Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 30. Jan. 2018 - 4a) 4 UH 5/17

bei uns veröffentlicht am30.01.2018

Tenor

Das Verfahren wird dem Bundesgerichtshof zur Bestimmung des zuständigen Gerichtes vorgelegt.

Gründe

1

I. Der Kläger hat gegen die beklagte Versicherung am 31.12.2015 zwei Klagen bei dem Amtsgericht Waren (Müritz) eingereicht, die auf Leistungen aus einer Kaskoversicherung gerichtet sind; den Klagen liegen jeweils gesonderte Versicherungsfälle bezüglich verschiedener versicherter Wasserfahrzeuge zugrunde, wobei sich der begehrte Hauptforderungsbetrag in dem einem Fall auf 3.655,12 € und in dem anderen Fall auf 2.554,10 € beläuft. Das Amtsgericht Waren (Müritz) hat die beiden zunächst in verschiedenen Abteilungen anhängigen Verfahren nach ihrer Zusammenführung in einem Dezernat aufgrund einer Abgabe wegen Sachzusammenhangs mit Beschluss vom 16.11.2016 verbunden.

2

In dem Termin seiner mündlichen Verhandlung vom 04.09.2017 hat das Amtsgericht Waren (Müritz) auf eine Streitwerterhöhung in Folge der Verfahrensverbindung hingewiesen. Der Kläger hat daraufhin eine Verweisung an das Landgericht Neubrandenburg beantragt, während die Beklagte von einer Stellungnahme abgesehen hat. Mit Beschluss vom 14.09.2017 hat sich das Amtsgericht Waren (Müritz) für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht Neubrandenburg verwiesen; es hat hierzu ausgeführt, das angegangene Gericht sei infolge der Streitwerterhöhung durch Verfahrensverbindung sachlich unzuständig.

3

Das Landgericht Neubrandenburg hat sich durch Beschluss vom 12.10.2017 ebenfalls für sachlich unzuständig erklärt, die Übernahme des Verfahrens abgelehnt und dieses an das Amtsgericht zurückverwiesen. Das Landgericht Neubrandenburg war der Auffassung, der Verweisungsbeschluss des Amtsgerichtes Waren (Müritz) sei willkürlich, weil nach unumstrittener Rechtsprechung die Verfahrensverbindung gemäß § 147 ZPO wegen des in § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO verankerten Grundsatzes der perpetuatio fori ohne Einfluss auf die sachliche Zuständigkeit bleibe; Anhaltspunkte für einen Ausnahmefall wegen einer willkürlichen Aufspaltung des Streitgegenstandes in mehrere Teilklagen seien seitens des Amtsgerichtes nicht festgestellt und auch sonst nicht erkennbar. Der amtsgerichtliche Verweisungsbeschluss entfalte daher keine Bindungswirkung.

4

Nachdem das Amtsgericht Waren (Müritz) die letztere Frage abweichend beurteilte, hat das Landgericht Neubrandenburg die Sache schließlich dem Oberlandesgericht zur Bestimmung der Zuständigkeit vorgelegt.

5

II. Das Verfahren ist dem Bundesgerichtshof zur Bestimmung des zuständigen Gerichts gemäß § 36 Abs. 3 ZPO vorzulegen. Nach Auffassung des Senats ist das Amtsgericht Waren (Müritz) als zuständiges Gericht zu bestimmen; eine dahingehende Entscheidung beruhte jedoch auf einer Abweichung in einer Rechtsfrage von den Entscheidungen eines anderen Oberlandesgerichtes.

6

1. Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO sind gegeben.

7

a. Sowohl das Amtsgericht Waren (Müritz) als auch das Landgericht Neubrandenburg haben sich im Sinne der genannten Vorschrift für unzuständig erklärt; die in der Regelung erwähnte Rechtskraft ist nur im Falle einer Unzuständigkeitserklärung durch Urteil erforderlich, während es bei anderen Entscheidungen ausreicht, dass diese unanfechtbar und verbindlich sind sowie die tatsächliche beiderseitige Kompetenzleugnung aus ihnen hervorgeht (vgl. Zöller-Schultzky, ZPO, 32. Aufl., 2018, § 36 Rn. 35 m. w. N.). Das Bestimmungsverfahren wird im Anwendungsbereich von § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO im Übrigen auch ohne Antrag einer Partei durch die Vorlage eines der an dem Kompetenzkonflikt beteiligten Gerichte eingeleitet (vgl. BGH, Beschluss vom 07.03.1991, Az.: I ARZ 15/91, - zitiert nach juris -, Rn. 8 m. w. N.).

8

b. Die grundsätzliche Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Rostock im Bestimmungsverfahren ergibt sich aus § 36 Abs. 1 ZPO, soweit es im Verhältnis zu den konkurrierenden Gerichten das gemeinsame nächsthöhere Gericht ist (vgl. Vorwerk/Wolf-Toussaint, BeckOK ZPO, Stand: 01.12.2017, § 36 Rn. 45).

9

2. Das Amtsgericht Waren (Müritz) ist sachlich zuständig.

10

a. Vorauszuschicken ist, dass sich dies noch nicht aus §§ 2 Abs. 1 Satz 1, 5 Abs. 1 Satz 1 BinSchVerfG, 7 KonzVO M-V ergibt, wonach das Amtsgericht Waren (Müritz) für Binnenschiffahrtssachen im Sinne des BinSchVerfG für den Bezirk des Oberlandesgerichts zuständig ist; denn bei einem Deckungsprozess zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer aus einer Kaskoversicherung handelt es sich nicht allein deshalb um eine Streitigkeit nach einer der Fallgruppen der erstgenannten Vorschrift, weil der Rechtsstreit einen Versicherungsfall zum Gegenstand hat, der im Bereich der Binnenschifffahrt eingetreten ist (vgl. auch OLG Karlsruhe, Urteil vom 18.07.2013, Az.: 12 U 203/12, - zitiert nach juris -).

11

b. Zwar mag dann die Verbindung der beiden Rechtsstreitigkeiten aufgrund ursprünglich getrennt eingereichter Klagen gemäß § 5 ZPO zu einer Addition ihrer Streitwerte geführt haben mit dem Ergebnis, dass - erst hierdurch - die nach nach §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG bei 5.001,00 € beginnende Zuständigkeitsschwelle des Landgerichtes betragsmäßig überschritten wäre. Nach ganz herrschender Meinung scheidet aber eine analoge Anwendung von § 506 ZPO hinsichtlich der Möglichkeit einer Verweisung aufgrund nachträglicher sachlicher Unzuständigkeit in Abweichung von § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO in einem solchen Fall aus, wenn nicht der Kläger erkennbar durch eine willkürliche Zerlegung seines Gesamtanspruches in mehrere Verfahren die Zuständigkeit des Amtsgerichtes erschleichen wollte (Zöller-Greger/Herget, a. a. O., §§ 147 Rn. 7, 506 Rn. 2 m. w. N.); von einem Fall der letzteren Art ist hier nicht auszugehen, nachdem die verbundenen Verfahren jeweils voneinander unabhängige Versicherungsfälle im Verhältnis der Parteien zueinander betreffen.

12

c. Einer sachlichen Zuständigkeit des Amtsgerichtes Waren (Müritz) steht dabei eine Bindungswirkung seines Verweisungsbeschlusses vom 14.09.2017 gemäß § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO, die für das Bestimmungsverfahren gemäß § 36 ZPO fortwirkte (vgl. Zöller-Schultzky, a. a. O., § 36 Rn. 38 m. w. N.), nicht entgegen.

13

aa. Die Bindungswirkung von Verweisungsbeschlüssen entfällt nur in eng begrenzten Ausnahmefällen, wenn der Verweisungsbeschluss schlechterdings nicht als im Rahmen des § 281 ZPO ergangen anzusehen ist, etwa weil er auf einer Verletzung rechtlichen Gehörs beruht, nicht durch den gesetzlichen Richter erlassen wurde oder jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt und deshalb als willkürlich betrachtet werden muss. Letzteres ist nicht bereits zwingend anzunehmen, wenn der Beschluss (nur) inhaltlich unrichtig oder fehlerhaft ist; vielmehr muss er aufgrund zusätzlicher Umstände bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheinen und offensichtlich unhaltbar sein (vgl. BGH, Beschluss vom 09.06.2015, Az.: X ARZ 115/15, - zitiert nach juris -, Rn. 9 ff. m. w. N.).

14

bb. Vor diesem Hintergrund ist die seitens des Amtsgerichtes Waren (Müritz) erfolgte Verweisung zumindest in ihrem Ergebnis noch nicht einmal bereits unvertretbar oder gar als falsch zu bezeichnen (vgl. die Argumentation bei AG Neukölln, Beschluss vom 21.02.2005, Az.: 19 C 244/03, und KG, Beschluss vom 15.06.2006, Az.: 2 AR 22/06, wo eine solche Begründung jedenfalls als „ernsthafte Auseinandersetzung mit der herrschenden Auffassung“ bezeichnet wird - jeweils zitiert nach juris -). Auch wenn eine Präjudizienbindung dem deutschen Recht dann grundsätzlich fremd ist, erfordert eine Abweichung eines verweisenden Gerichtes in einer Rechtsfrage von einer als herrschend zu bewertenden Meinung aber doch, dass der Verweisung an das nach ganz überwiegender Ansicht unzuständige Gericht tatsächlich ein Abwägungs- und Entscheidungsprozess vorausgegangen ist und die Entscheidung für die Minderansicht bewusst erfolgte (vgl. OLG Schleswig, Beschluss vom 02.06.2006, Az.: 2 W 80/06, Rn. 10 und Beschluss vom 12.08.2009, Az.: 2 W 98/09, Rn. 30; BayObLG, Beschluss vom 22.07.1986, Az.: AllgReg 88/85, - jeweils zitiert nach juris -). Hierzu lässt sich der Begründung des Verweisungsbeschlusses des Amtsgerichtes Waren (Müritz) ebenso wenig etwas entnehmen wie dem ihm vorausgegangenen Verfahren.

