vorgehend
Landgericht München II, 23 U 1542/17, 26.04.2018

Gericht

Oberlandesgericht München

Tenor

Die Anhörungsrüge des Beklagten gegen das Urteil, AZ: 23 U 1542/17, vom 26.04.2018 wird kostenfällig zurückgewiesen.

Gründe

I.

Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 17.05.2018, eingegangen bei Gericht am selben Tag, Anhörungsrüge nach § 321 a ZPO gegen das ihm am 03.05.2018 zugestellte Urteil des Senats vom 26.04.2018 erhoben. Er rügt, der Senat habe Vorbringen des Beklagten nicht erfasst bzw. grob missverstanden. Auf die Ausführungen im Schriftsatz vom 17.05.2018 (Bl. 333 ff d.A.) wird Bezug genommen.

II.

Die Anhörungsrüge ist gemäß § 321 a ZPO zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben. Sie ist jedoch unbegründet.

1. Nicht durchgreifend ist die Rüge des Beklagten unter Verweis auf § 41 InsO und die Entscheidungen des BGH vom 15.11.2012, IX ZR 169/11 und des OLG Karlsruhe vom 04.02.2013, 1 U 168/12, wonach ein Bürge für fingiert fällige Forderungen nicht hafte. Dies gelte für einen Kommanditisten in gleicher Weise. Die Entscheidung des Senats lasse jegliche Begründung dazu vermissen, weshalb nach Ansicht des Senats diese Rechtsprechung nicht auf den Kommanditisten zu übertragen sei.

Der Senat hat in seinem Urteil unter Ziff. 2.4.2 der Entscheidungsgründe ausführlich die Entscheidung des BGH vom 20.02.2018, II ZR 272/16, juris, dargestellt. Nach diesem Urteil wirkt die widerspruchslose Feststellung einer Forderung zur Insolvenztabelle auch zu Lasten des Kommanditisten. Gemäß § 129 Abs. 1, § 161 Abs. 2 HGB sind damit dem Kommanditisten gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft alle Einwendungen abgeschnitten, die die Gesellschaft nicht mehr erheben kann. Unter Ziff. 2.4.3 führt der Senat sodann aus: „Nach diesen Grundsätzen ist dem Beklagten infolge der widerspruchslosen Feststellung des Darlehensrückzahlungsanspruchs der Commerzbank nach § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB zur Tabelle der Einwand, der Darlehensvertrag sei mit der Commerzbank bzw. ihrer Rechtsvorgängerin nicht wirksam zustande gekommen, nicht mehr möglich. Des Weiteren kann der Beklagte nicht mehr einwenden, das Darlehen sei nicht valutiert worden, der Vertrag sei infolge Übersicherung nichtig und das. Darlehen sei nicht wirksam gekündigt worden. Ob der Darlehensrückzahlungsanspruch durch Kündigung oder nach § 41 InsO fällig wurde, ist daher nicht maßgeblich“. Es kommt, wie der Senat ausdrücklich dargestellt hat, somit auf den Einwand des Beklagten nicht an. Nach dem zitierten Urteil des BGH vom 20.02.2018 haftet der Beklagte aufgrund der widerspruchslosen Feststellung zur Tabelle für den Darlehensrückzahlungsanspruch der Commerzbank und kann sich nicht mehr darauf berufen, die Forderung sei nicht wirksam gekündigt und sei nur nach § 41 InsO fingiert fällig. Ob eine wirksame Kündigung (wie vom Kläger behauptet und vom Beklagten bestritten) oder nur eine fingierte Fälligkeit vorliegt, ist ohne Belang. Da nach dem aktuellen Urteil des BGH vom 20.02.2018 dem Kommanditisten die Einwendungen abgeschnitten sind, die die Gesellschaft infolge der widerspruchslosen Feststellung zur Tabelle nicht mehr erheben kann, kann er sich – ebenso wie die KG selbst – auf eine fehlende Fälligkeit der Darlehensforderung der Commerzbank nicht berufen. Auf die Zulässigkeit der Kündigung kommt es somit nicht an.

Die weiteren Ausführungen des Senats „Im Übrigen ergibt sich aus den vom Beklagten zitierten Entscheidungen ... auch nicht, dass ein Kommanditist für eine nach § 41 InsO als fällig geltende Forderung nicht hafte“ erfolgten daher nur ergänzend, sind aber für das Ergebnis letztlich ohne Belang.

Auch vorliegend sei daher nur ergänzend darauf hingewiesen, dass sich aus den zitierten Entscheidungen auch unter Berücksichtigung des Vortrags des Beklagten in der Anhörungsrüge nicht ableiten lässt, dass der Beklagte nicht haftet:

Im Urteil des BGH vom 15.11.2012, IX ZR 169/11 finden sich keine Ausführungen dazu, ob ein Kommanditist für nach § 41 InsO als fällig geltende Ansprüche hafte. Das Urteil befasst sich mit der Frage, ob insolvenzabhängige Lösungsklauseln bei Verträgen über die fortlaufende Lieferung von Waren oder Energie wirksam sind. Entgegen der Ansicht des Beklagten lässt sich daraus nicht zwingend folgern, eine außerordentliche Kündigung des Darlehensvertrags durch die Commerzbank aufgrund der Verschlechterung der Vermögenslage (vgl. § 490 Abs. 1 BGB) sei nicht zulässig gewesen, wie der Senat schon im Urteil unter Ziff. 2.4.3 ausgeführt hat.

Das OLG Karlsruhe hat in seinem Urteil vom 04.02.2013, 1 U 168/12, entschieden, dass die insolvenzrechtliche Fiktion der Fälligkeit nach § 41 InsO nur das Verhältnis zwischen dem Insolvenzschuldner und dem Insolvenzgläubiger betreffe, nicht aber die Beziehung des Insolvenzgläubigers zu Dritten, etwa Bürgen. Diese Entscheidung lässt sich – wie der Senat ausgeführt hat – nicht auf das Verhältnis eines Gläubigers zu einem Kommanditisten übertragen, der nach § 172 Abs. 4 HGB haftet und dem gemäß § 129 Abs. 1, § 161 Abs. 2 HGB die Einwendungen abgeschnitten sind, soweit die Gesellschaft selbst sie nicht erheben kann. Dagegen wird das Verhältnis zwischen Insolvenzgläubiger und Bürgen durch die zwischen diesen getroffene Sicherungsabrede bestimmt, wie das OLG Karlsruhe zutreffend ausführt (juris Tz. 18 ff). Nach dieser trete der Sicherungsfall erst mit der Fälligkeit der gesicherten Forderung durch Kündigung ein (juris Tz. 19 f), nicht aber schon mit der Fiktion der Fälligkeit nach § 41 InsO. Eine Sicherungsabrede gibt es im Verhältnis zwischen Insolvenzgläubiger und Kommanditisten nicht.

2. Entgegen der Behauptung des Beklagten in der Anhörungsrüge wurde die Forderung der Commerzbank in Höhe von € 8.830.676,62 gerade nicht nur für den Ausfall festgestellt, wie der Senat schon im Urteil unter Ziff. 2.4.3. (dritter Absatz) ausgeführt hat.

3. Grund für den Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung besteht daher nicht. Entgegen der Ansicht des Beklagten war die Revision nicht zuzulassen. Weder besteht eine Rechtsunsicherheit in Bezug auf § 41 InsO noch eine Divergenz zum Urteil des BGH vom 15.11.2012, IX ZR 169/11. Zudem wurden die entscheidungserheblichen Rechtsfragen bereits durch das Urteil des BGH vom 20.02.2018, II ZR 272/16, geklärt.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 488 Vertragstypische Pflichten beim Darlehensvertrag


(1) Durch den Darlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit da

Handelsgesetzbuch - HGB | § 172


(1) Im Verhältnis zu den Gläubigern der Gesellschaft wird nach der Eintragung in das Handelsregister die Einlage eines Kommanditisten durch den in der Eintragung angegebenen Betrag bestimmt. (2) Auf eine nicht eingetragene Erhöhung der aus dem Ha

Handelsgesetzbuch - HGB | § 161


(1) Eine Gesellschaft, deren Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma gerichtet ist, ist eine Kommanditgesellschaft, wenn bei einem oder bei einigen von den Gesellschaftern die Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläu

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 490 Außerordentliches Kündigungsrecht


(1) Wenn in den Vermögensverhältnissen des Darlehensnehmers oder in der Werthaltigkeit einer für das Darlehen gestellten Sicherheit eine wesentliche Verschlechterung eintritt oder einzutreten droht, durch die die Rückzahlung des Darlehens, auch unter

Handelsgesetzbuch - HGB | § 129


(1) Wird ein Gesellschafter wegen einer Verbindlichkeit der Gesellschaft in Anspruch genommen, so kann er Einwendungen, die nicht in seiner Person begründet sind, nur insoweit geltend machen, als sie von der Gesellschaft erhoben werden können. (2

Insolvenzordnung - InsO | § 41 Nicht fällige Forderungen


(1) Nicht fällige Forderungen gelten als fällig. (2) Sind sie unverzinslich, so sind sie mit dem gesetzlichen Zinssatz abzuzinsen. Sie vermindern sich dadurch auf den Betrag, der bei Hinzurechnung der gesetzlichen Zinsen für die Zeit von der Eröf

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Bundesgerichtshof Urteil, 15. Nov. 2012 - IX ZR 169/11

bei uns veröffentlicht am 15.11.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 169/11 Verkündet am: 15. November 2012 Kirchgeßner Amtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja InsO § 119 Lö

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Tenor Die Revision des Beklagten gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Ansbach vom 30. September 2016 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

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Tenor Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Heidelberg vom 14.09.2012 - Aktenzeichen: 2 O 391/11 - unter Aufhebung der Kostenentscheidung wie folgt abgeändert: Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin
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Oberlandesgericht München Beschluss, 04. Juni 2018 - 23 U 1542/17

bei uns veröffentlicht am 04.06.2018

Tenor Die Anhörungsrüge des Beklagten gegen das Urteil, AZ: 23 U 1542/17, vom 26.04.2018 wird kostenfällig zurückgewiesen. Gründe I. Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 17.05.2018, eingegangen bei Gericht

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(1) Nicht fällige Forderungen gelten als fällig.

(2) Sind sie unverzinslich, so sind sie mit dem gesetzlichen Zinssatz abzuzinsen. Sie vermindern sich dadurch auf den Betrag, der bei Hinzurechnung der gesetzlichen Zinsen für die Zeit von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bis zur Fälligkeit dem vollen Betrag der Forderung entspricht.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 169/11
Verkündet am:
15. November 2012
Kirchgeßner
Amtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Lösungsklauseln in Verträgen über die fortlaufende Lieferung von Waren oder Energie
, die an den Insolvenzantrag oder die Insolvenzeröffnung anknüpfen, sind unwirksam.
BGH, Urteil vom 15. November 2012 - IX ZR 169/11 - OLG Celle
LG Hannover
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. November 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die
Richter Raebel und Vill, die Richterin Lohmann und den Richter Dr. Pape

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Beklagten werden das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 27. Oktober 2011 und das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 8. Februar 2011 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin hatte am 17./20. Februar 2004 mit der A. GmbH (fortan: Schuldnerin) einen Vertrag über die Lieferung elektrischer Energie geschlossen. Der Vertrag sollte zunächst für ein Jahr bis zum 28. Februar 2005 laufen und sich jeweils um weitere zwölf Monate verlängern , wenn er nicht drei Monate vor Vertragsablauf schriftlich gekündigt wird. Ferner bestimmt Nr. 7 Abs. 3 des Vertrags: "Der Vertrag endet auch ohne Kündigung automatisch, wenn der Kunde einen Insolvenzantrag stellt oder aufgrund eines Gläubigerantrages das vorläufige Insolvenzverfahren eingeleitet oder eröffnet wird."
2
Nachdem der Beklagte am 16. Dezember 2004 zum vorläufigen Insolvenzverwalter über das Vermögen der Schuldnerin bestellt worden war, korrespondierte er mit der Klägerin wegen des Fortbestandes des Vertragsverhältnisses. Er wandte sich gegen die Auffassung der Klägerin, der bisherige Energielieferungsvertrag sei infolge der Insolvenz der Schuldnerin automatisch beendet worden, unterzeichnete aber gleichwohl einen neuen Vertrag mit Wirkungzum 1. Januar 2005 zu höheren Preisen. In seinem Begleitschreiben vom 31. Januar 2005 teilte der Beklagte mit, den neuen Vertrag nur unter dem Vorbehalt der Prüfung der Rechtslage anzunehmen.
3
Die Klägerin verlangte von dem Beklagten für Stromlieferungen im Zeitraum vom 1. Januar 2006 bis 21. Juli 2006 über die nach dem alten Vertrag bereits geleisteten Zahlungen hinaus zunächst ein weiteres Entgelt von 42.064,86 €. Nach teilweiser Klagerücknahme begehrt er noch 38.957,38 € nebst Zinsen. Der Beklagte wendet gegen die Klageforderung die Unwirksamkeit der Lösungsklausel aus dem ersten Energielieferungsvertrag ein, der weiterhin Bestand habe und der Abrechnung der Stromlieferungen zugrunde zu legen sei.
4
Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Die Berufung des Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


5
Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Klageabweisung.

I.


6
Das Berufungsgericht hat wie schon das Landgericht gemeint, der mit der Schuldnerin geschlossene Energielieferungsvertrag sei nach der wirksamen Lösungsklausel gemäß Nr. 7 Abs. 3 des Vertrags spätestens zum 16. Dezember 2004 beendet worden. Die insolvenzabhängige Lösungsklausel verstoße nicht gegen § 119 InsO. Vielmehr spreche die Entstehungsgeschichte der Vorschrift für eine generelle Wirksamkeit von solchen Lösungsklauseln, weil der Gesetzgeber bewusst von einer anders lautenden Bestimmung im Gesetzentwurf Abstand genommen habe. Auch die Neufassung des § 16 Abs. 1 VVG zeige , dass der Gesetzgeber insolvenzabhängigen Lösungsklauseln nicht kritisch gegenüber stehe. Das Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO sei nicht berührt, weil der Insolvenzverwalter den Vertrag in seinem rechtlichen Bestand hinnehmen müsse. Die Lösungsklausel sei auch nicht nach § 307 Abs. 2 Nr. 1, § 310 Abs. 1 Satz 2 BGB in Verbindung mit § 308 Nr. 3 BGB aF unwirksam , weil die Insolvenzantragstellung als sachlicher Grund der Vertragslösung ausdrücklich genannt werde und eine unangemessene Benachteiligung der Schuldnerin durch die Lösungsklausel nicht ersichtlich sei. Eine insolvenzrechtliche Anfechtbarkeit der Lösungsklausel sei nicht geltend gemacht worden. Daher sei der Zahlungsanspruch auf der Grundlage des unter Vorbehalt abgeschlossenen neuen Vertrages begründet.

II.


