Oberlandesgericht München Beschluss, 01. Juni 2017 - 17 U 737/17

bei uns veröffentlicht am01.06.2017

Tenor

1. Der Antrag der Beklagten zu 1), ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Hinblick auf die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist ihrer Berufung gegen das Endurteil des Landgerichts Traunstein vom 31.01.2017, Aktenzeichen: 1 O 22/15, zu gewähren, wird zurückgewiesen.

2. Die Berufung der Beklagten zu 1) gegen das Endurteil des Landgerichts Traunstein vom 31.01.2017, Aktenzeichen 1 O 22/15, wird verworfen.

3. Die Beklagte zu 1) hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

4. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I und dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte zu 1) kann die Vollstreckung der Klägerin jeweils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.

5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf € 5.563,34 festgesetzt.

Gründe

A

Die Parteien streiten um Ansprüche aus Schadensersatz bzw. ungerechtfertigter Bereicherung aufgrund einer Fehlüberweisung der Klägerin auf das Konto der Beklagten zu 1) bei der Klägerin aufgrund nicht veranlasster Autorisierung der Überweisung von einem anderen Konto. Nach Rückbuchung verlangt die Klägerin mit ihrer Klage die Erstattung des Überweisungsbetrags durch die Beklagte zu 1).

Das Landgericht Traunstein hat im hier interessierenden Umfang die Beklagte zu 1) mit Endurteil vom 31.01.2017 zur Zahlung von € 5.563,34 nebst Zinsen sowie weiterer Kosten einschließlich der Kosten des Rechtsstreits (mit Ausnahme der Säumnis des Beklagten zu 2)) verurteilt. Diesbezüglich wird auf die Urteilsurkunde des Landgerichts Traunstein (Bl. 165/175 d. A.) verwiesen.

Dieses Endurteil wurde dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 1) am 02.02.2017 zugestellt.

Mit Telefax vom 02.03.2017, beim Oberlandesgericht München eingegangen am gleichen Tag, legte die Beklagte zu 1) gegen das Endurteil des Landgerichts Traunstein vom 31.01.2017 Berufung ein. Diesbezüglich wird auf das Telefax (Bl. 188/189 d. A.) verwiesen.

Mit an das Oberlandesgericht München adressiertem Telefax vom 03.04.2017, beim Amtsgericht, Registergericht, unter der Telefax-Endnummer -3560 eingegangen am gleichen Tag (einem Montag), begründete die Beklagte zu 1) ihre Berufung und beantragt,

das Urteil des Landgerichts Traunstein in Ziffer III. vollständig und in Ziffern I. und IV. insoweit aufzuheben, als die Beklagte zu 1) zu einer gesamtschuldnerischen Haftung neben dem bisher geführten Beklagten zu 2) (M L H verurteilt worden sei und insoweit die Klage gegen die Berufungsführerin zurückzuweisen.

Hinsichtlich des Inhaltes der Berufungsbegründung wird auf das Telefax (Bl. 197/202 d. A.) verwiesen. Beim Oberlandesgericht München ging dieses Telefax am 04.04.2017 ein.

Mit Verfügung vom 10.04.2017, dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 1) zugestellt am 13.04.2017, wurde dieser darauf hingewiesen, dass das Endurteil des Landgerichts Traunstein erst am 04.04.2017 beim Oberlandesgericht München eingegangen sei. Es sei daher beabsichtigt, die Berufung als unzulässig zu verwerfen.

Mit Schriftsatz vom 13.04.2017, beim Oberlandesgericht München eingegangen am 18.04.2017, beantragte die Beklagte zu 1), wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist zu erkennen,

dass der Berufungsklägerin im Hinblick auf die versäumte Frist zur Begründung der Berufung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werde.

Die Berufungsbegründungsschrift sei am 3. April 2017 fertiggestellt und vom Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 1) unterzeichnet worden. Ferner sei die Anweisung erteilt worden, diese Berufungsbegründungsschrift wegen der ablaufenden Berufungsbegründungsfrist per Telefax beim Berufungsgericht einzureichen. Hierzu sei von der ansonsten äußerst zuverlässigen und gewissenhaften Anwaltsgehilfin S H auf Seite 1 der Ausfertigung der Berufungsbegründungsschrift, die per Telefax übersandt werden sollte, aufgetragen worden: „Zur Fristwahrung vorab per Telefax: ... (2747).“

Beim Übertrag bzw. beim Aufbringen dieser Bemerkung sei ein Fehler aufgetreten. Die Anwaltsgehilfin habe sich verlesen bzw. es sei ein Tippfehler aufgetragen worden. Die tatsächliche Telefaxnummer laute nämlich in der Endziffernfolge nicht -3560 sondern -3570. Anhand der versehentlich aufgetragenen falschen Telefaxnummer sei die Berufungsbegründungsschrift an die Telefaxnummer 089/5597-3560 übersandt worden. Auf telefonische Nachfrage von hier aus habe sich herausgestellt, dass es sich hier um den Telefaxanschluss des Amtsgerichts München, Registergericht, I. Straße 5, München, handele. An diese Gerichtsstelle sei die Berufungsbegründung am 3. April 2017 um 17.07 Uhr mit einer Übertragungszeit von 1 Minute und 12 Sekunden übersandt worden. Alle 6 Seiten der Berufungsbegründung seien übermittelt worden. Der Sendebericht, der daraufhin hier ausgedruckt worden sei, berichte Sendung ok und später Ergebnis ok. Auf dem Sendebericht sei auch die vermeintlich richtige, tatsächlich aber falsche Telefaxnummer 00498955973560 vermerkt. Da bei der Übertragung auch sonst nichts auffällig gewesen sei, weil auch die Tonfolge bei der Anwahl der Telefaxnummer eine Telefaxstelle als Empfang bestätigt habe, sei Frau H deshalb letztendlich irrtümlich davon ausgegangen, dass zur Fristwahrung die Berufungsbegründung rechtzeitig und ordnungsgemäß zum Oberlandesgericht München gelangt sei.

Glaubhaft gemacht wurde dieser Sachverhalt durch Übersendung der eidesstattlichen Versicherung des Prozessbevollmächtigten, der eidesstattlichen Versicherung der Frau H jeweils vom 13. April 2017, sowie des Sendeberichts vom 3. April 2017, 17.07 Uhr mit Seite 1 der Berufungsbegründungsschrift. Hinsichtlich des weiteren Vortrags wird auf den Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 1) vom 13.04.2017 (Bl. 205/213 d. A.) verwiesen.

Nachfolgend hat sich die Klägerin hierzu geäußert und beantragt,

den Wiedereinsetzungsantrag abzulehnen und die Berufung der Beklagten zu 1) als unzulässig zu verwerfen.

B

Der zulässige Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 233 Satz 1, § 234 Abs. 1 Satz 2, § 234 Abs. 2, § 236 Abs. 1, § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO) ist nicht begründet:

I.

Die Beklagte zu 1) hat die Berufungsbegründungsfrist versäumt:

Die Zustellung des angefochtenen Endurteils des Landgerichts Traunstein vom 31.01.2017 erfolgte ausweislich des der Urteilsurkunde beigefügten Empfangsbekenntnisses an den Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 1) am 02.02.2017. Damit lief die Berufungsbegründungsfrist von 2 Monaten (§ 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO) am 03.02.2017 an (§ 222 Abs. 1 ZPO; § 187 Abs. 1 BGB) und am Montag, den 03.04.2017 ab (§ 222 Abs. 1, § 222 Abs. 2 ZPO; § 188 Abs. 2 BGB). Da die Berufungsbegründung erst am 04.04.2017 beim Oberlandesgericht München einging, war die 2-monatige Berufungsfrist des § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht eingehalten.

II.

Die Fristversäumung durch den Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 1) erfolgte schuldhaft (§ 233 Satz 1 ZPO):

1. Welche organisatorischen Vorkehrungen ein Anwalt bei der Versendung fristwahrender Schriftsätze per Fax treffen muss, wird in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht einheitlich beurteilt (BGH, Beschluss vom 24.10.2013, V ZB 154/12, WM 2014, 427, 427, Randziffer 7). Im Grundsatz besteht Einigkeit darüber, dass ein Rechtsanwalt seiner Pflicht zur wirksamen Ausgangskontrolle fristwahrender Schriftsätze nur dann genügt, wenn er seine Angestellten anweist, nach einer Übermittlung per Telefax anhand des Sendeprotokolls zu überprüfen, ob der Schriftsatz vollständig und an das richtige Gericht übermittelt worden ist. Dabei darf sich die Kontrolle des Sendeberichts nicht darauf beschränken, die auf diesem ausgedruckte Faxnummer mit der zuvor aufgeschriebenen, z.B. bereits in den Schriftsatz eingefügten Nummer zu vergleichen. Vielmehr muss der Abgleich anhand einer zuverlässigen Quelle, etwa anhand eines geeigneten Verzeichnisses vorgenommen werden, um auch Fehler bei der Ermittlung aufdecken zu können (BGH, Beschluss vom 24.10.2013, V ZB 154/12, WM 2014, 427, 427f., Randziffer 8; s.a. Beschluss vom 27.08.2014, XII ZB 255/14, FamRZ 2014, 1915, 1916, Randziffer 7; Beschluss vom 01.06.2016, XII ZB 382/15, FamRZ 2016, 1355, 1357, Randziffer 19; Beschluss vom 12.05.2016, V ZB 135/15, NJW 2016, 3789, 3791, Randziffer 28).

2. Im Wiedereinsetzungsantrag im Schriftsatz vom 13.04.2017 (Bl. 205/213 d. A.) findet sich nichts dazu, dass die Bürokraft des Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 1) von diesem allgemein bzw. im speziellen Fall dazu angewiesen worden wäre, nicht nur die auf dem Berufungsbegründungsschriftsatz aufgeschriebene Telefaxnummer mit der auf dem Sendebericht ausgedruckten Faxnummer zu vergleichen, sondern entweder vor Durchführung des Übersendevorgangs oder zumindest hinter demselben durch zweite Kontrolle die Richtigkeit der gewählten Telefaxnummer als richtige Telefaxnummer des Berufungsgerichts erneut zu überprüfen. Damit bleibt offen, ob es eine diesbezügliche Anweisung an die Mitarbeiterin des Prozessbevollmächtigen der Beklagten zu 1) gab oder nicht, so dass der Prozessbevollmächtigte ein eigenes Verschulden aufgrund unzureichender Büroorganisation nicht ausgeräumt hat. Auch findet sich im Wiedereinsetzungsantrag nichts dazu, dass Frau H. eine entsprechende Überprüfung auch ohne Anweisung vorgenommen hätte. Dadurch wäre jedoch aufgefallen, dass die benutzte Telefaxdurchwahlnummer falsch war.

III.

Eines gesonderten Hinweises an den Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 1) bedurfte es im Hinblick auf die Wiedereinsetzungsfrist des § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO nicht (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 01.06.2016, XII ZB 382/15, FamRZ 2016,1355,1357, Randziffer 20).

IV.

Das Verschulden des Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 1) ist dieser zuzurechnen (§ 85 Abs. 2 ZPO).

C

Aufgrund der verspätet eingegangenen Berufungsbegründung war die Berufung der Beklagten zu 1) als unzulässig zu verwerfen (§ 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO).

D

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils und dieses Beschlusses erfolgte gemäß § 708 Nr. 10, § 708 Nr. 10 analog, § 711 ZPO (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 13.11.2014, NJW2015, 77, 78, Randziffer 16).

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der § 63 Abs. 2 Satz 1, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG; § 4 Abs. 1 ZPO bestimmt.

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

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In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt e

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(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 187 Fristbeginn


(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt. (2) Ist der Beginn

Zivilprozessordnung - ZPO | § 85 Wirkung der Prozessvollmacht


(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie

Zivilprozessordnung - ZPO | § 233 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 234 Wiedereinsetzungsfrist


(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschw

Zivilprozessordnung - ZPO | § 222 Fristberechnung


(1) Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs. (2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 48 Bürgerliche Rechtsstreitigkeiten


(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten richten sich die Gebühren nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, soweit nichts anderes bestimmt i

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 188 Fristende


(1) Eine nach Tagen bestimmte Frist endigt mit dem Ablauf des letzten Tages der Frist. (2) Eine Frist, die nach Wochen, nach Monaten oder nach einem mehrere Monate umfassenden Zeitraum - Jahr, halbes Jahr, Vierteljahr - bestimmt ist, endigt im Fa

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 4 Wertberechnung; Nebenforderungen


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Tenor

I. Unter teilweiser Aufhebung des Versäumnisurteils des Landgerichts Traunstein vom 09.03.2016 werden die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 5.563,34 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 4.817,00 € seit 21.01.2015 zu bezahlen.

II. Im Übrigen wird das Versäumnisurteil des Landgerichts Traunstein bezüglich des Beklagten zu 2) aufrecht erhalten.

III. Die Beklagte zu 1) wird ferner verurteilt, an die Klägerin weitere 492,45 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 30.01.2015 zu bezahlen.

IV. Die Beklagten tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits. Die Kosten seiner Säumnis trägt der Beklagte zu 2) alleine.

V. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 4.817,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Ansprüche aus Schadensersatz bzw. ungerechtfertigter Bereicherung als Folge einer sogenannten „Phishing-Attacke“, durch die eine Fehlüberweisung veranlasst wurde.