15

cc. Da der Verweisungsentscheidung zudem kein übereinstimmender Antrag der Parteien zu Grunde liegt, ist die unzureichende Begründung der Verweisung auch nicht ausnahmsweise unschädlich (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 27.05.2008, Az.: X ARZ 45/08, - zitiert nach juris -).

16

3. Die Bindungswirkung ist nach all dem entscheidungserheblich; wäre der Verweisungsbeschluss des Amtsgerichtes Waren (Müritz) bindend, müsste das Landgericht Neubrandenburg für zuständig erklärt werden.

17

a. Aus der hier vertretenen Auffassung ergibt sich insoweit eine Divergenz zu zwei Entscheidungen des Oberlandesgerichtes Hamm (Beschlüsse vom 13.09.2013, Az.: 32 SA 65/13, und vom 14.05.2014, Az.: 32 SA 65/13, - jeweils zitiert nach juris -). Nach diesen soll es sich bei einer Nichtbeachtung bzw. fehlenden Auseinandersetzung mit der herrschenden Meinung zu §§ 147, 506 ZPO hinsichtlich der Auswirkungen einer Verfahrensverbindung auf die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichtes im Zusammenhang mit einer darauf gestützten Verweisung an das Landgericht grundsätzlich um einen einfachen Rechtsfehler handeln; Willkür sei demgegenüber erst anzunehmen, wenn für das verweisende Gericht etwa aufgrund eines entsprechenden Parteivorbringens konkrete Veranlassung bestanden hätte, seine abweichende (Minder)Ansicht näher zu begründen.

18

b. Wirksamkeit und Umfang der Bindungswirkung von Verweisungsbeschlüssen betreffen Rechtsfragen auf dem Gebiet des Prozessrechts und werden damit von der Vorlagebefugnis nach § 36 Abs. 3 ZPO erfasst (vgl. Zöller-Schultzky, a. a. O., § 36 Rn. 14).

19

aa. Die hier relevante Problematik beschränkt sich im Grundsatz bereits nicht auf den dargestellten Anwendungsbereich der §§ 147, 506 ZPO als Einzelfall, sondern ergibt sich immer dann und damit in einer Vielzahl von Gestaltungen, wenn Verweisungen ohne (nähere) Begründung entgegen eigentlich schon eindeutiger Zuständigkeitsnormen oder ansonsten in Abweichung von deren überwiegend praktizierter Auslegung erfolgen. Nicht zu verkennen ist dabei, dass in diesem Zusammenhang selbst die höchstrichterliche Rechtsprechung weniger von einer stringenten Herangehensweise, als vielmehr von einem einzelfallorientierten Vorgehen geprägt zu sein scheint (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 09.06.2015, Az.: X ARZ 115/15, - zitiert nach juris -, Rn. 11 m. w. N. zu den verschiedenen Entscheidungsvarianten für die Bindungswirkung von Verweisungsbeschlüssen bei einem Übergehen einer die eigene Zuständigkeit des verweisenden Gerichtes begründenden Norm). Als ausschlaggebender Prüfungsmaßstab für die Beurteilung der Bindungswirkung von Verweisungsbeschlüssen unter den hier erörterten Umständen kommt aber in Betracht, dass es an einer solchen (bereits) fehlen soll, wenn die Entscheidung den Eindruck (zumindest) objektiver Willkür vermittelt (vgl. Zöller-Greger, a. a. O., § 281 Rn. 17 m. w. N.). Beachtet das verweisende Gericht eine seine Zuständigkeit begründende Norm oder jedenfalls deren dahingehende Auslegung nach herrschender Meinung beispielsweise auch nur aus bloßer Unkenntnis oder Unaufmerksamkeit und in der Folge ohne Begründung für seine abweichende Entscheidung nicht, mögen damit der Schutzbereich des Grundrechtes auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG und das Rechtsstaatsgebot aus Art. 20 Abs. 3 GG nicht unmittelbar betroffen sein. Den Verweisungsbeschluss dennoch als bindend anzusehen würde dem Anliegen von Rechtssicherheit für die Rechtssuchenden und deren Erwartungen an die Verlässlichkeit der Gerichte aber kaum gerecht; lässt sich die Entscheidung mangels einer Begründung für die ungewöhnliche Rechtsanwendung für den Bürger nicht nachvollziehen und muss sie ihm daher rein objektiv als willkürlich erscheinen, kann es ebenso wenig Aufgabe des Empfangsgerichtes aufgrund der Verweisung oder des übergeordneten Gerichtes bei der Zuständigkeitsbestimmung sein, im Hinblick auf die Annahme einer Bindungswirkung des Beschlusses nunmehr ihrerseits zu Gunsten des verweisenden Gerichtes über die Gründe zu spekulieren, welche dieses zu der Verweisung veranlasst haben (vgl. KG, Beschluss vom 27.11.1997, Az.: 28 AR 55/97, - zitiert nach juris -).

20

bb. In der Kasuistik des Bundesgerichtshofs selbst sind so auch durchaus schon Entscheidungen zu finden, in denen ein Verweisungsbeschluss mangels einer Auseinandersetzung des verweisenden Gerichtes mit einer (abweichenden) herrschenden Meinung als nicht bindend angesehen wurde, obwohl entsprechende Hinweise von einer Partei oder einem Beteiligten nicht erfolgt waren (vgl. insbesondere BGH, Beschluss vom 13.12.2005, Az.: X ARZ 223/05, - zitiert nach juris -, zu der fehlenden, aber bereits „von Amts wegen“ gebotenen Berücksichtigung obergerichtlicher Rechtsprechung für Fälle mit dem Anschein einer „gewerbsmäßigen Firmenbestattung“ bei der Zuständigkeitsprüfung nach § 3 Abs. 1 InsO). Davon abgesehen musste sich im Sinne eines zusätzlichen Umstandes neben dem Vorliegen eines bloßen Rechtsirrtums - und in der Konsequenz entgegen der Beurteilung des Oberlandesgerichtes Hamm - eine Befassung mit §§ 147, 506 ZPO für das Amtsgericht Waren (Müritz) schon deshalb aufdrängen oder jedenfalls naheliegen, weil nach dem Wortlaut der letzteren Regelung allenfalls eine analoge Anwendung in Betracht kam (vgl. ähnlich KG, a. a. O., zum Zeitpunkt für die Bestimmung der sachlichen Zuständigkeit bei vorangegangenem Mahnverfahren nach §§ 696 Abs. 1 Satz 4 und Abs. 3 ZPO: „Hier kommt als weiterer Grund hinzu, dass das Landgericht, wenn es denn seine Entscheidung im Hinblick auf § 696 Abs. 3 ZPO getroffen hat, einen seit Jahren vor allem in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte ständig vertretenen Standpunkt zu einer die Praxis häufig beschäftigenden Rechtsfrage nicht beachtet hat. Ein solches Übergehen der absolut herrschenden Meinung muss schon als Willkür gewertet werden. Bei Zuhilfenahme der gängigen Kommentarliteratur hätte das Landgericht seine eigene Zuständigkeit erkannt.“).

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(1) Durch die Erhebung der Klage wird die Rechtshängigkeit der Streitsache begründet.

(2) Die Rechtshängigkeit eines erst im Laufe des Prozesses erhobenen Anspruchs tritt mit dem Zeitpunkt ein, in dem der Anspruch in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht oder ein den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 entsprechender Schriftsatz zugestellt wird.

(3) Die Rechtshängigkeit hat folgende Wirkungen:

1.
während der Dauer der Rechtshängigkeit kann die Streitsache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden;
2.
die Zuständigkeit des Prozessgerichts wird durch eine Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt.

(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:

1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist;
2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei;
3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist;
4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist;
5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben;
6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.

(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.

(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.

Mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche werden zusammengerechnet; dies gilt nicht für den Gegenstand der Klage und der Widerklage.

Die Zuständigkeit der Amtsgerichte umfaßt in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, soweit sie nicht ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes den Landgerichten zugewiesen sind:

1.
Streitigkeiten über Ansprüche, deren Gegenstand an Geld oder Geldeswert die Summe von fünftausend Euro nicht übersteigt;
2.
ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes:
a)
Streitigkeiten über Ansprüche aus einem Mietverhältnis über Wohnraum oder über den Bestand eines solchen Mietverhältnisses; diese Zuständigkeit ist ausschließlich;
b)
Streitigkeiten zwischen Reisenden und Wirten, Fuhrleuten, Schiffern oder Auswanderungsexpedienten in den Einschiffungshäfen, die über Wirtszechen, Fuhrlohn, Überfahrtsgelder, Beförderung der Reisenden und ihrer Habe und über Verlust und Beschädigung der letzteren, sowie Streitigkeiten zwischen Reisenden und Handwerkern, die aus Anlaß der Reise entstanden sind;
c)
Streitigkeiten nach § 43 Absatz 2 des Wohnungseigentumsgesetzes; diese Zuständigkeit ist ausschließlich;
d)
Streitigkeiten wegen Wildschadens;
e)
(weggefallen)
f)
(weggefallen)
g)
Ansprüche aus einem mit der Überlassung eines Grundstücks in Verbindung stehenden Leibgedings-, Leibzuchts-, Altenteils- oder Auszugsvertrag.

(1) Wird durch Widerklage oder durch Erweiterung des Klageantrages (§ 264 Nr. 2, 3) ein Anspruch erhoben, der zur Zuständigkeit der Landgerichte gehört, oder wird nach § 256 Abs. 2 die Feststellung eines Rechtsverhältnisses beantragt, für das die Landgerichte zuständig sind, so hat das Amtsgericht, sofern eine Partei vor weiterer Verhandlung zur Hauptsache darauf anträgt, durch Beschluss sich für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das Landgericht zu verweisen.

(2) Die Vorschriften des § 281 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 gelten entsprechend.

(1) Durch die Erhebung der Klage wird die Rechtshängigkeit der Streitsache begründet.

(2) Die Rechtshängigkeit eines erst im Laufe des Prozesses erhobenen Anspruchs tritt mit dem Zeitpunkt ein, in dem der Anspruch in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht oder ein den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 entsprechender Schriftsatz zugestellt wird.

