Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Dez. 2005 - X ARZ 223/05
vorgehend
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
- 1
- Die Antragstellerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in Heidelberg. Für sie wurde mit Wirkung vom 10. Januar 2005 ein neuer Geschäftsführer bestellt, der für die Antragstellerin mit Antrag vom 31. Januar 2005 - eingegangen beim Amtsgericht Heidelberg am 3. Februar 2005 - Insolvenzantrag gestellt hat und gleichzeitig beantragt hat, das Verfahren an das für den Wohnsitz des - neuen - Geschäftsführers örtlich zuständige Insolvenzgericht in Berlin zu verweisen. Zur Begründung hat die Antragstellerin ausgeführt, sie habe den Geschäftsbetrieb eingestellt, das Gewerbe abgemeldet, die Geschäftsräume in Heidelberg aufgegeben und die Geschäftsunterlagen nach Berlin verbracht, um dort unter Einschaltung einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft prüfen zu lassen, ob ein Fortbestand möglich sei und andernfalls die Abwicklung unter Einschluss eines Insolvenzverfahrens vorzunehmen.
- 2
- Das Amtsgericht Heidelberg hat sich mit Beschluss vom 8. Februar 2005 für örtlich unzuständig erklärt und das Insolvenzverfahren an das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg verwiesen.
- 3
- Das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg hat sich mit Beschluss vom 15. Februar 2005 für örtlich nicht zuständig erklärt und das Verfahren zur Bestimmung der Zuständigkeit dem Oberlandesgericht Karlsruhe vorgelegt.
- 4
- Das Oberlandesgericht Karlsruhe möchte das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg als zuständiges Gericht bestimmen. Es sieht sich hieran durch Entscheidungen anderer Gerichte (BayObLG NJW-RR 2004, 986; OLG Celle NZI 2004, 258, 259; OLG Stuttgart OLGR 2004, 184, 186; OLG Schleswig NZI 2004, 264) gehindert. Es hat deshalb die Sache dem Bundesgerichtshof vorgelegt.
- 5
- II. Die Vorlage ist zulässig (§ 36 Abs. 3 ZPO).
- 6
- Das Oberlandesgericht Karlsruhe würde sich mit der von ihm beabsichtigten Entscheidung in Widerspruch zu den zitierten Beschlüssen der Oberlandesgerichte Celle, Stuttgart, Schleswig und des Bayerischen Obersten Landesgerichts setzen. Diese haben entschieden, dass ein Verweisungsbeschluss willkürlich und deshalb nicht bindend sei, weil eine Zuständigkeit am Wohnsitz des Geschäftsführers der GmbH dann nicht in Betracht komme, wenn die Veräußerung der Geschäftsanteile und die Abberufung des alten sowie die Ernennung des neuen Geschäftsführers in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Stellung des Insolvenzantrags stünden und das Verfahren damit das Gepräge einer "gewerbsmäßigen Firmenbestattung" habe. In solchen Fällen komme für die Durchführung des Insolvenzverfahrens eine Zuständigkeit des Insolvenzgerichts, bei dem der neu bestellte Geschäftsführer seinen Sitz habe, nicht in Betracht, weil es sich um eine rechtsmissbräuchliche Zuständigkeitserschleichung handele. Das vorlegende Oberlandesgerichte Karlsruhe hält hingegen eine solche Verweisung für jedenfalls nicht willkürlich.
- 7
- III. Zuständiges Gericht ist das Amtsgericht Heidelberg.
- 8
- 1. Die Voraussetzungen für die Bestimmung eines Gerichtsstands nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen vor.
- 9
- Das Amtsgericht Heidelberg hat sich durch einen gemäß § 281 Abs. 2 Satz 2 ZPO unanfechtbaren Beschluss für unzuständig erklärt. Das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg hat im Beschlusswege die Übernahme des Verfahrens abgelehnt. Das genügt, um zur Anwendung des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu gelangen (BGHZ 102, 338, 339 f.).
- 10
- 2. Das Amtsgericht Heidelberg ist für das vorliegende Insolvenzverfahren zuständig.
