Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 30. Jan. 2017 - 1 Bf 50/15.A

bei uns veröffentlicht am30.01.2017

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17. Februar 2015 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg wird zurückgewiesen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Die Kläger tragen die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens.

Hinsichtlich der Kosten des gesamten Verfahrens ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der auf Grund des Urteils vollstreckbaren Kosten abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe der zu vollstreckenden Kosten leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Kläger wenden sich gegen die Ablehnung ihrer Asylanträge als unzulässig sowie die Androhung der Abschiebung nach Österreich.

2

Am 14. September 2014 reisten die Kläger mit dem Flugzeug von Doha/Katar nach München mit einem Schengen-Besucher-Visum in die Bundesrepublik Deutschland ein. Das Visum war von der österreichischen Botschaft in Teheran ausgestellt worden.

3

Am 23. September 2014 stellten die Kläger bei der Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) in Hamburg Asylanträge. Am selben Tag fand beim Bundesamt eine Anhörung („persönliches Gespräch“) zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung des Asylverfahrens statt. In diesem Zusammenhang wurde auf das österreichische Schengen-Visum hingewiesen. Am 14. Oktober 2014 wurde ein Übernahmeersuchen an Österreich gerichtet. Am 29. Oktober 2014 stimmte Österreich der Übernahme zu.

4

Mit Bescheid vom 30. Oktober 2014, den Klägern nach Angaben ihres Prozessbevollmächtigten am 5. November 2014 ausgehändigt, lehnte das Bundesamt die Asylanträge als unzulässig ab und drohte die Abschiebung nach Österreich an. Die Asylanträge seien gemäß § 27a AsylVfG unzulässig, da Österreich aufgrund des ausgestellten Visums gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO für die Behandlung der Asylanträge zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO auszuüben, seien nicht ersichtlich. Es lägen keine Gründe zur Annahme von systemischen Mängeln im österreichischen Asylverfahren vor. Die Anordnung der Abschiebung nach Österreich beruhe auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG.

5

Am 12. November 2014 erhoben die Kläger die vorliegende Klage und stellten einen Eilantrag.

6

Nachdem die Kläger am 28. November 2014 gegenüber dem Bundesamt ihre Asylanträge auf Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG beschränkt und im Übrigen die Asylanträge zurückgenommen hatten, führten sie zur Begründung ihrer Anträge im Wesentlichen aus, dass mit der Teilrücknahme keine Asylanträge im Sinne der Dublin III-Verordnung mehr vorlägen. Eine Anwendbarkeit der Dublin III- Verordnung sei damit nicht mehr gegeben.

7

Mit Beschluss vom 12. Dezember 2014 lehnte das Verwaltungsgericht den Eilantrag ab (10 AE 5342/14).

8

Mit Urteil vom 17. Februar 2015 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Die Zuständigkeit Österreichs gelte auch nach Rücknahme der Asylanträge weiterhin fort. Es sei schon nicht erkennbar, dass die Kläger ihr Schutzgesuch wirksam auf das Bestehen nationaler Abschiebungsverbote beschränkt hätten. Welcher Sachverhalt in diesem Gesuch abweichend von dem die ursprünglichen Asylanträge stützenden Sachverhalt zu Grunde liegen solle, lasse sich dem Schreiben vom 28. November 2014 mangels jeglicher Sachverhaltsschilderung nicht entnehmen. Im Übrigen hätten die Rücknahmen jedenfalls dann keine Auswirkungen auf die bereits begründeten Zuständigkeiten nach der Dublin II-Verordnung oder Dublin III-Verordnung, wenn sie erst nach Zustimmung des anderen Mitgliedstaates erfolgt seien. Bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt der Stellung des ersten Antrages auf internationalen Schutz führe im Übrigen die nach den Kriterien von Kapitel III der Dublin II-Verordnung oder Dublin III-Verordnung begründete Zuständigkeit dazu, dass der danach zuständige Mitgliedstaat auch entscheiden müsse, über welchen Antrag (noch) zu entscheiden und die Erklärung, der ursprüngliche Antrag solle nunmehr beschränkt werden, ihm gegenüber abzugeben sei. Die Entscheidung über inhaltliche Fragen der Schutzgewährung obliege nach Klärung der Zuständigkeit gerade nicht dem ersuchenden Staat und damit der Beklagten. Eine Verpflichtung, die Zuständigkeit nach Art. 17 Abs. 2 Dublin III-VO zu übernehmen, liege nicht vor. Im Übrigen könnten die Kläger sich nicht erfolgreich auf zielstaatsbezogene - bezogen auf Österreich - oder inlandsbezogene Abschiebungsverbote berufen. Dazu trügen sie nichts vor. Das Urteil wurde den Klägern am 23. Februar 2015 zugestellt.

9

Am 23. März 2015 stellten die Kläger den Antrag auf Zulassung der Berufung. Mit am 4. Mai 2015 den Klägern zugestelltem Beschluss vom 30. April 2015 ist die Berufung zugelassen worden.

10

Mit Schreiben vom 27. Mai 2015 entsprachen die österreichischen Behörden einer Bitte des Bundesamtes um Fristhemmung der Überstellungsfrist.

11

Am 4. Juni 2015 ist die Begründung der Berufung bei Gericht eingegangen.

12

Der erkennende Senat hat mit Beschluss vom 9. Juni 2015 unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 12. Dezember 2014 (10 AE 5342/14) die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet (1 Bs 130/15).

13

Zur Begründung ihrer Berufung tragen die Kläger u.a. vor, dass die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 3. Mai 2012 (C-620/10, juris) die im vorliegenden Fall aufgeworfene Frage nicht beantworte. Dem Europäischen Gerichtshof sei gerade nicht eine der vorliegenden Fallkonstellation entsprechende Frage vorgelegt worden. Inwieweit ein Schutzbegehren geprüft werden solle, unterliege der Disposition des Schutzsuchenden. Insofern sei völlig unklar, wie das Verwaltungsgericht zu der Auffassung habe gelangen können, die Kläger würden nur unter formaler Berufung auf § 60 Abs. 5 bzw. 7 AufenthG in Wirklichkeit ein Schutzersuchen vor Verfolgung geltend machen. Die Rücknahme beseitige die Anhängigkeit eines Asylverfahrens ex tunc. Die Kläger seien also so zu behandeln, als hätten sie nie einen Asylantrag gestellt. Fehle es an einem Asylantrag, sei der Anwendungsbereich der Dublin-Verordnung nicht eröffnet. Auch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. März 2016 (1 C 10/15, juris) stehe dem nicht entgegen. Das Urteil beziehe sich auf eine Situation unter der Dublin II-Verordnung. Dass die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts auch für die Dublin III-Verordnung gelten sollten, sei nicht zu unterstellen. So habe der Europäischen Gerichtshof in seinem Urteil vom 7. Juni 2016 (C-63/15, juris) auch im Hinblick auf sein Urteil vom 3. Mai 2012 (C-394/12, juris) ausdrücklich festgestellt, dass sich die Dublin III-Verordnung in wesentlichen Punkten von der Dublin II-Verordnung unterscheide. Unter der Geltung der Dublin III-Verordnung sei, so die Kläger, eine Zustimmungserklärung des ersuchten Mitgliedstaates nach der aktuellen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gerade nicht konstitutiv.

14

Die Kläger beantragen,

15

den Bescheid der Beklagten vom 30. Oktober 2014 unter Abänderung des aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17. Februar 2015 ergangenen Urteils des Verwaltungsgerichts Hamburg aufzuheben.

16

Die Beklagte beantragt,

17

die Berufung zurückzuweisen.

18

Zur Begründung bezieht sie sich auf das Urteil des VGH München vom 21. Mai 2015 (14 B 12.30.323, AuAS 2015, 149, juris Rn. 19 ff.).

Entscheidungsgründe

19

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

20

Der angegriffene Bescheid vom 30. Oktober 2014 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Beklagte hat die Anträge der Kläger zu Recht als unzulässig abgelehnt (I.). Die Androhung der Abschiebung nach Österreich ist rechtlich nicht zu beanstanden (II.).

I.

21

Die Ablehnung der Asylanträge der Kläger als unzulässig ist gem. § 29 Abs. 1 Nr. 1 lit. a AsylG rechtmäßig.

22

Gemäß dem zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Berufung einschlägigen, gem. § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG zu Grunde zu legenden § 29 Abs. 1 Nr. 1 lit. a AsylG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat nach Maßgabe der Dublin III-Verordnung für die Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist. Diese Voraussetzungen liegen vor: Österreich ist auf Grund der Regelungen in der Dublin III-Verordnung für die Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz zuständig (1.). Die Zuständigkeit ist auch nicht nachträglich auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen (2.). Die nach der Ablehnung der Asylanträge der Kläger gemäß des zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides der Beklagten geltenden, im Wesentlichen mit § 29 Abs. 1 Nr. 1 lit. a AsylVfG inhaltsgleichen § 27a AsylVfG erfolgte Rücknahme ihrer Anträge auf Gewährung von Asyl und subsidiären Schutzes sowie Beschränkung auf nationale Abschiebungshindernisse gemäß § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG lässt die Anwendbarkeit der Dublin III-Verordnung nicht entfallen, so dass eine Abschiebung nach Österreich gem. § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG in Betracht kommt (3.).

23

1. Grundsätzlich ist gemäß Art. 12 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO Österreich für die Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz zuständig, da die Kläger mit einem von Österreich ausgestellten Visum direkt von dem Iran aus in Deutschland eingereist sind. Gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. a) Dublin III-VO ist damit Österreich zur Aufnahme der Kläger nach Maßgabe der Art. 21, 22 und 29 Dublin III-VO verpflichtet. Das erforderliche Aufnahmegesuch ist entsprechend Art. 21 Abs. 1 Dublin III-VO innerhalb von drei Monaten nach Antragstellung im Sinne von Art. 20 Abs. 2 Dublin III-VO von der Bundesrepublik Deutschland gestellt worden. Österreich hat gemäß Art. 22 Abs. 1 Dublin III-VO innerhalb der normierten Frist von zwei Monaten positiv entschieden.

24

2. Die Zuständigkeit Österreichs ist nicht nachträglich auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen.

25

Insbesondere sind die Modalitäten und Fristen des Art. 29 Dublin III-VO eingehalten worden. Art. 29 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO bestimmt, dass die Überstellung der Antragsteller spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat oder der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diesem gemäß Art. 27 Abs. 3 Dublin III-VO aufschiebende Wirkung zukommt, zu erfolgen hat. Österreich hat am 29. Oktober 2014 der Übernahme zugestimmt. Die Frist lief somit (zunächst) bis zum 29. April 2015. Diese Frist ist auf Grund des in erster Instanz anhängig gewesenen Eilverfahren überholt worden. Die Überstellungsfrist von sechs Monaten als zeitlich zusammenhängende Frist begann danach erneut mit dem ablehnenden Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 16. Dezember 2014 (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.5.2016, 1 C 15/15, NVwZ 2016, 1185, juris Rn. 11 f.) zu laufen. Während dieser erneut laufenden Sechsmonatsfrist haben sich die österreichischen Behörden mit Schreiben vom 27. Mai 2015 mit einer Hemmung der Überstellungsfrist einverstanden erklärt (vgl. Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO). Hinzu kommt, dass auch in Hinblick auf den Beschluss des erkennenden Senats vom 9. Juni 2015, mit dem unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 12. Dezember 2014 die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet worden ist, die Frist bis zu einer Entscheidung über die Berufung unterbrochen worden ist und erst mit der Endentscheidung (erneut) zu laufen beginnt (vgl. BVerwG, Urt. v. 9.8.2016, 1 C 6/16, juris Rn. 13 ff.). Erst ab diesem Zeitpunkt können die erforderlichen organisatorischen Maßnahmen zur Überstellung getroffen werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 9.8.2016, a.a.O., juris Rn. 17; Hailbronner, AuslR, Stand November 2015, § 27a AsylVfG Rn. 49).

26

Auch sonstige Anhaltspunkte, die gegen die Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Beklagten sprechen könnten, liegen nicht vor. Die gemäß Art. 5 Dublin III-VO erforderliche Anhörung („Persönliches Gespräch“) zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates ist durchgeführt worden.

