Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 06. Sept. 2012 - 2 U 3/12

bei uns veröffentlicht am06.09.2012

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Grundurteil des Einzelrichters der 20. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 09.12.2011 wird

zurückgewiesen.

2. Der Beklagte trägt die Kosten der Klägerin wie diejenigen der Streitverkündeten Ziff. 2 im Berufungsverfahren.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin sowie der Streitverkündeten Ziff. 2 wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung je in Höhe von 120 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin oder die Streitverkündete Ziff. 2 vor der Vollstreckung je Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gegenstandswert des Berufungsverfahrens: 119.905,35 EUR

Gründe

 
I.
Die Berufung des Beklagten ist zulässig, sie hat der Sache nach jedoch keinen Erfolg.
A
Zum einen wird auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Kurz zusammenfassend und ergänzend:
Die Klägerin hat den Beklagten, einen Statiker, durch Vertrag vom 12./20.11.2001 (K 1) mit der Tragwerksplanung an ihrem Bauvorhaben (Erweiterung und Sanierung) beauftragt. Mit Planungsleistungen hinsichtlich der Verbauarbeiten, welche von der Streitverkündeten Ziff. 1 erbracht worden sind, ist der Beklagte darin jedenfalls ausdrücklich nicht beauftragt worden. Der Beklagte hat am 21.06.2002 (K 2 = B 1) einen auf den Verbau bezogenen Plan („PLANINHALT VERBAU-PLAN“) vorgelegt, am 06.12.2002 einen weiteren (K 6). Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass sich diese planerischen Leistungen nur beziehen sollten auf eine sog. Ausschreibungsplanung und nicht schon auf eine Verbau-Ausführungsplanung (Bd. VI, Bl. 479 [im Folgenden kurz: VI 479]). Die Streitverkündete Ziff. 2 hatte die Aufgabe der planenden und bauüberwachenden Architektin übertragen erhalten. Am 30.09.2002 war die Verbauplanung ausgeschrieben worden. Die Streitverkündete Ziff. 1 hatte am 17.12.2002 den Zuschlag für die Verbauarbeiten erhalten. Sie teilte der Klägerin am 13.01.2003 (K 6) „nach Auswertung der Bestandspläne von Tiefbauamt S., N. und D. T. ...“ u.a. mit, dass sich entlang der T...straße die Verbauachse des Berliner Verbaus auf den Leitungstrassen von Strom und T. befinde. Die Trasse der sog. Sparten hatten der Plan des Beklagten vom 21.06.2002 (K 2) wie derjenige vom 06.12.2002 (K 6) in Bezug auf „Elektroleitungen Lage örtl. prüfen“ (gestrichelte Linie) als außerhalb des geplanten Verbaus liegend ausgewiesen (entsprechender Planausschnitt = III 248). Ferner war darin der Abstand zwischen der Gebäudeaußenkante und dem Verbau mit „~1.00“ m bezeichnet. Da die Spartenlage aber tatsächlich so war, dass die Elektrotrasse im geplanten Verbau lag, musste in Folge zunächst die Elektroleitung verlegt werden. Dies trug zu einer Baubeginnverzögerung, gemessen an den von der Streitverkündeten Ziff. 2 in den Bauverträgen mit der Streitverkündeten Ziff. 1 (Verbau) wie mit dem Rohbauunternehmen, der Firma L. W. GmbH & Co. KG, vereinbarten Baubeginnterminen, bei.
Die Klägerin hat dafür gehalten,
dass der Beklagte schon nach dem Vertrag über die Tragwerksplanung als dortige Nebenleistung, jedenfalls infolge einer Zusatzvereinbarung, die Verpflichtung zur Fertigung der Ausschreibungsplanung Verbau übernommen habe, welche er mangelhaft erfüllt habe, weil er die Kollision der Spartenlage mit dem geplanten Verbau nicht aufgezeigt, sondern als gar nicht bestehend ausgewiesen und damit verschleiert habe. Dies habe erst nach Beauftragung des Verbauunternehmers, der Streitverkündeten Ziff. 1, diese aufgedeckt und angezeigt. Dies habe, weil zunächst erst die Trasse der Elektroleitung verlegt werden musste, zu jeweiligen Verschiebungen des Baubeginns geführt, was beim Verbau- wie beim Rohbauunternehmen zu Bauverzögerungen geführt habe. Den damit angeblich einhergehenden Schaden, in Bezug auf die Streitverkündete Ziff. 1: 62.143,58 EUR (K 25), hinsichtlich des Rohbauunternehmens: 40.792,07 EUR (K 2), hat die Klägerin vorliegend eingeklagt.
Sie hat deshalb beantragt:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 119.405,35 nebst 5 %-Punkte über Basiszinssatz hieraus seit 07.05.2005 zu bezahlen.
Der Beklagte hat beantragt:
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Die Klage wird abgewiesen.
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Er hat die geltend gemachten Ansprüche in vielfältiger, im Weiteren einzeln abzuhandelnder Weise nach Grund und Höhe in Abrede gestellt und die eigentliche Verantwortung bei der Klägerin selbst gesehen, da deren Architektin, die Streitverkündete Ziff. 2, ihre gebotenen Planungs-, Kontroll- und Koordinierungspflichten verletzt und so bezogen auf ein ohnehin unrealistisches, weil den Planungs-, Genehmigungs- und Ausführungsabläufen zuwiderlaufendes, gleichwohl vertraglich bindend schon vorgegebenes Bauablaufmanagement die behaupteten Störungen heraufbeschworen habe.
12 
Die Klägerin (I 47) wie der Beklagte (I 108) haben dem Verbauunternehmen wie der Architektin den Streit verkündet. Beide sind beigetreten.
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Die Streitverkündete Ziff. 1 (Verbauunternehmen) ist im Zuge des Rechtsstreits insolvent geworden (VI 524, 525 bis 527). Das Landgericht hat festgestellt, dass das Verfahren im Verhältnis zu ihr unterbrochen ist (VI 529).
14 
Das Landgericht hat umfänglich Beweis erhoben, so durch Vernehmung der Zeugen T. F. (II 144 bis 150), eines bei der Streithelferin Ziff. 2 tätig gewesenen Architekten, sowie des Zeugen G. J. (II 150 bis 154), jedenfalls 2002 Partner im Büro des Beklagten (K 5), zur Beauftragung und Abwicklung dieses Leistungsverhältnisses, ferner durch Einschaltung des Sachverständigen Dipl.-Ing. D., der sich insgesamt viermal im Zuge des Verfahrens geäußert hat, so durch seine beiden schriftlichen Gutachten (III 230 und IV 319 [letzteres Doppelblattierung]) sowie durch seine mündlichen Erläuterungen dazu (III 267 bis 272 und VI 475 bis 484).
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Das Landgericht hat durch Grundurteil entschieden, dass die Klage dem Grunde nach gerechtfertigt ist. Es hat festgestellt, dass, obgleich der zwischen den Parteien schriftlich getroffene Vertrag die Verbauplanung nicht enthalte und dieses Leistungsbild auch nicht unter „zugehörige bauliche Anlage“ im Sinne des § 62 HOAI falle, die Verbauplanung zwischen den Parteien mündlich als nicht gesondert zu honorierende Leistungspflicht vereinbart worden sei, und dies nicht nur auf der Grundlage eines reinen Gefälligkeitsverhältnisses, sondern rechtsverbindlich. Dabei seien - wie es mit sachverständiger Beratung festgestellt hat - dem Beklagten mehrere Pflichtverletzungen unterlaufen, sowohl beim letzten Verbauplan (K 6) wie bei dessen Vorläufer (K 2). So seien im Verbauplan K 6 die Grundstücksgrenzen nicht abgebildet und die Lage der Elektroleitungen in der T...straße nicht korrekt dargestellt gewesen. Hätte der Beklagte die Grundstücksgrenzen von Anfang an eingezeichnet und so auch die gegenwärtige Lage der Elektroleitungen, so wäre jedem fachkundigen Betrachter die Kollision zwischen geplantem Verbau und den Elektroleitungen sofort ins Auge gesprungen. Selbst wenn man mit dem Beklagten davon ausginge, dass im Plan K 6 die Elektroleitungen in ihrer Lage nach einer Verlegung eingezeichnet wären, so litte der Plan des Beklagten daran, dass er nicht kennzeichne, dass Sparten verlegt werden müssten; auch habe der Plan nicht zu erkennen gegeben, ob es sich um einen über den Soll-Zustand (zukünftigen Verbau) oder den Ist-Zustand (vor Herstellung des Verbaus) oder um eine Mischung von beidem handele. Der Hinweis, die Lage der Sparten ist örtlich zu prüfen, könne den Beklagten nicht entlasten, da diese Klärung gerade Kernaufgabe des Verbauplanes gewesen sei. Wenn der Verbauplan für die Ausschreibung die Lage der Elektroleitungen von Anfang an richtig und nachprüfbar aufgezeigt hätte, wäre jedem Bieter sofort klar gewesen, dass es zu Problemen kommen könne. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei es Aufgabe des Beklagten gewesen, die Lage der Sparten in den Verbauplan einzuarbeiten; dafür habe der Beklagte die Spartenpläne erhalten. Der Beklagte hätte die Fehler des Verbauplans erkennen und verhindern können, etwa durch Einsicht in die Originale der Spartenpläne des Versorgungsunternehmens. Die Spartenpläne nähmen ihrerseits Bezug auf die Grundstücksgrenze. Daher hätte der Beklagte auch die Grundstücksgrenze in seinen Verbauplan einzeichnen können, gegebenenfalls nach unschwer möglicher Kenntnisverschaffung über die Grundstücksgrenze. Weitere Unzulänglichkeiten des Verbauplans bestünden darin, dass die Lage der Sparten von Gas und Wasser und auch die Ankerlagen nicht angegeben gewesen seien. Diese Pflichtverletzungen des Beklagten seien auch kausal für die Bauverzögerung gewesen. Hätte der Verbauplan des Beklagten die notwendigen Eintragungen enthalten, so wäre allen Bietern spätestens während der Ausschreibung vom 30.09.2002 aufgefallen, dass mindestens die Elektroleitungen in der T...straße verlegt werden müssen. Das Projekt wäre anders verlaufen. Tatsächlich ist die Problematik erst Mitte Dezember 2002 und danach mithin 2 1/2 Monate nach der Ausschreibung bekannt geworden, als die Streithelferin Ziff. 1 ihren Ausführungsplan erstellte (B 2). Zwar hätte ein solches Bauvorhaben ohne einen Ausführungsplan für den Verbau nicht durchgeführt werden können. Die Bauverzögerung wäre aber nicht eingetreten, wenn die Problematik mit der Lage der Sparten frühzeitig bekannt gewesen wäre. Der Beklagte hafte danach für den entstandenen Schaden dem Grunde nach, zumal er sich auf ein Mitverschulden der Klägerin nicht berufen könne. Denn die Streithelfer seien im Verhältnis zum Beklagten nicht deren Erfüllungsgehilfen. Zwar mögen Architekt und Sonderfachmann, also Streitverkündete Ziff. 2 und Beklagter, im Innenverhältnis ausgleichspflichtig sein; dies berühre aber den Primäranspruch des Bauherrn gegen den Beklagten nicht. Ob den Streithelfern, also dem Architekten und dem Spezialunternehmen für Verbau, ihrerseits der Vorwurf zu machen sei, sie hätten die Mängel des Verbauplans des Beklagten viel früher erkennen und auf Aufklärung drängen müssen, berühre wiederum nur einen möglichen Innenausgleich.
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Gegen dieses landgerichtliche Grundurteil wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung.
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Er wendet hauptsächlich ein,
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das Landgericht verkenne den schon vom Sachverständigen Dipl.-Ing. D. aufgezeigten grundsätzlichen Unterschied zwischen einer bloßen Ausschreibungs- und einer Ausführungsplanung für - hier - den Verbau. Der Beklagte habe lediglich eine Ausschreibungsplanung übernommen und dies, da aus reiner Gefälligkeit geschehen, ohne Rechtsbindung oder gar Haftungsfolge. Jedenfalls aber sei die Funktion einer Ausschreibungsplanung nur, der gebotenermaßen konkreten Ausführungsplanung (Verbauplanung) eine Handreichung zu sein. Anforderung an eine Ausschreibungsplanung sei nicht die Ausweisung von Spartenverläufen; dies habe dem Verbauunternehmer, hier dem Streitverkündeten Ziff. 1, oblegen, da dieser die konkrete Ausführungsplanung übernommen habe. Eine solche Detailplanung beanspruche ihrerseits Zeit (Beauftragung der Streithelferin Ziff. 1 erst am 17.12.2002)  und hätte einer weiteren Überprüfung durch einen Prüfingenieur zur Genehmigung zugeführt werden müssen. Erst danach hätten überhaupt die Verbauarbeiten aufgenommen werden können, welche unverzichtbare Voraussetzung für den Beginn der Rohbauarbeiten gewesen wären. Diesen normalen und gebotenen Zeitablauf habe das Ausschreibungsmanagement des Architekten, der Streitverkündeten Ziff. 2, nicht aufgenommen, sondern daran gemessen schon völlig unrealistisch Ausführungsfristen gesetzt (Leistungsbeginn der Rohbaufirma L. W. GmbH & Co. KG am 03.03.2003). Diese könnten dann nicht mehr tauglicher Maßstab für eine Verzögerungsbetrachtung sein.
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Im Einzelnen bringt der Beklagte vor, dass ein Ausschreibungsplan die Verlässlichkeit eines darauf aufbauenden Angebotspreises sichern solle, nicht aber die terminliche Abwicklung des Verbaus. Erst die Ausführungsplanung für den Verbau müsse den - und zwar den aktuellen - Bautenstand der Sparten erfassen und ausweisen. Da dem Verbauunternehmen erst am 13.12.2002 der Zuschlag erteilt und erst am 17.12.2002 mit ihm der Werkvertrag über die Verbauarbeiten geschlossen worden sei, hätte die Architektin den ersten und allein entscheidenden Schritt zur Bauverzögerung gemacht. Erst am 13.01.2003 habe die Streithelferin Ziff. 1 die notwendigen Auskünfte der Leitungseigentümer erlangt. Erst daran schließe sich die Berechnung der Verbaustatik und die Umsetzung in den Ausführungsplan Verbau an. Das unabdingbare Genehmigungsverfahren beim Prüfingenieur hätte bis etwa 20.02.2003 gedauert. Erst danach wäre der rote Punkt durch die Behörde (Teilbaufreigabe) erteilt worden und hätte mit den Bauarbeiten des Verbaus begonnen werden können (tatsächlicher Beginn der Verbauarbeiten am 24.02.2003), zu einem Zeitpunkt also, zu welchem nach der verbindlichen Terminplanung der Streitverkündeten Ziff. 2 schon die Rohbauarbeiten einsetzen sollten. Diese hätten nach allem frühestens am 12.05.2003 aufgenommen werden können. Auch dies stellt er durchgängig unter den Beweis durch Sachverständigengutachten. Dem Beklagten habe ohnehin nicht die Pflicht zur Erstellung einer Ausführungsplanung noch weniger die zur Erstellung der Ausschreibungspläne mit einer Vorbemessung des Verbaus getroffen. Nur aus Gefälligkeit gegenüber einem, ihm über seinen Sohn bekannten Architekten habe er jenseits der Tragwerksplanung eine gar nicht in Rechnung gestellte Ausschreibungsplanung vorgenommen, und dies unter dem ausdrücklichen Hinweis, dass der genaue Verlauf der Sparten noch geklärt werden müsse. Schon nach ihrer originären Aufgabenstellung und auch nach diesem Hinweis hätte sich die Streitverkündete Ziff. 1 im Rahmen der ihr obliegenden, und von ihrem eigenen Verbaustatiker durchgeführten Ausführungsplanung um die genauen und aktuellen Spartenverläufe selbst kümmern müssen. Zudem ist die Streithelferin Ziff. 1 von den mit dem Bodensachverständigen Prof. V. abgestimmten Ankerabständen und -längen abgewichen und habe auch trotz veränderter Bohrpfähle den aktuellen Spartenverlauf nicht ermittelt. Die Streithelferin Ziff. 2 habe die notwendige integrale Planung vermissen lassen und vor Fertigstellung der Werkplanung des Verbaus und vor endgültiger Abklärung der aktuellen Spartenlage sich mit Bauverträgen mit festen Ausführungsfristen einem klar erkennbaren Baufortschritt zuwider gebunden. Keineswegs hätten die Parteien den bestehenden Vertrag über die Tragwerksplanung erweitert noch eine Einigung über eine zusätzliche Vergütung insoweit getroffen; nur als Freundschaftsdienst habe der Beklagte die Ausschreibungsplanung gefertigt und dabei auch keine mit der Ausführungsplanung des Verbaus verbundenen besonderen Gefahren übernommen, da sein Leistungsbeitrag für die Herstellung des Verbaus vollkommen bedeutungslos gewesen sei (VI 600). Das bewusste und gekennzeichnete Offenlassen der Spartenverläufe hätte der Streitverkündeten Ziff. 1 und nicht minder derjenigen Ziff. 2 dringlicher Anlass zu eigener Klärung und Ermittlung sein müssen. Deren Aufgabe sei die Koordinierung und diesbezügliche Einarbeitung (Grundstücksgrenze, Gebäudeaußenmaße, Spartenlage) schon in der Angebotsphase gewesen. Es gehe auch nicht, wie vom Landgericht abgehandelt, um ein mögliches, der Klägerin zuzurechnendes Mitverschulden der Streithelfer im Rahmen der Beklagtenhaftung; vielmehr gelte umgekehrt: allein diese hätten durch deren fehlerhafte Beiträge im Planungsprozess die maßgebliche Ursache für eine Bauverzögerung gesetzt. Die gleichen Kosten bei gleichem zeitlichen Aufwand wären eingetreten, wenn die Ausschreibungspläne des Beklagten die Lage sämtlicher Sparten klar und eindeutig dargestellt hätten (Beweis: Sachverständigengutachten).
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Der Beklagte beantragt deshalb:
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Das Urteil des LG Stuttgart vom 9.12.2011 Az. 20 O 349/06 wird aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen..
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Die Klägerin beantragt:
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Die Berufung wird zurückgewiesen.