- 11
- Die örtliche Zuständigkeit folgt aus § 3 Abs. 1 Satz 1 InsO. Nach dieser Vorschrift ist örtlich zuständig das Insolvenzgericht, in dessen Bezirk der Schuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Dies ist das Amtsgericht Heidelberg , weil die Gesellschaft dort ihren Sitz hat, § 17 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
- 12
- Allerdings sind im Interesse der Prozessökonomie und zur Vermeidung von Zuständigkeitsstreitigkeiten und dadurch bewirkten Verzögerungen und Verteuerungen des Verfahrens Verweisungsbeschlüsse gemäß § 281 Abs. 2 Satz 2 ZPO unanfechtbar und gemäß § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO für das Gericht, an welches verwiesen wird, bindend. Dies entzieht auch einen sachlich zu Unrecht ergangenen Verweisungsbeschluss und die diesem Beschluss zugrunde liegende Entscheidung über die Zuständigkeit grundsätzlich jeder Nachprüfung (BGHZ 102, 338, 340; Sen.Beschl. v. 22.06.1993 - X ARZ 340/93, NJW 1993, 2810). Nach ständiger Rechtsprechung kommt einem Verweisungsbeschluss jedoch dann keine Bindungswirkung zu, wenn er schlechterdings nicht als im Rahmen des § 281 ZPO ergangen angesehen werden kann, etwa weil er auf der Verletzung rechtlichen Gehörs beruht oder weil er jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt und deshalb als willkürlich betrachtet werden muss (BGHZ 71, 69, 72 f.; Sen.Beschl. v. 09.07.2002 - X ARZ 110/02, NJW-RR 2002, 1498). Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
- 13
- Das gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 InsO zuständige Amtsgericht Heidelberg hat sich darüber hinweggesetzt, dass die Verweisung eines Rechtsstreits gemäß § 4 InsO, § 281 Abs. 1 ZPO die Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts voraussetzt. Eine Verweisung kommt nur in Betracht, wenn bei dem Gericht, bei dem die Sache rechtshängig ist, ein Gerichtsstand nicht eröffnet ist (Sen.Beschl. v. 10.09.2002 - X ARZ 217/02, NJW 2002, 3634, 3635). Das Amtsgericht Heidelberg hat seinen Verweisungsbeschluss nicht begründet. Es hat weder Umstände ermittelt noch dargelegt, die seine Zuständigkeit in Frage stellen könnten. Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 InsO hat das Insolvenzgericht von Amts wegen alle Umstände zu ermitteln, die für das Insolvenzverfahren von Bedeutung sind. Gerade im Hinblick auf die oben unter II dargestellte Rechtsprechung hatte das Amtsgericht Heidelberg Veranlassung, der Frage nachzugehen , ob trotz der Zuständigkeitsregelung in § 3 Abs. 1 Satz 1 InsO ein Gerichtsstand bei ihm nicht begründet war. Das nach § 3 Abs. 1 Satz 1 InsO zuständige Insolvenzgericht hat die zur Begründung der örtlichen Zuständigkeit eines anderen Insolvenzgerichts vorgetragenen Umstände zu würdigen und gegebenenfalls von Amts wegen den Sachverhalt weiter aufzuklären. Erst wenn danach ein Gerichtsstand bei ihm nicht eröffnet ist, kann es seine örtliche Unzuständigkeit aussprechen. Geschieht dies ohne eine solche Prüfung, so ent- behrt der Verweisungsbeschluss jeder gesetzlichen Grundlage und muss deshalb als willkürlich betrachtet werden.
- 14
- Das Amtsgericht Heidelberg hat demnach den Rechtsstreit nicht wirksam an das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg verwiesen.
Asendorf Kirchhoff
Vorinstanz:
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 30.05.2005 - 15 AR 8/05 -
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(1) Ist auf Grund der Vorschriften über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit der Gerichte die Unzuständigkeit des Gerichts auszusprechen, so hat das angegangene Gericht, sofern das zuständige Gericht bestimmt werden kann, auf Antrag des Klägers durch Beschluss sich für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das zuständige Gericht zu verweisen. Sind mehrere Gerichte zuständig, so erfolgt die Verweisung an das vom Kläger gewählte Gericht.
(2) Anträge und Erklärungen zur Zuständigkeit des Gerichts können vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgegeben werden. Der Beschluss ist unanfechtbar. Der Rechtsstreit wird bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht mit Eingang der Akten anhängig. Der Beschluss ist für dieses Gericht bindend.
(3) Die im Verfahren vor dem angegangenen Gericht erwachsenen Kosten werden als Teil der Kosten behandelt, die bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht erwachsen. Dem Kläger sind die entstandenen Mehrkosten auch dann aufzuerlegen, wenn er in der Hauptsache obsiegt.
(1) Örtlich zuständig ist ausschließlich das Insolvenzgericht, in dessen Bezirk der Schuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Liegt der Mittelpunkt einer selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit des Schuldners an einem anderen Ort, so ist ausschließlich das Insolvenzgericht zuständig, in dessen Bezirk dieser Ort liegt.
(2) Hat der Schuldner in den letzten sechs Monaten vor der Antragstellung Instrumente gemäß § 29 des Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetzes in Anspruch genommen, ist auch das Gericht örtlich zuständig, das als Restrukturierungsgericht für die Maßnahmen zuständig war.
(3) Sind mehrere Gerichte zuständig, so schließt das Gericht, bei dem zuerst die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt worden ist, die übrigen aus.
(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:
- 1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist; - 2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei; - 3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist; - 4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist; - 5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben; - 6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.