(3) Die Rechtshängigkeit hat folgende Wirkungen:

1.
während der Dauer der Rechtshängigkeit kann die Streitsache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden;
2.
die Zuständigkeit des Prozessgerichts wird durch eine Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt.

(1) Ist auf Grund der Vorschriften über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit der Gerichte die Unzuständigkeit des Gerichts auszusprechen, so hat das angegangene Gericht, sofern das zuständige Gericht bestimmt werden kann, auf Antrag des Klägers durch Beschluss sich für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das zuständige Gericht zu verweisen. Sind mehrere Gerichte zuständig, so erfolgt die Verweisung an das vom Kläger gewählte Gericht.

(2) Anträge und Erklärungen zur Zuständigkeit des Gerichts können vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgegeben werden. Der Beschluss ist unanfechtbar. Der Rechtsstreit wird bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht mit Eingang der Akten anhängig. Der Beschluss ist für dieses Gericht bindend.

(3) Die im Verfahren vor dem angegangenen Gericht erwachsenen Kosten werden als Teil der Kosten behandelt, die bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht erwachsen. Dem Kläger sind die entstandenen Mehrkosten auch dann aufzuerlegen, wenn er in der Hauptsache obsiegt.

(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:

1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist;
2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei;
3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist;
4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist;
5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben;
6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.

(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.

(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.

(1) Ist auf Grund der Vorschriften über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit der Gerichte die Unzuständigkeit des Gerichts auszusprechen, so hat das angegangene Gericht, sofern das zuständige Gericht bestimmt werden kann, auf Antrag des Klägers durch Beschluss sich für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das zuständige Gericht zu verweisen. Sind mehrere Gerichte zuständig, so erfolgt die Verweisung an das vom Kläger gewählte Gericht.

(2) Anträge und Erklärungen zur Zuständigkeit des Gerichts können vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgegeben werden. Der Beschluss ist unanfechtbar. Der Rechtsstreit wird bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht mit Eingang der Akten anhängig. Der Beschluss ist für dieses Gericht bindend.

(3) Die im Verfahren vor dem angegangenen Gericht erwachsenen Kosten werden als Teil der Kosten behandelt, die bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht erwachsen. Dem Kläger sind die entstandenen Mehrkosten auch dann aufzuerlegen, wenn er in der Hauptsache obsiegt.

9
1. Im Falle eines negativen Kompetenzkonflikts innerhalb der ordentlichen Gerichtsbarkeit ist grundsätzlich das Gericht als zuständig zu bestimmen, an das die Sache in dem zuerst ergangenen Verweisungsbeschluss verwiesen worden ist. Dies folgt aus der Regelung in § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO, wonach ein auf der Grundlage von § 281 ZPO ergangener Verweisungsbeschluss für das Gericht, an das die Sache verwiesen wird, bindend ist. Die Bindungswirkung entfällt nur dann, wenn der Verweisungsbeschluss schlechterdings nicht als im Rahmen des § 281 ZPO ergangen anzusehen ist, etwa weil er auf einer Verletzung rechtlichen Gehörs beruht, nicht durch den gesetzlichen Richter erlassen wurde oder jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt und deshalb als willkürlich betrachtet werden muss. Hierfür genügt nicht, dass der Beschluss inhaltlich unrichtig oder fehlerhaft ist. Willkür liegt nur vor, wenn der Verweisungsbeschluss bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheint und offensichtlich unhaltbar ist (BGH, Beschluss vom 19. Februar 2013 - X ARZ 507/12, NJW-RR 2013, 764 Rn. 7; Beschluss vom 17. Mai 2011 - X ARZ 109/11, NJW-RR 2011, 1364 Rn. 9).

Tenor

Das Amtsgericht Eckernförde wird zum zuständigen Gericht bestimmt.

Gründe

1

I. Die Klägerin mit Sitz im Bezirk des Amtsgerichts Kassel macht gegen die im Bezirk Eckernförde wohnende Beklagte den Kaufpreis für Warenlieferungen geltend. Sie hat einen Mahnbescheid gegen die Beklagte erwirkt, in welchem als Streitgericht das Amtsgericht Eckernförde angegeben war. Nach Widerspruch der Beklagten ist die Akte beim Amtsgericht Eckernförde eingegangen. Die Klägerin hat den Antrag gestellt, das Verfahren an das Amtsgerichts Kassel zu verweisen, dessen Zuständigkeit in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbart sei. In der von ihr beigefügten Kopie eines Bestellzettels heißt es: „Der Gerichtsstand ist für beide Teile Kassel“.Durch Beschluss vom 16.02.2006 hat sich das Amtsgericht Eckernförde nach Gewährung rechtlichen Gehörs für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Amtsgericht Kassel verwiesen. Zur Begründung hat es angeführt: „Es liegt eine Gerichtsstandsvereinbarung zwischen 2 Kaufleuten i.S.d. § 38 ZPO vor“. Das Amtsgericht Kassel hat die Übernahme mit Beschluss vom 28.04.2006 abgelehnt und die Akte zurückgesandt. Das Amtsgericht Eckernförde hat daraufhin unter dem 15.05.2006 die Sache dem Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht vorgelegt).

2

II. Die Vorlage ist im Rahmen eines negativen Kompetenzkonfliktes nach § 36 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 ZPO zulässig. Zum zuständigen Gericht war das Amtsgericht Eckernförde zu bestimmen.

3

Das Amtsgericht Eckernförde hat den Rechtsstreit zu Unrecht an das Amtsgericht Kassel verwiesen. Eine Verweisung kommt gemäß § 281 Abs. 1 Satz 1 ZPO nur dann in Betracht, wenn das verweisende Gericht unzuständig ist. Das Amtsgericht Eckernförde ist jedoch gemäß §§ 12, 13 ZPO für die vorliegende Klage örtlich zuständig, weil die Beklagte ihren Wohnsitz im dortigen Bezirk hat.

4

Ob daneben noch ein weiterer allgemeiner oder besonderer Gerichtsstand bei einem anderen Gericht gegeben war, ist wegen § 35 ZPO unerheblich. Denn die Klägerin hat das ihr nach der letztgenannten Vorschrift zustehende Wahlrecht zwischen dem nach §§ 12, 13 ZPO zuständigen Amtsgericht Eckernförde und einem ggfs. ebenfalls zuständigen anderen Gericht bereits dadurch unwiderruflich ausgeübt, dass sie im Mahnbescheidsantrag gemäß § 690 Abs. 1 Nr. 5 ZPO das Amtsgericht Eckernförde als das für das Streitverfahren zuständige Gericht bezeichnet hat und der entsprechend ausgefertigte Mahnbescheid zugestellt worden ist (BGH NJW 2002, 3634, NJW 1993, 1273; Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 35 Rn. 2 u. § 690 Rn. 16).

5

Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn die Parteien Kassel als ausschließlichen Gerichtsstand vereinbart hätten, so dass es der Klägerin nicht mehr frei stand, das für den Wohnsitz der Beklagten zuständige Amtsgericht Eckernförde zu wählen. Sie hätte in diesem Fall im Mahnbescheidsantrag nicht eine Wahl zwischen mehreren zuständigen Gerichten getroffen, sondern ein unzuständiges Gericht benannt, das auf Grund des Antrags der Klägerin tatsächlich an das zuständige Gericht hätte verweisen müssen (vgl. Zöller/Vollkommer a.a.O. § 696 Rn. 7). Dass ein derartiger Sachverhalt vorliegt oder vom Amtsgericht Eckernförde bei seinem Verweisungsbeschluss zumindest angenommen worden ist, ergibt sich hier jedoch weder aus der Akte noch aus einer Begründung des Verweisungsbeschluss.

6

Es fehlt insoweit zum einen schon an einer ausreichenden Darlegung von Tatsachen, um überhaupt eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung im Sinne des § 38 Abs. 1 ZPO annehmen zu können. Die Klägerin hat keine Anspruchsbegründung für das streitige Verfahren eingereicht. Sie schreibt lediglich, die Zuständigkeit des Amtsgerichts Kassel sei in ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbart. Jeglicher diese Behauptung ausfüllender Vortrag zu dem für § 38 Abs. 1 ZPO erforderlichen Vertragsschluss, zu einer Einbeziehung der entsprechenden AGB in den Vertrag oder zu einer Kaufmannseigenschaft der Beklagten ist aber unterblieben.

7

Zum anderen ergibt sich selbst dann, wenn man im Hinblick auf den für die Zuständigkeit geltenden Amtsprüfungsgrundsatz auf Sachvortrag verzichtet und sich mit der von der Klägerin eingereichten Anlage, einer Bestellliste, begnügt, aus der dortigen Formulierung zum Gerichtsstand nicht, dass hiermit ein ausschließlicher Gerichtsstand gemeint sein soll. Nach herrschender Meinung (RGZ 159, 254, 256; BGHZ 59, 116, 119; Zöller/Vollkommer, a.a.O. § 38 Rn. 14; OLG Hamburg, TranspR 2002, 111) spricht zunächst weder eine Vermutung für eine Ausschließlichkeit der Zuständigkeit eines prorogierten Gerichtes noch gegen sie. Die von der Klägerin gestellte allgemeine Geschäftsbedingung muss somit ausgelegt werden. Die Parteien selbst haben nicht vorgetragen, welche übereinstimmende Bedeutung sie der Klausel zugemessen haben; auch die Klägerin selbst als deren Verwenderin trägt nicht vor, welchen Regelungsgehalt die Klausel ihrer Ansicht nach habe. Nach ganz überwiegender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur geht der mutmaßlicher Wille im Falle der Bestimmung des eigenen Firmensitzes zum Gerichtsstand dahin, dass der AGB-Verwender eine Ausschließlichkeit nur für Klagen gegen sich selbst herbeiführen will, während es für Aktiv-Prozesse wie dem vorliegenden bei einem fakultativen Gerichtsstand bleiben soll, damit die Möglichkeit der Gerichtsstandswahl nach § 35 ZPO weiterhin eröffnet ist (vgl. BGHZ 59, 116, 119; OLG Bamberg, MDR 1989, 360; OLG Hamburg NJW 1952, 1020; Graf v. Westphalen, Vertragsrecht u. AGB-Klauselwerke Bd. 3, S. 146).

