraussetzung des § 18 Abs. 5 S. 1 1. Alt. KrWG vorliege.
20 
Bei der Anwendung dieser Norm ist zu berücksichtigen, dass die Untersagung einer gewerblichen Sammlung regelmäßig einen Eingriff in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG, gegebenenfalls auch des Art. 14 Abs. 1 GG, darstellt (vgl. hierzu und zum Folgenden auch OVG NRW, Beschluss vom 19.07.2013 - 20 B 476/13 - juris; sowie Senatsbeschlüsse vom 26.09.2013 - 10 S 1345/13 -, UPR 2014, 33, und vom 10.10.2013 - 10 S 1202/13 -, juris). Es handelt sich - gemessen an anderen behördlichen Befugnissen und Maßnahmen - um den intensivsten Eingriff in Rechte des Abfallsammlers, so dass sie nur als letztes Mittel in Betracht kommt. Die Regelung des § 18 Abs. 5 Satz 2 1. Alt KrWG als Ermächtigungsgrundlage für eine Sammlungsuntersagung dürfte daher von vornherein einer einschränkenden Auslegung bedürfen. Da eine Untersagung bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen zwingend ist, d.h. kein Ermessen der Behörde besteht, und eine Untersagung jedenfalls hinsichtlich gewerblicher Sammlungen regelmäßig Grundrechte tangiert, spricht Einiges dafür, dass bloße Bedenken gegen die Zuverlässigkeit ungeachtet des weit gefassten Wortlauts des § 18 Abs. 5 Satz 2 1. Alt. KrWG nicht für eine Untersagung ausreichen. Vielmehr müssen die Bedenken ein so starkes Gewicht haben, dass sie, gemessen am Rang der Grundrechte und der Schwere des potentiellen Schadens, eine Untersagung rechtfertigen. Dies schließt es aus, etwa die Nichtprüfbarkeit der Zuverlässigkeit mit dem Tatbestandsmerkmal „Bedenken gegen die Zuverlässigkeit“ im Sinne des § 18 Abs. 5 Satz 2 1. Alt KrWG gleichzusetzen. Vielmehr muss die Unzuverlässigkeit des Betroffenen mit hinreichender Sicherheit feststellbar sein. Hieraus folgt, dass eine Untersagung wegen Unzuverlässigkeit (noch) nicht in Betracht kommt, wenn die Zuverlässigkeit noch nicht abschließend geprüft ist und hierfür zulässige und zwecktaugliche Mittel zur Verfügung stehen. Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muss die Untersagung ultima ratio bleiben (vgl. näher OVG NRW, Beschluss vom 19.07.2013 - 20 B 476/13 -, a.a.O.).
21 
Die Anforderungen an die Zuverlässigkeit des Anzeigenden einer gewerblichen Sammlung (§ 3 Abs. 18 KrWG) knüpfen, wie auch § 3 Abs. 10 KrWG zeigt, an die gewerberechtliche Begrifflichkeit an. Für den Maßstab zur Beurteilung der Zuverlässigkeit kann deshalb auf die zu § 35 GewO entwickelte Rechtsprechung und Literatur zurückgegriffen werden. Danach ist zuverlässig, wer jederzeit die Gewähr zur Erfüllung seiner Berufspflichten bietet; unzuverlässig in Bezug auf das Gewerbe ist, wer nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreiben wird (st. Rspr., vgl. etwa grundlegend BVerwG, Urteil vom 02.02.1982 - 1 C 146/80 -, BVerwGE 65, 1; OVG Bremen, Beschluss vom 05.10.2009 -, 2 B 273/09 - NVwZ-RR 2010, 102; OVG NRW, Urteil vom 12.04.2011 - 4 A 1449/08 -, NVwZ-RR 2011, 553). Danach muss das in der Vergangenheit liegende Verhalten einer Person mittels einer Prognose daraufhin beurteilt werden, ob es auf eine Unzuverlässigkeit in der Zukunft schließen lässt; die Bejahung der Unzuverlässigkeit muss sich auf Tatsachen stützen lassen.
22 
Nach diesen Grundsätzen ist unzuverlässig im Sinne des § 18 Abs. 5 Satz 2 1. Alt. KrWG, wer nicht die Gewähr dafür bietet, in Zukunft die abfallrechtlichen und sonstigen einschlägigen Vorschriften, insbesondere zur ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung von Abfällen (§ 7 Abs. 3 KrWG), einzuhalten (vgl. VG Bremen, Beschluss vom 25.06.2013 - 5 V 2112/12 -, juris). Dabei kommt es nicht ausschließlich auf das Begriffsverständnis der Entsorgungsfachbetriebeverordnung (§ 8 Abs. 2, § 9 Abs. 1 Satz 2 EfbV) an, weil gewerbliche Sammler von nicht gefährlichen Abfällen nicht notwendigerweise Entsorgungsfachbetriebe sein müssen (vgl. im Einzelnen OVG NRW, Beschluss vom 19.07.2013 - 20 B 476/13 -, a.a.O.).
23 
Gemessen hieran kann bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen Prüfungstiefe schwerlich mit der von der Antragsgegnerin insoweit allein angeführten Begründung auf die Unzuverlässigkeit der Antragstellerin geschlossen werden, die Antragstellerin habe ihre Sammlungstätigkeit mit 67 Containern nach Ergehen der bestandskräftig gewordenen Untersagungsverfügung vom 21.11.2011 „systematisch und über einen langen Zeitraum“ fortgeführt. Die in den Blick zu nehmenden Einzelfallumstände, zu denen auch die chronologische Entwicklung der Sammlung der Antragstellerin im Bereich der Antragsgegnerin gehört, lassen schon den tatsächlichen Ausgangspunkt der Antragsgegnerin zweifelhaft erscheinen, aus der konkreten bisherigen Sammlungstätigkeit der Antragstellerin in Mannheim eine generalisierende Einschätzung des Geschäftsgebarens der Antragstellerin als unzuverlässig abzuleiten.
24 
Wie die Antragstellerin unwidersprochen vorgetragen hat, hat sie schon im Jahr 1996 mit der Sammlung von Alttextilien in Mannheim begonnen und hat diese Sammlung für das Deutsche Rote Kreuz bis 06.10.2011 – offenbar mit Blick auf die Ausnahme von der Überlassungspflicht für gemeinnützige Sammlungen (vgl. § 13 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 KrW-/AbfG, ab 01.06.2012 § 17 Abs. 2 Nr. 3 KrWG) unbeanstandet seitens der Antragsgegnerin – fortgeführt. Nach der Kündigung des Auftragsverhältnisses seitens des Deutschen Roten Kreuzes hat die Antragstellerin nach Aktenlage sodann noch im Oktober 2011 die Aufstellung der entsprechenden Container als gewerbliche Sammlung bei der Antragsgegnerin angezeigt. Die Antragstellerin hat des weiteren unwidersprochen vorgetragen, dass sie in der Folgezeit wieder eine karitative Einrichtung als Auftraggeber gefunden hat und die Antragsgegnerin die bestandskräftige Verfügung vom 21.11.2011, die im Übrigen nicht mit einer Zwangsmittelandrohung versehen war, nicht mit Zwangsmitteln oder auch nur mit Abmahnungen durchzusetzen versucht hat. Die Klägerin hat vielmehr auf die Sammlungsanzeige der Antragstellerin vom 27.06.2012 eine erneute Untersagungsverfügung erlassen, wobei dahinstehen mag, ob diese der Sache nach im Verhältnis zur früheren Verfügung vom 21.11.2011 zugleich einen Zweitbescheid darstellt. Jedenfalls konnte die Antragstellerin angesichts dieser Handhabung durch die Antragsgegnerin zum einen für den Zeitraum 1996 bis Oktober 2011 davon ausgehen, dass die Sammlung für das Deutsche Rote Kreuz wegen ihrer Gemeinnützigkeit von der Antragsgegnerin gebilligt wurde, und dass zum anderen nach erneuter Beauftragung durch eine karitative Organisation die wiederum mutmaßlich gemeinnützige Sammlung von der Antragsgegnerin - ungeachtet der auf eine gewerbliche Sammlung bezogenen bestandskräftigen Untersagungsverfügung vom 21.11.2011 - geduldet wurde.
25 
Um jeden Anschein eines gegen die bestandskräftige Verfügung verstoßenden Verhaltens zu vermeiden, hätte die Antragstellerin freilich eine nunmehr wieder gemeinnützige Sammlung anzeigen bzw. bei der Antragsgegnerin auf eine klarstellende Bestätigung hinwirken können, dass die neuerliche gemeinnützige Sammlung nicht beanstandet und von der Verfügung vom 31.11.2011 nicht erfasst wird (vgl. dazu Klement, a.a.O., § 18 Rn. 29 f.: „Legalisierung“ einer privaten Sammlung). Dass die Antragstellerin dies unterlassen hat, fällt vor dem Hintergrund der früheren langjährig unbeanstandet gebliebenen gleichartigen gemeinnützigen Sammlungstätigkeit, der auf die Untersagung gewerblicher Sammlung beschränkten Reichweite der Verfügung vom 21.11.2011 und der nachfolgenden Duldungspraxis der Antragsgegnerin indes nicht erheblich ins Gewicht. Immerhin hatte die Antragstellerin nach Beendigung des Auftragsverhältnisses mit dem Deutschen Roten Kreuz der Antragsgegnerin zeitnah die Fortführung als gewerbliche Sammlung angezeigt und diese nach deren Untersagung als solche wohl nur für einen relativ kurzen Übergangszeitraum - bis zur erneuten Beauftragung durch eine karitative Organisation - weiter betrieben. Sodann hat sie nach dem Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaftsgesetzes zum 01.06.2012 noch im Juni 2012 die künftig beabsichtigte gewerbliche Sammlung angezeigt.
26 
Bei einer Gesamtwürdigung dieser Umstände vermag der Senat der Einschätzung der Antragsgegnerin nicht zu folgen, das Verhalten der Antragstellerin rechtfertige die Annahme, dass sie sich auch zukünftig über bestehende gesetzliche Vorschriften oder behördliche Verfügungen hinwegsetzen werde, und begründe, weil dies „nicht auszuschießen“ sei, deshalb Bedenken gegen ihre Zuverlässigkeit i.S.d. § 18 Abs. 5 Satz 2 1. Alt. KrWG. Diese uneingeschränkter gerichtlicher Kontrolle unterliegende Beurteilung verfehlt mit dem Abstellen auf die vermeintliche Nichtausschließbarkeit rechtsuntreuen Verhaltens den wie dargelegt verfassungsrechtlich determinierten strengen tatbestandlichen Maßstab und entbehrt bei Anlegung des zutreffenden Maßstabs einer tragfähigen Tatsachengrundlage. Die von der insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren noch aggravierend in den Raum gestellte pauschale Behauptung, die Antragstellerin habe „systematisch und über einen längeren Zeitraum“ die bestandskräftige Untersagung ihrer gewerblichen Sammlung ignoriert und damit gezeigt, dass sie sich über jedes Behördenhandeln vollständig hinwegsetze, ist ebenso ohne plausible Substantiierung geblieben und zieht aus dem unzureichend konkretisierten Vorwurf überzogene Schlussfolgerungen auf das Gesamtverhalten der Antragstellerin im Zusammenhang mit ihrer Sammeltätigkeit. Rechtfertigen die von der Behörde angeführten Umstände mithin die Annahme der Unzuverlässigkeit nicht, so kann auf sich beruhen, inwieweit der bedenkenswerten Auffassung des Verwaltungsgerichts zu folgen ist, dass bei einem bundesweit tätigen Unternehmen wie der Antragstellerin aus einem vereinzelten - unterstellt - zu beanstandenden Verhalten nicht ohne weiteres auf generelle Unzuverlässigkeit geschlossen werden kann.
27 
Nach allem kommt es auf die Stichhaltigkeit der Rüge der Antragsgegnerin nicht mehr an, das Verwaltungsgericht sei nur auf Grund eines - erkennbaren - Datumsfehlers in einer Stellungnahme des Eigenbetriebs Abfallwirtschaft Mannheim zu Unrecht davon ausgegangen, die Vor-Ort-Kontrollen hätten erst nach Erlass der Untersagungsverfügung vom 21.11.2011 stattgefunden.
28 
1.4 Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin kann die Untersagungsverfügung beim derzeitigen Erkenntnisstand wohl auch nicht - jedenfalls nicht offensichtlich - auf § 18 Abs. 5 Satz 2 2. Alt. KrWG gestützt werden. Nach dieser Vorschrift ist die Sammlung zu untersagen, wenn die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 oder Nr. 4 KrWG genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist. Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG besteht eine Überlassungspflicht an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nicht für Abfälle, die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
29 
Die Antragsgegnerin macht nicht geltend, die Antragstellerin biete nicht die Gewähr für eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung im Sinne des § 17 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 KrWG als Voraussetzung für die Freistellung von der Überlassungspflicht bzw. habe es insoweit im einzelnen an der Erfüllung ihrer Anzeigepflicht nach § 18 Abs. 2 KrWG fehlen lassen (zu solchen Konstellationen vgl. Senatsbeschlüsse vom 26.09.2013 - 10 S 1345/13 -, UPR 2014, 33; vom 10.10.2013 - 10 S 1202/13 -, juris). Sie beruft sich vielmehr auf entgegenstehende überwiegende öffentliche Interessen in Gestalt einer Gefährdung ihrer Funktionsfähigkeit als Entsorgungsträger durch die gewerbliche Sammeltätigkeit der Antragstellerin, mithin auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des eine Legaldefinition der „überwiegenden öffentlichen Interessen“ enthaltenden § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG. Dem vermag der Senat nicht ohne weiteres zu folgen (1.4.1). Sodann bestehen jedenfalls Zweifel daran, dass die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 oder 4 KrWG genannten Voraussetzungen anders als durch die vollständige Untersagung nicht zu gewährleisten ist (1.4.2).
30 
1.4.1 Nach § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG stehen überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von Absatz 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG einer gewerblichen Sammlung nur entgegen, wenn die betreffende gewerbliche Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder eines von diesem beauftragten Dritten oder des nach Maßgabe von § 25 KrWG eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Bei dieser Bestimmung handelt es sich um eine abschließende Regelung der nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG maßgeblichen öffentlichen Interessen. Rechtsdogmatisch ist § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG, wie schon der Wortlaut deutlich macht, als zwingende Vorschrift ausgestaltet (VG Würzburg, Beschluss vom 28.01.2013 - W 4 S 12.1130 -, juris, Rn. 38; Schomerus, in: Versteyl/Mann/Schomerus, KrWG, 2012, § 17 Rn. 41: „Abwägungsvorgang durch das Gesetz antizipiert“). In der Sache muss jedoch ausweislich des insoweit unmissverständlichen Wortlauts von Satz 1 und Satz 2 des § 17 Abs. 3 KrWG eine „Gefährdung“ des Schutzguts (Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers etc.) vorliegen. Das ist hier beim derzeitigen Erkenntnisstand nicht mit dem zu fordernden, verfassungs- und europarechtlich nahegelegten Evidenzgrad von der Antragsgegnerin dargelegt und nachgewiesen worden.
31 
1.4.1.1. Für eine „Funktionsgefährdung“ im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG fehlen durchschlagende konkrete Anhaltspunkte. Die Antragsgegnerin hat nicht hinreichend substantiiert und schlüssig vorgetragen, dass die Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten gefährdet oder zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert wird, falls die Antragstellerin die gewerbliche Sammlung von Alttextilien - auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen - durchführt. Die Darlegungslast insoweit obliegt der Verwaltung (OVG NRW, Beschl. v. 19.7.2013 - 20 B 122/13 -, juris Rn. 15). Dies fordert gemäß Art. 106 Abs. 2 AEUV auch das EU-Recht.
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Um eine tragfähige Beurteilung der „wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen“ im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG vornehmen zu können, ist eine Analyse und Bewertung der tatsächlichen, konkreten Auswirkungen der gewerblichen (und ggf. gemeinnützigen) Sammlung(en) auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger unerlässlich (VG Ansbach, a. a. O., Rn. 83). Das verlangt nicht zuletzt das Unionsrecht. Die dafür von der Antragsgegnerin zu schaffenden tatsächlichen Grundlagen liegen derzeit zumindest nicht mit dem Grad an Evidenz vor, der es rechtfertigen könnte, die angezeigte Sammlung vollständig zu untersagen - statt etwa nur beschränkende Auflagen wie Befristungen oder Mengenbeschränkungen (siehe dazu auch unten 1.4.2).
33 
Der Argumentation der Antragsgegnerin liegt tendenziell offenbar ein Modell der Abfallentsorgung zu Grunde, in dem gewerbliche Sammlungen, die den Abfällen aus privaten Haushaltungen veräußerbare (Wert-)Stoffe und Gegenstände entziehen, wegen der entsprechenden Einnahmeverluste beim öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger und damit einhergehender Verhinderung niedrigerer Abfallgebühren unzulässig sind, so dass gewerbliche Sammlungen mit der öffentlich-rechtlich organisierten Entsorgungswirtschaft systematisch unvereinbar sind (in diesem Sinne VG Hamburg, Urteil vom 09.08.2012 - 4 K 1905/10 -, ZUR 2013, 43, 49; Queitsch, AbfallR 2012, 290 ff.). Eine derartige Deutung des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG ist indes mit Art. 106 Abs. 2 AEUV nicht vereinbar; danach muss die Möglichkeit zum Wettbewerb auf dem Abfallentsorgungsmarkt durch private Konkurrenz erhalten bleiben und die Prüfung im Einzelfall erfolgen (Schomerus, a. a. O., § 17 Rn. 48, 49; Dippel, a. a. O., § 17 Rn. 49, 57). § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG lässt die gebotene europarechtskonforme Handhabung zu; die Bestimmung wird verschiedentlich als widerlegbare Vermutungsregel qualifiziert (VG Würzburg, a. a. O., Rn. 38; Dippel, a. a. O., § 17 Rn. 57). Richtig dürfte zur Sicherung der Europarechtskonformität des deutschen Rechts jedenfalls der Zugriff auf den normativen Gehalt der maßgeblichen Bestimmungen sein: Wenn der öffentlich-rechtlich organisierten Abfallentsorgung, um private Wettbewerber ausschließen zu können, eine „Gefährdung“ drohen muss (§ 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG) bzw. die Aufgabenerfüllung bei Zulassung der privaten Konkurrenz „verhindert“ werden würde (Art. 106 Abs. 2 AEUV), ist das Modell der systematischen Unvereinbarkeit zwischen öffentlich-rechtlicher und privater Abfallentsorgung im Hausmüllbereich de lege lata nicht vertretbar, sondern es muss im konkreten Fall zumindest eine Art Geringfügigkeitsschwelle beachtet werden, um „wirtschaftlich ausgewogene Bedingungen“ der öffentlich-rechtlich organisierten Abfallentsorgung gefährdet zu sehen (VG Ansbach, Urteil vom 23.01.2013 - AN 11 K 12.01588 -, juris, Rn. 82, spricht mit Blick auf die Müllgebühren von einer Erheblichkeitsgrenze bzw. Toleranzschwelle von 10% bis 12%; ähnlich OVG Hamburg, Beschluss vom 20.03.2013 - 5 Bs 208/12 -, juris, Rn. 15 f.).
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Die Antragstellerin hat insoweit unwidersprochenen unter Bezugnahme auf den Haushaltsplan der Antragsgegnerin 2012/13 abfallwirtschaftliche Erlöse der Antragsgegnerin in Höhe von 55.270.000 EUR (für 2010) bzw. 52.132.000 EUR (geplant für 2012) den von der Antragsgegnerin angegebenen befürchteten Einnahmeausfällen durch die gewerbliche Sammlung der Antragstellerin in Höhe von 167.000 EUR gegenübergestellt. Die daraus resultierende Einnahmeverminderung um ca. 0,3 % liegt ersichtlich unterhalb der Geringfügigkeitsschwelle, ohne dass es in diesem Zusammenhang noch auf die von der Antragsgegnerin angesetzten – von der Antragstellerin als zu niedrig bestrittenen – Mengen des Alttextilaufkommens im einzelnen ankäme. Die diesbezüglichen Annahmen der Antragsgegnerin erlauben allenfalls die rechtliche Schlussfolgerung, dass die gewerbliche Sammlung der Antragstellerin - sowie andere gewerbliche Sammlungen in Mannheim - den Abfallwirtschaftsbetrieb der Antragsgegnerin bzw. einen von ihr beauftragten Dritten beeinträchtigen könnte. Dies genügt jedoch für die Bejahung der Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG nicht. Nach dem ausdrücklich erklärten Willen des Gesetzgebers sind „Beeinträchtigungen“, also unterhalb der Schwelle einer „Gefährdung“ der Funktionsfähigkeit bleibende Nachteile, hinzunehmen (BT-Drucks. 17/6052, S. 87). Jede andere Deutung des Gesetzes wäre mit Art. 106 Abs. 2 AEUV unvereinbar; die europarechtskonforme Handhabung des nationalen Rechts ist indessen nicht disponibel. Auch sonst ist eine wirkliche „Gefährdung“ der Abfallentsorgung im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG nicht erkennbar.
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1.4.1.2 Die Antragsgegnerin hat auch nicht dargetan, dass „überwiegende öffentliche Interessen“ im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 Satz 1 KrWG deshalb zu bejahen sind, weil die „Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird“ (§ 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG). Nach summarischer Prüfung dürfte vorliegend keines der drei Regelbeispiele gemäß § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG in diesem Sinne erfüllt sein, d.h. zugleich eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers begründen.
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1.4.1.2.1 Die Antragsgegnerin beruft sich mit Blick auf § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG darauf, dass sie in dem betroffenen Entsorgungsgebiet bereits in öffentlich-rechtlicher Verantwortung Alttextilien über Sammelcontainer und Recyclinghöfe haushaltsnah erfasst und einer hochwertigen Verwertung zuführt; daher sei eine konkurrierende gewerbliche Sammlung ohne weiteres unzulässig, nach dem Gesetz sei in diesem Falle eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung anzunehmen.
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Diese Maßstabsbildung verfehlt nach der Rechtsprechung des Senats das geltende Recht (vgl. Senatsbeschluss vom 09.09.2013 - 10 S 1116/13 -, a.a.O.): Die Argumentation der Antragsgegnerin stützt sich auf ein enges Verständnis des Gesetzeswortlauts. Danach soll ein bestehendes Entsorgungssystem (falls „haushaltsnah“, „hochwertig“) gegen jedwede private Konkurrenz geschützt werden, sofern nicht ausnahmsweise § 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG eingreift; ob tatsächlich eine „wesentliche Beeinträchtigung“ der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung vorliegt, soll - auch im Falle der Drittbeauftragung - unbeachtlich sein, weil ein Nebeneinander von Sammlungen gleicher Abfallarten gesetzlich ausgeschlossen sei (VG Köln, Beschl. v. 25.1.2013 - 13 L 1796/12 - BA Rn. 10 und 11; Queitsch, UPR 2012, 221, 226; ders., AbfallR 2012, 290, 292). Diese Rechtsauffassung führt im Ergebnis zu einem absoluten Konkurrentenschutz, falls ein öffentlich-rechtlich organisiertes Entsorgungssystem besteht; danach soll jedweder Wettbewerb im Bereich der hier fraglichen Abfallentsorgung per se unzulässig sein.
38 
Ein solches Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG, das die bloße Existenz eines Systems der haushaltsnahen oder sonstigen hochwertigen getrennten Erfassung und Verwertung der Abfälle durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger bzw. einen von diesem beauftragten Dritten für den Ausschluss einer gewerblichen Sammlung genügen lässt, ist nicht europarechtskonform (VG Würzburg, a. a. O., Rn. 41 f.); sie verfehlt die Anforderungen des Art. 106 Abs. 2 AEUV, verstößt insbesondere gegen das Gebot der „Erforderlichkeit“. Eine derartige Deutung des Gesetzeswortlauts ist allerdings keineswegs zwingend und wird durch die Gesetzessystematik und die Entstehungsgeschichte widerlegt, so dass Sinn und Zweck des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG eine europarechtskonforme Auslegung und Anwendung der Bestimmung gebieten.
39 
Ob § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen eine - ggf. widerlegbare (so VG Ansbach, a. a. O., Rn. 85; VG Würzburg, a. a. O., Rn. 38; Petersen/Doumet/Stöhr, NVwZ 2012, 521, 527; Dippel, a. a. O., § 17 Rn. 65) oder unwiderlegbare (so Dageförde/Thärichen, AbfallR 2013, 125, 136; Queitsch, AbfallR 2013, 169, 173) - Vermutungsregelung trifft, bedarf jedenfalls in diesem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes keiner Klärung, weil die Tatbestandsvoraussetzungen nicht erfüllt sind. Mit der Formulierung „insbesondere“ stellt der Gesetzgeber klar, dass auf der Tatbestandsseite Regelbeispiele normiert werden; dies schließt nicht aus, dass die in dem Regelbeispiel zum Ausdruck kommende gesetzgeberische Vorstellung im Einzelfall möglicherweise nicht zutrifft. Nach dem Gesetzeswortlaut liegt im konkreten Fall mithin nicht zwingend eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung vor, falls das Regelbeispiel des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bejaht wird; vielmehr kann im Einzelfall eine gewerbliche Sammlung bei fehlender wesentlicher Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers durchaus zulässig sein (Beckmann/Wübbenhorst, DVBl 2012, 1403, 1408).
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Gesetzessystematisch fungiert § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG als Konkretisierung des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG. Danach wird in einem materiellen Sinne vorausgesetzt, dass die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung „wesentlich beeinträchtigt wird“. Dieses schon europarechtlich gebotene materielle Verständnis ist gleichsam nicht hintergehbar, weil jene Bestimmung in dem Kaskadenmodell des § 17 Abs. 3 KrWG ihrerseits eine Konkretisierung des § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG darstellt; die dort geschützte Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. des von diesem beauftragten Dritten kann sinnvollerweise nicht bereits auf Grund des bloßen Nebeneinanders von gewerblicher und kommunaler Sammlung gleicher Abfallarten ohne inhaltliche Würdigung der konkurrierenden Entsorgungssysteme als „gefährdet“ angesehen werden. Schließlich darf nicht verkannt werden, dass die in § 17 Abs. 3 KrWG angelegten Konkretisierungsstufen der Konturierung „überwiegender öffentlicher Interessen“ im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG dienen; dass dieser unbestimmte Rechtsbegriff nicht allein mit einem formalistischen Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG zureichend ausgefüllt werden kann, liegt auf der Hand.
41 
Entstehungsgeschichtlich hat das Merkmal „wesentliche Beeinträchtigung“ europarechtliche Ursprünge. Vor dem Hintergrund des Art. 106 AEUV hatte die EU-Kommission im Notifizierungsverfahren zum Gesetzentwurf zur Neuordnung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes vom 28. Mai 2011 darauf hingewiesen, dass nur „wesentliche“ Auswirkungen gewerblicher Sammlungen auf die Kommunen im Rahmen der Einzelfallabwägung des § 17 Abs. 3 KrWG berücksichtigt werden dürften; andernfalls könne der Zugang eines neuen Wettbewerbers EU-rechtswidrig behindert werden (Mitteilung SG[2011] D/51545 im Notifizierungsverfahren 2011/0148/D). Unter ausdrücklicher Erinnerung an diesen Vorgang hat die Bundesregierung im Gesetzgebungsverfahren in ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates die EU-rechtskonforme Fassung des § 17 Abs. 3 KrWG angemahnt (BT-Drucks. 17/6645, S. 5). Der zuständige BT-Ausschuss hat in seiner Beschlussempfehlung darauf reagiert (BT-Drucks. 17/7505, S. 3). Die europarechtskonforme Auslegung und Anwendung des innerstaatlichen Rechts drängt sich geradezu auf.
42 
Nach Sinn und Zweck des Kaskadenmodells gemäß § 17 Abs. 3 KrWG steht Satz 3 Nr. 1 im Dienste der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlich organisierten Entsorgungssystems (Satz 1). Eine „Gefährdung“ dieser Funktionsfähigkeit (Satz 2) durch eine „wesentliche Beeinträchtigung“ der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers kann allenfalls angenommen werden, wenn die gewerbliche Sammlung - „in ihrer konkreten Ausgestaltung“ und ggf. „im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen“ (§ 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG) - mehr als nur einen geringen Anteil des gesamten Aufkommens einer bestimmten Abfallart (hier: Alttextilien) im Entsorgungsgebiet erfasst (VG Würzburg, a. a. O., Rn. 42: keine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit bei lediglich 10% bis 15% einer getrennt erfassten Abfallfraktion; ebenso Dippel, a. a. O., § 17 Rn. 66 m. Nachw. zur entsprechenden Rechtsprechung nach dem KrW-/AbfG). Ein anderes Gesetzesverständnis wäre europarechtlich kaum haltbar (VG Ansbach, a. a. O., Rn. 85). Mit Blick auf die gebotene europarechtskonforme Auslegung (Art. 106 Abs. 2 AEUV) stellt sich durchaus die nötigenfalls im Hauptsacheverfahren weiter zu klärende Frage, ob bei hinreichend gesicherter Wahrnehmung der Sammlungs- und Verwertungsaufgabe durch gewerbliche bzw. gemeinnützige Sammler unabhängig vom konkreten prozentualen Anteil überhaupt von einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Verantwortung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsträgers gesprochen werden kann (restriktiv, mit dem Verdikt der Unionsrechtswidrigkeit des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG, unter Hinweis auf den von Art. 106 Abs. 2 AEUV allein erlaubten Schutz der Aufgabenerfüllung als solchen: Klement, a.a.O., § 17 Rn. 147; vgl. auch Beckmann, a.a.O., § 17 Rn. 129). Und selbst bei rein innerstaatlich angelegter Gesetzesdeutung kann ernsthaft nicht davon gesprochen werden, dass die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung „wesentlich“ beeinträchtigt wird, wenn nur eine eher geringfügige gewerbliche Sammlung bestimmter Abfälle stattfindet (OVG Hamburg, a. a. O., Rn. 19). Andernfalls bewirkte die Gesetzesanwendung einen rechtlich unzulässigen absoluten Konkurrentenschutz.
43 
Eine hinreichend verlässliche Quantifizierung des Anteils der gewerblichen Sammlung der Antragstellerin und sonstiger gewerblicher oder gemeinnütziger Sammlungen von Alttextilien dürfte im Übrigen beim derzeitigen Erkenntnisstand nicht vorliegen und in diesem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auch nicht möglich sein. Die Antragstellerin hat insoweit die Mengenannahmen der Antragsgegnerin unter Berufung auf einschlägige Gutachten zum bundesweiten durchschnittlichen Alttextil-Sammelaufkommens pro Kopf der Bevölkerung als deutlich zu niedrig in Zweifel gezogen. Eine konsistente Tatsachengrundlage erscheint aber auch deshalb erforderlich, um mildere Maßnahmen als die vollständige Untersagung der Sammlung auf ihre Eignung und Erforderlichkeit prüfen zu können. Soweit die Antragsgegnerin einen befürchteten Mengenverlust von 80 bis 85 Prozent bei Nichtunterbindung von insgesamt 22 angezeigten Sammlungen ins Feld führt, muss sie sich die Möglichkeit einer willkürfreien faktischen Kontingentierung als in Betracht zu ziehendes milderes Mittel entgegenhalten lassen. Eine Handhabung dahingehend, dass etwa aus Gründen des „Überangebots“ und der Gleichbehandlung alle gewerblichen Sammlungen untersagt würden, liefe letztlich auf den europarechtlich unzulässigen absoluten Konkurrenzschutz hinaus. Im Ergebnis verbleibt jedenfalls eine Ungewissheit, ob eine eventuelle „wesentliche Beeinträchtigung“ als „Gefährdung“ im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG gedeutet werden könnte. Auf § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG (im Sinne der europarechtskonformen Deutung) kann sich die Antragsgegnerin demzufolge nicht ohne weiteres berufen.
44 
1.4.1.2.2 Das von der Antragsgegnerin weiter für Ihre Rechtsposition in Anspruch genommene Regelbeispiel einer Gefährdung der Gebührenstabilität (§ 17 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 KrWG) ist bei der gebotenen restriktiven, auf die Gefährdung der Funktionsfähigkeit nach § 17 Abs. 3 S. 1 KrWG zurück zu beziehenden Interpretation tatbestandlich schwerlich erfüllt. Bei einer Verminderungen des Erlösaufkommens der Abfallwirtschaft der Antragsgegnerin durch die angezeigte Sammlung der Antragstellerin um lediglich ca. 0,3 % liegt die Auswirkung auf die Gebührenhöhe weit unter der anzunehmenden Erheblichkeits- bzw. Toleranzschwelle (s.o. 1.4.1.1 sowie Klement, a.a.O., § 17 Rn. 150 ff. m.w.N.).
45 
1.4.1.2.3 Ob eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers etwa deshalb anzunehmen ist, weil die Zulassung der gewerblichen Sammlung der Antragstellerin die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschweren oder unterlaufen und damit das Regelbeispiel nach § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG erfüllen würde, wie die Antragsgegnerin kursorisch geltend macht, ist allenfalls offen. Diese Bestimmung schützt das – bereits durchgeführte oder bevorstehende – Vergabeverfahren; Prämisse der Regelung ist die Gewährleistung von Wettbewerb um den Abfallentsorgungsmarkt, nicht in diesem Markt. Nach dem gesetzgeberischen Willen zielt § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG auf „die wettbewerbskonforme Einbindung der privaten Entsorgungswirtschaft in die kommunale Aufgabenwahrnehmung und sichert so die ‚duale‘ Entsorgungsverantwortung im Bereich der Entsorgung von Haushaltsabfällen ab“ (BT-Drucks. 17/7505, S. 44).
46 
Die Vergabe von Entsorgungsleistungen schützt demnach den erfolgreichen Bieter gegenüber konkurrierenden gewerblichen Sammlungen. Der mit dem öffentlichen Auftrag betraute bzw. zu betrauende Dritte wird sogar monopolartig geschützt; ausweislich der in § 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG getroffenen Regelung, die Nr. 3 des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG gerade nicht in Bezug nimmt, wird der erfolgreiche Bieter dergestalt privilegiert, dass er vor jedweder Konkurrenz durch gewerbliche Sammler geschützt ist (Dageförde/Thärichen, AbfallR 2013, 125, 136). Der Senat lässt offen, ob eine so weit gehende (temporäre) Monopolisierung der Entsorgungsleistungen mit dem EU-Recht vereinbar ist (vgl. dazu kritisch Klement, a.a.O., § 17 Rn. 155 f.; Beckmann, a.a.O., § 17 Rn. 134 ff.); jedenfalls liegen die Voraussetzungen beider Alternativen des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vor.
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1.4.1.2.3.1 Die Antragsgegnerin beruft sich zunächst darauf, dass durch die Zulassung der gewerblichen Sammlung der Antragstellerin die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb unterlaufen werde (§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 Alt. 2 KrWG). Diese Regelung erfasst Fallgestaltungen, in denen ein gewerblicher Sammler als Bieter im Vergabeverfahren - wie die Antragstellerin bei der im Herbst 2012 durchgeführten Ausschreibung - den Zuschlag nicht erhalten hat (VG Ansbach, a. a. O., Rn. 90) oder am Ausschreibungswettbewerb des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gar nicht teilgenommen hat und nun eine gewerbliche Sammlung vornimmt. Der erfolgreiche Bieter, der als Auftragnehmer gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger vertragliche Bindungen eingeht, wird durch § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG vor einer derartigen „illegitimen“ Konkurrenz während der Vertragslaufzeit geschützt.
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Dieser gesetzliche Schutz greift jedoch nur bei einer rechtmäßigen Auftragsvergabe, also einem ordnungsgemäß durchgeführten Vergabeverfahren, ein. Denn ausweislich der erwähnten gesetzgeberischen Zielsetzung geht es um die „wettbewerbskonforme“ Einbindung Privater. § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG schützt das berechtigte Vertrauen des erfolgreichen Bieters in die Angebotskalkulation des Auftraggebers; vertraut werden darf auf die Exklusivität der Entsorgungsleistung während der Vertragslaufzeit und auf die Vertragstreue des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers (Dageförde/Thärichen, AbfallR 2013, 125, 132 f.). Ein „berechtigtes“ und damit schützenswertes Vertrauen des Auftragnehmers kann jedoch nur bei einem rechtmäßigen Vergabeverfahren anerkannt werden; andernfalls würde - wettbewerbswidrig -illegales Verhalten prämiert (vgl. Senatsbeschluss vom 09.09.2013 - 10 S 1116/13 -, a.a.O). Bei der Vergabe von Entsorgungsleistungen im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG muss gemäß § 100 Abs. 1 GWB, § 2 Nr. 2 VgV ab einem Schwellenwert von 200.000,- Euro eine europaweite Ausschreibung der Auftragsvergabe erfolgen (§ 4 Abs. 1 VgV, § 15 VOL/A-EG). Ob das Vergabeverfahren als solches rechtmäßig durchgeführt worden ist, bedarf deshalb nötigenfalls näherer Prüfung, die dem Hauptsacheverfahren vorzubehalten ist.
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Hinzu kommt, dass die Antragstellerin ihre gewerbliche Sammlung bereits im Juni 2012, d.h. deutlich vor der von der Antragsgegnerin im Herbst 2012 durchgeführten Ausschreibung, angezeigt hat. Die Antragsgegnerin hatte mithin Anlass, diese seinerzeit noch nicht - vielmehr erst mit dem angefochtenen Bescheid vom 06.03.2013 - untersagte Sammlung der Antragstellerin bei ihrer lediglich den Transport und die Verwertung betreffenden Ausschreibung (mengen- und entgeltmäßig) zu berücksichtigen. Ist dies geschehen, so konnten sich die Bieter darauf einstellen. Andernfalls ist die Unterlassung der Antragsgegnerin zuzurechnen. In beiden Fällen könnte die Sammlung der Antragstellerin schwerlich als Unterlaufen der Vergabe gewertet werden. Denn die Antragstellerin konkurrierte ebenso wie die anderen Bieter in dem Vergabeverfahren vor dem Hintergrund der bereits angezeigten bzw. bestehenden Sammlungen um zusätzliche Aufträge für Transport und Verwertung. Die Antragstellerin hat im übrigen unwidersprochen vorgetragen, dass eine tatsächliche Beeinträchtigung der vertraglich abgesicherten Marktposition des erfolgreichen Bieters um die Transport- und Verwertungsleistung nicht eintrete, weil davon auszugehen sei, dass eine bindende Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Lieferung einer bestimmten Alttextilienmenge nicht bestehe und nur das bezahlt werde, was geliefert werde.
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1.4.1.2.3.2 Die Antragsgegnerin dürfte sich auch kaum darauf berufen können, dass durch die gewerbliche Sammlung der Antragstellerin die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert wird (§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 Alt. 1 KrWG). Dabei kann der Senat die kontrovers erörterte Frage offen lassen, ob ohne den Erlass einer Untersagungsverfügung eine parallel durchgeführte gewerbliche Sammlung von Abfällen zu einer unkalkulierbaren Schwankungsbreite der Mengenparameter mit der Folge führt, dass eine unklare Leistungsbeschreibung und daher ein Verstoß gegen § 8 Abs. 1 VOL/A-EG zu erwarten ist (vgl. VG Ansbach, a. a. O., Rn. 91 ff.; Dageförde/Thärichen, AbfallR 2013, 125, 133 f.), oder ob - da die Abgabe von Alttextilien ohnehin Unwägbarkeiten ausgesetzt ist - den möglichen Mengenschwankungen vergaberechtlich durch eine entsprechende Formulierung der Ausschreibungsbedingungen Rechnung getragen werden kann, da die Größenordnung der Schwankungsbreite abschätzbar ist (vgl. OVG Hamburg, a. a. O., Rn. 23; Beckmann/Wübbenhorst, DVBl 2012, 1403, 1409).
51 
Soll durch § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 Alt. 1 KrWG ein Vergabeverfahren geschützt werden, muss ein solches konkret in Aussicht stehen. Das ist hier, soweit ersichtlich, nicht der Fall; die Antragsgegnerin hat erst im Herbst 2012 das genannte Verfahren in Bezug auf Transport und Verwertung von Alttextilien durchgeführt. Die abstrakt gehaltene Argumentation der Antragsgegnerin läuft darauf hinaus, dass eine gewerbliche Sammlung per se ausgeschlossen wäre, wenn sich der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger an Stelle der Eigenwahrnehmung der Abfallentsorgungsaufgabe für eine Drittbeauftragung (§ 22 KrWG) entschieden hat; reklamiert wird damit, europarechts- und gesetzeswidrig, ein absoluter Konkurrentenschutz. Ein erneutes (diskriminierungsfreies und transparentes) Vergabeverfahren ist jedoch erst in Bezug auf den Zeitraum nach Ablauf der jetzigen, mit dem Dritten vereinbarten Vertragslaufzeit durchzuführen (vgl. Dageförde/Thärichen, AbfallR 2013, 125, 133). Dazu hat die Antragsgegnerin keine Angaben gemacht. Die Berufung auf § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 Alt. 1 KrWG verfolgt demzufolge den Zweck, rein prophylaktisch gewerbliche Sammler vom Markt zu verdrängen. Dieses Vorgehen ist von der Bestimmung nicht gedeckt. Ohne Ansehung eines bestimmten Vergabeverfahrens kann nicht beurteilt werden, was „erheblich erschwert“ werden soll; eine solche - hier nicht mögliche - Prüfung schreibt das Gesetz indessen zwingend vor (vgl. Senatsbeschluss vom 09.09.2013 - 10 S 1116/13 -, a.a.O.).
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Folgte man nicht dieser „Tatbestandslösung“, müsste dasselbe Ergebnis als „Rechtsfolgelösung“ nach § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG erzielt werden. Danach wäre die Untersagungsverfügung nur rechtmäßig, wenn die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 (i. V. m. Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 3 Satz 2 i. V. m. Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 Alt. 1) KrWG normierten Voraussetzungen „anders nicht zu gewährleisten ist“. Nach diesem bindend vorgeschriebenen Maßstab des Übermaßverbots („Erforderlichkeit“ einer behördlichen Maßnahme) kann eine künftige Auftragsvergabe gegenüber „wesentlichen Erschwerungen“ in Bezug auf Diskriminierungsfreiheit und Transparenz jedoch „anders“ dadurch geschützt werden, dass zu dem gegebenen späteren Zeitpunkt vor Einleitung des dann anstehenden Vergabeverfahrens die tatsächliche Lage („Schwankungsbreite“ von Mengenparametern) konkret geprüft und nötigenfalls mit einer Untersagungsverfügung reagiert wird. Im Sinne des Übermaßverbots ist es in keiner Weise erforderlich, nach einer erst unlängst erfolgten Auftragsvergabe rein vorsorglich mit Blick auf künftige Vergabeverfahren, zu denen der Antragsgegner nichts Konkretes vorgetragen hat, gewerbliche Sammlungen pauschal zu verbieten.
53 
1.4.2 Unabhängig davon, ob die Untersagungsverfügung schon deshalb rechtswidrig ist, weil die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 i. V. m. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG nicht erfüllt sind, kommt auch ein Verstoß gegen die in § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG normierte Rechtmäßigkeitsanforderung der „Erforderlichkeit“ der Untersagungsverfügung in Betracht. Schon nach dem Wortlaut des § 18 Abs. 5 Satz 2 2. Alt. KrWG ist die Untersagung der Sammlung nur zulässig, wenn die Einhaltung der Regelung des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG nicht anders zu gewährleisten ist. Der Gesetzgeber trägt damit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung; die Untersagung ist auch hier ultima ratio (vgl. grundlegend Senatsbeschluss vom 09.09.2013 - 10 S 1116/13 -, a.a.O., m.w.N.). Als mildere Mittel kommen nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG insbesondere Bedingungen, Befristungen und Auflagen in Betracht. Dass die Antragsgegnerin solche in Erwägung gezogen und eine entsprechende Sachprüfung angestellt hätte, ist dem Akteninhalt nicht zu entnehmen. Die Antragsgegnerin hat die gesetzlich vorgeschriebene zweistufige Prüfung im Rahmen des § 18 Abs. 5 KrWG mithin wohl nicht durchgeführt. Darin liegt ggf. zugleich ein Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Übermaßverbot, weil dem Gebot der „Erforderlichkeit“ einer behördlichen Maßnahme beim Eingriff in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG nicht Rechnung getragen worden ist.
54 
Diese gesetzliche Vorgabe des § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG stellt eine Konkretisierung des Übermaßverbots (Grundsatz der Verhältnismäßigkeit i. w. S.) dar (NdsOVG, a. a. O., S. 221). Die Untersagung, d.h. ein vollständiges Verbot einer gewerblichen Sammlung, ist - wie ausgeführt (s.o. 1.3) - im Vergleich mit anderen Reglementierungen der intensivste Eingriff in die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) eines gewerblichen Sammlers und kommt daher bereits aus verfassungsrechtlichen Gründen nur als ultima ratio in Betracht (NdsOVG, Urteil vom 21.03.2013 - 7 LB 56/11 -, NsVBl 2013, 218; OVG NRW, Beschl. v. 19.07.2013 - 20 B 122/13 - juris Rn. 18; VG Würzburg, a. a. O., Rn. 47; Dippel, in: Schink/Versteyl, a. a. O., § 18 Rn. 24). Dies setzt voraus, dass die Untersagungsverfügung im konkreten Fall die einzige geeignete Maßnahme zur Einhaltung der Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG ist (OVG Hamburg, a. a. O., Rn. 12). Die Beachtung dieser Anforderungen stellt § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG dadurch sicher, dass die zuständige Behörde zu einer entsprechenden Prüfung verpflichtet ist (Schomerus, in: Versteyl/Mann/ Schomerus, a. a. O., § 18 Rn. 16).
55 
In der Sache nimmt die Formulierung „anders nicht zu gewährleisten“ - wie schon die Gesetzessystematik nahelegt - die in § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG genannten behördlichen Befugnisse in Bezug, weil deren Ausübung die Berufsfreiheit des gewerblichen Sammlers weniger belasten würde als ein vollständiges Verbot (OVG Hamburg, a. a. O., Rn. 12; Dippel, in: Schink/Versteyl, a. a. O., § 18 Rn. 24). Trifft das im konkreten Fall zu, steht ein milderes Mittel zur Sicherung der Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG zur Verfügung, so dass durch ein behördliches Vorgehen nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG dem durch § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG angeordneten „Interventionsminimum“ (Gebot des schonendsten Eingriffs) Rechnung zu tragen ist (NdsOVG, a. a. O., S. 221; VG Würzburg, a. a. O., Rn. 48). Dabei sind „Bedingung“, „Befristung“ und „Auflage“ nicht im Sinne des § 36 VwVfG als Nebenbestimmungen eines Verwaltungsakts zu verstehen, sondern es handelt sich um behördliche Eingriffsmaßnahmen durch eigenständigen Verwaltungsakt (so ausdrücklich die Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 17/6052, S. 89; ferner z. B. Schwind, in: v. Lersner/Wendenburg/Versteyl, a. a. O., § 18 KrWG Rn. 52). Die Qualifizierung als „Nebenbestimmung“ scheidet schon deshalb aus, weil es an einem die gewerbliche Sammlung zulassenden Verwaltungsakt (Genehmigung, Erlaubnis etc.) fehlt; denn eine gewerbliche Sammlung muss nicht behördlich zugelassen werden, sie ist lediglich anzuzeigen (§ 18 Abs. 1 KrWG). Insoweit verhält es sich hier rechtsdogmatisch nicht anders als im Versammlungsrecht; da eine Versammlung nicht genehmigungsbedürftig ist, sondern nur anmeldepflichtig (§ 14 VersG), meint „Auflage“ im Sinne des § 15 Abs. 1 VersG nicht eine Nebenbestimmung zu einem begünstigenden Verwaltungsakt, sondern bezeichnet eine eigenständige Verfügung, also einen Verwaltungsakt (BVerfG, Beschl. v. 21.3.2007 - 1 BvR 232/04 - NVwZ 2007, 1183, 1184).
56 
Nach diesem System abgestufter Eingriffsbefugnisse muss die zuständige Behörde im konkreten Fall darlegen, warum an Stelle des Verbots nicht eine mildere Maßnahme zur Sicherung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers (bzw. des von diesem beauftragten Dritten) in Betracht kommt (NdsOVG, a. a. O., S. 221; VG Würzburg, a. a. O., Rn. 49). Durchzuführen ist stets eine zweistufige Prüfung: Zunächst ist der Erlass von Maßnahmen nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG zwecks Sicherstellung der Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG zu prüfen; kommt ein milderes Mittel im konkreten Fall nicht in Betracht, ist eine Untersagung der gewerblichen Sammlung zu prüfen (Schwind, in: v. Lersner/Wendenburg/Versteyl, a. a. O., § 18 KrWG Rn. 64; Schomerus, in: Versteyl/Mann/ Schomerus, a. a. O., § 18 Rn. 16; eingeräumt auch von Dageförde/ Thärichen, AbfallR 2013, 125, 136, mit der - hier nicht gegebenen - Einschränkung des absoluten Schutzes des Ausschreibungswettbewerbs nach § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG). Der zuständigen Behörde ist es folglich versagt, sogleich zur Untersagungsverfügung zu greifen, ohne zuvor den Erlass milderer Maßnahmen nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG ausgelotet zu haben.
57 
§ 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG sieht unter anderem das Instrument der Befristung vor. Im Schrifttum wird beispielsweise vorgeschlagen, eine angemessene Befristung der (gewerblichen) Sammlung in Betracht zu ziehen, um erneut die Voraussetzungen der Sammlung prüfen zu können (Schwind, in: v. Lersner/ Wendenburg/Versteyl, a. a. O., § 18 KrWG Rn. 57). Die Prüfung einer solchen Möglichkeit liegt hier schon deshalb nahe, weil eine Auftragsvergabe seitens der Antragsgegnerin für Transport und Verwertung erst unlängst erfolgt ist und es deshalb angezeigt sein könnte, zunächst einmal Erfahrungswissen zu dem im vorliegenden Fall umstrittenen Teil der Abfallentsorgung zu sammeln. Mit dem Instrument der Auflage nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG können dem gewerblichen Sammler selbstständige Handlungsgebote und Handlungsverbote aufgegeben werden (Schwind, a. a. O., § 18 KrWG Rn. 59), wie etwa die zahlenmäßige Begrenzung der Container für Alttextilien oder die mengenmäßige Begrenzung der gewerblichen Sammlung; insbesondere letztgenannte Maßnahme kann ein taugliches Mittel zur Sicherstellung der Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG sein (Dageförde/Thärichen, AbfallR 2013, 125, 136). Auch eine derartige Maßnahme hat die Antragsgegnerin nicht erkennbar in Betracht gezogen und insoweit ebenfalls den Prüfungsauftrag des § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG verfehlt.
58 
Etwaige Überwachungsprobleme bei Maßnahmen nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG können die gebotene Prüfung milderer Mittel grundsätzlich nicht erübrigen. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die behördliche Informationsgewinnung auch mit dem Instrument der Auskunft nach § 47 Abs. 3 Satz 1 KrWG erfolgen kann. Dazu gilt es zu beachten, dass die Missachtung einer Auskunftspflicht bußgeldbewehrt ist (§ 69 Abs. 2 Nr. 4 KrWG) und mit einer Geldbuße bis zu 10.000,-- Euro geahndet werden kann (§ 69 Abs. 3 KrWG). § 47 Abs. 3 KrWG entspricht weitgehend § 40 Abs. 2 KrW-/AbfG, so dass die dazu von der Rechtsprechung festgestellten behördlichen Befugnisse (vgl. Senat, Beschl. v. 30.3.2001 - 10 S 1184/00 - VBlBW 2002, 26) auch nach geltendem Recht beachtenswert sind. Die Auskunftspflicht gemäß § 47 Abs. 3 Satz 1 KrWG erstreckt sich auf alle Phasen des Umgangs mit Abfall, insbesondere auch auf Fragen zu § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG (Rüdiger, in: v. Lersner/Wendenburg/Versteyl, a. a. O., § 47 KrWG Rn. 83). Bevor die danach bestehenden behördlichen Möglichkeiten nicht geprüft und ggf. ausgeschöpft sind, ist der Rückgriff auf die ultima ratio der vollständigen Untersagung schwerlich haltbar.
59 
2. Auch bei einer allgemeinen, von den Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren unabhängigen Interessenabwägung kommt im vorliegenden Fall dem Interesse der Antragstellerin an einer vorläufigen Durchführung der Sammlung der Vorrang gegenüber dem öffentliche Interesse an einer sofortigen Untersagung der Tätigkeit zu (ebenso OVG NRW, Beschluss vom 19.07.2013 - 20 B 476/13 -, a.a.O.).
60 
Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Sammlungstätigkeit der Antragstellerin in den Schutzbereich der Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG fällt. Wird die sofortige Vollziehung der Untersagungsverfügung bestätigt und der Antragstellerin damit jedenfalls vorübergehend ein Sammeln verwehrt, tritt deshalb auf ihrer Seite eine schwerwiegende und stark ins Gewicht fallende Rechtsbeeinträchtigung ein, wenn sich die Untersagungsverfügung im Hauptsacheverfahren als rechtswidrig erweisen sollte. Dies gilt unabhängig davon, ob durch die Untersagung der Sammeltätigkeit eine Existenzgefährdung der Antragstellerin eintritt und unabhängig davon, in welchem Umfang ihr während der Dauer der Untersagung Einnahmen unwiederbringlich verloren gehen und bereits getätigte Investitionen, etwa für die Anmietung von Containerstellplätzen, sich als nutzlos erweisen könnten.
61 
Eine vergleichbar starke Beeinträchtigung öffentlicher Interessen für den Fall, dass die sofortige Vollziehung der Untersagungsverfügung ausgesetzt wird und die Antragstellerin vorläufig weitersammeln kann, im Hauptsacheverfahren jedoch die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung festgestellt wird, lässt sich demgegenüber nicht feststellen. Wie oben näher dargelegt, bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, von einer Unzuverlässigkeit der Antragstellerin auszugehen. Es besteht derzeit auch keine überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass die öffentlichen Interessen in Gestalt der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung von Abfällen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 1 KrWG tatsächlich beeinträchtigt werden, oder sonst die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet wird. Auch der - seinerseits nicht hinreichend belegte - Vorwurf des Antragsgegners, dass sich die Antragstellerin einen rechtswidrigen Wettbewerbsvorteil verschaffe, ist nicht dazu geeignet, eine schwerwiegende Beeinträchtigung öffentlicher Interessen darzutun. Eine solche lässt sich auch nicht der von der Antragsgegnerin - unter Zitierung des hier gerade nicht einschlägigen § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO als „Ermächtigungsgrundlage“ - gegebenen Begründung für die Anordnung des Sofortvollzugs entnehmen, zur Sicherung der Funktionsfähigkeit einer geordneten Abfallentsorgung bedürfe es eines berechenbaren, stetigen Mittelzuflusses auch während der Dauer eines Rechtsmittelverfahrens. Dagegen sprechen die oben (1.4.1.1) dargelegten Relationen der abfallwirtschaftlichen Erlöse zur befürchteten Einnahmeverminderung (um nur 0,3 %) und die Möglichkeit einer Kompensation durch (geringfügige), ggf. vorübergehende Gebührenanhebung.
62 
Rechtfertigen keine überwiegenden öffentlichen Interessen die Anordnung der sofortigen Vollziehung, verbleibt es beim gesetzlichen Regelfall der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 1 VwGO.
63 
Nach alledem ist die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu bestätigen.
64 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
65 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 GKG in Anlehnung an Nrn. 1.5 und 54.2.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 (VBlBW 2004, 467).
66 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten es übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt haben. Insoweit ist das angefochtene Urteil wirkungslos.

Im Übrigen wird das angefochtene Urteil geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.


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(1) Gemeinnützige Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und gewerbliche Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 sind spätestens drei Monate vor ihrer beabsichtigten Aufnahme durch ihren Träger der zuständigen Behörde nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 anzuzeigen.

(2) Der Anzeige einer gewerblichen Sammlung sind beizufügen

1.
Angaben über die Größe und Organisation des Sammlungsunternehmens,
2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer, insbesondere über den größtmöglichen Umfang und die Mindestdauer der Sammlung,
3.
Angaben über Art, Menge und Verbleib der zu verwertenden Abfälle,
4.
eine Darlegung der innerhalb des angezeigten Zeitraums vorgesehenen Verwertungswege einschließlich der erforderlichen Maßnahmen zur Sicherstellung ihrer Kapazitäten sowie
5.
eine Darlegung, wie die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle im Rahmen der Verwertungswege nach Nummer 4 gewährleistet wird.

(3) Der Anzeige der gemeinnützigen Sammlung sind beizufügen

1.
Angaben über die Größe und Organisation des Trägers der gemeinnützigen Sammlung sowie gegebenenfalls des Dritten, der mit der Sammlung beauftragt wird, sowie
2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer der Sammlung.
Die Behörde kann verlangen, dass der Anzeige der gemeinnützigen Sammlung Unterlagen entsprechend Absatz 2 Nummer 3 bis 5 beizufügen sind.

(4) Die zuständige Behörde fordert den von der gewerblichen oder gemeinnützigen Sammlung betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf, für seinen Zuständigkeitsbereich eine Stellungnahme innerhalb einer Frist von zwei Monaten abzugeben. Hat der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bis zum Ablauf dieser Frist keine Stellungnahme abgegeben, ist davon auszugehen, dass sich dieser nicht äußern will.

(5) Die zuständige Behörde kann die angezeigte Sammlung von Bedingungen abhängig machen, sie zeitlich befristen oder Auflagen für sie vorsehen, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 sicherzustellen. Die zuständige Behörde hat die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben, oder die Einhaltung der in § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist.

(6) Die zuständige Behörde kann bestimmen, dass eine gewerbliche Sammlung mindestens für einen bestimmten Zeitraum durchzuführen ist; dieser Zeitraum darf drei Jahre nicht überschreiten. Wird die gewerbliche Sammlung vor Ablauf des nach Satz 1 bestimmten Mindestzeitraums eingestellt oder innerhalb dieses Zeitraums in ihrer Art und ihrem Ausmaß in Abweichung von den von der Behörde nach Absatz 5 Satz 1 festgelegten Bedingungen oder Auflagen wesentlich eingeschränkt, ist der Träger der gewerblichen Sammlung dem betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gegenüber zum Ersatz der Mehraufwendungen verpflichtet, die für die Sammlung und Verwertung der bislang von der gewerblichen Sammlung erfassten Abfälle erforderlich sind. Zur Absicherung des Ersatzanspruchs kann die zuständige Behörde dem Träger der gewerblichen Sammlung eine Sicherheitsleistung auferlegen.

(7) Soweit eine gewerbliche Sammlung, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits durchgeführt wurde, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems bislang nicht gefährdet hat, ist bei Anordnungen nach Absatz 5 oder 6 der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, insbesondere ein schutzwürdiges Vertrauen des Trägers der Sammlung auf ihre weitere Durchführung, zu beachten.

(8) Der von der gewerblichen Sammlung betroffene öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger hat einen Anspruch darauf, dass die für gewerbliche Sammlungen geltenden Bestimmungen des Anzeigeverfahrens eingehalten werden.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 20.000,00 € festgesetzt.

Gründe

Der gemäß § 124a Abs. 4 Sätze 1 bis 5 VwGO zulässige Antrag hat in der Sache keinen Erfolg.

Aus dem klägerischen Vortrag ergeben sich keine hinreichenden Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung allein tragend (auch) auf § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2, § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG gestützt. Die Darlegungen der Klägerin stellen diese Sicht nicht ernsthaft in Frage. Dazu verweist der Senat zunächst auf seine Ausführungen im Beschluss vom 18. November 2013, Az. 20 CS 13.1847, in welchem er die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den hier streitgegenständlichen Bescheid des Beklagten vom 29. April 2013 im Beschwerdeweg abgelehnt hat, weil die Klage im Hauptsacheverfahren voraussichtlich nicht erfolgreich sein, der Bescheid sich also voraussichtlich als rechtmäßig erweisen wird. Der Senat hat dort a. a. O. ausgeführt:

Entscheidend ist vielmehr und hierauf hat das Verwaltungsgericht in seinem Beschluss auch abgestellt (vgl. S.12 und 13 des Beschlusses), dass bei der Sammlung der Antragstellerin nicht ersichtlich ist, dass die gesammelten Altkleider einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden. Nach § 17 Absatz 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG gilt die Überlassungspflicht für Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (§ 17 Abs. 1 KrWG) dann nicht, wenn die Abfälle durch eine gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen. Unter Verwertung versteht das Gesetz jedes Verfahren, als dessen Hauptergebnis die Abfälle innerhalb der Anlage oder in der weiteren Wirtschaft einem sinnvollen Zweck zugeführt werden, indem sie entweder andere Materialien ersetzen, die sonst zur Erfüllung einer bestimmten Funktion verwendet worden wären, oder indem die Abfälle so vorbereitet werden, dass sie diese Funktion erfüllen (§ 3 Abs. 23 Satz 1 KrWG). Der Oberbegriff der Verwertung wird in den Bestimmungen über die spezifischen Verwertungsverfahren der Vorbereitung zur Wiederverwendung (Absatz 24) und dem Recycling (Absatz 25) weiter differenziert (BT-Drucksache 216/11 S.177). Die Rechtvorgängerin der Antragstellerin hat bisher nur Bestätigungen der spanischen Firma ... und der polnischen Firma ... vorgelegt, in denen lediglich bestätigt wird, dass diese der Antragstellerin Altkleider abnehmen. Dies ist nicht ausreichend, um eine ordnungsgemäße Verwertung zu belegen (vgl. hierzu OVG Rheinland-Pfalz, B. v. 4.7.2013 - 8 B 10533/13, a. A. wohl NdsOVG B. v. 15.8.2013 - 7 ME 62/13 - juris). Damit hat die Antragstellerin die ordnungsgemäße Verwertung der gesammelten Altkleider nicht dargelegt. Aus ihren Angaben ist insbesondere nicht ersichtlich, inwieweit die gesammelte Altkleidung wiederverwendet, recycelt oder beseitigt wird und damit auch die Vorgaben der Abfallhierarchie (Art. 4 Richtlinie 2008/98/EG, Art.6 KrWG) Beachtung finden. Denn nach § 18 Abs. 2 Nr. 5 KrWG muss in der Anzeige der gewerblichen Sammlung dargelegt werden, wie die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Altkleider im Rahmen der Verwertungswege (§ 18 Abs. 2 Nr. 4 KrWG) gewährleistet wird. Die hier zu machenden Angaben sollen der Behörde eine umfassende Prüfung der gesetzlichen Voraussetzungen der Sammlung ermöglichen (BT-Drucksache 216/11 S. 209), so dass die von der Antragstellerin gemachten Angaben nicht ausreichend sind.

Die Untersagung der gewerblichen Sammlung der Antragstellerin ist auch verhältnismäßig. Sie ist geeignet und insbesondere erforderlich, weil kein milderes, gleich geeignetes Mittel zur Verfügung stand, um die Anforderungen, die § 18 KrWG an eine gewerbliche Sammlung stellt, zu gewährleisten. Es dürfte zwar zutreffen, dass die zuständige Behörde die gesetzlichen Anforderungen der Anzeige einer gewerblichen Sammlung nach § 18 Abs. 2 KrWG durch eine mit Zwangsmitteln bewehrte Anordnung im Einzelfall (§ 62 KrWG) durchsetzen und bei vorwerfbaren Verstößen eine Ahndung gemäß § 69 Abs. 3 KrWG erfolgen kann (so VGH BW B. v. 10.10.2013 - 10 S 1202/13 - juris). Dabei muss allerdings berücksichtigt werden, dass im Fall der Sicherstellung der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung der einzusammelnden Abfälle (§ 18 Abs. 5 Satz 2, § 17 Abs. 2 Nr. 4 KrWG) die grundsätzliche Zulässigkeit der gewerblichen Sammlung in Frage steht. Denn die gesetzliche Pflicht zur Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger besteht nur dann nicht, wenn die Abfälle durch eine gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden. Nur wenn diese Tatbestandvoraussetzung erfüllt ist, greift die grundsätzliche Überlassungspflicht des § 17 Abs. 1 KrWG nicht. Bereits § 13 Absatz 3 Satz 1 Nummer 3 KrW-/AbfG enthielt im Übrigen eine Nachweispflicht für gewerbliche Sammlungen. Bislang musste die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nachgewiesen werden. Die Anzeigepflicht geht bezüglich der zu übermittelnden Informationen nur unwesentlich über die Nachweispflicht des § 13 Absatz 3 Satz 1 Nummer 3 KrW-/AbfG hinaus (vgl. BT-Drucksache 17/6052 S. 64).

Beruft sich nun eine gewerbliche Sammlerin wie die Antragstellerin auf die Erfüllung der gesetzlichen Ausnahmevorschrift des § 17 Abs. 2 Nr. 4 KrWG, so ist sie hierfür im vollen Umfang darlegungs- und beweispflichtig. Diese Verpflichtung wurde in § 18 Abs. 2 Nr. 4 und 5 KrWG zum Ausdruck gebracht und gilt hier umso mehr, als die Verwertung außerhalb des Bundesgebietes erfolgen soll und nicht ersichtlich ist, wie und im welchen Verhältnis dort die Vorbereitung zur Wiederverwendung oder ein Recycling erfolgen soll (a. A. wohl NdsOVG B. v. 15.8.2013 - 7 ME 62/13 - juris). Verwiese man nun die zuständige Abfallbehörde auf die sie treffende Amtsermittlungspflicht und die Möglichkeit die qualifizierte gesetzliche Anzeigepflicht der gewerblichen Sammlerin mit Mitteln des Verwaltungszwangs und mittelbar durch die Verfolgung nach dem Ordnungswidrigkeitenrecht durchzusetzen, so wäre bis zur Durchsetzung dieser die Antragstellerin treffenden Verpflichtung die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der in der Zwischenzeit eingesammelten Abfälle offen und damit nicht gewährleistet. Das ist von der durch das Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Bewirtschaftung von Abfällen vom 24. Februar 2012 (Kreislaufwirtschaftsgesetz - KrWG) eingeführte Anzeigepflicht ersichtlich nicht gewollt. Die Darlegung der Verwertungswege und der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung der gesammelten Abfälle ist zur Klärung der Frage, ob die Voraussetzungen des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und 4 und Absatz 3 bestehen, unbedingt erforderlich (BT-Drucksache 17/1652 S. 106).

Die Anzeige nach § 18 Abs. 2 KrWG ist nicht wie eine Anzeige nach § 14 GewO ausgestaltet, bei der die Befugnis des Gewerbetreibenden zur Eröffnung oder Änderung seines Betriebes nicht von einem bestimmten Handeln oder Unterlassen der Behörde abhängt, der die Anzeige erstattet wird. Der Anzeigepflichtige hat dort nur einer Ordnungsvorschrift nachzukommen, ohne dass seine Anzeige regelmäßig ein Verfahren in Gang setzt, das einem Genehmigungsverfahren ähnelt. Hiervon zu unterscheiden ist ein qualifiziertes Anzeigeverfahren, bei dem es der zuständigen Behörde ermöglicht werden soll, innerhalb einer gesetzlichen Frist, also hier innerhalb der Dreimonatsfrist des § 18 Abs. 1 KrWG, über die Rechtmäßigkeit des angezeigten Sachverhaltes zu befinden. Durch die Festlegung der beizubringenden Angaben und Unterlagen bestehen schon im Vorfeld einer geplanten Sammlung Planungssicherheit und eine ausreichende Rechtssicherheit, ob die Sammlung durchgeführt werden kann (BT-Drucksache 17/1652 S. 106). Hat die zuständige Behörde das angezeigte Vorhaben nicht beanstandet, so darf es ausgeführt werden. Hält sie es dagegen für rechtswidrig, so muss sie seine Ausführung vor Ablauf der Frist untersagen (vgl. zu einem baurechtlichen Anzeigeverfahren nach Landesrecht BVerwG U. v. 12.11.1964 - I C 58.64 - BVerwGE 20, 12).

Für bereits vor dem Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaftsgesetzes am 1. Juni 2012 durchgeführte gewerbliche Sammlungen gilt nach § 72 Abs. 2 KrWG Vergleichbares. Sie sind danach in der dem § 18 Abs. 2 KrWG entsprechenden Form bis spätestens 1. September 2012 anzuzeigen. Ist aufgrund der abgegebenen Anzeige und der eingereichten Unterlagen die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der einzusammelnden Abfälle nicht sichergestellt, hat die Behörde die Sammlung zu untersagen, wenn weniger belastende Maßnahmen, wie Bedingungen und Auflagen (§ 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG) insoweit nicht den gleichen Erfolg versprechen (a. A. OVG Rheinland-Pfalz B. v. 09.10.2013 - 8 B 10791.13 - juris). So liegt der Fall hier, weil nicht ersichtlich ist, wie Bedingungen und Auflagen oder auch eine Befristung nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung sicherstellen könnten.

Die streitgegenständliche Untersagung ist auch angemessen. Zwar wird durch die Untersagung in die Berufsfreiheit der Antragstellerin nach Art. 12 GG eingegriffen. Entscheidend ins Gewicht fällt jedoch, dass zum einen nur die von der Antragstellerin angezeigte Sammlung und nicht ihre gesamte Sammlungstätigkeit (vgl. § 53 KrWG) untersagt wurde. Zum anderen liegt es in der Hand der Antragstellerin, die erforderlichen Angaben zu machen, die eine ordnungsgemäße Prüfung der angezeigten Sammlung ermöglichen. Erfolgt dies, so muss überprüft werden, ob die Untersagungsverfügung aufrechterhalten bleibt oder ggf. durch weniger eingreifende Maßnahmen ersetzt oder sogar aufgehoben werden kann. Nachdem es sich bei der Untersagungsverfügung um einen Dauerverwaltungsakt handelt (BayVGH B. v. 24.7.2012 - 20 CS 12.841 - juris; VGH BW B. v. 10.10.2013 - 10 S 1202/13 - juris), ist für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgebend.

Das Vorbringen der Klägerin im Zulassungsverfahren stellt diese Sicht nicht ernsthaft in Frage. Die vorgelegte Bestätigung der ... aus Polen vom 20. Juni 2012, die sich im Übrigen noch auf die Firma ... bezieht, war bereits Gegenstand im erstinstanziellen Verfahren und wurde dort - ebenso wie im Verfahren 20 CS 13.1847 - hinreichend erörtert. Im Wesentlichen Gleiches gilt für die Bestätigung der ... aus Spanien vom 11. Juli 2013. Sie entspricht den Ausführungen dieses Unternehmens vom 19. Juni 2012, wobei das Verwaltungsgericht darüber hinaus zutreffend darauf hingewiesen hat, dass im spanisch-sprachigen Teil von 1.000 t und im deutsch-sprachigen Teil der Urkunde von etwa 2.000 t Liefermenge jährlich die Rede ist. Es handelt sich hierbei im Übrigen nicht um Vertragsurkunden, sondern lediglich um Abnahmeerklärungen ohne auch nur andeutungsweise Angabe über das weitere Verfahren und dessen Wege.

Der nunmehr im Zulassungsverfahren vorgelegte „Vertrag über die Verbringung und Verwertung von Abfällen gemäß Art. 18 der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates“ zwischen „....“ und der „...“ vom 9. Dezember 2010 ergibt kein anderes Bild. Denn er regelt nur die Verpflichtung der dort genannten Parteien, bei Störungen der Verbringung und Verwertung sowie im Falle illegaler Verbringung die Abfälle zurückzunehmen, deren Verwertung auf andere Weise und erforderlichenfalls deren Zwischenlagerung sicherzustellen.

Im Übrigen lässt gerade der Hinweis der Klägerin auf Art. 18 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Verbringung von Abfällen - VO (EG) Nr. 1013/2006 - die Anforderungen des Senats an die Darlegung der vorgesehenen Verwertungswege (§ 18 Abs. 2 Nr. 4 KrWG) und der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung (vgl. § 18 Abs. 2 Nr. 5 KrWG) keineswegs als übersteigert erscheinen. Denn dieser Vertrag bezieht sich gemäß seines § 2 auf den Abfallidentifizierungscode B 3030 aus Anlage IX des Basler Übereinkommens, die sich in Anhang V Teil 1 Liste B der VO (EG) Nr. 1013/2006 findet (Oexle, Epiney, Breuer, EG-Abfallverbringungsverordnung, Kommentar 2010, Rn. 18 zu Art. 3). Nach Anhang III Teil I VO (EG) Nr. 1013/2006 unterliegen die in Anlage IX des Basler Übereinkommens aufgeführten Abfälle den allgemeinen Informationspflichten des Art. 18 VO (EG) Nr. 1013/2006, die wiederum mit Verweis auf Anhang VII VO (EG) Nr. 1013/2006 in Art. 3 Abs. 2, Art. 18 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1013/2006 festgelegt sind. Diese fordern unter anderem die genaue Angabe der Verwertungsanlage, des Verwertungs- oder Beseitigungsverfahrens, sowie die Bestätigung der Verwertungsanlage unter Angabe der Mengen. Die Klägerin, die nach ihren Angaben bereits seit längerer Zeit Lieferungen an ... und ... durchgeführt hat, könnte durch Vorlage der gemäß Anlage VII VO (EG) Nr. 1013/2006 erforderlichen Unterlagen etwaige nähere Angaben erbringen und so auch nachweisen, ohne dass dann an das Beweismaß übersteigerte Anforderungen gestellt werden dürften.

Im Hinblick auf das Verbot der Sammlung alter Schuhe hat die Klägerin hinsichtlich der Verwertung oder Beseitigung keine Zulassungsgründe vorgetragen.

Soweit die Klägerin rechtliche Schwierigkeiten der Sache geltend macht (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) fehlt es an jeglicher Darlegung, welche Rechtsfragen und deren Beantwortung konkret gemeint sind.

Auf das Vorbringen der Beklagten und Beigeladenen vom 10. Februar 2014 bzw. vom 23. Januar 2014 kam es nicht mehr an, so dass nach Ablauf der Frist des § 124 Abs. 4 Satz 4 VwGO Einlassungen der Klägerin hierzu nicht abzuwarten waren.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.

Mit diesem Beschluss wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (vgl. § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Tenor

Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten es übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt haben. Insoweit ist das angefochtene Urteil wirkungslos.

Im Übrigen wird das angefochtene Urteil geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.


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Tenor

Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten es übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt haben. Insoweit ist das angefochtene Urteil wirkungslos.

Im Übrigen wird das angefochtene Urteil geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.


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Tenor

Das angefochtene Urteil wird geändert.

Die Klage wird abgewiesen, soweit sie sich gegen die in der Ordnungsverfügung vom 23. April 2013 unter Nr. 2 enthaltene Zwangsgeldandrohung richtet.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.


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Tenor

Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten es übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt haben. Insoweit ist das angefochtene Urteil wirkungslos.

Im Übrigen wird das angefochtene Urteil geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.


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Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.

(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,

1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden,
2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist,
3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden,
4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
Satz 1 Nummer 3 und 4 gilt nicht für gemischte Abfälle aus privaten Haushaltungen und gefährliche Abfälle. Sonderregelungen der Überlassungspflicht durch Rechtsverordnungen nach den §§ 10, 16 und 25 bleiben unberührt.

(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung

1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt,
2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder
3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
Satz 3 Nummer 1 und 2 gilt nicht, wenn die vom gewerblichen Sammler angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle wesentlich leistungsfähiger ist als die von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder dem von ihm beauftragten Dritten bereits angebotene oder konkret geplante Leistung. Bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit sind sowohl die in Bezug auf die Ziele der Kreislaufwirtschaft zu beurteilenden Kriterien der Qualität und der Effizienz, des Umfangs und der Dauer der Erfassung und Verwertung der Abfälle als auch die aus Sicht aller privaten Haushalte im Gebiet des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu beurteilende gemeinwohlorientierte Servicegerechtigkeit der Leistung zugrunde zu legen. Leistungen, die über die unmittelbare Sammel- und Verwertungsleistung hinausgehen, insbesondere Entgeltzahlungen, sind bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit nicht zu berücksichtigen.

(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.

A. 

Die Beschwerdeführer wenden sich gegen ihre strafgerichtliche Verurteilung im Anschluss an eine Verständigung zwischen Gericht und Verfahrensbeteiligten. Mittelbar richten sich die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer zu I. und II. zudem gegen die Vorschrift des § 257c StPO, die durch das Gesetz zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren vom 29. Juli 2009 (BGBl I S. 2353) - im Folgenden: Verständigungsgesetz - in die Strafprozessordnung eingefügt wurde und seither die rechtliche Grundlage für die Verständigung bildet. 

I. 

1. Die Praxis urteilsbezogener Verständigungen hat sich - feststellbar jedenfalls seit den 70er-Jahren des vorigen Jahrhunderts - als Instrument zur Bewältigung von Strafverfahren herausgebildet, ohne dass es dafür eine ausdrückliche Rechtsgrundlage gegeben hätte. Es handelt sich hierbei um Absprachen zwischen dem Gericht, der Staatsanwaltschaft sowie der Verteidigung und dem Angeklagten, nach denen das Gericht dem Angeklagten für den Fall eines Geständnisses eine bestimmte Strafe oder jedenfalls eine Strafobergrenze zusagt. Solche Verständigungen wurden häufig außerhalb der Hauptverhandlung getroffen. Bei Abgabe des Geständnisses wurde sodann in der Regel auf eine weitere Beweisaufnahme verzichtet, so dass die Verständigung zu einer wesentlichen Verfahrensabkürzung führte. In den meisten Fällen wurde gegen ein Urteil, das auf einer solchen Verständigung beruhte, kein Rechtsmittel eingelegt, oftmals wurde sogar ausdrücklich auf Rechtsmittel verzichtet (vgl. zur Entwicklung der Verständigungspraxis Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl. 2012, Einl. Rn. 119 ff.). 

2. Eine wesentliche Ursache für die hohe praktische Bedeutung von Verständigungen wird in der stetig wachsenden Arbeitsbelastung der Strafjustiz gesehen, die bereits an die Grenze der Überlastung heranreiche (vgl. eingehend Krey/Windgätter, in: Festschrift für Hans Achenbach, 2011, S. 233 ff.). Neben der zunehmenden Komplexität der Fallgestaltungen infolge des wirtschaftlichen und technischen Fortschritts sowie der Globalisierung, die auch in neuen Formen grenzüberschreitender Kriminalität in Erscheinung tritt, trägt der Bundesgesetzgeber durch eine immer stärkere strafrechtliche Durchdringung vieler Lebensbereiche zu dieser Entwicklung bei. Die Regelungsdichte des materiellen Strafrechts ist in den vergangenen Jahrzehnten beständig gestiegen; dies gilt besonders für das Wirtschafts- und das Nebenstrafrecht (vgl. etwa Braun, AnwBl 2000, S. 222 <225>; Theile, MSchrKrim 2010, S. 147 <149 f.>; Krey/Windgätter, a.a.O., S. 249). Gleichzeitig bringt die zunehmende Differenzierung und Komplizierung des Strafprozessrechts immer höhere Anforderungen mit sich. So ist etwa die Rechtsprechung zu den Beweisverwertungsverboten für die tatrichterliche Praxis mittlerweile kaum noch überschaubar (vgl. Gössel, in: Festschrift für Reinhard Böttcher, 2007, S. 79 <80>; Krey/Windgätter, a.a.O., S. 242 ff.). Zudem bieten extensiv einsetzbare Verfahrensrechte der Verteidigung zahlreiche Möglichkeiten, den Fortgang des Verfahrens zu erschweren; vor allem Ablehnungsgesuche und Beweisanträge sowie das Fragerecht können zu diesem Zweck missbraucht werden (vgl. Gössel, a.a.O., S. 81; Krey/Windgätter, a.a.O., S. 238 ff.). Unterdessen sehen sich die Tatgerichte durch das Beschleunigungsgebot in Haftsachen einem immer stärkeren Druck ausgesetzt, die Verfahrensdauer trotz aller prozessualen Schwierigkeiten zu verkürzen. Dass die Bewertung richterlicher Arbeit und die Festsetzung der Arbeitspensen nicht unwesentlich nach quantitativen Gesichtspunkten erfolgt, schafft zusätzliche Anreize für eine möglichst rasche Verfahrenserledigung auch unter Inkaufnahme inhaltlicher Defizite. Der steigenden Belastung der Strafjustiz haben die Länder nicht durch eine entsprechende personelle und sachliche Ausstattung Rechnung getragen; vielmehr ist auch die Justiz immer wieder von Sparmaßnahmen betroffen (vgl. Krey/Windgätter, a.a.O., S. 235). 
 
3. Das Bundesverfassungsgericht prüfte 1987 in einer Kammerentscheidung (Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 27. Januar 1987 - 2 BvR 1133/86 -, NJW 1987, S. 2662 f.) die Zulässigkeit von Verständigungen im Strafprozess unter den Gesichtspunkten eines fairen, rechtsstaatlichen Verfahrens, der Gewährleistung einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege und des Schuldprinzips. Diese Grundsätze verböten nicht, außerhalb der Hauptverhandlung eine Verständigung zwischen Gericht und Verfahrensbeteiligten über Stand und Aussichten der Verhandlung herbeizuführen, der schon das Strafrecht Grenzen setze. Sie schlössen es aber aus, die Handhabung der richterlichen Aufklärungspflicht, die rechtliche Subsumtion und die Grundsätze der Strafzumessung in einer Hauptverhandlung, die letztlich mit einem Urteil zur Schuldfrage abschließen solle, ins Belieben oder zur freien Disposition der Verfahrensbeteiligten und des Gerichts zu stellen. Dem Gericht und der Staatsanwaltschaft sei es deshalb untersagt, sich auf einen „Vergleich“ im Gewande des Urteils, auf einen „Handel mit der Gerechtigkeit“ einzulassen. Das Gericht dürfe sich also beispielsweise nicht mit einem Geständnis des Angeklagten begnügen, das dieser gegen die Zusage oder das In-Aussicht-Stellen einer Strafmilderung abgelegt habe, obwohl es sich beim gegebenen Verfahrensstand mit Blick auf das Ziel der Wahrheitserforschung und der schuldangemessenen, gerechten Ahndung der Tat zu weiterer Beweiserhebung hätte gedrängt sehen müssen. Das Gericht müsse es sich auch versagen, den Angeklagten auf eine in Betracht kommende geständnisbedingte Strafmilderung hinzuweisen, mit der es den Boden schuldangemessenen Strafens verließe. Darüber hinaus sei die Freiheit der Willensentschließung und Willensbetätigung des Angeklagten vor beachtenswerter Beeinträchtigung geschützt, was seinen Ausdruck auch in der Bestimmung des § 136a StPO finde. Der Angeklagte dürfe infolgedessen nicht durch ein gesetzlich nicht vorgesehenes Vorteilsversprechen oder durch Täuschung zu einem Geständnis gedrängt werden. Das schließe jedoch eine Belehrung oder einen konkreten Hinweis auf die Beweislage oder die strafmildernde Wirkung eines Geständnisses nicht aus, wenn dies im Stand der Hauptverhandlung eine sachliche Grundlage finde. Nach diesen Maßstäben gelangte die Kammer im konkreten Fall zu dem Ergebnis, dass die Verständigung bei der im damaligen Ausgangsverfahren gegebenen besonderen Sachverhaltsgestaltung - der anwaltlich verteidigte Angeklagte hatte von sich aus eine Verständigung angeregt, als die Beweisaufnahme bereits vor ihrem Abschluss stand - keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken begegne. 

4. Nachdem der Bundesgerichtshof gegenüber Verständigungen (in dessen früherer Terminologie: „Absprachen“) außerhalb der Hauptverhandlung anfänglich eine ablehnende Haltung eingenommen hatte (vgl. etwa BGHSt 37, 298 <304 f.>; BGH, Beschlüsse vom 19. Oktober 1993 - 1 StR 662/93 -, NJW 1994, S. 1293 f., und vom 25. Oktober 1995 - 2 StR 529/95 -, wistra 1996, S. 68; BGHSt 42, 46 <48>), wurden Verständigungen innerhalb der Hauptverhandlung zunächst durch den 4. Strafsenat und sodann durch den Großen Senat für Strafsachen grundsätzlich gebilligt. 

a) In seiner Leitentscheidung vom 28. August 1997 (BGHSt 43, 195 ff.) erklärte der 4. Strafsenat - trotz ausdrücklicher Anerkennung der Vergleichsfeindlichkeit des Strafverfahrens und des Verbots einer Disposition über den staatlichen Strafanspruch - in der Hauptverhandlung getroffene Verständigungen für grundsätzlich zulässig und sprach zudem aus, dass sie - sofern nach den von ihm aufgestellten Vorgaben zustande gekommen - für das Gericht verbindlich seien. Unter folgenden Voraussetzungen könne eine Verständigung getroffen werden: Der Schuldspruch dürfe nicht Gegenstand der Verständigung sein. Ein verständigungsbasiertes Geständnis müsse auf seine Glaubhaftigkeit überprüft werden; sich hierzu aufdrängende Beweiserhebungen dürften nicht unterbleiben. Die freie Willensentschließung des Angeklagten müsse gewahrt bleiben; insbesondere dürfe er nicht durch Drohung mit einer höheren Strafe oder durch Versprechen eines gesetzlich nicht vorgesehenen Vorteils zu einem Geständnis gedrängt werden. Die Vereinbarung eines Rechtsmittelverzichts sei unzulässig. Die Verständigung selbst müsse in öffentlicher Hauptverhandlung erfolgen; Vorgespräche außerhalb der Hauptverhandlung seien aber möglich. In die Verständigung seien alle Verfahrensbeteiligten einzubeziehen. Das Ergebnis der Verständigung sei im Protokoll niederzulegen. Eine bestimmte Strafe dürfe das Gericht nicht zusagen; unbedenklich sei aber die Zusage einer Strafobergrenze. Von dieser dürfe nur abgewichen werden, wenn sich neue schwerwiegende Umstände zu Lasten des Angeklagten ergäben; auf eine beabsichtigte Abweichung sei in der Hauptverhandlung hinzuweisen. Der Strafausspruch dürfe den Boden schuldangemessenen Strafens nicht verlassen. 
 
b) Der Große Senat für Strafsachen hielt in seinem Beschluss vom 3. März 2005 (BGHSt 50, 40 ff.) an den vom 4. Strafsenat aufgestellten Voraussetzungen für die Zulässigkeit von Verständigungen fest und präzisierte diese dahingehend, dass die Differenz zwischen der verständigungsgemäßen und der bei einem „streitigen Verfahren“ zu erwartenden Sanktion nicht unangemessen groß sein („Sanktionsschere“) und das Gericht nicht nur wegen neuer Erkenntnisse von seiner Zusage abweichen dürfe, sondern - nach entsprechendem Hinweis - auch dann, wenn schon bei der Verständigung vorhandene relevante tatsächliche oder rechtliche Aspekte übersehen worden seien. Der nach einer Verständigung erklärte Rechtsmittelverzicht sei grundsätzlich unwirksam; die Unwirksamkeit entfalle jedoch, wenn der Rechtsmittelberechtigte darüber belehrt worden sei, dass er ungeachtet der Verständigung in seiner Entscheidung frei sei, Rechtsmittel einzulegen (qualifizierte Belehrung). Die grundsätzliche Billigung der Verständigung begründete der Große Strafsenat mit der Notwendigkeit, trotz knapper Ressourcen die Funktionstüchtigkeit der Strafjustiz zu gewährleisten, und mit Hinweisen auf den Beschleunigungsgrundsatz, die Prozessökonomie sowie den Zeugen- und Opferschutz. Allerdings sei die Strafprozessordnung in ihrer geltenden Form am Leitbild der materiellen Wahrheit orientiert, die vom Gericht in der Hauptverhandlung von Amts wegen zu ermitteln und der Disposition der Verfahrensbeteiligten weitgehend entzogen sei. Die Praxis der Verständigungen sei daher kaum ohne Bruch in das gegenwärtige System einzupassen. Aus diesem Grund appellierte der Große Senat für Strafsachen an den Gesetzgeber, die Zulässigkeit und, bejahendenfalls, die wesentlichen rechtlichen Voraussetzungen und Begrenzungen von Verständigungen im Strafprozess gesetzlich zu regeln. 

5. Dieser Forderung nach einer gesetzlichen Regelung hat der Gesetzgeber mit dem Verständigungsgesetz Rechnung getragen. Das darin enthaltene Regelungskonzept geht ausweislich der Begründung des Regierungsentwurfs (vgl. BTDrucks 16/12310, S. 8) in seinem Grundansatz davon aus, dass für die Verständigung im Strafverfahren keine neue - dem deutschen Strafprozess bislang unbekannte - Form einer konsensualen Verfahrenserledigung eingeführt werden sollte, die die Rolle des Gerichts, insbesondere seine Verpflichtung zur Ermittlung der materiellen Wahrheit, zurückdrängen würde. Die Grundsätze des Strafverfahrens sollten vielmehr weiterhin Geltung behalten, namentlich, dass eine Verständigung unter Beachtung aller maßgeblichen Verfahrensregeln einschließlich der Überzeugung des Gerichts vom festgestellten Sachverhalt und der Glaubhaftigkeit eines Geständnisses stattfinden müsse, die Grundsätze des fairen Verfahrens und des rechtlichen Gehörs, nicht zuletzt auch die Transparenz der Hauptverhandlung und die Unterrichtung der Öffentlichkeit in der Hauptverhandlung gewahrt sein müssten, und dass insbesondere der Boden schuldangemessenen Strafens nicht verlassen werden dürfe. 

Die zentrale Bestimmung des gesetzgeberischen Regelungskonzepts in § 257c StPO hat folgenden Wortlaut:

§ 257c
(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt. 
(2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. Der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein. 
(3) Das Gericht gibt bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichtes zustimmen. 
(4) Die Bindung des Gerichtes an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Gleiches gilt, wenn das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Das Geständnis des Angeklagten darf in diesen Fällen nicht verwertet werden. Das Gericht hat eine Abweichung unverzüglich mitzuteilen. 

(5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 zu belehren. 

Die Vorschrift erlaubt dem Gericht ausdrücklich eine Verständigung über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens nach den darin genannten Maßgaben; sie stellt außerdem klar, dass die Pflicht des Gerichts zur Sachverhaltsaufklärung (§ 244 Abs. 2 StPO) unberührt bleibt. Hierdurch soll in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs die Beachtung der rechtsstaatlichen Anforderungen an das Strafverfahren gewährleistet und insbesondere die Schuldangemessenheit der Strafe sichergestellt werden (vgl. BTDrucks 16/12310, S. 9). 

Außerdem wurden Vorschriften eingeführt, die es der Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren sowie dem Gericht vor und nach Eröffnung des Hauptverfahrens sowie in der Hauptverhandlung ausdrücklich erlauben, „den Stand des Verfahrens mit den Verfahrensbeteiligten zu erörtern, soweit dies geeignet erscheint, das Verfahren zu fördern“ (§§ 160b, 202a, 212, 257b StPO). Der wesentliche Inhalt einer solchen Erörterung ist jeweils aktenkundig zu machen; der Inhalt einer in der Hauptverhandlung durchgeführten Erörterung ist in das Protokoll aufzunehmen (§ 273 Abs. 1 Satz 2 StPO). 

§ 160b
Die Staatsanwaltschaft kann den Stand des Verfahrens mit den Verfahrensbeteiligten erörtern, soweit dies geeignet erscheint, das Verfahren zu fördern. Der wesentliche Inhalt dieser Erörterung ist aktenkundig zu machen. 

§ 202a
Erwägt das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens, kann es den Stand des Verfahrens mit den Verfahrensbeteiligten erörtern, soweit dies geeignet erscheint, das Verfahren zu fördern. Der wesentliche Inhalt dieser Erörterung ist aktenkundig zu machen. 

§ 212
Nach Eröffnung des Hauptverfahrens gilt § 202a entsprechend. 

§ 257b
Das Gericht kann in der Hauptverhandlung den Stand des Verfahrens mit den Verfahrensbeteiligten erörtern, soweit dies geeignet erscheint, das Verfahren zu fördern. 

§ 273
(1) […] In das Protokoll muss auch der wesentliche Ablauf und Inhalt einer Erörterung nach § 257b aufgenommen werden. […] 
Flankiert werden diese Regelungen durch weitere neue Vorschriften, die die Transparenz der Verständigung und die Möglichkeit einer Überprüfung durch das Rechtsmittelgericht gewährleisten sollen. Nach § 243 Abs. 4 StPO ist in der Hauptverhandlung mitzuteilen, ob - und falls ja mit welchem Inhalt - außerhalb der Hauptverhandlung Erörterungen des Verfahrensstandes zwischen Gericht und Verfahrensbeteiligten stattgefunden haben, in denen die Möglichkeit einer Verständigung nach § 257c StPO thematisiert wurde:

§ 243
[…] (4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben. […] 
Ist dem Urteil eine Verständigung nach § 257c StPO vorausgegangen, muss dies in den schriftlichen Urteilsgründen angegeben werden (§ 267 Abs. 3 Satz 5, Abs. 4 Satz 2 StPO). 

Die in § 273 StPO enthaltenen Vorschriften über die Protokollierung der Hauptverhandlung wurden wie folgt erweitert:

§ 273
[…] (1a) Das Protokoll muss auch den wesentlichen Ablauf und Inhalt sowie das Ergebnis einer Verständigung nach § 257c wiedergeben. Gleiches gilt für die Beachtung der in § 243 Absatz 4, § 257c Absatz 4 Satz 4 und Absatz 5 vorgeschriebenen Mitteilungen und Belehrungen. Hat eine Verständigung nicht stattgefunden, ist auch dies im Protokoll zu vermerken. […] 
Ist dem Urteil eine Verständigung nach § 257c StPO vorausgegangen, ist ein Rechtsmittelverzicht ausgeschlossen (§ 302 Abs. 1 Satz 2 StPO). In diesem Fall ist der Angeklagte darüber zu belehren, dass er in jedem Fall frei in seiner Entscheidung ist, ein Rechtsmittel einzulegen (§ 35a Satz 3 StPO). 

6. Das Regelungskonzept des Gesetzgebers ist teils auf Zustimmung (vgl. etwa Jahn/Müller, NJW 2009, S. 2625 ff.) gestoßen, teils aber auch auf scharfe Kritik (vgl. etwa Meyer-Goßner, ZRP 2009, S. 107 ff.; Bittmann, wistra 2009, S. 414 ff.; Fezer, NStZ 2010, S. 177 ff.). Nach verbreiteter Ansicht entsprechen die gesetzlichen Vorschriften über die Verständigung nicht den Bedürfnissen der Praxis. So werden die Protokollierungs- und Belehrungspflichten sowie der generelle Ausschluss eines Rechtsmittelverzichts als Erschwerung der richterlichen Tätigkeit und damit als Rückschritt gegenüber der früheren Rechtslage empfunden; der mit der Verständigung angestrebte Entlastungseffekt werde dadurch jedenfalls teilweise wieder zunichte gemacht (vgl. Polomski, DRiZ 2011, S. 315 f.). Ferner wird die Auffassung vertreten, § 257c StPO regele nur die „förmliche“ Verständigung, weshalb für „informelle“ Absprachen oder „Gentlemen‘s Agreements“ außerhalb der Hauptverhandlung weder die gesetzlichen Protokollierungs- und Belehrungspflichten noch der Ausschluss eines Rechtsmittelverzichts gälten (vgl. Peglau, jurisPR-StrafR 4/2012 Anm. 1; Niemöller, StV 2012, S. 387 <388 f.>; ders., in: Niemöller/Schlothauer/Weider, Gesetz zur Verständigung im Strafverfahren, 2010, § 273 Rn. 16, § 302 Rn. 5; Bittmann, a.a.O., S. 416 Fn. 25). 

II. 

1. a) Der Beschwerdeführer zu I. wurde als einer von vier Angeklagten durch das Landgericht München II mit Urteil vom 9. März 2010 wegen gemeinschaftlichen gewerbs- und bandenmäßigen Betruges in 259 tatmehrheitlichen Fällen in Tateinheit mit vier Fällen der Beihilfe zum vorsätzlichen unerlaubten Betreiben eines Bankgeschäfts zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Der Verurteilung ging eine Verständigung voraus. Unmittelbar nach Anklageverlesung und Belehrung der Angeklagten war die Hauptverhandlung für ein Rechtsgespräch unterbrochen worden. Anschließend gaben die Verteidiger für ihre Mandanten jeweils eine Erklärung ab, und die Angeklagten erklärten sich zu ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen. Der Vorsitzende schlug die Erteilung eines Hinweises vor, wonach das Gericht in voller Besetzung das Verfahren gemäß § 257b StPO mit den Verteidigern und dem Vertreter der Staatsanwaltschaft ausführlich erörtert habe. Unter Berücksichtigung der vorläufigen rechtlichen Bewer- tung, der Vorstrafen und eines angekündigten Geständnisses der Angeklagten rege die Kammer an, dass sich die Verfahrensbeteiligten dahingehend verständigten, dass der Beschwerdeführer zu I. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von nicht mehr als sechs Jahren und die drei Mitangeklagten zu Gesamtfreiheitsstrafen von nicht mehr als fünf Jahren und sechs Monaten, zwei Jahren und vier Jahren verurteilt würden. Für den Fall einer Verurteilung in dieser Größenordnung habe die Staatsanwaltschaft angekündigt, ein dort noch anhängiges Ermittlungsverfahren zu einem weiteren Tatkomplex im Wesentlichen nach § 154 Abs. 1 StPOeinzustellen. Eine Belehrung nach § 257c Abs. 5 StPO erfolgte nicht. Die Angeklagten, die Verteidiger und der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft erklärten sich mit dem Vorschlag des Gerichts einverstanden. Im Anschluss machten die Angeklagten jeweils Angaben zur Sache, wobei der Beschwerdeführer zu I. auch Fragen beantwortete. Sämtliche polizeilichen Zeugenvernehmungsprotokolle wurden gemäß § 249 Abs. 2, § 251 Abs. 1 Satz 1 StPO im Selbstleseverfahren eingeführt und die entsprechenden Zeugen abgeladen. In der Folge vernahm die Kammer noch mehrere Polizeibeamte und Behördenmitarbeiter als Zeugen. Unterlagen wurden teils in Augenschein genommen oder verlesen, teils im Selbstleseverfahren eingeführt. 

b) Mit seiner Revision beanstandete der Beschwerdeführer zu I. den Verstoß gegen die Belehrungspflicht des § 257c Abs. 5 StPO und erhob die Sachrüge. Der Bundesgerichtshof verwarf die Revision mit Beschluss vom 8. Oktober 2010 gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet. In Bezug auf den Belehrungsfehler verwies der Bundesgerichtshof auf eine frühere Entscheidung (Beschluss vom 17. August 2010 - 4 StR 228/10 -), in der er die Rüge eines Verstoßes gegen § 257c Abs. 5 StPO mit der Erwägung zurückgewiesen hatte, das Urteil beruhe nicht auf dem Fehler, weil die Strafkammer die im Rahmen der Verständigung angekündigte Strafobergrenze eingehalten habe. 

2. a) Die Beschwerdeführer zu II. wurden durch das Landgericht München II mit Urteil vom 27. April 2010 wegen gemeinschaftlichen gewerbsmäßigen Betruges in 27 tatmehrheitlichen Fällen jeweils in Tateinheit mit vorsätzlichem gemeinschaftlichen unerlaubten Betreiben eines Bankgeschäfts zu Gesamtfreiheitsstrafen von drei Jahren und sechs Monaten (Beschwerdeführer zu II. 1)) und drei Jahren und vier Monaten (Beschwerdeführer zu II. 2)) verurteilt. Der Verurteilung ging eine Verständigung voraus. Zu Beginn der Hauptverhandlung hatte der Verteidiger des Beschwerdeführers zu II. 2) ein Rechtsgespräch angeregt, für das die Verhandlung unterbrochen wurde. In der Pause führten die Verteidiger, das Gericht und der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft Verständigungsgespräche. Nach Fortsetzung der Hauptverhandlung stellte das Gericht fest, das Verfahren gemäß § 257b StPO mit allen Verfahrensbeteiligten ausführlich erörtert zu haben. Die Kammer habe darauf hingewiesen, dass nach Aktenlage und vorbehaltlich des Ergebnisses der Hauptverhandlung und der Beweisaufnahme ein Schuldspruch wegen 27 Fällen des Betruges in besonders schwerem Fall jeweils in Tateinheit mit dem vorsätzlichen gemeinschaftlichen unerlaubten Betreiben eines Bankgeschäfts in Betracht komme. Unter Berücksichtigung dieser Bewertung sowie eines angekündigten Geständnisses rege die Kammer an, dass sich die Verfahrensbeteiligten dahingehend verständigten, dass der Beschwerdeführer zu II. 1) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von nicht mehr als drei Jahren und sechs Monaten verurteilt werde und der Beschwerdeführer zu II. 2) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von nicht mehr als drei Jahren und vier Monaten. Eine Belehrung nach § 257c Abs. 5 StPO erfolgte nicht. Dem Vorschlag stimmten die Beschwerdeführer zu II., ihre Verteidiger und die Staatsanwaltschaft ausdrücklich zu. Auf die Einvernahme von Zeugen - mit Ausnahme des ermittelnden Polizeibeamten - wurde allseits verzichtet. Die Verteidiger gaben Erklärungen zur Sache ab, die sich die Beschwerdeführer zu II. jeweils zu eigen machten. Die Feststellungen im Urteil beruhen ausschließlich auf diesen Erklärungen und auf den Angaben des ermittelnden Polizeibeamten sowie den im Wege des Selbstleseverfahrens in die Hauptverhandlung eingeführten Ergebnissen einer von der Polizei in Form von Fragebögen durchgeführten schriftlichen Zeugenbefragung. 

b) Mit ihrer Revision beanstandeten die Beschwerdeführer zu II. den Verstoß gegen die Belehrungspflicht des § 257c Abs. 5 StPO und erhoben die Sachrüge. Der Bundesgerichtshof verwarf die Revision mit Beschluss vom 2. November 2010 gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet. Zu dem Belehrungsmangel führte er aus, dass eine der von § 257c Abs. 4 StPO erfassten Fallgestaltungen, über deren Rechtsfolgen vorab zu belehren sei, nicht vorliege. Die verhängten Strafen überstiegen auch nicht die vom Gericht jeweils zugesicherte Höhe. Konkrete, fallbezogene Gründe, die für die auch nur entfernte Möglichkeit sprächen, dass sich der aufgezeigte Verfahrensmangel auf das Prozessverhalten der Angeklagten ausgewirkt haben könnte, so dass letztlich ein für sie günstigeres Urteil nicht auszuschließen wäre, seien weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. 

