Oberlandesgericht München Endurteil, 18. Apr. 2018 - 7 U 3130/17

bei uns veröffentlicht am18.04.2018
vorgehend
Landgericht München I, 10 HK O 13462/16, 11.08.2017

Gericht

Oberlandesgericht München

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 11.8.2017 (Az.: 10 HK O 13462/16) im Kostenpunkt sowie in Ziffern 3 und 4 des Tenors aufgehoben.

2. Die Klaganträge 3 und 4 werden abgewiesen.

3. Die weitergehende Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

4. Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens haben die Klägerin 3% und der Beklagte 97% zu tragen. Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin 14% und der Beklagte 86% zu tragen.

5. Dieses Urteil und das angegriffene Urteil, soweit es noch Bestand hat, sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Der Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des gegen ihn vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

6. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin macht gegen den Beklagten Schadensersatzansprüche unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführerhaftung geltend.

Der Beklagte war alleiniger und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiter Geschäftsführer der Klägerin (welche im streitgegenständlichen Zeitraum als T. GmbH firmierte). Gesellschafterin der Klägerin zu 51% [im folgenden: Mehrheitsgesellschafterin] war die I. Kliniken II AG, deren alleiniger Vorstand Frau K. war. Weitere Gesellschafterin zu 49% der Klägerin war die Therapiepunkt I. GmbH, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Beklagte war.

§ 2 Abs. 3 des Geschäftsführeranstellungsvertrages zwischen der Klägerin und dem Beklagten (Anlage K 3) lautet auszugsweise wie folgt.

"Die Geschäftsführer bedürfen zur Durchführung der nachstehenden Maßnahmen der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Gesellschafterversammlung: … Abschluss, Änderung oder Beendigung von Miet-, Leasing- oder Pachtverträgen, die eine Laufzeit von mehr als drei Jahren oder einen Miet- oder Pachtzins von jährlich mehr als 24.000,- € vorsehen. Ausgenommen hiervon sind Miet-, Leasing- oder Pachtverträge ungeachtet der Laufzeit mit jährlichen Zahlungen von im Einzelfall weniger als 2.400,- €."

Im Dezember 2014 schloss der Beklagte namens der Klägerin mit der G. Wohnbau GmbH & Co. Grundbesitz KG [im folgenden: G.] einen Mietvertrag über Geschäftsräume mit einer Laufzeit von 10 Jahren zu einem monatlichen Mietzins von 4.252,50 €, was einer Jahresmiete von 51.030,- € entspricht. Eine schriftliche Zustimmung der Gesellschafterversammlung zu diesem Geschäft lag nicht vor.

In der Gesellschafterversammlung der Klägerin vom 17.4.2015 wurde der Beklagte als Geschäftsführer der Klägerin abberufen. Auf das Protokoll der Gesellschafterversammlung (Anlage K 24) wird Bezug genommen. Am selben Tag vereinbarten die Parteien die einvernehmliche Aufhebung des Geschäftsführeranstellungsvertrages zwischen den Parteien. Ziffer 3 der Aufhebungsvereinbarung (Anlage K 4) lautet wie folgt.

"Die Parteien sind sich darüber einig, dass mit dieser Aufhebungsvereinbarung alle Ansprüche aus dem Geschäftsführeranstellungsvertrag - gleichgültig aus welchem Rechtsgrunde - wechselseitig erledigt sind. …"

Am 11.11.2016 vereinbarten die Klägerin und die G. die Aufhebung des genannten Mietvertrages gegen eine Abstandszahlung von 60.000,- €.

Die Klägerin hatte mit der am 8.8.2016 beim Landgericht eingegangenen Klage ursprünglich die Feststellung der Pflicht des Beklagten beantragt, die Klägerin von sämtlichen Mietzinsforderungen aus dem Mietvertrag mit der G. freizustellen, sowie die Erstattung vorgerichtlicher Kosten begehrt. Mit Schriftsatz vom 9.11.2016 ist die Klägerin zur Leistungsklage übergegangen und hat Feststellung nur noch hinsichtlich der Pflicht des Beklagten beantragt, die Klägerin von eventuellen künftigen weiteren Forderungen der G. im Zusammenhang mit dem genannten Mietvertrag freizustellen; den weitergehenden Feststellungsantrag hat die Klägerin für erledigt erklärt. Im Termin vor dem Landgericht vom 20.3.2017 hat der Beklagte der Teilerledigungserklärung zugestimmt (vgl. Sitzungsprotokoll, Bl. 86 ff. der Akten, dort S. 2).

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 60.000,- € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 19.5.2016 zu zahlen.

2. Der Beklagte wird zudem verurteilt, an die Klägerin 4.182,14 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 19.5.2016 zu zahlen.

3. Darüber hinaus wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin von allen eventuellen künftigen weiteren Forderungen im Zusammenhang mit dem Mietvertrag zwischen der Klägerin und der G. W. GmbH & Co. G. KG vom 10.12.2014 freizustellen.

4. Der Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin 3.650,01 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 27.12.2016 zu zahlen.

5. Die Beklagte wird zudem verurteilt, an die Klägerin 4.808,67 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 19.5.2016 für außergerichtliche Rechtsverfolgung zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Landgericht hat der Klage bis auf einen Teil der begehrten Zinsen und auf die Erstattung vorgerichtlicher Kosten (Klagantrag 5) stattgegeben. Die Teilerledigung des ursprünglichen Feststellungsantrags hat es festgestellt (bei Ziffer 3 des Tenors). Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils wird Bezug genommen. Mit seiner zulässigen, insbesondere form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung verfolgt der Beklagte sein Klagabweisungsbegehren weiter.

Gründe

Die Berufung hat nur zum geringen Teil Erfolg. Der Beklagte haftet der Klägerin dem Grunde nach für die Verletzung von Geschäftsführerpflichten (unten I.). Die Abgeltungsklausel in der Aufhebungsvereinbarung vom 17.4.2015 steht dem geltend gemachten Schadensersatzanspruch nicht entgegen (unten II.). Ersatzfähig sind hiernach die mit den Klaganträgen 1 und 2 geltend gemachten Schadensposten; insoweit hat das landgerichtliche Urteil Bestand. Zu Recht wendet sich der Beklagte aber gegen den Ausspruch in Ziffern 3 und 4 des angegriffenen Urteils (unten III.).

I. Der Beklagte haftet der Klägerin gemäß § 280 Abs. 1 BGB und § 43 Abs. 2 GmbHG für die Schäden der Klägerin im Zusammenhang mit dem vom Beklagten als Geschäftsführer abgeschlossenen Mietvertrag zwischen der Klägerin und der G.

1. Gemäß § 2 Abs. 3 des Anstellungsvertrages zwischen den Parteien hätte der Beklagte vor Abschluss des Mietvertrages mit der G. eine schriftliche Zustimmung der Gesellschafterversammlung der Klägerin einholen müssen, da der Mietvertrag sowohl in zeitlicher Hinsicht (Bindung auf 10 Jahre) also auch hinsichtlich der Höhe des Mietzinses (ca. 50.000, € jährlich) die Grenzen (3 Jahre bzw. 24.000,- € jährlich), innerhalb welcher der Beklagte im Innenverhältnis der Klägerin ohne Zustimmung der Gesellschafterversammlung handeln durfte, deutlich überschritt. Da eine vorherige schriftliche Zustimmung der Gesellschafterversammlung nicht vorlag, hat der Beklagte damit seine Pflichten aus dem Anstellungsvertrag verletzt im Sinne von § 280 Abs. 1 BGB. Die Überschreitung der im Innenverhältnis gezogenen Grenzen seiner Vertretungsmacht erfüllt zugleich den Tatbestand des § 43 Abs. 2 GmbHG.

Eine Pflichtverletzung kann nicht mit dem Argument des Beklagten verneint werden, er habe bei Abschluss des Mietvertrages im wohlverstandenen Interesse der Klägerin gehandelt, weil diese die Mieträume benötigt habe. Handeln im Interesse der Gesellschaft mag im allgemeinen die Pflichtwidrigkeit dieses Handelns ausschließen; über konkret vertraglich geregelte Pflichten wie die Beachtung von Vertretungsbeschränkungen im Innenverhältnis hilft diese Konstruktion aber nicht hinweg.

Letztlich aus dem selben Grund geht die Argumentation des Beklagten fehl, dass die Gesellschafterversammlung - wäre sie gefragt worden - dem Mietvertrag unter dem Gesichtspunkt der gesellschaftlichen Treuepflicht hätte zustimmen müssen. Die gesellschaftliche Treuepflicht besteht zwischen den Gesellschaftern bzw. zwischen der Gesellschaft und den Gesellschaftern. Eine Exkulpation explizit pflichtwidrigen Handelns kann ein Fremdgeschäftsführer wie der Beklagte hieraus nicht herleiten.

Eine konkludente Abbedingung des Zustimmungserfordernisses liegt nicht schon in der ein- oder zweimaligen Duldung des Abschlusses von entsprechenden Mietverträgen ohne Zustimmung der Gesellschafterversammlung in der Vergangenheit. Denn aus solchen Einzelfällen lässt sich ein übereinstimmender rechtsgeschäftlicher Willen der Parteien auf konkludente Änderung des Anstellungsvertrages zwischen den Parteien nicht entnehmen.

Eine Pflichtverletzung des Beklagten würde auch nicht durch seine Behauptung ausgeschlossen, die Mehrheitsgesellschafterin habe vor Abschluss des Mietvertrages von dem diesbezüglichen Vorhaben gewusst. Der Abschluss des Vertrages war nämlich nicht von einer vorgängigen Information der Gesellschafter abhängig, sondern von einer Zustimmung der Gesellschafterversammlung, was einen entsprechenden Gesellschafterbeschluss vorausgesetzt hätte.

2. Diese Pflichtverletzung hat der Beklagte zu vertreten. Dies wird sowohl im Rahmen des § 280 Abs. 1 S. 2 BGB als auch im Rahmen des § 43 Abs. 2 GmbHG vermutet. Eine Entlastung ist dem Beklagten nicht gelungen. Vielmehr liegt sogar Vorsatz nahe. Zumindest gegeben ist aber Fahrlässigkeit. Der Beklagte musste den Inhalt seines Dienstvertrages kennen. Seine Behauptung gemeint zu haben, zum Abschluss des Mietvertrages berechtigt zu sein, entlastet ihn vor diesem Hintergrund nicht; Anhaltspunkte für einen unvermeidbaren Verbotsirrtum sind nicht ersichtlich.

II. Die Abgeltungsklausel in Ziffer 3. der Aufhebungsvereinbarung vom 17.4.2015 steht dem geltend gemachten Schadensersatzanspruch nicht entgegen. Zwar würde der Anspruch der Abgeltungsklausel unterfallen, weil diese sich auf „alle Ansprüche“ zwischen den Parteien „gleichgültig aus welchem Rechtsgrunde“ bezog; diese Formulierung macht nur Sinn, wenn der Wille der Vertragsschließenden auf die Abgeltung auch von - wie vorliegend - der Klägerin im Zeitpunkt des Vertragsschlusses unbekannten Ansprüchen gerichtet war. Dem Beklagten ist es aber nach § 242 BGB verwehrt sich gegenüber der Klageforderung auf die Abgeltungsklausel zu berufen.

1. Dies ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerin nicht schon daraus, dass die Abgeltungsklausel zu einer erheblichen Äquivalenzstörung zwischen den Parteien geführt habe. Zwar entspricht es der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass die Berufung des Schuldners eines Schadensersatzanspruches auf eine Abgeltungsklausel dann treuwidrig ist, wenn die Äquivalenz der beiderseitigen Leistungen erheblich gestört ist und das für eine Seite eine unbillige Härte bedeutet (Urteil vom 29.1.1992 - XII ZR 124/90; Urteil vom 16.9.2008 - VI ZR 296/07). Der vorliegende Fall erfüllt aber die genannten Kriterien nicht.

Zweifel bestehen schon an einer erheblichen Äquivalenzstörung. Es ist nämlich keineswegs so (wie die Klägerin behauptet), dass der Beklagte mit der Abgeltungsklausel nur auf wenige Monate Gehalt verzichtet hat. Wie sich aus dem Protokoll der Gesellschafterversammlung Anlage K 24 ergibt, sollten nämlich auch bei der Abfindung für den Geschäftsanteil der Therapiepunkt I. GmbH (die zu 100% dem Beklagten gehört) Ansprüche der Klägerin gegen den Beklagten abfindungsmindernd verrechnet werden; dies wurde ausweislich Anlage K 5 dann auch so vollzogen. Bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise wären für die Beurteilung einer Äquivalenzstörung auch der Wert des Geschäftsanteils der T. I. GmbH und die sonstigen, nicht streitgegenständlichen Ansprüche der Klägerin gegen den Beklagten einzustellen. Hierzu fehlt nachvollziehbarer Vortrag der Klägerin.

Jedenfalls fehlt es aber an einer unbilligen Härte für die Klägerin. Allein aus einer Äquivalenzstörung folgt diese nicht, wie sich schon daraus ergibt, dass es sich um eine zusätzliche Voraussetzung für den Treuwidrigkeitseinwand neben der Äquivalenzstörung handelt. Die Bezugsentscheidungen betrafen unerkannte existenzgefährdende Altlasten auf einem Pachtgrundstück (XII ZR 124/90) bzw. massivste unvorhergesehene Spätfolgen einer Körperverletzung (VI ZR 296/07). Vergleichbare Sachverhalte hat die Klägerin nicht vorgetragen.

2. Dem Dienstnehmer ist die Berufung auf eine Abgeltungsklausel nach Treu und Glauben aber auch im Hinblick auf einen arglistig verschwiegenen, dem Dienstherrn durch ungetreues Verhalten entstandenen Schaden verwehrt (vgl. BAG, Urteil vom 17.2.1961 - 1 AZR 436/59, Leitsatz und Rz. 19; Urteil vom 9.3.1972 - 1 AZR 165/71, Rz. 23; lag Düsseldorf, Urteil vom 28.8.2001 - 16 Sa 610/01, Rz. 39). So liegt es hier.

a) Der gegenständliche Schaden ist der Klägerin dadurch entstanden, dass der Beklagte kraft seiner im Außenverhältnis unbeschränkbaren Vertretungsmacht (§ 37 Abs. 2 GmbHG) die Klägerin durch den Mietvertrag mit der G. verpflichtet hat, obwohl er dazu im Innenverhältnis (ohne Zustimmung der Gesellschafterversammlung) nicht befugt war. Er hat daher seine Vertretungsmacht missbraucht, was als taugliche Tathandlung im Sinne des Untreuetatbestandes des § 266 StGB qualifiziert werden kann (womit noch nichts über die weiteren Tatbestandsmerkmale des § 266 StGB ausgesagt ist).

b) Eine Täuschung über die Existenz des Mietvertrages durch dessen arglistiges Verschweigen wäre allerdings dann ausgeschlossen, wenn die „Klägerin“ (zur maßgeblichen Kenntnisträgerin innerhalb der Klägerin vgl. sogleich) bei Abschluss der Aufhebungsvereinbarung den Mietvertrag bereits kannte; denn der Wissende kann nicht getäuscht werden. Von einer Kenntnis der Klägerin kann allerdings nicht ausgegangen werden.

Mangels eines weiteren Geschäftsführers sowie eines Aufsichtsrates wurde die Klägerin beim Abschluss der Aufhebungsvereinbarung mit dem Beklagten durch die Gesellschafterversammlung vertreten. Bei diesem Rechtsgeschäft der Gesellschaft mit dem Beklagten als Geschäftsführer unterlag der Beklagte (als Vertreter der Minderheitsgesellschafterin Therapiepunkt I. GmbH) einem Stimmverbot gemäß § 47 Abs. 4 GmbHG: Maßgeblich ist daher allein der Kenntnisstand der Mehrheitsgesellschafterin, mithin die Kenntnisse von deren Vorstand Frau K., im Zeitpunkt der Aufhebungsvereinbarung.

Die Klägerin hat erstinstanzlich vorgetragen (und insoweit Frau K. als Zeugin angeboten), dass eine derartige Kenntnis nicht vorlag. Insbesondere tauche der Mietvertrag in den Geschäftsbüchern nicht auf, sei die Miete nicht von einem Konto der Klägerin abgebucht worden und habe sich der Mietvertrag auch nicht in den übergebenen bzw. vorgefundenen Geschäftsunterlagen befunden. Dem hat der Beklagte erstinstanzlich nur die Behauptung entgegen gesetzt, die Mehrheitsgesellschafterin mündlich informiert zu haben. Diese Behauptung hat das Landgericht angesichts des ausführlichen Klägervortrages für zu pauschal gehalten und ist daher davon ausgegangen, dass die Mehrheitsgesellschafterin keine Kenntnis von dem Mietvertrag hatte. Berufungsangriffe gegen diese Würdigung des Landgerichts enthält die Berufungsbegründung nicht.

Ergänzend ist noch auszuführen, dass sich eine Kenntnis der (Mehrheitsgesellschafterin der) Klägerin vom Mietvertrag auch nicht aus der Buchhaltung der Klägerin ergeben musste. Dort ist zwar (vgl. Anlage K 23) ein entsprechender Zahlungsausgang verbucht, allerdings unter dem Verwendungszweck „“Kaution Büro tp Verwaltung“; die T. V. GmbH ist nach unbestrittenem Klägervortrag eine eigenständige, von der Klägerin verschiedene Gesellschaft. Zeitgleich wurde der entsprechende Betrag auf dem Konto „sonstige Forderungen“ verbucht (vgl. Anlage K 23). Nach dem Buchbestand stellte sich die Lage daher so dar, dass die Klägerin eine Kaution für die T. V. GmbH verauslagt und dieser den verauslagten Betrag ins Soll gestellt hatte. Ein Schluss aus diesem Buchbestand darauf, dass die Klägerin selbst einen Mietvertrag abgeschlossen hatte, war nicht möglich.

Der Beklagte versucht demgegenüber eine Kenntnis der Klägerin von dem Mietvertrag daraus herzuleiten, dass ein Herr D. (der offenbar Angestellter der Klägerin war und unstreitig von dem Mietvertrag Kenntnis hatte, da er die Telekommunikationsverträge, deren Kosten Gegenstand des Klagantrags 4 sind, abgeschlossen hatte) als Wissensvertreter der Klägerin zu behandeln sei; Herr D. sei faktisches Organ der Klägerin gewesen, da er wie ein Geschäftsführer aufgetreten sei. Damit kann der Beklagte nicht durchdringen. Zum einen ist dieser Sachvortrag in der Berufungsinstanz neu, ohne dass dargetan würde, warum er nicht schon in erster Instanz gehalten hätte werden können, und damit als verspätet zurückzuweisen (§ 531 Abs. 2 ZPO). Zum anderen ist die Argumentation auch materiell unbehelflich. Maßgeblich ist wie oben dargestellt der Kenntnisstand der Mehrheitsgesellschafterin. Und dass Herr D. ein Mitarbeiter oder gar faktisches Organ der Mehrheitsgesellschafterin gewesen sei, ist nicht dargetan.

c) Zwar ist eine Täuschungshandlung des Beklagten durch aktives Tun nicht dargetan. In Betracht käme insoweit nur die Äußerung des Beklagten in der Gesellschafterversammlung vom 17.4.2015 (vgl. Anlage K 24), „dass keine weiteren Gelder aus dem Unternehmen für fremde Zwecke abgeflossen sind“. Diese Äußerung enthält keine unwahren Tatsachen und stellt daher keine Täuschung dar. Denn die gegenständlichen Mietzinsforderungen resultieren aus einem von der Klägerin über Büroräume abgeschlossenen Mietvertrag und stellen daher keinen für die Klägerin fremden Zweck dar.

