Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 06. Juli 2015 - 6 Ws 2/15; 6 Ws 002/15

bei uns veröffentlicht am06.07.2015

Tenor

Der Antrag der Anzeigeerstatter auf gerichtliche Entscheidung gegen den Bescheid des Generalbundesanwalts vom 2. Februar 2015 wird als unzulässig

v e r w o r f e n .

Gründe

 
I.
1. Die Anzeigeerstatter bezichtigten die Beschuldigten, an der Ermordung des Generalbundesanwalts Buback und dessen Begleiter Georg Wurster und Wolfgang Göbel am 7. April 1977 in Karlsruhe beteiligt gewesen zu sein.
2. S: H: und R: M: waren am 30. November 1976 gemeinsam festgenommen worden und befanden sich ab diesem Zeitpunkt bis 1987 (H.) bzw. 1988 (M.) durchgängig zunächst in Untersuchungs- und anschließend in Strafhaft. Sie wurden durch Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 11. Juli 1979 (5 - 1 StE 3/77) wegen Raubes mit Waffen in drei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Beihilfe zum Bandenraub, Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung als Rädelsführer, Diebstahls in zwei Fällen, Urkundenfälschung und mit unerlaubtem Führen von Schusswaffen zu Gesamtfreiheitsstrafen von 14 Jahren (H.) bzw. 12 Jahren (M.) rechtskräftig verurteilt. Der Generalbundesanwalt führte gegen die Beschuldigten wegen des Verdachts der Begehung einer Straftat nach § 129a StGB nach ihrer Inhaftierung noch mehrere Ermittlungsverfahren; zur Erhebung einer Anklage kam es insoweit nicht.
3. Hinsichtlich der Beteiligung an dem Anschlag vom 7. April 1977 sind bislang folgende Verurteilungen ergangen mit den - auch für diese Anzeigesache maßgeblichen - folgenden Feststellungen:
a. Durch Urteil des 2. Strafsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart (2 - 1 StE 5/79) vom 31. Juli 1980 wurde gegen K. F. u.a. wegen des Anschlags vom 7. April 1977 eine lebenslange Freiheitsstrafe verhängt. Der 2. Strafsenat hat insoweit Folgendes festgestellt:
„I. Der Anschlag in Karlsruhe
(...) 1. Die Tat wurde von mindestens drei Personen, unter denen sich der Angeklagte und G. S. befanden, nach vorgefasstem Plan gemeinsam als „Aktion der RAF“ ausgeführt (...) Ob der Angeklagte auf dem Motorrad saß oder mit dem Pkw wartete, ließ sich nicht feststellen. Sicher ist, dass er das eine oder das andere tat.
2. Auch bei der Vorbereitung der Tat waren mindestens drei Personen, unter ihnen der Angeklagte und G. S., beteiligt:
Zur Beschaffung des Motorrades fuhren am 1. April 1977 der Angeklagte, G. S. und eine weitere, unbekannt gebliebene Person mit einem Pkw nach Mönchengladbach und sprachen dort im Motorradgeschäft W. vor, um eine Suzuki GS 750 anzumieten. (...).
Am 2. April 1977 wurde der später zur Flucht benützte Pkw Alfa Romeo mit dem amtlichen Kennzeichen GER-..., bei A. M. in Germersheim gekauft.(...). Mit diesem Fahrzeug wurden an den folgenden Tagen - auch zur Erkundung des Tatortes und des Fluchtweges - Fahrten im Karlsruher Raum ausgeführt, wobei bis zu drei Personen im Fahrzeug waren: So (…) am 4. und 5. April 1977 jeweils in Karlsruhe der Angeklagte, am 5. April 1977 am Bahnhof Bietigheim-Bissingen der Angeklagte, G. S. und eine weitere Person, (…), am 5. und 6. April 1977 jeweils am Bahnübergang Kleinglattbach der Angeklagte mit zwei anderen Personen und am 6. April 1977 in Mundelsheim der Angeklagte mit zwei anderen Personen.(...).“
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b. Am 2. April 1985 hat der 5. Strafsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart (5 - 1 StE 1/83) B. M. und C. K. u.a. auch wegen des Anschlags vom 7. April 1977 schuldig gesprochen und insoweit u.a. folgende Feststellungen getroffen:
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„G. Der Anschlag auf Generalbundesanwalt Siegfried Buback sowie dessen Begleiter Wolfgang Göbel und Georg Wurster.
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Planung und Vorbereitung
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(..) Den Plänen entsprechend, die die Mitglieder der „RAF“ einschließlich der Angeklagten entwarfen, trachteten sie dem Generalbundesanwalt auf der Fahrt von seiner Wohnung zu seinen Dienstsitz aufzulauern. (…)
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Die unmittelbare Tatausführung übernahmen neben dem Angeklagten K. die ihm seit langem verbundenen „RAF“-Mitglieder S. und F., da diese drei in Karlsruhe gelebt hatten, Stadt und Umgebung demnach genau kannten.
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Bandenmitglieder, darunter die Genannten, spähten die tägliche Fahrtstrecke und die Fahrgewohnheiten des Generalbundesanwalts einschließlich der für ihn getroffenen Sicherheitsmaßnahmen eingehend aus.(…).
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Im Rahmen der Beschaffungshandlungen sprachen F. und S. am 1. April 1977 in Motorradfachgeschäft W. in Mönchengladbach vor, um dort eine Suzuki 750 GS, die damals schnellste Serienmaschine, anzumieten.(…). Mit dem Motorrad unternahm der Angeklagte K. in den Tagen vor der Tat Übungs- und Aufklärungsfahrten.
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Am 2. April kaufte ein nicht identifiziertes „RAF“-Mitglied den später zur Tatvorbereitung und Flucht benutzten silbergrauen Alfa Romeo GER-... bei A. M. in Germersheim.(...). Mit diesem Fahrzeug wurden an den Tagen vor der Tat - auch zur Erkundung des Tatortes und des Fluchtweges - Fahrten im Raum Karlsruhe/Sachsenheim ausgeführt. Anlässlich dieser Fahrten waren in wechselnder Besetzung bis zu drei Personen, nämlich G. S., K. F. und der Angeklagte K. im Fahrzeug.
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Der Anschlag
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(..). Dass sich die Angeklagte M. am Tatort oder im Umfeld aufgehalten hätte, ließ sich nicht feststellen. An den Planungen und Vorbereitungen dieses Anschlags hatte sie aber wesentlichen Anteil. (..).
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Vom Angeklagten K. steht fest, dass er entweder Lenker oder Soziusfahrer des Motorrads war oder mit dem Alfa Romeo wartete.“
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c. Mit Urteil des 6. Strafsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 6. Juli 2012 (6 - 2 StE 2/10)wurde V. B. hinsichtlich des Anschlags vom 7. April 1977 der Beihilfe zum Mord in drei tateinheitlichen Fällen schuldig gesprochen und zu der Freiheitsstrafe von 4 Jahren verurteilt. Der Senat hat zur Planung, Vorbereitung und Durchführung des Anschlags Folgendes festgestellt:
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„II. Der Anschlag vom 7. April 1977: Entschluss, Planung und Vorbereitung seitens der „RAF“
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In dem „Trainingslager“ in der Nähe von Aden (s. nachf. Ziff. 1) wurde unter Mitwirkung der Angeklagten die grundsätzliche Entscheidung über den Anschlag auf Generalbundesanwalt Buback und mögliche Begleiter getroffen. Dieses Anschlagsvorhaben wurde auf nachfolgenden Treffen der Gruppe im Harz (s. u. Ziff. 3) und in den Niederlanden (s.u. Ziff. 6) weiter entwickelt. Die Gruppenmitglieder besprachen gemeinschaftlich Tatmodalitäten für die Durchführung, verteilten Aufgaben im Rahmen der Anschlagsvorbereitung und bestimmten das Anschlagskommando, schließlich diskutierten sie den Zeitpunkt des Anschlags. Hierzu im Einzelnen:
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1. Das Trainingscamp in Aden im Sommer 1976
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(…). Ab Juni 1976 hielten sich in dem militärischen Ausbildungslager der PFLP zumindest S. H., G.. S., S. W., P.-J. B., S. H., F. K., W. L., R. C. W., R. H. und die Angeklagte B. auf. R. H. und die Angeklagte waren inzwischen - wie schon angeführt - von der „Bewegung 2. Juni“ zur „RAF“ gewechselt. (…)
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Neben der militärischen Ausbildung wurden mögliche Aktionen diskutiert. Dabei war - wie schon von der „Karlsruher Gruppe“ erwogen - auch über S. H. die auf Siegfried Buback bezogene Aufforderung der in Stammheim inhaftierten Gefangenen der „RAF“, Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe, in die Gruppe getragen worden: „Der General muss weg!“
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Nach zahlreichen Diskussionen trafen die „RAF“-Mitglieder im Sommer/Herbst 1976 in diesem Lager in Aden die grundsätzliche Entscheidung, als neu formierte Gruppe „RAF“ „Aktionen“ gegen führende Repräsentanten der Bundesrepublik Deutschland zu begehen. Diese Anschläge sollten nach der Rückkehr in die Bundesrepublik Deutschland ausgeführt werden, sofern sie sich - was im Detail noch zu klären war - als umsetzbar erwiesen.
28 
Neben der geplanten Gefangenenbefreiung „big raushole“ und einem in den Blick genommenen Anschlag auf das Dienstgebäude der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe stand, wie bereits erwähnt, die Durchführung des Anschlages auf Generalbundesanwalt Buback - unter der Tarnbezeichnung „Margarine“ - im Mittelpunkt der Überlegungen zu einer Anschlagsserie (die spätere „Offensive 77“). Es wurden hierfür verschiedene Varianten der Tatbegehung durchgesprochen, darunter auch die Möglichkeit, von einem Motorrad aus eine Haftmine auf das Dienstfahrzeug des Generalbundesanwalts zu platzieren. Eine endgültige Entscheidung über die konkrete Vorgehensweise sollte jedoch erst in Deutschland, nachdem alle weiteren Details abgeklärt waren, getroffen werden.
29 
Bereits in Aden bestand in der verhältnismäßig kleinen Gruppe von maximal 15 Personen, darunter einige Frauen, Einigkeit darüber, dass jedes Mitglied an der Verwirklichung der in gemeinsamer Diskussion erörterten und beschlossenen Ziele solidarisch mitzuwirken und sein Handeln an den gefassten Beschlüssen auszurichten hatte. Dabei war jedes Mitglied bereit, im Rahmen dieser eingeschworenen Gemeinschaft auf Aufforderung aus der Gruppe Aufgaben für die ins Auge gefassten Aktionen zu übernehmen. Die Anschlagsaktionen selbst sollten durch aus der Gruppe heraus gebildete Kommandos ausgeführt werden. Für jedes Mitglied der aktiven Kerngruppe war es eine „Ehre“, an einem Kommando teilzunehmen. (…).
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3. Das erste Gesamttreffen im Harz im Herbst 1976
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Zu einem nicht mehr näher bestimmbaren Zeitpunkt, etwa zwei Wochen vor dem 30. November 1976, dem Tag der Festnahme von S. H. und R. M., fand ein über zwei Tage andauerndes Gesamttreffen der in Aden neu gebildeten Gruppe „RAF“ in der Nähe von Goslar im Harz statt, an dem nahezu alle Gruppenmitglieder, zumindest S. H., R. M., G.S., S. W., P.-J. B., R. H., S. H., W. L., C. K., R. C. W. und die Angeklagte teilnahmen.
32 
Das Treffen diente dazu, die bisher entfalteten Aktivitäten und das weitere Vorgehen, die Planungen und Vorbereitungen der in Aden ins Auge gefassten Anschläge zu besprechen. (…). Die Planungen betrafen insbesondere das Attentat auf Generalbundesanwalt Buback unter der Bezeichnung „Margarine“, die Entführung des Dr. Hanns Martin Schleyer („H.M.“), „Big Money“ genannt, und eine als „Big Raushole“ benannte Aktion. Nach den zwischenzeitlich vorgenommenen Abklärungen durch die „Karlsruher Gruppe“ erschien ein Anschlag auf Generalbundesanwalt Buback durchführbar. Die dafür notwendigen Arbeiten und Aufgaben wurden gemeinsam besprochen und verteilt. S. H. hielt die Ergebnisse der Diskussionen im Harz in einem Arbeitsplan und weitere organisatorische Einzelheiten auf zehn beschriebenen Notizzetteln fest. Auch R. M. fertigte schriftliche Aufzeichnungen zur Vor- und Nachbereitung von Diskussionen und erarbeitete einen detaillierten „Ablauf-/Beschaffungsplan“, in dem er die Programmpunkte für die von der Gruppe zu erfüllenden Aufgaben in einem Schreibblock zusammenstellte.
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In dem von S. H. erstellten Arbeitsplan wurden für den Zeitraum vom 20. November bis 2. Dezember 1976 verschiedene Aufgaben auf elf mit Tarnnamen benannte Gruppenmitglieder verteilt. Nach dem damaligen Planungsstand sollte der Karlsruher Anschlag von einem Motorrad aus mittels einer Haftmine („Topf“) durchgeführt werden, die auf dem Dach des vom Generalbundesanwalt genutzten Dienstwagens angebracht werden sollte. P.-J. B. hatte eine entsprechende Haftmine konstruiert, die am 29. November 1976 von C. K. („Ede“) und G. S. („Bodo“) getestet werden sollte. (…) R. M. („Michael“), G. S., die damalige Ehefrau des P.-J. B., W. L. („Inge“) und S. H. („Olga“) waren für die Beschaffung von Autos für die Gruppe, die teils gekauft, teils entwendet werden sollten, vorgesehen. (…) Die Angeklagte B., Deckname „Paula“, war vor allem mit Aufgaben im Zusammenhang mit Depots betraut. Sie sollte am 30. November 1976 „andere Depotsachen packen; Schwertransport“ erledigen. Nach der damaligen Planung sollte sie auch am 2. Dezember 1976 gemeinsam mit G. S. und „Hans“ zur Kommandowohnung in den Bereich Nordschwarzwald fahren. Dorthin sollten sich bereits am 30. November 1976 S. H. und R. M. begeben haben. Für den 3. Dezember 1976 war zwischen diesen sowie W. L., C. K., G. S., „Hans“ und der Angeklagten B. ein Treffen in der Musikkneipe „Turning Point“ in Herrenwies (im Nordschwarzwald) vorgesehen. W. L. sollte sich am 4. Dezember 1976 nach Österreich („F 2“) begeben, um eine „Bank vorzubereiten“.