3. a) Der Beschwerdeführer zu III. wurde als einer von zwei Angeklagten durch das Landgericht Berlin mit Urteil vom 15. März 2011 wegen zweier Fälle des schweren Raubes und wegen Sachbeschädigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Der Verurteilung ging eine Verständigung voraus. Der Vorsitzende hatte die Angeklagten nach Verlesung der Anklageschrift darauf hingewiesen, dass es hinsichtlich der Raubtaten im Wesentlichen drei Möglichkeiten gebe. Die erste sei ein Freispruch, die zweite eine Verurteilung wegen eines oder zweier Fälle des schweren Raubes mit jeweils einer Mindestfreiheitsstrafe von drei Jahren nach streitiger Beweisaufnahme. In der zweitgenannten Konstellation - so die Urteilsgründe - „verspüre“ die Kammer angesichts dessen, dass es sich um Taten handele, die die Angeklagten als Polizeibeamte im Dienst begangen hätten, „wenig Neigung“ zur Annahme von minder schweren Fällen. Die dritte Möglichkeit schließlich sei hinsichtlich der Konsequenzen ein Mittelweg: Falls die Angeklagten sich zu Geständnissen, die eine Beweisaufnahme überflüssig machen, entschlössen, könne dieser Umstand bei der Gesamtabwägung, ob minder schwere Fälle vorliegen, eine entscheidende Rolle spielen und letztlich den Ausschlag zugunsten der Angeklagten geben. In diesem Fall seien Gesamtfreiheitsstrafen zu erwarten, deren Vollstreckung die Kammer zur Bewährung aussetzen könne. Während einer 85-minütigen Verhandlungspause hatten die Angeklagten Gelegenheit, über den Vorschlag des Gerichts nachzudenken und ihn mit ihren Verteidigern zu beraten. Der Vorsitzende mahnte derweil zur Eile. Nach dem Vortrag des Beschwerdeführers zu III. warnte ihn sein Verteidiger zudem vor der Möglichkeit einer „Saalverhaftung“, wenn er der vorgeschlagenen Verständigung nicht nähertrete. Nach der Verhandlungspause erklärten die Angeklagten und die Staatsanwaltschaft ihre Zustimmung zu dem Vorschlag des Gerichts, was entsprechend zu Protokoll genommen wurde. Nach allgemeiner und besonderer Belehrung gemäß § 257c Abs. 4 und 5 StPO legten die Angeklagten Geständnisse in Form einer schlichten Bestätigung des Anklagesatzes ab. Anschließend erklärten die Verteidiger jeweils, dass Fragen zur Sache nicht beantwortet würden. Auf die Vernehmung von Zeugen wurde allseits verzichtet. Nach den Plädoyers und dem letzten Wort der Angeklagten zog sich die Kammer zur Beratung zurück, trat sodann aber noch einmal in die Beweisaufnahme ein, um die Angeklagten zu fragen, ob sie bei den Taten ihre Dienstwaffen bei sich geführt hätten und ob diese geladen gewesen seien, was die Angeklagten bejahten. Die Feststellungen im Urteil beruhen ausschließlich auf den Erklärungen der Angeklagten und entsprechen weitgehend dem Anklagesatz. 

b) Mit seiner Revision machte der Beschwerdeführer zu III. im Wege der Verfahrensrüge Verstöße gegen § 244 Abs. 2 StPO und gegen § 136a StPO geltend und erhob daneben die Sachrüge. Der Bundesgerichtshof verwarf die Revision auf Antrag des Generalbundesanwalts gemäß § 349 Abs. 2 StPOals unbegründet und bemerkte lediglich ergänzend, dass er der Revision jenseits der vom Generalbundesanwalt zutreffend als unzulässig bewerteten Verfahrensrügen eine noch zulässig erhobene Beanstandung der Anwendung von § 257c StPO entnehme. Diese greife in der Sache aber nicht durch. Das Landgericht habe den Angeklagten vor Augen halten dürfen, dass im Verurteilungsfall nur unter der Voraussetzung eines Geständnisses der Strafrahmen des § 250 Abs. 3 StGB (minder schwerer Fall) eröffnet sein könne. Eine Drohung mit einer willkürlich bemessenen „Sanktionsschere“ liege deshalb nicht vor. Zu allen darüber hinausgehenden Behauptungen unzulässigen Drucks fehle es schon an ausreichendem Revisionsvortrag. Abgesehen davon sei insoweit ersichtlich nichts erwiesen. 

III. 

1. Die Beschwerdeführer zu I. und zu II. rügen eine Verletzung von Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG in Verbindung mit den Grundsätzen der Selbstbelastungsfreiheit und des fairen Verfahrens sowie dem Schuldprinzip, ferner Verstöße gegen Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 und Abs. 2 GG, Art. 19 Abs. 4 sowie Art. 101 Abs. 1 GG durch das Unterlassen der von § 257c Abs. 5 StPO verlangten Belehrung vor Zustandekommen der Verständigung. Hilfsweise rügen sie die Verfassungswidrigkeit des § 257c StPOwegen Verstoßes insbesondere gegen das Schuldprinzip und das Rechtsstaatsgebot. 

a) Die Möglichkeit einer Beeinflussung des Verfahrensausgangs durch eine Verständigung übe mittelbar Druck auf den Angeklagten aus, ein Geständnis abzulegen. Eine freiverantwortliche, auf autonomer Einschätzung des damit verbundenen Risikos beruhende Entscheidung über die Abgabe eines Geständnisses setze voraus, dass der Angeklagte wisse, dass sich das Gericht über § 257c Abs. 4 StPOwieder von der Verständigung lösen könne. Die Gerichte hätten diese Aufgabe, die der Gesetzgeber der Belehrungspflicht zugewiesen habe, übersehen und § 257c Abs. 5 StPO unter Verletzung von Art. 19 Abs. 4 GG zu einer reinen Ordnungsvorschrift entwertet. Käme nämlich - worauf die Revisionsentscheidung hinauslaufe - ein Verstoß gegen § 257c Abs. 5 StPO nur bei einer Abweichung des Gerichts von der Verständigung zum Tragen, so bliebe ein Verstoß gegen die Belehrungspflicht letztlich in allen Fällen ohne Konsequenz, da bei einer Abweichung von der Verständigung das Geständnis schon wegen § 257c Abs. 4 Satz 3 StPO nicht verwertbar sei. Auch aus tatsächlicher Sicht überzeuge die Auffassung des Bundesgerichtshofs nicht, da niemand wissen könne, ob bei ordnungsgemäßer Belehrung die Verständigung überhaupt zustande gekommen wäre. 

b) Die Vorschrift des § 257c StPO verstoße gegen das Schuldprinzip und das aus Rechtsstaatsgebot und Gleichheitssatz folgende Legalitätsprinzip, die beide die Ermittlung des wahren Sachverhalts verlangten. Das Bemühen um Gewährleistung einer - trotz der Verständigung - schuldangemessenen Strafe sei mit dem zugleich verfolgten Anliegen einer Verfahrensverkürzung unvereinbar. Dieser innere Widerspruch präge die gesamte Diskussion zu § 257c StPO. Die gesetzliche Regelung sei nicht geeignet, die Realität der Verständigungspraxis zu beeinflussen. Eine wirksame revisionsgerichtliche Kontrolle von Verständigungen sei nicht möglich. Die Verständigung laufe darauf hinaus, der gerichtlichen Entscheidung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens zugrundezulegen; dieses sei aber gerade nicht zur Findung der materiellen Wahrheit, sondern lediglich zu einer Verdachtsklärung bestimmt. Die Schöffen, die den Akteninhalt nicht kennten, seien für ihre Überzeugungsbildung auf den Inbegriff der Hauptverhandlung angewiesen. Im Falle eines Scheiterns der Verständigung sei die Neutralität des Richters im weiteren Verlauf des Verfahrens gefährdet. Dass dem unverteidigten Angeklagten faktisch die Möglichkeit einer Verständigung verschlossen bleibe, verstoße gegen den Gleichheitssatz. 

2. Der Beschwerdeführer zu III. rügt eine Verletzung seiner Grundrechte auf effektiven Rechtsschutz und ein faires Verfahren gemäß Art. 2 Abs. 1 und Abs. 2, Art. 19 Abs. 4 und Art. 20 Abs. 3 GG. Der Bundesgerichtshof habe die Anforderungen an die Zulässigkeit von Verfahrensrügen in der Revision überspannt. Ferner verstoße die vom Landgericht angedrohte „Sanktionsschere“ gegen das Recht auf ein faires Verfahren. Schließlich habe das Landgericht seine Aufklärungspflicht verletzt, weil es das Geständnis nicht auf seinen Wahrheitsgehalt überprüft habe. 

IV. 

1. Die Bundesregierung vertritt die Auffassung, die durch das Verständigungsgesetz eingeführten Vorschriften seien mit dem Grundgesetz vereinbar. Durch die Verständigung werde nicht ermöglicht, dass sich die Verfahrensbeteiligten ohne Ermittlung des wahren Sachverhalts auf ein bestimmtes Ergebnis einigten. § 257c Abs. 1 Satz 2 StPO stelle vielmehr klar, dass der Amtsermittlungsgrundsatz auch im Falle einer Verständigung unberührt bleibe. Entsprechendes gelte für die Strafzumessung, die sich weiterhin nach § 46 StGB bestimme. Der Angeklagte könne unabhängig vom Vorliegen einer Verständigung frei entscheiden, ob er sich geständig einlassen wolle oder nicht. § 257c StPO lasse daher die Selbstbelastungsfreiheit unberührt. Auch die Funktionstüchtigkeit der Strafrechtspflege werde durch die gesetzliche Regelung nicht beeinträchtigt. Vielmehr könne eine geständige Einlassung zu einer weniger umfangreichen Beweisaufnahme führen. Auch könnten Verständigungen eine Verbesserung des Opferschutzes bewirken, wenn ein Geständnis die Vernehmung von Opferzeugen in der Hauptverhandlung entbehrlich mache. 

2. Die Bayerische Staatsregierung, die sich zu den Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer zu I. und zu II. geäußert hat, hält diese für unbegründet. Ein Verstoß gegen das Recht auf ein faires Verfahren liege nicht vor. Zum einen habe sich das Gericht an die zugesagten Strafobergrenzen gehalten, zum anderen mache die bloß abstrakte Möglichkeit, dass die Beschwerdeführer bei ordnungsgemäßer Belehrung von der Verständigung insgesamt Abstand genommen hätten, das Verfahren nicht unfair. § 257c StPO verletze weder das Schuldprinzip noch den Legalitätsgrundsatz. Die nunmehr gesetzlich vorgesehene Möglichkeit, ein Ermittlungs- oder Strafverfahren durch Einräumung von inneren und äußeren Umständen im Rahmen einer Verständigung abzukürzen, werde der Tatsache gerecht, dass dem Angeklagten aufgrund seiner Subjektqualität auch zugetraut werden müsse, Entscheidungen eigenverantwortlich zu treffen. Außerdem lasse § 257c Abs. 1 Satz 2 StPO die Amtsaufklärungspflicht unberührt. 

3. Der Präsident des Bundesgerichtshofs hat Stellungnahmen der Vorsitzenden des 1., 3., 4. und 5. Strafsenats vorgelegt. 

a) Der Vorsitzende des 1. Strafsenats führt aus, eine frühe Einbeziehung des Angeklagten und seines Verteidigers in die Überlegungen zur Strafzumessung bis hin zu einer Verständigung stärke die Stellung des Angeklagten als Subjekt. An der Bedeutung eines Geständnisses für die Strafzumessung habe sich durch § 257c StPO nichts geändert. Seien die zur Wahrheitsfindung erforderlichen Tatsachen nach Überzeugung des Gerichts durch ein Geständnis umfassend erwiesen, komme einer weiteren Beweisaufnahme keine Bedeutung mehr zu. Sie werde von § 244 Abs. 2 StPO nicht gefordert und sei zur Vermeidung unnötiger Belastung des Angeklagten, der Tatopfer sowie zum effektiven Einsatz der Ressource Recht zu vermeiden. Eine überdurchschnittliche Fehlerquote könne der Senat bei dem Verständigungsverfahren gemäß § 257c StPO nicht konstatieren. Von den im Jahr 2011 beim 1. Strafsenat anhängig gewordenen 650 Revisionsverfahren habe dem Urteil nur in 34 Fällen (ca. 5 %) eine Verständigung zugrunde gelegen. Nur in drei Fällen habe es Anlass zu Kritik gegeben: In zwei Fällen habe eine unzulässige Vereinbarung über den Schuldspruch vorgelegen, im dritten Fall eine unvertretbare Nichtberücksichtigung eines besonders schweren Falles. 

b) Die Vorsitzenden des 3. und 4. Strafsenats verweisen auf Entscheidungen ihrer Senate. Der Vorsitzende des 5. Strafsenats verweist ebenfalls auf Entscheidungen seines Senats und teilt mit, die von seinem Strafsenat bislang entschiedenen Fälle ließen aus seiner Sicht noch keine generelle Beurteilung der Normanwendung durch die Tatgerichte aus der in diesem Bereich ohnehin eingeschränkten Sicht des Revisionsgerichts zu. Der Senat hege bislang keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 257c StPO.
 
4. Der Generalbundesanwalt hält § 257c StPO für grundsätzlich verfassungskonform. Die Norm ersetze nicht die bisherige Struktur des Strafprozesses durch ein adversatorisches Verfahren, sondern füge sich entsprechend dem Willen des Gesetzgebers in das bestehende System ein. Sie verletze weder das Schuldprinzip noch das Recht auf ein faires Verfahren. Die Unschuldsvermutung und die Selbstbelastungsfreiheit blieben ebenso unangetastet wie der Gleichheitssatz. Zwar führe die gesetzliche Zulassung von Verständigungen zu Spannungen mit zahlreichen Verfahrensmaximen des Strafprozesses. In Anbetracht des Gestaltungsermessens des Gesetzgebers folge hieraus aber nicht die Verfassungswidrigkeit der Norm. Erheblich für die Verfassungsmäßigkeit der Verständigung spreche, dass sie besonders geeignet sei, den - in seiner Bedeutung im Verhältnis zum Ideal der Wahrheitsfindung zuletzt deutlich aufgewerteten - Zweck der Herstellung von Rechtsfrieden zu erreichen. Dies gelte jedenfalls dann, wenn die Verständigung auch auf einer angemessenen Einbeziehung und Interessenwahrung des Opfers beruhe. Eine Legitimation der Verständigung lasse sich teilweise auch aus dem Prinzip der Disponibilität von Rechten ableiten. Die Rechtsordnung gewähre dem Angeklagten in weitem Umfang die Möglichkeit, auf Verfahrensrechte zu verzichten und die Art seines Verteidigungsverhaltens autonom zu bestimmen. Anführen lasse sich für die verfassungsrechtliche Zulässigkeit von Verständigungen ferner, dass diese Erledigungsart auf dem durchweg als modern und zeitgemäß empfundenen Gebot eines offenen und kommunikativen Verhandlungsstils aufbaue. 

Ungeachtet dessen entfalte die gesetzliche Verankerung der Verständigung eine erhebliche Sogwirkung in Richtung auf strukturelle Veränderungen des Strafprozesses. Die Anerkennung und Ausbreitung quasi-vertraglicher Erledigungsformen habe sich in mehreren Stufen mit bislang ungebrochen expansiver Tendenz vollzogen. Rechtsprechung und Gesetzgebung hätten die normative Kraft des Faktischen nur nachholend bestätigen können, wobei gegenläufige, auf eine Kanalisierung der Verständigungspraxis gerichtete Bestrebungen bislang nicht in der Lage gewesen seien, die Dynamik der Entwicklung aufzuhalten. Ein wesentliches Motiv für die gewachsene Zahl von Verständigungen sei die in den vergangenen Jahrzehnten gestiegene Arbeitsbelastung der Justiz, mit der deren sachliche und personelle Ausstattung nicht Schritt gehalten habe. Angesichts dessen beziehe die Verständigung als Gegenmodell zur Durchführung einer aufwendigen streitigen Hauptverhandlung einen wesentlichen Teil ihrer Attraktivität aus der Möglichkeit für alle Beteiligten, das Verfahren drastisch abzukürzen, es möglichst weiterer rechtlicher Kontrolle zu entziehen und so über die Einsparung von Arbeitsaufwand im konkreten Fall die jeweiligen Erledigungsquoten - beim Verteidiger zudem mit positiven ökonomischen Folgen - zu erhöhen. 

Zur Sicherung der Verfassungskonformität sei daher einer weiteren Expansion von Formen der Verständigung im Strafprozess Einhalt zu gebieten. Dieser Erledigungsart könne im strafprozessualen System nach dem Willen des Gesetzgebers nur eine ergänzende Funktion zukommen. Sie dürfe nicht zum Regelfall des Strafverfahrens werden. Um den mit ihr verbundenen mittelbaren Gefährdungen verfassungsrechtlich geschützter Verfahrensprinzipien auf Dauer entgegenzuwirken, bedürften Anwendungsbereich und Voraussetzungen des § 257c StPO in Fortführung bereits vorhandener Ansätze in der fachgerichtlichen Rechtsprechung einer einschränkenden Auslegung. Ferner seien die im Gesetz angelegten Restriktionspotenziale über die bisherige Rechtsanwendung hinaus weiter auszuschöpfen und weitere flankierende Maßnahmen geboten. 

Vor diesem Hintergrund hält der Generalbundesanwalt die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer zu I. und II. für unbegründet. Die vom Bundesgerichtshof vorgenommene Beruhensprüfung hinsichtlich des Belehrungsmangels sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu III. erachtet der Generalbundesanwalt dagegen auf der Grundlage der von ihm als notwendig erachteten verfassungskonformen Auslegung des § 257c StPOals nicht aussichtslos. Es fehle bereits an der plausiblen Darlegung der Eignung des Falles für eine Verständigung, auf die die Strafkammer vorschnell ausgewichen sei. Zudem habe das Landgericht das erkennbar auf eine reine Bestätigung der Anklage beschränkte Geständnis keiner weiteren Überprüfung unterzogen. Schließlich gehe die Verständigung auf ein verfassungsrechtlich bedenkliches Aufzeigen von Alternativstrafen zurück. 

5. Der Senat hat ferner Stellungnahmen des Deutschen Richterbundes, des Deutschen Anwaltvereins und der Bundesrechtsanwaltskammer eingeholt. 
a) Der Deutsche Richterbund vertritt die Auffassung, das Verständigungsgesetz habe zwar einen erheblichen Gewinn an Rechtssicherheit gebracht; gleichwohl habe sich die gesetzliche Regelung aus Sicht der Praxis nicht uneingeschränkt bewährt. Das Risiko, dass eine Verständigung auch und gerade wegen des erwünschten Beschleunigungseffekts einen Verzicht auf gründliche und umfassende Sachaufklärung zur Folge haben könne, sei unübersehbar. Die Verkürzung der Hauptverhandlung führe außerdem dazu, dass der - in der Praxis in aller Regel von der Polizei erstellte - schriftliche Inhalt der Akten an Bedeutung gewinne. Die Justiz drohe die gebotene Kontrolle über die polizeilichen Ermittlungsergebnisse zu verlieren. Hinzu komme, dass es für alle Verfahrensbeteiligten verführerisch sei, sich die oft notwendige Erfassung, Auswertung und Beurteilung umfangreicher elektronisch gespeicherter Beweismittel durch eine Verständigung zu ersparen unter Inkaufnahme und im Bewusstsein des Umstandes, dadurch nur einen kleinen Teil des Beweisstoffes zur Kenntnis zu nehmen. Nicht von der Hand zu weisen sei die Gefahr, dass gerade bei Verfahren großen Umfangs das zu einem frühen Zeitpunkt aus echter Reue abgegebene Geständnis im Vergleich zu dem im Hinblick auf eine mögliche Verständigung taktisch zurückgehaltenen Geständnis entwertet werde. Damit verbunden sei die bedenkliche Tendenz, „kleine“, häufig unverteidigte Straftäter härter zu bestrafen, während die Justiz in Großverfahren aus Mangel an Mitteln immer nachgiebiger werde. Die in vielen Ländern unzureichende Personalausstattung der Justiz führe in der Kombination mit weiteren ungünstigen Rahmenbedingungen des deutschen Strafprozesses, deren Verbesserung bislang nicht gelungen sei, immer wieder zu Hauptverhandlungen, die der Öffentlichkeit nicht als dem hohen Gerechtigkeitsanspruch der deutschen Justiz entsprechend vermittelt werden könnten. Dadurch leide das Ansehen der Rechtspflege insgesamt. Hinzu komme, dass das Verständigungsverfahren zahlreiche noch offene Probleme aufweise. So würden die Öffentlichkeits- und Protokollierungspflichten teilweise als Belastung empfunden; zugleich würden vielfältige Hinweis- und Fürsorgepflichten des Tatrichters die Handhabung des § 257c StPO erschweren. Auch die umfangreichen Belehrungspflichten des § 257c Abs. 5 StPO hätten sich als wenig praxistauglich erwiesen. Der Ausschluss des Verzichts auf Rechtsmittel stehe im Widerspruch zu der Erwartung der Praxis, mit der ausgehandelten Verständigung eine rasche Rechtskraft des Ergebnisses zu erreichen. Die Verlockung, „es so zu machen wie früher“ und eine unzulässige „informelle“ Absprache außerhalb des § 257c StPO zu treffen, erscheine daher evident. Nicht zu unterschätzen sei zudem die Gefahr, dass sich Gerichte, Staatsanwaltschaften und Verteidiger dergestalt an Absprachen gewöhnten, dass die Beendigung des Verfahrens auf diese Weise zum Regelfall werde. Die Warnungen vor einem „schleichend eingeläuteten Systemwechsel“ seien ernst zu nehmen. Dem Zeitgeist folgend versuche der Gesetzgeber, unter dem Deckmantel der Förderung eines offenen und kommunikativen Verhandlungsstils Versäumnisse bei der Ausgestaltung und Praktikabilität des formellen und materiellen Rechts zu kompensieren. Der Gesetzgeber sei jedoch verpflichtet, die prozessualen Rahmenbedingungen so auszugestalten, dass die Justiz ihrem gesetzlichen Strafverfolgungsauftrag gerecht werden könne, ohne sich auf Verhandlungen mit dem Angeklagten zulasten der materiellen Wahrheit und der Gerechtigkeit einlassen zu müssen. Um dem verfassungsrechtlichen Beschleunigungsgebot Genüge zu tun und die Handlungsfähigkeit der Justiz zu gewährleisten, kämen etwa eine Neuordnung des Ablehnungsrechts, die Befristung von Beweisanträgen, eine Neufassung des § 265 Abs. 3 StPO, Erleichterungen bei Beweistransfers aus dem Ermittlungsverfahren in die Hauptverhandlung (etwa bei der Einführung von Urkunden) und eine Änderung des § 273 Abs. 3 StPO in Betracht. 

b) Der Deutsche Anwaltverein hält die Anwendung des § 257c StPO durch die Gerichte in den Ausgangsverfahren für verfassungswidrig und die Verfassungsbeschwerden daher für begründet. Insbesondere verstoße die Verletzung der Belehrungspflicht aus § 257c Abs. 5 StPO gegen das Recht auf ein faires Verfahren, da bei fehlender Belehrung die Willensfreiheit des Angeklagten im Zeitpunkt der Entscheidung über den Abschluss der Verständigung nicht gegeben sei. Zudem bestünden an der Verfassungsmäßigkeit des § 257c StPO erhebliche Zweifel. Der Aufklärungsgrundsatz und das Schuldprinzip stünden dem mit § 257c StPO verfolgten Ziel einer Verfahrensverkürzung und -vereinfachung strukturell entgegen. Eine „Bändigung der Verständigung“ sei durch die gesetzliche Regelung nicht geglückt. Dieser Befund werde durch Erfahrungsberichte von Mitgliedern des Strafrechtsausschusses des Deutschen Anwaltvereins bestätigt. In einem Fall habe etwa der Vorsitzende einer Strafkammer im Gespräch mit dem Verteidiger geäußert, dass das Urteil, das aufgrund der Verständigung zustande kommen sollte, einer revisionsgerichtlichen Überprüfung vermutlich nicht standhalten würde. Dieses Risiko würde er aber eingehen, weil er davon ausgehe, dass sich alle Beteiligten an die Verständigung halten und daher keine Revision eingelegt werde. In einem anderen Fall habe die Kammer für die Abgabe umfassender Geständnisse im Sinne der Anklage eine Strafe im bewährungsfähigen Bereich in Aussicht gestellt, obwohl sich der Sachverhalt in der Hauptverhandlung anders dargestellt habe. Da für die Angeklagten die Freiheit wichtiger gewesen sei als die Wahrheit, seien entsprechende, die Anklage bestätigende Geständnisse abgegeben worden. Die Gefahr falscher Geständnisse habe durch das Verständigungsgesetz eher zugenommen. Benachteiligt werde der Angeklagte, der schon früh im Ermittlungsverfahren gestanden habe, da er für eine Verständigung nichts mehr anzubieten habe. Die Förmlichkeiten und Beschränkungen des gesetzlich vorgesehenen Verständigungsverfahrens würden in der Praxis überwiegend umgangen. Die Revisionsgerichte ließen die Möglichkeiten zur „Domestizierung“ der Verständigung ungenutzt. 

c) Die Bundesrechtsanwaltskammer hält § 257c StPO für verfassungsgemäß. Die Vorschrift stehe im Spannungsverhältnis zwischen den Verpflichtungen zur Ermittlung des wahren Sachverhalts und zur Bestimmung der schuldangemessenen Strafe als Elementen des Schuldprinzips, dem Grundsatz des fairen Verfahrens und dem Gebot wirksamer Strafrechtspflege. Die gesetzliche Regelung sei ausgerichtet auf einen praktisch konkordanten Ausgleich zwischen diesen Grundsätzen. Sie schaffe im Vergleich zur früheren Rechtslage ein beträchtliches Maß an Rechtssicherheit. Tragende Prinzipien eines rechtsstaatlichen Strafverfahrens seien nicht verletzt. Dies gelte insbesondere für den Amtsermittlungsgrundsatz, die Grundsätze der Mündlichkeit und Unmittelbarkeit und das Gebot bestmöglicher Sachaufklärung. Das generell mit der Verurteilung auf der Grundlage eines Geständnisses verbundene Risiko eines Fehlurteils werde durch die gesetzlichen Verständigungsregelungen nicht signifikant erhöht. Dass der Bundesgerichtshof dazu neige, bei Verstößen gegen die formellen Voraussetzungen einer Verständigung, namentlich die Dokumentations-, Mitteilungs- und Belehrungspflichten, ein Beruhen des Urteils auszuschließen, sei der vom Gesetzgeber angestrebten Transparenz des mit einer Verständigung verbundenen Geschehens allerdings nicht förderlich. Die Eindämmung „informeller“ Absprachen werde dadurch erschwert. Im Ergebnis sei ein struktureller Mangel des Gesetzes zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren derzeit nicht erkennbar. Die Bundesrechtsanwaltskammer hält die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer zu I. und II. für unbegründet. Die unterbliebene Belehrung nach § 257c Abs. 5 StPO habe das Verfahren nicht insgesamt unfair gemacht, da das Gericht letztlich von der Verständigung nicht abgewichen sei. Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu III. hält die Bundesrechtsanwaltskammer dagegen für begründet. Insbesondere habe das Landgericht seine Aufklärungspflicht verletzt, indem es sich mit einem Formalgeständnis begnügt habe. Zudem sei dem Geständnis ein Aufzeigen von Alternativstrafen vorausgegangen. Dies stelle einen Verstoß gegen das Schuldprinzip dar. 

V. 

Der Senat hat den Sachverständigen Prof. Dr. Altenhain, Universitätsprofessor an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, mit der Durchführung einer repräsentativen empirischen Untersuchung zur Praxis der Verständigung im Strafverfahren beauftragt. Zu diesem Zweck hat der Sachverständige im Zeitraum zwischen dem 17. April und 24. August 2012 insgesamt 190 mit Strafsachen befasste Richterinnen und Richter des Landes Nordrhein-Westfalen befragt, von denen 117 als Strafrichter oder Vorsitzende eines Schöffengerichts und 73 als Vorsitzende einer Strafkammer tätig waren. Als Kontrollgruppe wurden daneben 68 Staatsanwältinnen und Staatsanwälte sowie 76 Fachanwältinnen und Fachanwälte für Strafrecht befragt. 

Nach Einschätzung der befragten Richter wurden im Kalenderjahr 2011 17,9 % der Strafverfahren an Amtsgerichten und 23 % der Strafverfahren an Landgerichten durch Absprachen erledigt. Auf die Frage, in wieviel Prozent der Fälle nach ihrer Einschätzung in der gerichtlichen Praxis die gesetzlichen Vorschriften zur Verständigung verletzt würde, gaben etwas mehr als die Hälfte der Richter an, dass dies in mehr als der Hälfte aller Verfahren mit Absprachen der Fall sein dürfte. So gaben 58,9 % der befragten Richter an, mehr als die Hälfte ihrer Absprachen „informell“, also ohne Anwendung des § 257c StPOdurchgeführt zu haben, 26,7 % gaben an, immer so vorgegangen zu sein. 33 % der befragten Richter gaben an, außerhalb der Hauptverhandlung Absprachen geführt zu haben, ohne dass dies in der Hauptverhandlung offengelegt wurde, während 41,8 % der Staatsanwälte und 74,7 % der Verteidiger angaben, dies schon erlebt zu haben. Die Offenlegungspflicht wird von einem nicht unbeachtlichen Teil der Richter als überflüssiger Formalismus empfunden. Die Regelung zum sogenannten Negativattest (§ 273 Abs. 1a Satz 3 StPO) bleibt in der Praxis oft unbeachtet. 54,4 % der befragten Richter gaben an, eine nicht erfolgte Verständigung für im Protokoll nicht erwähnenswert zu halten. 46,7 % der befragten Richter weisen entgegen § 267 Abs. 3 Satz 5 StPO nicht in den Urteilsgründen auf eine dem Urteil vorausgegangene Verständigung hin. Sehr häufiger Inhalt von Absprachen ist die Einstellung beziehungsweise Beschränkung des Verfahrens nach §§ 154, 154a StPO; in diesem Zusammenhang wird auch die Einstellung anderer, nicht in die Anklage einbezogener Verfahren im Rahmen sogenannter „Gesamtlösungen“ immer wieder thematisiert. (Im Rahmen einer von G. Schöch durchgeführten anonymisierten empirischen Erhebung zur Absprachepraxis in München sind sogar „Familienlösungen“ bekanntgeworden, bei denen etwa der Mann eine höhere Freiheitsstrafe erhält und im Gegenzug die Frau eine Bewährungsstrafe, um zu Hause die Kinder versorgen zu können, oder die zukünftigen Strafen von Familienangehörigen in anderen Verfahren gleich mit abgesprochen werden [vgl. G. Schöch, Urteilsabsprachen in der Strafrechtspraxis, 2007, S. 147]). Teilweise werden ausweislich der Studie von Prof. Dr. Altenhain durch § 257c Abs. 2 StPO ausdrücklich ausgeschlossene Inhalte wie etwa der Schuldspruch in die Absprache aufgenommen. Während 61,7 % der Richter angaben, die Glaubhaftigkeit von im Anschluss an eine Absprache abgelegten Geständnissen immer zu überprüfen, räumten 38,3 % der Richter ein, die Glaubhaftigkeit des Geständnisses nicht immer, sondern nur häufig, manchmal, selten oder nie zu überprüfen. 35,3 % der befragten Richter haben nach eigenem Bekunden dem Angeklagten oder seinem Verteidiger in Verständigungsgesprächen neben der Strafobergrenze beziehungsweise dem bestimmten Strafmaß für den Fall einer Kooperation schon einmal eine zweite Strafe für den Fall einer „streitigen“ Hauptverhandlung genannt, 16 % gaben an, typischerweise so vorzugehen. Die Einlegung eines Rechtsmittels nach einer Absprache ist sehr selten. Nach Auskunft von 27,4 % der Richter wurde sogar bei Verständigungen gemäß § 257c StPO - entgegen § 302 Abs. 1 Satz 2 StPO - ausdrücklich auf Rechtsmittel verzichtet. Von den Richtern gaben 14,7 % an, dass bei ihnen nach einer Absprache „immer“ auf Rechtsmittel verzichtet werde; bei 56,6 % geschah dies „häufig“ (Staatsanwälte: 5,6 % bzw. 64,8 %; Verteidiger: 5,6 % bzw. 76,1 %). Nicht weniger als 16,4 % der Richter und 30,9 % der Staatsanwälte erklärten, sich im Rahmen einer Absprache schon auf eine ihrer Ansicht nach zu milde Strafe eingelassen zu haben.

Demgegenüber haben sich von den Verteidigern 30,3 % nach eigener Auskunft schon auf eine ihrer Ansicht nach zu hohe Strafe im Wege der Absprache eingelassen. Der „Strafrabatt“ im Anschluss an ein absprachegemäß abgelegtes Geständnis liegt nach Angaben der Befragten zumeist zwischen 25 % und 33,3 % der wahrscheinlich zu erwartenden Strafe nach „streitiger“ Verhandlung. 

VI. 

Mit Beschlüssen vom 22. Mai 2012 und vom 21. Juni 2012 hat die 1. Kammer des Zweiten Senats auf Antrag der sich zu dieser Zeit in Strafhaft befindenden Beschwerdeführer zu I. und II. die Vollstreckung aus den angegriffenen Urteilen des Landgerichts München II bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerden, längstens für sechs Monate, einstweilen ausgesetzt. Mit Beschlüssen vom 22. Oktober 2012 und vom 5. Dezember 2012 hat der Senat auf Antrag der Beschwerdeführer zu I. und II. die einstweiligen Anordnungen wiederholt. 

VII. 

In der mündlichen Verhandlung hat der Senat Prof. Dr. Altenhain zu dessen im Auftrag des Senats angefertigter empirischer Studie über die Praxis der Verständigung im Strafverfahren gehört, zu den Erfahrungen und Einschätzungen bei den Tat- und Revisionsgerichten den Präsidenten des Bundesgerichtshofs Prof. Dr. Tolksdorf, Generalbundesanwalt Range, Vorsitzenden Richter am Landgericht Marburg Dr. Paul, Vorsitzenden Richter am Landgericht Hildesheim Pohl, Vorsitzenden Richter am Landgericht Hamburg Dr. Tully und Vorsitzenden Richter am Landgericht Freiburg im Breisgau i.R. Royen. Prof. Dr. Frisch, Direktor der Abteilung 1 des Instituts für Strafrecht und Strafprozessrecht der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, hat sich zum Schuldprinzip und dessen Bedeutung für die Legitimation staatlichen Strafens im Rechtsstaat und die Erfüllung der freiheitssichernden Funktion des Strafrechts sowie zur Vereinbarkeit der Verständigungspraxis und des § 257c StPO mit dem Schuldprinzip geäußert. Die Bevollmächtigten der Beschwerdeführer sowie Vertreter der Bundesregierung, des Deutschen Richterbundes, des Deutschen Anwaltvereins und der Bundesrechtsanwaltskammer haben ihren schriftlichen Vortrag ergänzt und vertieft. Zur Verfassungsmäßigkeit von Verständigungen im Strafprozess hat ferner ein Vertreter der Neuen Richtervereinigung Stellung genommen. 

B. 

Die Verfassungsbeschwerden sind begründet, soweit sie sich gegen die angegriffenen Entscheidungen richten; im Übrigen haben sie keinen Erfolg. 

I. 

1. Das Strafrecht beruht auf dem Schuldgrundsatz (BVerfGE 123, 267 <413>), der den gesamten Bereich staatlichen Strafens beherrscht. Der Schuldgrundsatz hat Verfassungsrang; er ist in der Garantie der Würde und Eigenverantwortlichkeit des Menschen (Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG) sowie im Rechtsstaatsprinzip verankert (vgl. BVerfGE 45, 187 <259 f.>; 86, 288 <313>; 95, 96 <140>; 120, 224 <253 f.>; 130, 1 <26>). 
a) Der Grundsatz „Keine Strafe ohne Schuld“ (nulla poena sine culpa) setzt die Eigenverantwortung des Menschen voraus, der sein Handeln selbst bestimmt und sich kraft seiner Willensfreiheit zwischen Recht und Unrecht entscheiden kann. Dem Schutz der Menschenwürde in Art. 1 Abs. 1 GG liegt die Vorstellung vom Menschen als einem geistig-sittlichen Wesen zugrunde, das darauf angelegt ist, sich in Freiheit selbst zu bestimmen und zu entfalten (vgl. BVerfGE 45, 187 <227>; 123, 267 <413>). Auf dem Gebiet der Strafrechtspflege bestimmt Art. 1 Abs. 1 GG die Auffassung vom Wesen der Strafe und das Verhältnis von Schuld und Sühne (vgl. BVerfGE 95, 96 <140>) sowie den Grundsatz, dass jede Strafe Schuld voraussetzt (vgl. BVerfGE 57, 250 <275>; 80, 367 <378>; 90, 145 <173>; 123, 267 <413>). Die Strafe ist im Gegensatz zur reinen Präventionsmaßnahme dadurch gekennzeichnet, dass sie - wenn nicht ausschließlich, so doch auch - auf gerechte Vergeltung für ein rechtlich verbotenes Verhalten abzielt. Mit der Strafe wird dem Täter ein sozialethisches Fehlverhalten vorgeworfen (vgl. BVerfGE 20, 323 <331>; 95, 96 <140>; 110, 1 <13>). Eine solche strafrechtliche Reaktion wäre ohne Feststellung der individuellen Vorwerfbarkeit mit der Garantie der Menschenwürde und dem Rechtsstaatsprinzip unvereinbar (vgl. BVerfGE 20, 323 <331>; 95, 96 <140>). 

b) Das Rechtsstaatsprinzip ist eines der elementaren Prinzipien des Grundgesetzes (BVerfGE 20, 323 <331>). Es sichert den Gebrauch der Freiheitsrechte, indem es Rechtssicherheit gewährt, die Staatsgewalt an das Gesetz bindet und Vertrauen schützt (BVerfGE 95, 96 <130>). Das Rechtsstaatsprinzip umfasst als eine der Leitideen des Grundgesetzes auch die Forderung nach materieller Gerechtigkeit (vgl. BVerfGE 7, 89 <92>; 7, 194 <196>; 45, 187 <246>; 74, 129 <152>; 122, 248 <272>) und schließt den Grundsatz der Rechtsgleichheit als eines der grundlegenden Gerechtigkeitspostulate ein (vgl. BVerfGE 84, 90 <121>). Für den Bereich des Strafrechts werden diese rechtsstaatlichen Anliegen auch im Schuldgrundsatz aufgenommen (BVerfGE 95, 96 <130 f.>). Gemessen an der Idee der Gerechtigkeit müssen Straftatbestand und Rechtsfolge sachgerecht aufeinander abgestimmt sein (vgl. BVerfGE 20, 323 <331>; 25, 269 <286>; 27, 18 <29>; 50, 205 <214 f.>; 120, 224 <241>; stRspr). Die Strafe muss in einem gerechten Verhältnis zur Schwere der Tat und zum Verschulden des Täters stehen (vgl. BVerfGE 20, 323 <331>; 45, 187 <228>; 50, 5 <12>; 73, 206 <253>; 86, 288 <313>; 96, 245 <249>; 109, 133 <171>; 110, 1 <13>; 120, 224 <254>). In diesem Sinne hat die Strafe die Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein (vgl. BVerfGE 45, 187 <253 f.>; 109, 133 <173>; 120, 224 <253 f.>). 

2. Aufgabe des Strafprozesses ist es, den Strafanspruch des Staates um des Schutzes der Rechtsgüter Einzelner und der Allgemeinheit willen in einem justizförmigen Verfahren durchzusetzen und dem mit Strafe Bedrohten eine wirksame Sicherung seiner Grundrechte zu gewährleisten. Der Strafprozess hat das aus der Würde des Menschen als eigenverantwortlich handelnder Person und dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitete Prinzip, dass keine Strafe ohne Schuld verhängt werden darf (vgl. BVerfGE 80, 244 <255>; 95, 96 <140>), zu sichern und entsprechende verfahrensrechtliche Vorkehrungen bereitzustellen. Zentrales Anliegen des Strafprozesses ist die Ermittlung des wahren Sachverhalts, ohne den sich das materielle Schuldprinzip nicht verwirklichen lässt (vgl. BVerfGE 57, 250 <275>; 118, 212 <231>; 122, 248 <270>; 130, 1 <26>). Dem Täter müssen Tat und Schuld prozessordnungsgemäß nachgewiesen werden (vgl. BVerfGE 9, 167 <169>; 74, 358 <371>). Bis zum Nachweis der Schuld wird seine Unschuld vermutet (vgl. BVerfGE 35, 311 <320>; 74, 358 <371>). 

a) Der Staat ist von Verfassungs wegen gehalten, eine funktionstüchtige Strafrechtspflege zu gewährleisten, ohne die der Gerechtigkeit nicht zum Durchbruch verholfen werden kann (vgl. BVerfGE 33, 367 <383>; 46, 214 <222>; 122, 248 <272>; 130, 1 <26>). Der Schutz elementarer Rechtsgüter durch Strafrecht und seine Durchsetzung im Verfahren sind Verfassungsaufgaben (vgl. BVerfGE 107, 104 <118 f.>; 113, 29 <54>). Das erfordert, dass Straftäter im Rahmen der geltenden Gesetze verfolgt, abgeurteilt und einer gerechten, also schuldangemessenen Bestrafung zugeführt werden (vgl. BVerfGE 33, 367 <383>; 46, 214 <222>; 122, 248 <272 f.>; 129, 208 <260>). Die verfassungsrechtliche Pflicht des Staates, eine funktionstüchtige Strafrechtspflege zu gewährleisten, umfasst auch die Pflicht, die Durchführung eingeleiteter Strafverfahren und die Vollstreckung rechtskräftig erkannter (Freiheits-)Strafen sicherzustellen. Das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit, die Pflicht des Staates, die Sicherheit seiner Bürger und deren Vertrauen in die Funktionsfähigkeit der staatlichen Institutionen zu schützen, und der Anspruch aller in Strafverfahren Beschuldigten auf Gleichbehandlung erfordern grundsätzlich, dass der Strafanspruch durchgesetzt, also auch eingeleitete Verfahren fortgesetzt und rechtskräftig verhängte Strafen vollstreckt werden (BVerfGE 46, 214 <222 f.>; 49, 24 <54>; 51, 324 <344>). 

b) Bei alledem darf der Beschuldigte im Rechtsstaat des Grundgesetzes nicht bloßes Objekt des Strafverfahrens sein; ihm muss die Möglichkeit gegeben werden, zur Wahrung seiner Rechte auf den Gang und das Ergebnis des Verfahrens Einfluss zu nehmen (vgl. BVerfGE 65, 171 <174 f.>; 66, 313 <318>). 

aa) Als ein unverzichtbares Element der Rechtsstaatlichkeit des Strafverfahrens gewährleistet das Recht auf ein faires Verfahren dem Beschuldigten, prozessuale Rechte und Möglichkeiten mit der erforderlichen Sachkunde wahrnehmen und Übergriffe der staatlichen Stellen oder anderer Verfahrensbeteiligter angemessen abwehren zu können (vgl. BVerfGE 38, 105 <111>; 122, 248 <271 f.>). Dies bedeutet allerdings nicht, dass im Strafverfahren - unter dem Gesichtspunkt der „Waffengleichheit“ (vgl. BVerfGE 110, 226 <253>) - in der Rollenverteilung begründete verfahrensspezifische Unterschiede in den Handlungsmöglichkeiten von Staatsanwaltschaft und Verteidigung in jeder Beziehung ausgeglichen werden müssten (vgl. BVerfGE 63, 45 <67>; 63, 380 <392 f.>; 122, 248 <272>); vielmehr sind angesichts der besonderen, zur Objektivität verpflichtenden Stellung der Staatsanwaltschaft Differenzierungen möglich. Die Bestimmung der verfahrensrechtlichen Befugnisse und Hilfestellungen, die dem Beschuldigten nach dem Grundsatz des fairen Verfahrens im Einzelnen einzuräumen und die Festlegung, wie diese auszugestalten sind, ist in erster Linie dem Gesetzgeber und sodann - in den vom Gesetz gezogenen Grenzen - den Gerichten bei der ihnen obliegenden Rechtsauslegung und -anwendung aufgegeben. Eine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren liegt erst dann vor, wenn eine Gesamtschau auf das Verfahrensrecht - auch in seiner Auslegung und Anwendung durch die Gerichte - ergibt, dass rechtsstaatlich zwingende Folgerungen nicht gezogen worden sind oder rechtsstaatlich Unverzichtbares preisgegeben wurde (vgl. BVerfGE 57, 250 <276>; 64, 135 <145 f.>; 122, 248 <272>). Im Rahmen dieser Gesamtschau sind auch die Erfordernisse einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege in den Blick zu nehmen (vgl. BVerfGE 47, 239 <250>; 80, 367 <375>; 122, 248 <272>). Verfahrensgestaltungen, die den Erfordernissen einer wirksamen Strafrechtspflege dienen, verletzen daher nicht schon dann den grundrechtlichen Anspruch auf ein faires Strafverfahren, wenn verfahrensrechtliche Positionen des Angeklagten oder Beschuldigten dabei eine Zurücksetzung zugunsten einer wirksameren Strafrechtspflege erfahren (BVerfGE 122, 248 <273>). Das Beschleunigungsgebot ist bei der Konkretisierung des Rechts auf ein faires Verfahren ebenfalls zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 41, 246 <250>; 63, 45 <68 f.>; 122, 248 <273>), denn unnötige Verfahrensverzögerungen stellen nicht nur die Effektivität des Rechtsschutzes (vgl. BVerfGE 60, 253 <269>; 88, 118 <124>; 93, 1 <13>) und die Zwecke der Kriminalstrafe in Frage, sondern beeinträchtigen, da die Beweisgrundlage durch Zeitablauf verfälscht werden kann, auch die Verwirklichung der verfassungsrechtlichen Pflicht zur bestmöglichen Erforschung der materiellen Wahrheit (vgl. BVerfGE 57, 250 <280>; 122, 248 <273>; 130, 1 <27>). 

bb) Die Aussagefreiheit des Beschuldigten und das Verbot des Zwangs zur Selbstbelastung (nemo tenetur se ipsum accusare) sind notwendiger Ausdruck einer auf dem Leitgedanken der Achtung der Menschenwürde beruhenden rechtsstaatlichen Grundhaltung (vgl. BVerfGE 38, 105 <113 f.>; 55, 144 <150 f.>; 56, 37 <43>). Der Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit ist im Rechtsstaatsprinzip verankert und hat Verfassungsrang (vgl. BVerfGE 38, 105 <113 f.>; 55, 144 <150 f.>; 56, 37 <43>; 110, 1 <31>). Er umfasst das Recht auf Aussage- und Entschließungsfreiheit innerhalb des Strafverfahrens. Dazu gehört, dass im Rahmen des Strafverfahrens niemand gezwungen werden darf, sich durch seine eigene Aussage einer Straftat zu bezichtigen oder zu seiner Überführung aktiv beizutragen (vgl. BVerfGE 56, 37 <49>; 109, 279 <324>). Der Beschuldigte muss frei von Zwang eigenverantwortlich entscheiden können, ob und gegebenenfalls inwieweit er im Strafverfahren mitwirkt (vgl. BVerfGE 38, 105 <113>; 56, 37 <43>). Dies setzt voraus, dass er über seine Aussagefreiheit in Kenntnis gesetzt wird. 

cc) Die Unschuldsvermutung hat als besondere Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips ebenfalls Verfassungsrang (BVerfGE 74, 358 <371>). Sie verbietet zum einen, im konkreten Strafverfahren ohne prozessordnungsgemäßen - nicht notwendiger Weise rechtskräftigen - Schuldnachweis Maßnahmen gegen den Beschuldigten zu verhängen, die in ihrer Wirkung einer Strafe gleichkommen, und ihn verfahrensbezogen als schuldig zu behandeln; zum anderen verlangt sie den rechtskräftigen Nachweis der Schuld, bevor diese dem Verurteilten im Rechtsverkehr allgemein vorgehalten werden darf (vgl. BVerfGE 19, 342 <347>; 74, 358 <371>). Als Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips enthält die Unschuldsvermutung - wie auch das Recht des Beschuldigten auf ein faires, rechtsstaatliches Verfahren - allerdings keine in allen Einzelheiten bestimmten Ge- und Verbote; ihre Auswirkungen auf das Verfahrensrecht bedürfen vielmehr der Konkretisierung je nach den sachlichen Gegebenheiten. Dies ist in erster Linie Sache des Gesetzgebers (BVerfGE 74, 358 <371 f.>; vgl. auch BVerfGE 7, 89 <92 f.>; 57, 250 <275 f.>; 65, 283 <291>). 

3. Das Grundgesetz gewährleistet den Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens, vor einem unabhängigen und unparteilichen Richter zu stehen, der die Gewähr für Neutralität und Distanz gegenüber allen Verfahrensbeteiligten und dem Verfahrensgegenstand bietet (vgl. BVerfGE 4, 412 <416>; 21, 139 <145 f.>; 23, 321 <325>; 82, 286 <298>; 89, 28 <36>). Neben der sachlichen und persönlichen Unabhängigkeit des Richters (Art. 97 Abs.1 und 2 GG) ist es wesentliches Kennzeichen der Rechtsprechung im Sinne des Grundgesetzes, dass die richterliche Tätigkeit von einem „nicht beteiligten Dritten“ ausgeübt wird (vgl. BVerfGE 3, 377 <381>; 4, 331 <346>; 21, 139 <145>; 27, 312 <322>; 48, 300 <316>; 87, 68 <85>; 103, 111 <140>). Diese Vorstellung von neutraler Amtsführung ist mit den Begriffen „Richter“ und „Gericht“ untrennbar verknüpft (vgl. BVerfGE 4, 331 <346>; 60, 175 <214>; 103, 111 <140>). Die richterliche Tätigkeit erfordert daher unbedingte Neutralität gegenüber den Verfahrensbeteiligten (BVerfGE 21, 139 <146>; 103, 111 <140>). Das Recht auf den gesetzlichen Richter aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG gewährt deshalb nicht nur einen Anspruch auf den sich aus dem Gerichtsverfassungsgesetz, den Prozessordnungen sowie den Geschäftsverteilungs- und Besetzungsregelungen des Gerichts ergebenden Richter (vgl. BVerfGE 89, 28 <36>), sondern garantiert auch, dass der Betroffene nicht vor einem Richter steht, der aufgrund persönlicher oder sachlicher Beziehungen zu den Verfahrensbeteiligten oder zum Streitgegenstand die gebotene Neutralität vermissen lässt (BVerfGE 21, 139 <146>; 89, 28 <36>). Dieses Verlangen nach Unvoreingenommenheit und Neutralität des Richters ist zugleich ein Gebot der Rechtsstaatlichkeit (vgl. BVerfGE 3, 377 <381>; 37, 57 <65>). 

4. Das im Rechtsstaatsprinzip und dem allgemeinen Freiheitsrecht verankerte Recht auf ein faires Strafverfahren umfasst das Recht des Beschuldigten, sich von einem Anwalt seiner Wahl und seines Vertrauens verteidigen zu lassen (BVerfGE 66, 313 <318 f.>; 110, 226 <253>). Wenngleich das Recht auf ein faires Verfahren keine in allen Einzelheiten bestimmten Gebote und Verbote enthält, sondern der Konkretisierung durch den Gesetzgeber je nach den sachlichen Gegebenheiten bedarf, untersagt es jedenfalls eine Ausgestaltung des Strafverfahrens, bei der rechtsstaatlich unverzichtbare Erfordernisse nicht mehr gewahrt sind (BVerfGE 57, 250 <276>; 122, 248 <272>). Angesichts der besonderen Bedeutung, die dem Vertrauensverhältnis zwischen dem Beschuldigten und seinem Verteidiger unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten zukommt (vgl. BVerfGE 110, 226 <254>), verbietet es sich, im Strafprozess Verfahrensweisen vorzusehen, die - etwa aufgrund der Schaffung sachwidriger Anreize - erwarten lassen, dass dieses Vertrauen unterlaufen und damit das Recht auf eine effektive Verteidigung entwertet wird. 

II. 

Nach diesen Maßstäben kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Regelung der Verständigung im Strafverfahren nicht festgestellt werden. Der Gesetzgeber hat Verständigungen im Strafprozess lediglich in einem begrenzten Rahmen zugelassen und sein Regelungskonzept mit spezifischen Schutzmechanismen versehen, die bei der gebotenen präzisierenden Auslegung und Anwendung erwarten lassen, dass die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Ausgestaltung des Strafprozesses erfüllt werden (1. und 2.). Eine das Verständigungsgesetz in nicht unerheblichem Umfang vernachlässigende Praxis belegt derzeit noch kein verfassungsrechtlich relevantes Regelungsdefizit (3.). Der Gesetzgeber ist allerdings gehalten, die Wirksamkeit der zur Wahrung eines verfassungskonformen Strafverfahrens vorgesehenen Vorkehrungen zu beobachten und erforderlichenfalls erneut über die Zulässigkeit sowie die Bedingungen von Verständigungen zu entscheiden (4.). 

1. Das Verständigungsgesetz statuiert nach dem in seinem Wortlaut und Normgefüge zum Ausdruck kommenden objektivierten Willen des Gesetzgebers (a) kein neues, „konsensuales“ Verfahrensmodell. Vielmehr integriert es die von ihm zugelassene Verständigung mit dem Ziel in das geltende Strafprozessrechtssystem, weiterhin ein der Erforschung der materiellen Wahrheit und der Findung einer gerechten, schuldangemessenen Strafe verpflichtetes Strafverfahren sicherzustellen. Der Gesetzgeber hat ausdrücklich klargestellt, dass eine Verständigung als solche niemals alleinige Urteilsgrundlage sein kann, sondern das Gericht weiterhin an die in § 244 Abs. 2 StPO niedergelegte Amtsaufklärungspflicht gebunden ist und die rechtliche Würdigung nicht der Disposition der Beteiligten an einer Verständigung unterliegt (b). Das Verständigungsgesetz regelt die Zulässigkeit einer Verständigung im Strafverfahren abschließend; es untersagt damit die beschönigend als „informell“ bezeichneten Vorgehensweisen bei einer Verständigung (c). Der Gesetzgeber hat sein Regelungskonzept mit spezifischen Schutzmechanismen versehen, die eine vollständige Transparenz und Dokumentation des zu einer Verständigung führenden Geschehens sicherstellen und so die vom Gesetzgeber als erforderlich bewertete vollumfängliche Kontrolle des Verständigungsgeschehens durch die Öffentlichkeit, die Staatsanwaltschaft und das Rechtsmittelgericht ermöglichen sollen (d). Schließlich gewährleistet das Gesetz über eine Einschränkung der Bindungswirkung einer Verständigung die Neutralität des Gerichts und sieht mit der Pflicht zur Belehrung des Angeklagten über diese Einschränkung eine dessen Belangen dienende Sicherung vor (e). 

a) Maßgebend für die Auslegung von Gesetzen ist der in der Norm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist (vgl. BVerfGE 1, 299 <312>; 11, 126 <130 f.>; 105, 135 <157>; stRspr). Der Erfassung des objektiven Willens des Gesetzgebers dienen die anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung aus dem Wortlaut der Norm, der Systematik, ihrem Sinn und Zweck sowie aus den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte, die einander nicht ausschließen, sondern sich gegenseitig ergänzen. Unter ihnen hat keine einen unbedingten Vorrang vor einer anderen (vgl. BVerfGE 11, 126 <130>; 105, 135 <157>). Ausgangspunkt der Auslegung ist der Wortlaut der Vorschrift. Er gibt allerdings nicht immer hinreichende Hinweise auf den Willen des Gesetzgebers. Unter Umständen wird erst im Zusammenhang mit Sinn und Zweck des Gesetzes oder anderen Auslegungsgesichtspunkten die im Wortlaut ausgedrückte, vom Gesetzgeber verfolgte Regelungskonzeption deutlich, der sich der Richter nicht entgegenstellen darf (vgl. BVerfGE 122, 248 <283> - abw. M.). Dessen Aufgabe beschränkt sich darauf, die intendierte Regelungskonzeption bezogen auf den konkreten Fall - auch unter gewandelten Bedingungen - möglichst zuverlässig zur Geltung zu bringen (vgl. BVerfGE 96, 375 <394 f.>). In keinem Fall darf richterliche Rechtsfindung das gesetzgeberische Ziel der Norm in einem wesentlichen Punkt verfehlen oder verfälschen oder an die Stelle der Regelungskonzeption des Gesetzgebers gar eine eigene treten lassen (vgl. BVerfGE 78, 20 <24> m.w.N.). Für die Beantwortung der Frage, welche Regelungskonzeption dem Gesetz zugrunde liegt, kommt daneben den Gesetzesmaterialien und der Systematik des Gesetzes eine nicht unerhebliche Indizwirkung zu. Die Eindeutigkeit der im Wege der Auslegung gewonnenen gesetzgeberischen Grundentscheidung wird nicht notwendig dadurch relativiert, dass der Wortlaut der einschlägigen Norm auch andere Deutungsmöglichkeiten eröffnet, soweit diese Deutungen offensichtlich eher fern liegen. Anderenfalls wäre es für den Gesetzgeber angesichts der Schwierigkeit, textlich Eindeutigkeit herzustellen, nahezu unmöglich, sein Regelungsanliegen gegenüber der Rechtsprechung über einen längeren Zeitraum durchzusetzen (vgl. BVerfGE 122, 248 <284> - abw. M.).  

b) Der Gesetzgeber hat eine gesetzliche Regelung der Verständigung im Strafverfahren als notwendig erachtet, weil das in der Praxis entstandene und dort bedeutsame, aber stets umstritten gebliebene Institut der Verständigung zur Herstellung von Rechtssicherheit und der Gewährleistung einer gleichmäßigen Rechtsanwendung dringend klarer gesetzlicher Vorgaben bedürfe. Dabei war dem Gesetzgeber bewusst, dass sich auf das Urteil bezogene Verständigungen des Gerichts mit den Verfahrensbeteiligten nicht ohne Weiteres mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben für das Strafverfahren, insbesondere hinsichtlich der Erforschung der materiellen Wahrheit, der Schuldangemessenheit der Strafe und der Verfahrensfairness, würden in Einklang bringen lassen (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BTDrucks 16/12310, S. 1). Dementsprechend war es ausdrücklich sein zentrales Ziel, die Verständigung in einer den verfassungsrechtlichen Vorgaben gerecht werdenden Weise in das geltende Strafverfahrensrecht zu integrieren, ohne die den Strafprozess dominierenden Grundsätze der richterlichen Sachverhaltsaufklärung und Überzeugungsbildung anzutasten. Die Auslegung und Anwendung des Verständigungsgesetzes hat sich zuvörderst an diesem gesetzgeberischen Konzept zu orientieren. Das gilt auch für das Bundesverfassungsgericht, das dann, wenn eine präzisierende Auslegung eines Gesetzes möglich ist, diese seiner Prüfung zugrunde zu legen hat (vgl. zur Bestimmtheit von Strafnormen BVerfGE 126, 170 <196 f.>; siehe auch BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 18. Dezember 2012 - 1 BvR 1509/10 -). Der Gesetzgeber wollte zwar eine offene, kommunikative Verhandlungsführung des Gerichts stärken, aber gerade kein neues, „konsensuales“ Verfahrensmodell einführen. Vielmehr war es sein erklärtes Regelungsziel, weiterhin ein Strafverfahren sicherzustellen, das dem fundamentalen und verfassungsrechtlich verankerten Grundsatz der Wahrheitsermittlung sowie der Findung einer gerechten, schuldangemessenen Strafe verpflichtet ist (vgl. dazu Gesetzentwurf der Bundesregierung, BTDrucks 16/12310, S. 1, 8 f.), weshalb auch in der Verständigungssituation das Maß der Schuldangemessenheit weder über- noch unterschritten werden darf (vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. Oktober 2010 - 1 StR 400/10 -, NStZ 2011, S. 592 <594>, und vom 5. Mai 2011 - 1 StR 116/11 -, juris, Rn. 23; Stuckenberg, in: Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl. 2013, § 257c Rn. 44). Um diese Aufgabenstellung zu verwirklichen, hat der Gesetzgeber nicht nur den zulässigen Inhalt von Verständigungen und das Verständigungsverfahren „umfassend“ normieren wollen, sondern einen Schwerpunkt seines Regelungskonzepts in der Herstellung von Transparenz, Öffentlichkeit und einer vollständigen Dokumentation des mit einer Verständigung verbundenen Geschehens gesehen, die wiederum die von ihm als erforderlich bewertete „vollumfängliche“ Rechtsmittelkontrolle ermöglichen und wirksam ausgestalten soll (vgl. nur Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, BTDrucks 16/12310, S. 1, 8 f., 12, 15, sowie Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrats, BTDrucks 16/12310, S. 22). Das Verlangen nach umfassender Transparenz des Verständigungsgeschehens kennzeichnet die gesetzliche Regelung insgesamt (ebenso BGH, Urteil vom 29. November 2011 - 1 StR 287/11 -, NStZ 2012, S. 347 <348>, und Beschluss vom 22. Februar 2012 - 1 StR 349/11 -, StV 2012, S. 649 <652>). Hiernach muss sich eine Verständigung unter allen Umständen „im Lichte der öffentlichen Hauptverhandlung offenbaren“ (BTDrucks 16/12310, S. 12). 

aa) Als Ausdruck des gesetzgeberischen Willens, Möglichkeiten einer Verständigung in das geltende Strafprozessrechtssystem zu integrieren, ist vor allem die Klarstellung des § 257c Abs. 1 Satz 2 StPO zu verstehen, die in § 244 Abs. 2 StPO niedergelegte Pflicht des Gerichts zur Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen bleibe „unberührt“. Der Wortlaut von § 257c Abs. 1 Satz 2 StPO ist eindeutig; die Norm schließt jede Disposition über Gegenstand und Umfang der dem Gericht von Amts wegen obliegenden Pflicht zur Aufklärung des mit der Anklage vorgeworfenen Geschehens aus. Damit wird hervorgehoben, dass eine Verständigung niemals als solche die Grundlage eines Urteils bilden kann, sondern weiterhin allein und ausschließlich die - ausreichend fundierte - Überzeugung des Gerichts von dem von ihm festzustellenden Sachverhalt maßgeblich bleibt (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BTDrucks 16/12310, S. 13). Dem Gesetzgeber waren die Besonderheiten des aufgrund einer Verständigung abgegebenen Geständnisses, insbesondere dessen erhöhte Fehleranfälligkeit infolge der Anreiz- und Verlockungssituation, in der sich der Angeklagte wie auch sein Verteidiger befinden können, und demzufolge die Gefahr von „Falschgeständnissen“, bewusst, und er hat deshalb die Geltung der Amtsaufklärungspflicht des § 244 Abs. 2 StPO ausdrücklich klargestellt. Dementsprechend bleibt das nach § 244 Abs. 2 StPO erforderliche Maß an Beweiserhebung stets insoweit unberührt, als ein wirksamer Verzicht auf (weitere) Beweisanträge und Beweiserhebungen sich nicht außerhalb dessen bewegen kann, was durch die unverändert geltende Sachaufklärungspflicht des Gerichtes bestimmt ist (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BTDrucks 16/12310, S. 13; siehe auch BGH, Beschluss vom 31. Januar 2012 - 3 StR 285/11 -, StV 2012, S. 653 <654>; BGH, Beschluss vom 7. Februar 2012 - 3 StR 335/11 -, juris, Rn. 5). 

Die Regelung des § 257c Abs. 4 Satz 1 StPO, nach der die Bindung des Gerichts an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist, baut auf der Amtsaufklärungspflicht des § 244 Abs. 2 StPO auf und bestätigt die dargelegte Grundentscheidung des Gesetzgebers. Entsprechendes gilt für das die Zulässigkeit von Verständigungen nach § 257c Abs. 1 Satz 1 StPObeschränkende Kriterium der „geeigneten Fälle“, mit dem der Gesetzgeber nicht nur die Anwendung der Verständigung im Jugendstrafverfahren mit Blick auf den dieses beherrschenden Erziehungsgedanken einschränken, sondern vor allem auch sicherstellen wollte, dass das Gericht nicht vorschnell auf eine Verständigung ausweicht, ohne zuvor pflichtgemäß die Anklage tatsächlich und rechtlich überprüft zu haben (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf, BTDrucks 16/12310, S. 10, 13; siehe auch BGHSt 50, 40 <49>, sowie BGH, Beschlüsse vom 20. April 2004 - 5 StR 11/04 -, juris, Rn. 14 ff., und vom 9. Juni 2004 - 5 StR 579/03 -, juris, Rn. 13 ff.). 

Aufgrund des klarstellenden Hinweises auf § 244 Abs. 2 StPO durch § 257c Abs. 1 Satz 2 StPO bedurfte es auch keiner zusätzlichen ausdrücklichen Festlegung der an ein Geständnis zu stellenden „Qualitätsanforderungen“. Vielmehr genügt dieser Hinweis, um einerseits zu verdeutlichen, dass auch in der Verständigungssituation ein bloßes inhaltsleeres Formalgeständnis - vor allem, wenn die Beantwortung von Fragen zum Sachverhalt verweigert wird - oder gar die nicht einmal ein Geständnis darstellende schlichte Erklärung, der Anklage nicht entgegenzutreten, allein keine taugliche Grundlage der richterlichen Überzeugungsbildung sein können. Andererseits hat es der Gesetzgeber damit den Gerichten ermöglicht, den Besonderheiten des Einzelfalls Rechnung zu tragen. 

Vor dem Hintergrund des Regelungsziels, die Grundsätze der Amtsaufklärungspflicht des Gerichts und der richterlichen Überzeugungsbildung unangetastet zu lassen, kann § 257c Abs. 1 Satz 2 StPO zudem nur so verstanden werden, dass das verständigungsbasierte Geständnis zwingend auf seine Richtigkeit zu überprüfen ist. Diese Überprüfung hat sich - unter zusätzlicher Berücksichtigung des Grundanliegens des Gesetzgebers, Verständigungen transparent und kontrollierbar zu machen - durch Beweiserhebung in der Hauptverhandlung (vgl. § 261 StPO) zu vollziehen. Freilich kann dies nicht bedeuten, dass die Überprüfung eines verständigungsbasierten Geständnisses strengeren Anforderungen unterliegt als sie an eine Beweisaufnahme in der nach herkömmlicher Verfahrensweise geführten Hauptverhandlung nach Abgabe eines Geständnisses zu stellen wären; so bleiben etwa Vorhalte oder das Selbstleseverfahren nach den allgemeinen Regeln möglich. Es genügt jedoch nicht, das verständigungsbasierte Geständnis durch einen bloßen Abgleich mit der Aktenlage zu überprüfen (anders noch BGHSt 50, 40 <49>, in diese Richtung auch Schmitt, StraFo 2012, S. 386 <387 f.>), da dies keine hinreichende Grundlage für die erforderliche Überzeugungsbildung aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung (§ 261 StPO) darstellt und mit einem solchen Verständnis dem Transparenzanliegen des Verständigungsgesetzes und der Ermöglichung einer wirksamen Kontrolle verständigungsbasierter Urteile gerade nicht Rechnung getragen werden könnte. 

Dieses Verständnis des § 257c Abs. 1 Satz 2 StPO wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass hiernach der Raum für Verständigungen - insbesondere mit Blick auf das Ausmaß der ermöglichten Verfahrensabkürzung - spürbar eingeengt wird. Diese Wirkung ist nicht etwa Ausdruck einer unauflösbaren inneren Widersprüchlichkeit der Norm, sondern achtet das ausdrückliche Ziel des Gesetzgebers, die Verständigung mit den Grundsätzen der Amtsaufklärung nach § 244 Abs. 2 StPO und der richterlichen Überzeugungsbildung in Einklang zu bringen. Die Beschränkung des praktischen Anwendungsbereichs von Verständigungen ist die zwangsläufige Konsequenz der Einfügung von Verständigungsmöglichkeiten in das System des geltenden Strafprozessrechts. 

bb) Nach dem Regelungsziel des Gesetzgebers, weiterhin ein der Wahrheitserforschung und der Findung einer gerechten, schuldangemessenen Strafe verpflichtetes Strafverfahren sicherzustellen, bleiben nicht nur die tatsächlichen Feststellungen, sondern auch deren rechtliche Würdigung der Disposition der an einer Verständigung Beteiligten entzogen (ebenso BGH, Urteil vom 21. Juni 2012 - 4 StR 623/11 -, juris, Rn. 16). Unmittelbaren Ausdruck findet das gesetzliche Regelungsanliegen in § 257c Abs. 2 Satz 1 StPO, der den zulässigen Gegenstand von Verständigungen ausdrücklich auf die „Rechtsfolgen“ beschränkt, ferner in dem von § 257c Abs. 2 Satz 3 StPO ausgesprochenen Verbot einer Verständigung über den Schuldspruch und dem Wegfall der Bindungswirkung einer Verständigung unter den Voraussetzungen des § 257c Abs. 4 Satz 1 und 2 StPO

Aus § 257c Abs. 2 Satz 1 StPO folgt unter Berücksichtigung der Systematik und von Sinn und Zweck des gesetzlichen Regelungskonzepts insbesondere, dass eine Strafrahmenverschiebung nicht Gegenstand einer Verständigung sein darf, und zwar auch dann nicht, wenn sie sich auf Sonderstrafrahmen für besonders schwere oder minder schwere Fälle im Vergleich zum Regelstrafrahmen bezieht. Zwar handelt es sich bei diesen Sonderstrafrahmen nach herrschender Meinung (vgl. BGHSt 23, 254 <256>; 26, 104 <105>; Stree/Kinzig, in: Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl. 2010, Vor §§ 38 ff., Rn. 47; Theune, in: Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl. 2007, Vor §§ 46 ff. Rn. 18) um gesetzliche Strafzumessungsregeln, die mit Ausnahme von § 177 Abs. 2 Nr. 1 StGB nicht in den Urteilstenor aufzunehmen sind. Allerdings weist die Regelungstechnik der besonders schweren und minder schweren Fälle eine spezifische Nähe zu Qualifikations- und Privilegierungstatbeständen auf. Wesentliche Unterschiede zwischen diesen Regelungsbereichen sind im Hinblick auf die Schuldangemessenheit des Strafens nicht zu erkennen. So werden die Regelbeispiele besonders schwerer Fälle als „tatbestandsähnlich“ angesehen (vgl. BGHSt 33, 370 <374>; BGH, Beschluss vom 21. Oktober 1997 - 5 StR 328/97 -, NStZ 1998, S. 91 <92>; Urteil vom 7. August 2001 - 1 StR 470/00 -, NStZ 2001, S. 642 <643>; Beschluss vom 28. Juli 2010 - 1 StR 332/10 -, NStZ 2011, S. 167). Die Regelungstechnik unterfällt auch dem Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG (vgl. BVerfGE 45, 363 <371>) sowie dem Doppelverwertungsverbot des § 46 Abs. 3 StGB (vgl. BGH, Beschlüsse vom 22. April 2004 - 3 StR 113/04-, NStZ-RR 2004, S. 262, und vom 20. Juli 2004 - 3 StR 231/04 -, NStZ-RR 2005, S. 373 <374>). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Fall besonders schwer, wenn er sich nach dem Gewicht von Unrecht und Schuld vom Durchschnitt vorkommender Fälle so abhebt, dass die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens geboten ist (vgl. BGHSt 28, 318, <319 f.>; BGH, Urteil vom 26. Juni 1991 - 3 StR 145/91 -, NStZ 1991, S. 529 <530>); für das Vorliegen eines minder schweren Falls ist zu prüfen, ob das gesamte Tatbild einschließlich aller subjektiven Momente und der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß vorkommenden Fälle in einem so erheblichen Maß abweicht, dass die Anwendung des milderen Strafrahmens geboten erscheint (vgl. BGH, Beschluss vom 31. August 2000 - 5 StR 349/00 -, NJW 2000, S. 3580; Urteil vom 13. Februar 2003 - 3 StR 349/02 -, NJW 2003, S. 1679 <1680>; Beschluss vom 26. August 2008 - 3 StR 316/08 -, NStZ 2009, S. 37). Auch die Sonderstrafrahmen sind daher - wie jeder Strafrahmen - Ausdruck des Unwert- und Schuldgehalts, den der Gesetzgeber einem unter Strafe gestellten Verhalten beigemessen hat. Mit der Normierung von Sonderstrafrahmen bringt der Gesetzgeber - nicht anders als bei Qualifikationen und Privilegierungen - zum Ausdruck, innerhalb eines Deliktstypus eine Differenzierung schon auf der Ebene der Strafrahmenwahl für geboten zu erachten. Bei umfassender Würdigung des dem Verständigungsgesetz zugrundeliegenden Regelungskonzepts kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, der Gesetzgeber habe diese Bewertung für den Fall einer Verständigung aufgeben und den Begriff der „Rechtsfolge“ in § 257c Abs. 2 Satz 1 StPO auch auf Strafrahmenverschiebungen ausdehnen wollen. 
c) Mit den Vorschriften des Verständigungsgesetzes hat die Zulassung von Verständigungen im Strafverfahren eine abschließende Regelung erfahren. Außerhalb des gesetzlichen Regelungskonzepts erfolgende sogenannte informelle Absprachen sind unzulässig. 

aa) Bereits aus dem Wortlaut von § 257c Abs. 1 Satz 1 StPO, der Verständigungen nur „nach Maßgabe der folgenden Absätze“ zulässt, folgt, dass jegliche sonstigen „informellen“ Absprachen, Vereinbarungen und „Gentlemen‘s Agreements“ untersagt sind. Damit wird das Ziel der gesetzlichen Regelung, der Verständigung zur Herstellung von Rechtssicherheit und der Gewährleistung einer gleichmäßigen Rechtsanwendung durch ein „umfassendes und differenziertes Regelungskonzept“ (Gesetzentwurf der Bundesregierung, BTDrucks 16/12310, S. 7 f., 9) klare Vorgaben zu setzen, verwirklicht. Hätte die Regelung keinen abschließenden Charakter, könnten die vom Gesetzgeber als erforderlich erachteten flankierenden Vorschriften, die Transparenz und Öffentlichkeit des mit einer Verständigung verbundenen Geschehens sichern, die ihnen zur Ermöglichung einer wirksamen Kontrolle von Verständigungen zugedachte Funktion von vornherein nicht wirksam erfüllen. Hierin liegt aber gerade ein zentrales Anliegen des Gesetzgebers. So ist im Gesetzgebungsverfahren die in der Stellungnahme des Bundesrats kritisierte Regelung des sogenannten „Negativattests“ in § 273 Abs. 1a Satz 3 StPO mit dem Argument verteidigt worden, dass mit ihrer Streichung „eine wichtige Regelung entfiele, die dazu dienen soll, mit höchst möglicher Gewissheit und in der Revision überprüfbar das Geschehen in der Hauptverhandlung zu dokumentieren und auszuschließen, dass ‚stillschweigend‘ und ohne Beachtung der gesetzlichen Förmlichkeiten eine Verständigung stattgefunden hat“ (Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrats, BTDrucks 16/12310, S. 22). Schließlich findet sich in dem Anliegen, eine „vollumfängliche“ Kontrolle durch das Rechtsmittelgericht zu gewährleisten, eine Bestätigung des abschließenden Charakters des gesetzlichen Regelungskonzepts. Diese Kontrolle soll nämlich gerade „einen unterstützenden Beitrag dazu leisten, dass Verständigungen in erster Instanz wirklich so ablaufen, wie es den Vorgaben des Gesetzgebers entspricht“ (Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BTDrucks 16/12310, S. 9). 

In Anbetracht der strikten Bindung jeglicher Ausübung hoheitlicher Gewalt an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) bedurfte die Absicht des Gesetzgebers, nur solche Verständigungen zuzulassen, die sich innerhalb des vom Gesetz gezogenen Rahmens bewegen, keiner weiteren ausdrücklichen Hervorhebung. 

bb) Aus dem gesetzlichen Regelungskonzept zum Inhalt, zum Zustandekommen und zu den Folgen einer Verständigung folgt unter anderem, dass ein wirksamer Rechtsmittelverzicht auch dann ausgeschlossen ist, wenn sich die Beteiligten unter Verstoß gegen die gesetzlichen Vorschriften verständigt haben (vgl. dazu bereits BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 5. März 2012 - 2 BvR 1464/11 -, juris, Rn. 21 ff.; ebenso etwa Jahn/Müller, NJW 2009, S. 2625 <2630>; Schmitt, StraFo 2012, S. 386 <393>). Eine solche Verständigung unterliegt zudem der Protokollierungspflicht nach § 273 Abs. 1a Satz 1 StPO. Sollte in letzterem Fall ein Negativattest nach § 273 Abs. 1a Satz 3 StPO erteilt werden, wäre dieses falsch und könnte den Tatbestand der Falschbeurkundung im Amt (§ 348 StGB) erfüllen. 

cc) Ebenso wenig können etwaige Zusagen der Staatsanwaltschaft, andere bei ihr anhängige Ermittlungsverfahren - etwa nach § 154 Abs. 1 StPO - einzustellen, eine Bindungswirkung oder ein schutzwürdiges Vertrauen auslösen (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BTDrucks 16/12310, S. 13; anders noch zur Rechtslage vor dem Verständigungsgesetz BGHSt 37, 10 <13 f.>). Aus dem Wortlaut von § 257c Abs. 1 und 2 StPO folgt, dass sich Verständigungen ausschließlich auf das „zugrundeliegende Erkenntnisverfahren“ beziehen dürfen, also sogenannte „Gesamtlösungen“ unter Einbeziehung anderer Verfahren und nicht in der Kompetenz des Gerichts liegende Zusagen unzulässig sind (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2010 - 2 StR 354/10 -, wistra 2011, S. 28; siehe auch Stuckenberg, in: Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl. 2013, § 257c Rn. 34; Schmitt, StraFo 2012, S. 386 <387>). Nur dieses Verständnis entspricht dem Ziel des Gesetzgebers, Verständigungen transparent und kontrollierbar zu machen. Bei Einbeziehung anderer, nicht den Gegenstand der Hauptverhandlung bildender Verfahren ist insoweit eine wirksame Kontrolle der Verständigung - insbesondere durch die Öffentlichkeit - nicht gewährleistet. 

d) Einen Schwerpunkt des Regelungskonzeptes des Verständigungsgesetzes bildet die Gewährleistung der vom Gesetzgeber ausdrücklich als „erforderlich“ bewerteten Transparenz und Dokumentation des mit einer Verständigung verbundenen Geschehens als Voraussetzung einer effektiven Kontrolle durch die Öffentlichkeit, die Staatsanwaltschaft und das Rechtsmittelgericht (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BTDrucks 16/12310, S. 1, 8 f.). Zur Erreichung dieses Ziels hat der Gesetzgeber spezifische, das Regelungskonzept prägende Schutzmechanismen vorgesehen. 

aa) In der Konzeption des Gesetzgebers kommt der Öffentlichkeit der Hauptverhandlung eine zentrale Bedeutung zu. Mit dem Gebot, die mit einer Verständigung verbundenen Vorgänge umfassend in die Hauptverhandlung einzubeziehen, gewährleistet der Gesetzgeber nicht nur vollständige Transparenz; er legt zugleich besonderes Gewicht auf die Kontrollfunktion der Öffentlichkeit der Hauptverhandlung und bekräftigt damit, dass auch im Fall der Verständigung der Inbegriff der Hauptverhandlung die Grundlage der richterlichen Überzeugungsbildung bleibt (§ 261 StPO). 
(1) (a) Dem Gesetzgeber kam es maßgeblich darauf an, die Transparenz der strafgerichtlichen Hauptverhandlung und die Unterrichtung der Öffentlichkeit in der Hauptverhandlung gerade im Falle einer Verständigung zu bewahren; die Verständigung müsse sich „im Lichte der öffentlichen Hauptverhandlung offenbaren“ (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BTDrucks 16/12310, S. 8, 12). Dementsprechend hat das Verständigungsgesetz umfassende Transparenz- und Dokumentationspflichten mit Bezug auf die Hauptverhandlung statuiert. Sie zielen darauf, nicht nur die Verständigung selbst, also den formalen Verständigungsakt des § 257c Abs. 3 StPO, sondern darüber hinausgehend auch die zu einer Verständigung führenden Vorgespräche in die Hauptverhandlung einzuführen. Zwar ist nach der Begründung des Regierungsentwurfs die „Vorbereitung“ einer Verständigung auch außerhalb der Hauptverhandlung möglich. Gegenstand einer Erörterung im Vorfeld der Hauptverhandlung kann es danach auch sein, Möglichkeit und Umstände einer Verständigung zu besprechen (vgl. BTDrucks 16/12310, S. 9, 12). Für alle Erörterungen außerhalb der Hauptverhandlung verlangt § 243 Abs. 4 StPO eine Mitteilung deren „wesentlichen Inhalts“. Diese Mitteilung ist gemäß § 273 Abs. 1a Satz 2 StPO zu protokollieren. Demgegenüber sind hinsichtlich der Verständigung selbst gemäß § 273 Abs. 1a Satz 1 StPO der wesentliche Ablauf und Inhalt sowie das Ergebnis wiederzugeben. Die Protokollierungspflicht hinsichtlich der Verständigung geht also über die Protokollierung der nach § 243 Abs. 4 StPO vorgeschriebenen Mitteilung hinaus. Dem liegt zugrunde, dass die Verständigung als solche nach § 257c Abs. 1 StPO nur in der Hauptverhandlung erfolgen kann. Die im Vergleich zur Verständigung selbst reduzierte Pflicht zur Dokumentation der Gespräche zur Vorbereitung einer Verständigung außerhalb der Hauptverhandlung gemäß § 273 Abs. 1a Satz 2, § 243 Abs. 4 StPO fügt sich in das vom Gesetzgeber verfolgte Konzept der Stärkung der Transparenz und Dokumentation ein, weil die Verständigung selbst erst in der Hauptverhandlung stattfinden kann und § 273 Abs. 1a Satz 1 StPOdie Dokumentation der wesentlichen Abläufe, des Inhalts und des Ergebnisses dieser Verständigung gebietet. Alle wesentlichen Elemente einer Verständigung, zu denen angesichts des vom Gesetzgeber verfolgten Konzepts auch außerhalb der Hauptverhandlung geführte Vorgespräche zählen, sind zum Gegenstand der Erörterung in der Hauptverhandlung zu machen und unterliegen der Protokollierungspflicht nach § 273 Abs. 1a Satz 1 StPO

(b) Hinsichtlich des Inhalts möglicher Erörterungen des Gerichts mit den Verfahrensbeteiligten und der dabei bestehenden Transparenz- und Dokumentationspflichten ist zu unterscheiden: 

(aa) Möglich sind Gespräche, die ausschließlich der Organisation sowie der verfahrenstechnischen Vorbereitung und Durchführung der Hauptverhandlung dienen, etwa die Abstimmung der Verhandlungstermine. Mangels eines Bezugs auf das Verfahrensergebnis sind diese Gespräche dem Regelungskonzept des Verständigungsgesetzes vorgelagert und von ihm nicht betroffen. Sie unterliegen deshalb nicht der Mitteilungspflicht des § 243 Abs. 4 StPO

(bb) In Betracht kommen weiterhin Gespräche, die als Vorbereitung einer Verständigung verstanden werden können und über deren wesentlichen Inhalt deshalb nach § 243 Abs. 4 StPO in der Hauptverhandlung zu informieren ist. Die Mitteilungspflicht greift ein, sobald bei im Vorfeld oder neben der Hauptverhandlung geführten Gesprächen ausdrücklich oder konkludent die Möglichkeit und die Umstände (vgl. BTDrucks 16/12310, S. 12) einer Verständigung im Raum stehen. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn Fragen des prozessualen Verhaltens in Konnex zum Verfahrensergebnis gebracht werden und damit die Frage nach oder die Äußerung zu einer Straferwartung naheliegt. Im Zweifel wird in der Hauptverhandlung zu informieren sein. Zum mitzuteilenden Inhalt solcher Erörterungen gehört, welche Standpunkte von den einzelnen Gesprächsteilnehmern vertreten wurden, von welcher Seite die Frage einer Verständigung aufgeworfen wurde und ob sie bei anderen Gesprächsteilnehmern auf Zustimmung oder Ablehnung gestoßen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2010 - 3 StR 287/10 -, juris; siehe auch Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl. 2012, § 243 Rn. 18a; Altenhain/Haimerl, JZ 2010, S. 327 <336>; Schlothauer/Weider, StV 2009, S. 600 <603>). Fehlt im Hauptverhandlungsprotokoll der nach § 273 Abs. 1a Satz 2 StPO vorgeschriebene Hinweis auf eine Mitteilung nach § 243 Abs. 4 StPO, ergibt sich daraus lediglich, dass eine solche Mitteilung in der Hauptverhandlung unterblieben ist, nicht aber, dass es keine Erörterungen außerhalb der Hauptverhandlung gegeben hat, weil diese Tatsache nicht von der negativen Beweiskraft des Protokolls (§ 274 StPO) umfasst ist (a.A. ohne nähere Begründung Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl. 2012, § 243 Rn. 18a a.E.). 

(cc) Die Verständigung selbst hat zwingend in der Hauptverhandlung stattzufinden, wo die vom Gesetzgeber verlangte Protokollierung nach § 273 Abs. 1a Satz 1 StPO und damit eine Voraussetzung vollumfänglicher Kontrolle gewährleistet ist. Zum „wesentlichen Ablauf und Inhalt“ im Sinne dieser Norm gehört nach Sinn und Zweck der Dokumentationspflicht insbesondere, wer die Anregung zu den Gesprächen gab und welchen Inhalt die einzelnen „Diskussionsbeiträge“ aller Verfahrensbeteiligten sowie der Richter hatten, insbesondere von welchem Sachverhalt sie hierbei ausgingen und welche Ergebnisvorstellungen sie äußerten (vgl. Stuckenberg, in: Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl. 2013, § 257c Rn. 71). 

(2) Darüber hinaus folgt aus dem Ziel des Gesetzgebers, die Verständigung in das Licht der öffentlichen Hauptverhandlung zu stellen, dass er der Kontrollfunktion der Öffentlichkeit besondere Bedeutung beigemessen hat. 

Der in § 169 GVG niedergelegte Öffentlichkeitsgrundsatz soll eine Kontrolle der Justiz durch die am Verfahren nicht beteiligte Öffentlichkeit ermöglichen und ist Ausdruck der demokratischen Idee. Die mit der Möglichkeit einer Beobachtung der Hauptverhandlung durch die Allgemeinheit verbundene öffentliche Kontrolle der Justiz, die historisch als unverzichtbares Institut zur Verhinderung obrigkeitlicher Willkür eingeführt wurde (vgl. zum Ganzen Wickern, in: Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl. 2010, Vor § 169 GVG Rn. 2 ff. m.w.N.), erhält als demokratisches Gebot durch die gesetzliche Zulassung der in eine vertrauliche Atmosphäre drängenden Verständigungen zusätzliches Gewicht. Dem hat der Gesetzgeber durch die Mitteilungspflicht in § 243 Abs. 4 StPO Rechnung getragen (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BTDrucks 16/12310, S. 12). 
Die Öffentlichkeit kann ihre Kontrollfunktion nur ausüben, wenn sie die Informationen erhält, die zur Beurteilung der Angemessenheit einer etwaigen Verständigung erforderlich sind. Nur so bleibt der gerichtliche Entscheidungsprozess transparent und die Rechtsprechung auch in Verständigungsfällen für die Allgemeinheit durchschaubar. Dies ist notwendig, damit das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Fähigkeit des Staates, mittels einer wirksamen Strafverfolgung öffentliche Sicherheit und Ordnung zu gewährleisten (vgl. zu dieser Aufgabe des Öffentlichkeitsgrundsatzes Wickern, in: Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl. 2010, Vor § 169 GVG Rn. 2 ff.) und Gerechtigkeit im Einzelfall sowie eine gleichmäßige Behandlung aller zu garantieren, uneingeschränkt aufrechterhalten werden kann. 

(3) Die Einbeziehung des zu einer Verständigung führenden Geschehens in die öffentliche Hauptverhandlung hat auch die Aufgabe, deren Funktion als alleinige Grundlage richterlicher Überzeugungsbildung zu wahren. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll diese Funktion der öffentlichen Hauptverhandlung unberührt bleiben. In den Materialien wird ausdrücklich hervorgehoben, dass die Überzeugung des Gerichts von dem festzustellenden Sachverhalt stets erforderlich bleibt und eine Verständigung als solche niemals die Grundlage eines Urteils bilden kann (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BTDrucks 16/12310, S. 8, 13). Das Gericht bildet sich seine Überzeugung aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung (vgl. § 261 StPO). Dieser Grundsatz ist nicht zuletzt im Hinblick auf die während der Hauptverhandlung das Richteramt in vollem Umfang und mit gleichem Stimmrecht wie die Berufsrichter ausübenden Schöffen (§§ 30, 77 Abs. 1 GVG) von Bedeutung. Da aus § 257c Abs. 4 StPO folgt, dass der Gesetzgeber der Verständigung eine - wenn auch nur eingeschränkte - Bindungswirkung für das Gericht beigemessen hat, musste er zugleich gewährleisten, dass die Schöffen in das zu einer Verständigung führende Geschehen, soweit es in der Hauptverhandlung stattfindet, unmittelbar eingebunden und im Übrigen nach § 243 Abs. 4 StPO umfassend über dieses unterrichtet sind. Anderenfalls wäre ihnen eine verantwortbare Entscheidung über die Verständigung - insbesondere die damit verbundene Zusage einer Strafobergrenze und Ankündigung einer Strafuntergrenze - und über den Inhalt des nach einer Verständigung oder nach dem Scheitern von Verständigungsbemühungen ergehenden Urteils nicht möglich. Dementsprechend ermöglicht § 257c StPO es ausschließlich „dem Gericht“ - nicht nur dem Vorsitzenden oder nur den Berufsrichtern -, eine Verständigung mit den Verfahrensbeteiligten herbeizuführen. Damit ist es ausgeschlossen, dass ohne eine Beteiligung der Schöffen Strafgrenzen mit der Bindungswirkung des § 257c Abs. 4 StPO in Aussicht gestellt werden. 

bb) Mit dem Erfordernis ihrer Zustimmung zu einer Verständigung weist der Gesetzgeber der Staatsanwaltschaft eine aktive Rolle bei der Verwirklichung seines Ziels zu, eine wirksame Kontrolle von Verständigungen zu gewährleisten. 

Ihr ist die Aufgabe zugewiesen, an der Sicherung der Gesetzmäßigkeit des Verfahrensablaufs und -ergebnisses mitzuwirken. Mit ihrer Verpflichtung zur Objektivität (§ 160 Abs. 2 StPO) ist sie Garantin für Rechtsstaatlichkeit und gesetzmäßige Verfahrensabläufe; als Vertreterin der Anklage gewährleistet sie eine effektive Strafrechtspflege (vgl. Kühne, in: Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl. 2006, Einl. J Rn. 42). Diese Bedeutung der Staatsanwaltschaft ist nicht auf die erstinstanzliche Hauptverhandlung beschränkt, sondern setzt sich in ihrer Aufgabenstellung im Rechtsmittelverfahren fort (vgl. § 296 Abs. 2, § 301 StPO). Ihren Niederschlag hat diese Stellung der Staatsanwaltschaft in den Bestimmungen der Nr. 127 Abs. 1 Satz 1 und Nr. 147 Abs. 1 der Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV) gefunden. 

In der Verständigungssituation kommt der Kontrolle durch die Staatsanwaltschaft herausgehobene Bedeutung zu, weil sich Angeklagter und Gericht hinsichtlich des möglichen Verfahrensergebnisses einer - wenngleich eingeschränkten - Bindung unterwerfen. Die Einbindung der Staatsanwaltschaft in die Verständigung hat damit vor allem den Zweck, deren Gesetzmäßigkeit zu sichern (vgl. auch BGH, Beschluss vom 5. Mai 2011 - 1 StR 116/11 -, juris, Rn. 23 f.; BGH, Beschluss vom 12. Juli 2011 - 1 StR 274/11 -, StV 2011, S. 645 f.; BGH, Urteil vom 9. November 2011 - 1 StR 302/11 -, juris, Rn. 45). Dem Verständigungsgesetz liegt die Erwartung zugrunde, dass die Staatsanwaltschaft - entsprechend ihrer Rolle als „Wächter des Gesetzes“ (vgl. hierzu Promemoria der Staats- und Justiz-Minister von Savigny und Uhden über die Einführung der Staats-Anwaltschaft im Kriminal-Prozesse vom 23. März 1846, abgedruckt bei Otto, Die Preußische Staatsanwaltschaft, 1899, S. 40 ff.) - sich gesetzwidrigen Vorgehensweisen im Zusammenhang mit Verständigungen verweigert. Weisungsgebundenheit und Berichtspflichten ermöglichen es, einheitliche Standards für die Erteilung der Zustimmung zu Verständigungen sowie für die Ausübung der Rechtsmittelbefugnis aufzustellen und durchzusetzen. Die Staatsanwaltschaft ist nicht nur gehalten, ihre Zustimmung zu einer gesetzwidrigen Verständigung zu versagen. Sie hat darüber hinaus gegen Urteile, die - beispielsweise von der Staatsanwaltschaft zunächst unerkannt - auf solchen Verständigungen beruhen, Rechtsmittel einzulegen. In Anbetracht der hohen Bedeutung, die der Gesetzgeber der Wahrung der verfassungsrechtlichen Vorgaben an den Strafprozess auch in Verständigungsfällen beigemessen hat, werden Verstöße gegen die Vorgaben des Verständigungsgesetzes in der Regel von wesentlicher Bedeutung (vgl. auch Nr. 147 Abs. 1 Satz 1 RiStBV) und deshalb durch die Staatsanwaltschaft einer revisionsgerichtlichen Kontrolle zuzuführen sein. Auch kann es angezeigt sein, dass sich die Generalstaatsanwaltschaften dieser Aufgabe in besonderer Weise annehmen. 

cc) Schließlich verfolgen die in dem Regelungskonzept des Verständigungsgesetzes vorgesehenen Schutzmechanismen das Ziel, eine wirksame „vollumfängliche“ Kontrolle verständigungsbasierter Urteile durch das Rechtsmittelgericht zu ermöglichen. 

(1) Diese Kontrolle soll dazu beitragen, dass „Verständigungen in erster Instanz wirklich so ablaufen, wie es den Vorgaben des Gesetzgebers entspricht“ (Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BTDrucks 16/12310, S. 9). Hiernach verzichtete der Gesetzgeber darauf, nach vorangegangener Verständigung Rechtsmittel auszuschließen oder einzuschränken, um die Verständigung in einer insbesondere mit dem Gebot schuldangemessenen Strafens und der daraus folgenden Pflicht zur Erforschung der materiellen Wahrheit in Einklang stehenden Weise in das geltende Strafverfahren integrieren zu können (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BTDrucks 16/12310, S. 1 f., 8 f.; siehe auch Stellungnahme der Bundesregierung zum Gesetzentwurf des Bundesrats, BTDrucks 16/4197, S. 12). Mit dieser Zielsetzung grenzt sich das Regelungskonzept des Verständigungsgesetzes ausdrücklich von dem vom Bundesrat vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Regelung von Absprachen im Strafverfahren (BTDrucks 16/4197) ab, der die Rechtsmittelmöglichkeiten gegen ein verständigungsbasiertes Urteil durch einen Ausschluss der Berufung sowie eine Beschränkung der Revision auf im Zusammenhang mit der Verständigung stehende Verfahrensfehler und die Revisionsgründe des § 338 StPO wesentlich einschränken wollte (vgl. Gesetzentwurf und Begründung des Bundesrats, BTDrucks 16/4197, S. 5 f., 7, 11 sowie die Stellungnahme der Bundesregierung, BTDrucks 16/4197, S. 12). Die im Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgesehene Möglichkeit eines Rechtsmittelverzichts nach gesonderter qualifizierter Belehrung hat der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages verworfen, um sicherzustellen, dass sich die Berechtigten in Ruhe und ohne Druck überlegen können, ob sie Rechtsmittel einlegen wollen (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BTDrucks 16/12310, S. 6, 15 sowie Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BTDrucks 16/13095, S. 7, 10). In bewusster Abkehr von den Entwürfen schränkt das Verständigungsgesetz die Rechtsmittelmöglichkeiten gegen verständigungsbasierte Urteile nicht ein, sondern schließt - über die dem Regelungskonzept weitgehend zugrundeliegende Entscheidung des Großen Strafsenats des Bundesgerichtshofs (BGHSt 50, 40 ff.) hinausgehend - einen Rechtsmittelverzicht nach einer Verständigung generell aus (§ 302 Abs. 1 Satz 2 StPO) und sichert die Ermöglichung einer Rechtsmittelkontrolle durch das Erfordernis einer qualifizierten Belehrung noch zusätzlich ab. 

(2) Die Wirksamkeit der Kontrolle soll durch umfassende Transparenz- und Dokumentationspflichten sichergestellt werden. Diese Schutzmechanismen können nicht als bloße Ordnungsvorschriften verstanden werden. Die Gewährleistung einer „vollumfänglichen“ Kontrolle verständigungsbasierter Urteile setzt umfassende Transparenz des Verständigungsgeschehens in der öffentlichen Hauptverhandlung sowie eine vollständige Dokumentation im Verhandlungsprotokoll voraus. Dementsprechend kommt im Wortlaut der Normen, in der Systematik des Regelungskonzepts und in den Materialien unmissverständlich zum Ausdruck, dass der Gesetzgeber eine Verständigung nur bei Wahrung der Transparenz- und Dokumentationspflichten für zulässig hält. Das gesetzliche Regelungskonzept ist damit als eine untrennbare Einheit aus Zulassung und inhaltlicher Beschränkung von Verständigungen bei gleichzeitiger Einhegung durch die Mitteilungs-, Belehrungs- und Dokumentationspflichten zu begreifen. Dabei dienen die Verfahrensnormen in gleicher Weise wie die den zulässigen Inhalt von Verständigungen beschränkenden Vorschriften und der Verweis des § 257c Abs. 1 Satz 2 StPO auf § 244 Abs. 2 StPO dem Ziel, die mit einer urteilsbezogenen Verständigung zwischen Gericht und Verfahrensbeteiligten verbundenen Risiken für die Verwirklichung der verfassungsrechtlichen Vorgaben an den Strafprozess zu minimieren. Die Vorschriften zur Transparenz des Verständigungsgeschehens in der öffentlichen Hauptverhandlung, zu dessen Dokumentation und zur Ermöglichung einer wirksamen Kontrolle auch durch das Rechtsmittelgericht zählen zum Kern des gesetzlichen Regelungskonzepts. 

(3) Ein Verstoß gegen die Transparenz- und Dokumentationspflichten führt deshalb grundsätzlich zur Rechtswidrigkeit einer gleichwohl getroffenen Verständigung. Hält sich das Gericht an eine solche gesetzwidrige Verständigung, wird ein Beruhen des Urteils auf diesem Gesetzesverstoß regelmäßig schon deshalb nicht auszuschließen sein, weil die Verständigung, auf der das Urteil beruht, ihrerseits mit einem Gesetzesverstoß behaftet ist. Diese Auslegung entspricht der Funktion dieser Vorschriften im Konzept des Verständigungsgesetzes. Dass Verstöße gegen die verfahrensrechtlichen Sicherungen der Verständigung nicht den absoluten Revisionsgründen zugeordnet worden sind, steht einer Auslegung des § 337 Abs. 1 StPO nicht entgegen, derzufolge das Revisionsgericht ein Beruhen des Urteils auf einem Verstoß gegen Transparenz- und Dokumentationspflichten - die nach dem Willen des Gesetzgebers gerade zum Kern des dem Verständigungsgesetz zugrunde liegenden Schutzkonzepts gehören - nur in besonderen Ausnahmefällen wird ausschließen können (vgl. zur Verletzung von § 258 Abs. 2 und 3 StPOBGHSt 21, 288<290>; 22, 278 <280 f.>). 

(4) Kommt eine Verständigung nicht zustande und fehlt es an der gebotenen Negativmitteilung nach § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2010 - 3 StR 287/10 -, wistra 2011, S. 72 f. = StV 2011, S. 72 f.) oder dem vorgeschriebenen Negativattest nach § 273 Abs. 1a Satz 3 StPO, wird nach Sinn und Zweck des gesetzlichen Schutzkonzepts ein Beruhen des Urteils auf einem Verstoß gegen § 257c StPO grundsätzlich ebenfalls nicht auszuschließen sein (str., im Ergebnis wie hier Kirsch, StraFo 2010, S. 96 <100>; Schlothauer, StV 2011, S. 205 <206>; in der Tendenz auch Schmitt, StraFo 2012, S. 386 <390>; anders BGH, Beschluss vom 20. Oktober 2010 - 1 StR 400/10 -, NStZ 2011, S. 592 <593> zu § 243 Abs. 4 StPO), sofern nicht ausnahmsweise zweifelsfrei feststeht, dass es keinerlei Gespräche gegeben hat, in denen die Möglichkeit einer Verständigung im Raum stand (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 30. August 2011 - 32 Ss 87/11 -, juris, Rn. 11, 13). Bei einem Verstoß gegen Transparenz- und Dokumentationspflichten wird sich nämlich in den meisten Fällen nicht sicher ausschließen lassen, dass das Urteil auf eine gesetzwidrige „informelle“ Absprache oder diesbezügliche Gesprächsbemühungen zurückgeht.

e) Aus der in § 257c Abs. 4 StPO getroffenen Regelung ergibt sich zwar einerseits, dass das Gericht (nur) an eine nach den Vorgaben des Gesetzes entsprechende Verständigung grundsätzlich gebunden ist. Andererseits stellt die Regelung zugleich klar, dass die Bindungswirkung entfällt, wenn das Gericht nach Zustandekommen der Verständigung zu der Überzeugung gelangt, dass der nach § 257c Abs. 3 Satz 2 StPO in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht (mehr) tat- und schuldangemessen ist. Die Bestimmung des § 257c Abs. 4 StPO ist somit Ausdruck des gesetzgeberischen Willens, die richterliche Überzeugungsbildung unangetastet zu lassen. Mit dem Verwertungsverbot des § 257c Abs. 4 Satz 3 StPO ist dort zudem eine dem Schutz des Angeklagten dienende Vorschrift enthalten, der im Vertrauen auf den Bestand einer Verständigung ein Geständnis abgegeben und damit von seinem Recht, sich nicht zur Sache einzulassen, keinen Gebrauch gemacht und der Verurteilung eine Grundlage verschafft hat. Mit dem Ziel, dem Angeklagten überhaupt eine autonome Entscheidung über das für ihn mit einer Mitwirkung an einer Verständigung verbundene Risiko zu ermöglichen, sieht schließlich § 257c Abs. 5 StPO vor, dass der Angeklagte vor der Verständigung über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichts von dem in Aussicht gestellten Ergebnis zu belehren ist. Hiermit wollte der Gesetzgeber die Fairness des Verständigungsverfahrens sichern und - wie sein Hinweis auf das Ziel der Ermöglichung einer autonomen Einschätzung (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BTDrucks 16/12310, S. 15) bestätigt - zugleich die Autonomie des Angeklagten im weiten Umfang schützen. Der Angeklagte sieht sich durch die Aussicht, mit der Verständigung eine das Gericht bindende Zusage einer Strafobergrenze zu erreichen und so Einfluss auf den Verfahrensausgang zu nehmen, einer besonderen Anreiz- und Verlockungssituation ausgesetzt. Der hiermit einhergehenden Gefährdung der Selbstbelastungsfreiheit soll unter anderem durch die Belehrung nach § 257c Abs. 5 StPO Rechnung getragen werden. Bei einem Verstoß gegen die Belehrungspflicht wird daher im Rahmen der revisionsgerichtlichen Prüfung regelmäßig davon auszugehen sein, dass das Geständnis und damit auch das Urteil auf dem Unterlassen der Belehrung beruht. Ein Beruhen wird nur dann verneint werden können, wenn sich feststellen lässt, dass der Angeklagte das Geständnis auch bei ordnungsgemäßer Belehrung abgegeben hätte (vgl. zu dem in seiner Bedeutung für die Selbstbelastungsfreiheit ähnlich gelagerten Verstoß gegen § 136 Abs. 1 Satz 2 StPOBGHSt 38, 214<226 f.>). Nur so ist gewährleistet, dass die Schutzfunktion der Belehrungspflicht ihre vorgesehene Wirkung entfaltet. 