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Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung als richtig. Zwar gebe es Unterschiede zwischen einem Ausführungs- und einem Ausschreibungsplanung. Ein Ausschreibungsplan dürfe aber ebenso wenig den Eindruck erwecken, der herzustellende Verbau sei problemlos ausführbar, ohne dass vorhandene Sparten zuvor zu verlegen wären. Hätte die Ausschreibungsplanung des Beklagten die Kollision ordnungsgemäß aufgezeigt, wäre die notwendige Verlegung der Sparten terminlich eingeplant worden. Die Klägerin hätte nach diesem Planungsergebnis davon ausgehen dürfen, dass für Verlegung von Sparten keine zusätzliche Bauzeit anfiele. Das in die Vergabe aufgenommene Zeitmanagement habe den sich aus der Ausschreibungsplanung des Beklagten ergebenden Zeitaufwand zutreffend und angemessen umgesetzt.
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Die Streithelferin (Ziff. 2) beantragt ebenfalls,
26 
die Berufung zurückzuweisen.
27 
Unstreitiger Sachstand sei, dass ein Verbau in der Regel - so auch beim Bauvorhaben der Klägerin - einen Abstand von etwa 1 m vom geplanten Gebäude habe. Exakt in dieser Zone lägen die Elektroleitungen. Der Beklagte habe aber in seinen Plänen einen ausreichenden Abstand zwischen dem Verbau und den Elektroleitungen eingezeichnet. Wäre nach diesen Plänen gebaut worden, wäre der Verbau auf die Elektroleitungen zu liegen gekommen. Das Verbauunternehmen habe aber nicht fristgerecht beginnen können, weil zunächst die Elektroleitungen hätten verlegt werden müssen, was bis zum 28.02.2003 gedauert habe. Vorliegend gehe es um Bauverzögerung durch vom Beklagten verursachten verspäteten Baubeginn. Die Ankerabstände und Ankerlängen hätten nicht das Geringste damit zu tun, dass nach der Planung des Beklagten die Elektroleitungen dem Verbau im Wege gewesen seien, obgleich dessen Pläne eine unproblematische Spartenlage ausgewiesen hätten. Der Beklagte habe den ihm von den Architekten übersandten Spartenplänen, Plänen sowie Dateien ohne weiteres die Lage des Gebäudes, die Grenzen und Sparten entnehmen können. Die Spartenpläne hätten exakt vermaßte Abstände zu den Grundstücksgrenzen aufgewiesen, diese Grenzen seien ebenso eingezeichnet gewesen wie die Außenkanten des geplanten Gebäudes. Die Elektropläne der E... hätten Abstandsmaße von den Grenzen ausgewiesen. Der im Berufungsrechtszug neue Vortrag, eine Ausschreibungsplanung habe nicht auch den Zweck, auf die terminliche Festlegung Einfluss zu nehmen, sei nicht nur als verspätet zurückzuweisen, sondern unrichtig. Die terminlichen Vereinbarungen im Bauvertrag mit dem Verbau- wie dem Rohbauunternehmer wären nicht wie geschehen vorgenommen worden, wenn der Beklagte zutreffende Pläne vorgelegt hätte. Der Streitverkündeten Ziff. 1 sei am 13.12.2002 der Zuschlag erteilt worden; von da an habe sie mit Nachdruck an ihren Planungsleistungen gearbeitet. Ohne die Planungsfehler des Beklagten wäre allen Beteiligten von vornherein klar gewesen, dass zunächst die Elektroleitungen verlegt werden müssen. Die Behauptung, die Ausführungsplanung Verbau hätte bis 29.01.2003 gedauert, sei ins Blaue hinein aufgestellt und stehe im Widerspruch zum Umstand, dass dieses Unternehmen bereits am 19.12.2002 (B 5) ihre Planungen dem Prüfstatiker zugeschickt habe.
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Niemand habe behauptet, dass der Beklagte die Verbaustatik zu planen gehabt habe. Der Beklagte sei es gewesen, der die Planleistungen erbracht habe, nicht dessen Sohn für einen angeblich unerfahrenen Architekten der Streithelferin Ziff. 2. Jener Beklagten-Sohn sei auch Partner im Büro des Beklagten (K 5). Kern bleibe, dass durch die falsche Einzeichnung der Sparten, zwar nicht im ersten Plan, so doch in den späteren (1/50 bzw. 1/25), der falsche Eindruck erweckt worden sei, Verbau und Elektroleitungen berührten sich nicht. In den Spartenplänen seien die Elektroleitungen richtig eingezeichnet gewesen. Diese hätten die Architekten dem Beklagten zur Verfügung gestellt. Dieser habe daraufhin die Sparten eingezeichnet. Bei richtiger Einzeichnung wäre die Kollision, nämlich dass der Verbau auf den Elektroleitungen liegt, offenkundig geworden, für die notwendige Verlegung der Elektroleitungen wäre dann die erforderliche Zeit eingeplant worden. Der neue und damit verspäteter Einwand des Beklagten, der Streitverkündete Ziff. 2 hätte ohne vorherige Einholung von Spartenplänen die Ausführungsplanung des Verbaus nicht rechnen und planen dürfen, sei falsch, da der Arbeitsraum/Verbauraum feststehe und bei Kollision von Verbau und Elektroleitungen nicht der Verbau, sondern Letztere verlegt würden. Hätte der Beklagte den Verbau mit 1 m Abstand zum Gebäude in den Grundriss eingezeichnet, hätte er wie jeder andere sofort die Kollision mit den Elektroleitungen erkannt hätte.
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In seiner Berufungsreplik stellt der Beklagte u.a. darauf ab, dass der Statiker G. J. dem jungen Architekten T. F. als Freundschaftsdienst für die Ausschreibung der Verbauarbeiten die Dimension des Verbaus in etwa dargestellt, darin die konkrete Spartenlage nur angedeutet habe und dass auf den Planunterlagen des Beklagten der Vermerk aufgebracht gewesen sei, dass die Spartenlage noch zu klären wäre. An der Streithelferin Ziff. 2 sei es dann gewesen, in ihre Werkplanung in Beziehung zur konkreten Lage des Gebäudes und der Grundstücksgrenzen und der von dem Versorgungsunternehmen zu beschaffenden Spartenlage diesen Beitrag, den vom Beklagten erhaltenen Ausschreibungsplan (VI 653), zu integrieren. Aufgabe der Streithelferin Ziff. 2 sei es gewesen, Sonderfachmannangaben wie etwa die der Vorbemessung des Verbaus vor der Aufnahme in die eigene Ausführungsplanung zu kontrollieren (VI 654). Sie hätte vor der Vergabe der Verbauarbeiten die Spartenlage selbst prüfen und vorausschauend in ihren Bauablaufplan aufnehmen müssen. Nicht nur dies habe sie versäumt, sondern auch Handwerkerferien und Feiertage nicht beachtet. „Wir haben vorliegend also einen klaren Fall eines kompletten Architektenversagens“ (VI 655). Die Ausschreibungsplanung des Beklagten (VI 655) habe lediglich der Kalkulation der Verbauarbeiten gedient und nicht der Ausführung der Verbauarbeiten. Ohnehin stehe dem Rohbauunternehmer wegen Gründungsfehlern des Vorunternehmers kein Schadenersatz wegen Bauverzögerung gegen den Auftraggeber zu (BGH BauR 1985, 561). Erst recht müsse dies für eine bloße Ausschreibungsplanung des Beklagten gelten (VI 656). Im Übrigen sei mit dem Rohbauunternehmen eine Vertragsfrist nicht vertraglich vereinbart gewesen. Es fehle ferner an einer ordnungsgemäßen Behinderungsanzeige und daran, dass dieses gut ausgelastete Unternehmen Materialien und Arbeitnehmer nicht an anderen Baustellen schadlos einsetzen konnte. Insgesamt sei deren Vermögensnachteil nicht schlüssig dargetan.
30 
Kernvorwurf des Rechtsstreits ist und bleibt, dass der Beklagte in seinem kollisionsfrei eingezeichneten Verlauf von Sparten und Verbau dem Verbau-Unternehmen wie den planenden Architekten nahe gelegt habe, dies deren Angebot und Zeitmanagement zugrundezulegen und letztlich so auch an den Rohbauunternehmer weiterzugeben. Die Aufdeckung dieses Fehleintrages habe die Verlegung der Elektroleitungen zur Folge gehabt und diese damit alle auf der Grundlage der Ausschreibungsplanung des Beklagten vereinbarten Ausführungsfristen zur Makulatur werden lassen.
31 
Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze sowie die Verhandlungsniederschriften verwiesen (§ 313 Abs. 2 S. 2 ZPO).
B
1.
32 
Keine Bedenken bestehen - solche werden im Übrigen auch nicht angemeldet - dagegen, dass das Landgericht das Verfahren trotz Insolvenzeröffnung gegen die Streitverkündete Ziff. 1 fortgesetzt hat (V 529).
33 
Da nach § 240 ZPO eine Unterbrechung grundsätzlich nur in Bezug auf die Partei eintritt, in deren Person die dort genannten Voraussetzungen vorliegen (BGH NJW 2011, 683 [Tz. 11], weshalb bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegenüber einem einfachen Streitgenossen das Verfahren gegen einen anderen nicht unterbrechend wirkt (BGH a.a.O. [Tz. 13]; vgl. auch NZI 2010, 901 [Tz. 15]), gilt solches erst recht in Bezug auf eine Nebenintervention (Greger in Zöller, ZPO, 29. Aufl. [2012], § 240, 7; Jaspersen in BeckOK-ZPO [Stand: 15.04.2012], § 240, 5). Die Vorschrift des § 240 ZPO richtet sich grundsätzlich an die Partei als Insolvenzschuldner (Stadler in Musielak, ZPO, 9. Aufl. [2012], § 240, 2; Jaspersen a.a.O. 5; Gehrlein in MünchKomm-ZPO, 3. Aufl. [2008], § 240, 15).
2.
34 
Die Leistung des Beklagten geschah auch mit Vertragsbindung - und zwar für ihn - und war nicht reiner Gefälligkeit geschuldet.
a)
35 
Soweit die Streitverkündete Ziff. 2 in einer Art Vorausverteidigung darauf abstellt, dass nicht der Zeuge G. J. persönlich die Leistung erbracht habe, sondern der Beklagte selbst oder jedenfalls der Erstgenannte für den Letzteren (vgl. VI 636/637), so hat der Beklagte nur eine vertragliche Bindung in Abrede gestellt, nicht aber die Leistungserbringung als eigene (vgl. etwa VI 469: „Der Beklagte hat nur einen Ausschreibungsplan erstellt, und zwar ohne Rechtspflicht und nur entgegenkommenderweise, ...“; II 207: „Der Beklagte war völlig arglos, als er noch zur Verfügungstellung seines Plans für die Ausschreibung ...“; VI 479: „... unstreitig, dass der Beklagte lediglich mit einer Ausschreibungsplanung und nicht mit einer Ausführungsplanung ...“; vgl. zum Vorbehalt VI 479 unten). Nichts anderes vermag der Senat der von der Streitverkündeten Ziff. 1 insoweit in Bezug genommenen Passage der Berufungsbegründung (dort S. 10 = VI 597) zu entnehmen. Wenn dort ausgeführt wird, „dass der Sohn des Beklagten ... erstellt ...“ habe, so wird damit nur ein arbeitsteiliger Vorgang aufgezeigt im Büro des Beklagten, nicht aber die Unternehmensbezogenheit und damit Verantwortlichkeit des Beklagten in Zweifel gezogen, wohl aber weiterhin die daran geknüpften Rechtswertungen. Im Übrigen wäre der Beklagte ohnehin an ein dem entgegenstehendes Geständnis (vgl. VI 479) gebunden (§§ 288, 535 ZPO). Auch stünden die §§ 529, 531 ZPO einem - gedachten - Abweichen im Vorbringen entgegen.
b)
36 
Der Leistungsbeitrag ergab sich allerdings nicht unmittelbar oder mittelbar aus dem Vertrag.
aa)
37 
Der Vertrag (K 1) übertrug dem Beklagten nur die Leistungen nach „1.-4. nach § 64 HOAI“ (§ 3). Die Übertragung weiterer Leistungen nach HOAI war nur in eine Absichtserklärung aufgenommen.
bb)
38 
Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass eine Ausschreibungsplanung für den Verbau nicht unter eine zugehörige bauliche Anlage zu fassen ist (US 8; ebenso für Sondergewerk: Mantscheff in Korbion/Mantscheff/Vygen, HOAI, 7. Aufl. [2009], Vorb § 62, 25; Hartmann, HOAI 2009, § 48, 20 [S. 37/38]; vgl. auch Locher/Koeble/Frik, HOAI, 10. Aufl. [2010], § 48, Rdn. 39, 40 und 44). Dies deckt sich im Übrigen mit der praktischen Einschätzung des Sachverständigen (VI 479).
39 
Danach ergibt sich eine Pflicht und deren Verständnis in Bezug auf eine Ausschreibungsplanung nicht aus dem nach dem schriftlichen Vertrag übertragenen Aufgabenkreis.
c)
40 
Sie ergab sich aber durch die faktisch übertragene und vollzogene Übernahme der Ausschreibungsplanung Verbau durch den Beklagten.
d)
41 
Damit verbunden war keine Haftungsbeschränkung (vgl. hierzu Grüneberg in Palandt, BGB, 71. Aufl. [2012], Einl v § 241, 7) aus dem Gesichtspunkt des Gefälligkeitsverhältnisses.
aa)
42 
Die Abgrenzung, ob den Erklärungen der Parteien ein Wille zur rechtlichen Bindung zu entnehmen ist oder die Parteien nur aufgrund einer außerrechtlichen Gefälligkeit handeln, ist anhand der Umstände des jeweiligen Einzelfalles zu bewerten. Ob bei einer Partei ein Rechtsbindungswille vorhanden ist, ist danach zu beurteilen, ob die andere Partei unter den gegebenen Umständen nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte auf einen solchen Willen schließen musste. Dies ist anhand objektiver Kriterien aufgrund der Erklärungen und des Verhaltens der Parteien zu ermitteln, wobei vor allem die wirtschaftliche sowie die rechtliche Bedeutung der Angelegenheit, insbesondere für den Begünstigten, und die Interessenlage der Parteien heranzuziehen sind. Dem Umstand, dass der Beklagte für sein Tätigwerden keine Vergütung verlangt hat, kommt kein entscheidendes Gewicht zu (BGH DB 2009,391 [Tz. 7 und 8]; U. v. 21.06.2012 - III ZR 290/11 [Tz. 14]).
bb)
43 
Mit dem Landgericht kann nicht fraglich sein, dass die Leistung des Beklagten mit Rechtsbindungswillen geschehen ist. Dabei ist ohne Belang, ob der Beklagte diese Arbeiten berechnet oder sonst wie dafür eine Zahlung erlangt hat (vgl. I 41, 54, 96). Mag der Leistungsbeitrag auch veranlasst gewesen sein durch eine Bitte des Zeugen F. gegenüber dem mit ihm befreundeten G. J., so führt der Beklagte doch u.a. selbst aus, dass „der Ausschreibungsplan für den Verbau ... nur und ausschließlich dazu [dient], dem in die Vergabe einbezogenen Werkunternehmern die Abgabe eines Angebots zu ermöglichen, ...“ (VI 470), „weil aufgrund der Planunterlagen des Beklagten die anzubietende Bauleistung kalkuliert werden konnte“ (VI 506), und: „..., außerhalb des erteilten Tragwerksplanerauftrags eine Vorbemessung für den Verbau erstellt hat, so dass den Architekten eine Ausschreibung der Verbauarbeiten in Bezug auf notwendige Leistungsinhalte und ca.-Mengen überhaupt erst möglich war. Zu diesem Zweck hat der Sohn des Beklagten einen Ausschreibungsplan betreffend Verbauarbeiten erstellt, der mit der Vorbemessung korrespondiert und der Bestandteil der Ausschreibung werden sollte und die Streithelferin Ziff. 2 in die Lage versetzen sollte, die Verbauleistung verbal und zeichnerisch zu beschreiben im Zuge der Einholung von Angeboten“ (V 376; vgl. auch VI 590/591). Diese Anforderung wird nicht nur durch die übliche Funktion eines solchen Plans begründet, sondern auch durch die besonderen Umstände des vorliegenden Falls. So hatte, nachdem der Beklagte den Plan vom 21.06.2006 (K 2 = B 1) vorgelegt hatte, die Streitverkündete Ziff. 2 dem Beklagten mit Schreiben vom 26.06.2002 (K 3) ergänzend aufgetragen, entsprechend dem übermittelten Plan des Geometers die Geländehöhen in den Verbauplan einzuarbeiten, die Verankerung zur R...straße im Verbauplan zu überprüfen, und zu klären, ob die Verbauarbeiten von der R...straße aus durchführbar sind. Zudem wurde die Übersendung der Schalpläne für den Neubau Schritt für Schritt angekündigt, was auch durch Übersendung fortschreitend entwickelter Grundrisspläne geschehen war, so schon am 12.01.2002 (III 293 [S. 5 = III 296]; S. 8 [IV 318 bis 327]), 16.02.2002 (S. 9 = IV 323), 23.02.2002 (III 293; S. 6 = III 297; S. 10 = IV 327) und am 05.03.2002 (III 293 und 294; S. 1 = IV 327). Danach war der Beklagte mit genauen, hinsichtlich der Planungstiefe erweiternden Anforderungen konfrontiert und dazu mit entsprechenden, beständig ergänzten Arbeitsunterlagen versehen worden. Sonach bestand eine weitreichende Auftragsanforderung. Angesichts der vom Beklagten selbst angeführten weitreichenden Bedeutung seines planerischen Ergebnisses nicht nur für den Architekten, sondern für weitere am Leistungserfolg des Bauvorhabens Beteiligte, kann nach den maßgeblichen und vom Landgericht bereits aufgezeigten Umständen nicht in Zweifel gezogen werden, dass der Auftraggeber eine ordnungsgemäße Leistung erwartete und erwarten konnte, auf der im weiteren verbindlich aufgebaut werden sollte. Selbst wenn der Leistungsbeitrag des Beklagten vorliegend von Entgegenkommen bestimmt gewesen sein sollte, war für ihn angesichts der Umstände und der Bedeutung dieses Beitrages zum Gelingen des geplanten Bauvorhabens erkennbar, dass diese Leistung ordnungsgemäß und rechtsverbindlich und damit auch mit Rechtsfolgen im Falle einer Schlechtleistung verbunden sein sollte. Er konnte nicht davon ausgehen, auch wenn er dafür kein Honorar erhalten sollte, dass die Klägerin mit irgendeiner Leistung, und sei sie auch noch so schlecht, einverstanden wäre, auf welche im Zuge ihres Bauprojektes ganz maßgeblich zurückgegriffen werden wird, mithin nicht, dass, scheiterte oder litte das Projekt wegen der Schlechtleistung des Beklagten, die Klägerin dies ihm folgenlos nachsehen und ihn gänzlich unbehelligt ließe.
44 
Der Beklagte hatte danach seine Werkleistung Ausschreibungsplanung Verbau mangelfrei zu erbringen, seine Planung hatte, wollte er nicht in die Haftung geraten, den an ein solches Gewerk zu stellenden Anforderungen vollumfänglich zu genügen.
3.
a)
45 
