Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 10. Feb. 2015 - 3 K 2/13

bei uns veröffentlicht am10.02.2015

Tenor

Die Satzung über die 4. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 7 Sondergebiet „ A.“ der Antragsgegnerin wird für unwirksam erklärt.

Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragsteller zu 2/3 und die Antragsgegnerin zu 1/3.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Normenkontrollantrag der Antragsteller betrifft den Bebauungsplan Nr. 7 "Sondergebiet A." der Antragsgegnerin in der Fassung der 4. Änderung.

2

Die Antragsteller sind Eigentümer des Grundstücks A. 13. Dort befindet sich das Hotel " O." mit Restaurant " F.". Das Hotel verfügt nach den Angaben der Antragsteller im B-Plan-Verfahren über 25 Zimmer. Zur A. hin liegen das dreigeschossige Hotelgebäude und das daran unmittelbar angebaute eingeschossige Restaurantgebäude. Im rückwärtigen Grundstücksbereich befinden sich ein eingeschossiger Anbau zum Hotelgebäude sowie Freiflächen, die teilweise als Parkplatz genutzt werden, ferner ein Garagengebäude. Auf den beiderseitigen entsprechend geschnittenen Nachbargrundstücken ist eine dreigeschossige Bebauung vorhanden, die etwas mehr Abstand von der A. hält, aber rückwärtig deutlich tiefer in die Grundstücke hinein bis an die rückwärtigen Grundstücksgrenzen reicht. In 20 bis 30 m Abstand schließt sich rückwärtig an die Grundstücke der Stadtwald an, wobei die Waldgrenze auf der Höhe des Grundstücks der Antragsteller nicht parallel, sondern schräg zur rückwärtigen Grundstücksgrenze verläuft.

3

Die Antragsteller erstreben eine Instandsetzung und Modernisierung des Hotels zu einem Haus der 4-Sterne-Kategorie. Die Kapazität soll auf mindestens 60 Zimmer erweitert werden; hierfür soll ein 3-geschossiger Anbau mit ausgebautem Dachgeschoss im rückwärtigen Teil des Grundstücks errichtet werden. Dabei soll eine Bebauungstiefe erreicht werden, die derjenigen auf den Nachbargrundstücken entspricht. Ferner sollen eine Tiefgarage und ein Wellnessbereich entstehen. Das Restaurantgebäude soll um auf zwei Geschosse aufgestockt werden. Den Antrag der Antragsteller auf Erteilung eines Bauvorbescheides für ein Erweiterungsvorhaben lehnte die Bauaufsichtsbehörde mit Bescheid vom 12.03.2008 ab. In der Folgezeit verhandelten die Antragsteller mit der Antragsgegnerin über eine Änderung des Bebauungsplanes mit dem Ziel, das angestrebte Bauvorhaben zu ermöglichen.

4

Der ursprüngliche Bebauungsplan Nr. 7 "Sondergebiet A.", bekannt gemacht am 23.12.2004, sieht für das Plangebiet ausschließlich Sondergebiete vor, die dem Tourismus dienen. Zu den zulässigen Nutzungsarten gemäß Ziff. 1.1 der textlichen Festsetzungen gehören u.a. Hotels, Pensionen und Ferienwohnungen. Baufelder und Geschosszahlen sind sind für die Grundstücke jeweils gesondert und auch für Teilflächen einzelner Grundstücke differenziert festgesetzt; dabei orientieren sich die Festsetzungen im wesentlichen am Bestand. Dies gilt auch für das Grundstück der Antragsteller. Nach der Begründung hat der Plan das Ziel die Grundlage für eine städtebaulich geordnete Weiterentwicklung zu schaffen. Als Planungsziel ist u.a. genannt die "stärkere Orientierung der Baugrenzen am Gebäudebestand bzw. an Baugenehmigungen" (Ziff. 1). Hinsichtlich der Zahl der Vollgeschosse ist u.a. ausgeführt (Ziff. 4.2 der Begründung):

5

"Die Anzahl der Vollgeschosse ist je Flurstück festgesetzt... Für die städtebauliche Ordnung sind im Hinblick auf die Gebäudehöhe bzw. Anzahl der Vollgeschosse folgende Grundsätze zu beachten:

6

- Die Gebäude in der 1. Reihe (entlang der A.) können höher als die Gebäude in der 2. Reihe sein.

7

- Anbauten an Baudenkmale dürfen höchstens die Firsthöhe des Baudenkmals erreichen."

8

Zu Baugrenzen und Baulinien heißt es in der Begründung u.a. (Ziff. 4.3, 5.1 und 5.2):

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„Von großer Bedeutung sind die Festsetzungen zu Baugrenzen und Baulinien für:

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- die nachbarschaftsrechtlichen Auswirkungen (Abstandsflächen),

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- die städtebauliche Ordnung entlang der A.,

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- die Bewahrung der Baudenkmale bei Anbauten,

13

- die Erhaltung der Gebäudedifferenzierungen in Größe und Höhe des Gebäudebestandes,

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- die Einigung mit dem Forstamt zur Waldabstandsregelung,

15

- die Erhaltung von städtebaulich wirksamen Einzelbäumen.

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Begründungen für die Festsetzung von Baulinien:

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- Baudenkmale sind von Baulinien umgeben, wo Anbauten vorhanden oder noch möglich sind, wurden Baugrenzen festgesetzt. Folgende denkmalgeschützte Gebäude bleiben weiterhin ohne Anbauten: ...

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- Der Gebäudebestand ist mit Baulinien und Baugrenzen umrandet. Die unterschiedliche Anzahl von Vollgeschossen sind voneinander abgegrenzt." (Ziff. 4.3)

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"Durch die Festsetzung von Baulinien und Baugrenzen entstehen je Grundstück rechtseindeutige überbaubare Grundstücksflächen, die die Baufluchtenregelung entlang der A. präzisiert und die Bebaubarkeit in Richtung Stadtwald und Küstenschutzwald ... regelt." (Ziff. 5.1)

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"Der Abstand von Baulinien und Baugrenzen zur südlichen Straßenbegrenzungslinie der A., beträgt von wenigen Ausnahmen abgesehen mindestens 5 m. Die historisch gewachsene seeseitige Bauflucht behält die Vor- und Rücksprünge durch die Festsetzung von Baulinien an Denkmalen." (Ziff. 5.2)

21

Nach Ziff. 4.5 der Begründung darf bei einem Neubau ein 30m-Abstand zum Wald grundsätzlich nicht unterschritten werden. In einem Fall ( A. 21) werde "unter Anrechnung der Rückbauungen eine wesentlich größere Ersatzbebauung für 'Bestandsschutzreste' in einem Abstand von ca. 25 m zum Wald" von der Forstbehörde zugestimmt. In Ziff. 5.3 der Begründung wird auf den seinerzeit im Landeswaldgesetz vorgeschriebenen Waldabstand von 50 m hingewiesen.

22

In der Folgezeit wurden mehrere Änderungsverfahren durchgeführt, die jeweils Festsetzungen für einzelne Änderungsbereiche - die im wesentlichen einzelnen Baugrundstücken entsprechen – zum Gegenstand haben. Die Satzung über die 1. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 7 wurde am 19.01.2006 bekannt gemacht, die Satzung über die 3. Änderung am 14.05.2009. Das 2. Änderungsverfahren wurde nicht zum Abschluss gebracht.

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In das 4. Änderungsverfahren wurde auch der Bauwunsch der Antragsteller einbezogen. Im Ergebnis wurde mit der 4. Änderung des Bebauungsplanes das Baufeld auf ihrem Grundstück im rückwärtigen Bereich in der Weise abgestuft vergrößert, dass jeweils ein Abstand von 30 m zum Stadtwald eingehalten wird. Entsprechend der (oberirdischen) Bebauungstiefe auf den Nachbargrundstücken wurde eine unterirdische Baugrenze vorgesehen. Für den rückwärtigen Bereich wurde eine 2-geschossige Bebauung zugelassen. Die von den Antragstellern begehrte 3-geschossige Bebauung in diesem Bereich und die Aufstockung des Restaurantgebäudes auf 2 Geschosse wurden abgelehnt. Der Bebauungsplan wurde in den textlichen Festsetzungen um Ziff. 1.14 ergänzt: "Der zweigeschossige Anbau am Hotel O. ( A. 13) ist nur zulässig, wenn mindestens 35 % der neuen Nutzungsfläche für Wellnessanlagen genutzt werden. Bei der Berechnung ist die Fläche der Tiefgarage nicht zu berücksichtigen." In Ziff. 5.1 der textlichen Festsetzungen wurde folgende Regelung eingefügt: "Alle Baumaßnahmen, die im 30 m-Waldabstand geplant sind, sind nur mit Zustimmung der zuständigen Landesforstbehörde, Forstamt Bad Doberan, zulässig."

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Nach dem Inhalt der Begründung erstrebt die Antragsgegnerin die "Anpassung der zeichnerischen B-Plan-Festsetzungen (überirdische und unterirdische Baugrenzen und Stellplatzflächen) an vorliegende Bauanträge bzw. an den Bestand, die der Verbesserung der Infrastruktur in den Sondergebieten des Tourismus dienen". Von besonderem Gewicht seien die Belange der Forstbehörde zum Waldabstand. Es wird auf die Stellungnahme der Forstbehörde vom 18.04.2011 hingewiesen, in der diese mitgeteilt habe, von besonderer Bedeutung sei der Abstand von geplanter Neubebauung oder Änderungen an Bestandsbebauungen im Waldabstandsbereich von 30 m. Änderungen an vorhandener Bebauung im 30 m-Waldabstandsbereich seien im Hinblick auf § 20 LWaldG M-V lediglich im Rahmen des Bestandsschutzes zulässig. In der Abstimmung mit der Forstbehörde am 13.05.2011 sei klargestellt worden, dass Vorhaben im Waldabstand zunächst durch den Bauherren mit der Forstbehörde abzustimmen seien und nur bei Zustimmung Bauplanungsrecht erlangen könnten. Dies sei in der neuen textlichen Festsetzung Ziff. 5.1 geregelt worden.

25

Die Satzung über die 4. Änderung wurde gemäß § 13 BauGB im vereinfachten Verfahren aufgestellt. Der 1. Entwurf sah ein Baufeld im wesentlichen entsprechend den Vorstellungen der Antragsteller vor, wobei die rückwärtige Baugrenze in gleicher Tiefe wie auf den Nachbargrundstücken vorgesehen war, so dass das Baufeld in den 30-m-Waldabstandsbereich hinein reichen sollte.

26

Die Forstbehörde nahm mit Datum vom 18.04.2011 wie in der endgültigen Begründung des Bebauungsplans wiedergegeben zu einer Unterschreitung des 30-m-Waldabstandes ablehnend Stellung und bestand auf der Einhaltung dieses Abstandes.

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Im Rahmen der öffentlichen Auslegung vom 22.03.2011 bis zum 26.04.2011 äußerten sich die Antragsteller mit anwaltlichem Schreiben vom 18.04.2011. Sie wendeten sich dagegen, dass ihr Vorhaben nur mit reduzierter Geschossigkeit ermöglicht werden sollte, und führten aus: Die erforderliche Sanierung und Modernisierung der Baulichkeiten auf dem Grundstück sei nur mit einem wirtschaftlich überzeugenden Konzept möglich. Wie sich aus dem eingereichten betriebswirtschaftlichen Gutachten ergebe, sei ein Hotel auf dem betroffenen Grundstück wirtschaftlich erfolgreich nur mit mindestens 60 Zimmern zu führen. Auch die weiteren Maßnahmen zur Verbesserung der touristischen Infrastruktur (zB Wellnessbereich/Schwimmbad) seien nur bei dieser Größe finanzierbar. Die im Planungsentwurf vorgesehenen Bebauungsmöglichkeiten ließen nicht einmal ausreichend Zimmerkapazitäten zu. Der Planungsentwurf stelle sich als Benachteiligung für die Grundstückseigentümer dar. Der Charakter der A. sei dadurch erhalten worden, dass Neu- und Erweiterungsbauten im Stil der Bäderarchitektur errichtet worden seien. Die Bebauung der hinteren Grundstücksteile sei gestattet worden. Die Nachbargrundstücke seien 3- bzw. 4-geschossig zuzüglich Dachausbau bebaut. Das von ihnen geplante Vorhaben füge sich in die Umgebung ein. Auch die Rahmenplanerin habe dem Entwurf zugestimmt. Das Vorhaben entspreche der Zielsetzung des Sondergebietes und dem Interesse der Antragsgegnerin an der Förderung des Tourismus u.a. unter dem Gesichtspunkt der Saisonverlängerung.

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Die Stadtvertreterversammlung beschloss am 02.02.2012 über die Abwägung der eingegangenen Stellungnahmen. In der Abwägungsdokumentation heißt es zu den Einwänden der Antragsteller:

29

"... Ausschlaggebend für die Einbeziehung des Vorhabens in die 4. Änderung der B-Plan-Satzung sind städtebauliche Gründe. Wirtschaftliche Interessen sind in der Bauleitplanung nicht vorrangig (§ 1 BauGB). - Der O. hat auf der Waldseite zwei eingeschossige Bauten. Beantragt wird ein dreigeschossiger Baukörper mit einer Baumasse, die 6mal größer wäre als der derzeitige Bestand. Der O. ist dreigeschossig. Der beantragte Neubau muss sich als Anbau dem Haupthaus unterordnen, also niedriger sein. Das ist der Fall, wenn der Anbau 2 statt 3 Vollgeschosse hat. Mit der geplanten Frontbreite des Anbaus wird zwar die Frontbreite der Nachbargebäude aufgenommen, die städtebauliche Besonderheit der waldseitigen Bebauung mit unterschiedlich breiten und hohen Anbauten an die oftmals denkmalgeschützten Vorderhäuser geht hier jedoch verloren. ...

30

Die beantragte Erhöhung des straßenseitigen Anbaus (Gaststätte " F.") wird abgelehnt. Eine Aufstockung verändert das Gesamtbild erheblich. Die Gebäudefront an der A. ist geprägt durch den Wechsel von stattlichen Haupthaus-Fronten und originären Anbauten. - Ein Verweis auf ältere Bausünden ist hier nicht hilfreich. Die Erstfassung der B-Plan-Satzung ist erst seit 24.12.2004 rechtswirksam. Zu dem Zeitpunkt waren die meisten Um- und Neubauten über § 34 BauGB genehmigt und schon fertiggestellt. Sie waren der Anlass, eine bessere städtebauliche Ordnung entlang der A. zu schaffen. - Die Stadt verfolgt mit der 4. B-Plan-Änderung städtebauliche Ziele und achtet dabei bei den Festsetzungen von Baugrenzen und Gebäudefronten auf die Nachbarschaften. ..."

31

Gleichzeitig billigte die Stadtvertretung einen 2. geänderten Entwurf, der für das Grundstück der Antragsteller entsprechend der letztlich beschlossenen Fassung ein rückwärtig verkleinertes Baufeld dergestalt vorsah, dass der 30-m-Waldabstand eingehalten wurde. Ferner wurde folgende textliche Festsetzung aufgenommen: "Der zweigeschossige Anbau am Hotel O. ( A. 13) ist nur zulässig, wenn mindestens 50 % der neuen Nutzungsfläche für Wellnessanlagen genutzt werden."

32

Die Forstbehörde erklärte mit Schreiben vom 26.04.2012 bezogen auf den Änderungsbereich " O." ihre Zustimmung und teilte betreffend die südliche Baugrenze mit, zwischenzeitlich sei bekannt geworden, dass entgegen der bisherigen Planungen keine Unterschreitung des Waldabstandes zugunsten einer unterirdischen Parkhausanlage auf städtischem Eigentum erfolgen solle. In einem Ortstermin am 25.04.2012 mit Frau W. (Stadtbauamt Kühlungsborn) sei durch das Forstamt signalisiert worden, dass für die jetzt neu geplante oberirdische Bebauung eine Ausnahme zur Unterschreitung des 30 m Mindestwaldabstandes (§ 20 LWaldG M-V) unter Anwendung des § 3 Abs. 2 Satz 1 der Waldabstandsverordnung M-V in Aussicht gestellt werden könne (Lückenbebauung in einer Baulücke unter 70 m, mit Beibehaltung des vorhandenen geprägten Waldabstandes am Bauort). Ein entsprechender Bauantrag sei zur Prüfung vorzulegen. Die Baugrenze sei in enger Zusammenarbeit mit der Forstbehörde exakt festzulegen. Bedingung für eine Ausnahme sei der gänzliche Verzicht auf bauliche Anlagen einschließlich Parkplätze im verbleibenden Waldabstandsbereich. Die Möglichkeiten zur Errichtung unterirdischer Parkgelegenheiten seien aufgezeigt worden.

33

Im Rahmen der erneuten Auslegung vom 27.03. bis 30.04.2012 nahmen die Antragsteller mit anwaltlichem Schreiben vom 30.04.2012 Stellung. Sie hielten ihre bisherigen Bedenken gegen die Planung aufrecht. Hinsichtlich der Geschossigkeit sei eine ordnungsgemäße Abwägung der Belange der Eigentümer nicht erkennbar. Ältere Bausünden könnten nicht auf ihrem - der Antragsteller - Grundstück ausgeglichen werden. Ihr Vorhaben entspreche - wie im einzelnen näher ausgeführt wurde - den Planungszielen der Stadt. Eine planerische Vorgabe, dass sich der Neubau als Anbau dem Haupthaus unterordnen müsse, gebe es nicht. Ein entsprechender Gesichtspunkt sei in der Begründung zum B-Plan Nr. 7 nicht enthalten. Vorgaben zu den Größenverhältnissen seien nur in Bezug auf Baudenkmäler gemacht worden, zu denen das Objekt der Antragsteller aber nicht gehöre. Der vorgesehene Neubau im rückwärtigen Bereich sei nicht höher geplant als das Vordergebäude. Tatsächlich füge das Vorhaben sich stadtplanerisch optimal in die vorhandene Situation ein, und die aufwendige Frontsanierung stelle ein prächtiges Bild der A. wieder her. Mit der Festsetzung einer Nutzung als Wellnessbereich auf 50% der neuen Nutzfläche erklärten sich die Antragsteller ebenfalls nicht einverstanden. Sie wandten sich ferner gegen die Veränderung des Baufeldes und Änderung der rückwärtigen Baugrenze in Anpassung an die Waldgrenze. Die Festlegung einer entsprechenden Baugrenze sei nicht erforderlich; die Waldgrenze sei keine absolute Grenze; die Forstbehörde könne bzw. werde eine Ausnahmegenehmigung für eine Bebauung erteilen, mit der die Linien der Nachbarbebauung aufgenommen würden. Insgesamt seien ihre wirtschaftlichen Interessen, für deren Nachweis zunächst ein Betreiberkonzept von ihnen verlangt worden sei, nunmehr völlig unberücksichtigt geblieben. Es würden städtebauliche Gründe lediglich vorgeschoben, die weder dem B-Plan noch sonstigen Grundlagen zu entnehmen seien.

34

Am 06.09.2012 beschloss die Stadtvertreterversammlung einstimmig über die eingegangenen Stellungnahmen. In der Abwägungsdokumentation heißt es zur Stellungnahme der Forstbehörde:

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"Für den 4. Änderungsbereich (" O.") bleiben die Festsetzungen unverändert. Die Stadt verzichtet nicht auf die in der B-Plan-Satzung festgesetzte Gemeinschaftsstellplatzanlage."

36

Zu der Stellungnahme der Antragsteller wird ausgeführt:

37

"Die Argumente wurden eingehend geprüft. Sie werden nicht berücksichtigt. Die Festsetzungen der B-Plan-Satzung zur 4. Änderung bleiben so wie im 2. Entwurf dargestellt. Mit der hier ermöglichten großzügigen Anlage einer unterirdischen Bebauung mit vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten (Stellplätze, Wellness u.a.) kann das angestrebte wirtschaftliche Ziel erreicht werden."

38

Gleichzeitig fasste die Stadtvertretung den Satzungsbeschluss und billigte die Begründung der Planänderung. Der Satzungsbeschluss wurde am 20.09.2012 bekannt gemacht.

39

Die Antragsteller haben am 12.02.2013 Normenkontrollantrag gestellt.

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Sie tragen vor:

41

Es bestünden Bedenken wegen der möglichen Befangenheit einzelner Stadtvertreter bei den jeweiligen Abstimmungen, weil sich unter ihnen auch Grundstückseigentümer und Hoteliers bzw. nahestehende Angehörige von diesen befänden. Insbesondere habe der ehemalige Bürgermeister und nunmehrige Vorsitzende des Bauausschusses Herr W. sich trotz seiner vielfältigen persönlichen Verbindungen nicht für befangen erklärt. Den Antragstellern habe er seinerzeit im Rahmen des vermögensrechtlichen Restitutionsverfahrens erklärt, er werde dafür sorgen, dass sie - die Antragsteller - das Grundstück nicht behalten würden.

42

Durch die Festsetzung von Baugrenzen, die dem Bebauungszustand zum Zeitpunkt des ersten Bebauungsplanes entsprächen, sei eine Veränderung der Gebäude ohne Planänderung ausgeschlossen. Obwohl die Begründung des Bebauungsplanes die Erforderlichkeit von Gebäudeerweiterungen im Rahmen von Modernisierungen anspreche, seien diese zunächst nahezu unmöglich. Dadurch dass bereits vor Inkrafttreten des Bebauungsplanes auf einer großen Zahl von Grundstücken Erweiterungs- und Neubauten durchgeführt gewesen seien (so auch auf den Nachbargrundstücken, insbesondere dem der "Villa K." A. 12), würden Grundstückseigentümer mit späteren Änderungsvorhaben benachteiligt. Allerdings wolle die Antragsgegnerin zu Recht die vor Inkrafttreten des Bebauungsplans eingetretenen Fehlentwicklungen stoppen. Sie dürfe aber auch nicht übersehen, dass diese Fehlentwicklungen vorhanden seien und den Gebietscharakter nunmehr mitbestimmten und prägten.

43

Bei den Änderungen des Bebauungsplanes sei ihr Vorhaben nicht berücksichtigt worden, während andere Bauvorhaben in die Planung aufgenommen worden seien und dort auch eine Steigerung der Bettenzahlen erreicht worden sei. Daraus ergebe sich der Eindruck der Willkür. Die zum Teil großzügige Weiterentwicklung auf anderen Grundstücken sei ohne nachvollziehbare Stellungnahme geblieben. So sei in der angegriffenen Änderung des Bebauungsplanes für ein anderes Grundstück ("E.") eine 4-geschossige Bebauung zugelassen worden, während ihnen - den Antragstellern - eine 3-geschossige Bebauung versagt werde.

44

Es bestünden keinerlei objektive Grundlagen für einen Maßstab, was an Änderungen und Erweiterungen zulässig sein solle. Die Antragsgegnerin habe es versäumt, dafür grundsätzliche Festlegungen zu treffen. Die bisherigen Änderungen seien nicht konzeptionell einzuordnen; sie stellten Einzelfallentscheidungen für die betroffenen Grundstücke dar. Die Antragsgegnerin sei nicht von sich aus an der Fortentwicklung des Sondergebietes interessiert, sondern lasse die Grundstückseigentümer mit ihren Vorstellungen herantreten und stelle ihnen in Aussicht, dass bei Übernahme der Kosten für eine Bebauungsplanänderung eine solche geprüft werde. Wie die Antragsgegnerin sich die touristische Weiterentwicklung ihres - der Antragsteller - Grundstücks vorstelle, sei nicht zu erkennen. Ihre Nachfrage nach den Kriterien der in der Begründung des B-Planes Nr. 7 angesprochenen Weiterentwicklung des touristischen Sondergebietes sei stets unbeantwortet geblieben. Außer der Forderung nach einem Betriebskonzept, das sie eingereicht hätten, seien sie lediglich mit vermeintlichen Stimmungen aus der Stadtvertretung konfrontiert worden, zB gegen Bettenerweiterungen, für Selbstbetreiber, für Kleinunternehmen u.a.

45

Die städtebauliche Grundentscheidung, ein Sondergebiet für touristische Ziele anzulegen, lasse nur erkennen, dass durch die Fassadengestaltung des Altbaubestandes die historische Bäderarchitektur erkennbar bleiben solle. Diese sei auf ihrem Grundstück aber nur noch stark eingeschränkt sichtbar, wenn nicht sogar verloren gegangen. Gleichwohl würden ihnen die notwendigen Erhaltungs- und Sanierungsarbeiten nicht ermöglicht.

46

Die Abwägungsergebnisse ließen nicht erkennen, dass man sich mit ihren Stellungnahmen auseinandergesetzt habe. Die Argumentation zur Ausweitung der Bebaubarkeit sei sachlich falsch und werde dem eigenen städtebaulichen Konzept nicht gerecht. Tatsächlich trete im Vergleich zum vorhandenen Bestand nicht eine Versechsfachung der Baumasse ein; diese vervielfache sich allenfalls um das 1,8fache. Auch die Grundflächenzahl erhöhe sich nur unwesentlich von derzeit 0,364 auf 0,557. Von einer Erhöhung von 0,8 auf 0,9 wie im Fall des Hotels U. einige Häuser weiter im B-Plan-Gebiet sei man weit entfernt. Im übrigen sei die Vergrößerung der Kapazität erforderlich, weil sich die Anforderungen an die Raumaufteilung und der Komfortanspruch grundlegend geändert hätten.

47

Was mit dem städtebaulichen Argument der architektonischen Unterordnung des Neubaus unter das Haupthaus ausgesagt sein solle, könne nicht nachvollzogen werden. Die tatsächliche Bebauung auf den Nachbargrundstücken lasse zudem erkennen, dass dieser Maßstab von der Antragsgegnerin nicht eingehalten worden sei. Worum es bei der "Gewährleistung einer kompakten Gebäudestruktur gehe" die die Antragsgegnerin anführe sei nicht ersichtlich. Die Waldgrenze als Bebauungsgrenze festzulegen sei nicht erforderlich. In anderen Fällen sei diese nicht beachtet worden. Die Antragsgegnerin habe im übrigen schon seit langer Zeit geplant, die A. als Zufahrtsstraße zu schließen und die Zufahrt durch den Neubau einer Straße im bisherigen Wald zu gewährleisten.

48

Die Antragsteller beantragen,

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den Bebauungsplan der Antragsgegnerin Nr. 7 „Sondergebiet A.“ in der 4. Fassung für unwirksam zu erklären.

50

Die Antragsgegnerin beantragt,

51

den Antrag zurückzuweisen.

52

Sie trägt vor: Die Fassung der 4. Änderung des Bebauungsplanes führe im Vergleich zur Fassung der 3. Änderung bzw. der Vorgängerfassungen zu einer deutlichen Verbesserung der Bebaubarkeit des Grundstücks der Antragsteller, weil das Baufeld vergrößert und hofseitige Anbauten mit zwei Vollgeschossen ermöglicht worden seien. Gegenüber den früheren Festsetzungen der Satzung hätten die Antragsteller aber weder Einwendungen im Rahmen der Beteiligung erhoben noch den Bebauungsplan mit einem Normenkontrollantrag angegriffen.

53

Aus Sicht der Antragsgegnerin hätten an der Beschlussfassung keine Stadtvertreter teilgenommen, die wegen Befangenheit von der Abstimmung ausgeschlossen gewesen seien.

54

Die Wirksamkeit des Bebauungsplans scheitere nicht an dem Erforderlichkeitsgebot des § 1 Abs. 3 BauGB. Der Planung liege ein ausreichendes städtebauliches Konzept zu Grunde. Der Plan verfolge auch unter Berücksichtigung der erfolgten Änderungen das Ziel, den langjährig gewachsenen Gebietscharakter, insbesondere im Hinblick auf die Bäderarchitektur sowie die Fremdenverkehrsfunktion des Gebiets weitgehend zu sichern und die bestehenden Grünstrukturen mit der Anbindung an den vorhandenen Wald zu erhalten. Dabei gehe es um den Schutz eines vorhandenen Orts- und Landschaftsbildes iSv § 1 Abs. 6 Nr. 5 BauGB unter Berücksichtigung der Anforderungen des Fremdenverkehrs. Damit seien auch die von Antragstellerseite vermissten touristischen Erwägungen in die Abwägung eingeflossen und berücksichtigt worden.

55

Der Bebauungsplan verstoße nicht gegen die materiellen Anforderungen des Abwägungsgebotes nach § 1 Abs. 7 BauGB. Die von den Antragstellern im Rahmen der Beteiligungsverfahren erhobenen Einwände seien Gegenstand der Abwägung geworden. Im Rahmen der Abwägung sei aus städtebaulichen Grünen entschieden worden, dass sich der angestrebte Neubau als Anbau dem Haupthaus architektonisch unterordnen müsse und deshalb nur zwei Geschosse aufweisen dürfe. Ebenso sei die Aufstockung des straßenseitigen Anbaus (Gaststätte) aus den in der Abwägungsdokumentation enthaltenen städtebaulichen Gründen nicht in die Planung übernommen worden. Soweit andere Grundstücke vor Inkrafttreten des Bebauungsplans im Jahr 2004 bereits abweichend bebaut worden seien, hätten die insoweit drohenden städtebaulichen Missstände durch die Bauleitplanung gerade gestoppt werden sollen. Die vorgesehene Baugrenze im rückwärtigen Bereich des Grundstücks sei zur Einhaltung des 30-Meter-Waldabstandes und zur Gewährleistung einer kompakten Gebäudestruktur nicht zu beanstanden. Der von den Antragstellern gewünschten weitergehenden Bebaubarkeit stünden die mit der Zielsetzung der Bauleitplanung verfolgten öffentlichen Interessen und die Interessen der weiteren Grundstückseigentümer am Erhalt des Orts- und Landschaftsbildes entgegen, weil dieses für die Attraktivität des Fremdenverkehrsgebiets von Bedeutung sei. Der Vorwurf willkürlicher Schlechterstellung sei unbegründet. Dem Bebauungsplan sei zu entnehmen, dass auch für andere Baufelder Beschränkungen der Geschossigkeit bzw. im Hinblick auf die Art der Nutzung vorgesehen seien. Es sei berücksichtigt worden, dass bei einer Überplanung das Interesse an der Erhaltung des bestehenden Baurechts in die Abwägung einzubeziehen und entsprechend zu gewichten sei. Einen Planungsgrundsatz, nach dem die vorhandene Bebauung eines Gebiets nach Art und Maß auch bei einer Überplanung weiterhin zugelassen werden müsse, gebe es aber nicht. Sie - die Antragsgegnerin - wäre daher auch nicht gehindert gewesen, die Bebaubarkeit einzuschränken. Eine solche Einschränkung sei jedoch mit der 4. Änderung im Vergleich zum Stand der 3. Änderung des Bebauungsplanes nicht erfolgt. Die wirtschaftliche Nutzbarkeit des Grundstücks sei mit den getroffenen Festsetzungen nicht unangemessen eingeschränkt. Allein dass die Antragsgegnerin im Ergebnis nicht der Bewertung durch die Antragsteller gefolgt sei, begründe keinen Abwägungsfehler.

56

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

57

I. Die Antragsteller wenden sich mit ihrem Normenkontrollantrag nicht lediglich gegen die Satzung über die 4. Änderung des Bebauungsplans Nr. 7 "Sondergebiet A." der Antragsgegnerin. Sie haben vielmehr in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich klargestellt, auch den ursprünglichen Bebauungsplan einschließlich der 1. und 3. Änderung angreifen zu wollen.

58

II. Der Normenkontrollantrag ist unzulässig, soweit die Antragsteller sich gegen den ursprünglichen Bebauungsplan Nr. 7 sowie die Satzungen über die 1. und 3. Änderung wenden. Insoweit ist die Antragsfrist gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht eingehalten worden. Eine Wiedereinsetzung in die Antragsfrist ist nicht beantragt worden; Gründe hierfür sind auch nicht erkennbar.

59

Die Antragsfrist gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO muss für jede zur Überprüfung im Normenkontrollverfahren gestellte Satzung gesondert berechnet und eingehalten werden. Zwar bilden für Bauvorhaben im Planbereich die Satzungen über den ursprünglichen Bebauungsplan und über die Änderungen in materieller Hinsicht "einen Bebauungsplan" im Sinne des § 39 Abs. 1 bzw. Abs. 3 BauGB, so dass die durch sie getroffenen Festsetzungen kumulativ zu beachten sind. Dies ändert jedoch nichts daran, dass sowohl der Ursprungsplan als auch alle Änderungspläne formal selbständige Satzungen darstellen, die jeweils für sich und unter Wahrung aller Zulässigkeitsvoraussetzungen angefochten werden müssen, um eine Überprüfung durch das Normenkontrollgericht mit dem Ziel der Unwirksamerklärung zu erreichen (vgl. OVG Münster U. v. 12.12.2005 - 10 D 27/03.NE - BauR 2007, 525 = Juris Rn. 51; BVerwG U. v. 16.12.1999 - 4 CN 7.98 - BRS 62 Nr. 44 = Juris Rn. 16). Hingegen wird der Ursprungsplan nicht mit dem Inkrafttreten jedes Änderungsplans unabhängig von Zulässigkeitsschranken wieder in vollem Umfang einer Normenkontrolle im Rahmen des gegen den Änderungsplan gestellten Normenkontrollantrags zugänglich (vgl. OVG Münster aaO Rn. 53). Im vorliegenden Fall ging der Wille des Plangebers jeweils dahin, mit den Änderungssatzungen nur punktuelle Änderungen vorzunehmen und den Bestand der in Kraft befindlichen städtebaulichen Ordnung im übrigen nicht in Frage zu stellen. Dies ergibt sich aus den jeweiligen Planbegründungen, die jeweils nur die konkreten Änderungsbereiche - regelmäßig einzelne Baugrundstücke - betreffen. Dass zum Zweck der Bekanntmachung der Änderungssatzungen jeweils die Gesamtpläne in der geänderten Fassung ausgelegt wurden, und der Regelungsinhalt der Änderungssatzungen sich lediglich aus den Begründungen ergab, ändert daran nichts.

60

Der ursprüngliche Bebauungsplan Nr. 7 ist am 24.12.2004 in Kraft getreten. Die Antragsfrist für den Normenkontrollantrag endete gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO in der seinerzeit geltenden Fassung am 27.12.2006. Nach Inkrafttreten der Satzung über die 1. Änderung am 20.01.2006 endete die Antragsfrist am 21.01.2008. Für die am 15.05.2009 in Kraft getretene Satzung über die 3. Änderung lief die - zwischenzeitlich auf ein Jahr verkürzte - Antragsfrist am 17.05.2010 ab. Die Antragsteller haben sich jedoch erst am 12.02.2013 mit ihrem Normenkontrollantrag an das Oberverwaltungsgericht gewendet.

61

II. Soweit die Antragsteller sich auch gegen die Satzung über die 4. Änderung des Bebauungsplans Nr. 7 "Sondergebiet A." der Antragsgegnerin wenden, hat der Antrag Erfolg.

62

1. Der Antrag ist zulässig.

63

a) Der Antrag ist gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO fristgerecht innerhalb eines Jahres nach der am 21.09.2012 erfolgten Bekanntmachung der angegriffenen 4. Änderungssatzung gestellt worden.

64

b) Die Antragsteller sind antragsbefugt. Sie können geltend machen, durch die angegriffene Änderungssatzung in ihren Rechten verletzt zu sein, § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Dafür reicht es aus, dass die Antragsteller Eigentümer eines Grundstücks im Geltungsbereich des Bebauungsplans sind, für das in der angegriffenen Satzung geänderte Festsetzungen getroffen werden, und dass sie sich gegen die ihr Grundstück betreffenden Festsetzungen wenden. Sie können, soweit sie weiter gehende Bebauungsmöglichkeiten für ihr Grundstück erstreben, geltend machen, in ihrem Recht auf fehlerfreie Abwägung ihrer Belange verletzt zu sein. Ob die Antragsteller das von ihnen angestrebte Vorhaben ausführen dürften, wenn sich die zur Überprüfung gestellte Änderungssatzung als unwirksam erweist, ist keine Frage der Rechtsverletzung, sondern des Rechtsschutzbedürfnisses (vgl. BVerwG U. v. 10.03.1998 - 4 CN 6.97 - NVwZ 1998, 732 = Juris Rn. 10 ff, Rn. 13). Im Rahmen der Prüfung der Antragsbefugnis sind die Auswirkungen einer Änderungsplanung im Vergleich zu dem Ausgangsbebauungsplan nicht zu bilanzieren (vgl. OVG Münster U. v. 12.02.2014 - 2 D 13/14.NE - BauR 2014, 2042, Juris Rn. 41).

65

c) Es fehlt auch nicht an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis der Antragsteller. Mit diesem Erfordernis soll vermieden werden, dass die Gerichte in eine Normprüfung eintreten müssen, deren Ergebnis für den Antragsteller wertlos ist. Zu fragen ist, ob der Antragsteller durch die von ihm angestrebte Unwirksamerklärung seine Rechtsstellung verbessern kann (vgl. BVerwG U. v. 23.04.2002 - NVwZ 2000, 1126 = Juris Rn. 10 mwN; VGH Mannheim U. v. 25.11.2014 - 5 S 302/13 - Juris Rn. 29).

66

Durch eine stattgebende Entscheidung im Normenkontrollverfahren würde die rechtliche Situation der Antragsteller sich allerdings zunächst nicht verbessern, sondern verschlechtern. Hätte der Normenkontrollantrag Erfolg, würde die angefochtene Satzung über die 4. Änderung des Bebauungsplans Nr. 7 "Sondergebiet A." der Antragsgegnerin für unwirksam erklärt, mit der Folge, dass der bisherige Plan wieder aufleben würde. Anhaltspunkte dafür, dass die Stadtvertreterversammlung der Antragsgegnerin mit dem Beschluss über die 4. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 7 dessen ursprüngliche Fassung hinsichtlich der Änderungsbereiche auf jeden Fall - d.h. auch für den Fall dass die Änderungen sich als unwirksam erweisen sollten - aufheben wollte, bestehen nicht. Soweit die Antragsteller die fehlende Berücksichtigung ihres Wunsches nach einer weiter gehenden baulichen Ausnutzung des Grundstücks - maßgeblich hinsichtlich der Geschossigkeit und des Baufeldes - rügen, würden sie ihrem Klageziel mit der Unwirksamerklärung der 4. Änderung des B-Planes daher zunächst nicht näher kommen, sondern sich davon entfernen. Denn die vorherige Fassung des B-Planes setzt im wesentlichen den Bestand fest und ermöglicht keine nennenswerte Erweiterung der Bebauung; demgegenüber sind die Möglichkeiten zur baulichen Ausnutzung des Grundstücks durch die angegriffene 4. Änderung des B-Planes Nr. 7 Sondergebiet " A." durch Vergrößerung des Baufeldes und Festlegung einer höheren Geschosszahl für den rückwärtigen Grundstücksbereich deutlich erweitert worden.