2. Das Verständigungsgesetz ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Dieses schließt Verständigungen im Strafprozess nicht schlechthin aus (a). Der Gesetzgeber hat ausreichende Vorkehrungen getroffen, um zu gewährleisten, dass sich Verständigungen im Rahmen der verfassungsrechtlichen Anforderungen an das Strafverfahren halten (b).

a) Verständigungen im Strafprozess berühren die verfassungsrechtlichen Anforderungen an das Strafverfahren (aa), der Gesetzgeber ist aber nicht gehindert, Verständigungen mit den zur Sicherung der Verfassungsmäßigkeit gebotenen Vorkehrungen zuzulassen (bb). 
aa) Der Strafprozess hat das Schuldprinzip zu verwirklichen und darf sich von dem ihm vorgegebenen Ziel der bestmöglichen Erforschung der materiellen Wahrheit und der Beurteilung der Sach- und Rechtslage durch ein unabhängiges und neutrales Gericht nicht entfernen. Das Fehlen eines nicht an den sachlichen Verfahrenszielen orientierten eigenen Interesses des Gerichts am Verfahrensausgang bildet im Zusammenwirken mit seiner Bindung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) die Grundlage für die bestmögliche Ermittlung des wahren Sachverhaltes und die richtige Anwendung des materiellen Rechts auf den festgestellten Sachverhalt. Dabei trägt das Gebot einer schuldangemessenen Bestrafung auch im Einzelfall dem Verlangen nach Rechtsgleichheit als einem der grundlegenden Gerechtigkeitspostulate Rechnung. Das Maß der verwirklichten Schuld legitimiert die Differenzierung in den Rechtsfolgen und sichert so zugleich die gebotene Gleichbehandlung der Beschuldigten im Strafverfahren. 
(1) Das verfassungsrechtliche Schuldprinzip steht nicht zur Disposition des Gesetzgebers (vgl. BVerfGE 123, 267 <413>). Dies schließt es nicht aus, den Strafverfolgungsbehörden Möglichkeiten zu einem Absehen von der Strafverfolgung zu eröffnen, namentlich in Fällen geringfügiger Kriminalität, in denen der Rechtsfrieden nicht ernsthaft beeinträchtigt und eine Kriminalstrafe zum Schuldausgleich nicht zwingend geboten ist, so dass ein öffentliches Interesse an einem Schuldspruch nicht besteht oder durch die Erfüllung von Auflagen oder/und Weisungen beseitigt werden kann. Solche Ausnahmen dürfen die Geltungskraft des Schuldprinzips nicht in Frage stellen und bedürfen stets einer gesetzlichen Regelung, wie sie der Gesetzgeber etwa in den §§ 153 ff. StPO getroffen hat. Als Ausnahmen von der verfassungsrechtlichen Pflicht des Staates zur Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs sind sie fest zu umgrenzen und bedürfen jeweils einer eigenständigen Legitimation (vgl. zu Beschränkungen der Sachverhaltsaufklärung BVerfGE 33, 367 <382 f.>; 46, 214 <222 f.>; 49, 24 <54>; 51, 324 <344>; 129, 208 <260>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 22. August 2000 - 1 BvR 77/96 -, NStZ 2001, S. 43 <44>). 

(2) Als unerlässliche Voraussetzung der Verwirklichung des Schuldprinzips unterliegt auch die Pflicht zur bestmöglichen Erforschung der materiellen Wahrheit nicht der Disposition des Gesetzgebers. Sie ist das bestimmende Ziel, von dem sich der Strafprozess nicht entfernen darf. Allerdings ist es Sache des Gesetzgebers, darüber zu befinden, auf welchen Wegen und mit welchen Mitteln er die Verwirklichung des Schuldprinzips gewährleistet. Es ist dem Gesetzgeber auch nicht versagt, unter Wahrung rechtsstaatlicher Grundsätze für Fälle einfach gelagerter und eindeutiger Sachverhalte - etwa bei einer sich mit den Ermittlungsergebnissen deckenden geständigen Einlassung schon im Ermittlungsverfahren oder bei einem auf frischer Tat angetroffenen Beschuldigten - ein vereinfachtes Verfahren zur Gewinnung der richterlichen Überzeugung von Schuld oder Unschuld des Angeschuldigten und der hieraus zu ziehenden Folgen ohne das Erfordernis einer öffentlichen Hauptverhandlung mit ihrer formalisierten Beweisaufnahme einzurichten, wie es die Strafprozessordnung mit dem Strafbefehlsverfahren gemäß § 407 Abs. 1 und 2 StPO vorsieht (vgl. dazu Gössel, in: Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl. 2009, Vor § 407 Rn. 25 f. m.w.N.). Ermöglichen es die in der Akte befindlichen Unterlagen und Beweismittel dem Richter, sich die Überzeugung von der Richtigkeit des dem Angeschuldigten zur Last gelegten Sachverhalts zu bilden, ist eine öffentliche Hauptverhandlung zur Gewinnung einer tragfähigen Grundlage für die Schuldfeststellung, die rechtliche Beurteilung und die Strafzumessung von Verfassungs wegen nicht zwingend geboten, sofern es der Angeschuldigte in der Hand hat, durch einfache Erklärung die Durchführung einer öffentlichen Hauptverhandlung zu erzwingen (vgl. BVerfGE 25, 158 <164 f.>; BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 14. Februar 1995 - 2 BvR 1950/94 -, NJW 1995, S. 2545 <2546> und vom 4. Juli 2002 - 2 BvR 2168/00 -, NJW 2002, S. 3534 m.w.N.). 
(3) Das im Grundgesetz verankerte Schuldprinzip und die mit ihm verbundene Pflicht zur Erforschung der materiellen Wahrheit sowie der Grundsatz des fairen, rechtsstaatlichen Verfahrens, die Unschuldsvermutung und die Neutralitätspflicht des Gerichts schließen es jedoch aus, die Handhabung der Wahrheitserforschung, die rechtliche Subsumtion und die Grundsätze der Strafzumessung in der Hauptverhandlung, die letztlich mit einem Urteil zur Schuldfrage abschließen soll, zur freien Disposition der Verfahrensbeteiligten und des Gerichts zu stellen. Dem Gericht muss es untersagt bleiben, im Wege vertragsähnlicher Vereinbarungen mit den Verfahrensbeteiligten über die Pflicht zur Erforschung der materiellen Wahrheit zu verfügen und sich von dem Gebot schuldangemessenen Strafens zu lösen. Es ist Gericht und Staatsanwaltschaft untersagt, sich auf einen „Vergleich“ im Gewande des Urteils, auf einen „Handel mit der Gerechtigkeit“ einzulassen (vgl. schon BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 27. Januar 1987 - 2 BvR 1133/86 -, NJW 1987, S. 2662 <2663>) und mit dem Angeklagten einen bestimmten Schuldspruch oder auch nur eine konkrete Strafe zu vereinbaren. Der Rechtsanwendungspraxis ist es untersagt, das vom Gesetzgeber normierte Strafverfahren in einer Weise zu gestalten, die auf solche vertragsähnliche Erledigungsformen hinausläuft. 

Demgegenüber steht das Grundgesetz unverbindlichen Erörterungen der Beurteilung der Sach- und Rechtslage zwischen dem Gericht und den Verfahrensbeteiligten nicht entgegen. Eine offene, kommunikative Verhandlungsführung kann der Verfahrensförderung dienlich sein und ist daher heute selbstverständliche Anforderung an eine sachgerechte Prozessleitung. So begegnen etwa Rechtsgespräche und Hinweise auf die vorläufige Beurteilung der Beweislage oder die strafmildernde Wirkung eines Geständnisses keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Solche Formen der kommunikativen Verhandlungsführung stellen insbesondere nicht die Unvoreingenommenheit des Gerichts in Frage, solange sie transparent bleiben und kein Verfahrensbeteiligter hiervon ausgeschlossen ist. 

bb) Verständigungen zwischen Gericht und Verfahrensbeteiligten über Stand und Aussichten der Hauptverhandlung, die dem Angeklagten für den Fall eines Geständnisses eine Strafobergrenze zusagen und eine Strafuntergrenze ankündigen, tragen das Risiko in sich, dass die verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht in vollem Umfang beachtet werden. Gleichwohl ist es dem Gesetzgeber in Anbetracht seiner Gestaltungsmacht von Verfassungs wegen nicht schlechthin verwehrt, zur Verfahrensvereinfachung Verständigungen zuzulassen. Er muss jedoch zugleich durch hinreichende Vorkehrungen sicherstellen, dass die verfassungsrechtlichen Anforderungen gewahrt bleiben. Die Wirksamkeit der vorgesehenen Schutzmechanismen hat der Gesetzgeber fortwährend zu überprüfen. Ergibt sich, dass sie unvollständig oder ungeeignet sind, hat er insoweit nachzubessern und erforderlichenfalls seine Entscheidung für die Zulässigkeit strafprozessualer Absprachen zu revidieren (vgl. BVerfGE 110, 141 <158> m.w.N.). 

b) Das Verständigungsgesetz sichert die Einhaltung der verfassungsrechtlichen Vorgaben in ausreichender Weise. 

aa) Nach § 257c Abs. 2 Satz 1 StPO dürfen Gegenstand einer Verständigung nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrunde liegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. § 257c Abs. 2 Satz 3 StPO schließt den Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung als Gegenstand einer Verständigung aus. Das Verständigungsgesetz entbindet das Gericht auch nicht von der Beachtung der Strafzumessungsregeln, wenn es in § 257c Abs. 3 Satz 2 StPO das Gericht ermächtigt, bei der Bekanntgabe des möglichen Inhalts einer Verständigung unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe anzugeben. Damit sind nicht nur, wie vom Schuldgrundsatz gefordert, Verständigungen über den Schuldspruch wirksam ausgeschlossen, sondern es ist auch sichergestellt, dass die aus dem Gebot schuldangemessenen Strafens folgenden Grundsätze der Strafzumessung nicht zur Disposition der Verfahrensbeteiligten stehen. Dem Gericht ist es nicht gestattet, im Wege der Verständigung seine Wertungen an die Stelle derjenigen des Strafgesetzgebers zu setzen. Dabei ist zu beachten, dass eine maßgebliche Bedeutung insoweit den gesetzlichen Strafrahmen zukommt, die mit ihren nach Straftat und Strafhöhe gestaffelten Sanktionen die Abstufung der verschiedenen Straftaten nach ihrem Unrechtsgehalt erst zum Ausdruck bringen (vgl. BVerfGE 27, 18 <29>). Tatbestand und Rechtsfolge sind wechselseitig aufeinander bezogen und müssen - gemessen an der Idee der Gerechtigkeit - sachgerecht aufeinander abgestimmt sein. Einerseits richtet sich die Strafhöhe nach dem normativ festgelegten Wert des verletzten Rechtsgutes und der Schuld des Täters. Andererseits lässt sich das Gewicht einer Straftat, der ihr in der verbindlichen Wertung des Gesetzgebers beigemessene Unwertgehalt, in aller Regel erst aus der Höhe der angedrohten Strafe entnehmen. Insofern ist auch die Strafandrohung für die Charakterisierung, Bewertung und Auslegung des Straftatbestandes von entscheidender Bedeutung (BVerfGE 25, 269 <286>; 27, 18 <29>). Erst von einer differenzierenden Bewertung des Unwertgehaltes der verschiedenen Straftaten her wird die Abstufung der strafrechtlichen Sanktionen verständlich und sachlich gerechtfertigt (BVerfGE 27, 18 <29>). Innerhalb eines Deliktstypus kommt die differenzierende Bewertung des Unwertgehaltes vor allem durch Qualifikations- und Privilegierungstatbestände zum Ausdruck. Aber auch die Sonderstrafrahmen für besonders schwere und minder schwere Fälle nehmen an dieser Abstufung teil, auch wenn es sich hierbei nach überwiegender Auffassung um Strafzumessungsregeln handelt (Nachweise siehe oben unter B. II. 1. b) bb)). Diese Regelungstechnik ist dem Gesetzgeber nicht verwehrt (vgl. BVerfGK 14, 177 <182>). Wenn er jedoch mit der Einführung solcher Sonderstrafrahmen zum Ausdruck gebracht hat, eine Differenzierung schon bei der Strafandrohung für erforderlich zu halten, ist diese Bewertung für die Rechtsanwendung bindend. 

bb) Das Verständigungsgesetz wahrt den Schuldgrundsatz auch insoweit, als eine Verfahrensverkürzung um den Preis der Erforschung der materiellen Wahrheit ausgeschlossen ist. Wie dargestellt, enthebt die Möglichkeit einer Verständigung das Gericht nicht von der Pflicht zur Sachverhaltsermittlung von Amts wegen. Ein Geständnis darf nicht zur „Handelsware“ werden und kann als Grundlage der Zusage einer Strafobergrenze nur akzeptiert werden, wenn es - aus sich heraus oder aufgrund der Beantwortung von Fragen - überprüfbar ist. Das im Zusammenhang mit der Zusage einer Strafobergrenze abgegebene Geständnis in der - die Grundlage der richterlichen Überzeugung über Schuld oder Unschuld und die daran zu knüpfenden Folgen bildenden - Hauptverhandlung ist auf seine Richtigkeit zu überprüfen, denn eine solche Zusage kann den Angeklagten zur Abgabe eines (teilweise) falschen Geständnisses veranlassen. 

cc) Mit den Bestimmungen zum Entfallen der Bindung des Gerichts an eine Verständigung (§ 257c Abs. 4 StPO) hat der Gesetzgeber ferner die aus dem Schuldprinzip, der Pflicht des Gerichts zur Erforschung der materiellen Wahrheit und seiner Neutralitätspflicht sowie der Unschuldsvermutung zu ziehenden Konsequenzen für die Grenzen der richterlichen Selbstbindung an gegebene Zusagen konkretisiert. Es ist gewährleistet, dass die der Verständigung beigemessene Bindung entfällt, wenn sich im Laufe der Hauptverhandlung der in Aussicht gestellte eingegrenzte Strafrahmen als nicht (mehr) tat- oder schuldangemessen erweist. 

dd) Der insbesondere im Grundsatz der Verfahrensfairness verankerten Forderung, dass der Angeklagte autonom darüber entscheiden kann, ob er den Schutz der Selbstbelastungsfreiheit aufgibt, sich auf eine Verständigung einlässt und mit einem Geständnis sich seines Schweigerechts begibt, genügt das Verständigungsgesetz ebenfalls. Das Strafverfahrensrecht trägt dem Anliegen, die Entscheidungsfreiheit des Angeklagten zu wahren, bereits generell in allen Verfahrensstadien Rechnung. So haben Belehrungspflichten sowie die Freiheit von Willensentschließung und Willensbetätigung in den allgemeinen Vorschriften der §§ 136, 136a StPO und - beispielsweise - für das Ermittlungsverfahren in § 163a Abs. 4 Satz 2 StPO sowie für die Hauptverhandlung in § 243 Abs. 5 Satz 1 StPO ihren Niederschlag gefunden. Wenn diese Sicherungen schon bei der Entscheidungsfindung über allgemeines Aussageverhalten greifen, so haben sie eine umso größere Bedeutung, wenn es um die Frage eines Schuldeingeständnisses geht, vor allem in der für eine Verständigung typischen Anreiz- und Verlockungssituation (vgl. oben B. II. 1. e)). Vor diesem Hintergrund kommt der in § 257c Abs. 5 StPOvorgesehenen Belehrung über die Reichweite der Bindungswirkung und die Folgen eines Scheiterns der Verständigung besondere Bedeutung zu, der auch revisionsrechtlich Rechnung zu tragen ist. 

Von ebenso hohem Gewicht ist, dass der Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit es dem Gericht verbietet, dem Angeklagten eine geständnisbedingte Strafmilderung in Aussicht zu stellen, mit der es den Boden schuldangemessenen Strafens verließe. Der Angeklagte darf infolgedessen nicht durch ein gesetzlich nicht vorgesehenes Vorteilsversprechen, aber auch nicht durch Täuschung oder Drohung zu einem Geständnis gedrängt werden. Letzteres hat in § 136a StPO bereits seinen Ausdruck gefunden (vgl. BVerfG, Vorprüfungsausschuss, Beschluss vom 19. Oktober 1983 - 2 BvR 859/83 -, NStZ 1984, S. 82; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 27. Januar 1987 - 2 BvR 1133/86 -, NJW 1987, S. 2662 <2663>). Erst recht greift dieses Schutzgebot zugunsten eines Angeklagten, mit dessen Geständnis in der Hauptverhandlung der Ausgang des Verfahrens steht oder fällt. 
ee) Das Verständigungsgesetz trifft umfangreiche Vorkehrungen dahin, dass das maßgebliche Verständigungsgeschehen in die Hauptverhandlung einbezogen und dokumentiert wird, und gibt mit der in § 257c Abs. 3 Satz 4 StPO vorgesehenen Abhängigkeit der Verständigung von der Zustimmung der Staatsanwaltschaft dieser ein Mittel zur Wahrung rechtsstaatlicher Standards in die Hand, zu der die effektiv zu handhabende Überprüfung durch Rechtsmittel hinzutritt (vgl. oben B. II. 1. d)). Der Gesetzgeber begegnet damit der mit der Möglichkeit der Verfahrensverkürzung durch eine Verständigung einhergehenden Gefahr einer Motivationsverschiebung bei dem erkennenden Gericht und trägt dem mit der Zusage einer wesentlichen Strafmilderung für den Fall eines Geständnisses verbundenen Anreiz für den Angeklagten Rechnung, ein (teilweise) falsches Geständnis abzulegen. Zugleich wirkt er dem Risiko entgegen, dass sich ein möglicher Interessengleichlauf von Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung zum Nachteil des Angeklagten auswirkt. Die verfahrensrechtlichen Sicherungen lassen jedenfalls in ihrem Zusammenwirken erwarten, dass die mit Verständigungen verbundenen rechtsstaatlichen Risiken beherrscht werden. Dabei kann unentschieden bleiben, ob bestimmte Vorkehrungen von Verfassungs wegen unverzichtbar sind, solange ein ausreichendes Gewährleistungsniveau verwirklicht wird. 

ff) Schließlich hat der Gesetzgeber eindeutig entschieden, dass auf das Strafurteil bezogene „informelle“ Absprachen unzulässig sind. Ausweislich des § 257c Abs. 1 StPO sind Verständigungen über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens nur nach Maßgabe der folgenden Absätze zulässig. Intransparente, unkontrollierbare „Deals“ sind im Strafprozess wegen der mit ihnen verbundenen Gefährdung des Schuldprinzips, der darin verankerten Wahrheitserforschungspflicht und des dem Rechtsstaatsprinzip innewohnenden Prinzips des fairen Verfahrens bereits von Verfassungs wegen untersagt, und der Gesetzgeber hat derartige Vorgehensweisen in unmissverständlicher Weise verworfen. 

3. Der in erheblichem Maße defizitäre Vollzug des Verständigungsgesetzes führt derzeit nicht zur Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Regelung. 

a) Die repräsentative empirische Erhebung von Prof. Dr. Altenhain, die Anhörung der Auskunftspersonen in der mündlichen Verhandlung, aber auch die schriftlichen Stellungnahmen zu den Verfassungsbeschwerden und die vorliegende obergerichtliche Rechtsprechung zeigen zwar, dass Gerichte, Staatsanwaltschaften und Verteidigung in einer hohen Zahl von Fällen die gesetzlichen Vorgaben missachten und die Rechtsmittelgerichte der ihnen zugewiesenen Aufgabe der Kontrolle der Verständigungspraxis nicht immer in genügendem Maße nachgekommen sind. Aus diesem empirischen Befund kann jedoch derzeit noch nicht auf ein in der Norm selbst angelegtes und daher zu deren Verfassungswidrigkeit führendes Versagen der zur Gewährleistung der verfassungsrechtlichen Vorgaben normierten Schutzmechanismen geschlossen werden. 

b) Eine gesetzliche Regelung, gegen die in der Rechtsanwendungspraxis in verfassungswidriger Weise verstoßen wird, verletzt nur dann auch selbst das Grundgesetz, wenn die verfassungswidrige Praxis auf die Vorschrift selbst zurückzuführen, mithin Ausdruck eines strukturbedingt zu dieser Praxis führenden normativen Regelungsdefizits ist. Ein solches Defizit kann im vorliegenden Zusammenhang nicht schon darin gesehen werden, dass der Gesetzgeber urteilsbezogene Verständigungen, welche sich durch ihre Grundstruktur für die Verwirklichung des Schuldprinzips als gefährlich erweisen, überhaupt gestattet hat. Dies ließe unberücksichtigt, dass er ihre Zulassung an umfangreiche flankierende Schutzmechanismen gekoppelt hat, die die Einhaltung der verfassungsrechtlichen Vorgaben an den Strafprozess sicherstellen sollen (vgl. auch BVerfGE 81, 123 <129 f.>; 83, 24 <31>; 118, 212 <231 f.>). Verfassungswidrig wäre das gesetzliche Regelungskonzept nur, wenn die vorgesehenen Schutzmechanismen in einer Weise lückenhaft oder sonst unzureichend wären, die eine gegen das Grundgesetz verstoßende „informelle“ Absprachepraxis fördert, das Vollzugsdefizit also durch die Struktur der Norm determiniert wäre. 

c) Ein strukturelles Regelungsdefizit kann gegenwärtig nicht festgestellt werden. Die Gründe für den erheblichen, keineswegs auf Einzelfälle beschränkten Vollzugsmangel sind vielschichtig und finden sich nach gegenwärtiger Erkenntnis nicht in einer Schutzlücke der gesetzlichen Regelung. Die gesetzliche Regelung traf auf Rahmenbedingungen, die von immer komplexer werdenden Lebenssachverhalten, einer stetigen Ausweitung des materiellen Strafrechts sowie immer differenzierteren Anforderungen an den Ablauf des Strafverfahrens geprägt sind, und hatte die schwierige Aufgabe, eine zuvor über drei Jahrzehnte in der Praxis entstandene und dort längst verfestigte Entwicklung in geordnete Bahnen zu lenken. Im Vergleich zu der lang andauernden und - wie auch die Entwicklung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zeigt - immer weiter um sich greifenden Praxis jedenfalls gesetzlich nicht geregelter Absprachen ist der Zeitraum der bisherigen Geltungsdauer der gesetzlichen Schutzmechanismen noch sehr kurz, was dafür spricht, dass die Durchsetzung der strikt umgrenzten und stark formalisierten Verständigungsform entsprechend dem gesetzlichen Regelungskonzept noch nicht abgeschlossen ist und insbesondere die hohe Bedeutung der Schutzmechanismen von der Praxis noch nicht vollständig verinnerlicht wurde. Hierfür spricht auch, dass in der Literatur Stellungnahmen anzutreffen sind, die dahin verstanden werden können, dass die gesetzliche Regelung nicht abschließend sei und die Schutzmechanismen insbesondere des § 273 Abs. 1a und des § 302 Abs. 1 Satz 2 StPO nicht für „informelle“ Vorgehensweisen außerhalb der Vorgaben des § 257c StPO gälten (vgl. etwa Peglau, jurisPR-StrafR 4/2012 Anm. 1; Niemöller, StV 2012, S. 387 <388 f.>; ders., in: Niemöller/Schlothauer/Weider, Gesetz zur Verständigung im Strafverfahren, 2010, § 273 Rn. 16, § 302 Rn. 5; Bittmann, wistra 2009, S. 414 <416>; Kirsch, StraFo 2010, S. 96 <101>). Hinzu kommt die nicht selten anzutreffende Bewertung gerade der Schutzmechanismen als „praxisuntauglich“, welche die Sicherung der verfassungsrechtlichen Vorgaben als zentrale Aufgabenstellung des Strafverfahrensrechts übergeht. Dies verkennt, dass im Rechtsstaat des Grundgesetzes das Recht die Praxis bestimmt und nicht die Praxis das Recht. 
d) Weder das Ergebnis der empirischen Erhebung noch die in den Verfassungsbeschwerdeverfahren abgegebenen Stellungnahmen zwingen zu der Annahme, dass es strukturelle Mängel des gesetzlichen Regelungskonzepts sind, die zu dem bisherigen Vollzugsdefizit geführt haben könnten. Als Hauptgrund für die Nichtbeachtung der gesetzlichen Regelungen wird in der empirischen Untersuchung vielmehr eine „fehlende Praxistauglichkeit“ der Vorschriften genannt. Dabei werden als praxisuntauglich oftmals die Begrenzung des zulässigen Inhalts von Verständigungen, die Transparenz- und Dokumentationspflichten - hier vor allem das Negativattest des § 273 Abs. 1a Satz 3 StPO - sowie das Verbot eines Rechtsmittelverzichts angeführt, also gerade diejenigen Vorschriften, die die Beachtung der verfassungsrechtlichen Vorgaben gewährleisten sollen. So gaben viele Verteidiger in der Befragung an, die gesetzliche Regelung widerspreche dem „Wesen des Deals“; dieser sei informell. Auch dies spricht für ein bisher nur unzureichend ausgeprägtes Bewusstsein, dass es Verständigungen ohne die Einhaltung der Anforderungen des Verständigungsgesetzes nicht geben darf. Die Ergebnisse der empirischen Untersuchung stützen daher nicht die Annahme eines im gesetzlichen Regelungskonzept verankerten strukturellen Defizits, sondern sprechen für interessengeleitete Missverständnisse und Bestrebungen, die gesetzliche Regelung wegen ihrer - als unpraktisch empfundenen - Schutzmechanismen zu umgehen. 

4. Auch wenn derzeit aus dem defizitären Vollzug des Verständigungsgesetzes nicht auf eine Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Regelung geschlossen werden kann, muss der Gesetzgeber die weitere Entwicklung sorgfältig im Auge behalten. Sollte sich die gerichtliche Praxis weiterhin in erheblichem Umfang über die gesetzlichen Regelungen hinwegsetzen und sollten die materiellen und prozeduralen Vorkehrungen des Verständigungsgesetzes nicht ausreichen, um das festgestellte Vollzugsdefizit zu beseitigen und dadurch die an eine Verständigung im Strafverfahren zu stellenden verfassungsrechtlichen Anforderungen zu erfüllen, muss der Gesetzgeber der Fehlentwicklung durch geeignete Maßnahmen entgegenwirken (vgl. zu Beobachtungs- und Nachbesserungspflichten des Gesetzgebers BVerfGE 25, 1 <12 f.>; 49, 89 <130>; 95, 267 <314>; 110, 141 <158, 166>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 24. November 2009 - 1 BvR 213/08 -, GRUR 2010, S. 332 <334>; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 27. Januar 2011 - 1 BvR 3222/09 -, NJW 2011, S. 1578 <1582>). Unterbliebe dies, träte ein verfassungswidriger Zustand ein. 

5. Das Normgefüge des Verständigungsgesetzes gestattet nach der hier zugrunde gelegten Auslegung des einfachen Rechts keine Verfahrensweise im Strafprozess, die den verfassungsrechtlichen Vorgaben widerspräche. Die durch das Verständigungsgesetz eingeführten Vorschriften sind deshalb weder für unvereinbar mit dem Grundgesetz zu erklären noch besteht Anlass, sie im Wege einer verfassungskonformen Auslegung einzugrenzen. Damit ist der Anwendungsbereich von § 79 BVerfGGnicht eröffnet. 

III.  

Die mit den Verfassungsbeschwerden angefochtenen fachgerichtlichen Entscheidungen sind mit den Vorgaben des Grundgesetzes für eine Verständigung im Strafprozess nicht zu vereinbaren. 

1. Die von den Beschwerdeführern zu I. und II. angegriffenen Entscheidungen des Landgerichts München II und des Bundesgerichtshofs verletzen die Beschwerdeführer in ihrem Recht auf ein faires, rechtsstaatliches Verfahren und verstoßen gegen die Selbstbelastungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG). Im Anschluss an die in beiden Fällen unterbliebene Belehrung der Angeklagten über die Voraussetzungen und Folgen des Wegfalls der Bindung an eine Verständigung (§ 257c Abs. 5 StPO) hat der Bundesgerichtshof im Rahmen der Prüfung, ob die Urteile des Landgerichts München II auf dem Gesetzesverstoß beruhen, die grundlegende Bedeutung der Belehrungspflicht nach § 257c Abs. 5 StPOfür die Fairness des Verfahrens und die Selbstbelastungsfreiheit verkannt. 

a) Eine Verständigung ist regelmäßig nur dann mit dem Grundsatz des fairen Verfahrens zu vereinbaren, wenn der Angeklagte vor ihrem Zustandekommen über deren nur eingeschränkte Bindungswirkung für das Gericht belehrt worden ist. Die Belehrungspflicht verliert nicht deshalb an Bedeutung oder wird gar obsolet, weil eine Lösung des Gerichts von der Verständigung nach § 257c Abs. 4 Satz 3 StPO das infolge der Verständigung abgegebene Geständnis unverwertbar macht. Denn die Belehrung hat sicherzustellen, dass der Angeklagte vor dem Eingehen einer Verständigung, deren Bestandteil das Geständnis ist, vollumfänglich über die Tragweite seiner Mitwirkung an der Verständigung informiert ist (vgl. auch Begründung zum Regierungsentwurf, BTDrucks 16/12310, S. 15). Nur so ist gewährleistet, dass er autonom darüber entscheiden kann, ob er von seiner Freiheit, die Aussage zu verweigern, (weiterhin) Gebrauch macht oder sich auf eine Verständigung einlässt. 

Zwar muss der Angeklagte unabhängig von der Möglichkeit einer Verständigung darüber befinden, ob und gegebenenfalls wie er sich zur Sache einlässt. Mit der Aussicht auf eine Verständigung wird jedoch eine verfahrensrechtliche Situation geschaffen, in der es dem Angeklagten in die Hand gegeben wird, durch sein Verhalten spezifischen Einfluss auf das Ergebnis des Prozesses zu nehmen. Anders als in einer nach der herkömmlichen Verfahrensweise geführten Hauptverhandlung kann er nämlich mit einem Geständnis die das Gericht grundsätzlich bindende Zusage einer Strafobergrenze und damit Sicherheit über den Ausgang des Verfahrens erreichen. Damit ist aus der Perspektive des Angeklagten das Festhalten an der Freiheit von Selbstbelastung nur noch um den Preis der Aufgabe der Gelegenheit zu einer das Gericht bindenden Verständigung und damit einer (vermeintlich) sicheren Strafobergrenze zu erlangen. Die Erwartung der Bindung des Gerichts bildet dementsprechend Anlass und Grundlage der Entscheidung des Angeklagten über sein prozessuales Mitwirken; damit entsteht eine wesentlich stärkere Anreiz- und Verführungssituation als es - mangels Erwartung einer festen Strafobergrenze - etwa in der Situation von § 136 Abs. 1 oder § 243 Abs. 5 Satz 1 StPO der Fall ist. Der Angeklagte muss deshalb wissen, dass die Bindung keine absolute ist, sondern unter bestimmten Voraussetzungen - die er ebenfalls kennen muss - entfällt. Nur so ist es ihm möglich, Tragweite und Risiken der Mitwirkung an einer Verständigung autonom einzuschätzen. Die in § 257c Abs. 5 StPO verankerte Belehrungspflicht ist aus diesem Grund keine bloße Ordnungsvorschrift, sondern eine zentrale rechtsstaatliche Sicherung des Grundsatzes des fairen Verfahrens und der Selbstbelastungsfreiheit. 

b) Die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs verkennen diese besondere Funktion des § 257c Abs. 5 StPO. Eine Verständigung ohne vorherige Belehrung nach dieser Vorschrift verletzt den Angeklagten grundsätzlich in seinem Recht auf ein faires Verfahren und in seiner Selbstbelastungsfreiheit. Bleibt die unter Verstoß gegen die Belehrungspflicht zustande gekommene Verständigung bestehen und fließt das auf der Verständigung basierende Geständnis in das Urteil ein, beruht dieses auf der mit dem Verstoß einhergehenden Grundrechtsverletzung, es sei denn eine Ursächlichkeit des Belehrungsfehlers für das Geständnis kann ausgeschlossen werden, weil der Angeklagte dieses auch bei ordnungsgemäßer Belehrung abgegeben hätte. Hierzu müssen vom Revisionsgericht konkrete Feststellungen getroffen werden. Soweit der Bundesgerichtshof in beiden Fällen damit argumentiert, dass ein Entfallen der Bindung des Gerichts an die Verständigung nach § 257c Abs. 4 StPO nicht eingetreten sei, führt dies im Hinblick auf die Frage, ob die Urteile gerade wegen der Verwertung des nach einem Belehrungsmangel abgegebenen Geständnisses auf einer Verletzung der Autonomie des Angeklagten beruhen, nicht weiter. Wenn der Bundesgerichtshof im Fall der Beschwerdeführer zu II. ein Beruhen des Urteils auf dem Verstoß gegen § 257c Abs. 5 StPO darüber hinaus mit der Erwägung verneint, konkrete, fallbezogene Gründe, die für die auch nur entfernte Möglichkeit sprächen, dass sich der aufgezeigte Verfahrensmangel auf das Prozessverhalten der Angeklagten ausgewirkt haben könnte, seien weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, verkennt er die grundlegende Bedeutung des § 257c Abs. 5 StPO für den Grundsatz des fairen Verfahrens und die Selbstbelastungsfreiheit des Angeklagten. Es ist nicht auszuschließen, dass der Bundesgerichtshof bei Anwendung des oben genannten Maßstabs in beiden Fällen zu einer anderen Entscheidung gelangt wäre. Aus diesem Grund sind die angegriffenen Beschlüsse des Bundesgerichtshofs aufzuheben und die Sachen an diesen zurückzuverweisen. 

2. Die von dem Beschwerdeführer zu III. angegriffenen Entscheidungen des Landgerichts Berlin und des Bundesgerichtshofs verletzen den Beschwerdeführer in seinen Rechten aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG

a) Das Urteil des Landgerichts Berlin verstößt schon deshalb gegen den verfassungsrechtlichen Schuldgrundsatz und die darin verankerte Pflicht zur bestmöglichen Erforschung der materiellen Wahrheit, weil das Landgericht ein unter weitgehender Weigerung, Fragen zu beantworten, abgegebenes inhaltsleeres Formalgeständnis als Grundlage einer Verurteilung akzeptiert hat, ohne es - abgesehen von einer, dann auch beantworteten Frage zum Mitführen und Ladezustand der Dienstwaffen - durch eine weitere, auf eigenständige Spezifizierung seitens des Angeklagten zielende Beweiserhebung in der Hauptverhandlung zu überprüfen. Ein Geständnis, das sich in einer Bezugnahme auf die Anklage erschöpft, ist als Grundlage einer Verständigung bereits deshalb ungeeignet, weil es keine Grundlage für eine Überprüfung seiner Glaubhaftigkeit (§ 257c Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 244 Abs. 2 StPO) bietet. Darüber hinaus beruht das angegriffene Urteil auf einer Verständigung, die infolge der Kopplung eines Geständnisses „im Sinne der Anklage“ an den Verzicht auf die Stellung von Beweisanträgen „zur Schuldfrage“ unzulässig über den Schuldspruch disponiert und zudem eine Strafrahmenverschiebung zum Gegenstand hat. Deshalb stellt sich das Urteil als ein vom Grundgesetz untersagter „Handel mit der Gerechtigkeit“ dar. 
Hinzu kommt, dass dieser „Handel mit der Gerechtigkeit“ auf einer verfassungsrechtlich nicht mehr hinnehmbaren Beeinträchtigung der Selbstbelastungsfreiheit des Beschwerdeführers beruht. Dabei kommt es nicht darauf an, ob für den Fall einer Verurteilung ohne vorherige Verständigung für jede der beiden angeklagten schweren Raubtaten eine Mindeststrafe von drei Jahren in Aussicht gestellt wurde - so die dienstliche Stellungnahme des Vorsitzenden der Strafkammer im Revisionsverfahren - oder ob eine Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren im Raum stand, wie der Beschwerdeführer vorträgt. Entscheidend ist die vor dem Gebot schuldangemessenen Strafens nicht zu rechtfertigende Spannweite zwischen der zugesagten Strafobergrenze für den Fall einer Verständigung auf der einen Seite und der für den Fall einer Verurteilung in einer nach herkömmlicher Verfahrensweise geführten Hauptverhandlung im Raum stehenden Straferwartung auf der anderen Seite. Die Frage, wann die Grenze zu einer verfassungswidrigen Beeinträchtigung der Selbstbelastungsfreiheit überschritten ist, entzieht sich zwar einer exakten mathematischen Berechnung. Im vorliegenden Fall ist diese Grenze jedoch deutlich überschritten, nachdem eine schon für sich gesehen übermäßige Differenz zwischen den beiden Strafgrenzen noch zusätzlich mit der Zusage einer Strafaussetzung zur Bewährung verbunden wurde, die überhaupt nur aufgrund der ebenfalls zugesagten Strafrahmenverschiebung zu einem minder schweren Fall (§ 250 Abs. 3 StGB) möglich war. 

b) Das Urteil des Landgerichts Berlin ist aus diesen Gründen aufzuheben; gleiches gilt für den Beschluss des Bundesgerichtshofs, mit dem die Grundrechtsverletzung perpetuiert worden ist. Die Sache ist an das Landgericht Berlin zurückzuverweisen. 

C. 

Die Entscheidung über die Auslagenerstattung folgt aus § 34a Abs. 2 und Abs. 3 BVerfGG.
 

(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.

(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,

1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden,
2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist,
3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden,
4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
Satz 1 Nummer 3 und 4 gilt nicht für gemischte Abfälle aus privaten Haushaltungen und gefährliche Abfälle. Sonderregelungen der Überlassungspflicht durch Rechtsverordnungen nach den §§ 10, 16 und 25 bleiben unberührt.

(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung

1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt,
2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder
3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
Satz 3 Nummer 1 und 2 gilt nicht, wenn die vom gewerblichen Sammler angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle wesentlich leistungsfähiger ist als die von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder dem von ihm beauftragten Dritten bereits angebotene oder konkret geplante Leistung. Bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit sind sowohl die in Bezug auf die Ziele der Kreislaufwirtschaft zu beurteilenden Kriterien der Qualität und der Effizienz, des Umfangs und der Dauer der Erfassung und Verwertung der Abfälle als auch die aus Sicht aller privaten Haushalte im Gebiet des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu beurteilende gemeinwohlorientierte Servicegerechtigkeit der Leistung zugrunde zu legen. Leistungen, die über die unmittelbare Sammel- und Verwertungsleistung hinausgehen, insbesondere Entgeltzahlungen, sind bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit nicht zu berücksichtigen.

(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.

(1) Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger haben die in ihrem Gebiet angefallenen und überlassenen Abfälle aus privaten Haushaltungen und Abfälle zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen nach Maßgabe der §§ 6 bis 11 zu verwerten oder nach Maßgabe der §§ 15 und 16 zu beseitigen. Werden Abfälle zur Beseitigung überlassen, weil die Pflicht zur Verwertung aus den in § 7 Absatz 4 genannten Gründen nicht erfüllt werden muss, sind die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zur Verwertung verpflichtet, soweit bei ihnen diese Gründe nicht vorliegen.

(2) Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger sind verpflichtet, folgende in ihrem Gebiet in privaten Haushaltungen angefallenen und überlassenen Abfälle getrennt zu sammeln:

1.
Bioabfälle; § 9 Absatz 1 und 3 Nummer 3 und 4 sowie Absatz 4 gilt entsprechend,
2.
Kunststoffabfälle; § 9 gilt entsprechend,
3.
Metallabfälle; § 9 gilt entsprechend,
4.
Papierabfälle; § 9 gilt entsprechend,
5.
Glas; § 9 Absatz 1 und 3 Nummer 3 und 4 sowie Absatz 4 gilt entsprechend,
6.
Textilabfälle; § 9 gilt entsprechend,
7.
Sperrmüll; die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger sammeln Sperrmüll in einer Weise, welche die Vorbereitung zur Wiederverwendung und das Recycling der einzelnen Bestandteile ermöglicht und
8.
gefährliche Abfälle; die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger stellen sicher, dass sich die gefährlichen Abfälle bei der Sammlung nicht mit anderen Abfällen vermischen.
Die Verpflichtung zur getrennten Sammlung von Textilabfällen nach Satz 1 Nummer 6 gilt ab dem 1. Januar 2025.

(3) Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger können mit Zustimmung der zuständigen Behörde Abfälle von der Entsorgung ausschließen, soweit diese der Rücknahmepflicht auf Grund einer nach § 25 erlassenen Rechtsverordnung oder auf Grund eines Gesetzes unterliegen und entsprechende Rücknahmeeinrichtungen tatsächlich zur Verfügung stehen. Satz 1 gilt auch für Abfälle zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen als privaten Haushaltungen, soweit diese nach Art, Menge oder Beschaffenheit nicht mit den in Haushaltungen anfallenden Abfällen entsorgt werden können oder die Sicherheit der umweltverträglichen Beseitigung im Einklang mit den Abfallwirtschaftsplänen der Länder durch einen anderen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder Dritten gewährleistet ist. Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger können den Ausschluss von der Entsorgung nach den Sätzen 1 und 2 mit Zustimmung der zuständigen Behörde widerrufen, soweit die dort genannten Voraussetzungen für einen Ausschluss nicht mehr vorliegen.

(4) Die Pflichten nach Absatz 1 gelten auch für Kraftfahrzeuge oder Anhänger ohne gültige amtliche Kennzeichen, wenn diese

1.
auf öffentlichen Flächen oder außerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile abgestellt sind,
2.
keine Anhaltspunkte für deren Entwendung oder bestimmungsgemäße Nutzung bestehen sowie
3.
nicht innerhalb eines Monats nach einer am Fahrzeug angebrachten, deutlich sichtbaren Aufforderung entfernt worden sind.

(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.

(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,

1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden,
2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist,
3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden,
4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
Satz 1 Nummer 3 und 4 gilt nicht für gemischte Abfälle aus privaten Haushaltungen und gefährliche Abfälle. Sonderregelungen der Überlassungspflicht durch Rechtsverordnungen nach den §§ 10, 16 und 25 bleiben unberührt.

(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung

1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt,
2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder
3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
Satz 3 Nummer 1 und 2 gilt nicht, wenn die vom gewerblichen Sammler angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle wesentlich leistungsfähiger ist als die von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder dem von ihm beauftragten Dritten bereits angebotene oder konkret geplante Leistung. Bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit sind sowohl die in Bezug auf die Ziele der Kreislaufwirtschaft zu beurteilenden Kriterien der Qualität und der Effizienz, des Umfangs und der Dauer der Erfassung und Verwertung der Abfälle als auch die aus Sicht aller privaten Haushalte im Gebiet des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu beurteilende gemeinwohlorientierte Servicegerechtigkeit der Leistung zugrunde zu legen. Leistungen, die über die unmittelbare Sammel- und Verwertungsleistung hinausgehen, insbesondere Entgeltzahlungen, sind bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit nicht zu berücksichtigen.

(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.

(1) Abfälle im Sinne dieses Gesetzes sind alle Stoffe oder Gegenstände, derer sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss. Abfälle zur Verwertung sind Abfälle, die verwertet werden; Abfälle, die nicht verwertet werden, sind Abfälle zur Beseitigung.

(2) Eine Entledigung im Sinne des Absatzes 1 ist anzunehmen, wenn der Besitzer Stoffe oder Gegenstände einer Verwertung im Sinne der Anlage 2 oder einer Beseitigung im Sinne der Anlage 1 zuführt oder die tatsächliche Sachherrschaft über sie unter Wegfall jeder weiteren Zweckbestimmung aufgibt.

(3) Der Wille zur Entledigung im Sinne des Absatzes 1 ist hinsichtlich solcher Stoffe oder Gegenstände anzunehmen,

1.
die bei der Energieumwandlung, Herstellung, Behandlung oder Nutzung von Stoffen oder Erzeugnissen oder bei Dienstleistungen anfallen, ohne dass der Zweck der jeweiligen Handlung hierauf gerichtet ist, oder
2.
deren ursprüngliche Zweckbestimmung entfällt oder aufgegeben wird, ohne dass ein neuer Verwendungszweck unmittelbar an deren Stelle tritt.
Für die Beurteilung der Zweckbestimmung ist die Auffassung des Erzeugers oder Besitzers unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung zugrunde zu legen.

(4) Der Besitzer muss sich Stoffen oder Gegenständen im Sinne des Absatzes 1 entledigen, wenn diese nicht mehr entsprechend ihrer ursprünglichen Zweckbestimmung verwendet werden, auf Grund ihres konkreten Zustandes geeignet sind, gegenwärtig oder künftig das Wohl der Allgemeinheit, insbesondere die Umwelt, zu gefährden und deren Gefährdungspotenzial nur durch eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung oder gemeinwohlverträgliche Beseitigung nach den Vorschriften dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ausgeschlossen werden kann.

(5) Gefährlich im Sinne dieses Gesetzes sind die Abfälle, die durch Rechtsverordnung nach § 48 Satz 2 oder auf Grund einer solchen Rechtsverordnung bestimmt worden sind. Nicht gefährlich im Sinne dieses Gesetzes sind alle übrigen Abfälle.

(5a) Siedlungsabfälle im Sinne von § 14 Absatz 1, § 15 Absatz 4, § 30 Absatz 6 Nummer 9 Buchstabe b sind gemischt und getrennt gesammelte Abfälle

1.
aus privaten Haushaltungen, insbesondere Papier und Pappe, Glas, Metall, Kunststoff, Bioabfälle, Holz, Textilien, Verpackungen, Elektro- und Elektronik-Altgeräte, Altbatterien und Altakkumulatoren sowie Sperrmüll, einschließlich Matratzen und Möbel, und
2.
aus anderen Herkunftsbereichen, wenn diese Abfälle auf Grund ihrer Beschaffenheit und Zusammensetzung mit Abfällen aus privaten Haushaltungen vergleichbar sind.
Keine Siedlungsabfälle im Sinne des Satzes 1 sind
a)
Abfälle aus Produktion,
b)
Abfälle aus Landwirtschaft,
c)
Abfälle aus Forstwirtschaft,
d)
Abfälle aus Fischerei,
e)
Abfälle aus Abwasseranlagen,
f)
Bau- und Abbruchabfälle und
g)
Altfahrzeuge.

(6) Inertabfälle im Sinne dieses Gesetzes sind mineralische Abfälle,

1.
die keinen wesentlichen physikalischen, chemischen oder biologischen Veränderungen unterliegen,
2.
die sich nicht auflösen, nicht brennen und nicht in anderer Weise physikalisch oder chemisch reagieren,
3.
die sich nicht biologisch abbauen und
4.
die andere Materialien, mit denen sie in Kontakt kommen, nicht in einer Weise beeinträchtigen, die zu nachteiligen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt führen könnte.
Die gesamte Auslaugbarkeit und der Schadstoffgehalt der Abfälle sowie die Ökotoxizität des Sickerwassers müssen unerheblich sein und dürfen insbesondere nicht die Qualität von Oberflächen- oder Grundwasser gefährden.

(6a) Bau- und Abbruchabfälle im Sinne dieses Gesetzes sind Abfälle, die durch Bau- und Abbruchtätigkeiten entstehen.

(7) Bioabfälle im Sinne dieses Gesetzes sind biologisch abbaubare pflanzliche, tierische oder aus Pilzmaterialien bestehende

1.
Garten- und Parkabfälle,
2.
Landschaftspflegeabfälle,
3.
Nahrungsmittel- und Küchenabfälle aus privaten Haushaltungen, aus dem Gaststätten-, Kantinen- und Cateringgewerbe, aus Büros und aus dem Groß- und Einzelhandel sowie mit den genannten Abfällen vergleichbare Abfälle aus Nahrungsmittelverarbeitungsbetrieben und
4.
Abfälle aus sonstigen Herkunftsbereichen, die den in den Nummern 1 bis 3 genannten Abfällen nach Art, Beschaffenheit oder stofflichen Eigenschaften vergleichbar sind.

(7a) Lebensmittelabfälle im Sinne dieses Gesetzes sind alle Lebensmittel gemäß Artikel 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2017/228 (ABl. L 35 vom 10.2.2017, S. 10) geändert worden ist, die zu Abfall geworden sind.

(7b) Rezyklate im Sinne dieses Gesetzes sind sekundäre Rohstoffe, die durch die Verwertung von Abfällen gewonnen worden sind oder bei der Beseitigung von Abfällen anfallen und für die Herstellung von Erzeugnissen geeignet sind.

(8) Erzeuger von Abfällen im Sinne dieses Gesetzes ist jede natürliche oder juristische Person,

1.
durch deren Tätigkeit Abfälle anfallen (Ersterzeuger) oder
2.
die Vorbehandlungen, Mischungen oder sonstige Behandlungen vornimmt, die eine Veränderung der Beschaffenheit oder der Zusammensetzung dieser Abfälle bewirken (Zweiterzeuger).

(9) Besitzer von Abfällen im Sinne dieses Gesetzes ist jede natürliche oder juristische Person, die die tatsächliche Sachherrschaft über Abfälle hat.

(10) Sammler von Abfällen im Sinne dieses Gesetzes ist jede natürliche oder juristische Person, die gewerbsmäßig oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmen, das heißt, aus Anlass einer anderweitigen gewerblichen oder wirtschaftlichen Tätigkeit, die nicht auf die Sammlung von Abfällen gerichtet ist, Abfälle sammelt.

(11) Beförderer von Abfällen im Sinne dieses Gesetzes ist jede natürliche oder juristische Person, die gewerbsmäßig oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmen, das heißt, aus Anlass einer anderweitigen gewerblichen oder wirtschaftlichen Tätigkeit, die nicht auf die Beförderung von Abfällen gerichtet ist, Abfälle befördert.

(12) Händler von Abfällen im Sinne dieses Gesetzes ist jede natürliche oder juristische Person, die gewerbsmäßig oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmen, das heißt, aus Anlass einer anderweitigen gewerblichen oder wirtschaftlichen Tätigkeit, die nicht auf das Handeln mit Abfällen gerichtet ist, oder öffentlicher Einrichtungen in eigener Verantwortung Abfälle erwirbt und weiterveräußert; die Erlangung der tatsächlichen Sachherrschaft über die Abfälle ist hierfür nicht erforderlich.

(13) Makler von Abfällen im Sinne dieses Gesetzes ist jede natürliche oder juristische Person, die gewerbsmäßig oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmen, das heißt, aus Anlass einer anderweitigen gewerblichen oder wirtschaftlichen Tätigkeit, die nicht auf das Makeln von Abfällen gerichtet ist, oder öffentlicher Einrichtungen für die Bewirtschaftung von Abfällen für Dritte sorgt; die Erlangung der tatsächlichen Sachherrschaft über die Abfälle ist hierfür nicht erforderlich.

(14) Abfallbewirtschaftung im Sinne dieses Gesetzes ist die Bereitstellung, die Überlassung, die Sammlung, die Beförderung sowie die Verwertung und die Beseitigung von Abfällen; die beiden letztgenannten Verfahren schließen die Sortierung der Abfälle ein. Zur Abfallbewirtschaftung zählen auch die Überwachung der Tätigkeiten und Verfahren im Sinne des Satzes 1, die Nachsorge von Beseitigungsanlagen und die Tätigkeiten, die von Händlern und Maklern durchgeführt werden.

(15) Sammlung im Sinne dieses Gesetzes ist das Einsammeln von Abfällen, einschließlich deren vorläufiger Sortierung und vorläufiger Lagerung zum Zweck der Beförderung zu einer Abfallbehandlungsanlage.

(16) Getrennte Sammlung im Sinne dieses Gesetzes ist eine Sammlung, bei der ein Abfallstrom nach Art und Beschaffenheit des Abfalls getrennt gehalten wird, um eine bestimmte Behandlung zu erleichtern oder zu ermöglichen.

(17) Eine gemeinnützige Sammlung von Abfällen im Sinne dieses Gesetzes ist eine Sammlung, die durch eine nach § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Oktober 2002 (BGBl. I S. 4144), das zuletzt durch Artikel 8 des Gesetzes vom 22. Juni 2011 (BGBl. I S. 1126) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung steuerbefreite Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse getragen wird und der Beschaffung von Mitteln zur Verwirklichung ihrer gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecke im Sinne der §§ 52 bis 54 der Abgabenordnung dient. Um eine gemeinnützige Sammlung von Abfällen handelt es sich auch dann, wenn die Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse nach Satz 1 einen gewerblichen Sammler mit der Sammlung beauftragt und dieser den Veräußerungserlös nach Abzug seiner Kosten und eines angemessenen Gewinns vollständig an die Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse auskehrt.

(18) Eine gewerbliche Sammlung von Abfällen im Sinne dieses Gesetzes ist eine Sammlung, die zum Zweck der Einnahmeerzielung erfolgt. Die Durchführung der Sammeltätigkeit auf der Grundlage vertraglicher Bindungen zwischen dem Sammler und der privaten Haushaltung in dauerhaften Strukturen steht einer gewerblichen Sammlung nicht entgegen.

(19) Kreislaufwirtschaft im Sinne dieses Gesetzes sind die Vermeidung und Verwertung von Abfällen.

(20) Vermeidung im Sinne dieses Gesetzes ist jede Maßnahme, die ergriffen wird, bevor ein Stoff, Material oder Erzeugnis zu Abfall geworden ist, und dazu dient, die Abfallmenge, die schädlichen Auswirkungen des Abfalls auf Mensch und Umwelt oder den Gehalt an schädlichen Stoffen in Materialien und Erzeugnissen zu verringern. Hierzu zählen insbesondere die anlageninterne Kreislaufführung von Stoffen, die abfallarme Produktgestaltung, die Wiederverwendung von Erzeugnissen oder die Verlängerung ihrer Lebensdauer sowie ein Konsumverhalten, das auf den Erwerb von abfall- und schadstoffarmen Produkten sowie die Nutzung von Mehrwegverpackungen gerichtet ist.

(21) Wiederverwendung im Sinne dieses Gesetzes ist jedes Verfahren, bei dem Erzeugnisse oder Bestandteile, die keine Abfälle sind, wieder für denselben Zweck verwendet werden, für den sie ursprünglich bestimmt waren.

(22) Abfallentsorgung im Sinne dieses Gesetzes sind Verwertungs- und Beseitigungsverfahren, einschließlich der Vorbereitung vor der Verwertung oder Beseitigung.

(23) Verwertung im Sinne dieses Gesetzes ist jedes Verfahren, als dessen Hauptergebnis die Abfälle innerhalb der Anlage oder in der weiteren Wirtschaft einem sinnvollen Zweck zugeführt werden, indem sie entweder andere Materialien ersetzen, die sonst zur Erfüllung einer bestimmten Funktion verwendet worden wären, oder indem die Abfälle so vorbereitet werden, dass sie diese Funktion erfüllen. Anlage 2 enthält eine nicht abschließende Liste von Verwertungsverfahren.

(23a) Stoffliche Verwertung im Sinne dieses Gesetzes ist jedes Verwertungsverfahren mit Ausnahme der energetischen Verwertung und der Aufbereitung zu Materialien, die für die Verwendung als Brennstoff oder als anderes Mittel der Energieerzeugung bestimmt sind. Zur stofflichen Verwertung zählen insbesondere die Vorbereitung zur Wiederverwendung, das Recycling und die Verfüllung.

(24) Vorbereitung zur Wiederverwendung im Sinne dieses Gesetzes ist jedes Verwertungsverfahren der Prüfung, Reinigung oder Reparatur, bei dem Erzeugnisse oder Bestandteile von Erzeugnissen, die zu Abfällen geworden sind, so vorbereitet werden, dass sie ohne weitere Vorbehandlung wieder für denselben Zweck verwendet werden können, für den sie ursprünglich bestimmt waren.

(25) Recycling im Sinne dieses Gesetzes ist jedes Verwertungsverfahren, durch das Abfälle zu Erzeugnissen, Materialien oder Stoffen entweder für den ursprünglichen Zweck oder für andere Zwecke aufbereitet werden; es schließt die Aufbereitung organischer Materialien ein, nicht aber die energetische Verwertung und die Aufbereitung zu Materialien, die für die Verwendung als Brennstoff oder zur Verfüllung bestimmt sind.

(25a) Verfüllung im Sinne dieses Gesetzes ist jedes Verwertungsverfahren, bei dem geeignete nicht gefährliche Abfälle zur Rekultivierung von Abgrabungen oder zu bautechnischen Zwecken bei der Landschaftsgestaltung verwendet werden. Abfälle im Sinne des Satzes 1 sind solche, die Materialien ersetzen, die keine Abfälle sind, die für die vorstehend genannten Zwecke geeignet sind und auf die für die Erfüllung dieser Zwecke unbedingt erforderlichen Mengen beschränkt werden.

(26) Beseitigung im Sinne dieses Gesetzes ist jedes Verfahren, das keine Verwertung ist, auch wenn das Verfahren zur Nebenfolge hat, dass Stoffe oder Energie zurückgewonnen werden. Anlage 1 enthält eine nicht abschließende Liste von Beseitigungsverfahren.

(27) Deponien im Sinne dieses Gesetzes sind Beseitigungsanlagen zur Ablagerung von Abfällen oberhalb der Erdoberfläche (oberirdische Deponien) oder unterhalb der Erdoberfläche (Untertagedeponien). Zu den Deponien zählen auch betriebsinterne Abfallbeseitigungsanlagen für die Ablagerung von Abfällen, in denen ein Erzeuger von Abfällen die Abfallbeseitigung am Erzeugungsort vornimmt.

(28) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in Anlage 3 aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.

(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.

(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,

1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden,
2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist,
3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden,
4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
Satz 1 Nummer 3 und 4 gilt nicht für gemischte Abfälle aus privaten Haushaltungen und gefährliche Abfälle. Sonderregelungen der Überlassungspflicht durch Rechtsverordnungen nach den §§ 10, 16 und 25 bleiben unberührt.

(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung

1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt,
2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder
3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
Satz 3 Nummer 1 und 2 gilt nicht, wenn die vom gewerblichen Sammler angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle wesentlich leistungsfähiger ist als die von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder dem von ihm beauftragten Dritten bereits angebotene oder konkret geplante Leistung. Bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit sind sowohl die in Bezug auf die Ziele der Kreislaufwirtschaft zu beurteilenden Kriterien der Qualität und der Effizienz, des Umfangs und der Dauer der Erfassung und Verwertung der Abfälle als auch die aus Sicht aller privaten Haushalte im Gebiet des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu beurteilende gemeinwohlorientierte Servicegerechtigkeit der Leistung zugrunde zu legen. Leistungen, die über die unmittelbare Sammel- und Verwertungsleistung hinausgehen, insbesondere Entgeltzahlungen, sind bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit nicht zu berücksichtigen.

(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.

Der Bescheid der Beklagten vom 9. April 2013 und der Widerspruchsbescheid des Stadtrechtsausschusses der Beklagten vom 13. November 2014 werden aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die von der Beklagten verfügte Untersagung einer gewerblichen Sammlung von Alttextilien nebst der Anordnung, sämtliche Sammelcontainer im Stadtgebiet der Beklagten zu entfernen.

2

Die Klägerin ist ein im gesamten Bundesgebiet tätiger und nach der Entsorgungsfachbetriebeverordnung zertifizierter Entsorgungsfachbetrieb sowie Mitglied im BDE Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft e.V. Pro Monat erfasst die Klägerin nach eigenen Angaben im Bundesgebiet bis zu 150 Tonnen Altschuhe (an ca. 1200 Rücknahmestellen) und bis zu 400 Tonnen Alttextilien (an ca. 750 Rücknahmestellen). Sofern hierbei Sammelbehälter aufgestellt werden, erfolgt dies auf mietvertraglicher Grundlage auf den Grundstücken oder in den Geschäften privater Partner (Einzelhändler, Supermarktketten u.a.), in der Vergangenheit auch auf den Grundstücken öffentlicher Partner (kommunale Wertstoffhöfe, etc.).

3

Derzeit beschäftigt die Klägerin etwa 30 Mitarbeiter. Die aufgrund regelmäßiger Leerung (in der Regel wöchentlich) gesammelten Textilien und Schuhe (beide Abfallfraktionen werden jeweils über separate Sammelcontainer erfasst) werden mittels eines eigenen Fuhrparks von etwa 25 PKW und LKW in den jeweiligen zentralen Sortierbetrieb verbracht, wobei die Sortierung der Schuhe in A-Stadt und die Sortierung von Alttextilien überwiegend bei zertifizierten Partnern der Klägerin erfolgt.

4

In der Sortierhalle in A-Stadt werden nicht weiter verwendbare Teile (Fehlwürfe) und nicht weiter verwertbare Textilien aussortiert. Diese werden vom örtlichen kommunalen Entsorger, dem AHA Zweckverband Abfallwirtschaft Region Hannover, abgeholt und entsorgt. Nach Angaben der Klägerin werden von den durch sie eingesammelten Altschuhen und Textilien erfahrungsgemäß bis zu 85 % als sortierte Ware an langjährige Kunden veräußert und ca. 15 % an den kommunalen Entsorger (AHA) als Abfall zur ordnungsgemäßen Entsorgung (energetische Verwertung) abgegeben.

5

Die Beklagte sammelt auf den in Kaiserslautern betriebenen Wertstoff- und Recyclinghöfen des Abfallwirtschafts- und Stadtreinigungs-Eigenbetriebs der Stadt Kaiserslautern (ASK) im Bringsystem in entsprechenden Containern Altkleider, Textilien und Schuhe. Zusätzlich zum bestehenden Bringsystem wurde mit der Änderung der Abfallsatzung der Beklagten zum 1. Januar 2013 ein Abholsystem für die Abfallarten Altmetalle, Altkleider und Alttextilien geschaffen. Der ASK holt entsprechende Abfälle auf fernmündlichen oder schriftlichen Antrag in Säcken mit bis zu 70 Liter Fassungsvermögen ab. Diese Holsysteme erfassen flächendeckend sämtliche Verwertungsabfälle dieser Art. Nach der Erfassung werden die Abfälle der Zentrale Abfallwirtschaft Kaiserslautern (ZAK) – einer gemeinsamen kommunalen Anstalt des öffentlichen Rechts der Beklagten und des Landkreises Kaiserslautern – überlassen und der Verwertung zugeführt. Zusätzlich zu dem Erfassungssystem der ASK erfolgt durch die ZAK eine Sammlung von Altkleidern/Textilien im Bringsystem in entsprechenden Sammelcontainern.

6

Die anschließende Verwertung durch die ZAK erfolgt im Bereich Alttextilien dergestalt, dass die erfassten Mengen einem zertifizierten Entsorgungsfachbetrieb zur weiteren Behandlung, Wiederverwendung, Verwertung und Beseitigung überlassen werden. Nach Angaben der ZAK werden derzeit etwa 55 % der erfassten Mengen der Wiederverwendung (Second Hand-Shops), etwa 22 % der Weiterverwendung (z.B. in der Putzlappenindustrie), etwa 15 % der Weiterverwertung (Rohstoffindustrie) und lediglich 5 % der sonstigen Verwertung zugeführt.

7

Mit Schreiben vom 30. August 2012 zeigte die Klägerin gegenüber der Beklagten eine auf unbestimmte Zeit angelegte gewerbliche Sammlung von Altkleidern, -textilien und -schuhen an. Die angezeigte Sammlung betrifft die Aufstellung von Alttextilien- und Altschuhcontainern an einem von Seiten der Klägerin bereits genutzten Standort eines Supermarktes im Stadtgebiet der Beklagten. Im Rahmen des Anzeigeverfahrens forderte die Beklagte die Klägerin auf, weitere Angaben zu der erfolgten Anzeige zu machen. Mit Schreiben vom 26. November 2012 machte die Klägerin unter Bezugnahme auf ihre Verpflichtung aus § 18 Abs. 2 Kreislaufwirtschaftsgesetz – KrWG – weitere Angaben

8

- über Größe und Organisation ihres Sammlungsunternehmens (z.B. Zahl der Mitarbeiter, der zentralisierten Verbringung zum Sortierstandort in A-Stadt, oder über den firmeneigenen Fuhrpark)

9

- über Art, Ausmaß und Dauer (Sammlung im Bringsystem mittels Sammelcontainer, voraussichtliche Sammelmenge von ca. 20 Tonnen/Jahr, über den größtmöglichen Umfang durch die Angabe, dass eine Ausweitung der Sammlung über den bisherigen Standort nicht geplant sei und über die Mindestdauer, nämlich auf unbestimmte Zeit, vor dem Hintergrund der vorgeblich bereits seit 15 Jahren bestehenden Sammlung)

10

- über Art, Menge und Verbleib der Abfälle (Alttextilien und Altschuhe, zentrale Verbringung nach A-Stadt)

11

- über die vorgesehenen Verwertungswege (Sortierung, Vermarktung der gewonnen Fraktionen zur Fasergewinnung, Putzlappenherstellung, etc., Darlegung des Entsorgungsweges für nicht verwertbare Fraktionen)

12

- über die Gewährleistung der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung (Mitteilung der Zertifizierung als Entsorgungsfachbetrieb).

13

Die Sammelmenge am angegebenen Standort habe sich im Jahr 2011 auf 21,54 Tonnen belaufen. Als erwartete Menge für das Jahr 2012 gab die Klägerin ebenfalls eine Menge von 21,54 Tonnen an.

14

Im Zuge der Anhörung äußerte die Beklagte ihre Absicht, die Sammlung zu untersagen. Dabei verwies sie nicht mehr auf das Fehlen von im Rahmen des Anzeigeverfahrens vorzulegender Unterlagen. Sowohl ASK als auch ZAK gaben am 1. März 2013 bzw. 5. März 2013 hierzu Stellungnahmen ab.

15

Mit Bescheid vom 9. April 2013 untersagte das Referat Umweltschutz der Beklagten der Klägerin die am 3. September 2012 angezeigte gewerbliche Sammlung von Altkleidern, Textilien und Schuhen im Stadtgebiet von Kaiserslautern. Zudem wurde der Klägerin aufgegeben, die im Stadtgebiet von Kaiserslautern aufgestellten Sammelcontainer unverzüglich zu entfernen. Weiterhin ordnete die Beklagte die sofortige Vollziehung an und drohte der Klägerin für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000 € an.

16

Die auf § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG i.V.m. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 KrWG gestützte Verfügung begründete die Beklagte mit überwiegenden öffentlichen Interessen, die der Sammlung der Klägerin entgegenstünden. Zum einen würden durch die Sammlung Abfälle erfasst, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger eine haushaltsnahe sowie hochwertige Erfassung und Verwertung durchführe. Zum anderen werde durch die Sammlung der Klägerin die Stabilität der Gebühren gefährdet, denn grundsätzlich minderten Einnahmen, die der Entsorgungsbetrieb über den Verkauf von Abfällen an Dritte erschließen kann, die Gebührenhöhe. Mit der Wertschöpfung, die die Klägerin in Kaiserslautern erschließen wolle, gingen dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger Einnahmen verloren. Der Beklagten lägen im Übrigen weitere Anzeigen von gewerblichen Sammlern vor, die in ihrer Gesamtheit zu einem erheblichen Einnahmeverlust für den Entsorgungsbetrieb führten, wenn diese Sammlungen nicht untersagt würden. Die Klägerin könne sich auch nicht auf Vertrauensgesichtspunkte berufen. Es seien von Seiten der Klägerin keine Informationen oder Nachweise dafür erbracht worden, die plausibel machen könnten, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang im Stadtgebiet der Beklagten bereits vor dem 1. Juni 2012 Sammlungen durchgeführt wurden. Sollten überdies – wie die Klägerin behauptet habe – solche Sammlungen tatsächlich durchgeführt worden sein, seien diese Sammlungen formell rechtswidrig gewesen, da dann die Nachweispflicht des § 13 Abs. 3 Nr. 3 KrWG a.F. nicht beachtet worden sei. Weder der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger noch die Abfallbehörde hätten Kenntnis von einer entsprechenden Sammlung gehabt. Letztlich sei die Untersagung auch verhältnismäßig, insbesondere könne die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG nicht durch Bedingungen, Befristungen oder Auflagen sichergestellt werden. Infolge der Untersagung der gewerblichen Sammlung sei es auch konsequent, das Entfernen der Sammelcontainer zu veranlassen.

17

Gegen den Bescheid der Beklagten legte die Klägerin am 8. Mai 2013 Widerspruch ein und suchte um vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutz nach, dem die erkennende Kammer mit Beschluss vom 25. Juni 2013 – 4 L 411/13.NW – stattgab.

18

Im Laufe des Vorverfahrens forderte der Stadtrechtsausschuss der Beklagten die Ausgangsbehörde auf, eine Beeinträchtigung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers anhand entsprechender Zahlen zu dokumentieren. Der um Rat gebetene ASK führte hierzu aus, dass die durchschnittliche Sammelmenge pro Kopf ca. 6 kg/Jahr betrage, sodass angesichts der Einwohnerzahl der Stadt Kaiserslautern von einer Sammelmenge von 600 Tonnen auszugehen sei. Dies werde durch die erfolgten Anzeigen gewerblicher Sammler unterlegt, die zusammen eine Sammelmenge von 598,24 Tonnen angegeben hätten. Der ASK sammle eine Altkleidermenge von ca. 30 Tonnen/Jahr. Im Jahr 2013 habe er einen Erlös von 300 €/Tonne erzielt. Die ZAK teilte außerdem im Juni 2014 mit, dass das Hol- und Bringsystem im Jahr 2013 insgesamt knapp 43 Tonnen Alttextilien erfasst habe. Für das Jahr 2014 könne mit einem Anstieg auf 63 Tonnen/Jahr gerechnet werden. Bisher habe sie einen Erlös in Höhe von 355 €/Tonne erwirtschaftet. Die ZAK legte ihrer Prognose bezüglich der Gefährdung der Gebührenstabilität aufgrund 16 angezeigter gewerblicher Sammlungen eine Gesamttextilmenge von 892,24 Tonnen/Jahr zugrunde.

19

Mit Widerspruchsbescheid vom 13. November 2014, der Klägerin am 19. November 2014 zugestellt, wies der Stadtrechtsausschuss der Beklagten den Widerspruch der Klägerin zurück.

20

Anders als im Ausgangsbescheid stützte der Stadtrechtsausschuss die Verfügung nicht nur auf § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG, sondern auch auf § 18 Abs. 2 KrWG. Nach Auffassung des Stadtrechtsausschusses habe die Klägerin den erforderlichen Nachweis einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung nicht vollständig erbracht. Zum einen fehle es an einem Nachweis des Einverständnisses des Grundstückseigentümers, auf dessen Grundstück die Sammlung stattfinden solle. Daneben sei das Zertifikat des Entsorgungsfachbetriebes am 7. Mai 2014 abgelaufen und ein aktuelles Zertifikat sei nicht vorgelegt worden. Eine Gewerbeanmeldung sei ebenfalls nicht nachgewiesen und schließlich sei der Detailgrad der Sortierung nicht hinreichend angegeben. Angesichts Letzterem bleibe die wesentliche Fragestellung, wie mit Restabfällen verfahren werde, die mit der reinen Erfassungsmenge vermischt werden, unbeantwortet. Da die Nutzer der Sammlung von Alttextilien, jedenfalls soweit sie über Container erfolge, regelmäßig nicht nur die erwünschten Alttextilien, sondern auch nicht unerhebliche Teilfraktionen an Restabfällen der Sammlung beimischten (sog. Fehlwürfe), sei der Nachweis der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung nicht nur in Bezug auf die reine Erfassungsmenge zu erbringen, sondern darüber hinaus auch für die unerwünschten Restabfälle. Weder in der Anmeldung noch zu einem späteren Zeitpunkt werde etwas dazu vorgetragen. Dass die Klägerin die Restabfälle über den kommunalen Entsorgungsträger AHA entsorge, sei bekannt. Allerdings habe die Klägerin nicht dargetan, in welchem Verhältnis die einzelnen Fraktionen anfallen bzw. üblicherweise anfallen (tatsächlicher Anteil der Wiederverwertung, Verarbeitung, Entsorgung).

21

Ungeachtet der unzureichenden Anzeige stünden der gewerblichen Sammlung der Klägerin auch öffentliche Interessen im Sinne des § 17 Abs. 3 KrWG entgegen. Es liege eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers vor. Einerseits werde nämlich die Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert. Dies sei zwar nicht allein auf die Sammlung der Klägerin zurückzuführen. Bei der Bewertung dieser tatbestandlichen Voraussetzung müsse jedoch eine Gesamtbetrachtung aller im Gemeindegebiet angezeigten gewerblichen und gemeinnützigen Sammlungen erfolgen. Nur die Addition aller abgeschöpften Mengen spiegle ein realistisches Bild wider. Neben der Klägerin hätten indes eine Reihe von gewerblichen Sammlern Sammlungen angezeigt; auch finde eine nicht geringe Anzahl von gemeinnützigen Sammlungen im Bereich der Beklagten statt. Die Beklagte habe im Widerspruchsverfahren eine Gesamtmenge von 1483,79 Tonnen von durch diese Sammlungen abgeschöpften Altkleidern angegeben, wobei sie sich hinsichtlich der Mengen strikt an die Angaben der jeweiligen Anzeiger gehalten habe. Wenn aber eine solche Menge abgeschöpft werde, dann habe dies zwangsläufig auf die Erfüllung der bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen Auswirkung. Dabei könne darauf abgestellt werden, ob der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger durch die gewerbliche Sammlung zu einer wesentlichen Änderung oder Anpassung seiner Entsorgungsstruktur gezwungen werde. Dies sei vorliegend der Fall, da der Entsorgungsträger eine Reihe von Wertstoffhöfen betreibe, um den Bürgern die Möglichkeit zu eröffnen, ihre Altkleider und -schuhe auf diesen Wertstoffhöfen abzuliefern. Der Betrieb solcher Wertstoffhöfe benötige eine hinreichende Auslastung. Sofern diese durch die Konkurrenz gewerblicher Sammler nicht mehr sichergestellt sei, drohe deren Schließung und mithin eine wesentliche Änderung bzw. Anpassung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsstruktur.

22

In diesem Zusammenhang müsse auch berücksichtigt werden, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger, anders als die gewerblichen Altkleidersammler, bei seiner Tätigkeit nicht ausschließlich nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten handele. Als Entsorgungsträger der Kommune müssten auch Bereiche abgedeckt werden, die für die gewerblichen Sammler uninteressant seien, da die Kosten die Erträge überwiegen. Auch in diesen uninteressanten Gebieten fielen aber Altkleider an, die als Wertstoff vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gesammelt und verwertet werden. Wenn hierbei ein wirtschaftlicher Gewinn erzielt werden könne, dann werde dieser – weil die Behörde nicht gewinnorientiert arbeiten dürfe – an die Bürger weitergegeben. Außerdem müsse beachtet werden, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger seine Sammlungen nicht vom aktuell zu erzielenden Tonnenpreis für Altkleider abhängig mache, sondern – gerade weil es seine öffentliche Aufgabe sei – diese Sammlung auch in Krisenzeiten durchführe.

23

§ 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG sei dahingehend auszulegen, dass bereits rein wirtschaftliche Nachteile aus der Tätigkeit des Sammlers für eine Gefährdung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsstruktur ausreichten. Gerade solche Nachteile sollten dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nicht zugemutet werden, denn die Erbringung der Entsorgungsdienstleistungen durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger solle zu möglichst niedrigen, sozialverträglichen Gebühren erfolgen und dies sei nur möglich, wenn die Möglichkeit der Quersubventionierung unrentabler mit rentablen Bereichen verbleibe. Durch die Sammelaktivitäten der Klägerin und der anderen angezeigten gewerblichen und gemeinnützigen Sammlungen entgingen dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger Einnahmen in beträchtlicher Höhe (hier geschätzte 419.000 €), weshalb er seine Entsorgungspflichten nicht mehr zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen erfüllen könne. Aufgrund der wegfallenden Einnahmen aus der Verwertung der Wertstoffe könne auch die Notwendigkeit einer Gebührenanpassung „nach oben“ in Zukunft nicht ausgeschlossen werden.

24

Andererseits sei eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers auch deshalb zu verzeichnen, weil durch die gewerbliche Sammlung eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu besorgen sei. Zwar vermöge der Stadtrechtsausschuss nicht abschließend zu beurteilen, ob tatsächlich die Stabilität der Gebühren als gefährdet anzusehen sei; die vorstehenden Ausführungen zu den Einflüssen der gewerblichen Sammlungen auf die Einnahmen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers würden insoweit als ausreichend im Sinne einer unerwünschten Entwicklung angesehen. Entscheidend sei jedoch, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger auf dem Gebiet der Stadt Kaiserslautern ein nach § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG geschütztes System betreibe und eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung anbiete.

25

Dagegen hat die Klägerin am 19. Dezember 2014 Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie vor:

26

Sie habe entgegen den Ausführungen des Stadtrechtsausschusses ihrer Anzeigepflicht gemäß § 18 Abs. 2 KrWG Genüge getan, insbesondere habe sie den Nachweis einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung erbracht. Auch sehe die genannte Vorschrift eine Verpflichtung, Pachtverträge, Sondernutzungserlaubnisse oder Einverständniserklärungen als Nachweis zu übersenden, nicht vor, sodass eine solche Vorlage von Seiten der Beklagten nicht verlangt werden dürfe. Der Begriff der „überwiegenden öffentlichen Interessen“ in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG und seine Ausgestaltung in § 17 Abs. 3 KrWG seien gemäß den Vorgaben des Europarechts restriktiv auszulegen. Die Vorschrift des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG sei bereits tatbestandlich nicht erfüllt. Überdies gestalte sich die Tätigkeit der Klägerin als leistungsfähiger, jedenfalls aber als ebenso leistungsfähig wie diejenige der Beklagten. Die Beklagte habe eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung nicht dargelegt. Angesichts der Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers dürfe nicht auf die Entsorgungsstrukturen für einzelne Abfallfraktionen, sondern nur auf die Funktionsfähigkeit im Ganzen abgestellt werden. Zu berücksichtigen seien also nicht etwa lediglich die Entsorgungsstrukturen für Altschuhe, sondern auch für Textilabfälle, Metalle, Papier und sonstige Wertstoffe aus Haushalten, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger ein Angebot bereitstelle. Allenfalls dann, wenn nachgewiesen werden könne, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder ein beauftragter Dritter hinsichtlich der Planbarkeit und Organisation der insofern vorgehaltenen Strukturen wesentlich beeinträchtigt würde, erschiene es überhaupt gerechtfertigt, eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers insgesamt im Rahmen des Regelbeispiels des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG zu vermuten. Schutz bestehe allein für die besondere Funktion der Entsorgungsaufgabe insgesamt. Ebenfalls habe die Beklagte nicht dargelegt, welche negativen Konsequenzen sich aus der uneingeschränkten „Zulassung“ gewerblicher Sammler – losgelöst von einer Mengenbetrachtung – in technischer, organisatorischer, personeller und wirtschaftlicher Hinsicht für den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger ergäben. Darüber hinaus könne die prognostizierte Gesamtsammelmenge sämtlicher gewerblicher Sammler für sich allein betrachtet keinen Ausschlag für eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers geben. Soweit sich die Beklagte in ihrer Untersagungsverfügung auf die Tatbestände der § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG bzw. § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG berufe, seien deren Voraussetzungen nicht dargelegt. Schließlich verstoße die Verfügung der Beklagten gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes für Bestandssammler und gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

27

Die Klägerin beantragt,

28

den Bescheid der Beklagten vom 9. April 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Stadtrechtsausschusses der Beklagten vom 13. November 2014 aufzuheben.

29

Die Beklagte beantragt,

30

die Klage abzuweisen.

31

Zur Begründung bezieht sie sich auf die im Ausgangs- und im Widerspruchsbescheid angestellten Erwägungen und verweist darüber hinaus auf aktuelle Entwicklungen in der Rechtsprechung.

32

Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie die Behördenakten Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der Beratung.

Entscheidungsgründe

33

Die Klage ist zulässig und begründet. Die Verfügung der Beklagten vom 9. April 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Stadtrechtsausschusses der Beklagten vom 13. November 2014 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO –). Gleiches gilt für die in dem Bescheid ebenfalls verfügte Androhung von Zwangsmitteln.

34

Die gegenüber der Klägerin erlassene Untersagungsverfügung kann nicht auf die Ermächtigungsgrundlage des § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG gestützt werden. Nach dieser Vorschrift hat die zuständige Behörde die Durchführung einer angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben, oder die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 oder Nr. 4 KrWG genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist.

35

1. Die Kammer kann zunächst offen lassen, ob die streitgegenständliche Untersagungsverfügung formell ordnungsgemäß zustande gekommen ist, insbesondere, ob die Beklagte für den Erlass des Bescheids sachlich zuständig war. Maßgeblich für die Bestimmung der Zuständigkeit ist § 17 Abs. 5 Landeskreislaufwirtschaftsgesetz – LKrWG –. Danach ist die untere Abfallbehörde (§ 17 Abs. 1 Satz 3 LKrWG) für die Durchführung des Anzeigeverfahrens nach § 18 KrWG einschließlich des Erlasses der erforderlichen Anordnungen zu angezeigten und nicht angezeigten Sammlungen zuständig. Soweit in diesem Zusammenhang Anordnungen nach § 18 Abs. 5 KrWG gegen Personen erlassen werden sollen, die gewerbliche Sammlungen durchführen oder durchführen wollen, stellt sich die Frage, inwieweit die Zuständigkeit einer Behörde begründet werden kann, die demselben Rechtsträger angehört wie der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger. Ein sich hieraus ergebender Interessenkonflikt könnte mit der Neutralitätspflicht der Behörde nach den Vorgaben des EU-Wettbewerbsrechts kollidieren (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 9. Oktober 2013 – 8 B 10783/13.OVG –, NVwZ-RR 2014, 135 m.w.N.; verneint in der Gesetzesbegründung, s. LT-Drucksache 16/2205 Seite 26). Anders als das Recht in anderen Bundesländern – etwa in Niedersachsen – sieht das rheinland-pfälzische Landesrecht jedoch keine – etwa § 42 Abs. 4 Niedersächsisches Abfallgesetz (NdsAbfG) entsprechende – Regelung vor, nach der in Fällen wie diesem eine Abgabe des Verfahrens an die obere Abfallbehörde in Betracht kommt, um nicht in eigener Sache entscheiden zu müssen (vgl. diesbezüglich die Rechtsprechung des OVG Niedersachsen, z.B. Beschluss v. 15.08.2013 – 7 ME 62/13 –, NVwZ-RR 2013, 957). Ob die innerorganisatorische Zuständigkeitsverteilung der Beklagten – den Bescheid hat das Referat Umweltschutz erlassen – den Anforderungen der Neutralitätspflicht in hinreichender Weise genügt, bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung. Denn die Untersagungsverfügung ist jedenfalls materiell rechtswidrig.

36

2. Die Untersagungsverfügung kann in materieller Hinsicht weder auf § 18 Abs. 5 Satz 2 Alternative 1 KrWG (2.1.) noch auf § 18 Abs. 5 Satz 2 Alternative 2 KrWG (2.2.) gestützt werden. Da es sich um einen Dauerverwaltungsakt handelt, ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Verfügung der der Beratung durch die Kammer (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798 /11 –, Bay. VGH, Beschluss vom 11. März 2014 – 20 ZB 13.2510 –; VG Koblenz, Urteil vom 29. Juli 2014 – 4 K 251/14.KO –, juris).

37

2.1. Nach § 18 Abs. 5 Satz 2 Alternative 1 KrWG hat die zuständige Behörde die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben.

38

Soweit die Beklagte die Unzuverlässigkeit der Klägerin daraus herleiten möchte, diese habe die beabsichtigte gewerbliche Sammlung nicht ordnungsgemäß angezeigt, vermag das Gericht dem nicht zu folgen.

39

Zwar ist die Klägerin Anzeigende im Sinne der genannten Vorschrift. Anzeigender ist der Träger der gewerblichen Sammlung, also die natürliche oder juristische Person, die die Sammlung in eigener Verantwortung durchführt oder durchführen lässt (vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 24. Februar 2015 – 9 K 2303/13 –, juris m.w.N.). Dies ist hier die Klägerin, der das Handeln ihres Geschäftsführers zuzurechnen ist.

40

Jedoch ist die Klägerin nicht unzuverlässig.

41

Der Begriff der Zuverlässigkeit ist im Kreislaufwirtschaftsgesetz nicht legaldefiniert. Nach übereinstimmender Auffassung beurteilt sich mangels eigenständiger Definition die Frage der Zuverlässigkeit im Sinne von § 18 Abs. 5 Satz 2 Alternative 1 KrWG nach den zu § 35 GewerbeordnungGewO – entwickelten Grundsätzen (s. z.B. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 4. März 2014 – 10 S 1127/13 –, GewArch 2014, 245). Unzuverlässig ist demnach im Allgemeinen ein Gewerbetreibender, wenn er nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß, d.h. im Einklang mit dem geltenden Recht betreibt (s. z.B. BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1982 – 1 C 146/80 –, NVwZ 1982, 503; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 20. Dezember 2010 – 6 B 11259/10.OVG – m.w.N.). Das in der Vergangenheit liegende Verhalten muss mittels einer Prognose daraufhin beurteilt werden, ob es auf eine Unzuverlässigkeit in der Zukunft schließen lässt; die Bejahung der Unzuverlässigkeit muss sich auf Tatsachen stützen lassen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 4. März 2014 – 10 S 1127/13 –, GewArch 2014, 245).

42

Die Regelung des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alternative 1 KrWG ist im Hinblick auf die Art. 12 und 14 Grundgesetz – GG – insoweit einschränkend auszulegen, als bloße Bedenken an der Zuverlässigkeit nicht für eine Untersagung ausreichen; vielmehr müssen die Bedenken ein so starkes Gewicht haben, dass sie gemessen am Rang der Grundrechte und der Schwere des potentiellen Schadens eine Untersagung rechtfertigen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19. Juli 2013 – 20 B 607/13 –, juris). Dies bedeutet, dass für die Annahme der Unzuverlässigkeit im Rahmen von § 18 Abs. 5 Satz 2 Alternative 1 KrWG bei prognostischer Betrachtung die Gefahr bestehen muss, dass es im Falle der weiteren Durchführung der Sammlung zu gewichtigen Verstößen gegen abfallrechtliche oder sonstige im unmittelbaren Zusammenhang mit der Sammlung einschlägige Vorschriften kommen wird. Unzuverlässig im Sinne des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alternative 1 KrWG ist daher, wer nicht die Gewähr dafür bietet, in Zukunft die abfallrechtlichen und sonstigen einschlägigen Vorschriften, insbesondere zur ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung von Abfällen (§ 7 Abs. 3 KrWG), einzuhalten (vgl. VG Bremen, Beschluss vom 25. Juni 2013 – 5 V 2112/12 – juris; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 24. Februar 2015 – 9 K 2303/13 –, juris).

43

Zwar kann auch eine unvollständige, die Vorgaben des § 18 Abs. 2 KrWG missachtende Anzeige grundsätzlich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden begründen (VG Bremen, Beschluss vom 25. Juni 2013 – 5 V 2112/12 –, juris). Nach § 18 Abs. 1 KrWG sind gewerbliche Sammlungen spätestens drei Monate vor ihrer beabsichtigten Aufnahme durch ihren Träger der zuständigen Behörde anzuzeigen. Der Anzeige sind Angaben über die Größe und Organisation des Unternehmens (§ 18 Abs. 2 Nr. 1 KrWG), Angaben über Art, Ausmaß und Dauer, insbesondere über den größtmöglichen Umfang und die Mindestdauer der Sammlung (§ 18 Abs. 2 Nr. 2 KrWG), Angaben über Art, Menge und Verbleib der zu verwertenden Abfälle ( § 18 Abs. 2 Nr. 3 KrWG), eine Darlegung der innerhalb des angezeigten Zeitraums vorgesehenen Verwertungswege einschließlich der erforderlichen Maßnahmen zur Sicherstellung ihrer Kapazitäten (§ 18 Abs. 2 Nr. 4 KrWG) sowie eine Darlegung, wie die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle im Rahmen der Verwertungswege gewährleistet wird (§ 18 Abs. 2 Nr. 5 KrWG), beizufügen. Diese Bestimmung steht im Dienste einer ordnungsgemäßen und schadlosen Abfallverwertung. Nach der Gesetzesbegründung sollen die von § 18 Abs. 2 KrWG geforderten Angaben der Behörde eine umfassende Prüfung ermöglichen und insbesondere als Grundlage für die Beurteilung dienen, ob der gewerblichen Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen (BT-Drucksache 17/6052, Seite 88). Die Anzeige einer gewerblichen Sammlung im Sinne des § 18 Abs. 1 und Abs. 2 KrWG ist mithin keine bloße Förmlichkeit von nachrangiger rechtlicher Bedeutung. Die rechtzeitige, richtige und vollständige Anzeige ist vielmehr unerlässliche Voraussetzung dafür, dass die zuständige Behörde prüfen kann, ob eine ordnungsgemäße und schadlose Abfallverwertung gesichert ist und ob der Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen (s. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG). Daher gilt, dass die von § 18 Abs. 2 KrWG geforderten Angaben und Darlegungen der zuständigen Behörde – mit Ausnahme der Konstellation des § 72 KrWG – vor Beginn der gewerblichen Sammlung richtig und vollständig vorliegen müssen (vgl. zu Letzterem: VGH Baden-Württemberg vom 11. Februar 2008 – 10 S 2422/07 –, VBlBW 2008, 295; zum Ganzen: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. September 2013 – 10 S 1345/13 –, UPR 2014, 33).

44

Danach können Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden im Sinne des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alternative 1 KrWG insbesondere dann bestehen, wenn die zuständige Behörde den Anzeigenden auf die Unvollständigkeit seiner Angaben hinweist und um eine Ergänzung bittet, dieser daraufhin jedoch nicht reagiert oder die nachgefragte Information sogar ausdrücklich verweigert. Dies setzt allerdings voraus, dass die von der Behörde geforderten Nachweise und Darlegungen nach § 18 Abs. 2 KrWG erforderlich sind (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. September 2013 – 10 S 1345/13 –, UPR 2014, 33).

45

a) Soweit die Beklagte den fehlenden Nachweis der Gewerbeanmeldung und den fehlenden Nachweis des Einverständnisses des Grundstückseigentümers, auf dessen Grundstück die Sammlung stattfindet, beanstandet, vermag dies die Untersagungsverfügung nicht zu stützen, weil derartige Nachweise bzw. Darlegungen nach § 18 Abs. 2 KrWG nicht erforderlich sind.

46

Dem Wortlaut des § 18 Abs. 2 KrWG ist nicht zu entnehmen, dass der Anzeige eine aktuelle personenbezogene Auskunft aus dem Gewerbezentralregister über die Betriebsinhaber und jeden Geschäftsführer der Firma bzw. eine aktuelle firmenbezogene Auskunft aus dem Gewerbezentralregister beizufügen sind. Der Katalog des § 18 Abs. 2 KrWG nennt derartige Unterlagen nicht. Auch der Umstand, dass ohne diese Nachweise die Zuverlässigkeit des Antragstellers eventuell nicht abschließend geprüft werden kann, rechtfertigt keine beliebige behördliche Erweiterung der gesetzlichen Anzeigepflichten. Der Gesetzgeber hat mit § 18 Abs. 1 und 2 KrWG – im Unterschied zu § 54 KrWG für gefährliche Abfälle – kein umfassendes Genehmigungsverfahren geschaffen, sondern lediglich eine Verpflichtung zur Anmeldung der Aufnahme der beabsichtigten Sammlungstätigkeit begründet. Die Vorschrift darf daher nicht so gehandhabt werden, als handele es sich um ein präventives Erlaubnisverfahren, in dem die Zuverlässigkeit oder die Fach- und Sachkunde der tätig werdenden Personen vorab nachzuweisen wären. Ein solches Verfahren sieht das Kreislaufwirtschaftsgesetz nur für Sammler, Beförderer, Händler und Makler gefährlicher Abfälle vor (§ 54 KrWG). Bei anderen Abfällen – wie hier – begründet der dann einschlägige § 53 KrWG lediglich eine Anzeigepflicht bei der zuständigen Behörde am Hauptsitz des Anzeigenden (§ 53 Abs. 1 Satz 3 KrWG). Im Rahmen der Prüfung einer solchen Anzeige kann diese Behörde die Vorlage von Unterlagen über den Nachweis der Zuverlässigkeit verlangen (§ 53 Abs. 3 Satz 2 KrWG). Aus dem Fehlen einer entsprechenden Regelung in § 18 Abs. 2 KrWG kann daher gefolgert werden, dass gegenüber der nach dieser Vorschrift zuständigen Abfallbehörde am Sammelort derartige Nachweise nicht mit der Anzeige beigebracht werden müssen; der Anzeigende ist mithin nicht gehalten, in sämtlichen Kommunen im Bundesgebiet jedes Mal, wenn er in deren Zuständigkeitsbereich eine einzelne Sammlung durchführen will, Nachweise für seine Zuverlässigkeit vorzulegen. Vielmehr ist es ausreichend, wenn er dem vor Aufnahme seiner abfallwirtschaftlichen Tätigkeit bei der zuständigen Behörde an seinem Hauptsitz nachkommt; die Abfallbehörde am Sammelort kann gegebenenfalls bei dieser Behörde die erforderlichen Erkundigungen einziehen (OVG Lüneburg, Beschluss vom 15. August 2013 – 7 ME 62/13 –, NVwZ-RR 2013, 957; zum Ganzen wörtlich: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. September 2013 – 10 S 1345/13 –, UPR 2014, 33).

47

Dementsprechend hat die Beklagte vorliegend die Anzeigepflichten gemäß § 18 Abs. 2 KrWG mit Blick auf den geforderten Nachweis der Gewerbeanmeldung überdehnt. Auch hat die Beklagte nicht dargetan, aus welchen sonstigen Umständen sich unabhängig von der Nichterfüllung der Anzeigepflichten Bedenken gegen die Zuverlässigkeit der Klägerin ergeben. Selbst wenn aber konkrete Zweifel an deren Zuverlässigkeit Anlass zu weiteren Nachforschungen geben sollten, hätte die Beklagte die Auskunft ohne Weiteres selbst – im Rahmen der Amtsermittlung – einholen können. Die Berechtigung der Behörde zur Einholung von Auskünften aus dem Gewerbezentralregister folgt aus § 150 a Abs. 1 Nr. 2 b i.V.m. § 149 Abs. 2 Nr. 1 b GewO. Auch nach § 9 HandelsgesetzbuchHGB – bedarf die Einsichtnahme in das Handelsregister nicht der Mitwirkung der Klägerin. Insoweit hätten der Beklagten bezüglich dieses Nachweises weit mildere Mittel zur Verfügung gestanden, sodass eine hierauf gestützte Untersagung jedenfalls auch unverhältnismäßig ist (vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. September 2013 – 10 S 1345/13 –, UPR 2014, 33).

48

b) Auch die Forderung, die bestehende privatrechtliche Vereinbarung mit den jeweiligen Grundstückseigentümern, auf deren Grundstück die Sammelcontainer aufgestellt sind, nachzuweisen, ist von § 18 Abs. 2 KrWG nicht gedeckt.

49

Der Wortlaut der Vorschrift des § 18 Abs. 2 KrWG gebietet ausdrücklich weder eine Verpflichtung des gewerblichen Sammlers, Containerstandortlisten mit genauen Adressen vorzulegen, noch eine Verpflichtung, Pachtverträge, Sondernutzungserlaubnisse oder Einverständniserklärungen zum Aufstellen der Sammelcontainer zu übersenden (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. September 2013 – 10 S 1345/13 –, UPR 2014, 33).

50

Die Vorlage der genannten Nachweise ist auch nicht erforderlich, um im Sinne von § 18 Abs. 2 Nr. 2 KrWG Art, Ausmaß, Dauer und Umfang der Sammlung feststellen zu können. Wenn § 18 Abs. 2 Nr. 2 KrWG von dem gewerblichen Sammler Angaben über Art, Ausmaß und Dauer, insbesondere über den größtmöglichen Umfang und die Mindestdauer der Sammlung verlangt, bedeutet dies, dass der Sammler den Gegenstand der Sammlung (was soll gesammelt werden?), den räumlichen Umfang der Sammlung (wo im Landkreisgebiet bzw. Stadtgebiet soll gesammelt werden?), den zeitlichen Umfang der Sammlung (wann, wie oft und wie lange soll gesammelt werden und welche Mindestdauer ist geplant?) und die Art der Durchführung der Sammlung (wird im Hol- oder Bringsystem, in Eigenregie oder durch einen Dritten gesammelt?) darzulegen hat. Um das Ausmaß der Sammlung ermitteln zu können, dürfte es auch nicht zu beanstanden sein, wenn die zuständige Behörde die Anzahl und die Größe der Container und ihre Verteilung auf die Gemeindegebiete abfragt. Die Befragung nach genau bezeichneten Stellplätzen oder danach, ob der Sammler über die erforderlichen straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnisse sowie die privatrechtlichen Einverständniserklärungen und Verträge für die einzelnen Stellflächen verfügt, findet aber keine Rechtsgrundlage in § 18 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 KrWG (ebenso VG Augsburg, Urteil vom 27. Februar 2013 – Au 6 K 12.1415 – juris; VG Würzburg, Beschluss vom 16. Oktober 2012 – W 4 S 12.833 –, juris; zum Ganzen wörtlich: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. September 2013 – 10 S 1345/13 –, UPR 2014, 33).

51

Soweit die Beklagte einwendet, die privatrechtliche Einverständniserklärung würde benötigt, um sicherzustellen, dass die Verwertung von Abfällen ordnungsgemäß und schadlos im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG erfolge, überzeugt dies nicht. Nach § 18 Abs. 2 Nr. 5 KrWG sind der Anzeige einer gewerblichen Sammlung u.a. Unterlagen beizufügen, die nachweisen, wie die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle im Rahmen der Verwertungswege gewährleistet wird. § 18 Abs. 2 Nr. 5 KrWG dient – wie die Bezugnahme auf Nummer 4 zeigt – mithin in erster Linie der transparenten und nachvollziehbaren Offenlegung der Verwertungswege. Im Übrigen dürften die geforderten Angaben zur Prüfung der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung nicht erforderlich sein (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. September 2013 – 10 S 1345/13 –, UPR 2014, 33). Nach § 7 Abs. 3 KrWG erfolgt die Verwertung ordnungsgemäß, wenn sie im Einklang mit den Vorschriften dieses Gesetzes und anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften steht. Sie erfolgt schadlos, wenn nach der Beschaffenheit der Abfälle, dem Ausmaß der Verunreinigungen und der Art der Verwertung Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit nicht zu erwarten sind, insbesondere keine Schadstoffanreicherung im Wertstoffkreislauf erfolgt. Unter Berücksichtigung dessen kann die Kammer nicht erkennen, welche Bedeutung die Vorlage von Pachtverträgen, Sondernutzungserlaubnissen oder Einverständniserklärungen für die Frage haben soll, ob die Verwertung der Abfälle ordnungsgemäß und schadlos erfolgt.

52

c) Die Beklagte kann schließlich eine Unzuverlässigkeit der Klägerin wegen (vermeintlich) fehlerhafter Anzeige auch nicht damit begründen, das von der Klägerin vorgelegte Zertifikat sei am 7. Mai 2014 abgelaufen und ein aktuelles Zertifikat sei nicht vorgelegt worden sei, ferner habe die Klägerin zu der Frage, wie mit Restabfällen (sog. Fehlwürfen) verfahren werde, nicht Stellung bezogen. Eine Verletzung der Anzeigepflicht durch die Klägerin ist diesbezüglich nicht zu erkennen.

53

Zum einen hat die Klägerin im Laufe des Verfahrens ein aktuelles, bis zum 17. Mai 2016 gültiges Zertifikat des TÜV Thüringen vorgelegt, laut dem der Betrieb der Klägerin als Entsorgungsfachbetrieb gemäß der Entsorgungsfachbetriebeverordnung anerkannt ist. Insofern kann das Gericht die Frage dahinstehen lassen, ob die Vorlage eines solchen Zertifikates überhaupt zu den erforderlichen Angaben im Sinne des § 18 Abs. 2 KrWG gehört.

54

Zum anderen ist die Auffassung des Stadtrechtsausschusses in Bezug auf die die (vermeintlich) fehlenden Angaben der Klägerin bezüglich des Umgangs mit sog. Fehlwürfen für die Kammer nicht überzeugend. Nach den Ausführungen im Widerspruchsbescheid sei angesichts der Anzeige der Klägerin nicht klar, wie mit Restabfällen verfahren werde, die mit der reinen Erfassungsmenge der Alttextilien vermischt seien. Der Nachweis einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung sei jedoch nicht nur in Bezug auf die reine Erfassungsmenge, sondern darüber hinaus auch für unerwünschte Restabfälle (Fehlwürfe) zu erbringen. Im Folgenden erklärt der Stadtrechtsausschuss jedoch zutreffend, dass die Klägerin dargelegt habe, die bei ihr anfallenden Restabfälle (im Umfang von ca. 15 % der Gesamtsammelmenge) würden durch den kommunalen Entsorgungsträger AHA (Region Hannover) einer energetischen Verwertung zugeführt. Diese Angaben seien jedoch aus Sicht der Widerspruchsbehörde deshalb unzureichend, da nicht ersichtlich sei, „in welchem Verhältnis die einzelnen Fraktionen anfallen bzw. üblicherweise anfallen (tatsächlicher Anteil der Wiederverwertung, Verarbeitung, Entsorgung)“. Sofern der Stadtrechtsausschuss hiermit auf die Gesamtsammelmenge der Klägerin rekurriert, liegen entsprechende Angaben der Klägerin vor. Soweit der Stadtrechtsausschuss allerdings eine anteilige Aufschlüsselung der Fehlwürfe erwartet, kann dies von der Klägerin nicht verlangt werden. Diese hat angegeben, dass sie Fehlwürfe in einem Umfang von ca. 15 % der Gesamtsammelmenge zu verzeichnen habe. Die Fehlwürfe würden aussortiert und anschließend dem kommunalen Entsorgungsträger (AHA) zwecks energetischer Verwertung überlassen. Inwieweit dieser wiederum den ihm als „Fehlwürfe“ von Seiten der Klägerin überlassenen Abfall entsprechend der Pflichten nach dem KrWG wiederverwendet, recycelt, verwertet oder beseitigt, ist von Seiten der Klägerin nicht dezidiert darzulegen. Insoweit ist zu beachten, dass die zuständige Behörde gleichsam keine überhöhten Anforderungen an die Darlegungen nach § 18 Abs. 2 KrWG stellen darf (Karpenstein/Dingemann in: Jarass/Petersen, Kreislaufwirtschaftsgesetz, 2014, § 18 Rn. 45 m.w.N.). Dies wäre aber der Fall, müsste die Klägerin vorliegend auch darlegen, wie der kommunale Entsorgungsträger die ihm von ihr überlassenen Abfälle im Einzelnen quotenmäßig verwertet. Dies dürfte bereits deshalb kaum zu bewältigen sein, weil es sich bei Fehlwürfen naturgemäß um unterschiedlichste Abfallfraktionen handeln kann, die sich obendrein nicht vorhersehen lassen (da es sich gerade um „Fehl“-Würfe handelt), sodass generelle Aussagen zur Wiederverwendbarkeit, Recycelbarkeit und Verwertbarkeit nur schwerlich getroffen werden können. Im Übrigen aber fällt die Entscheidung des Umgangs mit den überlassenen Fehlwürfen in den Aufgabenbereich des kommunalen Entsorgungsträgers. Dafür, dass dieser seinen Pflichten nach dem KrWG nicht nachkommt, bestehen indes keinerlei Anhaltspunkte. Insofern genügt die Klägerin ihrer Anzeigepflicht jedenfalls dadurch, dass sie anzeigt, die bei ihr anfallenden Fehlwürfe über den kommunalen Entsorgungsträger einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zuzuführen.

55

d) Selbst wenn man indes – entgegen der Auffassung der Kammer – von fehlenden Angaben der Klägerin ausgehen würde, wäre die Untersagungsverfügung damit vorliegend nicht rechtmäßig.

56

Bei einer unzureichenden Anzeige – wie sie die Beklagte vorliegend annimmt – lässt sich nicht abschließend feststellen, dass die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle nur durch ihre Untersagung gewährleistet werden kann. Angesichts dessen kann die Unvollständigkeit der Angaben zur ordnungsgemäßen Verwertung nicht mit deren Nichtvorliegen gleichgesetzt werden. Insoweit ist die Betroffenheit des Unternehmers durch eine Beeinträchtigung seines Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG und gegebenenfalls Art. 14 GG zu berücksichtigen (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschlüsse vom 9. Juli 2014 – 8 B 10427/14.OVG – und vom 9. Oktober 2013 – 8 B 10791/13.OVG –, NVwZ-RR 2014, 135; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19. Juli 2013 – 20 B 607/13 –, juris; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 16. Januar 2014 – 10 S 2273/13 –, UPR 2014, 235; Beckmann in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 74. EL 2014, § 18 KrWG, Rn. 22).