(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.
(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.
(1) Ist auf Grund der Vorschriften über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit der Gerichte die Unzuständigkeit des Gerichts auszusprechen, so hat das angegangene Gericht, sofern das zuständige Gericht bestimmt werden kann, auf Antrag des Klägers durch Beschluss sich für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das zuständige Gericht zu verweisen. Sind mehrere Gerichte zuständig, so erfolgt die Verweisung an das vom Kläger gewählte Gericht.
(2) Anträge und Erklärungen zur Zuständigkeit des Gerichts können vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgegeben werden. Der Beschluss ist unanfechtbar. Der Rechtsstreit wird bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht mit Eingang der Akten anhängig. Der Beschluss ist für dieses Gericht bindend.
(3) Die im Verfahren vor dem angegangenen Gericht erwachsenen Kosten werden als Teil der Kosten behandelt, die bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht erwachsen. Dem Kläger sind die entstandenen Mehrkosten auch dann aufzuerlegen, wenn er in der Hauptsache obsiegt.
(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:
- 1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist; - 2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei; - 3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist; - 4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist; - 5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben; - 6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.
(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.
(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.
(1) Örtlich zuständig ist ausschließlich das Insolvenzgericht, in dessen Bezirk der Schuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Liegt der Mittelpunkt einer selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit des Schuldners an einem anderen Ort, so ist ausschließlich das Insolvenzgericht zuständig, in dessen Bezirk dieser Ort liegt.
(2) Hat der Schuldner in den letzten sechs Monaten vor der Antragstellung Instrumente gemäß § 29 des Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetzes in Anspruch genommen, ist auch das Gericht örtlich zuständig, das als Restrukturierungsgericht für die Maßnahmen zuständig war.
(3) Sind mehrere Gerichte zuständig, so schließt das Gericht, bei dem zuerst die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt worden ist, die übrigen aus.
(1) Der allgemeine Gerichtsstand der Gemeinden, der Korporationen sowie derjenigen Gesellschaften, Genossenschaften oder anderen Vereine und derjenigen Stiftungen, Anstalten und Vermögensmassen, die als solche verklagt werden können, wird durch ihren Sitz bestimmt. Als Sitz gilt, wenn sich nichts anderes ergibt, der Ort, wo die Verwaltung geführt wird.
(2) Gewerkschaften haben den allgemeinen Gerichtsstand bei dem Gericht, in dessen Bezirk das Bergwerk liegt, Behörden, wenn sie als solche verklagt werden können, bei dem Gericht ihres Amtssitzes.
(3) Neben dem durch die Vorschriften dieses Paragraphen bestimmten Gerichtsstand ist ein durch Statut oder in anderer Weise besonders geregelter Gerichtsstand zulässig.
(1) Ist auf Grund der Vorschriften über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit der Gerichte die Unzuständigkeit des Gerichts auszusprechen, so hat das angegangene Gericht, sofern das zuständige Gericht bestimmt werden kann, auf Antrag des Klägers durch Beschluss sich für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das zuständige Gericht zu verweisen. Sind mehrere Gerichte zuständig, so erfolgt die Verweisung an das vom Kläger gewählte Gericht.
(2) Anträge und Erklärungen zur Zuständigkeit des Gerichts können vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgegeben werden. Der Beschluss ist unanfechtbar. Der Rechtsstreit wird bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht mit Eingang der Akten anhängig. Der Beschluss ist für dieses Gericht bindend.
(3) Die im Verfahren vor dem angegangenen Gericht erwachsenen Kosten werden als Teil der Kosten behandelt, die bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht erwachsen. Dem Kläger sind die entstandenen Mehrkosten auch dann aufzuerlegen, wenn er in der Hauptsache obsiegt.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Die Erstattung der sonstigen Kosten richtet nach der Kostentscheidung in der Hauptsache.
Gründe:
I. Die Klägerin nimmt den im Bezirk des Amtsgerichts Alsfeld wohnenden Beklagten auf Zahlung von Werklohn in Höhe von 2.154,19 DM (= 1.101,42 ?) für Fliesenlegerarbeiten an einem Bauvorhaben in W. in Anspruch. Das zunächst angerufene Amtsgericht Weiûwasser hat sich nach Anhörung der Parteien mit Beschluû vom 18. Dezember 2001 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Amtsgericht Alsfeld verwiesen. Das Amtsgericht Alsfeld hat sich mit Beschluû vom 12. Februar 2002 ebenfalls für örtlich unzuständig erklärt und die Sache dem Oberlandesgericht Dresden zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.
Das Oberlandesgericht Dresden möchte das Amtsgericht Alsfeld als zuständiges Gericht bestimmen. Es sieht sich hieran durch Entscheidungen der Oberlandesgerichte Schleswig (Beschl. v. 24.5.2000 - 2 W 83/00, MDR 2000, 1453) und Naumburg (Beschl. v. 4.1.2001 - 1 AR 54/00, MDR 2001, 769) gehindert. Deshalb hat es die Sache dem Bundesgerichtshof vorgelegt.