67

Allerdings ist mit dem Vorliegen der Antragsbefugnis regelmäßig auch das erforderliche Rechtsschutzinteresse zu bejahen. Dass der Antragsteller seinem eigentlichen Ziel, eine weiter gehende Nutzungsmöglichkeit für sein Grundstück zu erreichen, durch die Unwirksamerklärung eines Bebauungsplanes allein nicht näher kommt, ist als unschädlich angesehen worden und ein Rechtsschutzbedürfnis jedenfalls dann bejaht worden, wenn die Gemeinde nach § 1 Abs. 3 BauGB objektiv-rechtlich zur Neuplanung verpflichtet ist oder wenn unabhängig hiervon im Sinne einer tatsächlichen Prognose zu erwarten ist, dass die Gemeinde einen neuen Bebauungsplan aufstellen wird, der für den Antragsteller möglicherweise günstigere Festsetzungen enthält (vgl. BVerwG B. v. 17.12.1992 - 4 N 2.91 - NVwZ 1993, 562 = Juris Rn. 14; B. v. 23.01.1992 - 4 NB 2.90 - NVwZ 1992, 974 = Juris Rn. 16). Darüber hinaus soll es für die Bejahung des Rechtsschutzbedürfnisses bereits ausreichen, dass sich nicht ausschließen lässt, dass die gerichtliche Entscheidung für den Rechtsschutzsuchenden gegebenenfalls von Nutzen sein kann. Für einen Bebauungsplan, der eine frühere Planung ersetzt, hat das Bundesverwaltungsgericht insoweit ausgeführt, es sei ausreichend, dass es im Falle der Unwirksamerklärung des neuen Bebauungsplanes nicht zwangsläufig auf Dauer beim bisherigen Planungsstand verbleibe, da sich in der Neuplanung bereits die Absicht dokumentiert habe, der baulichen Entwicklung zumindest partiell eine andere Richtung zu geben. Wahrscheinlichkeitsbetrachtungen darüber, ob die Gemeinde einen neuen Bebauungsplan aufstellen und dabei den Bauwünschen des Antragstellers Rechnung tragen werde, seien nicht anzustellen. Der Normenkontrollantrag soll nur dann wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig sein, wenn die Unwirksamerklärung nichts dazu beizutragen vermag, das Rechtsschutzziel des Antragstellers zu erreichen, bzw. wenn unzweifelhaft ist, dass er seinem Ziel einer (bestimmten) baulichen Nutzung des Grundstücks selbst dann auf unabsehbare Zeit nicht näher kommen kann, wenn die Planung für unwirksam erklärt wird (vgl BVerwG B. v. 25.05.1993 - 4 NB 50.92 - NVwZ 1994, 269 = Juris Rn. 13 ff, 16).

68

Nach diesen Grundsätzen ist das Rechtsschutzbedürfnis der Antragsteller im vorliegenden Fall zu bejahen. Denn mit der 4. Änderungssatzung hat die Antragsgegnerin deutlich gemacht, dass sie konkrete Bauvorhaben der Planbetroffenen zum Anlass nimmt, die bisherigen Festsetzungen zu überprüfen und gegebenenfalls eine Änderungsplanung vorzunehmen. Es erscheint daher jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen, dass die Antragsgegnerin im Falle der Unwirksamerklärung der 4. Änderungssatzung eine erneute Änderungsplanung auch für das Grundstück der Antragsteller vornehmen und dabei möglicherweise deren Vorstellungen in weiter gehendem Umfang berücksichtigen wird.

69

d) Die Antragsteller sind mit ihren Einwänden schließlich nicht nach § 47 Abs. 2a VwGO ausgeschlossen. Denn sie haben bereits im Planaufstellungsverfahren fristgerecht diejenigen Einwendungen erhoben, die nunmehr Gegenstand ihres Normenkontrollantrags sind.

70

2. Der Antrag ist auch begründet.

71

a) Der Satzungsbeschluss über den Bebauungsplan ist nicht wegen Verstoßes gegen ein kommunalrechtliches Mitwirkungsverbot nach § 24 KV M-V unwirksam. Soweit die Antragsteller "Bedenken" geltend machen "wegen der möglichen Befangenheit einzelner Stadtvertreter bei den jeweiligen Abstimmungen, da sich unter ihnen auch Grundstückseigentümer und Hoteliers bzw. nahestehende Angehörige von diesen befinden" ist der Vortrag unsubstantiiert. Diesen zum Anlass für weitere Ermittlungen zu nehmen, würde auf Nachforschungen "ins Blaue" hinauslaufen. Nichts anderes gilt, soweit die Antragsteller bezogen auf den Vorsitzenden des Bauausschusses Herrn W. dessen "vielfältige persönliche Verbindungen" ansprechen. Soweit Herr W. als früherer Bürgermeister im Laufe des Restitutionsverfahrens der Antragsteller erklärt haben soll, "er werde dafür sorgen, dass diese das Grundstück nicht behalten werden", wird weder ein konkreter Lebenssachverhalt hinreichend ausführlich geschildert noch deutlich gemacht, weshalb sich daraus ein Mitwirkungsverbot ergeben soll.

72

Im übrigen würde die Unbeachtlichkeitsregelung des § 5 Abs. 5 KV M-V eingreifen, nach der Verstöße gegen Verfahrensvorschriften nach Ablauf eines Jahres seit der öffentlichen Bekanntmachung nicht mehr geltend gemacht werden können, wenn bei der Bekanntmachung auf die Regelungen hingewiesen worden ist, es sei denn der Verstoß ist innerhalb der Jahresfrist schriftlich unter Bezeichnung der verletzten Vorschrift und der Tatsache aus der sich der Verstoß ergibt, gegenüber der Gemeinde geltend gemacht worden. Der erforderliche Hinweis bei der Bekanntmachung ist erfolgt. Der Vortrag der Antragsteller im Normenkontrollverfahren ist der Antragsgegnerin zwar binnen eines Jahres nach der öffentlichen Bekanntmachung der 4. Änderungssatzung übermittelt worden; jedoch fehlt es an einer Bezeichnung der verletzten Vorschrift und an der Bezeichnung der Tatsachen aus denen sich ein Verstoß ergeben soll.

73

b) Der Senat kann offen lassen, ob die Änderungsplanung erforderlich ist, § 1 Abs. 3 BauGB. Nach dieser Vorschrift haben die Gemeinden Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Was in diesem Sinne erforderlich ist, bestimmt sich nach der planerischen Konzeption der Gemeinde. Welche städtebaulichen Ziele sich eine Gemeinde hierbei setzt, liegt grundsätzlich in ihrem planerischen Ermessen. Der Gesetzgeber ermächtigt sie, diejenige „Städtebaupolitik“ zu betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht. Auch soweit eine Bauleitplanung im wesentlichen nicht auf die Veränderung der bestehenden Situation, sondern auf die Bewahrung vorhandener Strukturen abzielt, kann die Bauleitplanung ein erforderliches Sicherungsinstrument sein, das eine positive planerische Aussage insofern enthält, als einer sich abzeichnenden Fehlentwicklung entgegen gesteuert werden soll. Dem gegenüber setzt eine im Ergebnis unzulässige "Negativplanung" bzw. "Verhinderungsplanung" voraus, dass eine positive Zielsetzung nur vorgeschoben wird, um einen bestimmten Bauwunsch zu durchkreuzen (BVerwG, B. v. 23.06.1992 - 4 B 55.92 - NVwZ-RR 1993, 456; B. v. 18.12.1990 - 4 NB 8.90 - NVwZ 1991, 876; vgl. a. OEufach0000000005 U. v. 05.06.2012 - 3 K 36/11 - Juris Rn. 106 sowie U. v. 24.11.2010 – 3 K 27/08 – Juris Rn. 65 mwN). Nicht erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB sind darüber hinaus Pläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des BauGB nicht bestimmt sind (vgl. BVerwG U. v. 27.03.2013 - 4 CN 7.11 - Juris Rn. 10; U. v. 21.03.2002 - 4 CN 14.00 - E 116, 144 = Juris Rn. 9 mwN). Damit setzt § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB der Bauleitplanung allerdings lediglich eine erste, wenn auch strikt bindende Schranke, die lediglich grobe und einigermaßen offensichtliche Missgriffe ausschließt. Sie betrifft die generelle Erforderlichkeit der Planung, nicht hingegen die Einzelheiten einer konkreten planerischen Lösung. Dafür ist das Abwägungsgebot maßgeblich, das im Hinblick auf gerichtliche Kontrolldichte, Fehlerunbeachtlichkeit und heranzuziehende Erkenntnisquellen abweichenden Maßstäben unterliegt, weshalb die Abgewogenheit einer Bauleitplanung und ihrer Festsetzungen nicht bereits zum Maßstab für deren städtebauliche Erforderlichkeit gemacht werden kann (BVerwG U. v. 27.03.2013 - 4 CN 7.11 - Juris Rn. 10 mwN).

74

Nach diesen Maßstäben liegt hier nicht der Fall einer unzulässigen Verhinderungsplanung vor. Denn die Antragsgegnerin verfolgt mit der Steuerung und Begrenzung der Bebauungsentwicklung sowie der Erhaltung des städtebaulichen Charakters in einem zentralen und touristisch besonders attraktiven Bereich des Ostseebades legitime positive Planungsziele. Gleichwohl bestehen Bedenken gegen die städtebauliche Erforderlichkeit der 4. Änderung, weil ein schlüssiges Planungskonzept nicht ersichtlich sein dürfte, an dem die Änderungsvorschläge der Grundstückseigentümer gemessen werden. Die mit dem ursprünglichen Bebauungsplan erfolgte weitgehende Beschränkung der Bebauungsmöglichkeiten auf den vorhandenen Bestand in Zusammenschau mit der kleinteilig-vorhabenbezogenen, allgemeine Maßstäbe nicht erkennen lassenden Planänderungspraxis der Antragsgegnerin lässt den Gedanken aufkommen, dass es ihr darum geht, auf die bauliche Entwicklung in einem zentralen Bereich ihres Gemeindegebietes „die Hand daraufzuhalten“ und einen weiter gehenden Einfluss zu gewinnen als gesetzlich vorgesehen ist, nämlich indem sie im Ergebnis jegliche Bauvorhaben unter einen „Vorbehalt der Planänderung“ stellt, um sodann jeweils im Einzelfall losgelöst von den Vorgaben für eine Bebauungsplanung städtebauliche Gestaltung betreiben bzw. die touristische Entwicklung des Seebades steuern zu können. Eine solche Vorgehensweise wäre unzulässig und von § 1 Abs. 3 BauGB nicht gedeckt. Letztlich bedarf es hierzu jedoch keiner abschließenden Entscheidung, weil die 4. Änderungssatzung sich jedenfalls aus anderen Gründen als unwirksam erweist.

75

c) Die Satzung über die 4. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 7 " A." enthält hinsichtlich des Grundstücks der Antragstellerin eine unzulässige Festsetzung und ist deshalb insoweit unwirksam. Für die textliche Festsetzung Ziff. 1.14 ("Der zweigeschossige Anbau am Hotel O. ... ist nur zulässig, wenn mindestens 35 % der neuen Nutzungsfläche für Wellnessanlagen genutzt werden. Bei der Berechnung ist die Fläche der Tiefgarage nicht zu berücksichtigen.") fehlt es an einer Rechtsgrundlage. Von dem abschließenden Katalog möglicher Festsetzungen in § 9 Abs. 1 BauGB ist sie nicht gedeckt. Insbesondere handelt es sich nicht um eine differenzierende Regelung zur Art der baulichen Nutzung, wie sie auch im Sondergebiet nach § 11 BauNVO nach dem Vorbild des § 1 Abs. 7, Abs. 9 BauNVO und gemäß § 1 Abs. 3 Satz 3 BauNVO darüber hinaus ohne Bindung an diese Vorschriften zulässig ist (vgl. Söfker in Ernst ua BauGB Bd. VI § 1 BauNVO Rn. 42 mwN). Dies gilt umso mehr, als eine konkrete Regelung der Nutzungsart für die übrige Fläche nicht getroffen wird, sondern insoweit lediglich die allgemeinen Vorgaben gemäß Ziff. 1.1 der textlichen Festsetzungen gelten. Dass es sich bei einer Nutzung für Hotels, Pensionen, Ferienwohnungen o.ä. mit Wellnessanlagen auf mindestens 35 % der Nutzungsfläche um eine spezifische Nutzungsart handeln würde, ist nicht ersichtlich. Da die Gemeinde durch den Bebauungsplan Inhalt und Schranken des Eigentums der im Planbereich gelegenen Grundstücke bestimmt und hierfür gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG einer gesetzlichen Grundlage bedarf, steht ihr kein bauplanerisches "Festsetzungsfindungsrecht" zu (BVerwG U. v. 11.02.1993 - 4 C 18.91 - E 92, 56); vielmehr besteht für bauplanungsrechtliche Festsetzungen ein Typenzwang (BVerwG U. v. 16.09.1993 - 4 C 28.91 - E 94, 151). Weicht die Gemeinde bei der Aufstellung eines Bebauungsplanes hiervon ab, so ist die jeweilige Festsetzung unwirksam (BVerwG B. v. 31.01.1995 – 4 NB 48/93 – NVwZ 1995, 696).

76

d) Die 4. Änderungssatzung leidet ferner an Abwägungsmängeln, die zur Feststellung ihrer Unwirksamkeit insgesamt führen.

77

Nach § 1 Abs. 7 BauGB sind bei der Aufstellung von Bauleitplänen die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Dieses Abwägungsgebot wird verletzt, wenn (1.) eine sachgerechte Abwägung überhaupt nicht stattfindet, (2.) in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, (3.) die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt oder (4.) der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot jedoch nicht verletzt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung des anderen entscheidet. Die darin liegende Gewichtung der von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange ist ein wesentliches Element der planerischen Gestaltungsfreiheit und als solche der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle entzogen. Die Kontrolle beschränkt sich im Rahmen des Abwägungsgebotes auf die Frage, ob die Gemeinde die abwägungserheblichen Gesichtspunkte rechtlich und tatsächlich zutreffend bestimmt hat und ob sie die aufgezeigten Grenzen der ihr obliegenden Gewichtung eingehalten hat (BVerwG U. v. 12.12.1969 - IV C 105.66 - E 34, 301; U. v. 14.02.1975 - IV C 21.74 - E 48, 56). Dabei ist für die Rechtmäßigkeit der Abwägung nach § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bauleitplan maßgeblich.

78

aa) Was die Neufestlegung der rückwärtigen Baugrenze auf dem Grundstück der Antragsteller angeht, ist bei der Abwägung der Gesichtspunkt des Waldabstandes nicht ordnungsgemäß berücksichtigt worden.

79

Nach § 20 Abs. 1 Satz 1 LWaldG - die Vorschrift galt zum maßgeblichen Zeitpunkt der Beschlussfassung bereits in der heutigen Fassung - ist bei der Errichtung baulicher Anlagen zur Sicherung vor Gefahren durch Windwurf oder Waldbrand ein Abstand von 30 m zum Wald einzuhalten. Die Ermächtigung, durch Rechtsverordnung Ausnahmen hiervon zu bestimmen (§ 20 Abs. 1 Satz 2 LWaldG), hat die oberste Forstbehörde mit dem Erlass der Waldabstandsverordnung vom 20.04.2005 (GVOBl 2005, 166) wahrgenommen. Gemäß § 20 Abs. 2 LWaldG entscheidet über die Zulassung von Ausnahmen die Forstbehörde; bedarf die bauliche Anlage einer Baugenehmigung, entscheidet die Bauaufsichtsbehörde im Einvernehmen mit der Forstbehörde. Einer Entscheidung über die Zulassung von Ausnahmen bedarf es nicht für bauliche Anlagen, die den Festlegungen eines rechtsverbindlichen Bebauungsplanes entsprechen, der unter Beteiligung der Forstbehörde zustande gekommen ist, § 20 Abs. 3 LWaldG.

80

Die Antragsgegnerin hat es in der Begründung zur endgültigen Fassung des Bebauungsplanes bezogen auf den Gesichtspunkt des Waldabstandes bei dem Stand der Begründung der 2. Entwurfsfassung belassen und auf die Stellungnahme der Forstbehörde vom 18.04.2011 sowie die Abstimmung mit dieser am 13.05.2011 Bezug genommen. Dadurch wird der Eindruck erweckt, die Forstbehörde habe Ausnahmen vom Waldabstand nicht zulassen wollen. Dies traf zu diesem Zeitpunkt aber nicht mehr in dieser Allgemeinheit zu. Denn in ihrer Stellungnahme vom 26.04.2012 hatte die Forstbehörde mitgeteilt, dass bezogen auf das Grundstück der Antragsteller im Hinblick auf die Vorschriften der Waldabstandsverordnung eine Ausnahme erteilt werden könnte, soweit im übrigen auf bauliche Anlagen im Waldabstandsbereich verzichtet würde. Damit stellte die Forstbehörde die Antragsgegnerin offenbar vor die Wahl, entweder das Vorhaben der Antragsteller mit einer den Waldabstand von 30m unterschreitenden rückwärtigen Baugrenze zu ermöglichen oder den im Änderungsbereich " B." vorgesehenen Wegfall eines Grünstreifens und die Erweiterung der Gemeinschaftsstellplatzanlage hinter dem " H." bis unmittelbar an die Waldgrenze.

81

Allerdings dürfte auf Grund dieser Stellungnahme eine Planung gemäß § 20 Abs. 3 LWaldG nicht möglich gewesen sein. Eine Planung, mit der nach dieser Vorschrift abschließend über die Zulässigkeit einer Unterschreitung des Waldabstandes entschieden wird, dürfte eine Zustimmung der Forstbehörde voraussetzen. Soweit in § 20 Abs. 3 LWaldG von einem „unter Beteiligung der Forstbehörde zustande gekommenen“ Bebauungsplan die Rede ist, dürfte nicht lediglich die Behördenbeteiligung iSd § 4 BauGB gemeint sein, die ohnehin obligatorisch ist. Anderenfalls wäre der Zusatz „unter Beteiligung der Forstbehörde zustande gekommen“ ohne eigenständigen Aussagewert; der Zusatz würde regelmäßig auf jeden Bebauungsplan zutreffen. Im Hinblick auf das in § 20 Abs. 2 LWaldG geregelte Einvernehmenserfordernis im Baugenehmigungsverfahren spricht ferner viel dafür, ebenso auch Festsetzungen eines Bebauungsplanes, die eine Unterschreitung des Waldabstandes ermöglichen, nur mit Zustimmung der Forstbehörde zuzulassen. Ebenso stellt sich die Rechtslage zu der entsprechend gefassten Vorschrift des § 9 Abs. 7 FStrG betreffend Anbauverbote an Bundesfernstraßen dar (vgl. Marschall FStrG 6. Aufl. 2012 § 9 Rn. 14; Müller/Schulz FStrG 2. Aufl. 2013 § 9 Rn. 124; jew. mwN auch zur Gegenmeinung). Eine Zustimmung in diesem Sinne hat die Forstbehörde nicht erteilt. Sie hat sich mit einer Bebauung im Waldabstandsbereich nicht etwa abschließend einverstanden erklärt, sondern sich eine Entscheidung über die Erteilung einer Ausnahme gemäß § 20 Abs. 2 LWaldG vorbehalten. Hierauf weist auch Ziff. 5.1 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplanes hin („Alle Baumaßnahmen, die im 30 m-Waldabstand geplant sind, sind nur mit Zustimmung der zuständigen Landesforstbehörde, Forstamt Bad Doberan, zulässig.“).

82

Die Ausweisung des von den Antragstellern angestrebten, in den Waldabstand hinein reichenden Baufeldes war damit jedoch nicht ausgeschlossen. Sie war vielmehr unter Hinweis auf die noch erforderliche Ausnahmeentscheidung der Forstbehörde gemäß Ziff. 5.1 der textlichen Festsetzungen nach den Grundsätzen der Planung in eine Befreiungslage möglich (vgl. BVerwG B. v. 09.02.2004 – 4 BN 28.03 – NVwZ 2004, 661 = Juris Rn. 6). Bezogen auf das Vorhaben der Antragsteller liegen die Tatbestandsvoraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahme von der Einhaltung des Waldabstandes gemäß § 3 Abs. 1 Satz 3 WAbstVO M-V vor. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 WAbstVO dürfen Unterschreitungen des Waldabstandes nicht genehmigt werden, wenn es sich um Anlagen handelt, die Wohnzwecken oder dem vorübergehenden Aufenthalt von Menschen dienen. Dies gilt gemäß § 3 Abs. 1 Satz 3 WAbstVO nicht für Vorhaben nach § 34 BauGB, soweit diese zur Schließung von Baulücken innerhalb einer bestehenden Bebauung, die den gesetzlichen Mindestabstand unterschreitet, durchgeführt werden. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens der Antragsteller würde sich ohne das Vorliegen eines Bebauungsplanes nach § 34 BauGB richten, und die beiderseits benachbarte Bebauung gibt eine rückwärtige Baugrenze vor, die in den Waldabstand hineinreicht. Auch die Forstbehörde hatte in ihrer Stellungnahme vom 26.04.2012 die Möglichkeit der Erteilung einer Ausnahme unter dem Gesichtspunkt der Lückenbebauung grundsätzlich bejaht und offenbar lediglich irrtümlich mit § 3 Abs. 2 Nr. 1 WAbstVO („Von der Regelung nach Abs. 1 Satz 1 können Ausnahmen zugelassen werden bei Vorhaben nach § 34 BauGB, die sich an bestehende Bebauung anschließen …, sofern … der durch die vorhandene Bebauung geprägte Waldabstand nicht unterschritten wird …“) diejenige Vorschrift zitiert, die nicht eine Lückenbebauung betrifft, sondern eine Anschlussbebauung.

83

Soweit die Forstbehörde die Inaussichtstellung einer Ausnahme für das Grundstück der Antragsteller mit einem Verzicht auf weitere bauliche Anlagen im Waldabstandsbereich - insbesondere auf die Erweiterung der Gemeinschaftsstellplatzanlage hinter dem „ H.“ - verknüpft hatte, stellt sich diese Verknüpfung als sachwidrig dar. Die Frage, ob eine Ausnahme vom Waldabstand erteilt werden kann, ist für jedes Vorhaben gesondert unter Berücksichtigung der Vorschriften der Waldabstandverordnung sowie der Schutzzwecke des Waldabstandes zu beantworten. Unter welchem Gesichtspunkt hier zwischen den beiden Vorhaben ein Zusammenhang bestehen soll, ist nicht erkennbar.

84

Dass die Antragsgegnerin sich an diese sachwidrige Stellungnahme der Forstbehörde gebunden gesehen und lediglich im Rahmen der vorgegebene Alternative zwischen der Erweiterung der Gemeinschaftsstellplatzanlage hinter dem „ H.“ und der Erweiterung des Baufeldes auf dem Grundstück der Antragsteller eine Entscheidung getroffen hat, begründet einen Fehler der Abwägung. Die Antragsgegnerin hätte zum einen versuchen können, ggf. unter Einschaltung der Aufsichtsbehörde eine Klärung mit der Forstbehörde zu erreichen. Sie hätte zum anderen trotz der Stellungnahme der Forstbehörde das von den Antragstellern gewünschte Baufeld ausweisen können, weil die sachwidrigen Erwägungen in der Stellungnahme der Forstbehörde nichts am Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Ausnahme vom Waldabstand gemäß § 3 Abs. 1 Satz 3 WAbstVO änderten, so dass es bei der Möglichkeit blieb, nach den Grundsätzen der Planung in eine Befreiungslage vorzugehen.

85

Erst recht würde ein Abwägungsfehler vorliegen, wenn die Erforderlichkeit der Zustimmung der Forstbehörde zu einer Planung gemäß § 20 Abs. 3 LWaldG zu verneinen sein sollte. Dann würde es einen Abwägungsfehler begründen, dass die Antragsgegnerin einer sachwidrigen Stellungnahme gefolgt ist, obwohl sie an diese nicht gebunden war.

86

bb) Zudem fehlt es an einer systemgerechten Entscheidung über die Vorstellungen der Antragsteller zu den Bebauungsmöglichkeiten für ihr Grundstück. Soweit die Antragsgegnerin Erwägungen zum Maß der Vergrößerung der Bebauungsmöglichkeiten auf dem Grundstück im Vergleich zum bisherigen Bestand angestellt hat, sind diese - unabhängig davon ob sie rechnerisch zutreffen - sachwidrig. Weshalb das - relative - Maß der Veränderung von Bedeutung sein soll, leuchtet nicht ein. Für den Plangeber muss es vielmehr auf einen Vergleich des Vorhabens mit seinen Planungszielen ankommen.

87

Ebenso ist nicht schlüssig, weshalb ein Neubau auf dem Grundstück der Antragsteller sich "als Anbau dem Haupthaus unterordnen, also niedriger sein" muss. In der Begründung zur ursprünglichen Fassung des Planes findet sich in diesem Zusammenhang nur der Grundsatz: "Die Gebäude in der 1. Reihe (entlang der A.) können höher als die Gebäude in der 2. Reihe sein." (Hervorhebung durch den Senat); von „müssen“ ist nicht die Rede. Soweit es dort ferner heißt: "Anbauten an Baudenkmale dürfen höchstens die Firsthöhe des Baudenkmals erreichen.", rechtfertigt dieser nicht die von den Antragstellern beanstandeten Vorgaben für die Bebaubarkeit ihres Grundstücks; im übrigen handelt es sich bei dem Bestandsgebäude auch nicht um ein Baudenkmal. Dass der Plangeber sich an dem Gestaltungsgrundsatz orientiert hätte, dass Anbauten sich dem Haupthaus unterordnen, also niedriger sein müssen, lassen die Festsetzungen für die übrigen Grundstücke im Plangebiet nicht erkennen. Dies gilt auch innerhalb der mit der 4. Änderungssatzung getroffenen Regelungen. Die Antragsteller weisen insoweit zu Recht auf die Festsetzungen für den 2. Änderungsbereich hin, der das Grundstück A. 8 (E.) betrifft. Für dieses Grundstück sah der Bebauungsplan in der Fassung der 3. Änderung eine unterschiedliche Geschossigkeit des Hauptbaukörpers an der A. (3-geschossig) und des rückwärtigen Anbaus (2-geschossig) vor; nach den Festsetzungen der 4. Änderungssatzung dürfen nunmehr beide Bereiche 4-geschossig bebaut werden.

88

Soweit in der Abwägung im hiesigen 4. Planänderungsverfahren der Gesichtspunkt der Erhaltung der "städtebauliche(n) Besonderheit der waldseitigen Bebauung mit unterschiedlich breiten und hohen Anbauten an die oftmals denkmalgeschützten Vorderhäuser" angeführt wird, ist nicht ersichtlich, unter welchem Gesichtspunkt diese "Unterschiedlichkeit" schützenswert sein soll, zumal unabhängig vom Denkmalschutz, der für das Grundstück der Antragsteller keine Rolle spielt.

89

Der in der Begründung zur ursprünglichen Fassung des Bebauungsplans angesprochene Gesichtspunkt der „Erhaltung der Gebäudedifferenzierungen in Größe und Höhe des Gebäudebestandes“ ist ebenfalls nicht näher konkretisiert worden. Zudem ist nicht ersichtlich, dass er im Plangebiet einheitlich angewandt wurde. Auch insoweit wird auf die ebenfalls im Rahmen der 4. Änderungssatzung getroffenen Festsetzungen für den 2. Änderungsbereich Bezug genommen.

90

e) Die Abwägungsmängel sind nach § 214 Abs. 3 BauGB beachtlich, weil sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind; sie sind auch gemäß § 215 BauGB fristgerecht geltend gemacht worden. Sie führen zur Feststellung der Unwirksamkeit der Änderungssatzung insgesamt.

91

Offensichtlich sind Mängel, wenn sie die "Zusammenstellung und Aufbereitung des Abwägungsmaterials, die Erkenntnis und Einstellung aller wesentlichen Belange in die Abwägung oder die Gewichtung der Belange betreffen und sich aus Akten, Protokollen ... oder sonstigen Unterlagen ergeben" (BVerwG, U. v. 21.08.1981 - 4 C 57.80 - E 63, 33, 38). Nach diesem Maßstab ist der angeführte Mangel offensichtlich. Er lässt sich aus den vorgelegten Verwaltungsvorgängen ersehen und gehört nicht zur inneren Seite des Abwägungsvorgangs.

92

Der Mangel ist auch auf das Ergebnis von Einfluss gewesen. An dieses gesetzliche Kausalitätserfordernis sind strenge Anforderungen zu stellen (Battis u.a. BauGB 11. Aufl. 2009 § 214 Rn. 18). Es reicht aber aus, wenn nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Mangel die Planung anders ausgefallen wäre. Eine solche konkrete Möglichkeit besteht immer dann, wenn sich anhand der Planunterlagen oder erkennbarer oder naheliegender Umstände die Möglichkeit abzeichnet, dass der Mangel im Abwägungsvorgang von Einfluss auf das Abwägungsergebnis gewesen sein kann (BVerwG B. v. 09.10.2003 - 4 BN 47.03 - BauR 2004, 1130; grundlegend BVerwG U. v. 21.08.1981 - 4 C 57.80 - E 64, 33, 38). Dies ist hier im Hinblick auf die fehlerhafte Berücksichtigung des Waldabstandes sowie darauf der Fall, dass ein schlüssiges Konzept für die Festsetzung der überbaubaren Grundstücksflächen und der Geschossigkeit der Bebauung für sämtliche Grundstücke des Plangebietes nicht ersichtlich ist.

93

Der Mangel ist auch gemäß § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB fristgerecht binnen eines Jahres schriftlich gegenüber der Gemeinde geltend gemacht worden, indem die Antragsteller im Normenkontrollverfahren im Rahmen der Antragsbegründung vom 08.02.2013 entsprechend vorgetragen haben und dieser Schriftsatz der Antragsgegnerin übermittelt worden ist.

94

Eine Beschränkung der Unwirksamkeitsfolge auf einzelne Änderungsbereiche kommt im Hinblick darauf nicht in Betracht, dass der Mangel der fehlenden Systemgerechtigkeit den Änderungsplan insgesamt erfasst.

95

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

96

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO iVm §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

97

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

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Baugesetzbuch - BBauG | § 9 Inhalt des Bebauungsplans


(1) Im Bebauungsplan können aus städtebaulichen Gründen festgesetzt werden: 1. die Art und das Maß der baulichen Nutzung;2. die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;2a. vom

Baugesetzbuch - BBauG | § 214 Beachtlichkeit der Verletzung von Vorschriften über die Aufstellung des Flächennutzungsplans und der Satzungen; ergänzendes Verfahren


(1) Eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften dieses Gesetzbuchs ist für die Rechtswirksamkeit des Flächennutzungsplans und der Satzungen nach diesem Gesetzbuch nur beachtlich, wenn1.entgegen § 2 Absatz 3 die von der Planung berührten Bela

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 1 Allgemeine Vorschriften für Bauflächen und Baugebiete


(1) Im Flächennutzungsplan können die für die Bebauung vorgesehenen Flächen nach der allgemeinen Art ihrer baulichen Nutzung (Bauflächen) dargestellt werden als 1.Wohnbauflächen(W)2.gemischte Bauflächen(M)3.gewerbliche Bauflächen(G)4.Sonderbauflächen

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 11 Sonstige Sondergebiete


(1) Als sonstige Sondergebiete sind solche Gebiete darzustellen und festzusetzen, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 wesentlich unterscheiden. (2) Für sonstige Sondergebiete sind die Zweckbestimmung und die Art der Nutzung darzuste

Baugesetzbuch - BBauG | § 215 Frist für die Geltendmachung der Verletzung von Vorschriften


(1) Unbeachtlich werden 1. eine nach § 214 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 beachtliche Verletzung der dort bezeichneten Verfahrens- und Formvorschriften,2. eine unter Berücksichtigung des § 214 Absatz 2 beachtliche Verletzung der Vorschriften über das

Baugesetzbuch - BBauG | § 13 Vereinfachtes Verfahren


(1) Werden durch die Änderung oder Ergänzung eines Bauleitplans die Grundzüge der Planung nicht berührt oder wird durch die Aufstellung eines Bebauungsplans in einem Gebiet nach § 34 der sich aus der vorhandenen Eigenart der näheren Umgebung ergebend

Baugesetzbuch - BBauG | § 4 Beteiligung der Behörden


(1) Die Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereich durch die Planung berührt werden kann, sind entsprechend § 3 Absatz 1 Satz 1 Halbsatz 1 zu unterrichten und zur Äußerung auch im Hinblick auf den erforderlichen Umfang

Bundesfernstraßengesetz - FStrG | § 9 Bauliche Anlagen an Bundesfernstraßen


(1) Längs der Bundesfernstraßen dürfen nicht errichtet werden 1. Hochbauten jeder Art in einer Entfernung bis zu 40 Meter bei Bundesautobahnen und bis zu 20 Meter bei Bundesstraßen außerhalb der zur Erschließung der anliegenden Grundstücke bestimmten

Referenzen - Urteile

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Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 10. Feb. 2015 - 3 K 2/13 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 10. Feb. 2015 - 3 K 2/13 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 25. Nov. 2014 - 5 S 302/13

bei uns veröffentlicht am 25.11.2014

Tenor Der Antrag wird abgewiesen.Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand  1 Die Antragstellerin wendet sich im Wege der Normenk

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 12. Feb. 2014 - 2 D 13/14.NE

bei uns veröffentlicht am 12.02.2014

Tenor Der Antrag wird abgelehnt. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragstellerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % d

Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 05. Juni 2012 - 3 K 36/11

bei uns veröffentlicht am 05.06.2012

Tenor Der Bebauungsplan der Antragsgegnerin Nr. 7 „Kloster Süd“ wird für unwirksam erklärt. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin kann die Vollstre

Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 24. Nov. 2010 - 3 K 27/08

bei uns veröffentlicht am 24.11.2010

Tenor Der Bebauungsplan Nr. 19/05 A „Gewerbegebiet Torgelower Straße West“ wird für unwirksam erklärt. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin kann die Voll
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 10. Feb. 2015 - 3 K 2/13.

Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 27. Sept. 2017 - 3 K 267/16

bei uns veröffentlicht am 27.09.2017

Tenor Hinsichtlich der Anträge der Antragsteller zu 4., 5., 6., 7., 8., 9., 10., 11., 12., 13., 14., 15. und 16. wird das Verfahren eingestellt. Im Übrigen werden die Anträge abgelehnt. Die Antragsteller zu 4., 5., 6., 7., 8., 9., 10., 11.,

Referenzen

(1) Werden durch die Änderung oder Ergänzung eines Bauleitplans die Grundzüge der Planung nicht berührt oder wird durch die Aufstellung eines Bebauungsplans in einem Gebiet nach § 34 der sich aus der vorhandenen Eigenart der näheren Umgebung ergebende Zulässigkeitsmaßstab nicht wesentlich verändert oder enthält er lediglich Festsetzungen nach § 9 Absatz 2a oder Absatz 2b, kann die Gemeinde das vereinfachte Verfahren anwenden, wenn

1.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht vorbereitet oder begründet wird,
2.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter bestehen und
3.
keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.

(2) Im vereinfachten Verfahren kann

1.
von der frühzeitigen Unterrichtung und Erörterung nach § 3 Absatz 1 und § 4 Absatz 1 abgesehen werden,
2.
der betroffenen Öffentlichkeit Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb angemessener Frist gegeben oder wahlweise die Veröffentlichung im Internet nach § 3 Absatz 2 durchgeführt werden,
3.
den berührten Behörden und sonstigen Trägern öffentlicher Belange Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb angemessener Frist gegeben oder wahlweise die Beteiligung nach § 4 Absatz 2 durchgeführt werden.
Wird nach Satz 1 Nummer 2 die betroffene Öffentlichkeit beteiligt, gilt die Hinweispflicht des § 3 Absatz 2 Satz 4 zweiter Halbsatz entsprechend.