Am 04.08.2011 wurde die Klägerin als Folge einer sogenannten „Phishing-Attacke“ durch unbekannte Täter online beauftragt, einen Betrag in Höhe von 4.817,00 € auf das Konto der Beklagten zu 1) bei der Klägerin mit der Konto-Nr. ..., BLZ ... zu überweisen. Belastet wurde das Konto des ..., der bei der Klägerin ein Konto mit der Konto-Nr. ... unterhielt. Der Kontoinhaber ... autorisierte die Überweisung nicht. Aus diesem Grund schrieb die Klägerin den Überweisungsbetrag in Höhe von 4.817,00 € wieder dem Konto ihres Kunden ... gut. Mit Schreiben vom 27.09.2011 forderte die Klägerin die Beklagte zu 1) auf, ihr den Überweisungsbetrag zu erstatten (Anlage K1) und mahnte diesen Betrag nochmals mit Schreiben vom 14.07.2014 an (Anlage K2).

Die Beklagte zu 1) unterhielt mit dem Beklagten zu 2) im Jahr 2011 eine Lebensgemeinschaft und gestattete diesem, ihr Konto für das die Abwicklung des Auftrags zwischen der Firma ... und dem Beklagten zu 2) zu verwenden und hierzu eine Überweisung zu tätigen. Vertragspartner der Firma ..., deren Hintermänner die fehlerhafte Überweisung veranlassten, war der Beklagte zu 2).

Die Klägerin behauptet, sie sei rechtlich verpflichtet gewesen, den Geldbetrag dem Konto des Geschädigten Herrn ... wieder gut zu schreiben. Die Beklagte zu 1) habe sich ebenso wie der Beklagte zu 2) der zumindest leichtfertigen Geldwäsche im Sinne des § 261 V StGB schuldig gemacht, sodass die Klägerin der Auffassung ist, dass sich eine Haftung aus § 823 II BGB ergäbe. Daneben stünden bereicherungsrechtliche Ansprüche. Auf eine Entreicherung könnten sich die Beklagten nach Ausführung der Klägerin aufgrund ihrer Kenntnis nicht berufen.

Am 17.06.2014 hat die Klägerin einen Mahnbescheid des Amtsgerichts ... gegen die Beklagte zu 1) erwirkt, welcher am 14.06.2014 an die Beklagte zu 1) zugestellt wurde. Widerspruch ist am 25.06.2014 eingegangen. Die Anspruchsbegründung der Klägerin wurde der Beklagten zu 1) am 29.01.2015 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 20.04.2015, zugestellt am 24.04.2015 hat die Klägerin dem Beklagten zu 2) zunächst den Streit verkündet und mit Schriftsatz vom 04.12.2015, dem Beklagten zu 2) zugestellt am 19.02.2016 (Bl. 77) die Klage bezüglich des Beklagte zu 2) erweitert.

Gegen den Beklagten zu 2) hat das Landgericht Traunstein schließlich am 09.03.2016 ein Teilversäumnisurteil im schriftlichen Verfahren erlassen, welches dem Beklagten zu 2) am 11.03.2016 zugestellt wurde. Am 17.03.2016 ist ein Einspruch des Prozessbevollmächtigen des Beklagten zu 2) bei Gericht eingegangen (Bl. 87 der Akte).

Die Klägerin beantragt zuletzt,

das Teilversäumnisurteil vom 09.03.2016 aufrecht zu erhalten und die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 5.563,34 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz aus 4.817,00 € seit 21.01.2015 zu bezahlen und die Beklagte zu 1) ferner zu verurteilen, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 492,45 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 30.01.2015 zu bezahlen.

Die Beklagte zu 1) beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte zu 2) beantragt,

das Versäumnisurteil des Landgerichts Traunstein vom 09.03.2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Beklagte zu 1) trägt vor, dass der Beklagte zu 2) zwar eine Verfügungsberechtigung über das Konto der Beklagten zu 1) gehabt habe, jedoch diese interne absprachewidrig missbraucht habe. Er habe das Konto für ein sog. „Phishing-Geschäft“ benannt und die eingehende Zahlung des Herrn ... noch am selben Tage weitergeleitet. Das Geld sei daher nur kurz auf dem Konto der Beklagten zu 1) gewesen und dann sofort wieder weggewesen. Daher sei die Beklagte zu 1) nicht mehr bereichert. Zudem habe die Beklagte zu 1) erst mit dem Kontoauszug vom 18.08.2011 (Anlage B3) von dem eingegangenen Betrag erfahren, welcher unmittelbar danach wieder abgegangen sei. Sie habe den Grund des Geldeingangs nicht gekannt und im Übrigen von den Machenschaften des Beklagten zu 2) nichts gewusst. Zudem habe sich die Beklagte zu 1) nicht strafbar gemacht und hafte daher nicht nach § 823 II BGB, da das Ermittlungsverfahren gegen sie nach § 170 II StPO mangels hinreichendem Tatverdachts eingestellt worden sei (Anlage B4). Ein Anspruch auf die Nebenforderung bestehe zudem nicht, da die Klägerin schon keinen Anspruch auf die Hauptforderung habe.

Der Beklagte zu 2) beruft sich auf die Einrede der Verjährung, da die Klägerin spätestens durch das Schreiben der Beklagten zu 1) vom 09.10.2011 (Anlage B1) erfahren habe, dass der Beklagte zu 2) aufgrund eines Arbeitsvertrages mit der Firma ... die Transaktionen vorgenommen habe. Zudem habe der Beklagte im Rahmen der polizeilichen Vernehmungen den Sachverhalt im vollen Umfang eingeräumt. Die Klägerin sei in das polizeiliche Ermittlungsverfahren aufgrund des Schreibens der Klägerin vom 01.11.2011 (Anlage B2) involviert gewesen und habe daher Kenntnis von den Handlungen des Beklagten zu 2) gehabt. Verjährung sei somit zum 31.12.2014 eingetreten. Die Streitverkündung sei erst im Jahr 2015 an den Beklagten zu 2) erfolgt.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird bezüglich des weiteren Parteivorbringens Bezug genommen auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen. Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 10.01.2017 die Beklagten informatorisch angehört. Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen (Bl. 151/156).

Das Gericht hat die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten bezüglich des Beklagten zu 2) Az. ... und der Beklagten zu 1) Az. ... der Staatsanwaltschaft ... beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

I.

Das Landgericht Traunstein ist zuständig. Der Streitwert übersteigt zwar nicht 5.000,00 €, da die als Nebenforderungen geltend gemachten Zinsen nach § 4 I ZPO unberücksichtigt bleiben (§§ 23 Nr. 1, 71 I GVG), allerdings haben die Beklagtenvertreter nach entsprechendem Hinweis des Gerichts in der mündlichen Verhandlung vom 10.01.2017 erklärt, sich rügelos einzulassen und zur Hauptsache zu verhandeln. Die Zuständigkeit ergibt sich daher aus § 39 ZPO.

II.

Die Klage ist auch bezüglich beider Beklagter begründet.

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Schadensersatz aus § 823 II BGB i.V.m. § 261 I Nr. 4 a, V StGB i.V.m. § 249 ff. BGB. Beide Beklagten haben sich wegen leichtfertiger Geldwäsche strafbar gemacht. Der Straftatbestand der leichtfertigen Geldwäsche ist bei gewerbsmäßigem Betrug als Vortat ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 II BGB zugunsten der durch den Betrug Geschädigten Klägerin (BGH, Urteil vom 19.02.2012, NJW 2013, 1158). Der Tatbestand der Geldwäsche stellt Handlungen unter Strafe, die den Zugriff der Strafverfolgungsorgane auf Gegenstände aus bestimmten Straftaten verhindern oder erschweren. Dazu gehört auch die Wiedergutmachung eines durch die Vortat entstandenen und durch die Geldwäsche vertieften Schadens auf dem Zivilrechtsweg. Die Möglichkeit des Geschädigten, zivilrechtliche Schadensersatzansprüche gegenüber dem Geldwäscher geltend zu machen, ist von § 261 I StGB geschützt.

1. Das Gericht ist im Rahmen der Prüfung des zivilrechtlichen Schadensersatzanspruches nicht an die Beurteilung der Staatsanwaltschaft gebunden, die das Ermittlungsverfahren gegen die Beklagte zu 1) mit Verfügung vom 19.01.2012 nach § 170 II StPO eingestellt hat.

a) Nach § 261 I StGB macht sich wegen Geldwäsche strafbar, wer einen Gegenstand der aus einer dort aufgeführten rechtswidrigen Tat herrührt, verbirgt, dessen Herkunft verschleiert wurde, die Ermittlung der Herkunft, das Auffinden, den Verfall, die Einziehung oder die Sicherstellung eines solchen Gegenstandes vereitelt oder gefährdet. Rechtswidrige Tat im Sinne der Geldwäschevorschrift ist nach § 261 I S. 2 Nr. 4 a) u.a. auch der gewerbsmäßig begangene Betrug nach § 263 StGB.

Die Feststellung einer bestimmten Vortat ist dabei nicht erforderlich. Es genügt der Nachweis, dass Tatsachen vorliegen, aus denen sich ergibt, dass eine tatbestandsmäßige und rechtswidrige Katalogtat begangen wurde (BeckOK StGB, 32. Edition, 01.09.2016, § 261 Rd-Nr. 10). Die Hintermänner der Auftraggeber der Beklagten haben sich wegen gewerbsmäßigen Betrugs strafbar gemacht, da sie die Klägerin durch die Vortäuschung eines vom Kontoinhaber authorisierten Überweisungsauftrages veranlasst haben, den Betrag in Höhe von 4.817,00 € an das Konto der Beklagen zu 1) bei der Klägerin zu überweisen. Der darin enthaltene Überweisungsauftrag stammte nicht von dem tatsächlichen Kontoinhaber, Herrn Hammann.

Aus den Gesamtumständen ergibt sich auch, dass der Betrug gewerbsmäßig begangen wurde. Die Vortäter handelten in der Absicht, durch wiederholte Begehung von Betrugstaten sich eine fortlaufende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer zu verschaffen. Dafür spricht auch, dass der Beklagten zu 2) von den Auftraggebern im Rahmen eines „Vertragsverhältnisses“ dazu veranlasst wurde, nicht nur eine, sondern mehrere Gelder weiterzuleiten. Zum anderen ergibt sich dies auch aus der Höhe des transferierten Betrages, da dieser Betrag allein für sich gesehen schon hoch genug ist, um sich eine Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer zu beschaffen.

Auf die Gewerbsmäßigkeit der Begehung durch die Beklagte zu 1) kommt es dagegen nicht an, sondern nur auf die Vortat. Die Beklagte zu 1) hat den Betrag auch einer ihr unbekannten Person verschafft, in dem sie die Gelder, die auf ihr Konto bei der Klägerin, Konto-Nr. ..., eingegangen waren, noch am selben Tag an eine unbekannte Person im Ausland weiterleitete.

b) Das Gericht ist von diesem Geschehensablauf insbesondere auch nach der persönlichen Anhörung der Beklagten zu 1) im Termin zur mündlichen Verhandlung überzeugt. Hier hat die Beklagte zu 1) insbesondere folgendes angegeben:

...

„Er kam dann im August zu mir, weil er die Überweisung nicht ausführen konnte, weil seinen Angaben zufolge sein Konto gesperrt wurde. Er durfte nicht soviel Geld auf seinem Konto haben. Ich habe ihm deswegen mein Konto zur Verfügung gestellt. Ich wusste, dass es sich bei den Überweisungen um Überweisungen im Zusammenhang mit seiner Arbeit für diese Immobilienfirma handelte. Er sollte Geld bekommen und es weiter nach Österreich überweisen. Weiter habe ich mir keine Gedanken gemacht. Es ging nur um eine konkrete Überweisung. Er hat mir die Bankverbindung gegeben und wir haben das dann gemeinsam an meinem PC gemacht. Ich habe ihm die TAN-Nr. zur Verfügung gestellt. ... Vorher gab es keine anderen Überweisungen über mein Konto. Zuvor gab es einen Auftrag von der Firma ..., es sollten 1.802,00 € auf mein Konto überwiesen werden. Dieses Geld habe ich dann abgehoben und Herrn ... gegeben und er sollte sich an der Tankstelle dafür Coupons kaufen. Meinen Vertrag habe ich erst danach gekündigt. Wann das mit der Überweisung genau war, weiß ich allerdings nicht mehr. Ich habe ihm den kompletten Betrag gegeben.

Später wurde ich von der ... aufgefordert, das Geld, die 1.800,00 € zurück zu überweisen. Warum, habe ich nicht verstanden. Ich habe mit einer Dame aus einer ... in ... gesprochen. Sie hat mir mitgeteilt, dass das mit der Geldüberweisung nicht ok ist, weil das Geld fälschlicherweise überwiesen worden sein soll. Es gab einen Verdacht auf eine Fehlüberweisung und dass mit dem Geld irgendetwas nicht in Ordnung sein soll. Das Geld soll von unklarer Herkunft gewesen sein.

Herr ... hat zu mir gesagt, dass er die Überweisung an die Firma ... nicht durchführen kann, weil sein Konto gesperrt ist, weil er als Hartz IV-Empfänger nicht soviel Geld auf dem Konto haben darf. Die Überweisung stand nicht in einem Zusammenhang mit der vorangegangenen Überweisung von 1.800,00 € auf mein Konto bzw. der Sperrung des Kontos von Herrn ...“

...