7
Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand.
8
1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist der mit der Schuldnerin geschlossene Energielieferungsvertrag nicht infolge der Insolvenz der Schuldnerin aufgelöst worden. Die in dem Vertrag vereinbarte Lösungsklausel für den Insolvenzfall erweist sich vielmehr als unwirksam im Sinne von § 119 InsO, weil sie im Voraus das Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO ausschließt.
9
a) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass es sich bei der unter Nr. 7 Abs. 3 des Vertrags enthaltenen Klausel um eine insolvenzabhängige Lösungsklausel handelt. Eine solche liegt vor, wenn eine der Parteien für den Fall der Zahlungseinstellung, des Insolvenzantrages oder der Insolvenzeröffnung das Recht eingeräumt wird, sich vom Vertrag zu lösen (BGH, Urteil vom 27. Mai 2003 - IX ZR 51/02, BGHZ 155, 87, 95), oder wenn der Vertrag wie im Streitfall unter der auflösenden Bedingung des Eintritts dieser insolvenzbezogenen Umstände steht (vgl. Braun/Kroth, InsO, 5. Aufl., § 119 Rn. 9). Im Unterschied dazu knüpfen insolvenzunabhängige Lösungsklauseln an nicht insolvenzspezifische Umstände an, etwa an den Verzug oder an sonstige Vertragsverletzungen (MünchKomm-InsO/Huber, 2. Aufl., § 119 Rn. 18; HK-InsO/ Marotzke, 6. Aufl., § 119 Rn. 2). Solche insolvenzunabhängigen Lösungsklauseln sind nicht auf das Ziel ausgerichtet, die Wahlmöglichkeiten des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO auszuhöhlen, so dass § 119 InsO - mit Ausnahme der Kündigungssperre des § 112 InsO - nicht berührt ist (vgl. BGH, Urteil vom 17. November 2005 - IX ZR 162/04, WM 2006, 144, 147; MünchKomm-InsO/ Huber, aaO Rn. 19; HK-InsO/Marotzke, aaO; HmbKomm-InsO/Ahrendt, 4. Aufl., § 119 Rn. 4).
10
b) Die Frage, ob vertraglich vereinbarte insolvenzabhängige Lösungsklauseln nach § 119 InsO unwirksam sind, ist höchstrichterlich bislang nicht geklärt. Unter der Geltung der Konkursordnung war umstritten, ob diese Klauseln mit dem zwingenden Charakter des § 17 KO vereinbar sind (vgl. etwa BGH, Urteil vom 26. September 1985 - VII ZR 19/85, BGHZ 96, 34, 36 ff; vom 11. November 1993 - IX ZR 257/92, BGHZ 124, 76, 79; dagegen Hess, KO, 6. Aufl., § 17 Rn. 1 aE; differenzierend Jaeger/Henckel, KO, 9. Aufl., § 17 Rn. 214). Nach Inkrafttreten der Insolvenzordnung hat sich der Meinungsstreit fortgesetzt. Der Senat hat die Rechtsfrage bisher offen gelassen (vgl. BGH, Urteil vom 27. März 2003, aaO S. 95).
11
aa) Nach einer Auffassung (OLG München, ZInsO 2006, 1060, 1062; MünchKomm-InsO/Huber, aaO § 119 Rn. 28 ff; ders. in Gottwald, Insolvenzrechtshandbuch , 4. Aufl., § 35 Rn. 13; Flöther/Wehner in Ahrens/Gehrlein/ Ringstmeier, InsO, § 119 Rn. 2; FK-InsO/Wegener, 6. Aufl., § 119 Rn. 4 ff, 9, aber anders für Energielieferungsverträge Rn. 8; Zeuner in Leonhardt/Smid/ Zeuner, InsO, 3. Aufl., § 119 Rn. 12; von Wilmowsky, ZIP 2007, 553, 554 ff), der sich die Vorinstanzen angeschlossen haben, steht § 119 InsO einer insolvenzbedingten Lösungsklausel grundsätzlich nicht entgegen. Lösungsklauseln würden von § 119 InsO nicht erfasst, weil diese Klauseln den Bestand des Vertrages betreffen, nicht aber dessen Abwicklung im Sinne der Bestimmungen der §§ 103 bis 118 InsO (Huber in Gottwald, aaO). Für die Wirksamkeit von insolvenzabhängigen Lösungsklauseln spreche zudem die Entstehungsgeschichte. Der Rechtsausschuss des Bundestages habe geglaubt, die Wirksamkeit von insolvenzbedingten Lösungsklauseln festzuschreiben, als er die in § 137 Abs. 2 RegE vorgesehene Regelung gestrichen habe (BT-Drucks. 12/7302, S. 170). Entsprechende Klauseln für unwirksam zu erachten, wie dies zunächst ausdrücklich vorgesehen war, hätte eine sanierungsfeindliche Wirkung und Nachteile im internationalen Geschäftsverkehr haben können (vgl. BT-Drucks., aaO). Zudem hätte es nicht der Anordnung einer Kündigungssperre nach § 112 InsO für spezielle Vertragstypen bedurft, wenn solche Lösungsklauseln bereits nach § 119 InsO unwirksam wären (MünchKomm-InsO/Huber, aaO; Zeuner in Leonhardt /Smid/Zeuner, aaO; von Wilmowsky, aaO S. 554).
12
bb) Die Gegenauffassung (OLG Düsseldorf, ZInsO 2007, 152, 154; Tintelnot in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 1998, § 119 Rn. 16 ff; HK-InsO/Marotzke, aaO § 119 Rn. 4; Braun/Kroth, aaO, § 119 Rn. 11 f; Nerlich/Römermann/ Balthasar, InsO, 1999, § 119 Rn. 11, 15; BK-InsO/Goetsch, § 119 Rn. 5 ff; Homann in Mohrbutter/Ringstmeier, Handbuch der Insolvenzverwaltung, 8. Aufl., § 7 Rn. 133 ff; Graf-Schlicker/Breitenbücher, InsO, 3. Aufl., § 103 Rn. 11; Schwörer, Lösungsklauseln für den Insolvenzfall, Rn. 269 ff, 298 f, 317, 429; Gerhardt, AcP 2000, 426, 443; Pape in Kölner Schrift zur Insolvenzordnung , 2. Aufl., S. 531 Rn. 60 ff; Berger in Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, 3. Aufl., S. 325 Rn. 28; Abel, NZI 2003, 121, 128; Dahl, NJW-Spezial 2008, 373 f) hält insolvenzabhängige Lösungsklauseln jedenfalls dann für unwirksam, wenn sie nicht einer spezialgesetzlich vorgesehenen Lösungsmöglichkeit entsprechen. Die Vorstellung des Gesetzgebers bei der Streichung des § 137 Abs. 2 RegE habe keinen Ausdruck im Gesetz gefunden (Tintelnot in Kübler/ Prütting/Bork, aaO Rn. 15; Berger, aaO Rn. 18; Gerhardt, aaO S. 441; Dahl, aaO S. 374). Wären entsprechende Lösungsklauseln wirksam, könnte der Vertragspartner schon im Vorfeld das Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO vereiteln (HK-InsO/Marotzke, aaO). Gerade die Zulässigkeit von vertraglichen Lösungsklauseln könne eine sanierungsfeindliche Wirkung haben, wenn massegünstige Verträge dem Erfüllungswahlrecht des Insolvenzverwalters entzogen würden oder konkurrierende Unternehmen den Markt zu günstigeren Konditionen übernehmen wollten (Braun/Kroth, aaO § 119 Rn. 10).
13
cc) Eine insolvenzabhängige Lösungsklausel ist bei Verträgen über die fortlaufende Lieferung von Waren oder Energie nach § 119 InsO unwirksam, wenn sie im Voraus die Anwendung des § 103 InsO ausschließt. Dies gilt nur dann nicht, wenn die Vereinbarung einer gesetzlich vorgesehenen Lösungsmöglichkeit entspricht (vgl. BGH, Urteil vom 14. Dezember 2006 - IX ZR 194/05, BGHZ 170, 206 Rn. 11). Die vom Rechtsausschuss des Bundestages befürwortete Zulässigkeit vertraglicher Lösungsklauseln (BT-Drucks. 12/7302, S. 170 zu § 137 RegE) hat im Gesetzeswortlaut keinen Ausdruck gefunden und widerspricht den Zielsetzungen des § 103 InsO. Der Zweck des Erfüllungswahlrechts ist es, die Masse zu schützen und im Interesse einer gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung zu mehren (Uhlenbruck/Wegener, InsO, 13. Aufl., § 103 Rn. 1 ff; zu § 17 KO vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 1988 - IX ZR 50/88, BGHZ 106, 236, 244). Dieser Zweck könnte vereitelt werden, wenn sich der Vertragspartner des Schuldners allein wegen der Insolvenz von einem für die Masse günstigen Vertrag lösen und damit das Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO unterlaufen kann (HK-InsO/Marotzke, aaO § 119 Rn. 4; Dahl, NJWSpezial , 2008, 373, 374).
14
Ist das Schuldverhältnis auf eine fortlaufende Lieferung von Waren oder - wie hier - Energie gerichtet, zeigt sich, dass eine einseitige Lösungsmöglichkeit durch den Gläubiger nicht die im Gesetzgebungsverfahren befürchtete sanierungsfeindliche Wirkung hat. Häufig wird das Gegenteil der Fall sein, weil die Unwirksamkeit der Lösungsklausel den Gläubiger regelmäßig daran hindert, einen zu günstigen Bedingungen abgeschlossenen und für die Betriebsfortfüh- rung wesentlichen Vertrag kurzfristig einseitig zu beenden. Derartige Nachteile bei der Betriebsfortführung wollte der Gesetzgeber gerade vermeiden, wie sich aus der Begründung des Regierungsentwurfs zu § 119 (jetzt § 105 InsO, BTDrucks. 12/2443 S. 146) entnehmen lässt. Danach soll § 105 InsO dem Verwalter ermöglichen, Verträge über die fortlaufende Lieferung von Waren oder Energie im Insolvenzverfahren zu den gleichen Bedingungen fortzusetzen. Die Fortführung eines Unternehmens sollte in dieser Weise erleichtert werden. Hierdurch wird der Vertragspartner, der seine Rückstände nur als Insolvenzforderungen geltend machen kann, im Vergleich zu anderen Gläubigern nicht unzumutbar belastet, weil er bei einer Erfüllungswahl des Insolvenzverwalters nach Eröffnung die vereinbarte Gegenleistung aus der Masse erhält (vgl. BTDrucks. , aaO; ebenso Gerhardt, aaO S. 443). Dieser Regelungsabsicht bei Einführung des § 105 InsO widerspräche es, wenn ein massegünstiger Vertrag dem Erfüllungswahlrecht des Insolvenzverwalters durch eine vertragliche Lösungsklausel entzogen werden könnte.
15
Gegen die Unwirksamkeit von vertraglichen Lösungsklauseln nach § 119 InsO kann nicht eingewandt werden, dass es dann keiner mietvertraglichen Kündigungssperre nach § 112 InsO bedurft hätte (so aber MünchKommInsO /Huber, aaO § 119 Rn. 31). Diese Vorschrift war als § 126 bereits in dem Entwurf der Bundesregierung enthalten, der insolvenzbedingte Lösungsklauseln in § 137 Abs. 2 ausdrücklich für unwirksam erklärte. Die Kündigungssperre für spezielle Vertragstypen sollte die Unwirksamkeit der allgemeinen Lösungsklauseln für die Zeit vor Verfahrenseröffnung ergänzen (vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 264). Die Existenz des § 112 InsO spricht somit nicht dafür, dass der Vorschrift des § 119 InsO ein Ausnahmecharakter zukommt (vgl. Schwörer, aaO Rn. 370 ff).
16
In der hier vertretenen Auffassung liegt keine Abweichung vom Urteil des IV. Zivilsenats vom 26. November 2003 (IV ZR 6/03, NZI 2004, 144; vgl. MünchKomm-InsO/Huber, aaO § 119 Rn. 34), in welchem der Fall einer versicherungsvertraglich vereinbarten Kündigungsklausel behandelt wurde. Die damals streitgegenständliche Klausel entsprach in ihrem Regelungsgehalt der gesetzlichen Sonderregelung in § 14 Abs. 1 VVG aF (BGH, Urteil vom 26. November 2003, aaO S. 145 f). Vorliegend besteht demgegenüber keine der Klausel entsprechende gesetzliche Lösungsmöglichkeit. Im Übrigen ist die früher in § 14 Abs. 1 VVG aF vorgesehene Kündigungsmöglichkeit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 ersatzlos entfallen (vgl. Prölss in Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., Anhang zu § 16 Rn. 1).
17
c) Der Anwendbarkeit des § 119 InsO steht nicht entgegen, dass die streitgegenständliche Klausel die Vertragsauflösung bereits für den Fall eines Eigenantrags oder eines zulässigen Gläubigerantrags vorsieht.
18
aa) Zu Unrecht wird vertreten, dass § 119 InsO bei vor der Verfahrenseröffnung liegenden Anknüpfungsumständen nicht eingreife, weil die Norm die Eröffnung des Insolvenzverfahrens voraussetze (MünchKomm-InsO/Huber, aaO Rn. 22; Huber in Gottwald, Insolvenzrechtshandbuch, 4. Aufl., § 35 Rn. 12; Homann in Mohrbutter/Ringstmeier, Handbuch der Insolvenzverwaltung, 8. Aufl., § 7 Rn. 136; Stengel, Energielieferungsverträge in der Kundeninsolvenz , 2010, S. 155 f). Die Stellung der Norm in dem mit "Wirkungen der Verfahrenseröffnung" überschriebenen Dritten Teil der Insolvenzordnung trägt diese Annahme nicht. Dieser Teil der Insolvenzordnung enthält auch in § 112 InsO eine Regelung, die bereits im Eröffnungsverfahren Anwendung findet, um das allgemeine insolvenzrechtliche Ziel einer möglichen Betriebsfortführung zu sichern (Schwörer, aaO Rn. 412). Das Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO könnte leicht unterlaufen werden, wenn sich der Vertragspartner des Schuldners ein Kündigungsrecht oder eine automatische Vertragsauflösung für den Fall ausbedingen könnte, dass ein Insolvenzantrag gestellt oder ein Insolvenzeröffnungsverfahren eingeleitet wird.
19
bb) Soll die Vorschrift des § 119 InsO in der Praxis nicht leer laufen, muss ihr eine Vorwirkung jedenfalls ab dem Zeitpunkt zuerkannt werden, in dem wegen eines zulässigen Insolvenzantrags mit der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens ernsthaft zu rechnen ist. Jedes Insolvenzverfahren setzt einen schriftlichen Eröffnungsantrag nach § 13 Abs. 1 Satz 1 InsO zwingend voraus. Könnte eine Lösungsklausel wirksam an den Eröffnungsantrag anknüpfen, würde in der Praxis die Eröffnung des Insolvenzverfahrens selbst als Anknüpfung für nur dann als unwirksam anzusehende Lösungsklauseln jede Bedeutung verlieren. Der von § 119 beabsichtigte Masseschutz könnte ohne weiteres ausgeschlossen und der Zweck der Vorschrift unterlaufen werden.
20
Wie sich auch aus § 21 Abs. 1 InsO ergibt, sollen nach einem zulässigen Insolvenzantrag nachteilige Veränderungen in der Vermögenslage des Schuldners verhindert werden. Zu diesem Zweck kann das Insolvenzgericht vorläufige Maßnahmen zum Schutz der späteren Masse anordnen.
21
Der einem Insolvenzverfahren zwingend vorausgehende Antrag auf Eröffnung unterscheidet sich auch maßgeblich von anderen, einem Insolvenzverfahren vorgelagerten Ereignissen, etwa dem Zeitpunkt einer Vermögensverschlechterung des Schuldners (vgl. HK-InsO/Marotzke, aaO Rn. 8; Zeuner in Leonhardt/Smid/Zeuner, InsO, 3. Aufl., § 119 Rn. 6; Braun/Kroth, aaO Rn. 5). Aus § 21 Abs. 1 InsO lässt sich ebenso wie aus § 112 InsO ableiten, dass die Vermögenslage des Schuldners ab Beginn des Eröffnungsverfahrens gesichert werden soll, auch um eine mögliche Betriebsfortführung nicht zu erschweren (vgl. Schwörer, aaO Rn. 421, 425 ff). Dieser Schutz vor nachteiligen Veränderungen wäre unzureichend, wenn er nicht durch eine Vorwirkung des § 119 InsO im Hinblick auf die genannten insolvenzbedingten Lösungsklauseln ergänzt würde.
22
2. Aufgrund der Unwirksamkeit der insolvenzbedingten Lösungsklausel ist der ursprüngliche Energielieferungsvertrag nicht mit der Insolvenzantragstellung oder Einleitung des Eröffnungsverfahrens beendet worden, sondern hatte weiterhin Bestand. Das Vertragsverhältnis wurde auch nicht durch die schriftliche Kündigung der Klägerin beendet. Durch das erst am 6. Dezember 2004 zugegangene Kündigungsschreiben wurde die nach Nr. 7 Abs. 2 des Vertrages vorgesehene dreimonatige Kündigungsfrist zum Ende der Vertragslaufzeit am 28. Februar 2005 nicht eingehalten. Nach Nr. 7 Abs. 2 des Belieferungsvertrages verlängerte sich die Vertragslaufzeit damit zunächst um 12 Monate. Die erklärte Kündigung kann auch nicht als Kündigung zum nächst zulässigen Kündigungstermin ausgelegt werden (vgl. zum Versicherungsrecht MünchKommVVG /Fausten, § 11 Rn. 138 ff; zu Miet- und Pachtverhältnissen MünchKommBGB /Häublein, 6. Aufl., § 573c Rn. 14; Staudinger-BGB/Roth, 2003, § 140 Rn. 46 jeweils mwN). Der ausdrücklich auf die geänderte Preisentwicklung auf dem Strommarkt gestützten Kündigungserklärung ist nicht mit hinreichender Sicherheit der Wille zu entnehmen, dass die Kündigung gegebenenfalls auch nach Ablauf einer weiteren einjährigen Vertragslaufzeit gelten soll. Die Erklärung konnte auch so verstanden werden, dass die Klägerin bei Kenntnis der Unwirksamkeit der Kündigung die weitere Preisentwicklung auf dem Strommarkt hätte abwarten wollen, um zum Ende der bis Ende Februar 2006 verlängerten Vertragsperiode neu entscheiden zu können, ob das Vertragsverhältnis zu den alten Bedingungen fortgesetzt oder wirksam gekündigt werden soll.

23
3. Auf der Grundlage des ursprünglichen Energielieferungsvertrages sind die Forderungen der Klägerin nach den Feststellungen der Vorinstanzen im streitgegenständlichen Zeitraum erfüllt. Da der ursprüngliche Vertrag fortgilt, kann die Klägerin keine weitergehenden Zahlungsansprüche aus dem im Neuvertrag vereinbarten höheren Strompreis herleiten. Den neuen Energielieferungsvertrag hatte der Beklagte nur unter der Bedingung der erfolgten Auflösung des ursprünglichen Vertrags abgeschlossen; hiermit hatte sich die Klägerin durch Fortsetzung der Lieferung einverstanden erklärt.

III.


24
Die angefochtenen Urteile können damit keinen Bestand haben und sind aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Aufhebung der Urteile nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat gemäß § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst zu entscheiden. Dies führt zur Abweisung der Klage.
Kayser Raebel Vill
Lohmann Pape

Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 08.02.2011 - 2 O 189/10 -
OLG Celle, Entscheidung vom 27.10.2011 - 13 U 53/11 -

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Heidelberg vom 14.09.2012 - Aktenzeichen: 2 O 391/11 - unter Aufhebung der Kostenentscheidung wie folgt abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 20.000,00 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 27.09.2012 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz haben die Klägerin zu 15%, der Beklagte zu 85% zu tragen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

