Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 11. Nov. 2014 - 1 L 55/10
Gericht
Tenor
Der Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 27. Januar 2010 – 3 A 194/09 – wird abgelehnt.
Der Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 777,81 Euro festgesetzt.
Gründe
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Die Beteiligten streiten um den Beitrag für den Anschluss des klägerischen Grundstücks an das Schmutzwasserbeseitigungssystem des vom Beklagten vertretenen Zweckverbandes.
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Die Klägerin ist Eigentümerin des 377 m² großen Grundstücks Flurstück .../..., Flur ..., Gemarkung V..., in der Gemeinde S..., das an die vom Zweckverband (ZWAR) betriebene Schmutzwasserbeseitigungsanlage angeschlossen ist.
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Mit Bescheid vom 15. Dezember 2008 setzte der Beklagte gegen die Klägerin einen Schmutzwasserbeitrag zunächst i. H. v. 1.583,40 € fest. Auf ihren Widerspruch, mit dem die Klägerin geltend machte, dass sie bereits auf einen früheren Abwasserbeitragsbescheid des Bürgermeisters der Gemeinde S... einen Betrag i. H. v. 1.575,60 DM (entspricht 805,59 €) gezahlt hatte, rechnete der Beklagte diesen Betrag an und reduzierte mit Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 2009 die Festsetzung auf 777,81 €. Im Übrigen wies der Beklagte den Widerspruch zurück.
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Am 23. Februar 2009 hat die Klägerin Klage erhoben. Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 27. Januar 2010 – 3 A 194/09 – den Beitragsbescheid des Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheids aufgehoben. Nach Zustellung des Urteils am 08. Februar 2010 hat der Beklagte am 04. März 2010 beantragt, die Berufung gegen dieses Urteil zuzulassen.
- 5
Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der geltend gemachte Zulassungsgrund rechtfertigt nicht die Zulassung der Berufung; dabei berücksichtigt der Senat, dass die Voraussetzungen an eine Berufungszulassung mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG nicht überspannt werden dürfen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.09.2009 – 1 BvR 814/09 –, NJW 2009, 3642; Beschl. v. 08.12.2009 – 2 BvR 758/07 –, NVwZ 2010, 634 [640]; Beschl. v. 22.08.2011 – 1 BvR 1764/09 –, NVwZ-RR 2011, 963).
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Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ist nicht hinreichend dargelegt bzw. liegt jedenfalls der Sache nach nicht vor.
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Nach Maßgabe der ständigen Rechtsprechung des Senats muss sich ein auf den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel gestützter Antrag im Hinblick auf das Darlegungserfordernis des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzen und im Einzelnen darlegen, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese ernsthaften Zweifeln bezüglich ihrer Richtigkeit begegnen. Erforderlich dafür ist, dass sich unmittelbar aus der Antragsbegründung sowie der angegriffenen Entscheidung selbst schlüssig Gesichtspunkte ergeben, die ohne Aufarbeitung und Durchdringung des gesamten bisherigen Prozessstoffes – vorbehaltlich späterer Erkenntnisse – eine hinreichend verlässliche Aussage dahingehend ermöglichen, das noch zuzulassende Rechtsmittel werde voraussichtlich zum Erfolg führen. Ist eine Entscheidung in je selbstständig tragender Weise mehrfach begründet, so muss im Hinblick auf jeden der Begründungsteile ein Zulassungsgrund dargelegt werden und gegeben sein (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. zum Ganzen etwa Beschl. v. 15.10.2008 – 1 L 104/05 –).
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In der Sache sieht der Senat diesen Zulassungsgrund als gegeben an, wenn die Zulassungsschrift – gegebenenfalls i.V.m. einem weiteren innerhalb der Antragsfrist eingegangenen Schriftsatz – Anlass gibt, das Ergebnis der angefochtenen Entscheidung in Zweifel zu ziehen. Damit ist gesagt, dass sich der Begriff der ernstlichen Zweifel nicht ausschließlich auf die vom Verwaltungsgericht gegebene Begründung beziehen kann, sondern zusätzlich das Ergebnis, zu dem das Verwaltungsgericht gelangt ist, mit in den Blick zu nehmen hat. So liegen etwa in den Fällen, in denen zwar die vom Verwaltungsgericht gegebene Begründung ersichtlich unzutreffend ist, eine andere tragfähige Begründung sich dem Senat aber ohne Weiteres aufdrängt, ernstliche Zweifel im Sinne des Zulassungsrechts nicht vor. Ernstliche Zweifel können schon dann vorliegen, wenn sich die Erfolgsaussichten zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht abschließend überschauen lassen, die Zulassungsschrift aber dem Senat die Einsicht vermittelt, dem Rechtsmittel seien durchaus hinreichende Erfolgsaussichten zuzusprechen (ebenfalls ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. a.a.O.).