II. Die Vorlage ist zulässig. Das Oberlandesgericht Dresden würde sich mit der von ihm beabsichtigten Entscheidung in Widerspruch zu den zitierten Beschlüssen der Oberlandesgerichte Schleswig und Naumburg setzen. Diese haben entschieden, ein Verweisungsbeschluû sei willkürlich und deshalb nicht bindend, wenn das verweisende Gericht von der "fast einhelligen" (so das OLG Schleswig aaO) bzw. "ganz überwiegenden" (so das OLG Naumburg aaO) Auffassung abgewichen ist, wonach Erfüllungsort für eine Werklohnforderung regelmäûig der Ort des Bauwerks ist. Das vorlegende Oberlandesgericht Dresden hält es hingegen mit dem Grundsatz der richterlichen Unabhängigkeit für unvereinbar, eine Verweisung als willkürlich anzusehen, die auf einer vertretbaren Mindermeinung beruht, mag diese auch zahlenmäûig wenig Befürworter haben.
III. Zuständiges Gericht ist das Amtsgericht Alsfeld.
1. Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung gemäû § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen vor. Sowohl das Amtsgericht Weiûwasser als auch das Amtsgericht Alsfeld haben sich in unanfechtbaren Beschlüssen für örtlich unzuständig erklärt.
2. Das Amtsgericht Alsfeld ist örtlich zuständig. Der Verweisungsbeschluû des Amtsgerichts Weiûwasser ist gemäû § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO bindend.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann ein Verweisungsbeschluû nicht als verbindlich hingenommen werden, wenn er auf Willkür beruht. Hierfür genügt es aber nicht, daû der Beschluû inhaltlich unrichtig oder sonst fehlerhaft ist. Willkür liegt vor, wenn dem Beschluû jede rechtliche Grundlage fehlt (Sen.Beschl. v. 19.1.1993 - X ARZ 845/92, NJW 1993, 1273). Dies ist auch dann der Fall, wenn die Entscheidung bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständig erscheint und offensichtlich unhaltbar ist (BVerfGE 29, 45, 49; vgl. auch Sen.Beschl. v. 23.1.1996 - X ZB 3/95, MDR 1996, 1032).
Bei Anlegung dieser Maûstäbe ist der Verweisungsbeschluû des Amtsgerichts Weiûwassers nicht willkürlich. Das Amtsgericht Weiûwasser ist in se inem Verweisungsbeschluû zwar von einer Rechtsauffassung abgewichen, die sowohl vom Bundesgerichtshof als auch von zahlreichen Oberlandesgerichten vertreten wird. Dies vermag den Vorwurf der Willkür indes schon deshalb nicht zu begründen, weil dem deutschen Recht eine Präjudizienbindung grundsätzlich fremd ist, eine bloûe Abweichung von einer höchstrichterlichen oder obergerichtlichen Rechtsprechung kann daher nicht schon allein aus diesem Grunde als willkürlich in diesem Sinne angesehen werden. Es bedarf vielmehr zusätzlicher Umstände, die die getroffene Entscheidung als schlechterdings nicht mehr nachvollziehbar erscheinen lassen (vgl. Sen.Beschl. v. 19.1.1993 - X ARZ 845/92, NJW 1993, 1273; BayObLG, Beschl. v. 22.7.1986 - Allg. Reg. 88/85, MDR 1987, 59; OLG Celle, Beschl. v. 15.11.2001 - 4 AR 79/01,
OLGRep. Celle 2002, 11; KG, Beschl. v. 10.2.1999 - 28 AR 13/99, KGRep. Berlin 1999, 242; OLG Brandenburg, Beschl. v. 8.3.2001 - 1 AR 7/01, OLGRep. Brandenburg 2001, 247, 249).
Derartige Umstände sind im vorliegenden Fall nicht gegeben. Das Amtsgericht Weiûwasser hat sich mit der herrschenden Auffassung auseinandergesetzt und kurz begründet, warum es diese für nicht zutreffend hält. Es hat zudem mehrere Entscheidungen von Landgerichten zitiert, die ebenfalls seiner Auffassung sind. Seine Entscheidung mag rechtlich unzutreffend sein. Willkürlich ist sie nicht.