8

Zu dem gleichen Ergebnis gelangt man, wenn man zugunsten der Beklagten die Unklarheitenregelung des § 305c BGB anwendet, wonach Zweifel am Inhalt der Klausel zu Lasten des AGB-Verwenders gehen müssen (OLG Düsseldorf, BauR 2002, 1601; LG Wuppertal, BauR 2002, 1286; Wolf/Horn/Lindacher, AGBG, 4. Aufl. § 9 Rn. G 138).

9

Das Amtsgericht Kassel ist auch nicht dadurch zuständig geworden, dass das Amtsgericht Eckernförde den Rechtsstreit mit Beschluss vom 16. Februar 2006 dorthin verwiesen hat. Ein Verweisungsbeschluss ist zwar gemäß § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO in der Regel für das Gericht, an das verwiesen worden ist, bindend und diese Bindungswirkung wirkt in dem Zuständigkeitsbestimmungsverfahren nach den §§ 36 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 ZPO grundsätzlich fort (vgl. Zöller/Vollkommer aaO, § 36 Rn. 28). Etwas anderes gilt jedoch ausnahmsweise dann, wenn der Verweisungsbeschluss jeder Rechtsgrundlage entbehrt und daher willkürlich ist (BGH NJW 1993, 1273; BayObLG NJW-RR 1994, 891, 892). Eine solcher Ausnahmefall ist insbesondere dann gegeben, wenn ein als Gericht des allgemeinen Gerichtsstands unzweifelhaft örtlich zuständiges Gericht sich darüber hinwegsetzt, dass die Verweisung des Rechtsstreits gemäß § 281 Abs. 1 ZPO die Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts voraussetzt (BGH a.a.O.; BGH NJW 2002, 3634; BayObLGZ 1993, 317; KG Report 2002, 296; OLG Schleswig NJW-RR 2001, 646) oder eine nach § 690 Abs. 1 Nr. 5 ZPO bindende Gerichtsstandswahl des Klägers nicht berücksichtigt hat (BGH aaO; BayObLG NJW-RR 1994, 891, 892).

10

In derartigen Fällen kann eine Verweisung allenfalls dann als bindend angesehen werden, wenn sie darauf zurückzuführen ist, dass das verweisende Gericht in einer Rechtsfrage von einer als herrschenden bezeichneten Auffassung abweichen will (Zöller, a.a.O., § 281 Rn. 17; BGH MDR 2002, 1450), da eine Präjudizienbindung dem deutschen Recht grundsätzlich fremd ist. Erforderlich ist dann jedoch, dass der Verweisung an das nach ganz überwiegender Ansicht unzuständige Gericht tatsächlich ein Abwägungs- und Entscheidungsprozess vorausgegangen ist und die Entscheidung für die Minderansicht bewusst erfolgte.

11

Im vorliegenden Rechtsstreit ergibt sich aber weder aus dem Verweisungsbeschluss noch aus dem weiteren Akteninhalt, dass sich das Amtsgericht Eckernförde mit der herrschenden Auffassung auseinandergesetzt und sie aus bestimmten Gründen nicht für zutreffend gehalten hat. Der Verweisungsbeschluss vom 16. Februar 2006 ist daher ausnahmsweise nicht bindend. Das Amtsgericht Eckernförde ist zuständig geblieben.


Tenor

Als sachlich zuständiges Gericht wird das Amtsgericht Bad Schwartau bestimmt.

Gründe

I.

1

Die Antragsgegnerin veräußerte an die Antragsteller insgesamt vier Grundstücke in S.. Diese hatte sie nach den mit den Antragstellern geschlossenen Verträgen mit jeweils einem Reihenhaus zu bebauen. Die Antragsteller behaupten, die im Jahre 2005 errichteten Reihenhäuser wiesen Mängel, insbesondere im Bereich der Dächer, auf.

2

Mit Schriftsatz vom 28. August 2006 haben die Antragsteller zur Mängelfeststellung bei dem Amtsgericht Bad Schwartau einen Antrag im selbständigen Beweisverfahren gestellt und den Streitwert vorläufig auf 4.800,00 € beziffert (s. 8 der Antragsschrift, Bl. 8 d. A.). Sie haben sich dabei angelehnt an die Feststellungen des vorgerichtlich tätigen Sachverständigen K., der hinsichtlich der von ihm begutachteten Mängel Beseitigungskosten in Höhe von 4.252,56 € ermittelt hat (Anlage ASt 3, Bl. 50 d. A.).

3

Durch Beschluss vom 11. September 2006 hat das Amtsgericht Bad Schwartau die beantragte Beweiserhebung angeordnet und den Sachverständigen S. bestellt (Bl. 84 ff. d. A.). Auf Antrag der Antragsteller hat das Amtsgericht den Beweisbeschluss am 7. Dezember 2006 um einen weiteren behaupteten Mangel ergänzt (Wasserfleck in der Mitte einer Wand des Reihenhauses (…), Bl. 119 d. A.). Unter dem 9. Mai 2007 hat der Sachverständige S. sein Gutachten vorgelegt und Mängelbeseitigungskosten in Höhe von insgesamt 17.100,00 € für erforderlich gehalten (Sonderband I). Das Amtsgericht hat die Bevollmächtigten der Parteien daraufhin mit Schreiben vom 18. Juni 2007 darauf hingewiesen, dass der Streitwert auf 17.100,00 € festgesetzt werden solle (Bl. 172 d. A.). Zu einer Streitwertfestsetzung ist es in der Folgezeit zunächst jedoch nicht gekommen.

4

Mit Schriftsatz vom 12. Juli 2007 haben die Antragsteller einen Antrag auf Einholung eines Ergänzungsgutachtens gestellt (Bl. 183 ff.). Sodann ist die Streithelferin dem Verfahren auf Seiten der Antragsgegnerin beigetreten und hat ihrerseits mit Schriftsatz vom 17. Oktober 2007 eine Ergänzung des Gutachtens beantragt (Bl. 194 f. d. A.). Das Amtsgericht hat durch Beschluss vom 22. Oktober 2007 die beantragte ergänzende Beweiserhebung angeordnet (Bl. 197 f. d. A.).

5

Mit Schriftsatz vom 25. Januar 2008 hat die Antragsgegnerin eine ergänzende Beweiserhebung im Hinblick auf mögliche Anteile der Streithelferin beantragt (Bl. 214 f. d. A.). Diesem Antrag hat das Amtsgericht durch Beschluss vom 14. Februar 2008 entsprochen (Bl. 217 d. A.).

6

Auf einen weiteren Ergänzungsantrag der Antragsteller vom 6. März 2008 betreffend eine undichte Stelle am Haus 1a (Bl. 229 f. d. A.) hat das Amtsgericht durch Beschluss vom 17. März 2008 auch insoweit die ergänzende Beweiserhebung angeordnet (Bl. 251 d. A.).

7

Am 13. August 2008 hat der Sachverständige S. sein Ergänzungsgutachten vorgelegt (Sonderband II), in dem er voraussichtliche Mängelbeseitigungskosten von nunmehr 25.100,00 € ermittelt hat.

8

Mit Schriftsatz vom 10. November 2008 hat die Antragsgegnerin die Einholung eines weiteren Ergänzungsgutachtens beantragt (Bl. 281 ff. d. A.). Diesen Schriftsatz hat das Amtsgericht mit Schreiben vom 27. November 2008 an den Sachverständigen weitergeleitet und um Beantwortung der Fragen gebeten (Bl. 285R d. A.). Dies ist durch ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen vom 8. Dezember 2008 geschehen (Bl. 289 ff. d. A.).

9

Daraufhin hat die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 10. Februar 2009 erneut ergänzende Fragen gestellt (Bl. 305 ff. d. A.). Das Amtsgericht hat zunächst einen weiteren Kostenvorschuss in Höhe von 1.000,00 € von dem Antragstellervertreter angefordert (Bl. 308R d. A.). Auf den Hinweis der Antragsteller, dass sie die ergänzende Beweiserhebung nicht beantragt hätten, hat das Amtsgericht am 15. April 2009 einen Kostenvorschuss in Höhe von 1.000,00 € von der Antragsgegnerin angefordert (Bl. 320 d. A.).

10

Sodann ist es auf Seiten der Antragsteller zu einem Wechsel des Verfahrensbevollmächtigten gekommen, so dass die bisherigen Antragstellervertreter am 5. Mai 2009 um Festsetzung des Gegenstandswertes gebeten haben (Bl. 326 d. A.). Das Amtsgericht hat den Streitwert durch Beschluss vom 8. Mai 2009 vorläufig auf 17.100,00 € festgesetzt und die Parteivertreter um Mitteilung gebeten, ob im Hinblick auf die Höhe der geschätzten Kosten Verweisung an das Landgericht Lübeck beantragt werde (Bl. 327 d. A.). Die Antragsteller haben daraufhin mit Schriftsatz vom 25. Mai 2009 Verweisung an das Landgericht Lübeck beantragt (Bl. 330 d. A.), und die Antragsgegnerin hat sich mit der Verweisung einverstanden erklärt (Bl. 331 d. A.).

11

Durch Beschluss vom 3. Juni 2006 hat das Amtsgericht sich für unzuständig erklärt und das Verfahren an das Landgericht Lübeck verwiesen (Bl. 332 f. d. A.). Der zuständige Einzelrichter der 9. Zivilkammer sieht das Amtsgericht als zuständig an, da für die sachliche Zuständigkeit im selbständigen Beweisverfahren der Streitwert im Zeitpunkt des Antragseingangs maßgeblich sei. Das Landgericht hat sich nach Anhörung der Parteien (Bl. 342 d. A.) durch Beschluss vom 29. Juni 2009 für unzuständig erklärt und die Sache zur Zuständigkeitsbestimmung dem Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht vorgelegt (Bl. 344 f. d. A.).

II.

12

Auf die Vorlage ist das Amtsgericht Bad Schwartau als zuständiges Gericht zu bestimmen.