27

Besondere Umstände, welche die ausnahmsweise Zuständigkeit der Beklagten nach Art. 3 Abs. 2 Satz 2 und 3 Dublin III-VO begründen könnten, liegen ebenfalls nicht vor. Das Vorliegen systemischer Mängel - hier des Asylverfahrens in Österreich - sind weder ersichtlich (vgl. VG Saarlouis, Beschl. v. 11.1.2016, 3 L 2005/15, juris Rn. 6; VG München, Beschl. v. 3.11.2016, M 18 S 16.50833, juris; VG München Beschl. v. 17.11.2016, M 26 S 16.50916, juris Rn. 14 ff.) noch vorgetragen.

28

3. Österreich bleibt auch nach Erklärung der Antragsteller über die Rücknahme der Asylanträge und Beschränkung der Anträge auf die Gewährung von Abschiebungsschutz gemäß § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG für die Durchführung des Verfahrens, auf Gewährung internationalen Schutzes und ggfs. eine Entscheidung über dessen Einstellung einschließlich der Frage, ob eine wirksame Antragsrücknahme vorliegt, zuständig. Die Anwendbarkeit der Dublin III-Verordnung ist durch die erklärte Antragsrücknahme nicht entfallen. Denn die Rücknahme wurde erst nach der nach dem Dublin-System erfolgten verbindlichen Feststellung Österreichs als des für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staates gegenüber dem Bundesamt erklärt. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

29

a) Art. 18 Abs. 1 lit. a Dublin III-VO spricht ebenso wie schon Art. 16 Dublin II-VO ausdrücklich von Aufnahmeverpflichtungen, wenn ein Antragsteller einen Antrag gestellt hat. Dass eine weitere Voraussetzung für die Aufnahmeverpflichtung wäre, dass der Antrag nicht zurückgenommen worden ist, findet sich in den Regelungen nicht. Eine Stütze findet diese Auslegung auch in Art. 18 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 lit. a Dublin III-VO. Danach hat der zuständige Mitgliedstaat den gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen oder seine Prüfung abzuschließen. Dies umfasst auch die Prüfung, ob der Antrag auf internationalen Schutz nach dem Recht des zuständigen Mitgliedstaates wirksam zurückgenommen worden ist (vgl. OVG Schleswig, Beschl. v. 26.6.2015, 2 LA 44/15, NVw-RR 2016, 116, juris Rn. 3).

30

b) Hauptzweck des Dublin-Systems ist die Ermittlung des zuständigen Mitgliedstaates für die Gewährleistung des effektiven Verfahrens zur Beurteilung Antrags auf internationalen Schutz (vgl. zur Dublin II-VO EuGH, Urt. v. 3.5.2012, C-620/10, InfAuslR 2012, 296, juris Rn. 42). Diesem Zweck kann eine nachträgliche Antragsrücknahme nicht entgegenstehen (so ausdrücklich zur Dublin II-Verordnung BVerwG, Urt. v. 22.3.2016, 1 C 10/15, juris Rn. 22.; zustimmend auch in Bezug auf die Dublin III-VO Bergmann in Bergmann/Dienelt, AuslR, 11. Aufl., § 34a AsylG Rn. 27 m.w.N.; Hailbronner, AuslR, Stand November 2015, § 27 a AsylVfG Rn. 59). Dementsprechend steht der Zuständigkeit Österreichs im vorliegenden Fall nicht die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Sache Kastrati (Urt. v. 3.5.2012, C-620/10, InfAuslR 2012, 296, juris) entgegen. Dieser zur Dublin II-Verordnung ergangenen Entscheidung lag ein insoweit nicht vergleichbarer Sachverhalt zu Grunde: Die Rücknahme des Asylantrages erfolgte im Fall Kastrati zu einem Zeitpunkt, zu dem eine Übernahmeerklärung des anderen Mitgliedstaates noch nicht vorlag. Der Europäische Gerichtshof hat die Entscheidung in erster Linie mit der Erwägung begründet, dass in einer solchen Fallkonstellation der Hauptzweck der Dublin II-Verordnung nicht mehr erreicht werden könne (a.a.O., juris Nr. 42). In der vorliegenden Fallkonstellation einer erklärten Rücknahme nach erteilter Übernahmeerklärung kann hingegen der Hauptzweck des Dublin-Systems noch erreicht werden; denn der zuständige Mitgliedstaat hat auf der Grundlage seiner Rechtsvorschriften über die Wirksamkeit der Rücknahme zu befinden und den Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen oder seine Prüfung abzuschließen (vgl. Art. 18 Abs. 2 Dublin III–VO).

31

Gegen den vom Europäischen Gerichtshof identifizierten Hauptzweck der Dublin-Verordnung, nämlich die Ermittlung des für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständigen Mitgliedstaates, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Beurteilung der Flüchtlingseigenschaft (vgl. Urt. v. 3.5.2012, C-620/10, InfAuslR 2012, 296, juris Rn. 42.) bzw. des Anspruchs auf internationalen Schutzes zu gewährleisten, wird teilweise eingewandt, dass der Antragsteller durch Rücknahme des Asylantrages zum Ausdruck gebracht habe, dass er eine Prüfung des Vorliegens der Flüchtlingseigenschaft bzw. des Anspruchs auf Gewährung internationalen Schutzes nicht mehr wünsche und es damit nicht mehr der Ermittlung des hierfür zuständigen Mitgliedstaats bedürfe (so Müller in NK-AuslR, 2. Aufl. 2016 § 34a AsylVfG/AsylG, Rn. 7). Dies vermag nicht zu überzeugen. Nach dem Dublin System soll es gerade nicht in der Hand des bzw. der jeweiligen Antragsteller liegen, wer für die Bearbeitung ihres bzw. ihrer Anträge zuständig ist. Vielmehr soll ein einheitliches Regime für die Regelung der Zuständigkeiten gewährleistet werden. Dies würde aber unterlaufen, wenn man in einer Fallkonstellation wie der vorliegenden, in der schon eine Zuständigkeitsregelung durch Abgabe der Übernahmeerklärung erfolgt ist, allein auf den Willen des Antragstellers abstellt. Mit der Zustimmung zum Übernahmegesuch steht der für die Prüfung des Antrages zuständige Mitgliedstaat fest. In diesem Sinne kommt ihr eine konstitutive Wirkung zu (vgl. Hailbronner, a.a.O. zu § 27 a AsylVfG Rn. 59 m.w.N.). Dies wird im Übrigen auch durch Art. 7 Abs. 2 Dublin III-VO, der Art. 5 Abs. 2 Dublin II-VO entspricht, unterstrichen: Danach ist bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständige Mitgliedstaates von der Situation auszugehen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat gestellt hat.

32

c) Entgegen der Ansicht der Kläger kann es bei der Frage der Anwendbarkeit der Dublin III-Verordnung auch nicht darauf ankommen, ob im Falle der Rücknahme des Asylantrages der Antragsrücknahme eine ex tunc oder ex nunc Wirkung zuzumessen ist. Denn eine, wie es das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 22. März 2016 (1 C 10/15, juris Rn. 23) ausführt, - wirksame - Rücknahme des Asylantrages führt nicht ipso jure zum Abschluss des Asylverfahrens. Dies ist, wie sich aus dem Regelungsgefüge der Dublin III-Verordnung ergibt, erst dann der Fall, wenn die zuständige mitgliedstaatliche Behörde eine abschließende Entscheidung getroffen hat (BVerwG, Urt. v. 22.3.2016, ebenda).

33

d) Soweit die Kläger unter Bezugnahme auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 7. Juni 2016 (C-63/15, NVwZ 2016, 1157, juris) geltend machen, dass die Dublin III-Verordnung Veränderungen gegenüber der Dublin II-Verordnung erfahren habe und insoweit von einer Vergleichbarkeit nicht mehr ausgegangen werden könne, kann dem nicht gefolgt werden. Diese Änderungen berühren die vorliegende Fallkonstellation nicht:

34

aa) Unter dem 1. Erwägungsgrund der Dublin III-VO wird ausgeführt, dass die Dublin II-Verordnung in einigen wesentlichen Punkten habe geändert werden müssen. Die Dublin II-Verordnung war auf Asylanträge beschränkt (vgl. Art. 1 Dublin II-VO), die gemäß Art. 2 lit. c Dublin II-VO nur das Ersuchen um internationalen Schutz eines Mitgliedstaats im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention erfassten. Hingegen erstreckt sich die Dublin III-Verordnung auf Anträge auf internationalen Schutz (vgl. Art. 1 Dublin III-VO), was gemäß Art. 2 lit. d Dublin III-VO die Gesamtheit der Prüfungsvorgänge, der Entscheidungen und Urteile der zuständigen Behörden in Bezug auf einen Antrag auf internationalen Schutz nach der Richtlinie 2013/32/EU (Asylverfahrensrichtlinie) und der Richtlinie 2011/95/EU (Qualifikationsrichtlinie) mit Ausnahme der Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaats nach Maßgabe der Dublin III-Verordnung umfasst. Dies umfasst insbesondere auch den Antrag auf Gewährung subsidiären Schutzes. Ausweislich der Erwägungsgründe zur Dublin-III-Verordnung betreffen die Änderungen vor allem Fragen der Bearbeitung der von Mitgliedern einer Familie gestellten Anträge auf internationalen Schutz mit dem Ziel der Sicherstellung der Bearbeitung durch ein und denselben Mitgliedstaat (vgl. u.a. 15 ff. Erwägungsgründe Dublin III-VO). Auch der subjektive Rechtsschutz ist ausgebaut worden (vgl. u.a. Art. 27 Dublin III-VO). Anhaltspunkte aber dafür, dass diese Änderungen auch die Verfahrens- und Zuständigkeitsregelungen, auf die die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts gestützt worden ist, erfassen sollten, sind nicht ersichtlich. Im 29. Erwägungsgrund Dublin III-VO wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Kontinuität zwischen dem in der Dublin II-Verordnung festgelegten Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates und dem in dieser Verordnung, also der Dublin III-Verordnung, vorgesehenen Verfahren sichergestellt werden solle.

35

bb) Entgegen der Ansicht der Kläger ergibt sich Gegenteiliges auch nicht aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 7. Juni 2016 (a.a.O). Sie weisen zwar zu Recht darauf hin, dass der Europäische Gerichtshof ausdrücklich den Umstand des Bestehens von Unterschieden zwischen der Dublin II-Verordnung und der Dublin III-Verordnung hervorgehoben hat (a.a.O., juris Rn. 34). Gegenstand der Entscheidung war allerdings nicht die hier zur Entscheidung anstehende Frage der Zuständigkeit des Mitgliedstaates (hier Österreich) bei Rücknahme eines Asylantrages und Beschränkung auf nationalen Abschiebungsschutz nach schon erfolgter Übernahmeentscheidung. Gegenstand der Entscheidung war allein die erste Vorlagefrage zur Reichweite von Art. 27 Dublin III-VO gegebenenfalls in Verbindung mit dem 19. Erwägungsgrund dieser Verordnung (a.a.O., juris Rn. 28). Der Europäische Gerichtshof hat hierzu u.a. festgestellt, dass, soweit sich der 19. Erwägungsgrund der Dublin III-VO auf die Prüfung der Anwendung der Verordnung beziehe, die im Rahmen des in ihrem Art. 27 Abs. 1 vorgesehenen Rechtsbehelfs gegen die Überstellungsentscheidung vorzunehmen sei, diese Bezugnahme dahin zu verstehen sei, dass sie insbesondere auf die Überprüfung der richtigen Anwendung der in Kapitel III der Verordnung normierten Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats einschließlich des in Art. 12 der Verordnung genannten Zuständigkeitskriterien abziele (a.a.O. Rn. 44).

36

e) Es kommt nach alledem nicht mehr darauf an, ob die Rücknahme der Asylanträge durch die Kläger nach deutschem Recht wirksam erfolgt ist.

II.

37

Anhaltspunkte dafür, dass die Abschiebungsanordnung für eine Abschiebung nach Österreich, die ihre Rechtsgrundlage in § 34a Abs. 1 AsylG findet, rechtsfehlerhaft erfolgt ist, sind nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich.

III.

38

Die Kläger haben als Unterlegene die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens gem. § 83b AsylG, §§ 154 Abs. 1, 159 VwGO zu tragen. Das Urteil ist gemäß § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO vorläufig vollstreckbar. Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht erfüllt sind.