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Die im Untergrund lebenden „RAF“-Angehörigen führten dabei eine „Personaldebatte“ über die Zusammensetzung des Kommandos für die Aktion „Margarine“. Wer einem Tatkommando angehören sollte, wurde in Diskussionen der Gruppe der Illegalen bestimmt. Entscheidend waren die Fähigkeiten, z.B. im Umgang mit Waffen oder Motorrädern und/oder Ortskenntnisse. Jedes Mitglied, auch die Angeklagte B., war grundsätzlich bereit, in dem Kommando mitzuwirken oder bei Aufforderung einzelne Arbeiten zu übernehmen, was jeweils gegenseitig stützend war. (…).
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Als „Perspektive nach Margarine“ diskutierte die Gruppe der Illegalen bei dem Treffen die Aktion „Big Money“, die „schon jetzt“ vorbereitet werden sollte. In diesem Zusammenhang sollte Dr. Hanns Martin Schleyer („H.M.“) „ausgecheckt“ werden. Ferner stellte die Gruppe Überlegungen zu einem geeigneten Versteck für das Opfer an („wo den Typ bunkern“). Eine zweite Aktion für die Zeit nach dem Anschlag auf den Generalbundesanwalt war, wie bereits erwähnt, unter der Bezeichnung „Big Raushole-Rache!“ geplant.
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Bis zur Festnahme von S. H. und R. M. am 30. November 1976 (s. unten 4.) waren im Rahmen der weiteren Vorbereitungen in der Karlsruher Innenstadt einzelne Straßen entlang des ausgespähten gewöhnlichen Anfahrtsweges von Generalbundesanwalt Buback von seiner Wohnung zu seinem Dienstort ausgemessen und abgeschritten worden, um alternativ - wenn die Tests mit dem sog. „Topf“ nicht erfolgreich sein würden - auch andere Möglichkeiten der Anschlagsbegehung zu planen.
37 
Mit dem Treffen im Harz waren die Planungen für den Anschlag auf Generalbundesanwalt Buback schon so weit fortgeschritten, dass die Anwesenden, darunter die Angeklagte, beschlossen, das Attentat im Dezember 1976 auszuführen. R. M. hatte hierzu vermerkt: „Vorbereitung d. Margarine - alles klar“. Wegen der Festnahme von S. H. und R. M. kurze Zeit nach diesem Treffen wurde jedoch die Anschlagsdurchführung zunächst zurückgestellt.
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4. Die Festnahme H./M. am 30. November 1976
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Am 30. November 1976 wurden S. H. und R. M., die sich mit einem am 28. November 1976 in Bochum entwendeten Opel-Admiral, wie vorbesprochen und in dem Arbeitsplan entsprechend aufgeführt, auf der Fahrt über Frankfurt in den Nordschwarzwald befanden, auf der Bundesautobahn Kassel-Frankfurt - A 5 - bei Butzbach festgenommen. Der von S. H. erstellte Arbeitsplan sowie die von S. H. und R. M. gefertigten Notizen und andere Unterlagen wurden hierbei sichergestellt.
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Die Sicherstellung der von den beiden Festgenommenen mitgeführten schriftlichen Unterlagen, u.a. von der Karlsruher Innenstadt angefertigte Skizzen, die sich in einem unverschlossenen Briefumschlag mit der Aufschrift „Margarine“ in M. Umhängetasche befanden, führte dazu, dass die übrigen Gruppenmitglieder „RAF“ stark verunsichert waren und daher entschieden, die vorgesehene Aktion „Margarine“ zunächst aufzuschieben. Sie hatten die Befürchtung, dass die Notizen entschlüsselt und die Anschlagsvorbereitungen insoweit aufgedeckt worden sein könnten. (…)
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Da S. H. Koordinator der Aktivitäten gewesen war, mussten nach dessen Festnahme die weiteren Aktivitäten und Planungen den veränderten Gegebenheiten angepasst werden.
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6. Das zweite Gesamttreffen in den Niederlanden Anfang 1977
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Um nach der Verhaftung S. H. die Koordination in der Gruppierung und insbesondere die Frage, wie es im Hinblick auf die bei der Festnahme von S. H. und R. M. sichergestellten Unterlagen mit den geplanten und aufgeschobenen Anschlagsaktionen weitergehen könne, zu klären, kam es zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt Anfang des Jahres 1977 - jedenfalls bevor das „RAF“-Mitglied B. M. Ende Februar 1977 zur Gruppe der „Illegalen“ gestoßen war - zu einem Gesamttreffen der „RAF“-Mitglieder in einer Ferienanlage in den Niederlanden. An diesem Treffen nahmen alle beim ersten Gruppentreffen im Harz anwesenden „RAF“-Mitglieder mit Ausnahme der in der Zwischenzeit verhafteten S. H., R. M. sowie W. L. teil. Darunter befanden sich wieder die Angeklagte B. sowie die späteren unmittelbar am Anschlag beteiligten Täter. Außerdem waren auch A. S., A. S.l und K. F. anwesend, die nach der Verhaftung Haags in die Illegalität gegangen waren.
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Nachdem sich S. H. mit seinen Aufgaben innerhalb der Gruppe bis zu seiner Festnahme immer stärker in den Vordergrund gebracht hatte, wurde unter Mitwirkung der Angeklagten B. zunächst entschieden, dass es künftig mehr auf das „RAF“-Kollektiv ankommen solle. Weil die Gruppe aufgrund der Verschlüsselung der bei der Festnahme von S. H. und R. M. sichergestellten Unterlagen und des Zeitablaufs seit ihrer Festnahme die Durchführung des geplanten Anschlags auf Generalbundesanwalt Buback bzw. die weiteren Anschlagsvorhaben nicht weiter als gefährdet ansah, bestand nunmehr Einigkeit, dass das Attentat auf Generalbundesanwalt Buback verübt und auch die Planungen hinsichtlich der übrigen „Aktionen“ fortgeführt werden sollten.
45 
Bei den in den Niederlanden geführten Diskussionen traten jedoch zunächst unterschiedliche Ansichten über den Zeitpunkt des Mordanschlags zu Tage. (…) Letztlich setzten sich innerhalb der Gruppe vorwiegend die Frauen um die Angeklagte B. mit ihrer Auffassung durch. Die späteren unmittelbaren Täter ließen sich durch das vehemente Eintreten der Angeklagten B. im Rahmen der Diskussion von der Notwendigkeit einer beschleunigten Durchführung des Anschlags überzeugen und trafen, auch vom vehementen Einsatz der Angeklagten B. für die Forderung der Gefangenen beeinflusst und bestimmt, gemeinschaftlich mit allen in Holland anwesenden Gruppenmitgliedern die Entscheidung zur Ermordung Siegfried Bubacks. Dieser bereits vor der Festnahme von S. H. und R. M. gemeinsam gefasste Tatentschluss sollte nun auch zeitnah umgesetzt werden; außerdem sollten die weiteren Anschlagsaktionen vorangetrieben werden. Die Angeklagte B. bestärkte die anwesenden unmittelbaren Täter durch ihre entschiedenen Diskussionsbeiträge bewusst und gewollt in ihrem bereits gefassten Tatenschluss und wollte die Anschlagsdurchführung dadurch bewusst fördern.
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Zum damaligen Zeitpunkt stand aufgrund der zwischenzeitlich durchgeführten Tests fest, dass der ursprüngliche Plan, die von P.-J. B. für den Anschlag konstruierte Haftmine auf dem Dienstfahrzeug des Generalbundesanwalts zur Detonation zu bringen, nicht durchführbar war, weil diese bei Versuchen jeweils vom Fahrzeugdach gerutscht war. Daher war sich die Gruppe darüber einig, dass der Anschlag auf den Generalbundesanwalt auf der Fahrt vom Wohnort zum Dienstort mit einer Schusswaffe von einem Motorrad aus durchgeführt werden sollte. Die Festlegung des konkreten Tatorts auf der Fahrstrecke zum Dienstort in Karlsruhe sollte - ebenso wie die genaue Bestimmung des Anschlagszeitpunkts - den Mitgliedern des unmittelbaren Tatkommandos überlassen bleiben. (…).
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Die Angeklagte B. gehörte nach der gemeinsamen Abrede nicht der Kommandoeinheit an, die den Anschlag unter der Bezeichnung „Kommando Ulrike Meinhof“ unmittelbar durchführen sollte. (…)
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III. Die unmittelbaren Vorbereitungen des Anschlags vom 7. April 1977
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In Umsetzung des von allen Mitgliedern der „RAF“ beschlossenen Anschlagsvorhabens wurden folgende konkrete Vorbereitungen getroffen, an denen zumindest G. S., C. K. und K. F. arbeitsteilig zusammenwirkten. (…).
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Die Angeklagte, die weiterhin als eine bestimmende Person der Gruppe angehörte, führte selbst keine Vorbereitungshandlungen aus. (…)
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IV. Die Durchführung des Anschlags
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Aus der Gruppe der „RAF“-Mitglieder war ein aus drei männlichen Personen bestehendes „Kommando Ulrike Meinhof" bestimmt worden, das den Anschlag durchführen sollte.
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In Ausführung der vorgeplanten Tat begaben sich am Vormittag des 7. April 1977 zwei nicht festgestellte männliche „RAF“-Mitglieder aus diesem Kommando mit dem Motorrad der Marke Suzuki GS 750, an dem die Kennzeichen-Doublette LU-... angebracht war, absprachegemäß nach Karlsruhe zur Linkenheimer Landstraße, um in diesem Bereich auf das Eintreffen des Dienstwagens von Generalbundesanwalt Buback zu warten, da sie aufgrund vorangegangener Ausspähungen wussten, dass der Dienstwagen auf der Fahrt von der Wohnung Siegfried Bubacks in Karlsruhe-Neureut bis zu dem in der Herrenstraße in Karlsruhe gelegenen Dienstgebäude der Bundesanwaltschaft üblicherweise diese Straße befuhr. (…)
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V. Die Flucht
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(…) Die dritte Person des Kommandos hatte in der Zwischenzeit auf das Eintreffen der beiden Kommandomitglieder abredegemäß in der Nähe des Brückenpfeilers auf einem Parkplatz unter der Autobahnbrücke mit dem PKW Alfa Romeo, amtliches Kennzeichen GER-..., gewartet. Mit diesem Fahrzeug setzten die drei Personen des Kommandos ihre Flucht in Richtung Sachsenheim fort. (…)
56 
Die Angeklagte B. saß weder auf dem Motorrad noch wartete sie im Fluchtfahrzeug.“
57 
4. In dem zuletzt genannten Strafverfahren vor dem 6. Strafsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart sollten die beiden Beschuldigten als Zeugen vernommen. Sie sollten konkrete Auskünfte zu dem Anschlag vom 7. April 1977 und der Angeklagten B. geben sowie Angaben machen etwa zu den während des Aufenthalts in Aden im Jahr 1976 diskutierten Themen und getroffenen Entscheidungen, deren Umsetzung nach der Rückkehr in die Bundesrepublik Deutschland, die in die weitere Planung eingebundenen Personen sowie zu Einzelheiten eines Treffens der Vereinigungsmitglieder im Harz im Jahr 1976 und einem Treffen in den Niederlanden Ende 1976/Anfang 1977. Sie verweigerten jedoch jegliche Angaben und beriefen sich auf ein vollumfängliches Auskunftsverweigerungsrecht. Mit Beschlüssen vom 31. März 2011 hat der Senat gegen S H. und R. M. wegen unberechtigter Aussageverweigerung Maßnahmen nach § 70 Abs. 1 und Abs. 2 StPO angeordnet. In den Entscheidungen hat der Senat ausgeführt, dass die beiden Zeugen weder wegen der Tat, zu der sie vernommen werden sollten, noch wegen anderer, damit zusammenhängender Taten, insbesondere im Zusammenhang mit der Anschlagsserie der „RAF“ im Jahr 1977 („Offensive 77“), verfolgt werden können noch die konkrete Gefahr bestehe, dass sie durch eine wahrheitsgemäße Aussage zugleich potentielle Beweismittel gegen sich selbst wegen noch verfolgbarer eigener Delikte liefern müssten. Sämtliche Tathandlungen der Zeugen, die in einem denkbaren Zusammenhang mit Taten der Anschlagsserie „Offensive 77“ stehen, seien Gegenstand des gegen beide Zeugen geführten Verfahrens und des Urteils vom 11. Juli 1979 (5 - 1 StE 3/77) gewesen. Einer erneuten Verfolgung der Zeugen wegen dieser Tatbeiträge stünde deshalb das Verfahrenshindernis des Verbrauchs der Strafklage entgegen.
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Auf die hiergegen gerichteten Beschwerden der beiden Beschuldigten hat der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 30. Juni 2011 die genannten Senatsentscheidungen aufgehoben. Der BGH hat ausgeführt, es bestehe die konkrete Gefahr, dass die Beschwerdeführer sich im Hinblick auf die Beteiligung an noch verfolgbaren Straftaten selbst belasten, die Teil der „Offensive 77“ waren. Es liege nahe, dass auch der Raubüberfall auf das Waffengeschäft F. am 1. Juli 1977, bei welchem ausweislich des Urteils des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 31. Juli 1980 die „RAF“-Mitglieder F. und S. den Inhaber des Geschäftes zu ermorden versuchten und 19 Faustfeuerwaffen erbeuteten, als Beschaffungstat in unmittelbarem Zusammenhang stehe. Eine Beteiligung der Beschwerdeführer an dieser Tat könne nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden. Vor dem dargelegten Hintergrund und dem engen Zusammenhang der im Jahr 1977 von den Mitgliedern der „RAF“ begangenen Tatserie sei nicht auszuschließen, dass die Angaben der Beschwerdeführer Rückschlüsse auch auf die das Waffengeschäft F. betreffende Tat zulassen und jedenfalls im Rahmen einer mosaikartigen Beweiswürdigung auch für die Begründung bzw. Erhärtung eines Tatverdachts Bedeutung gewinnen könnten.
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4. In einem als „Anzeige nach Attentat vom 7. April 1977 an Generalbundesanwalt Buback“ bezeichneten Schreiben an die Bundesanwaltschaft vom 13. Februar 2014 hat der Antragsteller H. B., vertreten durch Rechtsanwalt R., die Ansicht vertreten, dass - ausgehend von den seit 14. November 2013 rechtskräftigen Feststellungen des Urteils des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 6. Juli 2012 im Verfahren gegen V. B. - gegen sämtliche im Urteil genannten Teilnehmer der Gruppentreffen der „RAF“ im Harz bzw. in den Niederlanden zwingend ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der Beihilfe zum Mord einzuleiten sei, soweit die Teilnehmer wegen der Beteiligung an dem Attentat an Generalbundesanwalt Buback nicht bereits rechtskräftig verurteilt wurden.