57

Daraus folgt: Bevor die Behörde von der Unzuverlässigkeit des Betroffenen wegen Nichterfüllung seiner Anzeigepflichten ausgehen darf, hat sie mildere Mittel zu ergreifen, um auf die Erfüllung der Anzeigepflichten hinzuwirken. Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kommt deshalb der behördlichen Durchsetzung der Anzeigepflicht grundsätzlich Vorrang gegenüber der sofortigen Untersagung der Sammlung zu. Die Rechtsgrundlage hierfür findet sich in § 62 i.V.m. § 18 Abs. 2 KrWG. Danach kann die zuständige Behörde die erforderlichen Anordnungen zur Durchführung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes, also auch des § 18 Abs. 2 KrWG, treffen. Um einer entsprechenden Anordnung Nachdruck zu verleihen, kann die Behörde ein Zwangsgeld mit dem Verwaltungsakt androhen (§ 64, 66 Landesverwaltungsvollstreckungsgesetz – LVwVG –), das nach einer erfolglosen Festsetzung beigetrieben werden kann. Als Beugemittel kann ein Zwangsgeld auch mehrfach angedroht und ggf. festgesetzt werden, um den Betroffenen zur Erfüllung seiner Handlungspflicht(en) zu bewegen (VGH Baden-Württemberg vom 20. September 2005 – 10 S 971/05 –, VBlBW 2006, 32; zum Ganzen wörtlich: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. September 2013 – 10 S 1345/13 –, UPR 2014, 33).

58

Dies hat die Beklagte vorliegend nicht ausreichend beachtet. Nachdem die Beklagte im Ausgangsbescheid die Klägerin zur Ergänzung ihrer Anzeige aufgefordert hatte und diese der Aufforderung nachkam, entschied die Beklagte im Ausgangsbescheid auf der Grundlage der aus ihrer Sicht nun vervollständigten Angaben im Sinne des § 18 Abs. 2 KrWG. Folgerichtig stützte die Beklagte die Untersagungsverfügung vom 9. April 2013 nicht auf das Fehlen etwaiger Nachweise im Sinne des § 18 Abs. 2 KrWG. Erst der Stadtrechtsausschuss beanstandete im Rahmen seiner Begründung des Widerspruchsbescheids weitere fehlende Angaben im Anzeigeverfahren. Bevor jedoch in diesem neuerlichen Verfahrensstadium eine Untersagungsverfügung auf fehlende Angaben im Rahmen des Anzeigeverfahrens hätte gestützt werden können, hätte der Stadtrechtsausschuss seinerseits auf die – aus seiner Sicht fehlenden – Nachweise hinweisen und entsprechend auf die Vervollständigung der Angaben durch die Klägerin hinwirken müssen. Dies muss vorliegend umso mehr gelten, als sich die Klägerin bereits gegenüber der Ausgangsbehörde kooperativ zeigte und deren formloser Aufforderung zur Vervollständigung der Anzeige beanstandungsfrei nachkam. Insofern wäre es auch Sache des Stadtrechtsausschusses gewesen, vor einer Untersagung der Sammlung aufgrund fehlender Darlegungen im Sinne des § 18 Abs. 2 KrWG auf die Komplettierung der Angaben hinzuwirken; zumal die Klägerin angesichts der vorangehenden Entscheidung der Ausgangsbehörde davon ausgehen durfte, dass sie, nachdem sie deren Aufforderung zur Vervollständigung der Angaben nachgekommen war, ihrer Anzeigepflicht genüge getan hat. Auch der Stadtrechtsausschuss hat insoweit den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren. Die umgehende Untersagung der Sammlung – wie sie der Stadtrechtsausschuss hier vorgenommen hat – durfte demgemäß nicht erfolgen.

59

2.2. Entgegen der Auffassung der Beklagten kann die Untersagungsverfügung auch nicht auf § 18 Abs. 5 Satz 2 Alternative 2 KrWG gestützt werden. Danach ist die Sammlung zu untersagen, wenn die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 oder Nr. 4 KrWG genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist.

60

Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG besteht eine Überlassungspflicht an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nicht für Abfälle, die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, es sei denn, überwiegende öffentliche Interessen stünden der Sammlung entgegen. Gemäß § 17 Abs. 3 KrWG stehen einer gewerblichen Sammlung überwiegende öffentliche Interessen nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des aufgrund einer Rechtsverordnung nach § 25 KrWG eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung seiner Pflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird (§ 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG). Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt (§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1) oder die Stabilität der Gebühren gefährdet wird (§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG) oder die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird (§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG). Gemäß § 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG sollen die Bestimmungen des Satzes 3 Nrn. 1 und 2 nicht gelten, wenn die vom gewerblichen Sammler angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle wesentlich leistungsfähiger ist als die von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder dem von ihm beauftragten Dritten bereits angebotene oder konkret geplante Leistung.

61

2.2.1. Diese „Regelungskaskade“ steht entgegen der Zweifel der Klägerin nach Auffassung der Kammer mit Europarecht in Einklang, bedarf dazu aber einer europarechtskonformen Auslegung und Anwendung.

62

Zwar stellen gesetzliche Überlassungspflichten im Abfallrecht Beschränkungen der Warenverkehrsfreiheit (Art. 28 ff. des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union – AEUV –) und der Wettbewerbsfreiheit (Art. 101 ff. AEUV) dar (so ausdrücklich auch die Gesetzesbegründung zu § 17 KrWG, BT-Drucksache 17/6052, Seite 85). Diese sind jedoch grundsätzlich europarechtlich gerechtfertigt. Dabei kann allerdings bei getrennt gesammelten Abfällen zur Verwertung aus privaten Haushaltungen nicht auf das sekundäre EU-Recht (Abfallrahmenrichtlinie, Abfallverbringungsverordnung) zurückgegriffen werden, weil dieses Recht insoweit nicht anwendbar ist (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, DVBl 2013, 1537; VG Hamburg, Urteil vom 9. August 2012 – 4 K 1905/10 –, ZUR 2013, 43, 44 f.). Die Rechtfertigung ergibt sich jedoch aus Art. 106 Abs. 2 AEUV. Denn bei der Entsorgung von Abfällen aus privaten Haushaltungen handelt es sich um eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Sinne der genannten Norm. Die mitgliedstaatliche gesetzliche Zuweisung von zur Verwertung bestimmten Abfallfraktionen aus privaten Haushaltungen an die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (§ 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG) ist mithin dem Grunde nach durch Art. 106 Abs. 2 AEUV gedeckt. Diese Beschränkung der Warenverkehrsfreiheit und der Wettbewerbsfreiheit nach Art. 106 Abs. 2 AEUV ist allerdings nur gerechtfertigt, soweit die Abfallentsorgung ohne monopolartige öffentlich-rechtliche Entsorgungsstrukturen rechtlich oder tatsächlich „verhindert“ würde. Dafür ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zwar eine Existenzgefährdung des mit der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betrauten Aufgabenträgers nicht notwendig. Es genügt vielmehr, dass ohne die Exklusivrechte die Erfüllung der dem Unternehmen übertragenen Aufgaben gefährdet wäre oder dass jene Rechte erforderlich sind, um ihrem Inhaber die Erfüllung seiner Aufgaben zu wirtschaftlich annehmbaren Bedingungen zu ermöglichen; bloße Zweckmäßigkeitserwägungen können dagegen die Schaffung von Monopolstrukturen nicht rechtfertigen (vgl. EuGH, Urteil vom 17. Mai 2001 - Rs. C-340/99 -, Slg. 2001, I-4109; Urteil vom 15. November 2007 - Rs. C-162/06 -, Slg. 2007, I-9911).

63

Diesen europarechtlichen Anforderungen wird § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG dadurch gerecht, dass „überwiegende öffentliche Interessen“ nach § 17 Abs. 3 KrWG in Anlehnung an die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu Art. 106 Abs. 2 AEUV konkretisiert werden. Darauf weist die Gesetzesbegründung ausdrücklich hin und betont, nach der Kollisionsklausel des § 17 Abs. 3 KrWG, für deren Auslegung „primär die Rechtsprechung des EuGH zu Artikel 106 Absatz 2 AEUV heranzuziehen“ sei, hätten öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger, Drittbeauftragte und Rücknahmesysteme „zwar Beeinträchtigungen hinzunehmen, ihre Funktionsfähigkeit muss jedoch gewahrt bleiben“ (BT-Drucksache 17/6052, Seite 87). Die Kammer hat daher – in Übereinstimmung mit dem VGH Baden-Württemberg (Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, DVBl 2013, 1537) keinen Zweifel daran, dass dieses Verständnis des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 KrWG den Vorgaben des Art. 106 Abs. 2 AEUV in der Auslegung des Europäischen Gerichtshofs gerecht wird. Folglich steht die Normgeltung auch insoweit außer Frage.

64

Der „soweit“-Satz in Art. 106 Abs. 2 AEUV ist rechtsnormativer Ausdruck des Gebots der „Erforderlichkeit“ (Wernicke in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Stand Januar 2015, Art. 106 AEUV Rn. 63 und Rn. 72). Seine Anwendung auf dem Gebiet der Abfallentsorgung ist geklärt (s. z.B. EuGH, Urteil vom 25. Juni 1998 - Rs. C-203/96 - Slg. 1998, I-4075). Eine Beschränkung der Warenverkehrsfreiheit und der Wettbewerbsfreiheit ist rechtlich nur zulässig, soweit es dem Inhaber eines ausschließlichen Rechts ermöglicht werden muss, seine im Allgemeininteresse liegende Aufgabe unter wirtschaftlich tragbaren Bedingungen zu erfüllen; eingeschlossen ist darin die Möglichkeit eines Ausgleichs zwischen den rentablen und den weniger rentablen Tätigkeitsbereichen (s. z.B. EuGH, Urteil vom 25. Oktober 2001 - Rs. C-475/99 - Slg. 2001, I-8089). Bedeutsam ist das Gebot der “Erforderlichkeit” bei trennbaren Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse. Steht ein milderes Mittel zur Gewährleistung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsstrukturen zur Verfügung, sind Monopolstrukturen im Entsorgungsbereich insoweit nicht erforderlich (Petersen, NVwZ 2009, 1063, 1070; Petersen/Doumet/Stöhr, NVwZ 2012, 521, 526). Maßgebend ist die Beurteilung im Einzelfall (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, DVBl 2013, 1537).

65

Auch vor diesem europarechtlichen Hintergrund hat die Kammer keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit und Wirksamkeit des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 KrWG. Die gesetzliche Regelung nimmt keine europarechtswidrige (vgl. dazu Petersen, NVwZ 2009, 1063, 1070; Suhl, AbfallR 2012, 201, 212 f.) pauschale Zuordnung der getrennt erfassten Abfälle zur Verwertung aus privaten Haushaltungen an die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger vor. Ausdrücklich betont die Gesetzesbegründung, die Einräumung exklusiver Rechte für jene Aufgabenträger stehe unter dem Vorbehalt der „Erforderlichkeit“; daher komme den Ausnahmetatbeständen, insbesondere der gewerblichen Sammlung (§ 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG), eine wichtige Funktion zu, weil der vom Gesetz eingeräumten Möglichkeit gewerblicher Sammlungen im Bereich der Hausmüllentsorgung der Warenverkehrs- und Wettbewerbsfreiheit der notwendige Raum gegeben und dadurch die Verhältnismäßigkeit der Überlassungspflichten sichergestellt werde (BT-Drucksache 17/6052, Seite 85 f.). Daraus wird deutlich, dass die grundsätzliche Zuständigkeit öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger für getrennt gesammelte Abfallfraktionen deshalb europarechtskonform ist, weil auch gewerbliche Sammlungen nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG zugelassen werden können (Petersen/Doumet/Stöhr, NVwZ 2012, 521, 526; zum Ganzen ausdrücklich: Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, DVBl 2013, 1537). Insofern stehen die §§ 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 KrWG im Dienste des Art. 106 Abs. 2 AEUV. Die Vorschriften verfolgen also das Ziel, die praktische Wirksamkeit des EU-Rechts zu bewerkstelligen. Dazu trägt auch die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast bei; im Rahmen des Art. 106 Abs. 2 AEUV obliegt dem Mitgliedstaat bzw. dem Aufgabenträger, der sich zu seinen Gunsten auf diese Bestimmung beruft, der Nachweis für das Vorliegen der Privilegierungsvoraussetzungen (EuGH, Urteil vom 17. Mai 2001 - Rs. C-340/99 - Slg. 2001, I-4109). Diese verfahrensrechtliche Vorkehrung trägt zur europarechtskonformen Anwendung des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 KrWG bei, so dass auch von daher an der Normgeltung ernsthafte Zweifel nicht bestehen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, DVBl 2013, 1537).

66

Zudem lässt sich der Gesetzesbegründung entnehmen, dass mit Hilfe der Kollisionsklauseln der §§ 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 KrWG die einer gewerblichen Sammlung im Einzelfall entgegenstehenden öffentlichen Interessen bestimmt und im Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH abgewogen werden sollen (vgl. BT-Drucksache 17/6042, Seite 87). Entsprechend wird man bei der Auslegung und Anwendung der Vorschriften den Einfluss des Europarechts zu berücksichtigen haben. Inwieweit aber eine – über eine am Wortlaut bzw. Wortsinn orientierte – europarechtskonforme Auslegung geboten ist, wird in Rechtsprechung und Literatur kontrovers diskutiert. Nach Auffassung der Kammer lässt sich diese Rechtsfrage – ungeachtet der generellen Feststellung der europarechtlichen Determination der Vorschriften – nur unter konkreter Bezugnahme auf die einschlägige Variante des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG bzw. den in Rede stehenden Tatbestand des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG (i.V.m. § 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG) und unter Berücksichtigung der Prämisse beantworten, ob es dem Gesetzgeber gelungen ist, die „überwiegenden öffentlichen Interessen“ hinreichend konkret und auf das erforderliche Maß beschränkt zu definieren und damit den europarechtlichen Vorgaben hinreichend zur Geltung zu verhelfen.

67

2.2.2. Die Untersagungsverfügung muss auch der in § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG normierten Rechtmäßigkeitsanforderung der „Erforderlichkeit“ genügen.

68

Dazu hat der VGH Baden-Württemberg in seinem zitierten Beschluss vom 9. September 2013 zutreffend ausgeführt:

69

„Eine Untersagungsverfügung darf nach § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG nur erlassen werden, wenn die Einhaltung der Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG „anders nicht zu gewährleisten ist“. Diese gesetzliche Vorgabe stellt eine Konkretisierung des Übermaßverbots (Grundsatz der Verhältnismäßigkeit i. w. S.) dar (NdsOVG, a. a. O., S. 221). Die Untersagung, d.h. ein vollständiges Verbot einer gewerblichen Sammlung stellt im Vergleich mit anderen Reglementierungen (…) den intensivsten Eingriff in die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) eines gewerblichen Sammlers dar und kommt daher bereits aus verfassungsrechtlichen Gründen nur als ultima ratio in Betracht (NdsOVG, a.a.O., S. 221; OVG NRW, Beschl. v. 19.07.2013 - 20 B 122/13 - juris RdNr. 18; VG Würzburg, a. a. O., RdNr. 47; Dippel in: Schink/Versteyl, a. a. O., § 18 RdNr. 24). Dies setzt voraus, dass die Untersagungsverfügung im konkreten Fall die einzige geeignete Maßnahme zur Einhaltung der Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG ist (OVG Hamburg, a. a. O., RdNr. 12). Die Beachtung dieser Anforderungen stellt § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG dadurch sicher, dass die zuständige Behörde zu einer entsprechenden Prüfung verpflichtet ist (Schomerus, in: Ver-steyl/Mann/Schomerus, a. a. O., § 18 RdNr. 16).

70

In der Sache nimmt die Formulierung „anders nicht zu gewährleisten“ – wie schon die Gesetzessystematik nahelegt – die in § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG genannten behördlichen Befugnisse in Bezug, weil deren Ausübung die Berufsfreiheit des gewerblichen Sammlers weniger belasten würde als ein vollständiges Verbot (OVG Hamburg, a. a. O., RdNr. 12; Dippel in: Schink/Versteyl, a. a. O., § 18 RdNr. 24). Trifft das im konkreten Fall zu, steht ein milderes Mittel zur Sicherung der Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG zur Verfügung, so dass durch ein behördliches Vorgehen nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG dem durch § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG angeordneten „Interventionsminimum“ (Gebot des schonendsten Eingriffs) Rechnung zu tragen ist (NdsOVG, a. a. O., S. 221; VG Würzburg, a. a. O., RdNr. 48). ….

71

Nach diesem System abgestufter Eingriffsbefugnisse muss die zuständige Behörde im konkreten Fall darlegen, warum an Stelle des Verbots nicht eine mildere Maßnahme zur Sicherung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers (bzw. des von diesem beauftragten Dritten) in Betracht kommt (NdsOVG, a. a. O., S. 221; VG Würzburg, a. a. O., RdNr. 49). Durchzuführen ist stets eine zweistufige Prüfung: Zunächst ist der Erlass von Maßnahmen nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG zwecks Sicherstellung der Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG zu prüfen; kommt ein milderes Mittel im konkreten Fall nicht in Betracht, ist eine Untersagung der gewerblichen Sammlung zu prüfen (Schwind in: v. Lersner/Wenden-burg/Versteyl, a. a. O., § 18 KrWG RdNr. 64; Schomerus in: Versteyl/Mann/Schomerus, a. a. O., § 18 RdNr. 16; eingeräumt auch von Dageförde/Thärichen, AbfallR 2013, 125, 136, mit der – hier nicht gegebenen – Einschränkung des absoluten Schutzes des Ausschreibungswettbewerbs nach § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG). Der zuständigen Behörde ist es folglich versagt, sogleich zur Untersagungsverfügung zu greifen, ohne zuvor den Erlass milderer Maßnahmen nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG ausgelotet zu haben.

72

§ 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG normiert, anders als § 62 KrWG, eine gebundene Verwaltungsentscheidung. Wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage erfüllt sind, muss die zuständige Behörde eine Untersagung der gewerblichen Sammlung vornehmen; Ermessen räumt das Gesetz der Behörde nicht ein. Im Regelungsgefüge des § 18 Abs. 5 KrWG fungiert Satz 2 allerdings als ultima ratio; das Verbot einer angezeigten Sammlung kommt nur in Betracht, wenn die Einhaltung bestimmter gesetzlicher Vorgaben „anders nicht zu gewährleisten ist“, d. h. Maßnahmen nach Satz 1 des § 18 Abs. 5 KrWG insbesondere die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG nicht sicherzustellen vermögen.“

73

2.2.3. Diesen Anforderungen werden die Untersagungsverfügung vom 9. April 2013 und der Widerspruchsbescheid vom 13. November 2014 nicht hinreichend gerecht. Die Beklagte hat weder die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Untersagung nach § 18 Abs. 5 Satz 2 i. V. m. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 Satz 3 Nrn. 1 und 2 KrWG hinreichend dargelegt (a.) noch sich in gebotener Weise damit auseinandergesetzt, ob an Stelle des Verbots der gewerblichen Sammlungen nicht eine mildere Maßnahme zur Sicherung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers in Betracht kommt (b.).

74

a. Die Kammer kann mit Blick auf die Ausführungen der Beklagten überwiegende öffentliche Interessen, die der Sammlung der Klägerin entgegenstehen könnten, nicht erkennen.

75

aa. Zunächst braucht nicht näher geprüft zu werden, ob die Beklagte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung von Abfällen durchführt (s. § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG). Jedenfalls muss auch bei Vorliegen einer hochwertigen Erfassung und Verwertung von Abfällen immer berücksichtigt werden, dass eine wesentliche Beeinträchtigung von Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers vorliegen muss (OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 9. Oktober 2013 – 8 B 10791/13.OVG –, NVwZ-RR 2014, 135). Wegen der europarechtlichen Vorgaben ist das Vorliegen einer Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG durch eine gewerbliche Sammlung von Abfällen aus privaten Haushaltungen auf konkrete, nachprüfbare Tatsachen zu stützen (vgl. Karpenstein/Dingemann in: Jarass/Petersen, a.a.O., § 17, Rn. 160 m.w.N.); die für den Erlass einer Untersagungsverfügung zuständige Behörde trägt insoweit die Darlegungslast (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 9. Oktober 2013 – 8 B 10783/13.OVG –, NVwZ-RR 2014, 135 m.w.N.; VG Neustadt, Urteil vom 7. April 2014 – 4 K 717/13.NW –, juris). An den Nachweis der Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers sind hohe Anforderungen zu stellen. Bloße Hypothesen oder Mutmaßungen sind insofern nicht ausreichend. Das Vorbringen der Beklagten wird diesen Anforderungen aus mehreren Gründen – die nachstehend in Anbetracht der jeweiligen Alternative des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG näher ausgeführt werden – nicht gerecht. Zu diesem Ergebnis kommt die Kammer sowohl mit Blick auf § 17 Abs. 3 Satz 2 Alternative 1 KrWG als auch mit Blick auf § 17 Abs. 3 Satz 2 Alternative 2 KrWG i.V.m. § 17 Abs. 3 Satz 3 Nrn. 1 und 2 KrWG.

76

Nach § 17 Abs. 3 Satz 2 Alternative 1 KrWG ist eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert wird. Dabei ist zu betonen, dass die gewerbliche Sammlung zu einer „Verhinderung“ der Aufgabenerfüllung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen führen muss; eine bloße Beeinträchtigung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist demgegenüber nicht ausreichend und demzufolge hinzunehmen. Dies folgt sowohl aus dem Wortlaut als auch der Systematik der Vorschrift (Karpenstein/Dingemann in: Jarass/Petersen, a.a.O., § 17 Rn. 164). Bezugspunkt der Prüfung sind dabei die gesamten den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nach § 20 KrWG treffenden Entsorgungspflichten. Es kommt nicht darauf an, ob der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bei Durchführung der gewerblichen Sammlung seine Entsorgungspflichten im Hinblick auf die konkrete Abfallfraktion zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen erfüllen kann (vgl. Karpenstein/Dingemann in: Jarass/Petersen, a.a.O. § 17 Rn. 164). Derartige Auswirkungen der gewerblichen Sammlung der Klägerin konnte die Beklagte nicht hinreichend darlegen; ihr Vortrag wird den besagten hohen Anforderungen an einen entsprechenden Nachweis nicht gerecht.

77

In ihrem Widerspruchsbescheid (der Ausgangsbescheid nimmt auf § 17 Abs. 3 Satz 2 Alternative 1 KrWG nicht Bezug) führt die Beklagte lediglich Behauptungen an, die sie nicht anhand von Tatsachen bzw. belastbarer Zahlen belegt. So gibt die Beklagte an, angesichts einer abgeschöpften Gesamtmenge an Altkleidern und -schuhen von 1.483,79 Tonnen (dabei ermittelt sie diese Gesamtmenge aus der Summe „aller angezeigten Altkleidersammlungen“) drohe die Schließung der Wertstoffhöfe, da durch die Konkurrenz gewerblicher Sammler deren hinreichende Auslastung nicht mehr sichergestellt sei. Diese Ausführungen sind bereits insoweit unzureichend, als für das Gericht nicht ersichtlich ist, inwieweit die Wertstoffhöfe bislang ausgelastet sind und welchen Anteil die Abfallfraktionen „Altkleider und -schuhe“ bei dieser Auslastung einnehmen. Entsprechend können auch die Folgen eines Wegfalls dieser Fraktionen nicht abgeschätzt werden. Im Übrigen bezweifelt die Kammer auch, dass diesen Abfallfraktionen mit Blick auf die Gesamtauslastung der Wertstoffhöfe ein derart tragendes Gewicht zukommt, wie es die Beklagte behauptet.

78

Weiterhin beruft sich die Beklagte darauf, durch die Abschöpfung der Altkleider und -schuhe durch die Vielzahl der gewerblichen Sammler sei das flächendeckend eingerichtete Holsystem nicht mehr rentabel und müsste demzufolge wieder aufgegeben werden. Auch diese Thesen werden von Seiten der Beklagten nicht belegt. Zudem liegt dieser Argumentation der Beklagten offenbar die – rechtlich irrelevante – Erwartungshaltung zugrunde, dass das von ihr zum 1. Januar 2013 eingerichtete Holsystem rentabel sein müsse. Zwar mag die Rentabilität durchaus Motiv der Beklagten bei der Einführung des Holsystems gewesen sein. Rechtlich geschützt ist diese Erwartung jedoch nicht; maßgeblich ist allein, ob die Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert würde, zumal – wie erwähnt – die gesamten den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nach § 20 KrWG treffenden Entsorgungspflichten in den Blick zu nehmen sind und nicht, ob der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bei Durchführung der gewerblichen Sammlung seine Entsorgungspflichten im Hinblick auf die konkrete Abfallfraktion zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen erfüllen kann.

79

Schließlich führt die Beklagte an, durch die Sammelaktivität der Klägerin und der anderen ihr angezeigten gewerblichen Sammlungen und der gemeinnützigen Sammlungen entgingen dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger Einnahmen in beträchtlicher Höhe (419.000 €), weshalb sie ihre Entsorgungspflichten nicht mehr zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen erfüllen könne. Dabei geht die Beklagte bei der Ermittlung des vorgenannten Betrages „ganz praktisch“ unter Berufung „auf eigene Erfahrungen“ „von einem Volumen an Altkleidern von 10 kg pro Einwohner und Jahr aus“. Die vorgenannte Summe zeige jedenfalls, so die Beklagte weiter, dass das Sammeln von Altkleidern für den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger sehr wohl eine wirtschaftliche Dimension darstelle. Abgesehen davon, dass die vorgebrachte Summe einer validen Tatsachengrundlage entbehrt, untermauert die Beklagte nicht durch entsprechende Zahlen, inwieweit die – ohnehin gemutmaßten – Einbußen zu einer Verhinderung der Erfüllung der bestehenden Entsorgungspflichten führen. Der Hinweis darauf, dass das Sammeln von Altkleidern eine wirtschaftliche Dimension besitze, ist insoweit unzureichend. Gleiches gilt zudem für den hintangestellten Hinweis der Beklagten, angesichts dieser wirtschaftlichen Dimension bestehe die Möglichkeit „Einfluss auf die Gebühren zu nehmen“; aufgrund der wegfallenden Einnahmen aus der Verwertung der Wertstoffe könne die Notwendigkeit einer Gebührenanpassung nach oben in Zukunft nicht ausgeschlossen werden, was die wirtschaftliche Ausgewogenheit der Entsorgungspflichten berühren würde.

80

Mit Blick auf letztere Ausführungen der Beklagten verweist die Kammer im Übrigen auf die Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg, der sie sich anschließt. Danach bedarf es, um eine tragfähige Beurteilung der „wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen“ im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alternative 1 KrWG vornehmen zu können, einer Analyse und Bewertung der tatsächlichen, konkreten Auswirkungen der gewerblichen und ggf. gemeinnützigen Sammlungen auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger. Die pauschale Angabe der dem Gebührenhaushalt entzogenen Verwertungserlöse, die vorliegend obendrein auf unzureichender Tatsachengrundlage (ganz praktische eigene Erfahrungen der Beklagten) errechnet wurden, genügt dem nicht (s. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, DVBl 2013, 1537).

81

bb. Ebenfalls konnte die Beklagte das Vorliegen der Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alternative 2 KrWG i.V.m. § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG nicht hinreichend darlegen. In ihrem Ausgangsbescheid führt die Beklagte mit Blick auf § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG wörtlich aus: „Einnahmen, die der Entsorgungsbetrieb über den Verkauf von Abfällen an Dritte erschließen kann, mindern also die Gebührenhöhe. Nun sind nicht alleine die Wertschöpfung, die ihr Unternehmen sich in Kaiserslautern erschließen will und die damit einhergehenden wirtschaftlichen Beeinträchtigungen für den Entsorgungsbetrieb der Stadt Kaiserslautern zu beurteilen. Vielmehr liegen der Stadt Kaiserslautern weitere Anzeigen von gewerblichen Sammlern vor, die in ihrer Gesamtheit zu einem erheblichen Einnahmeverlust für den Entsorgungsbetrieb führen, wenn diese Sammlungen nicht untersagt werden. Ihre gewerbliche Sammlung führt daher zumindest zu einer Minderung der werthaltigen Abfallströme, was sich auf das bestehende Sammelsystem des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auswirkt. Insofern können Auswirkungen auf die öffentlich-rechtlichen Gebühren nicht ausgeschlossen werden.“ Der Stadtrechtsausschuss der Beklagten konkretisierte diese Ausführungen nicht, sondern verwies auf die vorstehenden, bereits zu § 17 Abs. 3 Satz 2 Alternative 1 KrWG angestellten Erwägungen unter Hinweis darauf, dass sie (die Widerspruchsbehörde) eine Gefährdung der Stabilität der Gebühren nicht abschließend beurteilen könne. Soweit die Beklagte angesichts dieser Ausführungen im Widerspruchsbescheid überhaupt an ihrer Auffassung, § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG sei erfüllt, festhält, lässt sich ihrem Vorbringen erneut die notwendige Tatsachengrundlage zur Beurteilung der Auswirkungen der gewerblichen Sammlungen auf die Gebührenhöhe bzw. -stabilität nicht entnehmen. Insoweit kann auf Vorstehendes Bezug genommen werden.

82

cc. Endlich sind die Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG – unter Berücksichtigung der von der Kammer für geboten erachteten europarechtskonformen Auslegung der Vorschrift – nicht erfüllt.

83

Danach ist eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers (im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alternative 2 KrWG) insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt. Inwieweit diese Vorschrift vor dem Hintergrund der bereits dargelegten europarechtlichen Vorgaben einer einschränkenden, an den Vorgaben des Art. 106 Abs. 2 AEUV bzw. der EuGH-Rechtsprechung orientierten Auslegung bedarf, wird in Rechtsprechung und Literatur kontrovers diskutiert.

84

Der Bayerische VGH spricht sich in seinem Urteil vom 10. Februar 2015 – 20 B 14.710 –, juris gegen das Erfordernis einer europarechtskonformen Auslegung der Vorschrift aus. Das von ihm mit Blick auf den Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG und die Entstehungsgeschichte des KrWG ermittelte Auslegungsergebnis bedürfe „keiner grundsätzlichen Korrektur aufgrund der Wertungen des Art. 12 GG oder Art. 106 Abs. 2 AEUV“. Ausgehend von dem Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG stellt der Bayerische VGH zunächst für den von ihm zu beurteilenden Sachverhalt fest, dass der gewerblichen Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegenstünden, weil von der Sammlung Altkleider und damit Abfälle erfasst würden, für die der kommunale Entsorgungsbetrieb eine haushaltsnahe Erfassung und Verwertung durchführe. Dies trifft auf den vorliegenden Fall ebenfalls zu. Mit dem kombinierten Hol- und Bringsystem betreibt der kommunale Entsorgungsträger ein haushaltsnahes Erfassungssystem, bezüglich dessen zudem angesichts der vorgelegten Zahlen (55 % der erfassten Abfälle gehen zur Wiederverwendung in Second Hand-Shops, etwa 22 % werden der Weiterverwertung, z.B. in der Putzlappenindustrie, etwa 15 % der Weiterverwertung in der Rohstoffindustrie und lediglich 5 % der sonstigen Verwertung zugeführt) von der effizienten Nutzung der Ressourcen auszugehen ist. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen gerade Holsysteme wie dasjenige der Beklagten von der Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG erfasst werden (BT-Drucksache 17/7505, Seite 44). Ein solcher Schutz ist deshalb geboten, weil eine haushaltsnahe Erfassung im Holsystem die allgemeine Zugänglichkeit sichert, die wesentliches Merkmal gemeinwohlorientierter Dienstleistungen ist und zu den gemeinsamen Werten der Union in Bezug auf Dienste von Allgemeinem wirtschaftlichen Interesse zählt (Karpenstein/Dingemann in: Jarass/Petersen, a.a.O., § 17 Rn. 173 m.w.N.).

85

Angesichts des Befundes der Einschlägigkeit des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG rekurriert der Bayerische VGH im Folgenden auf die Sätze 1 und 2 des § 17 Abs. 3 KrWG und stellt heraus, dass von einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers auszugehen sei, die wiederum dazu führe, dass eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers anzunehmen sei, sodass überwiegende öffentliche Interessen der gewerblichen Sammlung entgegenstünden. Demzufolge, so der Bayerische VGH in seinem Urteil vom 10. Februar 2015 – 20 B 14.710 –, juris weiter, komme ein Vorrang des privaten Sammlers nur in Betracht und scheide eine Untersagung nach § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG aus, wenn die vom gewerblichen Sammler angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle wesentlich leistungsfähiger ist als die von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder dem von ihm beauftragten Dritten bereits angebotene oder konkret geplante Leistung. Dieser Befund werde zudem durch die Entstehungsgeschichte des KrWG bestätigt.

86

Mit dieser Rechtsauffassung tritt der Bayerische VGH derjenigen des VGH Baden-Württemberg (Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, DVBl 2013, 1537) entgegen, der sich für das Bedürfnis nach einer europarechtskonformen Auslegung ausspricht. Die Kammer folgt der Ansicht des VGH Baden-Württemberg, weil auch sie eine europarechtskonforme Auslegung der Vorschrift für erforderlich hält. Das enge Verständnis des Gesetzeswortlauts des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG, wie es der Bayerische VGH vertritt, führt im Ergebnis dazu, dass ein bestehendes öffentlich-rechtlich organisiertes Entsorgungssystem (falls „haushaltsnah“ und „hochwertig“) gegen jedwede private Konkurrenz geschützt wird, sofern nicht ausnahmsweise § 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG eingreift. Ein solches Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG, das die bloße Existenz eines Systems der haushaltsnahen oder sonstigen hochwertigen getrennten Erfassung und Verwertung der Abfälle durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger bzw. einen von diesem beauftragten Dritten für den Ausschluss einer gewerblichen Sammlung genügen lässt, ist nach Auffassung der Kammer jedoch nicht europarechtskonform (vgl. auch VG Würzburg, Beschluss vom 28. Januar 2013 – W 4 S 12.1130 –, juris). Sie entspricht nicht den Anforderungen des Art. 106 Abs. 2 AEUV und verstößt insbesondere gegen das Gebot der „Erforderlichkeit“.

87

Mit der Formulierung „insbesondere“ in § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG stellt der Gesetzgeber klar, dass auf der Tatbestandsseite Regelbeispiele normiert werden; dies schließt nicht aus, dass die in dem Regelbeispiel zum Ausdruck kommende gesetzgeberische Vorstellung im Einzelfall möglicherweise nicht zutrifft. Nach dem Wortlaut liegt im je zu beurteilenden Einzelfall mithin nicht zwingend eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung vor, falls das Regelbeispiel des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bejaht wird; vielmehr kann im Einzelfall eine gewerbliche Sammlung bei fehlender wesentlicher Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers durchaus zulässig sein (Beckmann/Wübbenhorst, DVBl 2012, 1403, 1408; zum Ganzen wörtlich: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, DVBl 2013, 1537; vgl. auch VG Neustadt, Urteil vom 7. April 2014 – 4 K 717/13.NW –).

88

Gesetzessystematisch fungiert § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG als Konkretisierung des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alternative 2 KrWG. Danach wird in einem materiellen Sinne vorausgesetzt, dass die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung „wesentlich beeinträchtigt wird“. Dieses schon europarechtlich gebotene materielle Verständnis ist gleichsam nicht hintergehbar, weil jene Bestimmung in dem Kaskadenmodell des § 17 Abs. 3 KrWG ihrerseits eine Konkretisierung des § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG darstellt; die dort geschützte Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. des von diesem beauftragten Dritten kann sinnvollerweise nicht bereits auf Grund des bloßen Nebeneinanders von gewerblicher und kommunaler Sammlung gleicher Abfallarten ohne inhaltliche Würdigung der konkurrierenden Entsorgungssysteme als „gefährdet“ angesehen werden. Schließlich darf nicht verkannt werden, dass die in § 17 Abs. 3 KrWG angelegten Konkretisierungsstufen der Konturierung „überwiegender öffentlicher Interessen“ im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG dienen; dass dieser unbestimmte Rechtsbegriff nicht allein mit einem formalistischen Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG zureichend ausgefüllt werden kann, liegt auf der Hand (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, DVBl 2013, 1537).

89

Demgemäß ist den Ausführungen des Bayerischen VGH zum Wortlaut des § 17 Abs. 3 KrWG insoweit entgegenzutreten, als dieser nicht berücksichtigt, dass die Sätze 2 und 3 des § 17 Abs. 3 KrWG widerlegliche Vermutungen normieren. Dies ist im Hinblick auf Satz 2 indessen anerkannt (s. Karpenstein/Dingemann in: Jarass/Petersen, a.a.O., § 17 Rn. 160 m.w.N.; Beckmann in: Landmann/Rohmer, a.a.O., § 17 KrWG, Rn. 118). In Bezug auf Satz 3 entspricht dies jedenfalls der herrschenden Meinung, für die im Übrigen bereits der Wortlaut des Gesetzes („annehmen“) spricht (vgl. zum Streitstand unter Berücksichtigung zahlreicher Nachweise aus Rspr. und Lit.: Karpenstein/Dingemann in: Jarass/Petersen, a.a.O., § 17 Rn. 171). Beachtet man dies, kann eine wortlautgetreue Anwendung der Sätze 1 bis 3 des § 17 Abs. 3 KrWG – unter Berücksichtigung der dort normierten widerlegbaren Vermutungen – allenfalls wie folgt lauten: Sind die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG verwirklicht, wird zwar vermutet, dass die gewerbliche Sammlung die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des kommunalen Entsorgungsträgers wesentlich beeinträchtigt. Diese Vermutung ist jedoch widerlegbar. Kommt man indes zu dem Ergebnis, dass eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung vorliegt, wird zwar wiederum nach Satz 2 des § 17 Abs. 3 KrWG die Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten vermutet. Auch diese Vermutung ist jedoch widerlegbar. Im Ergebnis führt daher die Verwirklichung des Tatbestandes des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bereits in Anbetracht des Wortlautes der Sätze 1-3 des § 17 Abs. 3 KrWG nicht zwingend zum Bestehen „überwiegender öffentlicher Interessen“ im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG. Vielmehr bedarf es ausweislich des nationalen Rechts stets der weiteren Prüfung, ob die Vermutung des Gesetzes im je zu bewertenden Einzelfall nicht ausnahmsweise widerlegt wurde. Namentlich ist zusätzlich zum Tatbestand des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG zu prüfen, ob die gewerbliche Sammlung die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, wie es das Gesetz (widerlegbar) vermutet, tatsächlich wesentlich beeinträchtigt. Anschließend ist zu prüfen, ob bei Vorliegen einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung, diese tatsächlich zur Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers führt. Dabei kann die Darlegungslast nicht dem gewerblichen Sammler zugewiesen werden. Die Behörde ist dafür verantwortlich, auch den für eine Widerlegung der gesetzlichen Vermutung sprechenden Sachverhalt zu ermitteln (so ausdrücklich Beckmann in: Landmann/Rohmer, a.a.O., § 17 KrWG Rn. 119; vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 9. Oktober 2013 – 8 B 10783/13.OVG –, NVwZ-RR 2014, 135 m.w.N). Diese Vorgehensweise ist letztlich Konsequenz des mit je widerlegbaren Vermutungen versehenen Kaskadensystems des § 17 Abs. 3 KrWG.

90

Vorstehendes lässt sich zudem angesichts des europarechtlichen Einflusses auf die Vorschrift des § 17 Abs. 3 KrWG untermauern: Entstehungsgeschichtlich hat das Merkmal „wesentliche Beeinträchtigung“ europarechtliche Ursprünge. Vor dem Hintergrund des Art. 106 AEUV hatte die EU-Kommission im Notifizierungsverfahren zum Gesetzentwurf zur Neuordnung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes vom 28. Mai 2011 darauf hingewiesen, dass nur „wesentliche“ Auswirkungen gewerblicher Sammlungen auf die Kommunen im Rahmen der Einzelfallabwägung des § 17 Abs. 3 KrWG berücksichtigt werden dürften; andernfalls könne der Zugang eines neuen Wettbewerbers EU-rechtswidrig behindert werden (Mitteilung SG[2011] D/51545 im Notifizierungsverfahren 2011/0148/D). Unter ausdrücklicher Erinnerung an diesen Vorgang hat die Bundesregierung im Gesetzgebungsverfahren in ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates die EU-rechtskonforme Fassung des § 17 Abs. 3 KrWG angemahnt (BT-Drucksache 17/6645, Seite 5). Der zuständige BT-Ausschuss hat in seiner Beschlussempfehlung darauf reagiert (BT-Drucksache 17/7505, Seite 3). Die europarechtskonforme Auslegung und Anwendung des innerstaatlichen Rechts drängt sich geradezu auf (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, DVBl 2013, 1537).

91

Daraus folgt: Nach Sinn und Zweck des Kaskadenmodells gemäß § 17 Abs. 3 KrWG steht Satz 3 Nr. 1 im Dienste der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlich organisierten Entsorgungssystems (Satz 1). Eine „Gefährdung“ dieser Funktionsfähigkeit (Satz 2) durch eine „wesentliche Beeinträchtigung“ der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers kann nach Auffassung der Kammer allenfalls angenommen werden, wenn die gewerbliche Sammlung – „in ihrer konkreten Ausgestaltung“ und ggf. „im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen“ (§ 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG) – mehr als nur einen geringen Anteil des gesamten Aufkommens einer bestimmten Abfallart (hier: Alttextilien) im Entsorgungsgebiet erfasst. Danach ist regelmäßig eine wesentliche Beeinträchtigung noch nicht anzunehmen, wenn der Mengenentzug einer konkreten getrennt erfassten Abfallfraktion sich im Bereich von 10-15 % bewegt (vgl. Mann, KommJur 2014, 325 mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung). Selbst bei rein innerstaatlich angelegter Gesetzesdeutung kann ernsthaft nicht davon gesprochen werden, dass die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung „wesentlich“ beeinträchtigt wird, wenn nur eine eher geringfügige gewerbliche Sammlung bestimmter Abfälle stattfindet (OVG Hamburg, Beschluss vom 20. März 2013 – 5 Bs 208/12 –, juris). Andernfalls bewirkte die Gesetzesanwendung einen rechtlich unzulässigen absoluten Konkurrentenschutz (so wörtlich VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, DVBl 2013, 1537).

92

Eine an diesem Maßstab bemessene „wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung“ respektive eine „Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers“ kann die Kammer nicht ausmachen. Die hierzu vorgebrachten Angaben der Beklagten vermögen entsprechendes nicht zu belegen.

93

Im Zuge des Widerspruchsverfahrens legte die Beklagte über den ASK und die ZAK Zahlen aus dem Jahre 2013 vor. Danach hat der ASK eine Altkleidermenge von ca. 30 Tonnen/Jahr mit einem Erlös von 300 € pro Tonne gesammelt. Zudem hat die ZAK mitgeteilt, dass sie im Jahr 2013 43 Tonnen Altkleider, davon 27,15 Tonnen aus der Stadt Kaiserslautern, erfasst hat. Für das Jahr 2014 kalkulierte die ZAK mit einer Gesamtsammelmenge von 63 Tonnen/Jahr, davon 30 Tonnen aus dem Stadtgebiet von Kaiserslautern. Zudem prognostizierte sie eine Gesamtsammelmenge der gewerblichen Sammler von 892,24 Tonnen sowie 589,55 Tonnen über gemeinnützige Sammlungen. Dem stehen gegenüber für die Jahre 2013 und 2014 21,54 Tonnen Altkleider, die die Klägerin im Stadtgebiet von Kaiserslautern sammeln wollte.

94

Diese Ausführungen der Beklagten vermögen eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung respektive eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nicht zu belegen. Nach Angaben von ASK und ZAK steigt die erwartete Gesamtmenge an Altkleidern bei den gewerblichen Sammlern im Sammelgebiet von ca. 600 Tonnen (im Jahr 2013) auf 892,24 Tonnen (Erwartung für das Jahr 2014). Insofern ist nicht zu erkennen, wieso die klägerische Sammlung angesichts des erwarteten deutlich höheren Anfalls an Altkleidern nicht zugelassen werden kann. Dies insbesondere mit Blick darauf, dass ASK und ZAK mit eigenen Sammelmengen von 30 Tonnen (ASK) und 63 Tonnen, davon 30 Tonnen im Stadtgebiet von Kaiserslautern (ZAK), rechnen. Zudem erklären ASK und ZAK, sie könnten im Jahre 2014 einen Betrag von 355 € pro Tonne an Altkleidern erwirtschaften, während im Jahre 2013 ein Erlös von 300 € pro Tonne erzielt wurde. Die Validität dieser Zahlen unterstellt, konnte die Beklagte im Jahr 2013 folglich einen Ertrag von 17.145 € erwirtschaften (30 + 27,15 = 57,15 Tonnen multipliziert mit 300 €), während im Jahr 2014 mit einem Betrag von 21.300 € (30 + 30 = 60 Tonnen multipliziert mit 355 €) gerechnet wird. Die Beklagte geht im Hinblick auf die private „Konkurrenz“ gerade nicht von eigenen Verlusten sondern vielmehr von weiteren Gewinnen aus, so dass es ihr letztlich um eine Gewinnmaximierung geht. In Anbetracht all dessen vermag das Gericht eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung bzw. die Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nicht zu erkennen.

95

Soweit der Stadtrechtsausschuss demgegenüber im Widerspruchsbescheid ausführt, im Jahre 2014 würden nach seinen Berechnungen allein durch gewerbliche und gemeinnützige Sammler 1.483,79 Tonnen an Altkleidern abgeschöpft und er infolge dessen offenbar unterstellt, der kommunale Entsorgungsträger könne in Anbetracht dessen keinerlei Altkleider erfassen, kann dem nicht gefolgt werden. Dies folgt bereits aus der Tatsache, dass der Stadtrechtsausschuss den Betrag von 1.483,79 Tonnen in unzulässiger Weise berechnet. Er rekurriert nämlich bei dieser Ermittlung auch auf Zahlen von gewerblichen Sammlern, die diese im Rahmen des Anzeigeverfahrens vorgelegt haben und bezieht daher in seine Betrachtung Sammlungen ein, die zuweilen (noch) nicht durchgeführt worden sind. Dieses Vorgehen steht nicht in Einklang mit § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG, der zwar ausdrücklich besagt, dass bei der Bewertung der angezeigten Sammlung auch deren „Zusammenwirken mit anderen Sammlungen“ zu berücksichtigen ist. Diesbezüglich besteht aber – nicht zuletzt aufgrund der Begründung des Änderungsantrags der Regierungsfraktionen – Einigkeit dahingehend, dass lediglich bereits bestehende gewerbliche Sammlungen in die Betrachtung einbezogen werden sollen; weitere – auch konkret – geplante Sammlungen sind nicht zu berücksichtigen (vgl. Karpenstein/Dingemann in: Jarass/Petersen, a.a.O., § 17 Rn. 157 m.w.N.). Entsprechend legt der Stadtrechtsausschuss seiner Entscheidung bereits in tatsächlicher Hinsicht nicht schlüssige Maßstäbe zugrunde.

96

Auch wenn es der Beklagten (bisher) nicht gelungen ist, eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung respektive eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu belegen, steht es ihr offen, ihren Bürgern die Vorzüge des eigenen Bring- und Holsystems gegenüber den gewerblichen Sammlungen zu vermitteln.

97

b. Darüber hinaus liegt aber auch ein Verstoß gegen die in § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG normierte Rechtmäßigkeitsanforderung der „Erforderlichkeit“ der Untersagungsverfügung vor. Wie oben dargelegt, ist vor Erlass einer auf § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG gestützten Untersagungsverfügung von der Behörde stets zu prüfen, ob nicht - als milderes Mittel - durch Maßnahmen nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG die Voraussetzungen nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG sichergestellt werden können. Insoweit kann beispielsweise eine angemessene Befristung der gewerblichen Sammlung in Betracht kommen, um danach an Hand der neu gewonnenen Erkenntnisse die Voraussetzungen der Sammlung erneut prüfen zu können (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, DVBl 2013, 1537). Auch die mengenmäßige Begrenzung der gewerblichen Sammlung kann ein taugliches Mittel zur Sicherstellung der Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG sein (vgl. Dageförde/Thärichen, AbfallR 2013, 125, 136). Mit diesen Fragen hat sich die Beklagte nicht auseinander gesetzt und damit die im Rahmen des § 18 Abs. 5 KrWG gesetzlich vorgeschriebene zweistufige Prüfung nicht durchgeführt.

98

Die Untersagung der Sammlung ist daher rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Folglich ist auch die Verfügung der Beklagten, die im Stadtgebiet von Kaiserslautern aufgestellten Sammelcontainer zu entfernen, rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.

99

3. Daneben ist auch die in Ziffer 3 des Bescheids vom 9. April 2013 verfügte Zwangsmittelandrohung (s. §§ 64, 66 LVwVG) aufzuheben.

100

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZivilprozessordnungZPO –.

101

Die Berufung war durch das Verwaltungsgericht gemäß § §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, weil die Kammer der Rechtsfrage, wann eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers anzunehmen ist, grundsätzliche Bedeutung beimisst.

102

Beschluss

103

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 20.000 € festgesetzt (§§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 63 Abs. 2 GKG i.V.m. Ziffer 2.4.2. des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom Juli 2013). Der Zwangsgeldandrohung kommt wegen der Verbindung mit der Grundverfügung hierbei keine eigenständige Bedeutung zu (Streitwertkatalog Ziffer 1.6.2).

(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.

(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,

1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden,
2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist,
3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden,
4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
Satz 1 Nummer 3 und 4 gilt nicht für gemischte Abfälle aus privaten Haushaltungen und gefährliche Abfälle. Sonderregelungen der Überlassungspflicht durch Rechtsverordnungen nach den §§ 10, 16 und 25 bleiben unberührt.

(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung

1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt,
2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder
3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
Satz 3 Nummer 1 und 2 gilt nicht, wenn die vom gewerblichen Sammler angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle wesentlich leistungsfähiger ist als die von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder dem von ihm beauftragten Dritten bereits angebotene oder konkret geplante Leistung. Bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit sind sowohl die in Bezug auf die Ziele der Kreislaufwirtschaft zu beurteilenden Kriterien der Qualität und der Effizienz, des Umfangs und der Dauer der Erfassung und Verwertung der Abfälle als auch die aus Sicht aller privaten Haushalte im Gebiet des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu beurteilende gemeinwohlorientierte Servicegerechtigkeit der Leistung zugrunde zu legen. Leistungen, die über die unmittelbare Sammel- und Verwertungsleistung hinausgehen, insbesondere Entgeltzahlungen, sind bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit nicht zu berücksichtigen.

(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.

Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 2. Mai 2013 - 1 K 886/13 - wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Antragstellerin, die R. GmbH, wendet sich gegen die sofortige Vollziehung einer Verfügung der Antragsgegnerin vom 06.03.2013, mit der ihr untersagt wurde, im Stadtgebiet Mannheim gewerblich Alttextilien aus privaten Haushaltungen zu sammeln.
Die Antragstellerin betrieb ab 1996 die Sammlung von Alttextilien in Mannheim, bis 06.11.2011 im Auftrag des Deutschen Roten Kreuzes. Am 28.10.2011 zeigte die Antragstellerin der Antragsgegnerin an, dass sie eine gewerbliche Sammlung von Alttextilien beabsichtige. Daraufhin untersagte die Antragsgegnerin mit bestandskräftig gewordener Verfügung vom 21.11.2011 die angezeigte Sammlung. Am 27.06.2012, näher konkretisiert am 26.07. und 05.09.2012, zeigte die Antragstellerin die gewerbliche Sammlung von Alttextilien und Schuhen (im Folgenden: Alttextilien) auf dem Gebiet der Stadt Mannheim für die Dauer von zehn Jahren an. Sie führte dazu aus, sie beabsichtige, zusätzlich zu den bereits seit 1996 betriebenen 67 Container-Stellplätzen mit einem Aufkommen von 240 t pro Jahr 50 weitere Container aufzustellen und damit weitere ca. 175 t jährlich zu erfassen. Sie betreibe bundesweit ca. 7.000 Altkleidercontainer, in ihrem Werk im thüringischen A. würden über 350.000 Kleidungsstücke (ca. 100 t) täglich sortiert.
Im Rahmen der Anhörung der Antragstellerin zu einer beabsichtigten Untersagungsverfügung beschrieb die Antragsgegnerin das von ihrem Eigenbetrieb Abfallwirtschaft Mannheim durchgeführte Sammelsystem wie folgt: Seit 1999 erfolge die Erfassung und Verwertung von Alttextilien getrennt von den übrigen Siedlungsabfällen. Im Bring-System stehe ein flächendeckendes, stadtweites Containernetz mit 149 Standplätzen und 156 Behältern zur Verfügung, ferner könnten größere Mengen kostenfrei bei dem Recyclinghof abgegeben werden. Die Behälterbewirtschaftung erfolge über stadteigenes Personal, die Behälterleerung erfolge in der Regel einmal wöchentlich. Ein Rufbereitschaftssystem stelle ständig die Erreichbarkeit der Abfallwirtschaft Mannheim sicher. Die Verwertung der Sammelware erfolge nach entsprechender Ausschreibung durch die Beauftragung Dritter über die Vergabestelle der Abfallwirtschaft Mannheim. Die Kosten für Erfassung und Verwertung dieser Abfälle deckten sich aus dem Gebührenhaushalt und könnten zu einem wesentlichen Teil mit den Vermarktungserlösen erwirtschaftet werden. Es existierten keine genehmigten gewerblichen Sammlungen im Stadtgebiet, jedoch eine Vielzahl (abfall-, straßen- und eigentumsrechtlich) illegal aufgestellter Sammelbehälter. Dies habe bereits zu einem signifikanten Mengenrückgang geführt, der Erlösausfall werde für 2012 auf 75.000,-- bis 150.000,-- EUR geschätzt.
Mit Bescheid vom 06.03.2013 untersagte die Antragsgegnerin mit der Firmierung „Abfallwirtschaft Mannheim als untere Abfallrechtsbehörde, Eigenbetrieb für Abfallwirtschaft und Stadtreinigung“ der Antragstellerin unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Durchführung der angezeigten gewerblichen Sammlung von Alttextilien und drohte für den Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000,-- EUR an. Zur Begründung wurde ausgeführt, Rechtsgrundlage der Untersagungsverfügung sei § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG i.V.m. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 - 3 KrWG AbfG. Die Antragstellerin verfüge nicht über die erforderliche Zuverlässigkeit im Sinne des § 18 Abs. 5 Satz 2 1. Alt. KrWG. Entgegen der bestandskräftigen Untersagungsverfügung vom 21.11.2011 habe die Antragstellerin nach Beendigung der früheren Zusammenarbeit mit dem Deutschen Roten Kreuz gewerblich Alttextilien im Stadtgebiet Mannheim gesammelt. Daher sei nicht auszuschließen, dass sie sich auch zukünftig über bestehende gesetzliche Vorschriften oder behördliche Verfügungen hinwegsetzen werde.
Der angezeigten Sammlung stünden darüber hinaus überwiegende öffentliche Interessen der Antragsgegnerin als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträgerin entgegen. Die Durchführung der Sammlung der Antragstellerin würde auch im Zusammenwirken mit anderen angezeigten Sammlungen die Funktionsfähigkeit der Antragsgegnerin als Entsorgungsträgerin erheblich gefährden. Das Gesamtaufkommen an Alttextilien im Stadtgebiet Mannheim werde auf ca. 1.200 t pro Jahr geschätzt. Durch den Umfang der von der Antragstellerin angezeigten Sammlung von 415 t pro Jahr würden ein Abfluss von 35% der Sammelware verursacht und damit bereits erhebliche Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit der städtischen Sammlung. Im Zusammenwirken mit weiteren zur Zeit 22 angezeigten gewerblichen Sammlungen würde das Gesamtaufkommen an Alttextilien mehrfach überschritten, so dass nur noch ein unplanbarer Bruchteil des Alttextilaufkommens von der Stadt Mannheim erfasst werden könnte. Die dadurch bewirkten Einnahmeausfälle aus der Vermarktung bzw. Verwertung könnten nicht durch geringere Erfassungskosten kompensiert werden, weil sich weder die Behälteranzahl noch der Personaleinsatz bei der gebotenen Sicherstellung einer mindestens wöchentlichen Leerung reduzieren ließen. Letztlich wäre eine Erfassung und Verwertung unter wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen nicht mehr möglich. Zudem gefährde die Durchführung der angezeigten Sammlung die Stabilität der Abfallgebühren. Allein die angezeigte Sammlung würde zu Ausfällen im Umfang von ca. 167.000,-- EUR führen, bei Durchführung aller angezeigten Sammlungen wäre mit Einnahmeausfällen in Höhe von 80 bis 90% zu rechnen. Die Durchführung der angezeigten Sammlung der Antragstellerin würde ferner die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe der im Herbst 2012 ausgeschriebenen Leistung (Transport und Verwertung der Sammelware) unterlaufen, da die Antragstellerin, obwohl im Vergabewettbewerb unterlegen, neben dem erfolgreichen Bewerber den Transport und die Verwertung von Sammelware durchführen würde. Die von der Antragstellerin angezeigte nicht flächendeckende, sondern auf lukrative Standorte beschränkte Sammlung sei auch nicht etwa leistungsfähiger als das Sammelsystem der Antragsgegnerin. Auf ein schutzwürdiges Vertrauen im Sinne von § 18 Abs. 7 KrWG, resultierend aus einer bereits bestehenden Sammlung, könne die Antragstellerin sich nicht berufen. Denn bei der von der Antragstellerin in der Vergangenheit im Auftrag des Deutschen Roten Kreuzes durchgeführten Sammlung habe es sich um eine gemeinnützige Sammlung gehandelt. Ermächtigungsgrundlage für die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Das erforderliche besondere Vollzugsinteresse ergebe sich daraus, dass die Durchführung der angezeigten Sammlung zu erheblichen Einnahmeeinbußen der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgerin führe. Zur Sicherung der Funktionsfähigkeit einer geordneten Abfallentsorgung sei die Antragsgegnerin jedoch auf einen berechenbaren, stetigen Mittelzufluss auch für die Dauer eines Rechtsmittelverfahrens angewiesen.
Die Antragstellerin hat gegen den Bescheid Widerspruch eingelegt und beim Verwaltungsgericht die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes beantragt. Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 02.05.2013 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wiederhergestellt bzw. angeordnet. Es hat hinreichend gewichtige Verstöße der Antragstellerin gegen die bestandskräftige Untersagungsverfügung für nicht belegt erachtet, so dass die Annahme der Unzuverlässigkeit darauf nicht gestützt werden könne; die Antragstellerin habe unwidersprochen vorgetragen, dass sie nach Erlass der Untersagungsverfügung vom 21.11.2011 nicht mehr gewerblich, sondern wieder für eine karitative Organisation gemeinnützig gesammelt habe. Es bestünden auch Zweifel, ob bei einem bundesweit tätigen Unternehmen allein aus dem Verstoß gegen eine Verfügung in einer bestimmten Stadt auf dessen Unzuverlässigkeit geschlossen werden könne. Soweit die Untersagungsverfügung damit begründet worden sei, dass die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG genannten Voraussetzungen nicht anders zu gewährleisten sei, werfe der Rechtsstreit schwierige Fragen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, deren Klärung dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben müsse. Die sonach zu treffende Interessenabwägung falle wegen des verfassungsrechtlichen Gebots des effektiven Rechtsschutzes zugunsten der Antragstellerin aus.
Zur Begründung ihrer gegen den Beschluss erhobenen Beschwerde führt die Antragsgegnerin im Wesentlichen aus, entgegen der Einschätzung des Verwaltungsgerichts ergebe sich die Unzuverlässigkeit der Antragstellerin daraus, dass sie systematisch und über einen längeren Zeitraum hinweg die Untersagung ihrer gewerblichen Sammlung ignoriert habe. Dies zeige, dass die Antragstellerin sich über jedes Behördenhandeln vollständig hinwegsetze und sich bei ihrem wirtschaftlichem Interesse nicht durch irgendeine Untersagungsverfügung von der Sammlung abhalten lasse. Im Übrigen seien die sich aufgrund des unstrittigen Sachverhalts ergebenden Rechtsfragen bereits im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes klärungsfähig und im Sinne der Antragsgegnerin zu beantworten. Aus den im angefochtenen Bescheid angeführten Gründen sei von der Sammlung entgegenstehenden überwiegenden öffentlichen Interessen im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 i.V.m. Abs. 3 KrWG auszugehen. Der Untersagungsverfügung stehe auch nicht die Frist des § 18 Abs. 1 KrWG entgegen, die keine Entscheidungsfrist für die Behörde darstelle und deshalb bei Überschreitung auch nicht zur Rechtswidrigkeit einer Untersagungsverfügung führe. Im Übrigen könne die Frist für Sammlungen, die wie hier bereits vor Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaftsgesetzes stattgefunden hätten und auch während des gesamten Anzeigeverfahrens weiter durchgeführt worden seien, keine Bedeutung haben. Da sich die angefochtene Verfügung nach allem als voraussichtlich rechtmäßig darstelle, überwiege das öffentliche Interesse am Sofortvollzug der Untersagungsverfügung.
Die Antragstellerin verteidigt den angefochtenen Beschluss und führt noch aus, die einschlägigen Vorschriften des § 17 KrWG stießen auf durchgreifende verfassungsrechtliche und europarechtliche Bedenken. Alttextilien unterlägen mangels Abfalleigenschaft ohnedies nicht dem Regime des Kreislaufwirtschaftsgesetzes. Die Zuständigkeit der Antragsgegnerin sei wegen der Identität von öffentlich-rechtlichem Entsorgungsträger und unterer Abfallbehörde und der daraus resultierenden offensichtlichen Interessenkollision nicht gegeben. Die Verfügung sei wegen Überschreitung der Dreimonatsfrist des § 18 Abs. 1 KrWG rechtswidrig. Der Sachverhalt sei entgegen der Darstellung der Antragsgegnerin nicht unstreitig, insbesondere wolle die Antragsgegnerin gar nicht sammeln und verwerten, sondern nur Einnahmen generieren; für eine Verwertung sei sie gar nicht leistungsfähig. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit der Antragsgegnerin als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger sei nicht ersichtlich. Auf die bestandskräftige Untersagungsverfügung vom 21.11.2011 berufe sich die Antragsgegnerin zu Unrecht, weil die Sammlung nach Kündigung des Auftragsverhältnisses seitens des Deutschen Roten Kreuzes im Auftrag einer anderen gemeinnützigen Organisation fortgesetzt worden sei; jedenfalls habe die Antragsgegnerin diese Sammlungstätigkeit geduldet.
II.
Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin ist nicht begründet.
10 
Die von der Antragsgegnerin dargelegten Beschwerdegründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine Änderung des angefochtenen Beschlusses.
11 
Das Verwaltungsgericht hat die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom 06.03.2013 zu Recht wiederhergestellt bzw. angeordnet. Denn die Erfolgsaussichten des Widerspruchs und einer eventuell nachfolgenden Anfechtungsklage gegen die genannte Verfügung sind bei summarischer Prüfung zumindest offen (dazu 1.). Bei einer von den Erfolgsaussichten unabhängigen Interessenabwägung überwiegt aber das Interesse der Antragstellerin daran, ihre Sammeltätigkeit einstweilen ausüben zu dürfen (dazu 2.). Ob der angefochtene Beschluss sich auch noch aus anderen als den vom Verwaltungsgericht angestellten Erwägungen als richtig erweist, kann letztlich dahinstehen.
12 
1. Wie die Antragsgegnerin zutreffend erkannt hat, kommt als Rechtsgrundlage der Untersagungsverfügung nur § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG in Betracht. Diese Vorschrift genießt bei einer angezeigten gewerblichen Sammlung als spezielle Ermächtigungsgrundlage Vorrang gegenüber der abfallrechtlichen Generalklausel des § 62 KrWG (vgl. Senatsbeschlüsse vom 09.09.2013 - 10 S 1116/13 -, DVBl 2013, 1537; vom 16.01.2014 - 10 S 2273/13 -, juris, jeweils m.w.N.). Danach hat die zuständige Behörde die Durchführung einer nach § 18 Abs. 1 KrWG angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben (1. Alternative) oder die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 3 oder 4 genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist (2. Alternative).
13 
Die Anwendbarkeit des § 18 Abs. 5 S. 2 KrWG scheitert entgegen der Auffassung der Antragstellerin allerdings nicht an verfassungs- oder europarechtlichen Bedenken oder an der mangelnden Abfalleigenschaft der Alttextilien (1.1). Ob die Verfügung auf formellrechtliche Bedenken stößt, ist jedoch nicht ohne weiteres auszuschließen (1.2). Sodann ist keineswegs offensichtlich, sondern beim derzeitigen Erkenntnisstand im Gegenteil eher fernliegend, dass die normative Voraussetzung des § 18 Abs. 5 S. 2 1. Alt. KrWG – Unzuverlässigkeit der Antragstellerin – gegeben ist (1.3). Fraglich ist schließlich, ob die Voraussetzungen des § 18 Abs. 5 S. 2 2. Alt. KrWG vorliegen (1.4).
14 
1.1 Der Senat teilt die von der Antragstellerin erhobenen grundsätzlichen Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit und der Europarechtskonformität der genannten hier einschlägigen Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes ebenso wenig wie die geltend gemachten Zweifel an der Abfalleigenschaft der Alttextilien und damit am Vorliegen dieses tatbestandlichen Anknüpfungspunkts für die Anwendung dieser Vorschriften. Der Senat nimmt insoweit Bezug auf den in einem Parallelverfahren mit Prozessvertretung durch den Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin ergangenen grundlegenden Beschluss des Senats vom 09.09.2013 - 10 S 1116/13 -, (a.a.O.), in dem der Senat insbesondere die mögliche und gebotene unionsrechtskonforme Auslegung und Anwendung der betreffenden Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes dargelegt hat.
15 
1.2 Ob die von der Antragstellerin gegen die Untersagungsverfügung vom 06.03.2013 erhobenen formellrechtlichen Bedenken durchgreifen, erscheint hinsichtlich der Zuständigkeitsrüge immerhin möglich (1.2.1), hinsichtlich der Rüge einer Verfristung des Einschreitens (1.2.2) hingegen wenig wahrscheinlich. Beide Fragen sind im vorliegenden Verfahren aber nicht vertieft zu erörtern und abschließend zu beantworten.
16 
1.2.1 Zu dem von der Antragstellerin als Zuständigkeitsmangel problematisierten Gesichtspunkt einer Interessenkollision bei der Wahrnehmung von Aufgaben der unteren Abfallrechtsbehörde einerseits und des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers andererseits hat der Senat bereits ausführlich in dem Sinne Stellung genommen, dass Verfassungsrecht und Europarecht keine Organisation der für die Untersagung von Sammlungen nach § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG zuständigen Behörde dergestalt als neutrale Stelle verlangen, dass diese Behörde und der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger unterschiedlichen Rechtsträgern angehören müssten (vgl. Senatsbeschlüsse vom 09.09.2013 - 10 S 1116/13 -, a.a.O., und vom 12.12.2013 - 10 S 1067/13 -). Allerdings ist der Senat dabei davon ausgegangen, dass insbesondere bei einer Behörde mit Doppelzuständigkeit - wie sie bei der Antragsgegnerin als Stadtkreis gegeben ist (§§ 6 Abs. 1, 23 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 Satz 1 LAbfG, 13 Abs. 1 Nr. 2, 15 Abs. 1 Nr. 2 LVG) -, behördenintern für eine organisatorische und personelle Trennung der Aufgabenbereiche gesorgt ist und keine „Personalunion“ der verantwortlichen Personen besteht (vgl. dazu auch OVG Rheinland-Pfalz, Beschlüsse vom 04.07.2013 - 8 B 10533/13 - und vom 09.10.2013 - 8 B 10791/13 -, jeweils juris). Die Erfüllung dieser Anforderung ist im vorliegenden Fall nach Aktenlage zweifelhaft, wie sich etwa aus der behördlichen Firmierung bei Erlass der angefochtenen Verfügung mit „Eigenbetrieb Abfallwirtschaft Mannheim als untere Abfallrechtsbehörde“ ergibt, die auf eine Vermischung der Verantwortungsbereiche mit einheitlicher Steuerung hindeutet. Dem wird nötigenfalls in einem Hauptsacheverfahren näher nachzugehen sein.
17 
1.2.2 Entsprechendes gilt für den von der Antragstellerin geltend gemachten Gesichtspunkt, dass die Untersagungsverfügung erst nach Ablauf der dreimonatigen Anzeigefrist des § 18 Abs. 5 S. 1 KrWG erlassen worden sei. Insoweit merkt der Senat nur an, dass eine von der Antragstellerin der Sache nach postulierte Ausschlussfrist für ein Einschreiten der Abfallrechtsbehörde der Regelung über die Anzeigefrist nicht zu entnehmen sein dürfte. Dagegen spricht zum einen das Fehlen einer expliziten normativen Sanktionierung einer Überschreitung der Dreimonatsfrist, zum anderen der Umstand, dass sich die Notwendigkeit eines Einschreitens auch erst während des Sammelbetriebs ergeben kann. Von dem formellrechtlichen Gesichtspunkt zu unterscheiden sind die Fragen, welche (auch verfassungs-) rechtlichen Anforderungen an die Untersagung oder Beschränkung einer drei Monate nach der Anzeige aufgenommenen Sammlung zu stellen sind und ob eine verzögerte behördliche Reaktion Entschädigungs- oder Amtshaftungsansprüche auslösen kann (vgl. dazu Dippel in: Schink/Versteyl, KrWG, § 18 Rn. 23; Klement in: Schmehl, GK-KrWG, § 18 Rn. 49; Beckmann in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, KrWG § 18 Rn. 6 ff.).
18 
Die angesprochenen formellrechtlichen Fragen bedürfen im vorliegenden Verfahren keiner weitergehenden Klärung, weil die Erfüllung der materiellen Tatbestandsvoraussetzungen des § 18 Abs. 5 S. 2 KrWG Zweifeln ausgesetzt ist, die der Annahme einer überwiegend wahrscheinlichen oder gar offensichtlichen Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung entgegenstehen.
19 
1.3 Bei summarischer Prüfung rechtfertigt das Vorbringen der Antragsgegnerin schwerlich die Annahme, dass die Antragstellerin unzuverlässig sei und deshalb die Untersagungsvoraussetzung des § 18 Abs. 5 S. 1 1. Alt. KrWG vorliege.
20 
Bei der Anwendung dieser Norm ist zu berücksichtigen, dass die Untersagung einer gewerblichen Sammlung regelmäßig einen Eingriff in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG, gegebenenfalls auch des Art. 14 Abs. 1 GG, darstellt (vgl. hierzu und zum Folgenden auch OVG NRW, Beschluss vom 19.07.2013 - 20 B 476/13 - juris; sowie Senatsbeschlüsse vom 26.09.2013 - 10 S 1345/13 -, UPR 2014, 33, und vom 10.10.2013 - 10 S 1202/13 -, juris). Es handelt sich - gemessen an anderen behördlichen Befugnissen und Maßnahmen - um den intensivsten Eingriff in Rechte des Abfallsammlers, so dass sie nur als letztes Mittel in Betracht kommt. Die Regelung des § 18 Abs. 5 Satz 2 1. Alt KrWG als Ermächtigungsgrundlage für eine Sammlungsuntersagung dürfte daher von vornherein einer einschränkenden Auslegung bedürfen. Da eine Untersagung bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen zwingend ist, d.h. kein Ermessen der Behörde besteht, und eine Untersagung jedenfalls hinsichtlich gewerblicher Sammlungen regelmäßig Grundrechte tangiert, spricht Einiges dafür, dass bloße Bedenken gegen die Zuverlässigkeit ungeachtet des weit gefassten Wortlauts des § 18 Abs. 5 Satz 2 1. Alt. KrWG nicht für eine Untersagung ausreichen. Vielmehr müssen die Bedenken ein so starkes Gewicht haben, dass sie, gemessen am Rang der Grundrechte und der Schwere des potentiellen Schadens, eine Untersagung rechtfertigen. Dies schließt es aus, etwa die Nichtprüfbarkeit der Zuverlässigkeit mit dem Tatbestandsmerkmal „Bedenken gegen die Zuverlässigkeit“ im Sinne des § 18 Abs. 5 Satz 2 1. Alt KrWG gleichzusetzen. Vielmehr muss die Unzuverlässigkeit des Betroffenen mit hinreichender Sicherheit feststellbar sein. Hieraus folgt, dass eine Untersagung wegen Unzuverlässigkeit (noch) nicht in Betracht kommt, wenn die Zuverlässigkeit noch nicht abschließend geprüft ist und hierfür zulässige und zwecktaugliche Mittel zur Verfügung stehen. Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muss die Untersagung ultima ratio bleiben (vgl. näher OVG NRW, Beschluss vom 19.07.2013 - 20 B 476/13 -, a.a.O.).
21 
Die Anforderungen an die Zuverlässigkeit des Anzeigenden einer gewerblichen Sammlung (§ 3 Abs. 18 KrWG) knüpfen, wie auch § 3 Abs. 10 KrWG zeigt, an die gewerberechtliche Begrifflichkeit an. Für den Maßstab zur Beurteilung der Zuverlässigkeit kann deshalb auf die zu § 35 GewO entwickelte Rechtsprechung und Literatur zurückgegriffen werden. Danach ist zuverlässig, wer jederzeit die Gewähr zur Erfüllung seiner Berufspflichten bietet; unzuverlässig in Bezug auf das Gewerbe ist, wer nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreiben wird (st. Rspr., vgl. etwa grundlegend BVerwG, Urteil vom 02.02.1982 - 1 C 146/80 -, BVerwGE 65, 1; OVG Bremen, Beschluss vom 05.10.2009 -, 2 B 273/09 - NVwZ-RR 2010, 102; OVG NRW, Urteil vom 12.04.2011 - 4 A 1449/08 -, NVwZ-RR 2011, 553). Danach muss das in der Vergangenheit liegende Verhalten einer Person mittels einer Prognose daraufhin beurteilt werden, ob es auf eine Unzuverlässigkeit in der Zukunft schließen lässt; die Bejahung der Unzuverlässigkeit muss sich auf Tatsachen stützen lassen.
22 
Nach diesen Grundsätzen ist unzuverlässig im Sinne des § 18 Abs. 5 Satz 2 1. Alt. KrWG, wer nicht die Gewähr dafür bietet, in Zukunft die abfallrechtlichen und sonstigen einschlägigen Vorschriften, insbesondere zur ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung von Abfällen (§ 7 Abs. 3 KrWG), einzuhalten (vgl. VG Bremen, Beschluss vom 25.06.2013 - 5 V 2112/12 -, juris). Dabei kommt es nicht ausschließlich auf das Begriffsverständnis der Entsorgungsfachbetriebeverordnung (§ 8 Abs. 2, § 9 Abs. 1 Satz 2 EfbV) an, weil gewerbliche Sammler von nicht gefährlichen Abfällen nicht notwendigerweise Entsorgungsfachbetriebe sein müssen (vgl. im Einzelnen OVG NRW, Beschluss vom 19.07.2013 - 20 B 476/13 -, a.a.O.).
23 
Gemessen hieran kann bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen Prüfungstiefe schwerlich mit der von der Antragsgegnerin insoweit allein angeführten Begründung auf die Unzuverlässigkeit der Antragstellerin geschlossen werden, die Antragstellerin habe ihre Sammlungstätigkeit mit 67 Containern nach Ergehen der bestandskräftig gewordenen Untersagungsverfügung vom 21.11.2011 „systematisch und über einen langen Zeitraum“ fortgeführt. Die in den Blick zu nehmenden Einzelfallumstände, zu denen auch die chronologische Entwicklung der Sammlung der Antragstellerin im Bereich der Antragsgegnerin gehört, lassen schon den tatsächlichen Ausgangspunkt der Antragsgegnerin zweifelhaft erscheinen, aus der konkreten bisherigen Sammlungstätigkeit der Antragstellerin in Mannheim eine generalisierende Einschätzung des Geschäftsgebarens der Antragstellerin als unzuverlässig abzuleiten.
24 
Wie die Antragstellerin unwidersprochen vorgetragen hat, hat sie schon im Jahr 1996 mit der Sammlung von Alttextilien in Mannheim begonnen und hat diese Sammlung für das Deutsche Rote Kreuz bis 06.10.2011 – offenbar mit Blick auf die Ausnahme von der Überlassungspflicht für gemeinnützige Sammlungen (vgl. § 13 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 KrW-/AbfG, ab 01.06.2012 § 17 Abs. 2 Nr. 3 KrWG) unbeanstandet seitens der Antragsgegnerin – fortgeführt. Nach der Kündigung des Auftragsverhältnisses seitens des Deutschen Roten Kreuzes hat die Antragstellerin nach Aktenlage sodann noch im Oktober 2011 die Aufstellung der entsprechenden Container als gewerbliche Sammlung bei der Antragsgegnerin angezeigt. Die Antragstellerin hat des weiteren unwidersprochen vorgetragen, dass sie in der Folgezeit wieder eine karitative Einrichtung als Auftraggeber gefunden hat und die Antragsgegnerin die bestandskräftige Verfügung vom 21.11.2011, die im Übrigen nicht mit einer Zwangsmittelandrohung versehen war, nicht mit Zwangsmitteln oder auch nur mit Abmahnungen durchzusetzen versucht hat. Die Klägerin hat vielmehr auf die Sammlungsanzeige der Antragstellerin vom 27.06.2012 eine erneute Untersagungsverfügung erlassen, wobei dahinstehen mag, ob diese der Sache nach im Verhältnis zur früheren Verfügung vom 21.11.2011 zugleich einen Zweitbescheid darstellt. Jedenfalls konnte die Antragstellerin angesichts dieser Handhabung durch die Antragsgegnerin zum einen für den Zeitraum 1996 bis Oktober 2011 davon ausgehen, dass die Sammlung für das Deutsche Rote Kreuz wegen ihrer Gemeinnützigkeit von der Antragsgegnerin gebilligt wurde, und dass zum anderen nach erneuter Beauftragung durch eine karitative Organisation die wiederum mutmaßlich gemeinnützige Sammlung von der Antragsgegnerin - ungeachtet der auf eine gewerbliche Sammlung bezogenen bestandskräftigen Untersagungsverfügung vom 21.11.2011 - geduldet wurde.
25 
Um jeden Anschein eines gegen die bestandskräftige Verfügung verstoßenden Verhaltens zu vermeiden, hätte die Antragstellerin freilich eine nunmehr wieder gemeinnützige Sammlung anzeigen bzw. bei der Antragsgegnerin auf eine klarstellende Bestätigung hinwirken können, dass die neuerliche gemeinnützige Sammlung nicht beanstandet und von der Verfügung vom 31.11.2011 nicht erfasst wird (vgl. dazu Klement, a.a.O., § 18 Rn. 29 f.: „Legalisierung“ einer privaten Sammlung). Dass die Antragstellerin dies unterlassen hat, fällt vor dem Hintergrund der früheren langjährig unbeanstandet gebliebenen gleichartigen gemeinnützigen Sammlungstätigkeit, der auf die Untersagung gewerblicher Sammlung beschränkten Reichweite der Verfügung vom 21.11.2011 und der nachfolgenden Duldungspraxis der Antragsgegnerin indes nicht erheblich ins Gewicht. Immerhin hatte die Antragstellerin nach Beendigung des Auftragsverhältnisses mit dem Deutschen Roten Kreuz der Antragsgegnerin zeitnah die Fortführung als gewerbliche Sammlung angezeigt und diese nach deren Untersagung als solche wohl nur für einen relativ kurzen Übergangszeitraum - bis zur erneuten Beauftragung durch eine karitative Organisation - weiter betrieben. Sodann hat sie nach dem Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaftsgesetzes zum 01.06.2012 noch im Juni 2012 die künftig beabsichtigte gewerbliche Sammlung angezeigt.
26 
Bei einer Gesamtwürdigung dieser Umstände vermag der Senat der Einschätzung der Antragsgegnerin nicht zu folgen, das Verhalten der Antragstellerin rechtfertige die Annahme, dass sie sich auch zukünftig über bestehende gesetzliche Vorschriften oder behördliche Verfügungen hinwegsetzen werde, und begründe, weil dies „nicht auszuschießen“ sei, deshalb Bedenken gegen ihre Zuverlässigkeit i.S.d. § 18 Abs. 5 Satz 2 1. Alt. KrWG. Diese uneingeschränkter gerichtlicher Kontrolle unterliegende Beurteilung verfehlt mit dem Abstellen auf die vermeintliche Nichtausschließbarkeit rechtsuntreuen Verhaltens den wie dargelegt verfassungsrechtlich determinierten strengen tatbestandlichen Maßstab und entbehrt bei Anlegung des zutreffenden Maßstabs einer tragfähigen Tatsachengrundlage. Die von der insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren noch aggravierend in den Raum gestellte pauschale Behauptung, die Antragstellerin habe „systematisch und über einen längeren Zeitraum“ die bestandskräftige Untersagung ihrer gewerblichen Sammlung ignoriert und damit gezeigt, dass sie sich über jedes Behördenhandeln vollständig hinwegsetze, ist ebenso ohne plausible Substantiierung geblieben und zieht aus dem unzureichend konkretisierten Vorwurf überzogene Schlussfolgerungen auf das Gesamtverhalten der Antragstellerin im Zusammenhang mit ihrer Sammeltätigkeit. Rechtfertigen die von der Behörde angeführten Umstände mithin die Annahme der Unzuverlässigkeit nicht, so kann auf sich beruhen, inwieweit der bedenkenswerten Auffassung des Verwaltungsgerichts zu folgen ist, dass bei einem bundesweit tätigen Unternehmen wie der Antragstellerin aus einem vereinzelten - unterstellt - zu beanstandenden Verhalten nicht ohne weiteres auf generelle Unzuverlässigkeit geschlossen werden kann.
27 
Nach allem kommt es auf die Stichhaltigkeit der Rüge der Antragsgegnerin nicht mehr an, das Verwaltungsgericht sei nur auf Grund eines - erkennbaren - Datumsfehlers in einer Stellungnahme des Eigenbetriebs Abfallwirtschaft Mannheim zu Unrecht davon ausgegangen, die Vor-Ort-Kontrollen hätten erst nach Erlass der Untersagungsverfügung vom 21.11.2011 stattgefunden.
28 
1.4 Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin kann die Untersagungsverfügung beim derzeitigen Erkenntnisstand wohl auch nicht - jedenfalls nicht offensichtlich - auf § 18 Abs. 5 Satz 2 2. Alt. KrWG gestützt werden. Nach dieser Vorschrift ist die Sammlung zu untersagen, wenn die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 oder Nr. 4 KrWG genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist. Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG besteht eine Überlassungspflicht an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nicht für Abfälle, die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
29 
Die Antragsgegnerin macht nicht geltend, die Antragstellerin biete nicht die Gewähr für eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung im Sinne des § 17 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 KrWG als Voraussetzung für die Freistellung von der Überlassungspflicht bzw. habe es insoweit im einzelnen an der Erfüllung ihrer Anzeigepflicht nach § 18 Abs. 2 KrWG fehlen lassen (zu solchen Konstellationen vgl. Senatsbeschlüsse vom 26.09.2013 - 10 S 1345/13 -, UPR 2014, 33; vom 10.10.2013 - 10 S 1202/13 -, juris). Sie beruft sich vielmehr auf entgegenstehende überwiegende öffentliche Interessen in Gestalt einer Gefährdung ihrer Funktionsfähigkeit als Entsorgungsträger durch die gewerbliche Sammeltätigkeit der Antragstellerin, mithin auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des eine Legaldefinition der „überwiegenden öffentlichen Interessen“ enthaltenden § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG. Dem vermag der Senat nicht ohne weiteres zu folgen (1.4.1). Sodann bestehen jedenfalls Zweifel daran, dass die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 oder 4 KrWG genannten Voraussetzungen anders als durch die vollständige Untersagung nicht zu gewährleisten ist (1.4.2).
30 
1.4.1 Nach § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG stehen überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von Absatz 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG einer gewerblichen Sammlung nur entgegen, wenn die betreffende gewerbliche Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder eines von diesem beauftragten Dritten oder des nach Maßgabe von § 25 KrWG eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Bei dieser Bestimmung handelt es sich um eine abschließende Regelung der nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG maßgeblichen öffentlichen Interessen. Rechtsdogmatisch ist § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG, wie schon der Wortlaut deutlich macht, als zwingende Vorschrift ausgestaltet (VG Würzburg, Beschluss vom 28.01.2013 - W 4 S 12.1130 -, juris, Rn. 38; Schomerus, in: Versteyl/Mann/Schomerus, KrWG, 2012, § 17 Rn. 41: „Abwägungsvorgang durch das Gesetz antizipiert“). In der Sache muss jedoch ausweislich des insoweit unmissverständlichen Wortlauts von Satz 1 und Satz 2 des § 17 Abs. 3 KrWG eine „Gefährdung“ des Schutzguts (Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers etc.) vorliegen. Das ist hier beim derzeitigen Erkenntnisstand nicht mit dem zu fordernden, verfassungs- und europarechtlich nahegelegten Evidenzgrad von der Antragsgegnerin dargelegt und nachgewiesen worden.
31 
1.4.1.1. Für eine „Funktionsgefährdung“ im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG fehlen durchschlagende konkrete Anhaltspunkte. Die Antragsgegnerin hat nicht hinreichend substantiiert und schlüssig vorgetragen, dass die Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten gefährdet oder zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert wird, falls die Antragstellerin die gewerbliche Sammlung von Alttextilien - auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen - durchführt. Die Darlegungslast insoweit obliegt der Verwaltung (OVG NRW, Beschl. v. 19.7.2013 - 20 B 122/13 -, juris Rn. 15). Dies fordert gemäß Art. 106 Abs. 2 AEUV auch das EU-Recht.
32 
Um eine tragfähige Beurteilung der „wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen“ im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG vornehmen zu können, ist eine Analyse und Bewertung der tatsächlichen, konkreten Auswirkungen der gewerblichen (und ggf. gemeinnützigen) Sammlung(en) auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger unerlässlich (VG Ansbach, a. a. O., Rn. 83). Das verlangt nicht zuletzt das Unionsrecht. Die dafür von der Antragsgegnerin zu schaffenden tatsächlichen Grundlagen liegen derzeit zumindest nicht mit dem Grad an Evidenz vor, der es rechtfertigen könnte, die angezeigte Sammlung vollständig zu untersagen - statt etwa nur beschränkende Auflagen wie Befristungen oder Mengenbeschränkungen (siehe dazu auch unten 1.4.2).
33 
Der Argumentation der Antragsgegnerin liegt tendenziell offenbar ein Modell der Abfallentsorgung zu Grunde, in dem gewerbliche Sammlungen, die den Abfällen aus privaten Haushaltungen veräußerbare (Wert-)Stoffe und Gegenstände entziehen, wegen der entsprechenden Einnahmeverluste beim öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger und damit einhergehender Verhinderung niedrigerer Abfallgebühren unzulässig sind, so dass gewerbliche Sammlungen mit der öffentlich-rechtlich organisierten Entsorgungswirtschaft systematisch unvereinbar sind (in diesem Sinne VG Hamburg, Urteil vom 09.08.2012 - 4 K 1905/10 -, ZUR 2013, 43, 49; Queitsch, AbfallR 2012, 290 ff.). Eine derartige Deutung des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG ist indes mit Art. 106 Abs. 2 AEUV nicht vereinbar; danach muss die Möglichkeit zum Wettbewerb auf dem Abfallentsorgungsmarkt durch private Konkurrenz erhalten bleiben und die Prüfung im Einzelfall erfolgen (Schomerus, a. a. O., § 17 Rn. 48, 49; Dippel, a. a. O., § 17 Rn. 49, 57). § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG lässt die gebotene europarechtskonforme Handhabung zu; die Bestimmung wird verschiedentlich als widerlegbare Vermutungsregel qualifiziert (VG Würzburg, a. a. O., Rn. 38; Dippel, a. a. O., § 17 Rn. 57). Richtig dürfte zur Sicherung der Europarechtskonformität des deutschen Rechts jedenfalls der Zugriff auf den normativen Gehalt der maßgeblichen Bestimmungen sein: Wenn der öffentlich-rechtlich organisierten Abfallentsorgung, um private Wettbewerber ausschließen zu können, eine „Gefährdung“ drohen muss (§ 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG) bzw. die Aufgabenerfüllung bei Zulassung der privaten Konkurrenz „verhindert“ werden würde (Art. 106 Abs. 2 AEUV), ist das Modell der systematischen Unvereinbarkeit zwischen öffentlich-rechtlicher und privater Abfallentsorgung im Hausmüllbereich de lege lata nicht vertretbar, sondern es muss im konkreten Fall zumindest eine Art Geringfügigkeitsschwelle beachtet werden, um „wirtschaftlich ausgewogene Bedingungen“ der öffentlich-rechtlich organisierten Abfallentsorgung gefährdet zu sehen (VG Ansbach, Urteil vom 23.01.2013 - AN 11 K 12.01588 -, juris, Rn. 82, spricht mit Blick auf die Müllgebühren von einer Erheblichkeitsgrenze bzw. Toleranzschwelle von 10% bis 12%; ähnlich OVG Hamburg, Beschluss vom 20.03.2013 - 5 Bs 208/12 -, juris, Rn. 15 f.).
34 
Die Antragstellerin hat insoweit unwidersprochenen unter Bezugnahme auf den Haushaltsplan der Antragsgegnerin 2012/13 abfallwirtschaftliche Erlöse der Antragsgegnerin in Höhe von 55.270.000 EUR (für 2010) bzw. 52.132.000 EUR (geplant für 2012) den von der Antragsgegnerin angegebenen befürchteten Einnahmeausfällen durch die gewerbliche Sammlung der Antragstellerin in Höhe von 167.000 EUR gegenübergestellt. Die daraus resultierende Einnahmeverminderung um ca. 0,3 % liegt ersichtlich unterhalb der Geringfügigkeitsschwelle, ohne dass es in diesem Zusammenhang noch auf die von der Antragsgegnerin angesetzten – von der Antragstellerin als zu niedrig bestrittenen – Mengen des Alttextilaufkommens im einzelnen ankäme. Die diesbezüglichen Annahmen der Antragsgegnerin erlauben allenfalls die rechtliche Schlussfolgerung, dass die gewerbliche Sammlung der Antragstellerin - sowie andere gewerbliche Sammlungen in Mannheim - den Abfallwirtschaftsbetrieb der Antragsgegnerin bzw. einen von ihr beauftragten Dritten beeinträchtigen könnte. Dies genügt jedoch für die Bejahung der Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG nicht. Nach dem ausdrücklich erklärten Willen des Gesetzgebers sind „Beeinträchtigungen“, also unterhalb der Schwelle einer „Gefährdung“ der Funktionsfähigkeit bleibende Nachteile, hinzunehmen (BT-Drucks. 17/6052, S. 87). Jede andere Deutung des Gesetzes wäre mit Art. 106 Abs. 2 AEUV unvereinbar; die europarechtskonforme Handhabung des nationalen Rechts ist indessen nicht disponibel. Auch sonst ist eine wirkliche „Gefährdung“ der Abfallentsorgung im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG nicht erkennbar.
35 
1.4.1.2 Die Antragsgegnerin hat auch nicht dargetan, dass „überwiegende öffentliche Interessen“ im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 Satz 1 KrWG deshalb zu bejahen sind, weil die „Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird“ (§ 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG). Nach summarischer Prüfung dürfte vorliegend keines der drei Regelbeispiele gemäß § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG in diesem Sinne erfüllt sein, d.h. zugleich eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers begründen.
36 
1.4.1.2.1 Die Antragsgegnerin beruft sich mit Blick auf § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG darauf, dass sie in dem betroffenen Entsorgungsgebiet bereits in öffentlich-rechtlicher Verantwortung Alttextilien über Sammelcontainer und Recyclinghöfe haushaltsnah erfasst und einer hochwertigen Verwertung zuführt; daher sei eine konkurrierende gewerbliche Sammlung ohne weiteres unzulässig, nach dem Gesetz sei in diesem Falle eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung anzunehmen.
37 
Diese Maßstabsbildung verfehlt nach der Rechtsprechung des Senats das geltende Recht (vgl. Senatsbeschluss vom 09.09.2013 - 10 S 1116/13 -, a.a.O.): Die Argumentation der Antragsgegnerin stützt sich auf ein enges Verständnis des Gesetzeswortlauts. Danach soll ein bestehendes Entsorgungssystem (falls „haushaltsnah“, „hochwertig“) gegen jedwede private Konkurrenz geschützt werden, sofern nicht ausnahmsweise § 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG eingreift; ob tatsächlich eine „wesentliche Beeinträchtigung“ der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung vorliegt, soll - auch im Falle der Drittbeauftragung - unbeachtlich sein, weil ein Nebeneinander von Sammlungen gleicher Abfallarten gesetzlich ausgeschlossen sei (VG Köln, Beschl. v. 25.1.2013 - 13 L 1796/12 - BA Rn. 10 und 11; Queitsch, UPR 2012, 221, 226; ders., AbfallR 2012, 290, 292). Diese Rechtsauffassung führt im Ergebnis zu einem absoluten Konkurrentenschutz, falls ein öffentlich-rechtlich organisiertes Entsorgungssystem besteht; danach soll jedweder Wettbewerb im Bereich der hier fraglichen Abfallentsorgung per se unzulässig sein.
38 
Ein solches Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG, das die bloße Existenz eines Systems der haushaltsnahen oder sonstigen hochwertigen getrennten Erfassung und Verwertung der Abfälle durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger bzw. einen von diesem beauftragten Dritten für den Ausschluss einer gewerblichen Sammlung genügen lässt, ist nicht europarechtskonform (VG Würzburg, a. a. O., Rn. 41 f.); sie verfehlt die Anforderungen des Art. 106 Abs. 2 AEUV, verstößt insbesondere gegen das Gebot der „Erforderlichkeit“. Eine derartige Deutung des Gesetzeswortlauts ist allerdings keineswegs zwingend und wird durch die Gesetzessystematik und die Entstehungsgeschichte widerlegt, so dass Sinn und Zweck des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG eine europarechtskonforme Auslegung und Anwendung der Bestimmung gebieten.
39 
Ob § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen eine - ggf. widerlegbare (so VG Ansbach, a. a. O., Rn. 85; VG Würzburg, a. a. O., Rn. 38; Petersen/Doumet/Stöhr, NVwZ 2012, 521, 527; Dippel, a. a. O., § 17 Rn. 65) oder unwiderlegbare (so Dageförde/Thärichen, AbfallR 2013, 125, 136; Queitsch, AbfallR 2013, 169, 173) - Vermutungsregelung trifft, bedarf jedenfalls in diesem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes keiner Klärung, weil die Tatbestandsvoraussetzungen nicht erfüllt sind. Mit der Formulierung „insbesondere“ stellt der Gesetzgeber klar, dass auf der Tatbestandsseite Regelbeispiele normiert werden; dies schließt nicht aus, dass die in dem Regelbeispiel zum Ausdruck kommende gesetzgeberische Vorstellung im Einzelfall möglicherweise nicht zutrifft. Nach dem Gesetzeswortlaut liegt im konkreten Fall mithin nicht zwingend eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung vor, falls das Regelbeispiel des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bejaht wird; vielmehr kann im Einzelfall eine gewerbliche Sammlung bei fehlender wesentlicher Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers durchaus zulässig sein (Beckmann/Wübbenhorst, DVBl 2012, 1403, 1408).
40 
Gesetzessystematisch fungiert § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG als Konkretisierung des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG. Danach wird in einem materiellen Sinne vorausgesetzt, dass die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung „wesentlich beeinträchtigt wird“. Dieses schon europarechtlich gebotene materielle Verständnis ist gleichsam nicht hintergehbar, weil jene Bestimmung in dem Kaskadenmodell des § 17 Abs. 3 KrWG ihrerseits eine Konkretisierung des § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG darstellt; die dort geschützte Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. des von diesem beauftragten Dritten kann sinnvollerweise nicht bereits auf Grund des bloßen Nebeneinanders von gewerblicher und kommunaler Sammlung gleicher Abfallarten ohne inhaltliche Würdigung der konkurrierenden Entsorgungssysteme als „gefährdet“ angesehen werden. Schließlich darf nicht verkannt werden, dass die in § 17 Abs. 3 KrWG angelegten Konkretisierungsstufen der Konturierung „überwiegender öffentlicher Interessen“ im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG dienen; dass dieser unbestimmte Rechtsbegriff nicht allein mit einem formalistischen Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG zureichend ausgefüllt werden kann, liegt auf der Hand.
41 
Entstehungsgeschichtlich hat das Merkmal „wesentliche Beeinträchtigung“ europarechtliche Ursprünge. Vor dem Hintergrund des Art. 106 AEUV hatte die EU-Kommission im Notifizierungsverfahren zum Gesetzentwurf zur Neuordnung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes vom 28. Mai 2011 darauf hingewiesen, dass nur „wesentliche“ Auswirkungen gewerblicher Sammlungen auf die Kommunen im Rahmen der Einzelfallabwägung des § 17 Abs. 3 KrWG berücksichtigt werden dürften; andernfalls könne der Zugang eines neuen Wettbewerbers EU-rechtswidrig behindert werden (Mitteilung SG[2011] D/51545 im Notifizierungsverfahren 2011/0148/D). Unter ausdrücklicher Erinnerung an diesen Vorgang hat die Bundesregierung im Gesetzgebungsverfahren in ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates die EU-rechtskonforme Fassung des § 17 Abs. 3 KrWG angemahnt (BT-Drucks. 17/6645, S. 5). Der zuständige BT-Ausschuss hat in seiner Beschlussempfehlung darauf reagiert (BT-Drucks. 17/7505, S. 3). Die europarechtskonforme Auslegung und Anwendung des innerstaatlichen Rechts drängt sich geradezu auf.
42 
Nach Sinn und Zweck des Kaskadenmodells gemäß § 17 Abs. 3 KrWG steht Satz 3 Nr. 1 im Dienste der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlich organisierten Entsorgungssystems (Satz 1). Eine „Gefährdung“ dieser Funktionsfähigkeit (Satz 2) durch eine „wesentliche Beeinträchtigung“ der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers kann allenfalls angenommen werden, wenn die gewerbliche Sammlung - „in ihrer konkreten Ausgestaltung“ und ggf. „im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen“ (§ 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG) - mehr als nur einen geringen Anteil des gesamten Aufkommens einer bestimmten Abfallart (hier: Alttextilien) im Entsorgungsgebiet erfasst (VG Würzburg, a. a. O., Rn. 42: keine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit bei lediglich 10% bis 15% einer getrennt erfassten Abfallfraktion; ebenso Dippel, a. a. O., § 17 Rn. 66 m. Nachw. zur entsprechenden Rechtsprechung nach dem KrW-/AbfG). Ein anderes Gesetzesverständnis wäre europarechtlich kaum haltbar (VG Ansbach, a. a. O., Rn. 85). Mit Blick auf die gebotene europarechtskonforme Auslegung (Art. 106 Abs. 2 AEUV) stellt sich durchaus die nötigenfalls im Hauptsacheverfahren weiter zu klärende Frage, ob bei hinreichend gesicherter Wahrnehmung der Sammlungs- und Verwertungsaufgabe durch gewerbliche bzw. gemeinnützige Sammler unabhängig vom konkreten prozentualen Anteil überhaupt von einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Verantwortung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsträgers gesprochen werden kann (restriktiv, mit dem Verdikt der Unionsrechtswidrigkeit des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG, unter Hinweis auf den von Art. 106 Abs. 2 AEUV allein erlaubten Schutz der Aufgabenerfüllung als solchen: Klement, a.a.O., § 17 Rn. 147; vgl. auch Beckmann, a.a.O., § 17 Rn. 129). Und selbst bei rein innerstaatlich angelegter Gesetzesdeutung kann ernsthaft nicht davon gesprochen werden, dass die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung „wesentlich“ beeinträchtigt wird, wenn nur eine eher geringfügige gewerbliche Sammlung bestimmter Abfälle stattfindet (OVG Hamburg, a. a. O., Rn. 19). Andernfalls bewirkte die Gesetzesanwendung einen rechtlich unzulässigen absoluten Konkurrentenschutz.
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Eine hinreichend verlässliche Quantifizierung des Anteils der gewerblichen Sammlung der Antragstellerin und sonstiger gewerblicher oder gemeinnütziger Sammlungen von Alttextilien dürfte im Übrigen beim derzeitigen Erkenntnisstand nicht vorliegen und in diesem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auch nicht möglich sein. Die Antragstellerin hat insoweit die Mengenannahmen der Antragsgegnerin unter Berufung auf einschlägige Gutachten zum bundesweiten durchschnittlichen Alttextil-Sammelaufkommens pro Kopf der Bevölkerung als deutlich zu niedrig in Zweifel gezogen. Eine konsistente Tatsachengrundlage erscheint aber auch deshalb erforderlich, um mildere Maßnahmen als die vollständige Untersagung der Sammlung auf ihre Eignung und Erforderlichkeit prüfen zu können. Soweit die Antragsgegnerin einen befürchteten Mengenverlust von 80 bis 85 Prozent bei Nichtunterbindung von insgesamt 22 angezeigten Sammlungen ins Feld führt, muss sie sich die Möglichkeit einer willkürfreien faktischen Kontingentierung als in Betracht zu ziehendes milderes Mittel entgegenhalten lassen. Eine Handhabung dahingehend, dass etwa aus Gründen des „Überangebots“ und der Gleichbehandlung alle gewerblichen Sammlungen untersagt würden, liefe letztlich auf den europarechtlich unzulässigen absoluten Konkurrenzschutz hinaus. Im Ergebnis verbleibt jedenfalls eine Ungewissheit, ob eine eventuelle „wesentliche Beeinträchtigung“ als „Gefährdung“ im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG gedeutet werden könnte. Auf § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG (im Sinne der europarechtskonformen Deutung) kann sich die Antragsgegnerin demzufolge nicht ohne weiteres berufen.
44 
1.4.1.2.2 Das von der Antragsgegnerin weiter für Ihre Rechtsposition in Anspruch genommene Regelbeispiel einer Gefährdung der Gebührenstabilität (§ 17 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 KrWG) ist bei der gebotenen restriktiven, auf die Gefährdung der Funktionsfähigkeit nach § 17 Abs. 3 S. 1 KrWG zurück zu beziehenden Interpretation tatbestandlich schwerlich erfüllt. Bei einer Verminderungen des Erlösaufkommens der Abfallwirtschaft der Antragsgegnerin durch die angezeigte Sammlung der Antragstellerin um lediglich ca. 0,3 % liegt die Auswirkung auf die Gebührenhöhe weit unter der anzunehmenden Erheblichkeits- bzw. Toleranzschwelle (s.o. 1.4.1.1 sowie Klement, a.a.O., § 17 Rn. 150 ff. m.w.N.).
45 
1.4.1.2.3 Ob eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers etwa deshalb anzunehmen ist, weil die Zulassung der gewerblichen Sammlung der Antragstellerin die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschweren oder unterlaufen und damit das Regelbeispiel nach § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG erfüllen würde, wie die Antragsgegnerin kursorisch geltend macht, ist allenfalls offen. Diese Bestimmung schützt das – bereits durchgeführte oder bevorstehende – Vergabeverfahren; Prämisse der Regelung ist die Gewährleistung von Wettbewerb um den Abfallentsorgungsmarkt, nicht in diesem Markt. Nach dem gesetzgeberischen Willen zielt § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG auf „die wettbewerbskonforme Einbindung der privaten Entsorgungswirtschaft in die kommunale Aufgabenwahrnehmung und sichert so die ‚duale‘ Entsorgungsverantwortung im Bereich der Entsorgung von Haushaltsabfällen ab“ (BT-Drucks. 17/7505, S. 44).
46 
Die Vergabe von Entsorgungsleistungen schützt demnach den erfolgreichen Bieter gegenüber konkurrierenden gewerblichen Sammlungen. Der mit dem öffentlichen Auftrag betraute bzw. zu betrauende Dritte wird sogar monopolartig geschützt; ausweislich der in § 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG getroffenen Regelung, die Nr. 3 des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG gerade nicht in Bezug nimmt, wird der erfolgreiche Bieter dergestalt privilegiert, dass er vor jedweder Konkurrenz durch gewerbliche Sammler geschützt ist (Dageförde/Thärichen, AbfallR 2013, 125, 136). Der Senat lässt offen, ob eine so weit gehende (temporäre) Monopolisierung der Entsorgungsleistungen mit dem EU-Recht vereinbar ist (vgl. dazu kritisch Klement, a.a.O., § 17 Rn. 155 f.; Beckmann, a.a.O., § 17 Rn. 134 ff.); jedenfalls liegen die Voraussetzungen beider Alternativen des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vor.
47 
1.4.1.2.3.1 Die Antragsgegnerin beruft sich zunächst darauf, dass durch die Zulassung der gewerblichen Sammlung der Antragstellerin die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb unterlaufen werde (§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 Alt. 2 KrWG). Diese Regelung erfasst Fallgestaltungen, in denen ein gewerblicher Sammler als Bieter im Vergabeverfahren - wie die Antragstellerin bei der im Herbst 2012 durchgeführten Ausschreibung - den Zuschlag nicht erhalten hat (VG Ansbach, a. a. O., Rn. 90) oder am Ausschreibungswettbewerb des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gar nicht teilgenommen hat und nun eine gewerbliche Sammlung vornimmt. Der erfolgreiche Bieter, der als Auftragnehmer gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger vertragliche Bindungen eingeht, wird durch § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG vor einer derartigen „illegitimen“ Konkurrenz während der Vertragslaufzeit geschützt.
48 
Dieser gesetzliche Schutz greift jedoch nur bei einer rechtmäßigen Auftragsvergabe, also einem ordnungsgemäß durchgeführten Vergabeverfahren, ein. Denn ausweislich der erwähnten gesetzgeberischen Zielsetzung geht es um die „wettbewerbskonforme“ Einbindung Privater. § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG schützt das berechtigte Vertrauen des erfolgreichen Bieters in die Angebotskalkulation des Auftraggebers; vertraut werden darf auf die Exklusivität der Entsorgungsleistung während der Vertragslaufzeit und auf die Vertragstreue des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers (Dageförde/Thärichen, AbfallR 2013, 125, 132 f.). Ein „berechtigtes“ und damit schützenswertes Vertrauen des Auftragnehmers kann jedoch nur bei einem rechtmäßigen Vergabeverfahren anerkannt werden; andernfalls würde - wettbewerbswidrig -illegales Verhalten prämiert (vgl. Senatsbeschluss vom 09.09.2013 - 10 S 1116/13 -, a.a.O). Bei der Vergabe von Entsorgungsleistungen im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG muss gemäß § 100 Abs. 1 GWB, § 2 Nr. 2 VgV ab einem Schwellenwert von 200.000,- Euro eine europaweite Ausschreibung der Auftragsvergabe erfolgen (§ 4 Abs. 1 VgV, § 15 VOL/A-EG). Ob das Vergabeverfahren als solches rechtmäßig durchgeführt worden ist, bedarf deshalb nötigenfalls näherer Prüfung, die dem Hauptsacheverfahren vorzubehalten ist.
49 
Hinzu kommt, dass die Antragstellerin ihre gewerbliche Sammlung bereits im Juni 2012, d.h. deutlich vor der von der Antragsgegnerin im Herbst 2012 durchgeführten Ausschreibung, angezeigt hat. Die Antragsgegnerin hatte mithin Anlass, diese seinerzeit noch nicht - vielmehr erst mit dem angefochtenen Bescheid vom 06.03.2013 - untersagte Sammlung der Antragstellerin bei ihrer lediglich den Transport und die Verwertung betreffenden Ausschreibung (mengen- und entgeltmäßig) zu berücksichtigen. Ist dies geschehen, so konnten sich die Bieter darauf einstellen. Andernfalls ist die Unterlassung der Antragsgegnerin zuzurechnen. In beiden Fällen könnte die Sammlung der Antragstellerin schwerlich als Unterlaufen der Vergabe gewertet werden. Denn die Antragstellerin konkurrierte ebenso wie die anderen Bieter in dem Vergabeverfahren vor dem Hintergrund der bereits angezeigten bzw. bestehenden Sammlungen um zusätzliche Aufträge für Transport und Verwertung. Die Antragstellerin hat im übrigen unwidersprochen vorgetragen, dass eine tatsächliche Beeinträchtigung der vertraglich abgesicherten Marktposition des erfolgreichen Bieters um die Transport- und Verwertungsleistung nicht eintrete, weil davon auszugehen sei, dass eine bindende Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Lieferung einer bestimmten Alttextilienmenge nicht bestehe und nur das bezahlt werde, was geliefert werde.
50 
1.4.1.2.3.2 Die Antragsgegnerin dürfte sich auch kaum darauf berufen können, dass durch die gewerbliche Sammlung der Antragstellerin die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert wird (§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 Alt. 1 KrWG). Dabei kann der Senat die kontrovers erörterte Frage offen lassen, ob ohne den Erlass einer Untersagungsverfügung eine parallel durchgeführte gewerbliche Sammlung von Abfällen zu einer unkalkulierbaren Schwankungsbreite der Mengenparameter mit der Folge führt, dass eine unklare Leistungsbeschreibung und daher ein Verstoß gegen § 8 Abs. 1 VOL/A-EG zu erwarten ist (vgl. VG Ansbach, a. a. O., Rn. 91 ff.; Dageförde/Thärichen, AbfallR 2013, 125, 133 f.), oder ob - da die Abgabe von Alttextilien ohnehin Unwägbarkeiten ausgesetzt ist - den möglichen Mengenschwankungen vergaberechtlich durch eine entsprechende Formulierung der Ausschreibungsbedingungen Rechnung getragen werden kann, da die Größenordnung der Schwankungsbreite abschätzbar ist (vgl. OVG Hamburg, a. a. O., Rn. 23; Beckmann/Wübbenhorst, DVBl 2012, 1403, 1409).
51 
Soll durch § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 Alt. 1 KrWG ein Vergabeverfahren geschützt werden, muss ein solches konkret in Aussicht stehen. Das ist hier, soweit ersichtlich, nicht der Fall; die Antragsgegnerin hat erst im Herbst 2012 das genannte Verfahren in Bezug auf Transport und Verwertung von Alttextilien durchgeführt. Die abstrakt gehaltene Argumentation der Antragsgegnerin läuft darauf hinaus, dass eine gewerbliche Sammlung per se ausgeschlossen wäre, wenn sich der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger an Stelle der Eigenwahrnehmung der Abfallentsorgungsaufgabe für eine Drittbeauftragung (§ 22 KrWG) entschieden hat; reklamiert wird damit, europarechts- und gesetzeswidrig, ein absoluter Konkurrentenschutz. Ein erneutes (diskriminierungsfreies und transparentes) Vergabeverfahren ist jedoch erst in Bezug auf den Zeitraum nach Ablauf der jetzigen, mit dem Dritten vereinbarten Vertragslaufzeit durchzuführen (vgl. Dageförde/Thärichen, AbfallR 2013, 125, 133). Dazu hat die Antragsgegnerin keine Angaben gemacht. Die Berufung auf § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 Alt. 1 KrWG verfolgt demzufolge den Zweck, rein prophylaktisch gewerbliche Sammler vom Markt zu verdrängen. Dieses Vorgehen ist von der Bestimmung nicht gedeckt. Ohne Ansehung eines bestimmten Vergabeverfahrens kann nicht beurteilt werden, was „erheblich erschwert“ werden soll; eine solche - hier nicht mögliche - Prüfung schreibt das Gesetz indessen zwingend vor (vgl. Senatsbeschluss vom 09.09.2013 - 10 S 1116/13 -, a.a.O.).
52 
Folgte man nicht dieser „Tatbestandslösung“, müsste dasselbe Ergebnis als „Rechtsfolgelösung“ nach § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG erzielt werden. Danach wäre die Untersagungsverfügung nur rechtmäßig, wenn die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 (i. V. m. Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 3 Satz 2 i. V. m. Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 Alt. 1) KrWG normierten Voraussetzungen „anders nicht zu gewährleisten ist“. Nach diesem bindend vorgeschriebenen Maßstab des Übermaßverbots („Erforderlichkeit“ einer behördlichen Maßnahme) kann eine künftige Auftragsvergabe gegenüber „wesentlichen Erschwerungen“ in Bezug auf Diskriminierungsfreiheit und Transparenz jedoch „anders“ dadurch geschützt werden, dass zu dem gegebenen späteren Zeitpunkt vor Einleitung des dann anstehenden Vergabeverfahrens die tatsächliche Lage („Schwankungsbreite“ von Mengenparametern) konkret geprüft und nötigenfalls mit einer Untersagungsverfügung reagiert wird. Im Sinne des Übermaßverbots ist es in keiner Weise erforderlich, nach einer erst unlängst erfolgten Auftragsvergabe rein vorsorglich mit Blick auf künftige Vergabeverfahren, zu denen der Antragsgegner nichts Konkretes vorgetragen hat, gewerbliche Sammlungen pauschal zu verbieten.
53 
1.4.2 Unabhängig davon, ob die Untersagungsverfügung schon deshalb rechtswidrig ist, weil die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 i. V. m. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG nicht erfüllt sind, kommt auch ein Verstoß gegen die in § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG normierte Rechtmäßigkeitsanforderung der „Erforderlichkeit“ der Untersagungsverfügung in Betracht. Schon nach dem Wortlaut des § 18 Abs. 5 Satz 2 2. Alt. KrWG ist die Untersagung der Sammlung nur zulässig, wenn die Einhaltung der Regelung des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG nicht anders zu gewährleisten ist. Der Gesetzgeber trägt damit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung; die Untersagung ist auch hier ultima ratio (vgl. grundlegend Senatsbeschluss vom 09.09.2013 - 10 S 1116/13 -, a.a.O., m.w.N.). Als mildere Mittel kommen nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG insbesondere Bedingungen, Befristungen und Auflagen in Betracht. Dass die Antragsgegnerin solche in Erwägung gezogen und eine entsprechende Sachprüfung angestellt hätte, ist dem Akteninhalt nicht zu entnehmen. Die Antragsgegnerin hat die gesetzlich vorgeschriebene zweistufige Prüfung im Rahmen des § 18 Abs. 5 KrWG mithin wohl nicht durchgeführt. Darin liegt ggf. zugleich ein Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Übermaßverbot, weil dem Gebot der „Erforderlichkeit“ einer behördlichen Maßnahme beim Eingriff in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG nicht Rechnung getragen worden ist.
54 
Diese gesetzliche Vorgabe des § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG stellt eine Konkretisierung des Übermaßverbots (Grundsatz der Verhältnismäßigkeit i. w. S.) dar (NdsOVG, a. a. O., S. 221). Die Untersagung, d.h. ein vollständiges Verbot einer gewerblichen Sammlung, ist - wie ausgeführt (s.o. 1.3) - im Vergleich mit anderen Reglementierungen der intensivste Eingriff in die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) eines gewerblichen Sammlers und kommt daher bereits aus verfassungsrechtlichen Gründen nur als ultima ratio in Betracht (NdsOVG, Urteil vom 21.03.2013 - 7 LB 56/11 -, NsVBl 2013, 218; OVG NRW, Beschl. v. 19.07.2013 - 20 B 122/13 - juris Rn. 18; VG Würzburg, a. a. O., Rn. 47; Dippel, in: Schink/Versteyl, a. a. O., § 18 Rn. 24). Dies setzt voraus, dass die Untersagungsverfügung im konkreten Fall die einzige geeignete Maßnahme zur Einhaltung der Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG ist (OVG Hamburg, a. a. O., Rn. 12). Die Beachtung dieser Anforderungen stellt § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG dadurch sicher, dass die zuständige Behörde zu einer entsprechenden Prüfung verpflichtet ist (Schomerus, in: Versteyl/Mann/ Schomerus, a. a. O., § 18 Rn. 16).
55 
In der Sache nimmt die Formulierung „anders nicht zu gewährleisten“ - wie schon die Gesetzessystematik nahelegt - die in § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG genannten behördlichen Befugnisse in Bezug, weil deren Ausübung die Berufsfreiheit des gewerblichen Sammlers weniger belasten würde als ein vollständiges Verbot (OVG Hamburg, a. a. O., Rn. 12; Dippel, in: Schink/Versteyl, a. a. O., § 18 Rn. 24). Trifft das im konkreten Fall zu, steht ein milderes Mittel zur Sicherung der Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG zur Verfügung, so dass durch ein behördliches Vorgehen nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG dem durch § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG angeordneten „Interventionsminimum“ (Gebot des schonendsten Eingriffs) Rechnung zu tragen ist (NdsOVG, a. a. O., S. 221; VG Würzburg, a. a. O., Rn. 48). Dabei sind „Bedingung“, „Befristung“ und „Auflage“ nicht im Sinne des § 36 VwVfG als Nebenbestimmungen eines Verwaltungsakts zu verstehen, sondern es handelt sich um behördliche Eingriffsmaßnahmen durch eigenständigen Verwaltungsakt (so ausdrücklich die Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 17/6052, S. 89; ferner z. B. Schwind, in: v. Lersner/Wendenburg/Versteyl, a. a. O., § 18 KrWG Rn. 52). Die Qualifizierung als „Nebenbestimmung“ scheidet schon deshalb aus, weil es an einem die gewerbliche Sammlung zulassenden Verwaltungsakt (Genehmigung, Erlaubnis etc.) fehlt; denn eine gewerbliche Sammlung muss nicht behördlich zugelassen werden, sie ist lediglich anzuzeigen (§ 18 Abs. 1 KrWG). Insoweit verhält es sich hier rechtsdogmatisch nicht anders als im Versammlungsrecht; da eine Versammlung nicht genehmigungsbedürftig ist, sondern nur anmeldepflichtig (§ 14 VersG), meint „Auflage“ im Sinne des § 15 Abs. 1 VersG nicht eine Nebenbestimmung zu einem begünstigenden Verwaltungsakt, sondern bezeichnet eine eigenständige Verfügung, also einen Verwaltungsakt (BVerfG, Beschl. v. 21.3.2007 - 1 BvR 232/04 - NVwZ 2007, 1183, 1184).
56 
Nach diesem System abgestufter Eingriffsbefugnisse muss die zuständige Behörde im konkreten Fall darlegen, warum an Stelle des Verbots nicht eine mildere Maßnahme zur Sicherung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers (bzw. des von diesem beauftragten Dritten) in Betracht kommt (NdsOVG, a. a. O., S. 221; VG Würzburg, a. a. O., Rn. 49). Durchzuführen ist stets eine zweistufige Prüfung: Zunächst ist der Erlass von Maßnahmen nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG zwecks Sicherstellung der Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG zu prüfen; kommt ein milderes Mittel im konkreten Fall nicht in Betracht, ist eine Untersagung der gewerblichen Sammlung zu prüfen (Schwind, in: v. Lersner/Wendenburg/Versteyl, a. a. O., § 18 KrWG Rn. 64; Schomerus, in: Versteyl/Mann/ Schomerus, a. a. O., § 18 Rn. 16; eingeräumt auch von Dageförde/ Thärichen, AbfallR 2013, 125, 136, mit der - hier nicht gegebenen - Einschränkung des absoluten Schutzes des Ausschreibungswettbewerbs nach § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG). Der zuständigen Behörde ist es folglich versagt, sogleich zur Untersagungsverfügung zu greifen, ohne zuvor den Erlass milderer Maßnahmen nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG ausgelotet zu haben.
57 
§ 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG sieht unter anderem das Instrument der Befristung vor. Im Schrifttum wird beispielsweise vorgeschlagen, eine angemessene Befristung der (gewerblichen) Sammlung in Betracht zu ziehen, um erneut die Voraussetzungen der Sammlung prüfen zu können (Schwind, in: v. Lersner/ Wendenburg/Versteyl, a. a. O., § 18 KrWG Rn. 57). Die Prüfung einer solchen Möglichkeit liegt hier schon deshalb nahe, weil eine Auftragsvergabe seitens der Antragsgegnerin für Transport und Verwertung erst unlängst erfolgt ist und es deshalb angezeigt sein könnte, zunächst einmal Erfahrungswissen zu dem im vorliegenden Fall umstrittenen Teil der Abfallentsorgung zu sammeln. Mit dem Instrument der Auflage nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG können dem gewerblichen Sammler selbstständige Handlungsgebote und Handlungsverbote aufgegeben werden (Schwind, a. a. O., § 18 KrWG Rn. 59), wie etwa die zahlenmäßige Begrenzung der Container für Alttextilien oder die mengenmäßige Begrenzung der gewerblichen Sammlung; insbesondere letztgenannte Maßnahme kann ein taugliches Mittel zur Sicherstellung der Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG sein (Dageförde/Thärichen, AbfallR 2013, 125, 136). Auch eine derartige Maßnahme hat die Antragsgegnerin nicht erkennbar in Betracht gezogen und insoweit ebenfalls den Prüfungsauftrag des § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG verfehlt.
58 
Etwaige Überwachungsprobleme bei Maßnahmen nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG können die gebotene Prüfung milderer Mittel grundsätzlich nicht erübrigen. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die behördliche Informationsgewinnung auch mit dem Instrument der Auskunft nach § 47 Abs. 3 Satz 1 KrWG erfolgen kann. Dazu gilt es zu beachten, dass die Missachtung einer Auskunftspflicht bußgeldbewehrt ist (§ 69 Abs. 2 Nr. 4 KrWG) und mit einer Geldbuße bis zu 10.000,-- Euro geahndet werden kann (§ 69 Abs. 3 KrWG). § 47 Abs. 3 KrWG entspricht weitgehend § 40 Abs. 2 KrW-/AbfG, so dass die dazu von der Rechtsprechung festgestellten behördlichen Befugnisse (vgl. Senat, Beschl. v. 30.3.2001 - 10 S 1184/00 - VBlBW 2002, 26) auch nach geltendem Recht beachtenswert sind. Die Auskunftspflicht gemäß § 47 Abs. 3 Satz 1 KrWG erstreckt sich auf alle Phasen des Umgangs mit Abfall, insbesondere auch auf Fragen zu § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG (Rüdiger, in: v. Lersner/Wendenburg/Versteyl, a. a. O., § 47 KrWG Rn. 83). Bevor die danach bestehenden behördlichen Möglichkeiten nicht geprüft und ggf. ausgeschöpft sind, ist der Rückgriff auf die ultima ratio der vollständigen Untersagung schwerlich haltbar.
59 
2. Auch bei einer allgemeinen, von den Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren unabhängigen Interessenabwägung kommt im vorliegenden Fall dem Interesse der Antragstellerin an einer vorläufigen Durchführung der Sammlung der Vorrang gegenüber dem öffentliche Interesse an einer sofortigen Untersagung der Tätigkeit zu (ebenso OVG NRW, Beschluss vom 19.07.2013 - 20 B 476/13 -, a.a.O.).
60 
Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Sammlungstätigkeit der Antragstellerin in den Schutzbereich der Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG fällt. Wird die sofortige Vollziehung der Untersagungsverfügung bestätigt und der Antragstellerin damit jedenfalls vorübergehend ein Sammeln verwehrt, tritt deshalb auf ihrer Seite eine schwerwiegende und stark ins Gewicht fallende Rechtsbeeinträchtigung ein, wenn sich die Untersagungsverfügung im Hauptsacheverfahren als rechtswidrig erweisen sollte. Dies gilt unabhängig davon, ob durch die Untersagung der Sammeltätigkeit eine Existenzgefährdung der Antragstellerin eintritt und unabhängig davon, in welchem Umfang ihr während der Dauer der Untersagung Einnahmen unwiederbringlich verloren gehen und bereits getätigte Investitionen, etwa für die Anmietung von Containerstellplätzen, sich als nutzlos erweisen könnten.
61 
Eine vergleichbar starke Beeinträchtigung öffentlicher Interessen für den Fall, dass die sofortige Vollziehung der Untersagungsverfügung ausgesetzt wird und die Antragstellerin vorläufig weitersammeln kann, im Hauptsacheverfahren jedoch die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung festgestellt wird, lässt sich demgegenüber nicht feststellen. Wie oben näher dargelegt, bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, von einer Unzuverlässigkeit der Antragstellerin auszugehen. Es besteht derzeit auch keine überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass die öffentlichen Interessen in Gestalt der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung von Abfällen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 1 KrWG tatsächlich beeinträchtigt werden, oder sonst die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet wird. Auch der - seinerseits nicht hinreichend belegte - Vorwurf des Antragsgegners, dass sich die Antragstellerin einen rechtswidrigen Wettbewerbsvorteil verschaffe, ist nicht dazu geeignet, eine schwerwiegende Beeinträchtigung öffentlicher Interessen darzutun. Eine solche lässt sich auch nicht der von der Antragsgegnerin - unter Zitierung des hier gerade nicht einschlägigen § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO als „Ermächtigungsgrundlage“ - gegebenen Begründung für die Anordnung des Sofortvollzugs entnehmen, zur Sicherung der Funktionsfähigkeit einer geordneten Abfallentsorgung bedürfe es eines berechenbaren, stetigen Mittelzuflusses auch während der Dauer eines Rechtsmittelverfahrens. Dagegen sprechen die oben (1.4.1.1) dargelegten Relationen der abfallwirtschaftlichen Erlöse zur befürchteten Einnahmeverminderung (um nur 0,3 %) und die Möglichkeit einer Kompensation durch (geringfügige), ggf. vorübergehende Gebührenanhebung.
62 
Rechtfertigen keine überwiegenden öffentlichen Interessen die Anordnung der sofortigen Vollziehung, verbleibt es beim gesetzlichen Regelfall der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 1 VwGO.
63 
Nach alledem ist die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu bestätigen.
64 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
65 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 GKG in Anlehnung an Nrn. 1.5 und 54.2.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 (VBlBW 2004, 467).
66 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Der Bescheid der Beklagten vom 9. April 2013 und der Widerspruchsbescheid des Stadtrechtsausschusses der Beklagten vom 13. November 2014 werden aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die von der Beklagten verfügte Untersagung einer gewerblichen Sammlung von Alttextilien nebst der Anordnung, sämtliche Sammelcontainer im Stadtgebiet der Beklagten zu entfernen.