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Der Beklagte führt hierzu innerhalb der Frist zur Begründung des Zulassungsantrags mit Schriftsatz vom 30. März 2010 aus, die zum 01.01.2008 in Kraft getretene Schmutzwasserbeseitigungssatzung des Zweckverbands (Satzung 2008) sei entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht nichtig, sie enthalte keine fehlerhafte und damit unwirksame Maßstabsregelung. Vielmehr sei die Verknüpfung in § 3 Abs. 5 lit. d) der Satzung 2008 durch das Wort „beziehungsweise“, hier abgekürzt mit „bzw.“, nicht unklar sondern hinreichend eindeutig; jedenfalls sei die Regelung im Wege der Norm erhaltenden Auslegung hinreichend verständlich. Sie sei zudem weitestgehend irrelevant und könne deshalb nicht zur (Gesamt)Nichtigkeit der Satzung führen. Es hätte auf die Vorgängersatzung zurückgegriffen werden müssen. Zwischenzeitlich sei die Satzungsregelung überarbeitet worden. Die Neufassung werde am 01. April 2010 den Vorstand des Zweckverbandes „passieren“ und sodann zeitnah, wohl am 21. April 2010, durch die Verbandsversammlung beschlossen werden. Vorsorglich hat der Beklagte beantragt die Zulassungsbegründungsfrist bis zum 30. April 2010 zu verlängern. Den Entwurf der neuen Schmutzwasserbeseitigungsbeitragssatzung hat er seinem Schriftsatz beigelegt. Mit Schriftsatz vom 22. April 2010 hat der Beklagte mitgeteilt, dass die neue Satzung am vorigen Tage wie vorgesehen durch die Verbandsversammlung beschlossen worden sei und im Internet veröffentlicht werde. Dieser Umstand sei jedenfalls im Wege der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu berücksichtigen. Der Verband sei schuldlos daran gehindert gewesen, die Verabschiedung und Veröffentlichung der Satzung innerhalb der Berufungsbegründungsfrist zu bewerkstelligen.
- 10
Diese Ausführungen reichen nicht aus, um ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung nach dem oben ausgeführten Maßstab zu begründen. Denn das Urteil erweist sich jedenfalls im Ergebnis als zutreffend. Dem angefochtenen Bescheid fehlt es deshalb an einer wirksamen Rechtsgrundlage.
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Dabei bedarf es keiner vertieften Auseinandersetzung des Senats mit den Urteilsgründen des Verwaltungsgerichts bezogen auf die Satzungsregelung in § 3 Abs. 5 lit. d) Satzung 2008 und den dagegen vorgebrachten Argumenten des Beklagten im Zulassungsantragsverfahren, da diese Satzung offensichtlich fehlerhaft und deshalb insgesamt unwirksam ist. Denn die Satzung 2008 legt – unabhängig von der erstinstanzlich problematisierten Regelung – in § 3 Abs. 4 lit. d) Satzung 2008 für Grundstücke, die (in Bezug auf ihre Tiefe) teils dem Innenbereich und im Übrigen dem Außenbereich zuzuordnen sind, eine sog. qualifizierte Tiefenbegrenzung von 50 m fest. Diese Begrenzung ist jedoch offensichtlich nicht im Wege einer erforderlichen tatsächlichen Datenauswertung (vgl. zu den Anforderungen nur OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 12.10.2011 – 4 K 31/06 –, juris; Urt. v. 14.09.2010 – 4 K 12/07 –, KStZ 2011, 215 – 218, zit. nach juris) ermittelt worden. Eine solche letztlich „gegriffene“ Begrenzung ist rechtsfehlerhaft, selbst wenn der Beklagte davon ausgegangen sein mag, dass nach der früheren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts für die Annahme, eine Tiefenbegrenzung von 50 m entspreche den örtlichen Verhältnissen, bereits eine tatsächliche Vermutung streite (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 30.03.2012 – 1 L 32/12 –, unveröffentl., mit Beteiligung des Beklagten) bzw. an die sog. „Feuerwehrschlauch-Rechtsprechung“ des Verwaltungsgerichts Greifswald