Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 25. Mai 2016 - 15 E 387/16
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
1
G r ü n d e :
2Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
3Das Verwaltungsgericht hat die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 11. Januar 2016 zu Recht zurückgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Festsetzung einer Terminsgebühr gemäß der Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV RVG.
4Nach dieser Bestimmung entsteht die Terminsgebühr sowohl für die Wahrnehmung von gerichtlichen Terminen als auch für die Wahrnehmung von außergerichtlichen Terminen und Besprechungen, wenn nichts anderes bestimmt ist (Satz 1). Die Gebühr für außergerichtliche Termine und Besprechungen entsteht für die Mitwirkung an Besprechungen, die auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtet sind; dies gilt nicht für Besprechungen mit dem Auftraggeber (Satz 3 Nr. 2).
5Es kann dahinstehen, ob Telefonate des Gerichts mit den Beteiligten im Ansatz geeignet sind, als „außergerichtliche Termine und Besprechungen“ eine Terminsgebühr auszulösen. Jedenfalls setzt eine auf eine Erledigung gerichtete Besprechung im Sinne der Vorschrift neben einer „Zweiseitigkeit“ - d. h. der beidseitigen Bereitschaft der Prozessgegner zu einer eventuellen einvernehmlichen Beendigung des Verfahrens - voraus, dass die Besprechung gerade als Meinungsaustausch mit dem Ziel einer Einigung bzw. einer anderweitigen unstreitigen Erledigung geführt wird.
6Vgl. insoweit etwa BGH, Beschlüsse vom 6. März 2014 - VII ZB 40/13 -, NJW-RR 2014, 958 = juris Rn. 12, und vom 20. November 2006 - II ZB 9/06 -, NJW-RR 2007, 286 = juris Rn. 7 f.; OVG NRW, Beschlüsse vom 3. Februar 2014 - 6 E 1209/12 -, NJW 2014, 1465 = juris Rn. 8, und vom 8. Februar 2011- 2 E 1410/10 -, juris Rn. 28; OVG Bremen, Beschluss vom 24. April 2015 - 1 S 250/14 -, NJW 2015, 2602 = juris Rn. 13; OLG Koblenz, Beschluss vom 3. Juli 2015 - 14 W 415/15 -, juris Rn. 9; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 1. März 2011 - I-10 W 163/10 -, juris Rn. 3; Müller-Raabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 21. Aufl. 2013, VV Vorb. 3 Rn. 165 f., 174 und 194.
7Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die Telefonate des Berichterstatters des Senats mit den Beteiligten vom 22. Oktober 2015 waren keine Besprechungen mit dem Ziel einer einvernehmlichen unstreitigen Erledigung im vorgenannten Sinn. Soweit in dem Gespräch mit der Prozessbevollmächtigten der Klägerin auch die Frage der Abgabe einer Erledigungserklärung durch diese thematisiert wurde, geschah dies nicht gerade, um einen auf „Zweiseitigkeit“ beruhenden Meinungsaustausch zwischen den Beteiligten zu vermitteln oder einzuleiten. Die Kontaktaufnahme erfolgte- wie auch aus den Telefonvermerken vom 22. Oktober 2015 hervorgeht - vor dem Hintergrund der konkreten prozessualen Situation des Zulassungsverfahrens, die eingetreten war, nachdem die Beklagte auf den Hinweis des Senats vom 29. September 2015 ihren streitigen Bescheid vom 1. August 2013 mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2015 zwar aufgehoben und den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, die Klägerin sich dieser Erledigungserklärung indes in ihrem Schriftsatz vom 21. Oktober 2015 nicht angeschlossen, sondern um eine Entscheidung über den Zulassungsantrag gebeten hatte. Die Beteiligten hatten sich mithin bereits beidseits in Kenntnis der in dem Senatshinweis vom 29. September 2015 ausgeführten vorläufigen Erfolgsaussichten des Zulassungsantrags der Beklagten in der Sache positioniert, so dass nunmehr vor allem insoweit ein Erörterungsbedarf entstanden war, welche verfahrensrechtlichen Folgerungen aus diesen Positionierungen namentlich im Hinblick auf den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Juni 2015 - 9 B 69.14 -, juris, zu ziehen seien, den die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 21. Oktober 2015 angeführt hatte. In Rede stand dabei auch, ob der Zulassungsantrag der Beklagten ungeachtet ihrer Erledigungserklärung weiterhin in der Sache zur Entscheidung gestellt war oder ob er sich in einen Streit um die Erledigung der Hauptsache umwandeln würde, falls die Beklagte nunmehr ein klageabweisendes Prozessurteil erstrebte. Diese Erörterung lässt sich sinnnotwendig nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Prozesserklärungen und der durch sie hervorgerufenen Prozesslage führen. Dazu erhielten die Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme, die die Klägerin mit Schriftsatz vom 26. Oktober 2015 wahrnahm. In diesem vertrat sie nach wie vor den Standpunkt, das Zulassungsverfahren sei in der Sache zu entscheiden.
8Dass der Berichterstatter des Senats in seinem Vermerk vom 22. Oktober 2015 ausdrücklich das Einverständnis der Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit einer telefonischen Kontaktaufnahme auch mit der Beklagtenseite erfragte, geschah lediglich aus Gründen der Transparenz sowie um diese Form der Gesprächsführung mit ihr abzustimmen. Im Rahmen des Telefonats am 22. Oktober 2015 erklärte der Vertreter des Beklagten sodann, dass er nicht beabsichtige, das Zulassungsverfahren mit dem Ziel eines klageabweisenden Prozessurteils zu betreiben.
9Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
10Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, da die Festgebühr nachNr. 5502 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) anfällt.
11Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
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Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens
Gründe:
1Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Über sie entscheidet in der gegebenen Fallkonstellation der nach § 146 Abs. 1 VwGO erhobenen Beschwerde, die einen die Erinnerung gegen die Festsetzung der dem Verfahrensgegner zu erstattenden Kosten gemäß § 164 VwGO zurückweisenden Beschluss des Verwaltungsgerichts betrifft, der Senat in der Besetzung von drei Richtern (§ 9 Abs. 3 Satz 1, 1. Halbsatz VwGO, § 109 Abs. 1 Sätze 1 und 2 JustG NRW).
2Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. Dezember 2012 - 6 E 1074/12 -, juris, mit weiteren Nachweisen.
3Die Beschwerde ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 24. August 2012 im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen.
4Eine Terminsgebühr ist nicht gemäß Nr. 3104 VV-RVG i.V.m. Teil 3 Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV-RVG a. F. angefallen. Danach entsteht eine Terminsgebühr für die Vertretung in einem Verhandlungs-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmetermin oder die Wahrnehmung eines von einem gerichtlich bestellten Sachverständigen anberaumten Termins oder - was hier in Betracht kommt - die Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen auch ohne Beteiligung des Gerichts.
5Die am 1. August 2013 in Kraft getretenen und auch die Terminsgebühr betreffenden Neuregelungen des RVG
6- vgl. Art. 8 Ziffer 26, Art. 50 des 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes, BGBl. I S. 2586 -
7gelangen hier nicht zur Anwendung, weil die Mandatierung des Prozessbevollmächtigten des Klägers vor Inkrafttreten dieser Regelungen erfolgt ist. Nach der Übergangsvorschrift des § 60 Abs. 1 Satz 1 RVG ist die Vergütung nach bisherigem Recht zu berechnen, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung der Angelegenheit wie hier vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung erteilt worden ist.
8Es kann dahinstehen, ob die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts zutrifft, dass neben einer für denselben Sachverhalt beanspruchten Erledigungsgebühr nach Nr. 1003 VV-RVG keine Terminsgebühr anfallen könne, und dass für das Entstehen der zuletzt genannten Gebühr die persönliche Anwesenheit der Beteiligten in einem auch zum Zwecke der Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens zulässigerweise anberaumten Termin erforderlich sei. Denn die zu einer Terminsgebühr führende Besprechung setzt jedenfalls „Zweiseitigkeit“ und dementsprechend eine Besprechung gerade mit dem Prozessgegner sowie dessen Bereitschaft voraus, in Überlegungen mit dem Ziel einer einvernehmlichen Beendigung des Verfahrens einzutreten.
9Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. Februar 2011 - 2 E 1410/10 -, juris; OVG M.-V., Beschluss vom 2. März 2009 – 3 O 158/08 -, juris; Schons, in: Hartung/Schons/Enders, RVG, Kommentar, 2. Auflage, 2013, Vorbem. 3 VV, Rdn. 46.
10Hat eine Besprechung zwischen den Prozessbeteiligten nicht stattgefunden, sondern lediglich zwischen dem Verfahrensbevollmächtigten und dem Gericht, wird die Terminsgebühr entgegen der Rechtsauffassung des Klägers nicht ausgelöst. Dass der Gesetzgeber mit der Wendung „Besprechung“ eine solche zwischen den Prozessbeteiligten gemeint hat, folgt daraus, dass Abs. 3 der Vorbemerkung 3 zum Teil 3 VV-RVG ursprünglich (i.d.F. des Art. 3 des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5. Mai 2004, BGBl. I S. 718) in seinem hier interessierenden Teil noch lautete: „Die Terminsgebühr entsteht für (...) die Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen ohne Beteiligung des Gerichts“. Die Wendung „auch ohne Beteiligung des Gerichts“ ist erst mit dem 2. Justizmodernisierungsgesetz vom 22. Dezember 2006 (BGBl. I S. 3416) in das Gesetz aufgenommen worden. Die Terminsgebühr sollte nach dem Willen des Gesetzgebers bereits anfallen, wenn der Prozessbevollmächtigte – (eben) ohne Beteiligung des Gerichts – an auf die Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen mitgewirkt hat. Mit dem Zusatz „auch ohne Beteiligung des Gerichts“ wollte der Gesetzgeber das Erfordernis des Gesprächs zwischen den Prozessbeteiligten nicht entfallen lassen, sondern lediglich klarstellen, dass eine darüber hinausgehende Beteiligung des Gerichts insoweit unschädlich ist.
11Vgl. OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 16. März 2009 - 1 K 72/08 -, juris, mit weiteren Nachweisen.
12Das Beschwerdevorbringen zeigt nicht auf, dass es zu einer auf die Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechung zwischen den Prozessbeteiligten gekommen ist. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat sich mit Schriftsatz vom 21. März 2012 vielmehr an das Verwaltungsgericht gewandt und unter Hinweis auf die bevorstehende Zurruhesetzung des Klägers darum gebeten, „die Angelegenheit vorzuziehen und einer zeitnahen Entscheidung zuzuführen“. Nach eigenen Angaben hat er darüber hinaus in einem Telefongespräch mit dem Berichterstatter erörtert, „inwieweit gegebenenfalls eine einvernehmliche Regelung“ erzielt werden könne. Sodann hat der Berichterstatter mit dem zuständigen Dezernenten der Bezirksregierung E. Rücksprache hinsichtlich einer „einvernehmlichen Regelung in dem hier anhängigen Klageverfahren“ gehalten (Aktenvermerk vom 27. März 2012) und der stellvertretende Schulleiter des Berufsbildungszentrums O. -I. seine vom Kläger angefochtene Dienstanweisung vom 28. März 2011 aufgehoben. Nach alledem hat eine Besprechung zwischen den Prozessbeteiligten, wie ausgeführt, nicht stattgefunden.
13Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.