2

Die Klägerin ist ein im gesamten Bundesgebiet tätiger und nach der Entsorgungsfachbetriebeverordnung zertifizierter Entsorgungsfachbetrieb sowie Mitglied im BDE Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft e.V. Pro Monat erfasst die Klägerin nach eigenen Angaben im Bundesgebiet bis zu 150 Tonnen Altschuhe (an ca. 1200 Rücknahmestellen) und bis zu 400 Tonnen Alttextilien (an ca. 750 Rücknahmestellen). Sofern hierbei Sammelbehälter aufgestellt werden, erfolgt dies auf mietvertraglicher Grundlage auf den Grundstücken oder in den Geschäften privater Partner (Einzelhändler, Supermarktketten u.a.), in der Vergangenheit auch auf den Grundstücken öffentlicher Partner (kommunale Wertstoffhöfe, etc.).

3

Derzeit beschäftigt die Klägerin etwa 30 Mitarbeiter. Die aufgrund regelmäßiger Leerung (in der Regel wöchentlich) gesammelten Textilien und Schuhe (beide Abfallfraktionen werden jeweils über separate Sammelcontainer erfasst) werden mittels eines eigenen Fuhrparks von etwa 25 PKW und LKW in den jeweiligen zentralen Sortierbetrieb verbracht, wobei die Sortierung der Schuhe in A-Stadt und die Sortierung von Alttextilien überwiegend bei zertifizierten Partnern der Klägerin erfolgt.

4

In der Sortierhalle in A-Stadt werden nicht weiter verwendbare Teile (Fehlwürfe) und nicht weiter verwertbare Textilien aussortiert. Diese werden vom örtlichen kommunalen Entsorger, dem AHA Zweckverband Abfallwirtschaft Region Hannover, abgeholt und entsorgt. Nach Angaben der Klägerin werden von den durch sie eingesammelten Altschuhen und Textilien erfahrungsgemäß bis zu 85 % als sortierte Ware an langjährige Kunden veräußert und ca. 15 % an den kommunalen Entsorger (AHA) als Abfall zur ordnungsgemäßen Entsorgung (energetische Verwertung) abgegeben.

5

Die Beklagte sammelt auf den in Kaiserslautern betriebenen Wertstoff- und Recyclinghöfen des Abfallwirtschafts- und Stadtreinigungs-Eigenbetriebs der Stadt Kaiserslautern (ASK) im Bringsystem in entsprechenden Containern Altkleider, Textilien und Schuhe. Zusätzlich zum bestehenden Bringsystem wurde mit der Änderung der Abfallsatzung der Beklagten zum 1. Januar 2013 ein Abholsystem für die Abfallarten Altmetalle, Altkleider und Alttextilien geschaffen. Der ASK holt entsprechende Abfälle auf fernmündlichen oder schriftlichen Antrag in Säcken mit bis zu 70 Liter Fassungsvermögen ab. Diese Holsysteme erfassen flächendeckend sämtliche Verwertungsabfälle dieser Art. Nach der Erfassung werden die Abfälle der Zentrale Abfallwirtschaft Kaiserslautern (ZAK) – einer gemeinsamen kommunalen Anstalt des öffentlichen Rechts der Beklagten und des Landkreises Kaiserslautern – überlassen und der Verwertung zugeführt. Zusätzlich zu dem Erfassungssystem der ASK erfolgt durch die ZAK eine Sammlung von Altkleidern/Textilien im Bringsystem in entsprechenden Sammelcontainern.

6

Die anschließende Verwertung durch die ZAK erfolgt im Bereich Alttextilien dergestalt, dass die erfassten Mengen einem zertifizierten Entsorgungsfachbetrieb zur weiteren Behandlung, Wiederverwendung, Verwertung und Beseitigung überlassen werden. Nach Angaben der ZAK werden derzeit etwa 55 % der erfassten Mengen der Wiederverwendung (Second Hand-Shops), etwa 22 % der Weiterverwendung (z.B. in der Putzlappenindustrie), etwa 15 % der Weiterverwertung (Rohstoffindustrie) und lediglich 5 % der sonstigen Verwertung zugeführt.

7

Mit Schreiben vom 30. August 2012 zeigte die Klägerin gegenüber der Beklagten eine auf unbestimmte Zeit angelegte gewerbliche Sammlung von Altkleidern, -textilien und -schuhen an. Die angezeigte Sammlung betrifft die Aufstellung von Alttextilien- und Altschuhcontainern an einem von Seiten der Klägerin bereits genutzten Standort eines Supermarktes im Stadtgebiet der Beklagten. Im Rahmen des Anzeigeverfahrens forderte die Beklagte die Klägerin auf, weitere Angaben zu der erfolgten Anzeige zu machen. Mit Schreiben vom 26. November 2012 machte die Klägerin unter Bezugnahme auf ihre Verpflichtung aus § 18 Abs. 2 Kreislaufwirtschaftsgesetz – KrWG – weitere Angaben

8

- über Größe und Organisation ihres Sammlungsunternehmens (z.B. Zahl der Mitarbeiter, der zentralisierten Verbringung zum Sortierstandort in A-Stadt, oder über den firmeneigenen Fuhrpark)

9

- über Art, Ausmaß und Dauer (Sammlung im Bringsystem mittels Sammelcontainer, voraussichtliche Sammelmenge von ca. 20 Tonnen/Jahr, über den größtmöglichen Umfang durch die Angabe, dass eine Ausweitung der Sammlung über den bisherigen Standort nicht geplant sei und über die Mindestdauer, nämlich auf unbestimmte Zeit, vor dem Hintergrund der vorgeblich bereits seit 15 Jahren bestehenden Sammlung)

10

- über Art, Menge und Verbleib der Abfälle (Alttextilien und Altschuhe, zentrale Verbringung nach A-Stadt)

11

- über die vorgesehenen Verwertungswege (Sortierung, Vermarktung der gewonnen Fraktionen zur Fasergewinnung, Putzlappenherstellung, etc., Darlegung des Entsorgungsweges für nicht verwertbare Fraktionen)

12

- über die Gewährleistung der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung (Mitteilung der Zertifizierung als Entsorgungsfachbetrieb).

13

Die Sammelmenge am angegebenen Standort habe sich im Jahr 2011 auf 21,54 Tonnen belaufen. Als erwartete Menge für das Jahr 2012 gab die Klägerin ebenfalls eine Menge von 21,54 Tonnen an.

14

Im Zuge der Anhörung äußerte die Beklagte ihre Absicht, die Sammlung zu untersagen. Dabei verwies sie nicht mehr auf das Fehlen von im Rahmen des Anzeigeverfahrens vorzulegender Unterlagen. Sowohl ASK als auch ZAK gaben am 1. März 2013 bzw. 5. März 2013 hierzu Stellungnahmen ab.

15

Mit Bescheid vom 9. April 2013 untersagte das Referat Umweltschutz der Beklagten der Klägerin die am 3. September 2012 angezeigte gewerbliche Sammlung von Altkleidern, Textilien und Schuhen im Stadtgebiet von Kaiserslautern. Zudem wurde der Klägerin aufgegeben, die im Stadtgebiet von Kaiserslautern aufgestellten Sammelcontainer unverzüglich zu entfernen. Weiterhin ordnete die Beklagte die sofortige Vollziehung an und drohte der Klägerin für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000 € an.

16

Die auf § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG i.V.m. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 KrWG gestützte Verfügung begründete die Beklagte mit überwiegenden öffentlichen Interessen, die der Sammlung der Klägerin entgegenstünden. Zum einen würden durch die Sammlung Abfälle erfasst, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger eine haushaltsnahe sowie hochwertige Erfassung und Verwertung durchführe. Zum anderen werde durch die Sammlung der Klägerin die Stabilität der Gebühren gefährdet, denn grundsätzlich minderten Einnahmen, die der Entsorgungsbetrieb über den Verkauf von Abfällen an Dritte erschließen kann, die Gebührenhöhe. Mit der Wertschöpfung, die die Klägerin in Kaiserslautern erschließen wolle, gingen dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger Einnahmen verloren. Der Beklagten lägen im Übrigen weitere Anzeigen von gewerblichen Sammlern vor, die in ihrer Gesamtheit zu einem erheblichen Einnahmeverlust für den Entsorgungsbetrieb führten, wenn diese Sammlungen nicht untersagt würden. Die Klägerin könne sich auch nicht auf Vertrauensgesichtspunkte berufen. Es seien von Seiten der Klägerin keine Informationen oder Nachweise dafür erbracht worden, die plausibel machen könnten, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang im Stadtgebiet der Beklagten bereits vor dem 1. Juni 2012 Sammlungen durchgeführt wurden. Sollten überdies – wie die Klägerin behauptet habe – solche Sammlungen tatsächlich durchgeführt worden sein, seien diese Sammlungen formell rechtswidrig gewesen, da dann die Nachweispflicht des § 13 Abs. 3 Nr. 3 KrWG a.F. nicht beachtet worden sei. Weder der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger noch die Abfallbehörde hätten Kenntnis von einer entsprechenden Sammlung gehabt. Letztlich sei die Untersagung auch verhältnismäßig, insbesondere könne die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG nicht durch Bedingungen, Befristungen oder Auflagen sichergestellt werden. Infolge der Untersagung der gewerblichen Sammlung sei es auch konsequent, das Entfernen der Sammelcontainer zu veranlassen.

17

Gegen den Bescheid der Beklagten legte die Klägerin am 8. Mai 2013 Widerspruch ein und suchte um vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutz nach, dem die erkennende Kammer mit Beschluss vom 25. Juni 2013 – 4 L 411/13.NW – stattgab.

18

Im Laufe des Vorverfahrens forderte der Stadtrechtsausschuss der Beklagten die Ausgangsbehörde auf, eine Beeinträchtigung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers anhand entsprechender Zahlen zu dokumentieren. Der um Rat gebetene ASK führte hierzu aus, dass die durchschnittliche Sammelmenge pro Kopf ca. 6 kg/Jahr betrage, sodass angesichts der Einwohnerzahl der Stadt Kaiserslautern von einer Sammelmenge von 600 Tonnen auszugehen sei. Dies werde durch die erfolgten Anzeigen gewerblicher Sammler unterlegt, die zusammen eine Sammelmenge von 598,24 Tonnen angegeben hätten. Der ASK sammle eine Altkleidermenge von ca. 30 Tonnen/Jahr. Im Jahr 2013 habe er einen Erlös von 300 €/Tonne erzielt. Die ZAK teilte außerdem im Juni 2014 mit, dass das Hol- und Bringsystem im Jahr 2013 insgesamt knapp 43 Tonnen Alttextilien erfasst habe. Für das Jahr 2014 könne mit einem Anstieg auf 63 Tonnen/Jahr gerechnet werden. Bisher habe sie einen Erlös in Höhe von 355 €/Tonne erwirtschaftet. Die ZAK legte ihrer Prognose bezüglich der Gefährdung der Gebührenstabilität aufgrund 16 angezeigter gewerblicher Sammlungen eine Gesamttextilmenge von 892,24 Tonnen/Jahr zugrunde.

19

Mit Widerspruchsbescheid vom 13. November 2014, der Klägerin am 19. November 2014 zugestellt, wies der Stadtrechtsausschuss der Beklagten den Widerspruch der Klägerin zurück.

20

Anders als im Ausgangsbescheid stützte der Stadtrechtsausschuss die Verfügung nicht nur auf § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG, sondern auch auf § 18 Abs. 2 KrWG. Nach Auffassung des Stadtrechtsausschusses habe die Klägerin den erforderlichen Nachweis einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung nicht vollständig erbracht. Zum einen fehle es an einem Nachweis des Einverständnisses des Grundstückseigentümers, auf dessen Grundstück die Sammlung stattfinden solle. Daneben sei das Zertifikat des Entsorgungsfachbetriebes am 7. Mai 2014 abgelaufen und ein aktuelles Zertifikat sei nicht vorgelegt worden. Eine Gewerbeanmeldung sei ebenfalls nicht nachgewiesen und schließlich sei der Detailgrad der Sortierung nicht hinreichend angegeben. Angesichts Letzterem bleibe die wesentliche Fragestellung, wie mit Restabfällen verfahren werde, die mit der reinen Erfassungsmenge vermischt werden, unbeantwortet. Da die Nutzer der Sammlung von Alttextilien, jedenfalls soweit sie über Container erfolge, regelmäßig nicht nur die erwünschten Alttextilien, sondern auch nicht unerhebliche Teilfraktionen an Restabfällen der Sammlung beimischten (sog. Fehlwürfe), sei der Nachweis der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung nicht nur in Bezug auf die reine Erfassungsmenge zu erbringen, sondern darüber hinaus auch für die unerwünschten Restabfälle. Weder in der Anmeldung noch zu einem späteren Zeitpunkt werde etwas dazu vorgetragen. Dass die Klägerin die Restabfälle über den kommunalen Entsorgungsträger AHA entsorge, sei bekannt. Allerdings habe die Klägerin nicht dargetan, in welchem Verhältnis die einzelnen Fraktionen anfallen bzw. üblicherweise anfallen (tatsächlicher Anteil der Wiederverwertung, Verarbeitung, Entsorgung).

21

Ungeachtet der unzureichenden Anzeige stünden der gewerblichen Sammlung der Klägerin auch öffentliche Interessen im Sinne des § 17 Abs. 3 KrWG entgegen. Es liege eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers vor. Einerseits werde nämlich die Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert. Dies sei zwar nicht allein auf die Sammlung der Klägerin zurückzuführen. Bei der Bewertung dieser tatbestandlichen Voraussetzung müsse jedoch eine Gesamtbetrachtung aller im Gemeindegebiet angezeigten gewerblichen und gemeinnützigen Sammlungen erfolgen. Nur die Addition aller abgeschöpften Mengen spiegle ein realistisches Bild wider. Neben der Klägerin hätten indes eine Reihe von gewerblichen Sammlern Sammlungen angezeigt; auch finde eine nicht geringe Anzahl von gemeinnützigen Sammlungen im Bereich der Beklagten statt. Die Beklagte habe im Widerspruchsverfahren eine Gesamtmenge von 1483,79 Tonnen von durch diese Sammlungen abgeschöpften Altkleidern angegeben, wobei sie sich hinsichtlich der Mengen strikt an die Angaben der jeweiligen Anzeiger gehalten habe. Wenn aber eine solche Menge abgeschöpft werde, dann habe dies zwangsläufig auf die Erfüllung der bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen Auswirkung. Dabei könne darauf abgestellt werden, ob der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger durch die gewerbliche Sammlung zu einer wesentlichen Änderung oder Anpassung seiner Entsorgungsstruktur gezwungen werde. Dies sei vorliegend der Fall, da der Entsorgungsträger eine Reihe von Wertstoffhöfen betreibe, um den Bürgern die Möglichkeit zu eröffnen, ihre Altkleider und -schuhe auf diesen Wertstoffhöfen abzuliefern. Der Betrieb solcher Wertstoffhöfe benötige eine hinreichende Auslastung. Sofern diese durch die Konkurrenz gewerblicher Sammler nicht mehr sichergestellt sei, drohe deren Schließung und mithin eine wesentliche Änderung bzw. Anpassung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsstruktur.

22

In diesem Zusammenhang müsse auch berücksichtigt werden, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger, anders als die gewerblichen Altkleidersammler, bei seiner Tätigkeit nicht ausschließlich nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten handele. Als Entsorgungsträger der Kommune müssten auch Bereiche abgedeckt werden, die für die gewerblichen Sammler uninteressant seien, da die Kosten die Erträge überwiegen. Auch in diesen uninteressanten Gebieten fielen aber Altkleider an, die als Wertstoff vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gesammelt und verwertet werden. Wenn hierbei ein wirtschaftlicher Gewinn erzielt werden könne, dann werde dieser – weil die Behörde nicht gewinnorientiert arbeiten dürfe – an die Bürger weitergegeben. Außerdem müsse beachtet werden, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger seine Sammlungen nicht vom aktuell zu erzielenden Tonnenpreis für Altkleider abhängig mache, sondern – gerade weil es seine öffentliche Aufgabe sei – diese Sammlung auch in Krisenzeiten durchführe.

23

§ 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG sei dahingehend auszulegen, dass bereits rein wirtschaftliche Nachteile aus der Tätigkeit des Sammlers für eine Gefährdung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsstruktur ausreichten. Gerade solche Nachteile sollten dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nicht zugemutet werden, denn die Erbringung der Entsorgungsdienstleistungen durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger solle zu möglichst niedrigen, sozialverträglichen Gebühren erfolgen und dies sei nur möglich, wenn die Möglichkeit der Quersubventionierung unrentabler mit rentablen Bereichen verbleibe. Durch die Sammelaktivitäten der Klägerin und der anderen angezeigten gewerblichen und gemeinnützigen Sammlungen entgingen dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger Einnahmen in beträchtlicher Höhe (hier geschätzte 419.000 €), weshalb er seine Entsorgungspflichten nicht mehr zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen erfüllen könne. Aufgrund der wegfallenden Einnahmen aus der Verwertung der Wertstoffe könne auch die Notwendigkeit einer Gebührenanpassung „nach oben“ in Zukunft nicht ausgeschlossen werden.

24

Andererseits sei eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers auch deshalb zu verzeichnen, weil durch die gewerbliche Sammlung eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu besorgen sei. Zwar vermöge der Stadtrechtsausschuss nicht abschließend zu beurteilen, ob tatsächlich die Stabilität der Gebühren als gefährdet anzusehen sei; die vorstehenden Ausführungen zu den Einflüssen der gewerblichen Sammlungen auf die Einnahmen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers würden insoweit als ausreichend im Sinne einer unerwünschten Entwicklung angesehen. Entscheidend sei jedoch, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger auf dem Gebiet der Stadt Kaiserslautern ein nach § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG geschütztes System betreibe und eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung anbiete.

25

Dagegen hat die Klägerin am 19. Dezember 2014 Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie vor:

26

Sie habe entgegen den Ausführungen des Stadtrechtsausschusses ihrer Anzeigepflicht gemäß § 18 Abs. 2 KrWG Genüge getan, insbesondere habe sie den Nachweis einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung erbracht. Auch sehe die genannte Vorschrift eine Verpflichtung, Pachtverträge, Sondernutzungserlaubnisse oder Einverständniserklärungen als Nachweis zu übersenden, nicht vor, sodass eine solche Vorlage von Seiten der Beklagten nicht verlangt werden dürfe. Der Begriff der „überwiegenden öffentlichen Interessen“ in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG und seine Ausgestaltung in § 17 Abs. 3 KrWG seien gemäß den Vorgaben des Europarechts restriktiv auszulegen. Die Vorschrift des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG sei bereits tatbestandlich nicht erfüllt. Überdies gestalte sich die Tätigkeit der Klägerin als leistungsfähiger, jedenfalls aber als ebenso leistungsfähig wie diejenige der Beklagten. Die Beklagte habe eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung nicht dargelegt. Angesichts der Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers dürfe nicht auf die Entsorgungsstrukturen für einzelne Abfallfraktionen, sondern nur auf die Funktionsfähigkeit im Ganzen abgestellt werden. Zu berücksichtigen seien also nicht etwa lediglich die Entsorgungsstrukturen für Altschuhe, sondern auch für Textilabfälle, Metalle, Papier und sonstige Wertstoffe aus Haushalten, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger ein Angebot bereitstelle. Allenfalls dann, wenn nachgewiesen werden könne, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder ein beauftragter Dritter hinsichtlich der Planbarkeit und Organisation der insofern vorgehaltenen Strukturen wesentlich beeinträchtigt würde, erschiene es überhaupt gerechtfertigt, eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers insgesamt im Rahmen des Regelbeispiels des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG zu vermuten. Schutz bestehe allein für die besondere Funktion der Entsorgungsaufgabe insgesamt. Ebenfalls habe die Beklagte nicht dargelegt, welche negativen Konsequenzen sich aus der uneingeschränkten „Zulassung“ gewerblicher Sammler – losgelöst von einer Mengenbetrachtung – in technischer, organisatorischer, personeller und wirtschaftlicher Hinsicht für den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger ergäben. Darüber hinaus könne die prognostizierte Gesamtsammelmenge sämtlicher gewerblicher Sammler für sich allein betrachtet keinen Ausschlag für eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers geben. Soweit sich die Beklagte in ihrer Untersagungsverfügung auf die Tatbestände der § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG bzw. § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG berufe, seien deren Voraussetzungen nicht dargelegt. Schließlich verstoße die Verfügung der Beklagten gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes für Bestandssammler und gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

27

Die Klägerin beantragt,

28

den Bescheid der Beklagten vom 9. April 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Stadtrechtsausschusses der Beklagten vom 13. November 2014 aufzuheben.

29

Die Beklagte beantragt,

30

die Klage abzuweisen.

31

Zur Begründung bezieht sie sich auf die im Ausgangs- und im Widerspruchsbescheid angestellten Erwägungen und verweist darüber hinaus auf aktuelle Entwicklungen in der Rechtsprechung.

32

Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie die Behördenakten Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der Beratung.

Entscheidungsgründe

33

Die Klage ist zulässig und begründet. Die Verfügung der Beklagten vom 9. April 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Stadtrechtsausschusses der Beklagten vom 13. November 2014 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO –). Gleiches gilt für die in dem Bescheid ebenfalls verfügte Androhung von Zwangsmitteln.

34

Die gegenüber der Klägerin erlassene Untersagungsverfügung kann nicht auf die Ermächtigungsgrundlage des § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG gestützt werden. Nach dieser Vorschrift hat die zuständige Behörde die Durchführung einer angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben, oder die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 oder Nr. 4 KrWG genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist.

35

1. Die Kammer kann zunächst offen lassen, ob die streitgegenständliche Untersagungsverfügung formell ordnungsgemäß zustande gekommen ist, insbesondere, ob die Beklagte für den Erlass des Bescheids sachlich zuständig war. Maßgeblich für die Bestimmung der Zuständigkeit ist § 17 Abs. 5 Landeskreislaufwirtschaftsgesetz – LKrWG –. Danach ist die untere Abfallbehörde (§ 17 Abs. 1 Satz 3 LKrWG) für die Durchführung des Anzeigeverfahrens nach § 18 KrWG einschließlich des Erlasses der erforderlichen Anordnungen zu angezeigten und nicht angezeigten Sammlungen zuständig. Soweit in diesem Zusammenhang Anordnungen nach § 18 Abs. 5 KrWG gegen Personen erlassen werden sollen, die gewerbliche Sammlungen durchführen oder durchführen wollen, stellt sich die Frage, inwieweit die Zuständigkeit einer Behörde begründet werden kann, die demselben Rechtsträger angehört wie der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger. Ein sich hieraus ergebender Interessenkonflikt könnte mit der Neutralitätspflicht der Behörde nach den Vorgaben des EU-Wettbewerbsrechts kollidieren (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 9. Oktober 2013 – 8 B 10783/13.OVG –, NVwZ-RR 2014, 135 m.w.N.; verneint in der Gesetzesbegründung, s. LT-Drucksache 16/2205 Seite 26). Anders als das Recht in anderen Bundesländern – etwa in Niedersachsen – sieht das rheinland-pfälzische Landesrecht jedoch keine – etwa § 42 Abs. 4 Niedersächsisches Abfallgesetz (NdsAbfG) entsprechende – Regelung vor, nach der in Fällen wie diesem eine Abgabe des Verfahrens an die obere Abfallbehörde in Betracht kommt, um nicht in eigener Sache entscheiden zu müssen (vgl. diesbezüglich die Rechtsprechung des OVG Niedersachsen, z.B. Beschluss v. 15.08.2013 – 7 ME 62/13 –, NVwZ-RR 2013, 957). Ob die innerorganisatorische Zuständigkeitsverteilung der Beklagten – den Bescheid hat das Referat Umweltschutz erlassen – den Anforderungen der Neutralitätspflicht in hinreichender Weise genügt, bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung. Denn die Untersagungsverfügung ist jedenfalls materiell rechtswidrig.

36

2. Die Untersagungsverfügung kann in materieller Hinsicht weder auf § 18 Abs. 5 Satz 2 Alternative 1 KrWG (2.1.) noch auf § 18 Abs. 5 Satz 2 Alternative 2 KrWG (2.2.) gestützt werden. Da es sich um einen Dauerverwaltungsakt handelt, ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Verfügung der der Beratung durch die Kammer (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798 /11 –, Bay. VGH, Beschluss vom 11. März 2014 – 20 ZB 13.2510 –; VG Koblenz, Urteil vom 29. Juli 2014 – 4 K 251/14.KO –, juris).

37

2.1. Nach § 18 Abs. 5 Satz 2 Alternative 1 KrWG hat die zuständige Behörde die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben.

38

Soweit die Beklagte die Unzuverlässigkeit der Klägerin daraus herleiten möchte, diese habe die beabsichtigte gewerbliche Sammlung nicht ordnungsgemäß angezeigt, vermag das Gericht dem nicht zu folgen.

39

Zwar ist die Klägerin Anzeigende im Sinne der genannten Vorschrift. Anzeigender ist der Träger der gewerblichen Sammlung, also die natürliche oder juristische Person, die die Sammlung in eigener Verantwortung durchführt oder durchführen lässt (vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 24. Februar 2015 – 9 K 2303/13 –, juris m.w.N.). Dies ist hier die Klägerin, der das Handeln ihres Geschäftsführers zuzurechnen ist.

40

Jedoch ist die Klägerin nicht unzuverlässig.

41

Der Begriff der Zuverlässigkeit ist im Kreislaufwirtschaftsgesetz nicht legaldefiniert. Nach übereinstimmender Auffassung beurteilt sich mangels eigenständiger Definition die Frage der Zuverlässigkeit im Sinne von § 18 Abs. 5 Satz 2 Alternative 1 KrWG nach den zu § 35 GewerbeordnungGewO – entwickelten Grundsätzen (s. z.B. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 4. März 2014 – 10 S 1127/13 –, GewArch 2014, 245). Unzuverlässig ist demnach im Allgemeinen ein Gewerbetreibender, wenn er nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß, d.h. im Einklang mit dem geltenden Recht betreibt (s. z.B. BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1982 – 1 C 146/80 –, NVwZ 1982, 503; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 20. Dezember 2010 – 6 B 11259/10.OVG – m.w.N.). Das in der Vergangenheit liegende Verhalten muss mittels einer Prognose daraufhin beurteilt werden, ob es auf eine Unzuverlässigkeit in der Zukunft schließen lässt; die Bejahung der Unzuverlässigkeit muss sich auf Tatsachen stützen lassen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 4. März 2014 – 10 S 1127/13 –, GewArch 2014, 245).

42

Die Regelung des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alternative 1 KrWG ist im Hinblick auf die Art. 12 und 14 Grundgesetz – GG – insoweit einschränkend auszulegen, als bloße Bedenken an der Zuverlässigkeit nicht für eine Untersagung ausreichen; vielmehr müssen die Bedenken ein so starkes Gewicht haben, dass sie gemessen am Rang der Grundrechte und der Schwere des potentiellen Schadens eine Untersagung rechtfertigen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19. Juli 2013 – 20 B 607/13 –, juris). Dies bedeutet, dass für die Annahme der Unzuverlässigkeit im Rahmen von § 18 Abs. 5 Satz 2 Alternative 1 KrWG bei prognostischer Betrachtung die Gefahr bestehen muss, dass es im Falle der weiteren Durchführung der Sammlung zu gewichtigen Verstößen gegen abfallrechtliche oder sonstige im unmittelbaren Zusammenhang mit der Sammlung einschlägige Vorschriften kommen wird. Unzuverlässig im Sinne des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alternative 1 KrWG ist daher, wer nicht die Gewähr dafür bietet, in Zukunft die abfallrechtlichen und sonstigen einschlägigen Vorschriften, insbesondere zur ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung von Abfällen (§ 7 Abs. 3 KrWG), einzuhalten (vgl. VG Bremen, Beschluss vom 25. Juni 2013 – 5 V 2112/12 – juris; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 24. Februar 2015 – 9 K 2303/13 –, juris).

43

Zwar kann auch eine unvollständige, die Vorgaben des § 18 Abs. 2 KrWG missachtende Anzeige grundsätzlich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden begründen (VG Bremen, Beschluss vom 25. Juni 2013 – 5 V 2112/12 –, juris). Nach § 18 Abs. 1 KrWG sind gewerbliche Sammlungen spätestens drei Monate vor ihrer beabsichtigten Aufnahme durch ihren Träger der zuständigen Behörde anzuzeigen. Der Anzeige sind Angaben über die Größe und Organisation des Unternehmens (§ 18 Abs. 2 Nr. 1 KrWG), Angaben über Art, Ausmaß und Dauer, insbesondere über den größtmöglichen Umfang und die Mindestdauer der Sammlung (§ 18 Abs. 2 Nr. 2 KrWG), Angaben über Art, Menge und Verbleib der zu verwertenden Abfälle ( § 18 Abs. 2 Nr. 3 KrWG), eine Darlegung der innerhalb des angezeigten Zeitraums vorgesehenen Verwertungswege einschließlich der erforderlichen Maßnahmen zur Sicherstellung ihrer Kapazitäten (§ 18 Abs. 2 Nr. 4 KrWG) sowie eine Darlegung, wie die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle im Rahmen der Verwertungswege gewährleistet wird (§ 18 Abs. 2 Nr. 5 KrWG), beizufügen. Diese Bestimmung steht im Dienste einer ordnungsgemäßen und schadlosen Abfallverwertung. Nach der Gesetzesbegründung sollen die von § 18 Abs. 2 KrWG geforderten Angaben der Behörde eine umfassende Prüfung ermöglichen und insbesondere als Grundlage für die Beurteilung dienen, ob der gewerblichen Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen (BT-Drucksache 17/6052, Seite 88). Die Anzeige einer gewerblichen Sammlung im Sinne des § 18 Abs. 1 und Abs. 2 KrWG ist mithin keine bloße Förmlichkeit von nachrangiger rechtlicher Bedeutung. Die rechtzeitige, richtige und vollständige Anzeige ist vielmehr unerlässliche Voraussetzung dafür, dass die zuständige Behörde prüfen kann, ob eine ordnungsgemäße und schadlose Abfallverwertung gesichert ist und ob der Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen (s. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG). Daher gilt, dass die von § 18 Abs. 2 KrWG geforderten Angaben und Darlegungen der zuständigen Behörde – mit Ausnahme der Konstellation des § 72 KrWG – vor Beginn der gewerblichen Sammlung richtig und vollständig vorliegen müssen (vgl. zu Letzterem: VGH Baden-Württemberg vom 11. Februar 2008 – 10 S 2422/07 –, VBlBW 2008, 295; zum Ganzen: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. September 2013 – 10 S 1345/13 –, UPR 2014, 33).

44

Danach können Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden im Sinne des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alternative 1 KrWG insbesondere dann bestehen, wenn die zuständige Behörde den Anzeigenden auf die Unvollständigkeit seiner Angaben hinweist und um eine Ergänzung bittet, dieser daraufhin jedoch nicht reagiert oder die nachgefragte Information sogar ausdrücklich verweigert. Dies setzt allerdings voraus, dass die von der Behörde geforderten Nachweise und Darlegungen nach § 18 Abs. 2 KrWG erforderlich sind (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. September 2013 – 10 S 1345/13 –, UPR 2014, 33).

45

a) Soweit die Beklagte den fehlenden Nachweis der Gewerbeanmeldung und den fehlenden Nachweis des Einverständnisses des Grundstückseigentümers, auf dessen Grundstück die Sammlung stattfindet, beanstandet, vermag dies die Untersagungsverfügung nicht zu stützen, weil derartige Nachweise bzw. Darlegungen nach § 18 Abs. 2 KrWG nicht erforderlich sind.

46

Dem Wortlaut des § 18 Abs. 2 KrWG ist nicht zu entnehmen, dass der Anzeige eine aktuelle personenbezogene Auskunft aus dem Gewerbezentralregister über die Betriebsinhaber und jeden Geschäftsführer der Firma bzw. eine aktuelle firmenbezogene Auskunft aus dem Gewerbezentralregister beizufügen sind. Der Katalog des § 18 Abs. 2 KrWG nennt derartige Unterlagen nicht. Auch der Umstand, dass ohne diese Nachweise die Zuverlässigkeit des Antragstellers eventuell nicht abschließend geprüft werden kann, rechtfertigt keine beliebige behördliche Erweiterung der gesetzlichen Anzeigepflichten. Der Gesetzgeber hat mit § 18 Abs. 1 und 2 KrWG – im Unterschied zu § 54 KrWG für gefährliche Abfälle – kein umfassendes Genehmigungsverfahren geschaffen, sondern lediglich eine Verpflichtung zur Anmeldung der Aufnahme der beabsichtigten Sammlungstätigkeit begründet. Die Vorschrift darf daher nicht so gehandhabt werden, als handele es sich um ein präventives Erlaubnisverfahren, in dem die Zuverlässigkeit oder die Fach- und Sachkunde der tätig werdenden Personen vorab nachzuweisen wären. Ein solches Verfahren sieht das Kreislaufwirtschaftsgesetz nur für Sammler, Beförderer, Händler und Makler gefährlicher Abfälle vor (§ 54 KrWG). Bei anderen Abfällen – wie hier – begründet der dann einschlägige § 53 KrWG lediglich eine Anzeigepflicht bei der zuständigen Behörde am Hauptsitz des Anzeigenden (§ 53 Abs. 1 Satz 3 KrWG). Im Rahmen der Prüfung einer solchen Anzeige kann diese Behörde die Vorlage von Unterlagen über den Nachweis der Zuverlässigkeit verlangen (§ 53 Abs. 3 Satz 2 KrWG). Aus dem Fehlen einer entsprechenden Regelung in § 18 Abs. 2 KrWG kann daher gefolgert werden, dass gegenüber der nach dieser Vorschrift zuständigen Abfallbehörde am Sammelort derartige Nachweise nicht mit der Anzeige beigebracht werden müssen; der Anzeigende ist mithin nicht gehalten, in sämtlichen Kommunen im Bundesgebiet jedes Mal, wenn er in deren Zuständigkeitsbereich eine einzelne Sammlung durchführen will, Nachweise für seine Zuverlässigkeit vorzulegen. Vielmehr ist es ausreichend, wenn er dem vor Aufnahme seiner abfallwirtschaftlichen Tätigkeit bei der zuständigen Behörde an seinem Hauptsitz nachkommt; die Abfallbehörde am Sammelort kann gegebenenfalls bei dieser Behörde die erforderlichen Erkundigungen einziehen (OVG Lüneburg, Beschluss vom 15. August 2013 – 7 ME 62/13 –, NVwZ-RR 2013, 957; zum Ganzen wörtlich: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. September 2013 – 10 S 1345/13 –, UPR 2014, 33).

47

Dementsprechend hat die Beklagte vorliegend die Anzeigepflichten gemäß § 18 Abs. 2 KrWG mit Blick auf den geforderten Nachweis der Gewerbeanmeldung überdehnt. Auch hat die Beklagte nicht dargetan, aus welchen sonstigen Umständen sich unabhängig von der Nichterfüllung der Anzeigepflichten Bedenken gegen die Zuverlässigkeit der Klägerin ergeben. Selbst wenn aber konkrete Zweifel an deren Zuverlässigkeit Anlass zu weiteren Nachforschungen geben sollten, hätte die Beklagte die Auskunft ohne Weiteres selbst – im Rahmen der Amtsermittlung – einholen können. Die Berechtigung der Behörde zur Einholung von Auskünften aus dem Gewerbezentralregister folgt aus § 150 a Abs. 1 Nr. 2 b i.V.m. § 149 Abs. 2 Nr. 1 b GewO. Auch nach § 9 HandelsgesetzbuchHGB – bedarf die Einsichtnahme in das Handelsregister nicht der Mitwirkung der Klägerin. Insoweit hätten der Beklagten bezüglich dieses Nachweises weit mildere Mittel zur Verfügung gestanden, sodass eine hierauf gestützte Untersagung jedenfalls auch unverhältnismäßig ist (vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. September 2013 – 10 S 1345/13 –, UPR 2014, 33).

48

b) Auch die Forderung, die bestehende privatrechtliche Vereinbarung mit den jeweiligen Grundstückseigentümern, auf deren Grundstück die Sammelcontainer aufgestellt sind, nachzuweisen, ist von § 18 Abs. 2 KrWG nicht gedeckt.

49

Der Wortlaut der Vorschrift des § 18 Abs. 2 KrWG gebietet ausdrücklich weder eine Verpflichtung des gewerblichen Sammlers, Containerstandortlisten mit genauen Adressen vorzulegen, noch eine Verpflichtung, Pachtverträge, Sondernutzungserlaubnisse oder Einverständniserklärungen zum Aufstellen der Sammelcontainer zu übersenden (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. September 2013 – 10 S 1345/13 –, UPR 2014, 33).

50

Die Vorlage der genannten Nachweise ist auch nicht erforderlich, um im Sinne von § 18 Abs. 2 Nr. 2 KrWG Art, Ausmaß, Dauer und Umfang der Sammlung feststellen zu können. Wenn § 18 Abs. 2 Nr. 2 KrWG von dem gewerblichen Sammler Angaben über Art, Ausmaß und Dauer, insbesondere über den größtmöglichen Umfang und die Mindestdauer der Sammlung verlangt, bedeutet dies, dass der Sammler den Gegenstand der Sammlung (was soll gesammelt werden?), den räumlichen Umfang der Sammlung (wo im Landkreisgebiet bzw. Stadtgebiet soll gesammelt werden?), den zeitlichen Umfang der Sammlung (wann, wie oft und wie lange soll gesammelt werden und welche Mindestdauer ist geplant?) und die Art der Durchführung der Sammlung (wird im Hol- oder Bringsystem, in Eigenregie oder durch einen Dritten gesammelt?) darzulegen hat. Um das Ausmaß der Sammlung ermitteln zu können, dürfte es auch nicht zu beanstanden sein, wenn die zuständige Behörde die Anzahl und die Größe der Container und ihre Verteilung auf die Gemeindegebiete abfragt. Die Befragung nach genau bezeichneten Stellplätzen oder danach, ob der Sammler über die erforderlichen straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnisse sowie die privatrechtlichen Einverständniserklärungen und Verträge für die einzelnen Stellflächen verfügt, findet aber keine Rechtsgrundlage in § 18 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 KrWG (ebenso VG Augsburg, Urteil vom 27. Februar 2013 – Au 6 K 12.1415 – juris; VG Würzburg, Beschluss vom 16. Oktober 2012 – W 4 S 12.833 –, juris; zum Ganzen wörtlich: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. September 2013 – 10 S 1345/13 –, UPR 2014, 33).

51

Soweit die Beklagte einwendet, die privatrechtliche Einverständniserklärung würde benötigt, um sicherzustellen, dass die Verwertung von Abfällen ordnungsgemäß und schadlos im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG erfolge, überzeugt dies nicht. Nach § 18 Abs. 2 Nr. 5 KrWG sind der Anzeige einer gewerblichen Sammlung u.a. Unterlagen beizufügen, die nachweisen, wie die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle im Rahmen der Verwertungswege gewährleistet wird. § 18 Abs. 2 Nr. 5 KrWG dient – wie die Bezugnahme auf Nummer 4 zeigt – mithin in erster Linie der transparenten und nachvollziehbaren Offenlegung der Verwertungswege. Im Übrigen dürften die geforderten Angaben zur Prüfung der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung nicht erforderlich sein (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. September 2013 – 10 S 1345/13 –, UPR 2014, 33). Nach § 7 Abs. 3 KrWG erfolgt die Verwertung ordnungsgemäß, wenn sie im Einklang mit den Vorschriften dieses Gesetzes und anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften steht. Sie erfolgt schadlos, wenn nach der Beschaffenheit der Abfälle, dem Ausmaß der Verunreinigungen und der Art der Verwertung Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit nicht zu erwarten sind, insbesondere keine Schadstoffanreicherung im Wertstoffkreislauf erfolgt. Unter Berücksichtigung dessen kann die Kammer nicht erkennen, welche Bedeutung die Vorlage von Pachtverträgen, Sondernutzungserlaubnissen oder Einverständniserklärungen für die Frage haben soll, ob die Verwertung der Abfälle ordnungsgemäß und schadlos erfolgt.

52

c) Die Beklagte kann schließlich eine Unzuverlässigkeit der Klägerin wegen (vermeintlich) fehlerhafter Anzeige auch nicht damit begründen, das von der Klägerin vorgelegte Zertifikat sei am 7. Mai 2014 abgelaufen und ein aktuelles Zertifikat sei nicht vorgelegt worden sei, ferner habe die Klägerin zu der Frage, wie mit Restabfällen (sog. Fehlwürfen) verfahren werde, nicht Stellung bezogen. Eine Verletzung der Anzeigepflicht durch die Klägerin ist diesbezüglich nicht zu erkennen.

53

Zum einen hat die Klägerin im Laufe des Verfahrens ein aktuelles, bis zum 17. Mai 2016 gültiges Zertifikat des TÜV Thüringen vorgelegt, laut dem der Betrieb der Klägerin als Entsorgungsfachbetrieb gemäß der Entsorgungsfachbetriebeverordnung anerkannt ist. Insofern kann das Gericht die Frage dahinstehen lassen, ob die Vorlage eines solchen Zertifikates überhaupt zu den erforderlichen Angaben im Sinne des § 18 Abs. 2 KrWG gehört.

54

Zum anderen ist die Auffassung des Stadtrechtsausschusses in Bezug auf die die (vermeintlich) fehlenden Angaben der Klägerin bezüglich des Umgangs mit sog. Fehlwürfen für die Kammer nicht überzeugend. Nach den Ausführungen im Widerspruchsbescheid sei angesichts der Anzeige der Klägerin nicht klar, wie mit Restabfällen verfahren werde, die mit der reinen Erfassungsmenge der Alttextilien vermischt seien. Der Nachweis einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung sei jedoch nicht nur in Bezug auf die reine Erfassungsmenge, sondern darüber hinaus auch für unerwünschte Restabfälle (Fehlwürfe) zu erbringen. Im Folgenden erklärt der Stadtrechtsausschuss jedoch zutreffend, dass die Klägerin dargelegt habe, die bei ihr anfallenden Restabfälle (im Umfang von ca. 15 % der Gesamtsammelmenge) würden durch den kommunalen Entsorgungsträger AHA (Region Hannover) einer energetischen Verwertung zugeführt. Diese Angaben seien jedoch aus Sicht der Widerspruchsbehörde deshalb unzureichend, da nicht ersichtlich sei, „in welchem Verhältnis die einzelnen Fraktionen anfallen bzw. üblicherweise anfallen (tatsächlicher Anteil der Wiederverwertung, Verarbeitung, Entsorgung)“. Sofern der Stadtrechtsausschuss hiermit auf die Gesamtsammelmenge der Klägerin rekurriert, liegen entsprechende Angaben der Klägerin vor. Soweit der Stadtrechtsausschuss allerdings eine anteilige Aufschlüsselung der Fehlwürfe erwartet, kann dies von der Klägerin nicht verlangt werden. Diese hat angegeben, dass sie Fehlwürfe in einem Umfang von ca. 15 % der Gesamtsammelmenge zu verzeichnen habe. Die Fehlwürfe würden aussortiert und anschließend dem kommunalen Entsorgungsträger (AHA) zwecks energetischer Verwertung überlassen. Inwieweit dieser wiederum den ihm als „Fehlwürfe“ von Seiten der Klägerin überlassenen Abfall entsprechend der Pflichten nach dem KrWG wiederverwendet, recycelt, verwertet oder beseitigt, ist von Seiten der Klägerin nicht dezidiert darzulegen. Insoweit ist zu beachten, dass die zuständige Behörde gleichsam keine überhöhten Anforderungen an die Darlegungen nach § 18 Abs. 2 KrWG stellen darf (Karpenstein/Dingemann in: Jarass/Petersen, Kreislaufwirtschaftsgesetz, 2014, § 18 Rn. 45 m.w.N.). Dies wäre aber der Fall, müsste die Klägerin vorliegend auch darlegen, wie der kommunale Entsorgungsträger die ihm von ihr überlassenen Abfälle im Einzelnen quotenmäßig verwertet. Dies dürfte bereits deshalb kaum zu bewältigen sein, weil es sich bei Fehlwürfen naturgemäß um unterschiedlichste Abfallfraktionen handeln kann, die sich obendrein nicht vorhersehen lassen (da es sich gerade um „Fehl“-Würfe handelt), sodass generelle Aussagen zur Wiederverwendbarkeit, Recycelbarkeit und Verwertbarkeit nur schwerlich getroffen werden können. Im Übrigen aber fällt die Entscheidung des Umgangs mit den überlassenen Fehlwürfen in den Aufgabenbereich des kommunalen Entsorgungsträgers. Dafür, dass dieser seinen Pflichten nach dem KrWG nicht nachkommt, bestehen indes keinerlei Anhaltspunkte. Insofern genügt die Klägerin ihrer Anzeigepflicht jedenfalls dadurch, dass sie anzeigt, die bei ihr anfallenden Fehlwürfe über den kommunalen Entsorgungsträger einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zuzuführen.

55

d) Selbst wenn man indes – entgegen der Auffassung der Kammer – von fehlenden Angaben der Klägerin ausgehen würde, wäre die Untersagungsverfügung damit vorliegend nicht rechtmäßig.

56

Bei einer unzureichenden Anzeige – wie sie die Beklagte vorliegend annimmt – lässt sich nicht abschließend feststellen, dass die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle nur durch ihre Untersagung gewährleistet werden kann. Angesichts dessen kann die Unvollständigkeit der Angaben zur ordnungsgemäßen Verwertung nicht mit deren Nichtvorliegen gleichgesetzt werden. Insoweit ist die Betroffenheit des Unternehmers durch eine Beeinträchtigung seines Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG und gegebenenfalls Art. 14 GG zu berücksichtigen (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschlüsse vom 9. Juli 2014 – 8 B 10427/14.OVG – und vom 9. Oktober 2013 – 8 B 10791/13.OVG –, NVwZ-RR 2014, 135; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19. Juli 2013 – 20 B 607/13 –, juris; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 16. Januar 2014 – 10 S 2273/13 –, UPR 2014, 235; Beckmann in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 74. EL 2014, § 18 KrWG, Rn. 22).

57

Daraus folgt: Bevor die Behörde von der Unzuverlässigkeit des Betroffenen wegen Nichterfüllung seiner Anzeigepflichten ausgehen darf, hat sie mildere Mittel zu ergreifen, um auf die Erfüllung der Anzeigepflichten hinzuwirken. Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kommt deshalb der behördlichen Durchsetzung der Anzeigepflicht grundsätzlich Vorrang gegenüber der sofortigen Untersagung der Sammlung zu. Die Rechtsgrundlage hierfür findet sich in § 62 i.V.m. § 18 Abs. 2 KrWG. Danach kann die zuständige Behörde die erforderlichen Anordnungen zur Durchführung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes, also auch des § 18 Abs. 2 KrWG, treffen. Um einer entsprechenden Anordnung Nachdruck zu verleihen, kann die Behörde ein Zwangsgeld mit dem Verwaltungsakt androhen (§ 64, 66 Landesverwaltungsvollstreckungsgesetz – LVwVG –), das nach einer erfolglosen Festsetzung beigetrieben werden kann. Als Beugemittel kann ein Zwangsgeld auch mehrfach angedroht und ggf. festgesetzt werden, um den Betroffenen zur Erfüllung seiner Handlungspflicht(en) zu bewegen (VGH Baden-Württemberg vom 20. September 2005 – 10 S 971/05 –, VBlBW 2006, 32; zum Ganzen wörtlich: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. September 2013 – 10 S 1345/13 –, UPR 2014, 33).

58

Dies hat die Beklagte vorliegend nicht ausreichend beachtet. Nachdem die Beklagte im Ausgangsbescheid die Klägerin zur Ergänzung ihrer Anzeige aufgefordert hatte und diese der Aufforderung nachkam, entschied die Beklagte im Ausgangsbescheid auf der Grundlage der aus ihrer Sicht nun vervollständigten Angaben im Sinne des § 18 Abs. 2 KrWG. Folgerichtig stützte die Beklagte die Untersagungsverfügung vom 9. April 2013 nicht auf das Fehlen etwaiger Nachweise im Sinne des § 18 Abs. 2 KrWG. Erst der Stadtrechtsausschuss beanstandete im Rahmen seiner Begründung des Widerspruchsbescheids weitere fehlende Angaben im Anzeigeverfahren. Bevor jedoch in diesem neuerlichen Verfahrensstadium eine Untersagungsverfügung auf fehlende Angaben im Rahmen des Anzeigeverfahrens hätte gestützt werden können, hätte der Stadtrechtsausschuss seinerseits auf die – aus seiner Sicht fehlenden – Nachweise hinweisen und entsprechend auf die Vervollständigung der Angaben durch die Klägerin hinwirken müssen. Dies muss vorliegend umso mehr gelten, als sich die Klägerin bereits gegenüber der Ausgangsbehörde kooperativ zeigte und deren formloser Aufforderung zur Vervollständigung der Anzeige beanstandungsfrei nachkam. Insofern wäre es auch Sache des Stadtrechtsausschusses gewesen, vor einer Untersagung der Sammlung aufgrund fehlender Darlegungen im Sinne des § 18 Abs. 2 KrWG auf die Komplettierung der Angaben hinzuwirken; zumal die Klägerin angesichts der vorangehenden Entscheidung der Ausgangsbehörde davon ausgehen durfte, dass sie, nachdem sie deren Aufforderung zur Vervollständigung der Angaben nachgekommen war, ihrer Anzeigepflicht genüge getan hat. Auch der Stadtrechtsausschuss hat insoweit den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren. Die umgehende Untersagung der Sammlung – wie sie der Stadtrechtsausschuss hier vorgenommen hat – durfte demgemäß nicht erfolgen.

59

2.2. Entgegen der Auffassung der Beklagten kann die Untersagungsverfügung auch nicht auf § 18 Abs. 5 Satz 2 Alternative 2 KrWG gestützt werden. Danach ist die Sammlung zu untersagen, wenn die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 oder Nr. 4 KrWG genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist.

60

Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG besteht eine Überlassungspflicht an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nicht für Abfälle, die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, es sei denn, überwiegende öffentliche Interessen stünden der Sammlung entgegen. Gemäß § 17 Abs. 3 KrWG stehen einer gewerblichen Sammlung überwiegende öffentliche Interessen nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des aufgrund einer Rechtsverordnung nach § 25 KrWG eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung seiner Pflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird (§ 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG). Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt (§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1) oder die Stabilität der Gebühren gefährdet wird (§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG) oder die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird (§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG). Gemäß § 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG sollen die Bestimmungen des Satzes 3 Nrn. 1 und 2 nicht gelten, wenn die vom gewerblichen Sammler angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle wesentlich leistungsfähiger ist als die von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder dem von ihm beauftragten Dritten bereits angebotene oder konkret geplante Leistung.

61

2.2.1. Diese „Regelungskaskade“ steht entgegen der Zweifel der Klägerin nach Auffassung der Kammer mit Europarecht in Einklang, bedarf dazu aber einer europarechtskonformen Auslegung und Anwendung.

62

Zwar stellen gesetzliche Überlassungspflichten im Abfallrecht Beschränkungen der Warenverkehrsfreiheit (Art. 28 ff. des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union – AEUV –) und der Wettbewerbsfreiheit (Art. 101 ff. AEUV) dar (so ausdrücklich auch die Gesetzesbegründung zu § 17 KrWG, BT-Drucksache 17/6052, Seite 85). Diese sind jedoch grundsätzlich europarechtlich gerechtfertigt. Dabei kann allerdings bei getrennt gesammelten Abfällen zur Verwertung aus privaten Haushaltungen nicht auf das sekundäre EU-Recht (Abfallrahmenrichtlinie, Abfallverbringungsverordnung) zurückgegriffen werden, weil dieses Recht insoweit nicht anwendbar ist (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, DVBl 2013, 1537; VG Hamburg, Urteil vom 9. August 2012 – 4 K 1905/10 –, ZUR 2013, 43, 44 f.). Die Rechtfertigung ergibt sich jedoch aus Art. 106 Abs. 2 AEUV. Denn bei der Entsorgung von Abfällen aus privaten Haushaltungen handelt es sich um eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Sinne der genannten Norm. Die mitgliedstaatliche gesetzliche Zuweisung von zur Verwertung bestimmten Abfallfraktionen aus privaten Haushaltungen an die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (§ 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG) ist mithin dem Grunde nach durch Art. 106 Abs. 2 AEUV gedeckt. Diese Beschränkung der Warenverkehrsfreiheit und der Wettbewerbsfreiheit nach Art. 106 Abs. 2 AEUV ist allerdings nur gerechtfertigt, soweit die Abfallentsorgung ohne monopolartige öffentlich-rechtliche Entsorgungsstrukturen rechtlich oder tatsächlich „verhindert“ würde. Dafür ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zwar eine Existenzgefährdung des mit der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betrauten Aufgabenträgers nicht notwendig. Es genügt vielmehr, dass ohne die Exklusivrechte die Erfüllung der dem Unternehmen übertragenen Aufgaben gefährdet wäre oder dass jene Rechte erforderlich sind, um ihrem Inhaber die Erfüllung seiner Aufgaben zu wirtschaftlich annehmbaren Bedingungen zu ermöglichen; bloße Zweckmäßigkeitserwägungen können dagegen die Schaffung von Monopolstrukturen nicht rechtfertigen (vgl. EuGH, Urteil vom 17. Mai 2001 - Rs. C-340/99 -, Slg. 2001, I-4109; Urteil vom 15. November 2007 - Rs. C-162/06 -, Slg. 2007, I-9911).

63

Diesen europarechtlichen Anforderungen wird § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG dadurch gerecht, dass „überwiegende öffentliche Interessen“ nach § 17 Abs. 3 KrWG in Anlehnung an die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu Art. 106 Abs. 2 AEUV konkretisiert werden. Darauf weist die Gesetzesbegründung ausdrücklich hin und betont, nach der Kollisionsklausel des § 17 Abs. 3 KrWG, für deren Auslegung „primär die Rechtsprechung des EuGH zu Artikel 106 Absatz 2 AEUV heranzuziehen“ sei, hätten öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger, Drittbeauftragte und Rücknahmesysteme „zwar Beeinträchtigungen hinzunehmen, ihre Funktionsfähigkeit muss jedoch gewahrt bleiben“ (BT-Drucksache 17/6052, Seite 87). Die Kammer hat daher – in Übereinstimmung mit dem VGH Baden-Württemberg (Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, DVBl 2013, 1537) keinen Zweifel daran, dass dieses Verständnis des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 KrWG den Vorgaben des Art. 106 Abs. 2 AEUV in der Auslegung des Europäischen Gerichtshofs gerecht wird. Folglich steht die Normgeltung auch insoweit außer Frage.

64

Der „soweit“-Satz in Art. 106 Abs. 2 AEUV ist rechtsnormativer Ausdruck des Gebots der „Erforderlichkeit“ (Wernicke in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Stand Januar 2015, Art. 106 AEUV Rn. 63 und Rn. 72). Seine Anwendung auf dem Gebiet der Abfallentsorgung ist geklärt (s. z.B. EuGH, Urteil vom 25. Juni 1998 - Rs. C-203/96 - Slg. 1998, I-4075). Eine Beschränkung der Warenverkehrsfreiheit und der Wettbewerbsfreiheit ist rechtlich nur zulässig, soweit es dem Inhaber eines ausschließlichen Rechts ermöglicht werden muss, seine im Allgemeininteresse liegende Aufgabe unter wirtschaftlich tragbaren Bedingungen zu erfüllen; eingeschlossen ist darin die Möglichkeit eines Ausgleichs zwischen den rentablen und den weniger rentablen Tätigkeitsbereichen (s. z.B. EuGH, Urteil vom 25. Oktober 2001 - Rs. C-475/99 - Slg. 2001, I-8089). Bedeutsam ist das Gebot der “Erforderlichkeit” bei trennbaren Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse. Steht ein milderes Mittel zur Gewährleistung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsstrukturen zur Verfügung, sind Monopolstrukturen im Entsorgungsbereich insoweit nicht erforderlich (Petersen, NVwZ 2009, 1063, 1070; Petersen/Doumet/Stöhr, NVwZ 2012, 521, 526). Maßgebend ist die Beurteilung im Einzelfall (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, DVBl 2013, 1537).

65

Auch vor diesem europarechtlichen Hintergrund hat die Kammer keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit und Wirksamkeit des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 KrWG. Die gesetzliche Regelung nimmt keine europarechtswidrige (vgl. dazu Petersen, NVwZ 2009, 1063, 1070; Suhl, AbfallR 2012, 201, 212 f.) pauschale Zuordnung der getrennt erfassten Abfälle zur Verwertung aus privaten Haushaltungen an die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger vor. Ausdrücklich betont die Gesetzesbegründung, die Einräumung exklusiver Rechte für jene Aufgabenträger stehe unter dem Vorbehalt der „Erforderlichkeit“; daher komme den Ausnahmetatbeständen, insbesondere der gewerblichen Sammlung (§ 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG), eine wichtige Funktion zu, weil der vom Gesetz eingeräumten Möglichkeit gewerblicher Sammlungen im Bereich der Hausmüllentsorgung der Warenverkehrs- und Wettbewerbsfreiheit der notwendige Raum gegeben und dadurch die Verhältnismäßigkeit der Überlassungspflichten sichergestellt werde (BT-Drucksache 17/6052, Seite 85 f.). Daraus wird deutlich, dass die grundsätzliche Zuständigkeit öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger für getrennt gesammelte Abfallfraktionen deshalb europarechtskonform ist, weil auch gewerbliche Sammlungen nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG zugelassen werden können (Petersen/Doumet/Stöhr, NVwZ 2012, 521, 526; zum Ganzen ausdrücklich: Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, DVBl 2013, 1537). Insofern stehen die §§ 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 KrWG im Dienste des Art. 106 Abs. 2 AEUV. Die Vorschriften verfolgen also das Ziel, die praktische Wirksamkeit des EU-Rechts zu bewerkstelligen. Dazu trägt auch die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast bei; im Rahmen des Art. 106 Abs. 2 AEUV obliegt dem Mitgliedstaat bzw. dem Aufgabenträger, der sich zu seinen Gunsten auf diese Bestimmung beruft, der Nachweis für das Vorliegen der Privilegierungsvoraussetzungen (EuGH, Urteil vom 17. Mai 2001 - Rs. C-340/99 - Slg. 2001, I-4109). Diese verfahrensrechtliche Vorkehrung trägt zur europarechtskonformen Anwendung des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 KrWG bei, so dass auch von daher an der Normgeltung ernsthafte Zweifel nicht bestehen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, DVBl 2013, 1537).

66

Zudem lässt sich der Gesetzesbegründung entnehmen, dass mit Hilfe der Kollisionsklauseln der §§ 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 KrWG die einer gewerblichen Sammlung im Einzelfall entgegenstehenden öffentlichen Interessen bestimmt und im Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH abgewogen werden sollen (vgl. BT-Drucksache 17/6042, Seite 87). Entsprechend wird man bei der Auslegung und Anwendung der Vorschriften den Einfluss des Europarechts zu berücksichtigen haben. Inwieweit aber eine – über eine am Wortlaut bzw. Wortsinn orientierte – europarechtskonforme Auslegung geboten ist, wird in Rechtsprechung und Literatur kontrovers diskutiert. Nach Auffassung der Kammer lässt sich diese Rechtsfrage – ungeachtet der generellen Feststellung der europarechtlichen Determination der Vorschriften – nur unter konkreter Bezugnahme auf die einschlägige Variante des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG bzw. den in Rede stehenden Tatbestand des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG (i.V.m. § 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG) und unter Berücksichtigung der Prämisse beantworten, ob es dem Gesetzgeber gelungen ist, die „überwiegenden öffentlichen Interessen“ hinreichend konkret und auf das erforderliche Maß beschränkt zu definieren und damit den europarechtlichen Vorgaben hinreichend zur Geltung zu verhelfen.

67

2.2.2. Die Untersagungsverfügung muss auch der in § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG normierten Rechtmäßigkeitsanforderung der „Erforderlichkeit“ genügen.

68

Dazu hat der VGH Baden-Württemberg in seinem zitierten Beschluss vom 9. September 2013 zutreffend ausgeführt:

69

„Eine Untersagungsverfügung darf nach § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG nur erlassen werden, wenn die Einhaltung der Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG „anders nicht zu gewährleisten ist“. Diese gesetzliche Vorgabe stellt eine Konkretisierung des Übermaßverbots (Grundsatz der Verhältnismäßigkeit i. w. S.) dar (NdsOVG, a. a. O., S. 221). Die Untersagung, d.h. ein vollständiges Verbot einer gewerblichen Sammlung stellt im Vergleich mit anderen Reglementierungen (…) den intensivsten Eingriff in die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) eines gewerblichen Sammlers dar und kommt daher bereits aus verfassungsrechtlichen Gründen nur als ultima ratio in Betracht (NdsOVG, a.a.O., S. 221; OVG NRW, Beschl. v. 19.07.2013 - 20 B 122/13 - juris RdNr. 18; VG Würzburg, a. a. O., RdNr. 47; Dippel in: Schink/Versteyl, a. a. O., § 18 RdNr. 24). Dies setzt voraus, dass die Untersagungsverfügung im konkreten Fall die einzige geeignete Maßnahme zur Einhaltung der Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG ist (OVG Hamburg, a. a. O., RdNr. 12). Die Beachtung dieser Anforderungen stellt § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG dadurch sicher, dass die zuständige Behörde zu einer entsprechenden Prüfung verpflichtet ist (Schomerus, in: Ver-steyl/Mann/Schomerus, a. a. O., § 18 RdNr. 16).

70

In der Sache nimmt die Formulierung „anders nicht zu gewährleisten“ – wie schon die Gesetzessystematik nahelegt – die in § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG genannten behördlichen Befugnisse in Bezug, weil deren Ausübung die Berufsfreiheit des gewerblichen Sammlers weniger belasten würde als ein vollständiges Verbot (OVG Hamburg, a. a. O., RdNr. 12; Dippel in: Schink/Versteyl, a. a. O., § 18 RdNr. 24). Trifft das im konkreten Fall zu, steht ein milderes Mittel zur Sicherung der Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG zur Verfügung, so dass durch ein behördliches Vorgehen nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG dem durch § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG angeordneten „Interventionsminimum“ (Gebot des schonendsten Eingriffs) Rechnung zu tragen ist (NdsOVG, a. a. O., S. 221; VG Würzburg, a. a. O., RdNr. 48). ….

71

Nach diesem System abgestufter Eingriffsbefugnisse muss die zuständige Behörde im konkreten Fall darlegen, warum an Stelle des Verbots nicht eine mildere Maßnahme zur Sicherung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers (bzw. des von diesem beauftragten Dritten) in Betracht kommt (NdsOVG, a. a. O., S. 221; VG Würzburg, a. a. O., RdNr. 49). Durchzuführen ist stets eine zweistufige Prüfung: Zunächst ist der Erlass von Maßnahmen nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG zwecks Sicherstellung der Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG zu prüfen; kommt ein milderes Mittel im konkreten Fall nicht in Betracht, ist eine Untersagung der gewerblichen Sammlung zu prüfen (Schwind in: v. Lersner/Wenden-burg/Versteyl, a. a. O., § 18 KrWG RdNr. 64; Schomerus in: Versteyl/Mann/Schomerus, a. a. O., § 18 RdNr. 16; eingeräumt auch von Dageförde/Thärichen, AbfallR 2013, 125, 136, mit der – hier nicht gegebenen – Einschränkung des absoluten Schutzes des Ausschreibungswettbewerbs nach § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG). Der zuständigen Behörde ist es folglich versagt, sogleich zur Untersagungsverfügung zu greifen, ohne zuvor den Erlass milderer Maßnahmen nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG ausgelotet zu haben.

72

§ 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG normiert, anders als § 62 KrWG, eine gebundene Verwaltungsentscheidung. Wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage erfüllt sind, muss die zuständige Behörde eine Untersagung der gewerblichen Sammlung vornehmen; Ermessen räumt das Gesetz der Behörde nicht ein. Im Regelungsgefüge des § 18 Abs. 5 KrWG fungiert Satz 2 allerdings als ultima ratio; das Verbot einer angezeigten Sammlung kommt nur in Betracht, wenn die Einhaltung bestimmter gesetzlicher Vorgaben „anders nicht zu gewährleisten ist“, d. h. Maßnahmen nach Satz 1 des § 18 Abs. 5 KrWG insbesondere die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG nicht sicherzustellen vermögen.“

73

2.2.3. Diesen Anforderungen werden die Untersagungsverfügung vom 9. April 2013 und der Widerspruchsbescheid vom 13. November 2014 nicht hinreichend gerecht. Die Beklagte hat weder die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Untersagung nach § 18 Abs. 5 Satz 2 i. V. m. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 Satz 3 Nrn. 1 und 2 KrWG hinreichend dargelegt (a.) noch sich in gebotener Weise damit auseinandergesetzt, ob an Stelle des Verbots der gewerblichen Sammlungen nicht eine mildere Maßnahme zur Sicherung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers in Betracht kommt (b.).

74

a. Die Kammer kann mit Blick auf die Ausführungen der Beklagten überwiegende öffentliche Interessen, die der Sammlung der Klägerin entgegenstehen könnten, nicht erkennen.

75

aa. Zunächst braucht nicht näher geprüft zu werden, ob die Beklagte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung von Abfällen durchführt (s. § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG). Jedenfalls muss auch bei Vorliegen einer hochwertigen Erfassung und Verwertung von Abfällen immer berücksichtigt werden, dass eine wesentliche Beeinträchtigung von Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers vorliegen muss (OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 9. Oktober 2013 – 8 B 10791/13.OVG –, NVwZ-RR 2014, 135). Wegen der europarechtlichen Vorgaben ist das Vorliegen einer Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG durch eine gewerbliche Sammlung von Abfällen aus privaten Haushaltungen auf konkrete, nachprüfbare Tatsachen zu stützen (vgl. Karpenstein/Dingemann in: Jarass/Petersen, a.a.O., § 17, Rn. 160 m.w.N.); die für den Erlass einer Untersagungsverfügung zuständige Behörde trägt insoweit die Darlegungslast (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 9. Oktober 2013 – 8 B 10783/13.OVG –, NVwZ-RR 2014, 135 m.w.N.; VG Neustadt, Urteil vom 7. April 2014 – 4 K 717/13.NW –, juris). An den Nachweis der Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers sind hohe Anforderungen zu stellen. Bloße Hypothesen oder Mutmaßungen sind insofern nicht ausreichend. Das Vorbringen der Beklagten wird diesen Anforderungen aus mehreren Gründen – die nachstehend in Anbetracht der jeweiligen Alternative des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG näher ausgeführt werden – nicht gerecht. Zu diesem Ergebnis kommt die Kammer sowohl mit Blick auf § 17 Abs. 3 Satz 2 Alternative 1 KrWG als auch mit Blick auf § 17 Abs. 3 Satz 2 Alternative 2 KrWG i.V.m. § 17 Abs. 3 Satz 3 Nrn. 1 und 2 KrWG.

76

Nach § 17 Abs. 3 Satz 2 Alternative 1 KrWG ist eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert wird. Dabei ist zu betonen, dass die gewerbliche Sammlung zu einer „Verhinderung“ der Aufgabenerfüllung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen führen muss; eine bloße Beeinträchtigung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist demgegenüber nicht ausreichend und demzufolge hinzunehmen. Dies folgt sowohl aus dem Wortlaut als auch der Systematik der Vorschrift (Karpenstein/Dingemann in: Jarass/Petersen, a.a.O., § 17 Rn. 164). Bezugspunkt der Prüfung sind dabei die gesamten den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nach § 20 KrWG treffenden Entsorgungspflichten. Es kommt nicht darauf an, ob der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bei Durchführung der gewerblichen Sammlung seine Entsorgungspflichten im Hinblick auf die konkrete Abfallfraktion zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen erfüllen kann (vgl. Karpenstein/Dingemann in: Jarass/Petersen, a.a.O. § 17 Rn. 164). Derartige Auswirkungen der gewerblichen Sammlung der Klägerin konnte die Beklagte nicht hinreichend darlegen; ihr Vortrag wird den besagten hohen Anforderungen an einen entsprechenden Nachweis nicht gerecht.

77

In ihrem Widerspruchsbescheid (der Ausgangsbescheid nimmt auf § 17 Abs. 3 Satz 2 Alternative 1 KrWG nicht Bezug) führt die Beklagte lediglich Behauptungen an, die sie nicht anhand von Tatsachen bzw. belastbarer Zahlen belegt. So gibt die Beklagte an, angesichts einer abgeschöpften Gesamtmenge an Altkleidern und -schuhen von 1.483,79 Tonnen (dabei ermittelt sie diese Gesamtmenge aus der Summe „aller angezeigten Altkleidersammlungen“) drohe die Schließung der Wertstoffhöfe, da durch die Konkurrenz gewerblicher Sammler deren hinreichende Auslastung nicht mehr sichergestellt sei. Diese Ausführungen sind bereits insoweit unzureichend, als für das Gericht nicht ersichtlich ist, inwieweit die Wertstoffhöfe bislang ausgelastet sind und welchen Anteil die Abfallfraktionen „Altkleider und -schuhe“ bei dieser Auslastung einnehmen. Entsprechend können auch die Folgen eines Wegfalls dieser Fraktionen nicht abgeschätzt werden. Im Übrigen bezweifelt die Kammer auch, dass diesen Abfallfraktionen mit Blick auf die Gesamtauslastung der Wertstoffhöfe ein derart tragendes Gewicht zukommt, wie es die Beklagte behauptet.

78

Weiterhin beruft sich die Beklagte darauf, durch die Abschöpfung der Altkleider und -schuhe durch die Vielzahl der gewerblichen Sammler sei das flächendeckend eingerichtete Holsystem nicht mehr rentabel und müsste demzufolge wieder aufgegeben werden. Auch diese Thesen werden von Seiten der Beklagten nicht belegt. Zudem liegt dieser Argumentation der Beklagten offenbar die – rechtlich irrelevante – Erwartungshaltung zugrunde, dass das von ihr zum 1. Januar 2013 eingerichtete Holsystem rentabel sein müsse. Zwar mag die Rentabilität durchaus Motiv der Beklagten bei der Einführung des Holsystems gewesen sein. Rechtlich geschützt ist diese Erwartung jedoch nicht; maßgeblich ist allein, ob die Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert würde, zumal – wie erwähnt – die gesamten den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nach § 20 KrWG treffenden Entsorgungspflichten in den Blick zu nehmen sind und nicht, ob der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bei Durchführung der gewerblichen Sammlung seine Entsorgungspflichten im Hinblick auf die konkrete Abfallfraktion zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen erfüllen kann.

79

Schließlich führt die Beklagte an, durch die Sammelaktivität der Klägerin und der anderen ihr angezeigten gewerblichen Sammlungen und der gemeinnützigen Sammlungen entgingen dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger Einnahmen in beträchtlicher Höhe (419.000 €), weshalb sie ihre Entsorgungspflichten nicht mehr zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen erfüllen könne. Dabei geht die Beklagte bei der Ermittlung des vorgenannten Betrages „ganz praktisch“ unter Berufung „auf eigene Erfahrungen“ „von einem Volumen an Altkleidern von 10 kg pro Einwohner und Jahr aus“. Die vorgenannte Summe zeige jedenfalls, so die Beklagte weiter, dass das Sammeln von Altkleidern für den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger sehr wohl eine wirtschaftliche Dimension darstelle. Abgesehen davon, dass die vorgebrachte Summe einer validen Tatsachengrundlage entbehrt, untermauert die Beklagte nicht durch entsprechende Zahlen, inwieweit die – ohnehin gemutmaßten – Einbußen zu einer Verhinderung der Erfüllung der bestehenden Entsorgungspflichten führen. Der Hinweis darauf, dass das Sammeln von Altkleidern eine wirtschaftliche Dimension besitze, ist insoweit unzureichend. Gleiches gilt zudem für den hintangestellten Hinweis der Beklagten, angesichts dieser wirtschaftlichen Dimension bestehe die Möglichkeit „Einfluss auf die Gebühren zu nehmen“; aufgrund der wegfallenden Einnahmen aus der Verwertung der Wertstoffe könne die Notwendigkeit einer Gebührenanpassung nach oben in Zukunft nicht ausgeschlossen werden, was die wirtschaftliche Ausgewogenheit der Entsorgungspflichten berühren würde.

80

Mit Blick auf letztere Ausführungen der Beklagten verweist die Kammer im Übrigen auf die Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg, der sie sich anschließt. Danach bedarf es, um eine tragfähige Beurteilung der „wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen“ im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alternative 1 KrWG vornehmen zu können, einer Analyse und Bewertung der tatsächlichen, konkreten Auswirkungen der gewerblichen und ggf. gemeinnützigen Sammlungen auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger. Die pauschale Angabe der dem Gebührenhaushalt entzogenen Verwertungserlöse, die vorliegend obendrein auf unzureichender Tatsachengrundlage (ganz praktische eigene Erfahrungen der Beklagten) errechnet wurden, genügt dem nicht (s. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, DVBl 2013, 1537).

81

bb. Ebenfalls konnte die Beklagte das Vorliegen der Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alternative 2 KrWG i.V.m. § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG nicht hinreichend darlegen. In ihrem Ausgangsbescheid führt die Beklagte mit Blick auf § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG wörtlich aus: „Einnahmen, die der Entsorgungsbetrieb über den Verkauf von Abfällen an Dritte erschließen kann, mindern also die Gebührenhöhe. Nun sind nicht alleine die Wertschöpfung, die ihr Unternehmen sich in Kaiserslautern erschließen will und die damit einhergehenden wirtschaftlichen Beeinträchtigungen für den Entsorgungsbetrieb der Stadt Kaiserslautern zu beurteilen. Vielmehr liegen der Stadt Kaiserslautern weitere Anzeigen von gewerblichen Sammlern vor, die in ihrer Gesamtheit zu einem erheblichen Einnahmeverlust für den Entsorgungsbetrieb führen, wenn diese Sammlungen nicht untersagt werden. Ihre gewerbliche Sammlung führt daher zumindest zu einer Minderung der werthaltigen Abfallströme, was sich auf das bestehende Sammelsystem des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auswirkt. Insofern können Auswirkungen auf die öffentlich-rechtlichen Gebühren nicht ausgeschlossen werden.“ Der Stadtrechtsausschuss der Beklagten konkretisierte diese Ausführungen nicht, sondern verwies auf die vorstehenden, bereits zu § 17 Abs. 3 Satz 2 Alternative 1 KrWG angestellten Erwägungen unter Hinweis darauf, dass sie (die Widerspruchsbehörde) eine Gefährdung der Stabilität der Gebühren nicht abschließend beurteilen könne. Soweit die Beklagte angesichts dieser Ausführungen im Widerspruchsbescheid überhaupt an ihrer Auffassung, § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG sei erfüllt, festhält, lässt sich ihrem Vorbringen erneut die notwendige Tatsachengrundlage zur Beurteilung der Auswirkungen der gewerblichen Sammlungen auf die Gebührenhöhe bzw. -stabilität nicht entnehmen. Insoweit kann auf Vorstehendes Bezug genommen werden.

82

cc. Endlich sind die Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG – unter Berücksichtigung der von der Kammer für geboten erachteten europarechtskonformen Auslegung der Vorschrift – nicht erfüllt.

83

Danach ist eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers (im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alternative 2 KrWG) insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt. Inwieweit diese Vorschrift vor dem Hintergrund der bereits dargelegten europarechtlichen Vorgaben einer einschränkenden, an den Vorgaben des Art. 106 Abs. 2 AEUV bzw. der EuGH-Rechtsprechung orientierten Auslegung bedarf, wird in Rechtsprechung und Literatur kontrovers diskutiert.

84

Der Bayerische VGH spricht sich in seinem Urteil vom 10. Februar 2015 – 20 B 14.710 –, juris gegen das Erfordernis einer europarechtskonformen Auslegung der Vorschrift aus. Das von ihm mit Blick auf den Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG und die Entstehungsgeschichte des KrWG ermittelte Auslegungsergebnis bedürfe „keiner grundsätzlichen Korrektur aufgrund der Wertungen des Art. 12 GG oder Art. 106 Abs. 2 AEUV“. Ausgehend von dem Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG stellt der Bayerische VGH zunächst für den von ihm zu beurteilenden Sachverhalt fest, dass der gewerblichen Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegenstünden, weil von der Sammlung Altkleider und damit Abfälle erfasst würden, für die der kommunale Entsorgungsbetrieb eine haushaltsnahe Erfassung und Verwertung durchführe. Dies trifft auf den vorliegenden Fall ebenfalls zu. Mit dem kombinierten Hol- und Bringsystem betreibt der kommunale Entsorgungsträger ein haushaltsnahes Erfassungssystem, bezüglich dessen zudem angesichts der vorgelegten Zahlen (55 % der erfassten Abfälle gehen zur Wiederverwendung in Second Hand-Shops, etwa 22 % werden der Weiterverwertung, z.B. in der Putzlappenindustrie, etwa 15 % der Weiterverwertung in der Rohstoffindustrie und lediglich 5 % der sonstigen Verwertung zugeführt) von der effizienten Nutzung der Ressourcen auszugehen ist. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen gerade Holsysteme wie dasjenige der Beklagten von der Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG erfasst werden (BT-Drucksache 17/7505, Seite 44). Ein solcher Schutz ist deshalb geboten, weil eine haushaltsnahe Erfassung im Holsystem die allgemeine Zugänglichkeit sichert, die wesentliches Merkmal gemeinwohlorientierter Dienstleistungen ist und zu den gemeinsamen Werten der Union in Bezug auf Dienste von Allgemeinem wirtschaftlichen Interesse zählt (Karpenstein/Dingemann in: Jarass/Petersen, a.a.O., § 17 Rn. 173 m.w.N.).

85

Angesichts des Befundes der Einschlägigkeit des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG rekurriert der Bayerische VGH im Folgenden auf die Sätze 1 und 2 des § 17 Abs. 3 KrWG und stellt heraus, dass von einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers auszugehen sei, die wiederum dazu führe, dass eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers anzunehmen sei, sodass überwiegende öffentliche Interessen der gewerblichen Sammlung entgegenstünden. Demzufolge, so der Bayerische VGH in seinem Urteil vom 10. Februar 2015 – 20 B 14.710 –, juris weiter, komme ein Vorrang des privaten Sammlers nur in Betracht und scheide eine Untersagung nach § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG aus, wenn die vom gewerblichen Sammler angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle wesentlich leistungsfähiger ist als die von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder dem von ihm beauftragten Dritten bereits angebotene oder konkret geplante Leistung. Dieser Befund werde zudem durch die Entstehungsgeschichte des KrWG bestätigt.

86

Mit dieser Rechtsauffassung tritt der Bayerische VGH derjenigen des VGH Baden-Württemberg (Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, DVBl 2013, 1537) entgegen, der sich für das Bedürfnis nach einer europarechtskonformen Auslegung ausspricht. Die Kammer folgt der Ansicht des VGH Baden-Württemberg, weil auch sie eine europarechtskonforme Auslegung der Vorschrift für erforderlich hält. Das enge Verständnis des Gesetzeswortlauts des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG, wie es der Bayerische VGH vertritt, führt im Ergebnis dazu, dass ein bestehendes öffentlich-rechtlich organisiertes Entsorgungssystem (falls „haushaltsnah“ und „hochwertig“) gegen jedwede private Konkurrenz geschützt wird, sofern nicht ausnahmsweise § 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG eingreift. Ein solches Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG, das die bloße Existenz eines Systems der haushaltsnahen oder sonstigen hochwertigen getrennten Erfassung und Verwertung der Abfälle durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger bzw. einen von diesem beauftragten Dritten für den Ausschluss einer gewerblichen Sammlung genügen lässt, ist nach Auffassung der Kammer jedoch nicht europarechtskonform (vgl. auch VG Würzburg, Beschluss vom 28. Januar 2013 – W 4 S 12.1130 –, juris). Sie entspricht nicht den Anforderungen des Art. 106 Abs. 2 AEUV und verstößt insbesondere gegen das Gebot der „Erforderlichkeit“.

87

Mit der Formulierung „insbesondere“ in § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG stellt der Gesetzgeber klar, dass auf der Tatbestandsseite Regelbeispiele normiert werden; dies schließt nicht aus, dass die in dem Regelbeispiel zum Ausdruck kommende gesetzgeberische Vorstellung im Einzelfall möglicherweise nicht zutrifft. Nach dem Wortlaut liegt im je zu beurteilenden Einzelfall mithin nicht zwingend eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung vor, falls das Regelbeispiel des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bejaht wird; vielmehr kann im Einzelfall eine gewerbliche Sammlung bei fehlender wesentlicher Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers durchaus zulässig sein (Beckmann/Wübbenhorst, DVBl 2012, 1403, 1408; zum Ganzen wörtlich: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, DVBl 2013, 1537; vgl. auch VG Neustadt, Urteil vom 7. April 2014 – 4 K 717/13.NW –).

88

Gesetzessystematisch fungiert § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG als Konkretisierung des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alternative 2 KrWG. Danach wird in einem materiellen Sinne vorausgesetzt, dass die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung „wesentlich beeinträchtigt wird“. Dieses schon europarechtlich gebotene materielle Verständnis ist gleichsam nicht hintergehbar, weil jene Bestimmung in dem Kaskadenmodell des § 17 Abs. 3 KrWG ihrerseits eine Konkretisierung des § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG darstellt; die dort geschützte Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. des von diesem beauftragten Dritten kann sinnvollerweise nicht bereits auf Grund des bloßen Nebeneinanders von gewerblicher und kommunaler Sammlung gleicher Abfallarten ohne inhaltliche Würdigung der konkurrierenden Entsorgungssysteme als „gefährdet“ angesehen werden. Schließlich darf nicht verkannt werden, dass die in § 17 Abs. 3 KrWG angelegten Konkretisierungsstufen der Konturierung „überwiegender öffentlicher Interessen“ im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG dienen; dass dieser unbestimmte Rechtsbegriff nicht allein mit einem formalistischen Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG zureichend ausgefüllt werden kann, liegt auf der Hand (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, DVBl 2013, 1537).