13

1. Die Vorlage ist nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zulässig.

14

Die Vorschriften über das Zuständigkeitsbestimmungsverfahren sind auch auf das selbständige Beweisverfahren anwendbar (vgl. nur OLG Frankfurt a. M., NJW-RR 1998, S. 1610 f.; OLGR Celle 2005, S. 253 ff.; OLGR Brandenburg, S. 677 ff.; Zöller-Vollkommer, Zivilprozessordnung, 27. Auflage, § 36 Rn. 2, m. w. N.).

15

Das Amtsgericht Bad Schwartau und das Landgericht Lübeck haben sich durch die Beschlüsse vom 3. Juni 2009 und vom 29. Juni 2009, die jeweils den Parteien zugeleitet worden sind, rechtskräftig im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO für unzuständig erklärt.

16

Die Zuständigkeit des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts ergibt sich aus § 36 Abs. 1 ZPO.

17

2. Das Amtsgericht Bad Schwartau ist für die weitere Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens zuständig.

18

a. Das Zuständigkeit des Amtsgerichts Bad Schwartau folgt aus § 486 Abs. 2 S. 1 ZPO.

19

Wenn ein Rechtsstreit noch nicht anhängig ist, ist der Antrag im selbständigen Beweisverfahren gemäß § 486 Abs. 2 S. 1 ZPO bei dem Gericht zu stellen, das nach dem Vortrag des Antragstellers zur Entscheidung in der Hauptsache berufen wäre.

20

Die sachliche Zuständigkeit ergibt sich bei einem Hauptsachewert bis 5.000,00 € aus § 23 Nr. 1 GVG (Amtsgericht) und bei einem Wert über 5.000,00 € aus § 71 Abs. 1 GVG (Landgericht). Maßgeblich ist im selbständigen Beweisverfahren nach dem Grundsatz der perpetuatio fori der Wert im Zeitpunkt der Antragstellung (vgl. nur OLG Frankfurt a. M., NJW-RR 1998, S. 1610 f.; OLGR Celle 2005, S. 253 ff.; Musielak-Huber, Zivilprozessordnung, 6. Auflage, § 486 Rn. 3; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung, 67. Auflage, § 486 Rn. 7; Stein/Jonas-Leipold, ZPO, 22. Auflage, § 486 Rn. 6; ausführlich zu Zuständigkeits- und Verweisungsfragen im selbständigen Beweisverfahren: Fischer, MDR 2001, S. 608 ff.).

21

Die Antragsteller haben bei Einleitung des Verfahrens den Wert anhand eines vorgerichtlichen Gutachtens auf 4.800,00 € geschätzt. Dieser Wert ist damit maßgeblich, obwohl das Gutachten des Sachverständigen S. vom 9. Mai 2007 geschätzte Mängelbeseitigungskosten in Höhe von 17.100,00 € ausweist und das Gutachten vom 13. August 2008 sogar voraussichtliche Kosten in Höhe von 25.100,00 € ergeben hat.

22

Die sachliche Zuständigkeit hat sich auch nicht im Laufe des Verfahrens dadurch geändert, dass der Sachverständige höhere Mängelbeseitigungskosten beziffert hat, als von den Antragstellern ursprünglich angenommen.

23

Für das Klageverfahren ergibt sich eine Ausnahme vom Grundsatz der perpetuatio fori allerdings aus § 506 ZPO. Wenn durch Widerklage oder durch Erweiterung des Klageantrages ein Anspruch erhoben wird, der zur Zuständigkeit der Landgerichte gehört, so hat das Amtsgericht, wenn eine Partei vor weiterer Verhandlung zur Hauptsache darauf anträgt, sich durch Beschluss für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das zuständige Landgericht zu verweisen.

24

Im selbständigen Beweisverfahren gilt dies jedoch nicht. In dieser Verfahrensart werden keine Ansprüche erhoben, sondern Anträge auf Durchführung von Beweisaufnahmen gestellt. § 506 ZPO ist auch nicht analog auf das selbständige Beweisverfahren anzuwenden (OLG Frankfurt a. M., NJW-RR 1998, S. 1610 f.; OLGR Celle 2005, S. 253 ff.; Fischer, MDR 2001, S. 610 f.). Da die Vorschrift Ausnahmecharakter hat (BGH, NJW-RR 1996, S. 891), ist die Möglichkeit einer analogen Anwendung in jedem Fall kritisch zu hinterfragen. Insbesondere aber nach dem Sinn und Zweck des § 506 ZPO einerseits und der Vorschriften über das selbständige Beweisverfahren andererseits kommt eine analoge Anwendung im selbständigen Beweisverfahren nicht in Betracht.

25

§ 506 ZPO will einer Erschleichung der amtsgerichtlichen Zuständigkeit vorbeugen (BGH, NJW-RR 1996, S. 891). Die Gefahr einer Zuständigkeitserschleichung ist im selbständigen Beweisverfahren jedoch geringer als im Klageverfahren. Der Antragsgegner kann im späteren Hauptsacheverfahren die Unzuständigkeit des Gerichts im selbständigen Beweisverfahren rügen, da nur der Antragsteller an die getroffene Wahl nach § 486 Abs. 2 ZPO gebunden ist (so auch OLG Frankfurt a. M., NJW-RR 1998, S. 1610 f.; Fischer, MDR 2001, S. 610 f.). Wegen §§ 486 Abs. 4, 78 Abs. 5 ZPO droht des Weiteren nicht die Umgehung eines bestehenden Anwaltszwanges.

26

Im Übrigen ist es im Interesse der mit dem selbständigen Beweisverfahren bezweckten schnellen Klärung sinnvoll, die Beweisaufnahme möglichst durch das ursprünglich damit befasste Gericht zu Ende durchzuführen. Allein die mögliche Sachnähe des später zuständigen Hauptsachegerichts tritt demgegenüber zurück. Selbst wenn während eines laufenden selbständigen Beweisverfahrens Klage in der Hauptsache bei einem anderen Gericht erhoben wird, geht nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes die Zuständigkeit nur über, wenn und soweit das Gericht der Hauptsache eine Beweisaufnahme für erforderlich hält und deshalb die Akten des selbständigen Beweisverfahrens beizieht (BGH, MDR 2005, S. 45). Dies gilt, obwohl der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweiserhebung für eine sofortige Übernahme des selbständigen Beweisverfahrens sprechen könnte und das Hauptsachegericht nach der gesetzlichen Regelung in § 486 Abs. 1 ZPO auch für ein neu eingeleitetes selbständiges Beweisverfahren zuständig wäre. Das selbständige Beweisverfahren soll vor allem die Vermeidung oder rasche Erledigung von Rechtsstreitigkeiten fördern und damit der Prozesswirtschaftlichkeit dienen. Diesem Zweck entspricht es, das Verfahren möglichst bei dem zunächst angerufenen Gericht abzuschließen (BGH, a. a. O.).

27

Dementsprechend ist auch das Amtsgericht über einen Zeitraum von etwa zwei Jahren zutreffend von seiner fortbestehenden Zuständigkeit ausgegangen. Nachdem sich durch das Gutachten vom 9. Mai 2007 die tatsächliche Größenordnung der möglichen Mängelbeseitigungskosten ergeben hat und das Amtsgericht bereits im Juni 2007 eine entsprechende Wertfestsetzung hat vornehmen wollen, hat das Amtsgericht dennoch - zu Recht - mehrfach die Einholung ergänzender Stellungnahmen des Sachverständigen angeordnet und zuletzt noch am 15. April 2009 von der Antragsgegnerin einen Kostenvorschuss für die vorgesehene weitere Tätigkeit des Sachverständigen angefordert.

28

b. Das Landgericht Lübeck ist auch nicht deshalb zuständig geworden, weil die Verweisung durch das Amtsgericht bindende Wirkung nach § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO hat.

29

Zweifelhaft ist bereits, ob § 281 ZPO im selbständigen Beweisverfahren überhaupt insoweit entsprechende Anwendung findet, als der Verweisung danach Bindungswirkung zukommt (dafür: OLG Frankfurt a. M., NJW-RR 1998, S. 1610 f.; OLGR Brandenburg 2006, S. 677 ff.; Fischer, MDR 2001, S. 611; dagegen: OLG Zweibrücken, BauR 1997, S. 885; OLGR Celle 2005, S. 253 ff.; Musielak-Huber, Zivilprozessordnung, 6. Auflage, § 486 Rn. 3 - anders offenbar Musielak-Foerste, § 281 Rn. 2). Allein das formale Argument, dass im selbständigen Beweisverfahren keine Rechtshängigkeit eintrete, während eine bindende Verweisung erst nach Rechtshängigkeit möglich sei (so OLG Zweibrücken, BauR 1997, S. 885), spricht noch nicht zwingend gegen eine entsprechende Anwendung der Vorschrift auch im selbständigen Beweisverfahren. Vielmehr spricht einiges dafür, der Verweisung auch im selbständigen Beweisverfahren grundsätzlich Bindungswirkung beizumessen. Sinn und Zweck des § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO und der dort angeordneten Bindungswirkung ist es, zur Vermeidung unnötiger Zuständigkeitsstreitigkeiten selbst sachlich unrichtige Verweisungsbeschlüsse hinzunehmen (BGHR ZPO § 281 Abs. 2 - Begründungszwang 1; BGH, NJW-RR 1992, 902; BGH, NJW 1993, 1273; BGH, NJW 2006, S. 699 f.). Dieser Zweck ist im selbständigen Beweisverfahren genauso bedeutsam wie im Klageverfahren, zumal es gerade im selbständigen Beweisverfahren um schnelle Feststellungen zur Vorbereitung oder Vermeidung eines Rechtsstreits geht.