Diese vorgegebenen und allgemein ersichtlichen Leistungsanforderungen bestanden danach in einer genauen planerischen und zeichnerischen (vgl. etwa auch Beklagter V 376: „Vorbemessung“) Erfassung der örtlichen Gegebenheiten, um dem Verbauunternehmer zu ermöglichen, die örtlich-räumlichen Verhältnisse (Länge, Abstände, Volumina, Arbeitsräume etc.) für die kalkulatorische, aber auch arbeitstechnische Planung aufzunehmen und zu berücksichtigen. Zu den an einen solchen Plan zu stellenden Anforderungen gehört, dass die Grundstücksgrenze in diesem Plan enthalten sein muss (Sachverständiger VI 481 unten). Fertigt der Beklagte auf der Grundlage der oben bezeichneten Detailanforderungen und nach fortschreitender Übersendung von Grundrissplänen einen Plan an, „der Bestandteil der Ausschreibung werden sollte“ (Beklagter V 376), vermaßt er diesen genau (vgl. Planausschnitt III 248) und trägt er Gebäudeaußenkante und gestrichelt und verbal besonders gekennzeichnete Spartenanlagen (Elektroleitungen) ein, so müssen diese planerischen Details zutreffend sein. Sie weisen sich selbst als sorgfältig erhoben und verarbeitet aus. Sie erheben selbst den Anspruch auf Richtigkeit.
b)
46 
Diese Anforderung ist nicht im Hinblick auf Planvermerke oder die Planerstellung begleitende mündlichen Hinweise oder Abreden zu senken.
aa)
(1)
47 
Zwar enthält der Ausschreibungsplan des Beklagten in Bezug auf die jenseits des Verbaus gelegene, gestrichelte Linie „Elektroleitungen“ die Ergänzung: „Lage örtl. prüfen“ (vgl. auch Detailplan III 248). Zudem führt der Sachverständige dazu aufgrund seiner praktischen Einschätzung aus, dass es nicht nachvollziehbar sei, warum bei einer Verbauplanung auf der Stufe der Ausschreibung keine Spartenlagen aufgenommen werden sollen. Und: „Es war deshalb korrekt, dass im Verbauplan des Tragwerkplaners entsprechende Hinweise vorhanden sind, die genauen Lagen örtlich zu überprüfen. Dem ausschreibenden Architekten musste es bewusst sein, dass hier noch genauere Erhebungen zu machen waren, die unter Umständen auch zu Weiterungen und Änderungen in der endgültigen Verbauplanung führen konnten“ (Sachverständiger III 230 S. 6). Letztlich erklärte er aber: „Inwieweit ein aufmerksamer Bauherr auf die eingezeichneten Spartenlagen vertrauen darf, trotz entsprechender Hinweise auf die Notwendigkeit zur Überprüfung, ist eine Rechtsfrage“ (Sachverständiger ebenda).
48 
Deshalb ist der Sachverständige auch nicht erneut hierzu zu vernehmen, wie der Beklagte in II. Instanz pauschal - und ohnehin  durchgängig - beantragt (etwa VI 598).
(2)
49 
Diese Rechtsfrage hat das Landgericht zutreffend dahin beantwortet, dass diese Anmerkung keine Freizeichnung von der zeichnerischen Verbindlichkeit der Leitungsführungsangabe darstellen könne. Zwar treffen den (Spezial-)Tiefbauunternehmer besondere Erkundigungspflichten in Bezug auf Leitungen oder Kabel (Maurer/Jörger in Beck’scher VOB - und Vergaberechts-Kommentar, Teil C [2008], DIN 18303 - Verbauarbeiten, 65, 71 und 73). Ausgangspunkt ist jedoch nach Ziff. 0.2.10 dieser DIN, dass die Leistungsbeschreibung in der Ausschreibung schon Angaben zu enthalten habe hinsichtlich „Durchdringungen der Verbauflächen durch kreuzende Leitungen u.Ä.“, weshalb Maßnahmen zur Feststellung der Lage von Hindernissen, Leitungen und Kabeln Besondere Leistungen darstellen (Ziff. 4.2.2 i.V.m. Ziff. 3.2.1 der DIN 18303), welche dann vergütungsfähig sind (Maurer/Jörger a.a.O. 93). Die Erkundigungspflicht umfasst mithin auch die Fälle, in denen sich begründeter Anlass für die Abweichung der tatsächlichen Lage vom Planverlauf ergibt, z.B. durch ungenau gezeichnete oder vermaßte Pläne. Auch bei Übergabe solcher Pläne bleibt die Überprüfung vor Ort und ggf. eine Beseitigung eine Besondere Leistung (Maurer/Jörger a.a.O. 73).
(3)
50 
Danach könnte gar erwogen werden, ob sich der Verbauunternehmer auf die Plandaten in der Ausschreibung bei seiner Ausführungsplanung verlassen darf. Dies ist aber nicht die hier maßgebliche Frage. Denn sie beträfe das Stadium nach der Vergabe an ihn und das der eigenen Planung. In der Phase der Ausschreibung hat der Ausschreibungsplan, also das Gewerk des Beklagten, nach Ziff. 0.2.10 der DIN 18303 die kreuzenden Leitungen anzugeben. Werden diese wie vorliegend ausgewiesen als nicht kreuzend und wird der Erläuterung beigestellt „Lage örtl. prüfen“, so wird damit nur eine Selbstverständlichkeit ausgesprochen, dass nämlich während des Baus eine genaue Prüfung vor Ort zu geschehen habe, dass also die genaue Lage vor baulichen Eingriffen zu prüfen sei. Deshalb geht auch der insoweit vorgenommene Beweisantritt: Sachverständigengutachten für die Behauptung des Beklagten, die Streitverkündete Ziff. 1 hätte für die Ausführungsplanung Spartenpläne einholen müssen (VI 598, so auch VI 605), ins Leere. Der Anbietende hat keinerlei Anlass, im Zuge eines Angebotes Leitungen vor Ort örtlich zu prüfen. Wird nicht - wie nicht - darauf hingewiesen, dass diesen Eintragungen keinerlei Verbindlichkeit zukommt, so erschöpft sich die Angabe in der Selbstverständlichkeit, dass der Verbauunternehmer dort die Lage vor Eingriffen noch einmal genau zu kontrollieren habe. Dieser Vermerk taugt nach den Umständen, insbesondere den Verantwortlichkeiten in der reinen Ausschreibungsphase nicht, den Planer, hier den Beklagten, von der Haftung für die zeichnerisch ausgewiesenen Detailangaben in seinem Ausschreibungsplan freizuzeichnen.
(4)
51 
Dass damit ein bloßer Soll-Zustand ohne jeden Bezug zu den tatsächlichen Gegebenheiten (Ist-Zustand) wiedergegeben werden sollte (Beklagter VI 496), erscheint lebensfremd. Hat eine Ausschreibung gerade (kreuzende) Leitungen zu erfassen und ist eine real existierende Spartenlage betroffen, so verlässt ein Verständnis des Vermerks, er umschreibe eher den Wunsch als die Realität, eine tragfähige Deutungsgrundlage.
52 
Danach stand auch dieser Hinweis der berechtigten Erwartung des Planempfängers nicht entgegen, auch insoweit habe der Planersteller diese Spartenlage geklärt, sie könne der Angebotserstellung zu Grunde gelegt werden.
bb)
53 
Soweit das Landgericht als Ergebnis der Vernehmung der Zeugen F. und G. J. zur Behauptung des Beklagten, letzterer habe seinen Sohn erklären lassen, die Streitverkündete Ziff. 2 habe die Spartenlage zu klären, er habe diese nicht klären können, festgestellt hat, dass diese mündliche Freizeichnung nicht erwiesen sei, stellt die Berufung des Beklagten diesen näher begründeten Feststellungen (US 14) bloß die eigene gegenläufige Bewertung des Beweisergebnisses entgegen (etwa VI 597). Ungeachtet dessen ist die landgerichtliche Würdigung überzeugend. War, wie der Beklagte Glauben machen möchte, der junge Architekt T. F. mit der Aufgabenstellung überfordert und wurde er deshalb vom Sohn des Beklagten unterstützt „durch Erstellung eines vorbemessenen Ausschreibungsplans des Verbaus“ (VI 597), so verträgt sich schwerlich damit, dass ihm dann wieder maßgebliche Planaufgaben zurücküberantwortet worden sein sollen. Die Fehlsamkeit dieses Wertungsansatzes scheint auch darin auf, dass die Streitverkündete Ziff. 2 am 26.06.2002 (K 3) und am 16.07.2002 (K 4) weitere Unterlagen dem Beklagten zur Verfügung gestellt hat mit der Bitte um Einarbeitung. Auch darin drückt sich die eindeutige und endgültige Verantwortungszuordnung und die Forderung an den Beklagten nach einer großen Planungstiefe und -zuverlässigkeit aus. Auch der vom Beklagten benannte Zeuge J. hatte auch nur angegeben, dass er bei Übergabe des Folgeplanes „nicht explizit darauf hingewiesen“ hatte, „dass die von mir eingezeichneten Sparten auf einer Vermutung beruhen“ (II 151). Ein eindeutiger Hinweis sieht anders aus.
c)
54 
Danach waren die Planung und der entsprechende zeichnerische Ausweis des Beklagten hinsichtlich der Spartenlage „Elektroleitungen“ falsch, da ohne Durchdringung/Kollision der Verbaufläche dargestellt und bildete damit eine unzulängliche Grundlage für die mit dieser Ausschreibungsplanung erfolgte Ausschreibung, wofür dieser Leistungsbeitrag auch aus Sicht des Beklagten gedacht war (V 376), weshalb der Beklagte auch drei Planausfertigungen (II 206) erstellt hatte.
d)
55 
Ungeachtet der Frage der Zurechnung eines behaupteten mitwirkenden Verschuldens der Streitverkündeten Ziff. 2 mit Wirkung für die Klägerin war es Aufgabe des Beklagten, für die Streitverkündete Ziff. 1 eine mangelfreie Planung zu erstellen, welche diese der eigenen Ausschreibungsplanung zu Grunde legen konnte und auch wollte.
56 
Diesen Planungsauftrag hat der Beklagte mangelhaft erbracht, denn es war unzutreffend, dass die Elektroleitung außerhalb des geplanten Verbaus lag.
4.
57 
Dieser Mangel war kausal für die Vergabe und den korrespondierenden Bauausführungsbeginn. Er war Ursache für eine Baustartverzögerung.
a)
58 
Die Ausschreibung, also die Einforderung von Verbau-Angeboten, erfolgte am 30.09.2002 auf der Grundlage der fehlsamen Beklagtenplanung (vgl. K 7, dort Ziff. 2 und OZ 2). Der Anbietende legte danach seinem Angebot - und durfte es in dieser Phase auch (siehe oben b [2]) - einen Verbau ohne Kollision mit Elektroleitungen zu Grunde. Für dieses insoweit den wahren Verhältnissen nicht entsprechende Angebot der Streitverkündeten Ziff. 1 war der Beklagtenplan Ursache.
b)
59 
Die Streitverkündete Ziff. 1 hatte am 16.12.2002 (B 2) im Rahmen ihres Angebotes denn auch einen Ausführungsplan vorgelegt (B 2), welcher die Stromleitungsführung weiterhin außerhalb des Verbaus vorsah (vgl. auch B 5). Am 17.12.2002 hat die Klägerin mit dieser Streitverkündeten den Bauvertrag abgeschlossen (Klägerin VI 485; Beklagter VI 493 und 589).
c)
60 
Am 19.12.2002 zeigte das Verbauunternehmen die Fertigstellung der Ausführungsstatik auf der Grundlage des Verbauplans des Beklagten an, bat um Überprüfung und führte an, dass „die Lage der Medienträger und Grundstücksgrenzen ... bei den zuständigen Institutionen noch in Erfahrung gebracht werden [muss]“ (B 5), womit die Streitverkündete Ziff. 1 ihren besonderen Prüfungs- und Hinweispflichten nach Auftragserteilung im Zuge ihrer Ausführungsplanung (vgl. Maurer/Jörger a.a.O. DIN 18303, 65, 71 und 72) gerecht zu werden anzeigte.
d)
61 
Am 13.01.2003 zeigte die Streitverkündete Ziff. 1 an, dass „nach Auswertung der Bestandspläne von Tiefbauamt S., N. und D. T. ... sich folgender Sachverhalt [ergibt]: ... 1.) Entlang der T...straße liegt die Verbauachse des Berliner Verbaus auf den Leitungstrassen von Strom und T. ... Damit ist zumindest der Verbau nach den Punkten 1, ... in der geplanten Form nicht ausführbar“ (K 8).
e)
62 
Folge dieser Behinderungsanzeige war, dass die Sparten zunächst zu verlegen waren, was auch der Beklagte als einzig sinnvolle Lösung (IV 334) bzw. als günstiger als die Verlegung des Verbaus (II 132) ansieht. Dies führte zu einer Art Zwischenplanung, welche naturgemäß auf die geplante Abwicklung des Gewerkes einwirkte.
f)
63 
Der mangelhafte Leistungsbeitrag des Beklagten war auch insoweit kausal. Denn hätte seine gebotene zeichnerische Umsetzung diese Kollision ausgewiesen, hätte dies weit vor der Ausschreibung am 30.09.2002 schlagend geoffenbart, dass der geplante Verbau auf die Stromleitung zu liegen kommt. Dies hätte die gründliche Klärung der Spartenlage, wie von der Streitverkündeten ab 19.12.2002 tatsächlich veranlasst, ausgelöst und in der weiteren Folge jenen am 13.01.2003 mitgeteilten Erkenntnisstand gezeitigt, dies aber in weit kürzerer Zeit als damals, weil Weihnachtsferien und Feiertage zum Jahreswechsel 2002/2003 dann hinweggedacht werden können. Schon im Juli 2002 hätte eine Planung aufgenommen und spätestens zum 30.09.2002 eine Ausschreibung der Verbauarbeiten erfolgen können, welche jenen Stand vom 13.01.2003 bereits aufgenommen und deshalb die Verlegung der Elektroleitung als Teil der Verbauarbeiten vorgegeben hätte. Der zeitliche Ablauf wäre danach der nämliche gewesen, die Ausschreibung, die Angebots- und Ausführungsplanung, nur eben nicht zum 13.01.2003 beginnend, sondern bereits zum Zeitpunkt der Vergabe, am 17.12.2002. Dieser Unterschied ist der Zeitversatz, den der Beklagte durch seine fehlsame Planung in die dann Ausführungsplanungsphase des Verbauunternehmers hineingetragen hatte.
5.
64 
Diesem schuldhaften und kausalen Baubeginnverzögerungsmoment stehen die weiteren, vom Beklagten insoweit geltend gemachten Einwendungen nicht entgegen.
a)
65 
Soweit der Beklagte vorbringt, „dass im Zuge der Vergabegespräche entschieden worden war, dass die [Streitverkündete Ziff. 1] einen Sondervorschlag hinsichtlich der Gründung nach ihrem System planen, berechnen und ausführen soll“ (II 205) und dies („insoweit“ [I 30]) in Verbindung mit angeblich veränderten Ankerpunkten gebracht wird (I 30, B 2; vgl. ferner I 103, 104), hat der Zeuge G. J. selbst bestätigt, dass er die geänderten Angaben des Geologen hinsichtlich der Ankerpunkte noch eingearbeitet habe (II 151), was sich zeitlich unschwer verträgt mit den insoweit in Bezug genommenen Schreiben des Geologen Prof. Dr. V. (B 2 und B 3). Der in II. Instanz dazu gehaltene Vortrag (VI 599) bleibt gänzlich substanzarm. Es fehlt die nur hinreichende Angabe von Anknüpfungstatsachen, inwiefern es zu einer Neuplanung des Verbauunternehmens gekommen sei, aufgrund deren der Planbeitrag des Beklagten auch in Bezug auf den Mehraufwand durch die Verlegung der Sparten irrelevant geworden und damit nicht kausal gewesen sei.
b)
66 
Dass - was übereinstimmender Sachstand ist - nur nach von einem Prüfingenieur genehmigten Ausführungsplänen gebaut werden darf (vgl. auch K 7, Ziff. 2), hätte bei der maßgeblichen Vergleichsbetrachtung (Bauvertrag am 17.12.2002 auf der Grundlage einer die Verlegung der Elektrotrasse einschließenden Ausschreibung) den vertraglich vereinbarten Baubeginn der Verbauarbeiten am 27.01.2003 nicht gefährdet.
67 
Denn die zeitlichen Vergleichserwägungen in der Berufungsbegründung, wonach vom Zeitpunkt des Werkvertragsabschlusses mit der Streitverkündeten Ziff. 1 am 17.12.2002 angesichts der Feiertage und des Genehmigungsprozesses der vereinbarte Baubeginn am 27.01.2003 ohnehin nicht hätte eingehalten werden können, verkennt, indem sie behauptend für die Ausführungsplanung einen Zeitraum bis 29.01.2003 ansetzt (VI 593 und 607), dass die Streitverkündete Ziff. 1 in ihrem, vom Beklagten selbst vorgelegten Schreiben vom 19.12.2002 (B 5) trotz Bauvertrages gerade mal zwei Tage zuvor bereits anzuzeigen vermocht hatte, dass „wir die Ausführungsstatik ... einschließlich zugehörigem Konstruktionsplan ... erstellt [haben]. Die Unterlagen wurden gestern an den Prüfingenieur ... verschickt“ (vgl. auch VI 636). Diese tatsächlichen Gegebenheiten widerlegen die vom Beklagten aufgestellten Behauptungen zum Zeitaufwand für die Anfertigung der Prüfstatik und deren Genehmigung. Zwar hat er, wie sonst auch, seinen Vortrag vorsorglich unter Sachverständigenbeweisangebot gestellt (etwa VI 593). Die Wirklichkeit belegt, dass das Genehmigungsverfahren trotz der Nähe gar zu Weihnachten einer Aufnahme der Verbauarbeiten am 27.01.2003, wie vertraglich vereinbart (Beklagter selbst VI 594), nicht entgegengestanden hätte. Auch wäre der Zeitraum vom 17.12.2002 bis 13.01.2003 zur Einholung der amtlichen Spartenpläne nicht benötigt worden, hätte die mangelfreie Planung des Beklagten zu der zutreffenden Einschätzung der Spartenlage schon vor der Ausschreibung am 30.09.2002 geführt. Dies bestätigt der Beklagte selbst, wenngleich bezogen auf andere - in seinen Augen - Verantwortliche: „Somit hätten die Architekten ab Juni 2002 bis zum Abschluss der Bauverträge mehrere Monate Zeit gehabt, um ihre eingangs dargestellte Verpflichtung nach Erkundung der konkreten Lage der Sparten zu klären“ (I 102).
c)
68 
Dass die für die Verbauarbeiten letztlich maßgeblichen Unterlagen die genehmigten Verbaudurchführungspläne der Streitverkündeten Ziff. 1 waren (etwa VI 596, ferner 608), ist zutreffend. Es ändert aber nichts daran, wie schon vom Landgericht zutreffend festgestellt, dass bei richtiger Ausschreibungsplanung sich zugleich die Trassenverlegung für einen Anbietenden ergeben und sich eine Zeitachse unter sofortiger Einbindung dieser Zusatzleistung ergeben hätte.
d)
69 
Der Einwand, „notwendig gewordene Kampfmittelsondierungen, verzögerte Abbrucharbeiten und fehlendes Engagement bei der Streithelferin Ziff. 1 ... haben ebenfalls zu Verzögerungen der Fertigstellung der Verbauarbeiten geführt“, ist genauso unsubstantiiert - im Übrigen ohne Beweisantritt (VI 598/599) - geblieben wie bereits erstinstanzlich (I 41), wenngleich dort mit Sachverständigenbeweisangebot verbunden.
e)
70 
Soweit der Beklagte darauf verweist, dass sein Planungsbeitrag erkennbar - und angeblich vereinbarungsgemäß - unvollständig gewesen sei - neben Strom auch - in Bezug auf die Sparte Gas und Wasser (vgl. auch Zeuge F. II 147/148), so gilt insoweit das Nämliche, wie hinsichtlich der Elektroleitungen. Sie sind im Beklagtenplan eingezeichnet, wenngleich auch hier mit dem Vermerk: „Lage Gasleitung überprüfen“ bzw. „Lage Wasserl. überprüfen“. Auch insoweit gelten die Ausführungen zum Bedeutungsgehalt und zur mangelnden Freizeichnungswirkung wie oben im Zusammenhang mit den Stromleitungen. Ungeachtet dessen gab es insoweit bei den Nachermittlungen des Verbauunternehmers keine Abweichungen gegenüber dem Plan des Beklagten und damit auch keinen Neuplanungs- oder gar Verlegungsbedarf (vgl. auch Sachverständiger zur Leitungsführung Fernwärme [III 268]). Selbst wenn in der Übernahme einer insofern unvollständigen Planung als Ausschreibungsgrundlage ein Planungs-/Koordinierungsverschulden der Streitverkündeten Ziff. 2 gelegen hätte, so hätte sich dieses Defizit nicht ausgewirkt und wäre danach schon deshalb nicht gemäß §§ 254 Abs. 2 S. 2, 278 BGB der Klägerin anzulasten (s. ferner unten).