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(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.

(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.

Tatbestand

1

Der Kläger, nach eigenen Angaben malischer Staatsangehöriger, wendet sich gegen die Ablehnung seines Asylantrags als unzulässig und gegen die Anordnung seiner Abschiebung nach Italien.

2

Der Kläger reiste 2013 in das Bundesgebiet ein und beantragte seine Anerkennung als Asylberechtigter. Nachdem das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) über einen Eurodac-Treffer Kenntnis davon erhielt, dass der Kläger 2009 in Italien einen Asylantrag gestellt hat, richtete es im November 2013 ein Wiederaufnahmeersuchen an Italien, das nicht beantwortet wurde. Daraufhin entschied es mit Bescheid vom 21. Januar 2014, dass der Asylantrag wegen anderweitiger internationaler Zuständigkeit unzulässig ist (Ziffer 1), und ordnete die Abschiebung des Klägers nach Italien an (Ziffer 2).

3

Das Verwaltungsgericht ordnete mit Beschluss vom 4. März 2014 die aufschiebende Wirkung der Klage an. Mit Urteil vom 28. November 2014 wies es die Klage ab. Das Oberverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 4. Februar 2016 den Bescheid des Bundesamts aufgehoben und zur Begründung ausgeführt: Nach der Dublin II-Verordnung sei die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens auf Deutschland übergegangen, weil der Kläger nicht rechtzeitig nach Italien überstellt worden sei. Die sechsmonatige Überstellungsfrist habe nach dem Wiederaufnahmegesuch vom November 2013 und der fehlenden Reaktion der Italiener im Dezember 2013 begonnen. Mit Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage durch das Verwaltungsgericht sei sie im März 2014 zwar unterbrochen worden, habe mit Ende der aufschiebenden Wirkung im April 2015 aber erneut begonnen. Werde die Anfechtungsklage im ersten Rechtszug abgewiesen, ende die aufschiebende Wirkung nach § 80b Abs. 1 VwGO drei Monate nach Ablauf der gesetzlichen Begründungsfrist des gegen die Entscheidung gegebenen Rechtsmittels. Dies sei hier der innerhalb eines Monats zu stellende und zu begründende Antrag auf Zulassung der Berufung. Der rechtswidrige Bescheid bewirke auch eine Rechtsverletzung des Klägers. Das Fristenregime der Dublin II-Verordnung begründe für sich genommen zwar keine einklagbaren subjektiven Rechte. Der Kläger habe aber aus dem materiellen Recht einen Anspruch darauf, dass die unionsrechtlich zuständige Beklagte seinen Asylantrag prüfe. Dies gelte nur dann nicht, wenn die Aufnahmebereitschaft eines anderen Mitgliedstaats positiv feststehe. Dies sei hier nicht der Fall. Durch die (fingierte) Erklärung zur Wiederaufnahme habe Italien nur eine Überstellung innerhalb der Überstellungsfrist akzeptiert. Nach erfolgter Zuständigkeitsbestimmung sei grundsätzlich davon auszugehen, dass nur der nach der Dublin-Verordnung zuständige Mitgliedstaat bereit sei, das Asylverfahren durchzuführen. Vorliegend fehlten jegliche Anhaltspunkte für die Annahme, dass Italien den Fristablauf und die daraus folgende Zuständigkeit der Beklagten - generell oder im Einzelfall - nicht einwende. Die Unzulässigkeitsentscheidung könne auch nicht in eine andere rechtmäßige Entscheidung umgedeutet werden.

4

Die Beklagte macht mit der Revision insbesondere geltend, dass die Überstellungsfrist noch nicht abgelaufen sei. Ordne das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage an, beginne die Frist auch bei einem klagabweisenden Urteil erst mit der Rechtskraft der Hauptsacheentscheidung. Denn erst dann sei sichergestellt, dass die Überstellung tatsächlich erfolgen werde, und es müssten nur noch die Modalitäten geregelt werden.

5

Der Kläger verteidigt die angegriffene Entscheidung.

Entscheidungsgründe

6

Die Revision der Beklagten, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 101 Abs. 2 in Verbindung mit § 141 Satz 1 und § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO), hat keinen Erfolg.

7

Das Berufungsurteil verstößt nicht gegen revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 VwGO). Der Bescheid des Bundsamts für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt - vom 21. Januar 2014 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO). Die Voraussetzungen, unter denen ein Asylantrag wegen anderweitiger internationaler Zuständigkeit unzulässig ist, liegen nicht vor (1.). Die (Unzulässigkeits-)Entscheidung kann nicht auf anderer Rechtsgrundlage aufrechterhalten bleiben (2.) und verletzt den Kläger unter den hier gegebenen Umständen in eigenen Rechten (3.). Damit fehlt es auch an den Voraussetzungen für den Erlass einer Abschiebungsanordnung (4.).

8

Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des Klagebegehrens ist das Asylgesetz i.d.F. der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798), zuletzt geändert durch das am 6. August 2016 in Kraft getretene Integrationsgesetz (IntG) vom 31. Juli 2016 (BGBl. I S. 1939). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Rechtsänderungen, die nach der Berufungsentscheidung eintreten, zu berücksichtigen, wenn das Berufungsgericht - entschiede es anstelle des Revisionsgerichts - sie seinerseits zu berücksichtigen hätte (BVerwG, Urteil vom 11. September 2007 - 10 C 8.07 - BVerwGE 129, 251 Rn. 19). Da es sich vorliegend um eine asylrechtliche Streitigkeit handelt, bei der das Berufungsgericht nach § 77 Abs. 1 AsylG regelmäßig auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung abzustellen hat, müsste es seiner Entscheidung, wenn es jetzt entschiede, die während des Revisionsverfahrens in Kraft getretenen Änderungen des Asylgesetzes zugrunde legen. Mit dem Integrationsgesetz hat der Gesetzgeber zur besseren Übersichtlichkeit und Vereinfachung der Rechtsanwendung in § 29 Abs. 1 AsylG die möglichen Gründe für die Unzulässigkeit eines Asylantrags in einem Katalog zusammengefasst (BT-Drs. 18/8615 S. 51), ohne dass hierdurch materiell die Voraussetzungen für eine Unzulässigkeit wegen anderweitiger internationaler Zuständigkeit (bislang: § 27a Asyl(Vf)G; nunmehr: § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG) in der Sache geändert worden sind.

9

1. Ungeachtet der gewählten Formulierung hat das Bundesamt im angefochtenen Bescheid unter Ziffer 1 ("Der Asylantrag ist unzulässig") eine rechtsgestaltende Regelung über die Unzulässigkeit des Asylantrags wegen anderweitiger internationaler Zuständigkeit nach § 27a Asyl(Vf)G (inzwischen: § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG) getroffen; hiergegen ist die Anfechtungsklage die allein statthafte Klageart (BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2015 - 1 C 32.14 - Buchholz 451.902 Europ Ausländer- u Asylrecht Nr. 79 Rn. 13 ff.).

10

Die Klage ist insoweit auch begründet. Die Voraussetzungen des § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG liegen nicht vor. Danach ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat a) nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 S. 31) - Dublin III-VO - oder b) aufgrund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrags für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.

11

a) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass für die Beurteilung der internationalen Zuständigkeit im vorliegenden Fall nach der Übergangsregelung in Art. 49 Abs. 2 Dublin III-VO weiterhin die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (ABl. L 050 S. 1) - Dublin II-VO -, maßgeblich ist, weil Asylantrag und Wiederaufnahmegesuch vor dem maßgeblichen Stichtag (1. Januar 2014) gestellt worden sind.

12

b) Ob nach der Dublin II-Verordnung - wie vom Berufungsgericht angenommen - zunächst Italien (originär) zuständig war, bedarf keiner abschließenden Entscheidung, da die Zuständigkeit jedenfalls wegen nicht fristgerechter Überstellung auf Deutschland übergegangen ist.

13

Nach Art. 20 Abs. 2 Satz 1 Dublin II-VO geht die Zuständigkeit für die Prüfung eines Asylantrags auf den Mitgliedstaat über, in dem der Antrag eingereicht wurde, wenn die Überstellung - vorbehaltlich hier nicht einschlägiger Verlängerungsmöglichkeiten nach Art. 20 Abs. 2 Satz 2 Dublin II-VO - nicht innerhalb einer Frist von sechs Monaten durchgeführt wird. Diese Frist beginnt nach Art. 20 Abs. 1 Buchst. d Satz 2 Dublin II-VO mit der Annahme des Wiederaufnahmeantrags durch einen anderen Mitgliedstaat (erste Variante) oder der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat (zweite Variante). Bei der Auslegung dieser Bestimmung ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) zum einen die Effektivität des von den Mitgliedstaaten gewährleisteten gerichtlichen Rechtsschutzes zu wahren und der Grundsatz der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten zu respektieren. Zum anderen ist sicherzustellen, dass die Mitgliedstaaten auch bei der zweiten Variante die volle Frist zur Bewerkstelligung der Überstellung nutzen können. Die Frist beginnt bei der zweiten Variante daher erst zu laufen, wenn sichergestellt ist, dass die Überstellung in Zukunft erfolgen wird und lediglich deren Modalitäten zu regeln bleiben, d.h. ab der gerichtlichen Entscheidung, mit der über die Rechtmäßigkeit des Verfahrens entschieden wird und die der Durchführung nicht mehr entgegenstehen kann (EuGH, Urteil vom 29. Januar 2009 - C-19/08 [ECLI:EU:C:2009:41], Petrosian - Rn. 43 ff.).

14

Daraus folgt, dass die Überstellungsfrist grundsätzlich nach der ersten Variante mit der Annahme des (Wieder-)Aufnahmegesuchs durch den ersuchten Mitgliedstaat anläuft und die zweite Variante erst greift, wenn eine Überstellungsentscheidung erlassen wurde und einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf nach nationalem Recht aufschiebende Wirkung zukommt. Der Übergang von der ersten auf die zweite Variante des Art. 20 Abs. 1 Buchst. d Dublin II-VO setzt allerdings voraus, dass die mit der Annahme des (Wieder-)Aufnahmegesuchs angelaufene Überstellungsfrist noch nicht abgelaufen war, da die an den Ablauf der Überstellungsfrist nach Art. 20 Abs. 2 Satz 1 Dublin II-VO geknüpften Rechtsfolgen durch ein Ereignis, das eine neue Überstellungsfrist in Lauf setzt, nicht rückgängig gemacht werden können. Zugleich ergibt sich aus Sinn und Zweck der in die zweite Variante aufgenommenen Beschränkung auf einen Rechtsbehelf, der aufschiebende Wirkung hat, dass bei dieser Variante der Beginn der Überstellungsfrist nur so lange herausgeschoben wird, wie die Überstellungsentscheidung wegen eines Rechtsbehelfs nicht vollzogen werden darf. Entfällt die aufschiebende Wirkung, sind die Behörden ab diesem Zeitpunkt aus Rechtsgründen nicht länger an der Durchführung der Abschiebung gehindert (vgl. BVerwG, Vorlagebeschluss vom 27. April 2016 - 1 C 22.15 - juris Rn. 21 f. zur Nachfolgeregelung in Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO). Folglich ist der Fristanlauf bei der zweiten Alternative nur für die Dauer der aufschiebenden Wirkung herausgeschoben. Endet diese vor einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, kann die Überstellungsentscheidung ab diesem Zeitpunkt vollzogen werden und sind nur noch die Modalitäten der Überstellung zu regeln. Damit entfällt die Rechtfertigung für einen weiteren Aufschub des Fristanlaufs und ist sichergestellt, dass den Mitgliedstaaten - ausgehend von dem Ziel der Bestimmung, ihnen bei beiden Varianten die gleiche Frist von sechs Monaten zur Durchführung der Überstellung einzuräumen - keine kürzere, aber auch keine längere Frist zur Regelung der Modalitäten zur Verfügung steht.