89

Demgemäß ist den Ausführungen des Bayerischen VGH zum Wortlaut des § 17 Abs. 3 KrWG insoweit entgegenzutreten, als dieser nicht berücksichtigt, dass die Sätze 2 und 3 des § 17 Abs. 3 KrWG widerlegliche Vermutungen normieren. Dies ist im Hinblick auf Satz 2 indessen anerkannt (s. Karpenstein/Dingemann in: Jarass/Petersen, a.a.O., § 17 Rn. 160 m.w.N.; Beckmann in: Landmann/Rohmer, a.a.O., § 17 KrWG, Rn. 118). In Bezug auf Satz 3 entspricht dies jedenfalls der herrschenden Meinung, für die im Übrigen bereits der Wortlaut des Gesetzes („annehmen“) spricht (vgl. zum Streitstand unter Berücksichtigung zahlreicher Nachweise aus Rspr. und Lit.: Karpenstein/Dingemann in: Jarass/Petersen, a.a.O., § 17 Rn. 171). Beachtet man dies, kann eine wortlautgetreue Anwendung der Sätze 1 bis 3 des § 17 Abs. 3 KrWG – unter Berücksichtigung der dort normierten widerlegbaren Vermutungen – allenfalls wie folgt lauten: Sind die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG verwirklicht, wird zwar vermutet, dass die gewerbliche Sammlung die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des kommunalen Entsorgungsträgers wesentlich beeinträchtigt. Diese Vermutung ist jedoch widerlegbar. Kommt man indes zu dem Ergebnis, dass eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung vorliegt, wird zwar wiederum nach Satz 2 des § 17 Abs. 3 KrWG die Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten vermutet. Auch diese Vermutung ist jedoch widerlegbar. Im Ergebnis führt daher die Verwirklichung des Tatbestandes des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bereits in Anbetracht des Wortlautes der Sätze 1-3 des § 17 Abs. 3 KrWG nicht zwingend zum Bestehen „überwiegender öffentlicher Interessen“ im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG. Vielmehr bedarf es ausweislich des nationalen Rechts stets der weiteren Prüfung, ob die Vermutung des Gesetzes im je zu bewertenden Einzelfall nicht ausnahmsweise widerlegt wurde. Namentlich ist zusätzlich zum Tatbestand des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG zu prüfen, ob die gewerbliche Sammlung die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, wie es das Gesetz (widerlegbar) vermutet, tatsächlich wesentlich beeinträchtigt. Anschließend ist zu prüfen, ob bei Vorliegen einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung, diese tatsächlich zur Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers führt. Dabei kann die Darlegungslast nicht dem gewerblichen Sammler zugewiesen werden. Die Behörde ist dafür verantwortlich, auch den für eine Widerlegung der gesetzlichen Vermutung sprechenden Sachverhalt zu ermitteln (so ausdrücklich Beckmann in: Landmann/Rohmer, a.a.O., § 17 KrWG Rn. 119; vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 9. Oktober 2013 – 8 B 10783/13.OVG –, NVwZ-RR 2014, 135 m.w.N). Diese Vorgehensweise ist letztlich Konsequenz des mit je widerlegbaren Vermutungen versehenen Kaskadensystems des § 17 Abs. 3 KrWG.

90

Vorstehendes lässt sich zudem angesichts des europarechtlichen Einflusses auf die Vorschrift des § 17 Abs. 3 KrWG untermauern: Entstehungsgeschichtlich hat das Merkmal „wesentliche Beeinträchtigung“ europarechtliche Ursprünge. Vor dem Hintergrund des Art. 106 AEUV hatte die EU-Kommission im Notifizierungsverfahren zum Gesetzentwurf zur Neuordnung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes vom 28. Mai 2011 darauf hingewiesen, dass nur „wesentliche“ Auswirkungen gewerblicher Sammlungen auf die Kommunen im Rahmen der Einzelfallabwägung des § 17 Abs. 3 KrWG berücksichtigt werden dürften; andernfalls könne der Zugang eines neuen Wettbewerbers EU-rechtswidrig behindert werden (Mitteilung SG[2011] D/51545 im Notifizierungsverfahren 2011/0148/D). Unter ausdrücklicher Erinnerung an diesen Vorgang hat die Bundesregierung im Gesetzgebungsverfahren in ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates die EU-rechtskonforme Fassung des § 17 Abs. 3 KrWG angemahnt (BT-Drucksache 17/6645, Seite 5). Der zuständige BT-Ausschuss hat in seiner Beschlussempfehlung darauf reagiert (BT-Drucksache 17/7505, Seite 3). Die europarechtskonforme Auslegung und Anwendung des innerstaatlichen Rechts drängt sich geradezu auf (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, DVBl 2013, 1537).

91

Daraus folgt: Nach Sinn und Zweck des Kaskadenmodells gemäß § 17 Abs. 3 KrWG steht Satz 3 Nr. 1 im Dienste der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlich organisierten Entsorgungssystems (Satz 1). Eine „Gefährdung“ dieser Funktionsfähigkeit (Satz 2) durch eine „wesentliche Beeinträchtigung“ der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers kann nach Auffassung der Kammer allenfalls angenommen werden, wenn die gewerbliche Sammlung – „in ihrer konkreten Ausgestaltung“ und ggf. „im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen“ (§ 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG) – mehr als nur einen geringen Anteil des gesamten Aufkommens einer bestimmten Abfallart (hier: Alttextilien) im Entsorgungsgebiet erfasst. Danach ist regelmäßig eine wesentliche Beeinträchtigung noch nicht anzunehmen, wenn der Mengenentzug einer konkreten getrennt erfassten Abfallfraktion sich im Bereich von 10-15 % bewegt (vgl. Mann, KommJur 2014, 325 mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung). Selbst bei rein innerstaatlich angelegter Gesetzesdeutung kann ernsthaft nicht davon gesprochen werden, dass die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung „wesentlich“ beeinträchtigt wird, wenn nur eine eher geringfügige gewerbliche Sammlung bestimmter Abfälle stattfindet (OVG Hamburg, Beschluss vom 20. März 2013 – 5 Bs 208/12 –, juris). Andernfalls bewirkte die Gesetzesanwendung einen rechtlich unzulässigen absoluten Konkurrentenschutz (so wörtlich VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, DVBl 2013, 1537).

92

Eine an diesem Maßstab bemessene „wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung“ respektive eine „Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers“ kann die Kammer nicht ausmachen. Die hierzu vorgebrachten Angaben der Beklagten vermögen entsprechendes nicht zu belegen.

93

Im Zuge des Widerspruchsverfahrens legte die Beklagte über den ASK und die ZAK Zahlen aus dem Jahre 2013 vor. Danach hat der ASK eine Altkleidermenge von ca. 30 Tonnen/Jahr mit einem Erlös von 300 € pro Tonne gesammelt. Zudem hat die ZAK mitgeteilt, dass sie im Jahr 2013 43 Tonnen Altkleider, davon 27,15 Tonnen aus der Stadt Kaiserslautern, erfasst hat. Für das Jahr 2014 kalkulierte die ZAK mit einer Gesamtsammelmenge von 63 Tonnen/Jahr, davon 30 Tonnen aus dem Stadtgebiet von Kaiserslautern. Zudem prognostizierte sie eine Gesamtsammelmenge der gewerblichen Sammler von 892,24 Tonnen sowie 589,55 Tonnen über gemeinnützige Sammlungen. Dem stehen gegenüber für die Jahre 2013 und 2014 21,54 Tonnen Altkleider, die die Klägerin im Stadtgebiet von Kaiserslautern sammeln wollte.

94

Diese Ausführungen der Beklagten vermögen eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung respektive eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nicht zu belegen. Nach Angaben von ASK und ZAK steigt die erwartete Gesamtmenge an Altkleidern bei den gewerblichen Sammlern im Sammelgebiet von ca. 600 Tonnen (im Jahr 2013) auf 892,24 Tonnen (Erwartung für das Jahr 2014). Insofern ist nicht zu erkennen, wieso die klägerische Sammlung angesichts des erwarteten deutlich höheren Anfalls an Altkleidern nicht zugelassen werden kann. Dies insbesondere mit Blick darauf, dass ASK und ZAK mit eigenen Sammelmengen von 30 Tonnen (ASK) und 63 Tonnen, davon 30 Tonnen im Stadtgebiet von Kaiserslautern (ZAK), rechnen. Zudem erklären ASK und ZAK, sie könnten im Jahre 2014 einen Betrag von 355 € pro Tonne an Altkleidern erwirtschaften, während im Jahre 2013 ein Erlös von 300 € pro Tonne erzielt wurde. Die Validität dieser Zahlen unterstellt, konnte die Beklagte im Jahr 2013 folglich einen Ertrag von 17.145 € erwirtschaften (30 + 27,15 = 57,15 Tonnen multipliziert mit 300 €), während im Jahr 2014 mit einem Betrag von 21.300 € (30 + 30 = 60 Tonnen multipliziert mit 355 €) gerechnet wird. Die Beklagte geht im Hinblick auf die private „Konkurrenz“ gerade nicht von eigenen Verlusten sondern vielmehr von weiteren Gewinnen aus, so dass es ihr letztlich um eine Gewinnmaximierung geht. In Anbetracht all dessen vermag das Gericht eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung bzw. die Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nicht zu erkennen.

95

Soweit der Stadtrechtsausschuss demgegenüber im Widerspruchsbescheid ausführt, im Jahre 2014 würden nach seinen Berechnungen allein durch gewerbliche und gemeinnützige Sammler 1.483,79 Tonnen an Altkleidern abgeschöpft und er infolge dessen offenbar unterstellt, der kommunale Entsorgungsträger könne in Anbetracht dessen keinerlei Altkleider erfassen, kann dem nicht gefolgt werden. Dies folgt bereits aus der Tatsache, dass der Stadtrechtsausschuss den Betrag von 1.483,79 Tonnen in unzulässiger Weise berechnet. Er rekurriert nämlich bei dieser Ermittlung auch auf Zahlen von gewerblichen Sammlern, die diese im Rahmen des Anzeigeverfahrens vorgelegt haben und bezieht daher in seine Betrachtung Sammlungen ein, die zuweilen (noch) nicht durchgeführt worden sind. Dieses Vorgehen steht nicht in Einklang mit § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG, der zwar ausdrücklich besagt, dass bei der Bewertung der angezeigten Sammlung auch deren „Zusammenwirken mit anderen Sammlungen“ zu berücksichtigen ist. Diesbezüglich besteht aber – nicht zuletzt aufgrund der Begründung des Änderungsantrags der Regierungsfraktionen – Einigkeit dahingehend, dass lediglich bereits bestehende gewerbliche Sammlungen in die Betrachtung einbezogen werden sollen; weitere – auch konkret – geplante Sammlungen sind nicht zu berücksichtigen (vgl. Karpenstein/Dingemann in: Jarass/Petersen, a.a.O., § 17 Rn. 157 m.w.N.). Entsprechend legt der Stadtrechtsausschuss seiner Entscheidung bereits in tatsächlicher Hinsicht nicht schlüssige Maßstäbe zugrunde.

96

Auch wenn es der Beklagten (bisher) nicht gelungen ist, eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung respektive eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu belegen, steht es ihr offen, ihren Bürgern die Vorzüge des eigenen Bring- und Holsystems gegenüber den gewerblichen Sammlungen zu vermitteln.

97

b. Darüber hinaus liegt aber auch ein Verstoß gegen die in § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG normierte Rechtmäßigkeitsanforderung der „Erforderlichkeit“ der Untersagungsverfügung vor. Wie oben dargelegt, ist vor Erlass einer auf § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG gestützten Untersagungsverfügung von der Behörde stets zu prüfen, ob nicht - als milderes Mittel - durch Maßnahmen nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG die Voraussetzungen nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG sichergestellt werden können. Insoweit kann beispielsweise eine angemessene Befristung der gewerblichen Sammlung in Betracht kommen, um danach an Hand der neu gewonnenen Erkenntnisse die Voraussetzungen der Sammlung erneut prüfen zu können (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, DVBl 2013, 1537). Auch die mengenmäßige Begrenzung der gewerblichen Sammlung kann ein taugliches Mittel zur Sicherstellung der Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG sein (vgl. Dageförde/Thärichen, AbfallR 2013, 125, 136). Mit diesen Fragen hat sich die Beklagte nicht auseinander gesetzt und damit die im Rahmen des § 18 Abs. 5 KrWG gesetzlich vorgeschriebene zweistufige Prüfung nicht durchgeführt.

98

Die Untersagung der Sammlung ist daher rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Folglich ist auch die Verfügung der Beklagten, die im Stadtgebiet von Kaiserslautern aufgestellten Sammelcontainer zu entfernen, rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.

99

3. Daneben ist auch die in Ziffer 3 des Bescheids vom 9. April 2013 verfügte Zwangsmittelandrohung (s. §§ 64, 66 LVwVG) aufzuheben.

100

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZivilprozessordnungZPO –.

101

Die Berufung war durch das Verwaltungsgericht gemäß § §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, weil die Kammer der Rechtsfrage, wann eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers anzunehmen ist, grundsätzliche Bedeutung beimisst.

102

Beschluss

103

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 20.000 € festgesetzt (§§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 63 Abs. 2 GKG i.V.m. Ziffer 2.4.2. des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom Juli 2013). Der Zwangsgeldandrohung kommt wegen der Verbindung mit der Grundverfügung hierbei keine eigenständige Bedeutung zu (Streitwertkatalog Ziffer 1.6.2).

(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.

(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,

1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden,
2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist,
3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden,
4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
Satz 1 Nummer 3 und 4 gilt nicht für gemischte Abfälle aus privaten Haushaltungen und gefährliche Abfälle. Sonderregelungen der Überlassungspflicht durch Rechtsverordnungen nach den §§ 10, 16 und 25 bleiben unberührt.

(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung

1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt,
2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder
3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
Satz 3 Nummer 1 und 2 gilt nicht, wenn die vom gewerblichen Sammler angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle wesentlich leistungsfähiger ist als die von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder dem von ihm beauftragten Dritten bereits angebotene oder konkret geplante Leistung. Bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit sind sowohl die in Bezug auf die Ziele der Kreislaufwirtschaft zu beurteilenden Kriterien der Qualität und der Effizienz, des Umfangs und der Dauer der Erfassung und Verwertung der Abfälle als auch die aus Sicht aller privaten Haushalte im Gebiet des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu beurteilende gemeinwohlorientierte Servicegerechtigkeit der Leistung zugrunde zu legen. Leistungen, die über die unmittelbare Sammel- und Verwertungsleistung hinausgehen, insbesondere Entgeltzahlungen, sind bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit nicht zu berücksichtigen.

(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.

Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 2. Mai 2013 - 1 K 886/13 - wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Antragstellerin, die R. GmbH, wendet sich gegen die sofortige Vollziehung einer Verfügung der Antragsgegnerin vom 06.03.2013, mit der ihr untersagt wurde, im Stadtgebiet Mannheim gewerblich Alttextilien aus privaten Haushaltungen zu sammeln.
Die Antragstellerin betrieb ab 1996 die Sammlung von Alttextilien in Mannheim, bis 06.11.2011 im Auftrag des Deutschen Roten Kreuzes. Am 28.10.2011 zeigte die Antragstellerin der Antragsgegnerin an, dass sie eine gewerbliche Sammlung von Alttextilien beabsichtige. Daraufhin untersagte die Antragsgegnerin mit bestandskräftig gewordener Verfügung vom 21.11.2011 die angezeigte Sammlung. Am 27.06.2012, näher konkretisiert am 26.07. und 05.09.2012, zeigte die Antragstellerin die gewerbliche Sammlung von Alttextilien und Schuhen (im Folgenden: Alttextilien) auf dem Gebiet der Stadt Mannheim für die Dauer von zehn Jahren an. Sie führte dazu aus, sie beabsichtige, zusätzlich zu den bereits seit 1996 betriebenen 67 Container-Stellplätzen mit einem Aufkommen von 240 t pro Jahr 50 weitere Container aufzustellen und damit weitere ca. 175 t jährlich zu erfassen. Sie betreibe bundesweit ca. 7.000 Altkleidercontainer, in ihrem Werk im thüringischen A. würden über 350.000 Kleidungsstücke (ca. 100 t) täglich sortiert.
Im Rahmen der Anhörung der Antragstellerin zu einer beabsichtigten Untersagungsverfügung beschrieb die Antragsgegnerin das von ihrem Eigenbetrieb Abfallwirtschaft Mannheim durchgeführte Sammelsystem wie folgt: Seit 1999 erfolge die Erfassung und Verwertung von Alttextilien getrennt von den übrigen Siedlungsabfällen. Im Bring-System stehe ein flächendeckendes, stadtweites Containernetz mit 149 Standplätzen und 156 Behältern zur Verfügung, ferner könnten größere Mengen kostenfrei bei dem Recyclinghof abgegeben werden. Die Behälterbewirtschaftung erfolge über stadteigenes Personal, die Behälterleerung erfolge in der Regel einmal wöchentlich. Ein Rufbereitschaftssystem stelle ständig die Erreichbarkeit der Abfallwirtschaft Mannheim sicher. Die Verwertung der Sammelware erfolge nach entsprechender Ausschreibung durch die Beauftragung Dritter über die Vergabestelle der Abfallwirtschaft Mannheim. Die Kosten für Erfassung und Verwertung dieser Abfälle deckten sich aus dem Gebührenhaushalt und könnten zu einem wesentlichen Teil mit den Vermarktungserlösen erwirtschaftet werden. Es existierten keine genehmigten gewerblichen Sammlungen im Stadtgebiet, jedoch eine Vielzahl (abfall-, straßen- und eigentumsrechtlich) illegal aufgestellter Sammelbehälter. Dies habe bereits zu einem signifikanten Mengenrückgang geführt, der Erlösausfall werde für 2012 auf 75.000,-- bis 150.000,-- EUR geschätzt.
Mit Bescheid vom 06.03.2013 untersagte die Antragsgegnerin mit der Firmierung „Abfallwirtschaft Mannheim als untere Abfallrechtsbehörde, Eigenbetrieb für Abfallwirtschaft und Stadtreinigung“ der Antragstellerin unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Durchführung der angezeigten gewerblichen Sammlung von Alttextilien und drohte für den Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000,-- EUR an. Zur Begründung wurde ausgeführt, Rechtsgrundlage der Untersagungsverfügung sei § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG i.V.m. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 - 3 KrWG AbfG. Die Antragstellerin verfüge nicht über die erforderliche Zuverlässigkeit im Sinne des § 18 Abs. 5 Satz 2 1. Alt. KrWG. Entgegen der bestandskräftigen Untersagungsverfügung vom 21.11.2011 habe die Antragstellerin nach Beendigung der früheren Zusammenarbeit mit dem Deutschen Roten Kreuz gewerblich Alttextilien im Stadtgebiet Mannheim gesammelt. Daher sei nicht auszuschließen, dass sie sich auch zukünftig über bestehende gesetzliche Vorschriften oder behördliche Verfügungen hinwegsetzen werde.
Der angezeigten Sammlung stünden darüber hinaus überwiegende öffentliche Interessen der Antragsgegnerin als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträgerin entgegen. Die Durchführung der Sammlung der Antragstellerin würde auch im Zusammenwirken mit anderen angezeigten Sammlungen die Funktionsfähigkeit der Antragsgegnerin als Entsorgungsträgerin erheblich gefährden. Das Gesamtaufkommen an Alttextilien im Stadtgebiet Mannheim werde auf ca. 1.200 t pro Jahr geschätzt. Durch den Umfang der von der Antragstellerin angezeigten Sammlung von 415 t pro Jahr würden ein Abfluss von 35% der Sammelware verursacht und damit bereits erhebliche Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit der städtischen Sammlung. Im Zusammenwirken mit weiteren zur Zeit 22 angezeigten gewerblichen Sammlungen würde das Gesamtaufkommen an Alttextilien mehrfach überschritten, so dass nur noch ein unplanbarer Bruchteil des Alttextilaufkommens von der Stadt Mannheim erfasst werden könnte. Die dadurch bewirkten Einnahmeausfälle aus der Vermarktung bzw. Verwertung könnten nicht durch geringere Erfassungskosten kompensiert werden, weil sich weder die Behälteranzahl noch der Personaleinsatz bei der gebotenen Sicherstellung einer mindestens wöchentlichen Leerung reduzieren ließen. Letztlich wäre eine Erfassung und Verwertung unter wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen nicht mehr möglich. Zudem gefährde die Durchführung der angezeigten Sammlung die Stabilität der Abfallgebühren. Allein die angezeigte Sammlung würde zu Ausfällen im Umfang von ca. 167.000,-- EUR führen, bei Durchführung aller angezeigten Sammlungen wäre mit Einnahmeausfällen in Höhe von 80 bis 90% zu rechnen. Die Durchführung der angezeigten Sammlung der Antragstellerin würde ferner die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe der im Herbst 2012 ausgeschriebenen Leistung (Transport und Verwertung der Sammelware) unterlaufen, da die Antragstellerin, obwohl im Vergabewettbewerb unterlegen, neben dem erfolgreichen Bewerber den Transport und die Verwertung von Sammelware durchführen würde. Die von der Antragstellerin angezeigte nicht flächendeckende, sondern auf lukrative Standorte beschränkte Sammlung sei auch nicht etwa leistungsfähiger als das Sammelsystem der Antragsgegnerin. Auf ein schutzwürdiges Vertrauen im Sinne von § 18 Abs. 7 KrWG, resultierend aus einer bereits bestehenden Sammlung, könne die Antragstellerin sich nicht berufen. Denn bei der von der Antragstellerin in der Vergangenheit im Auftrag des Deutschen Roten Kreuzes durchgeführten Sammlung habe es sich um eine gemeinnützige Sammlung gehandelt. Ermächtigungsgrundlage für die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Das erforderliche besondere Vollzugsinteresse ergebe sich daraus, dass die Durchführung der angezeigten Sammlung zu erheblichen Einnahmeeinbußen der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgerin führe. Zur Sicherung der Funktionsfähigkeit einer geordneten Abfallentsorgung sei die Antragsgegnerin jedoch auf einen berechenbaren, stetigen Mittelzufluss auch für die Dauer eines Rechtsmittelverfahrens angewiesen.
Die Antragstellerin hat gegen den Bescheid Widerspruch eingelegt und beim Verwaltungsgericht die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes beantragt. Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 02.05.2013 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wiederhergestellt bzw. angeordnet. Es hat hinreichend gewichtige Verstöße der Antragstellerin gegen die bestandskräftige Untersagungsverfügung für nicht belegt erachtet, so dass die Annahme der Unzuverlässigkeit darauf nicht gestützt werden könne; die Antragstellerin habe unwidersprochen vorgetragen, dass sie nach Erlass der Untersagungsverfügung vom 21.11.2011 nicht mehr gewerblich, sondern wieder für eine karitative Organisation gemeinnützig gesammelt habe. Es bestünden auch Zweifel, ob bei einem bundesweit tätigen Unternehmen allein aus dem Verstoß gegen eine Verfügung in einer bestimmten Stadt auf dessen Unzuverlässigkeit geschlossen werden könne. Soweit die Untersagungsverfügung damit begründet worden sei, dass die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG genannten Voraussetzungen nicht anders zu gewährleisten sei, werfe der Rechtsstreit schwierige Fragen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, deren Klärung dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben müsse. Die sonach zu treffende Interessenabwägung falle wegen des verfassungsrechtlichen Gebots des effektiven Rechtsschutzes zugunsten der Antragstellerin aus.
Zur Begründung ihrer gegen den Beschluss erhobenen Beschwerde führt die Antragsgegnerin im Wesentlichen aus, entgegen der Einschätzung des Verwaltungsgerichts ergebe sich die Unzuverlässigkeit der Antragstellerin daraus, dass sie systematisch und über einen längeren Zeitraum hinweg die Untersagung ihrer gewerblichen Sammlung ignoriert habe. Dies zeige, dass die Antragstellerin sich über jedes Behördenhandeln vollständig hinwegsetze und sich bei ihrem wirtschaftlichem Interesse nicht durch irgendeine Untersagungsverfügung von der Sammlung abhalten lasse. Im Übrigen seien die sich aufgrund des unstrittigen Sachverhalts ergebenden Rechtsfragen bereits im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes klärungsfähig und im Sinne der Antragsgegnerin zu beantworten. Aus den im angefochtenen Bescheid angeführten Gründen sei von der Sammlung entgegenstehenden überwiegenden öffentlichen Interessen im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 i.V.m. Abs. 3 KrWG auszugehen. Der Untersagungsverfügung stehe auch nicht die Frist des § 18 Abs. 1 KrWG entgegen, die keine Entscheidungsfrist für die Behörde darstelle und deshalb bei Überschreitung auch nicht zur Rechtswidrigkeit einer Untersagungsverfügung führe. Im Übrigen könne die Frist für Sammlungen, die wie hier bereits vor Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaftsgesetzes stattgefunden hätten und auch während des gesamten Anzeigeverfahrens weiter durchgeführt worden seien, keine Bedeutung haben. Da sich die angefochtene Verfügung nach allem als voraussichtlich rechtmäßig darstelle, überwiege das öffentliche Interesse am Sofortvollzug der Untersagungsverfügung.
Die Antragstellerin verteidigt den angefochtenen Beschluss und führt noch aus, die einschlägigen Vorschriften des § 17 KrWG stießen auf durchgreifende verfassungsrechtliche und europarechtliche Bedenken. Alttextilien unterlägen mangels Abfalleigenschaft ohnedies nicht dem Regime des Kreislaufwirtschaftsgesetzes. Die Zuständigkeit der Antragsgegnerin sei wegen der Identität von öffentlich-rechtlichem Entsorgungsträger und unterer Abfallbehörde und der daraus resultierenden offensichtlichen Interessenkollision nicht gegeben. Die Verfügung sei wegen Überschreitung der Dreimonatsfrist des § 18 Abs. 1 KrWG rechtswidrig. Der Sachverhalt sei entgegen der Darstellung der Antragsgegnerin nicht unstreitig, insbesondere wolle die Antragsgegnerin gar nicht sammeln und verwerten, sondern nur Einnahmen generieren; für eine Verwertung sei sie gar nicht leistungsfähig. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit der Antragsgegnerin als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger sei nicht ersichtlich. Auf die bestandskräftige Untersagungsverfügung vom 21.11.2011 berufe sich die Antragsgegnerin zu Unrecht, weil die Sammlung nach Kündigung des Auftragsverhältnisses seitens des Deutschen Roten Kreuzes im Auftrag einer anderen gemeinnützigen Organisation fortgesetzt worden sei; jedenfalls habe die Antragsgegnerin diese Sammlungstätigkeit geduldet.
II.
Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin ist nicht begründet.
10 
Die von der Antragsgegnerin dargelegten Beschwerdegründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine Änderung des angefochtenen Beschlusses.
11 
Das Verwaltungsgericht hat die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom 06.03.2013 zu Recht wiederhergestellt bzw. angeordnet. Denn die Erfolgsaussichten des Widerspruchs und einer eventuell nachfolgenden Anfechtungsklage gegen die genannte Verfügung sind bei summarischer Prüfung zumindest offen (dazu 1.). Bei einer von den Erfolgsaussichten unabhängigen Interessenabwägung überwiegt aber das Interesse der Antragstellerin daran, ihre Sammeltätigkeit einstweilen ausüben zu dürfen (dazu 2.). Ob der angefochtene Beschluss sich auch noch aus anderen als den vom Verwaltungsgericht angestellten Erwägungen als richtig erweist, kann letztlich dahinstehen.
12 
1. Wie die Antragsgegnerin zutreffend erkannt hat, kommt als Rechtsgrundlage der Untersagungsverfügung nur § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG in Betracht. Diese Vorschrift genießt bei einer angezeigten gewerblichen Sammlung als spezielle Ermächtigungsgrundlage Vorrang gegenüber der abfallrechtlichen Generalklausel des § 62 KrWG (vgl. Senatsbeschlüsse vom 09.09.2013 - 10 S 1116/13 -, DVBl 2013, 1537; vom 16.01.2014 - 10 S 2273/13 -, juris, jeweils m.w.N.). Danach hat die zuständige Behörde die Durchführung einer nach § 18 Abs. 1 KrWG angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben (1. Alternative) oder die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 3 oder 4 genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist (2. Alternative).
13 
Die Anwendbarkeit des § 18 Abs. 5 S. 2 KrWG scheitert entgegen der Auffassung der Antragstellerin allerdings nicht an verfassungs- oder europarechtlichen Bedenken oder an der mangelnden Abfalleigenschaft der Alttextilien (1.1). Ob die Verfügung auf formellrechtliche Bedenken stößt, ist jedoch nicht ohne weiteres auszuschließen (1.2). Sodann ist keineswegs offensichtlich, sondern beim derzeitigen Erkenntnisstand im Gegenteil eher fernliegend, dass die normative Voraussetzung des § 18 Abs. 5 S. 2 1. Alt. KrWG – Unzuverlässigkeit der Antragstellerin – gegeben ist (1.3). Fraglich ist schließlich, ob die Voraussetzungen des § 18 Abs. 5 S. 2 2. Alt. KrWG vorliegen (1.4).
14 
1.1 Der Senat teilt die von der Antragstellerin erhobenen grundsätzlichen Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit und der Europarechtskonformität der genannten hier einschlägigen Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes ebenso wenig wie die geltend gemachten Zweifel an der Abfalleigenschaft der Alttextilien und damit am Vorliegen dieses tatbestandlichen Anknüpfungspunkts für die Anwendung dieser Vorschriften. Der Senat nimmt insoweit Bezug auf den in einem Parallelverfahren mit Prozessvertretung durch den Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin ergangenen grundlegenden Beschluss des Senats vom 09.09.2013 - 10 S 1116/13 -, (a.a.O.), in dem der Senat insbesondere die mögliche und gebotene unionsrechtskonforme Auslegung und Anwendung der betreffenden Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes dargelegt hat.
15 
1.2 Ob die von der Antragstellerin gegen die Untersagungsverfügung vom 06.03.2013 erhobenen formellrechtlichen Bedenken durchgreifen, erscheint hinsichtlich der Zuständigkeitsrüge immerhin möglich (1.2.1), hinsichtlich der Rüge einer Verfristung des Einschreitens (1.2.2) hingegen wenig wahrscheinlich. Beide Fragen sind im vorliegenden Verfahren aber nicht vertieft zu erörtern und abschließend zu beantworten.
16 
1.2.1 Zu dem von der Antragstellerin als Zuständigkeitsmangel problematisierten Gesichtspunkt einer Interessenkollision bei der Wahrnehmung von Aufgaben der unteren Abfallrechtsbehörde einerseits und des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers andererseits hat der Senat bereits ausführlich in dem Sinne Stellung genommen, dass Verfassungsrecht und Europarecht keine Organisation der für die Untersagung von Sammlungen nach § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG zuständigen Behörde dergestalt als neutrale Stelle verlangen, dass diese Behörde und der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger unterschiedlichen Rechtsträgern angehören müssten (vgl. Senatsbeschlüsse vom 09.09.2013 - 10 S 1116/13 -, a.a.O., und vom 12.12.2013 - 10 S 1067/13 -). Allerdings ist der Senat dabei davon ausgegangen, dass insbesondere bei einer Behörde mit Doppelzuständigkeit - wie sie bei der Antragsgegnerin als Stadtkreis gegeben ist (§§ 6 Abs. 1, 23 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 Satz 1 LAbfG, 13 Abs. 1 Nr. 2, 15 Abs. 1 Nr. 2 LVG) -, behördenintern für eine organisatorische und personelle Trennung der Aufgabenbereiche gesorgt ist und keine „Personalunion“ der verantwortlichen Personen besteht (vgl. dazu auch OVG Rheinland-Pfalz, Beschlüsse vom 04.07.2013 - 8 B 10533/13 - und vom 09.10.2013 - 8 B 10791/13 -, jeweils juris). Die Erfüllung dieser Anforderung ist im vorliegenden Fall nach Aktenlage zweifelhaft, wie sich etwa aus der behördlichen Firmierung bei Erlass der angefochtenen Verfügung mit „Eigenbetrieb Abfallwirtschaft Mannheim als untere Abfallrechtsbehörde“ ergibt, die auf eine Vermischung der Verantwortungsbereiche mit einheitlicher Steuerung hindeutet. Dem wird nötigenfalls in einem Hauptsacheverfahren näher nachzugehen sein.
17 
1.2.2 Entsprechendes gilt für den von der Antragstellerin geltend gemachten Gesichtspunkt, dass die Untersagungsverfügung erst nach Ablauf der dreimonatigen Anzeigefrist des § 18 Abs. 5 S. 1 KrWG erlassen worden sei. Insoweit merkt der Senat nur an, dass eine von der Antragstellerin der Sache nach postulierte Ausschlussfrist für ein Einschreiten der Abfallrechtsbehörde der Regelung über die Anzeigefrist nicht zu entnehmen sein dürfte. Dagegen spricht zum einen das Fehlen einer expliziten normativen Sanktionierung einer Überschreitung der Dreimonatsfrist, zum anderen der Umstand, dass sich die Notwendigkeit eines Einschreitens auch erst während des Sammelbetriebs ergeben kann. Von dem formellrechtlichen Gesichtspunkt zu unterscheiden sind die Fragen, welche (auch verfassungs-) rechtlichen Anforderungen an die Untersagung oder Beschränkung einer drei Monate nach der Anzeige aufgenommenen Sammlung zu stellen sind und ob eine verzögerte behördliche Reaktion Entschädigungs- oder Amtshaftungsansprüche auslösen kann (vgl. dazu Dippel in: Schink/Versteyl, KrWG, § 18 Rn. 23; Klement in: Schmehl, GK-KrWG, § 18 Rn. 49; Beckmann in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, KrWG § 18 Rn. 6 ff.).
18 
Die angesprochenen formellrechtlichen Fragen bedürfen im vorliegenden Verfahren keiner weitergehenden Klärung, weil die Erfüllung der materiellen Tatbestandsvoraussetzungen des § 18 Abs. 5 S. 2 KrWG Zweifeln ausgesetzt ist, die der Annahme einer überwiegend wahrscheinlichen oder gar offensichtlichen Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung entgegenstehen.
19 
1.3 Bei summarischer Prüfung rechtfertigt das Vorbringen der Antragsgegnerin schwerlich die Annahme, dass die Antragstellerin unzuverlässig sei und deshalb die Untersagungsvoraussetzung des § 18 Abs. 5 S. 1 1. Alt. KrWG vorliege.
20 
Bei der Anwendung dieser Norm ist zu berücksichtigen, dass die Untersagung einer gewerblichen Sammlung regelmäßig einen Eingriff in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG, gegebenenfalls auch des Art. 14 Abs. 1 GG, darstellt (vgl. hierzu und zum Folgenden auch OVG NRW, Beschluss vom 19.07.2013 - 20 B 476/13 - juris; sowie Senatsbeschlüsse vom 26.09.2013 - 10 S 1345/13 -, UPR 2014, 33, und vom 10.10.2013 - 10 S 1202/13 -, juris). Es handelt sich - gemessen an anderen behördlichen Befugnissen und Maßnahmen - um den intensivsten Eingriff in Rechte des Abfallsammlers, so dass sie nur als letztes Mittel in Betracht kommt. Die Regelung des § 18 Abs. 5 Satz 2 1. Alt KrWG als Ermächtigungsgrundlage für eine Sammlungsuntersagung dürfte daher von vornherein einer einschränkenden Auslegung bedürfen. Da eine Untersagung bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen zwingend ist, d.h. kein Ermessen der Behörde besteht, und eine Untersagung jedenfalls hinsichtlich gewerblicher Sammlungen regelmäßig Grundrechte tangiert, spricht Einiges dafür, dass bloße Bedenken gegen die Zuverlässigkeit ungeachtet des weit gefassten Wortlauts des § 18 Abs. 5 Satz 2 1. Alt. KrWG nicht für eine Untersagung ausreichen. Vielmehr müssen die Bedenken ein so starkes Gewicht haben, dass sie, gemessen am Rang der Grundrechte und der Schwere des potentiellen Schadens, eine Untersagung rechtfertigen. Dies schließt es aus, etwa die Nichtprüfbarkeit der Zuverlässigkeit mit dem Tatbestandsmerkmal „Bedenken gegen die Zuverlässigkeit“ im Sinne des § 18 Abs. 5 Satz 2 1. Alt KrWG gleichzusetzen. Vielmehr muss die Unzuverlässigkeit des Betroffenen mit hinreichender Sicherheit feststellbar sein. Hieraus folgt, dass eine Untersagung wegen Unzuverlässigkeit (noch) nicht in Betracht kommt, wenn die Zuverlässigkeit noch nicht abschließend geprüft ist und hierfür zulässige und zwecktaugliche Mittel zur Verfügung stehen. Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muss die Untersagung ultima ratio bleiben (vgl. näher OVG NRW, Beschluss vom 19.07.2013 - 20 B 476/13 -, a.a.O.).
21 
Die Anforderungen an die Zuverlässigkeit des Anzeigenden einer gewerblichen Sammlung (§ 3 Abs. 18 KrWG) knüpfen, wie auch § 3 Abs. 10 KrWG zeigt, an die gewerberechtliche Begrifflichkeit an. Für den Maßstab zur Beurteilung der Zuverlässigkeit kann deshalb auf die zu § 35 GewO entwickelte Rechtsprechung und Literatur zurückgegriffen werden. Danach ist zuverlässig, wer jederzeit die Gewähr zur Erfüllung seiner Berufspflichten bietet; unzuverlässig in Bezug auf das Gewerbe ist, wer nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreiben wird (st. Rspr., vgl. etwa grundlegend BVerwG, Urteil vom 02.02.1982 - 1 C 146/80 -, BVerwGE 65, 1; OVG Bremen, Beschluss vom 05.10.2009 -, 2 B 273/09 - NVwZ-RR 2010, 102; OVG NRW, Urteil vom 12.04.2011 - 4 A 1449/08 -, NVwZ-RR 2011, 553). Danach muss das in der Vergangenheit liegende Verhalten einer Person mittels einer Prognose daraufhin beurteilt werden, ob es auf eine Unzuverlässigkeit in der Zukunft schließen lässt; die Bejahung der Unzuverlässigkeit muss sich auf Tatsachen stützen lassen.
22 
Nach diesen Grundsätzen ist unzuverlässig im Sinne des § 18 Abs. 5 Satz 2 1. Alt. KrWG, wer nicht die Gewähr dafür bietet, in Zukunft die abfallrechtlichen und sonstigen einschlägigen Vorschriften, insbesondere zur ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung von Abfällen (§ 7 Abs. 3 KrWG), einzuhalten (vgl. VG Bremen, Beschluss vom 25.06.2013 - 5 V 2112/12 -, juris). Dabei kommt es nicht ausschließlich auf das Begriffsverständnis der Entsorgungsfachbetriebeverordnung (§ 8 Abs. 2, § 9 Abs. 1 Satz 2 EfbV) an, weil gewerbliche Sammler von nicht gefährlichen Abfällen nicht notwendigerweise Entsorgungsfachbetriebe sein müssen (vgl. im Einzelnen OVG NRW, Beschluss vom 19.07.2013 - 20 B 476/13 -, a.a.O.).
23 
Gemessen hieran kann bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen Prüfungstiefe schwerlich mit der von der Antragsgegnerin insoweit allein angeführten Begründung auf die Unzuverlässigkeit der Antragstellerin geschlossen werden, die Antragstellerin habe ihre Sammlungstätigkeit mit 67 Containern nach Ergehen der bestandskräftig gewordenen Untersagungsverfügung vom 21.11.2011 „systematisch und über einen langen Zeitraum“ fortgeführt. Die in den Blick zu nehmenden Einzelfallumstände, zu denen auch die chronologische Entwicklung der Sammlung der Antragstellerin im Bereich der Antragsgegnerin gehört, lassen schon den tatsächlichen Ausgangspunkt der Antragsgegnerin zweifelhaft erscheinen, aus der konkreten bisherigen Sammlungstätigkeit der Antragstellerin in Mannheim eine generalisierende Einschätzung des Geschäftsgebarens der Antragstellerin als unzuverlässig abzuleiten.
24 
Wie die Antragstellerin unwidersprochen vorgetragen hat, hat sie schon im Jahr 1996 mit der Sammlung von Alttextilien in Mannheim begonnen und hat diese Sammlung für das Deutsche Rote Kreuz bis 06.10.2011 – offenbar mit Blick auf die Ausnahme von der Überlassungspflicht für gemeinnützige Sammlungen (vgl. § 13 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 KrW-/AbfG, ab 01.06.2012 § 17 Abs. 2 Nr. 3 KrWG) unbeanstandet seitens der Antragsgegnerin – fortgeführt. Nach der Kündigung des Auftragsverhältnisses seitens des Deutschen Roten Kreuzes hat die Antragstellerin nach Aktenlage sodann noch im Oktober 2011 die Aufstellung der entsprechenden Container als gewerbliche Sammlung bei der Antragsgegnerin angezeigt. Die Antragstellerin hat des weiteren unwidersprochen vorgetragen, dass sie in der Folgezeit wieder eine karitative Einrichtung als Auftraggeber gefunden hat und die Antragsgegnerin die bestandskräftige Verfügung vom 21.11.2011, die im Übrigen nicht mit einer Zwangsmittelandrohung versehen war, nicht mit Zwangsmitteln oder auch nur mit Abmahnungen durchzusetzen versucht hat. Die Klägerin hat vielmehr auf die Sammlungsanzeige der Antragstellerin vom 27.06.2012 eine erneute Untersagungsverfügung erlassen, wobei dahinstehen mag, ob diese der Sache nach im Verhältnis zur früheren Verfügung vom 21.11.2011 zugleich einen Zweitbescheid darstellt. Jedenfalls konnte die Antragstellerin angesichts dieser Handhabung durch die Antragsgegnerin zum einen für den Zeitraum 1996 bis Oktober 2011 davon ausgehen, dass die Sammlung für das Deutsche Rote Kreuz wegen ihrer Gemeinnützigkeit von der Antragsgegnerin gebilligt wurde, und dass zum anderen nach erneuter Beauftragung durch eine karitative Organisation die wiederum mutmaßlich gemeinnützige Sammlung von der Antragsgegnerin - ungeachtet der auf eine gewerbliche Sammlung bezogenen bestandskräftigen Untersagungsverfügung vom 21.11.2011 - geduldet wurde.
25 
Um jeden Anschein eines gegen die bestandskräftige Verfügung verstoßenden Verhaltens zu vermeiden, hätte die Antragstellerin freilich eine nunmehr wieder gemeinnützige Sammlung anzeigen bzw. bei der Antragsgegnerin auf eine klarstellende Bestätigung hinwirken können, dass die neuerliche gemeinnützige Sammlung nicht beanstandet und von der Verfügung vom 31.11.2011 nicht erfasst wird (vgl. dazu Klement, a.a.O., § 18 Rn. 29 f.: „Legalisierung“ einer privaten Sammlung). Dass die Antragstellerin dies unterlassen hat, fällt vor dem Hintergrund der früheren langjährig unbeanstandet gebliebenen gleichartigen gemeinnützigen Sammlungstätigkeit, der auf die Untersagung gewerblicher Sammlung beschränkten Reichweite der Verfügung vom 21.11.2011 und der nachfolgenden Duldungspraxis der Antragsgegnerin indes nicht erheblich ins Gewicht. Immerhin hatte die Antragstellerin nach Beendigung des Auftragsverhältnisses mit dem Deutschen Roten Kreuz der Antragsgegnerin zeitnah die Fortführung als gewerbliche Sammlung angezeigt und diese nach deren Untersagung als solche wohl nur für einen relativ kurzen Übergangszeitraum - bis zur erneuten Beauftragung durch eine karitative Organisation - weiter betrieben. Sodann hat sie nach dem Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaftsgesetzes zum 01.06.2012 noch im Juni 2012 die künftig beabsichtigte gewerbliche Sammlung angezeigt.
26 
Bei einer Gesamtwürdigung dieser Umstände vermag der Senat der Einschätzung der Antragsgegnerin nicht zu folgen, das Verhalten der Antragstellerin rechtfertige die Annahme, dass sie sich auch zukünftig über bestehende gesetzliche Vorschriften oder behördliche Verfügungen hinwegsetzen werde, und begründe, weil dies „nicht auszuschießen“ sei, deshalb Bedenken gegen ihre Zuverlässigkeit i.S.d. § 18 Abs. 5 Satz 2 1. Alt. KrWG. Diese uneingeschränkter gerichtlicher Kontrolle unterliegende Beurteilung verfehlt mit dem Abstellen auf die vermeintliche Nichtausschließbarkeit rechtsuntreuen Verhaltens den wie dargelegt verfassungsrechtlich determinierten strengen tatbestandlichen Maßstab und entbehrt bei Anlegung des zutreffenden Maßstabs einer tragfähigen Tatsachengrundlage. Die von der insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren noch aggravierend in den Raum gestellte pauschale Behauptung, die Antragstellerin habe „systematisch und über einen längeren Zeitraum“ die bestandskräftige Untersagung ihrer gewerblichen Sammlung ignoriert und damit gezeigt, dass sie sich über jedes Behördenhandeln vollständig hinwegsetze, ist ebenso ohne plausible Substantiierung geblieben und zieht aus dem unzureichend konkretisierten Vorwurf überzogene Schlussfolgerungen auf das Gesamtverhalten der Antragstellerin im Zusammenhang mit ihrer Sammeltätigkeit. Rechtfertigen die von der Behörde angeführten Umstände mithin die Annahme der Unzuverlässigkeit nicht, so kann auf sich beruhen, inwieweit der bedenkenswerten Auffassung des Verwaltungsgerichts zu folgen ist, dass bei einem bundesweit tätigen Unternehmen wie der Antragstellerin aus einem vereinzelten - unterstellt - zu beanstandenden Verhalten nicht ohne weiteres auf generelle Unzuverlässigkeit geschlossen werden kann.
27 
Nach allem kommt es auf die Stichhaltigkeit der Rüge der Antragsgegnerin nicht mehr an, das Verwaltungsgericht sei nur auf Grund eines - erkennbaren - Datumsfehlers in einer Stellungnahme des Eigenbetriebs Abfallwirtschaft Mannheim zu Unrecht davon ausgegangen, die Vor-Ort-Kontrollen hätten erst nach Erlass der Untersagungsverfügung vom 21.11.2011 stattgefunden.
28 
1.4 Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin kann die Untersagungsverfügung beim derzeitigen Erkenntnisstand wohl auch nicht - jedenfalls nicht offensichtlich - auf § 18 Abs. 5 Satz 2 2. Alt. KrWG gestützt werden. Nach dieser Vorschrift ist die Sammlung zu untersagen, wenn die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 oder Nr. 4 KrWG genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist. Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG besteht eine Überlassungspflicht an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nicht für Abfälle, die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
29 
Die Antragsgegnerin macht nicht geltend, die Antragstellerin biete nicht die Gewähr für eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung im Sinne des § 17 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 KrWG als Voraussetzung für die Freistellung von der Überlassungspflicht bzw. habe es insoweit im einzelnen an der Erfüllung ihrer Anzeigepflicht nach § 18 Abs. 2 KrWG fehlen lassen (zu solchen Konstellationen vgl. Senatsbeschlüsse vom 26.09.2013 - 10 S 1345/13 -, UPR 2014, 33; vom 10.10.2013 - 10 S 1202/13 -, juris). Sie beruft sich vielmehr auf entgegenstehende überwiegende öffentliche Interessen in Gestalt einer Gefährdung ihrer Funktionsfähigkeit als Entsorgungsträger durch die gewerbliche Sammeltätigkeit der Antragstellerin, mithin auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des eine Legaldefinition der „überwiegenden öffentlichen Interessen“ enthaltenden § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG. Dem vermag der Senat nicht ohne weiteres zu folgen (1.4.1). Sodann bestehen jedenfalls Zweifel daran, dass die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 oder 4 KrWG genannten Voraussetzungen anders als durch die vollständige Untersagung nicht zu gewährleisten ist (1.4.2).
30 
1.4.1 Nach § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG stehen überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von Absatz 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG einer gewerblichen Sammlung nur entgegen, wenn die betreffende gewerbliche Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder eines von diesem beauftragten Dritten oder des nach Maßgabe von § 25 KrWG eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Bei dieser Bestimmung handelt es sich um eine abschließende Regelung der nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG maßgeblichen öffentlichen Interessen. Rechtsdogmatisch ist § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG, wie schon der Wortlaut deutlich macht, als zwingende Vorschrift ausgestaltet (VG Würzburg, Beschluss vom 28.01.2013 - W 4 S 12.1130 -, juris, Rn. 38; Schomerus, in: Versteyl/Mann/Schomerus, KrWG, 2012, § 17 Rn. 41: „Abwägungsvorgang durch das Gesetz antizipiert“). In der Sache muss jedoch ausweislich des insoweit unmissverständlichen Wortlauts von Satz 1 und Satz 2 des § 17 Abs. 3 KrWG eine „Gefährdung“ des Schutzguts (Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers etc.) vorliegen. Das ist hier beim derzeitigen Erkenntnisstand nicht mit dem zu fordernden, verfassungs- und europarechtlich nahegelegten Evidenzgrad von der Antragsgegnerin dargelegt und nachgewiesen worden.
31 
1.4.1.1. Für eine „Funktionsgefährdung“ im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG fehlen durchschlagende konkrete Anhaltspunkte. Die Antragsgegnerin hat nicht hinreichend substantiiert und schlüssig vorgetragen, dass die Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten gefährdet oder zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert wird, falls die Antragstellerin die gewerbliche Sammlung von Alttextilien - auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen - durchführt. Die Darlegungslast insoweit obliegt der Verwaltung (OVG NRW, Beschl. v. 19.7.2013 - 20 B 122/13 -, juris Rn. 15). Dies fordert gemäß Art. 106 Abs. 2 AEUV auch das EU-Recht.
32 
Um eine tragfähige Beurteilung der „wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen“ im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG vornehmen zu können, ist eine Analyse und Bewertung der tatsächlichen, konkreten Auswirkungen der gewerblichen (und ggf. gemeinnützigen) Sammlung(en) auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger unerlässlich (VG Ansbach, a. a. O., Rn. 83). Das verlangt nicht zuletzt das Unionsrecht. Die dafür von der Antragsgegnerin zu schaffenden tatsächlichen Grundlagen liegen derzeit zumindest nicht mit dem Grad an Evidenz vor, der es rechtfertigen könnte, die angezeigte Sammlung vollständig zu untersagen - statt etwa nur beschränkende Auflagen wie Befristungen oder Mengenbeschränkungen (siehe dazu auch unten 1.4.2).
33 
Der Argumentation der Antragsgegnerin liegt tendenziell offenbar ein Modell der Abfallentsorgung zu Grunde, in dem gewerbliche Sammlungen, die den Abfällen aus privaten Haushaltungen veräußerbare (Wert-)Stoffe und Gegenstände entziehen, wegen der entsprechenden Einnahmeverluste beim öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger und damit einhergehender Verhinderung niedrigerer Abfallgebühren unzulässig sind, so dass gewerbliche Sammlungen mit der öffentlich-rechtlich organisierten Entsorgungswirtschaft systematisch unvereinbar sind (in diesem Sinne VG Hamburg, Urteil vom 09.08.2012 - 4 K 1905/10 -, ZUR 2013, 43, 49; Queitsch, AbfallR 2012, 290 ff.). Eine derartige Deutung des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG ist indes mit Art. 106 Abs. 2 AEUV nicht vereinbar; danach muss die Möglichkeit zum Wettbewerb auf dem Abfallentsorgungsmarkt durch private Konkurrenz erhalten bleiben und die Prüfung im Einzelfall erfolgen (Schomerus, a. a. O., § 17 Rn. 48, 49; Dippel, a. a. O., § 17 Rn. 49, 57). § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG lässt die gebotene europarechtskonforme Handhabung zu; die Bestimmung wird verschiedentlich als widerlegbare Vermutungsregel qualifiziert (VG Würzburg, a. a. O., Rn. 38; Dippel, a. a. O., § 17 Rn. 57). Richtig dürfte zur Sicherung der Europarechtskonformität des deutschen Rechts jedenfalls der Zugriff auf den normativen Gehalt der maßgeblichen Bestimmungen sein: Wenn der öffentlich-rechtlich organisierten Abfallentsorgung, um private Wettbewerber ausschließen zu können, eine „Gefährdung“ drohen muss (§ 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG) bzw. die Aufgabenerfüllung bei Zulassung der privaten Konkurrenz „verhindert“ werden würde (Art. 106 Abs. 2 AEUV), ist das Modell der systematischen Unvereinbarkeit zwischen öffentlich-rechtlicher und privater Abfallentsorgung im Hausmüllbereich de lege lata nicht vertretbar, sondern es muss im konkreten Fall zumindest eine Art Geringfügigkeitsschwelle beachtet werden, um „wirtschaftlich ausgewogene Bedingungen“ der öffentlich-rechtlich organisierten Abfallentsorgung gefährdet zu sehen (VG Ansbach, Urteil vom 23.01.2013 - AN 11 K 12.01588 -, juris, Rn. 82, spricht mit Blick auf die Müllgebühren von einer Erheblichkeitsgrenze bzw. Toleranzschwelle von 10% bis 12%; ähnlich OVG Hamburg, Beschluss vom 20.03.2013 - 5 Bs 208/12 -, juris, Rn. 15 f.).
34 
Die Antragstellerin hat insoweit unwidersprochenen unter Bezugnahme auf den Haushaltsplan der Antragsgegnerin 2012/13 abfallwirtschaftliche Erlöse der Antragsgegnerin in Höhe von 55.270.000 EUR (für 2010) bzw. 52.132.000 EUR (geplant für 2012) den von der Antragsgegnerin angegebenen befürchteten Einnahmeausfällen durch die gewerbliche Sammlung der Antragstellerin in Höhe von 167.000 EUR gegenübergestellt. Die daraus resultierende Einnahmeverminderung um ca. 0,3 % liegt ersichtlich unterhalb der Geringfügigkeitsschwelle, ohne dass es in diesem Zusammenhang noch auf die von der Antragsgegnerin angesetzten – von der Antragstellerin als zu niedrig bestrittenen – Mengen des Alttextilaufkommens im einzelnen ankäme. Die diesbezüglichen Annahmen der Antragsgegnerin erlauben allenfalls die rechtliche Schlussfolgerung, dass die gewerbliche Sammlung der Antragstellerin - sowie andere gewerbliche Sammlungen in Mannheim - den Abfallwirtschaftsbetrieb der Antragsgegnerin bzw. einen von ihr beauftragten Dritten beeinträchtigen könnte. Dies genügt jedoch für die Bejahung der Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG nicht. Nach dem ausdrücklich erklärten Willen des Gesetzgebers sind „Beeinträchtigungen“, also unterhalb der Schwelle einer „Gefährdung“ der Funktionsfähigkeit bleibende Nachteile, hinzunehmen (BT-Drucks. 17/6052, S. 87). Jede andere Deutung des Gesetzes wäre mit Art. 106 Abs. 2 AEUV unvereinbar; die europarechtskonforme Handhabung des nationalen Rechts ist indessen nicht disponibel. Auch sonst ist eine wirkliche „Gefährdung“ der Abfallentsorgung im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG nicht erkennbar.
35 
1.4.1.2 Die Antragsgegnerin hat auch nicht dargetan, dass „überwiegende öffentliche Interessen“ im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 Satz 1 KrWG deshalb zu bejahen sind, weil die „Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird“ (§ 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG). Nach summarischer Prüfung dürfte vorliegend keines der drei Regelbeispiele gemäß § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG in diesem Sinne erfüllt sein, d.h. zugleich eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers begründen.
36 
1.4.1.2.1 Die Antragsgegnerin beruft sich mit Blick auf § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG darauf, dass sie in dem betroffenen Entsorgungsgebiet bereits in öffentlich-rechtlicher Verantwortung Alttextilien über Sammelcontainer und Recyclinghöfe haushaltsnah erfasst und einer hochwertigen Verwertung zuführt; daher sei eine konkurrierende gewerbliche Sammlung ohne weiteres unzulässig, nach dem Gesetz sei in diesem Falle eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung anzunehmen.
37 
Diese Maßstabsbildung verfehlt nach der Rechtsprechung des Senats das geltende Recht (vgl. Senatsbeschluss vom 09.09.2013 - 10 S 1116/13 -, a.a.O.): Die Argumentation der Antragsgegnerin stützt sich auf ein enges Verständnis des Gesetzeswortlauts. Danach soll ein bestehendes Entsorgungssystem (falls „haushaltsnah“, „hochwertig“) gegen jedwede private Konkurrenz geschützt werden, sofern nicht ausnahmsweise § 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG eingreift; ob tatsächlich eine „wesentliche Beeinträchtigung“ der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung vorliegt, soll - auch im Falle der Drittbeauftragung - unbeachtlich sein, weil ein Nebeneinander von Sammlungen gleicher Abfallarten gesetzlich ausgeschlossen sei (VG Köln, Beschl. v. 25.1.2013 - 13 L 1796/12 - BA Rn. 10 und 11; Queitsch, UPR 2012, 221, 226; ders., AbfallR 2012, 290, 292). Diese Rechtsauffassung führt im Ergebnis zu einem absoluten Konkurrentenschutz, falls ein öffentlich-rechtlich organisiertes Entsorgungssystem besteht; danach soll jedweder Wettbewerb im Bereich der hier fraglichen Abfallentsorgung per se unzulässig sein.
38 
Ein solches Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG, das die bloße Existenz eines Systems der haushaltsnahen oder sonstigen hochwertigen getrennten Erfassung und Verwertung der Abfälle durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger bzw. einen von diesem beauftragten Dritten für den Ausschluss einer gewerblichen Sammlung genügen lässt, ist nicht europarechtskonform (VG Würzburg, a. a. O., Rn. 41 f.); sie verfehlt die Anforderungen des Art. 106 Abs. 2 AEUV, verstößt insbesondere gegen das Gebot der „Erforderlichkeit“. Eine derartige Deutung des Gesetzeswortlauts ist allerdings keineswegs zwingend und wird durch die Gesetzessystematik und die Entstehungsgeschichte widerlegt, so dass Sinn und Zweck des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG eine europarechtskonforme Auslegung und Anwendung der Bestimmung gebieten.
39 
Ob § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen eine - ggf. widerlegbare (so VG Ansbach, a. a. O., Rn. 85; VG Würzburg, a. a. O., Rn. 38; Petersen/Doumet/Stöhr, NVwZ 2012, 521, 527; Dippel, a. a. O., § 17 Rn. 65) oder unwiderlegbare (so Dageförde/Thärichen, AbfallR 2013, 125, 136; Queitsch, AbfallR 2013, 169, 173) - Vermutungsregelung trifft, bedarf jedenfalls in diesem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes keiner Klärung, weil die Tatbestandsvoraussetzungen nicht erfüllt sind. Mit der Formulierung „insbesondere“ stellt der Gesetzgeber klar, dass auf der Tatbestandsseite Regelbeispiele normiert werden; dies schließt nicht aus, dass die in dem Regelbeispiel zum Ausdruck kommende gesetzgeberische Vorstellung im Einzelfall möglicherweise nicht zutrifft. Nach dem Gesetzeswortlaut liegt im konkreten Fall mithin nicht zwingend eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung vor, falls das Regelbeispiel des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bejaht wird; vielmehr kann im Einzelfall eine gewerbliche Sammlung bei fehlender wesentlicher Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers durchaus zulässig sein (Beckmann/Wübbenhorst, DVBl 2012, 1403, 1408).
40 
Gesetzessystematisch fungiert § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG als Konkretisierung des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG. Danach wird in einem materiellen Sinne vorausgesetzt, dass die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung „wesentlich beeinträchtigt wird“. Dieses schon europarechtlich gebotene materielle Verständnis ist gleichsam nicht hintergehbar, weil jene Bestimmung in dem Kaskadenmodell des § 17 Abs. 3 KrWG ihrerseits eine Konkretisierung des § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG darstellt; die dort geschützte Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. des von diesem beauftragten Dritten kann sinnvollerweise nicht bereits auf Grund des bloßen Nebeneinanders von gewerblicher und kommunaler Sammlung gleicher Abfallarten ohne inhaltliche Würdigung der konkurrierenden Entsorgungssysteme als „gefährdet“ angesehen werden. Schließlich darf nicht verkannt werden, dass die in § 17 Abs. 3 KrWG angelegten Konkretisierungsstufen der Konturierung „überwiegender öffentlicher Interessen“ im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG dienen; dass dieser unbestimmte Rechtsbegriff nicht allein mit einem formalistischen Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG zureichend ausgefüllt werden kann, liegt auf der Hand.
41 
Entstehungsgeschichtlich hat das Merkmal „wesentliche Beeinträchtigung“ europarechtliche Ursprünge. Vor dem Hintergrund des Art. 106 AEUV hatte die EU-Kommission im Notifizierungsverfahren zum Gesetzentwurf zur Neuordnung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes vom 28. Mai 2011 darauf hingewiesen, dass nur „wesentliche“ Auswirkungen gewerblicher Sammlungen auf die Kommunen im Rahmen der Einzelfallabwägung des § 17 Abs. 3 KrWG berücksichtigt werden dürften; andernfalls könne der Zugang eines neuen Wettbewerbers EU-rechtswidrig behindert werden (Mitteilung SG[2011] D/51545 im Notifizierungsverfahren 2011/0148/D). Unter ausdrücklicher Erinnerung an diesen Vorgang hat die Bundesregierung im Gesetzgebungsverfahren in ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates die EU-rechtskonforme Fassung des § 17 Abs. 3 KrWG angemahnt (BT-Drucks. 17/6645, S. 5). Der zuständige BT-Ausschuss hat in seiner Beschlussempfehlung darauf reagiert (BT-Drucks. 17/7505, S. 3). Die europarechtskonforme Auslegung und Anwendung des innerstaatlichen Rechts drängt sich geradezu auf.
42 
Nach Sinn und Zweck des Kaskadenmodells gemäß § 17 Abs. 3 KrWG steht Satz 3 Nr. 1 im Dienste der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlich organisierten Entsorgungssystems (Satz 1). Eine „Gefährdung“ dieser Funktionsfähigkeit (Satz 2) durch eine „wesentliche Beeinträchtigung“ der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers kann allenfalls angenommen werden, wenn die gewerbliche Sammlung - „in ihrer konkreten Ausgestaltung“ und ggf. „im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen“ (§ 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG) - mehr als nur einen geringen Anteil des gesamten Aufkommens einer bestimmten Abfallart (hier: Alttextilien) im Entsorgungsgebiet erfasst (VG Würzburg, a. a. O., Rn. 42: keine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit bei lediglich 10% bis 15% einer getrennt erfassten Abfallfraktion; ebenso Dippel, a. a. O., § 17 Rn. 66 m. Nachw. zur entsprechenden Rechtsprechung nach dem KrW-/AbfG). Ein anderes Gesetzesverständnis wäre europarechtlich kaum haltbar (VG Ansbach, a. a. O., Rn. 85). Mit Blick auf die gebotene europarechtskonforme Auslegung (Art. 106 Abs. 2 AEUV) stellt sich durchaus die nötigenfalls im Hauptsacheverfahren weiter zu klärende Frage, ob bei hinreichend gesicherter Wahrnehmung der Sammlungs- und Verwertungsaufgabe durch gewerbliche bzw. gemeinnützige Sammler unabhängig vom konkreten prozentualen Anteil überhaupt von einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Verantwortung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsträgers gesprochen werden kann (restriktiv, mit dem Verdikt der Unionsrechtswidrigkeit des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG, unter Hinweis auf den von Art. 106 Abs. 2 AEUV allein erlaubten Schutz der Aufgabenerfüllung als solchen: Klement, a.a.O., § 17 Rn. 147; vgl. auch Beckmann, a.a.O., § 17 Rn. 129). Und selbst bei rein innerstaatlich angelegter Gesetzesdeutung kann ernsthaft nicht davon gesprochen werden, dass die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung „wesentlich“ beeinträchtigt wird, wenn nur eine eher geringfügige gewerbliche Sammlung bestimmter Abfälle stattfindet (OVG Hamburg, a. a. O., Rn. 19). Andernfalls bewirkte die Gesetzesanwendung einen rechtlich unzulässigen absoluten Konkurrentenschutz.
43 
Eine hinreichend verlässliche Quantifizierung des Anteils der gewerblichen Sammlung der Antragstellerin und sonstiger gewerblicher oder gemeinnütziger Sammlungen von Alttextilien dürfte im Übrigen beim derzeitigen Erkenntnisstand nicht vorliegen und in diesem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auch nicht möglich sein. Die Antragstellerin hat insoweit die Mengenannahmen der Antragsgegnerin unter Berufung auf einschlägige Gutachten zum bundesweiten durchschnittlichen Alttextil-Sammelaufkommens pro Kopf der Bevölkerung als deutlich zu niedrig in Zweifel gezogen. Eine konsistente Tatsachengrundlage erscheint aber auch deshalb erforderlich, um mildere Maßnahmen als die vollständige Untersagung der Sammlung auf ihre Eignung und Erforderlichkeit prüfen zu können. Soweit die Antragsgegnerin einen befürchteten Mengenverlust von 80 bis 85 Prozent bei Nichtunterbindung von insgesamt 22 angezeigten Sammlungen ins Feld führt, muss sie sich die Möglichkeit einer willkürfreien faktischen Kontingentierung als in Betracht zu ziehendes milderes Mittel entgegenhalten lassen. Eine Handhabung dahingehend, dass etwa aus Gründen des „Überangebots“ und der Gleichbehandlung alle gewerblichen Sammlungen untersagt würden, liefe letztlich auf den europarechtlich unzulässigen absoluten Konkurrenzschutz hinaus. Im Ergebnis verbleibt jedenfalls eine Ungewissheit, ob eine eventuelle „wesentliche Beeinträchtigung“ als „Gefährdung“ im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG gedeutet werden könnte. Auf § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG (im Sinne der europarechtskonformen Deutung) kann sich die Antragsgegnerin demzufolge nicht ohne weiteres berufen.
44 
1.4.1.2.2 Das von der Antragsgegnerin weiter für Ihre Rechtsposition in Anspruch genommene Regelbeispiel einer Gefährdung der Gebührenstabilität (§ 17 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 KrWG) ist bei der gebotenen restriktiven, auf die Gefährdung der Funktionsfähigkeit nach § 17 Abs. 3 S. 1 KrWG zurück zu beziehenden Interpretation tatbestandlich schwerlich erfüllt. Bei einer Verminderungen des Erlösaufkommens der Abfallwirtschaft der Antragsgegnerin durch die angezeigte Sammlung der Antragstellerin um lediglich ca. 0,3 % liegt die Auswirkung auf die Gebührenhöhe weit unter der anzunehmenden Erheblichkeits- bzw. Toleranzschwelle (s.o. 1.4.1.1 sowie Klement, a.a.O., § 17 Rn. 150 ff. m.w.N.).
45 
1.4.1.2.3 Ob eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers etwa deshalb anzunehmen ist, weil die Zulassung der gewerblichen Sammlung der Antragstellerin die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschweren oder unterlaufen und damit das Regelbeispiel nach § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG erfüllen würde, wie die Antragsgegnerin kursorisch geltend macht, ist allenfalls offen. Diese Bestimmung schützt das – bereits durchgeführte oder bevorstehende – Vergabeverfahren; Prämisse der Regelung ist die Gewährleistung von Wettbewerb um den Abfallentsorgungsmarkt, nicht in diesem Markt. Nach dem gesetzgeberischen Willen zielt § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG auf „die wettbewerbskonforme Einbindung der privaten Entsorgungswirtschaft in die kommunale Aufgabenwahrnehmung und sichert so die ‚duale‘ Entsorgungsverantwortung im Bereich der Entsorgung von Haushaltsabfällen ab“ (BT-Drucks. 17/7505, S. 44).
46 
Die Vergabe von Entsorgungsleistungen schützt demnach den erfolgreichen Bieter gegenüber konkurrierenden gewerblichen Sammlungen. Der mit dem öffentlichen Auftrag betraute bzw. zu betrauende Dritte wird sogar monopolartig geschützt; ausweislich der in § 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG getroffenen Regelung, die Nr. 3 des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG gerade nicht in Bezug nimmt, wird der erfolgreiche Bieter dergestalt privilegiert, dass er vor jedweder Konkurrenz durch gewerbliche Sammler geschützt ist (Dageförde/Thärichen, AbfallR 2013, 125, 136). Der Senat lässt offen, ob eine so weit gehende (temporäre) Monopolisierung der Entsorgungsleistungen mit dem EU-Recht vereinbar ist (vgl. dazu kritisch Klement, a.a.O., § 17 Rn. 155 f.; Beckmann, a.a.O., § 17 Rn. 134 ff.); jedenfalls liegen die Voraussetzungen beider Alternativen des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vor.
47 
1.4.1.2.3.1 Die Antragsgegnerin beruft sich zunächst darauf, dass durch die Zulassung der gewerblichen Sammlung der Antragstellerin die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb unterlaufen werde (§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 Alt. 2 KrWG). Diese Regelung erfasst Fallgestaltungen, in denen ein gewerblicher Sammler als Bieter im Vergabeverfahren - wie die Antragstellerin bei der im Herbst 2012 durchgeführten Ausschreibung - den Zuschlag nicht erhalten hat (VG Ansbach, a. a. O., Rn. 90) oder am Ausschreibungswettbewerb des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gar nicht teilgenommen hat und nun eine gewerbliche Sammlung vornimmt. Der erfolgreiche Bieter, der als Auftragnehmer gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger vertragliche Bindungen eingeht, wird durch § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG vor einer derartigen „illegitimen“ Konkurrenz während der Vertragslaufzeit geschützt.
48 
Dieser gesetzliche Schutz greift jedoch nur bei einer rechtmäßigen Auftragsvergabe, also einem ordnungsgemäß durchgeführten Vergabeverfahren, ein. Denn ausweislich der erwähnten gesetzgeberischen Zielsetzung geht es um die „wettbewerbskonforme“ Einbindung Privater. § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG schützt das berechtigte Vertrauen des erfolgreichen Bieters in die Angebotskalkulation des Auftraggebers; vertraut werden darf auf die Exklusivität der Entsorgungsleistung während der Vertragslaufzeit und auf die Vertragstreue des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers (Dageförde/Thärichen, AbfallR 2013, 125, 132 f.). Ein „berechtigtes“ und damit schützenswertes Vertrauen des Auftragnehmers kann jedoch nur bei einem rechtmäßigen Vergabeverfahren anerkannt werden; andernfalls würde - wettbewerbswidrig -illegales Verhalten prämiert (vgl. Senatsbeschluss vom 09.09.2013 - 10 S 1116/13 -, a.a.O). Bei der Vergabe von Entsorgungsleistungen im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG muss gemäß § 100 Abs. 1 GWB, § 2 Nr. 2 VgV ab einem Schwellenwert von 200.000,- Euro eine europaweite Ausschreibung der Auftragsvergabe erfolgen (§ 4 Abs. 1 VgV, § 15 VOL/A-EG). Ob das Vergabeverfahren als solches rechtmäßig durchgeführt worden ist, bedarf deshalb nötigenfalls näherer Prüfung, die dem Hauptsacheverfahren vorzubehalten ist.
49 
Hinzu kommt, dass die Antragstellerin ihre gewerbliche Sammlung bereits im Juni 2012, d.h. deutlich vor der von der Antragsgegnerin im Herbst 2012 durchgeführten Ausschreibung, angezeigt hat. Die Antragsgegnerin hatte mithin Anlass, diese seinerzeit noch nicht - vielmehr erst mit dem angefochtenen Bescheid vom 06.03.2013 - untersagte Sammlung der Antragstellerin bei ihrer lediglich den Transport und die Verwertung betreffenden Ausschreibung (mengen- und entgeltmäßig) zu berücksichtigen. Ist dies geschehen, so konnten sich die Bieter darauf einstellen. Andernfalls ist die Unterlassung der Antragsgegnerin zuzurechnen. In beiden Fällen könnte die Sammlung der Antragstellerin schwerlich als Unterlaufen der Vergabe gewertet werden. Denn die Antragstellerin konkurrierte ebenso wie die anderen Bieter in dem Vergabeverfahren vor dem Hintergrund der bereits angezeigten bzw. bestehenden Sammlungen um zusätzliche Aufträge für Transport und Verwertung. Die Antragstellerin hat im übrigen unwidersprochen vorgetragen, dass eine tatsächliche Beeinträchtigung der vertraglich abgesicherten Marktposition des erfolgreichen Bieters um die Transport- und Verwertungsleistung nicht eintrete, weil davon auszugehen sei, dass eine bindende Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Lieferung einer bestimmten Alttextilienmenge nicht bestehe und nur das bezahlt werde, was geliefert werde.
50 
1.4.1.2.3.2 Die Antragsgegnerin dürfte sich auch kaum darauf berufen können, dass durch die gewerbliche Sammlung der Antragstellerin die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert wird (§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 Alt. 1 KrWG). Dabei kann der Senat die kontrovers erörterte Frage offen lassen, ob ohne den Erlass einer Untersagungsverfügung eine parallel durchgeführte gewerbliche Sammlung von Abfällen zu einer unkalkulierbaren Schwankungsbreite der Mengenparameter mit der Folge führt, dass eine unklare Leistungsbeschreibung und daher ein Verstoß gegen § 8 Abs. 1 VOL/A-EG zu erwarten ist (vgl. VG Ansbach, a. a. O., Rn. 91 ff.; Dageförde/Thärichen, AbfallR 2013, 125, 133 f.), oder ob - da die Abgabe von Alttextilien ohnehin Unwägbarkeiten ausgesetzt ist - den möglichen Mengenschwankungen vergaberechtlich durch eine entsprechende Formulierung der Ausschreibungsbedingungen Rechnung getragen werden kann, da die Größenordnung der Schwankungsbreite abschätzbar ist (vgl. OVG Hamburg, a. a. O., Rn. 23; Beckmann/Wübbenhorst, DVBl 2012, 1403, 1409).
51 
Soll durch § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 Alt. 1 KrWG ein Vergabeverfahren geschützt werden, muss ein solches konkret in Aussicht stehen. Das ist hier, soweit ersichtlich, nicht der Fall; die Antragsgegnerin hat erst im Herbst 2012 das genannte Verfahren in Bezug auf Transport und Verwertung von Alttextilien durchgeführt. Die abstrakt gehaltene Argumentation der Antragsgegnerin läuft darauf hinaus, dass eine gewerbliche Sammlung per se ausgeschlossen wäre, wenn sich der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger an Stelle der Eigenwahrnehmung der Abfallentsorgungsaufgabe für eine Drittbeauftragung (§ 22 KrWG) entschieden hat; reklamiert wird damit, europarechts- und gesetzeswidrig, ein absoluter Konkurrentenschutz. Ein erneutes (diskriminierungsfreies und transparentes) Vergabeverfahren ist jedoch erst in Bezug auf den Zeitraum nach Ablauf der jetzigen, mit dem Dritten vereinbarten Vertragslaufzeit durchzuführen (vgl. Dageförde/Thärichen, AbfallR 2013, 125, 133). Dazu hat die Antragsgegnerin keine Angaben gemacht. Die Berufung auf § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 Alt. 1 KrWG verfolgt demzufolge den Zweck, rein prophylaktisch gewerbliche Sammler vom Markt zu verdrängen. Dieses Vorgehen ist von der Bestimmung nicht gedeckt. Ohne Ansehung eines bestimmten Vergabeverfahrens kann nicht beurteilt werden, was „erheblich erschwert“ werden soll; eine solche - hier nicht mögliche - Prüfung schreibt das Gesetz indessen zwingend vor (vgl. Senatsbeschluss vom 09.09.2013 - 10 S 1116/13 -, a.a.O.).
52 
Folgte man nicht dieser „Tatbestandslösung“, müsste dasselbe Ergebnis als „Rechtsfolgelösung“ nach § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG erzielt werden. Danach wäre die Untersagungsverfügung nur rechtmäßig, wenn die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 (i. V. m. Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 3 Satz 2 i. V. m. Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 Alt. 1) KrWG normierten Voraussetzungen „anders nicht zu gewährleisten ist“. Nach diesem bindend vorgeschriebenen Maßstab des Übermaßverbots („Erforderlichkeit“ einer behördlichen Maßnahme) kann eine künftige Auftragsvergabe gegenüber „wesentlichen Erschwerungen“ in Bezug auf Diskriminierungsfreiheit und Transparenz jedoch „anders“ dadurch geschützt werden, dass zu dem gegebenen späteren Zeitpunkt vor Einleitung des dann anstehenden Vergabeverfahrens die tatsächliche Lage („Schwankungsbreite“ von Mengenparametern) konkret geprüft und nötigenfalls mit einer Untersagungsverfügung reagiert wird. Im Sinne des Übermaßverbots ist es in keiner Weise erforderlich, nach einer erst unlängst erfolgten Auftragsvergabe rein vorsorglich mit Blick auf künftige Vergabeverfahren, zu denen der Antragsgegner nichts Konkretes vorgetragen hat, gewerbliche Sammlungen pauschal zu verbieten.
53 
1.4.2 Unabhängig davon, ob die Untersagungsverfügung schon deshalb rechtswidrig ist, weil die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 i. V. m. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG nicht erfüllt sind, kommt auch ein Verstoß gegen die in § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG normierte Rechtmäßigkeitsanforderung der „Erforderlichkeit“ der Untersagungsverfügung in Betracht. Schon nach dem Wortlaut des § 18 Abs. 5 Satz 2 2. Alt. KrWG ist die Untersagung der Sammlung nur zulässig, wenn die Einhaltung der Regelung des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG nicht anders zu gewährleisten ist. Der Gesetzgeber trägt damit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung; die Untersagung ist auch hier ultima ratio (vgl. grundlegend Senatsbeschluss vom 09.09.2013 - 10 S 1116/13 -, a.a.O., m.w.N.). Als mildere Mittel kommen nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG insbesondere Bedingungen, Befristungen und Auflagen in Betracht. Dass die Antragsgegnerin solche in Erwägung gezogen und eine entsprechende Sachprüfung angestellt hätte, ist dem Akteninhalt nicht zu entnehmen. Die Antragsgegnerin hat die gesetzlich vorgeschriebene zweistufige Prüfung im Rahmen des § 18 Abs. 5 KrWG mithin wohl nicht durchgeführt. Darin liegt ggf. zugleich ein Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Übermaßverbot, weil dem Gebot der „Erforderlichkeit“ einer behördlichen Maßnahme beim Eingriff in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG nicht Rechnung getragen worden ist.
54 
Diese gesetzliche Vorgabe des § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG stellt eine Konkretisierung des Übermaßverbots (Grundsatz der Verhältnismäßigkeit i. w. S.) dar (NdsOVG, a. a. O., S. 221). Die Untersagung, d.h. ein vollständiges Verbot einer gewerblichen Sammlung, ist - wie ausgeführt (s.o. 1.3) - im Vergleich mit anderen Reglementierungen der intensivste Eingriff in die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) eines gewerblichen Sammlers und kommt daher bereits aus verfassungsrechtlichen Gründen nur als ultima ratio in Betracht (NdsOVG, Urteil vom 21.03.2013 - 7 LB 56/11 -, NsVBl 2013, 218; OVG NRW, Beschl. v. 19.07.2013 - 20 B 122/13 - juris Rn. 18; VG Würzburg, a. a. O., Rn. 47; Dippel, in: Schink/Versteyl, a. a. O., § 18 Rn. 24). Dies setzt voraus, dass die Untersagungsverfügung im konkreten Fall die einzige geeignete Maßnahme zur Einhaltung der Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG ist (OVG Hamburg, a. a. O., Rn. 12). Die Beachtung dieser Anforderungen stellt § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG dadurch sicher, dass die zuständige Behörde zu einer entsprechenden Prüfung verpflichtet ist (Schomerus, in: Versteyl/Mann/ Schomerus, a. a. O., § 18 Rn. 16).
55 
In der Sache nimmt die Formulierung „anders nicht zu gewährleisten“ - wie schon die Gesetzessystematik nahelegt - die in § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG genannten behördlichen Befugnisse in Bezug, weil deren Ausübung die Berufsfreiheit des gewerblichen Sammlers weniger belasten würde als ein vollständiges Verbot (OVG Hamburg, a. a. O., Rn. 12; Dippel, in: Schink/Versteyl, a. a. O., § 18 Rn. 24). Trifft das im konkreten Fall zu, steht ein milderes Mittel zur Sicherung der Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG zur Verfügung, so dass durch ein behördliches Vorgehen nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG dem durch § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG angeordneten „Interventionsminimum“ (Gebot des schonendsten Eingriffs) Rechnung zu tragen ist (NdsOVG, a. a. O., S. 221; VG Würzburg, a. a. O., Rn. 48). Dabei sind „Bedingung“, „Befristung“ und „Auflage“ nicht im Sinne des § 36 VwVfG als Nebenbestimmungen eines Verwaltungsakts zu verstehen, sondern es handelt sich um behördliche Eingriffsmaßnahmen durch eigenständigen Verwaltungsakt (so ausdrücklich die Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 17/6052, S. 89; ferner z. B. Schwind, in: v. Lersner/Wendenburg/Versteyl, a. a. O., § 18 KrWG Rn. 52). Die Qualifizierung als „Nebenbestimmung“ scheidet schon deshalb aus, weil es an einem die gewerbliche Sammlung zulassenden Verwaltungsakt (Genehmigung, Erlaubnis etc.) fehlt; denn eine gewerbliche Sammlung muss nicht behördlich zugelassen werden, sie ist lediglich anzuzeigen (§ 18 Abs. 1 KrWG). Insoweit verhält es sich hier rechtsdogmatisch nicht anders als im Versammlungsrecht; da eine Versammlung nicht genehmigungsbedürftig ist, sondern nur anmeldepflichtig (§ 14 VersG), meint „Auflage“ im Sinne des § 15 Abs. 1 VersG nicht eine Nebenbestimmung zu einem begünstigenden Verwaltungsakt, sondern bezeichnet eine eigenständige Verfügung, also einen Verwaltungsakt (BVerfG, Beschl. v. 21.3.2007 - 1 BvR 232/04 - NVwZ 2007, 1183, 1184).
56 
Nach diesem System abgestufter Eingriffsbefugnisse muss die zuständige Behörde im konkreten Fall darlegen, warum an Stelle des Verbots nicht eine mildere Maßnahme zur Sicherung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers (bzw. des von diesem beauftragten Dritten) in Betracht kommt (NdsOVG, a. a. O., S. 221; VG Würzburg, a. a. O., Rn. 49). Durchzuführen ist stets eine zweistufige Prüfung: Zunächst ist der Erlass von Maßnahmen nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG zwecks Sicherstellung der Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG zu prüfen; kommt ein milderes Mittel im konkreten Fall nicht in Betracht, ist eine Untersagung der gewerblichen Sammlung zu prüfen (Schwind, in: v. Lersner/Wendenburg/Versteyl, a. a. O., § 18 KrWG Rn. 64; Schomerus, in: Versteyl/Mann/ Schomerus, a. a. O., § 18 Rn. 16; eingeräumt auch von Dageförde/ Thärichen, AbfallR 2013, 125, 136, mit der - hier nicht gegebenen - Einschränkung des absoluten Schutzes des Ausschreibungswettbewerbs nach § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG). Der zuständigen Behörde ist es folglich versagt, sogleich zur Untersagungsverfügung zu greifen, ohne zuvor den Erlass milderer Maßnahmen nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG ausgelotet zu haben.
57 
§ 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG sieht unter anderem das Instrument der Befristung vor. Im Schrifttum wird beispielsweise vorgeschlagen, eine angemessene Befristung der (gewerblichen) Sammlung in Betracht zu ziehen, um erneut die Voraussetzungen der Sammlung prüfen zu können (Schwind, in: v. Lersner/ Wendenburg/Versteyl, a. a. O., § 18 KrWG Rn. 57). Die Prüfung einer solchen Möglichkeit liegt hier schon deshalb nahe, weil eine Auftragsvergabe seitens der Antragsgegnerin für Transport und Verwertung erst unlängst erfolgt ist und es deshalb angezeigt sein könnte, zunächst einmal Erfahrungswissen zu dem im vorliegenden Fall umstrittenen Teil der Abfallentsorgung zu sammeln. Mit dem Instrument der Auflage nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG können dem gewerblichen Sammler selbstständige Handlungsgebote und Handlungsverbote aufgegeben werden (Schwind, a. a. O., § 18 KrWG Rn. 59), wie etwa die zahlenmäßige Begrenzung der Container für Alttextilien oder die mengenmäßige Begrenzung der gewerblichen Sammlung; insbesondere letztgenannte Maßnahme kann ein taugliches Mittel zur Sicherstellung der Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG sein (Dageförde/Thärichen, AbfallR 2013, 125, 136). Auch eine derartige Maßnahme hat die Antragsgegnerin nicht erkennbar in Betracht gezogen und insoweit ebenfalls den Prüfungsauftrag des § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG verfehlt.
58 
Etwaige Überwachungsprobleme bei Maßnahmen nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG können die gebotene Prüfung milderer Mittel grundsätzlich nicht erübrigen. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die behördliche Informationsgewinnung auch mit dem Instrument der Auskunft nach § 47 Abs. 3 Satz 1 KrWG erfolgen kann. Dazu gilt es zu beachten, dass die Missachtung einer Auskunftspflicht bußgeldbewehrt ist (§ 69 Abs. 2 Nr. 4 KrWG) und mit einer Geldbuße bis zu 10.000,-- Euro geahndet werden kann (§ 69 Abs. 3 KrWG). § 47 Abs. 3 KrWG entspricht weitgehend § 40 Abs. 2 KrW-/AbfG, so dass die dazu von der Rechtsprechung festgestellten behördlichen Befugnisse (vgl. Senat, Beschl. v. 30.3.2001 - 10 S 1184/00 - VBlBW 2002, 26) auch nach geltendem Recht beachtenswert sind. Die Auskunftspflicht gemäß § 47 Abs. 3 Satz 1 KrWG erstreckt sich auf alle Phasen des Umgangs mit Abfall, insbesondere auch auf Fragen zu § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG (Rüdiger, in: v. Lersner/Wendenburg/Versteyl, a. a. O., § 47 KrWG Rn. 83). Bevor die danach bestehenden behördlichen Möglichkeiten nicht geprüft und ggf. ausgeschöpft sind, ist der Rückgriff auf die ultima ratio der vollständigen Untersagung schwerlich haltbar.
59 
2. Auch bei einer allgemeinen, von den Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren unabhängigen Interessenabwägung kommt im vorliegenden Fall dem Interesse der Antragstellerin an einer vorläufigen Durchführung der Sammlung der Vorrang gegenüber dem öffentliche Interesse an einer sofortigen Untersagung der Tätigkeit zu (ebenso OVG NRW, Beschluss vom 19.07.2013 - 20 B 476/13 -, a.a.O.).
60 
Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Sammlungstätigkeit der Antragstellerin in den Schutzbereich der Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG fällt. Wird die sofortige Vollziehung der Untersagungsverfügung bestätigt und der Antragstellerin damit jedenfalls vorübergehend ein Sammeln verwehrt, tritt deshalb auf ihrer Seite eine schwerwiegende und stark ins Gewicht fallende Rechtsbeeinträchtigung ein, wenn sich die Untersagungsverfügung im Hauptsacheverfahren als rechtswidrig erweisen sollte. Dies gilt unabhängig davon, ob durch die Untersagung der Sammeltätigkeit eine Existenzgefährdung der Antragstellerin eintritt und unabhängig davon, in welchem Umfang ihr während der Dauer der Untersagung Einnahmen unwiederbringlich verloren gehen und bereits getätigte Investitionen, etwa für die Anmietung von Containerstellplätzen, sich als nutzlos erweisen könnten.
61 
Eine vergleichbar starke Beeinträchtigung öffentlicher Interessen für den Fall, dass die sofortige Vollziehung der Untersagungsverfügung ausgesetzt wird und die Antragstellerin vorläufig weitersammeln kann, im Hauptsacheverfahren jedoch die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung festgestellt wird, lässt sich demgegenüber nicht feststellen. Wie oben näher dargelegt, bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, von einer Unzuverlässigkeit der Antragstellerin auszugehen. Es besteht derzeit auch keine überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass die öffentlichen Interessen in Gestalt der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung von Abfällen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 1 KrWG tatsächlich beeinträchtigt werden, oder sonst die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet wird. Auch der - seinerseits nicht hinreichend belegte - Vorwurf des Antragsgegners, dass sich die Antragstellerin einen rechtswidrigen Wettbewerbsvorteil verschaffe, ist nicht dazu geeignet, eine schwerwiegende Beeinträchtigung öffentlicher Interessen darzutun. Eine solche lässt sich auch nicht der von der Antragsgegnerin - unter Zitierung des hier gerade nicht einschlägigen § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO als „Ermächtigungsgrundlage“ - gegebenen Begründung für die Anordnung des Sofortvollzugs entnehmen, zur Sicherung der Funktionsfähigkeit einer geordneten Abfallentsorgung bedürfe es eines berechenbaren, stetigen Mittelzuflusses auch während der Dauer eines Rechtsmittelverfahrens. Dagegen sprechen die oben (1.4.1.1) dargelegten Relationen der abfallwirtschaftlichen Erlöse zur befürchteten Einnahmeverminderung (um nur 0,3 %) und die Möglichkeit einer Kompensation durch (geringfügige), ggf. vorübergehende Gebührenanhebung.
62 
Rechtfertigen keine überwiegenden öffentlichen Interessen die Anordnung der sofortigen Vollziehung, verbleibt es beim gesetzlichen Regelfall der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 1 VwGO.
63 
Nach alledem ist die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu bestätigen.
64 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
65 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 GKG in Anlehnung an Nrn. 1.5 und 54.2.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 (VBlBW 2004, 467).
66 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten es übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt haben. Insoweit ist das angefochtene Urteil wirkungslos.

Im Übrigen wird das angefochtene Urteil geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.


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(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.

(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,

1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden,
2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist,
3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden,
4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
Satz 1 Nummer 3 und 4 gilt nicht für gemischte Abfälle aus privaten Haushaltungen und gefährliche Abfälle. Sonderregelungen der Überlassungspflicht durch Rechtsverordnungen nach den §§ 10, 16 und 25 bleiben unberührt.

(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung

1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt,
2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder
3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
Satz 3 Nummer 1 und 2 gilt nicht, wenn die vom gewerblichen Sammler angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle wesentlich leistungsfähiger ist als die von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder dem von ihm beauftragten Dritten bereits angebotene oder konkret geplante Leistung. Bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit sind sowohl die in Bezug auf die Ziele der Kreislaufwirtschaft zu beurteilenden Kriterien der Qualität und der Effizienz, des Umfangs und der Dauer der Erfassung und Verwertung der Abfälle als auch die aus Sicht aller privaten Haushalte im Gebiet des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu beurteilende gemeinwohlorientierte Servicegerechtigkeit der Leistung zugrunde zu legen. Leistungen, die über die unmittelbare Sammel- und Verwertungsleistung hinausgehen, insbesondere Entgeltzahlungen, sind bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit nicht zu berücksichtigen.

(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.

Der Bescheid der Beklagten vom 9. April 2013 und der Widerspruchsbescheid des Stadtrechtsausschusses der Beklagten vom 13. November 2014 werden aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die von der Beklagten verfügte Untersagung einer gewerblichen Sammlung von Alttextilien nebst der Anordnung, sämtliche Sammelcontainer im Stadtgebiet der Beklagten zu entfernen.

2

Die Klägerin ist ein im gesamten Bundesgebiet tätiger und nach der Entsorgungsfachbetriebeverordnung zertifizierter Entsorgungsfachbetrieb sowie Mitglied im BDE Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft e.V. Pro Monat erfasst die Klägerin nach eigenen Angaben im Bundesgebiet bis zu 150 Tonnen Altschuhe (an ca. 1200 Rücknahmestellen) und bis zu 400 Tonnen Alttextilien (an ca. 750 Rücknahmestellen). Sofern hierbei Sammelbehälter aufgestellt werden, erfolgt dies auf mietvertraglicher Grundlage auf den Grundstücken oder in den Geschäften privater Partner (Einzelhändler, Supermarktketten u.a.), in der Vergangenheit auch auf den Grundstücken öffentlicher Partner (kommunale Wertstoffhöfe, etc.).

3

Derzeit beschäftigt die Klägerin etwa 30 Mitarbeiter. Die aufgrund regelmäßiger Leerung (in der Regel wöchentlich) gesammelten Textilien und Schuhe (beide Abfallfraktionen werden jeweils über separate Sammelcontainer erfasst) werden mittels eines eigenen Fuhrparks von etwa 25 PKW und LKW in den jeweiligen zentralen Sortierbetrieb verbracht, wobei die Sortierung der Schuhe in A-Stadt und die Sortierung von Alttextilien überwiegend bei zertifizierten Partnern der Klägerin erfolgt.

4

In der Sortierhalle in A-Stadt werden nicht weiter verwendbare Teile (Fehlwürfe) und nicht weiter verwertbare Textilien aussortiert. Diese werden vom örtlichen kommunalen Entsorger, dem AHA Zweckverband Abfallwirtschaft Region Hannover, abgeholt und entsorgt. Nach Angaben der Klägerin werden von den durch sie eingesammelten Altschuhen und Textilien erfahrungsgemäß bis zu 85 % als sortierte Ware an langjährige Kunden veräußert und ca. 15 % an den kommunalen Entsorger (AHA) als Abfall zur ordnungsgemäßen Entsorgung (energetische Verwertung) abgegeben.

5

Die Beklagte sammelt auf den in Kaiserslautern betriebenen Wertstoff- und Recyclinghöfen des Abfallwirtschafts- und Stadtreinigungs-Eigenbetriebs der Stadt Kaiserslautern (ASK) im Bringsystem in entsprechenden Containern Altkleider, Textilien und Schuhe. Zusätzlich zum bestehenden Bringsystem wurde mit der Änderung der Abfallsatzung der Beklagten zum 1. Januar 2013 ein Abholsystem für die Abfallarten Altmetalle, Altkleider und Alttextilien geschaffen. Der ASK holt entsprechende Abfälle auf fernmündlichen oder schriftlichen Antrag in Säcken mit bis zu 70 Liter Fassungsvermögen ab. Diese Holsysteme erfassen flächendeckend sämtliche Verwertungsabfälle dieser Art. Nach der Erfassung werden die Abfälle der Zentrale Abfallwirtschaft Kaiserslautern (ZAK) – einer gemeinsamen kommunalen Anstalt des öffentlichen Rechts der Beklagten und des Landkreises Kaiserslautern – überlassen und der Verwertung zugeführt. Zusätzlich zu dem Erfassungssystem der ASK erfolgt durch die ZAK eine Sammlung von Altkleidern/Textilien im Bringsystem in entsprechenden Sammelcontainern.

6

Die anschließende Verwertung durch die ZAK erfolgt im Bereich Alttextilien dergestalt, dass die erfassten Mengen einem zertifizierten Entsorgungsfachbetrieb zur weiteren Behandlung, Wiederverwendung, Verwertung und Beseitigung überlassen werden. Nach Angaben der ZAK werden derzeit etwa 55 % der erfassten Mengen der Wiederverwendung (Second Hand-Shops), etwa 22 % der Weiterverwendung (z.B. in der Putzlappenindustrie), etwa 15 % der Weiterverwertung (Rohstoffindustrie) und lediglich 5 % der sonstigen Verwertung zugeführt.

7

Mit Schreiben vom 30. August 2012 zeigte die Klägerin gegenüber der Beklagten eine auf unbestimmte Zeit angelegte gewerbliche Sammlung von Altkleidern, -textilien und -schuhen an. Die angezeigte Sammlung betrifft die Aufstellung von Alttextilien- und Altschuhcontainern an einem von Seiten der Klägerin bereits genutzten Standort eines Supermarktes im Stadtgebiet der Beklagten. Im Rahmen des Anzeigeverfahrens forderte die Beklagte die Klägerin auf, weitere Angaben zu der erfolgten Anzeige zu machen. Mit Schreiben vom 26. November 2012 machte die Klägerin unter Bezugnahme auf ihre Verpflichtung aus § 18 Abs. 2 Kreislaufwirtschaftsgesetz – KrWG – weitere Angaben

8

- über Größe und Organisation ihres Sammlungsunternehmens (z.B. Zahl der Mitarbeiter, der zentralisierten Verbringung zum Sortierstandort in A-Stadt, oder über den firmeneigenen Fuhrpark)

9

- über Art, Ausmaß und Dauer (Sammlung im Bringsystem mittels Sammelcontainer, voraussichtliche Sammelmenge von ca. 20 Tonnen/Jahr, über den größtmöglichen Umfang durch die Angabe, dass eine Ausweitung der Sammlung über den bisherigen Standort nicht geplant sei und über die Mindestdauer, nämlich auf unbestimmte Zeit, vor dem Hintergrund der vorgeblich bereits seit 15 Jahren bestehenden Sammlung)

10

- über Art, Menge und Verbleib der Abfälle (Alttextilien und Altschuhe, zentrale Verbringung nach A-Stadt)

11

- über die vorgesehenen Verwertungswege (Sortierung, Vermarktung der gewonnen Fraktionen zur Fasergewinnung, Putzlappenherstellung, etc., Darlegung des Entsorgungsweges für nicht verwertbare Fraktionen)

12

- über die Gewährleistung der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung (Mitteilung der Zertifizierung als Entsorgungsfachbetrieb).

13

Die Sammelmenge am angegebenen Standort habe sich im Jahr 2011 auf 21,54 Tonnen belaufen. Als erwartete Menge für das Jahr 2012 gab die Klägerin ebenfalls eine Menge von 21,54 Tonnen an.

14

Im Zuge der Anhörung äußerte die Beklagte ihre Absicht, die Sammlung zu untersagen. Dabei verwies sie nicht mehr auf das Fehlen von im Rahmen des Anzeigeverfahrens vorzulegender Unterlagen. Sowohl ASK als auch ZAK gaben am 1. März 2013 bzw. 5. März 2013 hierzu Stellungnahmen ab.

15

Mit Bescheid vom 9. April 2013 untersagte das Referat Umweltschutz der Beklagten der Klägerin die am 3. September 2012 angezeigte gewerbliche Sammlung von Altkleidern, Textilien und Schuhen im Stadtgebiet von Kaiserslautern. Zudem wurde der Klägerin aufgegeben, die im Stadtgebiet von Kaiserslautern aufgestellten Sammelcontainer unverzüglich zu entfernen. Weiterhin ordnete die Beklagte die sofortige Vollziehung an und drohte der Klägerin für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000 € an.

16

Die auf § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG i.V.m. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 KrWG gestützte Verfügung begründete die Beklagte mit überwiegenden öffentlichen Interessen, die der Sammlung der Klägerin entgegenstünden. Zum einen würden durch die Sammlung Abfälle erfasst, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger eine haushaltsnahe sowie hochwertige Erfassung und Verwertung durchführe. Zum anderen werde durch die Sammlung der Klägerin die Stabilität der Gebühren gefährdet, denn grundsätzlich minderten Einnahmen, die der Entsorgungsbetrieb über den Verkauf von Abfällen an Dritte erschließen kann, die Gebührenhöhe. Mit der Wertschöpfung, die die Klägerin in Kaiserslautern erschließen wolle, gingen dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger Einnahmen verloren. Der Beklagten lägen im Übrigen weitere Anzeigen von gewerblichen Sammlern vor, die in ihrer Gesamtheit zu einem erheblichen Einnahmeverlust für den Entsorgungsbetrieb führten, wenn diese Sammlungen nicht untersagt würden. Die Klägerin könne sich auch nicht auf Vertrauensgesichtspunkte berufen. Es seien von Seiten der Klägerin keine Informationen oder Nachweise dafür erbracht worden, die plausibel machen könnten, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang im Stadtgebiet der Beklagten bereits vor dem 1. Juni 2012 Sammlungen durchgeführt wurden. Sollten überdies – wie die Klägerin behauptet habe – solche Sammlungen tatsächlich durchgeführt worden sein, seien diese Sammlungen formell rechtswidrig gewesen, da dann die Nachweispflicht des § 13 Abs. 3 Nr. 3 KrWG a.F. nicht beachtet worden sei. Weder der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger noch die Abfallbehörde hätten Kenntnis von einer entsprechenden Sammlung gehabt. Letztlich sei die Untersagung auch verhältnismäßig, insbesondere könne die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG nicht durch Bedingungen, Befristungen oder Auflagen sichergestellt werden. Infolge der Untersagung der gewerblichen Sammlung sei es auch konsequent, das Entfernen der Sammelcontainer zu veranlassen.

17

Gegen den Bescheid der Beklagten legte die Klägerin am 8. Mai 2013 Widerspruch ein und suchte um vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutz nach, dem die erkennende Kammer mit Beschluss vom 25. Juni 2013 – 4 L 411/13.NW – stattgab.

18

Im Laufe des Vorverfahrens forderte der Stadtrechtsausschuss der Beklagten die Ausgangsbehörde auf, eine Beeinträchtigung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers anhand entsprechender Zahlen zu dokumentieren. Der um Rat gebetene ASK führte hierzu aus, dass die durchschnittliche Sammelmenge pro Kopf ca. 6 kg/Jahr betrage, sodass angesichts der Einwohnerzahl der Stadt Kaiserslautern von einer Sammelmenge von 600 Tonnen auszugehen sei. Dies werde durch die erfolgten Anzeigen gewerblicher Sammler unterlegt, die zusammen eine Sammelmenge von 598,24 Tonnen angegeben hätten. Der ASK sammle eine Altkleidermenge von ca. 30 Tonnen/Jahr. Im Jahr 2013 habe er einen Erlös von 300 €/Tonne erzielt. Die ZAK teilte außerdem im Juni 2014 mit, dass das Hol- und Bringsystem im Jahr 2013 insgesamt knapp 43 Tonnen Alttextilien erfasst habe. Für das Jahr 2014 könne mit einem Anstieg auf 63 Tonnen/Jahr gerechnet werden. Bisher habe sie einen Erlös in Höhe von 355 €/Tonne erwirtschaftet. Die ZAK legte ihrer Prognose bezüglich der Gefährdung der Gebührenstabilität aufgrund 16 angezeigter gewerblicher Sammlungen eine Gesamttextilmenge von 892,24 Tonnen/Jahr zugrunde.

19

Mit Widerspruchsbescheid vom 13. November 2014, der Klägerin am 19. November 2014 zugestellt, wies der Stadtrechtsausschuss der Beklagten den Widerspruch der Klägerin zurück.

20

Anders als im Ausgangsbescheid stützte der Stadtrechtsausschuss die Verfügung nicht nur auf § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG, sondern auch auf § 18 Abs. 2 KrWG. Nach Auffassung des Stadtrechtsausschusses habe die Klägerin den erforderlichen Nachweis einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung nicht vollständig erbracht. Zum einen fehle es an einem Nachweis des Einverständnisses des Grundstückseigentümers, auf dessen Grundstück die Sammlung stattfinden solle. Daneben sei das Zertifikat des Entsorgungsfachbetriebes am 7. Mai 2014 abgelaufen und ein aktuelles Zertifikat sei nicht vorgelegt worden. Eine Gewerbeanmeldung sei ebenfalls nicht nachgewiesen und schließlich sei der Detailgrad der Sortierung nicht hinreichend angegeben. Angesichts Letzterem bleibe die wesentliche Fragestellung, wie mit Restabfällen verfahren werde, die mit der reinen Erfassungsmenge vermischt werden, unbeantwortet. Da die Nutzer der Sammlung von Alttextilien, jedenfalls soweit sie über Container erfolge, regelmäßig nicht nur die erwünschten Alttextilien, sondern auch nicht unerhebliche Teilfraktionen an Restabfällen der Sammlung beimischten (sog. Fehlwürfe), sei der Nachweis der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung nicht nur in Bezug auf die reine Erfassungsmenge zu erbringen, sondern darüber hinaus auch für die unerwünschten Restabfälle. Weder in der Anmeldung noch zu einem späteren Zeitpunkt werde etwas dazu vorgetragen. Dass die Klägerin die Restabfälle über den kommunalen Entsorgungsträger AHA entsorge, sei bekannt. Allerdings habe die Klägerin nicht dargetan, in welchem Verhältnis die einzelnen Fraktionen anfallen bzw. üblicherweise anfallen (tatsächlicher Anteil der Wiederverwertung, Verarbeitung, Entsorgung).