Einer weitergehenden Ausdehnung des Willkür-Begriffs vermag sich der Senat nicht anzuschlieûen. Allerdings haben die eingangs zitierten Entscheidungen der Oberlandesgerichte Schleswig und Naumburg zum Teil auch in der Literatur Zustimmung gefunden. Die ihnen zugrunde liegende Rechtsauffassung wird dort als geeignetes Mittel angesehen, um einer miûbräuchlichen Anwendung der Verweisungsmöglichkeit des § 281 ZPO Einhalt gebieten zu können (Zöller/Greger, 23. Aufl., § 281 ZPO Rdn. 17; vgl. auch Musielak/Foerste, 3. Aufl., § 281 ZPO Rdn. 17). Selbst wenn dies zuträfe, stünde die damit verbundene Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit aber in keinem Verhältnis zu dem angestrebten Ziel. Sofern es zu einer miûbräuchlichen Anwendung von Verfahrensvorschriften kommt, muû diese im Einzelfall festgestellt und unterbunden werden. Es ginge hingegen zu weit, eine Entscheidung
schon deshalb als willkürlich anzusehen, weil sie von einer als herrschend bezeichneten Auffassung abweicht (ebenso Womelsdorf, MDR 2001, 1161 f.; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, 60. Aufl., § 281 ZPO Rdn. 39; vgl. auch MünchKomm.ZPO/Prütting, 2. Aufl., § 281 ZPO Rdn. 54; Stein/Jonas/Leipold, 21. Aufl., § 281 ZPO Rdn. 30).
Melullis Jestaedt Scharen
Keukenschrijver Mühlens
(1) Örtlich zuständig ist ausschließlich das Insolvenzgericht, in dessen Bezirk der Schuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Liegt der Mittelpunkt einer selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit des Schuldners an einem anderen Ort, so ist ausschließlich das Insolvenzgericht zuständig, in dessen Bezirk dieser Ort liegt.
(2) Hat der Schuldner in den letzten sechs Monaten vor der Antragstellung Instrumente gemäß § 29 des Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetzes in Anspruch genommen, ist auch das Gericht örtlich zuständig, das als Restrukturierungsgericht für die Maßnahmen zuständig war.
(3) Sind mehrere Gerichte zuständig, so schließt das Gericht, bei dem zuerst die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt worden ist, die übrigen aus.
Für das Insolvenzverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend. § 128a der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe, dass bei Gläubigerversammlungen sowie sonstigen Versammlungen und Terminen die Beteiligten in der Ladung auf die Verpflichtung hinzuweisen sind, wissentliche Ton- und Bildaufzeichnungen zu unterlassen und durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass Dritte die Ton- und Bildübertragung nicht wahrnehmen können.
(1) Ist auf Grund der Vorschriften über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit der Gerichte die Unzuständigkeit des Gerichts auszusprechen, so hat das angegangene Gericht, sofern das zuständige Gericht bestimmt werden kann, auf Antrag des Klägers durch Beschluss sich für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das zuständige Gericht zu verweisen. Sind mehrere Gerichte zuständig, so erfolgt die Verweisung an das vom Kläger gewählte Gericht.
(2) Anträge und Erklärungen zur Zuständigkeit des Gerichts können vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgegeben werden. Der Beschluss ist unanfechtbar. Der Rechtsstreit wird bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht mit Eingang der Akten anhängig. Der Beschluss ist für dieses Gericht bindend.
(3) Die im Verfahren vor dem angegangenen Gericht erwachsenen Kosten werden als Teil der Kosten behandelt, die bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht erwachsen. Dem Kläger sind die entstandenen Mehrkosten auch dann aufzuerlegen, wenn er in der Hauptsache obsiegt.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I. Auf Antrag der Klägerin hat das Amtsgericht H. gegen die Beklagte einen Mahnbescheid wegen angeblicher Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall, der sich im Bezirk des Amtsgerichts W. ereignet hat, erlassen. Nach Widerspruchserhebung durch die Beklagte ist der Rechtsstreit am 18. Februar 2002 an das Amtsgericht S. abgegeben worden. Die Klägerin hat im Mahnantrag dieses Gericht, in dessen Bezirk die Beklagte ihren Sitz hat, als für ein streitiges Verfahren zuständig bezeichnet.
Das Amtsgericht S. hat am 27. Februar 2002 ein Schreiben an die Klägerin mit folgendem Zusatz verfügt: "Sofern sich der Unfall nicht im Bereich der Zuständigkeit des Amtsgerichts S. ereignet hat und Verweisung an das Gericht des Unfallorts beantragt wird, möge erklärt werden, ob die Verweisung im schriftlichen Verfahren erfolgen kann." Daraufhin hat die Klägerin die
Abgabe des Verfahrens an das Amtsgericht W. beantragt. Sie hat sich dabei auf einen gleichlautenden, mit Telefax vom 25. Februar 2002 beim Amtsgericht H. eingereichten Antrag bezogen. Auf Befragen hat die Beklagte kei- ne Einwände gegen eine Verweisung im schriftlichen Verfahren erhoben. Daraufhin hat sich das Amtsgericht S. mit Beschluß vom 27. März 2002 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Amtsgericht W. verwiesen. Dieses hat die Übernahme mit Beschluß vom 22. April 2002 abgelehnt.