 
I.
Die Klägerin nimmt den Beklagten aus einer Höchstbetragsbürgschaft in Anspruch.
Die Klägerin gewährte der X-GmbH mit Vertrag vom 26.03.2007 ein unbefristetes verzinsliches Darlehen in Höhe von EUR 40.000,00. Der Beklagte, der einer der Geschäftsführer der Komplementärin der Hauptgesellschafterin der Darlehensnehmerin ist, verbürgte sich für das Darlehen mit schriftlicher Erklärung vom 29.03.2007 unwiderruflich, unbefristet, unbedingt und selbstschuldnerisch bis zum Höchstbetrag von EUR 20.000,00.
Über das Vermögen der Darlehensnehmerin wurde am 16.04.2007 das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Klägerin meldete noch im gleichen Jahr ihre Forderung zur Insolvenztabelle an. Eine Rückzahlung des Darlehens erfolgte bislang nicht.
Mit Anwaltsschreiben vom 22.12.2008 - zugestellt an den Beklagten am 23.01.2009 - zog die Klägerin die Höchstbetragsbürgschaft gegenüber dem Beklagten und forderte diesen auf, bis spätestens 31.03.2009 EUR 20.000,00 zu zahlen. Unter dem 02.04.2009 erfolgte eine erneute Fristsetzung bis zum 30.04.2009 und unter dem 18.11.2009 bis zum 18.12.2009.
Die Klägerin hat in erster Instanz die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von EUR 20.000,00 nebst gesetzlicher Verzugszinsen seit 01.04.2009, der Beklagte - insbesondere unter Erhebung der Verjährungseinrede - die Abweisung der Klage begehrt.
MitUrteilvom14.09.2012-zugestelltandieKlägerinam18.09.2012-hatdasLandgericht die Klage als derzeit unbegründet abgewiesen, da mangels Kündigung des gesicherten Darlehens noch keine Fälligkeit des streitgegenständlichen Bürgschaftsanspruchs eingetreten sei. Auf die dortigen tatsächlichen Feststellungen wird Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 24.09.2012 - jeweils zugestellt am 26.09.2012 - kündigte die Klägerin den Darlehensvertrag mit der X-GmbH sowohl gegenüber deren Insolvenzverwalter wie auch gegenüber deren Geschäftsführer und forderte die Hauptschuldnerin zur Rückzahlung des Darlehens nebst angefallener Zinsen auf.
Mit ihrer am 10.10.2012 eingegangenen und begründeten Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Begehren weiter: Die Fälligkeit der Bürgschaftsforderung sei mit Zugang ihres Schreibens vom 22.12.2008 am 23.01.2009 eingetreten. Der - zuletzt fürsorglich ausgesprochenen - Kündigung des Darlehens gegenüber der insolventen Hauptschuldnerin habe es im Verhältnis zum Beklagten als Bürgen nicht bedurft. Dies zu fordern sei bloßer Formalismus, nachdem im Verhältnis zur Hauptschuldnerin das Darlehen als fällig fingiert werde und die Bürgschaftsforderung unstreitig mit ihren - der Klägerin - Aufforderungsschreiben gegenüber dem Beklagten wirksam fällig gestellt und dieser zur Rückzahlung aufgefordert worden sei.
Die Klägerin beantragt daher,
10 
den Beklagten unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, an sie EUR 20.000,00 nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 01.04.2009 zu zahlen.
11 
Der Beklagte beruft sich weiterhin auf die Einrede der Verjährung und beantragt,
12 
die Klage abzuweisen.
13 
Zum weiteren Vorbringen der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
14 
Die zulässige Berufung der Klägerin hat auch in der Sache weitgehend Erfolg.
15 
Der Klägerin steht - jedenfalls zum maßgeblichen Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung vor dem Senat - der geltend gemachte Anspruch aus der vom Beklagten übernommenen Bürgschaft in Höhe von EUR 20.000,00 zu (§ 765 Abs. 1 BGB).
16 
1. Das Bestehen einer formwirksamen selbstschuldnerischen Bürgschaft (§§ 765 Abs. 1, 766 Satz 1 BGB) zwischen den Parteien ist ebenso unstreitig wie die Begründung des durch diese bis zur Höhe von EUR 20.000,00 gesicherten Darlehensrückzahlungsanspruchs (§§ 767 Abs. 1, 488 Abs. 1 Satz 2 BGB).
17 
2. Der sich daraus ergebende, vorliegend streitgegenständliche Bürgschaftsanspruch der Klägerin gegenüber dem Beklagten ist zuletzt auch fällig (§ 271 Abs. 1 Var. 2 BGB).
18 
a) Fällig wird ein Bürgschaftsanspruch mit Eintritt des - vertraglich definierten oder von den Parteien vorausgesetzten - Bürgschaftsfalls. Maßgebend ist die ausdrückliche oder auch stillschweigende Sicherungsabrede der Parteien. Fehlt im Vertrag eine ausdrückliche Regelung des Sicherungsfalls, dann ist sie im Wege ergänzender Auslegung unter Berücksichtigung des Zwecks der Besicherung und des Inhalts der vereinbarten Sicherheit zu ermitteln (§§ 133 157 BGB, vgl. BGH NJW-RR 2001, 307-309 [juris Tz. 22] und Palandt - Sprau, BGB, 72. Aufl. 2013, § 765 Rn. 25).
19 
b) Bei einer selbstschuldnerischen Bürgschaft - wie der vom Beklagten übernommenen - tritt der Sicherungsfall und damit die Fälligkeit des Bürgschaftsanspruchs frühestens mit der Fälligkeit der gesicherten Forderung ein (vgl. BGH NJW 2010, 1284-1290 [juris Tz. 26]; NJW-RR 2009, 378-380 [juris Tz. 22]; NJW 2008, 1729-1732 [juris Tz. 23 ff.]; OLG Karlsruhe OLGR 2008, 138-139 [juris Tz. 11]; Staudinger - Horn, BGB, Juli 2012, § 765 Rn. 126 und Palandt - Sprau, BGB, 72. Aufl. 2013, § 765 Rn. 25). Dies folgt schon aus der Abhängigkeit der Bürgenverpflichtung vom jeweiligen Bestand der Hauptschuld (§ 767 Abs. 1 BGB). Denn dadurch wird die Verpflichtung des Bürgen begrenzt: Der Gläubiger soll vom Bürgen (nur) das verlangen können, was ihm der Hauptschuldner schuldet, aber nicht mehr (vgl. BGH NJW 2009, 1664-1667 [juris Tz. 9] und Staudinger - Horn, BGB, Juli 2012, § 767 Rn. 1). Folglich kann der Gläubiger den Bürgen - jedenfalls sofern wie vorliegend keine Bürgschaft auf erstes Anfordern vereinbart ist - auch nur bei nachgewiesener Fälligkeit der Hauptforderung in Anspruch nehmen (vgl. Staudinger - Horn Horn Hdsdf, BGB, Juli 2012, § 768 Rn. 37).
20 
c) Da vorliegend der Anspruch auf Rückzahlung eines unbefristet gewährten Darlehens besichert wurde, schuldete der Beklagte seine Bürgschaftsleistung - wie das Landgericht zu Recht angenommen hat - erst nach einer fälligkeitsbegründenden Kündigung des Darlehens gegenüber der Hauptschuldnerin (§ 488 Abs. 3 Satz 1 BGB, vgl. auch RG LZ 1918, 910 [Nr. 8] und Staudinger - Horn, BGB, Juli 2012, § 768 Rn. 15).
21 
(a) Ebenfalls zutreffend ist - entgegen der Auffassung des Beklagten - die Annahme des Landgerichts, dass die insolvenzrechtliche Fiktion der Fälligkeit (noch) nicht fälliger Forderungen (§ 41 Abs. 1 InsO) keine abweichende Beurteilung trägt. Denn diese betrifft lediglich das Verhältnis zwischen Insolvenzschuldner und -gläubiger, nicht aber die Beziehung des letzteren zu Dritten, insbesondere Bürgen wie dem Beklagten. Dies folgt schon aus dem Zweck der genannten gesetzlichen Regelung, die - nur - auf eine Förderung der insolvenzrechtlichen Schuldenbereinigung gerichtet ist (vgl. - zur Vorgängervorschrift § 65 KO - BGH NJW 2000, 1408-1409 [juris Tz. 16]; RG RGZ 88, 373-377 [375] und - zur aktuellen Rechtslage - Jaeger - Henckel, InsO, 1. Aufl. 2004, § 41 Rn. 14; Nerlich/Römermann - Andres, InsO, EL 15 April 2008, § 41 Rn. 6 sowie von Wilmowsky WM 2008, 1189-1196 [1193]). Der Gläubiger und der Bürge werden in ihrer rechtlichen Beziehung durch die Begrenzung der Fälligkeitsfiktion auf das Verhältnis zwischen Insolvenzschuldner und -gläubiger - wie in der mündlichen Verhandlung erörtert - nicht schlechter gestellt, als sie ohne die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners stünden. Ihre Besserstellung - für den Gläubiger in Gestalt einer infolge der vorgezogenen Fälligkeit der gesicherten Forderung erleichterten Durchsetzung seiner Ansprüche gegenüber dem Bürgen und für diesen aufgrund der damit verbundenen früheren Verjährung seiner Haftung - wird durch die insolvenzrechtliche Regelung nicht bezweckt.
22 
(b) Dahin stehen kann, ob die vorgerichtlichen Zahlungsaufforderungen der Klägerin an den Beklagten zumindest konkludente Kündigungen auch des der Bürgschaft zugrunde liegenden Darlehensverhältnisses enthalten. Denn eine Kündigung nur gegenüber dem Bürgen ist für die Hauptschuld und damit auch die Bürgenschuld ohnehin wirkungslos (vgl. RG LZ 1918, 910 [Nr. 8]; Staudinger - Horn, BGB, Juli 2012, § 768 Rn. 15 und Thiel AcP 89 (1899), 85-165 [127 f.]; a.A. noch RG RGZ 2, 187 [juris]).
23 
(c) Ebenso wenig beinhaltet die - unstreitige - Anmeldung ihres Darlehensrückzahlungsanspruchs durch die Klägerin zur Insolvenztabelle eine - zumindest konkludente - Kündigung des Darlehensverhältnisses gegenüber der Darlehensnehmerin. Eine Kündigungserklärung muss erkennbar darauf gerichtet sein, dass das Darlehensverhältnis nunmehr enden soll und die Valuta zurückzuerstatten ist. Mangels Verfolgung des Darlehensrückzahlungsanspruchs grundsätzlich nicht als Kündigungserklärung zu werten ist daher die Anmeldung einer solchen Forderung im Insolvenzverfahren (vgl. - zum Konkursverfahren - RG SeuffA 70 (1915) Nr. 233 [428 f.] sowie - zur aktuellen Rechtslage - Staudinger - Mülbert, BGB, 2011, § 488 Rn. 320 und Erman - Saenger, BGB, 13. Auflage 2011, § 488 Rn. 65; a.A. OLG Brandenburg, Urteil vom 15.12.2010 - Aktenzeichen: 4 U 156/09 [juris Tz. 70]). Dies folgt schon daraus, dass die Fälligkeit des Darlehensrückzahlungsanspruchs im eröffneten Insolvenzverfahren ohnehin und damit auch ohne vorherige Kündigung eintritt (§ 41 Abs. 1 InsO, s.o.). Dass vorliegend der Erklärungswert der Anmeldung zur Insolvenztabelle ausnahmsweise über das Begehren der Klägerin, sich mit ihrer Forderung am Verfahren beteiligen zu wollen, hinausging (vgl. hierzu auch RG SeuffA 70 (1915) Nr. 233 [428]), ist weder dargetan noch sonst ersichtlich.
24 
(d) Die Fälligkeit des streitgegenständlichen Anspruchs ist somit erst mit der - nach dem unstreitigen und schon deshalb berücksichtigungsfähigen Vorbringen der Klägerin (vgl. Thomas/Putzo - Reichold, ZPO, 33. Aufl. 2012, § 531 Rn. 1 m.w.N.) - nach Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens erfolgten Kündigung des gesicherten Darlehens gegenüber dem Insolvenzverwalter der Hauptschuldnerin eingetreten (§ 80 Abs. 1 InsO, vgl. insoweit auch OLG Brandenburg, Urteil vom 15.12.2010 - Aktenzeichen: 4 U 156/09 [juris Tz. 70]). Eine Kündigungsfrist war dabei von der Klägerin nicht einzuhalten, da ihr ein außerordentliches Kündigungsrecht zustand: Durch die nach der Gewährung des Darlehens erfolgte Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Darlehensnehmerin ist eine wesentliche Verschlechterung in deren Vermögensverhältnissen eingetreten (§ 490 Abs. 1 HS 1 BGB, vgl. auch - unmittelbar drohende Gefahr des Darlehensnehmerkonkurses - BGH NJW-RR 1990, 110-111 [juris Tz. 6] und - unmittelbar drohende Gefahr der Zahlungsunfähigkeit des Darlehensnehmers - NJW 2003, 2674-2676 [juris Tz. 19]). Es stehen auch keine hinreichenden Sicherheiten zur Verfügung, um den Rückzahlungsanspruch der Klägerin zu unterlegen (§ 490 Abs. 1 HS 2 BGB), da die vom Beklagten gestellte Bürgschaft lediglich den hälftigen Wert des hingegebenen Darlehensbetrags - zudem ohne die vereinbarten Zinsen - abdeckt. Dass trotz dieser Vermögensverschlechterung und der daraus resultierenden Gefährdung des Rückzahlungsanspruchs der Klägerin ausnahmsweise dennoch keine Kündigungsberechtigung besteht, ist weder - vom insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten (vgl. Prütting/Wegen/Weinreich - Kessal-Wulf, BGB, 7. Aufl. 2012, § 490 Rn. 3) - dargetan noch sonst ersichtlich. Der Wille der Klägerin, das Darlehensverhältnis mit sofortiger Wirkung zu beenden, ergibt sich schon aus der mit ihrer Kündigung verbundenen Aufforderung zur unmittelbaren Rückzahlung der Darlehensvaluta (vgl. Staudinger - Mülbert, BGB, 2011, § 490 Rn. 47).
25 
3. Aus den vorstehenden Erwägungen folgt ferner, dass - entgegen der Auffassung des Beklagten - dem streitgegenständlichen Anspruch der Klägerin aus der Bürgschaft die Einrede der Verjährung (§ 214 Abs. 1 BGB) nicht entgegen gehalten werden kann. Die Verjährung für eine selbstschuldnerische Bürgschaft beginnt beim Fehlen anderweitiger Vereinbarungen - wie vorliegend - mit der Fälligkeit der gesicherten Forderung (vgl. BGH NJW-RR 2009, 378-380 [juris Tz. 18] m.w.N.). Der streitgegenständliche Anspruch gegen den Beklagten als Bürgen ist mit Zugang der Kündigung vom 24.09.2012 an den Insolvenzverwalter der Darlehensnehmerin am 26.09.2012 fällig geworden und erst in diesem Moment im verjährungsrechtlichen Sinn entstanden (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB, vgl. BGH NJW 2010, 1284-1290 [juris Tz. 18]).
26 
4. Die beanspruchten Zinsen stehen der Klägerin nach alledem ebenfalls erst ab dem Eintritt der Fälligkeit mit dem auf die Zustellung der Kündigung folgenden Tag zu (§§ 291 Satz 1, 288 Abs. 1Satz 2 BGB). Ein früherer Verzugseintritt (§ 286 BGB) ist nicht gegeben.
27 
Bei der Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin nur auf Grund der erst nach Abschluss der ersten Instanz erklärten Kündigung des Darlehensvertrages obsiegt hat. Eine obsiegende Partei hat die Kosten der Berufung zu tragen, wenn der Rechtsstreit dort zu ihren Gunsten auf Grund eines neuen Vorbringens entschieden wird, das sie schon in der ersten Instanz rechtzeitig hätte geltend machen können (§ 97 Abs. 2 ZPO). Diese gesetzliche Regelung bringt einen allgemeinen Grundsatz zum Ausdruck und ist der entsprechenden Anwendung fähig: Wenn eine Partei erst in der Rechtsmittelinstanz infolge eines dort eingetretenen Umstandes obsiegt, der nicht dem Bereich der Gegenpartei, sondern ihrem eigenen Bereich zuzurechnen ist, dann sind die dadurch entstandenen Mehrkosten vom obsiegenden Teil zu tragen (vgl. BGH NJW 1960, 766-768 [768]). Dies ist insbesondere auch der Fall, wenn eine Partei die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für ihr Obsiegen bereits während des ersten Rechtszugs hätte schaffen können (vgl. OLG Koblenz NJW 1988, 3099 [3099]; Musielak - Lackmann, ZPO, 9. Aufl. 2012, § 97 Rn. 11; Zöller - Herget, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 97 Rn. 14; BeckOK - Vorwerk/Wolf, ZPO, 30.10.2012, § 97 Rn. 26; Münchener Kommentar - Schulz, ZPO, 4. Aufl. 2013, § 97 Rn. 23 und Anders/Gehle, Antrag und Entscheidung im Zivilprozess, 3. Aufl. 2000, Rn. B 583; a.A. BGH, Urteil vom 07.05.1954 - Aktenzeichen: V ZR 98/53 [BeckRS 1954, 31200468]). Letzteres trifft vorliegend angesichts des schon im erstinstanzlichen Verfahren durch das Landgericht erfolgten Hinweises auf die Erforderlichkeit einer Kündigung des Darlehens für die Herbeiführung der Fälligkeit des streitgegenständlichen Anspruchs zu. Jedenfalls dann, wenn es eine Partei - wie vorliegend die Klägerin - alleine in der Hand hat, durch eine eigene Erklärung schon im ersten Rechtszug ihrer Klage zu Erfolg zu verhelfen, sie dies aber unterlässt, hat sie die Kosten des Berufungsrechtszuges zu tragen (vgl. OLG Hamm MDR 1990, 450 [450]).
28 
Soweit die geltend gemachten Zinsen abgewiesen wurden, hat die Klägerin darüber hinaus die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens anteilig zu tragen (§ 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO, vgl. BGH MDR 1961, 141-142 [141 f.]). Ein lediglich verhältnismäßig geringfügiges Unterliegen der Klägerin (§ 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) liegt insoweit nicht vor. Ausgehend davon, dass die Vollstreckung eines Urteils regelmäßig etwa sechs Monate nach dessen Verkündung erfolgt (vgl. Musielak - Lackmann, ZPO, 9. Aufl. 2012, § 709 Rn. 5), ergibt sich die oben genannte Kostenquote.
29 
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO, § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO.
30 
In der Hauptsache war die Revision nicht zuzulassen, weil weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Hinsichtlich der Kostenentscheidung scheidet eine Zulassung wegen der Unzulässigkeit isolierter Anfechtung einer Kostengrundentscheidung ohnehin aus (§ 99 Abs. 1 ZPO, vgl. zu letzterem auch BGH NJW 2007, 3421-3423 [juris Tz. 5]).

(1) Wird ein Gesellschafter wegen einer Verbindlichkeit der Gesellschaft in Anspruch genommen, so kann er Einwendungen, die nicht in seiner Person begründet sind, nur insoweit geltend machen, als sie von der Gesellschaft erhoben werden können.

(2) Der Gesellschafter kann die Befriedigung des Gläubigers verweigern, solange der Gesellschaft das Recht zusteht, das ihrer Verbindlichkeit zugrunde liegende Rechtsgeschäft anzufechten.

(3) Die gleiche Befugnis hat der Gesellschafter, solange sich der Gläubiger durch Aufrechnung gegen eine fällige Forderung der Gesellschaft befriedigen kann.

(4) Aus einem gegen die Gesellschaft gerichteten vollstreckbaren Schuldtitel findet die Zwangsvollstreckung gegen die Gesellschafter nicht statt.

(1) Eine Gesellschaft, deren Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma gerichtet ist, ist eine Kommanditgesellschaft, wenn bei einem oder bei einigen von den Gesellschaftern die Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern auf den Betrag einer bestimmten Vermögenseinlage beschränkt ist (Kommanditisten), während bei dem anderen Teil der Gesellschafter eine Beschränkung der Haftung nicht stattfindet (persönlich haftende Gesellschafter).

(2) Soweit nicht in diesem Abschnitt ein anderes vorgeschrieben ist, finden auf die Kommanditgesellschaft die für die offene Handelsgesellschaft geltenden Vorschriften Anwendung.

(1) Durch den Darlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuzahlen.

(2) Die vereinbarten Zinsen sind, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, nach dem Ablauf je eines Jahres und, wenn das Darlehen vor dem Ablauf eines Jahres zurückzuzahlen ist, bei der Rückzahlung zu entrichten.

(3) Ist für die Rückzahlung des Darlehens eine Zeit nicht bestimmt, so hängt die Fälligkeit davon ab, dass der Darlehensgeber oder der Darlehensnehmer kündigt. Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate. Sind Zinsen nicht geschuldet, so ist der Darlehensnehmer auch ohne Kündigung zur Rückzahlung berechtigt.

(1) Nicht fällige Forderungen gelten als fällig.

(2) Sind sie unverzinslich, so sind sie mit dem gesetzlichen Zinssatz abzuzinsen. Sie vermindern sich dadurch auf den Betrag, der bei Hinzurechnung der gesetzlichen Zinsen für die Zeit von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bis zur Fälligkeit dem vollen Betrag der Forderung entspricht.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 169/11
Verkündet am:
15. November 2012
Kirchgeßner
Amtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Lösungsklauseln in Verträgen über die fortlaufende Lieferung von Waren oder Energie
, die an den Insolvenzantrag oder die Insolvenzeröffnung anknüpfen, sind unwirksam.
BGH, Urteil vom 15. November 2012 - IX ZR 169/11 - OLG Celle
LG Hannover
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. November 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die
Richter Raebel und Vill, die Richterin Lohmann und den Richter Dr. Pape

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Beklagten werden das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 27. Oktober 2011 und das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 8. Februar 2011 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin hatte am 17./20. Februar 2004 mit der A. GmbH (fortan: Schuldnerin) einen Vertrag über die Lieferung elektrischer Energie geschlossen. Der Vertrag sollte zunächst für ein Jahr bis zum 28. Februar 2005 laufen und sich jeweils um weitere zwölf Monate verlängern , wenn er nicht drei Monate vor Vertragsablauf schriftlich gekündigt wird. Ferner bestimmt Nr. 7 Abs. 3 des Vertrags: "Der Vertrag endet auch ohne Kündigung automatisch, wenn der Kunde einen Insolvenzantrag stellt oder aufgrund eines Gläubigerantrages das vorläufige Insolvenzverfahren eingeleitet oder eröffnet wird."
2
Nachdem der Beklagte am 16. Dezember 2004 zum vorläufigen Insolvenzverwalter über das Vermögen der Schuldnerin bestellt worden war, korrespondierte er mit der Klägerin wegen des Fortbestandes des Vertragsverhältnisses. Er wandte sich gegen die Auffassung der Klägerin, der bisherige Energielieferungsvertrag sei infolge der Insolvenz der Schuldnerin automatisch beendet worden, unterzeichnete aber gleichwohl einen neuen Vertrag mit Wirkungzum 1. Januar 2005 zu höheren Preisen. In seinem Begleitschreiben vom 31. Januar 2005 teilte der Beklagte mit, den neuen Vertrag nur unter dem Vorbehalt der Prüfung der Rechtslage anzunehmen.
3
Die Klägerin verlangte von dem Beklagten für Stromlieferungen im Zeitraum vom 1. Januar 2006 bis 21. Juli 2006 über die nach dem alten Vertrag bereits geleisteten Zahlungen hinaus zunächst ein weiteres Entgelt von 42.064,86 €. Nach teilweiser Klagerücknahme begehrt er noch 38.957,38 € nebst Zinsen. Der Beklagte wendet gegen die Klageforderung die Unwirksamkeit der Lösungsklausel aus dem ersten Energielieferungsvertrag ein, der weiterhin Bestand habe und der Abrechnung der Stromlieferungen zugrunde zu legen sei.
4
Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Die Berufung des Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


5
Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Klageabweisung.

I.


6
Das Berufungsgericht hat wie schon das Landgericht gemeint, der mit der Schuldnerin geschlossene Energielieferungsvertrag sei nach der wirksamen Lösungsklausel gemäß Nr. 7 Abs. 3 des Vertrags spätestens zum 16. Dezember 2004 beendet worden. Die insolvenzabhängige Lösungsklausel verstoße nicht gegen § 119 InsO. Vielmehr spreche die Entstehungsgeschichte der Vorschrift für eine generelle Wirksamkeit von solchen Lösungsklauseln, weil der Gesetzgeber bewusst von einer anders lautenden Bestimmung im Gesetzentwurf Abstand genommen habe. Auch die Neufassung des § 16 Abs. 1 VVG zeige , dass der Gesetzgeber insolvenzabhängigen Lösungsklauseln nicht kritisch gegenüber stehe. Das Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO sei nicht berührt, weil der Insolvenzverwalter den Vertrag in seinem rechtlichen Bestand hinnehmen müsse. Die Lösungsklausel sei auch nicht nach § 307 Abs. 2 Nr. 1, § 310 Abs. 1 Satz 2 BGB in Verbindung mit § 308 Nr. 3 BGB aF unwirksam , weil die Insolvenzantragstellung als sachlicher Grund der Vertragslösung ausdrücklich genannt werde und eine unangemessene Benachteiligung der Schuldnerin durch die Lösungsklausel nicht ersichtlich sei. Eine insolvenzrechtliche Anfechtbarkeit der Lösungsklausel sei nicht geltend gemacht worden. Daher sei der Zahlungsanspruch auf der Grundlage des unter Vorbehalt abgeschlossenen neuen Vertrages begründet.