Dem Beklagten liegt aber eine Täuschung durch Unterlassen zur Last. Denn er wäre bei der Gesellschafterversammlung bzw. im Rahmen der Verhandlungen über die Aufhebungsklausel verpflichtet gewesen, von sich aus auf die Existenz des (der Klägerin unbekannten) streitgegenständlichen Mietvertrages hinzuweisen.

Durch Unterlassen täuscht, wer bei Vertragsverhandlungen Umstände bzw. Tatsachen verschweigt, hinsichtlich derer ihn eine Aufklärungspflicht träfe, wobei diese Aufklärungspflicht aus dem Grundsatz von Treu und Glauben folgt (Palandt / Ellenberger, BGB 77. Aufl., § 123 Rz. 5, hier und im folgenden jeweils m.w.Nachw.). Das bedeutet insbesondere, dass Fragen des potentiellen Vertragspartners wahrheitsgemäß zu beantworten sind (Ellenberger, a.a.O. Rz. 5 a) und dass ungefragt auf besonders wichtige Umstände hingewiesen werden muss, die für die Willensbildung des anderen Teils offensichtlich von ausschlaggebender Bedeutung sind (Ellenberger, a.a.O. Rz. 5 b).

Nach diesen Grundsätzen war der Beklagte verpflichtet, ungefragt auf das Bestehen des von ihm dienstvertragswidrig abgeschlossenen Mietvertrags hinzuweisen. Die Verbindlichkeiten aus dem Mietvertrag stellten eine erhebliche und der Mehrheitsgesellschafterin unbekannte Belastung der Klägerin dar, die durch den Beklagten pflichtwidrig verursacht wurde. Aus dem Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 17.4.2015 (Anlage K 24) ergibt sich, dass diese sich praktisch ausschließlich mit Fehlverhalten des Beklagten und daraus resultierenden Nachteilen für die Klägerin (nicht eingetriebene Ansprüche gegen Patienten, Mietrückstände anderer Gesellschaften des Beklagten, Zahlungsabflüsse an diese Gesellschaften) befasste. Dabei wurde eine Gesamtabwicklung der Beziehung der Parteien ins Auge gefasst und beschlossen, die nicht nur ein Ausscheiden des Beklagten als Geschäftsführer, sondern auch ein Ausscheiden der zu 100% dem Beklagten gehörenden Minderheitsgesellschafterin und die Verrechnung des dieser zustehenden Abfindungsguthabens gegen Ansprüche gegen den Beklagten aus anderen Pflichtwidrigkeiten umfassen sollte. Frau K. als Vorstand der Mehrheitsgesellschafterin war hierzu jedoch ausweislich des Protokolls nur bereit, „wenn keine weiteren Abflüsse aus dem Unternehmen erfolgt sind und keine weiteren unerwarteten offenen Zahlungen ins Haus stehen“. Damit war offenbar (und auch für den Beklagten erkennbar), dass die Mehrheitsgesellschafterin (auf die es ankommt, vgl. oben) den Vertrag mit Abgeltungsklausel nur schließen wollte, wenn alle Pflichtwidrigkeiten des Beklagten und die daraus folgenden Belastungen auf dem Tisch lagen. Daraus ergibt sich für den Senat, dass der Beklagte nach den Grundsätzen von Treu und Glauben ungefragt auf den von ihm pflichtwidrig abgeschlossenen Mietvertrag hätte hinweisen müssen, also durch das Unterlassen dieses Hinweises die (Mehrheitsgesellschafterin der) Klägerin getäuscht hat.

d) Die Täuschung des Klägers durch Unterlassen ist auch als arglistig zu bewerten. Arglist bedeutet in diesem Zusammenhang Vorsatz, wobei bedingter Vorsatz genügt (BGH, Urteil vom 13.6.2007 - VIII ZR 236/06, Rz. 29). Dies bedeutet bei der Täuschung durch Unterlassen, dass der Täuschende die Umstände kennt, aus denen sich die Aufklärungspflicht ergibt (BGH, Urteil vom 11.8.2010 - XII ZR 192/08, Rz. 34). Hiervon ist vorliegend auszugehen. Nach den obigen Ausführungen folgt die Tatsache einer Aufklärungspflicht vorliegend aus dem Umstand, dass die Nichtkenntnis von dem verbotswidrig abgeschlossenen Mietvertrag für die (Mehrheitsgesellschafterin der) Klägerin von ausschlaggebender Bedeutung für den Abschluss der Aufhebungsvereinbarung mit Abgeltungsklausel war, und dies wiederum folgt aus dem Gang der Gesellschafterversammlung vom 17.4.2015. Den Gang der Gesellschafterversammlung kannte der Beklagte, weil er an ihr von Anfang bis Ende teilgenommen hat. Daraus folgt, dass er auch die Umstände kannte, aus denen seine Aufklärungspflicht folgt.

Auf einen Rechtsirrtum, der den Vorsatz insoweit ausschließen würde (BGH, Urteil vom 29.6.2010 - XI ZR 104/08, Rz. 43), kann sich der Beklagte nicht berufen. Dies entnimmt der Senat aus dem Verhalten des Beklagten vor und nach der gegenständlichen Aufhebungsvereinbarung. So war der Mietvertrag nach dem unbestrittenen Klägervortrag in den Unterlagen der Klägerin nicht vorhanden, liefen Mietzahlungen (die zunächst offenbar erfolgten, da die G. gegenüber der Klägerin erst die Mieten für Januar und Februar 2016 per Mahnbescheid geltend machte) nicht über Konten der Klägerin, sondern wurden vom Beklagten offenbar anderweitig finanziert, und wurde die Kautionszahlung in der Buchhaltung der Klägerin offenbar verschleiert (vgl. oben). Auch nach der Aufhebungsvereinbarung vom 17.4.2015 hat der Beklagte die Mieträume nicht an die Klägerin herausgegeben, sondern offenbar selbst weiter genutzt, und die (nach Vertrag mit der G. von der Klägerin geschuldeten) Mieten bis einschließlich Dezember 2015 anderweitig finanziert, wie sich daraus ergibt, dass sich die G. erstmals wegen rückständiger Mieten für Januar und Februar 2016 an die Klägerin wandte. Dieser Befund lässt nur den Schluss zu, dass es der Beklagte planmäßig darauf anlegte, den Mietvertrag vor der (Mehrheitsgesellschafterin der) Klägerin zu verschleiern. Diese Verschleierungstaktik macht aus der Sicht des Beklagten nur Sinn, wenn ihm klar war, dass er an sich verpflichtet gewesen wäre, den Mietvertrag offen zu legen, er also nicht über seine Pflicht zur Offenlegung irrte, auch und insbesondere nicht im maßgeblichen Zeitpunkt des Abschlusses der Aufhebungsvereinbarung, weil sich sein Verschleierungsverhalten auf die Zeit vor und nach der Aufhebungsvereinbarung erstreckte.

d) Auf die von den Parteien problematisierte Frage, ob die Klägerin die Aufhebungsvereinbarung wegen dieser arglistigen Täuschung wirksam, insbesondere fristgemäß angefochten hat, kommt es nicht an. Den Einwand der Treuwidrigkeit der Berufung auf die Abgeltungsklausel kann die Klägerin auch ohne wirksame Anfechtung erheben.

III. Auf der Basis des sonach bestehenden und trotz der Abgeltungsklausel durchsetzbaren Schadensersatzanspruchs der Klägerin erweist sich die Klage auch der Höhe nach überwiegend als begründet, so dass die Berufung des Beklagten nur zum geringen Teil Erfolg hat.

1. Begründet ist Klagantrag 1, der in der Hauptsache die Zahlung von 60.000,- € zum Gegenstand hat, welche die Klägerin zur Ablösung des streitgegenständlichen Mietvertrages an die G. gezahlt hat. Die Aufhebungsvereinbarung als solche und die Pflicht der Klägerin, hierfür an die G. 60.000,- € zu bezahlen, sind unstreitig und durch Anlage K 10 belegt.

a) Diese Zahlungspflicht ist adäquat kausal durch die Pflichtverletzung des Beklagten verursacht worden. Denn ohne den Abschluss des ungenehmigten Mietvertrages durch den Beklagten hätte keine Notwendigkeit bestanden, diesen gegen Abfindung abzulösen.

Bei der gebotenen wertenden Betrachtungsweise fehlt auch nicht der Zurechnungszusammenhang zwischen dem pflichtwidrigen Handeln des Beklagten und dem geltend gemachten Schaden. Zwar beruht die Abfindungszahlung der Klägerin an die G. auf ihrem eigenen Willensentschluss, nämlich auf dem Abschluss der Aufhebungsvereinbarung über den gegenständlichen Mietvertrag mit der G. In solchen Fällen, in denen der konkret geltend gemachte Schaden auf einem eigenen Willensentschluss des Geschädigten beruht, fehlt der Zurechnungszusammenhang dann nicht, wenn der Willensentschluss durch die schadensstiftende Handlung herausgefordert oder wesentlich mitbestimmt wurde (vgl. Palandt / Grüneberg, a.a.O., vor § 249 Rz. 41 m.w.Nachw.). Dies ist in der Regel anzunehmen, wenn der Geschädigte einen Vertrag schließt, der eine angemessene Reaktion auf die durch den Schädiger geschaffene pflichtwidrige Situation darstellt (BGH, Urteil vom 9.1.2003 - III ZR 46/02, Rz. 18). So liegt es hier. Der Beklagte hat pflichtwidrig den gegenständlichen Mietvertrag abgeschlossen, wobei die Pflichtwidrigkeit gerade aus der Vertragsdauer und der Höhe des Mietzinses folgt. Die Klägerin durfte sich daher dazu herausgefordert fühlen, sich durch Abschluss einer (naturgemäß nur gegen Abstandszahlung zu erlangenden) Aufhebungsvereinbarung von dem Mietvertrag zu befreien.

Für die Schadenshöhe ist die Tatsache, dass der Beklagte zu Mietverträgen bis zu 24.000,- € Jahresmiete ohne Zustimmung der Gesellschafterversammlung berechtigt gewesen wäre, schon deshalb irrelevant, weil er jedenfalls zum Abschluss eines Mietvertrages mit einer Laufzeit von - wie vorliegend - mehr als drei Jahren nicht berechtigt war und vorliegend nicht laufende Mieten, sondern die Kosten der Verkürzung der Mietzeit geltend gemacht werden.

b) Verstöße der Klägerin gegen die Schadensminderungspflicht (§ 254 Abs. 2 BGB) lassen sich nicht feststellen. Gegen die Schadensminderungspflicht verstößt, wer eine Maßnahme unterlässt, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Schadensgeringhaltung ergreifen würde (BGH, Urteil vom 17.3.2011 - IX ZR 16208, Rz. 17). Dies steht nach allgemeinen Grundsätzen zur Darlegungs- und Beweislast des Beklagten. Hiernach hat das Landgericht einen Verstoß der Klägerin rechtsfehlerfrei verneint.

Soweit sich der Beklagte darauf beruft, dass bei entsprechenden Verhandlungsbemühungen eine Ablösung des gegenständlichen Mietvertrags auch gegen eine geringere Abstandssumme als 60.000,- € zu erreichen gewesen wäre, ist diese Behauptung schon substanzlos. Auch wurde sie von der Klägerin bestritten und vom Beklagten nicht unter Beweis gestellt. Ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht kann hierauf nicht gestützt werden.

Soweit sich der Beklagte darauf beruft, dass die Klägerin den Schaden durch eine Untervermietung oder durch eine Reduzierung des Mietvertrages auf einen Teil der Räume gering hätte halten können, greift dies aus Rechtsgründen nicht durch. Das Unterlassen schadensmindernder Maßnahmen führt nämlich nur dann zu einem Verstoß gegen § 254 Abs. 2 BGB, wenn diese Maßnahmen dem Geschädigten zumutbar sind (BGH, Urteil vom 17.3.2011, a.aO.; Urteil vom 10.2.2015 - VI ZR 8/14, Rz. 15). Der Senat ist der Auffassung, dass die genannten Maßnahmen der Klägerin nicht zumutbar waren. Für die Untervermietung folgt dies schon aus den hiermit verbundenen wirtschaftlichen Risiken (z.B. Solvenz des Untermieters; Gefahr von Schäden an der Mietsache durch den Untermieter, für welche die Klägerin gegenüber dem Vermieter haften würde). Für die Unzumutbarkeit einer räumlichen Beschränkung des Mietvertrages sprechen die selben Gesichtspunkte wie dafür, dass sich die Klägerin zum Abschluss der Aufhebungsvereinbarung herausgefordert fühlen durfte; die Pflichtwidrigkeit des Beklagten bestand nämlich gerade in der langen Dauer des abgeschlossenen Mietvertrages, an der sich mit einer räumlichen Beschränkung nichts ändern würde.

c) Die diesbezügliche Zinsentscheidung folgt aus § 286, 288 ZPO. Konkrete Einwendungen hiergegen erhebt der Beklagte nicht. Rechtsfehler werden insoweit nicht erkennbar.

2. Als begründet erweist sich auch Klagantrag 2. Die Klägerin durfte sich angesichts der Komplexität der Sach- und Rechtslage bei den Verhandlungen über die Aufhebung des Mietvertrages anwaltlich vertreten lassen. Die ihr hierdurch entstandenen Kosten sind daher adäquat kausal und zurechenbar (vgl. oben) durch die Pflichtverletzung des Beklagten verursacht und unterfallen damit als unselbständiger Schadensposten dem gegenständlichen Schadensersatzanspruch.

Die Höhe der der Klägerin diesbezüglich entstandenen Kosten hat der Beklagte nicht bestritten.

Die diesbezügliche Zinsentscheidung folgt aus §§ 286, 288 BGB.

3. Keinen Bestand kann allerdings der Feststellungsausspruch gemäß Ziffer 3 des landgerichtlichen Tenors haben.

a) Soweit das Landgericht die Teilerledigung des ursprünglichen Feststellungsantrags gemäß Klageschrift festgestellt hat, war dieser Ausspruch zur Klarstellung aufzuheben. Denn insoweit liegen übereinstimmende Erledigungserklärungen vor, so dass eine Entscheidung in der Hauptsache zu diesem Punkt nicht mehr erforderlich war; die Teilerledigung ist lediglich bei der Kostenentscheidung zu berücksichtigen (dazu unten C.).

b) Dem Antrag auf Feststellung der Verpflichtung des Beklagten, die Klägerin von allen eventuellen künftigen weiteren Forderungen im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Mietvertrag freizustellen, fehlt das Feststellungsinteresse (§ 256 ZPO). Denn es ist weder dargetan noch sonst ersichtlich, welche künftigen Forderungen noch in Betracht kommen könnten. Insoweit wäre allenfalls an weitere Ansprüche der G. zu denken, etwa wegen nachträglich erkannter Verschlechterung der Mietsache. Solche wären aber wegen der kurzen Verjährungsfrist des § 548 BGB gegen die Klägerin nicht mehr durchsetzbar.

4. Keinen Bestand kann auch Ziffer 4 des landgerichtlichen Tenors (Zuerkennung der Erstattung der Kosten der Klägerin aus den für die streitgegenständlichen Räume abgeschlossenen Telekommunikationsverträgen) haben. Zwar sind diese adäquat kausal durch die in der Anmietung der Räume liegende Pflichtverletzung des Klägers verursacht. Insoweit fehlt aber der Zurechnungszusammenhang zwischen der Pflichtverletzung und diesen Kosten.

Der Abschluss der Telekommunikationsverträge als solcher war dem Beklagten ohne Zustimmung der Gesellschafterversammlung gestattet. Auch die Anmietung billigerer Büroräume für maximal drei Jahre wäre dem Beklagten ohne Zustimmung der Gesellschafterversammlung gestattet gewesen. Es versteht sich von selbst, dass unter den Bedingungen des heutigen Wirtschaftsverkehrs Büroräume mit angemessenen Telekommunikationseinrichtungen ausgestattet sein müssen. Die fraglichen Kosten wären also auch entstanden, wenn der Kläger einen entsprechend geringer dimensionierten Mietvertrag über Büroräume abgeschlossen hätte. Damit sind diese Kosten bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise nicht der Pflichtwidrigkeit des Klägers zuzurechnen.

5. Über den ursprünglichen Klagantrag 5 hat der Senat nicht mehr zu entscheiden. Insoweit ist die Klagabweisung durch das Landgericht mangels Anschlussberufung rechtskräftig.

C.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 a, 92, 97 ZPO. - Bei der Streitwertbemessung und damit bei der Kostenquotelung hatten die Klaganträge 2 und 5 als Nebenforderungen außer Betracht zu bleiben. - Der vom Landgericht nach § 3 ZPO für das erstinstanzliche Verfahren auf 300.000,- € festgesetzte Streitwert ist nicht zu beanstanden. Die Klägerin hatte ihr Interesse für den ursprünglich angekündigten Feststellungsantrag sogar mit 358.000,- € angegeben. Da bei Klageerhebung die Aufhebungsvereinbarung noch nicht geschlossen war, die Klägerin also mit erheblichen künftigen Mietzinsforderungen der G. konfrontiert war, erscheint dies nicht übersetzt. Der Übergang zur Zahlungsklage nach Abschluss der Aufhebungsvereinbarung ändert nach dem Rechtsgedanken des § 45 GKG den kostenrechtlichen Streitgegenstand nicht, da der ursprüngliche und der geänderte Antrag auf das selbe wirtschaftliche Interesse gerichtet waren. Der Tatsache, dass der neue Antrag wirtschaftlich ein Minus zum ursprünglichen Feststellungsantrag darstellt, haben die Parteien durch übereinstimmende Erledigungserklärungen Rechnung getragen. Hinsichtlich des erledigten Teils hätte ohne das erledigende Ereignis (Aufhebungsvereinbarung und daraus folgende Antragsumstellung) die Klägerin obsiegt; der ursprüngliche Feststellungsantrag wäre vollumfänglich begründet gewesen. Daher hat der Beklagte die erstinstanzlichen Kosten hinsichtlich des erledigten Teils zu tragen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2 ZPO) nicht vorliegen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Zu würdigen waren vielmehr die Umstände des Einzelfalles.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

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(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 3 Wertfestsetzung nach freiem Ermessen


Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 254 Mitverschulden


(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem

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(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder ein

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 45 Klage und Widerklage, Hilfsanspruch, wechselseitige Rechtsmittel, Aufrechnung


(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine

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(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Die Geschäftsführer haben in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden.

(2) Geschäftsführer, welche ihre Obliegenheiten verletzen, haften der Gesellschaft solidarisch für den entstandenen Schaden.

(3) Insbesondere sind sie zum Ersatz verpflichtet, wenn den Bestimmungen des § 30 zuwider Zahlungen aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen der Gesellschaft gemacht oder den Bestimmungen des § 33 zuwider eigene Geschäftsanteile der Gesellschaft erworben worden sind. Auf den Ersatzanspruch finden die Bestimmungen in § 9b Abs. 1 entsprechende Anwendung. Soweit der Ersatz zur Befriedigung der Gläubiger der Gesellschaft erforderlich ist, wird die Verpflichtung der Geschäftsführer dadurch nicht aufgehoben, daß dieselben in Befolgung eines Beschlusses der Gesellschafter gehandelt haben.