f)
71 
Solches hat auch nicht zu geschehen im Hinblick darauf, dass nicht nur die Elektroleitungen, sondern auch diejenigen der D. T. in der Verbauachse zu legen kamen (vgl. Behinderungsanzeige der Streitverkündeten Ziff. 1 vom 13.01.2003 [K 8]). Denn der Plan fasst diese ersichtlich identisch unter dem Begriff der Elektroleitungen zusammen.
g)
72 
Soweit der Beklagte durchgängig einwendet, die eigentlich Verantwortliche sei die Streitverkündete Ziff. 2, da sie ihrer Kontroll- und Überwachungspflicht gegenüber dem Ausschreibungsplan des Beklagten nicht nachgekommen sei, diesen Leistungsbeitrag unzulänglich in die Gesamtobjektplanung integriert und durch unrealistische Vorgabe von Ausführungsfristen in den Bauverträgen sowohl mit dem Verbau- wie dem Rohbauunternehmer die Bauverzögerung gleichsam vorprogrammiert habe, was der Klägerin gemäß §§ 254, 278 BGB zuzurechnen sei, kann auch diesem Einwand im Ergebnis nicht gefolgt werden.
aa)
73 
Grundsätzlich haften Architekt wie Sonderfachmann dem Bauherrn als Gesamtschuldner auf jeweils vollen Schadensausgleich (Werner in Werner/Pastor, Der Bauprozess, 13. Aufl. [2011], Rdn. 2497; Merl in Kleine-Möller/Merl, Handbuch des privaten Baurechts, 3. Aufl. [2005], § 12, 1004; Galda/Wirth in Kuffer/Wirth, Handbuch des Fachanwalts Bau- und Architektenrecht, 3. Aufl. [2011], 10. Kap., C, 171; vgl. auch Löffelmann/Fleischmann, Architektenrecht, 6. Aufl. [2012], Kap. 4, Leistungsphase 8, 681). Der Bauherr haftet gegenüber einem Unternehmer für das Planungsverschulden des Architekten (Grüneberg in Palandt, BGB, 71. Aufl. [2012], § 278, 28; Werner a.a.O. 2936 und 2488; Krause-Allenstein in Kniffka, Bauvertragsrecht [2012], § 634, 168). Hat der Besteller die Koordinierung des Bauvorhabens vorzunehmen, muss er sich auch die Fehler einer dafür eingesetzten Person (in der Regel des Architekten) zurechnen lassen (Krause-Allenstein a.a.O. § 634, 95; Löffelmann/Fleischmann a.a.O. 703; Grüneberg a.a.O. § 278, 28). Zur Koordinierungspflicht gehört die Verpflichtung, für den reibungslosen Bauablauf, für die Abstimmung der Leistungen der einzelnen Unternehmer während der Bauausführung zu sorgen (Krause-Allenstein a.a.O. 95). Die Verletzung der Koordinierungspflicht des Architekten ist nicht schon dann gegeben, wenn er infolge Fahrlässigkeit Mängel des Vorgewerks nicht bemerkt hat (Bauaufsicht). Vielmehr liegt sie regelmäßig erst dann vor, wenn die Pflichtverletzung ihrem Wesen nach einem Planungsfehler nahekommt (Krause-Allenstein a.a.O. 95). Der Architekt ist nicht Erfüllungsgehilfe des Bauherrn bei der Objektüberwachung (BGHZ 179, 55 [Tz. 29]; Löffelmann/Fleischmann a.a.O. 703 und 674). Denn der Bauherr schuldet einem Unternehmer eine mangelfreie Planung, aber keine Bauaufsicht (BGHZ a.a.O. [Tz. 29]; vgl. zur Erfüllungsgehilfenschaft des Architekten nur bei Planungs- und Koordinierungspflichten auch BGHZ 95, 128 = BauR 1985, 561 [juris Tz. 11 und 12]). Wer Erfüllungsgehilfe wiederum des Architekten ist, bedarf der Einzelfallentscheidung. Kein Erfüllungsgehilfe des Architekten ist im Regelfall der Statiker (Werner a.a.O. 2935).
bb)
74 
Der Beklagte war nicht Erfüllungsgehilfe der Streitverkündeten Ziff. 2 mit der Folge, dass sich die Klägerin wegen eines unzulänglichen Beklagtenplanes letztlich nur an die Architektin halten könnte, weil sich die Architektin des Statikers hinsichtlich der Ausschreibungsleistung seiner als eigenem Subunternehmer bedient hätte und mithin ein eigenes Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und dem Beklagten insoweit nicht bestünde. Solches behauptet der Beklagte selbst nicht. Der Architekt hat eine von ihm erbringbare Leistung ausgelagert auf den Sonderfachmann, der diese Leistung sehr wohl als eigene, möglicherweise als Besondere Leistung, auch nach seinem Berufsbild erbringen konnte und erbracht hat, und zwar über die Architektin für die Klägerin als seine Auftraggeberin. Dieses Verständnis weist auch das Plandeckblatt aus, in welchem sich der Beklagte auf die Klägerin als Bauherrin bezieht und diese Leistung als Ergänzung zu seinem Kernauftrag der Klägerin, die Tragwerksplanung, kennzeichnet.
cc)
75 
Überantwortet der Bauherr einem Sonderfachmann oder Fachmann die Ausschreibungsplanung, so hat er sich ein Überwachungsverschulden des Architekten nicht anrechnen zu lassen, jedenfalls dann nicht, wenn sich das Überwachungsdefizit nur im Bereich der Fahrlässigkeit aufhält. Diese Wertung gilt allemal in Bezug auf die planerische Leistung des Beklagten hinsichtlich der Elektroleitungen. Der Beklagte hat einen planerisch-zeichnerischen Ausweis erbracht, wonach diese Trasse für das geplante Bauvorhaben keine Probleme bereiten wird. Nur wenn die Architektin diesen Planungsauftrag der Klägerin selbst kontrollierend noch einmal vorgenommen hätte, wäre ihr der vom Beklagten bis heute geleugnete Fehler aufgefallen. Damit erschöpft sich ein gedachtes Überwachungsversagen im fahrlässigen Verhalten. Dies gilt in gleicher Weise für die Wasser- wie Gasleitungen, bei denen noch hinzukommt, dass deren Erfassung im Ausschreibungsplan nicht schadensstiftend war.
dd)
76 
Soweit die Fernwärmeleitung keinen planerischen Widerhall in den Plänen des Beklagten gefunden habe, ist das gedachte Überwachungsdefizit der Streitverkündeten Ziff. 2 auch nur als fahrlässig einzuordnen. Selbst wenn das Übersehen dieser planerischen Lücke einem eigenen Planungsunterlassen der Architektin gleichzustellen wäre, hätte es kein Verlegungserfordernis erzeugt und hätte sich damit auf die davon ausgehende Bauablaufstörung nicht ausgewirkt.
ee)
77 
Nicht anders verhält es sich, würde man die Telefonleitungen nicht unter die Elektroleitungen fassen, womit der Plan des Beklagten die Trassenführung der Telefonleitungen dann nicht gesondert angeführt hätte. Dann hätte die planerische Aussage des Beklagten gelautet, dass es diesbezüglich keine Kollision gibt. Selbst wenn man den Beklagtenplan insoweit als ohne diesen Aussagegehalt und danach als unvollständig einstufte, schiede eine Anrechnung eines Architektenverschuldens gegenüber der Klägerin aus. Legte der Architekt - wie geschehen - seiner Ausschreibung den dann insoweit unvollständigen Plan seiner Ausschreibung zu Grunde, mag ihn ein Verschulden treffen, da er die - dann - Offenheit des Plans in Bezug auf die Telefonleitungen möglicherweise hätte bemerken müssen. Dieses gedachte Überwachungs-/Kontrolldefizit kommt einem eigenen Planungsversäumnis des Architekten jedoch nicht gleich. Es hält sich allenfalls im Bereich eines Übersehens auf. Freigezeichnet hat sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme der Beklagte auch insoweit nicht. Zwar ist der Aussage F. zu entnehmen, dass die Pläne des Beklagten den Vermerk trugen, „dass die Leitungen für Gas, Wasser und Elektro noch zu überprüfen sind“ (II 147). Ist Elektro nicht aber gleichzusetzen mit Telefon, so bedeutete jener Vermerk auch insoweit nur, dass vor Ort im Zuge des Verbaus eine genaue Kontrolle zu erfolgen habe, nicht war damit eine (mündliche) Freizeichnungsabrede getroffen. Noch weniger kann die Nichterwähnung und der planerische Nichtausweis der Trasse Telefon dahin verstanden werden, dass dieses vom Beklagten übergangene/übersehene Planungssegment aus seiner Haftung ausgenommen werden solle.
ff)
78 
Auch die Zurechnung eines Koordinierungsdefizites insoweit verfängt nicht.
79 
Hat die Architektin dem Beklagten die Ausschreibungsplanung überantworten dürfen, so konnte sie diese ihrer Ausschreibung und darauf aufbauend ihrem Zuschlag und dem Abschluss des jeweiligen Werkvertrages zu Grunde legen, da von einer Verzögerung wegen der Lage von Sparten nicht auszugehen war. Auf dieser Grundlage konnte, wie ausgeführt, von einem zügigen, wie denn auch rasch eingeleiteten Ausführungsplanungs- und Genehmigungsprozess ausgegangen werden, weshalb sich der geplante und vertraglich vereinbarte Baubeginn zum 27.01.2003 als beanstandungsfreies Zeitmanagement der Architektin darstellt. Das dagegen aufgebaute Szenario des Beklagten hinsichtlich eines ungestörten Planungs- und Genehmigungsverfahrens ist von den tatsächlichen Gegebenheiten widerlegt.
80 
Damit ist nichts für ein Koordinierungsdefizit zu erkennen.
6.
81 
Danach durfte das Landgericht ein Grundurteil erlassen.
a)
82 
Ein Grundurteil darf ergehen, wenn alle den Anspruch betreffenden Fragen geklärt sind und auch nach dem Sach- und Streitstand zumindest wahrscheinlich ist, dass der Anspruch in irgendeiner Höhe besteht (BGH NJW-RR 2011, 858 [Tz. 26]; NZBau 2005, 396 [juris Tz. 15]).
b)
83 
Der Beklagte hat durch einen falschen planerisch-zeichnerischen Ausweis im Rahmen der Ausschreibungsplanung die Ausführung als frei von Kollisionen zwischen Leitungstrassen und Verbau dargestellt. Hätte er seine Planungsaufgabe richtig erfüllt, wäre weit vor der Ausschreibung deutlich geworden, dass es zu einer Kreuzung dieser geplanten Bauelemente kommt und deshalb eine Verlegung der Trassenführung notwendig wird. Dies hätte sogleich in die Ausschreibung einbezogen werden können. Damit hat der Beklagte auch eine Pflicht mit dem Schutzzweck der Sicherung einer richtigen und störungsfreien Planung und Ausführung des Verbaus verletzt. Der Beklagte führt selbst aus: „Zweck der Ausschreibungsplanung ist es, die Grundlage zu legen für realistische Angebotspreise. Außerdem soll der Ausschreibungstext i.S.v. mit der Ausschreibungsplanung nachträglich des dann letztlich beauftragten Verbauunternehmers verhindern, so dass dieser nicht behaupten kann, er habe die von ihm geltend gemachten Nachtragspositionen aus den Vergabeunterlagen nicht erkennen können“ (VI 591). Dem vermag der Senat beizutreten. Die Ausschreibungsplanung soll das entsprechende Gewerk zutreffend erfassen und eine abschließende Angebotsabgabe ermöglichen. Sie soll verhindern, dass wegen falscher Planungsvorgaben ein Nachtrag im Hinblick auf die tatsächlichen Gegebenheiten notwendig wird. Genau so liegt aber die vorliegende Streitgestaltung. Dabei beschränkt sich der Zweck der Ausschreibungsplanung nicht nur auf eine inhaltliche Richtigkeit des Angebots, er erstreckt sich vielmehr, da die Ausschreibungsplanung auch vor Nachträgen und damit einhergehenden Verzögerungen schützen soll, auf die Verlässlichkeit eines zeitlichen Baumanagements. Da die Klägerin/Streitverkündete Ziff. 2 nach Zuschlag an die Streitverkündete Ziff. 1 auch einen Bauvertrag mit - wie ausgeführt - darauf bezogen realistischen Ausführungsfristen geschlossen hat und schließen durfte und in dieser Phase nicht schon kostenintensive und gesondert zu vergütende Genehmigungsprozesse einem Bauvertrag voranzustellen waren, hatte die falsche Planung den vereinbarten Bauablauf gestört, der bei richtiger Planung so zeitlich unschwer realisierbar gewesen wäre.
c)
84 
Soweit der Beklagte weiter einwendet, es liege ein Mitverschulden darin, dass die Klägerin nicht zügig genug Schadensminderungsmaßnahmen dann ergriffen und vorangetrieben habe, verfängt auch dieser Einwand, der nicht zwingend beschieden werden müsste, da der Einwand des Verschuldens im Rahmen eines Grundurteils auch dem Nachverfahren vorbehalten bleiben kann (BGH VersR 2010, 928 [Tz. 16]), nicht. Wenn der Beklagte darauf abstellt, dass am 19.12.2002 die Arbeiten zur Verlegung der Trasse hätten aufgenommen werden müssen (IV 334), so bestand am 19.12.2002 noch gar keine Kenntnis vom Planungsfehler und damit auch noch keine Handlungspflicht im Sinne einer Schadensabwendung oder -minimierung. Wenn gerügt wird, die Klägerin hätte nach Kenntnisgabe des - aus ihrer Sicht angeblichen - Planungsfehlers am 13.01.2003 mit Hochdruck an der Anpassung an die nun erkannte Situation arbeiten müssen (VI 494, 495), bleibt dieses Vorbringen neben einer reinen Beschleunigungsforderung ohne hinreichende Substantiierung dahin, was gemessen an ohnehin nicht hinreichend überliefertem Einzelgeschehen konkret wann und wie hätte veranlasst werden müssen und können. Ungeachtet dessen war es der Beklagte selbst, der im Zusammenhang mit der Behauptung, das Zeitmanagement der Streitverkündeten Ziff. 2 sei unzulänglich gewesen, weil ab Mitte Dezember 2002 der notwendige Genehmigungs- und Verlegungsprozess bis zum vereinbarten Baubeginn am 27.01.2003 realistischerweise gar nicht hätte bewerkstelligt werden können (VI 593 f), die Langwierigkeit dieses Geschehens darstellt, was im Rahmen des Mitverschuldenseinwandes (hier rasche Umsetzbarkeit einer Anpassungsplanung nach Kenntnisnahme) nicht mehr gelten soll.
d)
85 
Dass durch den vertragswidrig verspäteten Baubeginn in Bezug auf das Verbauunternehmen irgendein Schaden entstanden ist, veranschaulichen die Anl. K 26 i.V.m. K 25 hinreichend, was auch in der Berufungsinstanz (VI 596) nur ein Bestreiten von Grund und Höhe in Bausch und Bogen erfährt.
e)
86 
Der Beklagte haftet auch für Anfangsverzögerungen beim Rohbauunternehmer.
aa)
87 
Führte die mangelhafte Planung des Beklagten bei einer realistischen Koordinierung und Reihung von (nur) zwei aufeinander aufbauenden Gewerken zu einem Zeitversatz beim ersten Gewerk, so haftet der Beklagte auch (Dominoeffekt) für die sich in das Zweitgewerk gleichgerichtet hinein fortpflanzende (zeitliche) Störung.
bb)
88 
Die vom Beklagten angeführte (VI 656) Entscheidung BGHZ 95, 128 = BauR 1985, 561 ist ihm nicht behilflich. Dort ging es um die Zurechnung eines Fehlers eines Vorunternehmers (Gründungsmängel) dem Auftraggeber gegenüber im Verhältnis zum Nachfolgeunternehmer. Der Vorunternehmer ist in dieser Beziehung nicht Erfüllungsgehilfe des Bauherren (BGHZ a.a.O. [juris Tz. 10 f]). Vorliegend geht es aber nicht um einen Fehler der Streitverkündeten Ziff. 1. Sie hat ihre Arbeiten auf der Grundlage des falschen Planes des Beklagten und auf der Grundlage des dann richtigen Planes fehlerfrei erstellt. Für den mangelhaften Ausschreibungsplan war nicht sie verantwortlich, sondern der Beklagte. Dieser ist im Verhältnis zur Klägerin im Bereich der Planungs- und Koordinierungsaufgabe aber Erfüllungsgehilfe (BGHZ a.a.O. [Tz. 11]). Nur um diese Konstellation geht es vorliegend.
cc)
89 
Auch bezüglich dieses Unternehmers gilt, dass die Klägerin irgendeinen Verzögerungsschaden in Bezug auf dieses Gewerk, mit dem vertragsgemäß am 03.03.2003 begonnen werden sollte (vom Beklagten zugestanden VI 589, 594, 595; bestritten VI 657) und mit dem erst am 12.05.2003 begonnen werden konnte (Beklagter VI 596), erlitten hat (vgl. K 26).
90 
Schon die Schadenswahrscheinlichkeit in Bezug auf die Ausführung des Gewerks Verbau hätte ausgereicht, ein Grundurteil zu erlassen. Die Schadenswahrscheinlichkeit auch hinsichtlich dieses Gewerkes rechtfertigt seinen Erlass ergänzend.
dd)
91 
Auch der Einwand von Sowieso-Kosten verfehlt das Problem. Die Klägerin verlangt nicht die ohnehin notwendig gewordenen Kosten der Trassenverlegung, sondern nur reinen Verzögerungsaufwand.
II.
92 
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 101, 708 Nr. 10, 711, 542, 543 i.V.m. § 3 ZPO.
93 
Eine Kostenentscheidung hat nur in Bezug auf das Berufungsverfahren zu erfolgen (BGHZ 20, 397 = NJW 1956, 1235; Vollkommer in Zöller, ZPO, 29. Aufl. [2012], § 304, 26). Da das Grundurteil einem Feststellungsurteil in der Sache nahekommt (vgl. BGH NJW 1988, 1984 [juris Tz. 6]) und bei einer Feststellungsklage der Kostenausspruch im Urteil vollstreckbar ist (BGH U. v. 22.05.2012 - II ZR 2/11 [Tz. 44]), ist dieser vollstreckbar zu stellen.
94 
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Der Senat folgt ausschließlich anerkannten, auch höchstrichterlich gebilligten Rechtsgrundsätzen. Die Sachbehandlung erschöpft sich einzig in deren Umsetzung auf den vorliegenden Einzelfall.
95 
Die Beschwer richtet sich nach dem Umfang der für den Rechtsmittelführer negativen Bindungswirkung des Grundurteils (BGH WM 2006, 429 [Tz. 17]; 1986, 331 [juris Tz. 17]; Vollkommer a.a.O. § 304, 23). Der Beklagte ist insoweit beschwert, als er noch mit einer Verurteilung rechnen muss. Dies ist der mit der Klage zur Entscheidung gestellte Betrag (Grunsky in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 511 a, 12; Rimmelspacher in MünchKomm-ZPO, 3. Aufl. [2007], Vorb. zu §§ 511 f, 39). In dieser Beschwer drückt sich auch der Gegenstandswert des Berufungsverfahrens aus.