Auffällig ist insbesondere, dass die Beklagte zu 1) angegeben hat, die streitgegenständliche Überweisung in Anwesenheit des Beklagten zu 2) selbst ausgeführt zu haben. Sie wusste daher von der Überweisung und hat nicht, wie ursprünglich in der Klageerwiderung angegeben, erst durch den Kontoauszug vom 18.08.2011 (Anlage B3) von der Überweisung des Betrages erfahren.

c) Die Beklagte zu 1) hat auch leichtfertig im Sinne des § 261 V StGB gehandelt. Leichtfertig handelt, wer grob fahrlässig nicht bedenkt, dass der Gegenstand aus einer Katalogtat herrührt, etwa aus besonderer Gleichgültigkeit oder grober Unachtsamkeit sich keine oder unzutreffende Gedanken über die Herkunft des Gegenstandes macht, obwohl sich die wahre Herkunft nach der Sachlage geradezu aufdrängt (Schönke-Schröder, StGB, 29. Auflage 2014, § 261 Rd-Nr. 28). Die leichtfertige Unkenntnis kann sich dabei auch aus der unüblichen Höhe der Transaktionssumme und der ungewöhnlichen Transaktionsform ergeben. Ein Fall der leichtfertigen Geldwäsche lässt sich dabei u.a. dann annehmen, wenn Kontodaten ohne jedwede kritische Nachfrage weitergegeben werden mit dem Versprechen, eingehende Gelder weisungsgemäß weiter zu transferieren.

Angesichts der finanziellen Verhältnisse der Beklagten zu 1) handelt es sich bei der Überweisung auch nicht um Bagatell- oder Alltagsgeschäfte zur Deckung des üblichen Lebensbedarfs. Zumindest der Beklagte zu 2) war Hartz IV-Empfänger. Aufgrund der Gesamtumstände hätte sich der Beklagten zu 1) die Herkunft der Gelder auch aufdrängen müssen. Sie hat angegeben, selbst Kontakt zu einer zu derartigen Auftraggebern, der Firma ... gehabt zu haben und festgestellt zu haben, dass es diese Firma tatsächlich nicht gab. Sie hat geschildert, dass sie durch die Tätigkeit Geld verdienen wollte, sich aber weiter keine Gedanken gemacht habe. Der Beklagte zu 2) habe zu ihr gesagt, dass er die Überweisung an die Firma ... nicht ausführen könne, weil sein Konto gesperrt sei. Entgegen den Angaben der Beklagten zu 1), die sich im Wesentlichen auf fehlende Erinnerung hierzu berufen hat, hat der Beklagte zu 2) angegeben, dass die Beklagte zu 1) die Verträge auch mit der Firma ..., mit denen der Beklagte zu 2) sich verpflichtet hat, die eingehenden Gelder weiter zu überweisen, gelesen hat und zwar vor der Ausführung der Überweisung. Der Beklagte zu 2) hat diese Verträge der Beklagten zu 1) zur Prüfung gegeben und es wurde in ihrem Einverständnis auch ihr Konto angegeben. Aufgrund der Vorerfahrungen mit der Firma ... hätte daher der Beklagten zu 1) sich gerade aufdrängen müssen, dass die Gelder von zweifelhafter Herkunft sind, zumal der Betrag in Höhe von knapp 5.000,00 € angesichts ihrer finanziellen Verhältnisse kein Alltagsgeschäft betrifft. Auch der Umstand, dass der Beklagte zu 2) angegeben hat, die Transaktionen über sein Konto nicht abwickeln zu können, da die Bank dies nicht zulasse, hätte dazu führen müssen, dass sich die deliktische Herkunft der Gelder geradezu aufdrängt. Es erscheint dem Gericht absolut unglaubwürdig und nicht nachvollziehbar, dass sich die Beklagte zu 1) angesichts der Gesamtumstände überhaupt keine Gedanken über die Herkunft der Gelder gemacht haben will.

Die Beklagte zu 1) handelte auch rechtswidrig und schuldhaft.

d) Die Beklagte zu 1) schuldet der Klägerin daher Erstattung des auf ihr Konto überwiesenen Betrages in Höhe der Klagesumme (§ 249 I BGB). Die Klägerin ist dabei so zu stellen, als hätte sie die fehlerhafte Überweisung nicht ausgeführt. Bei der Klägerin entstand ein entsprechender Schaden, da sie gemäß § 675 u Satz 2 BGB verpflichtet war, dem Inhaber des bei ihr gehaltenen Kontos den Abbuchungsbetrag zu erstatten. Es handelte sich um eine nicht von diesem autorisierten Überweisung. Dass die Klägerin den Kontoinhaber, Herrn Hammann, insoweit entschädigt hat, ist unstreitig.

e) Weiterhin ist die Beklagte zu 1) verpflichtet, der Klägerin den entstandenen Zinsschaden zu erstatten, der ab 18.10.2011 geltend gemacht wird und in der als Anlage K3 vorgelegten Forderungsentwicklung zutreffend berechnet wurde (§ 287 ZPO). Spätestens ab der Mahnung vom 14.07.2014 (K2) trat zudem Verzug ein, sodass der Zinsschaden auch über §§ 286 I, II, 288 I BGB zu ersetzen ist. Aus Verzugsgesichtspunkten besteht auch ein Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten, die die Klägerin in zutreffender Höhe berechnet hat.

2. Die Klage ist auch im Hinblick auf den Beklagten zu 2) begründet.

a) Der Einspruch des Beklagten zu 2) gegen das Teilversäumnisurteil vom 09.03.2016, zugestellt am 11.03.2016, ging am 17.03.2016 beim Landgericht Traunstein ein und war daher fristgerecht und zulässig (§§ 239 I, 340 ZPO).

b) Der Beklagte zu 2) beruft sich zwar auf die Einrede der Verjährung, allerdings hat die Klägerin unabhängig davon einen Herausgabeanspruch aus § 852 S. 1 BGB. Der Beklagte zu 2) hat sich wegen leichtfertiger Geldwäsche im Hinblick auf die streitgegenständliche Überweisung strafbar gemacht (§ 261 I Nr. 4 a, V StGB). Er hat das Geld, dass aus einem gewerbsmäßigen Betrug herrührte, weitergeleitet und dabei zumindest leichtfertig gehandelt, da sich die Herkunft der Gelder aufgrund der Gesamtumstände gerade zu aufdrängen müsste. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.

aa) Die dreijährige Regelverjährungsfrist des § 195 BGB beginnt nach § 199 I BGB mit dem Schluss des Jahres der Anspruchsentstehung und Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis der Klägerin. Erforderlich ist dabei Kenntnis der anspruchsbegründenden Tatsachen. Vorliegend hat die Klägerin zumindest grob fahrlässige Unkenntnis von diesen Umständen bereits im Jahr 2011, die positiver Kenntnis gleichsteht, da das strafrechtliche Ermittlungsverfahren im Jahr 2011 gegen den Beklagten zu 2) bereits im Wesentlichen abgeschlossen wurde und die Klägerin insoweit auch Informationen an die Staatsanwaltschaft ... übermittelt hat (Anlage B2). Insoweit hätte sich eine Nachfrage bzw. ein Akteneinsichtsgesuch bei der Staatsanwaltschaft aufdrängen müssen. § 852 S. 1 BGB ermöglicht es daher der Klägerin, trotz Kenntnis von den haftungsbegründenden Umständen und der Person des Schädigers länger als drei Jahre abzuwarten und von der alsbaldigen gerichtlichen Geltendmachung des Deliktsanspruches abzusehen, etwa weil die vorliegende Haftungsvoraussetzungen oder die Rechtslage zweifelhaft ist, oder weil dem zu Verklagenden aktuell die nötigen wirtschaftlichen Mittel fehlen, um den Ersatzanspruch zu befriedigen (Münchner Kommentar zum BGB, 6. Auflage 2013, § 852 Rd-Nr. 3).

bb) Die Vorschrift ist als Rechtsfolgenverweisung auf die §§ 818 ff. BGB des Bereicherungsrechts zu qualifizieren. Insoweit macht der Beklagte zu 2) zwar jetzt die Entreicherung geltend, allerdings haftet er nach § 819 I BGB verschärft und kann sich nicht gemäß § 818 III auf den Wegfall der Bereicherung nach diesem Zeitpunkt berufen.

Erforderlich hierfür ist die positive Kenntnis der Tatsachen, aus denen sich das Fehlen des Rechtsgrundes ergibt und die Rechtsfolgen des fehlenden Rechtsgrundes. Der Beklagte wusste zum Zeitpunkt des Eingangs der Fehlüberweisung auf dem Konto der Beklagten zu 1) positiv, dass ihm das Geld nicht zusteht. Vielmehr sollte er es weiterüberweisen und hat dies unter Zuhilfenahme der Beklagte zu 1) auch getan. Letztlich wusste der Beklagte zu 2), dass er die empfangenen Gelder nicht behalten darf und hat dies im Rahmen seines „Arbeitsvertrages“ mit der Auftraggeberin ... auch so vereinbart. Daher kann er sich auf Entreicherung nicht berufen.

cc) Aus § 852 S. 1 BGB kann die Klägerin das beanspruchen, was sie nach Deliktsrecht hätte beanspruchen können. Der Anspruch aus § 249 I BGB umfasst die Erstattung des auf das Konto der Beklagten zu 1) überwiesenen Betrages in Höhe der Klagesumme sowie die der Klägerin entstandenen Zinsschäden. Wie bereits ausgeführt, war die Klägerin verpflichtet, den Inhaber des bei ihr gehaltenen Kontos den Abbuchungsbetrag zu erstatten (§ 675 u S. 2 BGB). Daher besteht der Anspruch auf Schadensersatz in der beantragten Höhe.

3. Die Beklagten zu 1) und zu 2) haften gemäß §§ 421, 426 BGB als Gesamtschuldner für den Schadensersatz. Daher war das Versäumnisurteil gegen den Beklagten zu 2) teilweise aufzuheben, da dort die Gesamtschuldnerschaft noch nicht ausgesprochen wurde.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I ZPO und soweit sie das Versäumnisurteil im Hinblick auf den Beklagten zu 2) betreffen auf § 344 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 und 2 ZPO.

IV.

Der Streitwert auf 4.817,00 € festzusetzen, da die darüber hinaus als Nebenforderung geltend gemachten Zinsen unberücksichtigt bleiben (§ 4 I ZPO).

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

(1) Die Form des Antrags auf Wiedereinsetzung richtet sich nach den Vorschriften, die für die versäumte Prozesshandlung gelten.

(2) Der Antrag muss die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten; diese sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Prozesshandlung nachzuholen; ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.

(3) Bei der Berechnung einer Frist, die nach Stunden bestimmt ist, werden Sonntage, allgemeine Feiertage und Sonnabende nicht mitgerechnet.

(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt.

(2) Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters.

(1) Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.

(3) Bei der Berechnung einer Frist, die nach Stunden bestimmt ist, werden Sonntage, allgemeine Feiertage und Sonnabende nicht mitgerechnet.

(1) Eine nach Tagen bestimmte Frist endigt mit dem Ablauf des letzten Tages der Frist.

(2) Eine Frist, die nach Wochen, nach Monaten oder nach einem mehrere Monate umfassenden Zeitraum - Jahr, halbes Jahr, Vierteljahr - bestimmt ist, endigt im Falle des § 187 Abs. 1 mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher durch seine Benennung oder seine Zahl dem Tage entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt, im Falle des § 187 Abs. 2 mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher dem Tage vorhergeht, der durch seine Benennung oder seine Zahl dem Anfangstag der Frist entspricht.

(3) Fehlt bei einer nach Monaten bestimmten Frist in dem letzten Monat der für ihren Ablauf maßgebende Tag, so endigt die Frist mit dem Ablauf des letzten Tages dieses Monats.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 154/12
vom
24. Oktober 2013
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
1. Ein Rechtsanwalt muss durch organisatorische Anordnungen sicherstellen,
dass bei dem Versand von Schriftsätzen per Fax nicht nur Fehler bei der
Eingabe, sondern auch bei der Ermittlung der Faxnummer erfasst werden.
2. Die Kontrolle darf sich nicht darauf beschränken, die in dem Sendebericht
enthaltene Faxnummer mit der zuvor aufgeschriebenen zu vergleichen; vielmehr
muss der Abgleich stets anhand einer zuverlässigen Quelle vorgenommen
werden.
BGH, Beschluss vom 24. Oktober 2013 - V ZB 154/12 - LG Landau
AG Frankenthal
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. Oktober 2013 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richter Dr. Lemke,
Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth und die Richterin Dr. Brückner

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Landau vom 6. Juli 2012 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 97.022,61 €.

Gründe:

I.