II.


7
Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand.
8
1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist der mit der Schuldnerin geschlossene Energielieferungsvertrag nicht infolge der Insolvenz der Schuldnerin aufgelöst worden. Die in dem Vertrag vereinbarte Lösungsklausel für den Insolvenzfall erweist sich vielmehr als unwirksam im Sinne von § 119 InsO, weil sie im Voraus das Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO ausschließt.
9
a) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass es sich bei der unter Nr. 7 Abs. 3 des Vertrags enthaltenen Klausel um eine insolvenzabhängige Lösungsklausel handelt. Eine solche liegt vor, wenn eine der Parteien für den Fall der Zahlungseinstellung, des Insolvenzantrages oder der Insolvenzeröffnung das Recht eingeräumt wird, sich vom Vertrag zu lösen (BGH, Urteil vom 27. Mai 2003 - IX ZR 51/02, BGHZ 155, 87, 95), oder wenn der Vertrag wie im Streitfall unter der auflösenden Bedingung des Eintritts dieser insolvenzbezogenen Umstände steht (vgl. Braun/Kroth, InsO, 5. Aufl., § 119 Rn. 9). Im Unterschied dazu knüpfen insolvenzunabhängige Lösungsklauseln an nicht insolvenzspezifische Umstände an, etwa an den Verzug oder an sonstige Vertragsverletzungen (MünchKomm-InsO/Huber, 2. Aufl., § 119 Rn. 18; HK-InsO/ Marotzke, 6. Aufl., § 119 Rn. 2). Solche insolvenzunabhängigen Lösungsklauseln sind nicht auf das Ziel ausgerichtet, die Wahlmöglichkeiten des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO auszuhöhlen, so dass § 119 InsO - mit Ausnahme der Kündigungssperre des § 112 InsO - nicht berührt ist (vgl. BGH, Urteil vom 17. November 2005 - IX ZR 162/04, WM 2006, 144, 147; MünchKomm-InsO/ Huber, aaO Rn. 19; HK-InsO/Marotzke, aaO; HmbKomm-InsO/Ahrendt, 4. Aufl., § 119 Rn. 4).
10
b) Die Frage, ob vertraglich vereinbarte insolvenzabhängige Lösungsklauseln nach § 119 InsO unwirksam sind, ist höchstrichterlich bislang nicht geklärt. Unter der Geltung der Konkursordnung war umstritten, ob diese Klauseln mit dem zwingenden Charakter des § 17 KO vereinbar sind (vgl. etwa BGH, Urteil vom 26. September 1985 - VII ZR 19/85, BGHZ 96, 34, 36 ff; vom 11. November 1993 - IX ZR 257/92, BGHZ 124, 76, 79; dagegen Hess, KO, 6. Aufl., § 17 Rn. 1 aE; differenzierend Jaeger/Henckel, KO, 9. Aufl., § 17 Rn. 214). Nach Inkrafttreten der Insolvenzordnung hat sich der Meinungsstreit fortgesetzt. Der Senat hat die Rechtsfrage bisher offen gelassen (vgl. BGH, Urteil vom 27. März 2003, aaO S. 95).
11
aa) Nach einer Auffassung (OLG München, ZInsO 2006, 1060, 1062; MünchKomm-InsO/Huber, aaO § 119 Rn. 28 ff; ders. in Gottwald, Insolvenzrechtshandbuch , 4. Aufl., § 35 Rn. 13; Flöther/Wehner in Ahrens/Gehrlein/ Ringstmeier, InsO, § 119 Rn. 2; FK-InsO/Wegener, 6. Aufl., § 119 Rn. 4 ff, 9, aber anders für Energielieferungsverträge Rn. 8; Zeuner in Leonhardt/Smid/ Zeuner, InsO, 3. Aufl., § 119 Rn. 12; von Wilmowsky, ZIP 2007, 553, 554 ff), der sich die Vorinstanzen angeschlossen haben, steht § 119 InsO einer insolvenzbedingten Lösungsklausel grundsätzlich nicht entgegen. Lösungsklauseln würden von § 119 InsO nicht erfasst, weil diese Klauseln den Bestand des Vertrages betreffen, nicht aber dessen Abwicklung im Sinne der Bestimmungen der §§ 103 bis 118 InsO (Huber in Gottwald, aaO). Für die Wirksamkeit von insolvenzabhängigen Lösungsklauseln spreche zudem die Entstehungsgeschichte. Der Rechtsausschuss des Bundestages habe geglaubt, die Wirksamkeit von insolvenzbedingten Lösungsklauseln festzuschreiben, als er die in § 137 Abs. 2 RegE vorgesehene Regelung gestrichen habe (BT-Drucks. 12/7302, S. 170). Entsprechende Klauseln für unwirksam zu erachten, wie dies zunächst ausdrücklich vorgesehen war, hätte eine sanierungsfeindliche Wirkung und Nachteile im internationalen Geschäftsverkehr haben können (vgl. BT-Drucks., aaO). Zudem hätte es nicht der Anordnung einer Kündigungssperre nach § 112 InsO für spezielle Vertragstypen bedurft, wenn solche Lösungsklauseln bereits nach § 119 InsO unwirksam wären (MünchKomm-InsO/Huber, aaO; Zeuner in Leonhardt /Smid/Zeuner, aaO; von Wilmowsky, aaO S. 554).
12
bb) Die Gegenauffassung (OLG Düsseldorf, ZInsO 2007, 152, 154; Tintelnot in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 1998, § 119 Rn. 16 ff; HK-InsO/Marotzke, aaO § 119 Rn. 4; Braun/Kroth, aaO, § 119 Rn. 11 f; Nerlich/Römermann/ Balthasar, InsO, 1999, § 119 Rn. 11, 15; BK-InsO/Goetsch, § 119 Rn. 5 ff; Homann in Mohrbutter/Ringstmeier, Handbuch der Insolvenzverwaltung, 8. Aufl., § 7 Rn. 133 ff; Graf-Schlicker/Breitenbücher, InsO, 3. Aufl., § 103 Rn. 11; Schwörer, Lösungsklauseln für den Insolvenzfall, Rn. 269 ff, 298 f, 317, 429; Gerhardt, AcP 2000, 426, 443; Pape in Kölner Schrift zur Insolvenzordnung , 2. Aufl., S. 531 Rn. 60 ff; Berger in Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, 3. Aufl., S. 325 Rn. 28; Abel, NZI 2003, 121, 128; Dahl, NJW-Spezial 2008, 373 f) hält insolvenzabhängige Lösungsklauseln jedenfalls dann für unwirksam, wenn sie nicht einer spezialgesetzlich vorgesehenen Lösungsmöglichkeit entsprechen. Die Vorstellung des Gesetzgebers bei der Streichung des § 137 Abs. 2 RegE habe keinen Ausdruck im Gesetz gefunden (Tintelnot in Kübler/ Prütting/Bork, aaO Rn. 15; Berger, aaO Rn. 18; Gerhardt, aaO S. 441; Dahl, aaO S. 374). Wären entsprechende Lösungsklauseln wirksam, könnte der Vertragspartner schon im Vorfeld das Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO vereiteln (HK-InsO/Marotzke, aaO). Gerade die Zulässigkeit von vertraglichen Lösungsklauseln könne eine sanierungsfeindliche Wirkung haben, wenn massegünstige Verträge dem Erfüllungswahlrecht des Insolvenzverwalters entzogen würden oder konkurrierende Unternehmen den Markt zu günstigeren Konditionen übernehmen wollten (Braun/Kroth, aaO § 119 Rn. 10).
13
cc) Eine insolvenzabhängige Lösungsklausel ist bei Verträgen über die fortlaufende Lieferung von Waren oder Energie nach § 119 InsO unwirksam, wenn sie im Voraus die Anwendung des § 103 InsO ausschließt. Dies gilt nur dann nicht, wenn die Vereinbarung einer gesetzlich vorgesehenen Lösungsmöglichkeit entspricht (vgl. BGH, Urteil vom 14. Dezember 2006 - IX ZR 194/05, BGHZ 170, 206 Rn. 11). Die vom Rechtsausschuss des Bundestages befürwortete Zulässigkeit vertraglicher Lösungsklauseln (BT-Drucks. 12/7302, S. 170 zu § 137 RegE) hat im Gesetzeswortlaut keinen Ausdruck gefunden und widerspricht den Zielsetzungen des § 103 InsO. Der Zweck des Erfüllungswahlrechts ist es, die Masse zu schützen und im Interesse einer gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung zu mehren (Uhlenbruck/Wegener, InsO, 13. Aufl., § 103 Rn. 1 ff; zu § 17 KO vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 1988 - IX ZR 50/88, BGHZ 106, 236, 244). Dieser Zweck könnte vereitelt werden, wenn sich der Vertragspartner des Schuldners allein wegen der Insolvenz von einem für die Masse günstigen Vertrag lösen und damit das Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO unterlaufen kann (HK-InsO/Marotzke, aaO § 119 Rn. 4; Dahl, NJWSpezial , 2008, 373, 374).
14
Ist das Schuldverhältnis auf eine fortlaufende Lieferung von Waren oder - wie hier - Energie gerichtet, zeigt sich, dass eine einseitige Lösungsmöglichkeit durch den Gläubiger nicht die im Gesetzgebungsverfahren befürchtete sanierungsfeindliche Wirkung hat. Häufig wird das Gegenteil der Fall sein, weil die Unwirksamkeit der Lösungsklausel den Gläubiger regelmäßig daran hindert, einen zu günstigen Bedingungen abgeschlossenen und für die Betriebsfortfüh- rung wesentlichen Vertrag kurzfristig einseitig zu beenden. Derartige Nachteile bei der Betriebsfortführung wollte der Gesetzgeber gerade vermeiden, wie sich aus der Begründung des Regierungsentwurfs zu § 119 (jetzt § 105 InsO, BTDrucks. 12/2443 S. 146) entnehmen lässt. Danach soll § 105 InsO dem Verwalter ermöglichen, Verträge über die fortlaufende Lieferung von Waren oder Energie im Insolvenzverfahren zu den gleichen Bedingungen fortzusetzen. Die Fortführung eines Unternehmens sollte in dieser Weise erleichtert werden. Hierdurch wird der Vertragspartner, der seine Rückstände nur als Insolvenzforderungen geltend machen kann, im Vergleich zu anderen Gläubigern nicht unzumutbar belastet, weil er bei einer Erfüllungswahl des Insolvenzverwalters nach Eröffnung die vereinbarte Gegenleistung aus der Masse erhält (vgl. BTDrucks. , aaO; ebenso Gerhardt, aaO S. 443). Dieser Regelungsabsicht bei Einführung des § 105 InsO widerspräche es, wenn ein massegünstiger Vertrag dem Erfüllungswahlrecht des Insolvenzverwalters durch eine vertragliche Lösungsklausel entzogen werden könnte.
15
Gegen die Unwirksamkeit von vertraglichen Lösungsklauseln nach § 119 InsO kann nicht eingewandt werden, dass es dann keiner mietvertraglichen Kündigungssperre nach § 112 InsO bedurft hätte (so aber MünchKommInsO /Huber, aaO § 119 Rn. 31). Diese Vorschrift war als § 126 bereits in dem Entwurf der Bundesregierung enthalten, der insolvenzbedingte Lösungsklauseln in § 137 Abs. 2 ausdrücklich für unwirksam erklärte. Die Kündigungssperre für spezielle Vertragstypen sollte die Unwirksamkeit der allgemeinen Lösungsklauseln für die Zeit vor Verfahrenseröffnung ergänzen (vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 264). Die Existenz des § 112 InsO spricht somit nicht dafür, dass der Vorschrift des § 119 InsO ein Ausnahmecharakter zukommt (vgl. Schwörer, aaO Rn. 370 ff).
16
In der hier vertretenen Auffassung liegt keine Abweichung vom Urteil des IV. Zivilsenats vom 26. November 2003 (IV ZR 6/03, NZI 2004, 144; vgl. MünchKomm-InsO/Huber, aaO § 119 Rn. 34), in welchem der Fall einer versicherungsvertraglich vereinbarten Kündigungsklausel behandelt wurde. Die damals streitgegenständliche Klausel entsprach in ihrem Regelungsgehalt der gesetzlichen Sonderregelung in § 14 Abs. 1 VVG aF (BGH, Urteil vom 26. November 2003, aaO S. 145 f). Vorliegend besteht demgegenüber keine der Klausel entsprechende gesetzliche Lösungsmöglichkeit. Im Übrigen ist die früher in § 14 Abs. 1 VVG aF vorgesehene Kündigungsmöglichkeit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 ersatzlos entfallen (vgl. Prölss in Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., Anhang zu § 16 Rn. 1).
17
c) Der Anwendbarkeit des § 119 InsO steht nicht entgegen, dass die streitgegenständliche Klausel die Vertragsauflösung bereits für den Fall eines Eigenantrags oder eines zulässigen Gläubigerantrags vorsieht.
18
aa) Zu Unrecht wird vertreten, dass § 119 InsO bei vor der Verfahrenseröffnung liegenden Anknüpfungsumständen nicht eingreife, weil die Norm die Eröffnung des Insolvenzverfahrens voraussetze (MünchKomm-InsO/Huber, aaO Rn. 22; Huber in Gottwald, Insolvenzrechtshandbuch, 4. Aufl., § 35 Rn. 12; Homann in Mohrbutter/Ringstmeier, Handbuch der Insolvenzverwaltung, 8. Aufl., § 7 Rn. 136; Stengel, Energielieferungsverträge in der Kundeninsolvenz , 2010, S. 155 f). Die Stellung der Norm in dem mit "Wirkungen der Verfahrenseröffnung" überschriebenen Dritten Teil der Insolvenzordnung trägt diese Annahme nicht. Dieser Teil der Insolvenzordnung enthält auch in § 112 InsO eine Regelung, die bereits im Eröffnungsverfahren Anwendung findet, um das allgemeine insolvenzrechtliche Ziel einer möglichen Betriebsfortführung zu sichern (Schwörer, aaO Rn. 412). Das Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO könnte leicht unterlaufen werden, wenn sich der Vertragspartner des Schuldners ein Kündigungsrecht oder eine automatische Vertragsauflösung für den Fall ausbedingen könnte, dass ein Insolvenzantrag gestellt oder ein Insolvenzeröffnungsverfahren eingeleitet wird.
19
bb) Soll die Vorschrift des § 119 InsO in der Praxis nicht leer laufen, muss ihr eine Vorwirkung jedenfalls ab dem Zeitpunkt zuerkannt werden, in dem wegen eines zulässigen Insolvenzantrags mit der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens ernsthaft zu rechnen ist. Jedes Insolvenzverfahren setzt einen schriftlichen Eröffnungsantrag nach § 13 Abs. 1 Satz 1 InsO zwingend voraus. Könnte eine Lösungsklausel wirksam an den Eröffnungsantrag anknüpfen, würde in der Praxis die Eröffnung des Insolvenzverfahrens selbst als Anknüpfung für nur dann als unwirksam anzusehende Lösungsklauseln jede Bedeutung verlieren. Der von § 119 beabsichtigte Masseschutz könnte ohne weiteres ausgeschlossen und der Zweck der Vorschrift unterlaufen werden.
20
Wie sich auch aus § 21 Abs. 1 InsO ergibt, sollen nach einem zulässigen Insolvenzantrag nachteilige Veränderungen in der Vermögenslage des Schuldners verhindert werden. Zu diesem Zweck kann das Insolvenzgericht vorläufige Maßnahmen zum Schutz der späteren Masse anordnen.
21
Der einem Insolvenzverfahren zwingend vorausgehende Antrag auf Eröffnung unterscheidet sich auch maßgeblich von anderen, einem Insolvenzverfahren vorgelagerten Ereignissen, etwa dem Zeitpunkt einer Vermögensverschlechterung des Schuldners (vgl. HK-InsO/Marotzke, aaO Rn. 8; Zeuner in Leonhardt/Smid/Zeuner, InsO, 3. Aufl., § 119 Rn. 6; Braun/Kroth, aaO Rn. 5). Aus § 21 Abs. 1 InsO lässt sich ebenso wie aus § 112 InsO ableiten, dass die Vermögenslage des Schuldners ab Beginn des Eröffnungsverfahrens gesichert werden soll, auch um eine mögliche Betriebsfortführung nicht zu erschweren (vgl. Schwörer, aaO Rn. 421, 425 ff). Dieser Schutz vor nachteiligen Veränderungen wäre unzureichend, wenn er nicht durch eine Vorwirkung des § 119 InsO im Hinblick auf die genannten insolvenzbedingten Lösungsklauseln ergänzt würde.
22
2. Aufgrund der Unwirksamkeit der insolvenzbedingten Lösungsklausel ist der ursprüngliche Energielieferungsvertrag nicht mit der Insolvenzantragstellung oder Einleitung des Eröffnungsverfahrens beendet worden, sondern hatte weiterhin Bestand. Das Vertragsverhältnis wurde auch nicht durch die schriftliche Kündigung der Klägerin beendet. Durch das erst am 6. Dezember 2004 zugegangene Kündigungsschreiben wurde die nach Nr. 7 Abs. 2 des Vertrages vorgesehene dreimonatige Kündigungsfrist zum Ende der Vertragslaufzeit am 28. Februar 2005 nicht eingehalten. Nach Nr. 7 Abs. 2 des Belieferungsvertrages verlängerte sich die Vertragslaufzeit damit zunächst um 12 Monate. Die erklärte Kündigung kann auch nicht als Kündigung zum nächst zulässigen Kündigungstermin ausgelegt werden (vgl. zum Versicherungsrecht MünchKommVVG /Fausten, § 11 Rn. 138 ff; zu Miet- und Pachtverhältnissen MünchKommBGB /Häublein, 6. Aufl., § 573c Rn. 14; Staudinger-BGB/Roth, 2003, § 140 Rn. 46 jeweils mwN). Der ausdrücklich auf die geänderte Preisentwicklung auf dem Strommarkt gestützten Kündigungserklärung ist nicht mit hinreichender Sicherheit der Wille zu entnehmen, dass die Kündigung gegebenenfalls auch nach Ablauf einer weiteren einjährigen Vertragslaufzeit gelten soll. Die Erklärung konnte auch so verstanden werden, dass die Klägerin bei Kenntnis der Unwirksamkeit der Kündigung die weitere Preisentwicklung auf dem Strommarkt hätte abwarten wollen, um zum Ende der bis Ende Februar 2006 verlängerten Vertragsperiode neu entscheiden zu können, ob das Vertragsverhältnis zu den alten Bedingungen fortgesetzt oder wirksam gekündigt werden soll.

23
3. Auf der Grundlage des ursprünglichen Energielieferungsvertrages sind die Forderungen der Klägerin nach den Feststellungen der Vorinstanzen im streitgegenständlichen Zeitraum erfüllt. Da der ursprüngliche Vertrag fortgilt, kann die Klägerin keine weitergehenden Zahlungsansprüche aus dem im Neuvertrag vereinbarten höheren Strompreis herleiten. Den neuen Energielieferungsvertrag hatte der Beklagte nur unter der Bedingung der erfolgten Auflösung des ursprünglichen Vertrags abgeschlossen; hiermit hatte sich die Klägerin durch Fortsetzung der Lieferung einverstanden erklärt.

III.


24
Die angefochtenen Urteile können damit keinen Bestand haben und sind aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Aufhebung der Urteile nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat gemäß § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst zu entscheiden. Dies führt zur Abweisung der Klage.
Kayser Raebel Vill
Lohmann Pape

Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 08.02.2011 - 2 O 189/10 -
OLG Celle, Entscheidung vom 27.10.2011 - 13 U 53/11 -

(1) Nicht fällige Forderungen gelten als fällig.