(3) Im vereinfachten Verfahren wird von der Umweltprüfung nach § 2 Absatz 4, von dem Umweltbericht nach § 2a, von der Angabe nach § 3 Absatz 2 Satz 4, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind, sowie von der zusammenfassenden Erklärung nach § 6a Absatz 1 und § 10a Absatz 1 abgesehen; § 4c ist nicht anzuwenden. Bei der Beteiligung nach Absatz 2 Nummer 2 ist darauf hinzuweisen, dass von einer Umweltprüfung abgesehen wird.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragstellerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Antragsgegnerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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Tenor

Der Antrag wird abgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Antragstellerin wendet sich im Wege der Normenkontrolle gegen den vorhabenbezogenen Bebauungsplan „Studentenzentrum Chérisy-Straße“ der Antragsgegnerin. Gegenstand dieses Plans ist die Errichtung eines achtgeschossigen Studentenwohnhauses für ca. 107 Studenten sowie ergänzende gewerbliche Nutzungen im Erdgeschoss auf dem 3.045 m² großen Grundstück Flst.-Nr. 8284/18 der Gemarkung der Antragsgegnerin, Chérisy-Straße 2. Das Grundstück liegt südlich des Kreuzungsbereichs Fürstenbergstraße/Oberlohnstraße. Östlich wird es durch die Oberlohnstraße und südlich durch die Chérisy-Straße begrenzt. Im Westen grenzt ein mit einem viergeschossigen Wohngebäude bebautes Grundstück an, das im Eigentum der Antragstellerin steht. Das Grundstück und seine Umgebung waren ursprünglich Teil des Geländes der ehemaligen französischen Chérisy-Kaserne. Das Grundstück lag zuvor im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Elberfeld, Teil A“. Im Flächennutzungsplan ist das Plangebiet als gemischte Baufläche dargestellt.
Die Antragstellerin ist eine gemeinnützige GmbH und Eigentümerin mehrerer Grundstücke, die an das Plangebiet angrenzen oder in der Nähe liegen. Die Grundstücke Flst.-Nr. 8284/16 sind mit Wohngebäuden bebaut. Auf dem Grundstück Flst.-Nr. 8284/28 befinden sich gewerbliche und kulturelle Nutzungen (Musikwerkstatt, Kulturladen - „Kula“ -, Zebra-Kino). Die Grundstücke Flst.-Nr. 8284/31 und 8284/38 sind unbebaut.
Dem Bebauungsplan lag im Wesentlichen folgendes Verfahren zugrunde: Am 21.07.2011 beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin die Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans als Bebauungsplan der Innenentwicklung nach § 13a BauGB, um die Errichtung eines Studentenwohnhauses mit gewerblicher Nutzung im Erdgeschoss auf dem Grundstück Flst.-Nr. 8284/18 zu ermöglichen. Gegen den öffentlich ausgelegten Entwurf erhob die Antragstellerin umfangreiche Einwendungen.
In seiner Sitzung vom 27.09.2012 behandelte der Gemeinderat der Antragsgegnerin die eingegangenen Einwendungen und beschloss den Bebauungsplan einschließlich der örtlichen Bauvorschriften als Satzung. Sie wurde am 15.10.2012 vom Baubürgermeister der Antragsgegnerin ausgefertigt und am 19.10.2012 ortsüblich bekannt gemacht.
Am 13.02.2013 hat die Antragstellerin das Normenkontrollverfahren eingeleitet. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor: Sie sei antragsbefugt, weil die Planung zu einer Zunahme von Verkehrslärm durch An- und Abfahrten führe. Außerdem werde die Gewerbeausübung auf ihren Grundstücken durch die neue Wohnnutzung beeinträchtigt. Der Bebauungsplan leide an formellen Fehlern. Er sei nicht ordnungsgemäß ausgefertigt und nicht ordnungsgemäß ausgelegt worden. Des Weiteren habe bei Satzungsbeschluss kein wirksamer Durchführungsvertrag vorgelegen. Der Bebauungsplan sei auch materiell fehlerhaft. Es fehle an der Erforderlichkeit im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB. Außerdem verstoße der Bebauungsplan gegen das Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 BauGB und gegen das intrakommunale Abstimmungsgebot. Er leide hinsichtlich der Verkehrs- und Lärmproblematik an Ermittlungs- und Bewertungsfehlern und verstoße auch gegen den Trennungsgrundsatz. Ferner sei zweifelhaft, ob in rechtmäßiger Weise von einer Umweltprüfung habe abgesehen werden dürfen. Die Planung führe zu rechtswidrigen Eingriffen in die Natur, insbesondere in den Baumbestand und das Klima. Die festgesetzte Grundflächenzahl von 1,8 widerspreche § 17 Abs. 1 BauNVO. Die vorgesehene Stellplatzzahl sei zu gering. Der Bebauungsplan sehe in rechtswidriger Weise eine Unterschreitung der Abstandsfläche im Süden zur Chérisy-Straße um 1,2 m vor.
Die Antragstellerin beantragt,
den vorhabenbezogenen Bebauungsplan „Studentenzentrum Chérisy-Straße“ der Antragsgegnerin und die hierzu erlassenen örtlichen Bauvorschriften vom 27.09.2012 für unwirksam zu erklären.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzuweisen.
10 
Die Beigeladene beantragt ebenfalls,
11 
den Antrag abzuweisen.
12 
Die Beigeladene trägt vor, der Normenkontrollantrag sei bereits unzulässig. Das Vorhaben löse keine neuen Nutzungskonflikte aus. Schon jetzt gebe es Konflikte zwischen den im Gebiet wohnenden 1.300 Menschen, davon 340 Studierende, und den vorhandenen gewerblichen Nutzungen.
13 
Der Normenkontrollantrag sei auch unbegründet. Der Bebauungsplan sei ordnungsgemäß durch den zuständigen Baubürgermeister der Antragsgegnerin ausgefertigt worden. Die erforderliche gedankliche Schnur zwischen den Satzungsbestandteilen liege vor. Der Plan sei auch ordnungsgemäß ausgelegt worden; der Durchführungsvertrag habe nicht ausgelegt werden müssen. Bei Satzungsbeschluss habe ein bindendes Angebot der Vorhabenträgerin vorgelegen. Ein Verstoß gegen das Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 BauGB liege nicht vor. Auf der dargestellten gemischten Baufläche sei ein Studentenwohnheim ebenso zulässig wie die untergeordneten gewerblichen Nutzungen. Der durch die Nutzung des Vorhabens ausgelöste Verkehrslärm habe nicht ermittelt werden müssen, da dessen Immissionsanteile zu vernachlässigen seien. Jedenfalls sei ein etwaiger Fehler nicht ergebnisrelevant. Von einer Umweltprüfung habe abgesehen werden dürfen, da die Voraussetzungen des § 13a BauGB vorgelegen hätten. Ein Verstoß gegen den Trennungsgrundsatz liege nicht vor. Dieser sei lediglich eine Abwägungsdirektive. Die Verkehrsproblematik sei zutreffend ermittelt und bewertet worden; ein „Tiefgaragenvermeidungsverhalten“ habe nicht in Rechnung gestellt werden müssen. Die Einwirkungen von Verkehrs- und Betriebslärm auf das Vorhaben und die Auswirkungen der Gaststätte auf die Umgebung seien untersucht worden. Die Konfliktbewältigung erfolge durch Lärmschutzmaßnahmen am Vorhabengebäude. Die Gründe für eine Überschreitung der Maße des § 17 BauNVO habe die Antragsgegnerin dargelegt.
14 
Die Antragsgegnerin hat sich den Ausführungen der Beigeladenen angeschlossen.
15 
Gegen die am 24.06.2013 erteilte Baugenehmigung für die Errichtung des Studentenwohnheims erhob die Antragstellerin Widerspruch, über den noch nicht entschieden worden ist, und suchte erfolglos um vorläufigen Rechtsschutz nach (Beschluss des Senats vom 10.12.2013 - 5 S 2012/13 -). Gegen die weitere Baugenehmigung vom 25.11.2013, mit der unter Befreiung von den Festsetzungen des angefochtenen Bebauungsplans die Einrichtung einer Kindertagesstätte im Erdgeschoss genehmigt wurde, erhob die Antragstellerin ebenfalls Widerspruch, über den noch nicht entschieden worden ist. Ihren Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes lehnte das Verwaltungsgericht Freiburg mit Beschluss vom 13.03.2014 ab (- 6 K 477/14 -). Die dagegen erhobene Beschwerde nahm die Antragstellerin zurück.
16 
Dem Senat liegen die Akten der Antragsgegnerin vor. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Akten sowie den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
A.
17 
Der Normenkontrollantrag ist nicht zulässig. Der Antragstellerin fehlt die erforderliche Antragsbefugnis (dazu I.) und das notwendige Rechtschutzinteresse (dazu II.).
I.
18 
Antragsbefugt ist nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Ein Antragsteller muss daher hinreichend substantiiert die Tatsachen vortragen, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch die Festsetzung des Bebauungsplans in einem subjektiven Recht verletzt wird (BVerwG, Beschluss vom 07.01.2010 - 4 BN 36.09 -, juris).
19 
Die Antragstellerin kann sich nicht darauf berufen, dass Inhalt und Schranken ihres Grundeigentums durch die planerischen Festsetzungen unmittelbar bestimmt und ausgestaltet werden (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG), weil ihre Grundstücke nicht im Plangebiet liegen. Die Antragsbefugnis der Antragstellerin folgt auch nicht aus einer möglichen Verletzung des Abwägungsgebots (§ 1 Abs. 7 BauGB). Auch wenn es um das Recht auf gerechte Abwägung geht, sind an die Geltendmachung einer Rechtsverletzung grundsätzlich keine höheren Anforderungen zu stellen. Es reicht insoweit aus, dass ein Antragsteller Tatsachen vorträgt, die eine fehlerhafte Behandlung seiner Belange in der Abwägung als möglich erscheinen lassen. Antragsbefugt ist hiernach, wer sich auf einen abwägungserheblichen privaten Belang berufen kann (vgl. zu dieser Voraussetzung BVerwG, Beschluss vom 20.09.2005 - 4 BN 46.05 -, BauR 2006, 352); denn wenn es einen solchen Belang gibt, besteht grundsätzlich auch die Möglichkeit, dass die Gemeinde ihn bei ihrer Abwägung nicht korrekt berücksichtigt hat (BVerwG, Beschluss vom 07.01.2010 - 4 BN 36.09 -, juris). Abwägungserheblich sind diejenigen privaten Belange, die in der konkreten Planungssituation einen städtebaulich relevanten Bezug haben; geringwertige oder mit einem Makel behaftete Interessen sowie solche, auf deren Fortbestand kein schutzwürdiges Vertrauen besteht, gehören nicht dazu (st. Rspr. d. BVerwG, s. etwa Urteil vom 16.06.2011 - 4 CN 1.10 -, DVBl 2011, 1414). Darüber hinaus beschränkt sich die Abwägungsbeachtlichkeit auf solche Betroffenheiten, die erstens mehr als geringfügig, zweitens in ihrem Eintritt zumindest wahrscheinlich und drittens - dies vor allem - für die planende Stelle bei der Entscheidung über den Plan als abwägungsbeachtlich erkennbar sind (BVerwG, Beschluss vom 09.11.1979 - 4 N 1.78 u.a. -, BVerwGE 59, 87; VGH Baden-Württ., Urteil vom 12. 06.2012 - 8 S 1337/10 -, juris).
20 
Nach diesen Grundsätzen hat die Antragstellerin nicht substantiiert geltend gemacht, in abwägungserheblichen Belangen verletzt zu sein. In ihrem bisherigen Vortrag spricht sie zwar die Belange „Lärm“ (dazu 1.) und „Beeinträchtigung der Gewerbeausübung“ (dazu 2.) an. Diese Belange sind jedoch angesichts der konkreten Umstände des vorliegenden Falls nicht abwägungserheblich. Gleiches gilt für das mit ihrem letzten Schriftsatz geltende gemachten Interesse an der Beibehaltung der planungsrechtlichen Situation (dazu 3.).
21 
1. Das von der Antragstellerin geltend gemachte Interesse, von zusätzlichem Verkehrslärm verschont zu bleiben, stellt grundsätzlich einen abwägungsbeachtlichen Belang dar. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 24.05.2007 - 4 BN 16.07 u.a. -, BauR 2007, 2041) gilt dies jedenfalls dann, wenn die planbedingte Verkehrslärmzunahme die Geringfügigkeitsschwelle überschreitet. Nicht erforderlich ist, dass geltende Grenzwerte überschritten werden. Auch eine planbedingte Zunahme des Verkehrslärms unterhalb der Grenzwerte gehört zum Abwägungsmaterial und kann die Antragsbefugnis des Betroffenen begründen, sofern die auf den Betroffenen zukommende Lärmbelastung nicht von vornherein objektiv so geringfügig ist, dass sie nicht abwägungsrelevant ist (vgl. BayVGH, Urteil vom 13.02.2007 - 8 N 06.2040 -, juris Rn. 24 ff.).
22 
In Anwendung dieser Grundsätze ist die Antragstellerin nicht mehr als nur geringfügig betroffen. Im vorliegenden Fall handelt es sich nicht um die erstmalige Überplanung eines bislang unbebauten Grundstücks, sondern um die Änderung eines bestehenden Bebauungsplans. Es ist daher die bisherige planungsrechtliche Situation mit der zukünftigen Situation zu vergleichen (zu einem solchen Fall vgl. auch VGH Baden-Württ., Urteil vom 29.01.2014 - 3 S 147/12 - juris Rn. 43.). Ein solcher Vergleich ergibt hier, dass sich das Ausmaß der zu befürchtenden Lärmbelastungen für die Antragstellerin durch den angefochtenen Bebauungsplan eher verringern, jedenfalls aber keine nachteilige Veränderung der Verkehrssituation und damit der Belastung durch Verkehrslärm eintreten wird. Das Plangebiet war bislang Teil des Bebauungsplans „Elberfeld, Teil A“, der für das Grundstück Flst.-Nr. 8284/18 ein Kerngebiet nach § 7 BauNVO festsetzte. Ausgeschlossen waren lediglich Vergnügungsstätten und Tankstellen. Zudem setzte er eine achtgeschossige Bebauung mit einer Grundflächenzahl von 0,6 und einer Geschossflächenzahl von 2,6 fest. Die auf dem Vorhabengrundstück zulässige Bebauung war demzufolge nach ihrer Art deutlich beeinträchtigender für das benachbarte Wohnen als die nun vorgesehene Wohnnutzung mit einem sehr geringen Teil an gewerblichen Nutzungen. Denn ein Kerngebiet dient vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur.
23 
Auch nach dem Maß der baulichen Nutzung bleibt der neue Bebauungsplan hinter den Möglichkeiten zurück, die der bisherige Plan gewährte. Die geplante Bebauung führt nur zu einer Geschossflächenzahl von ca. 1,8. Sowohl die geänderte Art als auch das reduzierte Maß der baulichen Nutzung führen zu einer verminderten Belastung der Grundstücke der Antragstellerin mit Verkehr und Lärm. Denn die nach dem alten Bebauungsplan zulässigen gewerblichen Nutzungen hätten zu einem erheblichen Verkehrsaufkommen geführt, das von der nun vorgesehenen Bebauung aller Voraussicht nicht erreicht, jedenfalls aber nicht überschritten wird. Schon der von einem achtgeschossigen Bürogebäude der früher zugelassenen Größe verursachte Mitarbeiterverkehr dürfte den mit der nun vorgesehenen Wohnnutzung verbundenen Verkehr von ca. 107 Studenten übersteigen. Denn ausgehend von der Grundstücksfläche von 3.045 m² wäre nach dem alten Bebauungsplan eine Geschossfläche von fast 8.000 m² möglich gewesen. Nach dem neuen Bebauungsplan sind es nur knapp 5.500 m². Die maximal zulässige Geschossfläche wäre somit um ca. 46 % größer gewesen. Abgesehen von der deutlich höheren Geschossflächenzahl wäre wohl auch die „Nutzerdichte“ höher gewesen. Denn Ein-Zimmer-Appartements benötigen mehr Fläche als Büroräume. Zu dem Mitarbeiterverkehr wäre der Besucherverkehr noch hinzugekommen, der bei einem Bürogebäude zumindest nicht niedriger liegen dürfte als bei einem Studentenwohnheim.
24 
Auch soweit er die Tiefgaragenzufahrt betrifft, führt der angefochtene Plan zu keiner Veränderung oder gar Verschlechterung für die Antragstellerin. Denn bereits im früheren Bebauungsplan „Elberfeld Teil A“ war eine Tiefgarage auf dem Vorhabengrundstück vorgesehen; die Zufahrt war an der selben Stelle geplant wie im angefochtenen Plan.
25 
2. Die Antragstellerin beruft sich darüber hinaus darauf, dass sie Eigentümerin bzw. Betreiberin von gewerblichen Einrichtungen in der Nähe des Plangebiets sei, die teilweise bis 4 oder 5 Uhr morgens betrieben würden. Nach Realisierung des Studentenwohnheims werde diesen Betrieben eine ungestörte Gewerbeausübung nicht mehr möglich sein.
26 
Auch insoweit ist die Antragstellerin jedoch nicht in abwägungserheblicher Weise betroffen, denn der Bebauungsplan setzt unter Nr. 10.2 der planungsrechtlichen Festsetzungen fest, dass zum Schutz vor Lärmeinwirkungen durch Besucher der Einrichtungen im „...-Gebäude“ ...-Weg ... in den von einer Überschreitung des Immissionsrichtwertes bzw. Orientierungswerts „nachts“ von 43 dB(A) betroffenen Fassadenabschnitten auf die Anordnung öffenbarer Fenster von schutzbedürftigen Räumen zu verzichten ist. Dadurch wird verhindert, dass ein maßgeblicher Immissionsort im Sinne der Nr. 2.3 der TA-Lärm entsteht. Dieser liegt nach Nr. A.1.3 der Anlage zur TA-Lärm bei bebauten Flächen 0,5 m außerhalb vor der Mitte des geöffneten Fensters des vom Geräusch am stärksten betroffenen schutzwürdigen Raumes. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass diese planungsrechtlichen Vorgaben nicht genügen, um eine Beeinträchtigung der Gewerbebetriebe zu vermeiden.
27 
Es kommt hinzu, dass auch der bisherige Bebauungsplan - im 8. Obergeschoss - eine Nutzung zu Wohnzwecken zuließ. Lärmschutzmaßnahmen zugunsten dieser Wohnnutzung waren allerdings nicht festgesetzt. Die von der Antragstellerin befürchtete Gefahr einer Beschränkung der gewerblichen Nutzungsmöglichkeiten auf ihrem Grundstück war daher angesichts des im Bebauungsplan nicht gelösten Lärmkonflikts nicht geringer, sondern eher höher als nach dem angefochtenen Bebauungsplan.
28 
3. Das Interesse der Antragstellerin an der Beibehaltung der planungsrechtlichen Situation ist ebenfalls nicht in abwägungserheblicher Weise betroffen. Es ist weder dargelegt noch erkennbar, dass der Antragstellerin Nachteile aus der neuen planungsrechtlichen Situation erwachsen. Soweit es die Gesichtspunkte „Lärm“ und „Beschränkung des Gewerbebetriebes“ betrifft, kann auf die Ausführungen unter 1. und 2. verwiesen werden. Andere Gesichtspunkte nennt die Antragstellerin nicht und sind auch nicht ersichtlich.
II.
29 
Der Antragstellerin fehlt darüber hinaus das erforderliche Rechtschutzinteresse. Ein Rechtsschutzinteresse liegt vor, wenn ein Antragsteller im Falle eines Obsiegens seine Rechtsstellung verbessern kann, so dass die Entscheidung im Hinblick auf das angestrebte Ziel nicht offensichtlich nutzlos wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.2002 - 4 CN 3.01 -, NVwZ 2000, 1126). Dies ist hier indessen nicht der Fall. Die Situation der Antragstellerin würde sich nicht verbessern, sondern eher verschlechtern. Hätte der Normenkontrollantrag der Antragstellerin Erfolg, würde der angefochtene Bebauungsplan für unwirksam erklärt werden mit der Folge, dass der bisherige Plan wieder aufleben würde. Dieser ermöglicht - wie unter I.1. ausgeführt - eher eine höhere Lärmbelastung der Wohngrundstücke der Antragstellerin und er enthält keine Lösung des Lärmkonflikts zwischen dem bestehenden Gewerbe und dem zugelassenen Wohnen.
B.
30 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
31 
Beschluss vom 19. November 2014
32 
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.8.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 endgültig auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
33 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
A.
17 
Der Normenkontrollantrag ist nicht zulässig. Der Antragstellerin fehlt die erforderliche Antragsbefugnis (dazu I.) und das notwendige Rechtschutzinteresse (dazu II.).
I.
18 
Antragsbefugt ist nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Ein Antragsteller muss daher hinreichend substantiiert die Tatsachen vortragen, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch die Festsetzung des Bebauungsplans in einem subjektiven Recht verletzt wird (BVerwG, Beschluss vom 07.01.2010 - 4 BN 36.09 -, juris).
19 
Die Antragstellerin kann sich nicht darauf berufen, dass Inhalt und Schranken ihres Grundeigentums durch die planerischen Festsetzungen unmittelbar bestimmt und ausgestaltet werden (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG), weil ihre Grundstücke nicht im Plangebiet liegen. Die Antragsbefugnis der Antragstellerin folgt auch nicht aus einer möglichen Verletzung des Abwägungsgebots (§ 1 Abs. 7 BauGB). Auch wenn es um das Recht auf gerechte Abwägung geht, sind an die Geltendmachung einer Rechtsverletzung grundsätzlich keine höheren Anforderungen zu stellen. Es reicht insoweit aus, dass ein Antragsteller Tatsachen vorträgt, die eine fehlerhafte Behandlung seiner Belange in der Abwägung als möglich erscheinen lassen. Antragsbefugt ist hiernach, wer sich auf einen abwägungserheblichen privaten Belang berufen kann (vgl. zu dieser Voraussetzung BVerwG, Beschluss vom 20.09.2005 - 4 BN 46.05 -, BauR 2006, 352); denn wenn es einen solchen Belang gibt, besteht grundsätzlich auch die Möglichkeit, dass die Gemeinde ihn bei ihrer Abwägung nicht korrekt berücksichtigt hat (BVerwG, Beschluss vom 07.01.2010 - 4 BN 36.09 -, juris). Abwägungserheblich sind diejenigen privaten Belange, die in der konkreten Planungssituation einen städtebaulich relevanten Bezug haben; geringwertige oder mit einem Makel behaftete Interessen sowie solche, auf deren Fortbestand kein schutzwürdiges Vertrauen besteht, gehören nicht dazu (st. Rspr. d. BVerwG, s. etwa Urteil vom 16.06.2011 - 4 CN 1.10 -, DVBl 2011, 1414). Darüber hinaus beschränkt sich die Abwägungsbeachtlichkeit auf solche Betroffenheiten, die erstens mehr als geringfügig, zweitens in ihrem Eintritt zumindest wahrscheinlich und drittens - dies vor allem - für die planende Stelle bei der Entscheidung über den Plan als abwägungsbeachtlich erkennbar sind (BVerwG, Beschluss vom 09.11.1979 - 4 N 1.78 u.a. -, BVerwGE 59, 87; VGH Baden-Württ., Urteil vom 12. 06.2012 - 8 S 1337/10 -, juris).
20 
Nach diesen Grundsätzen hat die Antragstellerin nicht substantiiert geltend gemacht, in abwägungserheblichen Belangen verletzt zu sein. In ihrem bisherigen Vortrag spricht sie zwar die Belange „Lärm“ (dazu 1.) und „Beeinträchtigung der Gewerbeausübung“ (dazu 2.) an. Diese Belange sind jedoch angesichts der konkreten Umstände des vorliegenden Falls nicht abwägungserheblich. Gleiches gilt für das mit ihrem letzten Schriftsatz geltende gemachten Interesse an der Beibehaltung der planungsrechtlichen Situation (dazu 3.).
21 
1. Das von der Antragstellerin geltend gemachte Interesse, von zusätzlichem Verkehrslärm verschont zu bleiben, stellt grundsätzlich einen abwägungsbeachtlichen Belang dar. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 24.05.2007 - 4 BN 16.07 u.a. -, BauR 2007, 2041) gilt dies jedenfalls dann, wenn die planbedingte Verkehrslärmzunahme die Geringfügigkeitsschwelle überschreitet. Nicht erforderlich ist, dass geltende Grenzwerte überschritten werden. Auch eine planbedingte Zunahme des Verkehrslärms unterhalb der Grenzwerte gehört zum Abwägungsmaterial und kann die Antragsbefugnis des Betroffenen begründen, sofern die auf den Betroffenen zukommende Lärmbelastung nicht von vornherein objektiv so geringfügig ist, dass sie nicht abwägungsrelevant ist (vgl. BayVGH, Urteil vom 13.02.2007 - 8 N 06.2040 -, juris Rn. 24 ff.).
22 
In Anwendung dieser Grundsätze ist die Antragstellerin nicht mehr als nur geringfügig betroffen. Im vorliegenden Fall handelt es sich nicht um die erstmalige Überplanung eines bislang unbebauten Grundstücks, sondern um die Änderung eines bestehenden Bebauungsplans. Es ist daher die bisherige planungsrechtliche Situation mit der zukünftigen Situation zu vergleichen (zu einem solchen Fall vgl. auch VGH Baden-Württ., Urteil vom 29.01.2014 - 3 S 147/12 - juris Rn. 43.). Ein solcher Vergleich ergibt hier, dass sich das Ausmaß der zu befürchtenden Lärmbelastungen für die Antragstellerin durch den angefochtenen Bebauungsplan eher verringern, jedenfalls aber keine nachteilige Veränderung der Verkehrssituation und damit der Belastung durch Verkehrslärm eintreten wird. Das Plangebiet war bislang Teil des Bebauungsplans „Elberfeld, Teil A“, der für das Grundstück Flst.-Nr. 8284/18 ein Kerngebiet nach § 7 BauNVO festsetzte. Ausgeschlossen waren lediglich Vergnügungsstätten und Tankstellen. Zudem setzte er eine achtgeschossige Bebauung mit einer Grundflächenzahl von 0,6 und einer Geschossflächenzahl von 2,6 fest. Die auf dem Vorhabengrundstück zulässige Bebauung war demzufolge nach ihrer Art deutlich beeinträchtigender für das benachbarte Wohnen als die nun vorgesehene Wohnnutzung mit einem sehr geringen Teil an gewerblichen Nutzungen. Denn ein Kerngebiet dient vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur.
23 
Auch nach dem Maß der baulichen Nutzung bleibt der neue Bebauungsplan hinter den Möglichkeiten zurück, die der bisherige Plan gewährte. Die geplante Bebauung führt nur zu einer Geschossflächenzahl von ca. 1,8. Sowohl die geänderte Art als auch das reduzierte Maß der baulichen Nutzung führen zu einer verminderten Belastung der Grundstücke der Antragstellerin mit Verkehr und Lärm. Denn die nach dem alten Bebauungsplan zulässigen gewerblichen Nutzungen hätten zu einem erheblichen Verkehrsaufkommen geführt, das von der nun vorgesehenen Bebauung aller Voraussicht nicht erreicht, jedenfalls aber nicht überschritten wird. Schon der von einem achtgeschossigen Bürogebäude der früher zugelassenen Größe verursachte Mitarbeiterverkehr dürfte den mit der nun vorgesehenen Wohnnutzung verbundenen Verkehr von ca. 107 Studenten übersteigen. Denn ausgehend von der Grundstücksfläche von 3.045 m² wäre nach dem alten Bebauungsplan eine Geschossfläche von fast 8.000 m² möglich gewesen. Nach dem neuen Bebauungsplan sind es nur knapp 5.500 m². Die maximal zulässige Geschossfläche wäre somit um ca. 46 % größer gewesen. Abgesehen von der deutlich höheren Geschossflächenzahl wäre wohl auch die „Nutzerdichte“ höher gewesen. Denn Ein-Zimmer-Appartements benötigen mehr Fläche als Büroräume. Zu dem Mitarbeiterverkehr wäre der Besucherverkehr noch hinzugekommen, der bei einem Bürogebäude zumindest nicht niedriger liegen dürfte als bei einem Studentenwohnheim.
24 
Auch soweit er die Tiefgaragenzufahrt betrifft, führt der angefochtene Plan zu keiner Veränderung oder gar Verschlechterung für die Antragstellerin. Denn bereits im früheren Bebauungsplan „Elberfeld Teil A“ war eine Tiefgarage auf dem Vorhabengrundstück vorgesehen; die Zufahrt war an der selben Stelle geplant wie im angefochtenen Plan.
25 
2. Die Antragstellerin beruft sich darüber hinaus darauf, dass sie Eigentümerin bzw. Betreiberin von gewerblichen Einrichtungen in der Nähe des Plangebiets sei, die teilweise bis 4 oder 5 Uhr morgens betrieben würden. Nach Realisierung des Studentenwohnheims werde diesen Betrieben eine ungestörte Gewerbeausübung nicht mehr möglich sein.
26 
Auch insoweit ist die Antragstellerin jedoch nicht in abwägungserheblicher Weise betroffen, denn der Bebauungsplan setzt unter Nr. 10.2 der planungsrechtlichen Festsetzungen fest, dass zum Schutz vor Lärmeinwirkungen durch Besucher der Einrichtungen im „...-Gebäude“ ...-Weg ... in den von einer Überschreitung des Immissionsrichtwertes bzw. Orientierungswerts „nachts“ von 43 dB(A) betroffenen Fassadenabschnitten auf die Anordnung öffenbarer Fenster von schutzbedürftigen Räumen zu verzichten ist. Dadurch wird verhindert, dass ein maßgeblicher Immissionsort im Sinne der Nr. 2.3 der TA-Lärm entsteht. Dieser liegt nach Nr. A.1.3 der Anlage zur TA-Lärm bei bebauten Flächen 0,5 m außerhalb vor der Mitte des geöffneten Fensters des vom Geräusch am stärksten betroffenen schutzwürdigen Raumes. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass diese planungsrechtlichen Vorgaben nicht genügen, um eine Beeinträchtigung der Gewerbebetriebe zu vermeiden.
27 
Es kommt hinzu, dass auch der bisherige Bebauungsplan - im 8. Obergeschoss - eine Nutzung zu Wohnzwecken zuließ. Lärmschutzmaßnahmen zugunsten dieser Wohnnutzung waren allerdings nicht festgesetzt. Die von der Antragstellerin befürchtete Gefahr einer Beschränkung der gewerblichen Nutzungsmöglichkeiten auf ihrem Grundstück war daher angesichts des im Bebauungsplan nicht gelösten Lärmkonflikts nicht geringer, sondern eher höher als nach dem angefochtenen Bebauungsplan.
28 
3. Das Interesse der Antragstellerin an der Beibehaltung der planungsrechtlichen Situation ist ebenfalls nicht in abwägungserheblicher Weise betroffen. Es ist weder dargelegt noch erkennbar, dass der Antragstellerin Nachteile aus der neuen planungsrechtlichen Situation erwachsen. Soweit es die Gesichtspunkte „Lärm“ und „Beschränkung des Gewerbebetriebes“ betrifft, kann auf die Ausführungen unter 1. und 2. verwiesen werden. Andere Gesichtspunkte nennt die Antragstellerin nicht und sind auch nicht ersichtlich.
II.
29 
Der Antragstellerin fehlt darüber hinaus das erforderliche Rechtschutzinteresse. Ein Rechtsschutzinteresse liegt vor, wenn ein Antragsteller im Falle eines Obsiegens seine Rechtsstellung verbessern kann, so dass die Entscheidung im Hinblick auf das angestrebte Ziel nicht offensichtlich nutzlos wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.2002 - 4 CN 3.01 -, NVwZ 2000, 1126). Dies ist hier indessen nicht der Fall. Die Situation der Antragstellerin würde sich nicht verbessern, sondern eher verschlechtern. Hätte der Normenkontrollantrag der Antragstellerin Erfolg, würde der angefochtene Bebauungsplan für unwirksam erklärt werden mit der Folge, dass der bisherige Plan wieder aufleben würde. Dieser ermöglicht - wie unter I.1. ausgeführt - eher eine höhere Lärmbelastung der Wohngrundstücke der Antragstellerin und er enthält keine Lösung des Lärmkonflikts zwischen dem bestehenden Gewerbe und dem zugelassenen Wohnen.
B.
30 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
31 
Beschluss vom 19. November 2014
32 
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.8.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 endgültig auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
33 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

Tenor

Der Bebauungsplan der Antragsgegnerin Nr. 7 „Kloster Süd“ wird für unwirksam erklärt.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der vom Gericht festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Antragstellerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Antragstellerin wendet sich gegen den Bebauungsplan Nr. 7 „Kloster Süd“ der Antragsgegnerin.

2

Sie ist Eigentümerin der Flurstücke 137/2, 156, 159, 163/6, 163/9 und 163/13 der Flur 2, Gemarkung Kloster auf der Insel Hiddensee, die innerhalb der Ortslage von Kloster liegen. Der Bebauungsplan setzt für die genannten Flurstücke eine Nutzung als Fläche für die Landwirtschaft (Flurstück 137/2) bzw. als "Garten (privat)" fest, im Falle des Flurstücks 156 mit der zusätzlichen Zweckbestimmung "Weide/Nutzgärten". Die Flurstücke 156, 159 und 163/6 sind nach Zuschnitt und Größe als selbständige Baugrundstücke geeignet.

3

Gegenstand des Bebauungsplanes Nr. 7 sind die bislang bebauten Bereiche im südlichen Teil der Ortslage von Kloster. Der Plan setzt im Wesentlichen die vorhandene Bebauung - zum Teil mit Erweiterungsmöglichkeiten - fest. Nur vereinzelt sind Baufelder auf bislang unbebauten Grundstücken vorgesehen. Im Übrigen werden unbebaute Grundstücke als private Grünflächen festgesetzt. Als Gebietsarten sieht der Bebauungsplan nach der Planzeichnung im östlichen Teil des Bebauungsplangebietes (Siedlung "Am Riethsoll") ein allgemeines Wohngebiet und westlich hieran anschließend ein Dorfgebiet vor, im südwestlichen Bereich das Sondergebiet "Biologische Station". Im Übrigen setzt der Bebauungsplan ausschließlich die Sondergebietsarten "Feriengebiet" und "Tourismus" fest. Das Sondergebiet "Tourismus" dient nach Ziff. I.1.1 der textlichen Festsetzungen überwiegend touristischen Nutzungen sowie ergänzend untergeordnet dem Wohnen. Betriebe des Beherbergungsgewerbes und sonstige Gewerbebetriebe sind dort ohne Einschränkungen zulässig. Das Sondergebiet "Feriengebiet" dient gleichwertig touristischen Nutzungen und dem Wohnen. Dort sind lediglich kleine Betriebe des Beherbergungsgewerbes zulässig; sonstige Gewerbebetriebe sind nur ausnahmsweise zulässig und nur, wenn es sich um nicht störende Gewerbebetriebe handelt. Die einzelnen Gebietsarten sind in der Planzeichnung kleinteilig abgegrenzt, zum Teil werden entsprechende Festsetzungen nur für einzelne Baugrundstücke getroffen. Dies gilt auch für die Festsetzungen des Maßes der baulichen Nutzung. Überwiegend sind Grundflächenzahlen von 0,3, eine eingeschossige Bebauung und ein Vollgeschoss vorgesehen, zum Teil mit der Begrenzung auf höchstens eine Wohnung je Wohngebäude. Vereinzelt sind abweichende Grundflächenzahlen, zwei Vollgeschosse oder eine Begrenzung auf höchstens zwei Wohnungen je Wohngebäude vorgesehen. Ziff. I.3 der textlichen Festsetzungen enthält Ausnahmevorbehalte für bestehende Gebäude, auf Grund derer in Fällen von Änderungen, Nutzungsänderungen und Erneuerungen ausnahmsweise Überschreitungen der Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung zugelassen werden können, wenn die bereits vorhandene bauliche Ausnutzung des Grundstücks dadurch nicht erhöht bzw. nicht wesentlich verändert wird.

4

Anlass für die in parallelen Verfahren erfolgte Überplanung sämtlicher bebauter Bereiche der Insel Hiddensee mit insgesamt 11 Bebauungsplänen war die über Jahre bestehende Situation, dass Baugenehmigungen für weitere Hauptnutzungen auch im Innenbereich von der Bauaufsichtsbehörde mit der Begründung versagt wurden, die trinkwassermäßige Erschließung sei nicht gesichert; der zuständige Wasserversorger hatte weiteren Anschlüssen mangels Kapazität der Wasserversorgungsanlage nicht zugestimmt.

5

Für die Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung der Insel ist der Zweckverband Wasserversorgung und Abwasserbehandlung Rügen – ZWAR – zuständig. Der Landkreis Rügen erteilte der Antragsgegnerin am 27.07.1999 die wasserrechtliche Erlaubnis zur Entnahme von Grundwasser. Sie berechtigt zur Gewässerbenutzung von insgesamt 5 Förderbrunnen in Höhe von Q365 = 800 m3/d sowie Q90 = 850 m3/d. Dies entspricht einer täglich möglichen Grundwasserentnahme bis zu 800 m3/d. In einem Zeitraum von 90 Tagen ist eine höhere Entnahme bis zu 850 m3/d möglich. Die Antragsgegnerin ist rückwirkend zum 01.01.2003 dem ZWAR beigetreten; mit der 1. Änderung der wasserrechtlichen Erlaubnis vom 13.07.2004 wurde diese auf den ZWAR umgeschrieben.

6

Am 08.12.2004 erstellte die Hydrogeologie GmbH, Greifswald – HGN – ein Gutachten zur Ermittlung des nutzbaren Grundwasserdargebots der Insel Hiddensee. Das Gutachten kommt zu der Empfehlung, dass eine Erhöhung der maximalen Sommerentnahme Q120 von zur Zeit 850 m3/d auf 1.000 m3/d möglich sei. Der Zweckverband teilte dazu mit, die hierfür erforderlichen Investitionsmaßnahmen seien kurzfristig nicht realisierbar. Im Übrigen könne die Entscheidung, welche beantragten Bauvorhaben von der zusätzlichen Fördermenge profitieren sollten, nicht durch den ZWAR getroffen werden. Der Wasserbedarf für die Summe der beantragten und bislang nicht genehmigten Bauvorhaben sei höher als die dann zusätzlich verfügbaren Mengen. Es sei notwendig, dass die Gemeinde die erforderlichen baurechtlichen Grundlagen (Bebauungspläne) schaffe, auf deren Grundlage eine konkrete Wasserbedarfsermittlung erfolgen könne, um hieran weitere Überlegungen zur Anpassung der Wasser- und Abwasserversorgungsanlagen anzuknüpfen. Mit Schreiben vom 03.11.2005 teilte der Landkreis Rügen dem ZWAR mit, dass einer Erhöhung der Fördermengen gegenüber der wasserrechtlichen Erlaubnis vom 25.01.2005 bei dem gegenwärtigen Kenntnisstand nicht zugestimmt werden könne. Das Landesamt für Umwelt und Natur – LUNG – habe insbesondere die Gefahr eines Brackwasserzustroms als sehr hoch gewertet.

7

Am 17.02.2006 beschloss die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin die Aufstellung von insgesamt zunächst 10 Bebauungsplänen, darunter den hier streitbefangenen.

8

Am 24.01.2008 beschloss die Gemeindevertretung die Aufstellung der 2. Änderung und Ergänzung des Flächennutzungsplanes. Gleichzeitig billigte sie den Entwurf eines Rahmenplanes, der sodann zusammen mit der 2. Änderung des Flächennutzungsplanes Gegenstand eines Beteiligungsverfahrens war. Im Rahmen dieses Verfahrens nahm die Antragstellerin unter dem 04.04.2008 und unter dem 17.07.2008 Stellung. Wegen des Inhalts wird auf die Stellungnahme Bezug genommen

9

Am 06.05.2008 beschloss die Antragsgegnerin den Rahmenplan und den Entwurf der 2. Änderung des Flächennutzungsplans.

10

Am 23.09.2008 beschloss die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin den Bebauungsplan Nr. 7 öffentlich auszulegen.

11

Im Rahmen des Beteiligungsverfahrens führte der ZWAR aus, zur Zeit könnten keine Genehmigungen für Neubauten und Erweiterungen erteilt werden, die eine Erhöhung des Trinkwasserbedarfs zur Folge hätten. Um auch in der Perspektive die Trinkwasserversorgung nachhaltig und wirtschaftlich auf der Insel Hiddensee zu sichern, seien die Erweiterungsmöglichkeiten zu begrenzen. Der ausgewiesene Mehrbedarf für den Bereich des Bebauungsplans Nr. 7 sei im Gegensatz zu anderen Ortslagen hoch. Nach Satzungsbeschluss der Bebauungspläne werde ein Maßnahmeplan des ZWAR zur perspektivischen Stabilisierung der Trinkwasserversorgung erarbeitet und umgesetzt. Die Ortslagen der Insel würden flächendeckend mit Trinkwasser versorgt werden. Das Leitungsnetz werde schrittweise erneuert.