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Nach dem Antragsvorbringen hat auch „Prof. Dr. M. B.(…) in einem Schreiben vom 14. Mai 2014 an den Generalbundesanwalt beantragt, Ermittlungen gegen die Teilnehmer der Gesamttreffen der ´RAF` einzuleiten, soweit diese noch nicht rechtskräftig verurteilt sind“.
61 
5. Mit Schriftsatz vom 2. Februar 2015, beim Vertreter der Antragsteller nach dem Antragsvorbringen am 6. Februar 2015 eingegangen, hat der Generalbundesanwalt mitgeteilt, dass er von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen Beteiligung an dem Anschlag vom 7. April 1977 aufgrund der Teilnahme an den Gesamttreffen der „RAF“-Mitglieder im Herbst 1976 im Harz und Anfang 1977 in den Niederlanden gegenüber mehreren bezeichneten Verdächtigen, u.a. gegen die beiden Beschuldigten, absehe.
62 
6. Hiergegen wenden sich die Antragsteller mit ihrem „Klageerzwingungsantrag“.
63 
Mit Schriftsatz vom 31. März 2015 hat der Generalbundesanwalt beantragt, den gestellten Antrag auf gerichtliche Entscheidung als unzulässig zu verwerfen. Die Beschuldigten haben jeweils zu dem Antrag Stellung genommen.
II.
64 
Der fristgerecht eingegangene Antrag der Anzeigeerstatter auf gerichtliche Entscheidung vom 28. Februar 2015 ist unzulässig, da er nicht den formalen Anforderungen entspricht. Hierzu im Einzelnen:
65 
1. Der Antrag ist entgegen der Ansicht des Verteidigers des Beschuldigten M. nicht bereits deshalb unzulässig, weil dieser - nachdem es die Bundesanwaltschaft abgelehnt hat, überhaupt Ermittlungen gegen die Beschuldigten durchzuführen - nicht auf eine Anordnung zur Erhebung einer Anklage gerichtet sein kann.
66 
Zwar ist das gerichtliche Verfahren nach §§ 172 ff. StPO grundsätzlich nur auf das Ziel der Klageerzwingung ausgerichtet. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der §§ 171, 172, 173 Abs. 3 und 175 StPO. Dennoch ist in Fällen, in denen die zuständige Anklagebehörde den Anfangsverdacht aus rechtlichen Gründen verneint und deshalb den Sachverhalt in tatsächlicher Hinsicht überhaupt nicht aufgeklärt hat, ausnahmsweise das gerichtliche Verfahren nach §§ 172 ff. StPO nicht als Klage-, sondern als Ermittlungserzwingungsverfahren zu behandeln, das gegebenenfalls auch mit der Anweisung an die Staatsanwaltschaft enden kann, die erforderlichen Ermittlungen durchzuführen. Dies entspricht mittlerweile nicht nur einer weitverbreiteten Auffassung in der Literatur (Graalmann-Scheerer in Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl., Rd. Nr. 16 ff. zu § 175 mit weiteren Nachweisen), sondern wird auch von einer Reihe von Oberlandesgerichten geteilt (vgl. zuletzt KG NStZ-RR 2014, 14; Brandenburgisches Oberlandesgericht, VRS 114, 373/375 [2008]; OLG München, NJW 2007, 3734; OLG Köln, NStZ 2003, 682; OLG Hamm, StV 2002, 128; OLG Zweibrücken NZV 2001, 387; OLG Koblenz, NStZ 1995, 50). Da die dem Oberlandesgericht im gerichtlichen Verfahren nach §§ 172 ff. StPO grundsätzlich zugewiesene bloße Kontrollfunktion, ob die Staatsanwaltschaft als verantwortliche Ermittlungsbehörde entsprechend dem Legalitätsprinzip verfahren ist, durch die Abschaffung der gerichtlichen Voruntersuchung (§§ 178 - 197 StPO a.F. durch das 1. StVRG vom 9. Dezember 1974) ersichtlich nicht geändert, sondern im Gegenteil die unterschiedliche Aufgabenverteilung noch stärker betont werden sollte, kann das Oberlandesgericht seiner Kontrollfunktion nur dadurch gerecht werden, dass es die Staatsanwaltschaft ausnahmsweise anweisen kann, die gebotenen - grundlegenden - Ermittlungen durchzuführen und danach erneut über Einstellung oder Anklageerhebung zu entscheiden (OLG Hamm aaO.). Dem schließt sich der Senat im vorliegenden Fall an, weil hier von der Einleitung eines Ermittlungsverfahren abgesehen wurde.
67 
2. Nach § 172 Abs. 3 S. 2 Hs. 1 StPO muss der Antrag (u. a.) die Tatsachen angeben, welche die Erhebung der öffentlichen Klage begründen sollen.
68 
Zum notwendigen Inhalt eines Klageerzwingungsantrags gehört nach allgemeiner Meinung eine aus sich heraus verständliche und in sich geschlossene Schilderung des Sachverhalts, der bei Unterstellung des hinreichenden Tatverdachts die Erhebung der öffentlichen Klage formell und materiell rechtfertigen würde. Insbesondere bedarf es neben der Schilderung des objektiven Tatgeschehens auch einer Tatsachendarstellung zu den inneren Tatbestandsmerkmalen. Die Antragsschrift muss es dem Oberlandesgericht ermöglichen, ohne Rückgriff auf die Ermittlungsakten und andere Akten eine „Schlüssigkeitsprüfung“ vorzunehmen (KK-Moldenhauer, StPO, 7. Aufl., § 172 Rdnr. 34 mwN.).
69 
In dem Antrag sind außerdem die Beweismittel anzugeben, aus denen sich der hinreichende Tatverdacht ergeben soll. Der Antragsteller hat insoweit darzulegen, mit welchen Beweismitteln der einzelne Umstand bewiesen werden soll (KK-Moldenhauer aaO. § 172 Rdnr. 38 mwN.).
70 
Dass die Verfahrensvoraussetzungen gegeben sind und auch keine Verfahrenshindernisse entgegenstehen, ist ebenfalls in tatsächlicher Hinsicht darzulegen, wenn dies nach Sachlage zweifelhaft erscheinen kann, denn auch das ist Voraussetzung für die Erhebung der öffentlichen Klage (vgl. Graalmann-Scheerer in Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 172 Rdnr. 151).
71 
3. Diesen Anforderungen wird der Antrag - übertragen auf das Begehren der Antragsteller, Ermittlungen der Bundesanwaltschaft zu veranlassen - nicht in dem erforderlichen Umfang gerecht.
72 
Ungeachtet des Umstandes, dass die Antragsschrift weder eine in sich geschlossene Schilderung des Sachverhalts zum objektiven Tatgeschehen und auch zu den inneren Tatbestandsmerkmalen enthält, noch umfassend die Beweismittel angibt, mit denen die einzelnen Tatumstände bewiesen werden sollen, ist das Antragsvorbringen nicht ausreichend, damit der Senat im Rahmen der ihm obliegenden „Schlüssigkeitsprüfung“ die Entscheidung der Bundesanwaltschaft, gegen die Beschuldigten hinsichtlich des Verdachts der (mittäterschaftlichen) Beteiligung an dem Anschlag vom 7. April 1977 von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, beurteilen kann.
73 
Die Bundesanwaltschaft hat in dem angegriffenen Bescheid vom 2. Februar 2015 von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens u.a. gegen die Beschuldigten wegen einer Beteiligung an dem Anschlag vom 7. April 1977 aufgrund deren Teilnahme an dem „RAF“-Gesamttreffen vom Herbst 1976 im Harz (zum Zeitpunkt des weiteren Gruppentreffens in den Niederlanden und am Anschlag selbst befanden sich beide Beschuldigten bereits in Untersuchungshaft) und den damit im Zusammenhang stehenden Tätigkeiten abgesehen, da hinsichtlich dieser in Betracht kommenden Tathandlungen Strafklageverbrauch eingetreten sei. Die in dem Bescheid bzw. in dem damit einhergehenden ausführlichen Vermerk der Bundesanwaltschaft vom gleichen Tag angeführten Gründe für das Vorliegen des Strafklageverbrauchs haben die Antragsteller umfassend mitgeteilt. Hiernach hat die Bundesanwaltschaft Folgendes angeführt:
74 
„H. und M. wurden am 30. November 1976 gemeinsam festgenommen und befanden sich in der Folgezeit durchgängig in Haft. Das Oberlandesgericht Stuttgart (…) urteilte (in der Entscheidung vom 11. Juli 1979) deren Beteiligung als Rädelsführer an einer terroristischen Vereinigung in der Zeit von Frühjahr 1976 bis zu ihrer Verhaftung am 30. November 1976 ab sowie ihre Mitwirkung an Banküberfällen in Köln am 20. September 1976, in Hamburg am 15. November 1976, in Wien am 13. Dezember 1976, an der Entwendung zweier Kraftfahrzeuge, an der Fälschung und Verfälschung von Ausweispapieren und das Führen einer Schusswaffe in schussbereitem Zustand.
75 
Nach den Feststellungen des Urteils des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 11. Juli 1979 schloss sich jedenfalls ab Frühjahr 1976 eine Gruppe um H. und M. zusammen, deren Ziel in Anlehnung an die Vereinigung um die damals inhaftierten Andreas Baader, Ulrike Meinhof und Gudrun Ensslin die Fortsetzung des politisch motivierten Kampfes gegen die freiheitlich-demokratischen Gesellschaftsordnung in der Bundesrepublik Deutschland und deren gewaltsame Veränderung war. Um dieses Ziel zu erreichen, plante die Gruppe etwa die Tötung von Repräsentanten des Staates und der Wirtschaft sowie Geiselnahmen zur Befreiung inhaftierter Gesinnungsgenossen und zur Beschaffung größerer Geldbeträge. Weitere Aktivitäten der Gruppe dienten ihrem Fortbestand und ihrer Ausrüstung.
76 
H. und M. übten in der neuen Vereinigung einen bestimmenden Einfluss aus; sie lenkten die Tätigkeit der Organisation. Nach den weiteren Feststellungen des Urteils des Oberlandesgericht Stuttgart stehen die Beteiligungsakte der Rädelsführerschaft von H. und M. maßgeblich im Zusammenhang mit den Planungen, Vorbereitungen und Festlegungen der Gruppe, die in den sogenannten „H.-M.-Papieren“ ihren Niederschlag gefunden haben. Beide hatten eine hervorgehobene Stellung innerhalb der Gruppe. H. war derjenige, der die Arbeiten der Gruppe koordinierte. Beide hatten einen Überblick über die gesamte Planung der Aktivitäten sowie über die personelle und sächliche Ausstattung der Gruppe. M. war mit der Planung der Einzelaktionen befasst. Unter dem maßgeblichen Einfluss unter Beteiligung von H. und M. erstreckten sich die Planungen nach den Urteilsfeststellungen auf die Aktionen „Margarine“, „Big Money“, „Big Raushol-Rache“ und auf eine Straftat zum Nachteil einer Behörde (UA 70-72). Die Planungen für die Aktionen „Margarine“ (also für den Anschlag auf Generalbundesanwalt Buback) waren bereits abgeschlossen (UA 203, 206). Die Feststellungen zu den Planungs- und Vorbereitungstätigkeiten von H. und M. wurden nicht etwa nur zum Zweck der Erhellung des Tathintergrundes getroffen, sondern sie wurden dem Schuldspruch als rädelsführerschaftliche Beteiligungsakte zu Grunde gelegt (vgl. BGHSt 41, 292ff.).
77 
Gegenstand der Tat als Prozessgegenstand ist nicht nur der in der Anklage umschriebene und dem Angeklagten dort zur Last gelegte Geschehensablauf; vielmehr gehört zu ihr das gesamte Verhalten des Angeklagten, soweit es mit dem durch die Anklage bezeichneten geschichtlichen Vorkommnis nach der Auffassung des Lebens einen einheitlichen Vorgang bildet, also eine innerlich verknüpfte Einheit, bei deren getrennter Beurteilung ein zusammengehörendes Geschehen unnatürlich aufgespalten werden würde (vgl. BGH aaO, …). Danach waren sämtliche im Zeitraum von Sommer 1976 bis zu ihrer Festnahme durchgeführte Planungs- und Vorbereitungstätigkeiten von H. und M. für die Anschläge der Offensive 77, darunter auch der Anschlag auf Generalbundesanwalt Buback vom 7. April 1977, als einheitliches, innerlich verbundenes Geschehen von der Verurteilung erfasst.
78 
Die Sperrwirkung umfasst den gesamten Prozessgegenstand des rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens, also die prozessuale Tat, wie sie dem zuletzt entscheidenden Gericht aufgrund seiner Kognitionsbefugnis abzuurteilen rechtlich möglich war (vgl. Kühne in Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl., Einleitung K Rn. 88 mwN). Ein erneutes Verfahren gegen S. H. und R. M. wäre danach auch dann unzulässig, wenn später erschwerende Umstände hervorgetreten wären, die dem Oberlandesgericht Stuttgart zum Zeitpunkt der Verurteilung tatsächlich nicht bekannt waren (vergleiche Kühne aaO. Rn. 79). Es ist also insoweit ohne Bedeutung, dass die im Urteil insbesondere mit Hilfe der H.-M.-Papiere festgestellten Aktionen, insbesondere die Aktion „Margarine“ erst zu einem späteren Zeitpunkt in vollem Umfang als der Anschlag der „Offensive 77“ auf Generalbundesanwalt Siegfried Buback und dessen Begleiter erkannt wurde. Denn Planungen und Vorbereitungshandlungen der Beiden im Zusammenhang mit der „Offensive 77“ waren vor dem Oberlandesgericht Stuttgart Gegenstand von Feststellungen, die mit dem Ziel erfolgt sind, sie auf ihre strafrechtliche Bedeutung zu überprüfen. (…).
79 
Die Rechtsprechung zum Strafklageverbrauch bei Organisationsdelikten führt hier zu keinem anderen Ergebnis. Danach führt die Verurteilung wegen Beteiligung als Mitglied etwa in einer terroristischen Vereinigung nur dann nicht zum Strafklageverbrauch hinsichtlich solcher Straftaten, die materiell-rechtlich tateinheitlich in Verfolgung der Ziele der Vereinigung begangen wurden, wenn diese nach ihrer Strafdrohung schwerer wiegen und auch tatsächlich nicht - auch nicht unter dem Gesichtspunkt mitgliedschaftlicher Beteiligung - Gegenstand der früheren Anklage und rechtskräftigen Verurteilung waren (BGHSt 29, 288; BGH NStZ 2001, 436). Letztere Voraussetzung ist hier nicht gegeben, weil sämtliche in Betracht kommenden relevanten Tathandlungen - in den Urteilsfeststellungen im einzelnen umschrieben - ausdrücklich in der Anklage aufgeführt und von der Verurteilung erfasst sind. (…).“
80 
Die Antragsteller sind der Ansicht, einer (erneuten) Strafverfolgung der Beschuldigten hinsichtlich ihrer Verantwortlichkeit an dem Anschlag vom 7. April 1977 stehe kein Strafklageverbrauch entgegen.
81 
Zur umfassenden Beurteilung und Überprüfung dieser Einschätzung, insbesondere zur Frage des Prozessgegenstandes des rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens des Oberlandesgerichts Stuttgart und zur damaligen Kognitionsbefugnis des Senats hätte es vorliegend der Mitteilung der dem Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 11. Juli 1979 zugrundeliegenden Anklageschrift der Bundesanwaltschaft gegen die beiden Beschuldigten und der (vollständigen) Mitteilung der Urteilsgründe bedurft. Dem Antragvorbringen ist der Inhalt der Anklageschrift gegen die beiden Beschuldigten im vorgenannten Verfahren jedoch nicht zu entnehmen; außerdem werden nur einzelne Feststellungen aus dem Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 11. Juli 1979 mitgeteilt, sodass der Senat die Frage des Strafklageverbrauchs anhand der von den Antragstellern angeführten Gesichtspunkte im Hinblick auf die bereits hierzu ergangenen Senatsentscheidungen nicht (erneut) eingehend überprüfen kann.