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Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 06. Sept. 2012 - 2 U 3/12 zitiert 16 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 540 Inhalt des Berufungsurteils


(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil1.die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,2.eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufh

Zivilprozessordnung - ZPO | § 3 Wertfestsetzung nach freiem Ermessen


Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 529 Prüfungsumfang des Berufungsgerichts


(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:1.die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidung

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 254 Mitverschulden


(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem

Zivilprozessordnung - ZPO | § 531 Zurückgewiesene und neue Angriffs- und Verteidigungsmittel


(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen. (2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie1.einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 278 Verantwortlichkeit des Schuldners für Dritte


Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwen

Zivilprozessordnung - ZPO | § 313 Form und Inhalt des Urteils


(1) Das Urteil enthält:1.die Bezeichnung der Parteien, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Prozessbevollmächtigten;2.die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Richter, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben;3.den Tag, an dem die mündliche Ve

Zivilprozessordnung - ZPO | § 240 Unterbrechung durch Insolvenzverfahren


Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei wird das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfa

Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen


Honorarordnung für Architekten und Ingenieure - HOAI

Zivilprozessordnung - ZPO | § 288 Gerichtliches Geständnis


(1) Die von einer Partei behaupteten Tatsachen bedürfen insoweit keines Beweises, als sie im Laufe des Rechtsstreits von dem Gegner bei einer mündlichen Verhandlung oder zum Protokoll eines beauftragten oder ersuchten Richters zugestanden sind. (

Zivilprozessordnung - ZPO | § 535 Gerichtliches Geständnis


Das im ersten Rechtszuge abgelegte gerichtliche Geständnis behält seine Wirksamkeit auch für die Berufungsinstanz.

Honorarordnung für Architekten und Ingenieure - HOAI 2013 | § 20 Honorare für Grundleistungen bei Flächennutzungsplänen


(1) Für die in § 18 und Anlage 2 genannten Grundleistungen bei Flächennutzungsplänen sind die in der nachstehenden Honorartafel aufgeführten Honorarspannen Orientierungswerte: Fläche in Hektar Honorarzone I geringe Anforderungen Honorarzone II durchs

Honorarordnung für Architekten und Ingenieure - HOAI 2013 | § 48 Honorare für Grundleistungen bei Verkehrsanlagen


(1) Für die in § 47 und der Anlage 13 Nummer 13.1 genannten Grundleistungen bei Verkehrsanlagen sind die in der nachstehenden Honorartafel aufgeführten Honorarspannen Orientierungswerte: Anrechenbare Kosten in Euro Honorarzone I sehr geringe Anforder

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Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 06. Sept. 2012 - 2 U 3/12 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Urteil, 22. Mai 2012 - II ZR 2/11

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Oberlandesgericht Köln Beschluss, 28. Juni 2015 - 19 U 163/14

bei uns veröffentlicht am 28.06.2015

Tenor Die Berufung der Beklagten gegen das am 25.09.2014 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Bonn - 18 O 199/13 -  wird gemäß § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückgewiesen, mit der Maßgabe, dass sich die vorläufige Vollstreckbar

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(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

(1) Das Urteil enthält:

1.
die Bezeichnung der Parteien, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Prozessbevollmächtigten;
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Richter, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben;
3.
den Tag, an dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist;
4.
die Urteilsformel;
5.
den Tatbestand;
6.
die Entscheidungsgründe.

(2) Im Tatbestand sollen die erhobenen Ansprüche und die dazu vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel unter Hervorhebung der gestellten Anträge nur ihrem wesentlichen Inhalt nach knapp dargestellt werden. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden.

(3) Die Entscheidungsgründe enthalten eine kurze Zusammenfassung der Erwägungen, auf denen die Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht.

Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei wird das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Entsprechendes gilt, wenn die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht.

(1) Die von einer Partei behaupteten Tatsachen bedürfen insoweit keines Beweises, als sie im Laufe des Rechtsstreits von dem Gegner bei einer mündlichen Verhandlung oder zum Protokoll eines beauftragten oder ersuchten Richters zugestanden sind.

(2) Zur Wirksamkeit des gerichtlichen Geständnisses ist dessen Annahme nicht erforderlich.

Das im ersten Rechtszuge abgelegte gerichtliche Geständnis behält seine Wirksamkeit auch für die Berufungsinstanz.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

(1) Für die in § 47 und der Anlage 13 Nummer 13.1 genannten Grundleistungen bei Verkehrsanlagen sind die in der nachstehenden Honorartafel aufgeführten Honorarspannen Orientierungswerte:

Anrechenbare
Kosten
in Euro
Honorarzone I
sehr geringe
Anforderungen
Honorarzone II
geringe
Anforderungen
Honorarzone III
durchschnittliche
Anforderungen
Honorarzone IV
hohe
Anforderungen
Honorarzone V
sehr hohe
Anforderungen
vonbisvonbisvonbisvonbisvonbis
EuroEuroEuroEuroEuro
25 0003 8824 6244 6245 3665 3666 1086 1086 7936 7937 535
35 0004 9815 9335 9336 8856 8857 8377 8378 7168 7169 668
50 0006 4877 7277 7278 9678 96710 20710 20711 35211 35212 592
75 0008 75910 43410 43412 10812 10813 78313 78315 32815 32817 003
100 00010 83912 91112 91114 98314 98317 05617 05618 96818 96821 041
150 00014 63417 43217 43220 22920 22923 02723 02725 61025 61028 407
200 00018 10621 56721 56725 02925 02928 49028 49031 68531 68535 147
300 00024 43529 10629 10633 77833 77838 44938 44942 76142 76147 433
500 00035 62242 43342 43349 24349 24356 05356 05362 33962 33969 149
750 00048 00157 17857 17866 35566 35575 53275 53284 00284 00293 179
1 000 00059 26770 59770 59781 92881 92893 25893 258103 717103 717115 047
1 500 00080 00995 30595 305110 600110 600125 896125 896140 015140 015155 311
2 000 00098 962117 881117 881136 800136 800155 719155 719173 183173 183192 102
3 000 000133 441158 951158 951184 462184 462209 973209 973233 521233 521259 032
5 000 000194 094231 200231 200268 306268 306305 412305 412339 664339 664376 770
7 500 000262 407312 573312 573362 739362 739412 905412 905459 212459 212509 378
10 000 000324 978387 107387 107449 235449 235511 363511 363568 712568 712630 840
15 000 000439 179523 140523 140607 101607 101691 062691 062768 564768 564852 525
20 000 000543 619647 546647 546751 473751 473855 401855 401951 333951 3331 055 260
25 000 000641 265763 860763 860886 454886 4541 009 0491 009 0491 122 2131 122 2131 244 808

(2) Welchen Honorarzonen die Grundleistungen zugeordnet werden, richtet sich nach folgenden Bewertungsmerkmalen:

1.
geologische und baugrundtechnische Gegebenheiten,
2.
technische Ausrüstung und Ausstattung,
3.
Einbindung in die Umgebung oder das Objektumfeld,
4.
Umfang der Funktionsbereiche oder der konstruktiven oder technischen Anforderungen,
5.
fachspezifische Bedingungen.

(3) Sind für Verkehrsanlagen Bewertungsmerkmale aus mehreren Honorarzonen anwendbar und bestehen deswegen Zweifel, welcher Honorarzone das Objekt zugeordnet werden kann, so ist zunächst die Anzahl der Bewertungspunkte zu ermitteln. Zur Ermittlung der Bewertungspunkte werden die Bewertungsmerkmale wie folgt gewichtet:

1.
die Bewertungsmerkmale gemäß Absatz 2 Nummer 1, 2 mit bis zu 5 Punkten,
2.
das Bewertungsmerkmal gemäß Absatz 2 Nummer 3 mit bis zu 15 Punkten,
3.
das Bewertungsmerkmal gemäß Absatz 2 Nummer 4 mit bis zu 10 Punkten,
4.
das Bewertungsmerkmal gemäß Absatz 2 Nummer 5 mit bis zu 5 Punkten,

(4) Die Verkehrsanlage ist anhand der nach Absatz 3 ermittelten Bewertungspunkte einer der Honorarzonen zuzuordnen:

1.
Honorarzone I: bis zu 10 Punkte,
2.
Honorarzone II: 11 bis 17 Punkte,
3.
Honorarzone III: 18 bis 25 Punkte,
4.
Honorarzone IV: 26 bis 33 Punkte,
5.
Honorarzone V: 34 bis 40 Punkte.

(5) Für die Zuordnung zu den Honorarzonen ist die Objektliste der Anlage 13 Nummer 13.2 zu berücksichtigen.

(6) Für Umbauten und Modernisierungen von Verkehrsanlagen kann bei einem durchschnittlichen Schwierigkeitsgrad ein Zuschlag gemäß § 6 Absatz 2 Satz 3 bis 33 Prozent in Textform vereinbart werden.

(1) Für die in § 18 und Anlage 2 genannten Grundleistungen bei Flächennutzungsplänen sind die in der nachstehenden Honorartafel aufgeführten Honorarspannen Orientierungswerte:

Fläche
in Hektar
Honorarzone I
geringe Anforderungen
Honorarzone II
durchschnittliche Anforderungen
Honorarzone III
hohe Anforderungen
vonbisvonbisvonbis
EuroEuroEuro
1 00070 43985 26985 269100 098100 098114 927
1 25078 95795 57995 579112 202112 202128 824
1 50086 492104 700104 700122 909122 909141 118
1 75093 260112 894112 894132 527132 527152 161
2 00099 407120 334120 334141 262141 262162 190
2 500111 311134 745134 745158 178158 178181 612
3 000121 868147 525147 525173 181173 181198 838
3 500131 387159 047159 047186 707186 707214 367
4 000140 069169 557169 557199 045199 045228 533
5 000155 461188 190188 190220 918220 918253 647
6 000168 813204 352204 352239 892239 892275 431
7 000180 589218 607218 607256 626256 626294 645
8 000191 097231 328231 328271 559271 559311 790
9 000200 556242 779242 779285 001285 001327 224
10 000209 126253 153253 153297 179297 179341 206
11 000216 893262 555262 555308 217308 217353 878
12 000223 912271 052271 052318 191318 191365 331
13 000230 331278 822278 822327 313327 313375 804
14 000236 214285 944285 944335 673335 673385 402
15 000241 614292 480292 480343 346343 346394 213

(2) Das Honorar für die Aufstellung von Flächennutzungsplänen ist nach der Fläche des Plangebiets in Hektar und nach der Honorarzone zu berechnen.

(3) Welchen Honorarzonen die Grundleistungen zugeordnet werden, richtet sich nach folgenden Bewertungsmerkmalen:

1.
zentralörtliche Bedeutung und Gemeindestruktur,
2.
Nutzungsvielfalt und Nutzungsdichte,
3.
Einwohnerstruktur, Einwohnerentwicklung und Gemeinbedarfsstandorte,
4.
Verkehr und Infrastruktur,
5.
Topografie, Geologie und Kulturlandschaft,
6.
Klima-, Natur- und Umweltschutz.

(4) Sind auf einen Flächennutzungsplan Bewertungsmerkmale aus mehreren Honorarzonen anwendbar und bestehen deswegen Zweifel, welcher Honorarzone der Flächennutzungsplan zugeordnet werden kann, so ist zunächst die Anzahl der Bewertungspunkte zu ermitteln. Zur Ermittlung der Bewertungspunkte werden die Bewertungsmerkmale wie folgt gewichtet:

1.
geringe Anforderungen: 1 Punkt,
2.
durchschnittliche Anforderungen: 2 Punkte,
3.
hohe Anforderungen: 3 Punkte.

(5) Der Flächennutzungsplan ist anhand der nach Absatz 4 ermittelten Bewertungspunkte einer der Honorarzonen zuzuordnen:

1.
Honorarzone I: bis zu 9 Punkte,
2.
Honorarzone II: 10 bis 14 Punkte,
3.
Honorarzone III: 15 bis 18 Punkte.

(6) Werden Teilflächen bereits aufgestellter Flächennutzungspläne (Planausschnitte) geändert oder überarbeitet, kann das Honorar auch abweichend von den Grundsätzen des Absatzes 2 vereinbart werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 290/11
Verkündet am:
21. Juni 2012
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. Juni 2012 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter
Dr. Herrmann, Hucke, Tombrink und Dr. Remmert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Traunstein vom 7. Dezember 2011 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Rückzahlung eines Betrags von 5.000 € in Anspruch, den sie Ende Oktober/Anfang November 2005 im Zu- sammenhang mit der Teilnahme an einem "Schenkkreis" entrichtet hat.
2
Im Oktober/November 2005 nahm die Klägerin an der Veranstaltung eines Schenkkreises (Chart "M. -L. ") teil. Dieser war nach Art einer Pyramide organisiert. Die an der Spitze stehenden Mitglieder des "Empfängerkreises" erhielten von dem ihnen nachgeordneten "Geberkreis" bestimmte Geldbeträge. Darauf schieden die Beschenkten aus dem Schenkkreis aus und an ihrer Stelle rückten Mitglieder des Geberkreises in den Empfängerkreis nach. Neu hinzutretende Mitglieder wurden Teil des Geberkreises und leisteten Schenkungen an die jeweiligen Mitglieder des Empfängerkreises in der Hoffnung , selbst einmal Angehörige des Empfängerkreises zu werden und auf diese Weise den eingesetzten Betrag mehrfach - durch Schenkungen neu hinzustoßender Mitglieder des Geberkreises - zurückzuerlangen. In diesem Zusammenhang übergab die Klägerin der Beklagten einen Barbetrag von 5.000 €.
3
Die Klägerin hat geltend gemacht, ihre Geldleistung sei wegen Sittenwidrigkeit des Schenkkreises und der damit zusammenhängenden Rechtsgeschäfte ohne Rechtsgrund erfolgt und von der Beklagten zurückzuerstatten, da diese selbst Beschenkte, jedenfalls aber Beauftragte, gewesen sei. Sie, die Klägerin, habe nicht gewusst, dass und an welche Personen der Betrag weitergeleitet worden sei.
4
Die Beklagte hat entgegnet, sie sei weder Initiatorin noch Organisatorin noch Mitglied des Schenkkreises gewesen. Sie habe selbst keine Leistung von der Klägerin erhalten, sondern nur als Botin fungiert und den Geldbetrag abredegemäß an die zum damaligen Zeitpunkt an der Pyramidenspitze ("PolePosition" ) stehenden Mitglieder des Empfängerkreises übermittelt. Diese Personen seien der Klägerin aufgrund der ausliegenden "Chartliste" bekannt gewesen. Des Weiteren hat sich die Beklagte auf die Einrede der Verjährung berufen.
5
Das Amtsgericht hat der Klage nach Beweisaufnahme im Wesentlichen - bis auf einen Teil der Zinsforderung und die verlangten vorgerichtlichen Anwaltskosten - stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hat das Landgericht mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Verurteilung der Beklagten nur Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche der Klägerin gegen die Schenkungsempfänger erfolgt. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision möchte die Beklagte weiterhin die (vollständige) Abweisung der Klage erreichen.