12

Die Antragstellerin machte unter dem 09.01.2009 geltend, durch die sehr restriktive Ausweisung von Baugrundstücken und Baufenstern, die auch für die davon betroffenen Liegenschaften der Hansestadt Stralsund kaum oder keine Entwicklungsmöglichkeiten zulasse, weiche der Bebauungsplan von den Darstellungen des Flächennutzungsplans deutlich ab, der in verschiedenen Teilbereichen durch Flächenarrondierungen angemessene Entwicklungsspielräume sichere. Deshalb und da es sich bei dem Bebauungsplan um eine Angebotsplanung handele, sollten in Aussicht auf eine künftige Lösung des Trinkwasserversorgungsproblems die im Entwurf als private Gärten festgesetzten straßenbegleitenden Grundstücke am Hafenweg und am Reitstall in das Baugebiet einbezogen werden. Die von ihr in ihrer Stellungnahme vom 17.07.2008 bereits geäußerten Bedenken zu den den Ortsteil Kloster betreffenden Darstellungen im Zusammenhang mit der 2. Änderung des Flächennutzungsplanes behielten weiterhin ihre Gültigkeit.

13

Die Antragsgegnerin führt hierzu im Abwägungsprotokoll vom 24.03.2009 aus: Die Gemeinde beabsichtige grundsätzlich eine bestandsorientierte Planung, eine Ausweitung der Siedlungsflächen sei nicht beabsichtigt. Mit Inkrafttreten eines Bebauungsplans werde die Gemeinde bzw. der Versorgungsträger erschließungspflichtig. Der ZWAR als zuständige Körperschaft habe nicht erkennen lassen, dass eine „große“ Lösung in den nächsten Jahre realistisch wäre. Die mit dem ZWAR als realistisch abgestimmte Ertüchtigung der Trinkwassererfassung auf der Insel lasse nur eine sehr begrenzte zusätzliche Entwicklung zu. Aufgrund des geringen zur Verfügung stehenden Trinkwasserdargebots und der beschränkten Abwasserbehandlungskapazitäten könnten deshalb nur Baugebiete im gegebenen Rahmen ausgewiesen werden. Mit der Stellungnahme der Antragstellerin im Zusammenhang der 2. Änderung des Flächennutzungsplans werde nicht deutlich, dass interkommunale Belange berührt seien.

14

Am 02.04.2009 beschloss die Gemeindevertretung die erneute Auslegung des Bebauungsplanentwurfs. In der Bekanntmachung wurde zur Begründung angegeben, es seien ergänzende Darstellungen von Deich- und Dünenschutzanlagen und eine geänderte Flächendarstellung im Bereich des Gerhart-Hauptmann-Hauses sowie verschiedene redaktionelle Ergänzungen und nachrichtliche Übernahmen Grund für die erneute Auslegung.

15

Die Antragstellerin erhob unter dem 25.05.2009 wiederum Einwendungen und wiederholte im Wesentlichen den Inhalt ihrer vorangegangenen Stellungnahme.

16

Die Antragsgegnerin führte hierzu in der Abwägungsdokumentation vom 05.06.2009 aus: Die Stellungnahme sei außerhalb der Auslegungs- und Beteiligungsfrist verspätet eingereicht worden. Die Bedenken u.a. hinsichtlich der restriktiven Ausweisung von Baugrundstücken und Baufenstern sowie des Entwicklungsgebots seien bekannt und im entsprechenden Zusammenhang bereits ausführlich behandelt worden. Hierauf werde verwiesen. Die genannten Punkte stünden in keiner erkennbaren Beziehung zur städtebaulichen Entwicklung der Hansestadt.

17

In Auseinandersetzung mit anderen Anregungen und Bedenken führte die Antragsgegnerin ergänzend aus: Ziel sei es neben der Stärkung der zentralen Versorgungsbereiche und der Beseitigung städtebaulicher Missstände (Leerstand und Brachen), zusammenhängende Grünbereiche auch im Innenbereich vor einer Inanspruchnahme für bauliche Zwecke zu schützen, solange alternative Flächen bereitstünden. Hierbei sei unter anderem das Minimierungsgebot (Nutzen baulich vorgeprägter Bereiche; sparsamer Umgang mit Grund und Boden) zu berücksichtigen. Auch bei einem Grundstück, das ohne Zweifel nach § 34 BauGB bebaubar sei, fehle gleichwohl angesichts der angespannten Trinkwassersituation auf der Insel die gesicherte Erschließung; hiervon könne nur ausgegangen werden bei genehmigterweise ausgeübter Nutzung.

18

Am 05.06.2009 beschloss die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin den Bebauungsplan Nr. 7 mit einer Änderung hinsichtlich des Flurstücks 89, für das auf Grund der vom Eigentümer erhobenen Einwendungen straßenseitig ein weiteres Baufeld und hinsichtlich mehrerer Parameter ein höheres Maß der baulichen Nutzung ausgewiesen wurde; das bislang um die vorhandene Bebauung im rückwärtigen Grundstücksbereich vorgesehene Baufenster wurde verkleinert.

19

Die Begründung des Bebauungsplans lehnt sich hinsichtlich der Grundzüge der Planung nahe zu wörtlich an den Rahmenplan an. Zu einzelnen Festsetzungen wird ausgeführt:

20

„1.5) Abwägungsrelevante Belange
Neben den unter 1.2 genannten Planungszielen sind bei der Planung insbesondere die folgenden Belange entsprechend der ihnen zukommenden Gewichtung zu berücksichtigen und gerecht gegeneinander abzuwägen:
- Die Erhaltung, Erneuerung und Fortentwicklung bestehender Ortsteile in baulicher wie sozialer Hinsicht.(…)
- Die Belange des Umweltschutzes.(..)
- Die Belange des Naturschutzes. (..)
- Die Belange der Wirtschaft, insbesondere unter dem Aspekt der Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen. (..)
- Die Belange des Tourismus (..)
- Die Belange der Baukultur, insbesondere des Orts- und Landschaftsbildes (..).

21

In den Erhaltungsbereich ist das historisch geprägte Ortsbild in seinen charakteristischen Zügen zu bewahren (kleine Gebäude, große Freiflächen). Allgemein wird der Rückbau von großen, das Landschaftsbild heute stark beeinträchtigenden Gebäuden das Orts- und Landschaftsbild aufwerten können. Insgesamt ist für die neuen Gebäude eine landschaftstypische Bauweise anzustreben, die sich in den bestehenden Gehölzbestand einfügt und einen harmonischen Übergang in die offene Landschaft erreicht.
- Die Belange der Land- sowie der Forstwirtschaft. (..)
Darüber hinaus ist der Rahmenplan „Siedlungsbereiche" als von der Gemeinde beschlossenes städtebauliches Entwicklungskonzept zu berücksichtigen.

22

Neben diesen öffentlichen Belangen sind die privaten Belange angemessen zu berücksichtigen.

23

Die Bedeutung der privaten Belange ist sehr hoch einzuschätzen, da im Plangebiet umfangreiche bauliche Nutzungen und damit Sachgüter in erheblichem Umfang bestehen. Genehmigterweise bestehende Nutzungen genießen Bestandsschutz. Bestehende Nutzungen werden bei der Festsetzung zur Art der baulichen Nutzung berücksichtigt; für einen abweichenden Gebäudebestand (z.B. Überschreitung der zulässige GRZ, der zulässigen Anzahl der Wohneinheiten, etc.) werden umfangreiche Ausnahmen vorgesehen, die auch Umbau und Erneuerung ermöglichen.

24

Darüber hinaus besteht ein Vertrauensschutz auf zulässige, aber im Moment nicht ausgeübte Nutzungen im Rahmen des Einfügegebots des § 34 BauGB (vgl. 1.4.1).

25

Bei der Bestimmung des derzeit Zulässigen ist jedoch zu berücksichtigen, das derzeit für Neubauten faktisch ein Bauverbot wegen fehlender Erschließung besteht (keine gesicherte Trinkwasserversorgung).

26

2) Städtebauliche Planung

27

2.1) Städtebaulicher Entwurf

28

Die zentralen Bereiche des Ortes entlang dem Kirchweg sowie im näheren Hafenumfeld (Bauzonen 1, 2) werden durch einzelne Lückenschlüsse gestärkt und für eine gewerbliche Nutzung gesichert (durch Ausschluss von Wohnen/Ferienwohnen im Erdgeschoss). (..)

29

Im Zuge der Überplanung wird die Bebauung im zentralen südlichen Bereich von Kloster geringfügig zunehmen. Vorgesehen ist neben einer möglichen Ersatzbebauung auf bestehenden Standorten eine Ergänzung der Bebauung auf der Nordseite des Kirchwegs mit vorwiegend gewerblicher Nutzung sowie eine einzelne Baulückenbebauung in der Straße Zum Hochland. (..)

30

2.2.2) Ver- und Entsorgung

31

Trinkwasserversorgung

32

In den Ortslagen besteht flächendeckend das Trinkwasserleitungsnetz des ZWAR. Insbesondere in Kloster verlaufen die öffentlichen Leitungen nicht im öffentlichen Verkehrsraum, so dass die Leitungen durch Leitungsrechte zu sichern sind. Planungen für zusätzliche Leitungen bestehen ausweislich der Stellungnahme des Versorgungsträgers nicht. Eine Sicherung der Leitungstrassen für Leitungsrechte ist derzeit nicht möglich, da die exakte Lage der vorhandenen Leitungen nur fragmentarisch bekannt ist. Auf der Planzeichnung wird daher auf das Vorhandensein der Trinkwasserleitungen und ein Leitungsrecht zu Gunsten der Versorgungsträger, der Anwohner sowie der Allgemeinheit allgemein und auf die Informationspflicht vor Beginn von Erdarbeiten im Besonderen hingewiesen.

33

Angesichts des begrenzten Trinkwasserdargebots auf der Insel ist jedoch die Erschließung weiterer Gebäude nicht gesichert. Zulässig ist gemäß wasserrechtlicher Erlaubnis eine ganzjährige Trinkwasserförderung (Q365 ) von täglich 800 m3/d bzw. eine saisonale Trinkwasserförderung (Q120) von 850 m 3/d (Bericht zur Ermittlung des nutzbaren Grundwasserdargebots der Insel Hiddensee", HGN Greifswald 2004). Unter den bestehenden anlagentechnischen Voraussetzungen ist nach Aussage des ZWAR vom 24.01.2005 keine Erhöhung der derzeit genehmigten Fördermengen möglich.

34

Nach Brunnenneubohrungen zwischen den bestehenden Wasserfassungen Schwedenhagen und Grieben sowie bei Errichtung von zusätzlichen Grundwassermessstellen mit entsprechender Überwachungstechnik kann die maximal mögliche Sommerentnahme Q120 theoretisch auf 1.000 m3/d erhöht werden. Die mittlere Grundwasserentnahme Q365 sollte zur Vermeidung eines Brackwassereintrags Q 800 m3/d nicht überschreiten.

35

Voraussetzung für eine erhöhte Förderung ist die Erteilung einer entsprechenden wasserrechtlichen Erlaubnis durch die Untere Wasserbehörde. Bedingt durch die erforderlichen Investitionsmaßnahmen im Bereich der Wasserversorgungsanlagen ist die Umsetzung der Maßnahmen kurzfristig nicht realisierbar.

36

Für die Bauleitplanung ist zudem zu berücksichtigen, dass in einigen leer stehenden Objekten kurzfristig eine Nutzungsaufnahme erfolgen kann (sofern keine anderen gesetzlichen Regelungen dagegen stehen) und damit der Wasserverbrauch weiter ansteigt. Insgesamt stehen auf der Insel Hiddensee rund 250 Betten leer (Volkswerft 180 Betten; Hotel Ostsee 10 Betten; Hotel Boddenblick 28 Betten; Strandhotel 12 Betten; Hotel am Meer ca. 30 Betten).

37

Im Rahmen der gemeindlichen Gesamtplanung soll erreicht werden, dass der bei Nutzungsaufnahme der o.g. Objekte absehbare Trinkwasserverbrauch nicht überschritten wird. Hierzu werden im Wesentlichen Vorhaben auf vorhandene Nutzungen begrenzt (Nutzungsaufnahme bzw. Ersatzbebauung). Bei den Werfthäusern ist zukünftig eine geringere Nutzungsintensität als früher vorgesehen. Der so gewonnene Spielraum soll vorzugsweise gemeindlichen Infrastrukturprojekten sowie städtebaulich erwünschten Vorhaben zugute kommen (Lückenschluss außerhalb von Restriktionsflächen).

38

2.5 Begründung der wesentlichen Festsetzungen

39

2.5.1) Baugebiete / Art der baulichen Nutzung

40

Die Abgrenzung der Baugebietsflächen sowie die Festsetzung der Art der baulichen Nutzung orientiert sich an der bestehenden Bebauung (Innenbereiche, vgl. 1.3.1) sowie den vorhandene Nutzungen (vgl. 1.3.2).

41

Abgrenzung der Baugebiete
(..)

42

Eine Ausweitung der Baugebietsfläche auf unbebaute bzw. gering bebaute Grundstücke (z.b. Gartennutzung mit allenfalls Geräteschuppen/Laube in einfacher Ausführung mit höchstens 24 qm Grundfläche einschließlich überdachtem Freisitz) konnte angesichts der Erschließungsproblematik (begrenztes Trinkwasserdargebot) nur in städtebaulich begründeten Einzelfällen vorgenommen werden. Ausgeschlossen wurden in allen Ortslagen einheitlich zuerst solche Flächen, - die als innerörtliche Freiflächen insbesondere in ökologisch sensiblen Bereichen wertgebend sind (z.B. allgemein Gartengrundstücke im 200 m Küsten- und Gewässerschutzstreifen, Freiflächen innerhalb bzw. im Übergangsbereich zum LSG, Waldabstandsflächen) oder - die als grundstücksübergreifende Freiflächen Einblicke in bzw. Ausblicke aus dem Siedlungsbereich in die umgebende Landschaft ermöglichen und damit von hohem Wert für das Ortsbild sind.

43

Im Plangebiet sind dies insbesondere
- Freiflächen am Westrand des Friedhof und die südlich anschließende Grünanlage westlich der Klostermauer, die für die Vernetzung von Freiflächen innerhalb der Ortslage von wesentlicher Bedeutung sind sowie
- der Bereich des ehemaligen historischen Gutshofes, der heute noch stark landwirtschaftlich geprägt ist (Grünflächen als Weide und Nutzgärten).

44

Für eine Neu- bzw. Erstbebauung bisher unbebauter Grundstücke im Innenbereich wurden deshalb im Plangebiet nur zugelassen:
- vereinzelte Baulückenbebauungen an der Nordseite des Kirchweges (mit gewerblicher Erdgeschossnutzung),
- Baulückenschluss in der Straße „Zum Hochland",
- Baulückenschluss am Mühlberg gegenüber dem heutigen Kutschenparkplatz (im Bereich B-Plan Nr. 6 „Kloster Nord").

45

Die nicht als Baugebiet ausgewiesenen Innenbereichsgrundstücke wurden gemäß ihrer derzeitigen Nutzung/Pflegezustand als private Gärten (Grünfläche, vgl. 2.5.5) ausgewiesen. (..)

46

2.5.2) Maß der baulichen Nutzung

47

Das Maß der baulichen Nutzung wird durch Grundflächenzahl und Festlegung der Anzahl zulässiger Vollgeschosse bestandsorientiert festgelegt. (..)

48

Zur Sicherung privater Eigentumsrechte werden für bereits bebaute Grundstücke umfangreiche Ausnahmen von den Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung für Erneuerungen, Umbauten und teilweise Nutzungsänderungen vorgesehen.

49

2.5.3) Beschränkung der Anzahl der Wohneinheiten

50

Angesichts der schwierigen Erschließungssituation insbesondere hinsichtlich der Trinkwasserversorgung (vgl. 2.2.2) bestehen nur geringe Entwicklungsspielräume. Während bei der Erweiterung einer Wohnung (Anpassung an gestiegenen Wohnstandard, Ausweitung auf Ganzjahresnutzung) in der Regel kein zusätzlicher Erschließungsbedarf (als Spitzenbedarf) zu verzeichnen ist, wächst bei einer Umwandlung in vorwiegend touristisch oder saisonal genutzte Kleinwohnungen der Wasserbedarf deutlich. Deshalb wird die Festlegung des Maßes der baulichen Nutzung durch die Beschränkung der Anzahl der Wohneinheiten (einschließlich der der Ferienwohnungen) in Wohngebäuden ergänzt. Damit soll erreicht werden, dass kleine Wohn- und Ferienwohngebäude entsprechend heutigen Anforderungen erweitert bzw. in größerer Form neu gebaut werden können, ohne dass es zu einer Erhöhung der Kapazität kommen kann.

51

Die Beschränkung der Zahl der Wohnungen in Wohngebäuden wird generell für die Gebiete SO „Feriengebiet", WA vorgenommen. Im SO „Tourismus" Gebiet spielt das Wohnen nur eine untergeordnete Rolle, so dass bis auf den westlichsten, durch ältere und damit kleinere Wohn-/Ferienwohngebäude bestimmten Abschnitt des Kirchwegs auf eine Festsetzung zur höchstzulässigen Zahl der Wohnungen verzichtet werden kann.

52

Die bestehenden Wohngebäude sind in Kloster in der Regel Einfamilienhäuser. Für bestehende, von der Festsetzung abweichende Gebäude werden umfangreiche Ausnahmen vorgesehen, sofern durch die zukünftige Bebauung die Anzahl der Wohneinheiten nicht ausgeweitet wird.

53

2.5.4) Bauweise / Überbaubare Grundstücksflächen

54

Die überbaubare Grundstücksfläche wird bestandsorientiert ausgewiesen. Vorzugsweise werden Einzelbaufenster dargestellt.

55

Traditionell wurden im südliche Teil von Kloster Gebäude als Einzelhäuser errichtet. Im nördlichen Bereich (B-Plan Nr. 6 „Kloster Nord") wechseln sich insbesondere im Bereich der Siedlung Einzel- und Doppelhäuser ab.

56

Die in der offenen Bauweise nach § 22(2) BauNVO zulässigen Gebäudelänge von 50 m ist jedoch untypisch; deshalb wird eine abweichende Bauweise festgesetzt, in der bei Wahrung der Grundprinzipien der offenen Bauweise (seitliche Grenzabstände) kürzere Gebäudelängen festgesetzt werden. Die Länge wird orientiert am Bestand differenziert festgesetzt. Um die traditionell offene Bebauungsstruktur zu erhalten bzw. wieder zu erreichen, sind Ausnahmen von der festgesetzten Gebäudelänge nicht zulässig.

57

2.5.5) Grünflächen / Festsetzungen zur Grünordnung

58

Zwischen den bebauten Grundstücken befinden sich Flächen, die, obwohl nicht baulich geprägt, innerhalb des Siedlungsbereiches liegen und nicht ohne Nutzung sind. Diese Flächen werden als private Grünflächen festgesetzt.

59

Grünflächen erfüllen eine wichtige Funktion sowohl als Puffer zu den offenen Landschaftsbereichen (z.B. Am Riethsoll, Biologenweg, auch Birkenweg, Hochland) als auch als strukturierendes Element des Siedlungsbereiches (z.B. Zäsur zwischen Gutshof (Bereich ehem. Kloster) und eigentlicher Ortslage mit Teichen und Gräben).

60

Die Festsetzungen zur Grünordnung umfassen über die Ausweisung von Grünflächen hinaus (Erhalt offener, unbebauter Bereiche) ein Erhaltungsgebot für Einzelbäume, die für das Ortsbild wirksam sind bzw. die ökologische Qualität des Siedlungsbereiches positiv beeinflussen, sowie Pflanzgebote für zusätzliche Einzelbäume entlang der Hauptverkehrszüge. Zudem werden für besonders wertvolle Bereiche Maßnahmen zum Schutz und zur Entwicklung von Natur und Landschaft formuliert.“

61

Der Bebauungsplan wurde durch Aushang vom 31.08. bis zum 17.09.2010 bekannt gemacht. Die Ausfertigung erfolgte am 08.09.2010.

62

Am 14.09.2011 ging bei dem Amt West-Rügen für die Antragsgegnerin ein Schreiben der von mehreren anderen Eigentümern bevollmächtigten Rechtsanwaltskanzlei vom selben Tage per Telefax ein, in dem gegen mehrere Bebauungspläne einschließlich des hier streitbefangenen Rügen erhoben wurden. U.a. wurde geltend gemacht, die Bekanntmachung des Bebauungsplanes sei fehlgeschlagen, da im Zeitpunkt der Verkündung des Bebauungsplanes eine ordnungsgemäße Ausfertigung gefehlt habe. Die Bedeutung der betroffenen Belange der Eigentümer habe die Gemeinde verkannt, insbesondere soweit Flächen im Bebauungsplan als private Grünflächen festgesetzt worden seien und damit ein vollständiger Ausschluss einer Bebauung verbunden sei. Mit Schreiben vom 13.09.2011 an das Amt West-Rügen, übermittelt per Telefax ebenfalls am 14.09.2011, rügte auch die Antragstellerin Abwägungsmängel aller Bebauungspläne. U.a. seien ihre Belange als Eigentümerin von unbebauten Grundstücken nicht ordnungsgemäß berücksichtigt worden.

63

Am 14.09.2011 hat die Antragstellerin einen Normenkontrollantrag betreffend die Bebauungspläne Nr. 6, Nr. 7 und Nr. 11 bis 15 gestellt. Der Senat hat mit Beschluss vom 16.09.2011 das Verfahren getrennt und hinsichtlich der einzelnen Bebauungspläne als gesonderte Verfahren fortgeführt.

64

Zur Begründung trägt sie vor:

65

Ihre Antragsbefugnis ergebe sich daraus, dass ihre Belange als Eigentümerin von Grundstücken im Geltungsbereich des Bebauungsplanes im Rahmen der Abwägung nicht in der gebotenen Weise berücksichtigt worden seien. Ihre Flächen seien vor In-Kraft-Treten des Bebauungsplanes Bauland gewesen. Auch soweit die betroffenen Flurstücke keine selbständigen Baugrundstücke darstellten, handele es sich um sogenannte Arrondierungsflächen, die bei Zusammenlegung mit angrenzenden Baugrundstücken deren Bebaubarkeit bzw. Nutzbarkeit verbessern könnten.

66

Sie habe im Beteiligungsverfahren ihre Betroffenheit hinreichend deutlich gemacht. In den Stellungnahmen vom 09.01.2009 und 25.05.2009 habe sie sich eindeutig auch als betroffene Grundstückseigentümerin geäußert. Der Antragsgegnerin sei auch bekannt gewesen, welche Grundstücke im Plangebiet im Eigentum der Antragstellerin gestanden hätten. Inhaltlich habe sie unter dem 25.05.2009 ausdrücklich auf die zur Änderung des Flächennutzungsplanes abgegebene Stellungnahme vom 17.07.2008 Bezug genommen.

67

Es sei fraglich, ob für die durchgeführte restriktive Planung überhaupt ein Planungserfordernis bestanden habe. Es handele sich überwiegend um eine "Negativplanung" mit Entzug von Baurechten, die als fehlerhaft anzusehen sei.

68

Soweit als maßgeblicher Grund für die restriktiven Ausweisungen ein Trinkwasserproblem angegeben werde, fehle es hierzu an nachvollziehbaren Begründungen. Eine Bedarfsermittlung, eine Trinkwasserbilanz sowie Alternativplanungen lägen nicht vor. Tatsächlich habe der ZWAR bereits 2006 die Errichtung einer kleinen Meerwasserentsalzungsanlage angeboten. Ferner bestehe die Möglichkeit eine Wasserleitung von Rügen nach Hiddensee zu legen. Die Verfahrensunterlagen enthielten insoweit widersprüchliche Angaben, als einerseits angegeben werde, für weitere Gebäude sei die trinkwassermäßige Erschließung nicht gesichert, und andererseits mit einem zusätzlichen Trinkwasserverbrauch für immerhin 250 Betten in leer stehenden Objekten gerechnet werde, in denen kurzfristig eine Nutzungsaufnahme erfolgen könne. Wie die Planer ermittelt hätten, dass noch 86 Wohneinheiten bzw. 344 Betten versorgt werden könnten, sei nicht nachvollziehbar. Eine planerische Abwägungsentscheidung für die Zuordnung der zusätzlich möglichen Nutzungseinheiten auf die verschiedenen Bebauungspläne im Gemeindegebiet sei weder im Rahmenplan noch in der Begründung des Bebauungsplanes Nr. 7 nachvollziehbar dargelegt.

69

Im übrigen seien etwaige Probleme bei der Trinkwasserversorgung und Abwasserbehandlung vorübergehender Natur und rechtfertigten nicht, bisher bebaubaren Grundstücken generell die Bebaubarkeit zu entziehen. Der Erlass eines qualifizierten Bebauungsplanes begründe auch keine Erschließungspflicht. Wäre die Antragsgegnerin insoweit von der zutreffenden rechtlichen Annahme ausgegangen, so hätte sie anders geplant.

70

Dass die privaten Belange und der Schutz des Vertrauens auf die Bebaubarkeit eines Grundstücks nach § 34 BauGB tatsächlich berücksichtigt worden seien, sei nicht erkennbar. Mit der Zuordnung zu bestimmten Bauzonen im Rahmenplan und der dort bereits erfolgten Ausweisung von Grünflächen seien Eingriffe in bestehendes Baurecht vorbereitet worden, die dann unter Verweis auf die Vorgaben des Rahmenplanes in den Bebauungsplan übernommen worden seien, ohne dass aber im Rahmenplan bereits alle städtebaulich relevanten Belange abschließend und verbindlich geklärt worden wären und ohne dass der Rahmenplan hinsichtlich der einzelnen Ausweisungen überhaupt Erläuterungen enthalten würde.

71

Die Entziehung der Bebaubarkeit von Grundstücken führe zu einem unverhältnismäßigen Eingriff in die Belange der Grundstückseigentümer, so dass auch ein Fehler im Abwägungsergebnis vorliege.

72

Die Antragstellerin beantragt,

73

den Bebauungsplan der Antragsgegnerin Nr. 7 „Kloster/Süd“ für unwirksam zu erklären.

74

Die Antragsgegnerin beantragt,

75

den Antrag abzuweisen.

76

Sie trägt vor:
Die geltend gemachten Verfahrensfehler seien nicht beachtlich.

77

Etwaige Mängel in Bezug auf den Flächennutzungsplan hätten für die formelle Wirksamkeit des Bebauungsplans keine Bedeutung.

78

Das Abwägungsmaterial sei seitens der Antragsgegnerin ausreichend zusammengestellt und bewertet worden. Grundlage der Einzelplanung dieses und der übrigen Bebauungspläne sei der Rahmenplan „Siedlungsbereiche“ gewesen. Ihm liege ein konkretes und nicht zu beanstandendes Planungskonzept zu Grunde. Eines der wesentlichen allgemeinen Planungsziele sei eine bestandsorientierte, nachhaltige Entwicklung, die an bestehende Traditionen anknüpfe und die Qualitäten der Insel auch im Interesse nachfolgender Generationen langfristig sichere. Neben der Bestandssicherung sollten zudem städtebauliche Defizite beseitigt werden. Darüber hinaus sei – eines der primären Anliegen – ein Planziel, die schwierige Versorgung mit Trinkwasser in den Griff zu bekommen. Zudem sollte das durch das heftige Baugeschehen zu Beginn der 90er Jahre in Teilbereichen deutlich nachteilig veränderte Ortsbild aufgewertet werden, wozu seinerzeit noch ein 200 Meter Küsten- und Gewässerschutzstreifen einzuhalten gewesen sei (nunmehr 150 m).

79

Die Antragsgegnerin habe die bauplanungsrechtliche Situation, das heißt das Bestehen von Innen- und Außenbereichslagen beachtet.

80

Der tragende Aspekt für die Überplanung bereits bebauter oder teilweise bebauter Grundstücke in der Weise, dass als überbaubare Fläche jeweils die Fläche der vorhandenen Gebäude bzw. nur eingeschränkt Baufenster festgesetzt worden seien, sei vor allem die Begrenzung weitgehender baulicher Entwicklungen auf Grund der prekären Situation der Trinkwasserversorgung. Diesen Belang habe sie ausreichend ermittelt. Einer Trinkwasserbilanz bedürfe es nicht. Das vorhandene Datenmaterial genüge unabhängig von seiner Aktualität schon deshalb, weil sich die geohydrologische Situation aus naturwissenschaftlicher Sicht weder auf kurze Zeit noch dauerhaft positiv ändere. Im Gegenteil werde im aktuellen regionalen Raumentwicklungsprogramm Vorpommern (Stand August 2010) ausgeführt, dass die Trinkwasserversorgungsprobleme auf der Insel zunehmen würden. Vor diesem Hintergrund sei eine Ausweitung der wasserrechtlichen Genehmigung zu Gunsten des Zweckverbands undenkbar.

81

Es liege auch keine Abwägungsdisproportionalität vor. Die Festsetzung „privater“ Grünfläche sei in Abgrenzung zu öffentlichen Grünflächen erfolgt. Die Festsetzung „Garten“ besage, dass das betreffende Grundstück zur privaten Nutzung als Garten im herkömmlichen Sinne genutzt werden könne, wozu auch Freizeitgestaltungen anderer Art als reiner Obst- und Gemüseanbau gehören.

82

Die Antragsgegnerin hat als Anlage zu dem in mehreren Parallelverfahren eingereichten Schriftsatz vom 02.05.2012 eine Aufstellung der in allen Bebauungsplanentwürfen vorgesehenen zusätzlichen Bebauungsmöglichkeiten eingereicht, die nach den Erläuterungen der Planer in der mündlichen Verhandlung als "Lesehilfe" für den ZWAR gefertigt und diesem als Grundlage für seine Stellungnahme im Rahmen der Beteiligung übergeben worden war. Nach dieser Aufstellung sollte insgesamt auf der Insel eine zusätzliche Bebauung im Umfang von 86 Wohneinheiten bzw. 344 Betten ermöglicht werden.

83

In der mündlichen Verhandlung am 05.06. und 06.06.2012 haben die von der Antragsgegnerin beauftragten Planer die Planung im Einzelnen näher erläutert. Auf das Protokoll wird Bezug genommen.

84

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Vorgänge zum Rahmenplan, zur 2. Änderung des Flächennutzungsplans und zum Bebauungsplan verwiesen.

Entscheidungsgründe

85

Der Normenkontrollantrag ist zulässig (I.) und begründet (II.).

86

I. Der Antrag ist zulässig. Insbesondere ist die Antragstellerin antragsbefugt, weil sie geltend machen kann, durch den Bebauungsplan der Antragsgegnerin in eigenen Rechten verletzt zu sein, § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Das möglicherweise verletzte Recht der Antragstellerin ist das Eigentum an Grundstücken im Plangebiet.

87

Der Antrag ist auch nicht mangels Erhebung von Einwendungen im Planaufstellungsverfahren gemäß § 47 Abs. 2a VwGO unzulässig. Nach dieser Vorschrift ist der gegen einen Bebauungsplan gerichtete Antrag einer natürlichen oder juristischen Person unzulässig, wenn sie nur Einwendungen geltend macht, die sie im Rahmen der öffentlichen Auslegung (§ 3 Abs. 2 BauGB) nicht oder verspätet geltend gemacht hat, aber hätte geltend machen können, und wenn auf diese Rechtsfolge im Rahmen der Beteiligung hingewiesen worden ist. Die Vorschrift konkretisiert das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis. Sie trägt dem Umstand Rechnung, dass bereits im Aufstellungsverfahren Mitwirkungsbefugnisse bestehen, die dem Ziel dienen, die jeweiligen Interessen rechtzeitig dem Abwägungsmaterial zuzuführen. Im Hinblick u.a. auf die Aufgabenverteilung zwischen Plangeber und Verwaltungsgerichten sollen sachliche Einwendungen nicht ohne Not erst im gerichtlichen Verfahren geltend gemacht werden (BT-Drucks. 16/2496 S. 18). Mit der Forderung, dass Belange im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung geltend zu machen sind, will der Gesetzgeber eine lückenlose Zusammenstellung des Abwägungsmaterials gewährleisten und das öffentliche Interesse an der Vermeidung von - der Investitions- und Rechtssicherheit abträglichen - Abwägungsfehlern schützen (vgl. BT-Drucks. 16/2496 S. 11; zum Vorstehenden vgl. BVerwG, U. v. 24.03.2010 - 4 CN 3.09 - NVwZ 2010, 782; BVerwG, U. v. 18.11.2010 - 4 CN 3.10 - BVerwGE 138, 181 = NVwZ 2011, 441). Die Vorschrift verlangt jedoch nur, dass der Antragsteller bei der Planaufstellung überhaupt rechtzeitig Einwendungen erhebt und jedenfalls eine dieser Einwendungen im Normenkontrollverfahren geltend macht (BVerwG, U. v. 24.03.2010 - 4 CN 3.09 - NVwZ 2010, 782).

88

Soweit die Antragsgegnerin fordert, die Antragstellerin als Gemeinde hätte deutlich machen müssen, dass sie sich nicht gemäß § 2 Abs. 2 BauGB im Rahmen der interkommunalen Abstimmung als beteiligte Gemeinde äußere, sondern als Grundeigentümerin, ist dem schon im rechtlichen Ansatz nicht zu folgen. Anders als im Planfeststellungsrecht kann nicht gefordert werden, dass die gefährdeten Rechtsgüter im einzelnen bezeichnet und die befürchteten Beeinträchtigungen dargelegt werden. Im Planfeststellungsrecht gilt diese Anforderung uneingeschränkt auch für eine Gemeinde, die im Planfeststellungsverfahren als Behörde und damit als Träger öffentlicher Belange gemäß § 73 Abs. 2 VwVfG zur Stellungnahme aufgefordert worden ist. Sie muss ihre Einwendungen als Grundeigentümerin daher unter Beachtung der für private Einwender geltenden Vorgaben, d.h. insbesondere innerhalb der entsprechenden Frist erheben und geltend machen, dass sie sich – auch – in ihrer Rechtsstellung als Eigentümerin beeinträchtigt sieht (BVerwG, B. v. 13.03.1995 – 11 VR 2.95 – NVwZ 1995, 905; Kirchberg in Ziekow, Praxis des Fachplanungsrechts Rn. 205).

89

Diese Grundsätze gelten jedoch nicht im Anwendungsbereich des § 47 Abs. 2a VwGO. Einwendungen im Sinne der § 47 Abs. 2a VwGO, § 3 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 BauGB unterscheiden sich in ihrer rechtlichen Ausgestaltung und Wirkungsweise von Einwendungen, wie sie etwa von der materiellen Präklusionsregel des § 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG oder anderen fachgesetzlich geregelten Präklusionsnormen im Rahmen von Planfeststellungsverfahren erfasst werden. Diese zielen auf subjektive Rechte und erklären sich vor dem Hintergrund eines eventuellen, an eine subjektive Rechtsverletzung anknüpfenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (§ 42 Abs. 2, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Sie knüpfen deshalb von vornherein an Einwendungen an, die persönliche Belange des Einwendungsführers betreffen (vgl. auch § 73 Abs. 4 Satz 1 VwVfG). Stellungnahmen im Rahmen eines Bauleitplanverfahrens (§§ 3, 4a BauGB) sind weder nach ihrer Funktion im Planungsverfahren noch mit Blick auf das gerichtliche Verfahren der objektiven Rechtskontrolle nach § 47 VwGO notwendig nur subjektiv-rechtlicher Art. Dementsprechend unterscheiden sich auch die Rechtsfolgen nicht fristgerechter Einwendungen. Im Fall der materiellen Präklusionsregeln (etwa des § 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG) verliert ein Betroffener wegen eines jeden nicht oder nicht rechtzeitig eingewendeten, seine Rechte betreffenden Belangs die Möglichkeit, sich - diesen betreffend - auf eine subjektive Rechtsverletzung zu berufen. Dagegen kann der von einem Bebauungsplan Betroffene im Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO auch Einwendungen geltend machen, die er im Rahmen der öffentlichen Auslegung nicht oder verspätet erhoben hatte, wenn er zugleich zumindest eine Einwendung erhebt, die er rechtzeitig geltend gemacht hatte (VGH München, U. v. 08.11.2011 - 15 N 11.343 – juris Rn. 25 unter Hinweis auf BVerwG, U. v. 27.10.2010 - 4 CN 4.09 - NVwZ 2011, 309 Rn. 17).

90

Nach diesen Maßstäben hat die Antragstellerin hier mit ihrem Schreiben vom 09.01.2009 ausreichende Einwendungen erhoben. Sie hat in diesem Schreiben u.a. geltend gemacht, durch die sehr restriktive Ausweisung von Baugrundstücken und Baufenstern, die – „auch für die davon betroffenen Liegenschaften der Hansestadt Stralsund“ - kaum Entwicklungsmöglichkeiten zulasse, weiche der Bebauungsplan vom Flächennutzungsplan ab und sei nicht aus diesem entwickelt; in Aussicht auf eine künftige Lösung des derzeitigen Trinkwasserversorgungsproblems sollten die im Entwurf als private Gärten festgesetzten straßenbegleitenden Grundstücke am Hafenweg und "Am Reitstall" in das Baugebiet einbezogen werden. Mit diesem Einwendungsschreiben hat die Antragstellerin eigene Belange als Grundstückeigentümerin geltend gemacht. Sie brauchte als Einwendungsführerin im Rahmen des § 3 Abs. 2 BauGB nicht ihre Antragsbefugnis im Sinn des § 47 Abs. 2 VwGO näher zu begründen. Die Notwendigkeit eines solchen weiteren Maßes an Konkretisierung lässt sich weder dem verwendeten Belehrungstext des § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB entnehmen noch mit dem Verfahren als einem der Beteiligung der gesamten Öffentlichkeit (und nicht der Beteiligung anwaltlich vertretener Einzelner) vereinbaren. Das würde die Rechtsverfolgung unzumutbar erschweren (vgl. VGH München, U. v. 08.11.2011 - 15 N 11.343 – juris Rn. 25). Dass die Antragsgegnerin die Antragstellerin im Rahmen ihrer Beteiligung als Trägerin öffentlicher Belange angeschrieben hatte, löste nicht deren Verpflichtung aus, in ihrer Stellungnahme ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass sie sich – auch – als Grundeigentümerin äußerte. Dies ergab sich aus dem Inhalt der Stellungnahme. U.a. die bereits im Beteiligungsverfahren erhobenen Einwendungen hat die Antragstellerin auch im gerichtlichen Verfahren geltend gemacht.

91

II. Der Antrag ist auch begründet.

92

1. Der Bebauungsplan ist wegen eines Verfahrensfehlers insgesamt unwirksam, weil er nicht vor der Bekanntmachung ausgefertigt worden ist.

93

a) Der Bebauungsplan ist nicht vor seiner Bekanntmachung ausgefertigt worden.