(4) Die Ansprüche auf Grund der vorstehenden Bestimmungen verjähren in fünf Jahren.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Die Geschäftsführer haben in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden.

(2) Geschäftsführer, welche ihre Obliegenheiten verletzen, haften der Gesellschaft solidarisch für den entstandenen Schaden.

(3) Insbesondere sind sie zum Ersatz verpflichtet, wenn den Bestimmungen des § 30 zuwider Zahlungen aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen der Gesellschaft gemacht oder den Bestimmungen des § 33 zuwider eigene Geschäftsanteile der Gesellschaft erworben worden sind. Auf den Ersatzanspruch finden die Bestimmungen in § 9b Abs. 1 entsprechende Anwendung. Soweit der Ersatz zur Befriedigung der Gläubiger der Gesellschaft erforderlich ist, wird die Verpflichtung der Geschäftsführer dadurch nicht aufgehoben, daß dieselben in Befolgung eines Beschlusses der Gesellschafter gehandelt haben.

(4) Die Ansprüche auf Grund der vorstehenden Bestimmungen verjähren in fünf Jahren.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Die Geschäftsführer haben in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden.

(2) Geschäftsführer, welche ihre Obliegenheiten verletzen, haften der Gesellschaft solidarisch für den entstandenen Schaden.

(3) Insbesondere sind sie zum Ersatz verpflichtet, wenn den Bestimmungen des § 30 zuwider Zahlungen aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen der Gesellschaft gemacht oder den Bestimmungen des § 33 zuwider eigene Geschäftsanteile der Gesellschaft erworben worden sind. Auf den Ersatzanspruch finden die Bestimmungen in § 9b Abs. 1 entsprechende Anwendung. Soweit der Ersatz zur Befriedigung der Gläubiger der Gesellschaft erforderlich ist, wird die Verpflichtung der Geschäftsführer dadurch nicht aufgehoben, daß dieselben in Befolgung eines Beschlusses der Gesellschafter gehandelt haben.

(4) Die Ansprüche auf Grund der vorstehenden Bestimmungen verjähren in fünf Jahren.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 296/07 Verkündet am:
16. September 2008
Böhringer-Mangold,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur möglichen Auslegung und Anpassung einer umfassenden Abfindungsvereinbarung
, wenn sich der Geschädigte und der Haftpflichtversicherer des Schädigers
gemeinsam über die Höhe eines Rechnungspostens (hier: von der Berufsgenossenschaft
zu zahlende Verletztenrente) geirrt haben, es sich um einen
Irrtum von erheblicher wirtschaftlicher Tragweite handelt und der Rechnungsposten
den Inhalt der Abfindungsvereinbarung maßgeblich beeinflusst hat.
BGH, Urteil vom 16. September 2008 - VI ZR 296/07 - OLG Celle
LG Bückeburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. September 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller und die Richter
Wellner, Pauge, Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 15. November 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger verlangt von den Beklagten die Anpassung eines Abfindungsvergleichs , dessen Gegenstand der Ersatz von Schäden ist, die dem Kläger aufgrund eines Verkehrsunfalls im September 1999 entstanden sind.
2
Am 24. Oktober 2003 unterzeichnete der Kläger nach längeren Verhandlungen eine Abfindungserklärung, aufgrund deren die Beklagte zu 2 an den Kläger 175.000 € zahlte. In der Erklärung erklärte sich der Kläger hinsichtlich aller Schadensersatzansprüche aus dem Schaden, seien sie bekannt oder nicht bekannt , vorhersehbar oder nicht vorhersehbar, nach Erhalt des genannten Be- trages für abgefunden. Ferner verzichtete er auf jede weitere Forderung, gleich aus welchen Gründen, auch aus noch nicht erkennbaren Unfallfolgen. Weitere Regelungen betreffen die Erstattung von Verletzten- und Erwerbsunfähigkeitsrente durch den Kläger und die Erstattung der Einkommenssteuer durch die Beklagte zu 2.
3
In den Verhandlungen stellten die Parteien für die Abgeltung des Verdienstausfalles u. a. eine von der Berufsgenossenschaft an den Kläger für die Berufsunfähigkeit gezahlte Rente in Höhe von 1.081,65 € in ihre Berechnungen ein. Ab dem 1. August 2005 zahlt die Berufsgenossenschaft dem Kläger indes eine monatliche Rente in Höhe von nur noch 755,79 € mit der Begründung, ein Schreibfehler in der Mitteilung des Arbeitgebers des Klägers habe zu einer falschen Rentenberechnung geführt; das Bruttoentgelt sei seinerzeit unrichtig mit 88.836 DM statt 58.836 DM angegeben worden.
4
Die Berufsgenossenschaft hat die Beklagte zu 2 für die von ihr an den Kläger gezahlte Rente in Regress genommen. Von der Berufsgenossenschaft an den Kläger gezahlte Beträge hat die Beklagte zu 2 der Berufsgenossenschaft erstattet. Von einer Rückforderung dem Kläger zu viel gezahlter Beträge hat die Berufsgenossenschaft abgesehen.
5
Mit der Klage verlangt der Kläger eine Anpassung des Abfindungsvergleichs in der Weise, dass die Beklagte zu 2 für den Zeitraum vom 1. August 2005 bis zum 30. September 2027 den Differenzbetrag von 325,86 € (1.081,65 € - 755,79 €), also 86.352,90 € zahlt.
6
Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klaganträge weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

7
Das Berufungsgericht verneint einen Anspruch auf Anpassung des Abfindungsvergleichs , weil die Geschäftsgrundlage nicht entfallen und die Opfergrenze nicht überschritten sei.
8
Es liege im Wesen eines Abfindungsvergleiches, der die Kapitalisierung zukünftig fällig werdender Leistungen enthalte, dass er mehr als eine technischmathematische Zusammenfassung der Ansprüche darstelle. Wer eine Kapitalabfindung wähle, nehme das Risiko in Kauf, dass maßgebliche Berechnungsfaktoren auf Schätzungen und unsicheren Prognosen beruhten. Wolle der Kläger von diesem Regelungsgehalt abweichen und Nachforderungen stellen, müsse er dartun, dass ihm ein Festhalten an diesem Vergleich nach Treu und Glauben nicht mehr zumutbar sei, weil entweder die Geschäftsgrundlage für den Vergleich weggefallen sei oder sich geändert habe, sodass eine Anpassung an die veränderten Umstände erforderlich erscheine, oder weil nachträglich erhebliche Äquivalenzstörungen in den Leistungen der Parteien eingetreten seien, die für den Kläger nach den gesamten Umständen des Falles eine ungewöhnliche Härte bedeuteten. Diese Voraussetzungen lägen im vorliegenden Fall nicht vor. Die Tatsache, dass die Parteien bei ihren Berechnungen einen Zahlbetrag der Berufsgenossenschaft zugrunde gelegt hätten, der materiell unberechtigt - nämlich zu hoch - gewesen sei, sei der Sphäre des Klägers zuzuordnen.
9
Der Kläger habe im Übrigen nicht dargetan, dass die Parteien bei Kenntnis der wahren Sachlage einen Abfindungsvergleich dergestalt geschlossen hätten, dass ihm ein um 325,86 € monatlich höherer Betrag gezahlt worden wäre. Es habe sich weder aus den vorprozessualen Schriftwechseln der Parteien noch aus der Erörterung vor dem Berufungsgericht ein Anhaltspunkt dafür ergeben , auf welchen Abfindungsbetrag die Parteien sich geeinigt hätten, wäre die fehlerhaft zu hohe Rente erkannt worden.
10
Auch die sog. Opfergrenze sei nicht überschritten. Ein so krasses Missverhältnis zwischen Schaden und Vergleichssumme, dass es für den Geschädigten eine außergewöhnliche und unzumutbare Härte bedeutete, wenn ihm Nachforderungen versagt würden, sei angesichts des Grades der Erwerbsminderung und des erhaltenen Betrages nicht festzustellen. Den Bescheiden der Berufsgenossenschaft aus den Jahren 2001 und 2002 sei zudem hinreichend deutlich zu entnehmen gewesen, dass die Berufsgenossenschaft von einem viel zu hohen Einkommen des Klägers ausgegangen sei. Dem Kläger sei es - im Gegensatz zur Beklagten zu 2 - positiv bekannt gewesen, welchen Verdienst er beziehe. Der Senat halte es für unglaubhaft, dass der Kläger außerstande gewesen sein wolle, seine Bruttobezüge nachzuvollziehen.
11
Dabei sei berücksichtigt, dass eine Nachzahlung der Differenz die Beklagten nicht belaste, weil der an die Berufsgenossenschaft zu zahlende Regressbetrag im selben Umfang abnehme. Trotz dieses Umstandes sei der Kläger an den Abfindungsvergleich gebunden. Wären die Rentenzahlungen erhöht worden, wäre der Kläger seinerseits nicht verpflichtet gewesen, der Beklagten zu 2 Beträge zurückzuzahlen. Beide Seiten seien bei dem Abfindungsvergleich auch das Risiko eingegangen, dass sich die Grundlagen der Berechnung nachträglich zu ihren Gunsten veränderten, sie also ohne Abfindungsvergleich im Ergebnis günstiger gestanden hätten.

II.

12
Die Revision hat Erfolg.
13
1. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats muss der Geschädigte , der von einem umfassenden Abfindungsvergleich abweichen und Nachforderungen stellen will, dartun, dass ihm ein Festhalten am Vergleich nach Treu und Glauben nicht zumutbar ist, weil entweder die Geschäftsgrundlage für den Vergleich weggefallen ist oder sich geändert hat, so dass eine Anpassung an die veränderten Umstände erforderlich erscheint, oder weil nachträglich erhebliche Äquivalenzstörungen in den Leistungen der Parteien eingetreten sind, die für den Geschädigten nach den gesamten Umständen des Falls eine ungewöhnliche Härte bedeuten würden. Soweit der Geschädigte das Risiko in Kauf nimmt, dass die für die Berechnung des Ausgleichsbetrages maßgebenden Faktoren auf Schätzungen und unsicheren Prognosen beruhen und sie sich demgemäß unvorhersehbar positiv oder negativ verändern können, ist ihm die Berufung auf eine Veränderung der Vergleichsgrundlage verwehrt (Senatsurteile vom 28. Februar 1961 - VI ZR 95/60 - VersR 1961, 382 f.; vom 12. Juli 1983 - VI ZR 176/81 - VersR 1983, 1034, 1035; vom 19. Juni 1990 - VI ZR 255/89 - VersR 1990, 984; vom 12. Februar 2008 - VI ZR 154/07 - NJW-RR 2008, 649, 650).
14
2. Ohne Rechtsfehler nimmt das Berufungsgericht an, der Kläger habe eine umfassende Abfindungserklärung abgegeben, indem er erklärte, nach Zahlung von insgesamt 175.000 € hinsichtlich aller Schadensersatzansprüche aus dem Schaden, seien sie bekannt oder nicht bekannt, vorhersehbar oder nicht vorhersehbar, abgefunden zu sein, und auf jede weitere Forderung, gleich aus welchen Gründen, verzichtete.
15
a) Das Berufungsgericht zieht allerdings nicht in Erwägung, dass sich die Begründetheit der Klage aufgrund einer Auslegung des Abfindungsvergleichs ergeben kann.
16
Grundlage der Berechnung des auf den Verdienstausfall entfallenden Kapitalbetrages war der Nettoverdienst des Klägers abzüglich der von der Berufsgenossenschaft seinerzeit gezahlten Verletztenrente. Neben dem umfassenden Verzicht auf weitere Forderungen erklärt der Kläger in dem Abfindungsvergleich , der Beklagten zu 2 verpflichtet zu sein, die von der Berufsgenossenschaft aufgrund einer Erhöhung der Minderung der Erwerbsfähigkeit über 40 % gezahlten Verletztenrenten sowie die von der LVA gezahlten Erwerbsunfähigkeitsrenten zu erstatten. Dem kann möglicherweise entnommen werden, dass der Verdienstausfall des Klägers auf der Basis einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 40 % auf jeden Fall ausgeglichen werden soll und zwar, soweit er nicht in die Berechnung des Vergleichsbetrags eingeflossen ist, durch Zahlung der Verletztenrente. Der Regress der Berufsgenossenschaft bei der Beklagten zu 2 soll diese im Fall einer Erhöhung der Minderung der Erwerbsfähigkeit nicht belasten, offensichtlich weil die Minderung von 40 % die Vergleichsgrundlage bildete. Nimmt man den Inhalt der Abfindungsvereinbarung insgesamt in den Blick, könnte dem zu entnehmen sein, dass dem Kläger nach der Vorstellung der Parteien neben der Abfindungssumme von 175.000 € 1.081,65 € monatlich zufließen sollen, wobei diesen Betrag letztlich die Beklagte zu 2 zu bezahlen hat. Da diese nunmehr infolge der verminderten Rentenzahlung von der Berufsgenossenschaft nur noch in ebenso vermindertem Umfang in Regress genommen wird, ergibt sich möglicherweise ein Anspruch des Klägers auf Zahlung des Differenzbetrages schon aufgrund der getroffenen Vereinbarung.
17
Darüber, ob dies der Fall ist, wird der Tatrichter nach ergänzender Anhörung der Parteien zu diesem Gesichtspunkt zu befinden haben.
18
b) Sollte die neue Verhandlung eine solche Auslegung nicht nahe legen, kann die Entscheidung des Berufungsgerichts jedenfalls mit der in dem angefochtenen Urteil gegebenen Begründung keinen Bestand haben. Das Berufungsgericht hat nicht ausreichend berücksichtigt, dass es im Streitfall nicht um einen Wegfall oder eine Änderung der Geschäftsgrundlage (§ 313 Abs. 1 BGB) im Hinblick auf die reduzierte Zahlung der Berufsgenossenschaft geht, sondern um ein Fehlen der Geschäftsgrundlage von Anfang an, weil wesentliche Vorstellungen , die zur Grundlage des Vertrages geworden sind, sich als falsch herausgestellt haben (§ 313 Abs. 2 BGB). Denn beide Parteien sind nach den bisher getroffenen Feststellungen bei Abschluss des Abfindungsvergleichs davon ausgegangen, der Kläger erhalte von der Berufsgenossenschaft eine - von dem der Kapitalisierung zugrunde zu legenden Verdienstausfall abzuziehende - Rente in Höhe von 1.081,65 €, während dieser Betrag in Wahrheit auf einem Schreibfehler in der Gehaltsmitteilung des Arbeitgebers des Klägers beruhte und die Rente bei Zugrundelegung des richtigen Bruttoeinkommens nur 755,79 € beträgt. Bei einem derartigen Irrtum aller Vertragsbeteiligten über bestimmte Rechnungspositionen bei grundsätzlichem Einverständnis über den Berechnungsweg liegt aber ein Fehlen der Geschäftsgrundlage vor (vgl. MünchKomm-BGB/Roth, 5. Aufl., § 313 Rn. 227; Palandt/Grüneberg, 67. Aufl., § 313 Rn. 38 f., jeweils m.w.N.).
19
Das gilt jedenfalls dann, wenn es sich um einen Irrtum von erheblicher wirtschaftlicher Tragweite für die Beteiligten handelt und der Rechnungsposten, über den die Vertragspartner sich geirrt haben, den Inhalt der Abfindungsvereinbarung maßgeblich beeinflusst hat. So liegt es im vorliegenden Fall (vgl. oben zu a).
20
Zwar steht ein Fehlen der Geschäftsgrundlage von Anfang an, wie es hier vorliegt, einer Veränderung der Umstände gleich (§ 313 Abs. 2 BGB), weshalb die besonderen Voraussetzungen für die Abweichung von einem Abfindungsvergleich grundsätzlich auch im Streitfall vorliegen müssen. Doch kann die eingangs dargestellte Rechtsprechung des erkennenden Senats zur Risikozuweisung nicht ohne weiteres übernommen werden. Bei einem gemeinsamen Irrtum über die Berechnungsgrundlagen geht es nicht darum, dass der Geschädigte das Risiko in Kauf nimmt, dass die für die Berechnung des Ausgleichsbetrages maßgebenden Faktoren auf Schätzungen und unsicheren Prognosen beruhen und sie sich demgemäß unvorhersehbar positiv oder negativ verändern können. Vielmehr spielt eine spezifische Risikobetrachtung hier für die Parteien überhaupt keine Rolle, denn beide gehen davon aus, sich auf einer vermeintlich sicheren Grundlage zu bewegen. Eine einseitige Risikozuweisung ist auch hier denkbar, wird aber nur unter besonderen Umständen in Betracht kommen, etwa wenn eine der Vertragsparteien eine Gewähr für die Richtigkeit der Berechnungsgrundlagen übernommen hat.
21
3. Bei dieser Sachlage reichen die in dem angefochtenen Urteil getroffenen Feststellungen für die Beantwortung der Frage, ob und gegebenenfalls inwieweit eine Anpassung des Abfindungsvergleichs geboten ist, nicht aus.
22
a) Zunächst wird der Tatrichter der Frage nachzugehen haben, ob unter Berücksichtigung des bisherigen Sachvortrags in den Tatsacheninstanzen und des Vortrags in der Revisionsinstanz zur Zurechnung der Fehlinformation des Arbeitgebers des Klägers überhaupt von einem gemeinsamen Irrtum der Parteien auszugehen ist. Die Ausführungen des Berufungsgerichts auf Seite 9 des angefochtenen Urteils, dem Kläger sei es - im Gegensatz zur Beklagten zu 2 - positiv bekannt gewesen, welchen Verdienst er bezog, der Senat halte es für unglaubhaft, dass der Kläger außerstande gewesen sein wolle, seine Bruttobe- züge nachzuvollziehen, lassen sich möglicherweise dahin verstehen, dass der Kläger den Irrtum des Arbeitgebers erkannt, dazu aber geschwiegen hat. In diesem Fall könnte er sich nicht auf das Fehlen der Geschäftsgrundlage berufen. Allerdings wird zu berücksichtigen sein, dass eine Kenntnis des Klägers über die Höhe seiner Bruttobezüge nicht ohne weiteres auf die Kenntnis von der Unrichtigkeit des Rentenbescheides der Berufsgenossenschaft schließen lässt. Die Rente wird nicht nach Bruttobezügen, sondern nach dem Jahresarbeitsverdienst berechnet (§ 82 SGB VII). Der Vorwurf, von der Unrichtigkeit des Rentenbescheides gewusst oder sie grob fahrlässig verkannt zu haben, kann dem Kläger nur gemacht werden, wenn zu der in den Bescheiden verwendeten Begrifflichkeit und dem daraus ersichtlichen Zahlenwerk ausreichende Feststellungen getroffen werden können, die dem Kläger zum Nachteil gereichen.
23
b) Ist ein gemeinsamer Irrtum zu bejahen, wird zu prüfen sein, ob Umstände vorliegen, die für die vorliegende Fallgestaltung ausnahmsweise eine einseitige Risikozuweisung zu Lasten des Klägers rechtfertigen. Ist eine solche einseitige Risikozuweisung zu verneinen, ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 313 Abs. 1, 2 BGB vorliegen, ob es sich also bei der Kenntnis der Höhe der Rentenleistung der Berufsgenossenschaft um eine wesentliche Vorstellung handelte, die zur Grundlage des Vertrages geworden ist und die sich als falsch herausgestellt hat, ob der Vertrag bei Kenntnis der zutreffenden Höhe der Rentenleistung nicht oder mit verändertem Inhalt geschlossen worden wäre und ob dem Kläger unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls ein Festhalten am Vertrag nicht zugemutet werden kann.
24
c) Gegebenenfalls wird sodann über die Art der Vertragsanpassung zu entscheiden sein. Dass der Kläger nicht dargetan hat, dass ihm, wie das Berufungsgericht ausführt, ein um 325,86 € höherer Betrag gezahlt worden wäre, und sich keine Anhaltspunkte dafür finden, auf welchen Abfindungsbetrag sich die Parteien bei Kenntnis des zutreffenden Rentenbetrages geeinigt hätten, steht der Möglichkeit einer Anpassung nicht entgegen. Wenn die Parteien den Irrtum seinerzeit nicht bemerkt haben, müssen solche Anhaltspunkte naturgemäß fehlen und kann dazu auch nicht konkret vorgetragen werden. Die Anpassung ist dann unter wertender Berücksichtigung aller sonstigen Umstände vorzunehmen.
25
4. Die danach erforderlichen weiteren Feststellungen des Berufungsgerichts sind nicht deshalb entbehrlich, weil - wie die Revision meint - bereits eine ergänzende Vertragsauslegung den Anspruch des Klägers rechtfertigt. Es liegt keine unbewusste Regelungslücke vor. Gegenstand des Vergleichs ist die endgültige Abfindung des Klägers unter dessen Verzicht auf Nachforderungen. Insoweit ist alles geregelt, was die Parteien regeln wollten. Das Fehlen einer Vereinbarung in einem regelungsbedürftigen Punkt, welches für eine ergänzende Vertragsauslegung erforderlich ist (BGHZ 84, 1, 7), liegt nicht vor (vgl. Senatsurteil vom 12. Februar 2008 - VI ZR 154/07 - aaO, S. 651). Müller Wellner Pauge Stöhr Zoll
Vorinstanzen:
LG Bückeburg, Entscheidung vom 29.03.2007 - 1 O 171/06 -
OLG Celle, Entscheidung vom 15.11.2007 - 5 U 120/07 -

(1) Die Geschäftsführer sind der Gesellschaft gegenüber verpflichtet, die Beschränkungen einzuhalten, welche für den Umfang ihrer Befugnis, die Gesellschaft zu vertreten, durch den Gesellschaftsvertrag oder, soweit dieser nicht ein anderes bestimmt, durch die Beschlüsse der Gesellschafter festgesetzt sind.