15

Nach nationalem Recht kommt der gegen eine Überstellungsentscheidung erhobenen Klage zwar nicht kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung zu (§ 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 75 Abs. 1 AsylG). Der Betroffene kann aber - innerhalb einer Frist von einer Woche (§ 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG) - nach § 80 Abs. 5 VwGO einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Abschiebungsanordnung stellen. Gibt das Verwaltungsgericht diesem Antrag - wie hier geschehen - statt, endet die aufschiebende Wirkung nach § 80b Abs. 1 VwGO mit der Unanfechtbarkeit oder, wenn die Anfechtungsklage im ersten Rechtszug abgewiesen worden ist, drei Monate nach Ablauf der gesetzlichen Begründungsfrist des gegen die abweisende Entscheidung gegebenen Rechtsmittels, wenn nicht das Oberverwaltungsgericht nach § 80b Abs. 2 VwGO auf Antrag die Fortdauer der aufschiebenden Wirkung anordnet. Dabei ist maßgebliches Rechtsmittel, wenn das Verwaltungsgericht die Berufung nicht zulässt, der Antrag auf Zulassung der Berufung nach § 124a Abs. 4 VwGO mit der Folge, dass als Bezugspunkt für die Dreimonatsfrist auf den Ablauf der Frist zur Darlegung der Zulassungsgründe und nicht auf den Ablauf der Berufungsbegründungsfrist nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung abzustellen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2014 - 5 C 1.13 D - Buchholz 300 § 198 GVG Nr. 3 Rn. 22).

16

Der Wortlaut des § 80b Abs. 1 VwGO steht dieser Auslegung nicht entgegen, auch wenn nach dem Rechtsmittelrecht das gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts gegebene Rechtsmittel - auch bei der Zulassungsberufung - die Berufung selbst (§ 124 Abs. 1 VwGO) und nicht der Antrag auf Zulassung der Berufung ist und der in § 80b Abs. 1 VwGO verwendete Begriff "gesetzliche Begründungsfrist" terminologisch eher eine Verknüpfung mit der nach Zulassung der Berufung nach § 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO zu wahrenden Berufungsbegründungsfrist aufweist, während es im Zulassungsverfahren einer Darlegung der Zulassungsgründe bedarf (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO/§ 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG). Vor allem teleologische Gründe sprechen dafür, bei der Zulassungsberufung bereits den Antrag auf Zulassung der Berufung als "Rechtsmittel" im Sinne des § 80b Abs. 1 VwGO anzusehen. Denn nach Sinn und Zweck soll die Begrenzung der aufschiebenden Wirkung der missbräuchlichen Ausnutzung des Suspensiveffektes entgegenwirken (BT-Drs. 13/3993 S. 9 und 11). Da das erstinstanzliche Urteil mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung rechtskräftig wird (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO), käme § 80b Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 VwGO bei einem Abstellen auf die Berufungsbegründungsfrist von vornherein nur im Falle einer positiven Zulassungsentscheidung durch das Berufungsgericht zur Anwendung, also in Konstellationen, in denen ein Zulassungsgrund vorliegt und damit nicht selten auch die Voraussetzungen für eine Anordnung nach § 80b Abs. 2 VwGO gegeben sein dürften. Bei aussichtslosen Rechtsmitteln, auf deren Verhinderung die Bestimmung gerade zielt, würde sie hingegen leerlaufen. Zudem hinge das Ende der aufschiebenden Wirkung von der (ungewissen) Dauer des obergerichtlichen Zulassungsverfahrens ab und würde gerade in den Fällen, in denen das Verwaltungsgericht - soweit außerhalb des gerichtlichen Asylverfahrens möglich - keine Veranlassung zur Zulassung der Berufung sieht, die aufschiebende Wirkung länger andauern als bei Zulassung der Berufung unmittelbar durch das Verwaltungsgericht. Für diese Auslegung spricht im Übrigen auch die Entstehungsgeschichte der Norm. Denn im Gesetzgebungsverfahren wurde das Fristende um drei Monate nach hinten verschoben. Diese Verschiebung wurde vor allem mit einer "Parallelisierung" der Entscheidung des Berufungsgerichts über die Zulassung der Berufung und einer Eilentscheidung gemäß § 80b Abs. 2 VwGO begründet (BT-Drs. 13/5098 S. 23).

17

Ordnet das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen eine Abschiebungsanordnung an, weist es die Klage in der Hauptsache aber ab, endet die aufschiebende Wirkung folglich - vorbehaltlich einer nach § 80b Abs. 2 VwGO möglichen Anordnung des Oberverwaltungsgerichts, dass die aufschiebende Wirkung fortdauert - nach § 80b Abs. 1 VwGO drei Monate nach Ablauf der Frist zur Darlegung der Zulassungsgründe. In diesem Fall stellt das klageabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts die vom EuGH geforderte gerichtliche Entscheidung dar, mit der über die Rechtmäßigkeit des Verfahrens entschieden wird. Der Durchführung der Überstellung steht nach nationalem Prozessrecht aber erst mit dem gesetzlich auf einen späteren Zeitpunkt festgelegten Ende der aufschiebenden Wirkung nichts mehr im Wege. Dies hat - wie vom Berufungsgericht zutreffend angenommen - zur Folge, dass die Überstellungsfrist nicht schon mit der Zustellung des klagabweisenden erstinstanzlichen Urteils, sondern erst mit dem Ende der aufschiebenden Wirkung beginnt, da der für die Überstellung zuständigen Behörde ansonsten nicht die mit der Regelung in Art. 20 Abs. 1 Buchst. d Satz 2 Dublin II-VO bezweckte zusammenhängende Überstellungsfrist von sechs Monaten zur Verfügung stünde, in der nur noch die Überstellungsmodalitäten zu regeln sind.

18

Etwaigen Unwägbarkeiten bei der Durchführung der Überstellung, die sich daraus ergeben können, dass die Überstellungsfrist mit dem Ende der aufschiebenden Wirkung automatisch in Gang gesetzt wird, der Kläger nach Zulassung der Berufung aber jederzeit einen Antrag nach § 80b Abs. 2 VwGO auf Fortdauer der aufschiebenden Wirkung stellen kann, dem das Berufungsgericht bei entsprechenden Erfolgsaussichten stattgeben wird, kann das Bundesamt dadurch begegnen, dass es jedenfalls in Fällen, in denen aufgrund der Zulassung der Berufung ernstliche Zweifel an der Richtigkeit seiner Entscheidung bestehen, von sich aus nach § 80 Abs. 4 VwGO die Vollziehung der Abschiebungsanordnung bis zur Rechtskraft der Hauptsacheentscheidung förmlich aussetzt. Eine derartige behördliche Entscheidung steht in ihren Wirkungen einer gerichtlichen Anordnung der aufschiebenden Wirkung gleich und hat zur Folge, dass die Verfügung weiterhin nicht vollzogen werden darf (vgl. § 80b Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO) und damit die Überstellungsfrist erneut unterbrochen wird. Unionsrecht steht einem solchen Vorgehen für diese Fallkonstellation nicht entgegen. Dies ergibt sich im Anwendungsbereich der Dublin III-VO aus der ausdrücklichen Ermächtigung in Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO. Danach können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass die zuständigen Behörden beschließen können, von Amts wegen tätig zu werden, um die Durchführung der Überstellungsentscheidung bis zum Abschluss des Rechtsbehelfs oder der Überprüfung auszusetzen. Dass eine behördliche Aussetzungsentscheidung auch im Geltungsbereich der Dublin II-VO zu einer Unterbrechung der Überstellungsfrist nach der zweiten Variante des Art. 20 Abs. 1 Buchst. d Satz 2 Dublin II-VO führt, ergibt sich daraus, dass es sich bei dem dort verwendeten Begriff der "aufschiebenden Wirkung" um einen unionsrechtlichen Begriff handelt, der alle Fälle erfasst, in denen eine Überstellungsentscheidung nach den nationalen Vorschriften zur Ausgestaltung des Rechtsbehelfsverfahrens nicht vollzogen werden darf (vgl. BVerwG, Vorlagebeschluss vom 27. April 2016 - 1 C 22.15 - juris Rn. 19 zur Nachfolgeregelung in Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO).

19

Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass hier die zweite Variante des Art. 20 Abs. 1 Buchst. d Satz 2 Dublin II-VO maßgeblich geworden ist. Mit der (fingierten) Annahme des Wiederaufnahmegesuchs durch die italienischen Behörden im Dezember 2013 begann die Überstellungsfrist zwar zunächst nach der ersten Variante. Die Beklagte hat aber noch im gleichen Monat und damit rechtzeitig vor Ablauf der Frist nach der ersten Variante die streitgegenständliche (Überstellungs-)Entscheidung getroffen. Die vom Kläger hiergegen erhobene Klage hatte zwar nicht von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung, der Kläger hat aber rechtzeitig einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage nach § 80 Abs. 5 VwGO gestellt, dem das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 4. März 2014 stattgegeben hat. Mit dieser Entscheidung lagen die Voraussetzungen für einen Fristbeginn nach der zweiten Alternative (Rechtsbehelf, dem aufschiebende Wirkung zukommt) vor.

20

Auch die Annahme des Berufungsgerichts, dass die Überstellungsfrist nach der zweiten Variante zum Zeitpunkt seiner Entscheidung abgelaufen war, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere beginnt die Überstellungsfrist hier - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht erst mit der Rechtskraft der Hauptsacheentscheidung zu laufen. Da das Verwaltungsgericht die Klage mit Urteil vom 28. November 2014 abgewiesen und das Berufungsgericht nicht die Fortdauer der aufschiebenden Wirkung angeordnet hat, endete die aufschiebende Wirkung der Klage nach § 80b Abs. 1 VwGO von Gesetzes wegen drei Monate nach Ablauf der gesetzlichen Begründungsfrist des gegen die abweisende Entscheidung gegebenen Rechtsmittels. Dabei kommt als Rechtsmittel im Anwendungsbereich des Asylgesetzes nur der Antrag auf Zulassung der Berufung nach § 78 Abs. 2 bis 4 AsylG in Betracht. Für diesen Antrag waren die Zulassungsgründe aufgrund der Sonderregelung für asylgerichtliche Verfahren in § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG innerhalb der einmonatigen Frist zur Stellung des Antrags auf Zulassung der Berufung darzulegen. Nachdem die Zustellung des erstinstanzlichen Urteils am 2. Dezember 2014 erfolgte, endete die aufschiebende Wirkung folglich am 2. April 2015. Damit begann die sechsmonatige Überstellungsfrist und ist die Zuständigkeit jedenfalls mit ihrem Ablauf am 2. Oktober 2015 - und damit vor dem maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsgerichts im Februar 2016 - auf Deutschland übergegangen.

21

2. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass Ziffer 1 des Bescheids auch nicht auf anderer Rechtsgrundlage aufrechterhalten bleiben kann. Dabei kann dahinstehen, ob der Asylantrag nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG unzulässig ist, weil es sich um einen Zweitantrag handelt und die Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens nach § 71a AsylG nicht vorliegen. Denn bei einer auf § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG in Verbindung mit § 71a AsylG gestützten (Unzulässigkeits-)Entscheidung würde es sich prozessual um einen anderen Streitgegenstand mit für den Kläger ungünstigeren Rechtsfolgen handeln, weil sie zur Folge hätte, dass der (Zweit-)Antrag des Klägers auch von keinem anderen Staat geprüft würde und er grundsätzlich in jeden zu seiner Aufnahme bereiten Staat einschließlich seines Herkunftslands abgeschoben werden könnte (BVerwG, Urteil vom 16. November 2015 - 1 C 4.15 - Buchholz 451.902 Europ Ausländer- u Asylrecht Nr. 78 Rn. 26 ff.). Die Regelung in Ziffer 1 des angefochtenen Bescheids kann auch nicht in eine andere (rechtmäßige) Entscheidung umgedeutet werden.

22

3. Der Kläger hat unter den hier gegebenen Umständen auch einen Anspruch darauf, dass sein Asylantrag in Deutschland geprüft wird. Zwar sind die Fristenregelungen in der Dublin II-Verordnung - anders als die Regelungen in der Dublin III-Verordnung (vgl. EuGH, Urteile vom 7. Juni 2016 - C-63/15 [ECLI:EU:C:2016:409], Ghezelbash und C-155/15 [ECLI:EU:C:2016:410], Karim - grundsätzlich nicht individualschützend. Sie dienen der zeitnahen Feststellung des zuständigen Mitgliedstaats, ohne dem Antragsteller einen Anspruch auf Prüfung des Asylantrags durch einen bestimmten Mitgliedstaat zu gewährleisten (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2015 - 1 C 32.14 - Buchholz 451.902 Europ Ausländer- u Asylrecht Nr. 79 Rn. 17 ff. m.w.N. zur Fristenregelung für die Stellung eines Aufnahmegesuchs nach Art. 17 Abs. 1 Dublin II-VO). Dies gilt auch für die Überstellungsfristen bei der (Wieder-)Aufnahme und den damit verbundenen Zuständigkeitswechsel.