1
Mit den Klägern am 1. März 2011 zugestelltem Urteil hat das Amtsgericht die in einer Wohnungseigentumssache erhobene Klage abgewiesen. Gegen dieses Urteil hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger in deren Namen am 1. April 2011 Berufung eingelegt. Mit Faxschreiben vom 2. Mai 2011 (Montag) hat er beantragt, die Berufungsbegründungsfrist zu verlängern; infolge der Verwendung einer falschen Faxnummer ist der Antrag jedoch an das Amtsgericht versandt worden und erst am 3. Mai 2011 - verbunden mit einem Wiedereinsetzungsgesuch - bei dem Landgericht eingegangen. Begründet worden ist die Berufung am 1. Juni 2011.
2
Das Wiedereinsetzungsgesuch haben die Kläger unter Berücksichtigung eines weiteren - am 31. Mai 2011 eingegangenen - Schriftsatzes zunächst wie folgt begründet: Ein ihnen zurechenbares Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten an der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist sei nicht gegeben. Entgegen einer allgemeinen organisatorischen Anweisung habe die sonst zuverlässige Kanzleimitarbeiterin die Telefaxnummer versehentlich nicht dem letzten zeitnahen Schriftstück des Landgerichts entnommen, sondern einem unmittelbar dahinter gehefteten Schreiben des Amtsgerichts. Es sei organisatorisch festgelegt, dass Telefaxsendungen anhand des Sendeberichts überprüft und Fristen erst nach Prüfung der ordnungsmäßigen Absendung gelöscht würden. Soweit die Beklagten meinten, es hätte darüber hinaus nochmals anhand des Sendeberichts und der Akte geprüft werden müssen, ob die verwendete Faxnummer stimme, würden die Anforderungen an die Organisation einer Rechtsanwaltskanzlei überspannt. Durch Eintragung des richtigen Empfängergerichts auf dem fristwahrenden Schriftstück und die Ermittlung/Eintragung der Telefaxnummer sei organisatorisch hinreichend sichergestellt, dass fristwahrende Schriftstücke an den richtigen Adressaten gelangten.
3
Von dem Landgericht darauf hingewiesen, dass zudem organisatorische Vorkehrungen dahin hätten getroffen werden müssen, dass auch die Richtigkeit der Faxnummer anhand des Sendeberichts und der Akte hätte überprüft werden müssen, haben die Kläger mit Schriftsatz vom 1. August 2011 vorgetragen, eine Besprechung mit der zuständigen Kanzleimitarbeiterin habe ergeben, dass es in der Kanzlei „tatsächlich und grundsätzlich“ ständige Handhabung sei, in der Akte die Übereinstimmung des Sendeprotokolls mit der im Schriftstück des Empfangsgerichts angegebenen Faxnummer zu kontrollieren. Soweit von den Klägern mit Schriftsatz vom 31. Mai 2011 die Auffassung der Beklagten zur Erforderlichkeit einer nochmaligen Überprüfung anhand des Sendeberichts und der Akte zurückgewiesen worden sei, habe es sich lediglich um eine Rechtsauffassung gehandelt.
4
Das Landgericht hat die Berufung als unzulässig verworfen und den Antrag auf Wiedereinsetzung in die Berufungsbegründungsfrist zurückgewiesen. Dagegen wenden sich die Kläger mit der Rechtsbeschwerde. Die Beklagten beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.

II.

5
Das Landgericht steht auf dem Standpunkt, dass auf der Grundlage des von den Klägern innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist des § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO vorgetragenen Sachverhalts ein den Klägern nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechenbares Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten zu bejahen sei. Entnehme die Kanzleimitarbeiterin die Faxnummer einem gerichtlichen Schreiben, müsse durch organisatorische Anweisungen sichergestellt werden, dass nach der Versendung überprüft werde, ob die gewählte Nummer mit der in dem Schreiben enthaltenen übereinstimme und ob es sich bei dem Schreiben tatsächlich um ein solches des Empfängers handle. Auf den nach Verstreichen der Wiedereinsetzungsfrist eingegangenen Schriftsatz vom 1. August 2011 könne das Wiedereinsetzungsgesuch schon deshalb nicht gestützt werden, weil nach Fristablauf nur noch erkennbar unklare oder ergänzungsbedürftige Tatsachen erläutert oder vervollständigt werden dürften. So liege es hier jedoch nicht, weil dem fristgemäßen Vorbringen der Kläger zu entnehmen sei, dass eine Weisung, den Sendebericht zur Kontrolle nochmals mit einer zuverlässigen Quelle abzugleichen, nicht existiert habe.

III.

6
1. Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die besondere Zulässigkeitsvoraussetzung des § 574 Abs. 2 ZPO ist gegeben, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
7
a) Welche organisatorischen Vorkehrungen ein Anwalt bei der Versendung fristwahrender Schriftsätze per Fax treffen muss, wird in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht einheitlich beurteilt.
8
aa) Im Grundsatz besteht Einigkeit darüber, dass ein Rechtsanwalt seiner Pflicht zur wirksamen Ausgangskontrolle fristwahrender Schriftsätze nur dann genügt, wenn er seine Angestellten anweist, nach einer Übermittlung per Telefax anhand des Sendeprotokolls zu überprüfen, ob der Schriftsatz vollständig und an das richtige Gericht übermittelt worden ist. Dabei darf sich die Kontrolle des Sendeberichts nicht darauf beschränken, die auf diesem ausgedruckte Faxnummer mit der zuvor aufgeschriebenen, z.B. bereits in den Schriftsatz eingefügten Nummer zu vergleichen. Vielmehr muss der Abgleich anhand einer zuverlässigen Quelle, etwa anhand eines geeigneten Verzeichnisses vorgenommen werden, um auch Fehler bei der Ermittlung aufdecken zu können (vgl. nur BGH, Beschluss vom 7. November 2012 - IV ZB 20/12, NJW-RR 2013, 305, 306 Rn. 9; Beschluss vom 27. März 2012 - VI ZB 49/11, NJW-RR 2012, 744, 745 Rn. 7; Beschluss vom 12. Mai 2010 - IV ZB 18/08, NJW 2010, 2811, 2812 Rn. 11; Beschluss vom 4. Februar 2010 - I ZB 3/09, VersR 2011, 1543, 1544 Rn. 14). Dem Erfordernis, durch organisatorische Anweisungen nicht nur Fehler bei der Eingabe, sondern auch bei der Ermittlung der Faxnummer zu erfassen, kann allerdings auch dann genügt werden, wenn die Anweisung besteht, die im Sendebericht ausgedruckte Faxnummer mit der schriftlich niedergelegten zu vergleichen, die ihrerseits zuvor aus einer zuverlässigen Quelle ermittelt worden ist. Dies setzt jedoch voraus, dass darüber hinaus die generelle Anordnung besteht , die ermittelte Nummer vor der Versendung zu überprüfen. Der Sendebericht muss dann nicht mehr zusätzlich mit der zuverlässigen Ausgangsquelle verglichen werden (BGH, Beschluss vom 12. Mai 2010 - IV ZB 18/08, aaO, Rn. 14; Beschluss vom 4. Februar 2010 - I ZB 3/09, aaO, Rn. 18; wohl auch Beschluss vom 27. März 2012 - VI ZB 49/11, aaO). Infolge des vorangegangenen Abgleichs der auf den Schriftsatz übertragenen Faxnummer mit der zuverlässigen Ausgangsquelle ist die Nummer auf dem Schriftsatz nach diesem Abgleich bei wertender Betrachtung selbst als ausreichend zuverlässige Quelle anzusehen. Auch auf diese Weise ist sichergestellt, dass von den angeordneten Kontrollmaßnahmen sowohl Ermittlungs- als auch Eingabefehler rechtzeitig aufgedeckt werden können.
9
bb) Ob die Anforderungen, die an die Kanzleiorganisation zur Aufdeckung von Ermittlungsfehlern zu stellen sind, eine Abmilderung erfahren, wenn die auf den Schriftsatz übertragene Faxnummer - wie hier - entsprechend der organisatorischen Anweisung unmittelbar einem in der Akte befindlichen Schreiben des Berufungsgerichts entnommen wird, ist streitig. Nach der bisherigen Auffassung des VI. Zivilsenats soll in solchen Fällen ein Abgleich mit der zuverlässigen Ausgangsquelle entbehrlich sein, weil bei einer Entnahme der Faxnummer aus einem Schreiben des Berufungsgerichts das besonders hohe Verwechslungsrisiko, das bei der Auswahl aus elektronischen oder buchmäßig erfassten Dateien bestehe, erheblich verringert sei (Beschlüsse vom 13. Februar 2007 - VI ZB 70/06, NJW 2007, 1690, 1691 Rn. 11 und vom 22. Juni 2004 - VI ZB 14/04, NJW 2004, 3491). Demgegenüber halten jedenfalls der erkennende und der IX. Zivilsenat auch in solchen Konstellationen an den allgemeinen Grundsätzen fest (Senat, Beschluss vom 30. September 2010 - V ZB 173/10, juris Rn. 9 und 12 - insoweit in MDR 2010, 1483 nicht abgedruckt ; BGH, Beschluss vom 14. Oktober 2010 - IX ZB 34/10, NJW 2011, 312, 313 Rn. 8 ff.; vgl. auch BGH, Beschluss vom 10. Mai 2006 - XII ZB 267/04, NJW 2006, 2412, 2413; ohne Stellungnahme zu der Kontroverse BGH, Beschluss vom 23. Mai 2012 - VII ZB 58/10, juris Rn. 9 ff.).
10
b) Dass der VI. Zivilsenat zwischenzeitlich von seiner Rechtsauffassung abgerückt ist (s. unten 2. a) und damit die bis dahin entscheidungserhebliche Divergenz nach Einlegung der Rechtsbeschwerde entfallen ist, steht der Statthaftigkeit des Rechtsmittels nicht entgegen (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Juni 2006 - IX ZB 124/05, NJW-RR 2007, 400 Rn. 4).
11
2. In der Sache bleibt dem Rechtsmittel jedoch der Erfolg versagt. Das Berufungsgericht hat die Wiedereinsetzung in die Berufungsbegründungsfrist zu Recht versagt. Die Kläger haben ein ihnen nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes Organisationsverschulden ihres Prozessbevollmächtigten nicht ausgeräumt.
12
a) Die von dem Berufungsgericht zugrunde gelegte Rechtsauffassung entspricht der des Senats, an der auch nach erneuter Überprüfung festgehalten wird. Ein Rechtsanwalt muss eine Ausgangskontrolle schaffen, durch die zuverlässig gewährleistet wird, dass fristwahrende Schriftsätze rechtzeitig an den richtigen Adressaten herausgehen. Das setzt in allen Fällen den Abgleich mit einer zuverlässigen Quelle voraus, weil nur so Ermittlungs- und Eingabefehlern wirksam begegnet werden kann. Den danach gebotenen Organisationsanforderungen genügt ein Abgleich des Sendeberichts nur mit der Faxnummer, die ein Kanzleimitarbeiter aus der Akte auf den zu versendenden Schriftsatz über- tragen hat, nicht. Denn eine solche Handhabung führt in nicht akzeptabler Weise dazu, dass - durch nur geringfügigen Mehraufwand vermeidbare - Übertragungsfehler unentdeckt bleiben (Senat, Beschluss vom 30. September 2010 - V ZB 173/10, juris Rn. 12) und damit die Gefahr entsteht, dass - wie schon die wiederholte Beschäftigung des Bundesgerichtshofs mit dieser Frage (s. oben III.1. a) bb) belegt - eine in der Praxis relativ häufig auftretende Fehlerquelle nicht beherrscht wird. Gemessen an der Bedeutung fristgemäßer Verfahrensabläufe und dem geringen Mehraufwand des Abgleichs, der bei der Ermittlung der Faxnummer aus anderen Quellen ohnehin besteht, kann auch von einer Überspannung der Anforderungen, die an die Kanzleiorganisation eines Rechtsanwalts zu stellen sind, keine Rede sein. Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Anfrage mitgeteilt, dass an der milderen Auffassung nicht weiter festgehalten wird (vgl. nunmehr auch BGH, Beschluss vom 10. September 2013 - VI ZB 61/12, juris).
13
b) Dass vorliegend die Mitarbeiter der Kanzlei zu der erforderlichen Nachkontrolle angewiesen worden sind, haben die Kläger innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht.
14
c) Allerdings können erkennbar unklare oder ergänzungsbedürftige Angaben auch noch nach Ablauf der genannten Frist erläutert oder vervollständigt werden (Senat, Beschluss vom 23. Oktober 2003 - V ZB 28/03, NJW 2004, 367, 369 mwN; Beschluss vom 30. September 2010 - V ZB 173/10, juris Rn. 7). Gibt es dagegen keinen Hinweis auf Unklarheiten oder Lücken im Vortrag, ist davon auszugehen, dass erforderliche organisatorische Maßnahmen nicht getroffen worden sind (BGH, Beschluss vom 24. Januar 2012 - II ZB 3/11, NJWRR 2012, 747, 748).
15
So verhält es sich hier, wenn man mit dem Berufungsgericht naheliegend davon ausgeht, dass das innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist gehaltene Vorbringen bei verständiger Gesamtwürdigung so zu verstehen ist, dass lediglich Vorkehrungen getroffen worden sind, die einen Abgleich des Sendeberichts mit der auf den zu versendenden Schriftsatz übertragenen Faxnummer verlangen. Aber selbst wenn man den Schriftsatz vom 1. August 2011 als berücksichtigungsfähige Ergänzung oder Vervollständigung ansehen wollte, ergäbe sich kein anderes Bild. Denn es liegt auf der Hand, dass die nach Fristablauf vorgetragene nur „tatsächlich und grundsätzlich“ bestehende Handhabung einer Nachkontrolle hinter den Anforderungen zurück bleibt, die an eine ordnungsgemäße Kanzleiorganisation zu stellen sind. Geboten sind klare organisatorische Anweisungen des Rechtsanwalts, deren Verbindlichkeit für die Kanzleimitarbeiter außer Frage steht, weil nur so die Wichtigkeit der einzuhaltenden Schritte in der gebotenen Deutlichkeit hervorgehoben wird. Vor diesem Hintergrund kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass das Organisationsverschulden des Prozessbevollmächtigten der Kläger zumindest mitursächlich für den Fehler der Kanzleikraft geworden ist (vgl. auch BGH, Beschluss vom 27. Januar 2011 - III ZB 55/10, NJW 2011, 859, 860 Rn. 15; BFH, Beschluss vom 13. September 2012 - XI R 13/12, juris Rn. 17 mwN).
16
d) Ein Organisationsverschulden lässt sich nicht mit Blick auf die bislang uneinheitliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verneinen. Bereits mit Beschluss vom 14. Oktober 2010 (IX ZB 34/10, NJW 2011, 312, 314 Rn. 12 [veröffentlicht Ende Januar 2011]) hat jedenfalls der IX. Zivilsenat mit aller Deutlichkeit darauf hingewiesen, dass ein Prozessbevollmächtigter künftig nur dann dem Gebot des sichersten Weges genügt, wenn er sich zumindest bis zu einer höchstrichterlichen Klärung an der strengeren Auffassung ausrichtet. Daran fehlt es hier.