(2) Gegen dritte Personen hat eine Beschränkung der Befugnis der Geschäftsführer, die Gesellschaft zu vertreten, keine rechtliche Wirkung. Dies gilt insbesondere für den Fall, daß die Vertretung sich nur auf gewisse Geschäfte oder Arten von Geschäften erstrecken oder nur unter gewissen Umständen oder für eine gewisse Zeit oder an einzelnen Orten stattfinden soll, oder daß die Zustimmung der Gesellschafter oder eines Organs der Gesellschaft für einzelne Geschäfte erfordert ist.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

(1) Die von den Gesellschaftern in den Angelegenheiten der Gesellschaft zu treffenden Bestimmungen erfolgen durch Beschlußfassung nach der Mehrheit der abgegebenen Stimmen.

(2) Jeder Euro eines Geschäftsanteils gewährt eine Stimme.

(3) Vollmachten bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Textform.

(4) Ein Gesellschafter, welcher durch die Beschlußfassung entlastet oder von einer Verbindlichkeit befreit werden soll, hat hierbei kein Stimmrecht und darf ein solches auch nicht für andere ausüben. Dasselbe gilt von einer Beschlußfassung, welche die Vornahme eines Rechtsgeschäfts oder die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits gegenüber einem Gesellschafter betrifft.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 236/06 Verkündet am:
13. Juni 2007
Kirchgeßner,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Verkäufer muss den Käufer eines Bausatzes für die Selbstmontage einer Solarheizungsanlage
nicht ausdrücklich darauf hinweisen, dass die Montage der Solaranlage
ein gewisses handwerkliches Geschick voraussetzt. Fordert die Montageanleitung der
Herstellerin für die Montage jedoch Fachkenntnisse entsprechend einer abgeschlossenen
Berufsausbildung im Gas-/Wasserinstallationshandwerk, muss der Verkäufer den
Käufer hierüber selbst dann unterrichten, wenn er meint, die Montageanweisung sei
insoweit tatsächlich unzutreffend und rechtlich unverbindlich. Andernfalls kann der Käufer
die Rückgängigmachung des Kaufvertrages wegen fahrlässiger Verletzung einer
vorvertraglichen Aufklärungspflicht verlangen.
BGH, Urteil vom 13. Juni 2007 - VIII ZR 236/06 - OLG Rostock
LG Schwerin
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Juni 2007 durch den Vorsitzenden Richter Ball, die Richter Wiechers,
Dr. Wolst und Dr. Koch sowie die Richterin Dr. Hessel

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 31. Juli 2006 wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Mit Vertrag vom 14. September 2003 verkaufte die Klägerin den Beklagten auf einer Verbrauchermesse einen Bausatz zur Selbstmontage einer Solarheizungsanlage ; der Vertrag wurde unter der aufschiebenden Bedingung der Gewährung von Solarförderungsmitteln durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle geschlossen. Die Solaranlage sollte auf einem Flachdach des Hauses der Beklagten in einem Ort an der Wismarer Bucht angebracht werden. Bei dem Verkaufsgespräch erklärten Mitarbeiter der Klägerin, die Solaranlage könne auch von Laien montiert werden, die Klägerin stelle umfangreiche Montage- und VerIegeanleitungen zur Verfügung.
2
Die den Beklagten später übergebene Montageanleitung enthält einleitend folgenden Hinweis: "Die in dieser Montageanweisung beschriebenen Tätigkeiten setzen Fachkenntnisse entsprechend einer abgeschlossenen Berufsausbildung im Gas-/Wasserinstallationshandwerk voraus. Führen sie diese Montageschritte nur dann selber aus, wenn Sie über diese Fachkenntnisse verfügen."
3
Zur Montage der Sonnenkollektoren auf einem Flachdach mithilfe sogenannter Flachdachständer heißt es in der Montageanweisung: "Die Montage des Flachdachständers muss von einer Fachfirma ausgeführt werden. […] 3.3 Zusätzliche Befestigung Bei höheren Windgeschwindigkeiten (bis zu 200 km/h z. B. in Küstennähe oder auf hohen Dächern) können Kräfte am KoIlektor von bis zu 2 kN auftreten, die eine zusätzliche Befestigung der Flachdachständer notwendig machen. Wir empfehlen eine der folgenden Varianten durchzuführen.
a) Flachdachständer mit Drahtseilen befestigen Jeden Flachdachständer bauseits mit mind. zwei Drahtseilen unten am Ständer und an geeigneter Stelle des Daches ausreichend befestigen (Abb. 14).
b) Flachdachständer auf Aufstellfläche befestigen Alternativ zu a) ist eine Befestigung der Flachdachständer direkt auf dem Dach möglich. Bauseits ist vom Dachdecker eine entsprechende Klemmvorrichtung vorzusehen, die eine ausreichende Festigkeit der Konstruktion und Dichtheit des Daches garantiert. Verwenden Sie hierzu mind. zwei M8-Schrauben."
4
Die Beklagten beantragten beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle keine Solarförderungsmittel und erklärten gegenüber der Klägerin die Anfechtung des Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung. Sie begründeten dies damit, dass sie entgegen den Angaben der Klägerin als Laien nicht in der Lage seien, die Solaranlage an ihrem Haus zu montieren.
5
Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Zahlung des Kaufpreises von 10.942 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Auslieferung der Solarheizungsanlage sowie auf Feststellung des Annahmeverzugs in Anspruch.
6
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

7
Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

8
Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Berufungsgericht im Wesentlichen ausgeführt:
9
Der Kaufvertrag sei zwar nicht deshalb unwirksam, weil die aufschiebende Bedingung der Gewährung von Fördermitteln durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle nicht eingetreten sei. Die aufschiebende Bedingung gelte gemäß § 162 Abs. 1 BGB als eingetreten, weil die Beklagten den Förderantrag nicht gestellt und den Bedingungseintritt damit in treuwidriger Weise verhindert hätten. Sie hätten den Antrag stellen müssen, nachdem ihnen das Schreiben des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle vom 11. Mai 2004 im November 2004 zur Kenntnis gebracht worden sei. Denn sie hätten nunmehr aus ihrer Sicht mit der Bewilligung von Fördergeldern rechnen können.
10
Der Kaufvertrag sei jedoch infolge der Anfechtungserklärung der Beklagten gemäß § 123, § 142 BGB nichtig. In der Erklärung der Mitarbeiter der Klägerin , die Solaranlage könne von Laien montiert werden, sei eine arglistige Täuschung im Sinne von § 123 Abs. 1 BGB zu sehen.
11
Es liege nicht nur eine werbende Anpreisung von Waren vor, sondern eine Tatsachenbehauptung. Die Mitarbeiter der Klägerin hätten die Beklagten darüber getäuscht, dass die Montage der Solaranlage durch Laien erfolgen könne. Aus der eigenen Montageanleitung der Klägerin gehe hervor, dass dies nicht zutreffe. Die Beklagten hätten sich nach diesen Anweisungen richten müssen und die Arbeiten nicht selbst ausführen dürfen, widrigenfalls sie Gewährleistungsansprüche gegenüber der Klägerin aufs Spiel gesetzt hätten.
12
Ob ein Laie die Selbstmontage vornehmen könne oder nicht, sei eine Rechtsfrage, die der Senat auch ohne Anhörung eines Sachverständigen oder Vernehmung von Zeugen beurteilen könne. Die Beklagten hätten die Erklärung, dass die Solaranlage auch von Laien montiert werden könne, dahin verstehen dürfen, dass nur solche Arbeiten erforderlich sein würden, die nach der Verkehrsanschauung einem Laien zugetraut würden. Von einem durchschnittlichen Laien könne nach diesem Maßstab nicht erwartet werden, die nach Ziffer 3.3 der Montageanleitung wegen höherer Windgeschwindigkeiten in Küstennähe notwendigen Arbeiten zur zusätzlichen Befestigung des Flachdachständers durchzuführen. Es sei daher unerheblich, ob - wie von der Klägerin behauptet und unter Beweis gestellt - zahlreichen Käufern die Montage gelungen sei.
13
Die Voraussetzungen des § 123 Abs. 1 BGB seien auch in subjektiver Hinsicht erfüllt. Arglist erfordere keine Absicht, sondern nur Vorsatz, wobei bedingter Vorsatz genüge. Die Mitarbeiter der Klägerin hätten die eigene Monta- geanleitung der Klägerin kennen müssen und nicht entgegenstehende Hinweise erteilen dürfen.
14
Es sei unerheblich, dass jedermann wisse, dass die Vornahme der hier anstehenden Arbeiten gewisse handwerkliche Fähigkeiten voraussetze und der Einbau einer Heizungsanlage ein gewisses Geschick bei der Metallverarbeitung erfordere. Auch ein Leichtgläubiger könne getäuscht werden. Darüber hinaus habe die Klägerin den Beklagten Hinweise erteilt, die den Montageanweisungen widersprochen hätten.

II.