(2) Sind sie unverzinslich, so sind sie mit dem gesetzlichen Zinssatz abzuzinsen. Sie vermindern sich dadurch auf den Betrag, der bei Hinzurechnung der gesetzlichen Zinsen für die Zeit von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bis zur Fälligkeit dem vollen Betrag der Forderung entspricht.

(1) Wenn in den Vermögensverhältnissen des Darlehensnehmers oder in der Werthaltigkeit einer für das Darlehen gestellten Sicherheit eine wesentliche Verschlechterung eintritt oder einzutreten droht, durch die die Rückzahlung des Darlehens, auch unter Verwertung der Sicherheit, gefährdet wird, kann der Darlehensgeber den Darlehensvertrag vor Auszahlung des Darlehens im Zweifel stets, nach Auszahlung nur in der Regel fristlos kündigen.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag, bei dem der Sollzinssatz gebunden und das Darlehen durch ein Grund- oder Schiffspfandrecht gesichert ist, unter Einhaltung der Fristen des § 488 Abs. 3 Satz 2 vorzeitig kündigen, wenn seine berechtigten Interessen dies gebieten und seit dem vollständigen Empfang des Darlehens sechs Monate abgelaufen sind. Ein solches Interesse liegt insbesondere vor, wenn der Darlehensnehmer ein Bedürfnis nach einer anderweitigen Verwertung der zur Sicherung des Darlehens beliehenen Sache hat. Der Darlehensnehmer hat dem Darlehensgeber denjenigen Schaden zu ersetzen, der diesem aus der vorzeitigen Kündigung entsteht (Vorfälligkeitsentschädigung).

(3) Die Vorschriften der §§ 313 und 314 bleiben unberührt.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Heidelberg vom 14.09.2012 - Aktenzeichen: 2 O 391/11 - unter Aufhebung der Kostenentscheidung wie folgt abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 20.000,00 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 27.09.2012 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz haben die Klägerin zu 15%, der Beklagte zu 85% zu tragen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

 
I.
Die Klägerin nimmt den Beklagten aus einer Höchstbetragsbürgschaft in Anspruch.
Die Klägerin gewährte der X-GmbH mit Vertrag vom 26.03.2007 ein unbefristetes verzinsliches Darlehen in Höhe von EUR 40.000,00. Der Beklagte, der einer der Geschäftsführer der Komplementärin der Hauptgesellschafterin der Darlehensnehmerin ist, verbürgte sich für das Darlehen mit schriftlicher Erklärung vom 29.03.2007 unwiderruflich, unbefristet, unbedingt und selbstschuldnerisch bis zum Höchstbetrag von EUR 20.000,00.
Über das Vermögen der Darlehensnehmerin wurde am 16.04.2007 das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Klägerin meldete noch im gleichen Jahr ihre Forderung zur Insolvenztabelle an. Eine Rückzahlung des Darlehens erfolgte bislang nicht.
Mit Anwaltsschreiben vom 22.12.2008 - zugestellt an den Beklagten am 23.01.2009 - zog die Klägerin die Höchstbetragsbürgschaft gegenüber dem Beklagten und forderte diesen auf, bis spätestens 31.03.2009 EUR 20.000,00 zu zahlen. Unter dem 02.04.2009 erfolgte eine erneute Fristsetzung bis zum 30.04.2009 und unter dem 18.11.2009 bis zum 18.12.2009.
Die Klägerin hat in erster Instanz die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von EUR 20.000,00 nebst gesetzlicher Verzugszinsen seit 01.04.2009, der Beklagte - insbesondere unter Erhebung der Verjährungseinrede - die Abweisung der Klage begehrt.
MitUrteilvom14.09.2012-zugestelltandieKlägerinam18.09.2012-hatdasLandgericht die Klage als derzeit unbegründet abgewiesen, da mangels Kündigung des gesicherten Darlehens noch keine Fälligkeit des streitgegenständlichen Bürgschaftsanspruchs eingetreten sei. Auf die dortigen tatsächlichen Feststellungen wird Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 24.09.2012 - jeweils zugestellt am 26.09.2012 - kündigte die Klägerin den Darlehensvertrag mit der X-GmbH sowohl gegenüber deren Insolvenzverwalter wie auch gegenüber deren Geschäftsführer und forderte die Hauptschuldnerin zur Rückzahlung des Darlehens nebst angefallener Zinsen auf.
Mit ihrer am 10.10.2012 eingegangenen und begründeten Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Begehren weiter: Die Fälligkeit der Bürgschaftsforderung sei mit Zugang ihres Schreibens vom 22.12.2008 am 23.01.2009 eingetreten. Der - zuletzt fürsorglich ausgesprochenen - Kündigung des Darlehens gegenüber der insolventen Hauptschuldnerin habe es im Verhältnis zum Beklagten als Bürgen nicht bedurft. Dies zu fordern sei bloßer Formalismus, nachdem im Verhältnis zur Hauptschuldnerin das Darlehen als fällig fingiert werde und die Bürgschaftsforderung unstreitig mit ihren - der Klägerin - Aufforderungsschreiben gegenüber dem Beklagten wirksam fällig gestellt und dieser zur Rückzahlung aufgefordert worden sei.
Die Klägerin beantragt daher,
10 
den Beklagten unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, an sie EUR 20.000,00 nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 01.04.2009 zu zahlen.
11 
Der Beklagte beruft sich weiterhin auf die Einrede der Verjährung und beantragt,
12 
die Klage abzuweisen.
13 
Zum weiteren Vorbringen der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
14 
Die zulässige Berufung der Klägerin hat auch in der Sache weitgehend Erfolg.
15 
Der Klägerin steht - jedenfalls zum maßgeblichen Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung vor dem Senat - der geltend gemachte Anspruch aus der vom Beklagten übernommenen Bürgschaft in Höhe von EUR 20.000,00 zu (§ 765 Abs. 1 BGB).
16 
1. Das Bestehen einer formwirksamen selbstschuldnerischen Bürgschaft (§§ 765 Abs. 1, 766 Satz 1 BGB) zwischen den Parteien ist ebenso unstreitig wie die Begründung des durch diese bis zur Höhe von EUR 20.000,00 gesicherten Darlehensrückzahlungsanspruchs (§§ 767 Abs. 1, 488 Abs. 1 Satz 2 BGB).
17 
2. Der sich daraus ergebende, vorliegend streitgegenständliche Bürgschaftsanspruch der Klägerin gegenüber dem Beklagten ist zuletzt auch fällig (§ 271 Abs. 1 Var. 2 BGB).
18 
a) Fällig wird ein Bürgschaftsanspruch mit Eintritt des - vertraglich definierten oder von den Parteien vorausgesetzten - Bürgschaftsfalls. Maßgebend ist die ausdrückliche oder auch stillschweigende Sicherungsabrede der Parteien. Fehlt im Vertrag eine ausdrückliche Regelung des Sicherungsfalls, dann ist sie im Wege ergänzender Auslegung unter Berücksichtigung des Zwecks der Besicherung und des Inhalts der vereinbarten Sicherheit zu ermitteln (§§ 133 157 BGB, vgl. BGH NJW-RR 2001, 307-309 [juris Tz. 22] und Palandt - Sprau, BGB, 72. Aufl. 2013, § 765 Rn. 25).
19 
b) Bei einer selbstschuldnerischen Bürgschaft - wie der vom Beklagten übernommenen - tritt der Sicherungsfall und damit die Fälligkeit des Bürgschaftsanspruchs frühestens mit der Fälligkeit der gesicherten Forderung ein (vgl. BGH NJW 2010, 1284-1290 [juris Tz. 26]; NJW-RR 2009, 378-380 [juris Tz. 22]; NJW 2008, 1729-1732 [juris Tz. 23 ff.]; OLG Karlsruhe OLGR 2008, 138-139 [juris Tz. 11]; Staudinger - Horn, BGB, Juli 2012, § 765 Rn. 126 und Palandt - Sprau, BGB, 72. Aufl. 2013, § 765 Rn. 25). Dies folgt schon aus der Abhängigkeit der Bürgenverpflichtung vom jeweiligen Bestand der Hauptschuld (§ 767 Abs. 1 BGB). Denn dadurch wird die Verpflichtung des Bürgen begrenzt: Der Gläubiger soll vom Bürgen (nur) das verlangen können, was ihm der Hauptschuldner schuldet, aber nicht mehr (vgl. BGH NJW 2009, 1664-1667 [juris Tz. 9] und Staudinger - Horn, BGB, Juli 2012, § 767 Rn. 1). Folglich kann der Gläubiger den Bürgen - jedenfalls sofern wie vorliegend keine Bürgschaft auf erstes Anfordern vereinbart ist - auch nur bei nachgewiesener Fälligkeit der Hauptforderung in Anspruch nehmen (vgl. Staudinger - Horn Horn Hdsdf, BGB, Juli 2012, § 768 Rn. 37).
20 
c) Da vorliegend der Anspruch auf Rückzahlung eines unbefristet gewährten Darlehens besichert wurde, schuldete der Beklagte seine Bürgschaftsleistung - wie das Landgericht zu Recht angenommen hat - erst nach einer fälligkeitsbegründenden Kündigung des Darlehens gegenüber der Hauptschuldnerin (§ 488 Abs. 3 Satz 1 BGB, vgl. auch RG LZ 1918, 910 [Nr. 8] und Staudinger - Horn, BGB, Juli 2012, § 768 Rn. 15).
21 
(a) Ebenfalls zutreffend ist - entgegen der Auffassung des Beklagten - die Annahme des Landgerichts, dass die insolvenzrechtliche Fiktion der Fälligkeit (noch) nicht fälliger Forderungen (§ 41 Abs. 1 InsO) keine abweichende Beurteilung trägt. Denn diese betrifft lediglich das Verhältnis zwischen Insolvenzschuldner und -gläubiger, nicht aber die Beziehung des letzteren zu Dritten, insbesondere Bürgen wie dem Beklagten. Dies folgt schon aus dem Zweck der genannten gesetzlichen Regelung, die - nur - auf eine Förderung der insolvenzrechtlichen Schuldenbereinigung gerichtet ist (vgl. - zur Vorgängervorschrift § 65 KO - BGH NJW 2000, 1408-1409 [juris Tz. 16]; RG RGZ 88, 373-377 [375] und - zur aktuellen Rechtslage - Jaeger - Henckel, InsO, 1. Aufl. 2004, § 41 Rn. 14; Nerlich/Römermann - Andres, InsO, EL 15 April 2008, § 41 Rn. 6 sowie von Wilmowsky WM 2008, 1189-1196 [1193]). Der Gläubiger und der Bürge werden in ihrer rechtlichen Beziehung durch die Begrenzung der Fälligkeitsfiktion auf das Verhältnis zwischen Insolvenzschuldner und -gläubiger - wie in der mündlichen Verhandlung erörtert - nicht schlechter gestellt, als sie ohne die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners stünden. Ihre Besserstellung - für den Gläubiger in Gestalt einer infolge der vorgezogenen Fälligkeit der gesicherten Forderung erleichterten Durchsetzung seiner Ansprüche gegenüber dem Bürgen und für diesen aufgrund der damit verbundenen früheren Verjährung seiner Haftung - wird durch die insolvenzrechtliche Regelung nicht bezweckt.
22 
(b) Dahin stehen kann, ob die vorgerichtlichen Zahlungsaufforderungen der Klägerin an den Beklagten zumindest konkludente Kündigungen auch des der Bürgschaft zugrunde liegenden Darlehensverhältnisses enthalten. Denn eine Kündigung nur gegenüber dem Bürgen ist für die Hauptschuld und damit auch die Bürgenschuld ohnehin wirkungslos (vgl. RG LZ 1918, 910 [Nr. 8]; Staudinger - Horn, BGB, Juli 2012, § 768 Rn. 15 und Thiel AcP 89 (1899), 85-165 [127 f.]; a.A. noch RG RGZ 2, 187 [juris]).
23 
(c) Ebenso wenig beinhaltet die - unstreitige - Anmeldung ihres Darlehensrückzahlungsanspruchs durch die Klägerin zur Insolvenztabelle eine - zumindest konkludente - Kündigung des Darlehensverhältnisses gegenüber der Darlehensnehmerin. Eine Kündigungserklärung muss erkennbar darauf gerichtet sein, dass das Darlehensverhältnis nunmehr enden soll und die Valuta zurückzuerstatten ist. Mangels Verfolgung des Darlehensrückzahlungsanspruchs grundsätzlich nicht als Kündigungserklärung zu werten ist daher die Anmeldung einer solchen Forderung im Insolvenzverfahren (vgl. - zum Konkursverfahren - RG SeuffA 70 (1915) Nr. 233 [428 f.] sowie - zur aktuellen Rechtslage - Staudinger - Mülbert, BGB, 2011, § 488 Rn. 320 und Erman - Saenger, BGB, 13. Auflage 2011, § 488 Rn. 65; a.A. OLG Brandenburg, Urteil vom 15.12.2010 - Aktenzeichen: 4 U 156/09 [juris Tz. 70]). Dies folgt schon daraus, dass die Fälligkeit des Darlehensrückzahlungsanspruchs im eröffneten Insolvenzverfahren ohnehin und damit auch ohne vorherige Kündigung eintritt (§ 41 Abs. 1 InsO, s.o.). Dass vorliegend der Erklärungswert der Anmeldung zur Insolvenztabelle ausnahmsweise über das Begehren der Klägerin, sich mit ihrer Forderung am Verfahren beteiligen zu wollen, hinausging (vgl. hierzu auch RG SeuffA 70 (1915) Nr. 233 [428]), ist weder dargetan noch sonst ersichtlich.
24 
(d) Die Fälligkeit des streitgegenständlichen Anspruchs ist somit erst mit der - nach dem unstreitigen und schon deshalb berücksichtigungsfähigen Vorbringen der Klägerin (vgl. Thomas/Putzo - Reichold, ZPO, 33. Aufl. 2012, § 531 Rn. 1 m.w.N.) - nach Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens erfolgten Kündigung des gesicherten Darlehens gegenüber dem Insolvenzverwalter der Hauptschuldnerin eingetreten (§ 80 Abs. 1 InsO, vgl. insoweit auch OLG Brandenburg, Urteil vom 15.12.2010 - Aktenzeichen: 4 U 156/09 [juris Tz. 70]). Eine Kündigungsfrist war dabei von der Klägerin nicht einzuhalten, da ihr ein außerordentliches Kündigungsrecht zustand: Durch die nach der Gewährung des Darlehens erfolgte Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Darlehensnehmerin ist eine wesentliche Verschlechterung in deren Vermögensverhältnissen eingetreten (§ 490 Abs. 1 HS 1 BGB, vgl. auch - unmittelbar drohende Gefahr des Darlehensnehmerkonkurses - BGH NJW-RR 1990, 110-111 [juris Tz. 6] und - unmittelbar drohende Gefahr der Zahlungsunfähigkeit des Darlehensnehmers - NJW 2003, 2674-2676 [juris Tz. 19]). Es stehen auch keine hinreichenden Sicherheiten zur Verfügung, um den Rückzahlungsanspruch der Klägerin zu unterlegen (§ 490 Abs. 1 HS 2 BGB), da die vom Beklagten gestellte Bürgschaft lediglich den hälftigen Wert des hingegebenen Darlehensbetrags - zudem ohne die vereinbarten Zinsen - abdeckt. Dass trotz dieser Vermögensverschlechterung und der daraus resultierenden Gefährdung des Rückzahlungsanspruchs der Klägerin ausnahmsweise dennoch keine Kündigungsberechtigung besteht, ist weder - vom insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten (vgl. Prütting/Wegen/Weinreich - Kessal-Wulf, BGB, 7. Aufl. 2012, § 490 Rn. 3) - dargetan noch sonst ersichtlich. Der Wille der Klägerin, das Darlehensverhältnis mit sofortiger Wirkung zu beenden, ergibt sich schon aus der mit ihrer Kündigung verbundenen Aufforderung zur unmittelbaren Rückzahlung der Darlehensvaluta (vgl. Staudinger - Mülbert, BGB, 2011, § 490 Rn. 47).
25 
3. Aus den vorstehenden Erwägungen folgt ferner, dass - entgegen der Auffassung des Beklagten - dem streitgegenständlichen Anspruch der Klägerin aus der Bürgschaft die Einrede der Verjährung (§ 214 Abs. 1 BGB) nicht entgegen gehalten werden kann. Die Verjährung für eine selbstschuldnerische Bürgschaft beginnt beim Fehlen anderweitiger Vereinbarungen - wie vorliegend - mit der Fälligkeit der gesicherten Forderung (vgl. BGH NJW-RR 2009, 378-380 [juris Tz. 18] m.w.N.). Der streitgegenständliche Anspruch gegen den Beklagten als Bürgen ist mit Zugang der Kündigung vom 24.09.2012 an den Insolvenzverwalter der Darlehensnehmerin am 26.09.2012 fällig geworden und erst in diesem Moment im verjährungsrechtlichen Sinn entstanden (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB, vgl. BGH NJW 2010, 1284-1290 [juris Tz. 18]).
26 
4. Die beanspruchten Zinsen stehen der Klägerin nach alledem ebenfalls erst ab dem Eintritt der Fälligkeit mit dem auf die Zustellung der Kündigung folgenden Tag zu (§§ 291 Satz 1, 288 Abs. 1Satz 2 BGB). Ein früherer Verzugseintritt (§ 286 BGB) ist nicht gegeben.
27 
Bei der Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin nur auf Grund der erst nach Abschluss der ersten Instanz erklärten Kündigung des Darlehensvertrages obsiegt hat. Eine obsiegende Partei hat die Kosten der Berufung zu tragen, wenn der Rechtsstreit dort zu ihren Gunsten auf Grund eines neuen Vorbringens entschieden wird, das sie schon in der ersten Instanz rechtzeitig hätte geltend machen können (§ 97 Abs. 2 ZPO). Diese gesetzliche Regelung bringt einen allgemeinen Grundsatz zum Ausdruck und ist der entsprechenden Anwendung fähig: Wenn eine Partei erst in der Rechtsmittelinstanz infolge eines dort eingetretenen Umstandes obsiegt, der nicht dem Bereich der Gegenpartei, sondern ihrem eigenen Bereich zuzurechnen ist, dann sind die dadurch entstandenen Mehrkosten vom obsiegenden Teil zu tragen (vgl. BGH NJW 1960, 766-768 [768]). Dies ist insbesondere auch der Fall, wenn eine Partei die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für ihr Obsiegen bereits während des ersten Rechtszugs hätte schaffen können (vgl. OLG Koblenz NJW 1988, 3099 [3099]; Musielak - Lackmann, ZPO, 9. Aufl. 2012, § 97 Rn. 11; Zöller - Herget, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 97 Rn. 14; BeckOK - Vorwerk/Wolf, ZPO, 30.10.2012, § 97 Rn. 26; Münchener Kommentar - Schulz, ZPO, 4. Aufl. 2013, § 97 Rn. 23 und Anders/Gehle, Antrag und Entscheidung im Zivilprozess, 3. Aufl. 2000, Rn. B 583; a.A. BGH, Urteil vom 07.05.1954 - Aktenzeichen: V ZR 98/53 [BeckRS 1954, 31200468]). Letzteres trifft vorliegend angesichts des schon im erstinstanzlichen Verfahren durch das Landgericht erfolgten Hinweises auf die Erforderlichkeit einer Kündigung des Darlehens für die Herbeiführung der Fälligkeit des streitgegenständlichen Anspruchs zu. Jedenfalls dann, wenn es eine Partei - wie vorliegend die Klägerin - alleine in der Hand hat, durch eine eigene Erklärung schon im ersten Rechtszug ihrer Klage zu Erfolg zu verhelfen, sie dies aber unterlässt, hat sie die Kosten des Berufungsrechtszuges zu tragen (vgl. OLG Hamm MDR 1990, 450 [450]).
28 
Soweit die geltend gemachten Zinsen abgewiesen wurden, hat die Klägerin darüber hinaus die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens anteilig zu tragen (§ 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO, vgl. BGH MDR 1961, 141-142 [141 f.]). Ein lediglich verhältnismäßig geringfügiges Unterliegen der Klägerin (§ 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) liegt insoweit nicht vor. Ausgehend davon, dass die Vollstreckung eines Urteils regelmäßig etwa sechs Monate nach dessen Verkündung erfolgt (vgl. Musielak - Lackmann, ZPO, 9. Aufl. 2012, § 709 Rn. 5), ergibt sich die oben genannte Kostenquote.
29 
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO, § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO.
30 
In der Hauptsache war die Revision nicht zuzulassen, weil weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Hinsichtlich der Kostenentscheidung scheidet eine Zulassung wegen der Unzulässigkeit isolierter Anfechtung einer Kostengrundentscheidung ohnehin aus (§ 99 Abs. 1 ZPO, vgl. zu letzterem auch BGH NJW 2007, 3421-3423 [juris Tz. 5]).