17
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Stresemann Lemke Schmidt-Räntsch
Roth Brückner

Vorinstanzen:
AG Frankenthal (Pfalz), Entscheidung vom 21.02.2011 - 3b C 491/10 -
LG Landau, Entscheidung vom 06.07.2012 - 3 S 33/12 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 255/14
vom
27. August 2014
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Ausgangskontrolle bei der Telefaxversendung von fristgebundenen Schriftsätzen.
BGH, Beschluss vom 27. August 2014 - XII ZB 255/14 - OLG Hamburg
AG Hamburg-Harburg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. August 2014 durch
die Richter Dr. Klinkhammer, Dr. Günter, Dr. Nedden-Boeger, Dr. Botur und
Guhling

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 3. Familiensenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 25. März 2014 wird auf Kosten des Antragsgegners verworfen.
Wert: 13.126 €

Gründe:

I.

1
Das Amtsgericht hat den Antragsgegner durch Beschluss vom 28. Oktober 2013 verpflichtet, an die Antragstellerin rückständigen und laufenden Trennungsunterhalt zu zahlen. Gegen den am 30. Oktober 2013 zugestellten Beschluss hat der Antragsgegner am 2. Dezember 2013 (Montag) Beschwerde eingelegt. Der an das Oberlandesgericht adressierte Beschwerdebegründungsschriftsatz vom 30. Dezember 2013 ist am gleichen Tage um 16:06 Uhr an das Amtsgericht gefaxt worden. Das Original dieses Schriftsatzes ist am 31. Dezember 2013, der von dem Amtsgericht weitergeleitete Telefaxausdruck am 7. Januar 2014 bei der gemeinsamen Annahmestelle der Hamburger Justizbehörden eingegangen.
2
Auf den vom Oberlandesgericht erteilten Hinweis auf die Fristversäumung hat der Antragsgegner durch Schriftsatz vom 31. Januar 2014 mit folgen- der Begründung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist beantragt: Die Beschwerdebegründung sei versehentlich an das Amtsgericht gefaxt worden. Mit der Überwachung des Fristablaufes und der Sicherstellung der rechtzeitigen Übermittlung des Schriftsatzes sei in der Kanzlei der Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners die langjährig beschäftigte und äußerst zuverlässige Mitarbeiterin G. betraut worden, die eigens ihren Urlaub unterbrochen habe, um den Fristablauf am 30. Dezember 2013 bearbeiten und überwachen zu können. Der zuvor diktierte Beschwerdebegründungsschriftsatz sei an diesem Tag von der Mitarbeiterin geschrieben und korrekt an das Oberlandesgericht adressiert worden. Die Verfahrensbevollmächtigte habe den ihr vorgelegten Schriftsatz auf inhaltliche Richtigkeit und korrekte Adressenangabe überprüft. Bei der Auswahl der auf dem Schriftsatz vermerkten Telefaxnummer sei der Mitarbeiterin G. ein bislang noch nie vorgekommener Fehler unterlaufen, weil sie versehentlich die Telefaxnummer des Amtsgerichts "aus dem PC gezogen" habe. Der Sendebericht sei darauf kontrolliert worden, ob sämtliche Seiten korrekt übermittelt worden seien, was der Fall gewesen sei. Der Sendebericht sei daraufhin in der Handakte abgeheftet und der Originalschriftsatz zur Post gegeben worden.
3
Das Oberlandesgericht hat die begehrte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand versagt und die Beschwerde des Antragsgegners verworfen. Hiergegen wendet sich der Antragsgegner mit seiner Rechtsbeschwerde.

II.

4
Die Rechtsbeschwerde ist nach § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG i.V.m. §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft. Sie ist aber nicht zulässig, weil der Antragsgegner nicht aufzuzeigen vermag, dass eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich wäre (§ 574 Abs. 2 ZPO). Es liegt keine Divergenz zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vor und die Entscheidung des Beschwerdegerichts verletzt auch den verfahrensrechtlich gewährleisteten Anspruch des Antragsgegners auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) nicht.
5
1. Die Beschwerdebegründung ist erst am 31. Dezember 2013 und damit nach Ablauf der am 30. Dezember 2013 endenden Frist zur Begründung der Beschwerde bei dem Oberlandesgericht eingegangen.
6
2. Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand liegen nicht vor, denn der Antragsgegner hat die Beschwerdebegründungsfrist nicht unverschuldet versäumt. Das Beschwerdegericht hat zutreffend erkannt, dass das Versäumnis jedenfalls auf einem Organisationsverschulden seiner Verfahrensbevollmächtigten hinsichtlich der gebotenen Ausgangskontrolle fristwahrender Schriftsätze beruht, welches sich der Antragsgegner nach § 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muss.
7
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt der Rechtsanwalt seiner Pflicht zur wirksamen Ausgangskontrolle fristwahrender Schriftsätze nur dann, wenn er seine Angestellten anweist, nach einer Übermittlung per Telefax anhand des Sendeprotokolls zu überprüfen, ob der Schriftsatz vollständig und an das richtige Gericht übermittelt worden ist. Erst danach darf die Frist im Fristenkalender gestrichen werden. Dabei darf sich die Kontrolle des Sendeberichts grundsätzlich nicht darauf beschränken, die auf diesem ausgedruckte Faxnummer mit der zuvor aufgeschriebenen, z.B. bereits in den Schriftsatz eingefügten Faxnummer zu vergleichen, sondern der Abgleich hat anhand eines zuverlässigen Verzeichnisses oder einer anderen geeigneten Quelle zu erfolgen, um auch etwaige Fehler bei der Ermittlung der Faxnummer aufdecken zu können (vgl. BGH Beschlüsse vom 24. Oktober 2013 - V ZB 154/12 - NJW 2014, 1390 Rn. 8; vom 10. September 2013 - VI ZB 61/12 - NJW-RR 2013, 1467 Rn. 7; vom 7. November 2012 - IV ZB 20/12 - NJW-RR 2013, 305 Rn. 9; vom 12. Mai 2010 - IV ZB 18/08 - NJW 2010, 2811 Rn. 11 und vom 4. Februar 2010 - I ZB 3/09 - VersR 2011, 1543 Rn. 14, jeweils mit weiteren Nachweisen).
8
Das Beschwerdegericht konnte dem Vorbringen des Antragsgegners in seinem Wiedereinsetzungsgesuch und der eidesstattlichen Versicherung der Mitarbeiterin G. lediglich entnehmen, dass der Sendebericht nach erfolgter Absendung des Telefaxes daraufhin zu kontrollieren war, ob sämtliche Seiten korrekt übermittelt worden sind. Die Rechtsbeschwerde macht schon selbst nicht geltend, dass in der Kanzlei der Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners eine darüber hinausgehende organisatorische Regelung bestand, die einen nochmaligen selbständigen Abgleich der im Sendebericht ausgedruckten Telefaxnummer mit einer zuverlässigen Quelle vorsah.
9
b) Allerdings kann dem Erfordernis, durch organisatorische Anweisungen Fehler bei der Ermittlung der Telefaxnummer auszuschließen, auch mit einer Anweisung genügt werden, die im Sendebericht ausgedruckte Faxnummer mit der auf dem versendeten Schriftstück niedergelegten Faxnummer zu vergleichen , wenn die schriftlich niedergelegte Faxnummer ihrerseits aus einer zuverlässigen Quelle ermittelt worden ist (vgl. BGH Beschlüsse vom 24. Oktober 2013 - V ZB 154/12 - NJW 2014, 1390 Rn. 8 und vom 12. Mai 2010 - IV ZB 18/08 - NJW 2010, 2811 Rn. 14).
10
Auch dieser Gesichtspunkt vermag der Rechtsbeschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen, wobei es unentschieden bleiben kann, ob eine "aus dem PC gezogene" Telefaxnummer ohne nähere Darlegungen generell die Gewähr dafür bietet, aus einer zuverlässigen Ausgangsquelle zu stammen. Denn auch wenn die Telefaxnummer zunächst einer zuverlässigen Quelle entnommen und auf dem Schriftsatz niedergelegt worden ist, ist ein Abgleich zwischen Sendebericht und zuverlässiger Ausgangsquelle nach der Versendung nur dann entbehrlich , wenn darüber hinaus die generelle Anordnung besteht, die erste Ermittlung der auf dem Schriftsatz niedergelegten Telefaxnummer vor der Versendung nochmals auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (BGH Beschlüsse vom 24. Oktober 2013 - V ZB 154/12 - NJW 2014, 1390 Rn. 8 und vom 12. Mai 2010 - IV ZB 18/08 - NJW 2010, 2811 Rn. 14; vgl. auch Toussaint FD-ZVR 2014, 354392). Eine solche Büroorganisation in der Kanzlei seiner Verfahrensbevollmächtigten hat der Antragsgegner in seinem Wiedereinsetzungsgesuch nicht dargelegt. Das Vorbringen des Antragsgegners, wonach die Mitarbeiterin G. von seiner Verfahrensbevollmächtigten "mit der Übermittlung des Schriftsatzes per Telefax und der Überwachung des ordnungsgemäßen Sendeberichts beauftragt worden" sei, rechtfertigt auch nicht die Annahme, dass eine auf Überprüfung der Richtigkeit der auf dem Schriftsatz vermerkten Telefaxnummer zielende Einzelanweisung erteilt worden sein könnte (vgl. dazu BGH Beschluss vom 4. Februar 2010 - I ZB 3/09 - VersR 2011, 1543 Rn. 16 f.).
Klinkhammer Günter Nedden-Boeger Botur Guhling
Vorinstanzen:
AG Hamburg-Harburg, Entscheidung vom 28.10.2013 - 635 F 206/11 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 25.03.2014 - 12 UF 233/13 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 382/15
vom
1. Juni 2016
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Wird eine an das Rechtsmittelgericht adressierte Rechtsmittelschrift versehentlich
an die in einer Nebenstelle ansässige Justizkasse gefaxt, befindet
sich diese Rechtsmittelschrift auch dann nicht in der Verfügungsgewalt des
Gerichts, wenn die Justizkasse eine Organisationseinheit des Rechtsmittelgerichts
bildet. Etwas anderes gilt nur dann, wenn durch Verwaltungsvorschriften
bestimmt ist, dass die Justizkasse und das Gericht eine gemeinsame
Posteingangsstelle haben.

b) Beim Absenden einer Rechtsmittelschrift in Form eines Telefaxes darf sich
die Kontrolle des Sendeberichts grundsätzlich nicht darauf beschränken, die
auf diesem ausgedruckte Faxnummer mit der zuvor aufgeschriebenen, in
den Schriftsatz eingefügten Faxnummer zu vergleichen. Der Abgleich hat
vielmehr an Hand eines zuverlässigen Verzeichnisses oder einer anderen
geeigneten Quelle zu erfolgen, um auch etwaige Fehler bei der Ermittlung
der Faxnummer aufdecken zu können (im Anschluss an Senatsbeschluss
vom 27. August 2014 - XII ZB 255/14 - FamRZ 2014, 1915).
BGH, Beschluss vom 1. Juni 2016 - XII ZB 382/15 - OLG Hamm
AG Minden
ECLI:DE:BGH:2016:010616BXIIZB382.15.0

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 1. Juni 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dose, die Richter Schilling, Dr. Günter und Dr. Botur und die Richterin Dr. Krüger
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 9. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 20. Juli 2015 wird auf Kosten des Antragstellers verworfen. Beschwerdewert: 4.420 €

Gründe:

I.

1
Der Antragsteller wendet sich gegen die Zurückweisung seines Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
2
Das Amtsgericht hat den Antrag des Antragstellers auf Abänderung eines zwischen ihm und seinen minderjährigen Kindern, den Antragsgegnern, geschlossenen Unterhaltsvergleichs abgewiesen. Der Beschluss ist dem Antragsteller am 8. September 2014 zugestellt worden. Am 8. Oktober 2014 hat er beim Amtsgericht Beschwerde eingelegt und diese, nachdem die Frist zur Beschwerdebegründung bis zum 10. Dezember 2014 verlängert worden war, mit Schriftsatz vom 10. Dezember 2014 begründet. Der an das Oberlandesgericht adressierte Schriftsatz ist am selben Tag per Telefax bei der Oberjustizkasse eingegangen, die in einer Nebenstelle des Oberlandesgerichts ansässig war.
Am 11. Dezember 2014 ist die Beschwerdebegründung beim Oberlandesgericht eingegangen.
3
Auf entsprechenden Hinweis des Gerichts hat der Antragsteller Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und erneut die Beschwerde begründet. Im Büro seiner Verfahrensbevollmächtigten bestehe die Anweisung, bei fristwahrenden Schriftsätzen, die per Telefax abgesandt würden, nach deren Versendung den Sendebericht abzuwarten und die ordnungsgemäße und vollständige Versendung des Schriftstücks zu überprüfen. Im vorliegenden Fall habe die geschulte und zuverlässige Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte seiner Verfahrensbevollmächtigten die Begründung gefaxt und den Sendebericht abgewartet. Da dieser einen "Ok-Vermerk" aufgewiesen und eine ordnungsgemäße Übermittlung eines vierseitigen Schriftsatzes bestätigt habe, sei er sodann nach Kontrolle zur Akte genommen worden.
4
Das Oberlandesgericht hat den Antrag des Antragstellers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Rechtsbeschwerde.