21

Ungeachtet der unzureichenden Anzeige stünden der gewerblichen Sammlung der Klägerin auch öffentliche Interessen im Sinne des § 17 Abs. 3 KrWG entgegen. Es liege eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers vor. Einerseits werde nämlich die Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert. Dies sei zwar nicht allein auf die Sammlung der Klägerin zurückzuführen. Bei der Bewertung dieser tatbestandlichen Voraussetzung müsse jedoch eine Gesamtbetrachtung aller im Gemeindegebiet angezeigten gewerblichen und gemeinnützigen Sammlungen erfolgen. Nur die Addition aller abgeschöpften Mengen spiegle ein realistisches Bild wider. Neben der Klägerin hätten indes eine Reihe von gewerblichen Sammlern Sammlungen angezeigt; auch finde eine nicht geringe Anzahl von gemeinnützigen Sammlungen im Bereich der Beklagten statt. Die Beklagte habe im Widerspruchsverfahren eine Gesamtmenge von 1483,79 Tonnen von durch diese Sammlungen abgeschöpften Altkleidern angegeben, wobei sie sich hinsichtlich der Mengen strikt an die Angaben der jeweiligen Anzeiger gehalten habe. Wenn aber eine solche Menge abgeschöpft werde, dann habe dies zwangsläufig auf die Erfüllung der bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen Auswirkung. Dabei könne darauf abgestellt werden, ob der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger durch die gewerbliche Sammlung zu einer wesentlichen Änderung oder Anpassung seiner Entsorgungsstruktur gezwungen werde. Dies sei vorliegend der Fall, da der Entsorgungsträger eine Reihe von Wertstoffhöfen betreibe, um den Bürgern die Möglichkeit zu eröffnen, ihre Altkleider und -schuhe auf diesen Wertstoffhöfen abzuliefern. Der Betrieb solcher Wertstoffhöfe benötige eine hinreichende Auslastung. Sofern diese durch die Konkurrenz gewerblicher Sammler nicht mehr sichergestellt sei, drohe deren Schließung und mithin eine wesentliche Änderung bzw. Anpassung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsstruktur.

22

In diesem Zusammenhang müsse auch berücksichtigt werden, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger, anders als die gewerblichen Altkleidersammler, bei seiner Tätigkeit nicht ausschließlich nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten handele. Als Entsorgungsträger der Kommune müssten auch Bereiche abgedeckt werden, die für die gewerblichen Sammler uninteressant seien, da die Kosten die Erträge überwiegen. Auch in diesen uninteressanten Gebieten fielen aber Altkleider an, die als Wertstoff vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gesammelt und verwertet werden. Wenn hierbei ein wirtschaftlicher Gewinn erzielt werden könne, dann werde dieser – weil die Behörde nicht gewinnorientiert arbeiten dürfe – an die Bürger weitergegeben. Außerdem müsse beachtet werden, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger seine Sammlungen nicht vom aktuell zu erzielenden Tonnenpreis für Altkleider abhängig mache, sondern – gerade weil es seine öffentliche Aufgabe sei – diese Sammlung auch in Krisenzeiten durchführe.

23

§ 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG sei dahingehend auszulegen, dass bereits rein wirtschaftliche Nachteile aus der Tätigkeit des Sammlers für eine Gefährdung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsstruktur ausreichten. Gerade solche Nachteile sollten dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nicht zugemutet werden, denn die Erbringung der Entsorgungsdienstleistungen durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger solle zu möglichst niedrigen, sozialverträglichen Gebühren erfolgen und dies sei nur möglich, wenn die Möglichkeit der Quersubventionierung unrentabler mit rentablen Bereichen verbleibe. Durch die Sammelaktivitäten der Klägerin und der anderen angezeigten gewerblichen und gemeinnützigen Sammlungen entgingen dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger Einnahmen in beträchtlicher Höhe (hier geschätzte 419.000 €), weshalb er seine Entsorgungspflichten nicht mehr zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen erfüllen könne. Aufgrund der wegfallenden Einnahmen aus der Verwertung der Wertstoffe könne auch die Notwendigkeit einer Gebührenanpassung „nach oben“ in Zukunft nicht ausgeschlossen werden.

24

Andererseits sei eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers auch deshalb zu verzeichnen, weil durch die gewerbliche Sammlung eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu besorgen sei. Zwar vermöge der Stadtrechtsausschuss nicht abschließend zu beurteilen, ob tatsächlich die Stabilität der Gebühren als gefährdet anzusehen sei; die vorstehenden Ausführungen zu den Einflüssen der gewerblichen Sammlungen auf die Einnahmen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers würden insoweit als ausreichend im Sinne einer unerwünschten Entwicklung angesehen. Entscheidend sei jedoch, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger auf dem Gebiet der Stadt Kaiserslautern ein nach § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG geschütztes System betreibe und eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung anbiete.

25

Dagegen hat die Klägerin am 19. Dezember 2014 Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie vor:

26

Sie habe entgegen den Ausführungen des Stadtrechtsausschusses ihrer Anzeigepflicht gemäß § 18 Abs. 2 KrWG Genüge getan, insbesondere habe sie den Nachweis einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung erbracht. Auch sehe die genannte Vorschrift eine Verpflichtung, Pachtverträge, Sondernutzungserlaubnisse oder Einverständniserklärungen als Nachweis zu übersenden, nicht vor, sodass eine solche Vorlage von Seiten der Beklagten nicht verlangt werden dürfe. Der Begriff der „überwiegenden öffentlichen Interessen“ in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG und seine Ausgestaltung in § 17 Abs. 3 KrWG seien gemäß den Vorgaben des Europarechts restriktiv auszulegen. Die Vorschrift des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG sei bereits tatbestandlich nicht erfüllt. Überdies gestalte sich die Tätigkeit der Klägerin als leistungsfähiger, jedenfalls aber als ebenso leistungsfähig wie diejenige der Beklagten. Die Beklagte habe eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung nicht dargelegt. Angesichts der Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers dürfe nicht auf die Entsorgungsstrukturen für einzelne Abfallfraktionen, sondern nur auf die Funktionsfähigkeit im Ganzen abgestellt werden. Zu berücksichtigen seien also nicht etwa lediglich die Entsorgungsstrukturen für Altschuhe, sondern auch für Textilabfälle, Metalle, Papier und sonstige Wertstoffe aus Haushalten, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger ein Angebot bereitstelle. Allenfalls dann, wenn nachgewiesen werden könne, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder ein beauftragter Dritter hinsichtlich der Planbarkeit und Organisation der insofern vorgehaltenen Strukturen wesentlich beeinträchtigt würde, erschiene es überhaupt gerechtfertigt, eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers insgesamt im Rahmen des Regelbeispiels des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG zu vermuten. Schutz bestehe allein für die besondere Funktion der Entsorgungsaufgabe insgesamt. Ebenfalls habe die Beklagte nicht dargelegt, welche negativen Konsequenzen sich aus der uneingeschränkten „Zulassung“ gewerblicher Sammler – losgelöst von einer Mengenbetrachtung – in technischer, organisatorischer, personeller und wirtschaftlicher Hinsicht für den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger ergäben. Darüber hinaus könne die prognostizierte Gesamtsammelmenge sämtlicher gewerblicher Sammler für sich allein betrachtet keinen Ausschlag für eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers geben. Soweit sich die Beklagte in ihrer Untersagungsverfügung auf die Tatbestände der § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG bzw. § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG berufe, seien deren Voraussetzungen nicht dargelegt. Schließlich verstoße die Verfügung der Beklagten gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes für Bestandssammler und gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

27

Die Klägerin beantragt,

28

den Bescheid der Beklagten vom 9. April 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Stadtrechtsausschusses der Beklagten vom 13. November 2014 aufzuheben.

29

Die Beklagte beantragt,

30

die Klage abzuweisen.

31

Zur Begründung bezieht sie sich auf die im Ausgangs- und im Widerspruchsbescheid angestellten Erwägungen und verweist darüber hinaus auf aktuelle Entwicklungen in der Rechtsprechung.

32

Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie die Behördenakten Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der Beratung.

Entscheidungsgründe

33

Die Klage ist zulässig und begründet. Die Verfügung der Beklagten vom 9. April 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Stadtrechtsausschusses der Beklagten vom 13. November 2014 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO –). Gleiches gilt für die in dem Bescheid ebenfalls verfügte Androhung von Zwangsmitteln.

34

Die gegenüber der Klägerin erlassene Untersagungsverfügung kann nicht auf die Ermächtigungsgrundlage des § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG gestützt werden. Nach dieser Vorschrift hat die zuständige Behörde die Durchführung einer angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben, oder die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 oder Nr. 4 KrWG genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist.

35

1. Die Kammer kann zunächst offen lassen, ob die streitgegenständliche Untersagungsverfügung formell ordnungsgemäß zustande gekommen ist, insbesondere, ob die Beklagte für den Erlass des Bescheids sachlich zuständig war. Maßgeblich für die Bestimmung der Zuständigkeit ist § 17 Abs. 5 Landeskreislaufwirtschaftsgesetz – LKrWG –. Danach ist die untere Abfallbehörde (§ 17 Abs. 1 Satz 3 LKrWG) für die Durchführung des Anzeigeverfahrens nach § 18 KrWG einschließlich des Erlasses der erforderlichen Anordnungen zu angezeigten und nicht angezeigten Sammlungen zuständig. Soweit in diesem Zusammenhang Anordnungen nach § 18 Abs. 5 KrWG gegen Personen erlassen werden sollen, die gewerbliche Sammlungen durchführen oder durchführen wollen, stellt sich die Frage, inwieweit die Zuständigkeit einer Behörde begründet werden kann, die demselben Rechtsträger angehört wie der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger. Ein sich hieraus ergebender Interessenkonflikt könnte mit der Neutralitätspflicht der Behörde nach den Vorgaben des EU-Wettbewerbsrechts kollidieren (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 9. Oktober 2013 – 8 B 10783/13.OVG –, NVwZ-RR 2014, 135 m.w.N.; verneint in der Gesetzesbegründung, s. LT-Drucksache 16/2205 Seite 26). Anders als das Recht in anderen Bundesländern – etwa in Niedersachsen – sieht das rheinland-pfälzische Landesrecht jedoch keine – etwa § 42 Abs. 4 Niedersächsisches Abfallgesetz (NdsAbfG) entsprechende – Regelung vor, nach der in Fällen wie diesem eine Abgabe des Verfahrens an die obere Abfallbehörde in Betracht kommt, um nicht in eigener Sache entscheiden zu müssen (vgl. diesbezüglich die Rechtsprechung des OVG Niedersachsen, z.B. Beschluss v. 15.08.2013 – 7 ME 62/13 –, NVwZ-RR 2013, 957). Ob die innerorganisatorische Zuständigkeitsverteilung der Beklagten – den Bescheid hat das Referat Umweltschutz erlassen – den Anforderungen der Neutralitätspflicht in hinreichender Weise genügt, bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung. Denn die Untersagungsverfügung ist jedenfalls materiell rechtswidrig.

36

2. Die Untersagungsverfügung kann in materieller Hinsicht weder auf § 18 Abs. 5 Satz 2 Alternative 1 KrWG (2.1.) noch auf § 18 Abs. 5 Satz 2 Alternative 2 KrWG (2.2.) gestützt werden. Da es sich um einen Dauerverwaltungsakt handelt, ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Verfügung der der Beratung durch die Kammer (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798 /11 –, Bay. VGH, Beschluss vom 11. März 2014 – 20 ZB 13.2510 –; VG Koblenz, Urteil vom 29. Juli 2014 – 4 K 251/14.KO –, juris).

37

2.1. Nach § 18 Abs. 5 Satz 2 Alternative 1 KrWG hat die zuständige Behörde die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben.

38

Soweit die Beklagte die Unzuverlässigkeit der Klägerin daraus herleiten möchte, diese habe die beabsichtigte gewerbliche Sammlung nicht ordnungsgemäß angezeigt, vermag das Gericht dem nicht zu folgen.

39

Zwar ist die Klägerin Anzeigende im Sinne der genannten Vorschrift. Anzeigender ist der Träger der gewerblichen Sammlung, also die natürliche oder juristische Person, die die Sammlung in eigener Verantwortung durchführt oder durchführen lässt (vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 24. Februar 2015 – 9 K 2303/13 –, juris m.w.N.). Dies ist hier die Klägerin, der das Handeln ihres Geschäftsführers zuzurechnen ist.

40

Jedoch ist die Klägerin nicht unzuverlässig.

41

Der Begriff der Zuverlässigkeit ist im Kreislaufwirtschaftsgesetz nicht legaldefiniert. Nach übereinstimmender Auffassung beurteilt sich mangels eigenständiger Definition die Frage der Zuverlässigkeit im Sinne von § 18 Abs. 5 Satz 2 Alternative 1 KrWG nach den zu § 35 GewerbeordnungGewO – entwickelten Grundsätzen (s. z.B. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 4. März 2014 – 10 S 1127/13 –, GewArch 2014, 245). Unzuverlässig ist demnach im Allgemeinen ein Gewerbetreibender, wenn er nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß, d.h. im Einklang mit dem geltenden Recht betreibt (s. z.B. BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1982 – 1 C 146/80 –, NVwZ 1982, 503; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 20. Dezember 2010 – 6 B 11259/10.OVG – m.w.N.). Das in der Vergangenheit liegende Verhalten muss mittels einer Prognose daraufhin beurteilt werden, ob es auf eine Unzuverlässigkeit in der Zukunft schließen lässt; die Bejahung der Unzuverlässigkeit muss sich auf Tatsachen stützen lassen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 4. März 2014 – 10 S 1127/13 –, GewArch 2014, 245).

42

Die Regelung des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alternative 1 KrWG ist im Hinblick auf die Art. 12 und 14 Grundgesetz – GG – insoweit einschränkend auszulegen, als bloße Bedenken an der Zuverlässigkeit nicht für eine Untersagung ausreichen; vielmehr müssen die Bedenken ein so starkes Gewicht haben, dass sie gemessen am Rang der Grundrechte und der Schwere des potentiellen Schadens eine Untersagung rechtfertigen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19. Juli 2013 – 20 B 607/13 –, juris). Dies bedeutet, dass für die Annahme der Unzuverlässigkeit im Rahmen von § 18 Abs. 5 Satz 2 Alternative 1 KrWG bei prognostischer Betrachtung die Gefahr bestehen muss, dass es im Falle der weiteren Durchführung der Sammlung zu gewichtigen Verstößen gegen abfallrechtliche oder sonstige im unmittelbaren Zusammenhang mit der Sammlung einschlägige Vorschriften kommen wird. Unzuverlässig im Sinne des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alternative 1 KrWG ist daher, wer nicht die Gewähr dafür bietet, in Zukunft die abfallrechtlichen und sonstigen einschlägigen Vorschriften, insbesondere zur ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung von Abfällen (§ 7 Abs. 3 KrWG), einzuhalten (vgl. VG Bremen, Beschluss vom 25. Juni 2013 – 5 V 2112/12 – juris; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 24. Februar 2015 – 9 K 2303/13 –, juris).

43

Zwar kann auch eine unvollständige, die Vorgaben des § 18 Abs. 2 KrWG missachtende Anzeige grundsätzlich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden begründen (VG Bremen, Beschluss vom 25. Juni 2013 – 5 V 2112/12 –, juris). Nach § 18 Abs. 1 KrWG sind gewerbliche Sammlungen spätestens drei Monate vor ihrer beabsichtigten Aufnahme durch ihren Träger der zuständigen Behörde anzuzeigen. Der Anzeige sind Angaben über die Größe und Organisation des Unternehmens (§ 18 Abs. 2 Nr. 1 KrWG), Angaben über Art, Ausmaß und Dauer, insbesondere über den größtmöglichen Umfang und die Mindestdauer der Sammlung (§ 18 Abs. 2 Nr. 2 KrWG), Angaben über Art, Menge und Verbleib der zu verwertenden Abfälle ( § 18 Abs. 2 Nr. 3 KrWG), eine Darlegung der innerhalb des angezeigten Zeitraums vorgesehenen Verwertungswege einschließlich der erforderlichen Maßnahmen zur Sicherstellung ihrer Kapazitäten (§ 18 Abs. 2 Nr. 4 KrWG) sowie eine Darlegung, wie die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle im Rahmen der Verwertungswege gewährleistet wird (§ 18 Abs. 2 Nr. 5 KrWG), beizufügen. Diese Bestimmung steht im Dienste einer ordnungsgemäßen und schadlosen Abfallverwertung. Nach der Gesetzesbegründung sollen die von § 18 Abs. 2 KrWG geforderten Angaben der Behörde eine umfassende Prüfung ermöglichen und insbesondere als Grundlage für die Beurteilung dienen, ob der gewerblichen Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen (BT-Drucksache 17/6052, Seite 88). Die Anzeige einer gewerblichen Sammlung im Sinne des § 18 Abs. 1 und Abs. 2 KrWG ist mithin keine bloße Förmlichkeit von nachrangiger rechtlicher Bedeutung. Die rechtzeitige, richtige und vollständige Anzeige ist vielmehr unerlässliche Voraussetzung dafür, dass die zuständige Behörde prüfen kann, ob eine ordnungsgemäße und schadlose Abfallverwertung gesichert ist und ob der Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen (s. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG). Daher gilt, dass die von § 18 Abs. 2 KrWG geforderten Angaben und Darlegungen der zuständigen Behörde – mit Ausnahme der Konstellation des § 72 KrWG – vor Beginn der gewerblichen Sammlung richtig und vollständig vorliegen müssen (vgl. zu Letzterem: VGH Baden-Württemberg vom 11. Februar 2008 – 10 S 2422/07 –, VBlBW 2008, 295; zum Ganzen: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. September 2013 – 10 S 1345/13 –, UPR 2014, 33).

44

Danach können Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden im Sinne des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alternative 1 KrWG insbesondere dann bestehen, wenn die zuständige Behörde den Anzeigenden auf die Unvollständigkeit seiner Angaben hinweist und um eine Ergänzung bittet, dieser daraufhin jedoch nicht reagiert oder die nachgefragte Information sogar ausdrücklich verweigert. Dies setzt allerdings voraus, dass die von der Behörde geforderten Nachweise und Darlegungen nach § 18 Abs. 2 KrWG erforderlich sind (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. September 2013 – 10 S 1345/13 –, UPR 2014, 33).

45

a) Soweit die Beklagte den fehlenden Nachweis der Gewerbeanmeldung und den fehlenden Nachweis des Einverständnisses des Grundstückseigentümers, auf dessen Grundstück die Sammlung stattfindet, beanstandet, vermag dies die Untersagungsverfügung nicht zu stützen, weil derartige Nachweise bzw. Darlegungen nach § 18 Abs. 2 KrWG nicht erforderlich sind.

46

Dem Wortlaut des § 18 Abs. 2 KrWG ist nicht zu entnehmen, dass der Anzeige eine aktuelle personenbezogene Auskunft aus dem Gewerbezentralregister über die Betriebsinhaber und jeden Geschäftsführer der Firma bzw. eine aktuelle firmenbezogene Auskunft aus dem Gewerbezentralregister beizufügen sind. Der Katalog des § 18 Abs. 2 KrWG nennt derartige Unterlagen nicht. Auch der Umstand, dass ohne diese Nachweise die Zuverlässigkeit des Antragstellers eventuell nicht abschließend geprüft werden kann, rechtfertigt keine beliebige behördliche Erweiterung der gesetzlichen Anzeigepflichten. Der Gesetzgeber hat mit § 18 Abs. 1 und 2 KrWG – im Unterschied zu § 54 KrWG für gefährliche Abfälle – kein umfassendes Genehmigungsverfahren geschaffen, sondern lediglich eine Verpflichtung zur Anmeldung der Aufnahme der beabsichtigten Sammlungstätigkeit begründet. Die Vorschrift darf daher nicht so gehandhabt werden, als handele es sich um ein präventives Erlaubnisverfahren, in dem die Zuverlässigkeit oder die Fach- und Sachkunde der tätig werdenden Personen vorab nachzuweisen wären. Ein solches Verfahren sieht das Kreislaufwirtschaftsgesetz nur für Sammler, Beförderer, Händler und Makler gefährlicher Abfälle vor (§ 54 KrWG). Bei anderen Abfällen – wie hier – begründet der dann einschlägige § 53 KrWG lediglich eine Anzeigepflicht bei der zuständigen Behörde am Hauptsitz des Anzeigenden (§ 53 Abs. 1 Satz 3 KrWG). Im Rahmen der Prüfung einer solchen Anzeige kann diese Behörde die Vorlage von Unterlagen über den Nachweis der Zuverlässigkeit verlangen (§ 53 Abs. 3 Satz 2 KrWG). Aus dem Fehlen einer entsprechenden Regelung in § 18 Abs. 2 KrWG kann daher gefolgert werden, dass gegenüber der nach dieser Vorschrift zuständigen Abfallbehörde am Sammelort derartige Nachweise nicht mit der Anzeige beigebracht werden müssen; der Anzeigende ist mithin nicht gehalten, in sämtlichen Kommunen im Bundesgebiet jedes Mal, wenn er in deren Zuständigkeitsbereich eine einzelne Sammlung durchführen will, Nachweise für seine Zuverlässigkeit vorzulegen. Vielmehr ist es ausreichend, wenn er dem vor Aufnahme seiner abfallwirtschaftlichen Tätigkeit bei der zuständigen Behörde an seinem Hauptsitz nachkommt; die Abfallbehörde am Sammelort kann gegebenenfalls bei dieser Behörde die erforderlichen Erkundigungen einziehen (OVG Lüneburg, Beschluss vom 15. August 2013 – 7 ME 62/13 –, NVwZ-RR 2013, 957; zum Ganzen wörtlich: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. September 2013 – 10 S 1345/13 –, UPR 2014, 33).

47

Dementsprechend hat die Beklagte vorliegend die Anzeigepflichten gemäß § 18 Abs. 2 KrWG mit Blick auf den geforderten Nachweis der Gewerbeanmeldung überdehnt. Auch hat die Beklagte nicht dargetan, aus welchen sonstigen Umständen sich unabhängig von der Nichterfüllung der Anzeigepflichten Bedenken gegen die Zuverlässigkeit der Klägerin ergeben. Selbst wenn aber konkrete Zweifel an deren Zuverlässigkeit Anlass zu weiteren Nachforschungen geben sollten, hätte die Beklagte die Auskunft ohne Weiteres selbst – im Rahmen der Amtsermittlung – einholen können. Die Berechtigung der Behörde zur Einholung von Auskünften aus dem Gewerbezentralregister folgt aus § 150 a Abs. 1 Nr. 2 b i.V.m. § 149 Abs. 2 Nr. 1 b GewO. Auch nach § 9 HandelsgesetzbuchHGB – bedarf die Einsichtnahme in das Handelsregister nicht der Mitwirkung der Klägerin. Insoweit hätten der Beklagten bezüglich dieses Nachweises weit mildere Mittel zur Verfügung gestanden, sodass eine hierauf gestützte Untersagung jedenfalls auch unverhältnismäßig ist (vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. September 2013 – 10 S 1345/13 –, UPR 2014, 33).

48

b) Auch die Forderung, die bestehende privatrechtliche Vereinbarung mit den jeweiligen Grundstückseigentümern, auf deren Grundstück die Sammelcontainer aufgestellt sind, nachzuweisen, ist von § 18 Abs. 2 KrWG nicht gedeckt.

49

Der Wortlaut der Vorschrift des § 18 Abs. 2 KrWG gebietet ausdrücklich weder eine Verpflichtung des gewerblichen Sammlers, Containerstandortlisten mit genauen Adressen vorzulegen, noch eine Verpflichtung, Pachtverträge, Sondernutzungserlaubnisse oder Einverständniserklärungen zum Aufstellen der Sammelcontainer zu übersenden (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. September 2013 – 10 S 1345/13 –, UPR 2014, 33).

50

Die Vorlage der genannten Nachweise ist auch nicht erforderlich, um im Sinne von § 18 Abs. 2 Nr. 2 KrWG Art, Ausmaß, Dauer und Umfang der Sammlung feststellen zu können. Wenn § 18 Abs. 2 Nr. 2 KrWG von dem gewerblichen Sammler Angaben über Art, Ausmaß und Dauer, insbesondere über den größtmöglichen Umfang und die Mindestdauer der Sammlung verlangt, bedeutet dies, dass der Sammler den Gegenstand der Sammlung (was soll gesammelt werden?), den räumlichen Umfang der Sammlung (wo im Landkreisgebiet bzw. Stadtgebiet soll gesammelt werden?), den zeitlichen Umfang der Sammlung (wann, wie oft und wie lange soll gesammelt werden und welche Mindestdauer ist geplant?) und die Art der Durchführung der Sammlung (wird im Hol- oder Bringsystem, in Eigenregie oder durch einen Dritten gesammelt?) darzulegen hat. Um das Ausmaß der Sammlung ermitteln zu können, dürfte es auch nicht zu beanstanden sein, wenn die zuständige Behörde die Anzahl und die Größe der Container und ihre Verteilung auf die Gemeindegebiete abfragt. Die Befragung nach genau bezeichneten Stellplätzen oder danach, ob der Sammler über die erforderlichen straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnisse sowie die privatrechtlichen Einverständniserklärungen und Verträge für die einzelnen Stellflächen verfügt, findet aber keine Rechtsgrundlage in § 18 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 KrWG (ebenso VG Augsburg, Urteil vom 27. Februar 2013 – Au 6 K 12.1415 – juris; VG Würzburg, Beschluss vom 16. Oktober 2012 – W 4 S 12.833 –, juris; zum Ganzen wörtlich: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. September 2013 – 10 S 1345/13 –, UPR 2014, 33).

51

Soweit die Beklagte einwendet, die privatrechtliche Einverständniserklärung würde benötigt, um sicherzustellen, dass die Verwertung von Abfällen ordnungsgemäß und schadlos im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG erfolge, überzeugt dies nicht. Nach § 18 Abs. 2 Nr. 5 KrWG sind der Anzeige einer gewerblichen Sammlung u.a. Unterlagen beizufügen, die nachweisen, wie die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle im Rahmen der Verwertungswege gewährleistet wird. § 18 Abs. 2 Nr. 5 KrWG dient – wie die Bezugnahme auf Nummer 4 zeigt – mithin in erster Linie der transparenten und nachvollziehbaren Offenlegung der Verwertungswege. Im Übrigen dürften die geforderten Angaben zur Prüfung der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung nicht erforderlich sein (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. September 2013 – 10 S 1345/13 –, UPR 2014, 33). Nach § 7 Abs. 3 KrWG erfolgt die Verwertung ordnungsgemäß, wenn sie im Einklang mit den Vorschriften dieses Gesetzes und anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften steht. Sie erfolgt schadlos, wenn nach der Beschaffenheit der Abfälle, dem Ausmaß der Verunreinigungen und der Art der Verwertung Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit nicht zu erwarten sind, insbesondere keine Schadstoffanreicherung im Wertstoffkreislauf erfolgt. Unter Berücksichtigung dessen kann die Kammer nicht erkennen, welche Bedeutung die Vorlage von Pachtverträgen, Sondernutzungserlaubnissen oder Einverständniserklärungen für die Frage haben soll, ob die Verwertung der Abfälle ordnungsgemäß und schadlos erfolgt.

52

c) Die Beklagte kann schließlich eine Unzuverlässigkeit der Klägerin wegen (vermeintlich) fehlerhafter Anzeige auch nicht damit begründen, das von der Klägerin vorgelegte Zertifikat sei am 7. Mai 2014 abgelaufen und ein aktuelles Zertifikat sei nicht vorgelegt worden sei, ferner habe die Klägerin zu der Frage, wie mit Restabfällen (sog. Fehlwürfen) verfahren werde, nicht Stellung bezogen. Eine Verletzung der Anzeigepflicht durch die Klägerin ist diesbezüglich nicht zu erkennen.

53

Zum einen hat die Klägerin im Laufe des Verfahrens ein aktuelles, bis zum 17. Mai 2016 gültiges Zertifikat des TÜV Thüringen vorgelegt, laut dem der Betrieb der Klägerin als Entsorgungsfachbetrieb gemäß der Entsorgungsfachbetriebeverordnung anerkannt ist. Insofern kann das Gericht die Frage dahinstehen lassen, ob die Vorlage eines solchen Zertifikates überhaupt zu den erforderlichen Angaben im Sinne des § 18 Abs. 2 KrWG gehört.

54

Zum anderen ist die Auffassung des Stadtrechtsausschusses in Bezug auf die die (vermeintlich) fehlenden Angaben der Klägerin bezüglich des Umgangs mit sog. Fehlwürfen für die Kammer nicht überzeugend. Nach den Ausführungen im Widerspruchsbescheid sei angesichts der Anzeige der Klägerin nicht klar, wie mit Restabfällen verfahren werde, die mit der reinen Erfassungsmenge der Alttextilien vermischt seien. Der Nachweis einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung sei jedoch nicht nur in Bezug auf die reine Erfassungsmenge, sondern darüber hinaus auch für unerwünschte Restabfälle (Fehlwürfe) zu erbringen. Im Folgenden erklärt der Stadtrechtsausschuss jedoch zutreffend, dass die Klägerin dargelegt habe, die bei ihr anfallenden Restabfälle (im Umfang von ca. 15 % der Gesamtsammelmenge) würden durch den kommunalen Entsorgungsträger AHA (Region Hannover) einer energetischen Verwertung zugeführt. Diese Angaben seien jedoch aus Sicht der Widerspruchsbehörde deshalb unzureichend, da nicht ersichtlich sei, „in welchem Verhältnis die einzelnen Fraktionen anfallen bzw. üblicherweise anfallen (tatsächlicher Anteil der Wiederverwertung, Verarbeitung, Entsorgung)“. Sofern der Stadtrechtsausschuss hiermit auf die Gesamtsammelmenge der Klägerin rekurriert, liegen entsprechende Angaben der Klägerin vor. Soweit der Stadtrechtsausschuss allerdings eine anteilige Aufschlüsselung der Fehlwürfe erwartet, kann dies von der Klägerin nicht verlangt werden. Diese hat angegeben, dass sie Fehlwürfe in einem Umfang von ca. 15 % der Gesamtsammelmenge zu verzeichnen habe. Die Fehlwürfe würden aussortiert und anschließend dem kommunalen Entsorgungsträger (AHA) zwecks energetischer Verwertung überlassen. Inwieweit dieser wiederum den ihm als „Fehlwürfe“ von Seiten der Klägerin überlassenen Abfall entsprechend der Pflichten nach dem KrWG wiederverwendet, recycelt, verwertet oder beseitigt, ist von Seiten der Klägerin nicht dezidiert darzulegen. Insoweit ist zu beachten, dass die zuständige Behörde gleichsam keine überhöhten Anforderungen an die Darlegungen nach § 18 Abs. 2 KrWG stellen darf (Karpenstein/Dingemann in: Jarass/Petersen, Kreislaufwirtschaftsgesetz, 2014, § 18 Rn. 45 m.w.N.). Dies wäre aber der Fall, müsste die Klägerin vorliegend auch darlegen, wie der kommunale Entsorgungsträger die ihm von ihr überlassenen Abfälle im Einzelnen quotenmäßig verwertet. Dies dürfte bereits deshalb kaum zu bewältigen sein, weil es sich bei Fehlwürfen naturgemäß um unterschiedlichste Abfallfraktionen handeln kann, die sich obendrein nicht vorhersehen lassen (da es sich gerade um „Fehl“-Würfe handelt), sodass generelle Aussagen zur Wiederverwendbarkeit, Recycelbarkeit und Verwertbarkeit nur schwerlich getroffen werden können. Im Übrigen aber fällt die Entscheidung des Umgangs mit den überlassenen Fehlwürfen in den Aufgabenbereich des kommunalen Entsorgungsträgers. Dafür, dass dieser seinen Pflichten nach dem KrWG nicht nachkommt, bestehen indes keinerlei Anhaltspunkte. Insofern genügt die Klägerin ihrer Anzeigepflicht jedenfalls dadurch, dass sie anzeigt, die bei ihr anfallenden Fehlwürfe über den kommunalen Entsorgungsträger einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zuzuführen.

55

d) Selbst wenn man indes – entgegen der Auffassung der Kammer – von fehlenden Angaben der Klägerin ausgehen würde, wäre die Untersagungsverfügung damit vorliegend nicht rechtmäßig.

56

Bei einer unzureichenden Anzeige – wie sie die Beklagte vorliegend annimmt – lässt sich nicht abschließend feststellen, dass die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle nur durch ihre Untersagung gewährleistet werden kann. Angesichts dessen kann die Unvollständigkeit der Angaben zur ordnungsgemäßen Verwertung nicht mit deren Nichtvorliegen gleichgesetzt werden. Insoweit ist die Betroffenheit des Unternehmers durch eine Beeinträchtigung seines Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG und gegebenenfalls Art. 14 GG zu berücksichtigen (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschlüsse vom 9. Juli 2014 – 8 B 10427/14.OVG – und vom 9. Oktober 2013 – 8 B 10791/13.OVG –, NVwZ-RR 2014, 135; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19. Juli 2013 – 20 B 607/13 –, juris; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 16. Januar 2014 – 10 S 2273/13 –, UPR 2014, 235; Beckmann in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 74. EL 2014, § 18 KrWG, Rn. 22).

57

Daraus folgt: Bevor die Behörde von der Unzuverlässigkeit des Betroffenen wegen Nichterfüllung seiner Anzeigepflichten ausgehen darf, hat sie mildere Mittel zu ergreifen, um auf die Erfüllung der Anzeigepflichten hinzuwirken. Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kommt deshalb der behördlichen Durchsetzung der Anzeigepflicht grundsätzlich Vorrang gegenüber der sofortigen Untersagung der Sammlung zu. Die Rechtsgrundlage hierfür findet sich in § 62 i.V.m. § 18 Abs. 2 KrWG. Danach kann die zuständige Behörde die erforderlichen Anordnungen zur Durchführung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes, also auch des § 18 Abs. 2 KrWG, treffen. Um einer entsprechenden Anordnung Nachdruck zu verleihen, kann die Behörde ein Zwangsgeld mit dem Verwaltungsakt androhen (§ 64, 66 Landesverwaltungsvollstreckungsgesetz – LVwVG –), das nach einer erfolglosen Festsetzung beigetrieben werden kann. Als Beugemittel kann ein Zwangsgeld auch mehrfach angedroht und ggf. festgesetzt werden, um den Betroffenen zur Erfüllung seiner Handlungspflicht(en) zu bewegen (VGH Baden-Württemberg vom 20. September 2005 – 10 S 971/05 –, VBlBW 2006, 32; zum Ganzen wörtlich: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. September 2013 – 10 S 1345/13 –, UPR 2014, 33).

58

Dies hat die Beklagte vorliegend nicht ausreichend beachtet. Nachdem die Beklagte im Ausgangsbescheid die Klägerin zur Ergänzung ihrer Anzeige aufgefordert hatte und diese der Aufforderung nachkam, entschied die Beklagte im Ausgangsbescheid auf der Grundlage der aus ihrer Sicht nun vervollständigten Angaben im Sinne des § 18 Abs. 2 KrWG. Folgerichtig stützte die Beklagte die Untersagungsverfügung vom 9. April 2013 nicht auf das Fehlen etwaiger Nachweise im Sinne des § 18 Abs. 2 KrWG. Erst der Stadtrechtsausschuss beanstandete im Rahmen seiner Begründung des Widerspruchsbescheids weitere fehlende Angaben im Anzeigeverfahren. Bevor jedoch in diesem neuerlichen Verfahrensstadium eine Untersagungsverfügung auf fehlende Angaben im Rahmen des Anzeigeverfahrens hätte gestützt werden können, hätte der Stadtrechtsausschuss seinerseits auf die – aus seiner Sicht fehlenden – Nachweise hinweisen und entsprechend auf die Vervollständigung der Angaben durch die Klägerin hinwirken müssen. Dies muss vorliegend umso mehr gelten, als sich die Klägerin bereits gegenüber der Ausgangsbehörde kooperativ zeigte und deren formloser Aufforderung zur Vervollständigung der Anzeige beanstandungsfrei nachkam. Insofern wäre es auch Sache des Stadtrechtsausschusses gewesen, vor einer Untersagung der Sammlung aufgrund fehlender Darlegungen im Sinne des § 18 Abs. 2 KrWG auf die Komplettierung der Angaben hinzuwirken; zumal die Klägerin angesichts der vorangehenden Entscheidung der Ausgangsbehörde davon ausgehen durfte, dass sie, nachdem sie deren Aufforderung zur Vervollständigung der Angaben nachgekommen war, ihrer Anzeigepflicht genüge getan hat. Auch der Stadtrechtsausschuss hat insoweit den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren. Die umgehende Untersagung der Sammlung – wie sie der Stadtrechtsausschuss hier vorgenommen hat – durfte demgemäß nicht erfolgen.

59

2.2. Entgegen der Auffassung der Beklagten kann die Untersagungsverfügung auch nicht auf § 18 Abs. 5 Satz 2 Alternative 2 KrWG gestützt werden. Danach ist die Sammlung zu untersagen, wenn die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 oder Nr. 4 KrWG genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist.

60

Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG besteht eine Überlassungspflicht an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nicht für Abfälle, die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, es sei denn, überwiegende öffentliche Interessen stünden der Sammlung entgegen. Gemäß § 17 Abs. 3 KrWG stehen einer gewerblichen Sammlung überwiegende öffentliche Interessen nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des aufgrund einer Rechtsverordnung nach § 25 KrWG eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung seiner Pflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird (§ 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG). Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt (§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1) oder die Stabilität der Gebühren gefährdet wird (§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG) oder die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird (§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG). Gemäß § 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG sollen die Bestimmungen des Satzes 3 Nrn. 1 und 2 nicht gelten, wenn die vom gewerblichen Sammler angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle wesentlich leistungsfähiger ist als die von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder dem von ihm beauftragten Dritten bereits angebotene oder konkret geplante Leistung.

61

2.2.1. Diese „Regelungskaskade“ steht entgegen der Zweifel der Klägerin nach Auffassung der Kammer mit Europarecht in Einklang, bedarf dazu aber einer europarechtskonformen Auslegung und Anwendung.

62

Zwar stellen gesetzliche Überlassungspflichten im Abfallrecht Beschränkungen der Warenverkehrsfreiheit (Art. 28 ff. des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union – AEUV –) und der Wettbewerbsfreiheit (Art. 101 ff. AEUV) dar (so ausdrücklich auch die Gesetzesbegründung zu § 17 KrWG, BT-Drucksache 17/6052, Seite 85). Diese sind jedoch grundsätzlich europarechtlich gerechtfertigt. Dabei kann allerdings bei getrennt gesammelten Abfällen zur Verwertung aus privaten Haushaltungen nicht auf das sekundäre EU-Recht (Abfallrahmenrichtlinie, Abfallverbringungsverordnung) zurückgegriffen werden, weil dieses Recht insoweit nicht anwendbar ist (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, DVBl 2013, 1537; VG Hamburg, Urteil vom 9. August 2012 – 4 K 1905/10 –, ZUR 2013, 43, 44 f.). Die Rechtfertigung ergibt sich jedoch aus Art. 106 Abs. 2 AEUV. Denn bei der Entsorgung von Abfällen aus privaten Haushaltungen handelt es sich um eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Sinne der genannten Norm. Die mitgliedstaatliche gesetzliche Zuweisung von zur Verwertung bestimmten Abfallfraktionen aus privaten Haushaltungen an die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (§ 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG) ist mithin dem Grunde nach durch Art. 106 Abs. 2 AEUV gedeckt. Diese Beschränkung der Warenverkehrsfreiheit und der Wettbewerbsfreiheit nach Art. 106 Abs. 2 AEUV ist allerdings nur gerechtfertigt, soweit die Abfallentsorgung ohne monopolartige öffentlich-rechtliche Entsorgungsstrukturen rechtlich oder tatsächlich „verhindert“ würde. Dafür ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zwar eine Existenzgefährdung des mit der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betrauten Aufgabenträgers nicht notwendig. Es genügt vielmehr, dass ohne die Exklusivrechte die Erfüllung der dem Unternehmen übertragenen Aufgaben gefährdet wäre oder dass jene Rechte erforderlich sind, um ihrem Inhaber die Erfüllung seiner Aufgaben zu wirtschaftlich annehmbaren Bedingungen zu ermöglichen; bloße Zweckmäßigkeitserwägungen können dagegen die Schaffung von Monopolstrukturen nicht rechtfertigen (vgl. EuGH, Urteil vom 17. Mai 2001 - Rs. C-340/99 -, Slg. 2001, I-4109; Urteil vom 15. November 2007 - Rs. C-162/06 -, Slg. 2007, I-9911).

63

Diesen europarechtlichen Anforderungen wird § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG dadurch gerecht, dass „überwiegende öffentliche Interessen“ nach § 17 Abs. 3 KrWG in Anlehnung an die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu Art. 106 Abs. 2 AEUV konkretisiert werden. Darauf weist die Gesetzesbegründung ausdrücklich hin und betont, nach der Kollisionsklausel des § 17 Abs. 3 KrWG, für deren Auslegung „primär die Rechtsprechung des EuGH zu Artikel 106 Absatz 2 AEUV heranzuziehen“ sei, hätten öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger, Drittbeauftragte und Rücknahmesysteme „zwar Beeinträchtigungen hinzunehmen, ihre Funktionsfähigkeit muss jedoch gewahrt bleiben“ (BT-Drucksache 17/6052, Seite 87). Die Kammer hat daher – in Übereinstimmung mit dem VGH Baden-Württemberg (Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, DVBl 2013, 1537) keinen Zweifel daran, dass dieses Verständnis des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 KrWG den Vorgaben des Art. 106 Abs. 2 AEUV in der Auslegung des Europäischen Gerichtshofs gerecht wird. Folglich steht die Normgeltung auch insoweit außer Frage.

64

Der „soweit“-Satz in Art. 106 Abs. 2 AEUV ist rechtsnormativer Ausdruck des Gebots der „Erforderlichkeit“ (Wernicke in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Stand Januar 2015, Art. 106 AEUV Rn. 63 und Rn. 72). Seine Anwendung auf dem Gebiet der Abfallentsorgung ist geklärt (s. z.B. EuGH, Urteil vom 25. Juni 1998 - Rs. C-203/96 - Slg. 1998, I-4075). Eine Beschränkung der Warenverkehrsfreiheit und der Wettbewerbsfreiheit ist rechtlich nur zulässig, soweit es dem Inhaber eines ausschließlichen Rechts ermöglicht werden muss, seine im Allgemeininteresse liegende Aufgabe unter wirtschaftlich tragbaren Bedingungen zu erfüllen; eingeschlossen ist darin die Möglichkeit eines Ausgleichs zwischen den rentablen und den weniger rentablen Tätigkeitsbereichen (s. z.B. EuGH, Urteil vom 25. Oktober 2001 - Rs. C-475/99 - Slg. 2001, I-8089). Bedeutsam ist das Gebot der “Erforderlichkeit” bei trennbaren Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse. Steht ein milderes Mittel zur Gewährleistung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsstrukturen zur Verfügung, sind Monopolstrukturen im Entsorgungsbereich insoweit nicht erforderlich (Petersen, NVwZ 2009, 1063, 1070; Petersen/Doumet/Stöhr, NVwZ 2012, 521, 526). Maßgebend ist die Beurteilung im Einzelfall (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, DVBl 2013, 1537).

65

Auch vor diesem europarechtlichen Hintergrund hat die Kammer keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit und Wirksamkeit des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 KrWG. Die gesetzliche Regelung nimmt keine europarechtswidrige (vgl. dazu Petersen, NVwZ 2009, 1063, 1070; Suhl, AbfallR 2012, 201, 212 f.) pauschale Zuordnung der getrennt erfassten Abfälle zur Verwertung aus privaten Haushaltungen an die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger vor. Ausdrücklich betont die Gesetzesbegründung, die Einräumung exklusiver Rechte für jene Aufgabenträger stehe unter dem Vorbehalt der „Erforderlichkeit“; daher komme den Ausnahmetatbeständen, insbesondere der gewerblichen Sammlung (§ 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG), eine wichtige Funktion zu, weil der vom Gesetz eingeräumten Möglichkeit gewerblicher Sammlungen im Bereich der Hausmüllentsorgung der Warenverkehrs- und Wettbewerbsfreiheit der notwendige Raum gegeben und dadurch die Verhältnismäßigkeit der Überlassungspflichten sichergestellt werde (BT-Drucksache 17/6052, Seite 85 f.). Daraus wird deutlich, dass die grundsätzliche Zuständigkeit öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger für getrennt gesammelte Abfallfraktionen deshalb europarechtskonform ist, weil auch gewerbliche Sammlungen nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG zugelassen werden können (Petersen/Doumet/Stöhr, NVwZ 2012, 521, 526; zum Ganzen ausdrücklich: Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, DVBl 2013, 1537). Insofern stehen die §§ 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 KrWG im Dienste des Art. 106 Abs. 2 AEUV. Die Vorschriften verfolgen also das Ziel, die praktische Wirksamkeit des EU-Rechts zu bewerkstelligen. Dazu trägt auch die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast bei; im Rahmen des Art. 106 Abs. 2 AEUV obliegt dem Mitgliedstaat bzw. dem Aufgabenträger, der sich zu seinen Gunsten auf diese Bestimmung beruft, der Nachweis für das Vorliegen der Privilegierungsvoraussetzungen (EuGH, Urteil vom 17. Mai 2001 - Rs. C-340/99 - Slg. 2001, I-4109). Diese verfahrensrechtliche Vorkehrung trägt zur europarechtskonformen Anwendung des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 KrWG bei, so dass auch von daher an der Normgeltung ernsthafte Zweifel nicht bestehen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, DVBl 2013, 1537).

66

Zudem lässt sich der Gesetzesbegründung entnehmen, dass mit Hilfe der Kollisionsklauseln der §§ 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 KrWG die einer gewerblichen Sammlung im Einzelfall entgegenstehenden öffentlichen Interessen bestimmt und im Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH abgewogen werden sollen (vgl. BT-Drucksache 17/6042, Seite 87). Entsprechend wird man bei der Auslegung und Anwendung der Vorschriften den Einfluss des Europarechts zu berücksichtigen haben. Inwieweit aber eine – über eine am Wortlaut bzw. Wortsinn orientierte – europarechtskonforme Auslegung geboten ist, wird in Rechtsprechung und Literatur kontrovers diskutiert. Nach Auffassung der Kammer lässt sich diese Rechtsfrage – ungeachtet der generellen Feststellung der europarechtlichen Determination der Vorschriften – nur unter konkreter Bezugnahme auf die einschlägige Variante des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG bzw. den in Rede stehenden Tatbestand des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG (i.V.m. § 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG) und unter Berücksichtigung der Prämisse beantworten, ob es dem Gesetzgeber gelungen ist, die „überwiegenden öffentlichen Interessen“ hinreichend konkret und auf das erforderliche Maß beschränkt zu definieren und damit den europarechtlichen Vorgaben hinreichend zur Geltung zu verhelfen.

67

2.2.2. Die Untersagungsverfügung muss auch der in § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG normierten Rechtmäßigkeitsanforderung der „Erforderlichkeit“ genügen.

68

Dazu hat der VGH Baden-Württemberg in seinem zitierten Beschluss vom 9. September 2013 zutreffend ausgeführt:

69

„Eine Untersagungsverfügung darf nach § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG nur erlassen werden, wenn die Einhaltung der Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG „anders nicht zu gewährleisten ist“. Diese gesetzliche Vorgabe stellt eine Konkretisierung des Übermaßverbots (Grundsatz der Verhältnismäßigkeit i. w. S.) dar (NdsOVG, a. a. O., S. 221). Die Untersagung, d.h. ein vollständiges Verbot einer gewerblichen Sammlung stellt im Vergleich mit anderen Reglementierungen (…) den intensivsten Eingriff in die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) eines gewerblichen Sammlers dar und kommt daher bereits aus verfassungsrechtlichen Gründen nur als ultima ratio in Betracht (NdsOVG, a.a.O., S. 221; OVG NRW, Beschl. v. 19.07.2013 - 20 B 122/13 - juris RdNr. 18; VG Würzburg, a. a. O., RdNr. 47; Dippel in: Schink/Versteyl, a. a. O., § 18 RdNr. 24). Dies setzt voraus, dass die Untersagungsverfügung im konkreten Fall die einzige geeignete Maßnahme zur Einhaltung der Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG ist (OVG Hamburg, a. a. O., RdNr. 12). Die Beachtung dieser Anforderungen stellt § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG dadurch sicher, dass die zuständige Behörde zu einer entsprechenden Prüfung verpflichtet ist (Schomerus, in: Ver-steyl/Mann/Schomerus, a. a. O., § 18 RdNr. 16).

70

In der Sache nimmt die Formulierung „anders nicht zu gewährleisten“ – wie schon die Gesetzessystematik nahelegt – die in § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG genannten behördlichen Befugnisse in Bezug, weil deren Ausübung die Berufsfreiheit des gewerblichen Sammlers weniger belasten würde als ein vollständiges Verbot (OVG Hamburg, a. a. O., RdNr. 12; Dippel in: Schink/Versteyl, a. a. O., § 18 RdNr. 24). Trifft das im konkreten Fall zu, steht ein milderes Mittel zur Sicherung der Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG zur Verfügung, so dass durch ein behördliches Vorgehen nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG dem durch § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG angeordneten „Interventionsminimum“ (Gebot des schonendsten Eingriffs) Rechnung zu tragen ist (NdsOVG, a. a. O., S. 221; VG Würzburg, a. a. O., RdNr. 48). ….

71

Nach diesem System abgestufter Eingriffsbefugnisse muss die zuständige Behörde im konkreten Fall darlegen, warum an Stelle des Verbots nicht eine mildere Maßnahme zur Sicherung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers (bzw. des von diesem beauftragten Dritten) in Betracht kommt (NdsOVG, a. a. O., S. 221; VG Würzburg, a. a. O., RdNr. 49). Durchzuführen ist stets eine zweistufige Prüfung: Zunächst ist der Erlass von Maßnahmen nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG zwecks Sicherstellung der Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG zu prüfen; kommt ein milderes Mittel im konkreten Fall nicht in Betracht, ist eine Untersagung der gewerblichen Sammlung zu prüfen (Schwind in: v. Lersner/Wenden-burg/Versteyl, a. a. O., § 18 KrWG RdNr. 64; Schomerus in: Versteyl/Mann/Schomerus, a. a. O., § 18 RdNr. 16; eingeräumt auch von Dageförde/Thärichen, AbfallR 2013, 125, 136, mit der – hier nicht gegebenen – Einschränkung des absoluten Schutzes des Ausschreibungswettbewerbs nach § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG). Der zuständigen Behörde ist es folglich versagt, sogleich zur Untersagungsverfügung zu greifen, ohne zuvor den Erlass milderer Maßnahmen nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG ausgelotet zu haben.

72

§ 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG normiert, anders als § 62 KrWG, eine gebundene Verwaltungsentscheidung. Wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage erfüllt sind, muss die zuständige Behörde eine Untersagung der gewerblichen Sammlung vornehmen; Ermessen räumt das Gesetz der Behörde nicht ein. Im Regelungsgefüge des § 18 Abs. 5 KrWG fungiert Satz 2 allerdings als ultima ratio; das Verbot einer angezeigten Sammlung kommt nur in Betracht, wenn die Einhaltung bestimmter gesetzlicher Vorgaben „anders nicht zu gewährleisten ist“, d. h. Maßnahmen nach Satz 1 des § 18 Abs. 5 KrWG insbesondere die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG nicht sicherzustellen vermögen.“

73

2.2.3. Diesen Anforderungen werden die Untersagungsverfügung vom 9. April 2013 und der Widerspruchsbescheid vom 13. November 2014 nicht hinreichend gerecht. Die Beklagte hat weder die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Untersagung nach § 18 Abs. 5 Satz 2 i. V. m. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 Satz 3 Nrn. 1 und 2 KrWG hinreichend dargelegt (a.) noch sich in gebotener Weise damit auseinandergesetzt, ob an Stelle des Verbots der gewerblichen Sammlungen nicht eine mildere Maßnahme zur Sicherung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers in Betracht kommt (b.).

74

a. Die Kammer kann mit Blick auf die Ausführungen der Beklagten überwiegende öffentliche Interessen, die der Sammlung der Klägerin entgegenstehen könnten, nicht erkennen.

75

aa. Zunächst braucht nicht näher geprüft zu werden, ob die Beklagte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung von Abfällen durchführt (s. § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG). Jedenfalls muss auch bei Vorliegen einer hochwertigen Erfassung und Verwertung von Abfällen immer berücksichtigt werden, dass eine wesentliche Beeinträchtigung von Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers vorliegen muss (OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 9. Oktober 2013 – 8 B 10791/13.OVG –, NVwZ-RR 2014, 135). Wegen der europarechtlichen Vorgaben ist das Vorliegen einer Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG durch eine gewerbliche Sammlung von Abfällen aus privaten Haushaltungen auf konkrete, nachprüfbare Tatsachen zu stützen (vgl. Karpenstein/Dingemann in: Jarass/Petersen, a.a.O., § 17, Rn. 160 m.w.N.); die für den Erlass einer Untersagungsverfügung zuständige Behörde trägt insoweit die Darlegungslast (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 9. Oktober 2013 – 8 B 10783/13.OVG –, NVwZ-RR 2014, 135 m.w.N.; VG Neustadt, Urteil vom 7. April 2014 – 4 K 717/13.NW –, juris). An den Nachweis der Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers sind hohe Anforderungen zu stellen. Bloße Hypothesen oder Mutmaßungen sind insofern nicht ausreichend. Das Vorbringen der Beklagten wird diesen Anforderungen aus mehreren Gründen – die nachstehend in Anbetracht der jeweiligen Alternative des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG näher ausgeführt werden – nicht gerecht. Zu diesem Ergebnis kommt die Kammer sowohl mit Blick auf § 17 Abs. 3 Satz 2 Alternative 1 KrWG als auch mit Blick auf § 17 Abs. 3 Satz 2 Alternative 2 KrWG i.V.m. § 17 Abs. 3 Satz 3 Nrn. 1 und 2 KrWG.

76

Nach § 17 Abs. 3 Satz 2 Alternative 1 KrWG ist eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert wird. Dabei ist zu betonen, dass die gewerbliche Sammlung zu einer „Verhinderung“ der Aufgabenerfüllung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen führen muss; eine bloße Beeinträchtigung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist demgegenüber nicht ausreichend und demzufolge hinzunehmen. Dies folgt sowohl aus dem Wortlaut als auch der Systematik der Vorschrift (Karpenstein/Dingemann in: Jarass/Petersen, a.a.O., § 17 Rn. 164). Bezugspunkt der Prüfung sind dabei die gesamten den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nach § 20 KrWG treffenden Entsorgungspflichten. Es kommt nicht darauf an, ob der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bei Durchführung der gewerblichen Sammlung seine Entsorgungspflichten im Hinblick auf die konkrete Abfallfraktion zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen erfüllen kann (vgl. Karpenstein/Dingemann in: Jarass/Petersen, a.a.O. § 17 Rn. 164). Derartige Auswirkungen der gewerblichen Sammlung der Klägerin konnte die Beklagte nicht hinreichend darlegen; ihr Vortrag wird den besagten hohen Anforderungen an einen entsprechenden Nachweis nicht gerecht.

77

In ihrem Widerspruchsbescheid (der Ausgangsbescheid nimmt auf § 17 Abs. 3 Satz 2 Alternative 1 KrWG nicht Bezug) führt die Beklagte lediglich Behauptungen an, die sie nicht anhand von Tatsachen bzw. belastbarer Zahlen belegt. So gibt die Beklagte an, angesichts einer abgeschöpften Gesamtmenge an Altkleidern und -schuhen von 1.483,79 Tonnen (dabei ermittelt sie diese Gesamtmenge aus der Summe „aller angezeigten Altkleidersammlungen“) drohe die Schließung der Wertstoffhöfe, da durch die Konkurrenz gewerblicher Sammler deren hinreichende Auslastung nicht mehr sichergestellt sei. Diese Ausführungen sind bereits insoweit unzureichend, als für das Gericht nicht ersichtlich ist, inwieweit die Wertstoffhöfe bislang ausgelastet sind und welchen Anteil die Abfallfraktionen „Altkleider und -schuhe“ bei dieser Auslastung einnehmen. Entsprechend können auch die Folgen eines Wegfalls dieser Fraktionen nicht abgeschätzt werden. Im Übrigen bezweifelt die Kammer auch, dass diesen Abfallfraktionen mit Blick auf die Gesamtauslastung der Wertstoffhöfe ein derart tragendes Gewicht zukommt, wie es die Beklagte behauptet.

78

Weiterhin beruft sich die Beklagte darauf, durch die Abschöpfung der Altkleider und -schuhe durch die Vielzahl der gewerblichen Sammler sei das flächendeckend eingerichtete Holsystem nicht mehr rentabel und müsste demzufolge wieder aufgegeben werden. Auch diese Thesen werden von Seiten der Beklagten nicht belegt. Zudem liegt dieser Argumentation der Beklagten offenbar die – rechtlich irrelevante – Erwartungshaltung zugrunde, dass das von ihr zum 1. Januar 2013 eingerichtete Holsystem rentabel sein müsse. Zwar mag die Rentabilität durchaus Motiv der Beklagten bei der Einführung des Holsystems gewesen sein. Rechtlich geschützt ist diese Erwartung jedoch nicht; maßgeblich ist allein, ob die Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert würde, zumal – wie erwähnt – die gesamten den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nach § 20 KrWG treffenden Entsorgungspflichten in den Blick zu nehmen sind und nicht, ob der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bei Durchführung der gewerblichen Sammlung seine Entsorgungspflichten im Hinblick auf die konkrete Abfallfraktion zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen erfüllen kann.

79

Schließlich führt die Beklagte an, durch die Sammelaktivität der Klägerin und der anderen ihr angezeigten gewerblichen Sammlungen und der gemeinnützigen Sammlungen entgingen dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger Einnahmen in beträchtlicher Höhe (419.000 €), weshalb sie ihre Entsorgungspflichten nicht mehr zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen erfüllen könne. Dabei geht die Beklagte bei der Ermittlung des vorgenannten Betrages „ganz praktisch“ unter Berufung „auf eigene Erfahrungen“ „von einem Volumen an Altkleidern von 10 kg pro Einwohner und Jahr aus“. Die vorgenannte Summe zeige jedenfalls, so die Beklagte weiter, dass das Sammeln von Altkleidern für den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger sehr wohl eine wirtschaftliche Dimension darstelle. Abgesehen davon, dass die vorgebrachte Summe einer validen Tatsachengrundlage entbehrt, untermauert die Beklagte nicht durch entsprechende Zahlen, inwieweit die – ohnehin gemutmaßten – Einbußen zu einer Verhinderung der Erfüllung der bestehenden Entsorgungspflichten führen. Der Hinweis darauf, dass das Sammeln von Altkleidern eine wirtschaftliche Dimension besitze, ist insoweit unzureichend. Gleiches gilt zudem für den hintangestellten Hinweis der Beklagten, angesichts dieser wirtschaftlichen Dimension bestehe die Möglichkeit „Einfluss auf die Gebühren zu nehmen“; aufgrund der wegfallenden Einnahmen aus der Verwertung der Wertstoffe könne die Notwendigkeit einer Gebührenanpassung nach oben in Zukunft nicht ausgeschlossen werden, was die wirtschaftliche Ausgewogenheit der Entsorgungspflichten berühren würde.

80

Mit Blick auf letztere Ausführungen der Beklagten verweist die Kammer im Übrigen auf die Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg, der sie sich anschließt. Danach bedarf es, um eine tragfähige Beurteilung der „wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen“ im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alternative 1 KrWG vornehmen zu können, einer Analyse und Bewertung der tatsächlichen, konkreten Auswirkungen der gewerblichen und ggf. gemeinnützigen Sammlungen auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger. Die pauschale Angabe der dem Gebührenhaushalt entzogenen Verwertungserlöse, die vorliegend obendrein auf unzureichender Tatsachengrundlage (ganz praktische eigene Erfahrungen der Beklagten) errechnet wurden, genügt dem nicht (s. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, DVBl 2013, 1537).

81

bb. Ebenfalls konnte die Beklagte das Vorliegen der Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alternative 2 KrWG i.V.m. § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG nicht hinreichend darlegen. In ihrem Ausgangsbescheid führt die Beklagte mit Blick auf § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG wörtlich aus: „Einnahmen, die der Entsorgungsbetrieb über den Verkauf von Abfällen an Dritte erschließen kann, mindern also die Gebührenhöhe. Nun sind nicht alleine die Wertschöpfung, die ihr Unternehmen sich in Kaiserslautern erschließen will und die damit einhergehenden wirtschaftlichen Beeinträchtigungen für den Entsorgungsbetrieb der Stadt Kaiserslautern zu beurteilen. Vielmehr liegen der Stadt Kaiserslautern weitere Anzeigen von gewerblichen Sammlern vor, die in ihrer Gesamtheit zu einem erheblichen Einnahmeverlust für den Entsorgungsbetrieb führen, wenn diese Sammlungen nicht untersagt werden. Ihre gewerbliche Sammlung führt daher zumindest zu einer Minderung der werthaltigen Abfallströme, was sich auf das bestehende Sammelsystem des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auswirkt. Insofern können Auswirkungen auf die öffentlich-rechtlichen Gebühren nicht ausgeschlossen werden.“ Der Stadtrechtsausschuss der Beklagten konkretisierte diese Ausführungen nicht, sondern verwies auf die vorstehenden, bereits zu § 17 Abs. 3 Satz 2 Alternative 1 KrWG angestellten Erwägungen unter Hinweis darauf, dass sie (die Widerspruchsbehörde) eine Gefährdung der Stabilität der Gebühren nicht abschließend beurteilen könne. Soweit die Beklagte angesichts dieser Ausführungen im Widerspruchsbescheid überhaupt an ihrer Auffassung, § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG sei erfüllt, festhält, lässt sich ihrem Vorbringen erneut die notwendige Tatsachengrundlage zur Beurteilung der Auswirkungen der gewerblichen Sammlungen auf die Gebührenhöhe bzw. -stabilität nicht entnehmen. Insoweit kann auf Vorstehendes Bezug genommen werden.

82

cc. Endlich sind die Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG – unter Berücksichtigung der von der Kammer für geboten erachteten europarechtskonformen Auslegung der Vorschrift – nicht erfüllt.

83

Danach ist eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers (im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alternative 2 KrWG) insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt. Inwieweit diese Vorschrift vor dem Hintergrund der bereits dargelegten europarechtlichen Vorgaben einer einschränkenden, an den Vorgaben des Art. 106 Abs. 2 AEUV bzw. der EuGH-Rechtsprechung orientierten Auslegung bedarf, wird in Rechtsprechung und Literatur kontrovers diskutiert.

84

Der Bayerische VGH spricht sich in seinem Urteil vom 10. Februar 2015 – 20 B 14.710 –, juris gegen das Erfordernis einer europarechtskonformen Auslegung der Vorschrift aus. Das von ihm mit Blick auf den Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG und die Entstehungsgeschichte des KrWG ermittelte Auslegungsergebnis bedürfe „keiner grundsätzlichen Korrektur aufgrund der Wertungen des Art. 12 GG oder Art. 106 Abs. 2 AEUV“. Ausgehend von dem Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG stellt der Bayerische VGH zunächst für den von ihm zu beurteilenden Sachverhalt fest, dass der gewerblichen Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegenstünden, weil von der Sammlung Altkleider und damit Abfälle erfasst würden, für die der kommunale Entsorgungsbetrieb eine haushaltsnahe Erfassung und Verwertung durchführe. Dies trifft auf den vorliegenden Fall ebenfalls zu. Mit dem kombinierten Hol- und Bringsystem betreibt der kommunale Entsorgungsträger ein haushaltsnahes Erfassungssystem, bezüglich dessen zudem angesichts der vorgelegten Zahlen (55 % der erfassten Abfälle gehen zur Wiederverwendung in Second Hand-Shops, etwa 22 % werden der Weiterverwertung, z.B. in der Putzlappenindustrie, etwa 15 % der Weiterverwertung in der Rohstoffindustrie und lediglich 5 % der sonstigen Verwertung zugeführt) von der effizienten Nutzung der Ressourcen auszugehen ist. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen gerade Holsysteme wie dasjenige der Beklagten von der Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG erfasst werden (BT-Drucksache 17/7505, Seite 44). Ein solcher Schutz ist deshalb geboten, weil eine haushaltsnahe Erfassung im Holsystem die allgemeine Zugänglichkeit sichert, die wesentliches Merkmal gemeinwohlorientierter Dienstleistungen ist und zu den gemeinsamen Werten der Union in Bezug auf Dienste von Allgemeinem wirtschaftlichen Interesse zählt (Karpenstein/Dingemann in: Jarass/Petersen, a.a.O., § 17 Rn. 173 m.w.N.).

85

Angesichts des Befundes der Einschlägigkeit des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG rekurriert der Bayerische VGH im Folgenden auf die Sätze 1 und 2 des § 17 Abs. 3 KrWG und stellt heraus, dass von einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers auszugehen sei, die wiederum dazu führe, dass eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers anzunehmen sei, sodass überwiegende öffentliche Interessen der gewerblichen Sammlung entgegenstünden. Demzufolge, so der Bayerische VGH in seinem Urteil vom 10. Februar 2015 – 20 B 14.710 –, juris weiter, komme ein Vorrang des privaten Sammlers nur in Betracht und scheide eine Untersagung nach § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG aus, wenn die vom gewerblichen Sammler angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle wesentlich leistungsfähiger ist als die von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder dem von ihm beauftragten Dritten bereits angebotene oder konkret geplante Leistung. Dieser Befund werde zudem durch die Entstehungsgeschichte des KrWG bestätigt.

86

Mit dieser Rechtsauffassung tritt der Bayerische VGH derjenigen des VGH Baden-Württemberg (Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, DVBl 2013, 1537) entgegen, der sich für das Bedürfnis nach einer europarechtskonformen Auslegung ausspricht. Die Kammer folgt der Ansicht des VGH Baden-Württemberg, weil auch sie eine europarechtskonforme Auslegung der Vorschrift für erforderlich hält. Das enge Verständnis des Gesetzeswortlauts des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG, wie es der Bayerische VGH vertritt, führt im Ergebnis dazu, dass ein bestehendes öffentlich-rechtlich organisiertes Entsorgungssystem (falls „haushaltsnah“ und „hochwertig“) gegen jedwede private Konkurrenz geschützt wird, sofern nicht ausnahmsweise § 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG eingreift. Ein solches Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG, das die bloße Existenz eines Systems der haushaltsnahen oder sonstigen hochwertigen getrennten Erfassung und Verwertung der Abfälle durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger bzw. einen von diesem beauftragten Dritten für den Ausschluss einer gewerblichen Sammlung genügen lässt, ist nach Auffassung der Kammer jedoch nicht europarechtskonform (vgl. auch VG Würzburg, Beschluss vom 28. Januar 2013 – W 4 S 12.1130 –, juris). Sie entspricht nicht den Anforderungen des Art. 106 Abs. 2 AEUV und verstößt insbesondere gegen das Gebot der „Erforderlichkeit“.

87

Mit der Formulierung „insbesondere“ in § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG stellt der Gesetzgeber klar, dass auf der Tatbestandsseite Regelbeispiele normiert werden; dies schließt nicht aus, dass die in dem Regelbeispiel zum Ausdruck kommende gesetzgeberische Vorstellung im Einzelfall möglicherweise nicht zutrifft. Nach dem Wortlaut liegt im je zu beurteilenden Einzelfall mithin nicht zwingend eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung vor, falls das Regelbeispiel des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bejaht wird; vielmehr kann im Einzelfall eine gewerbliche Sammlung bei fehlender wesentlicher Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers durchaus zulässig sein (Beckmann/Wübbenhorst, DVBl 2012, 1403, 1408; zum Ganzen wörtlich: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, DVBl 2013, 1537; vgl. auch VG Neustadt, Urteil vom 7. April 2014 – 4 K 717/13.NW –).

88

Gesetzessystematisch fungiert § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG als Konkretisierung des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alternative 2 KrWG. Danach wird in einem materiellen Sinne vorausgesetzt, dass die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung „wesentlich beeinträchtigt wird“. Dieses schon europarechtlich gebotene materielle Verständnis ist gleichsam nicht hintergehbar, weil jene Bestimmung in dem Kaskadenmodell des § 17 Abs. 3 KrWG ihrerseits eine Konkretisierung des § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG darstellt; die dort geschützte Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. des von diesem beauftragten Dritten kann sinnvollerweise nicht bereits auf Grund des bloßen Nebeneinanders von gewerblicher und kommunaler Sammlung gleicher Abfallarten ohne inhaltliche Würdigung der konkurrierenden Entsorgungssysteme als „gefährdet“ angesehen werden. Schließlich darf nicht verkannt werden, dass die in § 17 Abs. 3 KrWG angelegten Konkretisierungsstufen der Konturierung „überwiegender öffentlicher Interessen“ im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG dienen; dass dieser unbestimmte Rechtsbegriff nicht allein mit einem formalistischen Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG zureichend ausgefüllt werden kann, liegt auf der Hand (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, DVBl 2013, 1537).

89

Demgemäß ist den Ausführungen des Bayerischen VGH zum Wortlaut des § 17 Abs. 3 KrWG insoweit entgegenzutreten, als dieser nicht berücksichtigt, dass die Sätze 2 und 3 des § 17 Abs. 3 KrWG widerlegliche Vermutungen normieren. Dies ist im Hinblick auf Satz 2 indessen anerkannt (s. Karpenstein/Dingemann in: Jarass/Petersen, a.a.O., § 17 Rn. 160 m.w.N.; Beckmann in: Landmann/Rohmer, a.a.O., § 17 KrWG, Rn. 118). In Bezug auf Satz 3 entspricht dies jedenfalls der herrschenden Meinung, für die im Übrigen bereits der Wortlaut des Gesetzes („annehmen“) spricht (vgl. zum Streitstand unter Berücksichtigung zahlreicher Nachweise aus Rspr. und Lit.: Karpenstein/Dingemann in: Jarass/Petersen, a.a.O., § 17 Rn. 171). Beachtet man dies, kann eine wortlautgetreue Anwendung der Sätze 1 bis 3 des § 17 Abs. 3 KrWG – unter Berücksichtigung der dort normierten widerlegbaren Vermutungen – allenfalls wie folgt lauten: Sind die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG verwirklicht, wird zwar vermutet, dass die gewerbliche Sammlung die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des kommunalen Entsorgungsträgers wesentlich beeinträchtigt. Diese Vermutung ist jedoch widerlegbar. Kommt man indes zu dem Ergebnis, dass eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung vorliegt, wird zwar wiederum nach Satz 2 des § 17 Abs. 3 KrWG die Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten vermutet. Auch diese Vermutung ist jedoch widerlegbar. Im Ergebnis führt daher die Verwirklichung des Tatbestandes des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bereits in Anbetracht des Wortlautes der Sätze 1-3 des § 17 Abs. 3 KrWG nicht zwingend zum Bestehen „überwiegender öffentlicher Interessen“ im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG. Vielmehr bedarf es ausweislich des nationalen Rechts stets der weiteren Prüfung, ob die Vermutung des Gesetzes im je zu bewertenden Einzelfall nicht ausnahmsweise widerlegt wurde. Namentlich ist zusätzlich zum Tatbestand des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG zu prüfen, ob die gewerbliche Sammlung die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, wie es das Gesetz (widerlegbar) vermutet, tatsächlich wesentlich beeinträchtigt. Anschließend ist zu prüfen, ob bei Vorliegen einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung, diese tatsächlich zur Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers führt. Dabei kann die Darlegungslast nicht dem gewerblichen Sammler zugewiesen werden. Die Behörde ist dafür verantwortlich, auch den für eine Widerlegung der gesetzlichen Vermutung sprechenden Sachverhalt zu ermitteln (so ausdrücklich Beckmann in: Landmann/Rohmer, a.a.O., § 17 KrWG Rn. 119; vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 9. Oktober 2013 – 8 B 10783/13.OVG –, NVwZ-RR 2014, 135 m.w.N). Diese Vorgehensweise ist letztlich Konsequenz des mit je widerlegbaren Vermutungen versehenen Kaskadensystems des § 17 Abs. 3 KrWG.

90

Vorstehendes lässt sich zudem angesichts des europarechtlichen Einflusses auf die Vorschrift des § 17 Abs. 3 KrWG untermauern: Entstehungsgeschichtlich hat das Merkmal „wesentliche Beeinträchtigung“ europarechtliche Ursprünge. Vor dem Hintergrund des Art. 106 AEUV hatte die EU-Kommission im Notifizierungsverfahren zum Gesetzentwurf zur Neuordnung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes vom 28. Mai 2011 darauf hingewiesen, dass nur „wesentliche“ Auswirkungen gewerblicher Sammlungen auf die Kommunen im Rahmen der Einzelfallabwägung des § 17 Abs. 3 KrWG berücksichtigt werden dürften; andernfalls könne der Zugang eines neuen Wettbewerbers EU-rechtswidrig behindert werden (Mitteilung SG[2011] D/51545 im Notifizierungsverfahren 2011/0148/D). Unter ausdrücklicher Erinnerung an diesen Vorgang hat die Bundesregierung im Gesetzgebungsverfahren in ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates die EU-rechtskonforme Fassung des § 17 Abs. 3 KrWG angemahnt (BT-Drucksache 17/6645, Seite 5). Der zuständige BT-Ausschuss hat in seiner Beschlussempfehlung darauf reagiert (BT-Drucksache 17/7505, Seite 3). Die europarechtskonforme Auslegung und Anwendung des innerstaatlichen Rechts drängt sich geradezu auf (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, DVBl 2013, 1537).

91

Daraus folgt: Nach Sinn und Zweck des Kaskadenmodells gemäß § 17 Abs. 3 KrWG steht Satz 3 Nr. 1 im Dienste der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlich organisierten Entsorgungssystems (Satz 1). Eine „Gefährdung“ dieser Funktionsfähigkeit (Satz 2) durch eine „wesentliche Beeinträchtigung“ der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers kann nach Auffassung der Kammer allenfalls angenommen werden, wenn die gewerbliche Sammlung – „in ihrer konkreten Ausgestaltung“ und ggf. „im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen“ (§ 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG) – mehr als nur einen geringen Anteil des gesamten Aufkommens einer bestimmten Abfallart (hier: Alttextilien) im Entsorgungsgebiet erfasst. Danach ist regelmäßig eine wesentliche Beeinträchtigung noch nicht anzunehmen, wenn der Mengenentzug einer konkreten getrennt erfassten Abfallfraktion sich im Bereich von 10-15 % bewegt (vgl. Mann, KommJur 2014, 325 mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung). Selbst bei rein innerstaatlich angelegter Gesetzesdeutung kann ernsthaft nicht davon gesprochen werden, dass die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung „wesentlich“ beeinträchtigt wird, wenn nur eine eher geringfügige gewerbliche Sammlung bestimmter Abfälle stattfindet (OVG Hamburg, Beschluss vom 20. März 2013 – 5 Bs 208/12 –, juris). Andernfalls bewirkte die Gesetzesanwendung einen rechtlich unzulässigen absoluten Konkurrentenschutz (so wörtlich VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, DVBl 2013, 1537).

92

Eine an diesem Maßstab bemessene „wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung“ respektive eine „Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers“ kann die Kammer nicht ausmachen. Die hierzu vorgebrachten Angaben der Beklagten vermögen entsprechendes nicht zu belegen.

93

Im Zuge des Widerspruchsverfahrens legte die Beklagte über den ASK und die ZAK Zahlen aus dem Jahre 2013 vor. Danach hat der ASK eine Altkleidermenge von ca. 30 Tonnen/Jahr mit einem Erlös von 300 € pro Tonne gesammelt. Zudem hat die ZAK mitgeteilt, dass sie im Jahr 2013 43 Tonnen Altkleider, davon 27,15 Tonnen aus der Stadt Kaiserslautern, erfasst hat. Für das Jahr 2014 kalkulierte die ZAK mit einer Gesamtsammelmenge von 63 Tonnen/Jahr, davon 30 Tonnen aus dem Stadtgebiet von Kaiserslautern. Zudem prognostizierte sie eine Gesamtsammelmenge der gewerblichen Sammler von 892,24 Tonnen sowie 589,55 Tonnen über gemeinnützige Sammlungen. Dem stehen gegenüber für die Jahre 2013 und 2014 21,54 Tonnen Altkleider, die die Klägerin im Stadtgebiet von Kaiserslautern sammeln wollte.

94

Diese Ausführungen der Beklagten vermögen eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung respektive eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nicht zu belegen. Nach Angaben von ASK und ZAK steigt die erwartete Gesamtmenge an Altkleidern bei den gewerblichen Sammlern im Sammelgebiet von ca. 600 Tonnen (im Jahr 2013) auf 892,24 Tonnen (Erwartung für das Jahr 2014). Insofern ist nicht zu erkennen, wieso die klägerische Sammlung angesichts des erwarteten deutlich höheren Anfalls an Altkleidern nicht zugelassen werden kann. Dies insbesondere mit Blick darauf, dass ASK und ZAK mit eigenen Sammelmengen von 30 Tonnen (ASK) und 63 Tonnen, davon 30 Tonnen im Stadtgebiet von Kaiserslautern (ZAK), rechnen. Zudem erklären ASK und ZAK, sie könnten im Jahre 2014 einen Betrag von 355 € pro Tonne an Altkleidern erwirtschaften, während im Jahre 2013 ein Erlös von 300 € pro Tonne erzielt wurde. Die Validität dieser Zahlen unterstellt, konnte die Beklagte im Jahr 2013 folglich einen Ertrag von 17.145 € erwirtschaften (30 + 27,15 = 57,15 Tonnen multipliziert mit 300 €), während im Jahr 2014 mit einem Betrag von 21.300 € (30 + 30 = 60 Tonnen multipliziert mit 355 €) gerechnet wird. Die Beklagte geht im Hinblick auf die private „Konkurrenz“ gerade nicht von eigenen Verlusten sondern vielmehr von weiteren Gewinnen aus, so dass es ihr letztlich um eine Gewinnmaximierung geht. In Anbetracht all dessen vermag das Gericht eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung bzw. die Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nicht zu erkennen.

95

Soweit der Stadtrechtsausschuss demgegenüber im Widerspruchsbescheid ausführt, im Jahre 2014 würden nach seinen Berechnungen allein durch gewerbliche und gemeinnützige Sammler 1.483,79 Tonnen an Altkleidern abgeschöpft und er infolge dessen offenbar unterstellt, der kommunale Entsorgungsträger könne in Anbetracht dessen keinerlei Altkleider erfassen, kann dem nicht gefolgt werden. Dies folgt bereits aus der Tatsache, dass der Stadtrechtsausschuss den Betrag von 1.483,79 Tonnen in unzulässiger Weise berechnet. Er rekurriert nämlich bei dieser Ermittlung auch auf Zahlen von gewerblichen Sammlern, die diese im Rahmen des Anzeigeverfahrens vorgelegt haben und bezieht daher in seine Betrachtung Sammlungen ein, die zuweilen (noch) nicht durchgeführt worden sind. Dieses Vorgehen steht nicht in Einklang mit § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG, der zwar ausdrücklich besagt, dass bei der Bewertung der angezeigten Sammlung auch deren „Zusammenwirken mit anderen Sammlungen“ zu berücksichtigen ist. Diesbezüglich besteht aber – nicht zuletzt aufgrund der Begründung des Änderungsantrags der Regierungsfraktionen – Einigkeit dahingehend, dass lediglich bereits bestehende gewerbliche Sammlungen in die Betrachtung einbezogen werden sollen; weitere – auch konkret – geplante Sammlungen sind nicht zu berücksichtigen (vgl. Karpenstein/Dingemann in: Jarass/Petersen, a.a.O., § 17 Rn. 157 m.w.N.). Entsprechend legt der Stadtrechtsausschuss seiner Entscheidung bereits in tatsächlicher Hinsicht nicht schlüssige Maßstäbe zugrunde.

96

Auch wenn es der Beklagten (bisher) nicht gelungen ist, eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung respektive eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu belegen, steht es ihr offen, ihren Bürgern die Vorzüge des eigenen Bring- und Holsystems gegenüber den gewerblichen Sammlungen zu vermitteln.

97

b. Darüber hinaus liegt aber auch ein Verstoß gegen die in § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG normierte Rechtmäßigkeitsanforderung der „Erforderlichkeit“ der Untersagungsverfügung vor. Wie oben dargelegt, ist vor Erlass einer auf § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG gestützten Untersagungsverfügung von der Behörde stets zu prüfen, ob nicht - als milderes Mittel - durch Maßnahmen nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG die Voraussetzungen nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG sichergestellt werden können. Insoweit kann beispielsweise eine angemessene Befristung der gewerblichen Sammlung in Betracht kommen, um danach an Hand der neu gewonnenen Erkenntnisse die Voraussetzungen der Sammlung erneut prüfen zu können (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, DVBl 2013, 1537). Auch die mengenmäßige Begrenzung der gewerblichen Sammlung kann ein taugliches Mittel zur Sicherstellung der Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG sein (vgl. Dageförde/Thärichen, AbfallR 2013, 125, 136). Mit diesen Fragen hat sich die Beklagte nicht auseinander gesetzt und damit die im Rahmen des § 18 Abs. 5 KrWG gesetzlich vorgeschriebene zweistufige Prüfung nicht durchgeführt.

98

Die Untersagung der Sammlung ist daher rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Folglich ist auch die Verfügung der Beklagten, die im Stadtgebiet von Kaiserslautern aufgestellten Sammelcontainer zu entfernen, rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.

99

3. Daneben ist auch die in Ziffer 3 des Bescheids vom 9. April 2013 verfügte Zwangsmittelandrohung (s. §§ 64, 66 LVwVG) aufzuheben.

100

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZivilprozessordnungZPO –.

101

Die Berufung war durch das Verwaltungsgericht gemäß § §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, weil die Kammer der Rechtsfrage, wann eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers anzunehmen ist, grundsätzliche Bedeutung beimisst.

102

Beschluss

103

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 20.000 € festgesetzt (§§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 63 Abs. 2 GKG i.V.m. Ziffer 2.4.2. des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom Juli 2013). Der Zwangsgeldandrohung kommt wegen der Verbindung mit der Grundverfügung hierbei keine eigenständige Bedeutung zu (Streitwertkatalog Ziffer 1.6.2).

(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.

(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,

1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden,
2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist,
3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden,
4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
Satz 1 Nummer 3 und 4 gilt nicht für gemischte Abfälle aus privaten Haushaltungen und gefährliche Abfälle. Sonderregelungen der Überlassungspflicht durch Rechtsverordnungen nach den §§ 10, 16 und 25 bleiben unberührt.

(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung

1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt,
2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder
3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
Satz 3 Nummer 1 und 2 gilt nicht, wenn die vom gewerblichen Sammler angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle wesentlich leistungsfähiger ist als die von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder dem von ihm beauftragten Dritten bereits angebotene oder konkret geplante Leistung. Bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit sind sowohl die in Bezug auf die Ziele der Kreislaufwirtschaft zu beurteilenden Kriterien der Qualität und der Effizienz, des Umfangs und der Dauer der Erfassung und Verwertung der Abfälle als auch die aus Sicht aller privaten Haushalte im Gebiet des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu beurteilende gemeinwohlorientierte Servicegerechtigkeit der Leistung zugrunde zu legen. Leistungen, die über die unmittelbare Sammel- und Verwertungsleistung hinausgehen, insbesondere Entgeltzahlungen, sind bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit nicht zu berücksichtigen.

(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.

(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,

1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden,
2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist,
3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden,
4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
Satz 1 Nummer 3 und 4 gilt nicht für gemischte Abfälle aus privaten Haushaltungen und gefährliche Abfälle. Sonderregelungen der Überlassungspflicht durch Rechtsverordnungen nach den §§ 10, 16 und 25 bleiben unberührt.

(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung

1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt,
2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder
3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
Satz 3 Nummer 1 und 2 gilt nicht, wenn die vom gewerblichen Sammler angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle wesentlich leistungsfähiger ist als die von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder dem von ihm beauftragten Dritten bereits angebotene oder konkret geplante Leistung. Bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit sind sowohl die in Bezug auf die Ziele der Kreislaufwirtschaft zu beurteilenden Kriterien der Qualität und der Effizienz, des Umfangs und der Dauer der Erfassung und Verwertung der Abfälle als auch die aus Sicht aller privaten Haushalte im Gebiet des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu beurteilende gemeinwohlorientierte Servicegerechtigkeit der Leistung zugrunde zu legen. Leistungen, die über die unmittelbare Sammel- und Verwertungsleistung hinausgehen, insbesondere Entgeltzahlungen, sind bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit nicht zu berücksichtigen.

(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.

(1) Gemeinnützige Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und gewerbliche Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 sind spätestens drei Monate vor ihrer beabsichtigten Aufnahme durch ihren Träger der zuständigen Behörde nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 anzuzeigen.

(2) Der Anzeige einer gewerblichen Sammlung sind beizufügen

1.
Angaben über die Größe und Organisation des Sammlungsunternehmens,
2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer, insbesondere über den größtmöglichen Umfang und die Mindestdauer der Sammlung,
3.
Angaben über Art, Menge und Verbleib der zu verwertenden Abfälle,
4.
eine Darlegung der innerhalb des angezeigten Zeitraums vorgesehenen Verwertungswege einschließlich der erforderlichen Maßnahmen zur Sicherstellung ihrer Kapazitäten sowie
5.
eine Darlegung, wie die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle im Rahmen der Verwertungswege nach Nummer 4 gewährleistet wird.

(3) Der Anzeige der gemeinnützigen Sammlung sind beizufügen

1.
Angaben über die Größe und Organisation des Trägers der gemeinnützigen Sammlung sowie gegebenenfalls des Dritten, der mit der Sammlung beauftragt wird, sowie
2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer der Sammlung.
Die Behörde kann verlangen, dass der Anzeige der gemeinnützigen Sammlung Unterlagen entsprechend Absatz 2 Nummer 3 bis 5 beizufügen sind.

(4) Die zuständige Behörde fordert den von der gewerblichen oder gemeinnützigen Sammlung betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf, für seinen Zuständigkeitsbereich eine Stellungnahme innerhalb einer Frist von zwei Monaten abzugeben. Hat der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bis zum Ablauf dieser Frist keine Stellungnahme abgegeben, ist davon auszugehen, dass sich dieser nicht äußern will.

(5) Die zuständige Behörde kann die angezeigte Sammlung von Bedingungen abhängig machen, sie zeitlich befristen oder Auflagen für sie vorsehen, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 sicherzustellen. Die zuständige Behörde hat die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben, oder die Einhaltung der in § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist.

(6) Die zuständige Behörde kann bestimmen, dass eine gewerbliche Sammlung mindestens für einen bestimmten Zeitraum durchzuführen ist; dieser Zeitraum darf drei Jahre nicht überschreiten. Wird die gewerbliche Sammlung vor Ablauf des nach Satz 1 bestimmten Mindestzeitraums eingestellt oder innerhalb dieses Zeitraums in ihrer Art und ihrem Ausmaß in Abweichung von den von der Behörde nach Absatz 5 Satz 1 festgelegten Bedingungen oder Auflagen wesentlich eingeschränkt, ist der Träger der gewerblichen Sammlung dem betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gegenüber zum Ersatz der Mehraufwendungen verpflichtet, die für die Sammlung und Verwertung der bislang von der gewerblichen Sammlung erfassten Abfälle erforderlich sind. Zur Absicherung des Ersatzanspruchs kann die zuständige Behörde dem Träger der gewerblichen Sammlung eine Sicherheitsleistung auferlegen.

(7) Soweit eine gewerbliche Sammlung, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits durchgeführt wurde, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems bislang nicht gefährdet hat, ist bei Anordnungen nach Absatz 5 oder 6 der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, insbesondere ein schutzwürdiges Vertrauen des Trägers der Sammlung auf ihre weitere Durchführung, zu beachten.

(8) Der von der gewerblichen Sammlung betroffene öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger hat einen Anspruch darauf, dass die für gewerbliche Sammlungen geltenden Bestimmungen des Anzeigeverfahrens eingehalten werden.

(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.

(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,

1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden,
2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist,
3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden,
4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
Satz 1 Nummer 3 und 4 gilt nicht für gemischte Abfälle aus privaten Haushaltungen und gefährliche Abfälle. Sonderregelungen der Überlassungspflicht durch Rechtsverordnungen nach den §§ 10, 16 und 25 bleiben unberührt.

(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung

1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt,
2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder
3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
Satz 3 Nummer 1 und 2 gilt nicht, wenn die vom gewerblichen Sammler angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle wesentlich leistungsfähiger ist als die von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder dem von ihm beauftragten Dritten bereits angebotene oder konkret geplante Leistung. Bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit sind sowohl die in Bezug auf die Ziele der Kreislaufwirtschaft zu beurteilenden Kriterien der Qualität und der Effizienz, des Umfangs und der Dauer der Erfassung und Verwertung der Abfälle als auch die aus Sicht aller privaten Haushalte im Gebiet des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu beurteilende gemeinwohlorientierte Servicegerechtigkeit der Leistung zugrunde zu legen. Leistungen, die über die unmittelbare Sammel- und Verwertungsleistung hinausgehen, insbesondere Entgeltzahlungen, sind bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit nicht zu berücksichtigen.

(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.

(1) Gemeinnützige Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und gewerbliche Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 sind spätestens drei Monate vor ihrer beabsichtigten Aufnahme durch ihren Träger der zuständigen Behörde nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 anzuzeigen.

(2) Der Anzeige einer gewerblichen Sammlung sind beizufügen

1.
Angaben über die Größe und Organisation des Sammlungsunternehmens,
2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer, insbesondere über den größtmöglichen Umfang und die Mindestdauer der Sammlung,
3.
Angaben über Art, Menge und Verbleib der zu verwertenden Abfälle,
4.
eine Darlegung der innerhalb des angezeigten Zeitraums vorgesehenen Verwertungswege einschließlich der erforderlichen Maßnahmen zur Sicherstellung ihrer Kapazitäten sowie
5.
eine Darlegung, wie die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle im Rahmen der Verwertungswege nach Nummer 4 gewährleistet wird.

(3) Der Anzeige der gemeinnützigen Sammlung sind beizufügen

1.
Angaben über die Größe und Organisation des Trägers der gemeinnützigen Sammlung sowie gegebenenfalls des Dritten, der mit der Sammlung beauftragt wird, sowie
2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer der Sammlung.
Die Behörde kann verlangen, dass der Anzeige der gemeinnützigen Sammlung Unterlagen entsprechend Absatz 2 Nummer 3 bis 5 beizufügen sind.

(4) Die zuständige Behörde fordert den von der gewerblichen oder gemeinnützigen Sammlung betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf, für seinen Zuständigkeitsbereich eine Stellungnahme innerhalb einer Frist von zwei Monaten abzugeben. Hat der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bis zum Ablauf dieser Frist keine Stellungnahme abgegeben, ist davon auszugehen, dass sich dieser nicht äußern will.

(5) Die zuständige Behörde kann die angezeigte Sammlung von Bedingungen abhängig machen, sie zeitlich befristen oder Auflagen für sie vorsehen, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 sicherzustellen. Die zuständige Behörde hat die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben, oder die Einhaltung der in § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist.

(6) Die zuständige Behörde kann bestimmen, dass eine gewerbliche Sammlung mindestens für einen bestimmten Zeitraum durchzuführen ist; dieser Zeitraum darf drei Jahre nicht überschreiten. Wird die gewerbliche Sammlung vor Ablauf des nach Satz 1 bestimmten Mindestzeitraums eingestellt oder innerhalb dieses Zeitraums in ihrer Art und ihrem Ausmaß in Abweichung von den von der Behörde nach Absatz 5 Satz 1 festgelegten Bedingungen oder Auflagen wesentlich eingeschränkt, ist der Träger der gewerblichen Sammlung dem betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gegenüber zum Ersatz der Mehraufwendungen verpflichtet, die für die Sammlung und Verwertung der bislang von der gewerblichen Sammlung erfassten Abfälle erforderlich sind. Zur Absicherung des Ersatzanspruchs kann die zuständige Behörde dem Träger der gewerblichen Sammlung eine Sicherheitsleistung auferlegen.

(7) Soweit eine gewerbliche Sammlung, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits durchgeführt wurde, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems bislang nicht gefährdet hat, ist bei Anordnungen nach Absatz 5 oder 6 der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, insbesondere ein schutzwürdiges Vertrauen des Trägers der Sammlung auf ihre weitere Durchführung, zu beachten.

(8) Der von der gewerblichen Sammlung betroffene öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger hat einen Anspruch darauf, dass die für gewerbliche Sammlungen geltenden Bestimmungen des Anzeigeverfahrens eingehalten werden.

(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.

(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,

1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden,
2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist,
3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden,
4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
Satz 1 Nummer 3 und 4 gilt nicht für gemischte Abfälle aus privaten Haushaltungen und gefährliche Abfälle. Sonderregelungen der Überlassungspflicht durch Rechtsverordnungen nach den §§ 10, 16 und 25 bleiben unberührt.

(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung

1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt,
2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder
3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
Satz 3 Nummer 1 und 2 gilt nicht, wenn die vom gewerblichen Sammler angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle wesentlich leistungsfähiger ist als die von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder dem von ihm beauftragten Dritten bereits angebotene oder konkret geplante Leistung. Bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit sind sowohl die in Bezug auf die Ziele der Kreislaufwirtschaft zu beurteilenden Kriterien der Qualität und der Effizienz, des Umfangs und der Dauer der Erfassung und Verwertung der Abfälle als auch die aus Sicht aller privaten Haushalte im Gebiet des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu beurteilende gemeinwohlorientierte Servicegerechtigkeit der Leistung zugrunde zu legen. Leistungen, die über die unmittelbare Sammel- und Verwertungsleistung hinausgehen, insbesondere Entgeltzahlungen, sind bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit nicht zu berücksichtigen.

(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.

(1) Gemeinnützige Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und gewerbliche Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 sind spätestens drei Monate vor ihrer beabsichtigten Aufnahme durch ihren Träger der zuständigen Behörde nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 anzuzeigen.

(2) Der Anzeige einer gewerblichen Sammlung sind beizufügen

1.
Angaben über die Größe und Organisation des Sammlungsunternehmens,
2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer, insbesondere über den größtmöglichen Umfang und die Mindestdauer der Sammlung,
3.
Angaben über Art, Menge und Verbleib der zu verwertenden Abfälle,
4.
eine Darlegung der innerhalb des angezeigten Zeitraums vorgesehenen Verwertungswege einschließlich der erforderlichen Maßnahmen zur Sicherstellung ihrer Kapazitäten sowie
5.
eine Darlegung, wie die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle im Rahmen der Verwertungswege nach Nummer 4 gewährleistet wird.

(3) Der Anzeige der gemeinnützigen Sammlung sind beizufügen

1.
Angaben über die Größe und Organisation des Trägers der gemeinnützigen Sammlung sowie gegebenenfalls des Dritten, der mit der Sammlung beauftragt wird, sowie
2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer der Sammlung.
Die Behörde kann verlangen, dass der Anzeige der gemeinnützigen Sammlung Unterlagen entsprechend Absatz 2 Nummer 3 bis 5 beizufügen sind.

(4) Die zuständige Behörde fordert den von der gewerblichen oder gemeinnützigen Sammlung betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf, für seinen Zuständigkeitsbereich eine Stellungnahme innerhalb einer Frist von zwei Monaten abzugeben. Hat der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bis zum Ablauf dieser Frist keine Stellungnahme abgegeben, ist davon auszugehen, dass sich dieser nicht äußern will.

(5) Die zuständige Behörde kann die angezeigte Sammlung von Bedingungen abhängig machen, sie zeitlich befristen oder Auflagen für sie vorsehen, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 sicherzustellen. Die zuständige Behörde hat die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben, oder die Einhaltung der in § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist.

(6) Die zuständige Behörde kann bestimmen, dass eine gewerbliche Sammlung mindestens für einen bestimmten Zeitraum durchzuführen ist; dieser Zeitraum darf drei Jahre nicht überschreiten. Wird die gewerbliche Sammlung vor Ablauf des nach Satz 1 bestimmten Mindestzeitraums eingestellt oder innerhalb dieses Zeitraums in ihrer Art und ihrem Ausmaß in Abweichung von den von der Behörde nach Absatz 5 Satz 1 festgelegten Bedingungen oder Auflagen wesentlich eingeschränkt, ist der Träger der gewerblichen Sammlung dem betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gegenüber zum Ersatz der Mehraufwendungen verpflichtet, die für die Sammlung und Verwertung der bislang von der gewerblichen Sammlung erfassten Abfälle erforderlich sind. Zur Absicherung des Ersatzanspruchs kann die zuständige Behörde dem Träger der gewerblichen Sammlung eine Sicherheitsleistung auferlegen.

(7) Soweit eine gewerbliche Sammlung, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits durchgeführt wurde, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems bislang nicht gefährdet hat, ist bei Anordnungen nach Absatz 5 oder 6 der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, insbesondere ein schutzwürdiges Vertrauen des Trägers der Sammlung auf ihre weitere Durchführung, zu beachten.

(8) Der von der gewerblichen Sammlung betroffene öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger hat einen Anspruch darauf, dass die für gewerbliche Sammlungen geltenden Bestimmungen des Anzeigeverfahrens eingehalten werden.

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird unter Änderung der erstinstanzlichen Festsetzung für beide Instanzen auf 3.600,00 € festgesetzt.


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(1) Gemeinnützige Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und gewerbliche Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 sind spätestens drei Monate vor ihrer beabsichtigten Aufnahme durch ihren Träger der zuständigen Behörde nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 anzuzeigen.

(2) Der Anzeige einer gewerblichen Sammlung sind beizufügen

1.
Angaben über die Größe und Organisation des Sammlungsunternehmens,
2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer, insbesondere über den größtmöglichen Umfang und die Mindestdauer der Sammlung,
3.
Angaben über Art, Menge und Verbleib der zu verwertenden Abfälle,
4.
eine Darlegung der innerhalb des angezeigten Zeitraums vorgesehenen Verwertungswege einschließlich der erforderlichen Maßnahmen zur Sicherstellung ihrer Kapazitäten sowie
5.
eine Darlegung, wie die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle im Rahmen der Verwertungswege nach Nummer 4 gewährleistet wird.

(3) Der Anzeige der gemeinnützigen Sammlung sind beizufügen

1.
Angaben über die Größe und Organisation des Trägers der gemeinnützigen Sammlung sowie gegebenenfalls des Dritten, der mit der Sammlung beauftragt wird, sowie
2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer der Sammlung.
Die Behörde kann verlangen, dass der Anzeige der gemeinnützigen Sammlung Unterlagen entsprechend Absatz 2 Nummer 3 bis 5 beizufügen sind.

(4) Die zuständige Behörde fordert den von der gewerblichen oder gemeinnützigen Sammlung betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf, für seinen Zuständigkeitsbereich eine Stellungnahme innerhalb einer Frist von zwei Monaten abzugeben. Hat der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bis zum Ablauf dieser Frist keine Stellungnahme abgegeben, ist davon auszugehen, dass sich dieser nicht äußern will.

(5) Die zuständige Behörde kann die angezeigte Sammlung von Bedingungen abhängig machen, sie zeitlich befristen oder Auflagen für sie vorsehen, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 sicherzustellen. Die zuständige Behörde hat die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben, oder die Einhaltung der in § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist.

(6) Die zuständige Behörde kann bestimmen, dass eine gewerbliche Sammlung mindestens für einen bestimmten Zeitraum durchzuführen ist; dieser Zeitraum darf drei Jahre nicht überschreiten. Wird die gewerbliche Sammlung vor Ablauf des nach Satz 1 bestimmten Mindestzeitraums eingestellt oder innerhalb dieses Zeitraums in ihrer Art und ihrem Ausmaß in Abweichung von den von der Behörde nach Absatz 5 Satz 1 festgelegten Bedingungen oder Auflagen wesentlich eingeschränkt, ist der Träger der gewerblichen Sammlung dem betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gegenüber zum Ersatz der Mehraufwendungen verpflichtet, die für die Sammlung und Verwertung der bislang von der gewerblichen Sammlung erfassten Abfälle erforderlich sind. Zur Absicherung des Ersatzanspruchs kann die zuständige Behörde dem Träger der gewerblichen Sammlung eine Sicherheitsleistung auferlegen.

(7) Soweit eine gewerbliche Sammlung, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits durchgeführt wurde, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems bislang nicht gefährdet hat, ist bei Anordnungen nach Absatz 5 oder 6 der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, insbesondere ein schutzwürdiges Vertrauen des Trägers der Sammlung auf ihre weitere Durchführung, zu beachten.

(8) Der von der gewerblichen Sammlung betroffene öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger hat einen Anspruch darauf, dass die für gewerbliche Sammlungen geltenden Bestimmungen des Anzeigeverfahrens eingehalten werden.

(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.

(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,

1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden,
2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist,
3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden,
4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
Satz 1 Nummer 3 und 4 gilt nicht für gemischte Abfälle aus privaten Haushaltungen und gefährliche Abfälle. Sonderregelungen der Überlassungspflicht durch Rechtsverordnungen nach den §§ 10, 16 und 25 bleiben unberührt.

(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung

1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt,
2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder
3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
Satz 3 Nummer 1 und 2 gilt nicht, wenn die vom gewerblichen Sammler angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle wesentlich leistungsfähiger ist als die von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder dem von ihm beauftragten Dritten bereits angebotene oder konkret geplante Leistung. Bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit sind sowohl die in Bezug auf die Ziele der Kreislaufwirtschaft zu beurteilenden Kriterien der Qualität und der Effizienz, des Umfangs und der Dauer der Erfassung und Verwertung der Abfälle als auch die aus Sicht aller privaten Haushalte im Gebiet des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu beurteilende gemeinwohlorientierte Servicegerechtigkeit der Leistung zugrunde zu legen. Leistungen, die über die unmittelbare Sammel- und Verwertungsleistung hinausgehen, insbesondere Entgeltzahlungen, sind bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit nicht zu berücksichtigen.

(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.

Der Bescheid der Beklagten vom 9. April 2013 und der Widerspruchsbescheid des Stadtrechtsausschusses der Beklagten vom 13. November 2014 werden aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die von der Beklagten verfügte Untersagung einer gewerblichen Sammlung von Alttextilien nebst der Anordnung, sämtliche Sammelcontainer im Stadtgebiet der Beklagten zu entfernen.

2

Die Klägerin ist ein im gesamten Bundesgebiet tätiger und nach der Entsorgungsfachbetriebeverordnung zertifizierter Entsorgungsfachbetrieb sowie Mitglied im BDE Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft e.V. Pro Monat erfasst die Klägerin nach eigenen Angaben im Bundesgebiet bis zu 150 Tonnen Altschuhe (an ca. 1200 Rücknahmestellen) und bis zu 400 Tonnen Alttextilien (an ca. 750 Rücknahmestellen). Sofern hierbei Sammelbehälter aufgestellt werden, erfolgt dies auf mietvertraglicher Grundlage auf den Grundstücken oder in den Geschäften privater Partner (Einzelhändler, Supermarktketten u.a.), in der Vergangenheit auch auf den Grundstücken öffentlicher Partner (kommunale Wertstoffhöfe, etc.).

3

Derzeit beschäftigt die Klägerin etwa 30 Mitarbeiter. Die aufgrund regelmäßiger Leerung (in der Regel wöchentlich) gesammelten Textilien und Schuhe (beide Abfallfraktionen werden jeweils über separate Sammelcontainer erfasst) werden mittels eines eigenen Fuhrparks von etwa 25 PKW und LKW in den jeweiligen zentralen Sortierbetrieb verbracht, wobei die Sortierung der Schuhe in A-Stadt und die Sortierung von Alttextilien überwiegend bei zertifizierten Partnern der Klägerin erfolgt.