15
Diese Beurteilung hält im Ergebnis der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
16
1. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann allerdings nicht angenommen werden, dass der Kaufvertrag über die Solarheizungsanlage jedenfalls deshalb nach § 142 Abs. 1 BGB als von Anfang an nichtig anzusehen ist, weil die Beklagten ihn nach § 123 Abs. 1 Alt. 1 BGB wegen arglistiger Täuschung angefochten haben.
17
a) Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei der Erklärung, die Solaranlage könne von Laien montiert werden , um eine Tatsachenbehauptung und nicht nur um eine werbende Anpreisung von Waren handelt. Die Behauptung ist - anders als werbende Anpreisungen ohne sachlichen Gehalt - der Beurteilung als wahr oder falsch zugänglich; sie kann damit Mittel einer Täuschung sein. Soweit das Berufungsgericht die Frage, ob ein Laie die Selbstmontage vornehmen könne, in anderem Zusammenhang - fälschlich - als eine Rechtsfrage bezeichnet hat, liegt darin entgegen der Ansicht der Revision kein Widerspruch, der für sich genommen eine Aufhebung des Berufungsurteils erfordern würde.
18
b) Nicht gefolgt werden kann jedoch der Beurteilung des Berufungsgerichts , die Mitarbeiter der Klägerin hätten die Beklagten darüber getäuscht, dass die Montage der Solaranlage durch Laien erfolgen könne.
19
aa) Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagten hätten die Erklärung , die Solaranlage könne auch von Laien montiert werden, dahin verstehen dürfen, dass nur solche Arbeiten erforderlich sein würden, die nach der Verkehrsanschauung einem Laien zugetraut werden, ist indessen von Rechts wegen nicht zu beanstanden und von der Revision auch nicht angegriffen. Soweit das Berufungsgericht danach den durchschnittlichen Laien als Maßstab herangezogen hat, begegnet dies gleichfalls keinen durchgreifenden Bedenken. Der Senat kann die Auslegung der individualrechtlichen Erklärung, die Solaranlage könne auch von Laien montiert werden, die ausweislich der von den Parteien vorgelegten - unveröffentlichten - Urteile (vgl. etwa OLG Hamm, Urteil vom 25. Oktober 2005 - 19 U 67/05 und OLG Nürnberg NJW-RR 2001, 1558) im Handel mit Solaranlagen häufig verwendet wird, im Interesse einer einheitlichen Handhabung und damit der Rechtssicherheit uneingeschränkt überprüfen (vgl. Senatsurteile BGHZ 128, 307, 309; BGHZ 122, 256, 260, m.w.N.).
20
Unter einem Laien ist nach dem allgemeinen Sprachgebrauch eine Person zu verstehen, die - im Gegensatz zu einem Fachmann - auf einem bestimmten Gebiet keine abgeschlossene Ausbildung hat (Brockhaus/Wahrig, Deutsches Wörterbuch). Dieses Begriffsverständnis schließt es jedoch nicht aus, dass auch ein Laie über gewisse Fachkenntnisse verfügt. Der Umfang des Begriffs "Laie" reicht vom "blutigen" Laien, ohne jegliche Fachkenntnisse, bis zum "gebildeten" Laien, dessen Fachkenntnisse denen eines Fachmanns gleichstehen können (vgl. Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache , 2. Aufl.). Mit dem "durchschnittlichen" Laien ist demnach eine Person bezeichnet , die handwerklich nicht völlig unbegabt ist, deren Fertigkeiten aber auch nicht denen eines Fachmannes entsprechen. Da es, wie auch das Berufungsgericht angenommen hat, allgemein bekannt ist, dass die Selbstmontage einer Solarheizungsanlage gewisse handwerkliche Fähigkeiten voraussetzt, durften die Beklagten die Erklärung der Mitarbeiter der Klägerin, die Solaranlage könne auch von Laien montiert werden, dahin verstehen, dass hierzu zwar gewisse handwerkliche Fähigkeiten, nicht aber die Fähigkeiten eines Fachmannes erforderlich seien.
21
bb) Aufgrund der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen kann jedoch nicht angenommen werden, dass die so zu verstehende Behauptung der Mitarbeiter der Klägerin falsch ist.
22
(1) Auf die den Beklagten übergebene Montageanleitung kann, anders als das Berufungsgericht gemeint hat, die Beurteilung, dass Laien nicht dazu in der Lage sind, die Solaranlage selbst zu montieren, nicht gestützt werden.
23
Nach der Montageanleitung, die entgegen der Annahme des Berufungsgerichts nicht von der Klägerin, sondern von der Herstellerin der Solaranlage stammt, setzen die in der Montageanweisung beschriebenen Tätigkeiten Fachkenntnisse entsprechend einer abgeschlossenen Berufsausbildung im Gas-/ Wasserinstallationshandwerk voraus und sollen die Montageschritte nur dann selber ausgeführt werden, wenn der Ausführende über diese Fachkenntnisse verfügt. Wäre dieser Hinweis richtig, wäre die Erklärung, die Solaranlage könne von Laien montiert werden, allerdings falsch. Denn ein durchschnittlicher Laie verfügt jedenfalls nicht über die Fachkenntnisse eines Gas- oder Wasserinstallateurs mit abgeschlossener Berufsausbildung.
24
Das Berufungsgericht hat aber nicht festgestellt, dass der Hinweis in der Montageanleitung tatsächlich zutreffend ist. Entsprechender Feststellungen hätte es jedoch, wie die Revision zu Recht rügt, bedurft, weil die Klägerin die Richtigkeit dieses Hinweises mit der von ihr unter Beweis gestellten Behauptung bestritten hat, dass zahlreichen Käufern die Montage gelungen sei und Tausende von Laien die von ihr verkauften Solaranlagen problemlos mangelfrei installiert hätten. Mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts ist die Behauptung der Klägerin, die Montageanweisung sei in diesem Punkt unzutreffend, im Revisionsverfahren zugunsten der Klägerin als richtig zu unterstellen.
25
(2) Die Auffassung des Berufungsgerichts, von einem durchschnittlichen Laien könne nicht erwartet werden, die nach Ziffer 3.3 der Montageanleitung wegen höherer Windgeschwindigkeiten in Küstennähe notwendigen Arbeiten zur zusätzlichen Befestigung des Flachdachständers durchzuführen, entbehrt gleichfalls einer tragfähigen Grundlage.
26
Das Berufungsgericht hat gemeint, nur ein Dachdecker oder Zimmerer sei dazu in der Lage, den für die Montage der Sonnenkollektoren erforderlichen Flachdachständer - wie unter Ziffer 3.3 Buchstabe a) der Montageanleitung beschrieben - mit Drahtseilen auf dem Dach zu befestigen. Denn hierzu müssten gegebenenfalls an zahlreichen Stellen Löcher in das Dach gebohrt werden, durch die Wasser und Feuchtigkeit eindringen könne, wenn sie nicht handwerksgerecht abgedichtet würden. Der durchschnittliche Laie sei zur Vornahme von solch komplizierten Dachdeckerarbeiten nicht in der Lage. Da der Flachdachständer erhebliches Gewicht habe, sei die Statik des Daches daraufhin zu überprüfen, ob die Dachkonstruktion ausreichenden Halt biete. Jedenfalls dies erfordere Kenntnisse des Dachdecker- oder Zimmererhandwerks.
27
Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, dass es sich bei dem Bohren von Löchern in ein Flachdach um eine komplizierte Dachdeckerarbeit handelt, zu der ein durchschnittlicher Laie nicht in der Lage ist. Derartige Feststellungen wären jedoch erforderlich gewesen, denn es ist, wie die Revision zu Recht geltend macht, nicht ersichtlich, weshalb ein handwerklich nicht völlig unbegabter Laie nicht dazu im Stande sein sollte, mittels eines Bohrers Löcher in ein Flachdach zu bohren, in diese Löcher Dübel zu stecken und in diese Dübel Befestigungsschrauben zu drehen. Desgleichen ist nicht ohne weiteres erkennbar, weshalb bei einer solchen Verfahrensweise die Gefahr bestehen sollte, dass Wasser oder Feuchtigkeit eindringt. Das Berufungsgericht hat auch nicht festgestellt, weshalb der Flachdachständer ein Gewicht hat, das eine Überprüfung der Statik der Dachkonstruktion erfordern würde. Selbst wenn ein Fachmann die Statik des Daches wegen des Gewichts des Flachdachständers überprüfen müsste, würde dies im Übrigen nicht bedeuten, dass ein Laie den Flachdachständer nicht auf dem Dach anbringen kann. Die Behauptung, ein Laie sei zur Montage der Solaranlage in der Lage, besagt nicht, dass keinerlei Vorarbeiten oder Zuarbeiten durch Fachleute erforderlich sind.
28
c) Die Revision rügt schließlich mit Recht, dass das Berufungsgericht keine ausreichenden Feststellungen zur subjektiven Seite einer arglistigen Täuschung getroffen hat.
29
Das Berufungsgericht ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass die arglistige Täuschung im Sinne des § 123 Abs. 1 Alt. 1 BGB keine Absicht, sondern Vorsatz erfordert, und dass insoweit bedingter Vorsatz genügt (BGH, Urteil vom 21. Juni 1974 - V ZR 15/73, WM 1974, 866, unter I). Auch der bedingte Vorsatz setzt allerdings voraus, dass der Erklärende die Unrichtigkeit der Tatsachenbehauptung kennt oder zumindest für möglich hält (BGH, Urteil vom 11. Mai 2001 - V ZR 14/00, WM 2001, 1420, unter II 2 a). Die Feststellung des Berufungsgerichts, die Mitarbeiter der Klägerin hätten deren eigene Montageanleitung kennen müssen und nicht entgegenstehende Hinweise erteilen dürfen, kann daher, wie die Revision zu Recht rügt, allenfalls ein fahrlässiges Verhalten , nicht aber einen bedingten Vorsatz der Mitarbeiter der Klägerin belegen.
30
2. Das Berufungsurteil stellt sich aber aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Die insoweit erhobenen Gegenrügen der Revisionserwiderung haben Erfolg.
31
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts haben die Beklagten den Eintritt der aufschiebenden Bedingung für den Abschluss des Kaufvertrages - die Gewährung von Fördermitteln durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle - nicht dadurch treuwidrig verhindert, dass sie keinen Förderantrag gestellt haben. Die aufschiebende Bedingung gilt demnach nicht nach § 162 Abs. 1 BGB als eingetreten. Da auch ein künftiger Bedingungseintritt ausgeschlossen erscheint, ist der nach § 158 Abs. 1 BGB bestehende Schwebezustand beendet und der aufschiebend bedingte Kaufvertrag endgültig wirkungslos (vgl. Senatsurteil vom 16. Oktober 1974 - VIII ZR 192/73, WM 1974, 1154, unter I). Die Klägerin hat daher keinen Anspruch aus § 433 Abs. 2 BGB auf Kaufpreiszahlung und Abnahme der Solarheizungsanlage. Die Beklagten befinden sich demzufolge auch nicht nach § 293 BGB in Annahmeverzug.
32
Eine Bedingung gilt nach § 162 Abs. 1 BGB als eingetreten, wenn deren Eintritt von der Partei, zu deren Nachteil er gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert wird. Ob die Beeinflussung des Geschehensablaufs treuwidrig ist, ist aufgrund einer umfassenden Würdigung des Verhaltens der den Bedingungseintritt beeinflussenden Vertragspartei nach Anlass, Zweck und Beweggrund unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbeson- dere des Inhalts des Rechtsgeschäfts, festzustellen (BGH, Urteil vom 16. September 2005, V ZR 244/04, WM 2005, 2287, unter II 1 m.w.N.). Anders als das Berufungsgerichts meint, kann es danach nicht als treuwidrig angesehen werden , dass die Beklagten im November 2004, nachdem ihnen das Schreiben des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle vom 11. Mai 2004 zur Kenntnis gebracht worden war, wonach sie aus ihrer Sicht mit der Bewilligung von Fördergeldern rechnen konnten, keinen Fördermittelantrag gestellt haben.
33
Das Berufungsgericht hat bei der Würdigung des Verhaltens der Beklagten nicht berücksichtigt, dass diesen mittlerweile auch die ihnen erst nach Abschluss des Kaufvertrages ausgehändigte Montageanleitung der Herstellerin vorlag, aus der hervorging, dass die Montage der Solaranlage Fachkenntnisse entsprechend einer abgeschlossenen Berufsausbildung im Gas-/Wasserinstallationshandwerk voraussetze und nur von Käufern mit solchen Fachkenntnissen selbst ausgeführt werden dürfe. Den Beklagten war demnach im November 2004 bekannt, dass die Mitarbeiter der Klägerin es unterlassen hatten, sie vor Abschluss des Kaufvertrages auf diesen Hinweis der Herstellerin aufmerksam zu machen, und dass deren Erklärung, die Solaranlage könne auch von Laien montiert werden, mit dem Hinweis, die Montage der Solaranlage setze Fachkenntnisse entsprechend einer abgeschlossenen Berufsausbildung im Gas-/Wasserinstallationshandwerk voraus, unvereinbar war.
34
Unter diesen Umständen kann es nicht als treuwidrig angesehen werden, dass die Beklagten keinen Fördermittelantrag gestellt und damit den Bedingungseintritt und das Wirksamwerden des Kaufvertrages verhindert haben. Denn die Beklagten hätten - die Wirksamkeit des Kaufvertrages unterstellt - wegen dieses als fahrlässige Verletzung einer vorvertraglichen Aufklärungspflicht zu wertenden Verhaltens der Mitarbeiter der Klägerin gemäß § 311 Abs. 2 Nr. 1, § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1, § 278, § 276, § 249 Abs. 1 BGB auch die Rückgängigmachung des Kaufvertrages verlangen können (vgl. BGH, Urteil vom 4. April 2001 - VIII ZR 32/00, WM 2001, 1118, unter II 4, m.w.N.).
35
a) Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besteht selbst bei Vertragsverhandlungen, in denen die Parteien entgegengesetzte Interessen verfolgen, für jeden Vertragspartner die Pflicht, den anderen Teil über solche Umstände aufzuklären, die den Vertragszweck (des anderen) vereiteln können und daher für seinen Entschluss von wesentlicher Bedeutung sind, sofern er die Mitteilung nach der Verkehrsauffassung erwarten konnte (Senatsurteil vom 4. April 2001 - VIII ZR 32/00, aaO, unter II 3 b, m.w.N.). Vom Verkäufer kann nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung eine Mitteilung über solche Umstände erwartet werden, die nur ihm bekannt sind oder bekannt sein müssen und von denen er weiß oder wissen muss, dass sie für den Käufer von wesentlicher Bedeutung für den Vertragsschluss sind (vgl. Senatsurteil vom 6. Februar 2002 - VIII ZR 185/00, WM 2002, 1839, unter III 2 b, m.w.N.).
36
Der Käufer eines Bausatzes für die Selbstmontage einer Solarheizungsanlage muss nach diesen Grundsätzen zwar nicht ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass die Montage der Solaranlage ein gewisses handwerkliches Geschick voraussetzt, denn dies versteht sich, wie die Revision zu Recht geltend macht und was das Berufungsgericht auch nicht verkennt, von selbst und ist daher nicht nur dem Verkäufer, sondern auch dem verständigen Käufer bekannt (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 11. Juli 2006 - 10 U 49/06; OLG Hamm, Urteil vom 25. Oktober 2005 - 19 U 67/05; OLG Hamm, Urteil vom 4. Juni 2004 - 19 U 160/03; LG Frankenthal, Urteil vom 22. Februar 2002 - 4 O 407/05; aA OLG Nürnberg aaO).
37
Ein Käufer, dem ein solcher Bausatz auf einer Verbrauchermesse zum Kauf angeboten wird, kann aber nicht damit rechnen, dass die Montageanleitung der Herstellerin Fachkenntnisse entsprechend einer abgeschlossenen Berufsausbildung im Gas-/Wasserinstallationshandwerk fordert und verlangt, dass die Montage nur dann selbst durchgeführt wird, wenn der Montierende über derartige Fachkenntnisse verfügt. Dass dieser Umstand für einen Käufer, der die Solaranlage zur Selbstmontage erwirbt, von wesentlicher Bedeutung für den Vertragsschluss ist, liegt auf der Hand. Der Verkäufer muss den Käufer deshalb darüber unterrichten. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob der Hinweis in der Montageanweisung, wie die Revision geltend macht, tatsächlich unzutreffend und rechtlich unverbindlich ist. Selbst wenn der Verkäufer der Auffassung ist, die Montageanweisung der Herstellerin sei in diesem Punkt falsch, muss er den Käufer auf diesen Hinweis der Herstellerin aufmerksam machen. Er mag dem Käufer zugleich mitteilen, dass dieser Hinweis seiner Ansicht nach unzutreffend ist. Er darf ihm diese für die Kaufentscheidung wesentliche Information jedoch nicht vorenthalten.
38
b) Da den das Verkaufsgespräch mit den Beklagten führenden Mitarbeitern der Klägerin die Montageanleitung der Herstellerin bekannt sein musste, haben sie eine der Klägerin entsprechend § 278 BGB zurechenbare fahrlässige Aufklärungspflichtverletzung begangen, indem sie den Beklagten nicht nur den Hinweis der Herstellerin auf die für die Montage der Solaranlage erforderlichen Fachkenntnisse eines Gas-/Wasserinstallationshandwerk mit abgeschlossener Berufsausbildung verschwiegen, sondern - entgegen diesem Hinweis - sogar erklärt haben, die Solaranlage könne auch von Laien montiert werden.
39
c) Das Verschweigen des Hinweises und die Erteilung einer dem Hinweis widersprechenden Auskunft waren auch ursächlich für den Kaufentschluss der Beklagten. Derjenige, der vertragliche oder vorvertragliche Aufklärungspflichten verletzt, muss darlegen und beweisen, dass der Schaden auch bei pflichtgemäßem Verhalten eingetreten wäre, der Geschädigte also den Hinweis unbeachtet gelassen und auch bei wahrheitsgemäßen Angaben den Kaufvertrag so wie geschehen abgeschlossen hätte (Senatsurteil vom 4. April 2001 - VIII ZR 32/00, aaO, unter II 3 d, m.w.N.). Anhaltspunkte für ein solches - hypothetisches - Verhalten der Beklagten sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Ball Wiechers Dr. Wolst Dr. Koch Dr. Hessel
Vorinstanzen:
LG Schwerin, Entscheidung vom 13.10.2005 - 4 O 382/04 -
OLG Rostock, Entscheidung vom 31.07.2006 - 3 U 160/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 192/08 Verkündet am:
11. August 2010
Beskic,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Mieter ist verpflichtet, den Vermieter vor Abschluss eines Gewerberaummietvertrages
über außergewöhnliche Umstände aufzuklären, mit denen der
Vermieter nicht rechnen kann und die offensichtlich für diesen von erheblicher
Bedeutung sind.
BGH, Urteil vom 11. August 2010 - XII ZR 192/08 - OLG Naumburg
LG Magdeburg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. August 2010 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, den Richter
Prof. Dr. Wagenitz, die Richterin Dr. Vézina und die Richter Dose und Schilling

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 28. Oktober 2008 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin verlangt von dem Beklagten aus abgetretenem Recht Räumung und Herausgabe eines Ladengeschäfts.
2
Mit Vertrag vom 1. Juni 2007 vermietete die C. Immobilien GmbH und Co. KG (i. F.: Vermieterin), vertreten durch die Klägerin, an den Beklagten in dem von Friedensreich Hundertwasser entworfenen Geschäftshaus in M. ein Ladengeschäft zum Verkauf von Textilien und Sortimenten im Outdoorbereich. Bestandteil des Vertrages war eine als Anlage 5 beigefügte Sortimentsliste vom 23. Mai 2007, die allgemeine Angaben zu dem beabsichtigten Bekleidungsangebot enthält, ohne eine Marke zu nennen. Der Beklagte beabsichtigte , in den Mieträumen nahezu ausschließlich Waren der Marke "Thor Steinar" zu verkaufen, die von der M. GmbH, deren Geschäftsführer der Beklagte war, vertrieben wird. Diese Marke wird in der Öffentlichkeit in einen ausschließlichen Bezug zur rechtsradikalen Szene gesetzt.
3
Nachdem die Klägerin von dem beabsichtigten Angebot der Marke "Thor Steinar" erfahren hatte, versuchte sie, den Beklagten zu einem Verzicht auf die Eröffnung des Ladens oder auf den Vertrieb des Warensortiments der Marke "Thor Steinar" zu bewegen.
4
Am 27. Juli 2007, dem Tag der Eröffnung des Ladens, unterzeichnete der Beklagte auf Wunsch der Klägerin eine Erklärung zum Mietvertrag, in der er versicherte, dass von seinem Gewerbe keine verfassungsrechtlich relevanten Aktivitäten ausgingen und er auch keine rechts- oder linksextremistische Parteien oder Gruppierungen finanziell unterstütze und unterstützen werde. Diese Erklärung wurde auch von dem Vertreter der Klägerin unterzeichnet.
5
Mit Schreiben vom 27. Juli 2007 kündigte die Vermieterin den Mietvertrag aus wichtigem Grund. Sie wiederholte die Kündigung mit Schreiben vom 2. August 2007 und erklärte darüber hinaus die Anfechtung des Mietvertrages wegen arglistiger Täuschung.
6
Die Vermieterin hat ihre Ansprüche auf Räumung und Herausgabe des Mietobjekts an die Klägerin abgetreten.
7
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung des Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

8
Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

9
Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in NZM 2009, 128 veröffentlicht ist, hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Beklagte sei zur Räumung und Herausgabe verpflichtet. Er habe kein Recht zum Besitz, weil die Klägerin den Mietvertrag vom 1. Juni 2007 im Namen der Vermieterin mit Schreiben vom 2. August 2007 wirksam wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 Abs. 1 BGB angefochten habe.
10
Der Beklagte sei unter Zugrundelegung seines eigenen Sachvortrags verpflichtet gewesen, der Klägerin im Zuge der Vertragsverhandlungen auch ohne ausdrückliche Nachfrage mitzuteilen, dass er weit überwiegend Ware der Marke "Thor Steinar" verkaufen wolle. Der Beklagte habe nach seinem eigenen Vortrag gewusst, dass es Presseberichterstattung gebe, die dem von ihm angebotenen Warensortiment eine hohe Affinität zur rechten Szene zuweise. In dieser Berichterstattung werde die Meinung vertreten, die Marke "Thor Steinar" werde bevorzugt von Anhängern und Mitgliedern der rechtsradikalen Szene gekauft und getragen und als Erkennungssymbol für die Zugehörigkeit zur "rechten Szene" genutzt. Ausweislich des von dem Beklagten vorgelegten Artikels aus der TAZ vom 2. Mai 2008 sei es in mehreren Fußballstadien der neuen Bundesländer, im Bundestag und im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern verboten, Kleidung des Labels "Thor Steinar" zu tragen. Es lasse sich zwar nach Aktenlage nicht feststellen, dass diese Verbote bereits vor dem Abschluss des Mietvertrages vom 1. Juni 2007 ausgesprochen worden seien. Es spreche aber nichts für das Gegenteil. Zumindest die W. GmbH und Co. KG a.A. habe spätestens am 27. April 2007 für Zuschauer, die Kleidung der Marke "Thor Steinar" tragen, ein Stadionverbot verhängt.
11
Aus öffentlich zugänglichen Quellen wie dem Artikel "Thor Steinar" in der Internet-Enzyklopädie Wikipedia sei ersichtlich, dass bereits vor dem 1. Juni 2007 Presseberichterstattung existiert habe, die die Marke "Thor Steinar" mit Rechtsextremismus in Verbindung gebracht habe. Bereits aufgrund dieses negativen Bildes der Marke in der Öffentlichkeit sei der Beklagte, unabhängig davon , ob dieses Bild zu Recht bestehe, verpflichtet gewesen, die Vermieterin über den beabsichtigten überwiegenden Verkauf von Waren der Marke "Thor Steinar" aufzuklären.
12
Da das Hundertwasserhaus eine Touristenattraktion darstelle, sei für den Beklagten offensichtlich gewesen, dass es für die Vermieterin bei der Entscheidung über den Abschluss des Mietvertrages von ausschlaggebender Bedeutung gewesen sei, ob eine Presseberichterstattung zu erwarten sei, die den Käuferkreis einer vom Mieter verkauften Marke in Zusammenhang mit der rechtsextremen Szene bringe.
13
Die Verletzung der Aufklärungspflicht sei auch für den Abschluss des Mietvertrages ursächlich gewesen. Aus der umfangreichen Presseberichterstattung und den Reaktionen von Parlamenten und Fußballvereinen auf die Marke "Thor Steinar" könne geschlossen werden, dass die Kenntnis der Vermieterin von dem beabsichtigten Verkauf dieser Marke Einfluss auf ihre Entschließung gehabt hätte. Dass dies der Fall gewesen sei, zeige das anschließende Bemühen der Vermieterin um eine Beendigung des Vertragsverhältnisses.
14
Den dadurch begründeten Anschein der Ursächlichkeit der Täuschung für den Vertragsschluss habe der Beklagte nicht entkräftet. Denn es stehe aufgrund der Beweisaufnahme fest, dass die Vermieterin, wie der Zeuge D. glaubhaft bekundet habe, bei Nennung der Marke während der Vertragsver- handlungen recherchiert, deren Brisanz bemerkt und deshalb den Vertrag nicht abgeschlossen hätte.
15
Der Beklagte habe die Vermieterin auch arglistig getäuscht. Er habe von der bereits vor Abschluss des Mietvertrages vorhandenen kritischen Presseberichterstattung gewusst und es deshalb mindestens ernsthaft für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen, dass der Mietvertrag bei Kenntnis der Vermieterin von dem beabsichtigten Verkauf der Marke "Thor Steinar" nicht zustande gekommen wäre.
16
Die Anfechtung sei auch nicht durch eine Bestätigung des Mietvertrages gemäß § 144 BGB ausgeschlossen. Eine solche Bestätigung sei, wie eine Würdigung der Zeugenaussagen ergebe, weder durch die schriftliche "Erklärung zum Mietvertrag" vom 27. Juli 2007 noch mündlich erfolgt.

II.