30

Allerdings bedarf es hier keiner abschließenden Entscheidung über die grundsätzliche Bindungswirkung einer Verweisung im selbständigen Beweisverfahren, da jedenfalls der Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts vom 3. Juni 2009 ausnahmsweise keine Bindungswirkung entfaltet. Dies ist der Fall, wenn der Verweisungsbeschluss jeder Rechtsgrundlage entbehrt und daher objektiv willkürlich ist (vgl. nur BGH, NJW 1993, S. 1273; Senat, OLGR Schleswig 2000, S. 281 f.; Senat, SchlHA 2007, S. 96). Willkür in diesem Sinne fehlt dann, wenn das verweisende Gerichts sich für seine - wenn auch unrichtige - Auffassung auf jedenfalls vertretbare Argumente beruft (vgl. BGH, NJW-RR 2002, S. 1498 f.); selbst wenn ein Verweisungsbeschluss von einer „ganz überwiegenden“ oder „fast einhelligen“ Rechtsauffassung abweicht, muss er nicht willkürlich sein (BGH, a. a. O.). Eine solche Verweisung ist dann nicht willkürlich, wenn das unzuständige Gericht tatsächlich einen Abwägungs- und Entscheidungsprozess vorgenommen hat und die Entscheidung für die Minderansicht bewusst erfolgt ist (Senat, SchlHA 2007, S. 96). Ein solcher Fall ist hier jedoch nicht gegeben.

31

Auch wenn den oben genannten Zitaten aus Rechtsprechung und Literatur zu entnehmen ist, dass der Wert bei Antragstellung maßgeblich ist und § 506 ZPO ausdrücklich für nicht anwendbar gehalten wird (wobei Gegenstimmen bisher nicht ersichtlich sind), hätte das Amtsgericht das Verfahren möglicherweise mit bindender Wirkung an das Landgericht verweisen können, wenn eine Auseinandersetzung mit Rechtsprechung und Literatur erfolgt wäre und dennoch eine bewusste Entscheidung für die analoge Anwendung des § 506 ZPO getroffen worden wäre. Immerhin ist hier kein Fall gegeben, in dem allein eine andere Bewertung der Mängelbeseitigungskosten ohne jede Änderung des Antrages vorliegt, so dass schon aus diesem Grund die analoge Anwendung des § 506 ZPO vollständig unvertretbar erscheinen muss (zu einem solchen Fall OLGR Celle 2005, S. 253 ff.). Vielmehr ist in den Ergänzungsanträgen (S. 3 des Schriftsatzes vom 12. Juli 2007, Bl. 185 d. A.; S. 1 des Schriftsatzes vom 6. März 2008, Bl. 229 d. A.) auch in geringem Umfang die Begutachtung weiterer Mängel beantragt worden. Aus den genannten Gründen ist § 506 ZPO zwar auch in einem solchen Fall nicht analog anwendbar (siehe oben II.2.a.). Gleichwohl hätte die Verweisung bei ausreichender Auseinandersetzung und Begründung nicht als objektiv willkürlich erscheinen müssen, wenn sie sogleich nach dem Ergänzungsantrag vom 12. Juli 2007 erfolgt wäre.

32

Auf derartige Überlegungen hat das Amtsgericht seine Entscheidung aber gerade nicht gestützt. Das Amtsgericht selbst ist über einen langen Zeitraum von seiner fortbestehenden Zuständigkeit ausgegangen und hat - der üblichen Praxis entsprechend - die beantragten Ergänzungsgutachten eingeholt. Selbst für die zuletzt vorgesehene Ergänzung auf die Fragen im Schriftsatz vom 10. Februar 2009 hat das Amtsgericht bereits einen Kostenvorschuss angefordert und erst Zweifel an seiner Zuständigkeit geäußert, nachdem aufgrund eines Wechsels der Antragstellervertreter eine Wertfestsetzung zu erfolgen hatte.

33

Die Verweisung hat schließlich auch nicht deshalb bindende Wirkung, weil die Antragsteller selbst die Verweisung beantragt haben und die Antragsgegnerin ausdrücklich keine Bedenken geäußert hat. Wenn das Gericht durch die Verweisung des Rechtsstreits einem übereinstimmenden Verlangen beider Parteien entspricht, kann dies zwar unter Umständen geeignet sein, einen rechtsfehlerhaft zustande gekommenen Verweisungsbeschluss als nicht willkürlich erscheinen zu lassen (BGH, FamRZ 1988, S. 943; OLGR Koblenz 1997, S. 74 f.). Dies kann aber jedenfalls dann nicht gelten, wenn das zuständige Gericht die Parteien, die sich bislang zur Frage einer Verweisung noch nicht geäußert haben, von sich aus auf die angeblich bestehende Möglichkeit einer Verweisung hinweist. Wenn die Parteien daraufhin die Verweisung beantragen bzw. sich mit ihr einverstanden erklären, ist anzunehmen, dass sie durch die rechtlich unzutreffende Information dazu veranlasst worden sind (BGH, NJW 2002, S. 3634 ff.; OLGR Celle 2005, S. 253 ff.). Da die Parteien sich erst auf den Hinweis des Amtsgerichts vom 8. Mai 2009 zu einer möglichen Verweisung geäußert haben, ist durch die Erklärungen der Parteien, die sich übereinstimmend für eine Verweisung ausgesprochen haben, keine Bindungswirkung begründet worden.


BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ARZ 45/08
vom
27. Mai 2008
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Eine nur mit § 38 Abs. 1 ZPO begründete Verweisung ist nicht willkürlich, wenn
beide Parteien diese unter Bezugnahme auf eine vertragliche Gerichtsstandsvereinbarung
begehrt haben.
BGH, Beschl. v. 27. Mai 2008 - X ARZ 45/08 - OLG Stuttgart
LG Fulda
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Richter Scharen
und Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und die Richter Prof. Dr. MeierBeck
und Asendorf
am 27. Mai 2008

beschlossen:
Als zuständiges Gericht wird das Landgericht Fulda bestimmt.

Gründe:


I.


1
Die Klägerin, die ihren Sitz im Landgerichtsbezirk Fulda hat, nimmt die Beklagte auf Zahlung von Werklohn in Anspruch. Auf Antrag der Klägerin hat das Amtsgericht Hünfeld einen Mahnbescheid erlassen. Nach Widerspruch der Beklagten ist der Rechtsstreit an das Landgericht Heilbronn, in dessen Bezirk die Beklagte ihren Sitz hat, abgegeben worden. Dieses Gericht hatte die Klägerin in dem Mahnantrag als für ein streitiges Verfahren zuständig angegeben.
2
Die Klägerin hat in ihrem anspruchsbegründenden Schriftsatz an das Landgericht Heilbronn beantragt, den Rechtsstreit an das Landgericht Fulda zu verweisen, und zur Begründung darauf hingewiesen, in § 15 des Werkvertrages sei der Sitz des Aufragnehmers als Gerichtsstand vereinbart. Diesen Schriftsatz hat das Landgericht Heilbronn der Beklagten zugestellt. In ihrer Stellungnahme hat die Beklagte bestätigt, dass vertraglich der Gerichtsstand des Landgerichts Fulda vereinbart sei, und dem Verweisungsantrag der Klägerin zugestimmt. Daraufhin hat sich das Landgericht Heilbronn für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit unter Hinweis auf den Antrag der Klägerin und die Zustimmung der Beklagten gemäß § 38 Abs. 1 ZPO an das Landgericht Fulda verwiesen.
3
Das Landgericht Fulda hat die Verweisung für sachlich unrichtig und nicht bindend gehalten, sich ebenfalls für unzuständig erklärt, die Übernahme des Verfahrens abgelehnt und die Sache dem Oberlandesgericht Stuttgart vorgelegt. Dieses möchte das Landgericht Heilbronn als zuständiges Gericht bestimmen. Es verneint eine Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses des Landgerichts Heilbronn, weil die Verweisung willkürlich erfolgt sei. Der Verweisungsbeschluss lasse jede Begründung der eigenen Zuständigkeit vermissen. Das Landgericht Heilbronn sei als Gericht des allgemeinen Gerichtsstands der Beklagten nach §§ 12, 17 Abs. 1 ZPO zuständig. Ein ausschließlicher Gerichtsstand sei in § 15 des Werkvertrages nicht vereinbart worden. Indem die Klägerin im Mahnantrag das Landgericht Heilbronn als zuständiges Gericht angegeben habe, habe sie das ihr zustehende Wahlrecht zwischen allgemeinem und vertraglich vereinbartem Gerichtsstand bindend ausgeübt. Eine nachträgliche Prorogation sei wegen des Grundsatzes der perpetuatio fori (§ 261 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) entgegen einer vereinzelt vertretenen Auffassung unzulässig , der Verweisungsbeschluss deshalb rechtsfehlerhaft. Zwar werde von einer Mindermeinung die Auffassung vertreten, ein Gericht könne im Falle nachträglicher Prorogation auch bei zunächst gegebener eigener Zuständigkeit den Rechtsstreit bei ausdrücklich erklärtem Einverständnis der Parteien mit jedenfalls vertretbarer Begründung an ein anderes Gericht verweisen. Die Behandlung eines solchen Beschlusses als fehlerhaft, aber nicht willkürlich setze jedoch voraus, dass das verweisende Gericht sich mit der aufgeworfenen Rechtsfrage befasst und begründet Position bezogen habe. Lasse man mit einem Teil der Literatur die bloße Möglichkeit, die eigene Unzuständigkeit vertretbar zu begründen, in Verbindung mit dem Einverständnis der Parteien genügen, eine Verweisung als nicht willkürlich anzusehen, könne bei Einvernehmen der Parteien stets begründungslos und gleichwohl bindend verwiesen werden.
4
An einer entsprechenden Entscheidung sieht sich das vorlegende Oberlandesgericht durch die Beschlüsse der Oberlandesgerichte Koblenz (OLGR Koblenz 1997, 74) und Schleswig (MDR 2005, 233) und durch den Senatsbeschluss vom 10. Juni 2003 (X ARZ 92/03, NJW 2003, 3201) gehindert. Es hat die Sache deshalb dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

II.