II.

5
6
Die Rechtsbeschwerde ist jedoch unzulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht.
7
1. Das Oberlandesgericht hat die Entscheidung damit begründet, dass der Antragsteller seine Beschwerde nicht rechtzeitig begründet habe. Die verlängerte Begründungsfrist sei bei Eingang der Beschwerdebegründung beim Oberlandesgericht am 11. Dezember 2014 bereits abgelaufen gewesen. Dem stehe der Eingang der Beschwerdebegründungsschrift am 10. Dezember 2014 bei der (ehemaligen) Oberjustizkasse nicht entgegen. Fristwahrende Schriftsätze müssten am richtigen Ort, das heißt einer hierfür eingerichteten Eingangsstelle eingereicht werden. Die Oberjustizkasse sei keine derartige zentrale Eingangsstelle für Schriftsätze, die das Oberlandesgericht in einer laufenden Beschwerdesache vor einem Familiensenat erreichen sollten und an dieses adressiert gewesen seien.
8
Eine Wiedereinsetzung scheide aus. Der Antragsteller habe das Fehlen eines ihm zuzurechnenden Verschuldens seiner Verfahrensbevollmächtigten an der Fristversäumung innerhalb der Frist des § 234 ZPO weder dargelegt noch glaubhaft gemacht. Aus der Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs ergebe sich nicht, dass die Beschwerdebegründung bei sorgfältiger Arbeitsweise und bei Beachtung der in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stehenden Sorgfaltspflichten in Fristsachen nicht hätte gewahrt werden können. Es sei durch organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass die Telefaxnummer des angeschriebenen Gerichts verwendet werde. Hierzu gehöre, dass bei der erforderlichen Ausgangskontrolle der Sendebericht ausgedruckt und dieser auf die Richtigkeit der verwendeten Empfängernummer überprüft werde, um Fehler bei der Eingabe, der Ermittlung der Faxnummer und deren Übertragung in den Schriftsatz feststellen zu können. Erst nach der Überprüfung, ob die Übermittlung vollständig und an den richtigen Adressaten erfolgt sei, dürfe die Frist im Fristenkalender gestrichen werden. Das Wiedereinsetzungsgesuch gehe nicht ansatzweise auf die vorliegend für die Fristversäumung ursächliche Verwendung einer falschen Telefaxnummer ein und lege nicht dar, welche Vorkehrungen im Büro der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers getroffen seien, um derartige Fehler zu vermeiden.
9
2. Diese Ausführungen bewegen sich im Rahmen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und lassen keinen Zulassungsgrund im Sinne des § 574 Abs. 2 ZPO erkennen.
10
a) Zu Recht ist das Oberlandesgericht davon ausgegangen, dass die bei ihm am 11. Dezember 2014 eingegangene Beschwerdebegründung verfristet, der Wiedereinsetzungsantrag also nicht als gegenstandslos zu betrachten war (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 7. März 2012 - XII ZB 421/11 - FamRZ 2012, 962 Rn. 7 f.).
11
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt es für den rechtzeitigen Eingang eines fristgebundenen Schriftsatzes darauf an, wann das zuständige Gericht die tatsächliche Verfügungsgewalt über das eingegangene Schriftstück erhalten hat. Ein beim Faxgerät eines anderen Gerichts eingegangener Schriftsatz ist zum Zeitpunkt des Empfangs noch nicht bei dem zuständigen Gericht angekommen. Entscheidend ist in solchen Fällen, wann der Schriftsatz nach Weiterleitung durch das zunächst angegangene Gericht tatsächlich in die Verfügungsgewalt des zuständigen Gerichts gelangt. Dies gilt auch dann, wenn der Schriftsatz an das zuständige Gericht adressiert ist, aber versehentlich an ein anderes Gericht per Telefax übermittelt wird. Wird ein Schriftsatz allerdings bei einer gemeinsamen Eingangsstelle mehrerer Gerichte eingereicht, so ist er mit der Einreichung bei dem Gericht eingegangen, an das er adressiert ist. Nur dieses Gericht erlangt mit dem Eingang des Schriftsatzes die tatsächliche Verfügungsgewalt (BGH Beschluss vom 23. Mai 2012 - IV ZB 2/12 - NJW-RR 2012, 1461 Rn. 9 mwN; siehe auch BVerfG NJW-RR 2008, 446, 447 und BGH Beschluss vom 23. April 2013 - VI ZB 27/12 - NJWRR 2013, 830 Rn. 11 ff.).
12
Nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts ist die Beschwerdebegründung aufgrund einer falsch eingegebenen Telefaxnummer nicht beim Oberlandesgericht , sondern bei der in einer Nebenstelle ansässigen Oberjustizkasse eingegangen. Von dort wurde die Beschwerdebegründung an das Oberlandesgericht weitergeleitet, wo sie am 11. Dezember 2014, einem Tag nach Fristablauf , eingegangen ist.
13
bb) Eine abweichende Regelung, wonach die Telefaxnummern der Oberjustizkasse und des Oberlandesgerichts einer gemeinsamen Posteingangsstelle zugeordnet wären, bestand nach den nicht zu beanstandenden Feststellungen des Oberlandesgerichts nicht.
14
(1) Allein der Umstand, dass die in einer Nebenstelle ansässige Oberjustizkasse danach seinerzeit eine Organisationseinheit des Oberlandesgerichts bildete, lässt nicht den Rückschluss darauf zu, dass dort eingehende Schriftsätze in die Verfügungsgewalt des Oberlandesgerichts gelangt sind. Dies setzt vielmehr die Einrichtung einer gemeinsamen Posteingangsstelle auf Grundlage entsprechender Verwaltungsvorschriften wie etwa entsprechender Geschäftsordnungsregelungen voraus (vgl. BVerfG NJW-RR 2008, 446, 447; BGH Beschluss vom 23. April 2013 - VI ZB 27/12 - NJW-RR 2013, 830 Rn. 12). Nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts war eine solche gemeinsame Eingangsstelle indessen nicht eingerichtet.
15
Nachdem der Antragsteller die Verfristung seiner Beschwerdebegründung ersichtlich nicht in Frage gestellt und lediglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt hatte, bestand für das Oberlandesgericht (anders als in den vom BVerfG NJW-RR 2008, 446, 447 entschiedenen Fall) auch keine Veranlassung , weitere Ermittlungen anzustellen.
16
(2) Etwas anderes folgt auch nicht aus der übrigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Zwar hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass eine Klagefrist durch Einreichen der Klage mitsamt einem Scheck für den Gerichtskostenvorschuss bei einer gemeinsamen Gerichtskasse gewahrt sein kann, auch wenn diese nicht ausdrücklich zur gemeinsamen Eingangsstelle bestimmt ist (BGH Urteil vom 24. Januar 1984 - IX ZR 36/83 - NJW 1984, 1239, 1240; vgl. auch Zöller/Greger ZPO 31. Aufl. Rn. 6). Diese Rechtsprechung ist jedoch auf den hier vorliegenden Fall nicht übertragbar. Der Bundesgerichtshof hatte damals entscheidend darauf abgestellt, dass die Justizverwaltungen den Zahlungsverkehr bei ihren Gerichtskassen derart organisiert haben, dass Schecks ab einem bestimmten Betrag nicht bei der Gerichtskasse des zuständigen Gerichts , sondern nur bei einer bestimmten Gerichtskasse angenommen werden, dabei die Klageschrift mit eingereicht werden muss und an das Gericht, an das sie adressiert ist, weitergeleitet wird. In solchen Fällen, in denen eine Verzögerung zwischen der Einreichung bei der gemeinsamen Gerichtskasse und dem Eingang beim zuständigen Gericht auf dieser besonderen, vom Bürger nicht ohne Weiteres durchschaubaren Organisation beruht, darf dies nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht zu Lasten des Bürgers gehen. Ähnlich wie bei der Einreichung bei einer gemeinsamen Eingangsstelle für mehrere Gerichte gilt in einem solchen Fall die Einreichung bei der gemeinsamen Gerichtskasse mitsamt einem Scheck zur Registrierung des Schecks und Weiterreichung der Klageschrift deshalb als Einreichung bei dem Gericht, an das der Schriftsatz adressiert ist, sofern die gemeinsame Gerichtskasse auch für dieses Gericht zuständig ist (BGH Urteil vom 24. Januar 1984 - IX ZR 36/83 - NJW 1984, 1239, 1240).
17
Ein solcher Fall liegt hier indessen ersichtlich nicht vor.
18
b) Ebenso steht es in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs , dass das Oberlandesgericht den Antrag des Antragstellers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen hat.
19
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt der Rechtsanwalt seiner Pflicht zur wirksamen Ausgangskontrolle fristwahrender Schriftsätze nur dann, wenn er seine Angestellten anweist, nach einer Übermittlung per Telefax anhand des Sendeprotokolls zu überprüfen, ob der Schriftsatz vollständig und an das richtige Gericht übermittelt worden ist. Erst danach darf die Frist im Fristenkalender gestrichen werden. Dabei darf sich die Kontrolle des Sendeberichts grundsätzlich nicht darauf beschränken, die auf diesem ausgedruckte Faxnummer mit der zuvor aufgeschriebenen, etwa in den Schriftsatz eingefügten Faxnummer zu vergleichen, sondern der Abgleich hat anhand eines zuverlässigen Verzeichnisses oder einer anderen geeigneten Quelle zu erfolgen, um auch etwaige Fehler bei der Ermittlung der Faxnummer aufdecken zu können (Senatsbeschluss vom 27. August 2014 - XII ZB 255/14 - FamRZ 2014, 1915 Rn. 7 mwN).
20
bb) Zutreffend hat das Oberlandesgericht darauf verwiesen, dass weder dem Vorbringen des Antragstellers in seinem Wiedereinsetzungsgesuch noch der eidesstattlichen Versicherung der Mitarbeiterin seiner Verfahrensbevollmächtigten zu entnehmen ist, wie sichergestellt und kontrolliert wird, dass die Sendung an den richtigen Adressaten unter Verwendung der korrekten Empfängernummer übersandt wird. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde war das Oberlandesgericht nicht gehalten, den Antragsteller - auch - darauf hinzuweisen, dass seine Angaben den Anforderungen, die die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in solchen Fällen an die Ausgangskontrolle stellt, nicht genügten. Das Oberlandesgericht hatte ausdrücklich auf Bedenken an der Fristwahrung hingewiesen, weil die Rechtsmittelbegründung nicht beim Telefaxanschluss des Oberlandesgerichts eingegangen sei. Dabei war unstreitig, dass die Büromitarbeiterin statt der Telefaxnummer des Oberlandesgerichts die Nummer der Oberjustizkasse in den Schriftsatz eingefügt und entsprechend gewählt hatte. Bei dieser Sachlage war offensichtlich, dass ein Verschulden nur dann ausscheiden und damit eine Wiedereinsetzung möglich machen würde, wenn im Einzelnen unter Beachtung der vorzitierten Rechtsprechung dargelegt werden würde, welche Anweisung dafür bestanden hat, dass auch tatsächlich die richtige Telefaxnummer gewählt und dies kontrolliert wird. Eines gesonderten Hinweises hierauf bedurfte es mithin nicht, weshalb der Antragsteller auch nicht in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG verletzt ist.
21
Soweit die Rechtsbeschwerde in diesem Kontext darauf hinweist, dass das Oberlandesgericht den Antragsteller gleichsam in Sicherheit gewogen habe , indem es mit Verfügung vom 28. Mai 2015 eine vergleichsweise Regelung angeregt habe, verkennt sie, dass zu diesem Zeitpunkt die Wiedereinsetzungsfrist , die mit dem Hinweis des Oberlandesgerichts vom 7. Januar 2015 zu laufen begann, längst abgelaufen war. Mag die Verfügung vor dem Hintergrund der Verfristung auch ein wenig unglücklich erscheinen, so ist sie jedenfalls für die nicht hinreichende Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs nicht kausal.
Dass der Antragsteller diesen Begründungsmangel in seiner Gegenvorstellung vom 5. August 2015, also nach Erlass der angefochtenen Entscheidung vom 20. Juli 2015, behoben hat, ist für die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung nicht von Belang. Dose Schilling Günter Botur Krüger
Vorinstanzen:
AG Minden, Entscheidung vom 04.09.2014 - 32 F 48/14 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 20.07.2015 - 9 UF 198/14 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 135/15
vom
12. Mai 2016
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Hat ein Prozessbevollmächtigter Kenntnis von dem Beginn eines bundesweiten
Poststreiks, ist er gehalten, sich vor Absenden eines fristwahrenden Schriftsatzes
über die Auswirkungen des Poststreiks am Versand- und Empfangsort zu
informieren. Dazu gehört es, die Berichterstattung über den Streik in Zeitung,
Fernsehen, Rundfunk oder den Internetportalen der Nachrichtenanbieter
zu verfolgen (Fortführung von Senat, Beschluss vom 18. Februar 2016
- V ZB 126/15, NJW 2016, 2750).
BGH, Beschluss vom 12. Mai 2016 - V ZB 135/15 - OLG Düsseldorf
LG Mönchengladbach
ECLI:DE:BGH:2016:120516BVZB135.15.0

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Mai 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland, den Richter Dr. Kazele und die Richterin Haberkamp

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 24. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 25. August 2015 wird auf Kosten des Klägers als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 19.000 €.