17
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung stand.
18
Die Klägerin hat gegen den Beklagten aus abgetretenem Recht einen Anspruch auf Räumung und Herausgabe.
19
Der Beklagte kann ein Recht zum Besitz nicht aus dem Mietvertrag vom 1. Juni 2007 herleiten. Denn die Vermieterin hat den Vertrag wirksam gemäß §§ 123 Abs. 1, 124 BGB wegen arglistiger Täuschung angefochten. Der Mietvertrag ist deshalb als von Anfang an nichtig anzusehen (§ 142 Abs. 1 BGB).
20
1. Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Beklagte die Vermieterin dadurch arglistig getäuscht hat, dass er sie vor Vertrags- schluss nicht über seine Absicht, in den Mieträumen nahezu ausschließlich Waren der Marke "Thor Steinar" zu verkaufen, aufgeklärt hat.
21
a) Zwar besteht bei Vertragsverhandlungen keine allgemeine Rechtspflicht , den anderen Teil über alle Einzelheiten und Umstände aufzuklären, die dessen Willensentschließung beeinflussen könnten (Staudinger/Singer/ v. Finckenstein BGB Bearb. 2004 § 123 Rn. 10; MünchKommBGB/Kramer 5. Aufl. § 123 Rn. 16 bis 18; vgl. zum Kaufvertrag: BGH Urteile vom 13. Juli 1983 - VIII ZR 142/82 - NJW 1983, 2493, 2494 und vom 12. Juli 2001 - IX ZR 360/00 - NJW 2001, 3331, 3332). Vielmehr ist grundsätzlich jeder Verhandlungspartner für sein rechtsgeschäftliches Handeln selbst verantwortlich und muss sich deshalb die für die eigene Willensentscheidung notwendigen Informationen auf eigene Kosten und eigenes Risiko selbst beschaffen (BGH Urteil vom 13. Juli 1988 - VIII ZR 224/87 - NJW 1989, 763, 764 m.w.N.).
22
Allerdings besteht nach der Rechtsprechung eine Rechtspflicht zur Aufklärung bei Vertragsverhandlungen auch ohne Nachfrage dann, wenn der andere Teil nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung redlicherweise die Mitteilung von Tatsachen erwarten durfte, die für die Willensbildung des anderen Teils offensichtlich von ausschlaggebender Bedeutung sind (RGZ 111, 233, 234; vgl. zur Aufklärungspflicht des Vermieters: Senatsurteile vom 16. Februar 2000 - XII ZR 279/97 - NJW 2000, 1714, 1718; vom 28. April 2004 - XII ZR 21/02 - NJW 2004, 2674; vom 28. Juni 2006 - XII ZR 50/04 - NJW 2006, 2618, 2619 und vom 15. November 2006 - XII ZR 63/04 - NZM 2007, 144; zur Aufklärungspflicht des Verkäufers: BGH Urteile vom 12. Juli 2001 - IX ZR 360/00 - NJW 2001, 3331 und vom 25. Oktober 2007 - VII ZR 205/06 - NJW-RR 2008, 258 Rn. 20; Staudinger/ Singer/v. Finckenstein BGB Bearb. 2004 § 123 Rn. 11; MünchKommBGB/ Kramer 5. Aufl. § 123 Rn. 16 bis 18). Davon wird insbesondere bei solchen Tat- sachen ausgegangen, die den Vertragszweck vereiteln oder erheblich gefährden können (BGH Urteile vom 13. Dezember 1990 - III ZR 333/89 - NJW-RR 1991, 439 und vom 8. Dezember 1989 - V ZR 246/87 - NJW 1990, 975, zu Kaufverträgen). Eine Tatsache von ausschlaggebender Bedeutung kann auch dann vorliegen, wenn sie geeignet ist, dem Vertragspartner erheblichen wirtschaftlichen Schaden zuzufügen.
23
Die Aufklärung über eine solche Tatsache kann der Vertragspartner redlicherweise aber nur verlangen, wenn er im Rahmen seiner Eigenverantwortung nicht gehalten ist, sich selbst über diese Tatsache zu informieren (vgl. Staudinger/Singer/v. Finckenstein BGB Bearb. 2004 § 123 Rn. 17 m.w.N.).
24
In der Gewerberaummiete obliegt es grundsätzlich dem Vermieter, sich selbst über die Gefahren und Risiken zu informieren, die allgemein für ihn mit dem Abschluss eines Mietvertrages verbunden sind. Er muss allerdings nicht nach Umständen forschen, für die er keinen Anhaltspunkt hat und die so außergewöhnlich sind, dass er mit ihnen nicht rechnen kann. Er ist deshalb auch nicht gehalten, Internetrecherchen zum Auffinden solcher etwaiger außergewöhnlicher Umstände durchzuführen.
25
Für die Frage, ob und in welchem Umfang eine Aufklärungspflicht besteht , kommt es danach wesentlich auf die Umstände des Einzelfalls an.
26
b) Das Berufungsgericht hat ausgehend von diesen Grundsätzen rechtsfehlerfrei eine Aufklärungspflicht des Beklagten wegen der besonderen Umstände des Falles bejaht.
27
Das Mietobjekt lag in dem von dem Künstler Friedensreich Hundertwasser entworfenen, im Zentrum von M. gelegenen so genannten "Hundertwasserhaus" , das mit einer Gesamtmietfläche von 7000 qm von der Ver- mieterin als Geschäftshaus konzipiert war und aufgrund seiner besonderen Gestaltung eine Attraktion für Touristen und Kunden sein sollte.
28
Nach den revisionsrechtlich nicht angreifbaren Feststellungen des Berufungsgerichts wurde dieses Ziel durch den von dem Beklagten geplanten Verkauf von Waren der Marke "Thor Steinar", die unstreitig in der öffentlichen Meinung ausschließlich der rechtsradikalen Szene zugeordnet werden, gefährdet. Denn der Verkauf solcher Waren kann zur Folge haben, dass das Hundertwasserhaus in den Ruf gerät, Anziehungsort für rechtsradikale Käuferschichten zu sein und damit ein Ort, an dem - auch aufgrund von Demonstrationen - gewaltsame Auseinandersetzungen zu erwarten sind. Diese, das gesamte Anwesen treffende mögliche rufschädigende Wirkung ist geeignet, Kunden und Touristen fernzuhalten und damit andere Mieter im Anwesen zu einer Minderung oder Beendigung des Mietvertrages zu veranlassen und potentielle Mieter von dem Abschluss eines Mietvertrages abzuhalten. Der Verkauf von Waren der Marke "Thor Steinar" kann deshalb der Vermieterin erheblichen wirtschaftlichen Schaden zufügen.
29
Darüber hinaus ist die Vermietung von Räumen zum Verkauf von Waren, die in der öffentlichen Meinung ausschließlich der rechtsradikalen Szene zugeordnet werden, geeignet, den Vermieter in der öffentlichen Meinung in die Nähe zu rechtsradikalem Gedankengut zu stellen und sich auch deshalb geschäftsschädigend für ihn auszuwirken.
30
Im Hinblick auf diese möglichen gravierenden Auswirkungen war der beabsichtigte Verkauf von Waren dieser Marke für die Vermieterin von erheblicher Bedeutung.
31
Sie durfte darüber auch redlicherweise eine Aufklärung erwarten. Denn sie konnte ohne einen Hinweis auf die Marke nicht erkennen, dass der Beklagte in den Mieträumen Waren verkaufen wollte, die nahezu ausschließlich rechtsradikalen Kreisen zugeordnet werden. Sie hatte auch keine Veranlassung, dies anzunehmen. Denn bei dem Verkauf solcher Waren handelt es sich um einen außergewöhnlichen Umstand, mit dem sie nicht rechnen musste. Darüber hinaus bestand für sie aufgrund der verharmlosenden Angaben des Beklagten zum Sortiment kein Anlass zu einer Nachfrage.
32
Im Hinblick auf diese dem Beklagten bekannten Umstände musste es sich ihm aufdrängen, dass sich die Vermieterin insoweit über die Waren, die er zum Verkauf anbieten wollte, im Irrtum befand und dass der beabsichtigte Verkauf von Waren der Marke "Thor Steinar" für deren Entscheidung, den Mietvertrag abzuschließen, von erheblicher Bedeutung war.
33
Der Beklagte war deshalb nach Treu und Glauben und den Grundsätzen eines redlichen Geschäftsverhaltens verpflichtet, die Vermieterin über den beabsichtigten Verkauf von nahezu ausschließlich Waren der Marke "Thor Steinar" zu informieren.
34
c) Zu Recht hat das Berufungsgericht auch die subjektiven Voraussetzungen für eine arglistige Täuschung durch unterlassene Aufklärung bejaht. Nach seinen Feststellungen wusste der Beklagte, dass die Marke "Thor Steinar" in der öffentlichen Meinung rechtsradikalen Kreisen zugeordnet wird und dass zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages zumindest in Fußballstadien von W. ein Verbot für das Tragen von "Thor Steinar" bestand. Ihm war deshalb bewusst, dass der Verkauf von Waren dieser Marke in dem von Friedensreich Hundertwasser gestalteten großen Geschäftshaus geeignet war, erhebliche wirtschaftliche Nachteile für die Vermieterin zu verursachen. Daraus ergibt sich, dass er zumindest billigend in Kauf genommen hat, dass die Vermieterin den Mietvertrag nicht abgeschlossen hätte, wenn sie vor Vertragsschluss Kenntnis von dem beabsichtigten Verkauf der Marke "Thor Steinar" gehabt hätte.
35
d) Das Berufungsgericht hat weiter rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Verletzung der Aufklärungspflicht für den Entschluss der Vermieterin, den Mietvertrag abzuschließen, ursächlich war. Wie oben ausgeführt, handelte es sich bei dem beabsichtigten Verkauf von Waren der Marke "Thor Steinar" um einen Umstand, der angesichts der drohenden wirtschaftlichen Auswirkungen für die Vermieterin von erheblicher Bedeutung war. Diese Annahme wird zusätzlich gestützt durch das Verhalten der Vermieterin nach Kenntniserlangung von diesem Umstand. Sie hat nämlich noch am Tag der Eröffnung des Ladens durch den Beklagten am 27. Juli 2007 versucht, sich von dem Mietvertrag zu lösen.
36
2. Entgegen der Ansicht der Revision ist die Anfechtung des Mietvertrages auch nicht gemäß § 144 BGB durch eine Vertragsbestätigung der Vermieterin ausgeschlossen.
37
Rechtsfehlerfrei geht das Berufungsgericht davon aus, dass eine hier allein in Betracht kommende konkludente Bestätigung des anfechtbaren Vertrages nur vorliegt, wenn das Verhalten des Anfechtungsberechtigten eindeutig Ausdruck eines Bestätigungswillens ist und jede andere, den Umständen nach einigermaßen verständliche Deutung ausscheidet (Senatsurteil vom 1. April 1992 - XII ZR 20/91 - NJW-RR 1992, 779, 780; BGH Urteil vom 2. Februar 1990 - V ZR 266/88 - BGHZ 110, 220, 222). Das Berufungsgericht hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise ebenso wie das Landgericht die Zeugenaussagen dahin gewürdigt, dass weder aus der schriftlichen Erklärung des Beklagten vom 27. Juli 2007, noch aus den mündlichen Besprechungen an diesem Tag, noch aus der Überreichung eines Hundertwasserbildes anlässlich der Geschäftseröffnung auf eine Bestätigung des Mietvertrages durch die Vermieterin geschlossen werden kann. Die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts ist umfassend und in sich widerspruchsfrei. Sie verstößt auch nicht gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze.
38
3. Die Anfechtung ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Mietvertrag zum Zeitpunkt der Anfechtung bereits in Vollzug gesetzt war. Eine auf Abschluss eines Mietvertrages gerichtete Willenserklärung kann auch nach Überlassung der Mietsache wegen arglistiger Täuschung angefochten werden (Senatsurteil vom 6. August 2008 - XII ZR 67/06 - BGHZ 178, 16 Rn. 34 f.).
Hahne RiBGH Prof. Dr. Wagenitz Vézina ist urlaubsbedingt an der Unterschrift verhindert Hahne Dose Schilling
Vorinstanzen:
LG Magdeburg, Entscheidung vom 13.02.2008 - 5 O 1879/07 -
OLG Naumburg, Entscheidung vom 28.10.2008 - 9 U 39/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 46/02
Verkündet am:
9. Januar 2003
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Erhält der beurkundende Notar bei einem Kaufvertrag über ein mit einem Vorkaufsrecht
belastetes Grundstück (nur) den Auftrag, dem Vorkaufsberechtigten
eine Ausfertigung des Kaufvertrages zu übersenden und gegebenenfalls dessen
Freigabeerklärung entgegenzunehmen, so betrifft dies eine im Zusammenhang
mit der Beurkundung stehende "unselbständige" Betreuungstätigkeit, für
die im Verhältnis zu den Kaufvertragsparteien das Haftungsprivileg des Notars
eingreift; dies gilt auch dann, wenn der Notar in dem Übersendungsschreiben
an den Vorkaufsberechtigten von sich aus - unzutreffende - Hinweise auf die im
Falle der Ausübung des Vorkaufsrechts einzuhaltende Frist gibt.
BGH, Urteil vom 9. Januar 2003 - III ZR 46/02 - OLG München
LG Traunstein
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. Januar 2003 durch die Richter Dr. Wurm, Streck, Schlick, Dörr und
Galke

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 29. November 2001 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Klage insgesamt als zur Zeit unbegründet abgewiesen wird.
Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Die Klägerin macht gegen den Beklagten, einen Notar, Schadensersatzansprüche wegen Amtspflichtverletzung im Zusammenhang mit dem Abschluß des von dem Beklagten beurkundeten Grundstückskaufvertrags vom 22. Dezember 1997 geltend.
Mit diesem Vertrag verkaufte die Klägerin eine bestimmte Teilfläche des Flurstücks 304 in der Gemarkung T. für 200.000 DM an Frau P. . Dieses Grundstück war mit einem Vorkaufsrecht für die Eheleute S. be-
lastet, wobei in dem zugrundeliegenden - ebenfalls vom Beklagten beurkundeten - Vertrag vom 10. November 1986 für die Ausübung des Rechts eine Frist von einem Monat bestimmt worden war. Mit (am nächsten Tag zugestelltem ) Schreiben vom 13. Januar 1998 übersandte der Beklagte den Eheleuten S. eine Ausfertigung der Kaufvertragsurkunde und bat sie unter Hinweis auf die Folgen einer Fristversäumung, ihm "innerhalb der gesetzlichen Frist von zwei Monaten" mitzuteilen, ob das Vorkaufsrecht ausgeübt werde oder nicht. Die Eheleute S. antworteten dem Beklagten unter dem 9. März 1998, sie wollten das Vorkaufsrecht ausüben. Nachdem der Beklagte sie mit Schreiben vom 11. März 1998 darauf aufmerksam gemacht hatte, daß die Ausübung des Vorkaufsrechts durch Erklärung gegenüber der Verkäuferin erfolgen müsse, ließen die Eheleute S. darüber hinaus durch Anwaltsschreiben vom 19. März 1998 die Ausübung des Vorkaufsrechts bezüglich der in Rede stehenden Teilfläche gegenüber der Klägerin erklären, wobei sie den Standpunkt vertraten, die Mitteilung des Beklagten vom 13. Januar 1998 habe, da sie inhaltlich unrichtig gewesen sei, die Frist zur Ausübung des Vorkaufsrechts nicht in Gang gesetzt.
Auf die daraufhin von der Klägerin erhobene Klage wurden die Eheleute S. in erster Instanz vom Landgericht M. verurteilt, die lastenfreie Abschreibung der streitigen Teilfläche aus dem Flurstück 304 zu bewilligen , wogegen die auf Auflassung gerichtete Widerklage der Eheleute S. abgewiesen wurde. In der Berufungsverhandlung vor dem Oberlandesgericht München gab dieses den Hinweis:
"..., daß die Frist des § 510 BGB mit der Mitteilung des Vorkaufsfalles zu laufen begonnen hat... Die - nicht notwendige - Mitteilung , innerhalb welcher Frist das Vorkaufsrecht ausgeübt werden
muß, seitens des Notars, der abweichend von der vertraglichen Bemessung auf einen Monat die gesetzliche Frist von zwei Monaten den Vorkaufsberechtigten mitgeteilt hat, stellt nach Ansicht des Senats eine positive Vertragsverletzung der Vorkaufsverpflichteten dar, die sich über § 278 BGB das Handeln des Notars zurechnen lassen muß. Der Notar kann für diese außerhalb seiner Beurkundungstätigkeit liegende Verrichtung als Erfüllungsgehilfe der Vorkaufsverpflichteten tätig werden. Wegen der Haftung der Vorkaufsverpflichteten aus pVV können die Vorkaufsberechtigten verlangen, so gestellt zu werden, wie sie ohne das schädigende Verhalten des Vorkaufsverpflichteten gestanden hätten; das bedeutet, daß die Beklagten so behandelt werden müssen, als hätten sie ihr Vorkaufsrecht rechtzeitig ausgeübt. Die telefonische Mitteilung vom Vorkaufsfall durch die Vorkaufsverpflichtete persönlich ist durch das Handeln des Notars überholt worden. Im übrigen kommt ein Mitverschulden insoweit nicht in Betracht."
Daraufhin schloß die Klägerin mit den Eheleuten S. einen Vergleich , in dem man sich darüber einig war, daß die Eheleute S. das Vorkaufsrecht hinsichtlich der streitgegenständlichen Teilfläche rechtzeitig ausgeübt hätten, darüber hinaus kauften die Eheleute S. der Klägerin auch die noch verbleibende Teilfläche des Flurstücks 304 ab und bezahlten für das gesamte Flurstück 304 einen Kaufpreis von 350.000 DM.
Im vorliegenden Prozeß hat die Klägerin dem Beklagten angelastet, seine fehlerhafte Mitteilung vom 13. Januar 1998 habe es den Eheleuten S. ermöglicht, sich - trotz Kenntnis vom Fristablauf - auf eine rechtzeitige Ausübung des Vorkaufsrechts zu berufen. Ihren geltend gemachten Gesamtschaden von 171.717,99 DM hat die Klägerin wie folgt aufgeschlüsselt:
- 140.000 DM Mindererlös für das Flurstück 304: Die Klägerin hat hierzu behauptet , Frau P. habe ihr für den Fall der Durchführung des Kaufvertra-
ges vom 22. Dezember 1997 für die verbliebene Restfläche 290.000 DM geboten.
- 26.470,58 DM Zinsschaden im Zeitraum 1. März 1998 bis 14. Juni 2000 im Hinblick auf das Ausbleiben des Kaufpreises von 200.000 DM wegen der Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Eheleute S. .
- 5.247,41 DM aus dem Vorprozeß auf die Klägerin entfallende Prozeßkosten.
Das Landgericht hat die Klage (endgültig) abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Klage hinsichtlich des geltend gemachten Zinsschadens von 26.470,58 DM als zur Zeit unbegründet abgewiesen werde. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageanspruch weiter.

Entscheidungsgründe


Die Revision der Klägerin führt zwar dazu, daß die "endgültige" Abweisung der Klage in Höhe von 145.247,41 DM (= 87.798,01 emachter Zinsen entfällt. Davon abgesehen ist das Rechtsmittel jedoch unbegründet mit der Folge, daß die Klage insgesamt - als zur Zeit unbegründet - abgewiesen bleibt.

I.


1. Mit dem Berufungsgericht ist davon auszugehen, daß der Beklagte durch die fehlerhafte Belehrung der Eheleute S. über die Frist für die Ausübung des Vorkaufsrechts in dem Schreiben vom 13. Januar 1998 eine Amtspflichtverletzung (auch) gegenüber der Klägerin als Verkäuferin und Vorkaufsverpflichteten begangen hat; die gegenteilige Auffassung der Revisionserwiderung trifft nicht zu. Da der Notar mit der Mitteilung des Vertrages an die Vorkaufsberechtigten eine Verpflichtung der Klägerin als Vorkaufsverpflichteter erfüllte (vgl. § 510 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F.), bestand jedenfalls die Gefahr, daß - wie es sich auch im vorliegenden Fall ergab - die Klägerin aus in diesem Zusammenhang vom Notar hinzugefügten Belehrungen mit haftbar gemacht werden konnte.
2. Das Berufungsgericht nimmt auch zutreffend einen Ursachenzusammenhang im Sinne adäquater Kausalität zwischen der Amtspflichtverletzung des Beklagten und den von der Klägerin geltend gemachten Schäden an. Entscheidend ist, welchen Verlauf die Dinge bei pflichtgemäßem Verhalten des Notars genommen hätten (vgl. nur BGH, Urteil vom 24. Oktober 1985 aaO, 27. Mai 1993 - IX ZR 66/92 - NJW 1993, 2744 und 18. November 1999 - IX ZR 412/97 - NJW 2000, 664). Hätte im Streitfall der Beklagte in seinem Schreiben vom 13. Januar 1998 die richtige Ausübungsfrist für das Vorkaufsrecht genannt oder überhaupt keine Aussage zur Ausübungsfrist gemacht, so hätten die Eheleute S. nicht - erfolgreich - geltend machen können, das Vorkaufsrecht noch wirksam ausgeübt zu haben. Innerhalb der richtigen (bei der Rechtsbegründung vereinbarten) Ausübungsfrist von einem Monat, die ihnen - wie im vorliegenden Prozeß unstreitig ist - bekannt war, hätten die Eheleute S. nach der im Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Behauptung der Kläger das Vorkaufsrecht nicht ausgeübt.