94

Die Ausfertigung wurde am 08.09.2010 vorgenommen; die Bekanntmachung ist durch Aushang in der Zeit vom 31.08. bis 17.09.2010 erfolgt.

95

Die Bekanntmachung durch Aushang ist nach § 3 Nr. 3 der Durchführungsverordnung zur Kommunalverfassung in der hier maßgeblichen Fassung vom 04.03.2008 (GVOBl. M-V S. 85; im folgenden: KV-DVO-2008) eine zulässige Bekanntmachungsform. § 7 Abs. 2 KV-DVO-2008 sieht vor, dass die Mindestdauer des Aushangs 14 Tage beträgt, wobei der Tag des Aushangs und der Abnahme nicht mitgerechnet werden. Mit Ablauf des letzten Tages der Aushangfrist ist die öffentliche Bekanntmachung der Satzung erfolgt, § 9 Nr. 3 KV-DVO-2008. Dem entsprechend regelt § 9 der Hauptsatzung der Antragsgegnerin vom 01.02.2006 eine Bekanntmachung durch Aushang mit einer Aushangfrist von 14 Tagen. Es handelt sich um einen gestreckten Bekanntmachungstatbestand, bei dem der Bekanntmachungsakt über 14 Tage andauert und die Wirkung der Bekanntmachung mit Ablauf dieser Frist eintritt.

96

Die Ausfertigung ist damit nach Beginn des Bekanntmachungsaktes erfolgt, allerdings noch bevor die Bekanntmachung bewirkt war. Dies reicht nicht aus.

97

Die Ausfertigung als grundlegendes Element jedes Rechtsetzungsverfahrens ist rechtsstaatlich geboten. Bundesrecht regelt im einzelnen nicht, wann ein Bebauungsplan auszufertigen ist; die Ausfertigung hat aber der Bekanntmachung vorauszugehen. Die Verkündung bildet den Schlusspunkt des Rechtsetzungsverfahrens und stellt den für die Hervorbringung der Norm notwendigen letzten Akt dar. Da nach § 10 Abs. 3 Satz 4 BauGB der Bebauungsplan mit der Bekanntmachung in Kraft tritt, kann er die ihm durch diese Vorschrift vermittelte rechtliche Verbindlichkeit nur erlangen, wenn sämtliche formellen Gültigkeitsbedingungen, die sich aus dem Bundes- oder Landesrecht ergeben, bis zu diesem Zeitpunkt erfüllt sind (BVerwG, B. v. 09.05.1996 - 4 B 60.96 - NVwZ-RR 1996, 630).

98

Landesrechtlich ist die Ausfertigung ausdrücklich geregelt. Nach § 5 Abs. 4 Satz 1 KV M-V sind Satzungen vom Bürgermeister auszufertigen und öffentlich bekannt zu machen. Zum Zwecke der Ausfertigung hat das hierfür zuständige Organ den beschlossenen Normtext unter Angabe des Datums handschriftlich zu unterzeichnen. Mit der Ausfertigung wird die Originalurkunde geschaffen, die den Willen des Normgebers nach außen wahrnehmbar macht; es wird bezeugt, dass der Inhalt der Urkunde mit dem Beschluss des zuständigen Organs übereinstimmt (Authentizitätsfunktion). Darauf ob daneben der Ausfertigung auch die Aufgabe zukommt zu bezeugen, dass die für die Rechtswirksamkeit maßgeblichen Umstände beachtet sind (Legalitätsfunktion) (so Glaser in: Darsow u.a., Schweriner Kommentierung der Kommunalverfassung des Landes M-V, 3. Aufl. 2005, § 5 Rn. 13 m.w.N.; Ullrich, in: Schröder/Willner u.a., Kommunalverfassungsrecht M-V, § 5 GemO Nr. 4.3; offenbar auch vorausgesetzt von OEufach0000000005, B. v. 04.04.2001 - 1 M 21/00 - Juris Rn. 18; hingegen gehört die Legalitätsfunktion nicht zum Mindeststandard des bundesverfassungsrechtlichen Rechtsstaatsgebots, vgl. BVerwG, U. v. 16.12.1993 - 4 C 22/92 - NVwZ 1994, 1010 f.) kommt es nicht an. In jedem Fall ist die Ausfertigung nach § 5 Abs. 4 Satz 1 KV M-V auch im Falle eines gestreckten Bekanntmachungstatbestandes vor dessen Beginn, d.h. vor Beginn des Bekanntmachungsaktes vorzunehmen. Eine Ausfertigung vor dem Zeitpunkt, in dem die Bekanntmachung auch bewirkt ist, reicht nicht aus. Denn Gegenstand der Bekanntmachung nach § 5 Abs. 4 Satz 1 KV M-V ist im allgemeinen die Satzung selbst und nicht - wie ausnahmsweise bei Bebauungsplänen, vgl. § 10 Abs. 3 Sätze 1 und 5 BauGB - lediglich die Erteilung der Genehmigung oder der Satzungsbeschluss. Bekannt gemacht wird daher regelmäßig die ausgefertigte Satzung, die deshalb bei Beginn des Bekanntmachungsaktes auch bereits ausgefertigt sein muss.

99

Ist die Vorschrift des § 5 Abs. 4 Satz 1 KV M-V aber allgemein in diesem Sinne zu verstehen, so besteht auch kein Anlass dies für Bebauungspläne anders zu sehen, weil der Gegenstand der Bekanntmachung ein anderer ist.

100

b) Der Mangel ist nicht nach § 5 Abs. 5 KV M-V unbeachtlich. Nach dieser Vorschrift kann ein Verstoß gegen Verfahrens- und Formvorschriften, die in diesem Gesetz enthalten oder auf Grund dieses Gesetzes erlassen worden sind, nach Ablauf eines Jahres seit der öffentlichen Bekanntmachung nicht mehr geltend gemacht werden, wenn bei der Bekanntmachung auf die Regelungen dieses Absatzes hingewiesen worden ist. Diese Folge tritt nicht ein, wenn der Verstoß innerhalb der Jahresfrist schriftlich unter Bezeichnung der verletzten Vorschrift und der Tatsache, aus der sich der Verstoß ergibt, gegenüber der Gemeinde geltend gemacht wird. Eine Verletzung von Anzeige-, Genehmigungs- oder Bekanntmachungsvorschriften kann demgegenüber stets geltend gemacht werden.

101

Ob es sich hier um einen Bekanntmachungsfehler handelt (so OVG Lüneburg U. v. 08.09.2010 - 1 KN 129/07 - DVBl 2010, 1381), der von vornherein nicht unbeachtlich werden kann, bedarf keiner Entscheidung. Der Hinweis gemäß § 5 Abs. 5 Satz 2 KV M-V ist bei der Bekanntmachung erfolgt. Der Fehler ist ferner - wenn auch nicht von der Antragstellerin - rechtzeitig binnen eines Jahres gerügt worden, seit die Bekanntmachung des Bebauungsplanes bewirkt war. Dies war nach §§ 7 Abs. 2, 9 Nr. 3 KV-DVO-2008 mit Ablauf des 14.09.2010 der Fall. Am 14.09.2011 ist bei dem Amt West-Rügen für die Antragsgegnerin das Schreiben der von mehreren anderen Eigentümern von Grundstücken im Plangebiet bevollmächtigten Rechtsanwaltskanzlei vom selben Tage per Fax eingegangen, in dem u.a. gerügt wurde, die Bekanntmachung des Bebauungsplanes sei fehlgeschlagen, da im Zeitpunkt der Verkündung des Bebauungsplans eine ordnungsgemäße Ausfertigung gefehlt habe.

102

Diese Rüge erfolgte auch in der gemäß § 5 Abs. 5 Satz 2 KV M-V vorgeschriebenen Schriftform. Für das Verwaltungsverfahrensrecht ist anerkannt, dass u.a. die Übermittlung von Anträgen und Erklärungen per Telefax das Schriftformerfordernis wahrt (Schmitz in: Stelkens u.a. VwVfG 7. Aufl. 2008 § 22 Rn. 32), ebenso wie die Übermittlung fristwahrender Schriftsätze per Telefax in allen Gerichtszweigen uneingeschränkt zulässig ist. Die hierzu ergangene prozessrechtliche Rechtsprechung (vgl. die Nachweise bei Schmitz aaO) findet ihre Rechtfertigung in dem Bestreben, den Rechtsuchenden - sofern dadurch die zuverlässige Feststellung von Inhalt und Rechtsverbindlichkeit der abgegebenen Erklärung sowie der Person des Erklärenden nicht in Frage gestellt wird - zur Wahrung ihrer Rechte die volle Ausnutzung der Rechtsmittel- und Rechtsmittelbegründungsfristen auch unter Zuhilfenahme der modernen Nachrichtenübermittlungstechnik zu ermöglichen. Dieser Gedanke gilt ebenso für die Rechtswahrung im Rahmen verwaltungsverfahrensrechtlicher Fristen. Soweit im materiellen (Zivil-)Recht die Übermittlung per Telefax nicht geeignet sein soll, das Schriftformerfordernis zu erfüllen (vgl. BGH, U. v. 28.01.1993 - IX ZR 259/91 - BGHZ 121, 224, betr. eine Bürgschaftserklärung) steht eine solche Konstellation einschließlich der entsprechenden Schutzzwecke hier nicht in Rede.

103

c) Der Mangel ist auch nicht geheilt worden (vgl. § 214 Abs. 4 BauGB). Hierzu bedürfte es einer Bekanntmachung des Bebauungsplanes - im Sinne des vollständigen Bekanntmachungsaktes - nach Ausfertigung. Diese ist jedoch nicht erfolgt. Nach der Ausfertigung am 08.09.2010 war der Satzungsbeschluss lediglich noch 8 volle Tage lang ausgehängt, bevor die Aushänge am 17.09.2010 abgenommen wurden. Die Mindest-Aushangfrist von 14 Tagen gemäß § 7 Abs. 2 KV-DVO-2008 wurde damit nicht gewahrt. Eine Neubekanntmachung hat die Antragsgegnerin nicht vorgenommen.

104

2. Der Bebauungsplan Nr. 7 der Antragsgegnerin leidet ferner an materiellen Fehlern, die zur Feststellung seiner Unwirksamkeit insgesamt führen. Allerdings fehlt es nicht bereits an der Erforderlichkeit der Planung im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB (a). Ob ein materieller Fehler deshalb vorliegt, weil der Bebauungsplan nicht aus einem wirksamen Flächennutzungsplan entwickelt worden ist, lässt der Senat offen (b). Die Unwirksamkeit ergibt sich jedenfalls daraus, dass der Plan mit den Ausnahmevorbehalten in Ziff. I.3. des Textteils unzulässige Festsetzungen enthält (c). Ferner liegt jedenfalls wegen der fehlenden Bestandsaufnahme hinsichtlich der nach § 34 BauGB zulässigen baulichen Nutzung auf den einzelnen Grundstücken ein Verstoß gegen das Abwägungsgebot vor, der zur Unwirksamkeit des Bebauungsplanes führt (d).

105

a) Dem Bebauungsplan fehlt es nicht bereits an der Erforderlichkeit, § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB.

106

Nach dieser Vorschrift darf die Gemeinde von ihrer Planungsbefugnis nur Gebrauch machen, wenn dies für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Die Erforderlichkeit in diesem Sinne kann die Gemeinde weitgehend selbst durch ihre eigene planerische Konzeption für die städtebauliche Entwicklung vorgeben. Auch soweit eine Bauleitplanung im wesentlichen nicht auf die Veränderung der bestehenden Situation, sondern auf die Bewahrung vorhandener Strukturen abzielt, kann die Bauleitplanung ein erforderliches Sicherungsinstrument sein, das eine positive planerische Aussage insofern enthält, als einer sich abzeichnenden Fehlentwicklung entgegen gesteuert werden soll. Dem gegenüber setzt eine im Ergebnis unzulässige "Negativplanung" bzw. "Verhinderungsplanung" voraus, dass eine positive Zielsetzung nur vorgeschoben wird, um einen bestimmten Bauwunsch zu durchkreuzen (BVerwG, B. v. 23.06.1992 - 4 B 55/92 - NVwZ-RR 1993, 456; B. v. 18.12.1990 - 4 NB 8.90 - NVwZ 1991, 876).

107

Nach diesen Grundsätzen bestehen hier keine Zweifel an der Erforderlichkeit der Planung. Planungsziele sind nach dem Inhalt der Planbegründung maßgeblich die Sicherung des Bestandes, die Verhinderung einer weiteren baulichen Verdichtung im Hinblick auf die begrenzte Kapazität der Trinkwasserversorgung und im Interesse der Erhaltung des ortstypischen Charakters der Bebauung, sowie die Beseitigung städtebaulicher Missstände. Insbesondere vor dem Hintergrund der besonderen Trinkwassersituation drängt sich die Erforderlichkeit der Planung geradezu auf. Im Hinblick auf die begrenzten natürlichen Trinkwasserressourcen der Insel hatte der zuständige Zweckverband in der Vergangenheit der Herstellung weiterer Trinkwasseranschlüsse nicht zugestimmt; Baugenehmigungen waren mit der Begründung mangelnder Erschließung versagt worden. Da eine grundsätzliche Änderung in der Konzeption der Trinkwasserversorgung nicht beabsichtigt war, dient die Bauleitplanung auch dem Ziel, die im Rahmen der vorhandenen Konzeption der Trinkwasserversorgung durch sog. Ertüchtigungsmaßnahmen zu erschließenden Kapazitätsreserven auf die in Betracht kommenden Baugrundstücke zu verteilen.

108

Dass die Ziele der Planung in einer gewissen Konkurrenz zueinander stehen, hindert nicht die Erforderlichkeit der Planung. Eine Gemeinde darf mit ihrer Bauleitplanung verschiedene, teilweise gegenläufige Ziele verfolgen. Zu beanstanden ist eine derartige Planung nur dann, wenn der Widerspruch zwischen einzelnen Planungszielen so gravierend ist, dass die Erreichung eines Planungsziels durch einem anderen Ziel dienende Festsetzungen wesentlich erschwert oder sogar unmöglich gemacht wird. Ein solcher Mangel, bei dem die Erforderlichkeit (§ 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB) der Planung in Frage gestellt sein kann, liegt jedoch nicht vor. Durch die Absicherung der legalen Bestände wird das Hauptziel der Planung nicht konterkariert (vgl. VGH München, U. v. 03.08.2010 - 1 N 06.2438, 1 N 07.1114 - BayVBl 2011, 766, juris Rdn. 73).

109

Der Senat sieht auch keine Anhaltspunkte dafür, dass es an der Erforderlichkeit der Planung im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB deshalb fehlen könnte, weil die über den vorhandenen Bestand hinaus vorgesehenen weiteren Bebauungsmöglichkeiten mangels Erschließung in absehbarer Zeit nicht realisiert werden könnten. Allerdings ist das Trinkwasservorkommen der Insel begrenzt und hat der zuständige Zweckverband sich deshalb in der Vergangenheit geweigert, weitere Nutzungseinheiten an die Trinkwasserversorgung anzuschließen, mit der Folge dass die Bauaufsichtsbehörde Baugenehmigungsanträge unter Hinweis auf die fehlende trinkwassermäßige Erschließung abgelehnt hat. Der Zweckverband hat aber im Bebauungsplanverfahren im Rahmen der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange ausdrücklich erklärt, nach Beschluss der Bebauungspläne werde ein Maßnahmeplan zur perspektivischen Stabilisierung der Trinkwasserversorgung auf der Insel erarbeitet und umgesetzt; das Leitungsnetz werde schrittweise erneuert; die Ortslagen der Insel würden flächendeckend mit Trinkwasser versorgt. Der Zweckverband hat damit keinen Zweifel daran gelassen, dass eine trinkwassermäßige Erschließung für die im Plan vorgesehene Bebauung möglich ist und durch entsprechende Maßnahmen der Sanierung der Versorgungsanlagen gesichert wird. Mit der Aufstellung, die in den Parallelverfahren mit Schriftsatz vom 02.05.2012 überreicht und in der mündlichen Verhandlung erörtert worden ist, war dem Zweckverband auch verdeutlicht worden, an welchen Standorten und in welchem Umfang die Bebauungspläne jeweils eine zusätzliche Bebauung ermöglichen. Nach den Planunterlagen und den ergänzenden Erklärungen der Planer in der mündlichen Verhandlung ist deshalb davon auszugehen, dass der Zweckverband diejenigen bisher unbebauten Grundstücke, deren Bebauung in den Bebauungsplänen vorgesehen ist, in angemessener Zeit nach Durchführung der angesprochenen Ertüchtigungsmaßnahmen mit Trinkwasser wird versorgen können.

110

b) Ob der Bebauungsplan gegen das Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB verstößt, kann offen bleiben. Es dürfte aber einiges dafür sprechen, dass der Bebauungsplan ohne das Vorhandensein eines wirksamen Flächennutzungsplans aufgestellt werden durfte. Für das Vorliegen der Voraussetzungen für die Aufstellung des Flächennutzungsplanes im Parallelverfahren gemäß § 8 Abs. 3 BauGB spricht, dass der Flächennutzungsplan zum Zeitpunkt des Beschlusses über den Bebauungsplan bereits planreif gewesen sein dürfte. Ferner kommt ein zulässiger vorzeitiger Bebauungsplan gemäß § 8 Abs. 4 Satz 1 BauGB in Betracht. Allerdings ist ein vorzeitiger Bebauungsplan nur zulässig, so lange noch kein rechtswirksamer Flächennutzungsplan besteht (BVerwG B. v. 26.02.1999 - 4 CN 6.98 - Juris; U. v. 28.02.1975 - 4 C 74.72 - BVerwGE 47, 70). Es dürften jedoch einige Gründe dafür sprechen, dass die ursprüngliche Fassung des Flächennutzungsplanes der Antragsgegnerin in der Fassung der 1. Änderung wegen einer unzulässigen lediglich teilweisen Genehmigung insgesamt unwirksam war (vgl. OVG M-V, U. v. 19.09.2007 - 3 K 31/05 -, Juris Rn. 44 ff.). Letztlich bedürfen diese Fragen jedoch keiner abschließenden Entscheidung, weil der Bebauungsplan in anderer Hinsicht an materiellen Fehlern leidet, die zur Feststellung seiner Unwirksamkeit insgesamt führen.

111

c) Der Bebauungsplan enthält mit den Ausnahmevorbehalten in Ziff. I.3 des Textteils unzulässige Festsetzungen und ist deshalb insgesamt unwirksam.

112

Die entsprechenden Regelungen betreffen Grundstücke, die bereits bebaut sind, und zwar in einem die Festsetzungen des Bebauungsplans überschreitenden Maß. Hinsichtlich der Grundflächenzahl (Ziff. I.3.1), der Vollgeschosse (Ziff.I.3.2) und der Anzahl der Wohnungen (Ziff. I.3.3) wird geregelt, dass für Änderungen, Nutzungsänderungen und Erneuerungen von vorhandenen Gebäuden Ausnahmen erteilt werden können, wenn die vorhandene Grundfläche oder die Zahl der Wohnungen nicht erhöht bzw. die vorhandene First- und Traufhöhe nicht wesentlich verändert wird. Eine Überschreitung der festgesetzten überbaubaren Grundstücksfläche wird nur bei Änderungen vorhandener Gebäude ermöglicht, die sich im wesentlichen in der vorhandenen Kubatur halten, ausdrücklich nicht aber bei Nutzungsänderungen (Ziff. I.3.4); ebenso ist eine Ausnahmemöglichkeit hinsichtlich der Bauweise (nur) bei Änderungen vorgesehen (Ziff. I.3.5).

113

Die Festsetzungen ermöglichen - in Anlehnung an die Regelung in § 1 Abs. 10 BauNVO betreffend Fremdkörper hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung, auf die auch der Vertreter des Planungsbüros in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat - eine Art "erweiterten Bestandsschutz" (vgl. zu § 1 Abs. 10 BauNVO Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl. 2008, Rn. 132) für den vorhandenen Bestand auf Grundstücken, die bereits über die Festsetzungen des Bebauungsplanes hinaus baulich ausgenutzt sind. Sie schaffen die Möglichkeit, das Grundstück auch in Fällen der Änderung, ggf. auch der Nutzungsänderung oder Erneuerung, in dem bisherigen Umfang baulich auszunutzen, auch wenn damit die Maßfestsetzungen des Bebauungsplanes überschritten werden. Diese Möglichkeit ist unabhängig vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen nach § 31 Abs. 2 BauGB. Nähere Voraussetzungen werden im Bebauungsplan nicht geregelt; allerdings dürften bei der (Ermessens-)Entscheidung über die Erteilung der Ausnahme die Zwecke der Maßfestsetzungen des Bebauungsplanes zu berücksichtigen sein.

114

Rechtsgrundlage der vorgesehenen Ausnahmevorbehalte ist § 31 Abs. 1 BauGB bzw. § 16 Abs. 6 BauNVO. Nach § 31 Abs. 1 BauGB können von den Festsetzungen des Bebauungsplans Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind. Für das Vorliegen eines wirksamen Ausnahmevorbehalts ist erforderlich, dass die Ausnahme nach Art und Umfang bestimmt ist (vgl. BVerwG, U. v. 17.12.1998 - 4 C 16.97 - E 108, 190 = Juris Rn. 16). Es muss geregelt sein, von welchen Festsetzungen die Gemeinde Ausnahmen zulassen will und wie weit die folglich zu quantifizierenden Ausnahmen gehen dürfen (Battis u.a., BauGB, 11. Aufl. 2009, § 31 Rn. 12). Nach § 16 Abs. 6 BauNVO können im Bebauungsplan nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen von dem festgesetzten Maß der baulichen Nutzung vorgesehen werden. Dabei ist als Art die jeweiligen Maßfestsetzung zu bestimmen, von der eine Ausnahme gewährt wird. Der Umfang der Ausnahme ist durch das Maß der Abweichung von der Festsetzung eindeutig zu bestimmen (Fickert/Fieseler BauNVO 11. Aufl. 2008 § 16 Rdn. 65 f.). Die von der Antragsgegnerin hinsichtlich bestehender baulicher Anlagen vorgesehene Zulassung von Ausnahmen ergibt mit Blick auf den diesen baulichen Anlagen ohnehin zukommenden Bestandsschutz nur dann einen Sinn, wenn der Bestandsschutz durch die beabsichtigten Maßnahmen beseitigt wird. Mithin bedarf es, sofern die Ausnahmen im dargelegten Sinn vorgesehen werden sollen, einer hinreichenden Bestimmung des zulässigen Maßes der Abweichung (OVG Münster, U. v. 13.12.2007 - 7 D 142/06.NE - juris).

115

Die Antragsgegnerin hat für den Umfang der Ausnahmen keine ausreichende Regelung getroffen. Dieser ist jeweils nicht durch Zahlenwerte absolut oder relativ zu der jeweils getroffenen Festsetzung bestimmt, sondern lediglich durch eine Bezugnahme auf den vorhandenen Bestand. Es kann offen bleiben, ob eine solche Regelung überhaupt geeignet ist, das zulässige Maß der Abweichung zu bestimmen. Jedenfalls aber müsste für die Zwecke einer solchen Regelung der vorhandene Bestand konkret erfasst worden sein. Die Bestandsaufnahme müsste Bestandteil des Bebauungsplanes oder der Planbegründung geworden sein; möglicherweise würde auch ausreichen, dass sie zu den Materialien aus dem Bauleitplanverfahren gehört. Nach dem Inhalt der Verfahrensunterlagen ist eine solche Bestandsaufnahme vorliegend jedoch nicht erfolgt.

116

Auch dieser Mangel führt zur Unwirksamkeit des Bebauungsplanes insgesamt; eine Teilunwirksamkeit kommt nicht in Betracht.

117

Die Nichtigkeit einzelner Festsetzungen eines Bebauungsplans führt nur dann nicht zur Gesamtnichtigkeit des Plans, wenn die übrigen Festsetzungen für sich betrachtet noch eine den Anforderungen des § 1 BauGB gerecht werdende, sinnvolle städtebauliche Ordnung bewirken können (Grundsatz der Teilbarkeit) und wenn zusätzlich die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch einen Plan dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte (Grundsatz des mutmaßlichen Willens des Normgebers). Dieser Rechtssatz stellt die bauplanungsrechtliche Konkretisierung eines allgemeinen Rechtssatzes dar, der auch in anderen Rechtsgebieten gilt (vgl. § 139 BGB). Er bewirkt, dass nicht jeder Planungsfehler zur Nichtigkeit des gesamten Bebauungsplans führen muss, so lange der fehlerfreie Teil des Plans noch (objektiv) sinnvoll bleibt und (subjektiv) vom Planungswillen der Gemeinde getragen wird (BVerwG, B. v. 06.04.1993 – 4 NB 43.92 – UPR 1993, 274; B. v. 08.08.1989 - 4 NB 2.89 – NVwZ 1990, 159).

118

Im vorliegenden Fall ist allerdings der Plan objektiv teilbar, weil der von dem Fehler nicht unmittelbar erfasste Teil des Plans - nämlich alle Festsetzungen ohne die Ausnahmevorbehalte in Ziff. I.3 des Textteils - für sich betrachtet eine den Anforderungen des § 1 BauGB gerecht werdende sinnvolle städtebauliche Ordnung bewirkt. Hingegen kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch einen Plan dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte.

119

Die Bedeutung des Gesichtspunktes der Bestandssicherung kommt bereits in Ziff. 1.2 der Planbegründung ("Ziele der Planung") zum Ausdruck. Unter Ziff. 1.5 der Begründung wird zu den abwägungsrelevanten Belangen ausgeführt: "Die Bedeutung der privaten Belange ist sehr hoch einzuschätzen, da im Plangebiet umfangreiche bauliche Nutzungen und damit Sachgüter in erheblichem Umfang bestehen. ... Bestehende Nutzungen werden bei der Festsetzung zur Art der baulichen Nutzung berücksichtigt; für einen abweichenden Gebäudebestand (z.B. Überschreitung der zulässigen GRZ, der zulässigen Anzahl der Wohneinheiten etc.) werden umfangreiche Ausnahmen vorgesehen, die auch Umbau und Erneuerung ermöglichen." Schließlich heißt es unter Ziff. 2.5.2 der Begründung zum Maß der baulichen Nutzung, zur Sicherung privater Eigentumsrechte würden für bereits bebaute Grundstücke umfangreiche Ausnahmen von den Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung für Erneuerungen, Umbauten und teilweise Nutzungsänderungen vorgesehen, und unter Ziff. 2.5.3 zur Beschränkung der Zahl der Wohneinheiten, für bestehende, von der Festsetzung abweichende Gebäude würden umfangreiche Ausnahmen vorgesehen, sofern durch die zukünftige Bebauung die Anzahl der Wohneinheiten nicht ausgeweitet werde. Im Hinblick auf die damit dokumentierte Bedeutung des Gesichtspunktes der Bestandssicherung für den Plangeber geht der Senat davon aus, dass er durch eine Feststellung der Teilunwirksamkeit des Planes dessen Willen verfälschen würde.

120

d) Der Bebauungsplan leidet auch an einem zur Feststellung seiner Unwirksamkeit insgesamt führenden Abwägungsmangel.

121

Nach §§ 1 Abs. 7, 2 Abs. 3 BauGB sind bei der Aufstellung von Bauleitplänen die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Dieses Abwägungsgebot wird verletzt, wenn (1.) eine sachgerechte Abwägung überhaupt nicht stattfindet, (2.) in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, (3.) die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt oder (4.) der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (BVerwG, Urt. vom 12.12.1969 - 4 C 105.66 -, E 34, 301; Urt. vom 14.02.1975 - 4 C 21.74 - E 48, 56).

122

Für die Rechtmäßigkeit der Abwägung ist nach § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bauleitplan maßgeblich.

123

aa) Ein beachtlicher und zur Unwirksamkeit des Bebauungsplanes insgesamt führender Abwägungsmangel liegt darin, dass die Antragsgegnerin mangels Bestandsaufnahme hinsichtlich des bislang nach § 34 BauGB zulässigen Umfangs der baulichen Nutzung keine Vorstellung davon haben konnte, inwieweit sie durch die Festsetzungen des Bebauungsplanes in die Rechte der Grundeigentümer eingreift.

124

Soweit der Bebauungsplan im Rahmen des grundsätzlich zulässigen Plankonzepts für die meisten der nach § 34 BauGB grundsätzlich bebaubaren Grundstücke eine Bebauung ausschließt, ist die Freihaltung dieser Flächen von weiterer Bebauung mit Hauptgebäuden und damit die Verhinderung einer weiteren Verdichtung der Bebauung aus den von der Antragsgegnerin genannten Gründen - Verhinderung einer weiteren baulichen Verdichtung im Hinblick auf die begrenzte Kapazität der Trinkwasserversorgung sowie im Interesse der Erhaltung des ortstypischen Charakters der Bebauung - ein im Interesse der Allgemeinheit liegender städtebaulicher Belang von erheblichem Gewicht. Das Gewicht dieses ortsplanerischen Hauptanliegens des Bebauungsplans ist so groß, dass die Grundentscheidung, keine weiteren Hauptgebäude mehr zuzulassen, und die Abstufung zulässiger Nutzungsmaße als ein weiteres, dem Schutz der Freiflächen dienendes Planungsziel als Ergebnis einer ordnungsgemäßen Abwägung grundsätzlich auch dann gerechtfertigt sein kann, wenn betroffene Grundstücke nicht nur Teil des im Zusammenhang bebauten Ortsteils sind, sondern auch nach dem Maßstab der vorhandenen Bebauung bis zum Inkrafttreten des Bebauungsplans jeweils mit einem weiteren Hauptgebäude bebaut werden konnten (vgl. VGH München, U. v. 03.08.2010 - 1 N 06.2438, 1 N 07.1114 - BayVBl 2011, 766 = juris Rdn. 58).

125

Die Ausweisung der bisher nicht bebauten Grundstücke als private Grünflächen sowie die Überplanung der bereits bebauten Grundstücke in der Weise, dass durch die Festsetzung von Baufeldern die übrigen Grundstücksflächen jeweils als nicht überbaubare Flächen ausgewiesen werden, bedeutet jedoch eine erhebliche Beschränkung der Rechte der Grundstückseigentümer. Der Entzug der baulichen Nutzungsmöglichkeiten kann sich für den Betreffenden gleichsam wie eine Teilenteignung auswirken, weshalb dem Bestandsschutz ein den von Art. 14 Abs. 3 GG erfassten Fällen vergleichbares Gewicht zukommt (vgl. BVerfG, B. v. 22.02.1999 - 1 BvR 565/91 - NVwZ 1999, 979; B. v. 19.12.2002 - 1 BvR 1402/01 -, NVwZ 2003, 727).

126

Daher setzt das dem Bebauungsplan zu Grunde liegende Planungskonzept für eine ordnungsgemäße Gewichtung der einzustellenden privaten Belange geradezu zwingend voraus, dass die beschließende Gemeindevertretung über den aktuellen baulichen Bestand und die nach § 34 BauGB mögliche bauliche Ausnutzbarkeit der Grundstücke genauestens informiert ist. Nur auf diese Weise können die Gemeindevertreter eine Vorstellung davon entwickeln, in welchem Umfang etwa bestehende bauliche Nutzungsmöglichkeiten beschnitten oder weitere eröffnet werden. Nur in Kenntnis der konkreten Planfolgen für jedes einzelne Grundstück kann auch beurteilt werden, ob die widerstreitenden öffentlichen oder privaten Interessen hinreichend gewichtig erscheinen, um ihnen den Vorrang einzuräumen. Daraus folgt, dass eine ordnungsgemäße Umsetzung dieses Konzepts zuallererst nicht nur einer sorgfältigen Ermittlung des aktuell vorhandenen Bestandes an baulichen Anlagen und der baulichen Ausnutzung der Grundstücke im Plangebiet bedarf, sondern auch einer sorgfältigen Ermittlung der nach § 34 BauGBmöglichen baulichen Ausnutzung der Grundstücke (Senat, U. v. 25.08.2004 - 3 K 3/02 - NordÖR 2004, 441).

127

Diese Anforderung gilt unabhängig von der Frage, ob der Antragsgegnerin im Hinblick auf den Entzug baulicher Nutzungsmöglichkeiten Entschädigungsansprüche drohen können. Der Senat lässt deshalb offen, ob Entschädigungsansprüche nach § 42 BauGB in Betracht kommen oder möglicherweise deshalb ausgeschlossen sind, weil eine zulässige Nutzung i.S.d. § 42 Abs. 1 BauGB mangels trinkwassermäßiger Erschließung in der Vergangenheit nicht gegeben war, oder auch weil nach Ablauf einer Frist von sieben Jahren seit Zulässigkeit der Nutzung nur noch Eingriffe in die ausgeübte Nutzung entschädigt werden, § 42 Abs. 3 BauGB.

128

Auch für den Fall, dass die normativen Veränderungen durch den Bebauungsplan keine Entschädigungs- oder Übernahmepflichten der Antragsgegnerin nach den §§ 39 ff. BauGB auslösen, kann daraus keine Geringwertigkeit der Eigentümerbelange abgeleitet werden. Gerade derart gravierende Auswirkungen wie der Entzug jeder eigenen wirtschaftlichen Nutzungsmöglichkeit ohne Zubilligung einer den Eingriff in die Eigentümerbefugnisse ansatzweise kompensierenden Entschädigung, durch die die Privatnützigkeit des Grundeigentums im Ergebnis nahezu völlig aufgehoben wird, können sogar ein deutlich gesteigertes Gewicht der abwägungsbeachtlichen Belange der Eigentümer begründen (vgl. OVG des Saarlandes, U. v. 25.06.2009 - 2 C 478/07 - BauR 2010, 576 m.w.N.). Der von der Antragsgegnerin angenommene Grund für eine ohnehin nicht bestehende Bebaubarkeit der Grundstücke und damit auch das Nichtbestehen einer Entschädigungspflicht, nämlich die fehlende Sicherung der Trinkwasserversorgung, steht einer Schutzwürdigkeit der Eigentümerinteressen nicht entgegen. Denn dieser Grund besteht jedenfalls nach dem der Planung zu Grunde liegenden Konzept nicht für alle Grundstücke dauerhaft; vielmehr erhalten etliche Grundstücke - wenn auch erst durch die Aufstellung des Bebauungsplanes und die darauf aufbauenden Maßnahmen des Zweckverbandes - die Möglichkeit der Erschließung mit Trinkwasser.

129

Wird ein Bebauungsplan geändert oder erstmalig für ein nach § 34 BauGB zu beurteilendes Gebiet erlassen, so ist das Interesse der Planbetroffenen an der Beibehaltung des bisherigen Zustandes nicht nur dann abwägungserheblich, wenn durch die Planänderung ein subjektives öffentliches Recht berührt oder beseitigt wird. Abwägungsrelevant ist vielmehr jedes mehr als geringfügige private Interesse am Fortbestehen des Bebauungsplans in seiner früheren Fassung bzw. der sich aus § 34 BauGB ergebenden Lage (vgl. BVerwG, B. v. 20.08.1992 - 4 NB 3.92 -, NVwZ 1993, 468; B. v. 07.01.2010 - 4 BN 36.09 - Juris).

130

Vor diesem Hintergrund stellt es einen wesentlichen Mangel im Abwägungsvorgang dar, dass die Antragsgegnerin keine Betrachtungen darüber angestellt hat, welche Ausnutzung der einzelnen Grundstücke nach den Kriterien des § 34 Abs. 1 und ggf. Abs. 2 BauGB möglich ist. Das gilt sowohl für die bebauten wie die unbebauten Grundstücke. Erst aus dieser Betrachtung wird deutlich, ob und inwieweit die Möglichkeiten einer zulässigen baulichen Nutzung einschließlich der Änderungen vorhandener baulicher Anlagen durch die Festsetzungen beeinträchtigt werden.

131

Eine Bestandsermittlung ist vorliegend nur für die vorhandene Bebauung erfolgt, und zwar hinsichtlich der überbauten Grundstücksfläche und hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung sowie eingeschränkt hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung; insoweit finden sich in der Planbegründung unter Ziff. 2.5.2 bis 2.5.4 immerhin zusammenfassende Ausführungen zu Geschossigkeit, Zahl der Wohnungen und Bauweise. Eine Ermittlung der für die Abwägung maßgeblichen baulichen Ausnutzbarkeit der Grundstücke nach § 34 BauGB insbesondere im Hinblick auf Art und Maß der baulichen Nutzung sowie die überbaubare Grundstücksfläche ist nach den Verfahrensunterlagen zum Bebauungsplan und der Aussage des Planers in der mündlichen Verhandlung hingegen nicht erfolgt.

132

Dieser Mangel wirkt sich deshalb besonders aus, weil etliche Festsetzungen sich nicht auf einen Bereich beziehen, der der "näheren Umgebung" im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB entsprechen könnte, sondern nur auf ein einzelnes Baugrundstück. Dies gilt sowohl für Festsetzungen der Art der baulichen Nutzung als auch für solche des Maßes (z.B. Flurstück 89). Zudem ist nicht für alle Grundstücke lediglich die vorhandene Bebauung festsetzt worden, sondern es werden zum Teil Erweiterungen bzw. Änderungen ermöglicht.

133

Dieser Gesichtspunkt führt ebenfalls zur Feststellung der Unwirksamkeit des Bebauungsplans insgesamt. Der Abwägungsmangel ist nach § 214 Abs. 3 BauGB beachtlich, weil er offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen ist; er ist auch gemäß § 215 BauGB fristgerecht geltend gemacht worden.

134

Offensichtlich sind Mängel, wenn sie die "Zusammenstellung und Aufbereitung des Abwägungsmaterials, die Erkenntnis und Einstellung aller wesentlichen Belange in die Abwägung oder die Gewichtung der Belange betreffen und sich aus Akten, Protokollen ... oder sonstigen Unterlagen ergeben" (BVerwG, U. v. 21.08.1981 - 4 C 57.80 - E 63, 33, 38). Nach diesem Maßstab ist der angeführte Mangel offensichtlich. Er lässt sich aus den vorgelegten Verwaltungsvorgängen ersehen und gehört nicht zur inneren Seite des Abwägungsvorgangs.