23

Der nach den Dublin-Bestimmungen zuständige Mitgliedstaat darf einen Schutzsuchenden aber dann nicht auf eine Prüfung durch einen anderen (unzuständigen) Mitgliedstaat verweisen, wenn dessen (Wieder-)Aufnahmebereitschaft nicht positiv feststeht. Dies ergibt sich als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal aus Sinn und Zweck des Dublin-Systems und der mit ihm verwirklichten verfahrensrechtlichen Dimension der materiellen Rechte, die die Richtlinie 2011/95/EU (sog. Anerkennungsrichtlinie) Schutzsuchenden einräumt. Danach kann sich ein Schutzsuchender den für die Prüfung seines Schutzbegehrens zuständigen Mitgliedstaat zwar nicht selbst aussuchen, er hat aber einen Anspruch darauf, dass ein von ihm innerhalb der EU gestellter Antrag auf internationalen Schutz innerhalb der EU geprüft wird. Könnte sich der Schutzsuchende auch bei fehlender (Wieder-)Aufnahmebereitschaft eines anderen Mitgliedstaats nicht auf die Zuständigkeit Deutschlands berufen, entstünde die Situation eines "refugee in orbit", in der sich kein Mitgliedstaat für die sachliche Prüfung des Asylantrags als zuständig ansieht. Dies würde dem zentralen Anliegen des Dublin-Regimes zuwiderlaufen, einen effektiven Zugang zu den Verfahren zur Gewährung internationalen Schutzes zu gewährleisten und das Ziel einer zügigen Bearbeitung der Anträge auf internationalen Schutz nicht zu gefährden (Erwägungsgrund 4 der Dublin II-VO bzw. 5 der Dublin III-VO). Das schließt allerdings nicht aus, dass Asylanträge aus anderen Gründen, etwa wegen mangelndem Betreiben des Asylverfahrens durch den Antragsteller, ohne Sachprüfung abgelehnt werden können. Das gilt nicht nur für Erstanträge, sondern gleichermaßen für Zweitanträge, auch wenn diese nur unter besonderen Voraussetzungen zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens führen (BVerwG, Urteil vom 27. April 2016 - 1 C 24.15 - juris Rn. 20). Diese vom Senat zur Dublin III-Verordnung entwickelten Grundsätze sind dort aufgrund der Urteile des EuGH vom 7. Juni 2016 (C-63/15, Ghezelbash und C-155/15, Karim) inzwischen zwar überholt; sie gelten aber weiterhin für Verfahren, bei denen die Dublin II-VO zur Anwendung kommt.

24

Vorliegend hat das Berufungsgericht festgestellt, dass jegliche Anhaltspunkte für die Annahme fehlen, dass Italien den Fristablauf und die daraus folgende Zuständigkeit der Beklagten - generell oder im Einzelfall - nicht einwendet. Diese den Senat bindende tatrichterliche Feststellung (§ 137 Abs. 2 VwGO) ist revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden. Sie beruht insbesondere nicht auf einer zu schmalen Tatsachengrundlage, weil das Berufungsgericht keine eigenen Ermittlungen angestellt hat. Denn es hat die Beteiligten vor seiner Entscheidung auf den Ablauf der Überstellungsfrist und die damit verbundenen Rechtsfolgen hingewiesen. Bei dieser Sachlage hätte das Bundesamt, dem aufgrund seiner Mitwirkung bei der Durchführung von Dublin-Überstellungen bekannt ist, wie die einzelnen Mitgliedstaaten auf den mit dem Ablauf der Überstellungsfrist verbundenen Zuständigkeitswechsel reagieren, im Rahmen seiner prozessualen Mitwirkungspflichten substantiiert auf etwaige Besonderheiten speziell bei der Durchführung von Überstellungen nach Italien hinweisen können und müssen. Nachdem dies nicht geschehen war, durfte das Berufungsgericht das Schweigen des Bundesamts hier auch ohne weitere Nachfrage dahin würdigen, dass dort keine weiterführenden Erkenntnisse vorliegen, aus denen sich Hinweise für eine fortbestehende (Wieder-)Aufnahmebereitschaft ergeben, und damit letztlich allein aus dem Verhalten des Bundesamts auf die fehlende (Wieder-)Aufnahmebereitschaft Italiens schließen (BVerwG, Urteil vom 27. April 2016 - 1 C 24.15 - juris Rn. 23).

25

4. Hat das Bundesamt den Asylantrag zu Unrecht wegen anderweitiger internationaler Zuständigkeit als unzulässig abgelehnt und ist der Bescheid deshalb insoweit aufzuheben, liegen auch die Voraussetzungen für eine Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylG nicht vor.

26

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG. Gründe für eine Abweichung gemäß § 30 Abs. 2 RVG liegen nicht vor.

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die ihm drohende Überstellung nach Österreich im Rahmen des sog. Dublin-Verfahrens.

Der Antragsteller ist laut eigener Auskunft eritreischer Staatsangehöriger. Bei seiner Erstbefragung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) der Antragsgegnerin am ... Mai 2016 gab er an, im Januar 2016 über Österreich in das Bundesgebiet eingereist zu sein und stellte einen Asylerstantrag. Eine durch das Bundesamt am selben Tag durchgeführte Eurodac-Abfrage ergab, dass der Antragsteller bereits am ... August 2014 in Österreich einen Asylantrag gestellt hat (Eurodac-Nr. ...). Ein vom Bundesamt am ... Juli 2016 an Österreich gerichtetes Ersuchen um Übernahme des Asylverfahrens des Antragstellers blieb bisher unbeantwortet. Im Rahmen seiner Zweitbefragung am ... September 2016 gab der Antragsteller an, nicht zurück nach Österreich zu wollen. Er leide an Depressionen, sei aber deswegen weder in Österreich, noch in Deutschland beim Arzt gewesen. Er habe in Österreich im dortigen „Camp“ einen Anruf erhalten, dass seine Mutter verstorben sei. Während des Telefonats sei der Leiter des Camps ständig um ihn herumgelaufen und habe die Geschwister des Antragstellers, die sich in Eritrea befanden, mit einem Elektrokabel gefesselt (Anm.: So in der Niederschrift zur Zweitbefragung festgehalten). Die Geschwister hätten sich darüber am Telefon beschwert; der Antragsteller habe während des gesamten Telefonats weinen müssen. Zudem habe er in Österreich während seines Aufenthalts von rund zweieinhalb Jahren keinen „Interview-Termin“ bei einer Asylbehörde gehabt. Als er das Camp verlassen habe, beispielsweise um Besorgungen im Supermarkt zu erledigen, sei er immer wieder „eingefangen worden“, weil ein Somali gute Beziehungen zum Camp-Leiter gehabt hätte.

Mit Bescheid vom 18. Oktober 2016 lehnte das Bundesamt den Asylantrag als unzulässig ab (Nr. 1 des Bescheides), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes - AufenthG - nicht vorliegen würden (Nr. 2), ordnete die Abschiebung des Antragstellers nach Österreich an (Nr. 3) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gem. § 11 Abs. 1 AufenthG auf a... Monate ab dem Tag der Abschiebung (Nr. 4).

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist - Dublin III-VO - Österreich für die Bearbeitung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig sei. Folglich sei nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 Asylgesetz - AsylG - der gestellte Asylantrag unzulässig und werde nicht materiell geprüft. Abschiebungsverbote würden nicht greifen. Weder liege ein Verbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i. V. m. Art. 3 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutz der Menschenrechte und Grundrechte - EMRK - vor, noch sei gemäß § 60 Abs. 7 AufenthG eine individuelle, erhebliche und konkrete Gefahr für Leib, Leben und Freiheit durch die Abschiebung gegeben. Der Vortrag des Antragstellers im Rahmen seiner Zweitbefragung sei unglaubhaft und reiche hierfür nicht aus. Außergewöhnliche humanitäre Gründe für die Antragsgegnerin, von ihrem Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO Gebrauch zu machen, seien nicht ersichtlich. Die Anordnung der Abschiebung basiere auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG, die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf § 75 Nr. 12, § 11 Abs. 2 AufenthG, wobei letztere mangels schutzwürdiger Belange gemäß § 11 Abs. 4 AufenthG nicht kürzer auszugestalten gewesen sei.

Am ... Oktober 2016 erhob der Antragsteller Anfechtungsklage beim Bayerischen Verwaltungsgericht München gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 18. Oktober 2016, über die noch nicht entschieden wurde.

Gleichzeitig beantragte er sinngemäß,

die aufschiebende Wirkung gegen die Abschiebungsanordnung in Ziffer 3 des angegriffenen Bescheides gemäß § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen.

Als Anlage zu Klage und Eilantrag legte er eine Stellungnahme des Caritas-Zentrums A... vor, in der eine Diplom-Psychologin schildert, dass der Antragsteller ihr gegenüber von Kopfschmerzen, Ein- und Durchschlafproblemen sowie „massiv angstmachenden Eindrücken“ berichte. Diese stünden in Zusammenhang mit Verschwörungen aus seiner Heimat; auch bzgl. „seines Interviews“ habe er entsprechende Vermutungen. Der Brief (gemeint ist wohl der verfahrensgegenständliche Bescheid), dass er Deutschland innerhalb kürzester Zeit zu verlassen habe, irritiere den Antragsteller hochgradig; seine Belastbarkeit und Toleranzgrenze seien spürbar herabgesetzt. Eine weitere Behandlung solle zeitnah erfolgen.

Mit Schriftsatz vom 26. Oktober 2016 übermittelte das Bundesamt für die Antragsgegnerin die Behördenakte, stellte aber keinen Sachantrag.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten in diesem Verfahren und im Hauptsacheverfahren (M 26 K 16.50915) sowie auf die vorgelegte Behördenakte ergänzend Bezug genommen.

II.

Der nach § 34a Abs. 2 Satz 1 und § 75 Abs. 1 AsylG i. V. m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - zulässige Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes, über den nach § 76 Abs. 4 Satz 1 AsylG vorliegend vom Einzelrichter entschieden wird, bleibt in der Sache ohne Erfolg.

1. Im Rahmen eines Antrags gemäß § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung der Klage anordnen, indem es eine eigene Ermessensentscheidung trifft. Es hat dabei abzuwägen zwischen dem sich aus § 75 AsylG ergebenden öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Abschiebungsanordnung und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Ein gewichtiges Indiz sind dabei die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens. Ergibt die im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO allein erforderliche summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage, dass die Klage voraussichtlich erfolglos bleiben wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei kursorischer Prüfung als rechtswidrig, so besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer allgemeinen Interessenabwägung.

Die am ... Oktober 2016 erhobene (Hauptsache-)Klage des Antragstellers wird bei summarischer Prüfung aller Voraussicht nach erfolglos bleiben. Denn der Bescheid der Antragsgegnerin vom 18. Oktober 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO). Damit überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung das persönliche Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung der Klage.

1.1 Der Asylantrag des Antragsstellers ist nach § 29 Abs. 1 Nr. lit. a AsylG unzulässig, weil Österreich gemäß Art. 3 Abs. 1, 7ff., 13 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Laut eigenen Angaben und auch gemäß der EURODAC-Datenbank hat der Antragsteller im August 2014 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Die Zuständigkeit Östrreich ist auch nicht gemäß Art. 13 Abs. 1 Satz 2 Dublin III-VO erloschen, da zum Zeitpunkt der erstmaligen Asylantragstellung in Österreich der illegale Grenzübertritt laut Antragsteller noch nicht länger als 12 Monate zurücklag (vgl. dazu weitergehend VG München, B. v. 5.7.2016 - M 1 S 16.50364 - juris Rn. 11).