3. Gleichwohl ist das Berufungsgericht der Auffassung, es fehle - mit Ausnahme der Position Zinsschaden (26.470,58 DM = 13.534,19 - an einem Zurechnungszusammenhang zwischen der Amtspflichtverletzung des Beklag- ten und den von der Klägerin geltend gemachten Schäden: die Frage der Schadenszurechnung könne im vorliegenden Fall nicht anders gelöst werden, als wenn die Klägerin den Vorprozeß zu Ende geführt hätte. Die Klägerin habe im Vorprozeß durch den Vergleichsabschluß "bewußt auf die Wirkungen ihrer Streitverkündung gegenüber den Beklagten verzichtet". Weder seien die von der Klägerin angebotenen Beweismittel ausgeschöpft gewesen, noch habe sich der Rechtsstreit in der letzten Instanz befunden. Wenn man allein darauf abstellte , daß die Klägerin aufgrund des Hinweises des Oberlandesgerichts den Vergleich hätte abschließen müssen, so hätte dies zur Folge, daß man der (vorläufigen) Auffassung des Gerichts des Vorprozesses faktisch eine Bindungswirkung für den Schadensersatzprozeß zumesse, die der einer Streitverkündung entspreche. Der Beklagte würde "in seiner Rechtsverteidigung mehr eingeschränkt, als wenn die Klägerin den Vorprozeß rechtskräftig verloren hätte".
Hänge - so das Berufungsgericht weiter - die Beurteilung des Zurechnungszusammenhangs eines Schadens davon ab, wie ein Gericht eine bestimmte Frage entschieden hätte, so sei auf die Beurteilung des jetzt zuständigen Gerichts abzustellen, wobei entsprechend der Rechtsprechung zur Rechtsanwaltshaftung sämtliche verfügbaren Beweismittel heranzuziehen seien, auch die, die in früheren Verfahren noch nicht zur Verfügung standen. Danach wäre hier ein Anspruch der Eheleute S. aus positiver Forderungsverletzung , so gestellt zu werden, wie wenn die Frist zur Ausübung des Vorkaufs-
recht nicht bestanden hätte, ausgeschlossen, weil sie - was das Berufungsgericht im Anschluß an die erstinstanzliche Aussage der Zeugin P. insbesondere auch aufgrund der eigenen Angaben der Klägerin in ihrer Berufungsbegründung als unstreitig zugrunde legt - gewußt hätten, daß die Mitteilung des Beklagten vom 13. Januar 1998 fehlerhaft war. Bei einem Obsiegen im Vorprozeß hätte die Klägerin das gesamte Grundstück an Frau P. veräußern können. Prozeßkosten hätten die Klägerin nicht getroffen.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Im Ansatz mit Recht unterzieht das Berufungsgericht den Geschehensablauf über die Prüfung der adäquaten Kausalität hinaus einer wertenden Beurteilung. Im Streitfall ist insoweit zunächst von Bedeutung, daß nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die von der Klägerin geltend gemachten Vermögenseinbußen maßgeblich auf ein vorsätzliches Fehlverhalten Dritter (vgl. Palandt/Heinrichs BGB 62. Aufl. Vorbem. vor § 249 Rn. 73 ff) zurückgehen , nämlich die wahrheitswidrige Behauptung der Eheleute S. im Vorprozeß, auf die Angaben des Beklagten in seinem Schreiben vom 13. Januar 1998 vertraut zu haben. Indessen hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden , daß ein adäquater Zurechnungszusammenhang zwischen der Amtspflichtverletzung des Notars und dem entstandenen Schaden auch dann vorliegt , wenn ein durch einen notariellen Beurkundungsfehler Begünstigter in Kenntnis des Fehlers entgegen der wahren Sach- und Rechtslage bewußt von der vorteilhaften Position Gebrauch macht und sie zur gerichtlichen Durchsetzung materiell unberechtigter Ansprüche benutzt (Urteil vom 16. November 1989 - IX ZR 190/88 - NJW-RR 1990, 204). Der im Streitfall vom Berufungsge-
richt festgestellte Sachverhalt liegt, wie das Berufungsgericht nicht verkannt hat, ähnlich.
Weiterhin ist der Umstand zu bewerten, daß der Vergleichsabschluß, der im Streitfall den geltend gemachten Schaden letztlich herbeigeführt hat, auf einem eigenen Willensentschluß der Klägerin beruhte. Wie das Berufungsgericht im Ansatz ebenfalls nicht übersehen hat, kommt es in den Fällen der sog. psychisch vermittelten Kausalität darauf an, ob die Handlung des Verletzten durch das haftungsbegründende Ereignis "herausgefordert" worden ist und eine nicht ungewöhnliche Reaktion auf dieses darstellt (Palandt/Heinrichs aaO Rn. 77 ff m.w.N.). Ob der Abschluß eines Vergleichs, der den Schaden erst herbeiführt, hier einzuordnen ist oder ob er den Ursachenzusammenhang unterbricht , hängt von den Umständen des Einzelfalles ab, wobei die Erfolgsaussichten des Geschädigten im Falle einer gerichtlichen Entscheidung zu berücksichtigen sind (BGH, Urteil vom 7. Januar 1993 - IX ZR 199/91 - NJW 1993, 1139, 1141 und vom 11. Februar 1999 - IX ZR 14/98 - NJW 1999, 1391). Dient der Vergleich beispielsweise der Beseitigung der Unsicherheit, die ein Rechtsanwalt durch pflichtwidriges Verhalten geschaffen hat, wird eine Unterbrechung des Ursachenzusammenhangs nur ausnahmsweise in Betracht kommen (vgl. BGH, Urteil vom 11. Februar 1999 aaO). Auch im Streitfall liegt die Würdigung nahe, daß der Abschluß des Vergleichs im Vorprozeß eine angemessene Reaktion der Klägerin auf die prozessuale Lage war, die durch die Pflichtverletzung des Beklagten (mit) geschaffen worden war. Das Oberlandesgericht hatte durch seinen Hinweis in der mündlichen Verhandlung vom 19. Januar 2000 deutlich gemacht, daß es - unter Annahme einer Einstandspflicht der Klägerin für den Fehler des Beklagten gemäß § 278 BGB - den Rechtsstandpunkt der Eheleute S. teilte. Die Klägerin mußte also damit
rechnen, daß, wenn sie sich nicht verglich, das Oberlandesgericht unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung ihre Klage abweisen und der Widerklage der Eheleute S. stattgeben werde. Soweit im Urteil des Berufungsgerichts anklingt, die von der Klägerin angebotenen Beweismittel seien nicht ausgeschöpft gewesen, wird dies nicht näher ausgeführt. Die Revisionserwiderung verweist insoweit zwar auf den von der Klägerin in der ersten Instanz des Vorprozesses benannten Zeugen B. , der bekunden sollte, daß unmittelbar nach Abschluß des Vertrages vom 22. Dezember 1997 die Klägerin Frau S. telefonisch darauf hingewiesen habe, daß den Eheleuten S. vertraglich lediglich eine Frist von einem Monat zur Ausübung des Vorkaufsrechts eingeräumt worden sei. Diesen Parteivortrag hat aber das Oberlandesgericht in seinen zitierten rechtlichen Hinweis vom 19. Januar 2000 (vorletzter Satz) der Sache nach miteinbezogen.

b) Den Blick für eine rechtsfehlerfreie Würdigung der Frage, ob der Vergleichsabschluß der Klägerin im Vorprozeß - nach der damaligen Situation - eine vertretbare Reaktion war, hat sich das Berufungsgericht durch den Gedanken verbaut, es müsse auf den hypothetischen Ausgang des Vorprozesses bei Zugrundelegung der heutigen Beweislage abgestellt werden. Dafür gibt es jedoch keinen Grund. Es geht hier nicht, wie etwa im Haftpflichtprozeß gegen einen Rechtsanwalt, der einen Prozeß fehlerhaft geführt hat, um die Frage, wie der Prozeß bei richtiger Handhabung hätte ausgehen müssen, sondern darum, ob die Entscheidung der durch die Amtspflichtverletzung eines Notars betroffenen Klägerin, den daraus erwachsenen Prozeß mit einem Dritten durch einen Vergleich zu beenden, angemessen war und deshalb dem haftungsrechtlichen Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden zuzurechnen ist. Die Würdigung des Berufungsgerichts wird auch nicht durch die Erwä-
gung getragen, daß es für die Klägerin - im Blick auf einen etwaigen Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten - unter Umständen besser gewesen wäre, den Vorprozeß streitig zu Ende zu führen, weil bei einem Obsiegen der hier in Rede stehende Schaden vermieden worden, bei einem Unterliegen hingegen das prozessuale Vorgehen gegen den Beklagten möglicherweise erleichtert (vgl. §§ 68, 74 Abs. 3 ZPO) worden wäre. Solche Überlegungen mochten - neben anderen - bei der Abwägung der Vor- und Nachteile und der Risiken eines Vergleichsabschlusses im Vorprozeß durch die (anwaltlich beratene) Klägerin in deren eigenen Interesse geboten sein. Gleichwohl war die Entscheidung , den Vorprozeß mit den Eheleuten S. wie geschehen vergleichsweise zu beenden, nicht unvertretbar. Schließlich führt auch der vom Berufungsgericht angesprochene Gesichtspunkt, der Beklagte dürfe nicht durch die Verfahrensweise der Klägerin Nachteile in seiner Rechtsverteidigung erleiden, zu keiner anderen Beurteilung. Ein schützenswertes rechtliches Interesse des Beklagten, wegen dessen die Klägerin sich so behandeln lassen müßte, als hätte sie den Vorprozeß - mit einem aus heutiger Sicht absehbaren Ergebnis - zu Ende geführt, ist nicht ersichtlich.
4. Da nach allem die (teilweise) endgültige Abweisung der Klage von den Ausführungen des Berufungsgerichts nicht getragen wird und diese Entscheidung im Revisionsverfahren auch nicht mit anderer Begründung aufrechterhalten werden kann, muß diese in diesem Teil der Entscheidung des Berufungsgerichts liegende zusätzliche Beschwer (vgl. Senatsbeschluß BGHZ 143, 169) beseitigt werden.

II.



Dagegen hat das angefochtene Urteil Bestand, soweit das Berufungs- gericht die Klage in Höhe von 26.470,58 DM (= 13.534,19 zur Zeit unbegründet abgewiesen hat. Die gleiche Entscheidung kann der Senat als Revisionsgericht hinsichtlich des zu I. erörterten restlichen Klagan- "!" spruchs, also weiterer 145.247, 47 DM (= 87.798,01 ffen (§ 563 Abs. 3 ZPO a.F.).
1. Das Berufungsgericht führt weiter aus, der Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen den Beklagten scheitere hinsichtlich aller drei Schadenspositionen an der Möglichkeit anderweitigen Ersatzes (§ 19 Abs. 1 Satz 2 BNotO). Der die Verweisung auf anderweitige Ersatzmöglichkeiten ausschließende 2. Halbsatz des § 19 Abs. 1 Satz 2 BNotO sei nicht einschlägig, weil in der fehlerhaften Mitteilung des Beklagten an die Eheleute S. wegen des inneren Zusammenhangs mit der vorausgegangenen Vertragsbeurkundung keine selbständige Betreuungstätigkeit im Sinne des § 24 BNotO gelegen habe. Als anderweitige Ersatzmöglichkeiten sieht das Berufungsgericht Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen die Eheleute S. wegen Verletzung einer nachvertraglichen Treuepflicht und aus Delikt, außerdem bezüglich der mit dem Vorprozeß verbundenen Schadenspositionen mögliche Ersatzansprüche gegen den damaligen Prozeßbevollmächtigten der Klägerin wegen unzureichender Beratung vor dem Vergleichsabschluß.
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand. Ohne Erfolg macht die Revision geltend, die Subsidiaritätsklausel des § 19 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 BNotO sei auf die vorliegende Fallgestaltung nicht anwendbar.

a) Wie die Revision nicht verkennt, gilt die Ausnahme des § 19 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BNotO von der grundsätzlich nur subsidiären Haftung des Notars - im Verhältnis zwischen dem Notar und dem Auftraggeber "bei Amtsgeschäften der in §§ 23, 24 bestimmten Art" - nur bei selbständigen Betreuungstätigkeiten des Notars, nicht dagegen bei unselbständigen, im Zusammenhang mit einer Urkundstätigkeit stehenden Betreuungstätigkeiten (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juni 1983 - V ZR 4/82 - DNotZ 1984, 425, 426 f, 15. November 1984 - IX ZR 31/84 - NJW 1985, 2028 und 22. Juni 1995 - IX ZR 122/94 - WM 1995, 1883, 1885; Haug, Die Amtshaftung des Notars 2. Aufl. Rn. 176 ff; Schippel BNotO 7. Aufl. § 19 Rn. 80, 83).
Nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachverhalt erschöpfte sich zu dem hier maßgeblichen Vorgang der Auftrag an den Beklagten darin, den Vorkaufsberechtigten eine Ausfertigung des Kaufvertrages zuzuleiten und gegebenenfalls ihre Freigabeerklärung entgegenzunehmen. Das war eine - eher "technische" - geschäftsmäßige Aufgabe zur Durchführung des Kaufvertrages, die in einem nicht weniger engen Bezug zur Urkundstätigkeit des Notars stand als beispielsweise die Einreichung von Urkunden beim Grundbuchamt oder die Abgabe notarieller Bestätigungen, soweit diese in unmittelbarem Zusammenhang mit Beurkundungen ohne selbständige Überwachungspflichten erteilt werden (vgl. dazu Haug aaO Rn. 178, 180; Schippel aaO Rn. 84). Wenn nun der Beklagte bei der Ausführung des besagten Übersendungsauftrags den Vorkaufsberechtigten von sich aus Hinweise auf die Frist gab, innerhalb derer sie ihr Vorkaufsrecht auszuüben hätten, so gab dies dem Vorgang noch nicht das Gepräge einer "selbständigen" Betreuung der Beteiligten des Kaufvertrages. Andererseits verbietet es sich - entgegen der Auffassung der Revision -, die Hinweise des Beklagten an die Vorkaufsbe-
rechtigten in dem Schreiben vom 13. Januar 1998 als überhaupt nicht durch die Beurkundungstätigkeit beziehungsweise den Übersendungsauftrag an den Notar veranlaßt anzusehen; mit einer solchen Sicht würde ein einheitlicher Vorgang künstlich auseinandergerissen werden.

b) Weiterhin beanstandet die Revision, es liege ein "Wertungswiderspruch" darin, einerseits die Haftung einer Vertragspartei nach § 278 BGB für bestimmte Tätigkeiten des Notars im Zusammenhang mit einem beurkundeten Vertragsschluß in Betracht zu ziehen (vgl. BGHZ 62, 119; BGH, Urteil vom 13. Januar 1984 - V ZR 205/82 - NJW 1984, 1748), andererseits dieselbe Tätigkeit in den Bereich der Subsidiaritätsklausel des § 19 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 BNotO einzubeziehen: eine sachgerechte Anwendung der Subsidiaritätsklausel könne nur darin bestehen, daß der Kreis derjenigen Tätigkeiten, bei denen der Notar gemäß § 278 BGB als Erfüllungsgehilfe eines Beteiligten tätig werde , mit denjenigen übereinstimme, bei denen im Verhältnis zu demjenigen Beteiligten, als dessen Erfüllungsgehilfe er tätig geworden sei, der Subsidiaritätseinwand gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BNotO wegfalle; denn zum einen setze die Tätigkeit als Erfüllungsgehilfe gerade voraus, daß der Notar die Pflichten desjenigen erfüllte, für den er als Erfüllungsgehilfe tätig werde, dessen Interesse er folglich in erster Linie zu beachten habe; zum anderen erscheine es unbillig, wenn der Beteiligte sich zwar ein fehlerhaftes Verhaltes des Notars als eigenes Verschulden gemäß § 278 BGB zurechnen lassen müsse, diesen für einen dadurch entstandenen Schaden aber nur subsidiär in Anspruch nehmen dürfe.
Dieser Meinung kann nach geltendem Recht und auf der Grundlage der Rechtsprechung zu § 19 Abs. 1 Satz 2 BNotO nicht beigetreten werden. Bei
der Prüfung, ob und inwieweit am Urkundsprozeß Beteiligte sich Tätigkeiten des Notars gemäß § 278 BGB zurechnen lassen müssen, und der Prüfung der Anwendung der "Subsidiaritätsklausel" (§ 19 Abs. 1 Satz 2 BNotO) handelt es sich um Fragen, die sich gegebenenfalls in ganz unterschiedlichen Rechtsbeziehungen stellen, die jeweils ihren eigenen Wertungen unterliegen. Für die Abgrenzung zwischen "unselbständigen" und "selbständigen" Betreuungstätigkeiten im Blick auf die §§ 19, 23, 24 BNotO hilft eine Differenzierung je nach den etwaigen Auswirkungen nach § 278 BGB nicht weiter. Umgekehrt ist es nicht ausgeschlossen, daß der Notar sowohl bei unselbständiger als auch bei sonstiger betreuender Tätigkeit auf dem Gebiete vorsorgender Rechtspflege Erfüllungsgehilfe eines Beteiligten sein kann. Der Rechtsprechung, die sich mit der Anwendbarkeit des § 278 BGB bei Amtstätigkeiten des Notars befaßt (BGH, Urteile BGHZ 62, 119, 121 ff, vom 13. Januar 1984 aaO und - in Abgrenzung hierzu - vom 15. Oktober 1992 - IX ZR 43/92 - NJW 1993, 648; vgl. auch Senatsurteil BGHZ 123, 1, 13), ist nichts Gegenteiliges zu entnehmen.
Wurm Streck Schlick
Dörr Galke

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR8/14 Verkündet am:
10. Februar 2015
Beširović
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Haftung des Schädigers für psychische Beeinträchtigungen, wenn der Geschädigte
es unterlässt, sich einer (weiteren) Behandlung zu unterziehen.
BGH, Urteil vom 10. Februar 2015 - VI ZR 8/14 - OLG Köln
LG Köln
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Februar 2015 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richterin
Diederichsen, die Richter Pauge und Offenloch und die Richterin Dr. Oehler

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin und die Anschlussrevision der Beklagten wird das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 3. Dezember 2013 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin wurde am 29. September 2005 von Nachbarn herbeigerufen , nachdem ihr fast 4-jähriger Sohn beim Spielen auf die Straße gelaufen und dort von dem bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversicherten Pkw des Beklagten zu 1 erfasst worden war. Sie fand ihren Sohn mit einer erheblich dislozierten Oberschenkelfraktur, einer Commotio cerebri und einer Platzwunde am Hinterkopf vor und macht geltend, als Reaktion hierauf habe sich bei ihr ein posttrau- matisches Belastungssyndrom entwickelt, das sich in Magersucht, Schlaflosigkeit , Kopfschmerzen und Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule äußere und es ihr unmöglich mache, weiterhin den Haushalt zu führen. Die Klägerin begehrt Ersatz materiellen und immateriellen Schadens.
2
Das Landgericht hat die Klage sachverständig beraten abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht weiteren Beweis erhoben. Es hat der Klage teilweise stattgegeben und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren - mit Abstrichen zur Höhe des geltend gemachten Haushaltsführungsschadens - weiter. Die Beklagten erstreben mit der Anschlussrevision die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

I.