82 
4. Der Antrag wäre nach der gegenwärtigen Erkenntnislage auch unbegründet. Der Senat hat in den die beiden Ordnungs- und Beugemaßnahmen betreffenden Entscheidungen gegen die damaligen Zeugen vom 31. März 2011 angenommen, dass einer erneuten Verfolgung von S. H. und R. M. wegen ihrer Tatbeiträge im Zusammenhang mit Taten der Anschlagserie „Offensive 1977“ bis zu ihrer Festnahme am 30. November 1976 das Verfahrenshindernis des Verbrauchs der Strafklage entgegensteht. Er hat hierzu im Beschluss gegen S. H. ausgeführt:
83 
„Der Zeuge kann weder wegen der Tat, zu der er vernommen werden soll, noch wegen anderer, damit zusammenhängender Taten, insbesondere im Zusammenhang mit der Anschlagsserie der RAF im Jahr 1977 („Offensive 77“), verfolgt werden noch besteht die konkrete Gefahr, dass er durch eine wahrheitsgemäße Aussage zugleich potentielle Beweismittel gegen sich selbst wegen noch verfolgbarer eigener Delikte liefern müsste (vgl. BVerfG NJW 2002, 1411).
84 
a) S. H. war am 30. November 1976 gemeinsam mit dem ehemaligen RAF-Mitglied R. M. festgenommen worden und befand sich ab diesem Zeitpunkt bis 1987 durchgängig zunächst in Untersuchungs- und anschließend in Strafhaft. Er wurde durch Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 11. Juli 1979 (5 - 1 StE 3/77) wegen Raubes mit Waffen in drei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Beihilfe zum Bandenraub, Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung als Rädelsführer, Diebstahls in zwei Fällen, Urkundenfälschung und mit unerlaubtem Führen von Schusswaffen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von 14 Jahren rechtskräftig verurteilt.
85 
Durch in der Hauptverhandlung am 25. Juni 1979 verkündeten Gerichtsbeschluss wurden einzelne Vorwürfe der Anklageschrift des Generalbundesanwalts vom 30. September 1977 gemäß § 154 Abs. 2 bzw. § 154a Abs. 2 StPO eingestellt. Bereits durch Beschluss vom 23. Mai 1978 hatte das Oberlandesgericht Stuttgart das Verfahren gegen S. H., soweit ihm unter Ziffer I. der Anklageschrift zur Last gelegt worden war, in der Zeit von Oktober 1973 bis Mai 1975 in Heidelberg und andernorts eine kriminelle Vereinigung durch Beteiligung am Info-System der RAF unterstützt zu haben, im Hinblick auf die wegen der anderen Tatvorwürfe zu erwartenden Strafe gemäß § 154 Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt.
86 
Durch Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 19. Dezember 1979 (5 - 1 StE 3/77) wurde S. H. wegen fortgesetzter Beihilfe zum Mord in zwei Fällen, Geiselnahme und versuchter Nötigung eines Verfassungsorgans in Tateinheit mit fortgesetzter Unterstützung einer kriminellen Vereinigung zu der Freiheitsstrafe von 15 Jahren verurteilt. Diese Verurteilung betraf Unterstützungshandlungen des Zeugen im Vorfeld des Überfalls durch RAF-Angehörige auf die deutsche Botschaft in Stockholm am 24. April 1975, bei der der Militärattaché von Mirbach und der Wirtschaftsreferent Dr. Hillegaart getötet wurden.
87 
Die im Urteil vom 19. Dezember 1979 verhängte Freiheitsstrafe und - nach Auflösung der dort festgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe - die im Urteil vom 11. Juli 1979 verhängten Einzelfreiheitsstrafen wurden durch rechtskräftigen Beschluss des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 31. Juli 1981 auf die nachträgliche Gesamtfreiheitsstrafe von 15 Jahren zurückgeführt.
88 
b) Das Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StPO kann grundsätzlich nur in dem Umfang bestehen, in welchem die Befragung sich auf Vorgänge richtet, die im Verhältnis zu dem abgeurteilten Geschehen andere Taten im verfahrensrechtlichen Sinn des § 264 Abs. 1 StPO darstellen würden (BGH NStZ 2007, 278). Dabei genügt es, wenn der Zeuge über Vorgänge Auskunft geben müsste, die den Verdacht einer Straftat gegen ihn mittelbar begründen, sei es auch nur als Teilstück in einem mosaikartig zusammengesetzten Beweisgebäude (BGH NJW 1999, 1413, 1414; BGHR StPO § 55 Abs. 1 Verfolgung 1).
89 
Sämtliche Tathandlungen des Zeugen, die in einem denkbaren Zusammenhang mit Taten der Anschlagsserie „Offensive 77“ stehen, waren hier Gegenstand des Verfahrens und des Urteils vom 11. Juli 1979. Einer erneuten Verfolgung des Zeugen wegen dieser Tatbeiträge stünde deshalb das Verfahrenshindernis des Verbrauchs der Strafklage entgegen. Andere, die konkrete Gefahr einer weiteren Strafverfolgung begründende Vorgänge, wegen derer Strafklageverbrauch nicht eingetreten ist, sind weder glaubhaft gemacht noch sonst ersichtlich.
90 
aa) Nach den Feststellungen des Urteils vom 11. Juli 1979 stehen die Beteiligungsakte der Rädelsführerschaft maßgeblich im Zusammenhang mit den Planungen, Vorbereitungen und Festlegungen der Gruppe, die in den sog. „H.-M.-Papieren“ ihren Niederschlag gefunden haben. Danach war H. derjenige, der die Arbeiten der Gruppe koordinierte. Er hatte einen Überblick über die Gesamtplanung der Aktivitäten und gab „Aufgaben für alle“ aus (UA S. 122). Unter dem maßgeblichen Einfluss des S. H. erstreckten sich die Planungen nach den Urteilsfeststellungen auf die Aktionen „Margarine“, „Big Money“, „Big Raushol-Rache“ und auf eine Straftat zum Nachteil einer Behörde (UA S. 70-72). Die Planungen für die Aktion „Margarine“ waren bereits abgeschlossen (UA S. 203, 206). Die Feststellungen zu den Planungs- und Vorbereitungstätigkeiten des Zeugen H. wurden nicht etwa nur zum Zwecke der Erhellung des Tathintergrundes getroffen, sondern sie wurden dem Schuldspruch als rädelsführerschaftliche Beteiligungsakte zugrunde gelegt (vgl. BGHSt 41, 292).
91 
Gegenstand der Tat als Prozessgegenstand ist nicht nur der in der Anklage umschriebene und dem Angeklagten dort zur Last gelegte Geschehensablauf; vielmehr gehört zu ihr das gesamte Verhalten des Angeklagten, soweit es mit dem durch die Anklage bezeichneten geschichtlichen Vorkommnis nach der Auffassung des Lebens einen einheitlichen Vorgang bildet, also eine innerlich verknüpfte Einheit, bei deren getrennter Beurteilung ein zusammengehöriges Geschehen unnatürlich aufgespalten werden würde (vgl. BGHSt 41, 292; Kühne in Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl., Einl. K Rn. 60 m.w.N.). Danach waren sämtliche im Zeitraum von Sommer 1976 bis zu seiner Festnahme durchgeführten Planungs- und Vorbereitungstätigkeiten des Zeugen H. für die Anschläge der „Offensive 77“ als einheitliches, innerlich verbundenes Geschehen von der Verurteilung erfasst. Dazu gehören auch mögliche, ebenfalls auf die Organisation der „Offensive 77“ gerichtete Aktivitäten S. H. im Ausbildungscamp in Aden als untrennbarer Bestandteil der Gesamtplanung, die auf dem Treffen im Harz nach der Rückkehr der Gruppe aus dem Jemen im Herbst 1976 ihren Fortgang nahm und letztlich insgesamt ihren Niederschlag in den „H.-M.-Papieren“ fand. Die Rechtskraft erstreckt sich auch auf die nach § 154 Abs. 2 bzw. § 154a Abs. 2 StPO ausgeschiedenen Tatteile (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., Einl. Rn. 173).
92 
bb) Die Sperrwirkung umfasst den gesamten Prozessgegenstand des rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens, also die prozessuale Tat, wie sie dem zuletzt entscheidenden Gericht auf Grund seiner Kognitionsbefugnis abzuurteilen rechtlich möglich war (vgl. Kühne in Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl., Einl. K Rn. 88 m.w.N.). Ein erneutes Verfahren gegen S. H. wäre danach auch dann unzulässig, wenn später erschwerende Umstände hervorgetreten wären, die dem Oberlandesgericht Stuttgart zum Zeitpunkt der Verurteilung tatsächlich nicht bekannt waren (vgl. Kühne a.a.O. Rn. 79). Eine Gefahr neuerlicher Strafverfolgung besteht hier also auch nicht deshalb, weil die im Urteil insbesondere mit Hilfe der „H.-M..-Papiere“ festgestellten Aktionen erst zu einem späteren Zeitpunkt in vollem Umfang als die Anschläge der „Offensive 77“ - auf Generalbundesanwalt Siegfried Buback sowie dessen Begleiter Wolfgang Göbel und Georg Wurster am 7. April 1977, auf Jürgen Ponto am 30. Juli 1977, auf die Bundesanwaltschaft am 25. August 1977 und auf Dr. Hanns Martin Schleyer und seine Begleiter am 5. September 1977 - erkannt worden sind.
93 
cc) Die Rechtsprechung zum Strafklageverbrauch bei Organisationsdelikten führt hier zu keinem anderen Ergebnis. Danach führt die Verurteilung wegen Beteiligung als Mitglied etwa in einer terroristischen Vereinigung nicht zum Strafklageverbrauch hinsichtlich solcher Straftaten, die materiell-rechtlich tateinheitlich in Verfolgung der Ziele der Vereinigung begangen werden, wenn sie nach ihrer Strafdrohung schwerer wiegen und auch tatsächlich nicht - auch nicht unter dem Gesichtspunkt mitgliedschaftlicher Beteiligung - Gegenstand der früheren Anklage und der rechtskräftigen Aburteilung waren (vgl. BGHSt 29, 288; BGH NStZ 2001, 436; BGH B.v. 23. Dezember 2009 - StB 51/09 -). Letztere Voraussetzung ist hier nicht gegeben, weil sämtliche in Betracht kommenden Tathandlungen - in den Urteilsfeststellungen im Einzelnen umschrieben - ausdrücklich von der Verurteilung erfasst sind.
94 
dd) Schließlich fehlt es an konkreten Anhaltspunkten dafür, dass die Beantwortung von Fragen zu den abgeurteilten bzw. eingestellten Taten den Zeugen S. H. in die Gefahr der Verfolgung wegen anderer - mit den abgeurteilten bzw. eingestellten Taten im Zusammenhang stehender - Straftaten bringen könnte (vgl. BGH NStZ-RR 2009, 178; NStZ 2010, 463; NStZ-RR 2006, 239). Die von der Verurteilung erfasste Planungs- und Vorbereitungstätigkeit des Zeugen bezieht sich nicht nur auf die Planung des Anschlags auf Generalbundesanwalt Siegfried Buback sowie dessen Begleiter Wolfgang Göbel und Georg Wurster am 7. April 1977 sondern auf sämtliche in den „H.-M.-Papieren“ enthaltenen Anschläge der „Offensive 77“.
95 
Nichts spricht für eine Verfolgungsgefahr wegen weiterer Taten, die dort nicht erwähnt sind. Zur Tatzeit etwa des Überfalls auf F. am 1. Juli 1977 oder des Überfalls auf die Dresdner Bank - Filiale in Köln am 12. April 1977 befand sich H. bereits in Haft. Hinweise darauf, dass sich der Zeuge an diesen Taten noch vor seiner Festnahme im Vorbereitungsstadium beteiligte, sind nicht ersichtlich. Den „H.-M.-Papieren“ ist insoweit nichts zu entnehmen. Auch für eine Tatbeteiligung des Zeugen aus der Haft heraus finden sich keine Anhaltspunkte, zumal S. H. jedenfalls vor 1978 nicht gemeinsam mit den anderen Gefangenen aus der RAF um Andreas Baader und Gudrun Ensslin in der Justizvollzugsanstalt Stuttgart-Stammheim untergebracht war.“
96 
In der am gleichen Tag ergangenen Entscheidung gegen R. M., der mit Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 11. Juli 1979 (5 - 1 StE 3/77) wegen Raubes mit Waffen in drei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Beihilfe zum Bandenraub, Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung als Rädelsführer, Diebstahls in zwei Fällen, Urkundenfälschung und mit unerlaubtem Führen von Schusswaffen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von 12 Jahren rechtskräftig verurteilt worden war, hat der Senat die o.g. Gründe übernommen.
97 
Die im Antragsvorbringen aufgeführten Gesichtspunkte sind bei der gegenwärtigen Erkenntnis- und Aktenlage nicht geeignet, den in den Senatsentscheidungen vom 31. März 2011 gegen die Beschuldigten S. H. und R. M. angenommenen Strafklageverbrauch zu entkräften. Allein der Umstand, dass die Senatsentscheidungen vom 31. März 2011 im Beschwerdeverfahren durch den Bundesgerichtshof aufgehoben wurden, führt zu keiner anderen Beurteilung. Der Bundesgerichtshof hat die hier relevante Frage des Strafklageverbrauchs entgegen der Ansicht der Antragsteller gerade nicht verneint, sondern offengelassen; er hat insoweit ausgeführt: „Der Senat muss insbesondere in diesem die Rechtmäßigkeit von Ordnungs- und Beugemaßnahmen betreffenden Beschwerdeverfahren nicht darüber befinden, ob die Strafklage gegen die Beschwerdeführer bezüglich der weiteren Taten der ´Offensive 77` durch das Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 11. Juli 1979 verbraucht ist.“
98 
Der von den Antragstellern desweiteren zur Unterstützung ihrer Rechtsansicht vorgebrachte Gesichtspunkt, dass die im Urteil mit Hilfe der „H.-M.-Papiere“ festgestellten Aktionen, vor allem die Aktion „Margarine“, erst zu einem späteren Zeitpunkt in vollem Umfang als der Anschlag der „Offensive 77“ auf Generalbundesanwalt Siegfried Buback und dessen Begleiter erkannt wurde, greift nicht durch. Sämtliche im Zeitraum von Sommer 1976 bis zu ihrer Festnahme durchgeführte Planungs- und Vorbereitungstätigkeiten von S. H. und R. M. für die Anschläge der „Offensive 77“, und damit auch für den Anschlag am 7. April 1977, waren als einheitliches, innerlich verbundenes Geschehen vor dem Oberlandesgericht Stuttgart Gegenstand von Feststellungen, die mit dem Ziel erfolgt sind, sie auf ihre strafrechtliche Bedeutung zu überprüfen. Diese von den Antragstellern aufgegriffenen Tätigkeiten der Beschuldigten können mithin nicht erneut - auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Beteiligung an einem Mord - Gegenstand eines weiteren Ermittlungsverfahrens sein.
99 
Nach alledem war der Antrag der Antragsteller zurückzuweisen.