Das Oberlandesgericht S. , dem das Amtsgericht S. die Sache gemäß § 36 Abs. 2 ZPO zur Entscheidung vorgelegt hat, hält den Verweisungsbeschluß des Amtsgerichts S. für bindend und somit die Zuständigkeit des Amtsgerichts W. für gegeben. Dem stehe die Angabe im Mahnbescheid, das streitige Verfahren solle vor dem Amtsgericht S. durchgeführt werden, nicht entgegen. Zwar sei gemäß § 696 Abs. 1 Satz 1, § 700 Abs. 3 Satz 1 ZPO eine Korrektur der im Mahnantrag getroffenen Zuständigkeitswahl nur durch übereinstimmendes, bereits vor der Abgabe an das Empfangsgericht erklärtes Verlangen der Parteien möglich. Der Verweisungsbeschluß entbehre jedoch auch im vorliegenden Fall, in dem die übereinstimmenden Erklärungen erst nach der Abgabe erfolgten, nicht jeder rechtlichen Grundlage und sei daher nicht willkürlich.
Weil sich das Oberlandesgericht hierbei in Widerspruch zu einer Rechtsauffassung sieht, die in Entscheidungen des Oberlandesgerichts Schleswig (MDR 2001, 50) und des Bayerischen Obersten Landesgerichts (MDR 1994, 94) vertreten wird, hat es die Sache gemäß § 36 Abs. 3 ZPO zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.
II. Auf Grund der zulässigen Divergenzvorlage ist das Amtsgericht S. als zuständiges Gericht zu bestimmen.
1. Die in § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO genannten Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung liegen vor. Das Amtsgericht S. , in dessen Bezirk die Beklagte ihren Sitz hat und das deshalb - wegen Fehlens eines abweichenden ausschließlichen Gerichtsstands - gemäß §§ 12, 17 ZPO für den Rechtsstreit örtlich zuständig ist, hat sich durch einen gemäß § 281 Abs. 2 Satz 2 ZPO unanfechtbaren Beschluß für unzuständig erklärt. Das Amtsgericht W. hat im Beschlußweg die Übernahme des Verfahrens abgelehnt. Das genügt, um zur Anwendung des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu gelangen (BGHZ 102, 338, 339 f.).
2. Das Amtsgericht S. ist für den vorliegenden Rechtsstreit zuständig.
a) Die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts S. wird durch die nach § 32 ZPO bestehende konkurrierende örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts W. nicht berührt. Der Klägerin stand insoweit ein Wahlrecht im Sinne des § 35 ZPO zu. Davon hat sie dadurch Gebrauch gemacht, daß sie in dem Mahnantrag das örtlich zuständige Amtsgericht S. gemäß § 690 Abs. 1 Nr. 5 ZPO als das für ein streitiges Verfahren zuständige Gericht bestimmt hat. Seit der Neufassung dieser Vorschrift durch das am 1. Januar 1992 in Kraft getretene Rechtspflegevereinfachungsgesetz vom 17. Dezember 1990 (BGBl I, 2847) muß nicht mehr zwingend der allgemeine Gerichtsstand des Antragsgegners als zuständiges Gericht angeben werden. Daher gibt es heute
keinen Grund mehr für die zum früheren Recht vertretene Auffassung, wonach diese Angabe keine Wahl zwischen mehreren Gerichtsständen bedeute und das Wahlrecht daher noch im Verlauf des weiteren Verfahrens ausgeübt werden könne.
Die Parteien hätten zwar übereinstimmend verlangen können, daß das Verfahren vom Mahngericht, dem Amtsgericht H. , nicht an das Amtsgericht S. , sondern an ein anderes Gericht abgegeben werde (§ 696 Abs. 1 Satz 1, letzter Halbsatz ZPO). Ein solcher übereinstimmender Antrag ist jedoch beim Mahngericht bis zur Abgabe an das Amtsgericht S. nicht eingegangen. Nach deren Vollzug ist die von der Klägerin getroffene Wahl unwiderruflich und verbindlich (Sen.Beschl. v. 19.01.1993 - X ARZ 845/92, NJW 1993, 1273).
b) Das Amtsgericht S. konnte den Rechtsstreit demgemäß nicht an das Amtsgericht W. verweisen. Eine Verweisung kommt nur dann in Betracht, wenn bei dem Gericht, bei dem die Sache rechtshängig ist, ein Gerichtsstand nicht eröffnet ist. Dies gilt auch, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Rechtshängigkeit erst durch Abgabe gemäß § 696 Abs. 1 Satz 1 ZPO begründet wurde. Zwar wird das Gericht, an das der Rechtsstreit abgegeben wird, durch diese Abgabe nicht in gleicher Weise wie durch eine Verweisung wegen fehlender Zuständigkeit nach § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO gebunden (vgl. § 696 Abs. 5 ZPO); es hat vielmehr seine Zuständigkeit nach den allgemeinen Vorschriften zu prüfen. Eine Verweisung ist ihm danach jedoch nur im Fall seiner Unzuständigkeit eröffnet; ist es - wie hier - zumindest auch für die Entscheidung zuständig, scheidet eine Verweisung aus.
c) Dem Verweisungsbeschluß des Amtsgerichts S. kommt auch keine Bindungswirkung zu.