4

In der Sortierhalle in A-Stadt werden nicht weiter verwendbare Teile (Fehlwürfe) und nicht weiter verwertbare Textilien aussortiert. Diese werden vom örtlichen kommunalen Entsorger, dem AHA Zweckverband Abfallwirtschaft Region Hannover, abgeholt und entsorgt. Nach Angaben der Klägerin werden von den durch sie eingesammelten Altschuhen und Textilien erfahrungsgemäß bis zu 85 % als sortierte Ware an langjährige Kunden veräußert und ca. 15 % an den kommunalen Entsorger (AHA) als Abfall zur ordnungsgemäßen Entsorgung (energetische Verwertung) abgegeben.

5

Die Beklagte sammelt auf den in Kaiserslautern betriebenen Wertstoff- und Recyclinghöfen des Abfallwirtschafts- und Stadtreinigungs-Eigenbetriebs der Stadt Kaiserslautern (ASK) im Bringsystem in entsprechenden Containern Altkleider, Textilien und Schuhe. Zusätzlich zum bestehenden Bringsystem wurde mit der Änderung der Abfallsatzung der Beklagten zum 1. Januar 2013 ein Abholsystem für die Abfallarten Altmetalle, Altkleider und Alttextilien geschaffen. Der ASK holt entsprechende Abfälle auf fernmündlichen oder schriftlichen Antrag in Säcken mit bis zu 70 Liter Fassungsvermögen ab. Diese Holsysteme erfassen flächendeckend sämtliche Verwertungsabfälle dieser Art. Nach der Erfassung werden die Abfälle der Zentrale Abfallwirtschaft Kaiserslautern (ZAK) – einer gemeinsamen kommunalen Anstalt des öffentlichen Rechts der Beklagten und des Landkreises Kaiserslautern – überlassen und der Verwertung zugeführt. Zusätzlich zu dem Erfassungssystem der ASK erfolgt durch die ZAK eine Sammlung von Altkleidern/Textilien im Bringsystem in entsprechenden Sammelcontainern.

6

Die anschließende Verwertung durch die ZAK erfolgt im Bereich Alttextilien dergestalt, dass die erfassten Mengen einem zertifizierten Entsorgungsfachbetrieb zur weiteren Behandlung, Wiederverwendung, Verwertung und Beseitigung überlassen werden. Nach Angaben der ZAK werden derzeit etwa 55 % der erfassten Mengen der Wiederverwendung (Second Hand-Shops), etwa 22 % der Weiterverwendung (z.B. in der Putzlappenindustrie), etwa 15 % der Weiterverwertung (Rohstoffindustrie) und lediglich 5 % der sonstigen Verwertung zugeführt.

7

Mit Schreiben vom 30. August 2012 zeigte die Klägerin gegenüber der Beklagten eine auf unbestimmte Zeit angelegte gewerbliche Sammlung von Altkleidern, -textilien und -schuhen an. Die angezeigte Sammlung betrifft die Aufstellung von Alttextilien- und Altschuhcontainern an einem von Seiten der Klägerin bereits genutzten Standort eines Supermarktes im Stadtgebiet der Beklagten. Im Rahmen des Anzeigeverfahrens forderte die Beklagte die Klägerin auf, weitere Angaben zu der erfolgten Anzeige zu machen. Mit Schreiben vom 26. November 2012 machte die Klägerin unter Bezugnahme auf ihre Verpflichtung aus § 18 Abs. 2 Kreislaufwirtschaftsgesetz – KrWG – weitere Angaben

8

- über Größe und Organisation ihres Sammlungsunternehmens (z.B. Zahl der Mitarbeiter, der zentralisierten Verbringung zum Sortierstandort in A-Stadt, oder über den firmeneigenen Fuhrpark)

9

- über Art, Ausmaß und Dauer (Sammlung im Bringsystem mittels Sammelcontainer, voraussichtliche Sammelmenge von ca. 20 Tonnen/Jahr, über den größtmöglichen Umfang durch die Angabe, dass eine Ausweitung der Sammlung über den bisherigen Standort nicht geplant sei und über die Mindestdauer, nämlich auf unbestimmte Zeit, vor dem Hintergrund der vorgeblich bereits seit 15 Jahren bestehenden Sammlung)

10

- über Art, Menge und Verbleib der Abfälle (Alttextilien und Altschuhe, zentrale Verbringung nach A-Stadt)

11

- über die vorgesehenen Verwertungswege (Sortierung, Vermarktung der gewonnen Fraktionen zur Fasergewinnung, Putzlappenherstellung, etc., Darlegung des Entsorgungsweges für nicht verwertbare Fraktionen)

12

- über die Gewährleistung der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung (Mitteilung der Zertifizierung als Entsorgungsfachbetrieb).

13

Die Sammelmenge am angegebenen Standort habe sich im Jahr 2011 auf 21,54 Tonnen belaufen. Als erwartete Menge für das Jahr 2012 gab die Klägerin ebenfalls eine Menge von 21,54 Tonnen an.

14

Im Zuge der Anhörung äußerte die Beklagte ihre Absicht, die Sammlung zu untersagen. Dabei verwies sie nicht mehr auf das Fehlen von im Rahmen des Anzeigeverfahrens vorzulegender Unterlagen. Sowohl ASK als auch ZAK gaben am 1. März 2013 bzw. 5. März 2013 hierzu Stellungnahmen ab.

15

Mit Bescheid vom 9. April 2013 untersagte das Referat Umweltschutz der Beklagten der Klägerin die am 3. September 2012 angezeigte gewerbliche Sammlung von Altkleidern, Textilien und Schuhen im Stadtgebiet von Kaiserslautern. Zudem wurde der Klägerin aufgegeben, die im Stadtgebiet von Kaiserslautern aufgestellten Sammelcontainer unverzüglich zu entfernen. Weiterhin ordnete die Beklagte die sofortige Vollziehung an und drohte der Klägerin für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000 € an.

16

Die auf § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG i.V.m. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 KrWG gestützte Verfügung begründete die Beklagte mit überwiegenden öffentlichen Interessen, die der Sammlung der Klägerin entgegenstünden. Zum einen würden durch die Sammlung Abfälle erfasst, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger eine haushaltsnahe sowie hochwertige Erfassung und Verwertung durchführe. Zum anderen werde durch die Sammlung der Klägerin die Stabilität der Gebühren gefährdet, denn grundsätzlich minderten Einnahmen, die der Entsorgungsbetrieb über den Verkauf von Abfällen an Dritte erschließen kann, die Gebührenhöhe. Mit der Wertschöpfung, die die Klägerin in Kaiserslautern erschließen wolle, gingen dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger Einnahmen verloren. Der Beklagten lägen im Übrigen weitere Anzeigen von gewerblichen Sammlern vor, die in ihrer Gesamtheit zu einem erheblichen Einnahmeverlust für den Entsorgungsbetrieb führten, wenn diese Sammlungen nicht untersagt würden. Die Klägerin könne sich auch nicht auf Vertrauensgesichtspunkte berufen. Es seien von Seiten der Klägerin keine Informationen oder Nachweise dafür erbracht worden, die plausibel machen könnten, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang im Stadtgebiet der Beklagten bereits vor dem 1. Juni 2012 Sammlungen durchgeführt wurden. Sollten überdies – wie die Klägerin behauptet habe – solche Sammlungen tatsächlich durchgeführt worden sein, seien diese Sammlungen formell rechtswidrig gewesen, da dann die Nachweispflicht des § 13 Abs. 3 Nr. 3 KrWG a.F. nicht beachtet worden sei. Weder der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger noch die Abfallbehörde hätten Kenntnis von einer entsprechenden Sammlung gehabt. Letztlich sei die Untersagung auch verhältnismäßig, insbesondere könne die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG nicht durch Bedingungen, Befristungen oder Auflagen sichergestellt werden. Infolge der Untersagung der gewerblichen Sammlung sei es auch konsequent, das Entfernen der Sammelcontainer zu veranlassen.

17

Gegen den Bescheid der Beklagten legte die Klägerin am 8. Mai 2013 Widerspruch ein und suchte um vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutz nach, dem die erkennende Kammer mit Beschluss vom 25. Juni 2013 – 4 L 411/13.NW – stattgab.

18

Im Laufe des Vorverfahrens forderte der Stadtrechtsausschuss der Beklagten die Ausgangsbehörde auf, eine Beeinträchtigung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers anhand entsprechender Zahlen zu dokumentieren. Der um Rat gebetene ASK führte hierzu aus, dass die durchschnittliche Sammelmenge pro Kopf ca. 6 kg/Jahr betrage, sodass angesichts der Einwohnerzahl der Stadt Kaiserslautern von einer Sammelmenge von 600 Tonnen auszugehen sei. Dies werde durch die erfolgten Anzeigen gewerblicher Sammler unterlegt, die zusammen eine Sammelmenge von 598,24 Tonnen angegeben hätten. Der ASK sammle eine Altkleidermenge von ca. 30 Tonnen/Jahr. Im Jahr 2013 habe er einen Erlös von 300 €/Tonne erzielt. Die ZAK teilte außerdem im Juni 2014 mit, dass das Hol- und Bringsystem im Jahr 2013 insgesamt knapp 43 Tonnen Alttextilien erfasst habe. Für das Jahr 2014 könne mit einem Anstieg auf 63 Tonnen/Jahr gerechnet werden. Bisher habe sie einen Erlös in Höhe von 355 €/Tonne erwirtschaftet. Die ZAK legte ihrer Prognose bezüglich der Gefährdung der Gebührenstabilität aufgrund 16 angezeigter gewerblicher Sammlungen eine Gesamttextilmenge von 892,24 Tonnen/Jahr zugrunde.

19

Mit Widerspruchsbescheid vom 13. November 2014, der Klägerin am 19. November 2014 zugestellt, wies der Stadtrechtsausschuss der Beklagten den Widerspruch der Klägerin zurück.

20

Anders als im Ausgangsbescheid stützte der Stadtrechtsausschuss die Verfügung nicht nur auf § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG, sondern auch auf § 18 Abs. 2 KrWG. Nach Auffassung des Stadtrechtsausschusses habe die Klägerin den erforderlichen Nachweis einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung nicht vollständig erbracht. Zum einen fehle es an einem Nachweis des Einverständnisses des Grundstückseigentümers, auf dessen Grundstück die Sammlung stattfinden solle. Daneben sei das Zertifikat des Entsorgungsfachbetriebes am 7. Mai 2014 abgelaufen und ein aktuelles Zertifikat sei nicht vorgelegt worden. Eine Gewerbeanmeldung sei ebenfalls nicht nachgewiesen und schließlich sei der Detailgrad der Sortierung nicht hinreichend angegeben. Angesichts Letzterem bleibe die wesentliche Fragestellung, wie mit Restabfällen verfahren werde, die mit der reinen Erfassungsmenge vermischt werden, unbeantwortet. Da die Nutzer der Sammlung von Alttextilien, jedenfalls soweit sie über Container erfolge, regelmäßig nicht nur die erwünschten Alttextilien, sondern auch nicht unerhebliche Teilfraktionen an Restabfällen der Sammlung beimischten (sog. Fehlwürfe), sei der Nachweis der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung nicht nur in Bezug auf die reine Erfassungsmenge zu erbringen, sondern darüber hinaus auch für die unerwünschten Restabfälle. Weder in der Anmeldung noch zu einem späteren Zeitpunkt werde etwas dazu vorgetragen. Dass die Klägerin die Restabfälle über den kommunalen Entsorgungsträger AHA entsorge, sei bekannt. Allerdings habe die Klägerin nicht dargetan, in welchem Verhältnis die einzelnen Fraktionen anfallen bzw. üblicherweise anfallen (tatsächlicher Anteil der Wiederverwertung, Verarbeitung, Entsorgung).

21

Ungeachtet der unzureichenden Anzeige stünden der gewerblichen Sammlung der Klägerin auch öffentliche Interessen im Sinne des § 17 Abs. 3 KrWG entgegen. Es liege eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers vor. Einerseits werde nämlich die Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert. Dies sei zwar nicht allein auf die Sammlung der Klägerin zurückzuführen. Bei der Bewertung dieser tatbestandlichen Voraussetzung müsse jedoch eine Gesamtbetrachtung aller im Gemeindegebiet angezeigten gewerblichen und gemeinnützigen Sammlungen erfolgen. Nur die Addition aller abgeschöpften Mengen spiegle ein realistisches Bild wider. Neben der Klägerin hätten indes eine Reihe von gewerblichen Sammlern Sammlungen angezeigt; auch finde eine nicht geringe Anzahl von gemeinnützigen Sammlungen im Bereich der Beklagten statt. Die Beklagte habe im Widerspruchsverfahren eine Gesamtmenge von 1483,79 Tonnen von durch diese Sammlungen abgeschöpften Altkleidern angegeben, wobei sie sich hinsichtlich der Mengen strikt an die Angaben der jeweiligen Anzeiger gehalten habe. Wenn aber eine solche Menge abgeschöpft werde, dann habe dies zwangsläufig auf die Erfüllung der bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen Auswirkung. Dabei könne darauf abgestellt werden, ob der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger durch die gewerbliche Sammlung zu einer wesentlichen Änderung oder Anpassung seiner Entsorgungsstruktur gezwungen werde. Dies sei vorliegend der Fall, da der Entsorgungsträger eine Reihe von Wertstoffhöfen betreibe, um den Bürgern die Möglichkeit zu eröffnen, ihre Altkleider und -schuhe auf diesen Wertstoffhöfen abzuliefern. Der Betrieb solcher Wertstoffhöfe benötige eine hinreichende Auslastung. Sofern diese durch die Konkurrenz gewerblicher Sammler nicht mehr sichergestellt sei, drohe deren Schließung und mithin eine wesentliche Änderung bzw. Anpassung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsstruktur.

22

In diesem Zusammenhang müsse auch berücksichtigt werden, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger, anders als die gewerblichen Altkleidersammler, bei seiner Tätigkeit nicht ausschließlich nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten handele. Als Entsorgungsträger der Kommune müssten auch Bereiche abgedeckt werden, die für die gewerblichen Sammler uninteressant seien, da die Kosten die Erträge überwiegen. Auch in diesen uninteressanten Gebieten fielen aber Altkleider an, die als Wertstoff vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gesammelt und verwertet werden. Wenn hierbei ein wirtschaftlicher Gewinn erzielt werden könne, dann werde dieser – weil die Behörde nicht gewinnorientiert arbeiten dürfe – an die Bürger weitergegeben. Außerdem müsse beachtet werden, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger seine Sammlungen nicht vom aktuell zu erzielenden Tonnenpreis für Altkleider abhängig mache, sondern – gerade weil es seine öffentliche Aufgabe sei – diese Sammlung auch in Krisenzeiten durchführe.

23

§ 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG sei dahingehend auszulegen, dass bereits rein wirtschaftliche Nachteile aus der Tätigkeit des Sammlers für eine Gefährdung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsstruktur ausreichten. Gerade solche Nachteile sollten dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nicht zugemutet werden, denn die Erbringung der Entsorgungsdienstleistungen durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger solle zu möglichst niedrigen, sozialverträglichen Gebühren erfolgen und dies sei nur möglich, wenn die Möglichkeit der Quersubventionierung unrentabler mit rentablen Bereichen verbleibe. Durch die Sammelaktivitäten der Klägerin und der anderen angezeigten gewerblichen und gemeinnützigen Sammlungen entgingen dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger Einnahmen in beträchtlicher Höhe (hier geschätzte 419.000 €), weshalb er seine Entsorgungspflichten nicht mehr zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen erfüllen könne. Aufgrund der wegfallenden Einnahmen aus der Verwertung der Wertstoffe könne auch die Notwendigkeit einer Gebührenanpassung „nach oben“ in Zukunft nicht ausgeschlossen werden.

24

Andererseits sei eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers auch deshalb zu verzeichnen, weil durch die gewerbliche Sammlung eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu besorgen sei. Zwar vermöge der Stadtrechtsausschuss nicht abschließend zu beurteilen, ob tatsächlich die Stabilität der Gebühren als gefährdet anzusehen sei; die vorstehenden Ausführungen zu den Einflüssen der gewerblichen Sammlungen auf die Einnahmen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers würden insoweit als ausreichend im Sinne einer unerwünschten Entwicklung angesehen. Entscheidend sei jedoch, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger auf dem Gebiet der Stadt Kaiserslautern ein nach § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG geschütztes System betreibe und eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung anbiete.

25

Dagegen hat die Klägerin am 19. Dezember 2014 Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie vor:

26

Sie habe entgegen den Ausführungen des Stadtrechtsausschusses ihrer Anzeigepflicht gemäß § 18 Abs. 2 KrWG Genüge getan, insbesondere habe sie den Nachweis einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung erbracht. Auch sehe die genannte Vorschrift eine Verpflichtung, Pachtverträge, Sondernutzungserlaubnisse oder Einverständniserklärungen als Nachweis zu übersenden, nicht vor, sodass eine solche Vorlage von Seiten der Beklagten nicht verlangt werden dürfe. Der Begriff der „überwiegenden öffentlichen Interessen“ in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG und seine Ausgestaltung in § 17 Abs. 3 KrWG seien gemäß den Vorgaben des Europarechts restriktiv auszulegen. Die Vorschrift des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG sei bereits tatbestandlich nicht erfüllt. Überdies gestalte sich die Tätigkeit der Klägerin als leistungsfähiger, jedenfalls aber als ebenso leistungsfähig wie diejenige der Beklagten. Die Beklagte habe eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung nicht dargelegt. Angesichts der Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers dürfe nicht auf die Entsorgungsstrukturen für einzelne Abfallfraktionen, sondern nur auf die Funktionsfähigkeit im Ganzen abgestellt werden. Zu berücksichtigen seien also nicht etwa lediglich die Entsorgungsstrukturen für Altschuhe, sondern auch für Textilabfälle, Metalle, Papier und sonstige Wertstoffe aus Haushalten, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger ein Angebot bereitstelle. Allenfalls dann, wenn nachgewiesen werden könne, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder ein beauftragter Dritter hinsichtlich der Planbarkeit und Organisation der insofern vorgehaltenen Strukturen wesentlich beeinträchtigt würde, erschiene es überhaupt gerechtfertigt, eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers insgesamt im Rahmen des Regelbeispiels des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG zu vermuten. Schutz bestehe allein für die besondere Funktion der Entsorgungsaufgabe insgesamt. Ebenfalls habe die Beklagte nicht dargelegt, welche negativen Konsequenzen sich aus der uneingeschränkten „Zulassung“ gewerblicher Sammler – losgelöst von einer Mengenbetrachtung – in technischer, organisatorischer, personeller und wirtschaftlicher Hinsicht für den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger ergäben. Darüber hinaus könne die prognostizierte Gesamtsammelmenge sämtlicher gewerblicher Sammler für sich allein betrachtet keinen Ausschlag für eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers geben. Soweit sich die Beklagte in ihrer Untersagungsverfügung auf die Tatbestände der § 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KrWG bzw. § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG berufe, seien deren Voraussetzungen nicht dargelegt. Schließlich verstoße die Verfügung der Beklagten gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes für Bestandssammler und gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

27

Die Klägerin beantragt,

28

den Bescheid der Beklagten vom 9. April 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Stadtrechtsausschusses der Beklagten vom 13. November 2014 aufzuheben.

29

Die Beklagte beantragt,

30

die Klage abzuweisen.

31

Zur Begründung bezieht sie sich auf die im Ausgangs- und im Widerspruchsbescheid angestellten Erwägungen und verweist darüber hinaus auf aktuelle Entwicklungen in der Rechtsprechung.

32

Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie die Behördenakten Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der Beratung.

Entscheidungsgründe

33

Die Klage ist zulässig und begründet. Die Verfügung der Beklagten vom 9. April 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Stadtrechtsausschusses der Beklagten vom 13. November 2014 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO –). Gleiches gilt für die in dem Bescheid ebenfalls verfügte Androhung von Zwangsmitteln.

34

Die gegenüber der Klägerin erlassene Untersagungsverfügung kann nicht auf die Ermächtigungsgrundlage des § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG gestützt werden. Nach dieser Vorschrift hat die zuständige Behörde die Durchführung einer angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben, oder die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 oder Nr. 4 KrWG genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist.

35

1. Die Kammer kann zunächst offen lassen, ob die streitgegenständliche Untersagungsverfügung formell ordnungsgemäß zustande gekommen ist, insbesondere, ob die Beklagte für den Erlass des Bescheids sachlich zuständig war. Maßgeblich für die Bestimmung der Zuständigkeit ist § 17 Abs. 5 Landeskreislaufwirtschaftsgesetz – LKrWG –. Danach ist die untere Abfallbehörde (§ 17 Abs. 1 Satz 3 LKrWG) für die Durchführung des Anzeigeverfahrens nach § 18 KrWG einschließlich des Erlasses der erforderlichen Anordnungen zu angezeigten und nicht angezeigten Sammlungen zuständig. Soweit in diesem Zusammenhang Anordnungen nach § 18 Abs. 5 KrWG gegen Personen erlassen werden sollen, die gewerbliche Sammlungen durchführen oder durchführen wollen, stellt sich die Frage, inwieweit die Zuständigkeit einer Behörde begründet werden kann, die demselben Rechtsträger angehört wie der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger. Ein sich hieraus ergebender Interessenkonflikt könnte mit der Neutralitätspflicht der Behörde nach den Vorgaben des EU-Wettbewerbsrechts kollidieren (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 9. Oktober 2013 – 8 B 10783/13.OVG –, NVwZ-RR 2014, 135 m.w.N.; verneint in der Gesetzesbegründung, s. LT-Drucksache 16/2205 Seite 26). Anders als das Recht in anderen Bundesländern – etwa in Niedersachsen – sieht das rheinland-pfälzische Landesrecht jedoch keine – etwa § 42 Abs. 4 Niedersächsisches Abfallgesetz (NdsAbfG) entsprechende – Regelung vor, nach der in Fällen wie diesem eine Abgabe des Verfahrens an die obere Abfallbehörde in Betracht kommt, um nicht in eigener Sache entscheiden zu müssen (vgl. diesbezüglich die Rechtsprechung des OVG Niedersachsen, z.B. Beschluss v. 15.08.2013 – 7 ME 62/13 –, NVwZ-RR 2013, 957). Ob die innerorganisatorische Zuständigkeitsverteilung der Beklagten – den Bescheid hat das Referat Umweltschutz erlassen – den Anforderungen der Neutralitätspflicht in hinreichender Weise genügt, bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung. Denn die Untersagungsverfügung ist jedenfalls materiell rechtswidrig.

36

2. Die Untersagungsverfügung kann in materieller Hinsicht weder auf § 18 Abs. 5 Satz 2 Alternative 1 KrWG (2.1.) noch auf § 18 Abs. 5 Satz 2 Alternative 2 KrWG (2.2.) gestützt werden. Da es sich um einen Dauerverwaltungsakt handelt, ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Verfügung der der Beratung durch die Kammer (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. August 2013 – 20 A 2798 /11 –, Bay. VGH, Beschluss vom 11. März 2014 – 20 ZB 13.2510 –; VG Koblenz, Urteil vom 29. Juli 2014 – 4 K 251/14.KO –, juris).

37

2.1. Nach § 18 Abs. 5 Satz 2 Alternative 1 KrWG hat die zuständige Behörde die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben.

38

Soweit die Beklagte die Unzuverlässigkeit der Klägerin daraus herleiten möchte, diese habe die beabsichtigte gewerbliche Sammlung nicht ordnungsgemäß angezeigt, vermag das Gericht dem nicht zu folgen.

39

Zwar ist die Klägerin Anzeigende im Sinne der genannten Vorschrift. Anzeigender ist der Träger der gewerblichen Sammlung, also die natürliche oder juristische Person, die die Sammlung in eigener Verantwortung durchführt oder durchführen lässt (vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 24. Februar 2015 – 9 K 2303/13 –, juris m.w.N.). Dies ist hier die Klägerin, der das Handeln ihres Geschäftsführers zuzurechnen ist.

40

Jedoch ist die Klägerin nicht unzuverlässig.

41

Der Begriff der Zuverlässigkeit ist im Kreislaufwirtschaftsgesetz nicht legaldefiniert. Nach übereinstimmender Auffassung beurteilt sich mangels eigenständiger Definition die Frage der Zuverlässigkeit im Sinne von § 18 Abs. 5 Satz 2 Alternative 1 KrWG nach den zu § 35 GewerbeordnungGewO – entwickelten Grundsätzen (s. z.B. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 4. März 2014 – 10 S 1127/13 –, GewArch 2014, 245). Unzuverlässig ist demnach im Allgemeinen ein Gewerbetreibender, wenn er nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß, d.h. im Einklang mit dem geltenden Recht betreibt (s. z.B. BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1982 – 1 C 146/80 –, NVwZ 1982, 503; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 20. Dezember 2010 – 6 B 11259/10.OVG – m.w.N.). Das in der Vergangenheit liegende Verhalten muss mittels einer Prognose daraufhin beurteilt werden, ob es auf eine Unzuverlässigkeit in der Zukunft schließen lässt; die Bejahung der Unzuverlässigkeit muss sich auf Tatsachen stützen lassen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 4. März 2014 – 10 S 1127/13 –, GewArch 2014, 245).

42

Die Regelung des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alternative 1 KrWG ist im Hinblick auf die Art. 12 und 14 Grundgesetz – GG – insoweit einschränkend auszulegen, als bloße Bedenken an der Zuverlässigkeit nicht für eine Untersagung ausreichen; vielmehr müssen die Bedenken ein so starkes Gewicht haben, dass sie gemessen am Rang der Grundrechte und der Schwere des potentiellen Schadens eine Untersagung rechtfertigen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19. Juli 2013 – 20 B 607/13 –, juris). Dies bedeutet, dass für die Annahme der Unzuverlässigkeit im Rahmen von § 18 Abs. 5 Satz 2 Alternative 1 KrWG bei prognostischer Betrachtung die Gefahr bestehen muss, dass es im Falle der weiteren Durchführung der Sammlung zu gewichtigen Verstößen gegen abfallrechtliche oder sonstige im unmittelbaren Zusammenhang mit der Sammlung einschlägige Vorschriften kommen wird. Unzuverlässig im Sinne des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alternative 1 KrWG ist daher, wer nicht die Gewähr dafür bietet, in Zukunft die abfallrechtlichen und sonstigen einschlägigen Vorschriften, insbesondere zur ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung von Abfällen (§ 7 Abs. 3 KrWG), einzuhalten (vgl. VG Bremen, Beschluss vom 25. Juni 2013 – 5 V 2112/12 – juris; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 24. Februar 2015 – 9 K 2303/13 –, juris).

43

Zwar kann auch eine unvollständige, die Vorgaben des § 18 Abs. 2 KrWG missachtende Anzeige grundsätzlich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden begründen (VG Bremen, Beschluss vom 25. Juni 2013 – 5 V 2112/12 –, juris). Nach § 18 Abs. 1 KrWG sind gewerbliche Sammlungen spätestens drei Monate vor ihrer beabsichtigten Aufnahme durch ihren Träger der zuständigen Behörde anzuzeigen. Der Anzeige sind Angaben über die Größe und Organisation des Unternehmens (§ 18 Abs. 2 Nr. 1 KrWG), Angaben über Art, Ausmaß und Dauer, insbesondere über den größtmöglichen Umfang und die Mindestdauer der Sammlung (§ 18 Abs. 2 Nr. 2 KrWG), Angaben über Art, Menge und Verbleib der zu verwertenden Abfälle ( § 18 Abs. 2 Nr. 3 KrWG), eine Darlegung der innerhalb des angezeigten Zeitraums vorgesehenen Verwertungswege einschließlich der erforderlichen Maßnahmen zur Sicherstellung ihrer Kapazitäten (§ 18 Abs. 2 Nr. 4 KrWG) sowie eine Darlegung, wie die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle im Rahmen der Verwertungswege gewährleistet wird (§ 18 Abs. 2 Nr. 5 KrWG), beizufügen. Diese Bestimmung steht im Dienste einer ordnungsgemäßen und schadlosen Abfallverwertung. Nach der Gesetzesbegründung sollen die von § 18 Abs. 2 KrWG geforderten Angaben der Behörde eine umfassende Prüfung ermöglichen und insbesondere als Grundlage für die Beurteilung dienen, ob der gewerblichen Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen (BT-Drucksache 17/6052, Seite 88). Die Anzeige einer gewerblichen Sammlung im Sinne des § 18 Abs. 1 und Abs. 2 KrWG ist mithin keine bloße Förmlichkeit von nachrangiger rechtlicher Bedeutung. Die rechtzeitige, richtige und vollständige Anzeige ist vielmehr unerlässliche Voraussetzung dafür, dass die zuständige Behörde prüfen kann, ob eine ordnungsgemäße und schadlose Abfallverwertung gesichert ist und ob der Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen (s. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG). Daher gilt, dass die von § 18 Abs. 2 KrWG geforderten Angaben und Darlegungen der zuständigen Behörde – mit Ausnahme der Konstellation des § 72 KrWG – vor Beginn der gewerblichen Sammlung richtig und vollständig vorliegen müssen (vgl. zu Letzterem: VGH Baden-Württemberg vom 11. Februar 2008 – 10 S 2422/07 –, VBlBW 2008, 295; zum Ganzen: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. September 2013 – 10 S 1345/13 –, UPR 2014, 33).

44

Danach können Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden im Sinne des § 18 Abs. 5 Satz 2 Alternative 1 KrWG insbesondere dann bestehen, wenn die zuständige Behörde den Anzeigenden auf die Unvollständigkeit seiner Angaben hinweist und um eine Ergänzung bittet, dieser daraufhin jedoch nicht reagiert oder die nachgefragte Information sogar ausdrücklich verweigert. Dies setzt allerdings voraus, dass die von der Behörde geforderten Nachweise und Darlegungen nach § 18 Abs. 2 KrWG erforderlich sind (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. September 2013 – 10 S 1345/13 –, UPR 2014, 33).

45

a) Soweit die Beklagte den fehlenden Nachweis der Gewerbeanmeldung und den fehlenden Nachweis des Einverständnisses des Grundstückseigentümers, auf dessen Grundstück die Sammlung stattfindet, beanstandet, vermag dies die Untersagungsverfügung nicht zu stützen, weil derartige Nachweise bzw. Darlegungen nach § 18 Abs. 2 KrWG nicht erforderlich sind.

46

Dem Wortlaut des § 18 Abs. 2 KrWG ist nicht zu entnehmen, dass der Anzeige eine aktuelle personenbezogene Auskunft aus dem Gewerbezentralregister über die Betriebsinhaber und jeden Geschäftsführer der Firma bzw. eine aktuelle firmenbezogene Auskunft aus dem Gewerbezentralregister beizufügen sind. Der Katalog des § 18 Abs. 2 KrWG nennt derartige Unterlagen nicht. Auch der Umstand, dass ohne diese Nachweise die Zuverlässigkeit des Antragstellers eventuell nicht abschließend geprüft werden kann, rechtfertigt keine beliebige behördliche Erweiterung der gesetzlichen Anzeigepflichten. Der Gesetzgeber hat mit § 18 Abs. 1 und 2 KrWG – im Unterschied zu § 54 KrWG für gefährliche Abfälle – kein umfassendes Genehmigungsverfahren geschaffen, sondern lediglich eine Verpflichtung zur Anmeldung der Aufnahme der beabsichtigten Sammlungstätigkeit begründet. Die Vorschrift darf daher nicht so gehandhabt werden, als handele es sich um ein präventives Erlaubnisverfahren, in dem die Zuverlässigkeit oder die Fach- und Sachkunde der tätig werdenden Personen vorab nachzuweisen wären. Ein solches Verfahren sieht das Kreislaufwirtschaftsgesetz nur für Sammler, Beförderer, Händler und Makler gefährlicher Abfälle vor (§ 54 KrWG). Bei anderen Abfällen – wie hier – begründet der dann einschlägige § 53 KrWG lediglich eine Anzeigepflicht bei der zuständigen Behörde am Hauptsitz des Anzeigenden (§ 53 Abs. 1 Satz 3 KrWG). Im Rahmen der Prüfung einer solchen Anzeige kann diese Behörde die Vorlage von Unterlagen über den Nachweis der Zuverlässigkeit verlangen (§ 53 Abs. 3 Satz 2 KrWG). Aus dem Fehlen einer entsprechenden Regelung in § 18 Abs. 2 KrWG kann daher gefolgert werden, dass gegenüber der nach dieser Vorschrift zuständigen Abfallbehörde am Sammelort derartige Nachweise nicht mit der Anzeige beigebracht werden müssen; der Anzeigende ist mithin nicht gehalten, in sämtlichen Kommunen im Bundesgebiet jedes Mal, wenn er in deren Zuständigkeitsbereich eine einzelne Sammlung durchführen will, Nachweise für seine Zuverlässigkeit vorzulegen. Vielmehr ist es ausreichend, wenn er dem vor Aufnahme seiner abfallwirtschaftlichen Tätigkeit bei der zuständigen Behörde an seinem Hauptsitz nachkommt; die Abfallbehörde am Sammelort kann gegebenenfalls bei dieser Behörde die erforderlichen Erkundigungen einziehen (OVG Lüneburg, Beschluss vom 15. August 2013 – 7 ME 62/13 –, NVwZ-RR 2013, 957; zum Ganzen wörtlich: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. September 2013 – 10 S 1345/13 –, UPR 2014, 33).

47

Dementsprechend hat die Beklagte vorliegend die Anzeigepflichten gemäß § 18 Abs. 2 KrWG mit Blick auf den geforderten Nachweis der Gewerbeanmeldung überdehnt. Auch hat die Beklagte nicht dargetan, aus welchen sonstigen Umständen sich unabhängig von der Nichterfüllung der Anzeigepflichten Bedenken gegen die Zuverlässigkeit der Klägerin ergeben. Selbst wenn aber konkrete Zweifel an deren Zuverlässigkeit Anlass zu weiteren Nachforschungen geben sollten, hätte die Beklagte die Auskunft ohne Weiteres selbst – im Rahmen der Amtsermittlung – einholen können. Die Berechtigung der Behörde zur Einholung von Auskünften aus dem Gewerbezentralregister folgt aus § 150 a Abs. 1 Nr. 2 b i.V.m. § 149 Abs. 2 Nr. 1 b GewO. Auch nach § 9 HandelsgesetzbuchHGB – bedarf die Einsichtnahme in das Handelsregister nicht der Mitwirkung der Klägerin. Insoweit hätten der Beklagten bezüglich dieses Nachweises weit mildere Mittel zur Verfügung gestanden, sodass eine hierauf gestützte Untersagung jedenfalls auch unverhältnismäßig ist (vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. September 2013 – 10 S 1345/13 –, UPR 2014, 33).

48

b) Auch die Forderung, die bestehende privatrechtliche Vereinbarung mit den jeweiligen Grundstückseigentümern, auf deren Grundstück die Sammelcontainer aufgestellt sind, nachzuweisen, ist von § 18 Abs. 2 KrWG nicht gedeckt.

49

Der Wortlaut der Vorschrift des § 18 Abs. 2 KrWG gebietet ausdrücklich weder eine Verpflichtung des gewerblichen Sammlers, Containerstandortlisten mit genauen Adressen vorzulegen, noch eine Verpflichtung, Pachtverträge, Sondernutzungserlaubnisse oder Einverständniserklärungen zum Aufstellen der Sammelcontainer zu übersenden (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. September 2013 – 10 S 1345/13 –, UPR 2014, 33).

50

Die Vorlage der genannten Nachweise ist auch nicht erforderlich, um im Sinne von § 18 Abs. 2 Nr. 2 KrWG Art, Ausmaß, Dauer und Umfang der Sammlung feststellen zu können. Wenn § 18 Abs. 2 Nr. 2 KrWG von dem gewerblichen Sammler Angaben über Art, Ausmaß und Dauer, insbesondere über den größtmöglichen Umfang und die Mindestdauer der Sammlung verlangt, bedeutet dies, dass der Sammler den Gegenstand der Sammlung (was soll gesammelt werden?), den räumlichen Umfang der Sammlung (wo im Landkreisgebiet bzw. Stadtgebiet soll gesammelt werden?), den zeitlichen Umfang der Sammlung (wann, wie oft und wie lange soll gesammelt werden und welche Mindestdauer ist geplant?) und die Art der Durchführung der Sammlung (wird im Hol- oder Bringsystem, in Eigenregie oder durch einen Dritten gesammelt?) darzulegen hat. Um das Ausmaß der Sammlung ermitteln zu können, dürfte es auch nicht zu beanstanden sein, wenn die zuständige Behörde die Anzahl und die Größe der Container und ihre Verteilung auf die Gemeindegebiete abfragt. Die Befragung nach genau bezeichneten Stellplätzen oder danach, ob der Sammler über die erforderlichen straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnisse sowie die privatrechtlichen Einverständniserklärungen und Verträge für die einzelnen Stellflächen verfügt, findet aber keine Rechtsgrundlage in § 18 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 KrWG (ebenso VG Augsburg, Urteil vom 27. Februar 2013 – Au 6 K 12.1415 – juris; VG Würzburg, Beschluss vom 16. Oktober 2012 – W 4 S 12.833 –, juris; zum Ganzen wörtlich: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. September 2013 – 10 S 1345/13 –, UPR 2014, 33).

51

Soweit die Beklagte einwendet, die privatrechtliche Einverständniserklärung würde benötigt, um sicherzustellen, dass die Verwertung von Abfällen ordnungsgemäß und schadlos im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG erfolge, überzeugt dies nicht. Nach § 18 Abs. 2 Nr. 5 KrWG sind der Anzeige einer gewerblichen Sammlung u.a. Unterlagen beizufügen, die nachweisen, wie die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle im Rahmen der Verwertungswege gewährleistet wird. § 18 Abs. 2 Nr. 5 KrWG dient – wie die Bezugnahme auf Nummer 4 zeigt – mithin in erster Linie der transparenten und nachvollziehbaren Offenlegung der Verwertungswege. Im Übrigen dürften die geforderten Angaben zur Prüfung der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung nicht erforderlich sein (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. September 2013 – 10 S 1345/13 –, UPR 2014, 33). Nach § 7 Abs. 3 KrWG erfolgt die Verwertung ordnungsgemäß, wenn sie im Einklang mit den Vorschriften dieses Gesetzes und anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften steht. Sie erfolgt schadlos, wenn nach der Beschaffenheit der Abfälle, dem Ausmaß der Verunreinigungen und der Art der Verwertung Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit nicht zu erwarten sind, insbesondere keine Schadstoffanreicherung im Wertstoffkreislauf erfolgt. Unter Berücksichtigung dessen kann die Kammer nicht erkennen, welche Bedeutung die Vorlage von Pachtverträgen, Sondernutzungserlaubnissen oder Einverständniserklärungen für die Frage haben soll, ob die Verwertung der Abfälle ordnungsgemäß und schadlos erfolgt.

52

c) Die Beklagte kann schließlich eine Unzuverlässigkeit der Klägerin wegen (vermeintlich) fehlerhafter Anzeige auch nicht damit begründen, das von der Klägerin vorgelegte Zertifikat sei am 7. Mai 2014 abgelaufen und ein aktuelles Zertifikat sei nicht vorgelegt worden sei, ferner habe die Klägerin zu der Frage, wie mit Restabfällen (sog. Fehlwürfen) verfahren werde, nicht Stellung bezogen. Eine Verletzung der Anzeigepflicht durch die Klägerin ist diesbezüglich nicht zu erkennen.

53

Zum einen hat die Klägerin im Laufe des Verfahrens ein aktuelles, bis zum 17. Mai 2016 gültiges Zertifikat des TÜV Thüringen vorgelegt, laut dem der Betrieb der Klägerin als Entsorgungsfachbetrieb gemäß der Entsorgungsfachbetriebeverordnung anerkannt ist. Insofern kann das Gericht die Frage dahinstehen lassen, ob die Vorlage eines solchen Zertifikates überhaupt zu den erforderlichen Angaben im Sinne des § 18 Abs. 2 KrWG gehört.

54

Zum anderen ist die Auffassung des Stadtrechtsausschusses in Bezug auf die die (vermeintlich) fehlenden Angaben der Klägerin bezüglich des Umgangs mit sog. Fehlwürfen für die Kammer nicht überzeugend. Nach den Ausführungen im Widerspruchsbescheid sei angesichts der Anzeige der Klägerin nicht klar, wie mit Restabfällen verfahren werde, die mit der reinen Erfassungsmenge der Alttextilien vermischt seien. Der Nachweis einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung sei jedoch nicht nur in Bezug auf die reine Erfassungsmenge, sondern darüber hinaus auch für unerwünschte Restabfälle (Fehlwürfe) zu erbringen. Im Folgenden erklärt der Stadtrechtsausschuss jedoch zutreffend, dass die Klägerin dargelegt habe, die bei ihr anfallenden Restabfälle (im Umfang von ca. 15 % der Gesamtsammelmenge) würden durch den kommunalen Entsorgungsträger AHA (Region Hannover) einer energetischen Verwertung zugeführt. Diese Angaben seien jedoch aus Sicht der Widerspruchsbehörde deshalb unzureichend, da nicht ersichtlich sei, „in welchem Verhältnis die einzelnen Fraktionen anfallen bzw. üblicherweise anfallen (tatsächlicher Anteil der Wiederverwertung, Verarbeitung, Entsorgung)“. Sofern der Stadtrechtsausschuss hiermit auf die Gesamtsammelmenge der Klägerin rekurriert, liegen entsprechende Angaben der Klägerin vor. Soweit der Stadtrechtsausschuss allerdings eine anteilige Aufschlüsselung der Fehlwürfe erwartet, kann dies von der Klägerin nicht verlangt werden. Diese hat angegeben, dass sie Fehlwürfe in einem Umfang von ca. 15 % der Gesamtsammelmenge zu verzeichnen habe. Die Fehlwürfe würden aussortiert und anschließend dem kommunalen Entsorgungsträger (AHA) zwecks energetischer Verwertung überlassen. Inwieweit dieser wiederum den ihm als „Fehlwürfe“ von Seiten der Klägerin überlassenen Abfall entsprechend der Pflichten nach dem KrWG wiederverwendet, recycelt, verwertet oder beseitigt, ist von Seiten der Klägerin nicht dezidiert darzulegen. Insoweit ist zu beachten, dass die zuständige Behörde gleichsam keine überhöhten Anforderungen an die Darlegungen nach § 18 Abs. 2 KrWG stellen darf (Karpenstein/Dingemann in: Jarass/Petersen, Kreislaufwirtschaftsgesetz, 2014, § 18 Rn. 45 m.w.N.). Dies wäre aber der Fall, müsste die Klägerin vorliegend auch darlegen, wie der kommunale Entsorgungsträger die ihm von ihr überlassenen Abfälle im Einzelnen quotenmäßig verwertet. Dies dürfte bereits deshalb kaum zu bewältigen sein, weil es sich bei Fehlwürfen naturgemäß um unterschiedlichste Abfallfraktionen handeln kann, die sich obendrein nicht vorhersehen lassen (da es sich gerade um „Fehl“-Würfe handelt), sodass generelle Aussagen zur Wiederverwendbarkeit, Recycelbarkeit und Verwertbarkeit nur schwerlich getroffen werden können. Im Übrigen aber fällt die Entscheidung des Umgangs mit den überlassenen Fehlwürfen in den Aufgabenbereich des kommunalen Entsorgungsträgers. Dafür, dass dieser seinen Pflichten nach dem KrWG nicht nachkommt, bestehen indes keinerlei Anhaltspunkte. Insofern genügt die Klägerin ihrer Anzeigepflicht jedenfalls dadurch, dass sie anzeigt, die bei ihr anfallenden Fehlwürfe über den kommunalen Entsorgungsträger einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zuzuführen.

55

d) Selbst wenn man indes – entgegen der Auffassung der Kammer – von fehlenden Angaben der Klägerin ausgehen würde, wäre die Untersagungsverfügung damit vorliegend nicht rechtmäßig.

56

Bei einer unzureichenden Anzeige – wie sie die Beklagte vorliegend annimmt – lässt sich nicht abschließend feststellen, dass die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle nur durch ihre Untersagung gewährleistet werden kann. Angesichts dessen kann die Unvollständigkeit der Angaben zur ordnungsgemäßen Verwertung nicht mit deren Nichtvorliegen gleichgesetzt werden. Insoweit ist die Betroffenheit des Unternehmers durch eine Beeinträchtigung seines Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG und gegebenenfalls Art. 14 GG zu berücksichtigen (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschlüsse vom 9. Juli 2014 – 8 B 10427/14.OVG – und vom 9. Oktober 2013 – 8 B 10791/13.OVG –, NVwZ-RR 2014, 135; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19. Juli 2013 – 20 B 607/13 –, juris; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 16. Januar 2014 – 10 S 2273/13 –, UPR 2014, 235; Beckmann in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 74. EL 2014, § 18 KrWG, Rn. 22).

57

Daraus folgt: Bevor die Behörde von der Unzuverlässigkeit des Betroffenen wegen Nichterfüllung seiner Anzeigepflichten ausgehen darf, hat sie mildere Mittel zu ergreifen, um auf die Erfüllung der Anzeigepflichten hinzuwirken. Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kommt deshalb der behördlichen Durchsetzung der Anzeigepflicht grundsätzlich Vorrang gegenüber der sofortigen Untersagung der Sammlung zu. Die Rechtsgrundlage hierfür findet sich in § 62 i.V.m. § 18 Abs. 2 KrWG. Danach kann die zuständige Behörde die erforderlichen Anordnungen zur Durchführung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes, also auch des § 18 Abs. 2 KrWG, treffen. Um einer entsprechenden Anordnung Nachdruck zu verleihen, kann die Behörde ein Zwangsgeld mit dem Verwaltungsakt androhen (§ 64, 66 Landesverwaltungsvollstreckungsgesetz – LVwVG –), das nach einer erfolglosen Festsetzung beigetrieben werden kann. Als Beugemittel kann ein Zwangsgeld auch mehrfach angedroht und ggf. festgesetzt werden, um den Betroffenen zur Erfüllung seiner Handlungspflicht(en) zu bewegen (VGH Baden-Württemberg vom 20. September 2005 – 10 S 971/05 –, VBlBW 2006, 32; zum Ganzen wörtlich: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. September 2013 – 10 S 1345/13 –, UPR 2014, 33).

58

Dies hat die Beklagte vorliegend nicht ausreichend beachtet. Nachdem die Beklagte im Ausgangsbescheid die Klägerin zur Ergänzung ihrer Anzeige aufgefordert hatte und diese der Aufforderung nachkam, entschied die Beklagte im Ausgangsbescheid auf der Grundlage der aus ihrer Sicht nun vervollständigten Angaben im Sinne des § 18 Abs. 2 KrWG. Folgerichtig stützte die Beklagte die Untersagungsverfügung vom 9. April 2013 nicht auf das Fehlen etwaiger Nachweise im Sinne des § 18 Abs. 2 KrWG. Erst der Stadtrechtsausschuss beanstandete im Rahmen seiner Begründung des Widerspruchsbescheids weitere fehlende Angaben im Anzeigeverfahren. Bevor jedoch in diesem neuerlichen Verfahrensstadium eine Untersagungsverfügung auf fehlende Angaben im Rahmen des Anzeigeverfahrens hätte gestützt werden können, hätte der Stadtrechtsausschuss seinerseits auf die – aus seiner Sicht fehlenden – Nachweise hinweisen und entsprechend auf die Vervollständigung der Angaben durch die Klägerin hinwirken müssen. Dies muss vorliegend umso mehr gelten, als sich die Klägerin bereits gegenüber der Ausgangsbehörde kooperativ zeigte und deren formloser Aufforderung zur Vervollständigung der Anzeige beanstandungsfrei nachkam. Insofern wäre es auch Sache des Stadtrechtsausschusses gewesen, vor einer Untersagung der Sammlung aufgrund fehlender Darlegungen im Sinne des § 18 Abs. 2 KrWG auf die Komplettierung der Angaben hinzuwirken; zumal die Klägerin angesichts der vorangehenden Entscheidung der Ausgangsbehörde davon ausgehen durfte, dass sie, nachdem sie deren Aufforderung zur Vervollständigung der Angaben nachgekommen war, ihrer Anzeigepflicht genüge getan hat. Auch der Stadtrechtsausschuss hat insoweit den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren. Die umgehende Untersagung der Sammlung – wie sie der Stadtrechtsausschuss hier vorgenommen hat – durfte demgemäß nicht erfolgen.

59

2.2. Entgegen der Auffassung der Beklagten kann die Untersagungsverfügung auch nicht auf § 18 Abs. 5 Satz 2 Alternative 2 KrWG gestützt werden. Danach ist die Sammlung zu untersagen, wenn die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 oder Nr. 4 KrWG genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist.

60

Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG besteht eine Überlassungspflicht an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nicht für Abfälle, die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, es sei denn, überwiegende öffentliche Interessen stünden der Sammlung entgegen. Gemäß § 17 Abs. 3 KrWG stehen einer gewerblichen Sammlung überwiegende öffentliche Interessen nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des aufgrund einer Rechtsverordnung nach § 25 KrWG eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung seiner Pflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird (§ 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG). Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt (§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1) oder die Stabilität der Gebühren gefährdet wird (§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG) oder die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird (§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG). Gemäß § 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG sollen die Bestimmungen des Satzes 3 Nrn. 1 und 2 nicht gelten, wenn die vom gewerblichen Sammler angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle wesentlich leistungsfähiger ist als die von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder dem von ihm beauftragten Dritten bereits angebotene oder konkret geplante Leistung.

61

2.2.1. Diese „Regelungskaskade“ steht entgegen der Zweifel der Klägerin nach Auffassung der Kammer mit Europarecht in Einklang, bedarf dazu aber einer europarechtskonformen Auslegung und Anwendung.

62

Zwar stellen gesetzliche Überlassungspflichten im Abfallrecht Beschränkungen der Warenverkehrsfreiheit (Art. 28 ff. des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union – AEUV –) und der Wettbewerbsfreiheit (Art. 101 ff. AEUV) dar (so ausdrücklich auch die Gesetzesbegründung zu § 17 KrWG, BT-Drucksache 17/6052, Seite 85). Diese sind jedoch grundsätzlich europarechtlich gerechtfertigt. Dabei kann allerdings bei getrennt gesammelten Abfällen zur Verwertung aus privaten Haushaltungen nicht auf das sekundäre EU-Recht (Abfallrahmenrichtlinie, Abfallverbringungsverordnung) zurückgegriffen werden, weil dieses Recht insoweit nicht anwendbar ist (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, DVBl 2013, 1537; VG Hamburg, Urteil vom 9. August 2012 – 4 K 1905/10 –, ZUR 2013, 43, 44 f.). Die Rechtfertigung ergibt sich jedoch aus Art. 106 Abs. 2 AEUV. Denn bei der Entsorgung von Abfällen aus privaten Haushaltungen handelt es sich um eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Sinne der genannten Norm. Die mitgliedstaatliche gesetzliche Zuweisung von zur Verwertung bestimmten Abfallfraktionen aus privaten Haushaltungen an die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (§ 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG) ist mithin dem Grunde nach durch Art. 106 Abs. 2 AEUV gedeckt. Diese Beschränkung der Warenverkehrsfreiheit und der Wettbewerbsfreiheit nach Art. 106 Abs. 2 AEUV ist allerdings nur gerechtfertigt, soweit die Abfallentsorgung ohne monopolartige öffentlich-rechtliche Entsorgungsstrukturen rechtlich oder tatsächlich „verhindert“ würde. Dafür ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zwar eine Existenzgefährdung des mit der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betrauten Aufgabenträgers nicht notwendig. Es genügt vielmehr, dass ohne die Exklusivrechte die Erfüllung der dem Unternehmen übertragenen Aufgaben gefährdet wäre oder dass jene Rechte erforderlich sind, um ihrem Inhaber die Erfüllung seiner Aufgaben zu wirtschaftlich annehmbaren Bedingungen zu ermöglichen; bloße Zweckmäßigkeitserwägungen können dagegen die Schaffung von Monopolstrukturen nicht rechtfertigen (vgl. EuGH, Urteil vom 17. Mai 2001 - Rs. C-340/99 -, Slg. 2001, I-4109; Urteil vom 15. November 2007 - Rs. C-162/06 -, Slg. 2007, I-9911).

63

Diesen europarechtlichen Anforderungen wird § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG dadurch gerecht, dass „überwiegende öffentliche Interessen“ nach § 17 Abs. 3 KrWG in Anlehnung an die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu Art. 106 Abs. 2 AEUV konkretisiert werden. Darauf weist die Gesetzesbegründung ausdrücklich hin und betont, nach der Kollisionsklausel des § 17 Abs. 3 KrWG, für deren Auslegung „primär die Rechtsprechung des EuGH zu Artikel 106 Absatz 2 AEUV heranzuziehen“ sei, hätten öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger, Drittbeauftragte und Rücknahmesysteme „zwar Beeinträchtigungen hinzunehmen, ihre Funktionsfähigkeit muss jedoch gewahrt bleiben“ (BT-Drucksache 17/6052, Seite 87). Die Kammer hat daher – in Übereinstimmung mit dem VGH Baden-Württemberg (Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, DVBl 2013, 1537) keinen Zweifel daran, dass dieses Verständnis des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 KrWG den Vorgaben des Art. 106 Abs. 2 AEUV in der Auslegung des Europäischen Gerichtshofs gerecht wird. Folglich steht die Normgeltung auch insoweit außer Frage.

64

Der „soweit“-Satz in Art. 106 Abs. 2 AEUV ist rechtsnormativer Ausdruck des Gebots der „Erforderlichkeit“ (Wernicke in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Stand Januar 2015, Art. 106 AEUV Rn. 63 und Rn. 72). Seine Anwendung auf dem Gebiet der Abfallentsorgung ist geklärt (s. z.B. EuGH, Urteil vom 25. Juni 1998 - Rs. C-203/96 - Slg. 1998, I-4075). Eine Beschränkung der Warenverkehrsfreiheit und der Wettbewerbsfreiheit ist rechtlich nur zulässig, soweit es dem Inhaber eines ausschließlichen Rechts ermöglicht werden muss, seine im Allgemeininteresse liegende Aufgabe unter wirtschaftlich tragbaren Bedingungen zu erfüllen; eingeschlossen ist darin die Möglichkeit eines Ausgleichs zwischen den rentablen und den weniger rentablen Tätigkeitsbereichen (s. z.B. EuGH, Urteil vom 25. Oktober 2001 - Rs. C-475/99 - Slg. 2001, I-8089). Bedeutsam ist das Gebot der “Erforderlichkeit” bei trennbaren Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse. Steht ein milderes Mittel zur Gewährleistung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsstrukturen zur Verfügung, sind Monopolstrukturen im Entsorgungsbereich insoweit nicht erforderlich (Petersen, NVwZ 2009, 1063, 1070; Petersen/Doumet/Stöhr, NVwZ 2012, 521, 526). Maßgebend ist die Beurteilung im Einzelfall (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, DVBl 2013, 1537).

65

Auch vor diesem europarechtlichen Hintergrund hat die Kammer keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit und Wirksamkeit des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 KrWG. Die gesetzliche Regelung nimmt keine europarechtswidrige (vgl. dazu Petersen, NVwZ 2009, 1063, 1070; Suhl, AbfallR 2012, 201, 212 f.) pauschale Zuordnung der getrennt erfassten Abfälle zur Verwertung aus privaten Haushaltungen an die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger vor. Ausdrücklich betont die Gesetzesbegründung, die Einräumung exklusiver Rechte für jene Aufgabenträger stehe unter dem Vorbehalt der „Erforderlichkeit“; daher komme den Ausnahmetatbeständen, insbesondere der gewerblichen Sammlung (§ 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG), eine wichtige Funktion zu, weil der vom Gesetz eingeräumten Möglichkeit gewerblicher Sammlungen im Bereich der Hausmüllentsorgung der Warenverkehrs- und Wettbewerbsfreiheit der notwendige Raum gegeben und dadurch die Verhältnismäßigkeit der Überlassungspflichten sichergestellt werde (BT-Drucksache 17/6052, Seite 85 f.). Daraus wird deutlich, dass die grundsätzliche Zuständigkeit öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger für getrennt gesammelte Abfallfraktionen deshalb europarechtskonform ist, weil auch gewerbliche Sammlungen nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG zugelassen werden können (Petersen/Doumet/Stöhr, NVwZ 2012, 521, 526; zum Ganzen ausdrücklich: Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, DVBl 2013, 1537). Insofern stehen die §§ 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 KrWG im Dienste des Art. 106 Abs. 2 AEUV. Die Vorschriften verfolgen also das Ziel, die praktische Wirksamkeit des EU-Rechts zu bewerkstelligen. Dazu trägt auch die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast bei; im Rahmen des Art. 106 Abs. 2 AEUV obliegt dem Mitgliedstaat bzw. dem Aufgabenträger, der sich zu seinen Gunsten auf diese Bestimmung beruft, der Nachweis für das Vorliegen der Privilegierungsvoraussetzungen (EuGH, Urteil vom 17. Mai 2001 - Rs. C-340/99 - Slg. 2001, I-4109). Diese verfahrensrechtliche Vorkehrung trägt zur europarechtskonformen Anwendung des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 KrWG bei, so dass auch von daher an der Normgeltung ernsthafte Zweifel nicht bestehen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, DVBl 2013, 1537).

66

Zudem lässt sich der Gesetzesbegründung entnehmen, dass mit Hilfe der Kollisionsklauseln der §§ 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 KrWG die einer gewerblichen Sammlung im Einzelfall entgegenstehenden öffentlichen Interessen bestimmt und im Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH abgewogen werden sollen (vgl. BT-Drucksache 17/6042, Seite 87). Entsprechend wird man bei der Auslegung und Anwendung der Vorschriften den Einfluss des Europarechts zu berücksichtigen haben. Inwieweit aber eine – über eine am Wortlaut bzw. Wortsinn orientierte – europarechtskonforme Auslegung geboten ist, wird in Rechtsprechung und Literatur kontrovers diskutiert. Nach Auffassung der Kammer lässt sich diese Rechtsfrage – ungeachtet der generellen Feststellung der europarechtlichen Determination der Vorschriften – nur unter konkreter Bezugnahme auf die einschlägige Variante des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG bzw. den in Rede stehenden Tatbestand des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG (i.V.m. § 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG) und unter Berücksichtigung der Prämisse beantworten, ob es dem Gesetzgeber gelungen ist, die „überwiegenden öffentlichen Interessen“ hinreichend konkret und auf das erforderliche Maß beschränkt zu definieren und damit den europarechtlichen Vorgaben hinreichend zur Geltung zu verhelfen.

67

2.2.2. Die Untersagungsverfügung muss auch der in § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG normierten Rechtmäßigkeitsanforderung der „Erforderlichkeit“ genügen.

68

Dazu hat der VGH Baden-Württemberg in seinem zitierten Beschluss vom 9. September 2013 zutreffend ausgeführt:

69

„Eine Untersagungsverfügung darf nach § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG nur erlassen werden, wenn die Einhaltung der Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG „anders nicht zu gewährleisten ist“. Diese gesetzliche Vorgabe stellt eine Konkretisierung des Übermaßverbots (Grundsatz der Verhältnismäßigkeit i. w. S.) dar (NdsOVG, a. a. O., S. 221). Die Untersagung, d.h. ein vollständiges Verbot einer gewerblichen Sammlung stellt im Vergleich mit anderen Reglementierungen (…) den intensivsten Eingriff in die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) eines gewerblichen Sammlers dar und kommt daher bereits aus verfassungsrechtlichen Gründen nur als ultima ratio in Betracht (NdsOVG, a.a.O., S. 221; OVG NRW, Beschl. v. 19.07.2013 - 20 B 122/13 - juris RdNr. 18; VG Würzburg, a. a. O., RdNr. 47; Dippel in: Schink/Versteyl, a. a. O., § 18 RdNr. 24). Dies setzt voraus, dass die Untersagungsverfügung im konkreten Fall die einzige geeignete Maßnahme zur Einhaltung der Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG ist (OVG Hamburg, a. a. O., RdNr. 12). Die Beachtung dieser Anforderungen stellt § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG dadurch sicher, dass die zuständige Behörde zu einer entsprechenden Prüfung verpflichtet ist (Schomerus, in: Ver-steyl/Mann/Schomerus, a. a. O., § 18 RdNr. 16).

70

In der Sache nimmt die Formulierung „anders nicht zu gewährleisten“ – wie schon die Gesetzessystematik nahelegt – die in § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG genannten behördlichen Befugnisse in Bezug, weil deren Ausübung die Berufsfreiheit des gewerblichen Sammlers weniger belasten würde als ein vollständiges Verbot (OVG Hamburg, a. a. O., RdNr. 12; Dippel in: Schink/Versteyl, a. a. O., § 18 RdNr. 24). Trifft das im konkreten Fall zu, steht ein milderes Mittel zur Sicherung der Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG zur Verfügung, so dass durch ein behördliches Vorgehen nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG dem durch § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG angeordneten „Interventionsminimum“ (Gebot des schonendsten Eingriffs) Rechnung zu tragen ist (NdsOVG, a. a. O., S. 221; VG Würzburg, a. a. O., RdNr. 48). ….

71

Nach diesem System abgestufter Eingriffsbefugnisse muss die zuständige Behörde im konkreten Fall darlegen, warum an Stelle des Verbots nicht eine mildere Maßnahme zur Sicherung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers (bzw. des von diesem beauftragten Dritten) in Betracht kommt (NdsOVG, a. a. O., S. 221; VG Würzburg, a. a. O., RdNr. 49). Durchzuführen ist stets eine zweistufige Prüfung: Zunächst ist der Erlass von Maßnahmen nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG zwecks Sicherstellung der Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG zu prüfen; kommt ein milderes Mittel im konkreten Fall nicht in Betracht, ist eine Untersagung der gewerblichen Sammlung zu prüfen (Schwind in: v. Lersner/Wenden-burg/Versteyl, a. a. O., § 18 KrWG RdNr. 64; Schomerus in: Versteyl/Mann/Schomerus, a. a. O., § 18 RdNr. 16; eingeräumt auch von Dageförde/Thärichen, AbfallR 2013, 125, 136, mit der – hier nicht gegebenen – Einschränkung des absoluten Schutzes des Ausschreibungswettbewerbs nach § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG). Der zuständigen Behörde ist es folglich versagt, sogleich zur Untersagungsverfügung zu greifen, ohne zuvor den Erlass milderer Maßnahmen nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG ausgelotet zu haben.

72

§ 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG normiert, anders als § 62 KrWG, eine gebundene Verwaltungsentscheidung. Wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage erfüllt sind, muss die zuständige Behörde eine Untersagung der gewerblichen Sammlung vornehmen; Ermessen räumt das Gesetz der Behörde nicht ein. Im Regelungsgefüge des § 18 Abs. 5 KrWG fungiert Satz 2 allerdings als ultima ratio; das Verbot einer angezeigten Sammlung kommt nur in Betracht, wenn die Einhaltung bestimmter gesetzlicher Vorgaben „anders nicht zu gewährleisten ist“, d. h. Maßnahmen nach Satz 1 des § 18 Abs. 5 KrWG insbesondere die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG nicht sicherzustellen vermögen.“

73

2.2.3. Diesen Anforderungen werden die Untersagungsverfügung vom 9. April 2013 und der Widerspruchsbescheid vom 13. November 2014 nicht hinreichend gerecht. Die Beklagte hat weder die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Untersagung nach § 18 Abs. 5 Satz 2 i. V. m. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 Satz 3 Nrn. 1 und 2 KrWG hinreichend dargelegt (a.) noch sich in gebotener Weise damit auseinandergesetzt, ob an Stelle des Verbots der gewerblichen Sammlungen nicht eine mildere Maßnahme zur Sicherung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers in Betracht kommt (b.).

74

a. Die Kammer kann mit Blick auf die Ausführungen der Beklagten überwiegende öffentliche Interessen, die der Sammlung der Klägerin entgegenstehen könnten, nicht erkennen.

75

aa. Zunächst braucht nicht näher geprüft zu werden, ob die Beklagte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung von Abfällen durchführt (s. § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG). Jedenfalls muss auch bei Vorliegen einer hochwertigen Erfassung und Verwertung von Abfällen immer berücksichtigt werden, dass eine wesentliche Beeinträchtigung von Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers vorliegen muss (OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 9. Oktober 2013 – 8 B 10791/13.OVG –, NVwZ-RR 2014, 135). Wegen der europarechtlichen Vorgaben ist das Vorliegen einer Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG durch eine gewerbliche Sammlung von Abfällen aus privaten Haushaltungen auf konkrete, nachprüfbare Tatsachen zu stützen (vgl. Karpenstein/Dingemann in: Jarass/Petersen, a.a.O., § 17, Rn. 160 m.w.N.); die für den Erlass einer Untersagungsverfügung zuständige Behörde trägt insoweit die Darlegungslast (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 9. Oktober 2013 – 8 B 10783/13.OVG –, NVwZ-RR 2014, 135 m.w.N.; VG Neustadt, Urteil vom 7. April 2014 – 4 K 717/13.NW –, juris). An den Nachweis der Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers sind hohe Anforderungen zu stellen. Bloße Hypothesen oder Mutmaßungen sind insofern nicht ausreichend. Das Vorbringen der Beklagten wird diesen Anforderungen aus mehreren Gründen – die nachstehend in Anbetracht der jeweiligen Alternative des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG näher ausgeführt werden – nicht gerecht. Zu diesem Ergebnis kommt die Kammer sowohl mit Blick auf § 17 Abs. 3 Satz 2 Alternative 1 KrWG als auch mit Blick auf § 17 Abs. 3 Satz 2 Alternative 2 KrWG i.V.m. § 17 Abs. 3 Satz 3 Nrn. 1 und 2 KrWG.

76

Nach § 17 Abs. 3 Satz 2 Alternative 1 KrWG ist eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert wird. Dabei ist zu betonen, dass die gewerbliche Sammlung zu einer „Verhinderung“ der Aufgabenerfüllung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen führen muss; eine bloße Beeinträchtigung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist demgegenüber nicht ausreichend und demzufolge hinzunehmen. Dies folgt sowohl aus dem Wortlaut als auch der Systematik der Vorschrift (Karpenstein/Dingemann in: Jarass/Petersen, a.a.O., § 17 Rn. 164). Bezugspunkt der Prüfung sind dabei die gesamten den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nach § 20 KrWG treffenden Entsorgungspflichten. Es kommt nicht darauf an, ob der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bei Durchführung der gewerblichen Sammlung seine Entsorgungspflichten im Hinblick auf die konkrete Abfallfraktion zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen erfüllen kann (vgl. Karpenstein/Dingemann in: Jarass/Petersen, a.a.O. § 17 Rn. 164). Derartige Auswirkungen der gewerblichen Sammlung der Klägerin konnte die Beklagte nicht hinreichend darlegen; ihr Vortrag wird den besagten hohen Anforderungen an einen entsprechenden Nachweis nicht gerecht.

77

In ihrem Widerspruchsbescheid (der Ausgangsbescheid nimmt auf § 17 Abs. 3 Satz 2 Alternative 1 KrWG nicht Bezug) führt die Beklagte lediglich Behauptungen an, die sie nicht anhand von Tatsachen bzw. belastbarer Zahlen belegt. So gibt die Beklagte an, angesichts einer abgeschöpften Gesamtmenge an Altkleidern und -schuhen von 1.483,79 Tonnen (dabei ermittelt sie diese Gesamtmenge aus der Summe „aller angezeigten Altkleidersammlungen“) drohe die Schließung der Wertstoffhöfe, da durch die Konkurrenz gewerblicher Sammler deren hinreichende Auslastung nicht mehr sichergestellt sei. Diese Ausführungen sind bereits insoweit unzureichend, als für das Gericht nicht ersichtlich ist, inwieweit die Wertstoffhöfe bislang ausgelastet sind und welchen Anteil die Abfallfraktionen „Altkleider und -schuhe“ bei dieser Auslastung einnehmen. Entsprechend können auch die Folgen eines Wegfalls dieser Fraktionen nicht abgeschätzt werden. Im Übrigen bezweifelt die Kammer auch, dass diesen Abfallfraktionen mit Blick auf die Gesamtauslastung der Wertstoffhöfe ein derart tragendes Gewicht zukommt, wie es die Beklagte behauptet.

78

Weiterhin beruft sich die Beklagte darauf, durch die Abschöpfung der Altkleider und -schuhe durch die Vielzahl der gewerblichen Sammler sei das flächendeckend eingerichtete Holsystem nicht mehr rentabel und müsste demzufolge wieder aufgegeben werden. Auch diese Thesen werden von Seiten der Beklagten nicht belegt. Zudem liegt dieser Argumentation der Beklagten offenbar die – rechtlich irrelevante – Erwartungshaltung zugrunde, dass das von ihr zum 1. Januar 2013 eingerichtete Holsystem rentabel sein müsse. Zwar mag die Rentabilität durchaus Motiv der Beklagten bei der Einführung des Holsystems gewesen sein. Rechtlich geschützt ist diese Erwartung jedoch nicht; maßgeblich ist allein, ob die Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert würde, zumal – wie erwähnt – die gesamten den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nach § 20 KrWG treffenden Entsorgungspflichten in den Blick zu nehmen sind und nicht, ob der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bei Durchführung der gewerblichen Sammlung seine Entsorgungspflichten im Hinblick auf die konkrete Abfallfraktion zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen erfüllen kann.

79

Schließlich führt die Beklagte an, durch die Sammelaktivität der Klägerin und der anderen ihr angezeigten gewerblichen Sammlungen und der gemeinnützigen Sammlungen entgingen dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger Einnahmen in beträchtlicher Höhe (419.000 €), weshalb sie ihre Entsorgungspflichten nicht mehr zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen erfüllen könne. Dabei geht die Beklagte bei der Ermittlung des vorgenannten Betrages „ganz praktisch“ unter Berufung „auf eigene Erfahrungen“ „von einem Volumen an Altkleidern von 10 kg pro Einwohner und Jahr aus“. Die vorgenannte Summe zeige jedenfalls, so die Beklagte weiter, dass das Sammeln von Altkleidern für den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger sehr wohl eine wirtschaftliche Dimension darstelle. Abgesehen davon, dass die vorgebrachte Summe einer validen Tatsachengrundlage entbehrt, untermauert die Beklagte nicht durch entsprechende Zahlen, inwieweit die – ohnehin gemutmaßten – Einbußen zu einer Verhinderung der Erfüllung der bestehenden Entsorgungspflichten führen. Der Hinweis darauf, dass das Sammeln von Altkleidern eine wirtschaftliche Dimension besitze, ist insoweit unzureichend. Gleiches gilt zudem für den hintangestellten Hinweis der Beklagten, angesichts dieser wirtschaftlichen Dimension bestehe die Möglichkeit „Einfluss auf die Gebühren zu nehmen“; aufgrund der wegfallenden Einnahmen aus der Verwertung der Wertstoffe könne die Notwendigkeit einer Gebührenanpassung nach oben in Zukunft nicht ausgeschlossen werden, was die wirtschaftliche Ausgewogenheit der Entsorgungspflichten berühren würde.

80

Mit Blick auf letztere Ausführungen der Beklagten verweist die Kammer im Übrigen auf die Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg, der sie sich anschließt. Danach bedarf es, um eine tragfähige Beurteilung der „wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen“ im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alternative 1 KrWG vornehmen zu können, einer Analyse und Bewertung der tatsächlichen, konkreten Auswirkungen der gewerblichen und ggf. gemeinnützigen Sammlungen auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger. Die pauschale Angabe der dem Gebührenhaushalt entzogenen Verwertungserlöse, die vorliegend obendrein auf unzureichender Tatsachengrundlage (ganz praktische eigene Erfahrungen der Beklagten) errechnet wurden, genügt dem nicht (s. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, DVBl 2013, 1537).

81

bb. Ebenfalls konnte die Beklagte das Vorliegen der Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alternative 2 KrWG i.V.m. § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG nicht hinreichend darlegen. In ihrem Ausgangsbescheid führt die Beklagte mit Blick auf § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG wörtlich aus: „Einnahmen, die der Entsorgungsbetrieb über den Verkauf von Abfällen an Dritte erschließen kann, mindern also die Gebührenhöhe. Nun sind nicht alleine die Wertschöpfung, die ihr Unternehmen sich in Kaiserslautern erschließen will und die damit einhergehenden wirtschaftlichen Beeinträchtigungen für den Entsorgungsbetrieb der Stadt Kaiserslautern zu beurteilen. Vielmehr liegen der Stadt Kaiserslautern weitere Anzeigen von gewerblichen Sammlern vor, die in ihrer Gesamtheit zu einem erheblichen Einnahmeverlust für den Entsorgungsbetrieb führen, wenn diese Sammlungen nicht untersagt werden. Ihre gewerbliche Sammlung führt daher zumindest zu einer Minderung der werthaltigen Abfallströme, was sich auf das bestehende Sammelsystem des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auswirkt. Insofern können Auswirkungen auf die öffentlich-rechtlichen Gebühren nicht ausgeschlossen werden.“ Der Stadtrechtsausschuss der Beklagten konkretisierte diese Ausführungen nicht, sondern verwies auf die vorstehenden, bereits zu § 17 Abs. 3 Satz 2 Alternative 1 KrWG angestellten Erwägungen unter Hinweis darauf, dass sie (die Widerspruchsbehörde) eine Gefährdung der Stabilität der Gebühren nicht abschließend beurteilen könne. Soweit die Beklagte angesichts dieser Ausführungen im Widerspruchsbescheid überhaupt an ihrer Auffassung, § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG sei erfüllt, festhält, lässt sich ihrem Vorbringen erneut die notwendige Tatsachengrundlage zur Beurteilung der Auswirkungen der gewerblichen Sammlungen auf die Gebührenhöhe bzw. -stabilität nicht entnehmen. Insoweit kann auf Vorstehendes Bezug genommen werden.

82

cc. Endlich sind die Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG – unter Berücksichtigung der von der Kammer für geboten erachteten europarechtskonformen Auslegung der Vorschrift – nicht erfüllt.

83

Danach ist eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers (im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alternative 2 KrWG) insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt. Inwieweit diese Vorschrift vor dem Hintergrund der bereits dargelegten europarechtlichen Vorgaben einer einschränkenden, an den Vorgaben des Art. 106 Abs. 2 AEUV bzw. der EuGH-Rechtsprechung orientierten Auslegung bedarf, wird in Rechtsprechung und Literatur kontrovers diskutiert.

84

Der Bayerische VGH spricht sich in seinem Urteil vom 10. Februar 2015 – 20 B 14.710 –, juris gegen das Erfordernis einer europarechtskonformen Auslegung der Vorschrift aus. Das von ihm mit Blick auf den Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG und die Entstehungsgeschichte des KrWG ermittelte Auslegungsergebnis bedürfe „keiner grundsätzlichen Korrektur aufgrund der Wertungen des Art. 12 GG oder Art. 106 Abs. 2 AEUV“. Ausgehend von dem Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG stellt der Bayerische VGH zunächst für den von ihm zu beurteilenden Sachverhalt fest, dass der gewerblichen Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegenstünden, weil von der Sammlung Altkleider und damit Abfälle erfasst würden, für die der kommunale Entsorgungsbetrieb eine haushaltsnahe Erfassung und Verwertung durchführe. Dies trifft auf den vorliegenden Fall ebenfalls zu. Mit dem kombinierten Hol- und Bringsystem betreibt der kommunale Entsorgungsträger ein haushaltsnahes Erfassungssystem, bezüglich dessen zudem angesichts der vorgelegten Zahlen (55 % der erfassten Abfälle gehen zur Wiederverwendung in Second Hand-Shops, etwa 22 % werden der Weiterverwertung, z.B. in der Putzlappenindustrie, etwa 15 % der Weiterverwertung in der Rohstoffindustrie und lediglich 5 % der sonstigen Verwertung zugeführt) von der effizienten Nutzung der Ressourcen auszugehen ist. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen gerade Holsysteme wie dasjenige der Beklagten von der Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG erfasst werden (BT-Drucksache 17/7505, Seite 44). Ein solcher Schutz ist deshalb geboten, weil eine haushaltsnahe Erfassung im Holsystem die allgemeine Zugänglichkeit sichert, die wesentliches Merkmal gemeinwohlorientierter Dienstleistungen ist und zu den gemeinsamen Werten der Union in Bezug auf Dienste von Allgemeinem wirtschaftlichen Interesse zählt (Karpenstein/Dingemann in: Jarass/Petersen, a.a.O., § 17 Rn. 173 m.w.N.).

85

Angesichts des Befundes der Einschlägigkeit des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG rekurriert der Bayerische VGH im Folgenden auf die Sätze 1 und 2 des § 17 Abs. 3 KrWG und stellt heraus, dass von einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers auszugehen sei, die wiederum dazu führe, dass eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers anzunehmen sei, sodass überwiegende öffentliche Interessen der gewerblichen Sammlung entgegenstünden. Demzufolge, so der Bayerische VGH in seinem Urteil vom 10. Februar 2015 – 20 B 14.710 –, juris weiter, komme ein Vorrang des privaten Sammlers nur in Betracht und scheide eine Untersagung nach § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG aus, wenn die vom gewerblichen Sammler angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle wesentlich leistungsfähiger ist als die von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder dem von ihm beauftragten Dritten bereits angebotene oder konkret geplante Leistung. Dieser Befund werde zudem durch die Entstehungsgeschichte des KrWG bestätigt.

86

Mit dieser Rechtsauffassung tritt der Bayerische VGH derjenigen des VGH Baden-Württemberg (Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, DVBl 2013, 1537) entgegen, der sich für das Bedürfnis nach einer europarechtskonformen Auslegung ausspricht. Die Kammer folgt der Ansicht des VGH Baden-Württemberg, weil auch sie eine europarechtskonforme Auslegung der Vorschrift für erforderlich hält. Das enge Verständnis des Gesetzeswortlauts des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG, wie es der Bayerische VGH vertritt, führt im Ergebnis dazu, dass ein bestehendes öffentlich-rechtlich organisiertes Entsorgungssystem (falls „haushaltsnah“ und „hochwertig“) gegen jedwede private Konkurrenz geschützt wird, sofern nicht ausnahmsweise § 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG eingreift. Ein solches Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG, das die bloße Existenz eines Systems der haushaltsnahen oder sonstigen hochwertigen getrennten Erfassung und Verwertung der Abfälle durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger bzw. einen von diesem beauftragten Dritten für den Ausschluss einer gewerblichen Sammlung genügen lässt, ist nach Auffassung der Kammer jedoch nicht europarechtskonform (vgl. auch VG Würzburg, Beschluss vom 28. Januar 2013 – W 4 S 12.1130 –, juris). Sie entspricht nicht den Anforderungen des Art. 106 Abs. 2 AEUV und verstößt insbesondere gegen das Gebot der „Erforderlichkeit“.

87

Mit der Formulierung „insbesondere“ in § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG stellt der Gesetzgeber klar, dass auf der Tatbestandsseite Regelbeispiele normiert werden; dies schließt nicht aus, dass die in dem Regelbeispiel zum Ausdruck kommende gesetzgeberische Vorstellung im Einzelfall möglicherweise nicht zutrifft. Nach dem Wortlaut liegt im je zu beurteilenden Einzelfall mithin nicht zwingend eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung vor, falls das Regelbeispiel des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bejaht wird; vielmehr kann im Einzelfall eine gewerbliche Sammlung bei fehlender wesentlicher Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers durchaus zulässig sein (Beckmann/Wübbenhorst, DVBl 2012, 1403, 1408; zum Ganzen wörtlich: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, DVBl 2013, 1537; vgl. auch VG Neustadt, Urteil vom 7. April 2014 – 4 K 717/13.NW –).

88

Gesetzessystematisch fungiert § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG als Konkretisierung des § 17 Abs. 3 Satz 2 Alternative 2 KrWG. Danach wird in einem materiellen Sinne vorausgesetzt, dass die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung „wesentlich beeinträchtigt wird“. Dieses schon europarechtlich gebotene materielle Verständnis ist gleichsam nicht hintergehbar, weil jene Bestimmung in dem Kaskadenmodell des § 17 Abs. 3 KrWG ihrerseits eine Konkretisierung des § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG darstellt; die dort geschützte Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. des von diesem beauftragten Dritten kann sinnvollerweise nicht bereits auf Grund des bloßen Nebeneinanders von gewerblicher und kommunaler Sammlung gleicher Abfallarten ohne inhaltliche Würdigung der konkurrierenden Entsorgungssysteme als „gefährdet“ angesehen werden. Schließlich darf nicht verkannt werden, dass die in § 17 Abs. 3 KrWG angelegten Konkretisierungsstufen der Konturierung „überwiegender öffentlicher Interessen“ im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG dienen; dass dieser unbestimmte Rechtsbegriff nicht allein mit einem formalistischen Verständnis des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG zureichend ausgefüllt werden kann, liegt auf der Hand (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, DVBl 2013, 1537).

89

Demgemäß ist den Ausführungen des Bayerischen VGH zum Wortlaut des § 17 Abs. 3 KrWG insoweit entgegenzutreten, als dieser nicht berücksichtigt, dass die Sätze 2 und 3 des § 17 Abs. 3 KrWG widerlegliche Vermutungen normieren. Dies ist im Hinblick auf Satz 2 indessen anerkannt (s. Karpenstein/Dingemann in: Jarass/Petersen, a.a.O., § 17 Rn. 160 m.w.N.; Beckmann in: Landmann/Rohmer, a.a.O., § 17 KrWG, Rn. 118). In Bezug auf Satz 3 entspricht dies jedenfalls der herrschenden Meinung, für die im Übrigen bereits der Wortlaut des Gesetzes („annehmen“) spricht (vgl. zum Streitstand unter Berücksichtigung zahlreicher Nachweise aus Rspr. und Lit.: Karpenstein/Dingemann in: Jarass/Petersen, a.a.O., § 17 Rn. 171). Beachtet man dies, kann eine wortlautgetreue Anwendung der Sätze 1 bis 3 des § 17 Abs. 3 KrWG – unter Berücksichtigung der dort normierten widerlegbaren Vermutungen – allenfalls wie folgt lauten: Sind die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG verwirklicht, wird zwar vermutet, dass die gewerbliche Sammlung die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des kommunalen Entsorgungsträgers wesentlich beeinträchtigt. Diese Vermutung ist jedoch widerlegbar. Kommt man indes zu dem Ergebnis, dass eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung vorliegt, wird zwar wiederum nach Satz 2 des § 17 Abs. 3 KrWG die Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten vermutet. Auch diese Vermutung ist jedoch widerlegbar. Im Ergebnis führt daher die Verwirklichung des Tatbestandes des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG bereits in Anbetracht des Wortlautes der Sätze 1-3 des § 17 Abs. 3 KrWG nicht zwingend zum Bestehen „überwiegender öffentlicher Interessen“ im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG. Vielmehr bedarf es ausweislich des nationalen Rechts stets der weiteren Prüfung, ob die Vermutung des Gesetzes im je zu bewertenden Einzelfall nicht ausnahmsweise widerlegt wurde. Namentlich ist zusätzlich zum Tatbestand des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG zu prüfen, ob die gewerbliche Sammlung die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, wie es das Gesetz (widerlegbar) vermutet, tatsächlich wesentlich beeinträchtigt. Anschließend ist zu prüfen, ob bei Vorliegen einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung, diese tatsächlich zur Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers führt. Dabei kann die Darlegungslast nicht dem gewerblichen Sammler zugewiesen werden. Die Behörde ist dafür verantwortlich, auch den für eine Widerlegung der gesetzlichen Vermutung sprechenden Sachverhalt zu ermitteln (so ausdrücklich Beckmann in: Landmann/Rohmer, a.a.O., § 17 KrWG Rn. 119; vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 9. Oktober 2013 – 8 B 10783/13.OVG –, NVwZ-RR 2014, 135 m.w.N). Diese Vorgehensweise ist letztlich Konsequenz des mit je widerlegbaren Vermutungen versehenen Kaskadensystems des § 17 Abs. 3 KrWG.

90

Vorstehendes lässt sich zudem angesichts des europarechtlichen Einflusses auf die Vorschrift des § 17 Abs. 3 KrWG untermauern: Entstehungsgeschichtlich hat das Merkmal „wesentliche Beeinträchtigung“ europarechtliche Ursprünge. Vor dem Hintergrund des Art. 106 AEUV hatte die EU-Kommission im Notifizierungsverfahren zum Gesetzentwurf zur Neuordnung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes vom 28. Mai 2011 darauf hingewiesen, dass nur „wesentliche“ Auswirkungen gewerblicher Sammlungen auf die Kommunen im Rahmen der Einzelfallabwägung des § 17 Abs. 3 KrWG berücksichtigt werden dürften; andernfalls könne der Zugang eines neuen Wettbewerbers EU-rechtswidrig behindert werden (Mitteilung SG[2011] D/51545 im Notifizierungsverfahren 2011/0148/D). Unter ausdrücklicher Erinnerung an diesen Vorgang hat die Bundesregierung im Gesetzgebungsverfahren in ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates die EU-rechtskonforme Fassung des § 17 Abs. 3 KrWG angemahnt (BT-Drucksache 17/6645, Seite 5). Der zuständige BT-Ausschuss hat in seiner Beschlussempfehlung darauf reagiert (BT-Drucksache 17/7505, Seite 3). Die europarechtskonforme Auslegung und Anwendung des innerstaatlichen Rechts drängt sich geradezu auf (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, DVBl 2013, 1537).

91

Daraus folgt: Nach Sinn und Zweck des Kaskadenmodells gemäß § 17 Abs. 3 KrWG steht Satz 3 Nr. 1 im Dienste der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlich organisierten Entsorgungssystems (Satz 1). Eine „Gefährdung“ dieser Funktionsfähigkeit (Satz 2) durch eine „wesentliche Beeinträchtigung“ der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers kann nach Auffassung der Kammer allenfalls angenommen werden, wenn die gewerbliche Sammlung – „in ihrer konkreten Ausgestaltung“ und ggf. „im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen“ (§ 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG) – mehr als nur einen geringen Anteil des gesamten Aufkommens einer bestimmten Abfallart (hier: Alttextilien) im Entsorgungsgebiet erfasst. Danach ist regelmäßig eine wesentliche Beeinträchtigung noch nicht anzunehmen, wenn der Mengenentzug einer konkreten getrennt erfassten Abfallfraktion sich im Bereich von 10-15 % bewegt (vgl. Mann, KommJur 2014, 325 mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung). Selbst bei rein innerstaatlich angelegter Gesetzesdeutung kann ernsthaft nicht davon gesprochen werden, dass die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung „wesentlich“ beeinträchtigt wird, wenn nur eine eher geringfügige gewerbliche Sammlung bestimmter Abfälle stattfindet (OVG Hamburg, Beschluss vom 20. März 2013 – 5 Bs 208/12 –, juris). Andernfalls bewirkte die Gesetzesanwendung einen rechtlich unzulässigen absoluten Konkurrentenschutz (so wörtlich VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, DVBl 2013, 1537).

92

Eine an diesem Maßstab bemessene „wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung“ respektive eine „Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers“ kann die Kammer nicht ausmachen. Die hierzu vorgebrachten Angaben der Beklagten vermögen entsprechendes nicht zu belegen.

93

Im Zuge des Widerspruchsverfahrens legte die Beklagte über den ASK und die ZAK Zahlen aus dem Jahre 2013 vor. Danach hat der ASK eine Altkleidermenge von ca. 30 Tonnen/Jahr mit einem Erlös von 300 € pro Tonne gesammelt. Zudem hat die ZAK mitgeteilt, dass sie im Jahr 2013 43 Tonnen Altkleider, davon 27,15 Tonnen aus der Stadt Kaiserslautern, erfasst hat. Für das Jahr 2014 kalkulierte die ZAK mit einer Gesamtsammelmenge von 63 Tonnen/Jahr, davon 30 Tonnen aus dem Stadtgebiet von Kaiserslautern. Zudem prognostizierte sie eine Gesamtsammelmenge der gewerblichen Sammler von 892,24 Tonnen sowie 589,55 Tonnen über gemeinnützige Sammlungen. Dem stehen gegenüber für die Jahre 2013 und 2014 21,54 Tonnen Altkleider, die die Klägerin im Stadtgebiet von Kaiserslautern sammeln wollte.

94

Diese Ausführungen der Beklagten vermögen eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung respektive eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nicht zu belegen. Nach Angaben von ASK und ZAK steigt die erwartete Gesamtmenge an Altkleidern bei den gewerblichen Sammlern im Sammelgebiet von ca. 600 Tonnen (im Jahr 2013) auf 892,24 Tonnen (Erwartung für das Jahr 2014). Insofern ist nicht zu erkennen, wieso die klägerische Sammlung angesichts des erwarteten deutlich höheren Anfalls an Altkleidern nicht zugelassen werden kann. Dies insbesondere mit Blick darauf, dass ASK und ZAK mit eigenen Sammelmengen von 30 Tonnen (ASK) und 63 Tonnen, davon 30 Tonnen im Stadtgebiet von Kaiserslautern (ZAK), rechnen. Zudem erklären ASK und ZAK, sie könnten im Jahre 2014 einen Betrag von 355 € pro Tonne an Altkleidern erwirtschaften, während im Jahre 2013 ein Erlös von 300 € pro Tonne erzielt wurde. Die Validität dieser Zahlen unterstellt, konnte die Beklagte im Jahr 2013 folglich einen Ertrag von 17.145 € erwirtschaften (30 + 27,15 = 57,15 Tonnen multipliziert mit 300 €), während im Jahr 2014 mit einem Betrag von 21.300 € (30 + 30 = 60 Tonnen multipliziert mit 355 €) gerechnet wird. Die Beklagte geht im Hinblick auf die private „Konkurrenz“ gerade nicht von eigenen Verlusten sondern vielmehr von weiteren Gewinnen aus, so dass es ihr letztlich um eine Gewinnmaximierung geht. In Anbetracht all dessen vermag das Gericht eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung bzw. die Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nicht zu erkennen.

95

Soweit der Stadtrechtsausschuss demgegenüber im Widerspruchsbescheid ausführt, im Jahre 2014 würden nach seinen Berechnungen allein durch gewerbliche und gemeinnützige Sammler 1.483,79 Tonnen an Altkleidern abgeschöpft und er infolge dessen offenbar unterstellt, der kommunale Entsorgungsträger könne in Anbetracht dessen keinerlei Altkleider erfassen, kann dem nicht gefolgt werden. Dies folgt bereits aus der Tatsache, dass der Stadtrechtsausschuss den Betrag von 1.483,79 Tonnen in unzulässiger Weise berechnet. Er rekurriert nämlich bei dieser Ermittlung auch auf Zahlen von gewerblichen Sammlern, die diese im Rahmen des Anzeigeverfahrens vorgelegt haben und bezieht daher in seine Betrachtung Sammlungen ein, die zuweilen (noch) nicht durchgeführt worden sind. Dieses Vorgehen steht nicht in Einklang mit § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG, der zwar ausdrücklich besagt, dass bei der Bewertung der angezeigten Sammlung auch deren „Zusammenwirken mit anderen Sammlungen“ zu berücksichtigen ist. Diesbezüglich besteht aber – nicht zuletzt aufgrund der Begründung des Änderungsantrags der Regierungsfraktionen – Einigkeit dahingehend, dass lediglich bereits bestehende gewerbliche Sammlungen in die Betrachtung einbezogen werden sollen; weitere – auch konkret – geplante Sammlungen sind nicht zu berücksichtigen (vgl. Karpenstein/Dingemann in: Jarass/Petersen, a.a.O., § 17 Rn. 157 m.w.N.). Entsprechend legt der Stadtrechtsausschuss seiner Entscheidung bereits in tatsächlicher Hinsicht nicht schlüssige Maßstäbe zugrunde.

96

Auch wenn es der Beklagten (bisher) nicht gelungen ist, eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung respektive eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu belegen, steht es ihr offen, ihren Bürgern die Vorzüge des eigenen Bring- und Holsystems gegenüber den gewerblichen Sammlungen zu vermitteln.

97

b. Darüber hinaus liegt aber auch ein Verstoß gegen die in § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG normierte Rechtmäßigkeitsanforderung der „Erforderlichkeit“ der Untersagungsverfügung vor. Wie oben dargelegt, ist vor Erlass einer auf § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG gestützten Untersagungsverfügung von der Behörde stets zu prüfen, ob nicht - als milderes Mittel - durch Maßnahmen nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG die Voraussetzungen nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG sichergestellt werden können. Insoweit kann beispielsweise eine angemessene Befristung der gewerblichen Sammlung in Betracht kommen, um danach an Hand der neu gewonnenen Erkenntnisse die Voraussetzungen der Sammlung erneut prüfen zu können (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. September 2013 – 10 S 1116/13 –, DVBl 2013, 1537). Auch die mengenmäßige Begrenzung der gewerblichen Sammlung kann ein taugliches Mittel zur Sicherstellung der Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG sein (vgl. Dageförde/Thärichen, AbfallR 2013, 125, 136). Mit diesen Fragen hat sich die Beklagte nicht auseinander gesetzt und damit die im Rahmen des § 18 Abs. 5 KrWG gesetzlich vorgeschriebene zweistufige Prüfung nicht durchgeführt.

98

Die Untersagung der Sammlung ist daher rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Folglich ist auch die Verfügung der Beklagten, die im Stadtgebiet von Kaiserslautern aufgestellten Sammelcontainer zu entfernen, rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.

99

3. Daneben ist auch die in Ziffer 3 des Bescheids vom 9. April 2013 verfügte Zwangsmittelandrohung (s. §§ 64, 66 LVwVG) aufzuheben.

100

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZivilprozessordnungZPO –.

101

Die Berufung war durch das Verwaltungsgericht gemäß § §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, weil die Kammer der Rechtsfrage, wann eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers anzunehmen ist, grundsätzliche Bedeutung beimisst.

102

Beschluss

103

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 20.000 € festgesetzt (§§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 63 Abs. 2 GKG i.V.m. Ziffer 2.4.2. des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom Juli 2013). Der Zwangsgeldandrohung kommt wegen der Verbindung mit der Grundverfügung hierbei keine eigenständige Bedeutung zu (Streitwertkatalog Ziffer 1.6.2).

(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.

(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,

1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden,
2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist,
3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden,
4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
Satz 1 Nummer 3 und 4 gilt nicht für gemischte Abfälle aus privaten Haushaltungen und gefährliche Abfälle. Sonderregelungen der Überlassungspflicht durch Rechtsverordnungen nach den §§ 10, 16 und 25 bleiben unberührt.

(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung

1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt,
2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder
3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
Satz 3 Nummer 1 und 2 gilt nicht, wenn die vom gewerblichen Sammler angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle wesentlich leistungsfähiger ist als die von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder dem von ihm beauftragten Dritten bereits angebotene oder konkret geplante Leistung. Bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit sind sowohl die in Bezug auf die Ziele der Kreislaufwirtschaft zu beurteilenden Kriterien der Qualität und der Effizienz, des Umfangs und der Dauer der Erfassung und Verwertung der Abfälle als auch die aus Sicht aller privaten Haushalte im Gebiet des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu beurteilende gemeinwohlorientierte Servicegerechtigkeit der Leistung zugrunde zu legen. Leistungen, die über die unmittelbare Sammel- und Verwertungsleistung hinausgehen, insbesondere Entgeltzahlungen, sind bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit nicht zu berücksichtigen.

(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.

(1) Gemeinnützige Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und gewerbliche Sammlungen im Sinne des § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 sind spätestens drei Monate vor ihrer beabsichtigten Aufnahme durch ihren Träger der zuständigen Behörde nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 anzuzeigen.

(2) Der Anzeige einer gewerblichen Sammlung sind beizufügen

1.
Angaben über die Größe und Organisation des Sammlungsunternehmens,
2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer, insbesondere über den größtmöglichen Umfang und die Mindestdauer der Sammlung,
3.
Angaben über Art, Menge und Verbleib der zu verwertenden Abfälle,
4.
eine Darlegung der innerhalb des angezeigten Zeitraums vorgesehenen Verwertungswege einschließlich der erforderlichen Maßnahmen zur Sicherstellung ihrer Kapazitäten sowie
5.
eine Darlegung, wie die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle im Rahmen der Verwertungswege nach Nummer 4 gewährleistet wird.

(3) Der Anzeige der gemeinnützigen Sammlung sind beizufügen

1.
Angaben über die Größe und Organisation des Trägers der gemeinnützigen Sammlung sowie gegebenenfalls des Dritten, der mit der Sammlung beauftragt wird, sowie
2.
Angaben über Art, Ausmaß und Dauer der Sammlung.
Die Behörde kann verlangen, dass der Anzeige der gemeinnützigen Sammlung Unterlagen entsprechend Absatz 2 Nummer 3 bis 5 beizufügen sind.

(4) Die zuständige Behörde fordert den von der gewerblichen oder gemeinnützigen Sammlung betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf, für seinen Zuständigkeitsbereich eine Stellungnahme innerhalb einer Frist von zwei Monaten abzugeben. Hat der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bis zum Ablauf dieser Frist keine Stellungnahme abgegeben, ist davon auszugehen, dass sich dieser nicht äußern will.

(5) Die zuständige Behörde kann die angezeigte Sammlung von Bedingungen abhängig machen, sie zeitlich befristen oder Auflagen für sie vorsehen, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 sicherzustellen. Die zuständige Behörde hat die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben, oder die Einhaltung der in § 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder Nummer 4 genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist.

(6) Die zuständige Behörde kann bestimmen, dass eine gewerbliche Sammlung mindestens für einen bestimmten Zeitraum durchzuführen ist; dieser Zeitraum darf drei Jahre nicht überschreiten. Wird die gewerbliche Sammlung vor Ablauf des nach Satz 1 bestimmten Mindestzeitraums eingestellt oder innerhalb dieses Zeitraums in ihrer Art und ihrem Ausmaß in Abweichung von den von der Behörde nach Absatz 5 Satz 1 festgelegten Bedingungen oder Auflagen wesentlich eingeschränkt, ist der Träger der gewerblichen Sammlung dem betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gegenüber zum Ersatz der Mehraufwendungen verpflichtet, die für die Sammlung und Verwertung der bislang von der gewerblichen Sammlung erfassten Abfälle erforderlich sind. Zur Absicherung des Ersatzanspruchs kann die zuständige Behörde dem Träger der gewerblichen Sammlung eine Sicherheitsleistung auferlegen.

(7) Soweit eine gewerbliche Sammlung, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits durchgeführt wurde, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems bislang nicht gefährdet hat, ist bei Anordnungen nach Absatz 5 oder 6 der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, insbesondere ein schutzwürdiges Vertrauen des Trägers der Sammlung auf ihre weitere Durchführung, zu beachten.

(8) Der von der gewerblichen Sammlung betroffene öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger hat einen Anspruch darauf, dass die für gewerbliche Sammlungen geltenden Bestimmungen des Anzeigeverfahrens eingehalten werden.

(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.

(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,

1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden,
2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist,
3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden,
4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
Satz 1 Nummer 3 und 4 gilt nicht für gemischte Abfälle aus privaten Haushaltungen und gefährliche Abfälle. Sonderregelungen der Überlassungspflicht durch Rechtsverordnungen nach den §§ 10, 16 und 25 bleiben unberührt.

(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung

1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt,
2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder
3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
Satz 3 Nummer 1 und 2 gilt nicht, wenn die vom gewerblichen Sammler angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle wesentlich leistungsfähiger ist als die von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder dem von ihm beauftragten Dritten bereits angebotene oder konkret geplante Leistung. Bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit sind sowohl die in Bezug auf die Ziele der Kreislaufwirtschaft zu beurteilenden Kriterien der Qualität und der Effizienz, des Umfangs und der Dauer der Erfassung und Verwertung der Abfälle als auch die aus Sicht aller privaten Haushalte im Gebiet des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu beurteilende gemeinwohlorientierte Servicegerechtigkeit der Leistung zugrunde zu legen. Leistungen, die über die unmittelbare Sammel- und Verwertungsleistung hinausgehen, insbesondere Entgeltzahlungen, sind bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit nicht zu berücksichtigen.

(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.

Tenor

Das angegriffene Urteil wird teilweise geändert.

Die Untersagungsverfügung unter Buchstabe a Nr. 1 der Ordnungsverfügung des Beklagten vom 14. Juli 2010 wird mit Wirkung ab dem Tag der mündlichen Verhandlung vor dem Senat aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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Tenor

Das angegriffene Urteil wird teilweise geändert.

Die Untersagungsverfügung unter Buchstabe a Nr. 1 der Ordnungsverfügung des Beklagten vom 14. Juli 2010 wird mit Wirkung ab dem Tag der mündlichen Verhandlung vor dem Senat aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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Tenor

Das angegriffene Urteil wird teilweise geändert.

Die Untersagungsverfügung unter Buchstabe a Nr. 1 der Ordnungsverfügung des Beklagten vom 14. Juli 2010 wird mit Wirkung ab dem Tag der mündlichen Verhandlung vor dem Senat aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


123456789101112131415161718192021222324252627282930313233343536373839404142434445464748495051525354555657585960616263646566676869707172737475767778798081828384858687888990919293949596979899100101102103104105106107108109110111112113114115116117118119120121122123124125126127128129130131132133134135136137138139140141142143144145146147148149150151152153154155156157158159160161162163164165166167168169170171172173174175176177178179180181182183184185186187188189190191192193194195196197198199200201202203204205

(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.

(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,

1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden,
2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist,
3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden,
4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
Satz 1 Nummer 3 und 4 gilt nicht für gemischte Abfälle aus privaten Haushaltungen und gefährliche Abfälle. Sonderregelungen der Überlassungspflicht durch Rechtsverordnungen nach den §§ 10, 16 und 25 bleiben unberührt.

(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung

1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt,
2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder
3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
Satz 3 Nummer 1 und 2 gilt nicht, wenn die vom gewerblichen Sammler angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle wesentlich leistungsfähiger ist als die von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder dem von ihm beauftragten Dritten bereits angebotene oder konkret geplante Leistung. Bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit sind sowohl die in Bezug auf die Ziele der Kreislaufwirtschaft zu beurteilenden Kriterien der Qualität und der Effizienz, des Umfangs und der Dauer der Erfassung und Verwertung der Abfälle als auch die aus Sicht aller privaten Haushalte im Gebiet des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu beurteilende gemeinwohlorientierte Servicegerechtigkeit der Leistung zugrunde zu legen. Leistungen, die über die unmittelbare Sammel- und Verwertungsleistung hinausgehen, insbesondere Entgeltzahlungen, sind bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit nicht zu berücksichtigen.

(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.

(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,

1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden,
2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist,
3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden,
4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
Satz 1 Nummer 3 und 4 gilt nicht für gemischte Abfälle aus privaten Haushaltungen und gefährliche Abfälle. Sonderregelungen der Überlassungspflicht durch Rechtsverordnungen nach den §§ 10, 16 und 25 bleiben unberührt.

(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung

1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt,
2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder
3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
Satz 3 Nummer 1 und 2 gilt nicht, wenn die vom gewerblichen Sammler angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle wesentlich leistungsfähiger ist als die von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder dem von ihm beauftragten Dritten bereits angebotene oder konkret geplante Leistung. Bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit sind sowohl die in Bezug auf die Ziele der Kreislaufwirtschaft zu beurteilenden Kriterien der Qualität und der Effizienz, des Umfangs und der Dauer der Erfassung und Verwertung der Abfälle als auch die aus Sicht aller privaten Haushalte im Gebiet des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu beurteilende gemeinwohlorientierte Servicegerechtigkeit der Leistung zugrunde zu legen. Leistungen, die über die unmittelbare Sammel- und Verwertungsleistung hinausgehen, insbesondere Entgeltzahlungen, sind bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit nicht zu berücksichtigen.

(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.