angeknüpft haben dürfte (vgl. VG Greifswald, Urt. v. 23.04.2003 – 3 A 2934/99 –, juris: vgl. auch § 5 Abs. 1 Satz 4 LBauO M-V). Die Bestimmung einer Tiefenbegrenzungslinie hat sich zur Einhaltung des Vorteilsprinzips und zur Beachtung des Gleichheitsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) an Kriterien für eine möglichst realitätsnahe Abgrenzung der Innen- von den Außenbereichsflächen im Geltungsbereich der Tiefenbegrenzung auszurichten. Ein sachgerechter Anhaltspunkt dafür, dass eine bauliche Nutzung über eine bestimmte Tiefe hinaus in der Regel nicht stattfindet, stellt – wenn eine solche ermittelbar ist – die ortsübliche Tiefe der baulichen Nutzung dar (OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 03.05.2011 – 1 L 59/10 –, NordÖR 2011, 493 – 499, zit. nach juris). Die gewählte Tiefenbegrenzung muss die typischen örtlichen Verhältnisse tatsächlich widerspiegeln und sich an der ortsüblichen baulichen Nutzung orientieren. Für die Festsetzung der an diesen Verhältnissen zu orientierenden Tiefenbegrenzung steht dem Ortsgesetzgeber ein normgeberisches Ermessen zu. Um dieses Ermessen ordnungsgemäß ausüben zu können, muss er vor Beschlussfassung über die Satzung und Festlegung der Tiefenbegrenzung die örtlichen Verhältnisse sorgfältig und willkürfrei ermitteln. Die Ergebnisse dieser Ermittlung sollen als Nachweis für die Kalkulation dokumentiert werden (OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 14.09.2010 – 4 K 12/07 –, KStZ 2011, 215 – 218, zit. nach juris; vgl. im Einzelnen zur Vorgehensweise OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 10.10.2012 – 1 L 27/09 –, juris Rnr. 91-94).
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Abgesehen von dem fehlerhaften Ansatz zur Bestimmung der Tiefenbegrenzung hat die später durchgeführte Datenermittlung und -auswertung auch zu einem deutlichen Unterschied der zu berücksichtigen Grundstückstiefe geführt. Wie der Beklagte selbst im Hinblick auf den Erlass der am 21. Juni 2012 neu beschlossenen Schmutzwasserbeitragssatzung (Satzung 2012) mit Schriftsatz vom 22. Juni 2012 mitgeteilt hat, habe die Ermittlung der „sachgerechten“ Tiefe zu einem „völlig eindeutigen“ Ergebnis einer anzusetzenden Tiefe von 35 m geführt. Es ist deshalb ausgeschlossen, die festgelegte Tiefenbegrenzungslinie im Ergebnis für ermessensgerecht zu erachten.
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Der danach festzustellende Verstoß von § 3 Abs. 4 lit. d) der Satzung gegen den Vorteilsgrundsatz (§ 7 Abs. 1 Satz 3 KAG) und das Gleichbehandlungsprinzip führt zur Unwirksamkeit der gesamten Schmutzwasserbeitragssatzung. Die Normierung einer Tiefenbegrenzung ist im Anschlussbeitragsrecht zwar nicht vorgeschrieben. Ihre Anordnung steht vielmehr im Ermessen des Ortsgesetzgebers. Fehlt sie, sind in jedem Einzelfall die örtlichen Grundstücksverhältnisse zu betrachten und der Kalkulation des Beitragssatzes sowie der Heranziehung des einzelnen Grundstückseigentümers zugrunde zu legen. Dies kann dazu führen, dass eine Beitragssatzung trotz festgestellter Unwirksamkeit der Tiefenbegrenzung fortbesteht. Hier ist eine Fortgeltung der Schmutzwasserbeitragssatzung trotz Unwirksamkeit der Tiefenbegrenzungsregelung jedoch ausgeschlossen. Die Ungültigkeit eines Teils einer Satzungsbestimmung schlägt nur dann nicht auf die gesamte Regelung mit der Folge der Gesamtnichtigkeit durch, wenn die Restbestimmungen auch ohne den nichtigen Teil sinnvoll bleiben und mit Sicherheit anzunehmen ist, dass sie auch ohne diesen erlassen worden wären (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 14.09.2010 – 4 K 12/07 –, KStZ 2011, 215 – 