3
Das Berufungsgericht führt aus, die Klägerin habe zwar bewiesen, dass bei ihr aus dem Erlebnis der Unfallverletzung ihres Sohnes ein posttraumatisches Belastungssyndrom (PTBS) eingetreten sei, als dessen Folge sich eine Magersucht entwickelt habe. Ein Zurechnungszusammenhang zwischen dem Unfall und den gesundheitlichen Beeinträchtigungen sei jedoch nur bis Ende 2007 gegeben, weil die Klägerin ihr angebotene Therapiemöglichkeiten nicht wahrgenommen habe, auch wenn ihr dies nicht im Sinne eines "Mitverschuldens" vorzuwerfen sei. Die Prognose, dass eine Fortführung der Therapie eine Besserung des Gesundheitszustands erbracht hätte, sei günstig gewesen, da nach einem früheren, verhältnismäßig kurzen stationären Aufenthalt eine erheb- liche Verbesserung ihres Gesundheitszustands eingetreten sei und sich ein deutlicher Rückgang der PTBS-Symptomatik eingestellt habe.

II.

4
Das Urteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
5
1. Revision der Klägerin
6
a) Ohne Erfolg wendet sich die Revision allerdings dagegen, dass das Berufungsgericht bei der Bemessung des Schmerzensgeldes allein die durch den Unfall verursachte Magersucht - und diese nur bis Ende 2007 - berücksichtigt hat und nicht auch die übrigen von der Klägerin geltend gemachten Beeinträchtigungen , weil diese nicht über das hinausgingen, was Nahestehende von Unfallopfern in derartigen Fällen erfahrungsgemäß an Beeinträchtigungen erlitten , und deshalb unter dem Aspekt eines "Schockschadens" nicht ersatzfähig seien.
7
aa) Die Bemessung des Schmerzensgeldes der Höhe nach ist grundsätzlich Sache des nach § 287 ZPO besonders frei gestellten Tatrichters. Sie ist vom Revisionsgericht nur darauf zu überprüfen, ob die Festsetzung Rechtsfehler enthält (st. Rspr.; vgl. Senatsurteil vom 11. Dezember 1973 - VI ZR 189/72, VersR 1974, 489, 490; vom 19. September 1995 - VI ZR 226/94, VersR 1996, 380), insbesondere ob das Gericht sich mit allen für die Bemessung des Schmerzensgeldes maßgeblichen Umständen ausreichend auseinandergesetzt und sich um eine angemessene Beziehung der Entschädigung zu Art und Dauer der Verletzungen bemüht hat (vgl. Senatsurteile vom 12. Mai 1998 - VI ZR 182/97, BGHZ 138, 388, 391; vom 24. Mai 1988 - VI ZR 159/87, VersR 1988, 943; vom 15. Januar 1991 - VI ZR 163/90, VersR 1991, 350, 351; vom 12. Juli 2005 - VI ZR 83/04, VersR 2005, 1559, 1562 [insoweit in BGHZ 163, 351 nicht abgedruckt] und vom 17. November 2009 - VI ZR 64/08, VersR 2010, 268 Rn. 16).
8
bb) Für die Revision ist zugunsten der Klägerin zu unterstellen, dass bei ihr, wie vom Berufungsgericht festgestellt, aufgrund des Erlebnisses der Unfallverletzungen ihres Sohnes ein posttraumatisches Belastungssyndrom (PTBS) eingetreten ist, als dessen Folge sich eine Magersucht entwickelt hat. Auf dieser Grundlage lässt das Berufungsurteil keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Klägerin erkennen. Maßgebend für die Höhe des Schmerzensgeldes sind im Wesentlichen die Schwere der Verletzungen, das durch diese bedingte Leiden, dessen Dauer, das Ausmaß der Wahrnehmung der Beeinträchtigung durch den Verletzten und der Grad des Verschuldens des Schädigers (Senatsurteil vom 12. Juli 2005 - VI ZR 83/04, aaO). Diese Gesichtspunkte hat das Berufungsgericht beachtet und hinreichend gewürdigt.
9
Entgegen der Auffassung der Revision sind bei der Bemessung des Schmerzensgeldes wegen psychischer Folgen solche Umstände, die für sich allein genommen nicht die Tatbestandsmerkmale des Schadensersatzanspruchs erfüllen, nicht zu berücksichtigen. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats können psychische Beeinträchtigungen wie Trauer und Schmerz beim Tod oder bei schweren Verletzungen naher Angehöriger, mögen sie auch für die körperliche Befindlichkeit medizinisch relevant sein, nur dann als Gesundheitsbeschädigung im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB angesehen werden , wenn sie pathologisch fassbar sind und über die gesundheitlichen Beeinträchtigungen hinausgehen, denen Hinterbliebene bei der Benachrichtigung von dem Unfall eines nahen Angehörigen oder dem Miterleben eines solchen Unfalls erfahrungsgemäß ausgesetzt sind (vgl. Senatsurteile vom 13. Januar 1976 - VI ZR 58/74, VersR 1976, 539, 540; vom 31. Januar 1984 - VI ZR 56/82, VersR 1984, 439; vom 4. April 1989 - VI ZR 97/88, VersR 1989, 853, 854; vom 6. Februar 2007 - VI ZR 55/06, VersR 2007, 803 Rn. 6, 10; vom 20. März 2012 - VI ZR 114/11, VersR 2012, 634 Rn. 8 und vom 27. Januar 2015 - VI ZR 548/12, zVb; ablehnend: Staudinger/Schiemann, BGB, Neubearb. 2005, § 249 Rn. 46; MünchKommBGB/Oetker, 6. Aufl., § 249 Rn. 148, 151; MünchKommBGB /Wagner, 6. Aufl., § 823 Rn. 144, jeweils mwN). Ist das nicht der Fall, fehlt es mithin insoweit an einem ersatzfähigen Schaden. Dieser wird nicht dadurch ersatzfähig, dass neben den grundsätzlich nicht zum Schadensersatz führenden Beeinträchtigungen auch eine unfallursächliche ersatzfähige Beeinträchtigung besteht. Insoweit geht es nicht um die Frage der Bemessung der Höhe des Schmerzensgeldes, sondern um die vorgelagerte Frage der Ersatzfähigkeit eines eingetretenen immateriellen Schadens.
10
b) Die Revision rügt aber mit Erfolg, dass das Berufungsgericht den Zurechnungszusammenhang zwischen dem Unfallgeschehen und den gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Klägerin auf die Zeit bis Ende 2007 begrenzt hat.
11
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats hat der Schädiger für eine psychische Fehlverarbeitung als haftungsausfüllende Folgewirkung eines Unfallgeschehens einzustehen, wenn hinreichende Gewissheit besteht, dass die Folge ohne den Unfall nicht eingetreten wäre. Der Zurechnungszusammenhang ist nur ausnahmsweise dann zu verneinen, wenn der Geschädigte den Unfall in neurotischem Streben nach Versorgung und Sicherheit lediglich zum Anlass nimmt, um den Schwierigkeiten und Belastungen des Erwerbslebens auszuweichen (vgl. nur Senatsurteile vom 30. April 1996 - VI ZR 55/95, BGHZ 132, 341, 346; vom 11. November 1997 - VI ZR 376/96, BGHZ 137, 142, 150 und vom 10. Juli 2012 - VI ZR 127/11, VersR 2012, 1133 Rn. 8, 10). Eine Zurechnung kann auch dann ausscheiden, wenn das Schadensereignis ganz geringfügig ist (Bagatelle).
12
bb) Wie die Revision mit Recht geltend macht, kann auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen ein Zurechnungszusammenhang zwischen dem Unfall und der über 2007 hinaus andauernden Erkrankung der Klägerin nicht verneint werden. Ihr Unterlassen, sich einer Behandlung zu unterziehen, kann weder mit einer Fehlverarbeitung noch mit einer Begehrensneurose gleichgesetzt werden. Das Unfallgeschehen war keine Bagatelle. Die Kausalität zwischen dem Unfallgeschehen und den Gesundheitsbeeinträchtigungen kann auch nicht wegen fehlender Adäquanz verneint werden. Eine Haftung für die Folgen ab 2008 könnte nur unter dem Gesichtspunkt des Verstoßes gegen die Schadensminderungspflicht entfallen (§ 254 Abs. 2 Satz 1 BGB). Die Voraussetzungen dieser Norm hat das Berufungsgericht jedoch ausdrücklich verneint.
13
c) Die Nichtzuerkennung eines Schmerzensgeldes über das Jahr 2007 hinaus erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig.
14
aa) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts könnte für die Bemessung des Schmerzensgeldes allerdings der Umstand Gewicht haben, dass die Klägerin die von ihr begonnene Therapie nicht fortgesetzt hat. Wegen der positiven Entwicklung des Gesundheitszustands der Klägerin nach der verhältnismäßig kurzen Vorbehandlung bewertet das Berufungsgericht die Prognose, dass eine Fortführung der Therapie eine Besserung erbracht hätte, als günstig. Es meint jedoch, der Klägerin könne wegen der unterbliebenen Fortsetzung der Therapie kein Mitverschulden angelastet werden, weil sie sich ausweislich der dokumentierten Behandlungsgeschichte um die Heilung, zumindest aber Besserung ihrer nach dem Unfall manifestierten Essstörung bemüht habe. Alles spreche zwar dafür, dass dies nicht in ausreichendem Maße geschehen sei.
Dass ihr dies in dem maßgeblichen Zeitraum subjektiv vorzuwerfen und nicht etwa Ausdruck ihrer auf das Unfallereignis zurückgehenden psychischen Fehlentwicklung sei, lasse sich weder nach dem Vorbringen der insoweit darlegungspflichtigen Beklagten noch dem Sachverhalt im Übrigen feststellen.
15
bb) Möglicherweise hat das Berufungsgericht die für die Annahme eines Mitverschuldens erforderlichen Anforderungen überspannt. Von dem Verletzten muss nämlich verlangt werden, dass er, soweit er dazu imstande ist, zur Heilung oder Besserung seiner Krankheit oder Schädigung die nach dem Stande der ärztlichen Wissenschaft sich darbietenden Mittel anwendet; er darf in der Regel nicht anders handeln, als ein verständiger Mensch, der die Vermögensnachteile selbst zu tragen hat, es bei gleicher Gesundheitsstörung tun würde (RGZ 60, 147, 149; Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 5. Aufl., § 22 Rn. 112). Der Umstand, dass die Klägerin sich nach den getroffenen Feststellungen mit Rücksicht auf die mit einer Behandlung verbundene Trennung von ihren Kindern nicht weiter therapieren ließ, könnte ein Mitverschulden begründen , wenn der Klägerin eine weitere Behandlung der Essstörung zumutbar gewesen wäre (vgl. Senatsurteile vom 4. November 1986 - VI ZR 12/86, VersR 1987, 408 mit zust. Anm. Deutsch, VersR 1987, 559; vom 18. April 1989 - VI ZR 221/88, VersR 1989, 701, 702 und vom 15. März 1994 - VI ZR 44/93, NJW 1994, 1592, 1593). Dazu hat das Berufungsgericht bislang keine ausreichenden Feststellungen getroffen.
16
2. Anschlussrevision der Beklagten
17
a) Das Berufungsgericht ist zu der Überzeugung gelangt, bei der Klägerin sei aus dem Erlebnis der Unfallverletzung ihres Sohnes ein posttraumatisches Belastungssyndrom (PTBS) eingetreten, als dessen Folge sich eine Ma- gersucht entwickelt habe. Dagegen wendet sich die Anschlussrevision mit Erfolg.
18
b) Die Beweiswürdigung ist allerdings grundsätzlich Sache des Tatrichters. An dessen Feststellungen ist das Revisionsgericht nach § 559 Abs. 2 ZPO gebunden. Revisionsrechtlich ist lediglich zu überprüfen, ob sich der Tatrichter mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (vgl. Senatsurteile vom 20. Dezember 2011 - VI ZR 309/10, VersR 2012, 454 Rn. 13; vom 10. Juli 2012 - VI ZR 341/10, BGHZ 194, 26 Rn. 28; vom 11. Dezember 2012 - VI ZR 314/10, VersR 2013, 321 Rn. 16; vom 20. Mai 2014 - VI ZR 187/13, VersR 2014, 1130 Rn. 28 und vom 30. September 2014 - VI ZR 443/13, VersR 2015, 196 Rn. 11). Die vom Berufungsgericht vorgenommene Beweiswürdigung erweist sich als unvollständig.
19
c) Die Klägerin begehrt Schadensersatz wegen eines Gesundheitsschadens , der nach ihrem Vorbringen mittelbar als (psychische) Folge des Verkehrsunfalls ihres Sohnes eingetreten ist. Ein solcher Schadensersatzanspruch aus § 7 Abs. 1, § 11 Satz 2 StVG, § 823 Abs. 1, § 843 Abs. 1, § 253 BGB i.V.m. § 3 Nr. 1 PflVG in der hier anzuwendenden bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung wäre zwar ein eigener Schadensersatzanspruch wegen der Verletzung eines eigenen Rechtsguts (vgl. Senatsurteile vom 11. Mai 1971 - VI ZR 78/70, BGHZ 56, 163, 168; vom 20. März 2012 - VI ZR 114/11, BGHZ 193, 34 Rn. 8; vom 13. Januar 1976 - VI ZR 58/74, VersR 1976, 539, 540 und vom 6. Februar 2007 - VI ZR 55/06, VersR 2007, 803 Rn. 10). Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats genügt jedoch nicht jede psychisch vermittelte Beeinträchtigung der körperlichen Befindlichkeit, um einen Schadensersatzanspruch eines dadurch nur "mittelbar" Geschädigten im Falle der Tötung oder schweren Verletzung eines Dritten auszulösen. Dies widerspräche der Intention des Gesetzgebers, die Deliktshaftung gerade in § 823 Abs. 1 BGB sowohl nach den Schutzgütern als auch den durch sie gesetzten Verhaltenspflichten auf klar umrissene Tatbestände zu beschränken (vgl. Senatsurteile vom 11. Mai 1971 - VI ZR 78/70, aaO; vom 20. März 2012 - VI ZR 114/11, BGHZ 193, 34 Rn. 8; vom 4. April 1989 - VI ZR 97/88, VersR 1989, 853,854 und vom 27. Januar 2015 - VI ZR 548/12, zVb). Deshalb können psychische Beeinträchtigungen naher Angehöriger, mögen sie auch für die körperliche Befindlichkeit medizinisch relevant sein, wie oben dargelegt nur dann als Gesundheitsbeschädigung im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB angesehen werden, wenn sie pathologisch fassbar sind. Dabei hat der erkennende Senat stets dem Umstand Bedeutung beigemessen, ob die von dem Dritten geltend gemachten psychischen Beeinträchtigungen auf seine direkte Beteiligung an einem Unfall oder das Miterleben eines Unfalls zurückgeführt werden oder ob sie durch den Erhalt einer Unfallnachricht ausgelöst worden sein sollen (vgl. Senatsurteil vom 11. Mai 1971 - VI ZR 78/70, aaO S. 167; vom 22. Mai 2007 - VI ZR 17/06, BGHZ 172, 263 Rn. 13 f.; vom 12. November 1985 - VI ZR 103/84, VersR 1986, 448 und vom 27. Januar 2015 - VI ZR 548/12, zVb).
20
d) Die Anschlussrevision rügt mit Erfolg, dass sich dem angefochtenen Urteil nicht entnehmen lässt, ob das Berufungsgericht bei seiner Annahme, bei der Klägerin sei aus dem Erlebnis der Unfallverletzung ihres Sohnes ein posttraumatisches Belastungssyndrom eingetreten, berücksichtigt hat, dass die Klägerin an dem Unfall weder direkt beteiligt war noch ihn unmittelbar miterlebt hat. Wie die Anschlussrevision mit Recht geltend macht, lässt sich auch den Darlegungen des Sachverständigen Dr. W. nicht entnehmen, ob dieser bei seiner Beurteilung dem von der Klägerin für die psychische Beeinträchtigung verantwortlich gemachten auslösenden Ereignis hinreichend Rechnung getragen hat. Der Sachverständige begründet die nach seiner Bewertung gegebene Ur- sächlichkeit des Erlebens der Unfallverletzung für die eingetretene posttraumatische Belastungsstörung im Wesentlichen mit dem zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Unfallgeschehen und dem Auftreten der Magersucht. Die Anschlussrevision weist jedoch zutreffend daraufhin, dass nach anerkannter medizinischer Definition ein posttraumatisches Belastungssyndrom (ICD10: F43.1) durch ein schwerwiegendes traumatisches Erleben ausgelöst wird. Es handelt sich um eine verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde (Dilling/Mombour/Schmidt, Internationale Klassifikation psychischer Störungen, 9. Aufl., S. 207; vgl. Senatsurteil vom 10. Juli 2012 - VI ZR 127/11, VersR 2012, 1133 Rn. 33). Ob sich das von der Klägerin erlebte Geschehen als ein derart schwerwiegendes traumatisches Erleben darstellt, lassen die Darlegungen des Sachverständigen Dr. W. nicht erkennen.
21
3. Nach alledem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben. Die Sache ist unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dieses wird bei erneuter Befassung Gelegenheit haben, auch das weitere Vorbringen der Parteien in der Revisionsinstanz zu berücksichtigen.
Galke Diederichsen Pauge
Offenloch Oehler
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 17.11.2009 - 22 O 16/09 -
OLG Köln, Entscheidung vom 03.12.2013 - 15 U 191/09 -

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Die von einer Partei behaupteten Tatsachen bedürfen insoweit keines Beweises, als sie im Laufe des Rechtsstreits von dem Gegner bei einer mündlichen Verhandlung oder zum Protokoll eines beauftragten oder ersuchten Richters zugestanden sind.

(2) Zur Wirksamkeit des gerichtlichen Geständnisses ist dessen Annahme nicht erforderlich.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

(1) Die Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache verjähren in sechs Monaten. Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem er die Mietsache zurückerhält. Mit der Verjährung des Anspruchs des Vermieters auf Rückgabe der Mietsache verjähren auch seine Ersatzansprüche.

(2) Ansprüche des Mieters auf Ersatz von Aufwendungen oder auf Gestattung der Wegnahme einer Einrichtung verjähren in sechs Monaten nach der Beendigung des Mietverhältnisses.

(3) (aufgehoben)

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Betreffen die Ansprüche im Fall des Satzes 1 oder 2 denselben Gegenstand, ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend.

(2) Für wechselseitig eingelegte Rechtsmittel, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, ist Absatz 1 Satz 1 und 3 entsprechend anzuwenden.

(3) Macht der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung geltend, erhöht sich der Streitwert um den Wert der Gegenforderung, soweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über sie ergeht.

(4) Bei einer Erledigung des Rechtsstreits durch Vergleich sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.