5
Auf die zulässige Vorlage ist als zuständiges Gericht das Landgericht Fulda zu bestimmen, da es an den Verweisungsbeschluss des Landgerichts Heilbronn gebunden ist (§ 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO).
6
1. Verweisungsbeschlüsse nach § 281 Abs. 2 Satz 2 ZPO sind im Interesse der Prozessökonomie sowie zur Vermeidung von Zuständigkeitsstreitigkeiten und dadurch bewirkter Verzögerungen und Verteuerungen in der Gewährung effektiven Rechtsschutzes unanfechtbar und gemäß § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO für das Gericht, an das verwiesen wird, bindend. Dies entzieht auch einen sachlich zu Unrecht erlassenen Verweisungsbeschluss grundsätzlich jeder Nachprüfung (BGHZ 102, 388, 340; Sen.Beschl. v. 13.12.2005 - X ARZ 223/05, NJW 2006, 383 m.N.). Einem Verweisungsbeschluss kann daher die gesetzlich vorgesehene bindende Wirkung nur dann abgesprochen werden, wenn er schlechterdings nicht als im Rahmen des § 281 ZPO ergangen anzusehen ist, etwa weil er auf einer Verletzung rechtlichen Gehörs beruht, nicht durch den gesetzlichen Richter erlassen wurde oder jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt und deshalb als willkürlich betrachtet werden muss (Sen.Beschl. v. 13.12.2005, aaO m.N.). Hierfür genügt es aber nicht, dass der Verweisungsbeschluss inhaltlich unrichtig oder fehlerhaft ist. Willkür liegt nur vor, wenn dem Verweisungsbeschluss jede rechtliche Grundlage fehlt und er bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheint und offensichtlich unhaltbar ist (Sen.Beschl. v. 10.6.2003 - X ARZ 92/03, NJW 2003, 3201).
7
2. Bei Anlegung dieser Maßstäbe ist der Verweisungsbeschluss des Landgerichts Heilbronn vom 14. November 2007 nicht willkürlich.
8
a) Eine Verletzung von Verfahrensgrundrechten liegt nicht vor, da der Verweisungsbeschluss durch das im Mahnantrag als zuständig angegebene Landgericht Heilbronn ergangen ist, nachdem dieses die Beklagte zu der von der Klägerin als Grundlage ihres Verweisungsantrags angegebenen Gerichtsstandsvereinbarung angehört hat.
9
b) Der Verweisungsbeschluss des Landgerichts Heilbronn entbehrt auch nicht jeder gesetzlichen Grundlage, so dass er deshalb als offensichtlich unhaltbar betrachtet werden müsste.
10
Gibt das Mahngericht den Rechtsstreit an das im Mahngericht als zuständig bezeichnete Empfangsgericht ab und ist dieses - gegebenenfalls neben anderen Gerichten - zur Entscheidung des Rechtsstreits zuständig, so wird, wie der Senat bereits entschieden hat, die im Mahnantrag getroffene Wahl des Gerichtsstandes unwiderruflich und verbindlich (Sen.Beschl. v. 19.1.1993 - X ARZ 845/92, NJW 1993, 1237; Sen.Beschl. v. 10.9.2002 - X ARZ 217/02, NJW 2002, 3634). Der Senat hat darüber hinaus bereits entschieden, dass trotz einer im Mahnantrag anders getroffenen Wahl des Gerichtsstandes eine nach Anhörung des Gegners erfolgte Verweisung nicht willkürlich ist, wenn das verweisende Gericht in möglicher Auslegung des dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Vertrages annehmen konnte, dass eine ausschließliche Zuständigkeit des Gerichts gegeben ist, an das verwiesen worden ist (Sen.Beschl. v. 22.6.1993 - X ARZ 340/93, NJW 1993, 2810, 2811). Ein vergleichbarer Fall ist hier gegeben, weil beide Parteien sich auf die Gerichtsstandsvereinbarung im Vertrag berufen und deshalb die Verweisung an das Landgericht Fulda beantragt oder ihr zugestimmt haben. Hieraus konnte ohne Willkür der Schluss auf eine Vereinbarung ausschließlicher Zuständigkeit dieses Gerichts gezogen werden. Angesichts des übereinstimmenden Verweisungsbegehrens der Parteien schadet auch nicht, dass der Verweisungsbeschluss nicht näher begründet worden ist. Denn ersichtlich war dies durch die Übereinstimmung der Parteien und die sich daraus möglicherweise ergebende ausschließliche Zuständigkeit des Landgerichts Fulda verursacht.
11
Auf die vom vorlegenden Oberlandesgericht erörtere Frage, ob die Parteien im Falle eines vorausgegangenen Mahnverfahrens nach Eintritt der Rechtshängigkeit die Zuständigkeit des im Mahnantrag als zuständig bezeichneten Gerichts noch prorogieren können, kommt es im Streitfall nicht an, weil sich beide Parteien zur Begründung ihres Verweisungsbegehrens auf die bereits im Werkvertrag getroffene Gerichtsstandsvereinbarung berufen haben.
Scharen Keukenschrijver Mühlens
Meier-Beck Asendorf
Vorinstanzen:
LG Fulda, Entscheidung vom 29.11.2007 - 4 O 477/07 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 15.01.2008 - 4 AR 9/07 -

Das Gericht kann die Verbindung mehrerer bei ihm anhängiger Prozesse derselben oder verschiedener Parteien zum Zwecke der gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung anordnen, wenn die Ansprüche, die den Gegenstand dieser Prozesse bilden, in rechtlichem Zusammenhang stehen oder in einer Klage hätten geltend gemacht werden können.

(1) Wird durch Widerklage oder durch Erweiterung des Klageantrages (§ 264 Nr. 2, 3) ein Anspruch erhoben, der zur Zuständigkeit der Landgerichte gehört, oder wird nach § 256 Abs. 2 die Feststellung eines Rechtsverhältnisses beantragt, für das die Landgerichte zuständig sind, so hat das Amtsgericht, sofern eine Partei vor weiterer Verhandlung zur Hauptsache darauf anträgt, durch Beschluss sich für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das Landgericht zu verweisen.

(2) Die Vorschriften des § 281 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 gelten entsprechend.

(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:

1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist;
2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei;
3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist;
4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist;
5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben;
6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.

(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.

(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.

Das Gericht kann die Verbindung mehrerer bei ihm anhängiger Prozesse derselben oder verschiedener Parteien zum Zwecke der gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung anordnen, wenn die Ansprüche, die den Gegenstand dieser Prozesse bilden, in rechtlichem Zusammenhang stehen oder in einer Klage hätten geltend gemacht werden können.

(1) Wird durch Widerklage oder durch Erweiterung des Klageantrages (§ 264 Nr. 2, 3) ein Anspruch erhoben, der zur Zuständigkeit der Landgerichte gehört, oder wird nach § 256 Abs. 2 die Feststellung eines Rechtsverhältnisses beantragt, für das die Landgerichte zuständig sind, so hat das Amtsgericht, sofern eine Partei vor weiterer Verhandlung zur Hauptsache darauf anträgt, durch Beschluss sich für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das Landgericht zu verweisen.

(2) Die Vorschriften des § 281 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 gelten entsprechend.

9
1. Im Falle eines negativen Kompetenzkonflikts innerhalb der ordentlichen Gerichtsbarkeit ist grundsätzlich das Gericht als zuständig zu bestimmen, an das die Sache in dem zuerst ergangenen Verweisungsbeschluss verwiesen worden ist. Dies folgt aus der Regelung in § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO, wonach ein auf der Grundlage von § 281 ZPO ergangener Verweisungsbeschluss für das Gericht, an das die Sache verwiesen wird, bindend ist. Die Bindungswirkung entfällt nur dann, wenn der Verweisungsbeschluss schlechterdings nicht als im Rahmen des § 281 ZPO ergangen anzusehen ist, etwa weil er auf einer Verletzung rechtlichen Gehörs beruht, nicht durch den gesetzlichen Richter erlassen wurde oder jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt und deshalb als willkürlich betrachtet werden muss. Hierfür genügt nicht, dass der Beschluss inhaltlich unrichtig oder fehlerhaft ist. Willkür liegt nur vor, wenn der Verweisungsbeschluss bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheint und offensichtlich unhaltbar ist (BGH, Beschluss vom 19. Februar 2013 - X ARZ 507/12, NJW-RR 2013, 764 Rn. 7; Beschluss vom 17. Mai 2011 - X ARZ 109/11, NJW-RR 2011, 1364 Rn. 9).

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ARZ 223/05
vom
13. Dezember 2005
in dem Gerichtsstandsbestimmungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Das nach § 3 Abs. 1 Satz 1 InsO zuständige Insolvenzgericht hat die zur Begründung
der örtlichen Zuständigkeit eines anderen Insolvenzgerichts vorgetragenen
Umstände zu würdigen und gegebenenfalls von Amts wegen den Sachverhalt
weiter aufzuklären. Erst wenn danach ein Gerichtsstand bei dem nach
§ 3 Abs. 1 Satz 1 InsO zuständigen Gericht nicht eröffnet ist, kann es seine örtliche
Unzuständigkeit aussprechen. Geschieht dies ohne eine solche Prüfung,
so entbehrt der Verweisungsbeschluss jeder gesetzlichen Grundlage und muss
deshalb als willkürlich betrachtet werden.
BGH, Beschl. v. 13. Dezember 2005 - X ARZ 223/05 - OLG Karlsruhe
LG Heidelberg
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Dezember 2005
durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den Richter Keukenschrijver, die
Richterin Mühlens und die Richter Asendorf und Dr. Kirchhoff

beschlossen:
Als zuständiges Gericht wird das Amtsgericht Heidelberg bestimmt.