Besondere Umstände, welche die ausnahmsweise Zuständigkeit der Antragsgegnerin nach Art. 3 Abs. 2 Unterabsatz 2 und 3 der Dublin III-VO begründen oder nach Art. 17 Abs. 1 der Dublin III-VO rechtfertigen bzw. bedingen würden, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Insbesondere kann der Antragsteller seiner Überstellung nach Österreich nicht mit dem Einwand entgegentreten, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Österreich systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung i. S. d. Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union - GRCh - mit sich bringen, so dass eine Überstellung nach Österreich unmöglich wäre (Art. 3 Abs. 2 Unterabsatz 2 und 3 Dublin III-VO).

Nach dem Konzept der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U. v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93 u. a. - juris) und dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 - juris) gilt die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat der Europäischen Union in Einklang mit den Erfordernissen der GRCh, der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK steht. Diese Vermutung ist jedoch nicht unwiderleglich. Den nationalen Gerichten obliegt im Einzelfall die Prüfung, ob ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesem Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber implizieren (vgl. EuGH, U. v. 21.12.2011 a. a. O. Rn. 86). Die Vermutung ist aber nicht schon bei einzelnen einschlägigen Regelverstößen der zuständigen Mitgliedstaaten widerlegt. An die Feststellung systemischer Mängel sind vielmehr hohe Anforderungen zu stellen. Von systemischen Mängeln ist nur dann auszugehen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber aufgrund größerer Funktionsstörungen in dem zuständigen Mitgliedstaat regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (vgl. BVwerG, B. v. 19.3.2014 - 10 B 6.14 - juris Rn. 5 f. m. w. N.). Bei einer zusammenfassenden, qualifizierten - nicht rein quantitativen - Würdigung aller Umstände, die für das Vorliegen solcher Mängel sprechen, muss diesen ein größeres Gewicht als den dagegensprechenden Tatsachen zukommen, d. h. es müssen hinreichend gesicherte Erkenntnisse dazu vorliegen, dass es immer wieder zu den genannten Grundrechtsverletzungen kommt (vgl. VGH BW, U. v. 16.4.2014 - A 11 S 1721/13 - juris).

Ausgehend von diesen Maßstäben und im Einklang mit der aktuellen obergerichtlichen Rechtsprechung ist im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht davon auszugehen, dass das Asyl- und Aufnahmesystem in Österreich systemische Mängel aufweist. Dem Gericht liegen keinerlei Erkenntnisse vor, etwa aus Medien, öffentlich zugänglichen Quellen, Berichten des Auswärtigen Amtes oder internationalen Organisationen wie dem UNHCR oder Amnesty International, die Anhaltspunkte für systemische Mängel in Österreich bieten würden. Auch der Antragsteller trägt hierzu nichts vor, sondern schildert - wenig glaubhaft (s.u.) - einen Einzelfall, in welchem er seiner Ansicht nach schlecht behandelt wurde.

1.2 Die Voraussetzungen des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG liegen vor, so dass das Bundesamt gegenüber dem Antragsteller zu recht eine Abschiebungsanordnung nach Österreich erlassen hat. Denn nach dieser Vorschrift ordnet das Bundesamt die Abschiebung des Ausländers in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an (vgl. 1.1), sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann.

Österreich hat das auf Art. 18 Abs. 1 lit. b der Dublin III-VO gestützten Ersuchen der Antragsgegnerin vom ... Juli 2016, den Antragsteller wieder aufzunehmen, bislang nicht beantwortet. Sonach ist gemäß Art. 25 Abs. 2 der Dublin III-VO davon auszugehen, dass von österreichischer Seite dem Wiederaufnahmegesuch stattgegeben wird, was die Verpflichtung nach sich zieht, die betreffende Person wieder aufzunehmen.

Individuelle, außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO notwendig machen, sind ebenso wenig ersichtlich wie inlands- oder zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse gemäß § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG (vgl. jeweils 1.1). Nach § 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Diese Vermutung hat insbesondere die Stellungnahme der Caritas vom ... Oktober 2016 nicht widerlegt. Denn es handelt sich nicht um eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung laut § 60 Abs. 2c Satz 2 AufenthG. Sie wurde weder durch einen Arzt erstellt, noch erfüllt sich die Kriterien des § 60 Abs. 2c Satz 3 AufenthG. Davon abgesehen ist in der Stellungnahme auch nichts vorgetragen, was zu einem Abschiebungshindernis führen könnte - weder zielstaatbezogen (Österreich hat ein funktionierendes Gesundheitssystem, das etwaige Krankheiten des Antragstellers behandeln könnte), noch im Sinne einer Reiseunfähigkeit.

1.3 Die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbot ist ermessensgerecht und entspricht den Vorgaben des § 11 AufenthG.

2. Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen; Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

...

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 5. Kammer, Einzelrichterin - vom 30. Oktober 2014 wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe

1

Die Klägerin hält für grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG,
ob (durch) die Beschränkung auf ausschließliche Gewährung subsidiären nationalen Abschiebungsschutzes nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nach Erteilung der Aufnahmezusage und Erklärung der Zuständigkeit durch das nach Dublin II bzw. Dublin III zunächst zuständige EU-Land die Anwendbarkeit von Dublin II und Dublin III entfällt und die Bundesrepublik Deutschland für die Anträge auf Gewährung subsidiären nationalen Abschiebungsschutzes nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG zuständig ist,
sowie
ob die nachträgliche Beschränkung des Schutzbegehrens auf ausschließliche Gewährung subsidiären nationalen Abschiebungsschutzes nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG als unzulässige Umgehung der Anwendbarkeit von Dublin II und Dublin III anzusehen ist.

2

Diese Fragen rechtfertigen nicht die Zulassung der Berufung, weil sie sich nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts schon nicht stellen. Ausgehend vom zutreffenden rechtlichen Ansatz, dass der gestellte Antrag objektiv auszulegen ist, hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass die Klägerin weiterhin zielstaatsbezogene Umstände geltend macht, so dass sich ihr Vorbringen materiell weiterhin als Asylgesuch nach der Dublin-III-VO darstellt. Gegen diese Auslegung hat die Klägerin keine Zulassungsgründe nach § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG vorgebracht. Insoweit ist auch ihr Verweis auf die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Hamburg (Urteile vom 17. März 2014 - 8 A 445 /14 - und - 8 A 443/14 -) zur Frage des Rechtsmissbrauchs nicht weiterführend. Abgesehen davon liegt den genannten Entscheidungen eine andere Sachverhaltskonstellation zugrunde, da sich die Klägerin auf flüchtlingsrelevante Verfolgung aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur christlichen Religionsgemeinschaft beruft.

3

Unabhängig davon gilt: Im Sinne der Verhinderung des forum shopping kann eine solche nachträgliche Beschränkung schon keine Relevanz haben, weil die Zuständigkeit für das gesamte Asylverfahren, also auch für eine Antragsrücknahme oder -beschränkung beim dafür zuständigen Dublin-Zielstaat liegt (im Ergebnis ebenso VGH München, Urteil vom 21. Mai 2015 - 14 B 12.30323 - und Beschluss vom 12. Mai 2015 - 13a ZB 14.50052 - jeweils juris). Dies folgt im Umkehrschluss auch aus der von der Klägerin zitierten Entscheidung des Gerichtshofs der Union (EuGH, Urteil vom 3. Mai 2012 - C-620/10 -, juris). Nach der genannten Rechtsprechung des Gerichtshofs hat die Rücknahme eines Asylantrages, die erfolgt, b e v o r der für die Prüfung dieses Antrags zuständige Mitgliedstaat der Aufnahme des Antragstellers zugestimmt hat, zur Folge, dass die Dublin-II-Verordnung nicht mehr anzuwenden ist. In einem solchen Fall ist es Sache des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet der Antrag gestellt wurde, die aufgrund dieser Rücknahme gebotenen Entscheidungen zu treffen und insbesondere die Antragsprüfung einzustellen und in die Akte des Antragstellers eine entsprechende Notiz aufzunehmen.

4

Soweit die Klägerin in ihrem weiteren Schriftsatz vom 24. März 2015 auf den (bevorstehenden) Ablauf der Überstellungsfrist und auf ein ärztliches Attest hinweist, wird hiermit schon kein Zulassungsgrund im Sinne des § 78 Abs. 3 AsylVfG geltend gemacht. Unabhängig davon kann sich die Klägerin nicht auf den Ablauf der Überstellungsfrist nach den Dublin-Verordnungen berufen, da diese ihr keinen subjektiv einklagbaren Rechtsanspruch darauf gewähren, dass ihr Asylantrag in einem bestimmten Mitgliedsstaat geprüft wird, den sie für zuständig hält. Ein Asylantragsteller kann der Überstellung in den nach der Dublin-II-Verordnung für ihn zuständigen Mitgliedstaat nur mit dem Einwand systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber entgegen (zum Ganzen vgl. Senatsbeschluss vom 24. Februar 2015 - 2 LA 15/15 - juris mwN, sowie OVG Münster vom 2. Juni 2015 - 14 A 1140/14.A - juris).

5

Dafür, dass Spanien seine erklärte Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrags der Klägerin nach Fristablauf zurücknehmen und sich auf den Fristablauf berufen werde, gibt es weder Anhaltspunkte noch wird dies von der Klägerin behauptet oder gar dargelegt (vgl. § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylVfG). Ob etwas anderes dann gilt, wenn feststeht, dass der ersuchte Mitgliedstaat nicht mehr zur Aufnahme bereit ist, bedarf schon deshalb keiner weiteren Erörterung. Sofern mit einem solchen Fall eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 41 Abs. 1 i.V.m. Art 51 Abs. 1 Satz 1 EUGrdRCh einherginge, hätte die Klägerin einen Wiederaufgreifensanspruch (vgl. § 51 VwVfG; zur Notwendigkeit in einem solchen Fall ein Verfahren auf Wiederaufgreifen einzuleiten, vgl. Senatsbeschluss vom 24. Februar 2015 a.a.O. mwN).

6

Der Hinweis der Klägerin auf die ärztliche Bescheinigung vom 24. März 2015 ist nicht weiterführend, da diese nicht den Mindestanforderungen an ein ärztliches Attest bei psychischen Erkrankungen genügt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. Juli 2012 10 B 21.12 - zu den Anforderungen an die Substantiierung von Beweisanträgen, juris mwN). Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der Gesundheitszustand der Klägerin in jedem Stadium der Durchführung der Abschiebung von Amtswegen zu beachten ist und die notwendigen Vorkehrungen zu treffen sind (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 26. Februar 1998 - 2 BvR 185/98 -, vom 16. April 2002 - 2 BvR 553/02 - und vom 17. September 2014 - 2 BvR 1795/14-).

7

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist abzulehnen, da dem Antrag auf Zulassung der Berufung nach dem Ausgeführten die hierfür gemäß § 166 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 ZPO erforderlichen hinreichenden Erfolgsaussichten abzusprechen sind.

8

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Abs. 1 RVG; Gründe für eine Abweichung (§ 30 Abs. 2 RVG) sind nicht vorgetragen oder sonst erkennbar.

9

Der Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts ist rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylVfG).

10

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).


Tatbestand

1

Die Kläger, iranische Staatsangehörige, reisten im Mai 2011 in die Bundesrepublik Deutschland ein. In ihren iranischen Reisepässen befanden sich spanische Schengen-Visa. Zur Begründung ihrer Asylanträge gaben die Kläger an, dass sie in ihrem Heimatland politisch verfolgt worden seien.

2

Am 27. Mai 2011 bat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) Spanien um Übernahme des Asylverfahrens nach der Dublin II-Verordnung. Die spanischen Behörden erklärten mit Schreiben vom 13. Juni 2011 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung der Asylanträge gemäß Art. 9 Abs. 2 Dublin II-VO. Mit Bescheid vom 17. Juni 2011 stellte das Bundesamt fest, dass die Asylanträge der Kläger unzulässig sind und ordnete deren Abschiebung nach Spanien an.

3

Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 28. Juni 2011 nahmen die Kläger ihre Anträge auf Anerkennung als Asylberechtigte gemäß Art. 16a Abs. 1 GG sowie auf Feststellung der Flüchtlingseigenschaft nach § 60 Abs. 1 AufenthG zurück und beantragten nur noch die Feststellung subsidiären Schutzes.