218, zit. nach juris, auch zum Folgenden). Vorliegend sind beide Voraussetzungen nicht gegeben. § 3 Abs. 4 lit. d) der Satzung könnte ohne die Regelung über die Tiefenbegrenzung nicht fortbestehen, weil dann bei Grundstücken im Übergangsbereich vom unbeplanten Innenbereich zum Außenbereich als Grundstücksfläche die Gesamtfläche des Grundstücks zählen würde (vgl. § 3 Abs. 4 lit. c) der Satzung). Dies wäre vorteilswidrig, weil dann auch die einer Bebauung entzogene Außenbereichsfläche mitgerechnet würde. Betrachtete man deshalb die gesamte Regelung unter § 3 Abs. 4 lit. d) der Satzung als nichtig, so fehlte dem Beitragsmaßstab eine Regelung über die anrechenbare Grundstücksfläche von solchen Übergangsgrundstücken. Da im Verbandsgebiet zahlreiche Grundstücke dieser Art existieren, wäre die nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG unabdingbare Bestimmung des Beitragsmaßstabes wegen des im Anschlussbeitragsrecht geltenden Grundsatzes der konkreten Vollständigkeit (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, 30.06.2004 – 4 K 34/02 –, juris, Rn. 91) zu beanstanden.
- 14
Der Beklagte kann den angefochtenen Bescheid auch nicht auf die erst später in Kraft getretene Schmutzwasserbeseitigungsbeitragssatzung vom 21. April 2010 (Satzung 2010) stützen (vgl. zu einem solchen Fall bezüglich einer Trinkwasserbeitragssatzung: OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 14. Januar 2014 – 1 L 7/11 –, juris). Es kann hier dahinstehen, ob sich der Beklagte überhaupt auf die erst nach Ablauf der Frist zur Begründung des Berufungszulassungsantrags in Kraft getretene Satzung 2010 stützen kann. Denn diese Satzung 2010, die lediglich die vom Verwaltungsgericht erstinstanzlich beanstandete Regelung des § 3 Abs. 5 lit. d) der Satzung 2008 verändert, hat die vorstehend erörterte fehlerhafte Tiefenbegrenzungsreglung in § 3 Abs. 4 lit. d) Satzung 2008 unverändert – und offensichtlich ebenfalls ohne weitere Ermittlungen – übernommen und erweist sich schon deshalb ebenfalls als insgesamt nichtig.
- 15
Letztlich kann im vorliegenden Fall auch offen bleiben, ob die am 21. Juni 2012 beschlossene Schmutzwasserbeitragssatzung (Satzung 2012) eine rechtswirksame Tiefenbegrenzungsregelung enthält. Zwar hatte das Verwaltungsgericht Greifswald zunächst in einem Parallelverfahren mit Urteil vom 23. August 2012 – 3 A 1656/09 – die Satzung 2012 noch als wirksam erachtet (so auch im Urteil vom 26. Juli 2012 – 3 A 1424/09 –) und erst in einem weiteren Parallelverfahren (Urteil vom 15. November 2012 – 3 A 684/10 –) als unwirksam beurteilt, weil nach Ansicht des Verwaltungsgerichts aufgrund der damals neueren Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern (Urt. v. 10.10.2012 – 1 L 289/11 –) eine qualifizierte Tiefenbegrenzung als solche unzulässig sein solle. Dem ist das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern mit seinem Urteil vom 30. April 2014 – 1 L 80/12 – allerdings entgegen getreten und hat ausdrücklich eine qualifizierte Tiefenbegrenzungsregelung weiterhin für zulässig erachtet.
- 16
Ob die konkrete Tiefenbegrenzungsregelung in der Satzung 2012 einer rechtlichen Prüfung standhielte und die Nichtigkeit der vorherigen Satzungen zu „heilen“ vermöge, wie der Beklagte vorträgt, bedarf vorliegend keiner abschließenden Prüfung. Denn auf die Rechtsänderung durch die Satzung 2012 hat der Beklagte nicht rechtzeitig innerhalb der Frist zur Begründung seines Berufungszulassungsantrags sondern erst mit dem am 22. Juni 2012 beim Oberverwaltungsgericht eingegangenen Schriftsatz hingewiesen. Die Satzung 2012 selbst hat der Beklagte sogar erst mit Schriftsatz vom 01. Juli 2014 abgereicht.