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Referenzen - Gesetze

Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 06. Juli 2015 - 6 Ws 2/15; 6 Ws 002/15 zitiert 11 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 154 Teileinstellung bei mehreren Taten


(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen, 1. wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Bes

Strafgesetzbuch - StGB | § 129a Bildung terroristischer Vereinigungen


(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind, 1. Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völ

Strafprozeßordnung - StPO | § 154a Beschränkung der Verfolgung


(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind, 1. für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder2. neben einer Strafe oder Maß

Strafprozeßordnung - StPO | § 264 Gegenstand des Urteils


(1) Gegenstand der Urteilsfindung ist die in der Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Verhandlung darstellt. (2) Das Gericht ist an die Beurteilung der Tat, die dem Beschluß über die Eröffnung des Hauptverfahrens zugrunde l

Strafprozeßordnung - StPO | § 55 Auskunftsverweigerungsrecht


(1) Jeder Zeuge kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihm selbst oder einem der in § 52 Abs. 1 bezeichneten Angehörigen die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden.

Strafprozeßordnung - StPO | § 172 Beschwerde des Verletzten; Klageerzwingungsverfahren


(1) Ist der Antragsteller zugleich der Verletzte, so steht ihm gegen den Bescheid nach § 171 binnen zwei Wochen nach der Bekanntmachung die Beschwerde an den vorgesetzten Beamten der Staatsanwaltschaft zu. Durch die Einlegung der Beschwerde bei der S

Strafprozeßordnung - StPO | § 70 Folgen unberechtigter Zeugnis- oder Eidesverweigerung


(1) Wird das Zeugnis oder die Eidesleistung ohne gesetzlichen Grund verweigert, so werden dem Zeugen die durch die Weigerung verursachten Kosten auferlegt. Zugleich wird gegen ihn ein Ordnungsgeld und für den Fall, daß dieses nicht beigetrieben werde

Strafprozeßordnung - StPO | § 173 Verfahren des Gerichts nach Antragstellung


(1) Auf Verlangen des Gerichts hat ihm die Staatsanwaltschaft die bisher von ihr geführten Verhandlungen vorzulegen. (2) Das Gericht kann den Antrag unter Bestimmung einer Frist dem Beschuldigten zur Erklärung mitteilen. (3) Das Gericht kann

Strafprozeßordnung - StPO | § 171 Einstellungsbescheid


Gibt die Staatsanwaltschaft einem Antrag auf Erhebung der öffentlichen Klage keine Folge oder verfügt sie nach dem Abschluß der Ermittlungen die Einstellung des Verfahrens, so hat sie den Antragsteller unter Angabe der Gründe zu bescheiden. In dem Be

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Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Dez. 2009 - StB 51/09

bei uns veröffentlicht am 23.12.2009

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 BJs 26/77-5 StB 51/09 vom 23. Dezember 2009 in dem Ermittlungsverfahren gegen wegen Mordes hier: Haftbeschwerde der Beschuldigten Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. Dezember 2009 gemäß § 304 Abs. 5 S

Referenzen

(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder
2.
Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b
3.
(weggefallen)
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 bezeichneten Art, zuzufügen,
2.
Straftaten nach den §§ 303b, 305, 305a oder gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 1, 3 oder 4, des § 316b Abs. 1 oder 3 oder des § 316c Abs. 1 bis 3 oder des § 317 Abs. 1,
3.
Straftaten gegen die Umwelt in den Fällen des § 330a Abs. 1 bis 3,
4.
Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 oder 2, § 20a Abs. 1 bis 3, § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 Nr. 2, § 20 Abs. 1 oder 2 oder § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder nach § 22a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen oder
5.
Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3 des Waffengesetzes
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wenn eine der in den Nummern 1 bis 5 bezeichneten Taten bestimmt ist, die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern, eine Behörde oder eine internationale Organisation rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt zu nötigen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beseitigen oder erheblich zu beeinträchtigen, und durch die Art ihrer Begehung oder ihre Auswirkungen einen Staat oder eine internationale Organisation erheblich schädigen kann.

(3) Sind die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet, eine der in Absatz 1 und 2 bezeichneten Straftaten anzudrohen, ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(4) Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern, so ist in den Fällen der Absätze 1 und 2 auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(5) Wer eine in Absatz 1, 2 oder Absatz 3 bezeichnete Vereinigung unterstützt, wird in den Fällen der Absätze 1 und 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer für eine in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichnete Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, in den Fällen der Absätze 1, 2, 3 und 5 die Strafe nach seinem Ermessen (§ 49 Abs. 2) mildern.

(7) § 129 Absatz 7 gilt entsprechend.

(8) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2).

(9) In den Fällen der Absätze 1, 2, 4 und 5 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(1) Wird das Zeugnis oder die Eidesleistung ohne gesetzlichen Grund verweigert, so werden dem Zeugen die durch die Weigerung verursachten Kosten auferlegt. Zugleich wird gegen ihn ein Ordnungsgeld und für den Fall, daß dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft festgesetzt.

(2) Auch kann zur Erzwingung des Zeugnisses die Haft angeordnet werden, jedoch nicht über die Zeit der Beendigung des Verfahrens in dem Rechtszug, auch nicht über die Zeit von sechs Monaten hinaus.

(3) Die Befugnis zu diesen Maßregeln steht auch dem Richter im Vorverfahren sowie dem beauftragten und ersuchten Richter zu.

(4) Sind die Maßregeln erschöpft, so können sie in demselben oder in einem anderen Verfahren, das dieselbe Tat zum Gegenstand hat, nicht wiederholt werden.

Gibt die Staatsanwaltschaft einem Antrag auf Erhebung der öffentlichen Klage keine Folge oder verfügt sie nach dem Abschluß der Ermittlungen die Einstellung des Verfahrens, so hat sie den Antragsteller unter Angabe der Gründe zu bescheiden. In dem Bescheid ist der Antragsteller, der zugleich der Verletzte ist, über die Möglichkeit der Anfechtung und die dafür vorgesehene Frist (§ 172 Abs. 1) zu belehren. § 187 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes gilt entsprechend für Verletzte, die nach § 395 der Strafprozessordnung berechtigt wären, sich der öffentlichen Klage mit der Nebenklage anzuschließen, soweit sie einen Antrag auf Übersetzung stellen.

(1) Ist der Antragsteller zugleich der Verletzte, so steht ihm gegen den Bescheid nach § 171 binnen zwei Wochen nach der Bekanntmachung die Beschwerde an den vorgesetzten Beamten der Staatsanwaltschaft zu. Durch die Einlegung der Beschwerde bei der Staatsanwaltschaft wird die Frist gewahrt. Sie läuft nicht, wenn die Belehrung nach § 171 Satz 2 unterblieben ist.

(2) Gegen den ablehnenden Bescheid des vorgesetzten Beamten der Staatsanwaltschaft kann der Antragsteller binnen einem Monat nach der Bekanntmachung gerichtliche Entscheidung beantragen. Hierüber und über die dafür vorgesehene Form ist er zu belehren; die Frist läuft nicht, wenn die Belehrung unterblieben ist. Der Antrag ist nicht zulässig, wenn das Verfahren ausschließlich eine Straftat zum Gegenstand hat, die vom Verletzten im Wege der Privatklage verfolgt werden kann, oder wenn die Staatsanwaltschaft nach § 153 Abs. 1, § 153a Abs. 1 Satz 1, 7 oder § 153b Abs. 1 von der Verfolgung der Tat abgesehen hat; dasselbe gilt in den Fällen der §§ 153c bis 154 Abs. 1 sowie der §§ 154b und 154c.

(3) Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung muß die Tatsachen, welche die Erhebung der öffentlichen Klage begründen sollen, und die Beweismittel angeben. Er muß von einem Rechtsanwalt unterzeichnet sein; für die Prozeßkostenhilfe gelten dieselben Vorschriften wie in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten. Der Antrag ist bei dem für die Entscheidung zuständigen Gericht einzureichen.

(4) Zur Entscheidung über den Antrag ist das Oberlandesgericht zuständig. Die §§ 120 und 120b des Gerichtsverfassungsgesetzes sind sinngemäß anzuwenden.

(1) Auf Verlangen des Gerichts hat ihm die Staatsanwaltschaft die bisher von ihr geführten Verhandlungen vorzulegen.

(2) Das Gericht kann den Antrag unter Bestimmung einer Frist dem Beschuldigten zur Erklärung mitteilen.

(3) Das Gericht kann zur Vorbereitung seiner Entscheidung Ermittlungen anordnen und mit ihrer Vornahme einen beauftragten oder ersuchten Richter betrauen.

(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind,

1.
für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder
2.
neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat,
nicht beträchtlich ins Gewicht, so kann die Verfolgung auf die übrigen Teile der Tat oder die übrigen Gesetzesverletzungen beschränkt werden. § 154 Abs. 1 Nr. 2 gilt entsprechend. Die Beschränkung ist aktenkundig zu machen.

(2) Nach Einreichung der Anklageschrift kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Beschränkung vornehmen.

(3) Das Gericht kann in jeder Lage des Verfahrens ausgeschiedene Teile einer Tat oder Gesetzesverletzungen in das Verfahren wieder einbeziehen. Einem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einbeziehung ist zu entsprechen. Werden ausgeschiedene Teile einer Tat wieder einbezogen, so ist § 265 Abs. 4 entsprechend anzuwenden.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Jeder Zeuge kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihm selbst oder einem der in § 52 Abs. 1 bezeichneten Angehörigen die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden.

(2) Der Zeuge ist über sein Recht zur Verweigerung der Auskunft zu belehren.

(1) Gegenstand der Urteilsfindung ist die in der Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Verhandlung darstellt.

(2) Das Gericht ist an die Beurteilung der Tat, die dem Beschluß über die Eröffnung des Hauptverfahrens zugrunde liegt, nicht gebunden.

(1) Jeder Zeuge kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihm selbst oder einem der in § 52 Abs. 1 bezeichneten Angehörigen die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden.

(2) Der Zeuge ist über sein Recht zur Verweigerung der Auskunft zu belehren.

(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind,

1.
für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder
2.
neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat,
nicht beträchtlich ins Gewicht, so kann die Verfolgung auf die übrigen Teile der Tat oder die übrigen Gesetzesverletzungen beschränkt werden. § 154 Abs. 1 Nr. 2 gilt entsprechend. Die Beschränkung ist aktenkundig zu machen.

(2) Nach Einreichung der Anklageschrift kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Beschränkung vornehmen.

(3) Das Gericht kann in jeder Lage des Verfahrens ausgeschiedene Teile einer Tat oder Gesetzesverletzungen in das Verfahren wieder einbeziehen. Einem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einbeziehung ist zu entsprechen. Werden ausgeschiedene Teile einer Tat wieder einbezogen, so ist § 265 Abs. 4 entsprechend anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 BJs 26/77-5
StB 51/09
vom
23. Dezember 2009
in dem Ermittlungsverfahren
gegen
wegen Mordes
hier: Haftbeschwerde der Beschuldigten
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. Dezember 2009 gemäß
§ 304 Abs. 5 StPO beschlossen:
1. Auf die Beschwerde der Beschuldigten werden der Haftbefehl des Ermittlungsrichters des Bundesgerichthofs vom 26. August 2009 (1 BGs 177/09) sowie dessen Beschluss über die Aufrechterhaltung des Haftbefehls vom 28. August 2009 (1 BGs 180/09) aufgehoben. Die Beschuldigte ist unverzüglich aus der Haft zu entlassen. 2. Die Kosten des Rechtsmittels und die der Beschwerdeführerin hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen.

Gründe:

I.

1
Der Ermittlungsrichter des Bundesgerichthofs hat gegen die Beschuldigte am 26. August 2009 wegen des dringenden Verdachts des mittäterschaftlich begangenen Mordes (§§ 211, 25 Abs. 2 StGB) in drei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen (§ 52 StGB) Haftbefehl erlassen. Danach ist die Beschuldigte dringend verdächtig, an dem Anschlag vom 7. April 1977 in Karlsruhe beteiligt gewesen zu sein, bei dem der damalige Generalbundesanwalt Siegfried Buback , sein Fahrer Wolfgang Göbel und sein weiterer Begleiter Erster Justizhauptwachtmeister Georg Wurster getötet wurden. Die Beschuldigte ist darauf- hin am 27. August 2009 festgenommen worden. Mit Beschluss vom 28. August 2009 hat der Ermittlungsrichter des Bundesgerichthofs nach Vorführung der Beschuldigten den Haftbefehl aufrechterhalten und in Vollzug gesetzt. Die Beschuldigte befindet sich seitdem in Untersuchungshaft.
2
Mit Schriftsatz vom 11. November 2009 hat die Beschuldigte gegen den Haftbefehl vom 26. August 2009 und den Beschluss vom 28. August 2009 Beschwerde eingelegt. Sie beantragt, den Haftbefehl aufzuheben. Zur Begründung führt sie aus, es bestehe möglicherweise ein Verfahrenshindernis; außerdem liege weder ein dringender Tatverdacht noch ein Haftgrund vor.
3
Der Generalbundesanwalt ist der Beschwerde entgegen getreten. Er ist der Auffassung, nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen sei zwar nicht davon auszugehen, dass die Beschuldigte am Tattag unmittelbar an der Ermordung von Generalbundesanwalt Buback sowie seiner Begleiter Göbel und Wurster als Fahrerin des bei der Tat benutzten Motorrads oder als Schützin beteiligt gewesen sei. Sie sei jedoch dringend verdächtig, sich in sonstiger Weise als Mittäterin an dem Anschlag beteiligt zu haben.
4
Der Ermittlungsrichter des Bundesgerichthofs hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