4

Mit Bescheid vom 30. Juni 2011 stellte daraufhin das Bundesamt die Asylverfahren der Kläger ein (Ziffer 1 des Bescheids) und ordnete die Abschiebung nach Spanien an (Ziffer 2 des Bescheids). Das Verwaltungsgericht gewährte vorläufigen Rechtsschutz und hob mit Urteil vom 16. Mai 2012 die Ziffer 2 des Bundesamtsbescheids auf. Durch die Rücknahme der Asylanträge mit ex tunc-Wirkung sei die Zuständigkeit Spaniens für die Bearbeitung der Asylanträge rückwirkend wieder entfallen, da der Anwendungsbereich der Dublin II-VO nur Asylanträge, nicht dagegen den sogenannten subsidiären Schutz umfasse.

5

Mit Urteil vom 21. Mai 2015 hat der Verwaltungsgerichtshof das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Klage abgewiesen. Die Abschiebungsanordnung in Ziffer 2 des Bundesamtsbescheids sei rechtmäßig. Unabhängig von der Frage, ob unter einem Asylantrag im Sinne von Art. 2 Buchst. c der Dublin II-VO lediglich der Antrag auf Flüchtlingsschutz oder auch der auf subsidiären internationalen Schutz zu verstehen sei, sei im vorliegenden Fall die Zuständigkeit Spaniens mit dessen Zustimmung begründet worden, und diese sei durch die Rücknahme der Asylanträge nicht wieder entfallen. Die Erteilung der Zustimmung entfalte für die Zuständigkeitsbestimmung gleichsam konstitutive Wirkung. Die Zustimmung beende das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats; der Hauptzweck der Dublin II-VO, d.h. die Ermittlung des für die Prüfung des Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats, sei damit erreicht. Dem Asylantragsteller sei es verwehrt, gegen eine durch Zustimmung des ersuchten Mitgliedstaats begründete Zuständigkeit vorzugehen. Denn nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (Urteil vom 10. Dezember 2013 - C-394/12 [ECLI:EU:C:2013:813], Abdullahi -) könne der Antragsteller dem nur insoweit entgegentreten, als er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend mache, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellten, dass er tatsächlich Gefahr laufe, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRC ausgesetzt zu werden. Das Dublin-Verfahren diene vorrangig der Klärung der Zuständigkeitsfrage mit dem Ziel einer zügigen Bearbeitung der Asylanträge; subjektive Rechte des Antragstellers auf Prüfung seines Asylantrags durch einen bestimmten Mitgliedstaat würden nicht begründet. Die durch die Zustimmung begründete Zuständigkeit Spaniens sei durch die Rücknahme der Asylanträge auch nicht wieder entfallen.

6

Die Kläger wenden sich mit ihrer Revision gegen die Rechtsauslegung des Berufungsgerichts. Sie machen geltend, das Berufungsgericht habe Bundesrecht verletzt, weil es den Begriff des "Asylantrags" entgegen dem Wortlaut des § 27a AsylVfG (jetzt: AsylG) nicht unionsrechtlich, sondern nach nationalem Recht ausgelegt habe und somit zu einem Ergebnis gelangt sei, das nicht im Einklang mit der Dublin II-Verordnung stehe. Aus Art. 2 Buchst. c Dublin II-VO ergebe sich, dass die Dublin II-Verordnung nur auf Anträge anwendbar gewesen sei, mit denen die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft begehrt, nicht aber auf solche, mit denen unionsrechtlicher subsidiärer Schutz begehrt werde. Denn nach Art. 2 Buchst. c Dublin II-VO sei von der Legaldefinition des "Asylantrags" nicht mehr auszugehen, wenn der Drittstaatsangehörige "ausdrücklich um einen anderweitigen Schutz (ersucht) habe, der gesondert beantragt werden kann". Die Zustimmungserklärung des Mitgliedstaats Spanien habe sich entsprechend dem Regelungsmechanismus der Dublin II-Verordnung daher nur auf die Prüfung der "Asylanträge" im Sinne der Dublin II-Verordnung gerichtet. Infolge der Rücknahme der Asylanträge der Kläger sei die Dublin II-Verordnung im Zeitpunkt der Behördenentscheidung mangels "Asylantrags" im Sinne von Art. 2 Buchst. c Satz 1 Dublin II-VO nicht anwendbar gewesen, so dass das Berufungsgericht für die Begründung der Anwendbarkeit der Dublin II-Verordnung auch nicht auf deren Hauptzweck habe abstellen dürfen. Die Beklagte habe zudem das hier zugrunde liegende Recht, die Dublin-Regeln, außer Kraft gesetzt.

7

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung.

8

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht hat sich am Verfahren beteiligt.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Kläger ist unbegründet. Das Urteil des Berufungsgerichts steht im Einklang mit revisiblem Recht. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die angefochtene Abschiebungsandrohung (Ziffer 2 des Bundesamtsbescheids vom 30. Juni 2011) rechtmäßig ist (1.) und die Kläger nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) (2.).

10

Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des klägerischen Begehrens ist das Asylgesetz i.d.F. der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1789), zuletzt geändert durch Gesetz vom 11. März 2016 (BGBl. I S. 390, 394). Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Rechtsänderungen, die nach der Berufungsentscheidung eintreten, zu berücksichtigen, wenn das Berufungsgericht - entschiede es anstelle des Bundesverwaltungsgerichts - sie seinerseits zu berücksichtigen hätte (BVerwG, Urteil vom 11. September 2007 - 10 C 8.07 - BVerwGE 129, 251 Rn. 19). Da es sich vorliegend um eine asylrechtliche Streitigkeit handelt, bei der das Berufungsgericht nach § 77 Abs. 1 AsylG regelmäßig auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen hat, müsste es - wenn es jetzt entschiede - die neue Rechtslage zugrunde legen, soweit nicht hiervon - wie im vorliegenden Fall in Bezug auf die maßgebliche Dublin-Verordnung - eine Abweichung aus Gründen des materiellen Rechts geboten ist.

11

1. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Abschiebungsanordnung ihre Rechtsgrundlage in § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG (jetzt: AsylG) findet. Ihr Erlass setzt voraus, dass der Antragsteller in den sicheren Drittstaat (§ 26a AsylG) oder in den für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a AsylG) abgeschoben werden kann. Durch den Verweis auf § 26a AsylG und § 27a AsylG kennzeichnet § 34a Abs. 1 AsylG die Voraussetzungen, die für den Erlass einer Abschiebungsanordnung vorliegen müssen. § 27a AsylG sieht einen Ausschluss vom Zugang zu einer inhaltlichen Überprüfung eines Asylantrags u.a. für diejenigen Antragsteller vor, für die ein anderer Staat aufgrund von unionsrechtlichen Vorschriften zuständig ist. Hierbei bestimmt die Dublin-Verordnung die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats.

12

Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass für die Beurteilung der internationalen Zuständigkeit im vorliegenden Fall weiterhin die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (ABl. L 050 S. 1) - Dublin II-VO - maßgeblich ist. Dies ergibt sich aus der Übergangsregelung in Art. 49 Abs. 2 der am 19. Juli 2013 in Kraft getretenen Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 S. 31) - Dublin III-VO -. Danach ist die Dublin III-VO erst auf Anträge zur Erlangung internationalen Schutzes anwendbar, die ab dem 1. Januar 2014 gestellt werden. Seit diesem Zeitpunkt gilt sie außerdem - ungeachtet des Zeitpunkts der Antragstellung - für alle Gesuche um Aufnahme und Wiederaufnahme von Antragstellern. Hier wurden der Asylantrag und das Aufnahmegesuch vor diesem Stichtag gestellt.

13

Entgegen der Auffassung der Kläger konnte die kurzzeitige faktische Nichtanwendung der Dublin-Regeln im September/Oktober 2015 nicht zu einer für das Gericht normativ beachtlichen Außerkraftsetzung der Dublin-Verordnung führen, da diese verbindlich ist und unmittelbar in jedem EU-Mitgliedstaat gilt (Art. 288 Abs. 2 AEUV).

14

1.1 Nach den in der Dublin II-Verordnung festgelegten Kriterien obliegt Spanien die Prüfung der klägerischen Anträge. Die originäre Zuständigkeit Spaniens ergibt sich aus Art. 9 Abs. 2 Dublin II-VO. Die Zuständigkeit ist nicht nachträglich auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen, und zwar weder wegen Überschreitens der sogenannten Überstellungsfrist (Art. 19 Abs. 4 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 Dublin II-VO <1.1.1>) noch durch die Rücknahme der klägerischen Asylanträge und die Beschränkung ihrer Anträge auf die Gewährung subsidiären Schutzes (1.1.2).

15

Nach Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Dublin II-VO wird der Asylantrag von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird. Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats werden in der in Kapitel III der Verordnung niedergelegten Reihenfolge geprüft (vgl. Art. 5 Abs. 1 Dublin II-VO). Maßgeblich hierfür ist die Situation, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Asylbewerber seinen Antrag zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt (sogenannte Versteinerungsregel; vgl. EuGH, Urteil vom 6. Juni 2013 - C-648/11 [ECLI:EU:C:2013:367], MA u.a. - Rn. 45; Filzwieser/Liebminger, Dublin II-Verordnung, 2. Aufl. 2007, Art. 5 Anm. K4). Nach Art. 9 Abs. 2 Dublin II-VO bestimmt sich die Zuständigkeit eines Staats aufgrund eines von ihm ausgestellten Visums, wenn der Asylbewerber eines der in Art. 2 Buchst. k Dublin II-VO genannten Visa besitzt. Ausweislich der Behördenakte verfügen die Kläger über spanische Schengen-Visa, die nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz - AufenthG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl. I S. 162), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 11. März 2016 (BGBl. I S. 394) für die Durchreise oder für Kurzaufenthalte bis zu drei Monaten im Hoheitsgebiet der Schengen-Staaten erteilt werden. Spanien ist daher nach Art. 9 Abs. 2 Dublin II-VO als der für die Durchführung des Asylverfahrens zuständige Mitgliedstaat anzusehen.

16

1.1.1 Die Zuständigkeit ist nicht nachträglich auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen. Ein Übergang der Zuständigkeit ist zunächst nicht deswegen gegeben, weil die Überstellung nach Spanien nicht innerhalb einer Frist von sechs Monaten erfolgt ist. Art. 19 Abs. 3 Satz 1 Dublin II-VO bestimmt, dass die Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab der Annahme des Antrags auf Aufnahme oder der Entscheidung über den Rechtsbehelf erfolgt, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat. Mit "Entscheidung über den Rechtsbehelf" ist nicht die gerichtliche Entscheidung in dem zugehörigen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gemeint, mit der die Durchführung der Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat ausgesetzt wird, sondern die Entscheidung, mit der das Gericht "über die Rechtmäßigkeit des Verfahrens" entscheidet und die der Durchführung des Überstellungsverfahrens nicht mehr entgegenstehen kann (vgl. zur entsprechenden Frist in Art. 20 Abs. 1 Buchst. d Dublin II-VO: EuGH, Urteil vom 29. Januar 2009 - C-19/08 [ECLI:EU:C:2009:41], Petrosian u.a. - Rn. 53; BVerwG, Beschluss vom 7. Dezember 2015 - 1 B 66.15 - juris Rn. 9). Wird die aufschiebende Wirkung - wie hier durch Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 27. Oktober 2011 - gewährt, so beginnt die Überstellungsfrist erst mit der Entscheidung in der Hauptsache zu laufen, da erst ab diesem Zeitpunkt die erforderlichen organisatorischen Maßnahmen zur Überstellung getroffen werden können (so auch Hailbronner, AuslR, Stand November 2015, § 27a AsylVfG Rn. 49).

17

1.1.2 Das Berufungsgericht geht zu Recht davon aus, dass die Zuständigkeit Spaniens auch nicht durch die Rücknahme der klägerischen Asylanträge und die Beschränkung der Anträge auf die Gewährung subsidiären Schutzes wieder entfallen ist.