- 17
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Beschl. v. 15.12.2003 – 7 AV 2/03, Buchholz 310 § 124 VwGO Nr. 32, NVwZ 2004, 744; zit. nach juris) gebietet es der Zweck des Zulassungsverfahrens,
- 18
„auch solche Rechtsänderungen zu berücksichtigen, die erst nach Erlass des angefochtenen Urteils eingetreten sind. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO öffnet den Zugang zur Rechtsmittelinstanz mit Blick auf das prognostizierte Ergebnis des angestrebten Rechtsmittels. Der Zulassungsgrund hat ebenso wie der Zulassungsgrund besonderer tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) kein Vorbild im Recht der Revisionszulassung. Diese Zulassungsgründe sind auf das Berufungsverfahren zugeschnitten. Sie sollen Richtigkeit im Einzelfall gewährleisten; die maßgebliche Frage geht also dahin, ob die Rechtssache richtig entschieden worden ist. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO will demgemäß den Zugang zu einer inhaltlichen Überprüfung des angefochtenen Urteils in einem Berufungsverfahren in den Fällen eröffnen, in denen die Richtigkeit des angefochtenen Urteils weiterer Prüfung bedarf, ein Erfolg der angestrebten Berufung nach den Erkenntnismöglichkeiten des Zulassungsverfahrens mithin möglich ist. Das gilt für die Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts ebenso wie für die darauf bezogene Rechtsanwendung. Es kommt also nicht darauf an, ob das Verwaltungsgericht angesichts der Rechtslage im Zeitpunkt seiner Entscheidung richtig entschieden hat. Entscheidend ist vielmehr, wie das Berufungsgericht über den Streitgegenstand zu befinden hätte. Im Lichte dieses Zwecks sind im Zulassungsverfahren alle vom Antragsteller dargelegten rechtlichen Gesichtspunkte zu berücksichtigen, die für den Erfolg des angestrebten Rechtsmittels entscheidungserheblich sein könnten (zu dem vergleichbaren Fall einer nachträglichen Änderung der Sachlage vgl. Beschluss vom 11. November 2002 - BVerwG 7 AV 3.02 - Buchholz 310 § 124 VwGO Nr. 31). Dazu gehören auch Rechtsänderungen, die erst nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts eingetreten sind, sofern nach materiellem Recht die neue Rechtslage im Zeitpunkt der Berufungsentscheidung maßgeblich ist. Zu berücksichtigen sind auch solche (dargelegten) Rechtsänderungen, die erst nach Ablauf der Frist eingetreten sind, innerhalb welcher der Antragsteller die ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO darzulegen hat. Ob ein (dargelegter) Grund für die Zulassung der Berufung besteht, beurteilt sich nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts über den Zulassungsantrag. Maßgeblich ist allein, ob nach der Rechtslage in diesem Zeitpunkt das angefochtene Urteil den (dargelegten) ernstlichen Zweifel an seiner Richtigkeit begegnet. Der Ablauf der Frist für die Darlegung solcher Zweifel legt nicht den für die Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt fest. Das gilt auch in dem umgekehrten Fall. Das Oberverwaltungsgericht hat etwa zu berücksichtigen, ob das angefochtene Urteil sich im Lichte einer inzwischen eingetretenen Rechtsänderung aus anderen Gründen als richtig darstellt und zunächst bestehende ernstliche Zweifel an seiner Richtigkeit damit beseitigt sind. Ob die Berufung nach der Sach- und Rechtslage im hierfür maßgeblichen Zeitpunkt zuzulassen ist, hat das Oberverwaltungsgericht allerdings stets nur im Rahmen der rechtzeitig dargelegten Gründe zu beurteilen. Ist erst nach Ablauf der hierfür geltenden Frist eine Rechtsänderung eingetreten, kann der Antragsteller nicht mit Blick auf diese erstmals neue Zulassungsgründe geltend machen; die Rechtsänderung muss aus diesem Grund unberücksichtigt bleiben. Hat der Antragsteller hingegen mit Blick auf eine bevorstehende Änderung der Rechtslage vor Ablauf der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils dargelegt, steht der Berücksichtigung der späteren Rechtsänderung nicht entgegen, dass sie erst nach Ablauf der Frist, aber vor der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts über den Zulassungsantrag eingetreten ist.“
- 19