135

Der Mangel ist auch auf das Ergebnis von Einfluss gewesen. An dieses gesetzliche Kausalitätserfordernis sind strenge Anforderungen zu stellen (Battis u.a. BauGB 11. Aufl. 2009 § 214 Rn. 18). Es genügt nicht die bloße Annahme, die Vermeidung des Fehlers hätte zu einem anderen Ergebnis führen können (BVerwG, B. v. 20.01.1992 - 4 B 71.90 - NVwZ 1992, 662). Nicht gefordert werden kann aber, dass konkrete oder gesicherte Anhaltspunkte dafür bestehen, dass bei Kenntnis des gesamten erforderlichen Abwägungsmaterials oder der ordnungsgemäßen Gewichtung einzelner Belange tatsächlich anders abgestimmt worden wäre. Eine solche Anforderung wäre in der Praxis kaum zu erfüllen. Das Kausalitätserfordernis ist dann erfüllt, wenn nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Mangel die Planung anders ausgefallen wäre. Eine solche konkrete Möglichkeit besteht immer dann, wenn sich anhand der Planunterlagen oder erkennbarer oder naheliegender Umstände die Möglichkeit abzeichnet, dass der Mangel im Abwägungsvorgang von Einfluss auf das Abwägungsergebnis gewesen sein kann (BVerwG B. v. 09.10.2003 - 4 BN 47.03 - BauR 2004, 1130; grundlegend BVerwG U. v. 21.08.1981 - 4 C 57.80 - E 64, 33, 38).

136

Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die mangelhafte Zusammenstellung des erforderlichen Abwägungsmaterials führte dazu, dass der Gemeindevertretung bei der Planung nicht zu Bewusstsein kommen konnte, in welchem Umfang durch den Bebauungsplan in private Eigentumsrechte eingegriffen wurde. Damit ist der Entscheidung die Grundlage entzogen; diese ist unzulänglich. Im Hinblick auf die zentrale Bedeutung der privaten Eigentumsrechte für die Abwägung besteht die konkrete Möglichkeit eines Einflusses auf das Abwägungsergebnis. Der Mangel wirkt sich auch deswegen besonders gravierend aus, weil das von der Antragsgegnerin vorgesehenen „Korrektiv“ der umfangreichen Ausnahmen von den Festsetzungen des Maßes der baulichen Nutzung sich nach den obigen Ausführungen als unwirksam erweist.

137

Der Mangel ist auch gemäß § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB fristgerecht binnen eines Jahres schriftlich gegenüber der Gemeinde geltend gemacht worden. Am 14.09.2011 ist bei dem Amt West-Rügen für die Antragsgegnerin das Schreiben der von mehreren anderen Eigentümern von Grundstücken im Plangebiet bevollmächtigten Rechtsanwaltskanzlei vom selben Tage per Fax eingegangen, in dem u.a. gerügt wurde, die Gemeinde habe die Bedeutung der betroffenen Belange der Eigentümer verkannt, insbesondere soweit Flächen im Bebauungsplan als private Grünflächen festgesetzt worden seien und damit ein vollständiger Ausschluss einer Bebauung verbunden sei. Die Übermittlung dieses Schreibens per Telefax wahrte die vorgeschriebene Schriftform. Insoweit wird auf die Ausführungen unter 1. b) Bezug genommen.

138

bb) An einer Zusammenstellung des erforderlichen Abwägungsmaterials fehlt es auch im Hinblick auf die zentrale Problematik der Trinkwasserversorgung. Angaben über die im Zeitpunkt des Beschlusses über den Bebauungsplan aktuelle Auslastung des - begrenzten - Trinkwasservorkommens der Insel lagen den Gemeindevertretern nicht vor. Ebenso wenig verfügten sie über Informationen betreffend diejenigen Trinkwasserkapazitäten, die nach den vom zuständigen Zweckverband zugesagten Sanierungsmaßnahmen an den vorhandenen Versorgungsanlagen zusätzlich zur Verfügung stehen würden, sowie über Informationen darüber, wie viele zusätzliche Wohneinheiten oder Betten mit dieser zusätzlichen Kapazität versorgt werden könnten.

139

Die Annahme, dass nach den angekündigten Maßnahmen des Zweckverbandes weitere Trinkwasserkapazitäten für etwa 344 Betten als gewährleistet anzusehen seien - und zwar obwohl bislang davon ausgegangen wurde, dass weitere Bauwünsche nicht erfüllt werden könnten, weil jedenfalls nicht sämtliche entsprechenden Grundstücke mit Trinkwasser versorgt werden könnten -, beruht auf einer Prognose. Für sie ist der Zweckverband zuständig, nachdem die Antragsgegnerin ihm die Trinkwasserversorgung übertragen hat. Sie muss für die Antragsgegnerin aber jedenfalls deswegen nachvollziehbar sein, weil die Menge des lieferbaren Trinkwassers wesentlicher Gesichtspunkt für die Ausweisung neuer Baugrundstücke bzw. – worum es hier geht – den dauerhaften Ausschluss der Bebaubarkeit von bislang nicht bebauten, aber nach § 34 BauGB grundsätzlich bebaubaren Grundstücken ist. Hinzu kommt, dass die Antragsgegnerin selbst als Mitglied des Zweckverbandes Einfluss auf dessen Entscheidungen nahmen kann. Schließlich lässt sich für die Gemeindevertretung nur dann, wenn eine solche Prognose vorliegt, beurteilen, ob sie – was der Vertreter der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung angesprochen hat – dem Zweckverband bestimmte Aufwendungen erstatten soll, damit möglicherweise durch weitere Erschließungsmaßnahmen die Trinkwasserkapazität erhöht und eine weitere Bebauung ermöglicht werden kann. Die Handhabung, dass Mitarbeiter des Planungsbüros mit Bediensteten des Zweckverbandes Planentwürfe darauf hin absprechen, ob der Zweckverband insoweit die Versorgung mit Trinkwasser in Aussicht stellen wird, und der Gemeindevertretung diese Absprache als Ergebnis ohne nachvollziehbare Darlegungen unterbreitet wird, wird der Planungsverantwortung der Antragsgegnerin nicht gerecht.

140

Auch dieser Mangel, der einen zentralen Gesichtspunkt der Planung insgesamt betrifft, ist offensichtlich. Auf die Frage, ob er auf das Ergebnis von Einfluss gewesen ist, weil die Information, mit der Reservekapazität könnten nur, d.h. im Höchstfalle, die insgesamt in den für die Insel erlassenen Bebauungsplänen vorgesehenen Nutzungseinheiten versorgt werden - von entsprechenden Angaben der Mitarbeiter des Zweckverbandes haben die Planer in der mündlichen Verhandlung berichtet - möglicherweise unzutreffend ist, kommt es im Hinblick auf die bereits festgestellten Mängel des Bebauungsplans nicht mehr an.

141

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

142

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Tenor

Der Bebauungsplan Nr. 19/05 A „Gewerbegebiet Torgelower Straße West“ wird für unwirksam erklärt.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Antragstellerin Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Antragstellerin ist Eigentümerin mehrerer Grundstücke im Bereich des Bebauungsplans Nr. 19/05 A der Antragsgegnerin. Gegen diesen Bebauungsplan richtet sich der Antrag im Normenkontrollverfahren.

2

Die im Eigentum der Antragstellerin stehenden Grundstücke sind mit einem Einkaufszentrum bebaut, für das mehrere bestandskräftige Baugenehmigungen bestehen. Derzeit werden in dem Einzelhandelszentrum ein Baumarkt der Kette "U." und ein Supermarkt der Kette "F." betrieben. Auf einer weiteren Fläche von ca. 3.000 qm im Mittelteil des Objekts können gemäß der Baugenehmigung des Landkreises Uecker-Randow vom 04.11.2004 Verkaufseinrichtungen für Elektrohandel sowie Sportartikel, Verkauf von Textilien, Metallen und Kunststoffen betrieben werden.

3

Am 01.08.1991 beschloss die Stadtvertretung der Antragsgegnerin den Vorhaben- und Erschließungsplan Nr. 2 "Sondergebiet Verkaufshalle im Gewerbegebiet". Nach § 3 Ziff. 1.1.2 der Satzung zu dem Plan sind in dem Sondergebiet "Verkaufshalle" Betriebe des Einzelhandels mit einem nachfolgend aufgeführten Sortiment zulässig. Als unzulässiges Warensortiment werden unter anderem Uhren, Schmuck und Silberwaren, Schuhe, Leder und Galanteriewaren, Bekleidung, Haushaltswaren, Drogerie und Parfümeriewaren, Bücher, Geschenkartikel, Keramik und pharmazeutische Artikel bezeichnet. In diesem Zusammenhang hatte die SM-Baugesellschaft mbH, Dortmund am 27.06.1991 eine Bau-lasterklärung unterzeichnet, durch die sie sich zur Einhaltung dieser Beschränkungen verpflichtete. Ein Durchführungsvertrag wurde für diesen Vorhaben- und Erschließungsplan nicht abgeschlossen.

4

Unter dem 03.09.1991 wurde eine Baugenehmigung für die Errichtung einer Verkaufshalle erteilt, in der in der Folgezeit ein Verbrauchermarkt, ein Möbelmarkt und ein Baumarkt betrieben wurden. In den Folgejahren wurden mehrere weitere Baugenehmigungen ausgegeben, für die zum Teil Befreiungen von den Festsetzungen des Vorhaben- und Erschließungsplans Nr. 2 ausgesprochen wurden.

5

Die Baulast vom 27.06.1991 wurde am 05.03.2001 im Baulastenverzeichnis des Landkreises Uecker-Randow gelöscht. Dem lag ein Beschluss der Stadtvertretung der Antragsgegnerin zugrunde.

6

Am 22.05.2001 machte die Antragsgegnerin im R.er Stadtanzeiger den Aufstellungsbeschluss zur Änderung des Vorhaben- und Erschließungsplans Nr. 2 im vereinfachten Verfahren bekannt. Die Änderung sollte die Aufhebung der Einschränkungen des Warensortiments gemäß Baulasterklärung vom 03.07.1991 umfassen. In diesem Verfahren gab das Ministerium für Arbeit und Bau Mecklenburg-Vorpommern mit Erlass vom 10.07.2001 eine Stellungnahme ab. Die Stadt R. beabsichtige eine Änderung des Plans mit dem Ziel, einen Verbrauchermarkt mit maximal 2.700 qm Verkaufsfläche und einen Bau-, Garten- und Möbelmarkt mit maximal 8.000 qm Verkaufsfläche zu ermöglichen. Die Festsetzungen des Vorhaben- und Erschließungsplans Nr. 2 aus 1991 hinsichtlich zulässiger Sortimente und Größe der Einzelhandelsbetriebe seien nicht mehr zeitgemäß und hätten sich als praxisfremd erwiesen. Das Sondergebiet werde derzeit wie folgt genutzt: Verbrauchermarkt (F.) mit ca. 2.700 qm Verkaufsfläche, Baumarkt (U.) mit ca. 3.750 qm Fläche (geplante Erweiterung um einen Gartenmarkt einschließlich Freiflächen auf 8.000 qm), Bauhülle des Möbelmarkts mit ca. 4.000 qm, die derzeit als Call-Center genutzt werde. Diese Bauhülle solle vom Baumarktbetreiber als Gartencenter genutzt werden. Die Planungen seien mit den Zielen der Raumordnung und Landesplanung vereinbar. Dieses Planungsverfahren wurde nicht zu Ende geführt.

7

Mit Bescheid vom 31.01.2002 wurde der Antragstellerin der Umbau und die Erweiterung des Baumarkts einschließlich Gartencenter genehmigt; hierbei wurde eine Befreiung von den Baugrenzen des Vorhaben- und Erschließungsplans Nr. 2 erteilt.

8

Unter dem 03.11.2004 stellte die Antragstellerin einen Bauantrag für die Vergrößerung des Gartencenters unter Überschreitung der Baugrenzen des Vorhaben- und Erschließungsplans Nr. 2 sowie für eine Nutzungsänderung innerhalb der bestehenden Verkaufshalle, wonach der knapp 3.000 qm große Bereich des früheren Möbelmarkts in einzelne Läden unterteilt werden sollte.

9

Der Landrat des Landkreises Uecker-Randow forderte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 04.11.2004 unter Übersendung der Antragsunterlagen auf, über das Einvernehmen nach § 36 BauGB zu entscheiden.

10

In einer Stellungnahme gegenüber der Antragstellerin führte die Firma Dr. Lademann und Partner, Hamburg, im Schreiben vom 22.11.2004 zu dem Projekt der Antragstellerin zur Ansiedlung eines Kaufland-Verbrauchermarkts mit 3.000 qm Verkaufsfläche und weiteren 2.000 qm Verkaufsfläche für Fachmärkte und Konzessionäre aus: Die Einschätzungen der Gutachter Junker und Kruse – in einer früheren Expertise - zu den künftigen Ansiedlungspotenzialen des R.er Einzelhandels würden geteilt: Aus der bestehenden Verkaufsflächenausstattung ergebe sich unter Tragfähigkeitsaspekten kein Entwicklungsspielraum. Dennoch sollten maßvolle, auf Optimierung der qualitativen und räumlichen Struktur des Einzelhandels angebotsausgerichtete Neuansiedlungen und Geschäftserweiterungen zugelassen werden. Ansonsten würden die bestehenden strukturellen und qualitativen Defizite zementiert. Dabei sollte jedoch - wie auch von Junker und Kruse empfohlen - eine Orientierung am Prinzip der räumlich-funktionalen Arbeitsteilung angestrebt werden, damit Konkurrenzverhältnisse zum Innenstadteinzelhandel abgebaut bzw. minimiert würden. Das Vorhaben am X. Platz sei demgegenüber kritischer als von Junker und Kruse zu beurteilen. Eine absatzwirtschaftliche Tragfähigkeit für einen dritten Einzelhandelspool in R. sei nicht gegeben. Zudem sei davon auszugehen, dass das Vorhaben am X. Platz deutlich höhere Umverteilungswirkungen in R. induzieren werde als das Vorhaben an der V. Straße.

11

In einem offenen Brief an die Antragsgegnerin vom 23.11.2004 wies die Antragstellerin darauf hin, dass sie ihren Standort an der V. Straße unter allen Umständen erhalten und ausbauen werde. Sie verwies auf ein Gutachten von Junker und Kruse und die Stellungnahme von Dr. Lademann und Partner.

12

Am 25.11.2004 beschloss die Stadtvertretung der Antragsgegnerin eine Konzeption unter dem Titel „Einzelhandelskonzeption und –fachplan für die Stadt R.“. Nach Angaben der Antragsgegnerin lag diesem Beschluss eine Präsentation der Gutachter Junker und Kruse in der Sitzung zu Grunde. Die schriftliche Fassung des Gutachtens ist mit der Angabe „Februar 2005“ versehen. Die Antragstellerin war an der Erstellung der Einzelhandelskonzeption zunächst intensiv beteiligt gewesen, nach ihren Angaben „bis zum Umschwenken auf das Projekt "X. Platz"“.

13

Die Antragsgegnerin versagte das gemeindliche Einvernehmen zu der von der Antragstellerin beantragten Baugenehmigung unter dem 06.01.2005 mit der Begründung, der Vorhaben- und Erschließungsplan Nr. 2 sei unter anderem deswegen unwirksam, weil mit dem Vorhabenträger vor Satzungsbeschluss kein Durchführungsvertrag abgeschlossen worden sei. Die Planung enthalte auch keine textlichen Festsetzungen; die Veröffentlichung sei nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden. Das Vorhaben sei nach § 34 BauGB zu beurteilen und danach unzulässig, weil es schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde erwarten lasse.

14

Unter dem 15.02.2005 erteilte der Landrat des Landkreises Uecker-Randow die Baugenehmigung unter Ersetzung des Einvernehmens nach § 36 BauGB. Zur Begründung der Ersetzung wird ausgeführt: Das Vorhaben liege im Geltungsbereich des Vorhaben- und Erschließungsplans Nr. 2. Es widerspreche nicht den Festsetzungen dieser Satzung. Planungsrechtliche Gründe stünden dem Vorhaben nicht entgegen. Eine Versagung des Einvernehmens sei daher rechtswidrig. Die Baugenehmigung betrifft die Erweiterung des Baumarkts und die Nutzungsänderung der Einzelhandelsflächen. Im einzelnen werden genehmigt:

15

- Verkaufseinrichtung als Baumarkt, Verkauf von baumarkt- und gartencentertypischen Erzeugnissen
- Verkaufseinrichtung für Textilien: Verkauf von Textilien, Papier, Kunststoffe
- Verkaufseinrichtung für Schuhe
- Verkaufseinrichtung für Waren aller Art: Verkauf von Textilien, Papier, Kunststoffe
- Verkaufseinrichtung für Elektro- und Sportartikel
- Verkaufseinrichtung für Drogerie und Haushaltswaren
- Verkaufseinrichtung für Blumen und Pflanzen
- Filmverleih, Medienprodukte

16

Dem dagegen gestellten Antrag der Antragsgegnerin auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gab das Verwaltungsgericht statt. Es führte aus: Die genehmigungspflichtige Nutzungsänderung sei nach den Festsetzungen des Vorhaben- und Erschließungsplans Nr. 2 nicht zulässig, da dieser unwirksam sei, weil ihm zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses der erforderliche Durchführungsvertrag gefehlt habe. Das Vorhaben sei nach § 34 Abs. 3a BauGB nicht genehmigungsfähig, da von ihm schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche der Gemeinde zu erwarten seien. Der Senat lehnte im Beschwerdeverfahren den Antrag durch Beschluss vom 19.10.2006 - 3 M 63/06 (veröff. in NordÖR 2007, 80 = BauR 2007, 515 = LKV 2007, 232 = BRS 70 Nr. 150) mit folgender Begründung ab: Die Gemeinde könne die Verletzung der materiellen Planungshoheit nicht daraus herleiten, dass sie geltend mache, ihr eigener Bebauungsplan sei unwirksam, das an sich plankonforme Vorhaben sei daher nach § 34 BauGB zu beurteilen und sie habe das somit erforderliche Einvernehmen nach § 36 BauGB zu Recht versagt. Die Planungshoheit der Gemeinde umfasse bei erkannter Unwirksamkeit eines eigenen Bebauungsplans nämlich nur die Möglichkeit, diesen in einem Verfahren nach § 1 Abs. 8 BauGB aufzuheben oder zu ändern und dabei ggf. einen Antrag auf Zurückstellung nach § 15 BauGB zu stellen oder eine Veränderungssperre nach § 14 BauGB zu erlassen.

17

Am 24.03.2005 fasste die Stadtvertretung der Antragsgegnerin die Aufstellungsbeschlüsse zur 3. Änderung des Flächennutzungsplans, zum Bebauungsplan Nr. 18/05 "X. Platz" und zum Bebauungsplan Nr. 19/05 "Gewerbegebiet V. Straße" sowie zur Aufhebung der Vorhaben- und Erschließungspläne Nr. 1 "X. Platz" und Nr. 2 „V. Straße“.

18

Die Gutachter Junker und Kruse ergänzten ihr Gutachten im März 2005 im Hinblick auf die Entwicklung des X. Platzes, bezogen auf den Entwurf des Bebauungsplans 18/05 in der Fassung vom 18. März 2005.

19

Am 22.06.2005 beschloss die Stadtvertretung der Antragsgegnerin, das Plangebiet des Bebauungsplans Nr. 19 zu teilen: Der Bebauungsplan Nr. 19/05 A soll das "Gewerbegebiet V. Straße West" und der Bebauungsplan Nr. 19/05 B das "Gewerbegebiet V. Straße Ost" umfassen. Mit dem Bebauungsplan Nr. 19/05 A solle das Planverfahren zunächst fortgeführt werden.

20

Am 22.09.2005 beschloss die Stadtvertretung der Antragsgegnerin den Bebauungsplan Nr. 18/05 "X. Platz". In ihm ist im Wesentlichen ein SO-Handel festgesetzt. Für die Art der baulichen Nutzung sind hinsichtlich des Sondergebiets Einzelhandels- und Fachmarktzentrum maximale Verkaufsflächen für Verbrauchermarkt, Fachmärkte, Konzessionäre und die gesamte Verkaufsfläche festgesetzt. Einschränkungen hinsichtlich des Warensortiments enthält der Bebauungsplan nicht. Die Stadtvertretung der Antragsgegnerin beschloss am 22.06.2006, den Planbereich des Bebauungsplans Nr. 18/05 zur Planung von Zu- und Abfahrten zum Einkaufszentrum und zur Tankstelle einschließlich einer Verkehrsinsel zu erweitern. Am 26.04.2007 beschloss die Stadtvertretung das Ergebnis der Abwägung sowie die sich aus den Maßgaben und Hinweisen zur Genehmigung vom 11.10.2005 ergebende Satzung über den Bebauungsplan Nr. 18/05.

21

Bereits am 13.09.2006 war Baubeginn am X. Platz.

22

Das Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 19/05 A verlief wie folgt:

23

Am 30.11.2006 beschloss die Stadtvertretung der Antragsgegnerin die nördliche Erweiterung des Plangebiets an der V. Straße, die Billigung des Planentwurfs und dessen öffentliche Auslegung. Im nordöstlichen Bereich entlang der V. Straße ist danach ein Sondergebiet großflächiger Einzelhandel vorgesehen. Im Sondergebiet orientieren sich die festgesetzten Baugrenzen am bestehenden Gebäude. Nach den textlichen Festsetzungen sind in dem „Sondergebiet großflächiger Einzelhandel“ großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe zulässig. Es soll ausschließlich der Unterbringung von Handelsbetrieben mit einem Angebot von nichtzentrenrelevanten Sortimenten gemäß R.er Liste 2 dienen, die nachrichtlich auf die Planurkunde aufgedruckt wurde. In der Begründung wird ausgeführt: Im Ergebnis des Einzelhandelsgutachtens, das die Stadtvertretung am 24.11.2004 beschlossen habe, werde empfohlen, den Bereich V. Straße als Vorranggebiet für nichtzentrenrelevante Sortimente festzulegen. Zentrenrelevante Sortimente seien dem Einzelhandelsgebiet in der Innenstadt vorbehalten. Durch die Stärkung des Einkaufsgebiets an der V. Straße mit einem klar zugeordneten Angebotsspektrum könne langfristig eine verbesserte lokale und regionale Ausstrahlung erreicht werden. Um dies zu befördern, sei die Entwicklung sonstiger, vor allem peripherer Standorte soweit wie möglich einzuschränken bzw. sollten auch bestehende Standorte am Stadtrand außerhalb der Vorranggebiete mittel- bis langfristig aufgegeben werden. Insgesamt sei die planungsrechtliche Sicherung des Einzelhandelfachplans durch den Ausschluss von Einzelhandel und durch zielgerichtete und dezidierte Sortimentsbeschränkungen im Gewerbegebiet an der V. Straße zu berücksichtigen.

24

Das Ministerium für Arbeit, Bau und Landesentwicklung Mecklenburg-Vorpommern bestätigte durch Erlass vom 19.12.2006, dass die beabsichtigte Planung den Zielen der Raumordnung und Landesplanung gemäß Ziff. 4.3.2 (3), (4), (5) und (6) des Landesraumentwicklungsprogramms Mecklenburg-Vorpommern vom 03.05.2005 (Amtsbl. M-V S. 797) entspreche. Um dem Planungsziel "Stärkung der Zentrenstruktur" auch hinsichtlich der Gewerbegebiete gerecht zu werden, sollten auch hier jegliche zentrenrelevanten Sortimente ausgeschlossen werden.

25

Gegen die beabsichtigte Planung erhoben unter anderem die Industrie- und Handelskammer und die Antragstellerin Bedenken.

26

Am 22.02.2007 beschloss die Stadtvertretung der Antragsgegnerin die Ergebnisse der Abwägung und fasste den Satzungsbeschluss für den Bebauungsplan Nr. 19/05 A.

27

Zu den Einwendungen der Antragstellerin (Nr. 2 der Privateinwendungen) nimmt die Abwägungsdokumentation wie folgt Stellung: Die vorgesehene Festsetzung berücksichtigte die Eigentümerbelange der Antragstellerin insoweit, als eine Einzelhandelsnutzung auch weiter ausgeübt werden könne. Lediglich die zulässigen Sortimente würden eingeschränkt. Dabei stelle das gesamtstädtische Einzelhandelskonzept die wesentliche Grundlage für die planerische Entscheidung dar. Die Ergebnisse des Einzelhandelskonzepts, welches als Selbstbindung durch die Stadtvertretung beschlossen worden sei, seien als übergeordnete Belange in die Abwägung einzustellen und hier aufgrund der speziellen Thematik maßgeblich für die vorgesehene Regelung. Eine unzulässige Eigentumsbeschränkung sei nach gegenwärtigem Kenntnisstand und unter Würdigung der vorliegenden Einzelhandelsuntersuchung nicht zu erkennen. Im Gegenteil komme das Einzelhandelsgutachten zu dem Ergebnis, dass der Standort V. Straße durch eine "Schärfung des Angebotsprofils" und die Vermeidung von Konkurrenzen mit dem "Hauptgeschäftsbereich Innenstadt" gestärkt werden könne. Auf den Hinweis, eine Weiterentwicklung des gerade erst 2001 durch Aufhebung der Sortimentsbeschränkung ermöglichten Einzelhandels mit der R.er Liste 1 sei ausgeschlossen, wird ausgeführt: Die bereits vorhandenen Nutzungen bzw. bereits vor den Festsetzungen des Bebauungsplans genehmigten Um- und Ausbauten würden durch die Neuregelungen nicht berührt; sie genössen Bestandsschutz. Die zukünftigen Entwicklungsmöglichkeiten würden nicht über Gebühr beschränkt. Dies liege im Rahmen des planerischen Ermessens der Gemeinde. Die langjährig ausgeübte Nutzung könne nicht dazu führen, dass eine in der Vergangenheit unter anderen Rahmenbedingungen getroffene Entscheidung, die sich heute als nicht mehr tragfähig erweise, auch für die Zukunft dauerhaft planungsrechtlich sanktioniert werde. Maßgeblich sei vielmehr die Erkenntnis zu einer erforderlichen Umsteuerung zum Schutz und zur Entwicklung der zentralen Funktionen der Innenstadt R.s.

28

Auf den Vortrag der Antragstellerin, das Einzelhandelskonzept habe ein Hauptdefizit darin, dass der Bereich der Innenstadt willkürlich über den Geschäftsbereich der Altstadt hinaus auf dem Bereich des X. Platzes erweitert werde, der mehrere hundert Meter von der eigentlichen Innenstadt entfernt liege und sich dadurch auszeichne, dass dort bereits seit Jahren kein Einzelhandel mit Sortimenten der Nahrungs- und Genussmittel sowie Getränke mehr vorhanden sei, und durch die Ermöglichung von Einzelhandel an den anderen Standorten ein ruinöser Verdrängungswettbewerb zu Lasten des Standortes V. Straße ausgelöst werde, wird ausgeführt: Es bestehe keine Veranlassung, die Methodik oder die Ergebnisse des Einzelhandelskonzepts in Frage zu stellen. Dies sei aber ohnehin nicht maßgeblich für die planungsrechtliche Regelung des Bebauungsplan Nr. 19/05 A. Mit dem Beschluss der Stadtvertretung, das Einzelhandelskonzept als Selbstbindung zur Grundlage der weiteren Einzelhandelsentwicklung zu machen, sei eine Abwägung aller relevanten Belange und Konsequenzen der angestrebten gesamtstädtischen Entwicklung erfolgt. Die Handlungsempfehlungen des Einzelhandelskonzepts seien nunmehr in der verbindlichen Bauleitplanung planungsrechtlich umzusetzen.

29

Auf die Einwendung, durch die festgesetzten Baugrenzen würde die Weiterentwicklung des Bestandes, auch soweit er nach wie vor ein zulässiges Warenangebot unterhalte, behindert, wird ausgeführt: Die vorhandene Bebauung genieße Bestandsschutz. Weitere bauliche Ergänzungen sollten künftig ausgeschlossen werden, um die aus gesamtstädtischer Sicht erforderliche Umstrukturierung des Warenangebots am Standort V. Straße zu gewährleisten und eine weitere Zunahme der Verkaufsflächen zu beschränken. Der in diesem Zusammenhang angesprochene vollständige Verzicht auf die Festsetzung von Baugrenzen würden den Mindestanforderungen an einen qualifizierten Bebauungsplan widersprechen.

30

Der Bebauungsplan wurde in den "R.er Nachrichten" vom 25.08.2007 amtlich bekannt gemacht.

31

Am 29.07.2008 hat die Antragstellerin die vorliegende Normenkontrollklage erhoben. Zu ihrer Begründung führt sie aus:

32

Sie sei als Eigentümerin von Grundstücken im Plangebiet antragsbefugt.

33

Der Bebauungsplan begegne mehreren durchgreifenden rechtlichen Bedenken:

34

Die Warensortimentsbeschränkung gemäß textlicher Festsetzung Ziff. 1.5 stehe im Konflikt mit den textlichen Festsetzungen sowie den ausgeübten und genehmigten Nutzungen. Angesichts der Aufhebung der Beschränkungen hinsichtlich des Warensortiments im Jahre 2001 seien wesentlich höhere Anforderungen an die städtebauliche Erforderlichkeit der Regelung zu stellen, weil sie nach einem nur relativ kurzen Zeitraum geändert würden. Die funktionierenden Einzelhandelsstrukturen in R. würden einem überflüssigen und für R. überdimensionierten Vorhaben am X. Platz geopfert. Es sei auch nicht berücksichtigt worden, dass das Objekt V. Straße einen zentralen Versorgungsbereich im Sinne von § 11 Abs. 3 BauNVO in R. darstelle. Erst das Vorhaben am X. Platz führe zu einer massiven Störung des Gleichgewichts des Einzelhandels, weil nach den Berechnungen des Einzelhandelsgutachtens dieses Vorhaben ca. 40 % des Einzelhandelsumsatzes auf sich ziehen werde. Die Planung einer Warensortimentsbeschränkung am Standort V. Straße zum Schutz des Innenstadthandels sei weder geeignet noch eigentlich beabsichtigt. Dies gehe auch aus der Stellungnahme der Industrie- und Handelskammer zum Bebauungsplanverfahren X. Platz vom 15.06.2005 hervor.

35

Hinzu komme, dass die R.er Liste 2, auf die die Festsetzungen Bezug nehmen, nur nachrichtlich im Bebauungsplan wiedergegeben werde. Solche Sortimentslisten seien statisch und verhinderten die notwendige Flexibilität. Sie sei auch inhaltlich willkürlich. Sie greife nur bestimmte Schwerpunkte heraus. Die Planung verletze schließlich die Grundsätze der Plangewährleistung und des Vertrauensschutzes.

36

Die Festsetzung der Baugrenzen begegne ebenfalls rechtlichen Bedenken. Teil der Standortkonzeption sei die Fortentwicklung des Baumarkts um ein Gartencenter. Eine solche Fortentwicklung sei durch eine bestandskräftige, von ihr letzten Endes aber nicht ausgenutzte Baugenehmigung zugestanden. Es müsse eine verträgliche bauliche Fortentwicklung des Gebäudes möglich bleiben.

37

Die Bauleitplanung sei nicht mit den umliegenden Gemeinden gemäß § 2 Abs. 2 BauGB abgestimmt worden, insbesondere nicht mit der Stadt Torgelow.

38

Im Übrigen beziehe man sich auf die Einwendungen, die bereits im Planaufstellungsverfahren erhoben worden sind.

39

Die Antragstellerin beantragt,

40

den Bebauungsplan Nr. 19/05 A "Gewerbegebiet V. Straße West" gemäß Satzungsbeschluss vom 22.02.2007 für unwirksam zu erklären.

41

Die Antragsgegnerin beantragt,

42

den Antrag abzuweisen.

43

Sie führt aus: Im Kern kritisiere die Antragstellerin lediglich die planerische Entscheidung. Ziel der Planung sei es, den Einzelhandelsstandort an der V. Straße dadurch zu stärken, dass dort ein klar zugeordnetes Angebotsspektrum etabliert werde. Dass im Hinblick auf das Ziel der Förderung der Innenstadtlage die innenstadtrelevanten Sortimente nur am X. Platz zugelassen würden und nicht an der V. Straße, sei den vorher formulierten städtebaulichen Ziele geschuldet. Die V. Straße solle Vorranggebiet für nichtzentrenrelevante Sortimente werden. Es obliege der Gemeinde im Rahmen ihres planerischen Ermessens, frühere Entscheidungen, die sie nachträglich für nicht mehr tragfähig erachte, zu ändern, insbesondere ihre Planungskonzeption den geänderten Verhältnissen anzupassen und zu ändern. Hierbei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass im Hinblick auf die begrenzte Versorgungssituation der Städte auf dem Gebiet der neuen Länder bis Mitte der 90er Jahre nicht die hinreichende Möglichkeit einer planerischen Konzeption zur Stärkung der Innenstädte zu entwickeln und vorzunehmen bestand. Vorrangig sei das Ziel verfolgt worden, die Versorgungssituation der Bevölkerung kurzfristig sicherzustellen. Auf die Festsetzungen des Vorhaben- und Erschließungsplans Nr. 2 könne die Antragstellerin sich nicht berufen. Entgegen der Auffassung des Senats in seinem Beschluss vom 19.10.2006 dürfe sie - die Antragsgegnerin - von der Unwirksamkeit des Plans ausgehen. Sie dürfe daher auch im Rahmen der Planung berücksichtigen, dass die beabsichtigten Vorhaben nach § 34 BauGB nicht genehmigungsfähig gewesen seien. Die bestandskräftigen Genehmigungen seien im Übrigen in der Planung berücksichtigt worden. Die interkommunale Abstimmung sei dokumentiert. Sie sei im Übrigen nicht notwendig gewesen, weil ausgeschlossen werden könne, dass durch den Bebauungsplan eine Nachbargemeinde beeinträchtigt werde. Für die angesprochene Stadt Torgelow sei auf die Vereinbarung in dem Verfahren VG C-Stadt - 1 B 934/07 - zu verweisen. Durch die festgesetzte Sortimentsbeschränkung ergebe sich, dass die seinerzeit von der Stadt Torgelow angesprochene Befürchtung jedenfalls für die Zukunft beseitigt sei.

44

Die Festsetzung hinsichtlich der Sortimentsbeschränkung begegne keinen Bedenken. Die R.er Liste 2 sei sowohl in der Begründung zum Bebauungsplan als auch in dem nachrichtlichen Teil aufgenommen worden. Diese Bezugnahme sei in der Rechtsprechung anerkannt.

45

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin und des Landkreises Uecker-Randow ergänzend Bezug genommen; sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

46

Der Normenkontrollantrag hat Erfolg.

47

A. Der Antrag ist zulässig.

48

Die Antragstellerin ist insbesondere im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Nach dieser Vorschrift kann den Antrag auf Normenkontrolle jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Dabei sind an die Geltendmachung einer Rechtsverletzung keine höheren Anforderungen zu stellen als nach § 42 Abs. 2 VwGO. Es genügt, wenn der Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch Festsetzungen des Bebauungsplans in einem Recht verletzt wird (BVerwG, U. v. 24.09. 1998 - 4 CN 2.98 -, BRS 60 Nr. 46 = und 10.03. 1998 - 4 CN 6.97 -, BRS 60 Nr. 44).

49

Die Antragstellerin ist Eigentümerin von im Plangebiet gelegenen Grundstücken und von der Änderungsplanung insoweit nachteilig betroffen. Durch die Festsetzung des Sondergebietes großflächiger Einzelhandel und die Einschränkungen des zulässigen Warenangebots wird das zulässige Nutzungsspektrum gegenüber der zuvor geltenden Festsetzung eingeschränkt und genießt die derzeitige Nutzung in ihrer konkreten Ausgestaltung nur noch Schutz im Rahmen des sog. passiven Bestandsschutzes.

50

Der Antrag ist auch innerhalb der Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO gestellt worden. Der Plan ist am 25.08.2007 bekannt gemacht, der Normenkontrollantrag ist am 29.07.2008 gestellt worden.

51

B. Der Antrag ist begründet.

52

Der Bebauungsplans Nr. 19/05 A ist unwirksam.

53

Den Bedenken der Antragstellerin gegen die grundsätzliche Erforderlichkeit des Bebauungsplans kann nicht gefolgt werden (dazu 2). Den Festsetzungen für den Einzelhandel in dem Sondergebiet (dazu 3 a.) und der Baugrenzen um das Gebäude der Antragstellerin fehlt jedoch die Erforderlichkeit (dazu 3 b.). Diese Fehler führen zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans, da diese Festsetzungen mit dem Konzept des Bebauungsplans und des Einzelhandelgutachtens (dazu 1.) nicht vereinbar sind. Auf die Frage, ob die auch Fehler in der Abwägung zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans führen, kommt es danach nicht an (4.).

54

1. Die Plankonzeption der Antragsgegnerin wird aus der Begründung zum Bebauungsplan deutlich: Hier (S. 17) wird ausgeführt, dass im Sondergebiet großflächiger Einzelhandel [deswegen] nur nicht zentrenrelevante Sortimente angeboten werden dürften, weil mit dieser Festsetzung das Ziel realisiert werden solle, Betriebe mit zentrenrelevanten Angebotsstrukturen vorrangig in der Innenstadt bzw. in Innenstadtnähe anzusiedeln. Damit bezieht sich die Begründung auf das Einzelhandelsgutachten von Junker und Kruse (Fe-bruar 2005). In der Begründung wird weiter ausgeführt: Für die Stadt R. sei ein Einzelhandelskonzept und –fachplan am 25.11.2004 durch die Stadtvertretung als Steuerungsgrundlage bei der Ausübung der Planungshoheit beschlossen worden. Damit seien die planerischen Inhalte maßgeblich für die zukünftige Einzelhandelsentwicklung in R. und im Rahmen der Bauleitplanung entsprechend umzusetzen. Die Zentrenstruktur solle durch die Konzentration zentrenrelevanter Sortimente im Hauptgeschäftsbereich verbessert werden. Diese Zweckrichtung wird auch aus der Erwägung deutlich, die zu dem Standort „V Straße“ in den Abwägungsdokumentation niedergelegt ist. Unter Punkt 2.2. der Darlegungen zu den Einwendungen der Antragstellerin im Schriftsatz vom 01.02.2007 wird zunächst auch der Gesichtspunkt der Entwicklung der Innenstadt angeführt; es sei daher erforderlich, das Angebot zentrenrelevanter Waren in den peripheren Standorten zu reduzieren. Es wird weiter ausgeführt: Der Standort „V Straße“ könne durch „Schärfung des Angebotsprofils“ und die Vermeidung von Konkurrenzen mit dem „Hauptgeschäftsbereich Innenstadt“ gestärkt werden.

55

Der Senat legt dabei das Papier „Einzelhandelskonzeption und –fachplan für die Stadt R.“ zu Grunde, das die Stadtvertretung am 25.11.2004 beschlossen hat und das in der Fassung von Februar 2005 ausweislich der Begründung des Bebauungsplans Nr. 19/05 A maßgebendes Element der Entscheidung über die Festsetzungen über den Einzelhandel im Sondergebiet war.