18

1.1.2.1 Zwar weisen die Kläger zu Recht darauf hin, dass der Begriff "Asylantrag" im Sinne von Art. 2 Buchst. c Dublin II-VO nur Anträge bezeichnet, mit denen die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft begehrt wird, und auf den unionsrechtlichen subsidiären Schutz beschränkte Anträge nicht mit einschließt. Dass die Dublin II-VO nicht für Personen gilt, die ausschließlich subsidiären Schutz beantragen, bestätigt der Bericht der Kommission der Europäischen Gemeinschaft zur Bewertung des Dublin-Systems vom 6. Juni 2007 (KOM <2007> 299 endg. 2.3.1). Hierin wird u.a. ausgeführt, dass im Zeitpunkt der Annahme der Verordnung ein subsidiäres Schutzkonzept noch nicht Teil des gemeinschaftsrechtlichen Besitzstandes war. Erst mit der Annahme der Richtlinie 2004/83/EG des Rates über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes vom 29. April 2004 (ABl. L 304 S. 12, ber. ABl. L 204 S. 24) - sogenannte Qualifikationsrichtlinie - wurde das Konzept des subsidiären Rechtsschutzes zu einem Bestandteil des EU-Rechtsrahmens im Asylbereich.

19

1.1.2.2 Entgegen der Annahme der Kläger führt die Rücknahme der Asylanträge aber nicht dazu, dass die Anwendbarkeit der Dublin II-VO nachträglich entfällt mit der Folge, dass nicht Spanien, sondern die Bundesrepublik Deutschland für die Prüfung des subsidiären Schutzanspruchs zuständig wäre. Denn im Zeitpunkt der Rücknahme der Asylanträge durch die Kläger mit Schriftsatz vom 28. Juni 2011 war die Annahme des Übernahmegesuchs durch Spanien (13. Juni 2011) bereits erfolgt und das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats damit abgeschlossen. Denn mit der Zustimmung steht der für die Prüfung des Asylantrags zuständige Mitgliedstaat fest (vgl. auch: Hailbronner, AuslR, Stand November 2015, § 27a AsylVfG Rn. 59; Bergmann, ZAR 2015, 81 <88>).

20

Für eine auch nach Rücknahme des auf den Flüchtlingsschutz gerichteten Begehrens beachtliche Wirkung der Zustimmung zur Übernahme seitens des ersuchten Mitgliedstaats spricht auch Folgendes: Zwar bestimmen allein die Kriterien des Kapitels III der Dublin II-Verordnung die Zuständigkeit für die Prüfung des Asylantrags. An diese im Zeitpunkt einer Asylantragstellung bestehende Zuständigkeit eines Staats knüpfen die Verpflichtungen zur Aufnahme oder Wiederaufnahme des Asylbewerbers an (Art. 16 Abs. 1 Dublin II-VO; Hermann, Das Dublin System, 2008, S. 54 f.). Art. 16 Dublin II-VO ist erst dann anzuwenden, wenn die Zuständigkeit anlässlich der ersten Asylantragstellung in einem Mitgliedstaat (Art. 4 Abs. 2 Dublin II-VO) nach den Kriterien des Kapitels III oder IV, entweder durch Nichteinleitung eines Aufnahmeverfahrens (wegen angenommener eigener Zuständigkeit oder Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO) durch den Mitgliedstaat des ersten Asylantrags oder durch Zustimmung des ersuchten Mitgliedstaats zu einem Aufnahmeersuchen nach Art. 17 und 18 Dublin II-VO anerkannt worden ist. Die Feststellung der Zuständigkeit zur Prüfung des Asylantrags im Sinne des Art. 16 Abs. 1 Dublin II-VO bedingt somit einen Akt eines Mitgliedstaats (vgl. in diesem Sinne auch: Filzwieser/Sprung, Dublin II-Verordnung, 3. Aufl. 2010, Art. 16 Anm. K2). Die ausschließliche Zuständigkeit eines Mitgliedstaats wird durch die Zustimmungserklärung zur Übernahme eines Asylbewerbers begründet.

21

Auch systematische Gründe sprechen für die konstitutive Wirkung der Zuständigkeitserklärung. So sieht Art. 18 Abs. 7 Dublin II-VO vor, dass das Einverständnis des ersuchten Mitgliedstaats mit einer Aufnahme fingiert wird, wenn innerhalb einer bestimmten Frist keine Antwort erteilt wird. Bei Verstreichenlassen der in Art. 18 Abs. 7 Dublin II-VO genannten Frist wird der ersuchte Mitgliedstaat daher ex lege zuständig (Zuständigkeit infolge Verfristung, vgl. Filzwieser/Sprung, Dublin II-Verordnung, 3. Aufl. 2010, Art. 18 Anm. K16). Die Zustimmungsfiktion begründet somit die Zuständigkeit des ersuchten Mitgliedstaats, ohne dass es darauf ankommt, ob die Voraussetzungen der Zuständigkeitskriterien des Kapitels III der Dublin II-VO erfüllt sind. Entsprechendes muss für die innerhalb der Frist erteilte Zustimmung des ersuchten Mitgliedstaats gelten. Denn die Zuständigkeitsbestimmungen dienen in ihrer Gesamtheit dem Ziel, eine rasche Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zu ermöglichen, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft zu gewährleisten und das Ziel einer zügigen Bearbeitung der Asylanträge nicht zu gefährden (4. Erwägungsgrund der Dublin II-VO).

22

Aufgrund des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 3. Mai 2012 - C-620/10 [ECLI:EU:C:2012:265], Kastrati u.a. - ist es als geklärt anzusehen, dass es in den Fällen einer Asylantragsrücknahme für die Anwendbarkeit der Zuständigkeitsbestimmungen der Dublin II-VO maßgeblich darauf ankommt, wann der für die Prüfung des Antrags zuständige Mitgliedstaat der Aufnahme zugestimmt hat. Die Folgen einer Rücknahme des Asylantrags sind in der Dublin II-VO nur für die Fälle geregelt, in denen einer von mehreren Anträgen zurückgenommen wird (vgl. Art. 4 Abs. 5 und Art. 16 Satz 1 Buchst. d und Abs. 4 Dublin II-VO), nicht aber für Sachverhalte wie den vorliegenden, in denen der Asylbewerber den Antrag zurückgenommen hat, ohne in zumindest einem anderen Mitgliedstaat auch einen solchen Antrag gestellt zu haben. Für die Fälle der Rücknahme eines einzigen im Unionsgebiet gestellten Asylantrags hat der Gerichtshof der Europäischen Union in seinem Urteil vom 3. Mai 2012 -C-620/10 - (Rn. 47) entschieden, dass die Dublin II-VO nicht mehr anzuwenden ist, wenn die Rücknahme des Asylantrags erfolgt, bevor der für die Prüfung dieses Antrags zuständige Mitgliedstaat der Aufnahme des Antragstellers zugestimmt hat. Zur Begründung führt der Gerichtshof aus, dass in diesem Fall der Hauptzweck der Verordnung, d.h. die Ermittlung des für die Prüfung des Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Beurteilung der Flüchtlingseigenschaft zu gewährleisten, nicht mehr erreicht werden kann (EuGH, Urteil vom 3. Mai 2012 - C-620/10 - Rn. 42). In diesem Fall ist es Sache des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet der Antrag gestellt wurde, die durch die Rücknahme veranlassten Entscheidungen zu treffen und insbesondere die Antragsprüfung einzustellen (EuGH, Urteil vom 3. Mai 2012 - C-620/10 - Rn. 48). Das Berufungsgericht hat dem Abstellen auf den Zeitpunkt der Rücknahme bzw. Beschränkung des Antrags zu Recht - im Umkehrschluss - die Entscheidung entnommen, dass in Fällen wie den vorliegenden, in denen die Rücknahme des Asylantrags nach Zustimmung zur Übernahme erfolgt, die Dublin II-VO weiter Anwendung findet. Wegen der Zweistufigkeit des Verfahrens - Klärung der unionsrechtlichen Zuständigkeit und sodann Durchführung des Verfahrens - steht mit der Zustimmung zur Übernahme der für die Prüfung des Asylantrags zuständige Mitgliedstaat fest und das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats ist abgeschlossen. Die nachträgliche Rücknahme des Asylantrags kann der Erfüllung des Hauptzwecks der Dublin II-Verordnung, der Ermittlung des zuständigen Mitgliedstaats, nicht mehr entgegenstehen.

23

1.2 Das Berufungsgericht nimmt ferner zu Recht an, dass die Anwendbarkeit der Dublin II-VO im Falle der Rücknahme des (einzigen) Asylantrags nicht davon abhängt, ob man der Antragsrücknahme ex tunc- oder ex nunc-Wirkung beimisst. Denn eine - wirksame - Rücknahme des Asylantrags führt nicht ipso jure zum Abschluss des Asylverfahrens. Vielmehr ist dies erst dann der Fall, wenn die zuständige mitgliedstaatliche Behörde eine abschließende Entscheidung getroffen hat. Für den Fall der Rücknahme des Asylantrags bestimmt Art. 19 der Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft (ABl. L 326, S. 13), dass, soweit die Mitgliedstaaten in den nationalen Rechtsvorschriften die Möglichkeit einer ausdrücklichen Rücknahme vorsehen, sichergestellt werden muss, dass die Asylbehörde im Fall der ausdrücklichen Rücknahme eines Asylantrags die Entscheidung trifft, entweder die Antragsprüfung einzustellen oder den Antrag abzulehnen. Hat aber die zuständige Asylbehörde im Fall der Rücknahme des Asylantrags noch eine verfahrensbeendende Entscheidung herbeizuführen, setzt dies voraus, dass trotz Rücknahmeerklärung des Asylbewerbers noch die zuständige Asylbehörde nach den Vorgaben der Dublin II-VO bestimmt werden kann. Diese Auslegung deckt sich auch mit dem Ziel der Dublin II-VO, die Zuständigkeiten eines Mitgliedstaats möglichst rasch allein anhand objektiver Kriterien zu begründen und dem Asylbewerber insoweit jeden Einfluss durch die Stellung mehrere Anträge zu nehmen.

24

1.3. Ob - wie die Beklagte vorträgt - eine wirksame Rücknahme der Asylanträge nicht vorliegt, da die Kläger ihr ursprüngliches Schutzbegehren inhaltlich unverändert aufrechterhalten haben bzw. Anhaltspunkte für eine rechtsmissbräuchliche Antragsrücknahme vorliegen, kann hier offenbleiben. Wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, hat die Rücknahme oder Beschränkung der Asylanträge auch dann, wenn sie nach der Zuständigkeitserklärung durch einen anderen Mitgliedstaat noch wirksam gegenüber dem ersuchenden Mitgliedstaat erklärt werden kann, die Anwendbarkeit der Dublin II-VO unberührt gelassen, da das Zuständigkeitsbestimmungsverfahren zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossen war.

25

2. Schließlich nimmt das Berufungsgericht zutreffend an, dass es den Klägern auch sonst verwehrt ist, gegen eine Überstellung nach Spanien vorzugehen.

26

Durch die allgemeinen Zuständigkeitskriterien der Dublin-Verordnung werden dem Einzelnen keine Rechtspositionen des Gemeinschaftsrechts verliehen. Das Dublin-Verfahren dient der Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats mit dem Ziel, durch eine zwischen den Mitgliedstaaten verbindlich vereinbarte Zuständigkeitsregelung unkontrollierte Weiterwanderungsbewegungen innerhalb der EU zu vermeiden und mehrfache oder sukzessive Asylanträge auszuschließen. Die Zuständigkeitsregelungen sind als zwischen den Mitgliedstaaten wirkende Organisationsvorschriften konzipiert, die einer zeitnahen Feststellung des zuständigen Mitgliedstaats dienen. Ein allgemeines individualschützendes Recht auf Prüfung des Asylantrags durch einen bestimmten Mitgliedstaat besteht nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2015 - 1 C 32.14 - juris Rn. 20; Bergmann, in: Bergmann/Dienelt, AuslR, 11. Aufl. 2016, § 34a AsylG Rn. 22).

27

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat in seinem Urteil in der Rechtssache "Abdullahi" entschieden, dass in einer Situation wie der vorliegenden, in der der ersuchte Mitgliedstaat der Aufnahme des Asylbewerbers zugestimmt hat, der Betroffene der Entscheidung, den Asylantrag nicht zu prüfen und den Asylbewerber in einen anderen Mitgliedstaat zu überstellen, nur damit entgegentreten kann, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRC ausgesetzt zu werden (EuGH, Urteil vom 10. Dezember 2013 - C-394/12 - Rn. 60). Derartige systemische Mängel sind im vorliegenden Fall für Spanien weder gerichtlich festgestellt noch von den Verfahrensbeteiligten vorgetragen worden.

28

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG; Gründe für eine Abweichung gemäß § 30 Abs. 2 RVG liegen nicht vor.

(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.

(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.