Entscheidungsgründe


6
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


7
Das Berufungsgericht hat zunächst einen Bereicherungsanspruch der Klägerin wegen nach § 138 BGB rechtsgrundloser Schenkung an die Beklagte verneint, weil nach den übereinstimmenden Vorstellungen der Parteien über den Zweck der Leistung die Beklagte nicht Empfängerin, sondern nur Übermittlerin der Schenkung sein sollte. Gleichwohl hat das Berufungsgericht die Beklagte gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB zur Zahlung des eingeklagten Betrags verpflichtet gesehen und hierzu ausgeführt: Zwischen den Parteien sei ein Auftragsverhältnis zustande gekommen, das eine für das System des Schenkkreises wesentliche Tätigkeit, nämlich die Weiterleitung der Schenkung an die Mitglieder des Empfängerkreises, zum Gegenstand gehabt habe und deshalb wegen Sittenverstoßes gemäß § 138 BGB nichtig sei. Mit der Übergabe des Geldes habe die Klägerin eine Leistung an die Beklagte erbracht und diese den Besitz an den Geldscheinen erlangt. Eine etwaige Entreicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) könne die Beklagte nicht mit Erfolg einwenden, weil sie durch die An- nahme der Leistung gegen die guten Sitten verstoßen habe (§ 819 Abs. 2 BGB). Die Beklagte sei in die Organisation des Schenkkreises eingebunden gewesen und habe von der Sittenwidrigkeit des damit verbundenen "Schneeball -Systems" gewusst oder zumindest sich einer solchen Kenntnis in einer Weise verschlossen, dass es ihr nach Treu und Glauben verwehrt sei, sich auf ein etwa fehlendes Bewusstsein der Sittenwidrigkeit zu berufen. Auch und gerade in der (etwaigen) Weitergabe des Geldes manifestiere sich die Sittenwidrigkeit des Auftragsverhältnisses. Sonach stünden der Klägerin im Falle der Geldweitergabe zwar "doppelte Bereicherungsansprüche" zu, nämlich gegen die Beklagte als Beauftragte und gegen die beschenkten Mitglieder des Empfängerkreises. Allerdings sei § 255 BGB insoweit analog anzuwenden mit der Folge, dass die Beklagte von der Klägerin die Abtretung ihrer etwa gegebenen Bereicherungsansprüche gegen die beschenkten Mitglieder des Empfängerkreises verlangen könne. Der Klageanspruch sei letztlich nicht verjährt, da die Verjährungsfrist rechtzeitig durch Klageeinreichung und (noch) demnächst nachfolgende Zustellung gehemmt worden sei.

II.


8
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung in einem wesentlichen Punkt nicht stand.
9
1. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht der Klägerin einen Bereicherungsanspruch gegen die Beklagte gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB zuerkannt.
10

a) Ohne Erfolg wendet sich die Revision allerdings gegen die Annahme des Berufungsgerichts, zwischen den Parteien sei ein Auftragsvertrag zustande gekommen, der wegen Verstoßes gegen die guten Sitten gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig sei.
11
aa) Zu Recht hat das Berufungsgericht in der Abrede der Parteien, wonach die Beklagte das ihr von der Klägerin übergebene Geld an die gerade in der Empfängerposition ("Pole-Position") befindlichen Personen auszahlen (weiterleiten ) solle, die Vereinbarung über eine unentgeltliche Geschäftsbesorgung und mithin ein Auftragsverhältnis im Sinne von § 662 BGB gesehen.
12
(1) Der Begriff der Geschäftsbesorgung im Sinne von § 662 BGB umfasst nicht nur die Vornahme von Rechtsgeschäften im wirtschaftlichen Bereich, sondern auch rein tatsächliche Handlungen, sofern hiermit eine Tätigkeit ausgeübt wird, die an sich der Sorge des Auftraggebers obliegen würde und durch die dessen Interesse gefördert wird (BGH, Urteil vom 17. Mai 1971 - VII ZR 146/69, BGHZ 56, 204, 207). Hierunter fällt die Weiterleitung von Geldmitteln an Dritte folglich auch dann, wenn es sich hierbei um eine reine "Übermittlung" im Sinne eines Botendienstes handeln sollte. Erst recht stellt die Weitergabe von Geldmitteln an von dem Beauftragten im Einzelnen noch zu ermittelnde Empfänger (hier: die damaligen Mitglieder des "Empfängerkreises") eine Geschäftsbesorgung im Sinne von § 662 BGB dar.
13
(2) Entgegen der Auffassung der Revision lag hierin keine bloße Gefälligkeit der Beklagten ohne rechtlichen Bindungswillen.
14
Ob ein Rechtsbindungswille vorhanden ist, ist nicht nach dem nicht in Erscheinung getretenen inneren Willen des Leistenden zu beurteilen, sondern danach, ob der Leistungsempfänger unter den gegebenen Umständen nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte auf einen solchen Willen schließen musste. Es kommt darauf an, wie sich dem objektiven Beobachter das Handeln des Leistenden darstellt. Eine vertragliche Bindung wird insbesondere dann zu bejahen sein, wenn erkennbar ist, dass für den Leistungsempfänger wesentliche Interessen wirtschaftlicher Art auf dem Spiel stehen und er sich auf die Zusage des Leistenden verlässt oder wenn der Leistende an der Angelegenheit ein rechtliches oder wirtschaftliches Interesse hat. Ist dies hingegen nicht der Fall, kann dem Handeln der Beteiligten nur unter besonderen Umständen ein rechtlicher Bindungswille zugrunde gelegt werden. Ein Bindungswille wird deshalb in der Regel bei dem sogenannten Gefälligkeitshandeln des täglichen Lebens, bei Zusagen im rein gesellschaftlichen Verkehr oder bei Vorgängen , die diesen ähnlich sind, zu verneinen sein (s. Senatsurteil vom 14. November 1991 - III ZR 4/91, NJW 1992, 498 mwN; BGH, Urteile vom 18. Dezember 2008 - IX ZR 12/05, NJW 2009, 1141, 1142 Rn. 7; vom 17. Mai 1971 aaO S. 210 und vom 22. Juni 1956 - I ZR 198/54, BGHZ 21, 102, 106 f).
15
Eine Geschäftsbesorgung im Sinne des § 662 BGB ist nach diesen Grundsätzen dann gegeben, wenn beiderseits der anhand objektiver Kriterien feststellbare Wille besteht, rechtsgeschäftliche Verpflichtungen einzugehen und entgegenzunehmen; dies liegt insbesondere dann nahe, wenn erkennbar ist, dass für den Auftraggeber als Empfänger der Leistung wesentliche Interessen auf dem Spiel stehen und er auf die Zusage des anderen Teils vertraut (Senatsurteil vom 14. November 1991 aaO S. 499; BGH, Urteil vom 17. Mai 1971 aaO S. 208, 210).
16
Ob durch Erklärungen oder ein sonstiges Verhalten ein Auftragsvertrag zustande kommt oder nur eine keine rechtlichen Bindungen erzeugende "Gefälligkeitshandlung" vorliegt, hängt hiernach von Umständen des Einzelfalls ab und ist daher im Wesentlichen eine Sache tatrichterlicher Würdigung. Diese bindet das Revisionsgericht, es sei denn, dass sie rechtsfehlerhaft vorgenommen wurde (BGH, Urteil vom 17. Mai 1971 aaO S. 209).
17
Das Berufungsgericht hat seine Würdigung, die Beklagte habe die Geschäftsbesorgung mit dem erforderlichen Rechtsbindungswillen übernommen, insbesondere auf die in der Höhe des übergebenen Geldbetrags (5.000 €) zum Ausdruck kommende erhebliche wirtschaftliche Bedeutung der Sache, auf das mit der Einbindung in die Organisation des Schenkkreises verbundene Eigeninteresse der Beklagten sowie auf den Umstand gestützt, dass die Beklagte die zu "beschenkenden" Personen im Einzelnen noch genau zu ermitteln und den übergebenen Geldbetrag auf diese aufzuteilen hatte. Diese Würdigung ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden.
18
bb) Ebenfalls zu Recht hat das Berufungsgericht den Auftragsvertrag als sittenwidrig und mithin unwirksam (§ 138 Abs. 1 BGB) angesehen. Hiergegen erhebt die Revision auch keine (konkreten) Einwände.
19
(1) Bei einem Schenkkreis, wie er auch hier in Rede steht, handelt es sich um ein Schneeballsystem, welches darauf angelegt ist, dass die ersten Mitglieder einen (meist) sicheren Gewinn erzielen, während die große Masse der späteren Teilnehmer ihren Einsatz verlieren muss, weil angesichts des Vervielfältigungsfaktors in absehbarer Zeit keine neuen Mitglieder mehr geworben werden können. Der Schenkkreis zielt allein darauf ab, zugunsten einiger weniger "Mitspieler" leichtgläubige und unerfahrene Personen auszunutzen und sie zur Zahlung ihres (verloren gehenden) "Einsatzes" zu bewegen. Dies verstößt - wie in der Rechtsprechung allgemein anerkannt ist - gegen die guten Sitten mit der Folge, dass die hierfür geleisteten Zuwendungen generell als rechtsgrundlos erbracht zurückgefordert werden können (s. Senatsurteile vom 18. Dezember 2008 - III ZR 132/08, NJW 2009, 984 Rn. 7 ff; vom 6. November2008 - III ZR 120/08, NJW-RR 2009, 345 f Rn. 10 f; vom 13. März 2008 - III ZR 282/07, NJW 2008, 1942 Rn. 6 ff und vom 10. November 2005 - III ZR 72/05, NJW 2006, 45, 46 Rn. 9 ff).
20
(2) Nach diesen Grundsätzen bestehen keine rechtlichen Bedenken, mit dem Berufungsgericht auch einen Auftragsvertrag als sittenwidrig und somit gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig anzusehen, sofern dieser eine für das System des Schenkkreises wesentliche Tätigkeit zum Gegenstand hat (hier: Weiterleitung an im Einzelnen noch zu ermittelnde Mitglieder des "Empfängerkreises") und sich an einen Auftragnehmer richtet, der (wie hier die Beklagte) in die Organisation des Schenkkreises eingebunden ist. Unter solchen Umständen ist das Auftragsverhältnis derart eng mit der Organisation und dem Betrieb des Schenkkreises verflochten, dass es seinerseits als den guten Sitten zuwiderlaufend einzustufen ist und ihm deshalb auch die Rechtswirksamkeit versagt werden muss.
21
b) Aus der Nichtigkeit des Auftragsvertrags ist der Klägerin jedoch kein Bereicherungsanspruch gegen die Beklagte nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB erwachsen.
22
Das Berufungsgericht hat rechtsirrtümlich eine "Leistung" der Klägerin an die Beklagte im Sinne von § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB bejaht.
23
Bei der Geldzahlung der Klägerin handelte es sich - wie das Berufungsgericht eingangs seiner Entscheidungsgründe zutreffend erkannt hat - nach den übereinstimmenden Vorstellungen der Parteien über den Zweck der Leistung um eine Schenkung der Klägerin an die im System des Schenkkreises an der "Pole-Position" befindlichen Mitglieder des "Empfängerkreises". Das mit dieser Schenkung und dem ihr innewohnenden Leistungszweck verbundene Leistungsverhältnis kann hiernach allein zwischen der Klägerin (als Schenker) und den Mitgliedern des "Empfängerkreises" (als Beschenkten) bestehen. Die Beklagte sollte offen als Botin oder unmittelbare Stellvertreterin der Klägerin fungieren. Erbringt der Leistende die Zuwendung durch einen offen als solchen handelnden Boten oder unmittelbaren Stellvertreter, so vollzieht sich die zweckgerichtete Vermögensverschiebung im Sinne eines einheitlichen Bereicherungsvorgangs allein im Verhältnis zwischen dem Leistenden und dem Zuwendungsempfänger. Das Vermögen der Übermittlungsperson ist in diesen Fällen von einer Vermögensverschiebung nicht - auch nicht möglicherweise - betroffen , und ihr gegenüber wird kein selbständiger Leistungszweck verfolgt, so dass ein Anspruch aus Leistungskondiktion gegen die als Bote oder unmittelbarer Stellvertreter eingeschaltete Zwischenperson nicht besteht (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 27. April 1961 - VII ZR 4/60, NJW 1961, 1461; Palandt/Sprau, BGB, 71. Aufl., § 812 Rn. 55; Staudinger/Lorenz, BGB [2007], § 812 Rn. 33 mwN; Bamberger/Roth/Wendehorst, BGB, 3. Aufl., § 812 Rn. 165 f).
24
Dies gilt auch dann, wenn das dem Boten- oder Vertreterhandeln zugrunde liegende Auftragsverhältnis (hier: gemäß § 138 Abs. 1 BGB) nichtig ist. Denn diese Nichtigkeit ändert nichts daran, dass nach dem maßgeblichen verobjektivierten Empfängerhorizont (s. dazu etwa Senatsurteile vom 6. November 2008 aaO S. 345 Rn. 7 und vom 21. Oktober 2004 - III ZR 38/04, NJW 2005, 60 f) eine bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens (Leistung ) ausschließlich im Verhältnis zwischen der Klägerin als Schenker und den Mitgliedern des "Empfängerkreises" als Beschenkten stattfindet.
25
2. Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen , weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 ZPO).
26
Ob der Klägerin aus einem anderen Rechtsgrund ein Anspruch gegen die Beklagte auf Rückzahlung des Geldbetrags von 5.000 € zusteht, kann der erkennende Senat nicht entscheiden, da die Vorinstanzen keine Feststellungen dazu getroffen haben, ob die Beklagte - wie zwischen den Parteien streitig geblieben ist - den ihr übergebenen Geldbetrag abredegemäß an die damaligen Mitglieder des "Empfängerkreises" weitergereicht hat.
27
a) War Letzteres der Fall, wovon im gegenwärtigen Revisionsverfahren mangels anderweitiger Feststellungen auszugehen ist, so ist die Klage unbegründet.
28
aa) Ein Anspruch aus § 667 Alt. 1 BGB (in Verbindung mit §§ 677, 681 Satz 2 BGB) steht der Klägerin solchenfalls nicht zu.
29
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt hat, kann bei Nichtigkeit eines Auftragsvertrags - etwa (wie hier) wegen Verstoßes gegen die guten Sitten - auf die Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag zurückgegriffen werden; der Umstand, dass sich der Geschäftsführer zur Geschäftsbesorgung verpflichtet hat oder für verpflichtet hält, steht dem nicht entgegen (vgl. Senatsurteile vom 28. Juli 2005 - III ZR 290/04, NJW 2005, 3208, 3209; vom 4. November 2004 - III ZR 172/03, WM 2004, 2441, 2443 und vom 10. Oktober 1996 - III ZR 205/95, NJW 1997, 47, 48, jeweils mwN; BGH, Urteile 28. Oktober 1992 - VIII ZR 210/91, NJW-RR 1993, 200 und vom 31. Mai 1990 - VII ZR 336/89, BGHZ 111, 308, 311). Verlangt der Auftraggeber bei Nichtigkeit des seiner Geldzahlung zugrunde liegenden Auftragsverhältnisses nach § 681 Satz 2, § 667 Alt. 1 BGB bereits verbrauchtes Geld vom Geschäftsführer zurück , so kann die Frage, ob er die Weitergabe des Geldes gegen sich gelten lassen muss, nur nach Maßgabe der nichtigen Abreden des Auftragsvertrags beurteilt werden (Senatsurteil vom 10. Oktober 1996 aaO S. 48, 49 mwN). Mithin muss der Geschäftsführer den ihm überlassenen Geldbetrag an den Auftraggeber nicht zurückzahlen, wenn er hierüber abredegemäß verfügt hat.
30
bb) Ob daneben ein Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB (wegen Bereicherung in sonstiger Weise) Raum finden kann, bedarf hier keiner Entscheidung. Ein solcher Anspruch scheidet nämlich schon im Hinblick auf den Grundsatz des Vorrangs der Leistungskondiktion (s. dazu etwa Senatsurteil vom 21. Oktober 2004 aaO S. 60 mwN) aus, weil die Geldzahlung bereicherungsrechtlich als Leistung der Klägerin an die von ihr beschenkten Mitglieder des Empfängerkreises einzuordnen ist und mithin nur in diesem Verhältnis zurückgefordert werden kann.
31
b) Sollte die Beklagte den Geldbetrag hingegen nicht abredegemäß verwendet haben, so wäre sie der Klägerin gemäß § 667 Alt. 1 in Verbindung mit §§ 677, 681 Satz 2 BGB zur Rückzahlung verpflichtet.
32
aa) Die Darlegungs- und Beweislast für die auftragsgemäße (abredegemäße ) Verwendung der vom Auftraggeber überlassenen Mittel trifft nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs den Geschäftsführer, hier also die Beklagte (vgl. etwa Senatsurteile vom 17. April 2008 - III ZR 27/06, NJW-RR 2008, 1373, 1374 Rn. 9 und 15; vom 19. Februar 2004 - III ZR 147/03, NJW-RR 2004, 927 und vom 30. Oktober 2003 - III ZR 344/02, NJW-RR 2004, 121). Ob die Beklagte dieser Darlegungs- und Beweislast nachgekommen ist, lässt sich den Feststellungen der Vorinstanzen nicht entnehmen.
33
bb) Ein solcher Anspruch wäre, wie das Berufungsgericht in anderem Zusammenhang (nämlich bezüglich des von ihm bejahten Anspruchs aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB) ohne Rechtsfehler dargelegt hat, nicht verjährt. Der Einwand der Revision, der Klägerin beziehungsweise ihrem Prozessbevollmächtigten habe auffallen müssen, dass im Parallelverfahren (III ZR 291/11) eine Zustellanschrift in Italien bekannt und erfolgreich genutzt worden sei, was im vorliegenden Verfahren zu rechtzeitigen Nachforschungen habe Anlass geben müssen, greift nicht durch. Die Revision verkennt, dass die italienische Anschrift der Beklagten in dem betreffenden Parallelverfahren, an dem die Klägerin selbst nicht beteiligt gewesen ist, nicht früher bekannt wurde als im vorlie- genden Verfahren und dass die Zustellung an diese italienische Anschrift im vorliegenden Verfahren überdies (Postvermerk "unbekannt") gescheitert ist.
Schlick Herrmann Hucke
Tombrink Remmert
Vorinstanzen:
AG Rosenheim, Entscheidung vom 02.03.2011 - 8 C 1607/09 -
LG Traunstein, Entscheidung vom 07.12.2011 - 5 S 1389/11 -