Zwar sind im Interesse der Prozeßökonomie und zur Vermeidung von Zuständigkeitsstreitigkeiten und dadurch bewirkten Verzögerungen und Verteuerungen des Verfahrens Verweisungsbeschlüsse gemäß § 281 Abs. 2 Satz 2 ZPO unanfechtbar. Dies entzieht auch einen sachlich zu Unrecht ergangenen Verweisungsbeschluß und die diesem Beschluß zugrunde liegende Entscheidung über die Zuständigkeit grundsätzlich jeder Nachprüfung (BGHZ 102, 338, 340; BGH, Beschl. v. 08.04.1992 - XII ARZ 8/92, NJW-RR 1992, 902 f.; Sen.Beschl. v. 22.06.1993 - X ARZ 340/93, NJW 1993, 2810).
Nach ständiger Rechtsprechung kommt einem Verweisungsbeschluß jedoch dann keine Bindungswirkung zu, wenn er schlechterdings nicht als im Rahmen des § 281 ZPO ergangen angesehen werden kann (RGZ 119, 379, 384; BGHZ 2, 278, 280), etwa weil er auf der Verletzung rechtlichen Gehörs beruht oder weil er jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt und deshalb als willkürlich betrachtet werden muß (BGHZ 71, 69, 72 ff.; BGH, Beschl. v. 04.12.1991 - XII ARZ 29/91, NJW-RR 1992, 383; Sen.Beschl. v. 09.07.2002 - X ARZ 110/02, zur Veröffentlichung vorgesehen).
Im vorliegenden Fall hat das Amtsgericht S. den Parteien zwar rechtliches Gehör gewährt. Dem Beschluß haftet jedoch ein schwerwiegender Rechtsfehler an, der ihn als willkürlich erscheinen läßt. Zwar läßt der Beschluß jegliche Begründung vermissen; der rechtliche Ausgangspunkt des Amtsgerichts ist aber aus dem Akteninhalt, insbesondere aus der Verfügung vom 27. Februar 2002, deutlich zu erkennen. Das Gericht ist offensichtlich davon
ausgegangen, trotz seiner eigenen örtlichen Zuständigkeit könne die Klägerin auch noch nach Abgabe der Sache durch das Mahngericht ein anderes zuständiges Gericht wählen, weshalb auf entsprechenden Antrag die Verweisung an dieses Gericht auszusprechen sei. Sonst hätte das Amtsgericht nicht der Klägerin von sich aus anheimgestellt, einen Verweisungsantrag zu stellen.
Dem dahinter stehenden Rechtsstandpunkt ist jedenfalls durch die Neufassung des § 696 Abs. 1 Nr. 5 ZPO die Grundlage entzogen worden. Diese mit der Rechtsänderung verbundene Folge hat das Gericht entweder nicht zur Kenntnis genommen oder es war nicht gewillt, sich an die Änderung der gesetzlichen Voraussetzungen einer Verweisung im Mahnverfahren zu halten. Jedenfalls lassen sich aus der Akte keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, daß sich das Amtsgericht mit der geltenden Rechtslage auseinandergesetzt und nach Gründen für die Zulässigkeit einer Verweisung gesucht haben könnte.
Unter diesen Umständen kann der Verweisungsbeschluß nicht hingenommen werden. Wie der Senat bereits entschieden hat, ist eine Verweisung willkürlich, wenn ein Gericht eine bereits vor längerer Zeit vorgenommene Gesetzesänderung , mit der gerade solche Verweisungen unterbunden werden sollen, offenbar nicht zur Kenntnis genommen hat (Sen.Beschl. v. 19.01.1993 - X ARZ 845/92, NJW 1993, 1273). Dies gilt in besonderem Maße, wenn die betreffende Gesetzesänderung - wie im vorliegenden Fall - bereits mehr als zehn Jahre zurückliegt und ihre Konsequenzen für die Verweisung des Rechtsstreits nach § 281 ZPO in der Rechtsprechung und Kommentarliteratur ausführlich erörtert worden sind. Nicht minder schwerwiegend wäre der Gesetzesverstoß , wenn das Gericht das geänderte Gesetz zwar gekannt, sich jedoch ohne weiteres darüber hinweggesetzt haben sollte. Aus diesem Grund kann
der Verweisungsbeschluß schlechterdings nicht als im Rahmen des § 281 ZPO ergangen angesehen werden.