(1) Nicht fällige Forderungen gelten als fällig.

(2) Sind sie unverzinslich, so sind sie mit dem gesetzlichen Zinssatz abzuzinsen. Sie vermindern sich dadurch auf den Betrag, der bei Hinzurechnung der gesetzlichen Zinsen für die Zeit von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bis zur Fälligkeit dem vollen Betrag der Forderung entspricht.

(1) Im Verhältnis zu den Gläubigern der Gesellschaft wird nach der Eintragung in das Handelsregister die Einlage eines Kommanditisten durch den in der Eintragung angegebenen Betrag bestimmt.

(2) Auf eine nicht eingetragene Erhöhung der aus dem Handelsregister ersichtlichen Einlage können sich die Gläubiger nur berufen, wenn die Erhöhung in handelsüblicher Weise kundgemacht oder ihnen in anderer Weise von der Gesellschaft mitgeteilt worden ist.

(3) Eine Vereinbarung der Gesellschafter, durch die einem Kommanditisten die Einlage erlassen oder gestundet wird, ist den Gläubigern gegenüber unwirksam.

(4) Soweit die Einlage eines Kommanditisten zurückbezahlt wird, gilt sie den Gläubigern gegenüber als nicht geleistet. Das gleiche gilt, soweit ein Kommanditist Gewinnanteile entnimmt, während sein Kapitalanteil durch Verlust unter den Betrag der geleisteten Einlage herabgemindert ist, oder soweit durch die Entnahme der Kapitalanteil unter den bezeichneten Betrag herabgemindert wird. Bei der Berechnung des Kapitalanteils nach Satz 2 sind Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 nicht zu berücksichtigen.

(5) Was ein Kommanditist auf Grund einer in gutem Glauben errichteten Bilanz in gutem Glauben als Gewinn bezieht, ist er in keinem Falle zurückzuzahlen verpflichtet.

(6) Gegenüber den Gläubigern einer Gesellschaft, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, gilt die Einlage eines Kommanditisten als nicht geleistet, soweit sie in Anteilen an den persönlich haftenden Gesellschaftern bewirkt ist. Dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine offene Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.

(1) Wird ein Gesellschafter wegen einer Verbindlichkeit der Gesellschaft in Anspruch genommen, so kann er Einwendungen, die nicht in seiner Person begründet sind, nur insoweit geltend machen, als sie von der Gesellschaft erhoben werden können.

(2) Der Gesellschafter kann die Befriedigung des Gläubigers verweigern, solange der Gesellschaft das Recht zusteht, das ihrer Verbindlichkeit zugrunde liegende Rechtsgeschäft anzufechten.

(3) Die gleiche Befugnis hat der Gesellschafter, solange sich der Gläubiger durch Aufrechnung gegen eine fällige Forderung der Gesellschaft befriedigen kann.

(4) Aus einem gegen die Gesellschaft gerichteten vollstreckbaren Schuldtitel findet die Zwangsvollstreckung gegen die Gesellschafter nicht statt.

(1) Eine Gesellschaft, deren Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma gerichtet ist, ist eine Kommanditgesellschaft, wenn bei einem oder bei einigen von den Gesellschaftern die Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern auf den Betrag einer bestimmten Vermögenseinlage beschränkt ist (Kommanditisten), während bei dem anderen Teil der Gesellschafter eine Beschränkung der Haftung nicht stattfindet (persönlich haftende Gesellschafter).

(2) Soweit nicht in diesem Abschnitt ein anderes vorgeschrieben ist, finden auf die Kommanditgesellschaft die für die offene Handelsgesellschaft geltenden Vorschriften Anwendung.

(1) Nicht fällige Forderungen gelten als fällig.

(2) Sind sie unverzinslich, so sind sie mit dem gesetzlichen Zinssatz abzuzinsen. Sie vermindern sich dadurch auf den Betrag, der bei Hinzurechnung der gesetzlichen Zinsen für die Zeit von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bis zur Fälligkeit dem vollen Betrag der Forderung entspricht.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 169/11
Verkündet am:
15. November 2012
Kirchgeßner
Amtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Lösungsklauseln in Verträgen über die fortlaufende Lieferung von Waren oder Energie
, die an den Insolvenzantrag oder die Insolvenzeröffnung anknüpfen, sind unwirksam.
BGH, Urteil vom 15. November 2012 - IX ZR 169/11 - OLG Celle
LG Hannover
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. November 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die
Richter Raebel und Vill, die Richterin Lohmann und den Richter Dr. Pape

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Beklagten werden das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 27. Oktober 2011 und das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 8. Februar 2011 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin hatte am 17./20. Februar 2004 mit der A. GmbH (fortan: Schuldnerin) einen Vertrag über die Lieferung elektrischer Energie geschlossen. Der Vertrag sollte zunächst für ein Jahr bis zum 28. Februar 2005 laufen und sich jeweils um weitere zwölf Monate verlängern , wenn er nicht drei Monate vor Vertragsablauf schriftlich gekündigt wird. Ferner bestimmt Nr. 7 Abs. 3 des Vertrags: "Der Vertrag endet auch ohne Kündigung automatisch, wenn der Kunde einen Insolvenzantrag stellt oder aufgrund eines Gläubigerantrages das vorläufige Insolvenzverfahren eingeleitet oder eröffnet wird."
2
Nachdem der Beklagte am 16. Dezember 2004 zum vorläufigen Insolvenzverwalter über das Vermögen der Schuldnerin bestellt worden war, korrespondierte er mit der Klägerin wegen des Fortbestandes des Vertragsverhältnisses. Er wandte sich gegen die Auffassung der Klägerin, der bisherige Energielieferungsvertrag sei infolge der Insolvenz der Schuldnerin automatisch beendet worden, unterzeichnete aber gleichwohl einen neuen Vertrag mit Wirkungzum 1. Januar 2005 zu höheren Preisen. In seinem Begleitschreiben vom 31. Januar 2005 teilte der Beklagte mit, den neuen Vertrag nur unter dem Vorbehalt der Prüfung der Rechtslage anzunehmen.
3
Die Klägerin verlangte von dem Beklagten für Stromlieferungen im Zeitraum vom 1. Januar 2006 bis 21. Juli 2006 über die nach dem alten Vertrag bereits geleisteten Zahlungen hinaus zunächst ein weiteres Entgelt von 42.064,86 €. Nach teilweiser Klagerücknahme begehrt er noch 38.957,38 € nebst Zinsen. Der Beklagte wendet gegen die Klageforderung die Unwirksamkeit der Lösungsklausel aus dem ersten Energielieferungsvertrag ein, der weiterhin Bestand habe und der Abrechnung der Stromlieferungen zugrunde zu legen sei.
4
Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Die Berufung des Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


5
Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Klageabweisung.

I.


6
Das Berufungsgericht hat wie schon das Landgericht gemeint, der mit der Schuldnerin geschlossene Energielieferungsvertrag sei nach der wirksamen Lösungsklausel gemäß Nr. 7 Abs. 3 des Vertrags spätestens zum 16. Dezember 2004 beendet worden. Die insolvenzabhängige Lösungsklausel verstoße nicht gegen § 119 InsO. Vielmehr spreche die Entstehungsgeschichte der Vorschrift für eine generelle Wirksamkeit von solchen Lösungsklauseln, weil der Gesetzgeber bewusst von einer anders lautenden Bestimmung im Gesetzentwurf Abstand genommen habe. Auch die Neufassung des § 16 Abs. 1 VVG zeige , dass der Gesetzgeber insolvenzabhängigen Lösungsklauseln nicht kritisch gegenüber stehe. Das Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO sei nicht berührt, weil der Insolvenzverwalter den Vertrag in seinem rechtlichen Bestand hinnehmen müsse. Die Lösungsklausel sei auch nicht nach § 307 Abs. 2 Nr. 1, § 310 Abs. 1 Satz 2 BGB in Verbindung mit § 308 Nr. 3 BGB aF unwirksam , weil die Insolvenzantragstellung als sachlicher Grund der Vertragslösung ausdrücklich genannt werde und eine unangemessene Benachteiligung der Schuldnerin durch die Lösungsklausel nicht ersichtlich sei. Eine insolvenzrechtliche Anfechtbarkeit der Lösungsklausel sei nicht geltend gemacht worden. Daher sei der Zahlungsanspruch auf der Grundlage des unter Vorbehalt abgeschlossenen neuen Vertrages begründet.

II.


7
Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand.
8
1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist der mit der Schuldnerin geschlossene Energielieferungsvertrag nicht infolge der Insolvenz der Schuldnerin aufgelöst worden. Die in dem Vertrag vereinbarte Lösungsklausel für den Insolvenzfall erweist sich vielmehr als unwirksam im Sinne von § 119 InsO, weil sie im Voraus das Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO ausschließt.
9
a) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass es sich bei der unter Nr. 7 Abs. 3 des Vertrags enthaltenen Klausel um eine insolvenzabhängige Lösungsklausel handelt. Eine solche liegt vor, wenn eine der Parteien für den Fall der Zahlungseinstellung, des Insolvenzantrages oder der Insolvenzeröffnung das Recht eingeräumt wird, sich vom Vertrag zu lösen (BGH, Urteil vom 27. Mai 2003 - IX ZR 51/02, BGHZ 155, 87, 95), oder wenn der Vertrag wie im Streitfall unter der auflösenden Bedingung des Eintritts dieser insolvenzbezogenen Umstände steht (vgl. Braun/Kroth, InsO, 5. Aufl., § 119 Rn. 9). Im Unterschied dazu knüpfen insolvenzunabhängige Lösungsklauseln an nicht insolvenzspezifische Umstände an, etwa an den Verzug oder an sonstige Vertragsverletzungen (MünchKomm-InsO/Huber, 2. Aufl., § 119 Rn. 18; HK-InsO/ Marotzke, 6. Aufl., § 119 Rn. 2). Solche insolvenzunabhängigen Lösungsklauseln sind nicht auf das Ziel ausgerichtet, die Wahlmöglichkeiten des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO auszuhöhlen, so dass § 119 InsO - mit Ausnahme der Kündigungssperre des § 112 InsO - nicht berührt ist (vgl. BGH, Urteil vom 17. November 2005 - IX ZR 162/04, WM 2006, 144, 147; MünchKomm-InsO/ Huber, aaO Rn. 19; HK-InsO/Marotzke, aaO; HmbKomm-InsO/Ahrendt, 4. Aufl., § 119 Rn. 4).
10
b) Die Frage, ob vertraglich vereinbarte insolvenzabhängige Lösungsklauseln nach § 119 InsO unwirksam sind, ist höchstrichterlich bislang nicht geklärt. Unter der Geltung der Konkursordnung war umstritten, ob diese Klauseln mit dem zwingenden Charakter des § 17 KO vereinbar sind (vgl. etwa BGH, Urteil vom 26. September 1985 - VII ZR 19/85, BGHZ 96, 34, 36 ff; vom 11. November 1993 - IX ZR 257/92, BGHZ 124, 76, 79; dagegen Hess, KO, 6. Aufl., § 17 Rn. 1 aE; differenzierend Jaeger/Henckel, KO, 9. Aufl., § 17 Rn. 214). Nach Inkrafttreten der Insolvenzordnung hat sich der Meinungsstreit fortgesetzt. Der Senat hat die Rechtsfrage bisher offen gelassen (vgl. BGH, Urteil vom 27. März 2003, aaO S. 95).
11
aa) Nach einer Auffassung (OLG München, ZInsO 2006, 1060, 1062; MünchKomm-InsO/Huber, aaO § 119 Rn. 28 ff; ders. in Gottwald, Insolvenzrechtshandbuch , 4. Aufl., § 35 Rn. 13; Flöther/Wehner in Ahrens/Gehrlein/ Ringstmeier, InsO, § 119 Rn. 2; FK-InsO/Wegener, 6. Aufl., § 119 Rn. 4 ff, 9, aber anders für Energielieferungsverträge Rn. 8; Zeuner in Leonhardt/Smid/ Zeuner, InsO, 3. Aufl., § 119 Rn. 12; von Wilmowsky, ZIP 2007, 553, 554 ff), der sich die Vorinstanzen angeschlossen haben, steht § 119 InsO einer insolvenzbedingten Lösungsklausel grundsätzlich nicht entgegen. Lösungsklauseln würden von § 119 InsO nicht erfasst, weil diese Klauseln den Bestand des Vertrages betreffen, nicht aber dessen Abwicklung im Sinne der Bestimmungen der §§ 103 bis 118 InsO (Huber in Gottwald, aaO). Für die Wirksamkeit von insolvenzabhängigen Lösungsklauseln spreche zudem die Entstehungsgeschichte. Der Rechtsausschuss des Bundestages habe geglaubt, die Wirksamkeit von insolvenzbedingten Lösungsklauseln festzuschreiben, als er die in § 137 Abs. 2 RegE vorgesehene Regelung gestrichen habe (BT-Drucks. 12/7302, S. 170). Entsprechende Klauseln für unwirksam zu erachten, wie dies zunächst ausdrücklich vorgesehen war, hätte eine sanierungsfeindliche Wirkung und Nachteile im internationalen Geschäftsverkehr haben können (vgl. BT-Drucks., aaO). Zudem hätte es nicht der Anordnung einer Kündigungssperre nach § 112 InsO für spezielle Vertragstypen bedurft, wenn solche Lösungsklauseln bereits nach § 119 InsO unwirksam wären (MünchKomm-InsO/Huber, aaO; Zeuner in Leonhardt /Smid/Zeuner, aaO; von Wilmowsky, aaO S. 554).
12
bb) Die Gegenauffassung (OLG Düsseldorf, ZInsO 2007, 152, 154; Tintelnot in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 1998, § 119 Rn. 16 ff; HK-InsO/Marotzke, aaO § 119 Rn. 4; Braun/Kroth, aaO, § 119 Rn. 11 f; Nerlich/Römermann/ Balthasar, InsO, 1999, § 119 Rn. 11, 15; BK-InsO/Goetsch, § 119 Rn. 5 ff; Homann in Mohrbutter/Ringstmeier, Handbuch der Insolvenzverwaltung, 8. Aufl., § 7 Rn. 133 ff; Graf-Schlicker/Breitenbücher, InsO, 3. Aufl., § 103 Rn. 11; Schwörer, Lösungsklauseln für den Insolvenzfall, Rn. 269 ff, 298 f, 317, 429; Gerhardt, AcP 2000, 426, 443; Pape in Kölner Schrift zur Insolvenzordnung , 2. Aufl., S. 531 Rn. 60 ff; Berger in Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, 3. Aufl., S. 325 Rn. 28; Abel, NZI 2003, 121, 128; Dahl, NJW-Spezial 2008, 373 f) hält insolvenzabhängige Lösungsklauseln jedenfalls dann für unwirksam, wenn sie nicht einer spezialgesetzlich vorgesehenen Lösungsmöglichkeit entsprechen. Die Vorstellung des Gesetzgebers bei der Streichung des § 137 Abs. 2 RegE habe keinen Ausdruck im Gesetz gefunden (Tintelnot in Kübler/ Prütting/Bork, aaO Rn. 15; Berger, aaO Rn. 18; Gerhardt, aaO S. 441; Dahl, aaO S. 374). Wären entsprechende Lösungsklauseln wirksam, könnte der Vertragspartner schon im Vorfeld das Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO vereiteln (HK-InsO/Marotzke, aaO). Gerade die Zulässigkeit von vertraglichen Lösungsklauseln könne eine sanierungsfeindliche Wirkung haben, wenn massegünstige Verträge dem Erfüllungswahlrecht des Insolvenzverwalters entzogen würden oder konkurrierende Unternehmen den Markt zu günstigeren Konditionen übernehmen wollten (Braun/Kroth, aaO § 119 Rn. 10).
13
cc) Eine insolvenzabhängige Lösungsklausel ist bei Verträgen über die fortlaufende Lieferung von Waren oder Energie nach § 119 InsO unwirksam, wenn sie im Voraus die Anwendung des § 103 InsO ausschließt. Dies gilt nur dann nicht, wenn die Vereinbarung einer gesetzlich vorgesehenen Lösungsmöglichkeit entspricht (vgl. BGH, Urteil vom 14. Dezember 2006 - IX ZR 194/05, BGHZ 170, 206 Rn. 11). Die vom Rechtsausschuss des Bundestages befürwortete Zulässigkeit vertraglicher Lösungsklauseln (BT-Drucks. 12/7302, S. 170 zu § 137 RegE) hat im Gesetzeswortlaut keinen Ausdruck gefunden und widerspricht den Zielsetzungen des § 103 InsO. Der Zweck des Erfüllungswahlrechts ist es, die Masse zu schützen und im Interesse einer gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung zu mehren (Uhlenbruck/Wegener, InsO, 13. Aufl., § 103 Rn. 1 ff; zu § 17 KO vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 1988 - IX ZR 50/88, BGHZ 106, 236, 244). Dieser Zweck könnte vereitelt werden, wenn sich der Vertragspartner des Schuldners allein wegen der Insolvenz von einem für die Masse günstigen Vertrag lösen und damit das Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO unterlaufen kann (HK-InsO/Marotzke, aaO § 119 Rn. 4; Dahl, NJWSpezial , 2008, 373, 374).
14
Ist das Schuldverhältnis auf eine fortlaufende Lieferung von Waren oder - wie hier - Energie gerichtet, zeigt sich, dass eine einseitige Lösungsmöglichkeit durch den Gläubiger nicht die im Gesetzgebungsverfahren befürchtete sanierungsfeindliche Wirkung hat. Häufig wird das Gegenteil der Fall sein, weil die Unwirksamkeit der Lösungsklausel den Gläubiger regelmäßig daran hindert, einen zu günstigen Bedingungen abgeschlossenen und für die Betriebsfortfüh- rung wesentlichen Vertrag kurzfristig einseitig zu beenden. Derartige Nachteile bei der Betriebsfortführung wollte der Gesetzgeber gerade vermeiden, wie sich aus der Begründung des Regierungsentwurfs zu § 119 (jetzt § 105 InsO, BTDrucks. 12/2443 S. 146) entnehmen lässt. Danach soll § 105 InsO dem Verwalter ermöglichen, Verträge über die fortlaufende Lieferung von Waren oder Energie im Insolvenzverfahren zu den gleichen Bedingungen fortzusetzen. Die Fortführung eines Unternehmens sollte in dieser Weise erleichtert werden. Hierdurch wird der Vertragspartner, der seine Rückstände nur als Insolvenzforderungen geltend machen kann, im Vergleich zu anderen Gläubigern nicht unzumutbar belastet, weil er bei einer Erfüllungswahl des Insolvenzverwalters nach Eröffnung die vereinbarte Gegenleistung aus der Masse erhält (vgl. BTDrucks. , aaO; ebenso Gerhardt, aaO S. 443). Dieser Regelungsabsicht bei Einführung des § 105 InsO widerspräche es, wenn ein massegünstiger Vertrag dem Erfüllungswahlrecht des Insolvenzverwalters durch eine vertragliche Lösungsklausel entzogen werden könnte.
15
Gegen die Unwirksamkeit von vertraglichen Lösungsklauseln nach § 119 InsO kann nicht eingewandt werden, dass es dann keiner mietvertraglichen Kündigungssperre nach § 112 InsO bedurft hätte (so aber MünchKommInsO /Huber, aaO § 119 Rn. 31). Diese Vorschrift war als § 126 bereits in dem Entwurf der Bundesregierung enthalten, der insolvenzbedingte Lösungsklauseln in § 137 Abs. 2 ausdrücklich für unwirksam erklärte. Die Kündigungssperre für spezielle Vertragstypen sollte die Unwirksamkeit der allgemeinen Lösungsklauseln für die Zeit vor Verfahrenseröffnung ergänzen (vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 264). Die Existenz des § 112 InsO spricht somit nicht dafür, dass der Vorschrift des § 119 InsO ein Ausnahmecharakter zukommt (vgl. Schwörer, aaO Rn. 370 ff).
16
In der hier vertretenen Auffassung liegt keine Abweichung vom Urteil des IV. Zivilsenats vom 26. November 2003 (IV ZR 6/03, NZI 2004, 144; vgl. MünchKomm-InsO/Huber, aaO § 119 Rn. 34), in welchem der Fall einer versicherungsvertraglich vereinbarten Kündigungsklausel behandelt wurde. Die damals streitgegenständliche Klausel entsprach in ihrem Regelungsgehalt der gesetzlichen Sonderregelung in § 14 Abs. 1 VVG aF (BGH, Urteil vom 26. November 2003, aaO S. 145 f). Vorliegend besteht demgegenüber keine der Klausel entsprechende gesetzliche Lösungsmöglichkeit. Im Übrigen ist die früher in § 14 Abs. 1 VVG aF vorgesehene Kündigungsmöglichkeit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 ersatzlos entfallen (vgl. Prölss in Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., Anhang zu § 16 Rn. 1).
17
c) Der Anwendbarkeit des § 119 InsO steht nicht entgegen, dass die streitgegenständliche Klausel die Vertragsauflösung bereits für den Fall eines Eigenantrags oder eines zulässigen Gläubigerantrags vorsieht.
18
aa) Zu Unrecht wird vertreten, dass § 119 InsO bei vor der Verfahrenseröffnung liegenden Anknüpfungsumständen nicht eingreife, weil die Norm die Eröffnung des Insolvenzverfahrens voraussetze (MünchKomm-InsO/Huber, aaO Rn. 22; Huber in Gottwald, Insolvenzrechtshandbuch, 4. Aufl., § 35 Rn. 12; Homann in Mohrbutter/Ringstmeier, Handbuch der Insolvenzverwaltung, 8. Aufl., § 7 Rn. 136; Stengel, Energielieferungsverträge in der Kundeninsolvenz , 2010, S. 155 f). Die Stellung der Norm in dem mit "Wirkungen der Verfahrenseröffnung" überschriebenen Dritten Teil der Insolvenzordnung trägt diese Annahme nicht. Dieser Teil der Insolvenzordnung enthält auch in § 112 InsO eine Regelung, die bereits im Eröffnungsverfahren Anwendung findet, um das allgemeine insolvenzrechtliche Ziel einer möglichen Betriebsfortführung zu sichern (Schwörer, aaO Rn. 412). Das Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO könnte leicht unterlaufen werden, wenn sich der Vertragspartner des Schuldners ein Kündigungsrecht oder eine automatische Vertragsauflösung für den Fall ausbedingen könnte, dass ein Insolvenzantrag gestellt oder ein Insolvenzeröffnungsverfahren eingeleitet wird.
19
bb) Soll die Vorschrift des § 119 InsO in der Praxis nicht leer laufen, muss ihr eine Vorwirkung jedenfalls ab dem Zeitpunkt zuerkannt werden, in dem wegen eines zulässigen Insolvenzantrags mit der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens ernsthaft zu rechnen ist. Jedes Insolvenzverfahren setzt einen schriftlichen Eröffnungsantrag nach § 13 Abs. 1 Satz 1 InsO zwingend voraus. Könnte eine Lösungsklausel wirksam an den Eröffnungsantrag anknüpfen, würde in der Praxis die Eröffnung des Insolvenzverfahrens selbst als Anknüpfung für nur dann als unwirksam anzusehende Lösungsklauseln jede Bedeutung verlieren. Der von § 119 beabsichtigte Masseschutz könnte ohne weiteres ausgeschlossen und der Zweck der Vorschrift unterlaufen werden.
20
Wie sich auch aus § 21 Abs. 1 InsO ergibt, sollen nach einem zulässigen Insolvenzantrag nachteilige Veränderungen in der Vermögenslage des Schuldners verhindert werden. Zu diesem Zweck kann das Insolvenzgericht vorläufige Maßnahmen zum Schutz der späteren Masse anordnen.
21
Der einem Insolvenzverfahren zwingend vorausgehende Antrag auf Eröffnung unterscheidet sich auch maßgeblich von anderen, einem Insolvenzverfahren vorgelagerten Ereignissen, etwa dem Zeitpunkt einer Vermögensverschlechterung des Schuldners (vgl. HK-InsO/Marotzke, aaO Rn. 8; Zeuner in Leonhardt/Smid/Zeuner, InsO, 3. Aufl., § 119 Rn. 6; Braun/Kroth, aaO Rn. 5). Aus § 21 Abs. 1 InsO lässt sich ebenso wie aus § 112 InsO ableiten, dass die Vermögenslage des Schuldners ab Beginn des Eröffnungsverfahrens gesichert werden soll, auch um eine mögliche Betriebsfortführung nicht zu erschweren (vgl. Schwörer, aaO Rn. 421, 425 ff). Dieser Schutz vor nachteiligen Veränderungen wäre unzureichend, wenn er nicht durch eine Vorwirkung des § 119 InsO im Hinblick auf die genannten insolvenzbedingten Lösungsklauseln ergänzt würde.
22
2. Aufgrund der Unwirksamkeit der insolvenzbedingten Lösungsklausel ist der ursprüngliche Energielieferungsvertrag nicht mit der Insolvenzantragstellung oder Einleitung des Eröffnungsverfahrens beendet worden, sondern hatte weiterhin Bestand. Das Vertragsverhältnis wurde auch nicht durch die schriftliche Kündigung der Klägerin beendet. Durch das erst am 6. Dezember 2004 zugegangene Kündigungsschreiben wurde die nach Nr. 7 Abs. 2 des Vertrages vorgesehene dreimonatige Kündigungsfrist zum Ende der Vertragslaufzeit am 28. Februar 2005 nicht eingehalten. Nach Nr. 7 Abs. 2 des Belieferungsvertrages verlängerte sich die Vertragslaufzeit damit zunächst um 12 Monate. Die erklärte Kündigung kann auch nicht als Kündigung zum nächst zulässigen Kündigungstermin ausgelegt werden (vgl. zum Versicherungsrecht MünchKommVVG /Fausten, § 11 Rn. 138 ff; zu Miet- und Pachtverhältnissen MünchKommBGB /Häublein, 6. Aufl., § 573c Rn. 14; Staudinger-BGB/Roth, 2003, § 140 Rn. 46 jeweils mwN). Der ausdrücklich auf die geänderte Preisentwicklung auf dem Strommarkt gestützten Kündigungserklärung ist nicht mit hinreichender Sicherheit der Wille zu entnehmen, dass die Kündigung gegebenenfalls auch nach Ablauf einer weiteren einjährigen Vertragslaufzeit gelten soll. Die Erklärung konnte auch so verstanden werden, dass die Klägerin bei Kenntnis der Unwirksamkeit der Kündigung die weitere Preisentwicklung auf dem Strommarkt hätte abwarten wollen, um zum Ende der bis Ende Februar 2006 verlängerten Vertragsperiode neu entscheiden zu können, ob das Vertragsverhältnis zu den alten Bedingungen fortgesetzt oder wirksam gekündigt werden soll.