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 2/11 Verkündet am:
22. Mai 2012
Stoll
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Ein Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist zur außerordentlichen Kündigung der
Gesellschaft berechtigt, wenn ihm eine Fortsetzung der Gesellschaft bis zum Vertragsende oder
zum nächsten ordentlichen Kündigungstermin nicht zugemutet werden kann, weil das Vertrauensverhältnis
zwischen den Gesellschaftern grundlegend gestört oder ein gedeihliches Zusammenwirken
aus sonstigen, namentlich auch wirtschaftlichen Gründen, nicht mehr möglich ist.

b) Ob ein wichtiger Grund für die Kündigung vorgelegen hat, ist auch in der Revisionsinstanz in vollem
Umfang darauf nachprüfbar, ob die Anwendung des Begriffs des wichtigen Grundes von einem
zutreffenden Verständnis der darin zusammengefassten normativen Wertungen ausgeht, d.h., ob
alle zur Beurteilung wichtigen Gesichtspunkte herangezogen worden sind und ob das Gewicht der
Gründe für den Maßstab der Unzumutbarkeit des weiteren Festhaltens am Vertrag ausreicht.

c) Sieht der Gesellschaftsvertrag einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts vor, dass die Insolvenz eines
Gesellschafters zu dessen Ausscheiden und zur Fortsetzung der Gesellschaft unter den verbleibenden
Gesellschaftern führt, stellt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen
eines Gesellschafters (hier: der geschäftsführenden Gründungsgesellschafterin) für einen anderen
Gesellschafter nur bei Darlegung besonderer Umstände einen wichtigen Grund für die (außerordentliche
) Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses dar.
BGH, Urteil vom 22. Mai 2012 - II ZR 2/11 - LG Stuttgart
AG Ludwigsburg
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Mai 2012 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann, die Richterin Caliebe und die Richter
Dr. Drescher, Born und Sunder

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 15. Dezember 2010 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Beklagte trat der Klägerin, einem geschlossenen Fonds in der Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, mit Beitrittserklärung vom 30. Dezember 2005, die am 17. Januar 2006 angenommen wurde, bei. Sie wählte unter den verschiedenen im Beitrittsformular angebotenen Beteiligungsmöglichkeiten das Programm Multi B und verpflichtete sich, eine Einmaleinlage in Höhe von 4.600 € zuzüglich 5 % Agio sowie monatlich über 30 Jahre Raten in Höhe von 63 € zuzüglich 5 % Agio (Vertragssumme: 28.644 €) zu leisten. Die Einmalzahlung sowie die erste Rate waren am 1. Februar 2006 fällig.
2
Das Beitrittsformular enthält folgende, von der Beklagten unterschriebene Widerrufsbelehrung: Widerrufsbelehrung Ich bin an meine auf den Abschluss der oben genannten Beitrittserklärung gerichtete Willenserklärung nicht mehr gebunden, wenn ich sie binnen zwei Wochen widerrufe. Die M. GbR verzichtet auf ein etwaiges vorzeitiges Erlöschen des Widerrufsrechts nach den gesetzlichen Bestimmungen (§§ 312 d Abs. 3, 355 Abs. 3 BGB). Mit dem Widerruf meiner Willenserklärung kommt auch meine Beteiligung an der M. GbR nicht wirksam zustande. Form des Widerrufs Der Widerruf muss in Textform (z.B. Brief, Fax) erfolgen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Fristablauf Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag, nachdem ich diese Widerrufsbelehrung unterschrieben habe und mir  ein Exemplar dieser Widerrufsbelehrung und  mein schriftlicher Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkun- de bzw. meines Vertragsantrages zur Verfügung gestellt wurden. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Adressat des Widerrufs Der Widerruf ist zu senden an die M. GbR c/o Privatbank R. GmbH & Co. KG, G. str. , M. , Telefon: (0 ) 6 , Fax: (0 ) 6 Widerruf bei bereits erhaltener Leistung Habe ich vor Ablauf der Widerrufsfrist bereits Leistungen von der M. GbR und/oder der Privatbank R. GmbH & Co. KG erhalten, so kann ich mein Widerrufsrecht dennoch ausüben. Widerrufe ich in diesem Fall, so muss ich empfangene Leistungen jedoch binnen 30 Tagen an dieM. GbR bzw. Privatbank R. GmbH & Co. KG zurückgewähren und der M. GbR bzw. Privatbank R. GmbH & Co. KG die von mir aus den Leistungen gezogenen Nutzungen herausgeben. Die Frist beginnt mit Absendung des Widerrufs. Kann ich die von der M. GbR bzw. Privatbank R. GmbH & Co. KG mir gegenüber erbrachten Leistungen ganz oder teilweise nicht zurückgewähren - beispielsweise weil dies nach dem Inhalt der erbrachten Leistungen ausgeschlossen ist -, so bin ich verpflichtet, insoweit Wertersatz zu leisten. Dies gilt auch für den Fall, dass ich die von der M. GbR bzw. Privatbank R. GmbH & Co. KG erbrachten Leistun- gen bestimmungsgemäß genutzt habe. Die Verpflichtung zum Wertersatz kann ich vermeiden, wenn ich die Leistungen vor Ablauf der Widerrufsfrist nicht in Anspruch nehme.
3
Die Beklagte zahlte den Einmalbetrag am 3. Februar 2006 und leistete bis einschließlich Juni 2006 Ratenzahlungen. Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 30. September 2009 hat sie die Beitrittserklärung angefochten und widerrufen sowie die Kündigung des Beteiligungsvertrags erklärt.
4
Über das Vermögen der Gründungsgesellschafterin und ersten Geschäftsführerin der Beklagten, der Privatbank R. & Co GmbH und Co. KG (im Folgenden: R.-Bank), ist am 1. November 2006 und über das Vermögen der zweiten Gründungsgesellschafterin und nachfolgenden Geschäftsführerin, der S. GmbH Wertpapierhandelsbank (im Folgenden : S.-Bank), ist am 11. Januar 2010 das Insolvenzverfahren eröffnet worden.
5
Die Klägerin hat mit ihrer mit Schriftsatz vom 22. Oktober 2009, beim Amtsgericht eingegangen am 26. Oktober 2009, im Urkundenprozess eingereichten Klage Zahlung rückständiger Monatsraten von Juli 2006 bis Oktober 2009 in Höhe von insgesamt 2.712,15 € zuzüglich Zinsen sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 316,18 € verlangt.
6
Das Amtsgericht hat der Klage hinsichtlich der Hauptforderung stattgegeben und sie hinsichtlich der vorgerichtlichen Kosten abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerin.

Entscheidungsgründe:

7
Die Revision der Klägerin hat Erfolg und führt unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht.
8
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
9
Der Beteiligungsvertrag der Parteien sei wirksam zustande gekommen, der Vertragstext weise eine ausreichende Schriftgröße aus. Die Beitrittserklärung einschließlich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen sei ohne Zuhilfenahme fremder Hilfsmittel lesbar. Der Vertrag sei nicht durch den von der Beklagten erklärten Widerruf beendet worden. Ein gesetzliches Widerrufsrecht stehe der Beklagten nicht zu. Ihre Behauptung, der Beitritt sei in einer sogenannten Haustürsituation erfolgt, sei von der Klägerin bestritten worden. Mit den im Urkundenverfahren zulässigen Beweismitteln habe die Beklagte den ihr obliegenden Nachweis der Haustürsituation nicht führen können. Der Beklagten habe zwar aufgrund der Belehrung in dem Beitrittsformular ein vertragliches Widerrufsrecht zugestanden. Dieses habe sie jedoch nicht fristgerecht ausgeübt. Aus dem Inhalt der Widerrufsbelehrung ergäben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der beitretenden Beklagten ein Widerrufsrecht nach § 355 Abs. 1 BGB habe zugebilligt werden sollen. Die Beklagte habe den Beteiligungsvertrag jedoch wirksam gekündigt. Ihr habe aufgrund der Insolvenzen der geschäftsführenden Gründungsgesellschafterinnen ein außerordentliches Kündigungsrecht nach § 723 Abs. 1 Satz 3 BGB zugestanden. Infolge der Kündigung könne die Klägerin die rückständigen Ratenzahlungen nicht mehr isoliert geltend machen. Im Hinblick auf die anzuwendenden Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft sei diese Forderung nur noch ein unselbständiger Rechnungsposten in der auf den Zeitpunkt des Austritts zu erstellenden Auseinandersetzungsrechnung.
10
II. Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
11
1. Rechtsfehlerfrei ist die Ansicht des Berufungsgerichts, das Beitrittsformular weise eine ausreichende Schriftgröße aus. Das Formular ist ohne Hilfsmittel ausreichend lesbar.
12
2. Ebenfalls frei von Rechtsfehlern ist die Ansicht des Berufungsgerichts, die Beklagte habe ihre Beitrittserklärung nicht wirksam widerrufen.
13
a) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht das Bestehen eines gesetzlichen Widerrufsrechts verneint.
14
Zwar hatte die Beklagte unter Hinweis darauf, dass sie die Beitrittserklärung an ihrem Wohnort unterschrieben habe, behauptet, die Abgabe ihrer Beitrittserklärung sei in einer sogenannten Haustürsituation (§ 312 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB in der hier anzuwendenden Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 20. November 2001, BGBl. I S. 3138) erfolgt. Diese Vorschrift findet auf Verträge über den Beitritt zu einer Gesellschaft, die wie die Klägerin der Kapitalanlage dienen soll, nach der vom Gerichtshof der Europäischen Union bestätigten (Urteil vom 15. April 2010 - C 215/08, ZIP 2010, 772) ständigen Rechtsprechung des Senats Anwendung (siehe hierzu nur BGH, Urteil vom 12. Juli 2010 - II ZR 292/06, BGHZ 186, 167 Rn. 12 - FRIZ II).
15
Nachdem die Klägerin das Vorliegen einer Haustürsituation bestritten hatte, oblag es der Beklagten, die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 312 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB sowie deren Kausalität für den Vertragsschluss darzulegen und zu beweisen (vgl. BGH, Urteil vom 16. Januar 1996 - XI ZR 116/95, BGHZ 131, 385, 392 zu § 1 Abs. 1 HWiG; Beschluss vom 22. September 2008 - II ZR 257/07, ZIP 2008, 2359 Rn. 5 m.w.N.). Diesen Beweis hat die Beklagte mit den im Urkundenprozess zulässigen Beweismitteln nicht führen können (§ 598 ZPO).
16
b) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung hat das Berufungsgericht weiter rechtsfehlerfrei angenommen, die Beklagte habe ein - vom Berufungsgericht angenommenes - vertragliches Widerrufsrecht jedenfalls nicht fristgerecht ausgeübt.
17
aa) Nach herrschender Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum kann ein Widerrufsrecht nicht nur von Gesetzes wegen bestehen, sondern grundsätzlich auch im Vereinbarungswege festgelegt werden. Danach können Vertragspartner - als Ausprägung der Vertragsfreiheit - ein Widerrufsrecht vertraglich vereinbaren und für die nähere Ausgestaltung sowie die Rechtsfolgen auf die §§ 355, 357 BGB verweisen (vgl. Staudinger/Kaiser, BGB [2004], § 355 Rn. 11; Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Aufl., Vorb v § 355 Rn. 5; Bamberger /Roth/Grothe, BGB, 2. Aufl., § 355 Rn. 4; NK-BGB/Ring, 2. Aufl., § 355 Rn. 26; zur vertraglichen Vereinbarung einer Verlängerung der Widerrufsfrist vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 2009 - XI ZR 118/08, WM 2009, 350 Rn. 16 f.).
18
bb) Ob einer Widerrufsbelehrung, die keine Beschränkung darauf enthält, dass sie nur in gesetzlich vorgesehenen Fällen gelten soll, die Vereinbarung eines vertraglichen Widerrufsrecht entnommen werden kann, wovon das Berufungsgericht - von der Revision unbeanstandet - ausgegangen ist, kann hier dahingestellt bleiben (vgl. zu dieser Problematik BGH, Urteil vom 15. Oktober 1980 - VIII ZR 192/79, WM 1980, 1386, 1387, insoweit in BGHZ 78, 248 nicht abgedruckt; Urteil vom 30. Juni 1982 - VIII ZR 115/81, WM 1982, 1027; Urteile vom 6. Dezember 2011 - XI ZR 401/10, ZIP 2012, 262 Rn. 17 und - XI ZR 442/10, juris Rn. 24; OLG Hamburg, Urteil vom 19. Juni 2009 - 11 U 210/06, juris Rn. 121; OLG Köln, Urteil vom 22. Juli 2009 - 27 U 5/09, juris Rn. 22 f.; MünchKommBGB/Masuch, 6. Aufl., § 360 Rn. 15; Ebnet, NJW 2011, 1029, 1030 f.; Godefroid, Verbraucherkreditverträge, 3. Aufl., Rn. 486 f.; Münscher, WuB I G 1.5.03; Corzelius, EWiR 2009, 243, 244; Tetzlaff, GWR 2012, 88). Denn die Beklagte hätte ein ihr vertraglich eingeräumtes Widerrufsrecht jedenfalls nicht fristgemäß ausgeübt, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen hat.
19
cc) Die Beklagte war - ein vertraglich eingeräumtes Widerrufsrecht unterstellt - nach der Widerrufsbelehrung berechtigt, ihre Beitrittserklärung binnen zwei Wochen zu widerrufen. Der Lauf der Frist hätte danach einen Tag, nachdem sie die Widerrufsbelehrung unterschrieben hatte und ihr ein Exemplar der Belehrung sowie ihr schriftlicher Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde bzw. ihres Vertragsantrags zur Verfügung gestellt worden waren, begonnen. Diese Zweiwochenfrist, die demnach am 31. Dezember 2005 zu laufen begonnen hätte, wäre am 30. September 2009, als ihr Prozessbevollmächtigter den Widerruf erklärte, längst abgelaufen gewesen.
20
dd) Für den Beginn der Widerrufsfrist kommt es nicht darauf an, ob die Widerrufsbelehrung den Anforderungen an eine Belehrung über ein gesetzliches Widerrufsrecht entspricht. Wie das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler angenommen hat, lässt sich - wenn man der Widerrufsbelehrung überhaupt die Einräumung eines vertraglichen Widerrufsrechts entnehmen wollte - den Formulierungen des Beitrittsformulars im Wege der Auslegung jedenfalls nicht entnehmen , die Klägerin habe der Beklagten nicht nur ein vertragliches Widerrufsrecht mit der in der Widerrufsbelehrung beschriebenen Ausgestaltung einräumen wollen, sondern sich darüber hinaus auch verpflichtet, ihr gegenüber alle im Falle eines gesetzlichen Widerrufsrechts einzuhaltenden gesetzlichen Beleh- rungspflichten erfüllen zu wollen und ihr bei deren Nichteinhaltung ein unbefristetes Widerrufsrecht einzuräumen.
21
(1) Bei der Auslegung der Vertragserklärung ist der Hintergrund der gesetzlichen Widerrufsvorschriften in den Blick zu nehmen:
22
Die Fälle des gesetzlichen Widerrufsrechts, die eine Durchbrechung des Grundsatzes "pacta sunt servanda" darstellen, sind enumerativ und abschließend geregelt (§ 355 Abs. 1 Satz 1 BGB) und knüpfen an bestimmte gesetzliche Merkmale an (siehe insoweit auch BGH, Urteile vom 6. Dezember 2011 - XI ZR 401/10, ZIP 2012, 262 Rn. 17 und - XI ZR 442/10, juris Rn. 24). Wird einem Vertragspartner vertraglich ein Widerrufsrecht eingeräumt, das ihm nach dem Gesetz nicht zusteht, z.B. weil der Vertragsschluss außerhalb einer „Haus- türsituation“ erfolgt und es daher an der vom Gesetz typisierten Situation eines strukturellen Ungleichgewichts fehlt, kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass sich die Vertragspartner gleichwohl in einer solchen Situation begegnen. Sie sind vielmehr grundsätzlich als vom Gesetz gleichgewichtig eingeschätzte Vertragspartner anzusehen. Dann bestimmt sich der Inhalt des Widerrufsrechts aber auch ausschließlich durch Auslegung ihrer vertraglichen Vereinbarung.
23
(2) Vor diesem Hintergrund bedarf es dann, wenn ein Unternehmer einem Verbraucher, ohne dazu gesetzlich verpflichtet zu sein, ein Widerrufsrecht eingeräumt hat, konkreter Anhaltspunkte in der getroffenen Vereinbarung dafür, dass zwar das Widerrufsrecht als solches von den gesetzlichen Voraussetzungen (z.B. einer Haustürsituation) unabhängig sein soll, gleichwohl die für die Ausübung des Widerrufsrechts vereinbarte Frist nur dann in Gang gesetzt werden soll, wenn der Unternehmer dem Anleger zusätzlich eine Belehrung erteilt hat, die den Anforderungen für ein gesetzliches Widerrufsrecht (hier: §§ 312, 355 BGB in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 20. November 2001, BGBl. I S. 3138) entspricht.
24
Derartige Anhaltspunkte bestehen vorliegend nicht. Ein vernünftiger Empfänger der Erklärung der Klägerin konnte den Formulierungen der Widerrufsbelehrung nicht entnehmen, dass die Klägerin sich für den Fall, dass ein gesetzliches Widerrufsrecht nicht besteht, verpflichten wollte, dem Anleger vertraglich ein unbefristetes Widerrufsrecht einräumen zu wollen, wenn die von ihr in der Widerrufsbelehrung genannten Voraussetzungen des Widerrufsrechts nicht den vom Gesetz für ein gesetzliches Widerrufsrecht aufgestellten Anforderungen genügten.
25
Für die gegenteilige Auslegung reicht es nicht aus, dass sich die Klägerin bei den Formulierungen an den Vorgaben des gesetzlichen Widerrufsrechts orientiert hat. Dies ist ersichtlich lediglich dem Umstand geschuldet, dass die Widerrufsbelehrung für den Fall des Eingreifens einer gesetzlichen Verpflichtung zur Belehrung in das Formular aufgenommen wurde, und besagt deshalb nichts für einen Willen der Klägerin, nicht bestehende Belehrungspflichten übernehmen und erfüllen zu wollen. Ebenso wenig folgt aus der Tatsache, dass die Klägerin selbstverständlich beabsichtigte, im Falle des Eingreifens eines gesetzlichen Widerrufsrechts mit der Belehrung die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen, aus der Sicht eines verständigen Empfängers ein Anhaltspunkt dafür , dass er sein (möglicherweise vertragliches) Widerrufsrecht unter anderen als unter den formulierten Voraussetzungen werde ausüben können.
26
Auch aus dem Umstand, dass die Klägerin unter Hinweis auf § 312d Abs. 3 BGB, § 355 Abs. 3 BGB auf ein "etwaiges vorzeitiges Erlöschen" des Widerrufsrechts nach diesen Vorschriften verzichtet hat, folgt aus der maßgeblichen Sicht des Anlegers nicht, dass die Klägerin die gesetzlichen Belehrungs- pflichten auch in dem Fall erfüllen wollte, dass der Vertragsschluss nicht in einer Haustürsituation erfolgte. Es kann dahinstehen, ob der in der Widerrufsbelehrung erklärte Verzicht auf ein vorzeitiges Erlöschen des Widerrufsrechts nach den gesetzlichen Bestimmungen überhaupt dahin ausgelegt werden kann, er solle gegebenenfalls auch dann gelten, wenn die gesetzlichen Bestimmungen mangels Vorliegens eines gesetzlichen Widerrufsrechts schon nicht anwendbar sind und allenfalls ein vertraglich eingeräumtes Widerrufsrecht in Rede steht. Jedenfalls kommt in diesem Verzicht nicht zum Ausdruck, dem Anleger sämtliche Rechte, die das Gesetz dem Verbraucher in der besonders schutzwürdigen Situation eines Geschäftsabschlusses in einer Haustürsituation gewährt , selbst dann einräumen zu wollen, wenn eine solche Situation nicht gegeben ist. Der Verbraucher kann der Erklärung allenfalls entnehmen, dass der Unternehmer ihm damit ein Widerrufsrecht unter den in der Belehrung formulierten Voraussetzungen einräumt. Die Bezugnahme auf die gesetzlichen Bestimmungen ist für ihn nur insoweit von Bedeutung, als das ihm gegenüber formulierte Widerrufsrecht (dadurch) nicht eingeschränkt wird.
27
3. Zu Recht rügt die Revision jedoch die Ansicht desBerufungsgerichts als fehlerhaft, der Beklagten habe aufgrund der Insolvenz der beiden geschäftsführenden Gesellschafterinnen ein außerordentliches Kündigungsrecht nach § 723 Abs. 1 Satz 3 BGB zugestanden.
28
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats setzt das - unentziehbare - Recht zur außerordentlichen Kündigung voraus, dass dem Kündigenden nach Lage des Falles eine Fortsetzung der Gesellschaft bis zum Vertragsende oder zum nächsten ordentlichen Kündigungstermin nicht zugemutet werden kann, weil das Vertrauensverhältnis zwischen den Gesellschaftern grundlegend gestört oder ein gedeihliches Zusammenwirken aus sonstigen, namentlich auch wirtschaftlichen Gründen, nicht mehr möglich ist (siehe nur BGH, Urteil vom 30. November 1951 - II ZR 109/51, BGHZ 4, 108, 113; Urteil vom 12. Juli 1982 - II ZR 157/81, BGHZ 84, 379, 382 f.; Urteil vom 24. Juli 2000 - II ZR 320/98, ZIP 2000, 1772 m.w.N.). Dabei muss das auf dem wichtigen Grund beruhende Individualinteresse des Kündigenden an der sofortigen Beendigung seiner Mitgliedschaft in der Gesellschaft höher zu bewerten sein als das Interesse seiner Mitgesellschafter an der unveränderten Fortsetzung der Gesellschaft (BGH, Urteil vom 12. Juli 1982 - II ZR 157/81, BGHZ 84, 379, 383; Urteil vom 23. Oktober 2006 - II ZR 162/05, BGHZ 169, 270 Rn. 13, 15). Hieraus folgt, dass die Feststellung des wichtigen Grundes zur Kündigung die eingehende Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalls erfordert.
29
Der wichtige Grund als Voraussetzung der außerordentlichen Kündigung muss weiter bereits im Zeitpunkt der Kündigung vorliegen (siehe nur BGH, Urteil vom 24. Juli 2000 - II ZR 320/98, ZIP 2000, 1772, 1773). Ein Nachschieben von in der Kündigungserklärung nicht angegebenen Gründen ist zulässig, wenn die Gründe im Zeitpunkt der Kündigung objektiv bereits vorlagen, d.h. nicht erst später eingetreten sind, und die Mitgesellschafter mit ihrer nachträglichen Geltendmachung rechnen mussten (vgl. BGH, Urteil vom 5. Mai 1958 - II ZR 245/56, BGHZ 27, 220, 225 f.; MünchKommBGB/Ulmer/Schäfer, 5. Aufl., § 723 Rn. 24 m.w.N.).
30
Auch wenn das außerordentliche Kündigungsrecht unverzichtbar ist, kann seine verzögerte Ausübung für die Wirksamkeit der Kündigung Bedeutung erlangen. Wird das Kündigungsrecht in Kenntnis des Bestehens seines Grundes über einen längeren Zeitraum nicht ausgeübt, so kann eine tatsächliche Vermutung dafür sprechen, dass der Kündigungsgrund nicht so schwer wiegt, dass dem Kündigenden die Fortsetzung der Gesellschaft unzumutbar ist oder dass der Grund dieses Gewicht jedenfalls in der Zwischenzeit verloren hat (sie- he nunmehr § 314 Abs. 3 BGB sowie BGH, Urteil vom 11. Juli 1966 - II ZR 215/64, WM 1966, 857, 858; MünchKommBGB/Ulmer/Schäfer, 5. Aufl., § 723 Rn. 48 m.w.N.).
31
b) Ob ein wichtiger Grund für die Kündigung vorgelegen hat, ist auch in der Revisionsinstanz in vollem Umfang darauf nachprüfbar, ob die Anwendung des Begriffs des wichtigen Grundes von einem zutreffenden Verständnis der darin zusammengefassten normativen Wertungen ausgeht. Somit kann geprüft werden, ob alle zur Beurteilung wichtigen Gesichtspunkte herangezogen worden sind und ob das Gewicht der Gründe für den Maßstab der Unzumutbarkeit des weiteren Festhaltens am Vertrag ausreicht (vgl. BGH, Urteil vom 23. Januar 1967 - II ZR 166/65, BGHZ 46, 392, 396; Urteil vom 8. Juli 1976 - II ZR 34/75, WM 1976, 1030 ff.; Urteil vom 28. Januar 2002 - II ZR 239/00, WM 2002, 597 f.; Urteil vom 21. November 2005 - II ZR 367/03, ZIP 2006, 127 Rn. 13 ff.).
32
Gemessen hieran hat das Berufungsgericht das Vorliegen eines wichtigen Grundes nicht rechtsfehlerfrei festgestellt.
33
aa) Das Berufungsgericht hat in seine Abwägung schon nicht einbezogen , dass im Zeitpunkt der Kündigungserklärung vom 30. September 2009 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der ersten geschäftsführenden Gesellschafterin, der R.-Bank, fast drei Jahre zurücklag, ohne dass sich die Beklagte veranlasst gesehen hätte, ihre Beitrittserklärung deshalb zu kündigen. Ebenso wenig hat es berücksichtigt, dass das Insolvenzverfahren über das Vermögen der nachfolgenden geschäftsführenden Gesellschafterin S.Bank erst am 11. Januar 2010 eröffnet wurde, so dass sich daraus nicht ohne weiteres das Vorliegen eines Kündigungsgrundes bereits im Zeitpunkt der Kündigungserklärung vom 30. September 2009 herleiten lässt. Feststellungen dahingehend , dass die Gründe für die Insolvenz der S.-Bank objektiv schon am 30. September 2009 vorgelegen hätten, hat das Berufungsgericht nicht getroffen.
34
bb) Selbst wenn man sich auf den Standpunkt stellt, die Gründe für die Insolvenz der S.-Bank hätten am 30. September 2009 objektiv schon vorgelegen , und im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung auf den an sich "verfristeten" Kündigungsgrund der Insolvenz der R.-Bank wegen der Gleichartigkeit der Vertragsstörungen im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung zurückgreift (in diesem Sinne OLG Köln, WM 1993, 325, 328; siehe auch Erman/ H.P.Westermann, BGB, 13. Aufl., § 723 Rn. 14), ist die Entscheidung des Berufungsgerichts rechtsfehlerhaft, weil es allein die Interessen der Beklagten in den Blick genommen und diesen gegenüber dem grundsätzlichen Interesse der Mitgesellschafter an einem Fortbestand des Gesellschaftsverhältnisses auch mit der Beklagten ein ihnen nicht zukommendes Gewicht beigemessen hat.
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(1) Das Berufungsgericht hat schon nicht berücksichtigt, dass die Insolvenz eines Gesellschafters in einer Publikumsgesellschaft regelmäßig (so auch hier nach § 24 des Gesellschaftsvertrages) zum Ausscheiden des Gesellschafters und zur Fortsetzung der Gesellschaft unter den verbleibenden Gesellschaftern führt. Ist dieser Gesellschafter zugleich Geschäftsführer, führt dies in der Regel zu seiner Abberufung und zur Einsetzung eines neuen Geschäftsführers. Angesichts dieser während des Bestehens einer Gesellschaft jederzeit möglichen Ereignisse in der Person des geschäftsführenden Gesellschafters, die nach dem Willen der Gesellschafter auf den Fortbestand der Gesellschaft keinen Einfluss haben sollen, bedarf es der Feststellung besonderer Umstände, die es rechtfertigen, dass ein Gesellschafter gleichwohl in diesem Fall die Gesellschaft aus wichtigem Grund kündigen kann.
36
Dafür reicht es entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht aus, dass die Beklagte möglicherweise einer Bank als Geschäftsführerin besonderes Vertrauen entgegengebracht hat. Aus dem Umstand, dass die Bank als Geschäftsführerin ausgeschieden ist, folgt nicht, dass das Erreichen des Gesellschaftszwecks in einem solchen Ausmaß gefährdet war, dass der Beklagten ein Festhalten an der Gesellschaft unzumutbar war. Dazu hat das Berufungsgericht nichts festgestellt. Seine durch keine Tatsachen oder Erfahrungssätze unterlegte , allein auf die Insolvenz der beiden geschäftsführenden Gesellschafterinnen gestützte Vermutung, dass deshalb wirtschaftliche Schwierigkeiten auch für die Klägerin eintreten würden, reicht dafür ersichtlich nicht aus.
37
(2) Dass die Beklagte gerade der R.-Bank und der S.-Bank ein derart besonderes Vertrauen entgegengebracht hat, dass nur deren Stellung als Geschäftsführerinnen sie zum Beitritt veranlasst hat, hat das Berufungsgericht ebenfalls nicht festgestellt. Die Beklage hat auch nicht vorgetragen, dass die ordnungsgemäße Erfüllung der der Geschäftsführung der Klägerin obliegenden Aufgaben nur durch die R.-Bank und die S.-Bank, nicht jedoch durch einen anderen Geschäftsführer gewährleistet war.
38
III. Der Senat kann in der Sache nicht abschließend selbst entscheiden, da das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - zu den weiteren von der Beklagten vorgetragenen Umständen, die sie ihrer Ansicht nach zur außerordentlichen Kündigung berechtigt haben (Sonderkündigungsrecht , Prospektfehler, arglistige Täuschung) keine Feststellungen getroffen hat. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
39
1. In einem zur Altersvorsorge gedachten Fonds sind nach der Rechtsprechung des Senats rechtsgeschäftliche Bindungen über einen langen Zeitraum nicht schlechthin unzulässig. Eine Grenze bilden §§ 138, 242, 723 Abs. 3 BGB, gegebenenfalls auch § 307 BGB. Eine langfristige Bindung ist dann sittenwidrig , wenn durch sie die persönliche und wirtschaftliche Handlungsfreiheit so beschränkt wird, dass die eine Seite der anderen in einem nicht mehr hinnehmbaren Übermaß "auf Gedeih und Verderb" ausgeliefert ist. Maßgebend ist eine Abwägung der jeweiligen vertragstypischen und durch die Besonderheiten des Einzelfalls geprägten Umstände (vgl. BGH, Urteil vom 22. Mai 2012 - II ZR 205/10, Umdruck S. 6 ff., z.V.b).
40
2. Sollte das Berufungsgericht in der wiedereröffneten Berufungsverhandlung erneut zu dem Ergebnis kommen, dass die Beklagte ihre Beteiligung wirksam gekündigt hat, führt dies, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, nach der ständigen Rechtsprechung des Senats zur Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft und zur Ermittlung des Wertes des Geschäftsanteils des fehlerhaft beigetretenen Gesellschafters im Zeitpunkt seines Ausscheidens. Dies würde zur Abweisung der Klage führen.
41
a) Zwar wäre die Beklagte mit Zugang der außerordentlichen Kündigung mit Wirkung "ex nunc" aus der Klägerin ausgeschieden, mit (u.a.) der Folge, dass sie zur Zahlung rückständiger, noch nicht erbrachter (Einlage-)Leistungen an die Gesellschaft verpflichtet bliebe (st.Rspr., siehe nur BGH, Beschluss vom 5. Mai 2008 - II ZR 292/06, ZIP 2008, 1018 Rn. 9 m.w.N. - FRIZ I). Diesen Anspruch kann die Klägerin jedoch nicht mehr isoliert geltend machen. Nach der - vom Berufungsgericht zutreffend gesehenen - ständigen Rechtsprechung des Senats unterliegen sowohl die Ansprüche des Gesellschafters gegen die Gesellschaft als auch die der Gesellschaft gegen die Gesellschafter zum Stichtag des Ausscheidens einer Durchsetzungssperre; die gegenseitigen Ansprüche werden zu unselbständigen Rechnungsposten der Auseinandersetzungsrechnung (siehe nur BGH, Urteil vom 15. Mai 2000 - II ZR 6/99, ZIP 2000, 1208, 1209; Urteil vom 2. Juli 2001 - II ZR 304/00, BGHZ 148, 201, 207 f.; Urteil vom 12. Juli 2010 - II ZR 492/06, BGHZ 186, 167 Rn. 12 - FRIZ II; Urteil vom 17. Mai 2011 - II ZR 285/09, ZIP 2011, 1359 Rn. 14, 17). Der Senatsentscheidung vom 16. Dezember 2002 (II ZR 109/01, BGHZ 153, 214 ff.) ist nichts Abweichendes zu entnehmen.
42
b) Die Revision weist zwar zutreffend darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des Senats eine Klage im ordentlichen Verfahren, die unter Verkennung der Durchsetzungssperre auf Zahlung gerichtet ist, ohne weiteres ein Feststellungsbegehren enthält, das darauf gerichtet ist, dass die entsprechende Forderung in die Auseinandersetzungsrechnung eingestellt wird; eines entsprechenden (ausdrücklichen) Hilfsantrags der klagenden Partei bedarf es nicht (siehe nur BGH, Urteil vom 9. März 1992 - II ZR 195/90, NJW 1992, 2757, 2758; Urteil vom 15. Mai 2000 - II ZR 6/99, ZIP 2000, 1208, 1210; Urteil vom 18. März 2002 - II ZR 103/01, NZG 2002, 519). Im Urkundenprozess vermag diese Auslegung der Klage jedoch nicht zum Erfolg zu verhelfen; sie wäre insoweit als im Urkundenprozess unstatthaft abzuweisen.
43
aa) Nach § 592 ZPO kann im Urkundenprozess (nur) ein Anspruch geltend gemacht werden, "welcher die Zahlung einer bestimmten Geldsumme" zum Gegenstand hat. Zweck des Urkundenprozesses ist es, dem durch Urkunden legitimierten Gläubiger möglichst schnell einen vollstreckbaren (§ 708 Nr. 4 ZPO), wenn auch vielleicht nur vorläufigen Titel zu verschaffen. Nur wo dieser Zweck - einen Geldanspruch schnell durchsetzen zu können - wirklich erreichbar ist, kann der beklagten Partei zugemutet werden, sich mit etwaigen Einwendungen auf das Nachverfahren verweisen zu lassen. Kann dagegen der Beschleunigungszweck nicht oder nur unvollkommen erreicht werden, dann besteht kein hinreichender Grund, die beklagte Partei der Gefahr eines - möglicherweise falschen - Vorbehaltsurteils auszusetzen (BGH, Urteil vom 21. März 1979 - II ZR 91/78, WM 1979, 614).
44
bb) Aus diesem Grund ist die Erhebung einer Feststellungsklage im Urkundenprozess unstatthaft (BGH, Urteil vom 31. Januar 1955 - II ZR 136/54, BGHZ 16, 207, 213; Urteil vom 21. März 1979 - II ZR 91/78, WM 1979, 614; Musielak/Voit, ZPO, 9. Aufl., § 592 Rn. 3; Zöller/Greger, ZPO, 29. Aufl., § 592 Rn. 3). Ein Feststellungsurteil führt nicht zur schnellen (vorläufigen) Befriedigung des Gläubigers; die Vollstreckung eines Feststellungstitels - mit Ausnahme des Kostenausspruchs - scheidet aus (Zöller/Greger, ZPO, 29. Aufl., § 704 Rn. 2; § 708 Rn. 13).
45
cc) Dies gilt im selben Maße in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem zu prüfen ist, ob ein zunächst klageweise geltend gemachter Zahlungsantrag im Urkundenprozess ein Feststellungsbegehren dahingehend enthält, die mit dem Zahlungsantrag geltend gemachte Forderung sei in eine Auseinandersetzungsrechnung der Parteien einzustellen. Dass die mit dem (falschen) Ziel auf Zahlung einer Geldforderung erhobene Klage zunächst als im Urkundenprozess statthaft bewertet wurde, führt entgegen der Ansicht der Revision nicht dazu, dass ein solches Feststellungsbegehren, wenn es durch Auslegung dem Zahlungsantrag auch in diesem Fall zu entnehmen sein sollte, deshalb ebenfalls statthaft wäre (vgl. Musielak/Voit, ZPO, 9. Aufl., § 597 Rn. 2). Die Beschneidung der Rechte der beklagten Partei eines Urkundenprozesses lässt sich, wie ausgeführt , nur rechtfertigen, wenn die mit dem Urkundenprozess bezweckte beschleunigte Befriedigungsmöglichkeit des Gläubigers erreicht werden kann. Dies ist bei der begehrten Feststellung, eine Forderung mit einem bestimmten Betrag in eine Auseinandersetzungsrechnung einzustellen, nicht der Fall. Der Streit geht es diesem Fall nicht mehr darum, ob ein bestimmter Geldbetrag zu zahlen ist.
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Born Sunder
Vorinstanzen:
AG Ludwigsburg, Entscheidung vom 02.02.2010 - 8 C 2797/09 -
LG Stuttgart, Entscheidung vom 15.12.2010 - 5 S 48/10 -