Auch der Umstand, daß die Klägerin einen Verweisungsantrag gestellt hat und die Beklagte mit der Verweisung einverstanden gewesen ist, führt zu keinem anderen Ergebnis. Wenn das Gericht durch die Verweisung des Rechtsstreits einem übereinstimmenden Verlangen beider Parteien entspricht, kann dies zwar nach teilweise vertretener Auffassung in manchen Fällen geeignet sein, einen rechtsfehlerhaft zustandegekommenen Verweisungsbeschluß nicht willkürlich erscheinen zu lassen (BGH, Beschl. v. 23.03.1988 - IVb ARZ 8/88, FamRZ 1988, 943; OLG Koblenz, OLG-Report 1997, 74 f.; Zöller/Vollkommer, ZPO, 23. Aufl., § 696 Rdn. 9a). Dies kann aber jedenfalls dann nicht gelten, wenn ein unzweifelhaft zuständiges Gericht die Parteien, die sich bislang zur Frage einer Verweisung noch nicht geäußert haben, von sich aus auf die angeblich bestehende Möglichkeit einer Verweisung hinweist. Wenn die Parteien daraufhin die Verweisung beantragen bzw. sich mit ihr einverstanden erklären, liegt die Annahme nicht fern, daß sie durch die rechtlich unzutreffende Information dazu veranlaßt worden sind. Schon aus diesem Grund sind die Erklärungen der Parteien nicht geeignet, der rechtswidrigen Verweisung den Willkürcharakter zu nehmen.
Melullis Jestaedt RiBGH Scharen ist urlaubsbedingt ortsabwesend und daher gehindert zu unterschreiben Melullis
Keukenschrijver Asendorf
(1) Das Insolvenzgericht hat von Amts wegen alle Umstände zu ermitteln, die für das Insolvenzverfahren von Bedeutung sind. Es kann zu diesem Zweck insbesondere Zeugen und Sachverständige vernehmen.
(2) Sind die Vermögensverhältnisse des Schuldners überschaubar und ist die Zahl der Gläubiger oder die Höhe der Verbindlichkeiten gering, wird das Verfahren schriftlich durchgeführt. Das Insolvenzgericht kann anordnen, dass das Verfahren oder einzelne seiner Teile mündlich durchgeführt werden, wenn dies zur Förderung des Verfahrensablaufs angezeigt ist. Es kann diese Anordnung jederzeit aufheben oder ändern. Die Anordnung, ihre Aufhebung oder Abänderung sind öffentlich bekannt zu machen.
(3) Die Entscheidungen des Gerichts können ohne mündliche Verhandlung ergehen. Findet eine mündliche Verhandlung statt, so ist § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung nicht anzuwenden.
(4) Tabellen und Verzeichnisse können maschinell hergestellt und bearbeitet werden. Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen über die Führung der Tabellen und Verzeichnisse, ihre elektronische Einreichung sowie die elektronische Einreichung der dazugehörigen Dokumente und deren Aufbewahrung zu treffen. Dabei können sie auch Vorgaben für die Datenformate der elektronischen Einreichung machen. Die Landesregierungen können die Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.
(5) Insolvenzverwalter sollen ein elektronisches Gläubigerinformationssystem vorhalten, mit dem jedem Insolvenzgläubiger, der eine Forderung angemeldet hat, alle Entscheidungen des Insolvenzgerichts, alle an das Insolvenzgericht übersandten Berichte, welche nicht ausschließlich die Forderungen anderer Gläubiger betreffen, und alle die eigenen Forderungen betreffenden Unterlagen in einem gängigen Dateiformat zur Verfügung gestellt werden können. Hat der Schuldner im vorangegangenen Geschäftsjahr mindestens zwei der drei in § 22a Absatz 1 genannten Merkmale erfüllt, muss der Insolvenzverwalter ein elektronisches Gläubigerinformationssystem vorhalten und die in Satz 1 genannten Dokumente unverzüglich zum elektronischen Abruf zur Verfügung stellen. Den Einsichtsberechtigten stellt der Verwalter die für den Zugang erforderlichen Daten unverzüglich zur Verfügung.
(1) Örtlich zuständig ist ausschließlich das Insolvenzgericht, in dessen Bezirk der Schuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Liegt der Mittelpunkt einer selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit des Schuldners an einem anderen Ort, so ist ausschließlich das Insolvenzgericht zuständig, in dessen Bezirk dieser Ort liegt.
(2) Hat der Schuldner in den letzten sechs Monaten vor der Antragstellung Instrumente gemäß § 29 des Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetzes in Anspruch genommen, ist auch das Gericht örtlich zuständig, das als Restrukturierungsgericht für die Maßnahmen zuständig war.
(3) Sind mehrere Gerichte zuständig, so schließt das Gericht, bei dem zuerst die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt worden ist, die übrigen aus.