56

In der Ausarbeitung Stand Februar 2005 wird ausgeführt:

57

Die Antragsgegnerin verfüge im Januar 2004 über 125 Einzelhandelsbetriebe mit einer Gesamtverkaufsfläche von rund 24.400 qm. Die durchschnittliche Verkaufsfläche pro Ladengeschäft liege bei 195 qm. Bei rund 12.600 Einwohnern ergebe sich eine Verkaufsfläche von 1,94 qm pro Einwohner, die damit über den Durchschnitt des Bundesgebiets (etwa 1,4 qm) liege. Mit rund 7.300 qm Verkaufsfläche entfalle fast ein Drittel der gesamten Verkaufsfläche auf die nahversorgungsrelevante Branche Lebensmittel/Nahrungs- und Genussmittel (S. 15). Es bestünden 29 zum Teil sehr große Leerstände mit insgesamt knapp 7.000 qm. Von den rund 24.400 qm Verkaufsfläche im Stadtgebiet entfielen 8.300 qm auf integrierte bzw. gewachsene Geschäftslagen (S. 16). Auf den Hauptgeschäftsbereich der Stadt R. entfielen rund 5.800 qm Verkaufsfläche, d. h. lediglich ein Viertel der Einzelhandelsflächen. Die größte Fläche nehme hier der Bereich Lebensmittel/Nahrung und Genussmittel mit 1.400 qm ein. Der Hauptgeschäftsbereich erfülle damit in erster Linie Nahversorgungsfunktion (S. 19/20).

58

Es gebe kein zusätzliches absatzwirtschaftlich verträgliches Verkaufsflächenpotenzial für R. mehr. Das bedeute, dass die quantitativen Grenzen bei den Einkaufsflächen in R. im Prinzip erreicht seien. Dies bedeute aber nicht, dass keine weiteren Entwicklungen mehr möglich seien oder möglich sein sollten (S. 40). Durch ein Vorhaben könne die Funktionalität und Stärke der R.er Innenstadt ausgebaut werden. Das Setzen bewusster Konkurrenz, insbesondere zur Handelsagglomeration an der V Straße oder am Rothenburger Weg sei aber nur unter Beachtung der Entwicklungsziele (Kapitel 5.1) zu vertreten und als "positive Konkurrenz" zu verstehen. Dabei müssten auch weitere Planungen und Entwicklungen in die Überlegungen eingestellt werden. Eng damit verbunden sei die Verbesserung der räumlichen Konzentration des Einzelhandels auf wenige, klar ablesbare und sich funktional ergänzende Bereiche (S. 41).

59

Das Gutachten entwickelt sodann Szenarien zur Einzelhandelsentwicklung. Szenario 1 geht davon aus, dass der bestehende Einzelhandel konsequent auf dem gegenwärtigen Stand festgeschrieben wird (S. 43 ff.). Szenario 2 geht von einer räumlichen Konzentration und funktionalen Trennung des örtlichen Einzelhandels an zwei bestehenden Handelsschwerpunkten aus. Hier würde F. Neukauf seinen Standort an der V Straße aufgeben und in den Hauptgeschäftsbereich ziehen. Im Gegenzug würden nicht zentrenrelevante Angebote an die V Straße umgesiedelt werden, die neben der Innenstadt als zweiter attraktiver Angebotspol in R. funktioniere. Szenario 3 besteht in einer Reaktivierung des weitgehend aufgegebenen Einkaufsschwerpunktes am X. Platz. Hier würde ein städtebaulich integrierter, zentral gelegener Standort entstehen, der jedoch nur bedingt eine funktionale Ergänzung zur Innenstadt darstellen würde. Szenario 4 sieht vor dem Hintergrund der Inwertsetzung eines Teilleerstandes den Ausbau des bestehenden Einkaufsschwerpunktes V Straße vor. Eine Umsetzung dieser Vorstellungen würde nicht zu einer funktionalen Ergänzung führen, sondern eine direkte Konkurrenz zum bestehenden Hauptgeschäftsbereich darstellen. An der V Straße entstünde eine attraktive autokundenorientierte Einkaufsmeile, die durch die neuen Sortimente eine Abrundung ihrer Angebotspalette erführe. Demgegenüber seien städtebauliche Missstände der übrigen Standorte die Folge. Szenario 5 betrifft schließlich eine gemeinsame Entwicklung der Standortbereiche Verbrauchermarkt X. Platz und Einkaufszentrum V Straße. Synergieeffekte seien aufgrund der räumlichen Entfernung nur eingeschränkt zu erwarten, sodass ein eigenständiger Handelspunkt entwickelt werde, der zusätzlich zur V Straße mit dem Hauptgeschäftsbereich in Konkurrenz trete. Beide Maßnahmen würden zu 3 Einkaufsschwerpunkten in R. führen. Dieses Ausmaß sei für die Gemeinde nicht verträglich. Als Schlussfolgerung wird festgehalten: Die optimale Lösung bestehe in einem moderaten Umbau der R.er Handelsstruktur, wobei ein Füllen der vorhandenen Leerstände einer Neuflächenentwicklung vorzuziehen sei. Während der Hauptgeschäftsbereich als multifunktionales Zentrum der Stadt überwiegend zentrenrelevante Nutzungen offeriere, liege der Schwerpunkt an der V Straße im nicht zentrenrelevanten Bereich. Diese Arbeitsteilung der integrierten und nichtintegrierten Standorte untereinander ergänze sich optimal und erleichtere eine klare Ansiedlungspolitik. Die Entwicklung des X. Platzes spiele eine wichtige Rolle. Diese sei möglichen Investitionen in den Hauptgeschäftsbereichen zwar deutlich nachgeordnet, da bei der Reaktivierung der hier vorhandenen Leerstände ein dritter Handelsstandort geschaffen werde, der nur eine eingeschränkte Verknüpfung zum Hauptgeschäftsbereich besitze und darüber hinaus Umsatzumverteilungswirkungen nach sich ziehen werde. Dieser Standort sei aber trotz der negativen Folgewirkungen zu bevorzugen, da die städtebaulichen Rahmenbedingungen (Aufhebung eines Missstandes) sowie die stadtstrukturelle Lage (zur Innenstadt/Übernahme von Nahversorgungsfunktionen) deutlich besser zu bewerten sei als bei klar autokundenorientierten Lagen (S. 51).

60

Zur zukünftigen Steuerung der Einzelhandels- und Zentrenentwicklung in R. sei es erforderlich, die Zentren- bzw. Nichtzentrenrelevanz einzelner Warengruppen für R. detailliert darzustellen (S. 53 ff.)

61

Das Gutachten untersucht sodann 11 Standorte. Hinsichtlich des Standortes 2 (F./U.-Markt an der V Straße) wird ausgeführt: Das Grundstück werde aktuell durch einen F.-Markt sowie den U.-Baumarkt genutzt. Der Supermarkt sei mit 1.850 qm der größte Lebensmittelanbieter innerhalb des R.er Stadtgebiets. Der Baumarkt mit rund 3.700 qm bedinge zusammen mit den übrigen Betrieben im Umfeld die hohe Verkaufsflächenausstattung des Fachmarktstandortes V Straße. Darüber hinausgehende Verknüpfungen zu anderen Handelsstandorten bestünden nicht. Veränderungsabsichten lägen in der Weise vor, dass eine Erweiterung des Baumarkts um ein Gartencenter und im Zuge der anvisierten Neuansiedlung einiger Fachmärkte (Bekleidung, Schuhe, Drogeriebedarf) umfangreiche Umbaumaßnahmen geplant seien. Der F.-Markt solle in diesem Rahmen im Wesentlichen unverändert bleiben. Es werde die Empfehlung ausgesprochen, eine Erweiterung des Lebensmittelsortiments nicht zu befürworten. Eher sei eine Verlagerung in den oder das direkte Umfeld des Hauptgeschäftsbereichs anzustreben. Es liege jedoch ein rechtskräftiger Mietvertrag bis 2008/2009 vor. Die Veränderungsabsicht bezüglich des Baumarktausbaus mit Gartencenter sei unter regionaler Perspektive positiv zu bewerten. Es sei empfehlenswert, keinen weiteren zentrenrelevanten Einzelhandel in diesem Bereich zuzulassen. Von dem projektierten Fachmarktkonzept sei daher abzuraten. Dies mache eine planungsrechtliche (Teil-)Be-grenzung der entsprechenden Sortimente im Rahmen eines SO-Gebiets (wenn ohne Regressforderungen möglich) notwendig. Das Füllen der Leerstände mit Einzelhandel sei planungsrechtlich allerdings aufgrund der allgemeinen Festsetzungen im Flächennutzungsplan möglich. Dabei sei jedoch der Fokus auf nichtzentrenrelevante Sortimente zu legen. Die Realisierung der oben genannten Vorhaben würde ansonsten eine Einzelhandelskonzeption praktisch obsolet machen, da die Innenstadt mit dem Hauptgeschäftsbereich massiv beeinträchtigt würde (S. 59 f.). Zum Standort 5 "X. Platz" wird ausgeführt: Dieser Platz liege im zentralen Bereich des Stadtgebiets. Er befinde sich innerhalb des Siedlungsbereiches an der X. Chaussee. Eine Schwachstelle liege diesbezüglich jedoch bei den internen Zuwegungen zum Standort. Auf dem Grundstück seien aktuell verschiedene Einzelhandelsnutzungen in einem großformatigen Gebäudekomplex etabliert (Quickschuh, Inform Moden, Armee-Shop). Ein Großteil der zur Verfügung stehenden Fläche stehe jedoch leer. Das Umfeld des Standorts sei als Schnittpunkt zwischen der R.er Innenstadt und dem Siedlungsgebiet Ost zu charakterisieren. Es kämen grundsätzlich mehrere Optionen in Betracht, unter anderem die Umnutzung ohne Einzelhandel, die neue Bebauung des Geländes oder der Ausbau als Standort Einzelhandel (z. B. Verbrauchermarkt). Die Ansiedlung eines Verbrauchermarkts mit ca. 3.000 qm Verkaufsfläche und zusätzlich ca. 2.000 qm Verkaufsfläche für Fachmarktanbieter/Kon-zessionäre sei in den letzten Monaten zunehmend konkreter geworden. Der Verbrauchermarkt sei eine im Stadtgebiet bisher nicht vertretene Angebotsform. Hier würde ein bedeutender Anteil zentrenrelevanter Sortimente mit dem Schwerpunkt Lebensmittel angeboten. Dadurch seien jedoch signifikante Umsatzverteilungen zu erwarten, die insbesondere den Bereich der Nahversorgung und Hauptgeschäftsbereich negativ tangieren könnten. Zudem würde eine Weiterentwicklung des Hauptgeschäftsbereichs deutlich begrenzt. Diese zweischneidige Entwicklung sei nur mit flankierenden (planungsrechtlichen) Maßnahmen vertretbar (V Straße). Dazu sei die Ausweisung eines genauer definierten Sondergebiets zu empfehlen. Eine solche Maßnahme würde einen städtebaulichen Missstand beseitigen, schaffe eine neue Angebotsform mit zum Teil regionaler Bedeutung und minimiere insbesondere den Spielraum für weitere, eventuell schädlichere Planungen an peripheren Standortbereichen. In der Gesamtschau sei der Standort somit nicht unproblematisch. Die Vor- und Nachteile hielten sich insgesamt die Waage mit einem leichten Ausschlag zugunsten einer Umsetzung (S. 63 ff.).

62

Das Hauptgutachten fasst unter der Überschrift "Grundlegende Empfehlungen und Fazite" unter anderem zusammen: Als grundsätzliches Ziel bleibe festzuhalten, dass keine zusätzlichen Einzelhandelsstandorte geschaffen werden und Erweiterungen im Außenbereich nur unter Beachtung der Prämissen und Ziele ermöglicht werden sollten. Als einzelhandelsrelevante Vorranggebiete, also Gebiete, in denen zukünftig eine weitere Einzelhandelsentwicklung anzustreben sei, würden die beiden Einzelhandelsschwerpunkte Hauptgeschäftsbereich sowie, allerdings nur im Schwerpunkt nichtzentrenrelevanter Warengruppen, an der V Straße empfohlen. Als Ergänzungsstandort der Innenstadt für großflächigen, auch zentrenrelevanten Einzelhandel komme nur der X. Platz infrage. Insgesamt sei die bessere planungsrechtliche Sicherung und die damit verbundene nutzungsbezogene Konkretisierung bestehender Standorte als weiteres Ziel festzuhalten. Dies bedeute den planungsrechtlichen Ausschluss von Einzelhandel bzw. bestimmten Sortimenten in nicht gewünschten Bereichen und die Neuaufstellung von Bebauungsplänen in den Gewerbe- und zum Teil Mischgebieten. Eine eventuell erhöhte Ausstrahlung nach außen durch einen Verbrauchermarkt oder ein SB-Warenhaus in nicht integrierter Lage wäre mit der weitgehenden Aufgabe gewachsener Strukturen verbunden. Dies würde (weitere) städtebauliche Probleme schaffen. Mit der möglichen Entwicklung des X. Platzes seien zwar Risiken verbunden, insbesondere dann, wenn im Hauptgeschäftsbereich die Entwicklung zukünftig stagnieren sollte, allerdings sei in der Gesamtschau dieser Standort noch am besten geeignet, großflächige Angebotsformen im Kontext des Hauptgeschäftsbereichs zu realisieren und Fehlentwicklungen an anderer Stelle zu unterbinden.

63

Diese Darlegungen und der darauf aufbauende Beschluss der Stadtvertretung vom 25.11. 2004 enthalten jedenfalls insoweit eine Konzeptentscheidung, als eine Stärkung des Einzelhandels des Innenstadtbereichs angestrebt wird und in jedem Fall zur Erreichung dieses Ziels ein Ausschluss des Angebots zentrenrelevanter Waren außerhalb dieses Bereichs – mit Ausnahme des Standorts „X. Platz“ – angestrebt wird. Im Übrigen liegt keine Konzeptentscheidung vor, weil lediglich fünf Szenarien vorgestellt werden, ohne dass eine Entscheidung getroffen wird.

64

2. Grundsätzliche Bedenken gegen die Erforderlichkeit des Bebauungsplans bestehen unter diesen Voraussetzungen nicht.

65

Gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB haben die Gemeinden Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Dies gilt für die Planung insgesamt und für jede ihrer Festsetzungen. Was im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB erforderlich ist, bestimmt sich nach der planerischen Konzeption der Gemeinde. Welche städtebaulichen Ziele sich eine Gemeinde hierbei setzt, liegt grundsätzlich in ihrem planerischen Ermessen. Der Gesetzgeber ermächtigt sie, diejenige "Städtebaupolitik" zu betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht. Hierzu gehört auch die Entscheidung, ob und in welchem Umfang sie Teile ihres Gemeindegebiets zur Unterbringung von Einzelhandelsbetrieben zur Verfügung stellt (BVerwG, U. v. 26.03. 2009 - 4 C 21.07 -, BVerwGE 133, 310 = NVwZ 2009, 1228 – juris Rn. 17).

66

Nicht erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB sind in aller Regel Bauleitpläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren, das heißt bei groben und einigermaßen offensichtlichen Missgriffen, etwa bei in sich unschlüssiger Plankonzeption oder wenn die Planung von vornherein keine Aussicht auf Verwirklichung hat beziehungsweise das verfolgte Ziel aus anderen Gründen offensichtlich verfehlt (vgl. BVerwG, U. v. 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BRS 66 Nr. 1 = juris Rn. 14).

67

Die Änderung einer bestehende Planungslage als solche stellt keine erhöhten oder andere Anforderungen an die Erforderlichkeit. Dies wird aus § 1 Abs. 8 BauGB deutlich. Vielmehr sind Belange, die spezifisch mit der Änderung verbunden sind, wie Bestandsschutz und Vertrauensschutz, in die Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB nach Lage der Dinge aufzunehmen.

68

Die Stärkung der Zentren durch Konzentration von Einzelhandelsnutzungen ist ein Ziel, das den Ausschluss von Einzelhandelbetrieben in nicht zentralen Lagen generell oder eine Beschränkung auf nicht zentrenrelevante Waren rechtfertigen kann. Bauleitplanung erschöpft sich nicht darin, bereits eingeleitete Entwicklungen zu steuern. Sie ist auch ein Mittel, um städtebauliche Ziele für die Zukunft zu formulieren und aktiv auf eine Änderung des städtebaulichen Status Quo hinzuwirken (BVerwG, U. v. 26.03. 2009 - a.a.O.). Hinzu kommen die städtebaulichen Belange des § 1 Abs. 6 Nr. 4 BauGB „Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche“, Nr. 8 Buchst. a) „Belange (…) der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung“ sowie Nr. 11: „Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes“.

69

Derartige Ziele verfolgt der Bebauungsplan. Die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 19/05 A soll v.a. dem Ziel des Schutzes der R.er Innenstadt vor zentrenschädlichen Kaufkraftabflüssen dienen. Betriebe mit zentrenrelevanten Angebotsstrukturen sollen vorrangig in der Innenstadt bzw. in Innenstadtnähe angesiedelt werden. Mit dem Einzelhandelskonzept und den zu seiner Umsetzung unternommenen Schritten soll ein auf das gesamte Stadtgebiet bezogenes Konzept zur Stärkung des Innenstadtzentrums durch Konzentration von Einzelhandelsansiedlungen auf die Innenstadt realisiert werden.

70

3. Wird als Ziel die Stärkung des Zentrums verfolgt, so hat dies gleichwohl sachliche Rechtfertigungsgrenzen. Planungsbefugnisse weist § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB den Gemeinden nur zu, "sobald und soweit" die konkretisierte Planung für die städtebauliche Entwicklung erforderlich ist. Festsetzungen, die nicht oder nicht vollständig der Realisierung der mit der Planung verfolgten städtebaulichen Zielsetzungen dienen, sind deshalb auch nicht erforderlich. Die Gemeinde muss sich daher im Hinblick auf die von ihr selbst formulierten städtebaulichen Zielsetzungen konsistent verhalten. Ein (allein) durch das Ziel der Stärkung der Zentren durch Konzentration von Einzelhandelsansiedlungen auf die Zentren begründeter Einzelhandelsausschluss kann deshalb nicht weiter gehen, als eine Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben in den Zentren überhaupt in Betracht kommt (vgl. BVerwG, U. v. 26.03. 2009 – a.a.O. juris Rn. 20).

71

a) Diesen Anforderung wird die Festsetzung nicht gerecht, wonach im Sondergebiet nur nicht zentrenrelevante Waren nach Maßgabe der R.er Liste 2 angeboten werden dürfen.

72

aa) Keinen Bedenken unterliegt allerdings die Art der Festsetzung, die lediglich „nachrichtlich“ auf die „R.er Liste 2“ verweist, die auf der Planurkunde abgedruckt ist. Die Begriffsfolge „Angebot von nicht zentrenrelevanten Sortimenten gemäß R.er Liste 2“ ist einer bestimmten Auslegung zugänglich. Der Begriff des Angebots von nicht zentrenrelevanten Sortimenten bezieht sich ersichtlich auf die im Bebauungsplan aufgelisteten nicht zentrenrelevanten Sortimente; der nachrichtliche Hinweis auf die Liste 2 enthält zwar keine planungsrechtlichen Festsetzungen und ist daher als solcher nicht rechtsverbindlich, bietet aber die maßgeblichen Interpretationshilfen (vgl. VGH Mannheim, U. v. 27.10.2010 - 5 S 875/09 – juris Rn.98).

73

bb) Der hier in Rede stehende Bebauungsplan muss sich an dem in der Planurkunde dokumentierten Wortlaut der Liste 2 als maßgebende Auslegungsdirektive messen lassen.

74

Die Stadtvertretung hat die textlichen Festsetzung der Sortimente, die sie allein zulassen will, durch Bezugnahme auf die „R.er Liste 2“ bestimmt. Offen ist nach dem Wortlaut, ob die Stadtvertretung für sich in Anspruch nimmt, später die Liste 2 zu ändern und in welchem Verfahren dies geschehen soll. Gegen ein dynamisches Verständnis der Bezugnahme könnte sprechen, dass die Liste 2, wenn auch „nachrichtlich“, in die Planurkunde aufgenommen worden ist. In diesem Zusammenhang wird andererseits in dem Konzept (S. 53) ausgeführt, dass eine kontinuierliche Überprüfung und ggf. Fortschreibung / Spezifizierung dieser Liste notwendig sei. Ob der textlichen Festsetzung entnommen werden kann, dass künftige Beschlüsse in der Lage sein sollen, neu zu bestimmen, welche Warensortimente als zentrenrelevant und welche im Sondergebiet großflächiger Einzelhandel als zulässig anzusehen sind, ist danach offen. Da ein entsprechender Beschluss den Inhalt der auf Grundlage der Bebauungsplanfestsetzungen möglichen baulichen Nutzbarkeiten ändern würde, ist er mit der ihm zugeordneten Folgewirkung nur dann rechtlich zulässig, wenn er auf Grundlage eines entsprechenden, auf Änderung des Bebauungsplans gerichteten Verfahrens ergeht. In Betracht käme daher nur ein Satzungsbeschluss, der ein solches Bebauungsplanänderungsverfahren abschließt (vgl. OVG Münster, U. v. 22.04.2005 - 7 D 11/05.NE - BRS 69 Nr. 30, juris Rn 44, nachfolgend BVerwG, B. v. 21.11.2005 - 4 BN 36/05, zit. nach juris).

75

cc) Die Bezugnahme auf die Liste 2 führt zu einer Beschränkung des zulässigen Angebots auch für Waren, die in Liste 1, die die zentrenrelevanten Waren benennt, nicht genannt werden. Nach der Festsetzung 1.5 ist nämlich das Angebot aller nicht in Liste 2 aufgeführten Waren unzulässig. Der Vergleich mit der in gleicher Weise aufgebauten Liste 1 schließt es aus, dass es sich insoweit nur um eine beispielhafte Aufzählung nicht zentrenrelevanter und damit zulässiger Waren handelt. Der abschließende Charakter beider Listen führt dazu, dass nicht genannte Warengruppen weder im Innenstadtbereich noch im übrigen angeboten werden dürfen. Nicht zulässig im Sondergebiet des Bebauungsplans Nr. 19/05 A wäre – weil in Liste 2 nicht genannt - etwa der Verkauf von Kraftfahrzeugen (in Liste 2 wird nur Zubehör genannt) oder von Brennstoffen und Mineralölerzeugnissen. Fraglich ist auch, ob – da Elektrogroßgeräte in Liste 2 genannt sind – die Nennung von Spielwaren in Liste 1 den Verkauf von Sportgroßgeräten (etwa Sport- und Freizeitboote und Zubehör), die in Liste 2 nicht genannt sind, ausschließen soll. Diese Warengruppen können in ihren Wirkungen für ein Zentrum unterschiedlich beurteilt werden (vgl. Runderlass Nr. 23/1/2007 des Ministeriums für Infrastruktur und Raumordnung Brandenburg vom 10. April 2007 „Bauplanungsrechtliche Beurteilung von großflächigen Einzelhandelsvorhaben - Einzelhandelserlass –„ Anlage 1). Diese Ausschlüsse auch anderer nicht zentrenrelevanter Waren sind mit dem Konzept des Bebauungsplans nicht vereinbar, den Standort „V Straße“ durch „Schärfung des Angebotsprofils“ und die Vermeidung von Konkurrenzen mit dem „Hauptgeschäftsbereich Innenstadt“ zu stärken.

76

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der der Senat folgt, müsste zudem, wenn solche nicht genannten Sortimente auch ausgeschlossen sein sollen, dargelegt werden, dass dieser Ausschluss nicht zentrengeeigneter Einzelhandelsbetriebe bzw. Sortimente in nicht zentralen Lagen auch dem Ziel der Stärkung des Zentrums durch Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben dort dient (vgl. BVerwG, U. v. 26.03. 2009 – a.a.O. juris Rn. 20). Hierfür enthalten die Gutachten von Junker und Kruse keine Anhaltspunkte.

77

Es muss daher nicht entschieden werden, ob sich die Ermöglichung des Vorhabens „X. Platz““ in ein schlüssiges Konzept einfügt, das die Beschränkungen des Standorts „V Straße“ rechtfertigt, oder als jenes Vorhaben mit dem Ziel der Stärkung der Innenstadt nicht vereinbar ist. Immerhin haben die Gutachten an diesem Vorhaben erheblich Zweifel angemeldet. Ebenso kann offen bleiben, ob es mit dem Konzept der Antragsgegnerin vereinbar wäre, zentrumsrelevante Randsortimente zuzulassen, um den Interessen der Antragstellerin Rechnung zu tragen und um sinnvolle, tragfähige Einzelhandelsbetriebe zu ermöglichen, die grundsätzlich nur nicht zentrenrelevante Waren anbieten (dürfen) (vgl. Ziff. 4.2.2. des Landesraumentwicklungsprogramm Mecklenburg-Vorpommern - LEP M-V -, Bekanntmachung des Ministeriums für Arbeit, Bau und Landesentwicklung vom 03.05.2005 - Amtsbl. M-V S. 797, das eine Einzelfallprüfung für geboten hält).

78

b) Der Ausschluss einer baulichen Erweiterung durch die Baugrenzen um den vorhandenen Baukörper ist ebenfalls nicht mit den Konzept der Antragsgegnerin vereinbar. Dadurch wird jede bauliche Erweiterung ausgeschlossen. Dies ist angesichts der Zielsetzung, den Standort „V Straße“ durch „Schärfung des Angebotsprofils“, d.h. des Angebots nicht zentrenrelevanter Waren und die Vermeidung von Konkurrenzen mit dem „Hauptgeschäftsbereich Innenstadt“ zu stärken, nicht nachvollziehbar. Ein objektiver Zusammenhang dieser Beschränkung mit der wesentlichen Zielsetzung der Entwicklung der Innenstadt, das Angebot zentrenrelevanter Waren in den peripheren Standorten zu reduzieren, ist nicht erkennbar. In der Abwägungsdokumentation unter Punkt 2.3. zu dem Schreiben der Antragstellerin vom 01.02.2007 wird ausgeführt, weitere bauliche Ergänzungen sollten zukünftig ausgeschlossen sein, um die aus gesamtstädtischer Sicht erforderliche Umstrukturierung des Warenangebots am Standort V Straße zu gewährleisten und eine weitere Zunahme der Verkaufsflächen zu beschränken. Hieraus wird deutlich, dass die Verhinderung einer weiteren Zunahme der Verkaufsflächen die Umstrukturierung des Warenangebots am Standort V Straße gewährleisten soll, d.h. die Umstellung auf ein nicht zentrenrelevantes Angebot. Es ist aber nicht dargelegt, dass eine generelle Beschränkung von Verkaufsflächen auch für solche Warenangebote Teil des Konzepts ist, die weder in Liste 1 noch in Liste 2 aufgeführt werden. Den vorliegenden Gutachten fehlen hierzu belastbare Anhaltspunkte. Zudem besteht kein Zusammenhang der Baugrenzen mit der Begrenzung von Verkaufsflächen.

79

Soweit ausgeführt wird, eine weitere, d.h. zusätzliche Grundstücksnutzung erfordere für eine geordnete städtebauliche Entwicklung die Beschränkung durch Baugrenzen wegen der dadurch erforderlichen Nebenanlagen wie Wege, Zufahrten, Stellplätze, Flächen für Anlieferung etc., ist auch diese Erwägung nicht nachvollziehbar. Was Stellplätze anbelangt, sind die dafür vorgesehenen Flächen vor dem Gebäude anderweitig festgesetzt. Eine seitliche oder hintere Begrenzung des Baukörpers erscheint daher nicht schlüssig. Zudem wird ein Umbau des Baukörpers bei Überschreiten der jetzigen Baukörpergrenzen ausgeschlossen, selbst wenn die Verkaufsfläche gleich bleiben sollte.

80

Unzutreffend ist auch der Hinweis der Antragsgegnerin unter Punkt 2.3 der Abwägungsdokumentation darauf, der Verzicht auf die Festsetzung von Baugrenzen würde den Mindestanforderungen an einen qualifizierten Bebauungsplan gemäß § 30 Abs. 1 BauGB widersprechen. Diese Aussage ist rechtlich unzutreffend. § 30 Abs. 1 BauGB verlangt lediglich die Bestimmung der überbaubaren Flächen, die durchaus anders als durch Baugrenzen erfolgen kann, wie sich aus § 23 BauNVO ergibt. Dabei könnte die Gemeinde sich auch damit begnügen, eine vordere Baugrenze oder Baulinie festzusetzen (Löhr in Battis/Krautzberger/ Löhr, BauGB, 10. Aufl., § 30 Rn. 5).

81

4. Ob der Bebauungsplan Nr. 19/05 A an einem beachtlichen Mangel im Abwägungsergebnis leidet, muss offen bleiben.

82

§ 1 Abs. 7 BauGB verlangt bei der Aufstellung eines Bebauungsplans die gerechte Abwägung der öffentlichen und privaten Belange gegen- und untereinander. Die gerichtliche Kontrolle dieser von der Gemeinde vorzunehmenden Abwägung hat sich darauf zu beschränken, ob in die Abwägung an Belangen eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge eingestellt werden musste, ob die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange richtig erkannt worden ist und ob der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belangen in einer Weise vorgenommen worden ist, die zu ihrer objektiven Gewichtigkeit in einem angemessenen Verhältnis steht. Hat die Gemeinde diese Anforderungen an ihre Planungstätigkeit beachtet, wird das Abwägungsgebot nicht dadurch verletzt, dass sie bei der Abwägung der verschiedenen Belange dem einen den Vorzug einräumt und sich damit notwendigerweise für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (BVerwG, U. v. 12. 12.1969 - 4 C 105.66 -, BVerwGE 34, 301 ff. = juris Rn. 29, und 05.07. 1974 - 4 C 50.72 -, BVerwGE 45, 309 ff. = juris Rn. 45).

83

a) Nach § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB sind bei der Aufstellung der Bauleitpläne die Ergebnisse einer von der Gemeinde beschlossenen sonstigen Planung im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Zu den sonstigen Planungen im Sinne der Vorschrift gehören auch Zentrenkonzepte. Da deren Ergebnisse in der Bauleitplanung der Abwägung unterliegen, kommt ihnen nicht die Funktion von bindenden Vorentscheidungen zu. Aus der mangelnden Bindungswirkung von Zentrenkonzepten folgt, dass ihre Vorgaben im Rahmen der Abwägung aller städtebaulich erheblichen Belange ganz oder teilweise zurückgestellt werden dürfen. Der flexible Maßstab des planerischen Abwägungsgebots ermöglicht es, die sich aus den konkreten Verhältnissen ergebenden öffentlichen Interessen und die privaten Belange der betroffenen Eigentümer in einen gerechten Ausgleich zu bringen. In der Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse liegt keine sachwidrige Differenzierung; ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG scheidet aus. Im Rahmen der Abwägung ist zu prüfen, ob die jüngere städtebauliche Entwicklung überhaupt das Einzelhandelsentwicklungskonzept in Frage gestellt hat, welches Gewicht dem Konzept zukommt, und ob das Abwägungsergebnis zur objektiven Gewichtigkeit der einzelnen Belange im Verhältnis steht (BVerwG, U. v. 29.01.2009 - 4 C 16/07 – juris Rn. 28). Nach Maßgabe dieser Grundsätze könnte schon fraglich sein, ob sich die Antragsgegnerin nicht zu stark an das Konzept gebunden gesehen hat, zumal es nur teilweise abschließende Wertungen enthält, wesentliche Gesichtspunkte aber lediglich als Szenarien erörtert werden.

84

Soweit das Konzept in die Bauleitplanung übernommen wird, muss es seinerseits dem Abwägungsgebot genügen. Dies betrifft die hier wesentliche Funktion, die dem Standort V Straße zugewiesen wird, nämlich der Ausschluss zentrenrelevanter Sortimente. Ob dies der Fall ist, lässt sich nur unter Würdigung des Zustandekommens und der konkreten Abwägungen beurteilen, die dem Konzept zu Grunde liegt. Dies ist abschließend nicht möglich, da dem Senat Unterlagen hierzu erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung zugeleitet worden sind.

85

b) Wird ein Bebauungsplan geändert, so ist insbesondere das Interesse der Planbetroffenen an der Beibehaltung des bisherigen Zustandes abwägungserheblich. Zwar gewährt das Baugesetzbuch keinen Anspruch auf den Fortbestand eines Bebauungsplans. Änderungen des Bebauungsplans sind nicht ausgeschlossen.

86

Ein Mangel im Abwägungsergebnis ist insbesondere dann anzunehmen, wenn die Planung derart unausgewogen ist, dass der in ihr vorgenommene Ausgleich zwischen den durch die Planung berührten Belangen außer Verhältnis zur objektiven Gewichtung einzelner Belange steht (sog. Disproportionalität). Das Verbot der Disproportionalität stellt sich als unmittelbare Ausprägung des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes dar. Eine Gemeinde, die ihm zuwiderhandelt, bedient sich eines untauglichen planerischen Mittels, da sie sich außerhalb der äußersten Grenzen stellt, die ihr durch höherrangiges Recht gezogen sind (BVerwG, B. v. 25.02.1997 - 4 NB 40.96 -, BRS 59 Nr. 31 = juris Rn. 19).

87

Eigentum genießt, soweit es um seine Funktion als Element der Sicherung der persönlichen Freiheit des Einzelnen geht, einen besonders ausgeprägten Schutz (BVerfG, Urteil vom 01.03.1979 - 1 BvR 532, 533/77, 419/78 und 1 BvL 21/78 - BVerfGE 50, 290 <340>). Es macht deshalb einen abwägungsrelevanten Unterschied, ob ein Baugrundstück bereits baulich genutzt wird und damit Grundlage beruflicher oder privater Lebensgestaltung geworden ist, die im Grundsatz aufrecht erhalten, aber an die sich ändernden Marktgegebenheiten oder Lebensumstände angepasst werden soll, oder ob es lediglich als Vermögenswert betrachtet wird (BVerwG, U. v. 29.01.2009 - 4 C 16/07 – juris Rn. 26 ff.)

88

Die Planbetroffenen besitzen daher regelmäßig ein schutzwürdiges Vertrauen darauf, dass die ortsrechtlichen Festsetzungen des Plans nicht ohne Berücksichtigung ihrer Belange geändert werden. Nimmt der Plangeber Veränderungen bestehender Festsetzungen vor, muss er sich im Klaren darüber sein, dass er damit möglicherweise in das ursprüngliche planerische Konzept eingreift und es bedarf ggf. besonderer Überlegungen, ob diese Änderungen sachgerecht sind. Denn der ursprüngliche Bebauungsplan einschließlich sämtlicher Festsetzungen war seinerseits Gegenstand einer abgewogenen Planung. Greift der Änderungsplan zudem in ein bestehendes Recht zur Bebauung ein, bedarf es besonderer Sorgfalt bei der Abwägung. Denn der normativen Entziehung oder Beschränkung desselben kommt erhebliches Gewicht zu, das sich im Rahmen der Abwägung auswirken muss. Beim Erlass wie bei der Änderung eines Bebauungsplans muss im Rahmen der planerischen Abwägung das private Interesse am Erhalt bestehender baulicher Nutzungsrechte mit dem öffentlichen Interesse an der gewollten städtebaulichen Neuordnung des Plangebiets abgewogen werden. Dabei ist in die Abwägung einzustellen, dass sich der Entzug der baulichen Nutzungsmöglichkeiten für den Betroffenen wie eine (Teil-)Enteignung auswirken kann (BVerfG, B. v. 19.12. 2002 - 1 BvR 1402/01 -, BRS 65 Nr. 6 = juris Rn. 18; OVG Münster, U. v. 18.05. 2010 - 10 D 92/08.NE -, juris Rn. 40).

89

Diese Grundsätze gelten auch, wenn sich der bisher als maßgebend angesehene Bebauungsplan als unwirksam erweist. Vertrauensschutz kann auch eine solche planerische Grundlage entfalten, jedenfalls solange nicht alle Beteiligten, insbesondere nicht die Gemeinde zu erkennen gibt, dass sie den Plan für unwirksam hält. Dies war jedenfalls nicht bis zum Jahre 2001 der Fall, als sie selbst das Verfahren zur Änderung des Vorhaben- und Erschließungsplanes Nr. 2 gerade mit dem Ziel betrieb, dort zentrenrelevante Sortimente zuzulassen.

90

Ob danach das Bestandsschutzinteresse der Antragstellerin im Rahmen der Abwägung von der Antragsgegnerin hinreichend berücksichtigt worden, lässt sich ebenfalls nicht abschließend beurteilen. Dies folgt schon daraus, durch die Festsetzungen der Beschränkung auf die Liste 2 die wirtschaftlichen Möglichkeiten mehr eingeschränkt werden, als dies die Antragsgegnerin möglicherweise beabsichtigt hat. Sollte diese Folge aber angestrebt werden, müsste sich die Abwägung mit dem Gesichtspunkt auseinandersetzen, dass die Antragstellerin bei Verlust des Bestandsschutzes nicht auf den gesamten Bereich der nicht zentrenrelevanten Sortimente umstellen könnte. Dies wiegt um so schwerer, als eine andere (gewerbliche) Nutzung als großflächiger Einzelhandel durch die Festsetzungen des Bebauungsplanes ausgeschlossen ist.

91

Nicht abschließend zu klären ist auch, ob die Möglichkeit der „Schärfung des Angebotsprofils“ des Standorts „V Straße“ durch allein zulässiges Angebot nicht zentrenrelevanter Waren nicht durch die bereits zuvor planerisch ermöglichte und erfolgte Errichtung des Einkaufszentrums „X. Platz“ abwägungserheblich gemindert wird. Denn für den Standort X. Straße bestehen die Beschränkungen auf zentrenrelevante Sortimente nicht. Der Bebauungsplans Nr. 18/05 enthält keine Beschränkungen des Sondergebiets auf zentrenrelevantes Sortiment. Das bedeutet, dass auch nicht zentrenrelevante Waren verkauft werden können. Zudem könnten sich die unter Punkt 1.1 der textlichen Festsetzungen genannten Verkaufsflächenbegrenzungen als unwirksam erweisen, da sie sich auf das Sondergebiet als solches beziehen (BVerwG, B. v. 11.11.2009 - 4 BN 63/09 - DVBl 2010, 124). Hier wäre zu klären, ob – wie die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat – ein Angebot nicht zentrenrelevanter Waren wegen der tatsächlichen Gegebenheiten ausscheidet.