5
Die zulässige Haftbeschwerde hat im Ergebnis Erfolg. Der Haftbefehl des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs kann keinen Bestand haben. Zwar ist die Beschuldigte nach dem bisherigen Ergebnis der Ermittlungen - wenn auch nicht des mittäterschaftlich begangen Mordes, so doch - der Beihilfe zum Mord (§§ 211, 27 Abs. 1 StGB) in drei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen dringend verdächtig. Ein für die Anordnung von Untersuchungshaft zwingend erforderlicher Haftgrund (§ 112 Abs. 1 Satz 1 StPO) besteht indes nicht. Im Einzelnen :
6
Nach dem Ergebnis der Ermittlungen verübte am 7. April 1977 in Karlsruhe ein "Kommando Ulrike Meinhof" (im Folgenden: "Kommando") der "Rote Armee Fraktion" (im Folgenden: "RAF") im Rahmen der sog. Offensive 77 einen Anschlag auf den damaligen Generalbundesanwalt Buback, dem auch sein Fahrer Göbel und sein weiterer Begleiter Erster Justizhauptwachtmeister Wurster zum Opfer fielen.
7
Am Tattag lauerten zwei Mitglieder des "Kommandos" dem Dienstwagen des Generalbundesanwalts Buback auf der Fahrt zum Dienstgebäude der Bundesanwaltschaft auf. Sie verwendeten ein Motorrad Marke Suzuki GS 750, das von dem "RAF"-Mitglied Sonnenberg angemietet worden war. Als das Dienstfahrzeug kurz nach 9.00 Uhr an einer Verkehrsampel anhalten musste, fuhren die Mitglieder des "Kommandos" mit ihrem Motorrad rechts neben den PKW. Die Person auf dem Soziussitz holte aus einer mitgeführten Reisetasche ein an Lauf und Schaft verkürztes Selbstladegewehr und gab daraus eine Serie von mindestens 15 Schüssen durch die Seitenfenster auf die drei Insassen des Dienstfahrzeugs ab. Generalbundesanwalt Buback und sein Fahrer Göbel verstarben noch am Tatort. Erster Justizhauptwachtmeister Wurster erlag am 13. April 1977 den schweren Schussverletzungen, die er bei dem Attentat erlitten hatte. Nach dem Anschlag flohen die Täter mit dem Motorrad durch die Karlsruher Innenstadt; sodann versteckten sie es in der Kammer eines Pfeilers der Autobahnbrücke in Wolfartsweier. Dort wurden die beiden von einem weiteren Mitglied des "Kommandos" erwartet; die drei Personen setzten gemeinsam die Flucht in einem PKW Alfa Romeo fort. Sie passierten mit dem Fahrzeug eine Kontrollstelle der Polizei bei Remchingen/Singen. Zwischen 10.00 Uhr und 10.30 Uhr stellten sie den Alfa Romeo in Sachsenheim/Kreis Ludwigsburg ab. Danach verlor sich ihre Spur.
8
Die Beschuldigte, die zur Tatzeit ebenfalls der "RAF" angehörte, und Sonnenberg wurden am 3. Mai 1977 in Singen festgenommen. In einem Sonnenberg gehörenden Rucksack führten sie das bei dem Anschlag am 7. April 1977 verwendete Selbstladegewehr bei sich. Um ihre Festnahme zu verhindern , schossen sie mit weiteren mitgeführten Waffen zunächst auf zwei Polizeibeamte und verletzten diese. Sodann erpressten sie die Überlassung eines Kraftfahrzeugs, mit dem sie flüchteten. Schließlich wurden sie von vier weiteren Polizeibeamten gefasst. Bei dem ihrer Überwältigung vorausgehenden Schusswechsel wurde Sonnenberg durch einen Kopfschuss schwer verletzt; die Beschuldigte erlitt eine Schusswunde am Bein.
9
Gegen die Beschuldigte erließ der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs unter anderem wegen des dringenden Tatverdachts der mittäterschaftlichen Beteiligung an dem Attentat vom 7. April 1977 Haftbefehl. Gegen Sonnenberg ordnete er ebenfalls unter anderem wegen desselben Tatvorwurfs die Untersuchungshaft an.
10
Die Beschuldigte und Sonnenberg wurden wegen der bei ihrer Festnahme am 3. Mai 1977 begangenen Straftaten vom Oberlandesgericht Stuttgart wie folgt rechtskräftig verurteilt: die Beschuldigte durch Urteil vom 28. Dezember 1977 wegen versuchten Mordes in zwei Fällen, wegen versuchten Mordes in vier tateinheitlich zusammentreffenden Fällen sowie wegen räuberischen Angriffs auf Kraftfahrer in Tateinheit mit schwerer räuberischer Erpressung zu lebenslanger Freiheitsstrafe; Sonnenberg durch Urteil vom 26. April 1978 wegen versuchten Mordes in zwei Fällen ebenfalls zu lebenslanger Freiheitsstrafe. Soweit die Ermittlungen aufgrund der bei der Festnahme sichergestellten Ge- genstände den Verdacht von "Beschaffungsstraftaten" wie Diebstahl, Hehlerei u. a. begründeten, hatte der Generalbundesanwalt bereits zuvor das Verfahren am 25. Juni 1977 nach § 154 Abs. 1 StPO vorläufig eingestellt. Die Vollstreckung der gegen die Beschuldigte verhängten Strafe wurde durch Gnadenentscheidung des Bundespräsidenten vom 25. September 1989 mit Wirkung vom 1. Dezember 1989 zur Bewährung ausgesetzt. Mit Entscheidung vom 30. April 1995 erließ der Bundespräsident im Wege der Gnade den noch nicht vollstreckten Teil der Strafe. Die Beschuldigte verbüßte von der lebenslangen Freiheitsstrafe insgesamt neun Jahre und etwa zwei Monate.
11
Der Generalbundesanwalt stellte durch Verfügung vom 31. März 1980 das Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Beteiligung der Beschuldigten an dem Attentat vom 7. April 1977 nach § 170 Abs. 2 StPO in Kenntnis der bis dahin ermittelten, die Beschuldigte teilweise belastenden Umstände ein. Zur Begründung führte er aus, aufgrund der Ermittlungen bestehe zwar ein gewisser Verdacht, dass die Beschuldigte an dem Anschlag beteiligt gewesen sei, zumal sie als im Untergrund lebendes Mitglied der "RAF" enge Verbindungen zu dem der Tat dringend verdächtigen Sonnenberg gehabt habe. Es lägen jedoch keine ausreichenden Erkenntnisse über eine konkrete Beteiligung insbesondere an der Planung, Vorbereitung oder Durchführung der Tat vor. Ein Nachweis, der nach einer eventuellen Hauptverhandlung eine Verurteilung mit einiger Wahrscheinlichkeit erwarten lasse, sei daher nicht zu führen. Durch Beschluss des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 10. April 1980 wurde der Haftbefehl gegen die Beschuldigte aufgehoben.
12
Das Ermittlungsverfahren gegen Sonnenberg wegen mittäterschaftlicher Beteiligung an dem Anschlag vom 7. April 1977 wurde mit Blick auf dessen rechtskräftige Verurteilung zu lebenslanger Freiheitsstrafe wegen der am 3. Mai 1977 in Singen begangenen Mordversuche sowie auf seine aufgrund des Kopf- schusses eingetretene dauerhafte erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigung vom Generalbundesanwalt am 15. Januar 1982 nach § 154 StPO eingestellt. Das Oberlandesgericht Stuttgart verurteilte die drei folgenden Mitglieder der "RAF" wegen Mittäterschaft an dem Attentat vom 7. April 1977: Folkerts durch Urteil vom 31. Juli 1980; Klar und Mohnhaupt durch Urteil vom 2. April 1985. Die Entscheidungen sind rechtskräftig.
13
Mit Verfügung vom 9. April 2008 hat der Generalbundesanwalt das Ermittlungsverfahren gegen die Beschuldigte wegen des Anschlags auf Generalbundesanwalt Buback und seine Begleiter wieder aufgenommen. Zur Begründung hat er ausgeführt, ein neuer Ermittlungsansatz sei deshalb vorhanden, weil an noch vorhandenen Tatasservaten molekulargenetische Spuren festgestellt worden seien, deren Verursacherin möglicherweise die Beschuldigte sei. In der Folgezeit sind zahlreiche Ermittlungsmaßnahmen durchgeführt worden. Diese haben unter anderem zu folgenden Ergebnissen geführt:
14
Die an den unmittelbaren Tatasservaten (Motorradhandschuh, -helm und -jacke) festgestellten DNA-Mischspuren stammten nicht von der Beschuldigten. Diese war jedoch die Verursacherin von Speichelspuren, die an drei Briefumschlägen sichergestellt wurden, mit denen am 13. April 1977 Kopien des Selbstbezichtigungsschreibens zu dem Anschlag vom 7. April 1977 an verschiedene Presseorgane versandt worden waren. Die Beschuldigte kann darüber hinaus als Verursacherin von zwei Spuren auf den in den Briefhüllen befindlichen Selbstbezichtigungsschreiben nicht ausgeschlossen werden.
15
Bei einer Durchsuchung der Wohnung der Beschuldigten am 20. August 2009 wurde eine handschriftliche Aufzeichnung mit folgendem Text gefunden: "7.04.08 - Nein, ich weiß noch nicht wie ich für Herrn Buback beten soll, ich habe kein wirkliches Gefühl für Schuld u. Reue. Natürlich würde ich es heute nicht mehr machen - aber ist das nicht armselig so zu denken u. zu fühlen?! Das ist nicht Heilung, das scheint noch ein weiter Weg zu sein." In einer "I-Ging"Befragung vom 22. März 2007 befasste sich die Beschuldigte mit dem Thema "Heilung" und stellte unter anderem die Frage: "Ist es mein Täterwissen?" In einer handschriftlichen Aufzeichnung vom 27. April 2007 heißt es unter anderem : "Was will ich erreichen? S. (u. andere) reinwaschen. Sagen wie es wirklich war."
16
Außerdem hat das ehemalige "RAF"-Mitglied Boock mehrfach, zuletzt im November 2009, Angaben zu dem damaligen Geschehen gemacht. Er hat bekundet , die Beschuldigte habe sich mit anderen im Sommer/Herbst 1976 in einem militärischen Ausbildungslager der palästinensischen Terrororganisation PFLP ("Volksfront für die Befreiung Palästinas") im Jemen aufgehalten. Dort sei die grundsätzliche Entscheidung getroffen worden, nach Rückkehr in die Bundesrepublik Deutschland Mordanschläge gegen führende Repräsentanten des Staates, darunter Generalbundesanwalt Buback, zu begehen. Von den in Stammheim inhaftierten Gefangenen der "RAF" sei der Befehl gekommen: "Der General muss weg." Die im Jemen entstandene Gruppe dürfe sich nur dann als "RAF" bezeichnen, wenn sie einen dahingehenden Anschlag verübe. Deshalb sei das Attentat auf Generalbundesanwalt Buback für die Mitglieder der Gruppierung besonders wichtig gewesen. Nach der Rückkehr der Gruppenmitglieder nach Deutschland habe ein Treffen im Harz stattgefunden, bei dem die weitere Vorgehensweise geplant und die Aufgaben verteilt worden seien. Es sei ein Arbeitsplan erstellt worden. Dieser wurde anlässlich der Festnahme der Gruppenmitglieder Haag und Mayer am 30. November 1976 sichergestellt. Die dort als "Paula" aufgeführte Person sei, so der Zeuge in seiner Vernehmung vom 12. November 2009, die Beschuldigte. Aufgrund der Festnahme von Haag und Mayer habe man den ursprünglich für Dezember 1976 geplanten Anschlag auf Generalbundesanwalt Buback verschoben. Es sei Ende des Jahres 1976 zu einem weiteren Treffen der Gesamtgruppe in Holland gekommen, an dem auch die Beschuldigte teilgenommen habe. Bei diesem Treffen habe man die beschleunigte Durchführung der im Grundsatz bereits beschlossenen Aktionen vereinbart. Der Beschluss, Generalbundesanwalt Buback zu töten, sei eine gemeinsame und von allen getragene Entscheidung der Kerngruppe der "RAF" gewesen; dazu habe auch die Beschuldigte gezählt. Dieser sei es immer sehr darauf angekommen, den Willen der in Stammheim inhaftierten "RAF"Mitglieder durchzusetzen; dazu habe auch der Befehl "Der General muss weg" gehört. Die Beschuldigte sei damals sehr fanatisch gewesen und keinen Millimeter von der Linie abgewichen.
17
Das Bundesamt für Verfassungsschutz verfügt über Informationen einer Quelle zu dem Anschlag vom 7. April 1977. Unter dem 15. Juni 2007 hat es gegenüber dem Generalbundesanwalt ein Behördenzeugnis abgegeben, nach dem einer älteren unbestätigten Einzelinformation zufolge die "RAF"-Mitglieder Wisniewski als Schütze auf dem Soziussitz des Motorrads, Sonnenberg als Fahrer des Motorrads und Klar als Fahrer des Fluchtfahrzeugs Alfa Romeo an dem Anschlag vom 7. April 1977 beteiligt gewesen seien. Unter Verweis auf dieses Zeugnis hat das Bundesministerium des Innern im Ermittlungsverfahren gegen den Beschuldigten Wisniewski unter dem 25. Januar 2008 eine Sperrerklärung nach § 96 StPO abgegeben. Im hiesigen Ermittlungsverfahren hat der Generalbundesanwalt um die Freigabe der in der Sperrerklärung aufgeführten Quelleninformationen und Aktenvermerke ersucht. Nach gewährter Akteneinsicht hat der Generalbundesanwalt mit Schreiben vom 29. September 2009 die Herausgabe aller Vermerke über Befragungen und Gespräche mit der Quelle begehrt. Über dieses Verlangen ist vom Bundesministerium des Innern bisher nicht entschieden worden.

III.