23
3. Auf der Grundlage des ursprünglichen Energielieferungsvertrages sind die Forderungen der Klägerin nach den Feststellungen der Vorinstanzen im streitgegenständlichen Zeitraum erfüllt. Da der ursprüngliche Vertrag fortgilt, kann die Klägerin keine weitergehenden Zahlungsansprüche aus dem im Neuvertrag vereinbarten höheren Strompreis herleiten. Den neuen Energielieferungsvertrag hatte der Beklagte nur unter der Bedingung der erfolgten Auflösung des ursprünglichen Vertrags abgeschlossen; hiermit hatte sich die Klägerin durch Fortsetzung der Lieferung einverstanden erklärt.

III.


24
Die angefochtenen Urteile können damit keinen Bestand haben und sind aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Aufhebung der Urteile nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat gemäß § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst zu entscheiden. Dies führt zur Abweisung der Klage.
Kayser Raebel Vill
Lohmann Pape

Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 08.02.2011 - 2 O 189/10 -
OLG Celle, Entscheidung vom 27.10.2011 - 13 U 53/11 -

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Ansbach vom 30. September 2016 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der "M.               " Shipping GmbH & Co. KG (im Folgenden: Schuldnerin). Der Beklagte hatte einen Kommanditanteil in Höhe von 15.000 € an der Schuldnerin übernommen. Seit Gründung in 2002 erwirtschaftete die Schuldnerin mit Ausnahme des Jahres 2006 fortlaufende Verluste. Das Kapitalkonto des Beklagten war bereits im Beitrittsjahr unter die Hafteinlage herabgemindert worden. In den Jahren 2004 bis 2007 flossen Ausschüttungen in Höhe von insgesamt 5.100 € an den Beklagten. Mit Beschluss vom 1. April 2014 wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und darin der Termin zur Gläubigerversammlung am 11. Juni 2014 bestimmt. Der Beklagte wurde über die Insolvenzeröffnung informiert. Mit Beschluss vom 14. April 2014 wurde über das Vermögen der Komplementär-GmbH der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und ebenfalls der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt.

2

Der Kläger nimmt den Beklagten unter dem Gesichtspunkt der Rückgewähr der geleisteten Kommanditeinlage persönlich in Anspruch. Der Beklagte hatte von den ursprünglich geforderten 5.100 € bereits vorprozessual 2.500 € an den Kläger gezahlt. Der Kläger legt zur Darlegung der Forderungen der Gläubiger gegen die Schuldnerin die Insolvenztabelle vor.

3

Das Amtsgericht hat den Beklagten antragsgemäß auf Zahlung von 2.600 € nebst Zinsen sowie außergerichtlicher Kosten verurteilt.

4

Die dagegen eingelegte Berufung des Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

5

Die Revision hat keinen Erfolg.

6

I. Die Revision ist als unbegrenzt zugelassen anzusehen. Das Berufungsgericht hat diese zwar nur zur Frage zugelassen, ob im Falle einer Insolvenz über das Vermögen einer Kommanditgesellschaft die Feststellungen zur Insolvenztabelle Rechtskraft gegenüber einem Kommanditisten entfalten. Damit hat es die Revision beschränkt auf eine Rechtsfrage zugelassen, was unzulässig ist (vgl. BGH, Urteil vom 15. März 2017 - VIII ZR 295/15, NJW 2017, 2679 Rn. 13).

7

II. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dass dem Kläger ein Zahlungsanspruch in Höhe von 2.600 € gemäß § 171 Abs. 2 i.V.m. § 172 Abs. 4 Satz 2 HGB zustehe. Durch die Leistung der Einlage in Höhe von 15.000 € sei die Einlageverpflichtung des Beklagten erfüllt und seine persönliche Haftung erloschen. Der Kapitalanteil des Beklagten sei jedoch durch Verluste bereits im Jahre 2002 unter den Betrag der geleisteten Einlage herabgemindert worden. Gemäß § 172 Abs. 4 Satz 2 HGB gelte wegen der an den Beklagten ausgeschütteten 5.100 € die Einlage in dieser Höhe als nicht geleistet. Die persönliche Haftung des Beklagten sei insoweit wieder aufgelebt. Die Klageforderung bestehe nach der Zahlung des Beklagten in Höhe von 2.500 € wegen des noch offenen Betrags in Höhe von 2.600 €.

8

Der Anspruch des Klägers setze voraus, dass er darlege und beweise, dass die Leistung des Kommanditisten zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich sei. Seien Forderungen zur Insolvenztabelle angemeldet und festgestellt worden, so greife die Rechtskraftwirkung des § 201 Abs. 2 Satz 1 InsO ein. Diese wirke auch gegenüber dem Beklagten als Kommanditisten der Schuldnerin. Zur Darlegung genüge es, wenn der Insolvenzverwalter die Insolvenztabelle vorlege. Die Rechtskraftwirkung der Insolvenztabelle könne auch gegenüber Dritten bestehen. Dies ergebe sich aus § 161 Abs. 2, § 129 Abs. 1 HGB für die persönlich haftenden Gesellschafter, was jedoch voraussetze, dass sie am Forderungsfeststellungsverfahren im Insolvenzverfahren beteiligt worden seien und Gelegenheit gehabt hätten, der Forderungsanmeldung mit Wirkung für ihre persönliche Haftung zu widersprechen. Hinsichtlich der Rechtskraftwirkung zu Lasten eines Kommanditisten sei diese Frage streitig. Nach Auffassung des Berufungsgerichts greife die Rechtskraftwirkung der Insolvenztabelle zu Lasten eines Kommanditisten dann ein, wenn diese auch zu Lasten eines Komplementärs wirke. Im vorliegenden Fall sei über die Komplementärin der Schuldnerin ebenfalls das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt worden. Dieser sei informiert und ordnungsgemäß am Insolvenzverfahren beteiligt worden. Er hätte auch als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Komplementärin den Feststellungen der Gläubigerforderungen in der Insolvenztabelle widersprechen können.

9

Der Einwand des Beklagten, das Aktivvermögen der Schuldnerin reiche möglicherweise zur Befriedigung der Gläubigerforderungen aus, lasse den Anspruch nicht entfallen. Die Darlegungs- und Beweislast liege insoweit beim Beklagten. Der Kläger habe vorgetragen, dass Forderungen in Höhe von 2.167.450,18 € zur Insolvenztabelle angemeldet worden seien und lediglich in Höhe von 213.938,04 € widersprochen worden sei. Es sei Aufgabe des Beklagten darzulegen, dass weiteres Aktivvermögen vorhanden sei. Der Verjährungseinwand des Beklagten sei unbegründet. Die Einrede der Verjährung der Gläubigerforderungen sei bereits vor der Anmeldung beim Insolvenzverwalter im Rahmen des Feststellungsverfahrens zu berücksichtigen. Dies hätte durch Widerspruch gemäß § 178 Abs. 1 Satz 1 InsO verfolgt werden müssen.

10

III. Das Berufungsurteil hält einer rechtlichen Nachprüfung stand.

11

Der Kläger hat einen Zahlungsanspruch in Höhe von 2.600 € gemäß § 171 Abs. 2 i.V.m. § 172 Abs. 4 Satz 2 HGB gegen den Beklagten.

12

1. In den Jahren 2004 bis 2007 wurden insgesamt 5.100 € seitens der Schuldnerin an den Beklagten als Kommanditisten ausgeschüttet, nachdem dieser seine Einlage geleistet hatte. Es wurden damit Gewinnanteile entnommen, wodurch die geleistete Einlage herabgemindert wurde.

13

2. Es bestehen Forderungen von Gesellschaftsgläubigern mindestens in Höhe der Klageforderung.

14

a) Der Kläger hat dies hinreichend substantiiert dargelegt.

15

Zur Darlegung der Forderung ist es ausreichend, wenn der Kläger die Insolvenztabelle vorlegt mit festgestellten Forderungen, die nicht aus der Insolvenzmasse befriedigt werden können (BGH, Beschluss vom 18. Oktober 2011 - II ZR 37/10, juris Rn. 9 mwN, Urteile vom 22. März 2011 - II ZR 100/09, juris Rn. 20 und vom 11. Dezember 1989 - II ZR 78/89, NJW 1990, 1109, 1111).

16

Der Kläger hat hier die Insolvenztabelle mit nicht widersprochenen und festgestellten Forderungen von Gesellschaftsgläubigern in Höhe von 1.953.512,14 € vorgelegt. Die zur Insolvenztabelle festgestellten Forderungen können nicht aus der Insolvenzmasse befriedigt werden.

17

Die erstmals im Revisionsverfahren erhobene Rüge, zur Substantiierung bzw. Individualisierung sei die Angabe einer Reihenfolge der in der Insolvenztabelle enthaltenen Forderungen hinsichtlich ihrer Geltendmachung durch den Kläger erforderlich, bleibt ohne Erfolg. Einer solchen Angabe bedarf es im vorliegenden Fall nicht, da die nach Insolvenzeröffnung vom Insolvenzverwalter einzuziehende Hafteinlage nur noch zur gleichmäßigen (anteiligen) Befriedigung der berechtigten Gläubiger verwendet werden darf (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Oktober 2011 - II ZR 37/10, juris Rn. 9; Urteil vom 17. September 1964 - II ZR 162/62, BGHZ 42, 192, 194).

18

Die Revision beruft sich erfolglos für ihre abweichende Rechtsauffassung auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 9. Oktober 2006 (II ZR 193/05, WM 2007, 122). Der Sachverhalt unterscheidet sich in wesentlichen Punkten. Dort war eine Teilklage nach § 93 Abs. 1 InsO gegen einen Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts erhoben, um die es hier nicht geht, da der Beklagte als Kommanditist nur begrenzt gemäß § 171 Abs. 2, § 172 Abs. 4 HGB haftet und dessen Haftsumme insgesamt geltend gemacht wird. Der Beklagte in dem damaligen Verfahren haftete nach dem maßgeblichen Erkenntnisstand auch nicht für alle Gläubigerforderungen. Das erforderte eine konkrete Zuordnung der Klagesumme auf die geltend gemachten materiellen Ansprüche. Dagegen sind hier alle vom Kläger eingezogenen Beträge anteilig zur Befriedigung aller Gläubigerforderungen zu verwenden.

19

b) Ohne Erfolg bestreitet der Beklagte das Bestehen der ohne Widerspruch der Schuldnerin festgestellten Forderungen in der Insolvenztabelle.

20

aa) Es kann hier dahingestellt bleiben, ob das (einfache) Bestreiten des Beklagten gegenüber dem Vortrag des Klägers überhaupt hinreichend ist, wovon das Berufungsgericht zwar ausgegangen ist, woran jedoch Zweifel bestehen. Nach § 138 Abs. 2 und 3 ZPO hat sich jede Partei über die vom Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären; Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, sofern nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht. Die erklärungsbelastete Partei hat - soll ihr Vortrag beachtlich sein - auf die Behauptungen ihres Prozessgegners grundsätzlich "substantiiert", d.h. mit näheren positiven Angaben, zu erwidern. Ein substantiiertes Vorbringen kann grundsätzlich nicht pauschal bestritten werden (BGH, Urteil vom 11. März 2010 - IX ZR 104/08, NJW 2010, 1357 Rn. 16 mwN). Eine nähere Stellungnahme zu den Forderungen, die in der Insolvenztabelle festgestellt wurden, ist dem Beklagten auch möglich. Die erforderlichen Informationen kann er von der Schuldnerin einfordern. Im Insolvenzverfahren richtet sich der Informationsanspruch des Kommanditisten nach § 166 Abs. 1 HGB, der während der laufenden Insolvenz gegen den Insolvenzverwalter der Kommanditgesellschaft geltend zu machen ist (vgl. OLG Zweibrücken, ZIP 2006, 2047; Gummert in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 166 HGB Rn. 13; Grunewald in MünchKomm HGB, 3. Aufl., § 166 Rn. 26; Roth in Baumbach/Hopt, HGB, 37. Aufl., § 166 Rn. 2). Zusätzlich kann ihm ein Akteneinsichtsgesuch nach § 4 InsO i.V.m. § 299 Abs. 2 ZPO zustehen.

21

bb) Hier ist das Bestreiten der Gläubigerforderungen unbeachtlich, da dem Beklagten diese Einwendung aufgrund der Wirkungen der widerspruchslosen Feststellung der Forderungen in der Insolvenztabelle nach § 129 Abs. 1, § 161 Abs. 2 HGB abgeschnitten ist. Die Schuldnerin könnte sich mit dieser Einwendung gegen ihre Inanspruchnahme nicht zur Wehr setzen.