92

c) Die Frage der Beachtlichkeit dieser möglichen Abwägungsmängel (§§ 214 Abs. 3 S. 1, 215 BauGB) kann ebenfalls dahinstehen. Allerdings hat die Antragstellerin diese Bedenken im Wesentlichen in ihrer Antragsschrift vorgetragen, die der Antragsgegnerin am 04.08.2008 zugestellt worden ist; der Bebauungsplan ist am 25.08.2007 bekannt gemacht worden, so dass die Jahresfrist eingehalten ist. Ob ein Abwägungsausfall gerügt worden ist und ggf. nach Ablauf der Jahresfrist zur Unwirksamkeit führen könnte, kann daher offen bleiben (vgl. aber BVerwG, B. v. 06.01.2010 - 4 BN 61/09, 4 BN 61/09 (4 CN 2/10), durch den die Revision zur Klärung der Frage zugelassen worden ist, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen das vollständige Fehlen einer erforderlichen Abwägung für die Wirksamkeit einer Satzung nach dem Baugesetzbuch gemäß § 215 BauGB unbeachtlich werden kann).

93

C. Die Kostenentscheidung folgt aus den § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 ZPO.

94

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Im Bebauungsplan können aus städtebaulichen Gründen festgesetzt werden:

1.
die Art und das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
2a.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
3.
für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke Mindestmaße und aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden für Wohnbaugrundstücke auch Höchstmaße;
4.
die Flächen für Nebenanlagen, die auf Grund anderer Vorschriften für die Nutzung von Grundstücken erforderlich sind, wie Spiel-, Freizeit- und Erholungsflächen sowie die Flächen für Stellplätze und Garagen mit ihren Einfahrten;
5.
die Flächen für den Gemeinbedarf sowie für Sport- und Spielanlagen;
6.
die höchstzulässige Zahl der Wohnungen in Wohngebäuden;
7.
die Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude, die mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung gefördert werden könnten, errichtet werden dürfen;
8.
einzelne Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude errichtet werden dürfen, die für Personengruppen mit besonderem Wohnbedarf bestimmt sind;
9.
der besondere Nutzungszweck von Flächen;
10.
die Flächen, die von der Bebauung freizuhalten sind, und ihre Nutzung;
11.
die Verkehrsflächen sowie Verkehrsflächen besonderer Zweckbestimmung, wie Fußgängerbereiche, Flächen für das Parken von Fahrzeugen, Flächen für Ladeinfrastruktur elektrisch betriebener Fahrzeuge, Flächen für das Abstellen von Fahrrädern sowie den Anschluss anderer Flächen an die Verkehrsflächen; die Flächen können auch als öffentliche oder private Flächen festgesetzt werden;
12.
die Versorgungsflächen, einschließlich der Flächen für Anlagen und Einrichtungen zur dezentralen und zentralen Erzeugung, Verteilung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung;
13.
die Führung von oberirdischen oder unterirdischen Versorgungsanlagen und -leitungen;
14.
die Flächen für die Abfall- und Abwasserbeseitigung, einschließlich der Rückhaltung und Versickerung von Niederschlagswasser, sowie für Ablagerungen;
15.
die öffentlichen und privaten Grünflächen, wie Parkanlagen, Naturerfahrungsräume, Dauerkleingärten, Sport-, Spiel-, Zelt- und Badeplätze, Friedhöfe;
16.
a)
die Wasserflächen und die Flächen für die Wasserwirtschaft,
b)
die Flächen für Hochwasserschutzanlagen und für die Regelung des Wasserabflusses,
c)
Gebiete, in denen bei der Errichtung baulicher Anlagen bestimmte bauliche oder technische Maßnahmen getroffen werden müssen, die der Vermeidung oder Verringerung von Hochwasserschäden einschließlich Schäden durch Starkregen dienen, sowie die Art dieser Maßnahmen,
d)
die Flächen, die auf einem Baugrundstück für die natürliche Versickerung von Wasser aus Niederschlägen freigehalten werden müssen, um insbesondere Hochwasserschäden, einschließlich Schäden durch Starkregen, vorzubeugen;
17.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen oder für die Gewinnung von Steinen, Erden und anderen Bodenschätzen;
18.
a)
die Flächen für die Landwirtschaft und
b)
Wald;
19.
die Flächen für die Errichtung von Anlagen für die Kleintierhaltung wie Ausstellungs- und Zuchtanlagen, Zwinger, Koppeln und dergleichen;
20.
die Flächen oder Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft;
21.
die mit Geh-, Fahr- und Leitungsrechten zugunsten der Allgemeinheit, eines Erschließungsträgers oder eines beschränkten Personenkreises zu belastenden Flächen;
22.
die Flächen für Gemeinschaftsanlagen für bestimmte räumliche Bereiche wie Kinderspielplätze, Freizeiteinrichtungen, Stellplätze und Garagen;
23.
Gebiete, in denen
a)
zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte Luft verunreinigende Stoffe nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
b)
bei der Errichtung von Gebäuden oder bestimmten sonstigen baulichen Anlagen bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen für die Erzeugung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung getroffen werden müssen,
c)
bei der Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmenden Gebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen, die der Vermeidung oder Minderung der Folgen von Störfällen dienen, getroffen werden müssen;
24.
die von der Bebauung freizuhaltenden Schutzflächen und ihre Nutzung, die Flächen für besondere Anlagen und Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie die zum Schutz vor solchen Einwirkungen oder zur Vermeidung oder Minderung solcher Einwirkungen zu treffenden baulichen und sonstigen technischen Vorkehrungen, einschließlich von Maßnahmen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche, wobei die Vorgaben des Immissionsschutzrechts unberührt bleiben;
25.
für einzelne Flächen oder für ein Bebauungsplangebiet oder Teile davon sowie für Teile baulicher Anlagen mit Ausnahme der für landwirtschaftliche Nutzungen oder Wald festgesetzten Flächen
a)
das Anpflanzen von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen,
b)
Bindungen für Bepflanzungen und für die Erhaltung von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen sowie von Gewässern;
26.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen und Stützmauern, soweit sie zur Herstellung des Straßenkörpers erforderlich sind.

(1a) Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Absatz 3 können auf den Grundstücken, auf denen Eingriffe in Natur und Landschaft zu erwarten sind, oder an anderer Stelle sowohl im sonstigen Geltungsbereich des Bebauungsplans als auch in einem anderen Bebauungsplan festgesetzt werden. Die Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich an anderer Stelle können den Grundstücken, auf denen Eingriffe zu erwarten sind, ganz oder teilweise zugeordnet werden; dies gilt auch für Maßnahmen auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen.

(2) Im Bebauungsplan kann in besonderen Fällen festgesetzt werden, dass bestimmte der in ihm festgesetzten baulichen und sonstigen Nutzungen und Anlagen nur

1.
für einen bestimmten Zeitraum zulässig oder
2.
bis zum Eintritt bestimmter Umstände zulässig oder unzulässig
sind. Die Folgenutzung soll festgesetzt werden.

(2a) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann zur Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, auch im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und der Innenentwicklung der Gemeinden, in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der nach § 34 Abs. 1 und 2 zulässigen baulichen Nutzungen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden. Dabei ist insbesondere ein hierauf bezogenes städtebauliches Entwicklungskonzept im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 zu berücksichtigen, das Aussagen über die zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereiche der Gemeinde oder eines Gemeindeteils enthält. In den zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereichen sollen die planungsrechtlichen Voraussetzungen für Vorhaben, die diesen Versorgungsbereichen dienen, nach § 30 oder § 34 vorhanden oder durch einen Bebauungsplan, dessen Aufstellung förmlich eingeleitet ist, vorgesehen sein.

(2b) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann in einem Bebauungsplan, auch für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans, festgesetzt werden, dass Vergnügungsstätten oder bestimmte Arten von Vergnügungsstätten zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, um

1.
eine Beeinträchtigung von Wohnnutzungen oder anderen schutzbedürftigen Anlagen wie Kirchen, Schulen und Kindertagesstätten oder
2.
eine Beeinträchtigung der sich aus der vorhandenen Nutzung ergebenden städtebaulichen Funktion des Gebiets, insbesondere durch eine städtebaulich nachteilige Häufung von Vergnügungsstätten,
zu verhindern.

(2c) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile nach § 34 und für Gebiete nach § 30 in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes kann zur Vermeidung oder Verringerung der Folgen von Störfällen für bestimmte Nutzungen, Arten von Nutzungen oder für nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmende Gebäude oder sonstige bauliche Anlagen in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass diese zulässig, nicht zulässig oder nur ausnahmsweise zulässig sind; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden.

(2d) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) können in einem Bebauungsplan zur Wohnraumversorgung eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:

1.
Flächen, auf denen Wohngebäude errichtet werden dürfen;
2.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen einzelne oder alle Wohnungen die baulichen Voraussetzungen für eine Förderung mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung erfüllen, oder
3.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen sich ein Vorhabenträger hinsichtlich einzelner oder aller Wohnungen dazu verpflichtet, die zum Zeitpunkt der Verpflichtung geltenden Förderbedingungen der sozialen Wohnraumförderung, insbesondere die Miet- und Belegungsbindung, einzuhalten und die Einhaltung dieser Verpflichtung in geeigneter Weise sichergestellt wird.
Ergänzend können eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:
1.
das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
3.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
4.
Mindestmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke;
5.
Höchstmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Wohnbaugrundstücke, aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden.
Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 und 2 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans getroffen werden. Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 bis 3 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans oder für Geschosse, Ebenen oder sonstige Teile baulicher Anlagen unterschiedlich getroffen werden. Das Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans nach diesem Absatz kann nur bis zum Ablauf des 31. Dezember 2024 förmlich eingeleitet werden. Der Satzungsbeschluss nach § 10 Absatz 1 ist bis zum Ablauf des 31. Dezember 2026 zu fassen.

(3) Bei Festsetzungen nach Absatz 1 kann auch die Höhenlage festgesetzt werden. Festsetzungen nach Absatz 1 für übereinanderliegende Geschosse und Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen können gesondert getroffen werden; dies gilt auch, soweit Geschosse, Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen unterhalb der Geländeoberfläche vorgesehen sind.

(4) Die Länder können durch Rechtsvorschriften bestimmen, dass auf Landesrecht beruhende Regelungen in den Bebauungsplan als Festsetzungen aufgenommen werden können und inwieweit auf diese Festsetzungen die Vorschriften dieses Gesetzbuchs Anwendung finden.

(5) Im Bebauungsplan sollen gekennzeichnet werden:

1.
Flächen, bei deren Bebauung besondere bauliche Vorkehrungen gegen äußere Einwirkungen oder bei denen besondere bauliche Sicherungsmaßnahmen gegen Naturgewalten erforderlich sind;
2.
Flächen, unter denen der Bergbau umgeht oder die für den Abbau von Mineralien bestimmt sind;
3.
Flächen, deren Böden erheblich mit umweltgefährdenden Stoffen belastet sind.

(6) Nach anderen gesetzlichen Vorschriften getroffene Festsetzungen, gemeindliche Regelungen zum Anschluss- und Benutzungszwang sowie Denkmäler nach Landesrecht sollen in den Bebauungsplan nachrichtlich übernommen werden, soweit sie zu seinem Verständnis oder für die städtebauliche Beurteilung von Baugesuchen notwendig oder zweckmäßig sind.

(6a) Festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 2 des Wasserhaushaltsgesetzes, Risikogebiete außerhalb von Überschwemmungsgebieten im Sinne des § 78b Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie Hochwasserentstehungsgebiete im Sinne des § 78d Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sollen nachrichtlich übernommen werden. Noch nicht festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 3 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie als Risikogebiete im Sinne des § 73 Absatz 1 Satz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes bestimmte Gebiete sollen im Bebauungsplan vermerkt werden.

(7) Der Bebauungsplan setzt die Grenzen seines räumlichen Geltungsbereichs fest.

(8) Dem Bebauungsplan ist eine Begründung mit den Angaben nach § 2a beizufügen.

(1) Als sonstige Sondergebiete sind solche Gebiete darzustellen und festzusetzen, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 wesentlich unterscheiden.

(2) Für sonstige Sondergebiete sind die Zweckbestimmung und die Art der Nutzung darzustellen und festzusetzen. Als sonstige Sondergebiete kommen insbesondere in Betracht
Gebiete für den Fremdenverkehr, wie Kurgebiete und Gebiete für die Fremdenbeherbergung, auch mit einer Mischung von Fremdenbeherbergung oder Ferienwohnen einerseits sowie Dauerwohnen andererseits,
Ladengebiete,
Gebiete für Einkaufszentren und großflächige Handelsbetriebe,
Gebiete für Messen, Ausstellungen und Kongresse,
Hochschulgebiete,
Klinikgebiete,
Hafengebiete,
Gebiete für Anlagen, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung erneuerbarer Energien, wie Windenergie und solare Strahlungsenergie, dienen.

(3)

1.
Einkaufszentren,
2.
großflächige Einzelhandelsbetriebe, die sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können,
3.
sonstige großflächige Handelsbetriebe, die im Hinblick auf den Verkauf an letzte Verbraucher und auf die Auswirkungen den in Nummer 2 bezeichneten Einzelhandelsbetrieben vergleichbar sind,
sind außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig. Auswirkungen im Sinne des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sind insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in Satz 1 bezeichneten Betriebe, auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden, auf das Orts- und Landschaftsbild und auf den Naturhaushalt. Auswirkungen im Sinne des Satzes 2 sind bei Betrieben nach Satz 1 Nummer 2 und 3 in der Regel anzunehmen, wenn die Geschossfläche 1 200 m2überschreitet. Die Regel des Satzes 3 gilt nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Auswirkungen bereits bei weniger als 1 200 m2Geschossfläche vorliegen oder bei mehr als 1 200 m2Geschossfläche nicht vorliegen; dabei sind in Bezug auf die in Satz 2 bezeichneten Auswirkungen insbesondere die Gliederung und Größe der Gemeinde und ihrer Ortsteile, die Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und das Warenangebot des Betriebs zu berücksichtigen.

(1) Im Flächennutzungsplan können die für die Bebauung vorgesehenen Flächen nach der allgemeinen Art ihrer baulichen Nutzung (Bauflächen) dargestellt werden als

1.Wohnbauflächen(W)
2.gemischte Bauflächen(M)
3.gewerbliche Bauflächen(G)
4.Sonderbauflächen(S).

(2) Die für die Bebauung vorgesehenen Flächen können nach der besonderen Art ihrer baulichen Nutzung (Baugebiete) dargestellt werden als

1.Kleinsiedlungsgebiete(WS)
2.reine Wohngebiete(WR)
3.allgemeine Wohngebiete(WA)
4.besondere Wohngebiete(WB)
5.Dorfgebiete(MD)
6.dörfliche Wohngebiete(MDW)
7.Mischgebiete(MI)
8.urbane Gebiete(MU)
9.Kerngebiete(MK)
10.Gewerbegebiete(GE)
11.Industriegebiete(GI)
12.Sondergebiete(SO).

(3) Im Bebauungsplan können die in Absatz 2 bezeichneten Baugebiete festgesetzt werden. Durch die Festsetzung werden die Vorschriften der §§ 2 bis 14 Bestandteil des Bebauungsplans, soweit nicht auf Grund der Absätze 4 bis 10 etwas anderes bestimmt wird. Bei Festsetzung von Sondergebieten finden die Vorschriften über besondere Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 10 keine Anwendung; besondere Festsetzungen über die Art der Nutzung können nach den §§ 10 und 11 getroffen werden.

(4) Für die in den §§ 4 bis 9 bezeichneten Baugebiete können im Bebauungsplan für das jeweilige Baugebiet Festsetzungen getroffen werden, die das Baugebiet

1.
nach der Art der zulässigen Nutzung,
2.
nach der Art der Betriebe und Anlagen und deren besonderen Bedürfnissen und Eigenschaften
gliedern. Die Festsetzungen nach Satz 1 können auch für mehrere Gewerbegebiete einer Gemeinde im Verhältnis zueinander getroffen werden; dies gilt auch für Industriegebiete. Absatz 5 bleibt unberührt.

(5) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass bestimmte Arten von Nutzungen, die nach den §§ 2 bis 9 sowie 13 und 13a allgemein zulässig sind, nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(6) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 9 vorgesehen sind,

1.
nicht Bestandteil des Bebauungsplans werden oder
2.
in dem Baugebiet allgemein zulässig sind, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(7) In Bebauungsplänen für Baugebiete nach den §§ 4 bis 9 kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass in bestimmten Geschossen, Ebenen oder sonstigen Teilen baulicher Anlagen

1.
nur einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen zulässig sind,
2.
einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen unzulässig sind oder als Ausnahme zugelassen werden können oder
3.
alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 4 bis 9 vorgesehen sind, nicht zulässig oder, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt, allgemein zulässig sind.

(8) Die Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 7 können sich auch auf Teile des Baugebiets beschränken.

(9) Wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen, kann im Bebauungsplan bei Anwendung der Absätze 5 bis 8 festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der in den Baugebieten allgemein oder ausnahmsweise zulässigen baulichen oder sonstigen Anlagen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können.

(10) Wären bei Festsetzung eines Baugebiets nach den §§ 2 bis 9 in überwiegend bebauten Gebieten bestimmte vorhandene bauliche und sonstige Anlagen unzulässig, kann im Bebauungsplan festgesetzt werden, dass Erweiterungen, Änderungen, Nutzungsänderungen und Erneuerungen dieser Anlagen allgemein zulässig sind oder ausnahmsweise zugelassen werden können. Im Bebauungsplan können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets muss in seinen übrigen Teilen gewahrt bleiben. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch für die Änderung und Ergänzung von Bebauungsplänen.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften dieses Gesetzbuchs ist für die Rechtswirksamkeit des Flächennutzungsplans und der Satzungen nach diesem Gesetzbuch nur beachtlich, wenn

1.
entgegen § 2 Absatz 3 die von der Planung berührten Belange, die der Gemeinde bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen, in wesentlichen Punkten nicht zutreffend ermittelt oder bewertet worden sind und wenn der Mangel offensichtlich und auf das Ergebnis des Verfahrens von Einfluss gewesen ist;
2.
die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 3 Absatz 2, § 4 Absatz 2, § 4a Absatz 3, Absatz 4 Satz 2, nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3, auch in Verbindung mit § 13a Absatz 2 Nummer 1 und § 13b, nach § 22 Absatz 9 Satz 2, § 34 Absatz 6 Satz 1 sowie § 35 Absatz 6 Satz 5 verletzt worden sind; dabei ist unbeachtlich, wenn
a)
bei Anwendung der Vorschriften einzelne Personen, Behörden oder sonstige Träger öffentlicher Belange nicht beteiligt worden sind, die entsprechenden Belange jedoch unerheblich waren oder in der Entscheidung berücksichtigt worden sind,
b)
einzelne Angaben dazu, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind, gefehlt haben,
c)
(weggefallen)
d)
bei Vorliegen eines wichtigen Grundes nach § 3 Absatz 2 Satz 1 nicht für die Dauer einer angemessenen längeren Frist im Internet veröffentlicht worden ist und die Begründung für die Annahme des Nichtvorliegens eines wichtigen Grundes nachvollziehbar ist,
e)
bei Anwendung des § 3 Absatz 2 Satz 5 der Inhalt der Bekanntmachung zwar in das Internet eingestellt wurde, aber die Bekanntmachung und die nach § 3 Absatz 2 Satz 1 zu veröffentlichenden Unterlagen nicht über das zentrale Internetportal des Landes zugänglich gemacht wurden,
f)
bei Anwendung des § 13 Absatz 3 Satz 2 die Angabe darüber, dass von einer Umweltprüfung abgesehen wird, unterlassen wurde oder
g)
bei Anwendung des § 4a Absatz 3 Satz 4 oder des § 13, auch in Verbindung mit § 13a Absatz 2 Nummer 1 und § 13b, die Voraussetzungen für die Durchführung der Beteiligung nach diesen Vorschriften verkannt worden sind;
3.
die Vorschriften über die Begründung des Flächennutzungsplans und der Satzungen sowie ihrer Entwürfe nach §§ 2a, 3 Absatz 2, § 5 Absatz 1 Satz 2 Halbsatz 2 und Absatz 5, § 9 Absatz 8 und § 22 Absatz 10 verletzt worden sind; dabei ist unbeachtlich, wenn die Begründung des Flächennutzungsplans oder der Satzung oder ihr Entwurf unvollständig ist; abweichend von Halbsatz 2 ist eine Verletzung von Vorschriften in Bezug auf den Umweltbericht unbeachtlich, wenn die Begründung hierzu nur in unwesentlichen Punkten unvollständig ist;
4.
ein Beschluss der Gemeinde über den Flächennutzungsplan oder die Satzung nicht gefasst, eine Genehmigung nicht erteilt oder der mit der Bekanntmachung des Flächennutzungsplans oder der Satzung verfolgte Hinweiszweck nicht erreicht worden ist.
Soweit in den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 die Begründung in wesentlichen Punkten unvollständig ist, hat die Gemeinde auf Verlangen Auskunft zu erteilen, wenn ein berechtigtes Interesse dargelegt wird.

(2) Für die Rechtswirksamkeit der Bauleitpläne ist auch unbeachtlich, wenn

1.
die Anforderungen an die Aufstellung eines selbständigen Bebauungsplans (§ 8 Absatz 2 Satz 2) oder an die in § 8 Absatz 4 bezeichneten dringenden Gründe für die Aufstellung eines vorzeitigen Bebauungsplans nicht richtig beurteilt worden sind;
2.
§ 8 Absatz 2 Satz 1 hinsichtlich des Entwickelns des Bebauungsplans aus dem Flächennutzungsplan verletzt worden ist, ohne dass hierbei die sich aus dem Flächennutzungsplan ergebende geordnete städtebauliche Entwicklung beeinträchtigt worden ist;
3.
der Bebauungsplan aus einem Flächennutzungsplan entwickelt worden ist, dessen Unwirksamkeit sich wegen Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften einschließlich des § 6 nach Bekanntmachung des Bebauungsplans herausstellt;
4.
im Parallelverfahren gegen § 8 Absatz 3 verstoßen worden ist, ohne dass die geordnete städtebauliche Entwicklung beeinträchtigt worden ist.

(2a) Für Bebauungspläne, die im beschleunigten Verfahren nach § 13a, auch in Verbindung mit § 13b, aufgestellt worden sind, gilt ergänzend zu den Absätzen 1 und 2 Folgendes:

1.
(weggefallen)
2.
Das Unterbleiben der Hinweise nach § 13a Absatz 3 ist für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans unbeachtlich.
3.
Beruht die Feststellung, dass eine Umweltprüfung unterbleiben soll, auf einer Vorprüfung des Einzelfalls nach § 13a Absatz 1 Satz 2 Nummer 2, gilt die Vorprüfung als ordnungsgemäß durchgeführt, wenn sie entsprechend den Vorgaben von § 13a Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 durchgeführt worden ist und ihr Ergebnis nachvollziehbar ist; dabei ist unbeachtlich, wenn einzelne Behörden oder sonstige Träger öffentlicher Belange nicht beteiligt worden sind; andernfalls besteht ein für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans beachtlicher Mangel.
4.
Die Beurteilung, dass der Ausschlussgrund nach § 13a Absatz 1 Satz 4 nicht vorliegt, gilt als zutreffend, wenn das Ergebnis nachvollziehbar ist und durch den Bebauungsplan nicht die Zulässigkeit von Vorhaben nach Spalte 1 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung begründet wird; andernfalls besteht ein für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans beachtlicher Mangel.

(3) Für die Abwägung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Flächennutzungsplan oder die Satzung maßgebend. Mängel, die Gegenstand der Regelung in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 sind, können nicht als Mängel der Abwägung geltend gemacht werden; im Übrigen sind Mängel im Abwägungsvorgang nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind.

(4) Der Flächennutzungsplan oder die Satzung können durch ein ergänzendes Verfahren zur Behebung von Fehlern auch rückwirkend in Kraft gesetzt werden.

(1) Die Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereich durch die Planung berührt werden kann, sind entsprechend § 3 Absatz 1 Satz 1 Halbsatz 1 zu unterrichten und zur Äußerung auch im Hinblick auf den erforderlichen Umfang und Detaillierungsgrad der Umweltprüfung nach § 2 Absatz 4 aufzufordern. Hieran schließt sich das Verfahren nach Absatz 2 auch an, wenn die Äußerung zu einer Änderung der Planung führt.

(2) Die Gemeinde holt die Stellungnahmen der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereich durch die Planung berührt werden kann, zum Planentwurf und zur Begründung ein. Die Bereitstellung der Unterlagen sowie die Mitteilung hierüber sollen elektronisch erfolgen. Die Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange haben ihre Stellungnahmen innerhalb eines Monats abzugeben, wobei jedoch die Frist zur Abgabe von Stellungnahmen 30 Tage nicht unterschreiten darf; die Gemeinde soll diese Frist bei Vorliegen eines wichtigen Grundes angemessen verlängern. Die Stellungnahmen sollen elektronisch übermittelt werden. In den Stellungnahmen sollen sich die Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange auf ihren Aufgabenbereich beschränken; sie haben auch Aufschluss über von ihnen beabsichtigte oder bereits eingeleitete Planungen und sonstige Maßnahmen sowie deren zeitliche Abwicklung zu geben, die für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung des Gebiets bedeutsam sein können. Verfügen sie über Informationen, die für die Ermittlung und Bewertung des Abwägungsmaterials zweckdienlich sind, haben sie diese Informationen der Gemeinde zur Verfügung zu stellen.

(3) Nach Abschluss des Verfahrens zur Aufstellung des Bauleitplans unterrichten die Behörden die Gemeinde, sofern nach den ihnen vorliegenden Erkenntnissen die Durchführung des Bauleitplans erhebliche, insbesondere unvorhergesehene nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt hat.

(1) Längs der Bundesfernstraßen dürfen nicht errichtet werden

1.
Hochbauten jeder Art in einer Entfernung bis zu 40 Meter bei Bundesautobahnen und bis zu 20 Meter bei Bundesstraßen außerhalb der zur Erschließung der anliegenden Grundstücke bestimmten Teile der Ortsdurchfahrten, jeweils gemessen vom äußeren Rand der befestigten Fahrbahn,
2.
bauliche Anlagen, die außerhalb der zur Erschließung der anliegenden Grundstücke bestimmten Teile der Ortsdurchfahrten über Zufahrten oder Zugänge an Bundesstraßen unmittelbar oder mittelbar angeschlossen werden sollen.
Satz 1 Nr. 1 gilt entsprechend für Aufschüttungen oder Abgrabungen größeren Umfangs. Satz 1 Nummer 1 gilt nicht für technische Einrichtungen, die für das Erbringen von öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdiensten erforderlich sind. Weitergehende bundes- oder landesrechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

(2) Im Übrigen bedürfen Baugenehmigungen oder nach anderen Vorschriften notwendige Genehmigungen der Zustimmung der obersten Landesstraßenbaubehörde, an Bundesfernstraßen, soweit dem Bund die Verwaltung einer Bundesfernstraße zusteht, der Zustimmung des Fernstraßen-Bundesamtes, wenn

1.
bauliche Anlagen längs der Bundesautobahnen in einer Entfernung bis zu 100 Meter und längs der Bundesstraßen außerhalb der zur Erschließung der anliegenden Grundstücke bestimmten Teile der Ortsdurchfahrten bis zu 40 Meter, gemessen vom äußeren Rand der befestigten Fahrbahn, errichtet, erheblich geändert oder anders genutzt werden sollen,
2.
bauliche Anlagen auf Grundstücken, die außerhalb der zur Erschließung der anliegenden Grundstücke bestimmten Teile der Ortsdurchfahrten über Zufahrten oder Zugänge an Bundesstraßen unmittelbar oder mittelbar angeschlossen sind, erheblich geändert oder anders genutzt werden sollen.
Die Zustimmungsbedürftigkeit nach Satz 1 gilt entsprechend für bauliche Anlagen, die nach Landesrecht anzeigepflichtig sind. Weitergehende bundes- oder landesrechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

(3) Die Zustimmung nach Absatz 2 darf nur versagt oder mit Bedingungen und Auflagen erteilt werden, soweit dies wegen der Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs, der Ausbauabsichten oder der Straßenbaugestaltung nötig ist.

(3a) Die Belange nach Absatz 3 sind auch bei Erteilung von Baugenehmigungen innerhalb der zur Erschließung der anliegenden Grundstücke bestimmten Teile der Ortsdurchfahrten von Bundesstraßen zu beachten.

(4) Bei geplanten Bundesfernstraßen gelten die Beschränkungen der Absätze 1 und 2 vom Beginn der Auslegung der Pläne im Planfeststellungsverfahren oder von dem Zeitpunkt an, zu dem den Betroffenen Gelegenheit gegeben wird, den Plan einzusehen.

(5) Bedürfen die baulichen Anlagen im Sinne des Absatzes 2 außerhalb der zur Erschließung der anliegenden Grundstücke bestimmten Teile der Ortsdurchfahrten keiner Baugenehmigung oder keiner Genehmigung nach anderen Vorschriften, so tritt an die Stelle der Zustimmung die Genehmigung der obersten Landesstraßenbaubehörde, an Bundesfernstraßen, soweit dem Bund die Verwaltung einer Bundesfernstraße zusteht, die Genehmigung des Fernstraßen-Bundesamtes.

(5a) Als bauliche Anlagen im Sinne dieses Gesetzes gelten auch die im Landesbaurecht den baulichen Anlagen gleichgestellten Anlagen.

(6) Anlagen der Außenwerbung stehen außerhalb der zur Erschließung der anliegenden Grundstücke bestimmten Teile der Ortsdurchfahrten den Hochbauten des Absatzes 1 und den baulichen Anlagen des Absatzes 2 gleich. An Brücken über Bundesfernstraßen außerhalb dieser Teile der Ortsdurchfahrten dürfen Anlagen der Außenwerbung nicht angebracht werden. Weitergehende bundes- oder landesrechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

(7) Die Absätze 1 bis 5 gelten nicht, soweit das Bauvorhaben den Festsetzungen eines Bebauungsplans entspricht (§ 9 des Baugesetzbuchs), der mindestens die Begrenzung der Verkehrsflächen sowie an diesen gelegene überbaubare Grundstücksflächen enthält und unter Mitwirkung des Trägers der Straßenbaulast zustande gekommen ist.

(8) Die oberste Landesstraßenbaubehörde oder das Fernstraßen-Bundesamt an den Bundesfernstraßen, soweit dem Bund die Verwaltung einer Bundesfernstraße zusteht, kann im Einzelfall Ausnahmen von den Verboten der Absätze 1, 4 und 6 zulassen, wenn die Durchführung der Vorschriften im Einzelfall zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde und die Abweichung mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist oder wenn Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Abweichungen erfordern. Ausnahmen können mit Bedingungen und Auflagen versehen werden.

(9) Wird infolge der Anwendung der Absätze 1, 2, 4 und 5 die bauliche Nutzung eines Grundstücks, auf deren Zulassung bisher ein Rechtsanspruch bestand, ganz oder teilweise aufgehoben, so kann der Eigentümer insoweit eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen, als seine Vorbereitungen zur baulichen Nutzung des Grundstücks in dem bisher zulässigen Umfang für ihn an Wert verlieren oder eine wesentliche Wertminderung des Grundstücks eintritt. Zur Entschädigung ist der Träger der Straßenbaulast verpflichtet.

(10) Im Fall des Absatzes 4 entsteht der Anspruch nach Absatz 9 erst, wenn der Plan rechtskräftig festgestellt oder genehmigt oder mit der Ausführung begonnen worden ist, spätestens jedoch nach Ablauf von vier Jahren, nachdem die Beschränkungen der Absätze 1 und 2 in Kraft getreten sind.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften dieses Gesetzbuchs ist für die Rechtswirksamkeit des Flächennutzungsplans und der Satzungen nach diesem Gesetzbuch nur beachtlich, wenn

1.
entgegen § 2 Absatz 3 die von der Planung berührten Belange, die der Gemeinde bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen, in wesentlichen Punkten nicht zutreffend ermittelt oder bewertet worden sind und wenn der Mangel offensichtlich und auf das Ergebnis des Verfahrens von Einfluss gewesen ist;
2.
die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 3 Absatz 2, § 4 Absatz 2, § 4a Absatz 3, Absatz 4 Satz 2, nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3, auch in Verbindung mit § 13a Absatz 2 Nummer 1 und § 13b, nach § 22 Absatz 9 Satz 2, § 34 Absatz 6 Satz 1 sowie § 35 Absatz 6 Satz 5 verletzt worden sind; dabei ist unbeachtlich, wenn
a)
bei Anwendung der Vorschriften einzelne Personen, Behörden oder sonstige Träger öffentlicher Belange nicht beteiligt worden sind, die entsprechenden Belange jedoch unerheblich waren oder in der Entscheidung berücksichtigt worden sind,
b)
einzelne Angaben dazu, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind, gefehlt haben,
c)
(weggefallen)
d)
bei Vorliegen eines wichtigen Grundes nach § 3 Absatz 2 Satz 1 nicht für die Dauer einer angemessenen längeren Frist im Internet veröffentlicht worden ist und die Begründung für die Annahme des Nichtvorliegens eines wichtigen Grundes nachvollziehbar ist,
e)
bei Anwendung des § 3 Absatz 2 Satz 5 der Inhalt der Bekanntmachung zwar in das Internet eingestellt wurde, aber die Bekanntmachung und die nach § 3 Absatz 2 Satz 1 zu veröffentlichenden Unterlagen nicht über das zentrale Internetportal des Landes zugänglich gemacht wurden,
f)
bei Anwendung des § 13 Absatz 3 Satz 2 die Angabe darüber, dass von einer Umweltprüfung abgesehen wird, unterlassen wurde oder
g)
bei Anwendung des § 4a Absatz 3 Satz 4 oder des § 13, auch in Verbindung mit § 13a Absatz 2 Nummer 1 und § 13b, die Voraussetzungen für die Durchführung der Beteiligung nach diesen Vorschriften verkannt worden sind;
3.
die Vorschriften über die Begründung des Flächennutzungsplans und der Satzungen sowie ihrer Entwürfe nach §§ 2a, 3 Absatz 2, § 5 Absatz 1 Satz 2 Halbsatz 2 und Absatz 5, § 9 Absatz 8 und § 22 Absatz 10 verletzt worden sind; dabei ist unbeachtlich, wenn die Begründung des Flächennutzungsplans oder der Satzung oder ihr Entwurf unvollständig ist; abweichend von Halbsatz 2 ist eine Verletzung von Vorschriften in Bezug auf den Umweltbericht unbeachtlich, wenn die Begründung hierzu nur in unwesentlichen Punkten unvollständig ist;
4.
ein Beschluss der Gemeinde über den Flächennutzungsplan oder die Satzung nicht gefasst, eine Genehmigung nicht erteilt oder der mit der Bekanntmachung des Flächennutzungsplans oder der Satzung verfolgte Hinweiszweck nicht erreicht worden ist.
Soweit in den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 die Begründung in wesentlichen Punkten unvollständig ist, hat die Gemeinde auf Verlangen Auskunft zu erteilen, wenn ein berechtigtes Interesse dargelegt wird.

(2) Für die Rechtswirksamkeit der Bauleitpläne ist auch unbeachtlich, wenn

1.
die Anforderungen an die Aufstellung eines selbständigen Bebauungsplans (§ 8 Absatz 2 Satz 2) oder an die in § 8 Absatz 4 bezeichneten dringenden Gründe für die Aufstellung eines vorzeitigen Bebauungsplans nicht richtig beurteilt worden sind;
2.
§ 8 Absatz 2 Satz 1 hinsichtlich des Entwickelns des Bebauungsplans aus dem Flächennutzungsplan verletzt worden ist, ohne dass hierbei die sich aus dem Flächennutzungsplan ergebende geordnete städtebauliche Entwicklung beeinträchtigt worden ist;
3.
der Bebauungsplan aus einem Flächennutzungsplan entwickelt worden ist, dessen Unwirksamkeit sich wegen Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften einschließlich des § 6 nach Bekanntmachung des Bebauungsplans herausstellt;
4.
im Parallelverfahren gegen § 8 Absatz 3 verstoßen worden ist, ohne dass die geordnete städtebauliche Entwicklung beeinträchtigt worden ist.

(2a) Für Bebauungspläne, die im beschleunigten Verfahren nach § 13a, auch in Verbindung mit § 13b, aufgestellt worden sind, gilt ergänzend zu den Absätzen 1 und 2 Folgendes:

1.
(weggefallen)
2.
Das Unterbleiben der Hinweise nach § 13a Absatz 3 ist für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans unbeachtlich.
3.
Beruht die Feststellung, dass eine Umweltprüfung unterbleiben soll, auf einer Vorprüfung des Einzelfalls nach § 13a Absatz 1 Satz 2 Nummer 2, gilt die Vorprüfung als ordnungsgemäß durchgeführt, wenn sie entsprechend den Vorgaben von § 13a Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 durchgeführt worden ist und ihr Ergebnis nachvollziehbar ist; dabei ist unbeachtlich, wenn einzelne Behörden oder sonstige Träger öffentlicher Belange nicht beteiligt worden sind; andernfalls besteht ein für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans beachtlicher Mangel.
4.
Die Beurteilung, dass der Ausschlussgrund nach § 13a Absatz 1 Satz 4 nicht vorliegt, gilt als zutreffend, wenn das Ergebnis nachvollziehbar ist und durch den Bebauungsplan nicht die Zulässigkeit von Vorhaben nach Spalte 1 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung begründet wird; andernfalls besteht ein für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans beachtlicher Mangel.

(3) Für die Abwägung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Flächennutzungsplan oder die Satzung maßgebend. Mängel, die Gegenstand der Regelung in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 sind, können nicht als Mängel der Abwägung geltend gemacht werden; im Übrigen sind Mängel im Abwägungsvorgang nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind.

(4) Der Flächennutzungsplan oder die Satzung können durch ein ergänzendes Verfahren zur Behebung von Fehlern auch rückwirkend in Kraft gesetzt werden.

(1) Unbeachtlich werden

1.
eine nach § 214 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 beachtliche Verletzung der dort bezeichneten Verfahrens- und Formvorschriften,
2.
eine unter Berücksichtigung des § 214 Absatz 2 beachtliche Verletzung der Vorschriften über das Verhältnis des Bebauungsplans und des Flächennutzungsplans und
3.
nach § 214 Absatz 3 Satz 2 beachtliche Mängel des Abwägungsvorgangs,
wenn sie nicht innerhalb eines Jahres seit Bekanntmachung des Flächennutzungsplans oder der Satzung schriftlich gegenüber der Gemeinde unter Darlegung des die Verletzung begründenden Sachverhalts geltend gemacht worden sind. Satz 1 gilt entsprechend, wenn Fehler nach § 214 Absatz 2a beachtlich sind.

(2) Bei Inkraftsetzung des Flächennutzungsplans oder der Satzung ist auf die Voraussetzungen für die Geltendmachung der Verletzung von Vorschriften sowie auf die Rechtsfolgen hinzuweisen.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.