18
Ein die weitere strafrechtliche Verfolgung und gegebenenfalls die Ahndung der Tat ausschließendes Verfahrenshindernis ist nicht gegeben.
19
1. Entgegen der Auffassung der Verteidigung steht die Einstellungsverfügung nach § 154 StPO vom 25. Juni 1977 und der mittlerweile eingetretene Zeitablauf der Verfolgung der Beschuldigten nicht entgegen. Die genannte Verfügung erfasst nach ihrem eindeutigen Wortlaut nur die "Beschaffungsstraftaten" in Bezug auf die bei der Festnahme der Beschuldigten am 3. Mai 1977 in Singen sichergestellten Gegenstände. Sie bezieht sich deshalb nicht auf das Ermittlungsverfahren betreffend die Ermordung von Generalbundesanwalt Buback und seiner Begleiter. Dieses ist erst durch Verfügung vom 31. März 1980 nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden, da die Bundesanwaltschaft zu diesem Zeitpunkt einen hinreichenden Tatverdacht verneint hat. Durch diese Einstellung ist ein Strafklageverbrauch nicht eingetreten; denn der Einstellungsverfügung kommt keine Rechtskraftwirkung zu (Schmid in KK 6. Aufl. § 170 Rdn. 23; Meyer-Goßner, StPO 52. Aufl. § 170 Rdn. 9). Das Ermittlungsverfahren konnte vielmehr jederzeit wieder aufgenommen werden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Ausführungen des Oberlandesgerichts Stuttgart auf S. 124 f. des Urteils gegen die Beschuldigte vom 28. Dezember 1977. Dort wird im Wesentlichen darauf hingewiesen, dass der Strafsenat zur Klarstellung der Rechtslage mit Beschluss vom 5. Dezember 1977 mit Zustimmung der Bundesanwaltschaft die Strafverfolgung nach § 154 a Abs. 2 StPO beschränkt hat. Auch hiervon war der Tatvorwurf der Beteiligung an dem Attentat vom 7. April 1977 nicht betroffen.
20
2. Die Strafklage wegen der Tat vom 7. April 1977 ist durch das gegen die Beschuldigte ergangene Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 28. Dezember 1977 nicht verbraucht.
21
Dies gilt auch, wenn man entgegen dem Haftbefehl nicht den Vorwurf der mittäterschaftlichen Begehung des Mordes, sondern denjenigen der Beihilfe hierzu bejaht. Dabei bedarf es keiner näheren Betrachtung, ob der Vorwurf der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung materiellrechtlich in Tateinheit mit wenigstens einem der vom Oberlandesgericht Stuttgart abgeurteilten Delikte steht. Ein gegebenenfalls für die Straftat nach § 129 a StGB eingetretener Strafklageverbrauch ließe den hiesigen Tatvorwurf unberührt. Zwar besteht materiellrechtlich Tateinheit zwischen der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung und den Straftaten, auf welche die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung gerichtet sind. Dies trifft in Bezug auf die Ermordung von Generalbundesanwalt Buback und seinen Begleitern zu. Damit ist grundsätzlich auch von einer Tat im prozessualen Sinn auszugehen. Jedoch folgt aus den Besonderheiten der §§ 129, 129 a StGB als Organisationsdelikte, die über lange Zeiträume ganz verschiedenartige Verhaltensweisen gesetzlich zu einer rechtlichen Einheit zusammenfassen und damit mit anderen Dauerstraftaten nicht vergleichbar sind, sowie dem Gebot der materiellen Gerechtigkeit, dass die Rechtskraft bezüglich der Delikte nach §§ 129, 129 a StGB - verfassungsrechtlich unbedenklich (BVerfGE 56, 22, 28 ff.) - schwerere Delikte nicht erfasst, wenn sie nicht tatsächlich Gegenstand der Anklage und Urteilsfindung waren (st. Rspr.; s. etwa BGHSt 29, 288, 292 ff.).
22
Hier erstreckten sich die Anklage und das Urteil wegen der bei der Festnahme der Beschuldigten begangenen Straftaten nicht auf die Ereignisse vom 7. April 1977. Der Vorwurf des Mordes bzw. der Beihilfe hierzu wiegt schwerer als derjenige, ein Organisationsdelikt nach § 129 a StGB begangen zu haben. Dies zeigt sich unter anderem daran, dass Mord und die Beihilfe hierzu mit höheren Strafen bedroht sind als die mitgliedschaftliche Beteiligung in einer terroristischen Vereinigung.

IV.

23
Nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen besteht gegen die Beschuldigte der dringende Verdacht, dass sie den Anschlag vom 7. April 1977 als Gehilfin unterstützt und sich deswegen der Beihilfe zum Mord in drei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen schuldig gemacht hat. Demgegenüber belegt das Ergebnis der bisherigen Ermittlungen einen darüber hinausgehenden dringenden Verdacht für die Begehung der Tat als Mittäterin nicht.
24
1. Nach § 27 Abs. 1 StGB macht sich wegen Beihilfe strafbar, wer (vorsätzlich ) einem anderen zu dessen (vorsätzlich begangener) rechtswidriger Tat Hilfe leistet. Nach ständiger Rechtsprechung (s. etwa BGHSt 46, 107, 109; BGH NJW 2001, 2409, 2410; NStZ 2004, 499, 500) ist als Hilfeleistung in diesem Sinne grundsätzlich jede Handlung anzusehen, die die Herbeiführung des Taterfolges durch den Haupttäter objektiv fördert oder erleichtert; dass sie für den Eintritt dieses Erfolges in seinem konkreten Gepräge in irgendeiner Weise kausal wird, ist nicht erforderlich (BGHR StGB § 27 Abs. 1 Hilfeleisten 27 - in BGHSt 51, 144 insoweit nicht abgedruckt). Es genügt, dass ein Gehilfe die Haupttat im Vorbereitungsstadium fördert, wenn die Teilnahmehandlung mit entsprechendem Förderungswillen und -bewusstsein vorgenommen wird (BGHSt 46, 107, 115; BGH NJW 1985, 1035, 1036). Beihilfe zu einer Tat kann schließlich schon dadurch geleistet werden, dass der Gehilfe den Haupttäter in seinem schon gefassten Tatentschluss bestärkt und ihm ein erhöhtes Gefühl der Sicherheit vermittelt (BGHR StGB § 27 Abs. 1 Hilfeleisten 8).
25
Nach diesen Maßstäben hat die Beschuldigte bei einer Gesamtbewertung des bisherigen Ermittlungsergebnisses mit großer Wahrscheinlichkeit Beihilfe zu dem Attentat auf Generalbundesanwalt Buback und seine Begleiter geleistet. Mit der Bundesanwaltschaft ist nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen bei umfassender, sachgerechter Bewertung der Beweise - auch verschiedener Zeugenaussagen - nicht davon auszugehen, dass die Beschuldigte an dem Anschlag selbst unmittelbar als Fahrerin des Motorrads oder Beifahrerin und Schützin beteiligt war. Hierfür sprechen neben zahlreichen Gesichtspunkten die Ergebnisse der neueren DNA-Untersuchungen bei Begehung der Tat benutzter Gegenstände. Die Beschuldigte hat jedoch mit großer Wahrscheinlichkeit vor der Ausführung der Tat einen objektiven Beitrag zu dieser geleistet, indem sie die unmittelbaren Täter in derem Tatentschluss bestärkte.
26
a) Dies ergibt sich vor allem aus der vorläufigen Wertung der Aussage des Zeugen Boock. Danach hat sich die Beschuldigte in dem Zeitraum vor der Tat, etwa auch bei dem Treffen der Gesamtgruppe in Holland nach der Festnahme von Haag und Mayer, in besonders intensiver Weise dafür eingesetzt, die jeweiligen Anweisungen der in Stammheim inhaftierten Führungsmitglieder der "RAF" umzusetzen, zu denen auch der eindeutige Befehl "Der General muss weg" gehörte. Dieses Verhalten weist einen konkreten inhaltlichen Bezug zu der geplanten Tat auf und geht über Tätigkeiten hinaus, die lediglich als mitgliedschaftliche Beteiligung an der damals bestehenden terroristischen Vereinigung zu werten wären. Die offensive Propagierung des von den Gefangenen stammenden Tötungsbefehls durch die Beschuldigte bestätigte mit großer Wahrscheinlichkeit den Willen der unmittelbaren Täter des Anschlags, das Attentat tatsächlich durchzuführen.
27
Die Aussage des Zeugen Boock ist - bei der gebotenen vorläufigen Würdigung -, jedenfalls was den hier relevanten Teil betrifft, insoweit inhaltlich eindeutig , plausibel und fügt sich in seine übrigen Bekundungen ein. Gegen ihre Glaubhaftigkeit spricht im Ergebnis entgegen der Auffassung der Verteidigung nicht, dass der Zeuge in der Vernehmung vom 2. April 1992 berichtet hat, eine von den inhaftierten Mitgliedern der "RAF" legitimierte Person habe sich an ihn gewandt und ihm übermittelt, die Gefangenen benötigten Waffen, weil sie Generalbundesanwalt Buback in einer Hauptverhandlung als Geisel nehmen wollten. Der Zeuge hat den gegen Generalbundesanwalt Buback unter dem Decknamen "Margarine" geplanten Anschlag konstant - auch mehrfach in der Vernehmung vom 2. April 1992 - als einzige der für das Jahr 1977 ins Auge gefassten Straftaten als "Bestrafungsaktion" bezeichnet. Diese Wortwahl und der Inhalt des Befehls "Der General muss weg" legen den Schluss nahe, dass Generalbundesanwalt Buback nicht als Geisel genommen, sondern getötet werden sollte. Auch nach den sonstigen Umständen ist nicht davon auszugehen, dass der Anschlag vom 7. April 1977 ohne Billigung der in Stammheim inhaftierten Gefangenen stattfand.
28
Im Übrigen weist der Senat zur Vermeidung von Missverständnissen ausdrücklich darauf hin, dass die Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen Boock und seine Glaubwürdigkeit allein aufgrund der aus dem Inhalt der Akten zu entnehmenden Erkenntnisse derzeit nicht endgültig beurteilt werden können. Diese Bewertungen - ebenso wie die Würdigung der übrigen Beweise - können vielmehr im Falle der Anklageerhebung abschließend nur auf der Grundlage des Ergebnisses einer umfassenden Beweisaufnahme in einer Hauptverhandlung getroffen werden.
29
b) Die Aussage des Zeugen Boock wird durch die Gesamtschau des übrigen derzeitigen Ermittlungsergebnisses gestützt. Die weiteren Umstände, die nach Auffassung des Generalbundesanwalts den dringenden Verdacht für eine Beteiligung der Beschuldigten an dem Anschlag auf Generalbundesanwalt Buback und seine Begleiter begründen, sind bei vorläufiger Würdigung für den Nachweis der Beteiligung der Beschuldigten an dem Attentat unterschiedlich ergiebig und bedeutungsvoll. Sie sind zum Teil mehrdeutig, jedoch teilweise bereits für sich gesehen, insbesondere aber in ihrer Gesamtheit jedenfalls geeignet , eine gewisse Nähe der Beschuldigten zu dem Mordanschlag zu belegen :
30
aa) Dadurch, dass der Zeuge Boock den Decknamen "Paula", der in dem bei der Festnahme von Haag und Mayer am 30. November 1976 sichergestellten "Arbeitsplan" verwendet wurde, - zuletzt eindeutig - der Beschuldigten zuordnete , bestehen tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass die Beschuldigte an den Vorbereitungen eines ursprünglich für Dezember 1976 geplanten Anschlags gegen Generalbundesanwalt Buback beteiligt war.
31
bb) Der Umstand, dass sich auf drei Umschlägen, mit denen Kopien des Selbstbezichtigungsschreibens versandt wurden, Speichelspuren der Beschuldigten befinden, lässt zwar zurzeit keinen unmittelbaren Rückschluss auf die Intensität der Einbindung der Beschuldigten in die Vorbereitungen der Tat vom 7. April 1977 zu. Er spricht jedoch dafür, dass die Beschuldigte sich an dem Nachtatgeschehen aktiv beteiligte. Hieraus wird deutlich, dass sie auch nach dem Attentat mit diesem und den mit dem Anschlag von der "RAF" verfolgten Zielen übereinstimmte.
32
cc) Ähnlich, allerdings mit einer schwächeren Indizwirkung, ist bei dem derzeitigen Stand des Verfahrens zu bewerten, dass die Beschuldigte etwa einen Monat nach der Tat zusammen mit dem tatverdächtigen "RAF"-Mitglied Sonnenberg in Singen festgenommen wurde, wobei sie die bei dem Anschlag am 7. April 1977 benutzte Waffe mit sich führten.
33
dd) Die weiteren vom Generalbundesanwalt angeführten Ermittlungsergebnisse verstärken bei vorläufiger Würdigung den Tatverdacht der Beihilfe zum Mord jedenfalls nicht wesentlich:
34
Das bei der Durchsuchung sichergestellte Schriftstück mit Datum 7. April 2008 weist einen in gewisser Weise tagebuchartigen Charakter auf. Vor allem aufgrund seiner Datierung auf den 31. Jahrestag des Anschlags sowie der namentlichen Bezeichnung des "Herrn Buback" ist ein Bezug zu der Tat erkennbar. Auch vor diesem Hintergrund erschiene es indes nicht unbedenklich, wollte man wie der Generalbundesanwalt annehmen, der - als solcher mehrdeutige - Satz "Natürlich würde ich es heute nicht mehr machen" lasse nur "den zwingenden Schluss" zu, dass die Beschuldigte an dem Anschlag vom 7. April 1977 verantwortlich mittäterschaftlich beteiligt gewesen sei. Die Einlassung der Beschuldigten vor dem Ermittlungsrichter, diese Passage beziehe sich auf ihren "früheren Weg mit dem bewaffneten Kampf", mithin allgemein auf ihre Betätigung in der "RAF", erscheint jedenfalls nicht von vornherein unplausibel. Auch diese mitgliedschaftliche Beteiligung an der terroristischen Vereinigung als solche könnte vor dem Hintergrund der gemeinschaftlichen Beschlussfassung über den Anschlag innerhalb der "RAF" Grund für Schuldgefühle der Beschuldigten sein. Nicht ausgeschlossen erscheint auch, dass die Beschuldigte ihr offensives Eintreten für die Parole "Der General muss weg" reut.
35
Die handschriftliche Notiz der Beschuldigten vom 27. April 2007 ist zwar ein Indiz dafür, dass die Beschuldigte über Kenntnisse bezüglich des Anschlags auf Generalbundesanwalt Buback und seine Begleiter verfügt. Dies belegt jedoch nicht ohne Weiteres, dass sie an dem Anschlag in strafbarer Weise betei- ligt war. Die bei der "I-Ging"-Befragung von der Beschuldigten gestellte Frage "Ist es mein Täterwissen?" weist schließlich keinen speziellen Bezug zu dem Attentat vom 7. April 1977 auf.
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2. Mittäter nach § 25 Abs. 2 StGB ist, wer nicht nur fremdes Tun fördert, sondern einen eigenen Beitrag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfügt, dass dieser als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheint. Ob ein Beteiligter ein so enges Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfasst sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen (BGH NStZ 2007, 531). Wesentliche Anhaltspunkte können der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein; Durchführung und Ausgang der Tat müssen somit zumindest aus der subjektiven Sicht des Tatbeteiligten maßgeblich auch von seinem Willen abhängen. Dabei deutet eine ganz untergeordnete Tätigkeit schon objektiv darauf hin, dass der Beteiligte nur Gehilfe ist (st. Rspr.; s. etwa BGH NStZ 2005, 228).
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Nach diesen Kriterien belegt das bisherige Ergebnis der Ermittlungen einen dringenden Verdacht für eine als Mittäterschaft zu qualifizierende Beteiligung der Beschuldigten an der Ermordung von Generalbundesanwalt Buback und seiner Begleiter nicht. Insbesondere lässt sich allein aus dem Umstand, dass die Beschuldigte als Führungsperson der Kerngruppe der "RAF" angehörte und diese eine gemeinschaftliche Absprache zur Durchführung der "Offensive 77" traf, zu der das Attentat vom 7. April 1977 gehörte, kein dringender Verdacht für ihre Mittäterschaft an einer der konkreten Straftaten herleiten, auf deren Begehung die Zwecke oder Tätigkeit der terroristischen Vereinigung gerichtet war. Andernfalls wäre konsequenterweise davon auszugehen, dass alle damaligen Mitglieder der inneren Gruppe der "RAF" für alle Straftaten als Mittäter verantwortlich sind, die im Rahmen der "Offensive 77" begangen wurden. Dies würde zum einen den tatsächlichen Gegebenheiten nicht gerecht, wie sie sich nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen darstellen. Danach waren nicht alle "RAF"-Mitglieder an allen konkreten Straftaten unmittelbar beteiligt. Vielmehr wurden innerhalb der "RAF" für die einzelnen Anschläge "Kommandos" gebildet, denen nicht alle, sondern lediglich bestimmte einzelne Vereinigungsmitglieder angehörten. Diese "Kommandos" begingen sodann die konkreten Straftaten. Zum anderen würden die Unterschiede bei der rechtlichen Bewertung von Tätigkeiten, die das Tatbestandsmerkmal der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Sinne des § 129 a StGB ausfüllen , und solchen, die der Begehung einer konkreten Straftat dienen, weitestgehend verwischt. Bei Anlegung der allgemeinen Maßstäbe für die Begründung der Mittäterschaft, von denen abzuweichen auch im Bereich terroristischer Kriminalität kein Anlass besteht, kommt eine Beteiligung als Mittäter an den konkreten Straftaten, auf die die Zwecke oder die Tätigkeit der Gruppierung gerichtet sind, nur dann in Betracht, wenn über die mitgliedschaftliche Beteiligung an der terroristischen Vereinigung hinaus die oben genannten Voraussetzungen der Mittäterschaft in Bezug auf die konkreten Straftaten festzustellen sind. Danach gilt:
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Zwar ist anzunehmen, dass das Interesse der Beschuldigten an der Tat sehr groß war. Jedoch kommt diesem Abgrenzungskriterium hier keine wesentliche Bedeutung zu, weil die Tatherrschaft nicht bei der Beschuldigten, sondern ausschließlich bei den unmittelbaren Tätern des Attentats lag (vgl. BGH wistra 2001, 420, 421). Die Beschuldigte war bei sachgerechter Bewertung des bisherigen Ermittlungsergebnisses an der eigentlichen Tatausführung selbst nicht beteiligt; deren konkreter Ausgang hing deshalb nicht von ihrem Willen ab. Eine große Wahrscheinlichkeit dafür, dass sie Tatherrschaft oder wenigstens den Willen hierzu hatte, besteht mit Blick auf die Rollenverteilung innerhalb der "RAF" demnach nicht. Ihr bei vorläufiger Würdigung feststellbarer objektiver Tatbeitrag erschöpft sich vielmehr in einer psychischen Unterstützung der Täter im Vorfeld der Tat. Dass dieser von ihr bereits vor dem eigentlichen Tatgeschehen geleistete Beitrag für die konkrete Ausführung des Attentats von wesentlicher Bedeutung war, ist derzeit nicht ersichtlich.
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3. Ausreichende Anhaltspunkte für einen dringenden Verdacht der Anstiftung zum Mord bestehen zurzeit nicht; denn das bisherige Ermittlungsergebnis belegt keine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Beschuldigte den Tatentschluss der unmittelbaren Täter des Anschlags hervorrief.
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4. Der derzeitige Ermittlungsstand begründet somit lediglich den dringenden Verdacht der Beihilfe zum Mord. Der Senat vermag nicht zu beurteilen, inwieweit der Inhalt der Akten des Bundesamts für Verfassungsschutz zur Begründung des dringenden Verdachts einer für eine Mittäterschaft ausreichend engen Beziehung der Beschuldigten zur Tat beitragen könnte; denn diese Schriftstücke sind bisher nicht zur Strafakte gelangt. Das vom Bundesamt für Verfassungsschutz abgegebene Behördenzeugnis vom 15. Juni 2007 ist insoweit nicht ausreichend ergiebig. Sollte das Bundesministerium des Innern bis zu einer eventuellen Hauptverhandlung über das Herausgabeersuchen des Generalbundesanwalts nicht entschieden oder die Herausgabe abgelehnt haben, wird das Tatgericht gegebenenfalls zu überprüfen haben, ob die derzeit geltende Sperrerklärung vom 25. Januar 2008 oder eine dann maßgebende neue derartige Erklärung eine ausreichende Begründung enthält. Dies wäre jedenfalls dann nicht der Fall, wenn die Behörde ihre Ablehnung nur auf formelhafte Wendungen ohne ausreichenden Bezug zu dem konkreten Fall stützt. Kommt das Tatgericht zu diesem Ergebnis, wird es die von der Rechtsprechung zu § 96 StPO entwickelten Rechtsbehelfe zu ergreifen haben (BGH NJW 2007, 3010, 3012 f.; Nack in KK aaO § 96 Rdn. 15, 17; Meyer-Goßner aaO § 96 Rdn. 9, je- weils m. w. N.). Bleiben diese ohne Erfolg, wird dies gegebenenfalls bei der Beweiswürdigung zu berücksichtigen sein (BGHSt 49, 112, 116 ff.).