22

(1) Die Feststellung der Forderungen zur Insolvenztabelle hat für den Insolvenzverwalter und die Gläubiger gemäß § 178 Abs. 3 InsO die Wirkung eines rechtskräftigen Urteils (BGH, Urteil vom 10. Oktober 2013 - IX ZR 30/12, NJW 2014, 391 Rn. 16 mwN). Für den Schuldner ergibt sich die Rechtskraftwirkung nicht aus § 178 Abs. 3 InsO, weil dieser dort nicht genannt ist. Sie folgt aber mittelbar aus § 201 Abs. 2 InsO. Nach dieser Vorschrift können Insolvenzgläubiger, deren Forderungen festgestellt und nicht vom Schuldner im Prüfungstermin bestritten worden sind, nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens aus der Eintragung in die Tabelle wie aus einem vollstreckbaren Urteil die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner betreiben, wobei eine nicht bestrittene Forderung einer Forderung gleich steht, bei der ein erhobener Widerspruch beseitigt ist.

23

Diese Wirkung tritt auch außerhalb des Insolvenzverfahrens ein. § 201 Abs. 1 InsO regelt nur die während des Insolvenzverfahrens nicht mögliche Vollstreckung (§ 89 InsO) nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens. Die Rechtskraftwirkung außerhalb der Vollstreckung besteht schon vor Aufhebung des Verfahrens, sobald die Feststellung zur Tabelle erfolgt ist (BGH, Urteil vom 10. Oktober 2013 - IX ZR 30/12, NJW 2014, 391 Rn. 19). Die Rechtskraftwirkung eines Titels gegenüber der Gesellschaft beschränkt grundsätzlich die Einwendungsmöglichkeiten für den persönlich haftenden Gesellschafter. Gegen die aus § 128 HGB begründete persönliche Haftung eines Gesellschafters einer offenen Handelsgesellschaft kann ein Gesellschafter gemäß § 129 Abs. 1 HGB von persönlichen Einwendungen abgesehen nur die Einwendungen geltend machen, die auch von der Gesellschaft erhoben werden können. Ist im Gesellschaftsprozess ein rechtskräftiges Urteil gegen die Gesellschaft ergangen, wirkt dies auch gegen die Gesellschafter, indem es ihnen die Einwendungen nimmt, die der Gesellschaft abgesprochen wurden (BGH, Urteil vom 3. April 2006 - II ZR 40/05, NJW-RR 2006, 1268 Rn. 15 mwN; vgl. auch BGH, Urteil vom 3. November 2015 - II ZR 446/13, ZIP 2016, 211 Rn. 34). Dahingestellt bleiben kann insoweit, ob der Sache nach eine Rechtskrafterstreckung auf die Gesellschafter oder ein Einwendungsausschluss vorliegt (vgl. BGH, Urteil vom 22. März 2011 - II ZR 249/09, NJW 2011, 248 Rn. 9).

24

Diese Grundsätze gelten gemäß § 161 Abs. 2 HGB auch für die Haftung des persönlich haftenden Gesellschafters der Kommanditgesellschaft und die Haftung des Kommanditisten gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft nach §§ 171, 172 Abs. 4 HGB.

25

(2) Eine einschränkende Auslegung des § 129 Abs. 1 HGB wie bei der Haftung eines ausgeschiedenen Gesellschafters kommt bei der Haftung eines Kommanditisten einer Kommanditgesellschaft, über deren Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, nicht in Betracht.

26

(a) Ein ausgeschiedener Gesellschafter braucht sich ein gegen die Gesellschaft ergangenes Urteil jedenfalls dann nicht entgegenhalten zu lassen, wenn er schon vor Klageerhebung ausgeschieden war. Der Grund dafür liegt darin, dass er in diesem Fall die Prozessführung der Gesellschaft nicht mehr beeinflussen kann. Häufig wird er von einem Rechtsstreit gegen die Gesellschaft zunächst sogar nichts erfahren und dem Rechtsstreit auch nicht als Nebenintervenient beitreten können. Er wird sich nicht darauf verlassen können, dass die Gesellschaft schon im eigenen Interesse alle Einwendungen mit der erforderlichen Zielstrebigkeit und Umsicht geltend machen werde. Ihm wird auch nicht entgegengehalten werden können, er habe sich durch entsprechende Vereinbarungen von vornherein gegen eine von ihm missbilligte Prozessführung der Gesellschaft sichern müssen, zumal er vielfach nicht wird voraussehen können, welche Ansprüche nach seinem Ausscheiden gegen die Gesellschaft erhoben werden. Diesem Interesse gegenüber muss dasjenige des Gesellschaftsgläubigers zurücktreten (BGH, Urteil vom 8. November 1965 - II ZR 232/64, BGHZ 44, 229, 233 f.).

27

Von dieser einschränkenden Auslegung ist jedoch dann abzusehen, wenn der ursprünglich persönlich haftende Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft bei der Umgestaltung der Handelsgesellschaft in eine GmbH & Co. KG Kommanditist wird und als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH die Geschäfte der Gesellschaft weiterführt (BGH, Urteil vom 22. September 1980 - II ZR 204/79, BGHZ 78, 114, 120 f.).

28

(b) Diese Erwägungen treffen für den Kommanditisten einer GmbH & Co. KG, über deren Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, nicht in gleicher Weise zu. Eine einschränkende Auslegung der § 161 Abs. 2, § 129 Abs. 1 HGB zu Gunsten der Kommanditisten ist deshalb nicht wegen der Insolvenz der Kommanditgesellschaft geboten. Zwar wird die GmbH & Co. KG durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft gemäß § 161 Abs. 2, § 131 Abs. 1 Nr. 3 HGB aufgelöst. Die Rechtsstellung des Kommanditisten dieser durch Insolvenz aufgelösten GmbH & Co. KG ist aber nicht mit derjenigen eines ausgeschiedenen Gesellschafters einer werbenden Kommanditgesellschaft vergleichbar. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat auf die Struktur der betroffenen Gesellschaft keinen Einfluss. Das gilt unabhängig von der Rechtsform der Gesellschaft. Ist die Schuldnerin eine Personengesellschaft, richten sich Geschäftsführung und Vertretung - begrenzt durch die Befugnisse des Insolvenzverwalters - weiterhin nach §§ 114 ff., §§ 125 ff. HGB. Die geschäftsführungs- und vertretungsbefugten Gesellschafter nehmen die Rechte der Schuldnerin im Insolvenzverfahren wahr (BGH, Beschluss vom 11. Januar 2007 - IX ZB 271/04, NJW-RR 2007, 624 Rn. 21). Der Kommanditist hat die Möglichkeit, sich im Insolvenzverfahren hinsichtlich der gegen die Gesellschaft bestehenden Forderungen zu informieren und sich im Hinblick auf die Feststellung zur Insolvenztabelle bzw. wegen der Erhebung eines Widerspruchs an den vertretungsberechtigten Gesellschafter der aufgelösten Gesellschaft bzw. an den Insolvenzverwalter zu wenden (vgl. Brandes/Gehrlein in MünchKommInsO, 3. Aufl., § 93 Rn. 31).

29

(3) Die Grundsätze für die Anwendung von § 129 Abs. 1 HGB gegenüber Gesellschaftern einer offenen Handelsgesellschaft im Hinblick auf widerspruchslos zur Insolvenztabelle festgestellte Gesellschaftsgläubigerforderungen sind ebenfalls nicht auf die Kommanditisten übertragbar. Eine einschränkende Auslegung des § 129 Abs. 1 HGB i.V.m. § 162 Abs. 2 HGB im Hinblick auf die Ausgestaltung der Rechtsstellung des Kommanditisten im Insolvenzverfahren ist nicht geboten (LG Köln, BeckRS 2011, 09728; LG Paderborn, Urteil vom 20. August 2007 - 4 O 658/06, juris Rn. 32; LG Mosbach, Urteil vom 18. Juli 2007 - 1 O 211/06, juris Rn. 81; aA Gerhardt in Jaeger, InsO, 5. Aufl., § 178 Rn. 62; Schuhmacher in MünchKommInsO, 3. Aufl., § 178 Rn. 72; Sinz in Uhlenbruck, InsO, 14. Aufl., § 178 Rn. 33; RGZ 51, 33, 40 allerdings zur Frage, ob die Forderung gegen den Kommanditisten zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger benötigt werde).

30

(a) Für die Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft galt nach ehemaligem Konkursrecht, dass alle Gesellschafter Gemeinschuldner waren. Das Recht, eine angemeldete Forderung im Prüfungstermin zu bestreiten, stand jedem von ihnen zu. Die Ausübung dieses Rechts verhinderte die Rechtskraftwirkung einer Feststellung einer Forderung zur Konkurstabelle gegenüber dem Bestreitenden (BGH, Urteil vom 30. Januar 1961 - II ZR 98/59, WM 1961, 427, 429). Gleiches gilt unter der Geltung der Insolvenzordnung im Falle einer Insolvenz einer Erbengemeinschaft hinsichtlich des Widerspruchsrechts der Miterben, da sie im Insolvenzverfahren die Stellung des Schuldners einnehmen (BGH, Urteil vom 10. Oktober 2013 - IX ZR 30/12, NJW 2014, 391 Rn. 19). Das gilt für die Durchgriffshaftung eines GmbH-Gesellschafters entsprechend. Dieser darf nicht schlechter gestellt werden, als ein gemäß § 128 HGB haftender Personengesellschafter, der zur Gewährung rechtlichen Gehörs an dem Forderungsfeststellungsverfahren zu beteiligen ist und Gelegenheit haben muss, der Forderungsanmeldung mit Wirkung für seine persönliche Haftung zu widersprechen (BGH, Urteil vom 14. November 2005 - II ZR 178/03, NJW 2006, 1344 Rn. 23). Gleiches gilt für die Beschränkung der Rechtskraftwirkung zu Lasten der Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (BGH, Urteil vom 9. Oktober 2006 - II ZR 193/05, ZIP 2007, 79 Rn. 11).

31

(b) Die Auffassung des Berufungsgerichts, dass diese Grundsätze für die persönlich haftenden Gesellschafter nicht auf den Kommanditisten einer GmbH & Co. KG übertragbar sind, hält rechtlicher Nachprüfung stand.

32

Die Rechtsstellung der Kommanditisten ist im Rahmen der werbenden Gesellschaft und auch im Rahmen des Insolvenzverfahrens grundsätzlich anders ausgestaltet als diejenige der persönlich haftenden Gesellschafter. Gemäß § 164 Abs. 1 HGB sind die Kommanditisten von der Führung der Geschäfte der Gesellschaft ausgeschlossen; sie können einer Handlung der persönlich haftenden Gesellschafter nicht widersprechen, es sei denn, dass die Handlung über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft hinausgeht. Sofern nicht besondere gesellschaftsvertragliche Regelungen etwas anderes vorsehen, muss der Kommanditist vom vertretungsberechtigten Gesellschafter eingegangene Verpflichtungen und auch dessen Prozessführung hinnehmen. Das Gesetz unterscheidet insoweit ausdrücklich zwischen den persönlich haftenden Gesellschaftern als Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft und dem Kommanditisten (§ 161 Abs. 1 HGB). Auch im Rahmen der Haftung nach § 172 Abs. 4 HGB gibt das Gesetz die Unterscheidung zwischen den Kommanditisten und den persönlich haftenden Gesellschaftern nicht auf. Entscheidend bleibt, dass der Kommanditist mit der Erbringung seiner Einlage eine Haftung ausschließen kann (§ 171 Abs. 1 HGB) und auch im Falle der unmittelbaren Haftung gegenüber Gläubigern infolge der Entnahme der Hafteinlage nach § 172 HGB nur begrenzt bis zur Höhe des noch offenen Einlagebetrags haftet.

33

Auch im Insolvenzverfahren ist seine Rechtsstellung anders ausgestaltet, als die der persönlich haftenden Gesellschafter. Das Widerspruchsrecht steht nach § 178 Abs. 1 Satz 2 InsO dem Schuldner, d.h. der Kommanditgesellschaft, zu. Widerspruchsberechtigt ist insoweit das vertretungsberechtigte Organ und damit nicht der Kommanditist. Ist der Schuldner eine durch die Verfahrenseröffnung in Liquidation befindliche juristische Person oder Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, so gelten für die Erhebung des Widerspruchs die gleichen Grundsätze wie zu § 15 InsO (Sinz in Uhlenbruck, InsO, 14. Aufl., § 184 Rn. 5). Dem Kommanditisten steht kein Antragsrecht nach § 15 InsO (Hirte in Uhlenbruck, InsO, 14. Aufl., § 15 Rn. 2; Sterner in Kayser/Thole, InsO, 8. Aufl., § 15 Rn. 12; Kadenbach in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, Insolvenzrecht, 3. Aufl., § 15 Rn. 25; Müller in Jaeger, InsO, 5. Aufl., § 15 Rn. 25; Linker in Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht, 6. Aufl., § 15 Rn. 5) und kein Widerspruchsrecht zu (vgl. Pape/Schaltke in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 70. Lieferung, Januar 2017, § 184 Rn. 9; Becker in Nerlich/Römermann, InsO, April 2017, § 184 Rn. 3). Abweichendes wird nur für den hier nicht vorliegenden Fall diskutiert, dass der Kommanditist gemäß § 176 HGB wie ein persönlich haftender Gesellschafter haftet (Klöhn in MünchKommInsO, 3. Aufl., § 15 Rn. 49; aA Linker in Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht, 6. Aufl., § 15 Rn. 5; Müller in Jaeger, InsO, 5. Aufl., § 15 Rn. 26; Mönning in Nerlich/Römermann, InsO, April 2017, § 15 Rn. 35).

34

Nach § 30 Abs. 2 InsO ist der Eröffnungsbeschluss mit dem darin nach § 29 Abs. 1 InsO enthaltenen Prüfungstermin dem Schuldner, d.h. bei einer Kommanditgesellschaft dem vertretungsberechtigten Gesellschafter, jedoch nicht dem Kommanditisten zuzustellen. Dementsprechend steht eine Verletzung des Rechts auf Gewährung rechtlichen Gehörs im Hinblick auf die Möglichkeit zur Teilnahme am Prüftermin und Erhebung eines Widerspruchs im Gegensatz zu den persönlich haftenden Gesellschaftern einer offenen Handelsgesellschaft bzw. einer Kommanditgesellschaft nicht in Rede. Der Kommanditist ist deshalb gehalten, auf einen Widerspruch des vertretungsberechtigten Gesellschafters oder des Insolvenzverwalters hinzuwirken (vgl. Brandes/Gehrlein in MünchKommInsO, 3. Aufl., § 93 Rn. 31).

35

(3) Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Komplementär-GmbH, die zeitlich nur kurz nach derjenigen der Schuldnerin erfolgte, erfordert hier ebenfalls keine einschränkende Auslegung der § 162 Abs. 1, § 129 Abs. 1 HGB zu Gunsten des Beklagten.

36

Durch die Insolvenzeröffnung wird die Komplementär-GmbH gemäß § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG aufgelöst. Zugleich scheidet sie gemäß § 162 Abs. 2, § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HGB aus der Kommanditgesellschaft - der nach § 161 Abs. 2, § 131 Abs. 1 Nr. 3 HGB bereits aufgelösten Schuldnerin - aus. Da hier mehr als ein Gesellschafter nach dem Ausscheiden der Komplementär-GmbH aus der Schuldnerin verbleibt, besteht die Kommanditgesellschaft im Insolvenzverfahren weiter (vgl. BGH, Urteil vom 8. Mai 2014 - I ZR 217/12, ZIP 2014, 1280 Rn. 19; Urteil vom 15. März 2004 - II ZR 247/01, ZIP 2004, 1047, 1048). Wenn im Gesellschaftsvertrag keine abweichenden Vereinbarungen getroffen wurden, sind die verbliebenen Gesellschafter berufen, die Gesellschaft im Insolvenzverfahren zu vertreten (vgl. § 146 Abs. 1 HGB für den Fall der Liquidation außerhalb des Insolvenzverfahrens) oder dafür einen Vertreter zu bestellen (vgl. BGH, Urteil vom 8. Mai 2014 - I ZR 217/12, ZIP 2014, 1280 Rn. 20 f.; aA Bitter in Scholz, GmbHG, 11. Aufl., Vor § 64 Rn. 214 und K. Schmidt in Münch KommHGB, 3. Aufl., Anh. § 158 Rn. 69).

37

Das Berufungsgericht hat hier angenommen, dass dem Kläger als Insolvenzverwalter der Komplementär-GmbH das Widerspruchsrecht für die Schuldnerin in deren Insolvenzverfahren zustand. Dies könnte im Betracht kommen, wenn § 18 Nr. 1 des Gesellschaftsvertrages, wonach im Falle der Auflösung der Gesellschaft oder des Verkaufs des Schiffes durch Beschluss der Gesellschafterversammlung alleinige Liquidatorin der Schuldnerin die Komplementär-GmbH sein sollte, dahin auszulegen ist, dass dies auch für die Auflösung der Schuldnerin durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens und nach dem Ausscheiden der Komplementär-GmbH durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über deren Vermögen gelten soll (vgl. BFH, DStR 2006, 2168 zur Prozessstandschaft nach § 48 FGO). Solches ist weder von den Parteien vorgetragen, noch vom Berufungsgericht festgestellt worden.

38

Das kann hier aber auch im Ergebnis dahinstehen. Eine Verletzung des Rechts des Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs ist im vorliegenden Fall nicht ersichtlich und gebietet keine einschränkende Auslegung der § 129 Abs. 1, § 162 Abs. 1 HGB. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin ist vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Komplementär-GmbH erfolgt. Die Bestimmung des Termins zur Prüfung der angemeldeten Forderungen ist damit nicht nur öffentlich bekannt gemacht, sondern der Komplementär-GmbH als Vertreterin der Schuldnerin gemäß § 30 Abs. 2 InsO zugestellt worden. Dies müssen die Schuldnerin und deren Gesellschafter gegen sich gelten lassen. Im Übrigen hat das Berufungsgericht festgestellt, dass der Beklagte über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens informiert war. Die Kommanditisten der Schuldnerin und damit auch der Beklagte hätten sich entsprechend ihrer Stellung in der Gesellschaft um die Erhebung eines Widerspruchs im Prüfungstermin bei der Komplementär-GmbH bzw. auf Gesellschafterebene bemühen können.

39

3. Ohne Erfolg bleibt die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe die Beweislast verkannt, soweit es um die Einwendung gehe, es sei genügend Aktivvermögen der Schuldnerin vorhanden, um die Gläubigerforderungen auch ohne Inanspruchnahme der Kommanditisten nach § 171 Abs. 2, § 172 Abs. 4 HGB zu befriedigen. Das Berufungsgericht hat den Beklagten in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes für darlegungs- und beweisbelastet gehalten, wenn er geltend macht, seine Inanspruchnahme werde zur Gläubigerbefriedigung nicht benötigt (vgl. BGH, Urteil vom 11. Dezember 1989 - II ZR 78/89, NJW 1990, 1109, 1111; Strohn in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 3. Aufl., § 171 Rn. 96; Thiessen in GroßKommHGB, 5. Aufl., § 171 Rn. 226). Die Zurückweisung des Vortrags des Beklagten als unsubstantiiert lässt keine Rechtsfehler erkennen. Der Kläger hat als sekundär Darlegungsbelasteter zu den von ihm bereits vereinnahmten Beträgen Stellung genommen.

Drescher     

      

Wöstmann     

      

Sunder

      

Bernau     

      

B. Grüneberg     

      

Berichtigungsbeschluss vom 7. Mai 2018

Gemäß § 319 Abs. 1 ZPO wird das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 20. Februar 2018 wegen folgender Schreibfehler berichtigt:

In Rn 29, 5. Zeile und Rn 35, 3. Zeile heißt es

§ 161 Abs. 2 statt § 162 Abs. 2,

in Rn 36, 2. Zeile § 161 Abs. 2 statt § 162 Abs. 2 und

in Rn 38, 4. Zeile § 161 Abs. 2 statt § 162 Abs. 1.

Drescher     

 

Wöstmann     

 

Sunder

 

Bernau     

 

B. Grüneberg     

 

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)