Die Rechtsänderung durch die Satzung 2012 stand nicht im Sinne dieser Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, bevor. Das Urteil wurde dem Beklagten am 08. Februar 2010 zugestellt, mithin lief die Begründungsfrist am 08. April 2010 ab. Innerhalb dieser Frist hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 30. März 2010 nur auf die bevorstehende Rechtsänderung durch die – allerdings ebenfalls unwirksame – Satzung 2010 hingewiesen. Dieser Hinweis erstreckt sich nicht auf alle späteren Rechtsänderungen, sondern nur auf die konkret bevorstehende (noch offen gelassen im Senatsbeschluss v. 19.11.2013 – 1 L 148/10 –, NordÖR 2014, 245). Das gilt umso mehr als nicht die Frage des materiell-rechtlichen Bestehens des streitgegenständlichen Anspruchs Kern der Zulassungsentscheidung ist, sondern die Überprüfung der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung auf der Grundlage der dargelegten Zulassungsgründe. Deswegen kann eine Rechtsänderung, die erst nach dem Ablauf der Begründungsfrist eintritt, auch nicht erstmals als neuer Zulassungsgrund geltend gemacht werden (so OVG NRW, Beschl. v. 17.10.2011 – 1 A 1731/08 –, juris; siehe auch BayVGH, Beschl. v. 10.01.2014 – 10 ZB 12.957 –, juris).
- 20
Eine Zulassung könnte allenfalls (ausnahmsweise) darüber hinaus (nur) dann in Betracht zu ziehen sein, wenn die Unrichtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung aus einem anderen Grund insbesondere wegen einer nachträglichen Veränderung der Sach- und Rechtslage offensichtlich wäre (vgl. nur Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl., 2014, § 124a Rn. 50). Eine derartige Rechtmäßigkeit der Satzung quasi „auf den ersten Blick“ scheidet hier schon deshalb aus, weil die Rechtmäßigkeitsüberprüfung einer kommunalen Beitragssatzung mit Blick auf die Anforderungen an die Kalkulation, das Regelungssystem und das Verfahren komplex sind. Zudem hat der Beklagte weder eine Beitragskalkulation noch die Verfahrensakte bezüglich der Schmutzwasserbeitragssatzung vom 21. Juni 2012 abgereicht (vgl. zum Darlegungserfordernis auch Senatsbeschluss v. 19.11.2013 – 1 L 148/10 –, NordÖR 2014, 245).
- 21
Soweit der Beklagte (vorsorglich) beantragt hat, die Frist zur Begründung des Berufungszulassungsantrags bis zum 30. April 2010 zu verlängern und ihm bei Nichtverlängerung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen unverschuldeter Versäumung der Begründungsfrist zu bewilligen, kam eine Verlängerung der Frist zur Begründung des Berufungszulassungsantrags nicht in Betracht, weil diese in § 124a Abs. 4 Sätze 4 – 6 VwGO geregelte Frist – anders als die Berufungsbegründungsfrist aus § 124a Abs. 3 VwGO – von Gesetzes wegen nicht verlängerbar ist, da es hierfür an einer § 124 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechenden Regelung fehlt. Für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fehlt es schon an einer Fristversäumung durch den Beklagten. Denn er hat innerhalb der Begründungsfrist seinen Antrag auf Zulassung der Berufung mit Schriftsatz vom 30. März 2010 rechtzeitig begründet. Darauf, dass die Änderung der Rechtslage erst nach Ablauf dieser Frist eingetreten ist und dass diese vom Beklagten unverschuldet sei, kommt es dann im Rahmen des Wiedereinsetzungsantrags nicht mehr an. Im Übrigen hat der Senat bereits von Amts wegen aus den oben ausgeführten Gründen und nach den genannten Maßstäben die im Zulassungsverfahren eingetretenen Tatsachen- und Rechtsänderungen zu berücksichtigen. Danach konnte das auf das Inkrafttreten der Satzung 2010 bezogene Vorbringen aus den genannten Gründen nicht zum Erfolg des Zulassungsantrags führen.
- 22
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
- 23
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47 GKG i.V.m. § 52 Abs. 3 GKG.
- 24
Hinweis:
- 25
Der Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO und § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.
- 26
Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig.
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Annotations
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.
(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.
(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.
(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.
(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.
(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn
- 1.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde oder von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder - 2.
der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält.
(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.
(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.
(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.
(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.
(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.
(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.
(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.
(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.
(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.