V.

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Ein Haftgrund besteht nicht.
42
Die Voraussetzungen des § 112 Abs. 3 StPO liegen nicht vor. Diese Vorschrift lässt nach ihrem Wortlaut bei den darin aufgeführten Straftaten der Schwerkriminalität, zu denen täterschaftlich begangener Mord nach § 211 StGB und die Beihilfe hierzu gehören, die Anordnung der Untersuchungshaft auch dann zu, wenn ein Haftgrund nach § 112 Abs. 2 StPO - namentlich Flucht, Fluchtgefahr oder Verdunkelungsgefahr - nicht besteht. Bei der nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 19, 342, 350 f.; BVerfG NJW 1966, 772) gebotenen verfassungskonformen Auslegung ist die Vorschrift wegen eines sonst darin enthaltenen offensichtlichen Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dahin auszulegen, dass der Erlass eines Haftbefehls nur zulässig ist, wenn Umstände vorliegen, welche die Gefahr begründen, dass ohne Festnahme des Beschuldigten die alsbaldige Aufklärung und Ahndung der Tat gefährdet sein könnte. Genügen kann schon die zwar nicht mit bestimmten Tatsachen belegbare, aber nach den Umständen des Falles doch nicht auszuschließende Flucht- oder Verdunkelungsgefahr oder die ernstliche Befürchtung, dass der Täter weitere Taten ähnlicher Art begehen werde. Ausreichend, aber auch erforderlich ist die Feststellung, dass eine verhältnismäßig geringe oder entfernte Gefahr dieser Art besteht (BGHR StPO § 112 Abs. 3 Fluchtgefahr 1; Meyer-Goßner aaO § 112 Rdn. 38). Wenn nach den Umständen des Einzelfalles gewichtige Gründe gegen jede Flucht-, Verdunkelungs - oder Wiederholungsgefahr sprechen, ist nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vom Erlass eines Haftbefehls nach § 112 Abs. 3 StPO abzusehen (OLG Frankfurt StV 2000, 374, 375; OLG Düsseldorf StV 1982, 585; OLG Köln StV 1994, 584; Graf in KK aaO § 112 Rdn. 42).
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Derartige gewichtige Gründe sind im vorliegenden Fall gegeben; sie schließen die hier allein in Betracht kommende Fluchtgefahr aus. Aufgrund der sich vor allem aus der besonderen verfahrensrechtlichen Konstellation ergebenden , gemessen am erheblichen Gewicht der Haupttat reduzierten Straferwartung sowie der persönlichen Umstände der Beschuldigten, die nach derzeitigem Ermittlungsstand der Entscheidung zugrunde zu legen sind, sind in dem dargestellten Sinne ausreichende Anhaltspunkte dafür nicht zu erkennen, dass die Beschuldigte sich dem Verfahren entziehen wird.
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Die Beschuldigte hat für den Fall der Verurteilung wegen der Tat, deren sie dringend verdächtig ist - mithin der Beihilfe zum Mord - mit der Verhängung einer zeitigen Freiheitsstrafe zu rechnen. Bei deren Bemessung wird das Tatgericht zu beachten haben, dass diese Strafe mit der lebenslangen Freiheitsstrafe gesamtstrafenfähig gewesen wäre (§ 53 StGB), auf die das Oberlandesgericht Stuttgart mit Urteil vom 28. Dezember 1977 wegen der im Zusammenhang mit der Festnahme am 3. Mai 1977 in Singen begangenen Straftaten erkannt hat. Die grundsätzlich mögliche Bildung einer nachträglichen Gesamtstrafe nach § 55 StGB kommt hier jedoch nicht in Betracht, weil der Bundespräsident im Gnadenwege nach vorheriger Aussetzung zur Bewährung die Verbüßung des noch nicht vollstreckten Teils der lebenslangen Strafe der Beschuldigten erlassen hat; die lebenslange Freiheitsstrafe gilt daher von Rechts wegen als vollständig vollstreckt. Sind in einem früheren Urteil verhängte, an sich gesamtstrafenfähige Einzelstrafen bereits vollstreckt und daher nach § 55 Abs. 1 Satz 1 StGB nicht mehr in die Gesamtstrafe einzubeziehen, so sind die sich durch die getrennte Aburteilung für den Angeklagten ergebenden Nachteile auszuglei- chen (Fischer, StGB 57. Aufl. § 55 Rdn. 21); denn ein Angeklagter darf nicht deshalb im Ergebnis schlechter gestellt werden, weil er eine von mehreren, an sich gesamtstrafenfähigen Strafen verbüßt hat und somit die Bildung einer nachträglichen Gesamtstrafe nicht mehr möglich ist. Das Tatgericht wird deshalb im Fall der Verurteilung der Beschuldigten einen angemessenen Härteausgleich vorzunehmen haben.
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Im Übrigen wird nach den in den §§ 46 ff. StGB gesetzlich bestimmten Grundsätzen der Strafzumessung zu Gunsten der Beschuldigten etwa zu bedenken sein, dass die Tat mittlerweile mehr als 32 Jahre und damit eine ganz erhebliche Zeit zurückliegt. Auch ist das Gewicht des konkreten Tatbeitrages, dessen sie derzeit dringend verdächtig ist, vergleichsweise gering.
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Diese Gesichtspunkte führen - obgleich es sich bei dem Attentat vom 7. April 1977 um ein besonders brutales, in hohem Maße die den Wert eines Menschenlebens verachtende Gesinnung der damaligen Tatbeteiligten offenbarendes Verbrechen handelt, dem drei Personen zum Opfer fielen - dazu, dass die Straferwartung der Beschuldigten jedenfalls signifikant niedriger liegt als in den sonstigen Fällen der Schwerkriminalität, die typischerweise in den Regelungsbereich des § 112 Abs. 3 StPO fallen. Von der im Verurteilungsfall zu erwartenden Sanktion geht deshalb für die Beschuldigte kein bei der Beurteilung der Fluchtgefahr besonders ins Gewicht fallender Anreiz aus, sich dem Verfahren nicht zu stellen.
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Die derzeit erkennbaren tatsächlichen Umstände des vorliegenden Falles lassen eine Flucht der Beschuldigten ebenfalls nicht erwarten. Der Beschuldigten ist seit 2008 bekannt, dass das Ermittlungsverfahren gegen sie wieder aufgenommen worden ist. Sie hat sich gleichwohl weiterhin in Deutschland aufgehalten und sich der polizeilichen Festnahme freiwillig gestellt. Sie verfügt zwar über Kontakte ins Ausland; dabei handelt es sich indes um gewöhnliche familiäre Beziehungen, ohne dass insoweit ein krimineller Hintergrund ersichtlich ist. In diesem Zusammenhang stellt es kein für eine Fluchtgefahr sprechendes Relativieren von Auslandskontakten dar, dass die Beschuldigte bei ihrer Vernehmung durch den Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs anlässlich der Eröffnung des Haftbefehls im August 2009 nicht angegeben hat, dass sie im Jahre 2007 einen zweiwöchigen Urlaub in Südafrika - vermutlich bei einer entfernten Verwandten - verbracht hat. Die Beschuldigte leidet an einer Erkrankung und ist auf die regelmäßige Einnahme von rezeptpflichtigen Medikamenten angewiesen. Sie lebt seit fast 20 Jahren im Haus ihrer Schwester in Berlin und unterhält Beziehungen zu ihrer Familie, hat mithin einen gefestigten Lebensmittelpunkt in Deutschland. Sie ist seit fünf Jahren befristet berentet und bezieht Hartz-IV-Leistungen, verfügt also nicht über erhebliche laufende Einnahmen.
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Vor diesem Hintergrund ist es nicht von maßgebender Relevanz, dass die Beschuldigte in einem Telefongespräch vom 21. März 2009 mit dem ehemaligen "RAF"-Mitglied Mohnhaupt unter anderem ausführte, sie gehe nicht davon aus, dass "… se da was machen können, außer dass se halt sagen: Ja die Bekennerbriefe…". Diese bereits für sich betrachtet für die Frage der Fluchtgefahr eher unergiebige Passage verliert die ihr vom Generalbundesanwalt zugeschriebene Bedeutung, die Beschuldigte habe zu diesem Zeitpunkt noch nicht ernstlich mit einer Anklageerhebung gerechnet, jedenfalls dann, wenn man sie im Zusammenhang mit dem übrigen Gesprächsinhalt würdigt. Dem Telefonat ist insgesamt eher eine gewisse Sorge der Beschuldigten bezüglich der neueren Entwicklungen der Beweislage als die Sicherheit zu entnehmen , dass keine weiteren Strafverfolgungsmaßnahmen durchgeführt werden.
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Die in der während einer Zugfahrt am 27. April 2007 gefertigten persönlichen Notiz enthaltene Passage "Würde ich danach irgendwo gerne neu anfangen ?..." belegt lediglich, dass die Beschuldigte sich Gedanken über ihre damalige Situation und ihre Zukunft machte; sie taugt jedoch nicht als Indiz dafür, sie werde sich einem Strafverfahren entziehen. Es bedarf schließlich keiner näheren Erörterung, dass ausreichende Anhaltspunkte dafür, die Beschuldigte werde die Frage einer Flucht wesentlich von dem zufälligen Ausgang einer "I-Ging"-Befragung abhängig machen, nicht bestehen.
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Bei zusammenfassender Würdigung der vorgenannten Umstände erscheint es somit ausgeschlossen, dass sich die Beschuldigte, in Freiheit belassen , dem Verfahren durch Flucht entziehen wird. Becker von Lienen Schäfer