Gründe:


1
Die Antragstellerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in Heidelberg. Für sie wurde mit Wirkung vom 10. Januar 2005 ein neuer Geschäftsführer bestellt, der für die Antragstellerin mit Antrag vom 31. Januar 2005 - eingegangen beim Amtsgericht Heidelberg am 3. Februar 2005 - Insolvenzantrag gestellt hat und gleichzeitig beantragt hat, das Verfahren an das für den Wohnsitz des - neuen - Geschäftsführers örtlich zuständige Insolvenzgericht in Berlin zu verweisen. Zur Begründung hat die Antragstellerin ausgeführt, sie habe den Geschäftsbetrieb eingestellt, das Gewerbe abgemeldet, die Geschäftsräume in Heidelberg aufgegeben und die Geschäftsunterlagen nach Berlin verbracht, um dort unter Einschaltung einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft prüfen zu lassen, ob ein Fortbestand möglich sei und andernfalls die Abwicklung unter Einschluss eines Insolvenzverfahrens vorzunehmen.
2
Das Amtsgericht Heidelberg hat sich mit Beschluss vom 8. Februar 2005 für örtlich unzuständig erklärt und das Insolvenzverfahren an das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg verwiesen.
3
Das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg hat sich mit Beschluss vom 15. Februar 2005 für örtlich nicht zuständig erklärt und das Verfahren zur Bestimmung der Zuständigkeit dem Oberlandesgericht Karlsruhe vorgelegt.
4
Das Oberlandesgericht Karlsruhe möchte das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg als zuständiges Gericht bestimmen. Es sieht sich hieran durch Entscheidungen anderer Gerichte (BayObLG NJW-RR 2004, 986; OLG Celle NZI 2004, 258, 259; OLG Stuttgart OLGR 2004, 184, 186; OLG Schleswig NZI 2004, 264) gehindert. Es hat deshalb die Sache dem Bundesgerichtshof vorgelegt.
5
II. Die Vorlage ist zulässig (§ 36 Abs. 3 ZPO).
6
Das Oberlandesgericht Karlsruhe würde sich mit der von ihm beabsichtigten Entscheidung in Widerspruch zu den zitierten Beschlüssen der Oberlandesgerichte Celle, Stuttgart, Schleswig und des Bayerischen Obersten Landesgerichts setzen. Diese haben entschieden, dass ein Verweisungsbeschluss willkürlich und deshalb nicht bindend sei, weil eine Zuständigkeit am Wohnsitz des Geschäftsführers der GmbH dann nicht in Betracht komme, wenn die Veräußerung der Geschäftsanteile und die Abberufung des alten sowie die Ernennung des neuen Geschäftsführers in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Stellung des Insolvenzantrags stünden und das Verfahren damit das Gepräge einer "gewerbsmäßigen Firmenbestattung" habe. In solchen Fällen komme für die Durchführung des Insolvenzverfahrens eine Zuständigkeit des Insolvenzgerichts, bei dem der neu bestellte Geschäftsführer seinen Sitz habe, nicht in Betracht, weil es sich um eine rechtsmissbräuchliche Zuständigkeitserschleichung handele. Das vorlegende Oberlandesgerichte Karlsruhe hält hingegen eine solche Verweisung für jedenfalls nicht willkürlich.
7
III. Zuständiges Gericht ist das Amtsgericht Heidelberg.
8
1. Die Voraussetzungen für die Bestimmung eines Gerichtsstands nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen vor.
9
Das Amtsgericht Heidelberg hat sich durch einen gemäß § 281 Abs. 2 Satz 2 ZPO unanfechtbaren Beschluss für unzuständig erklärt. Das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg hat im Beschlusswege die Übernahme des Verfahrens abgelehnt. Das genügt, um zur Anwendung des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu gelangen (BGHZ 102, 338, 339 f.).
10
2. Das Amtsgericht Heidelberg ist für das vorliegende Insolvenzverfahren zuständig.
11
Die örtliche Zuständigkeit folgt aus § 3 Abs. 1 Satz 1 InsO. Nach dieser Vorschrift ist örtlich zuständig das Insolvenzgericht, in dessen Bezirk der Schuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Dies ist das Amtsgericht Heidelberg , weil die Gesellschaft dort ihren Sitz hat, § 17 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
12
Allerdings sind im Interesse der Prozessökonomie und zur Vermeidung von Zuständigkeitsstreitigkeiten und dadurch bewirkten Verzögerungen und Verteuerungen des Verfahrens Verweisungsbeschlüsse gemäß § 281 Abs. 2 Satz 2 ZPO unanfechtbar und gemäß § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO für das Gericht, an welches verwiesen wird, bindend. Dies entzieht auch einen sachlich zu Unrecht ergangenen Verweisungsbeschluss und die diesem Beschluss zugrunde liegende Entscheidung über die Zuständigkeit grundsätzlich jeder Nachprüfung (BGHZ 102, 338, 340; Sen.Beschl. v. 22.06.1993 - X ARZ 340/93, NJW 1993, 2810). Nach ständiger Rechtsprechung kommt einem Verweisungsbeschluss jedoch dann keine Bindungswirkung zu, wenn er schlechterdings nicht als im Rahmen des § 281 ZPO ergangen angesehen werden kann, etwa weil er auf der Verletzung rechtlichen Gehörs beruht oder weil er jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt und deshalb als willkürlich betrachtet werden muss (BGHZ 71, 69, 72 f.; Sen.Beschl. v. 09.07.2002 - X ARZ 110/02, NJW-RR 2002, 1498). Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
13
Das gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 InsO zuständige Amtsgericht Heidelberg hat sich darüber hinweggesetzt, dass die Verweisung eines Rechtsstreits gemäß § 4 InsO, § 281 Abs. 1 ZPO die Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts voraussetzt. Eine Verweisung kommt nur in Betracht, wenn bei dem Gericht, bei dem die Sache rechtshängig ist, ein Gerichtsstand nicht eröffnet ist (Sen.Beschl. v. 10.09.2002 - X ARZ 217/02, NJW 2002, 3634, 3635). Das Amtsgericht Heidelberg hat seinen Verweisungsbeschluss nicht begründet. Es hat weder Umstände ermittelt noch dargelegt, die seine Zuständigkeit in Frage stellen könnten. Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 InsO hat das Insolvenzgericht von Amts wegen alle Umstände zu ermitteln, die für das Insolvenzverfahren von Bedeutung sind. Gerade im Hinblick auf die oben unter II dargestellte Rechtsprechung hatte das Amtsgericht Heidelberg Veranlassung, der Frage nachzugehen , ob trotz der Zuständigkeitsregelung in § 3 Abs. 1 Satz 1 InsO ein Gerichtsstand bei ihm nicht begründet war. Das nach § 3 Abs. 1 Satz 1 InsO zuständige Insolvenzgericht hat die zur Begründung der örtlichen Zuständigkeit eines anderen Insolvenzgerichts vorgetragenen Umstände zu würdigen und gegebenenfalls von Amts wegen den Sachverhalt weiter aufzuklären. Erst wenn danach ein Gerichtsstand bei ihm nicht eröffnet ist, kann es seine örtliche Unzuständigkeit aussprechen. Geschieht dies ohne eine solche Prüfung, so ent- behrt der Verweisungsbeschluss jeder gesetzlichen Grundlage und muss deshalb als willkürlich betrachtet werden.
14
Das Amtsgericht Heidelberg hat demnach den Rechtsstreit nicht wirksam an das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg verwiesen.
Melullis Keukenschrijver Mühlens
Asendorf Kirchhoff
Vorinstanz:
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 30.05.2005 - 15 AR 8/05 -

(1) Örtlich zuständig ist ausschließlich das Insolvenzgericht, in dessen Bezirk der Schuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Liegt der Mittelpunkt einer selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit des Schuldners an einem anderen Ort, so ist ausschließlich das Insolvenzgericht zuständig, in dessen Bezirk dieser Ort liegt.

(2) Hat der Schuldner in den letzten sechs Monaten vor der Antragstellung Instrumente gemäß § 29 des Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetzes in Anspruch genommen, ist auch das Gericht örtlich zuständig, das als Restrukturierungsgericht für die Maßnahmen zuständig war.

(3) Sind mehrere Gerichte zuständig, so schließt das Gericht, bei dem zuerst die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt worden ist, die übrigen aus.

Das Gericht kann die Verbindung mehrerer bei ihm anhängiger Prozesse derselben oder verschiedener Parteien zum Zwecke der gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung anordnen, wenn die Ansprüche, die den Gegenstand dieser Prozesse bilden, in rechtlichem Zusammenhang stehen oder in einer Klage hätten geltend gemacht werden können.

(1) Wird durch Widerklage oder durch Erweiterung des Klageantrages (§ 264 Nr. 2, 3) ein Anspruch erhoben, der zur Zuständigkeit der Landgerichte gehört, oder wird nach § 256 Abs. 2 die Feststellung eines Rechtsverhältnisses beantragt, für das die Landgerichte zuständig sind, so hat das Amtsgericht, sofern eine Partei vor weiterer Verhandlung zur Hauptsache darauf anträgt, durch Beschluss sich für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das Landgericht zu verweisen.

(2) Die Vorschriften des § 281 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 gelten entsprechend.

(1) Wird rechtzeitig Widerspruch erhoben und beantragt eine Partei die Durchführung des streitigen Verfahrens, so gibt das Gericht, das den Mahnbescheid erlassen hat, den Rechtsstreit von Amts wegen an das Gericht ab, das in dem Mahnbescheid gemäß § 692 Abs. 1 Nr. 1 bezeichnet worden ist, wenn die Parteien übereinstimmend die Abgabe an ein anderes Gericht verlangen, an dieses. Der Antrag kann in den Antrag auf Erlass des Mahnbescheids aufgenommen werden. Die Abgabe ist den Parteien mitzuteilen; sie ist nicht anfechtbar. Mit Eingang der Akten bei dem Gericht, an das er abgegeben wird, gilt der Rechtsstreit als dort anhängig. § 281 Abs. 3 Satz 1 gilt entsprechend.

(2) Ist das Mahnverfahren maschinell bearbeitet worden, so tritt, sofern die Akte nicht elektronisch übermittelt wird, an die Stelle der Akten ein maschinell erstellter Aktenausdruck. Für diesen gelten die Vorschriften über die Beweiskraft öffentlicher Urkunden entsprechend. § 298 findet keine Anwendung.

(3) Die Streitsache gilt als mit Zustellung des Mahnbescheids rechtshängig geworden, wenn sie alsbald nach der Erhebung des Widerspruchs abgegeben wird.

(4) Der Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens kann bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Antragsgegners zur Hauptsache zurückgenommen werden. Die Zurücknahme kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. Mit der Zurücknahme ist die Streitsache als nicht rechtshängig geworden anzusehen.

(5) Das Gericht, an das der Rechtsstreit abgegeben ist, ist hierdurch in seiner Zuständigkeit nicht gebunden.