Gründe:

I.

1
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und den Kläger auf die Widerklage zur Zahlung eines Geldbetrages verurteilt. Das Urteil ist dem Kläger, der Rechtsanwalt ist und sich selbst vertreten hat, am 15. Mai 2015 zugestellt worden. Nach dem Hinweis, dass die Berufungsschrift vom 11. Juni 2015 am 16. Juni 2015 bei dem Oberlandesgericht eingegangen sei, hat er mit Schriftsatz vom 21. Juli 2015 die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist beantragt. Zur Begründung hat er ausgeführt, seine Kanzleiangestellte, die die Berufungsschrift am 11. Juni 2015 zunächst per Telefax übersandt habe, habe versäumt, die Telefaxübermittlung anhand des Telefaxprotokolls auf einen ordnungsgemäßen Zugang zu überprüfen. Er habe darauf vertrauen können, dass die zusätzlich am selben Tag zur Post aufgegebene Berufungsschrift fristgerecht eingehen werde. Eine Ausdehnung des Poststreiks für den Raum Düsseldorf sei zu diesem Zeitpunkt nicht angekündigt gewesen.
2
Das Oberlandesgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers Rechtsbeschwerde eingelegt und diese innerhalb der am 1. Dezember 2015 abgelaufenen Begründungsfrist begründet.
3
Mit einem am 9. Dezember 2015 bei dem Bundesgerichtshof eingegangenen Schreiben hat der Kläger selbst sich an den Senat gewandt und mitgeteilt , seine Berufungsschrift sei bereits am 15. Juni 2015 und damit rechtzeitig bei dem Berufungsgericht eingegangen. Der für die Zuteilung der Neueingangssachen zuständige Geschäftsstellenbeamte des Berufungsgerichts habe ihn am 16. Mai 2015 telefonisch darauf hingewiesen, dass die erste Seite der Berufungsschrift sich auf die Wirksamkeit der Berufung nicht auswirkende peinliche Worte enthalten habe, die, wie er richtig vermutet habe, auf der Verwendung eines Spracherkennungssystems beruhten. Auf seine Anregung hin habe er, der Kläger, am 16. Juni 2015 per E-Mail eine korrigierte erste Seite an das Berufungsgericht übersandt. Der Geschäftsstellenbeamte habe die ursprüngliche erste Seite aus der Gerichtsakte entfernt und durch die korrigierte Seite ersetzt. Dabei habe er darauf versehentlich statt des ursprünglichen Datums des Posteingangs (15. Juni 2015) das Datum des Austauschs (16. Juni 2015) vermerkt. Diesen Vorgang habe der Geschäftsstellenbeamte ihm gegenüber per E-Mail vom 28. November 2015 bestätigt.
4
Am 16. Februar 2016 hat der Kläger einen Beschluss des Berufungsgerichts vom 19. Januar 2016 vorgelegt. Aus diesem geht hervor, dass seine Berufung tatsächlich fristgerecht eingegangen ist, sich das Berufungsgericht aber außer Stande gesehen hat, den mit der Rechtsbeschwerde angefochtenen Beschluss aufzuheben.
5
Mit Schriftsatz vom 17. Februar 2016 hat der Prozessbevollmächtige des Klägers auf den rechtzeitigen Eingang der Berufungsschrift hingewiesen. Er ist der Ansicht, der Umstand, dass die Berufungsfrist tatsächlich nicht versäumt sei, sei zumindest in entsprechender Anwendung des § 580 Nr. 7b ZPO zu berücksichtigen. Das Berufungsgericht hätte bei sorgfältiger Prüfung den Fehler des Geschäftsstellenbeamten bemerken müssen.

II.

6
Das Berufungsgericht meint, die beantragte Wiedereinsetzung könne nicht gewährt werden. Der Kläger trage die Verantwortung für die Versäumung der Berufungsfrist. Er habe nicht dargelegt und glaubhaft gemacht, dass er seine Mitarbeiter angewiesen habe, nach einer Übermittelung fristwahrender Schriftsätze per Telefax anhand des Sendeprotokolls zu überprüfen, ob die Übermittlung korrekt erfolgt sei. Er habe auch nicht darauf vertrauen können, dass die in Düsseldorf am 11. Juni 2015 als Brief in den Postkasten eingeworfene Berufungsschrift rechtzeitig bei dem Oberlandesgericht eingehen werde. Das an sich berechtigte Vertrauen in die fristgemäße Briefbeförderung sei aufgrund des Poststreiks nicht gerechtfertigt gewesen.

III.

7
Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig.
8
1. Sie ist zwar statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO). Zulässig ist sie aber nur, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 ZPO; vgl. auch Senat, Beschluss vom 29. Januar 2015 - V ZB 179/14, WuM 2015, 320 Rn. 4; BGH, Beschluss vom 7. Mai 2003 - XII ZB 191/02, BGHZ 155, 21, 22). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
9
2. Allerdings ist nach dem Beschluss des Berufungsgerichts vom 19. Januar 2016 davon auszugehen, dass die Berufung des Klägers fristgerecht innerhalb der am 15. Juni 2015 abgelaufenen Berufungsfrist bei dem Berufungsgericht eingegangen ist. Diesen Umstand kann der Senat jedoch aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht berücksichtigen.
10
a) Der Senat ist an die Feststellung des Berufungsgerichts in dem angefochtenen Beschluss gebunden, dass die Berufungsschrift des Klägers nach Ablauf der Frist zur Einlegung der Berufung (§ 517 ZPO) eingegangen ist (§ 559 Abs. 1, 577 Abs. 2 Satz 4 ZPO). Die Tatsache, dass die Berufungsschrift fristgerecht eingegangen ist, hat der Kläger erst im Rechtsbeschwerdeverfahren vorgetragen. Damit handelt es sich um einen neuen Tatsachenvortrag in der Rechtsbeschwerdeinstanz, auf den die Rechtsbeschwerde grundsätzlich nicht gestützt werden kann (BGH, Beschluss vom 18. September 2003 - IX ZB 40/03, BGHZ 156, 165, 167). Die Rechtzeitigkeit der Berufung ist hier auch nicht von Amts wegen zu prüfen. Wird eine Verwerfungsentscheidung des Berufungsgerichts mit einem Rechtsmittel angegriffen, ist die Zulässigkeit der Berufung weder eine Sachentscheidungsvoraussetzung noch findet eine Prüfung von Amts wegen statt (BGH, Beschluss vom 18. September 2003 - IX ZB 40/03, aaO, S. 167 f.; vgl. auch Senat, Beschluss vom 11. Februar 2016 - V ZR 164/15, juris Rn. 16).
11
b) Eine Rechtsbeschwerde gegen eine die Berufung verwerfende Entscheidung kann zwar auch darauf gestützt werden, diese leide an einem Verfahrensmangel. Diese Rüge hat der Kläger jedoch nicht wirksam erhoben.
12
aa) Allerdings war die von Amts wegen gebotene Prüfung der Zulässigkeit der Berufung durch das Berufungsgericht (§ 522 Abs. 1 Satz 1 ZPO) fehlerhaft. Die auf der unzutreffenden Annahme einer verspäteten Einreichung der Berufungsschrift beruhende Verwerfung der Berufung als unzulässig verletzt den Kläger in seinen Verfahrensgrundrechten auf Gewährung rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG und auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes gemäß Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (vgl. BVerfG, NJW 1989, 1147; NJW-RR 2002, 1004). Dass dem für die Prüfung der Zulässigkeit der Berufung zuständigen Senat des Berufungsgerichts der rechtzeitige Eingang der Berufungsschrift nicht bekannt war, ist unerheblich. Das Wissen des Geschäftsstellenbeamten, der den Eingang der Berufung erfasst hat, ist ihm zuzurechnen. Das Berufungsgericht ist das Gericht als organisatorische Einheit und nicht nur das erkennende Gericht als Spruchkörper.
13
bb) Von dem Verfahrensmangel hat der Kläger aufgrund der E-Mail des Geschäftsstellenbeamten vom 28. November 2015 Kenntnis erlangt. Er konnte zwar nicht mehr eine Abänderung des Verwerfungsbeschlusses bei dem Berufungsgericht erreichen. Denn das Berufungsgericht ist grundsätzlich an diesen gebunden und darf ihn, auch wenn er angefochten wird, nicht wieder aufheben (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Januar 1995 - IV ZB 22/94, NJW-RR 1995, 765). Der Kläger hätte den Verfahrensmangel jedoch innerhalb der am 1. Dezember 2015 abgelaufenen Rechtsbeschwerdebegründungsfrist bzw. innerhalb einer zweiwöchigen Frist (entsprechend § 234 ZPO) vor dem Bundesgerichtshof rügen können. Das hat er nicht getan. Sein Vorbringen vom 9. Dezember 2015 ist unbeachtlich, weil der Kläger selbst nicht postulationsfähig ist (§ 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO). Sein Prozessbevollmächtigter hat im Rechtsbeschwerdeverfahren erstmals mit Schriftsatz vom 17. Februar 2016 mitgeteilt, dass die Berufung des Klägers fristgerecht eingegangen war. Dieser Vortrag ist so spät gehalten, dass darauf die Verfahrensrüge nicht mehr gestützt werden kann. Es kann deshalb offenbleiben, ob eine Ergänzung der Rechtsbeschwerdebegründung im Sinne einer teilweise “Nachholung” derselben, der Sache nach verbunden mit dem Begehren auf (teilweise) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen (teilweiser ) Versäumung der Rechtsbeschwerdebegründungsfrist (§ 233 ZPO), hätte Beachtung finden müssen (ablehnend BGH, Urteil vom 13. Februar 1997 - III ZR 285/95, NJW 1997, 1309, 1310; MüKo/Krüger, ZPO, 5. Aufl., § 551 Rn. 20), was allerdings dann naheliegt, wenn - wie hier - die inhaltliche Unvollständigkeit einer an sich fristgerecht eingereichten Rechtsmittelbegründung auf einem Fehler im gerichtsinternen Bereich beruht.
14
c) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde kann der Umstand, dass die Berufungsfrist nicht versäumt ist, nicht in entsprechender Anwendung des § 580 Nr. 7b ZPO in der Rechtsbeschwerdeinstanz berücksichtigt werden.
15
aa) Allerdings kann das Vorbringen eines Restitutionsgrundes trotz der sich aus § 559 ZPO ergebenden Beschränkungen in der Rechtsbeschwerdeinstanz bzw. Revisionsinstanz zulässig sein, auch wenn es sich dabei um Tatsachen handelt, die noch nicht Gegenstand des Berufungsurteils sein konnten. Diese Ausnahme ist durch die Erwägung gerechtfertigt, dass es im Sinne einer vernünftigen Prozessökonomie liegt, Wiederaufnahmegründe noch in einem anhängigen Rechtsstreit zu erledigen, anstatt die Partei, die sie geltend macht, damit auf ein nach rechtskräftigem Abschluss des anhängigen Rechtsstreits einzuleitendes Wiederaufnahmeverfahren zu verweisen. Das ist anerkannt für die in § 580 Nr. 1 bis 5 ZPO angeführten Restitutionsgründe, wenn deswegen eine rechtskräftige Verurteilung erfolgt ist (§ 581 Abs. 1 Satz 1 ZPO; vgl. BGH, Urteil vom 9. Juli 1951 - IV ZR 3/50, BGHZ 3, 65, 67 f.; Urteil vom 6. März 1952 - IV ZR 80/51, BGHZ 5, 240, 247; Beschluss vom 13. Januar 2000 - IX ZB 3/99, LM ÜberlG Nr. 1), sowie für die Restitutionsgründe nach § 580 Nr. 6 und 7a ZPO (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juli 1951 - IV ZR 3/50, BGHZ 3, 65, 67; Urteil vom 23. November 2006 - IX ZR 141/04, ZIP 2007, 697 Rn. 14; insgesamt ablehnend MüKo/Braun, ZPO, 5. Aufl., § 582 Rn. 6). Auch ein neues tatsächliches Vorbringen, das den Tatbestand des § 580 Nr. 7b ZPO erfüllt, kann grundsätzlich berücksichtigt werden (vgl. BGH, Urteil vom 6. März 1952 - IV ZR 80/51, BGHZ 5, 240, 248; Urteil vom 29. Juni 1955 - IV ZR 55/55, BGHZ 18, 59, 60; Beschluss vom 13. Januar 2000 - IX ZB 3/99, LM ÜberlG Nr. 1; Beschluss vom 6. Oktober 2011 - IX ZB 148/11, WM 2011, 2158 Rn. 7).
16
bb) Die Voraussetzungen des § 580 Nr. 7b ZPO liegen jedoch nicht vor.
17
(1) Der Geschäftsstellenbeamte des Berufungsgerichts hat mit E-Mail vom 28. November 2015 den rechtzeitigen Eingang der Berufungsschrift des Klägers bestätigt. Die E-Mail kann nicht als Urkunde im Sinne des § 580 Nr. 7b ZPO angesehen werden. Es handelt sich um eine schriftliche Zeugenaussage des Geschäftsstellenbeamten. Die Restitutionsklage kann nicht auf eine Privaturkunde gestützt werden, mit der durch die schriftliche Erklärung einer als Zeuge in Betracht kommenden Person der Beweis für die Richtigkeit der in der Erklärung bekundeten Tatsachen geführt werden soll (vgl. BGH, Urteil vom 27. Mai 1981 - IVb ZR 589/80, BGHZ 80, 389, 395; Beschluss vom 29. Februar 1984 - IVb ZB 28/83, NJW 1984, 1543, 1544 mwN; Beschluss vom 24. April 2013 - XII ZB 242/09, NJW-RR 2013, 833 Rn. 17).
18
(2) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde erfüllt auch der Beschluss des Berufungsgerichts vom 19. Januar 2016, der auf der Erklärung des Geschäftsstellenbeamten vom 28. November 2015 beruht, nicht den Tatbestand des § 580 Nr. 7b ZPO. Es handelt sich nicht um eine Urkunde, die der Kläger im Sinne dieser Vorschrift aufgefunden hat.
19
(a) Aufgefunden im Sinne des § 580 Nr. 7b ZPO wird eine Urkunde, wenn ihre Existenz oder ihr Verbleib der Partei bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung des Vorprozesses bzw. bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist in diesem Verfahren unbekannt war (BGH, Beschluss vom 24. April 2013 - XII ZB 242/09, NJW-RR 2013, 833 Rn. 19 mwN). Die Urkunde muss deshalb grundsätzlich bereits zu einem Zeitpunkt errichtet worden sein, zu dem sie die Partei im Vorprozess noch hätte benutzen können (vgl. BGH, Urteil vom 29. April 1959 - IV ZR 311/58, BGHZ 30, 60, 64; siehe auch RGZ 123, 304, 305; Zöller/Greger, ZPO, 31. Aufl., § 580 Rn. 16a). Das ist bei dem erst am 19. Januar 2016 erlassenen Beschluss des Berufungsgerichts nicht der Fall.
20
(b) Von diesem Grundsatz werden Ausnahmen nur zugelassen für Urkunden wie beispielsweise Geburtsurkunden oder einen die Schwerbehinderung feststellenden Verwaltungsakt, die ihrer Natur nach nicht im zeitlichen Zusammenhang mit den durch sie bezeugten Tatsachen errichtet werden und deshalb zwangsläufig zurückliegende Tatsachen beweisen (vgl. BAGE 122, 190 Rn. 18 mwN auch aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs). Diese Voraussetzungen erfüllt der Beschluss des Berufungsgerichts vom 19. Januar 2016 offensichtlich nicht.
21
3. Auf der Grundlage der Annahme, dass die Berufungsschrift verspätet eingegangen ist, hat das Berufungsgericht dem Kläger durch die Zurückweisung der form- und fristgerecht beantragten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist (§ 233 ZPO) nicht den Zugang zu dem von der Zivilprozessordnung eingeräumten Instanzenzug in einer unzumutbaren , aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert. Das Berufungsgericht nimmt ohne Rechtsfehler an, dass der Kläger die Fristversäumung verschuldet hat.
22
a) Der Kläger hat die ihn als Rechtsanwalt bei der Versendung fristgebundener Schriftsätze auf dem Postweg in Zeiten eines Poststreiks treffenden Sorgfaltspflichten verletzt.
23
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, des Bundesgerichtshofs und der anderen Obersten Gerichtshöfe dürfen dem Bürger Verzögerungen der Briefbeförderung oder der Briefzustellung durch die Deutsche Post AG nicht als Verschulden angerechnet werden (BVerfG, NJW 1995, 1210, 1211; 2001, 1566; 2003, 1516; Senat, Beschluss vom 13. Mai 2004 - V ZB 62/03, NJW-RR 2004, 1217, 1218; jeweils mwN). Er darf vielmehr grundsätzlich darauf vertrauen, dass im Bundesgebiet werktags aufgegebene Postsendungen am folgenden Werktag ausgeliefert werden (Senat, Beschluss vom 19. Juni 2013 - V ZB 226/12, juris Rn. 7; BGH, Beschluss vom 12. September 2013 - V ZB 187/12, juris Rn. 9, jeweils mwN).
24
bb) Anders liegt es, wenn dem Postkunden besondere Umstände bekannt sind, die zu einer Verlängerung der normalen Postlaufzeiten führen können. Eine solche Ausnahmesituation, in der das Vertrauen in die Einhaltung der normalen Postlaufzeiten erschüttert sein kann, ist der Poststreik. Hat ein Prozessbevollmächtigter Kenntnis davon, dass sein fristgebundener Schriftsatz von dem Poststreik betroffen sein kann, und wählt er für die Beförderung gleichwohl den Postweg, obwohl sichere Übermittlungswege (Einwurf in den Gerichtsbriefkasten am Ort; Benutzung eines Telefaxgeräts) zumutbar sind, treffen ihn gesteigerte Sorgfaltsanforderungen (BGH, Beschluss vom 9. Dezember 1992 - VIII ZR 30/92, NJW 1993, 1332, 1333; Beschluss vom 25. Januar 1993 - II ZB 18/92, NJW 1993, 1333, 1334; Senat, Beschluss vom 18. Februar 2016 - V ZB 126/15, NJW 2016, 2750 Rn. 9 ff.; vgl. auch BVerfG, NJW 1995, 1210, 1211). Von einem Rechtsanwalt, der Kenntnis von dem Beginn eines bundesweiten Poststreiks erlangt hat, ist deshalb zu verlangen, dass er sich über den Streikverlauf so weit wie möglich informiert. Dazu gehört es, die Berichterstattung über den Streik in der Presse, im Rundfunk, im Fernsehen oder auf den Internetportalen der Nachrichtenanbieter zu beobachten sowie die Informationsangebote der Gewerkschaft Verdi oder der Deutschen Post AG zu nutzen. Es entspricht der Lebenserfahrung, dass die Öffentlichkeit unverzüglich und regelmäßig über Streikaktionen der Gewerkschaft informiert wird.
25
cc) Nach diesen Grundsätzen hat der Kläger die ihm obliegenden gesteigerten Sorgfaltspflichten nicht erfüllt. Das Berufungsgericht stellt rechtsfehlerfrei fest, dass er zum Zeitpunkt des Einwurfs der Berufungsschrift in den Briefkasten am 11. Juni 2015 bei Anstellen der gebotenen Nachforschungen Kenntnis davon erlangt hätte, dass sie von dem Poststreik betroffen sein kann.
26
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Gewerkschaft Verdi in einer Pressemitteilung vom 9. Juni 2015 über den schrittweisen Beginn des unbefristeten Poststreiks in den bundesweit 83 Briefverteilzentren informiert ; hierüber wurde seinerzeit in den Medien ausführlich berichtet. Die Schlussfolgerung des Berufungsgerichts, dass ein Rechtsanwalt unter diesen Umständen von einer Ausdehnung des Poststreiks auf das Stadtgebiet hätte Kenntnis erlangen müssen, ist nicht zu beanstanden. Soweit der Kläger geltend macht, ein Anwalt könne nicht gehalten sein, die Online-Mitteilungen eines jeden Nachrichtenanbieters zu verfolgen, ergibt sich daraus nichts anderes. Der Hinweis des Berufungsgerichts auf die Internetseite des WDR ist nur beispielhaft gemeint und in rückschauender Betrachtung als Beleg dafür gedacht, dass der Poststreik (auch) in Düsseldorf schon vor dem 11. Juni 2015 Gegenstand öffentlicher Berichterstattung war. Entscheidend ist, dass in den Medien ausführlich über den Streik berichtet wurde.
27
b) Der Kläger ist auch bei der Übersendung der Berufungsschrift am 11. Juni 2015 per Telefax seinen Sorgfaltspflichten nicht nachgekommen. Das Berufungsgericht nimmt rechtsfehlerfrei an, dass sich seinen Darlegungen in dem Wiedereinsetzungsantrag nicht entnehmen lässt, dass in seiner Kanzlei eine hinreichende Ausgangskontrolle per Telefax versandter fristgebundener Schriftsätze gewährleistet war.
28
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt der Rechtsanwalt seiner Pflicht zur wirksamen Ausgangskontrolle fristwahrender Schriftsätze nur dann, wenn er seine Angestellten anweist, nach einer Übermittlung per Telefax anhand des Sendeprotokolls zu überprüfen, ob der Schriftsatz vollständig und an das richtige Gericht übermittelt worden ist (Senat, Beschluss vom 18. Februar 2016 - V ZB 86/15, NJW-RR 2016, 636 Rn. 7; BGH, Beschluss vom 31. Oktober 2012 - III ZB 51/12, juris Rn. 6; Beschluss vom 29. Juni 2010 - VI ZA 3/09, NJW 2010, 3101 Rn. 8; Beschluss vom 14. Mai 2008 - XII ZB 34/07, NJW 2008, 2508 Rn. 11; Beschluss vom 13. Juni1996 - VII ZB 13/96, NJW 1996, 2513). Diese zwingend notwendige Ausgangskontrolle muss sich entweder - für alle Fälle - aus einer allgemeinen Kanzleianweisung oder - in einem Einzelfall - aus einer konkreten Einzelanweisung ergeben (BGH, Beschluss vom 14. Mai 2008 - XII ZB 34/07, NJW 2008, 2508 Rn. 12).
29
bb) Gemessen daran hat der Kläger nicht gemäß § 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO dargelegt und glaubhaft gemacht, dass er seine Kanzleiangestellte angewiesen hat, die erforderliche Ausgangskontrolle vorzunehmen.
30
(1) Das Berufungsgericht hat die eidesstattlichen Versicherungen rechtsfehlerfrei gewürdigt. Es vermisst zu Recht eine Darstellung des Klägers zur Organisation der Ausgangskontrolle gesendeter Faxe in seiner Kanzlei. Dass es eine solche Anweisung gegeben hat, lässt sich auch nicht den eidesstattlichen Versicherungen entnehmen. Der Kläger beruft sich ohne Erfolg auf die eidesstattliche Versicherung seiner Kanzleiangestellten, in der diese erklärt, sie habe es „wohl versäumt, das Faxprotokoll daraufhin zu überprüfen, ob das Fax durchgegangen ist.“ Diese Formulierung impliziert entgegen der Ansicht des Klägers nicht, dass sie zur Überprüfung angewiesen gewesen sei. Aus dem allgemeinen Sprachgebrauch des Wortes „versäumt“ lässt sich ein Verstoß ge- gen eine Anweisung nicht ableiten. Ein Versäumnis kann sich z.B. auch auf eine unausgesprochene Übung beziehen. Eine solche Übung steht einer Anweisung nicht gleich.
31
(2) Entgegen der Ansicht des Klägers war das Berufungsgericht nicht verpflichtet, auf die nicht ausreichenden Gründe des Wiedereinsetzungsgesuchs hinzuweisen (§ 139 ZPO). Eine Hinweispflicht besteht nur bezogen auf erkennbar unklare oder ergänzungsbedürftige Angaben (Senat, Beschluss vom 30. September 2010 - V ZB 173/10, juris Rn. 7 mwN). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die Anforderungen, die die Rechtsprechung an eine wirksame Ausgangskontrolle und an die organisatorischen Maßnahmen bei der Übermittlung fristwahrender Schriftsätze stellt, sind bekannt und müssen einem Rechtsanwalt auch ohne richterliche Hinweise geläufig sein. Wenn der Vortrag in dem Wiedereinsetzungsgesuch dem nicht Rechnung trägt, gibt dies keinen Hinweis auf Unklarheiten oder Lücken, die aufzuklären bzw. zu füllen wären, sondern erlaubt den Schluss darauf, dass entsprechende organisatorische Maßnahmen gefehlt haben (Senat, Beschluss vom 23. Oktober 2003 - V ZB 28/03, NJW 2004, 367, 369 mwN).

IV.

32
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über den Beschwerdewert folgt aus § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 3 ZPO.
Stresemann Brückner Weinland Kazele Haberkamp

Vorinstanzen:
LG Mönchengladbach, Entscheidung vom 07.05.2015 - 10 O 191/14 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 25.08.2015 - I-24 U 104/15 -

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 382/15
vom
1. Juni 2016
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Wird eine an das Rechtsmittelgericht adressierte Rechtsmittelschrift versehentlich
an die in einer Nebenstelle ansässige Justizkasse gefaxt, befindet
sich diese Rechtsmittelschrift auch dann nicht in der Verfügungsgewalt des
Gerichts, wenn die Justizkasse eine Organisationseinheit des Rechtsmittelgerichts
bildet. Etwas anderes gilt nur dann, wenn durch Verwaltungsvorschriften
bestimmt ist, dass die Justizkasse und das Gericht eine gemeinsame
Posteingangsstelle haben.

b) Beim Absenden einer Rechtsmittelschrift in Form eines Telefaxes darf sich
die Kontrolle des Sendeberichts grundsätzlich nicht darauf beschränken, die
auf diesem ausgedruckte Faxnummer mit der zuvor aufgeschriebenen, in
den Schriftsatz eingefügten Faxnummer zu vergleichen. Der Abgleich hat
vielmehr an Hand eines zuverlässigen Verzeichnisses oder einer anderen
geeigneten Quelle zu erfolgen, um auch etwaige Fehler bei der Ermittlung
der Faxnummer aufdecken zu können (im Anschluss an Senatsbeschluss
vom 27. August 2014 - XII ZB 255/14 - FamRZ 2014, 1915).
BGH, Beschluss vom 1. Juni 2016 - XII ZB 382/15 - OLG Hamm
AG Minden
ECLI:DE:BGH:2016:010616BXIIZB382.15.0

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 1. Juni 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dose, die Richter Schilling, Dr. Günter und Dr. Botur und die Richterin Dr. Krüger
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 9. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 20. Juli 2015 wird auf Kosten des Antragstellers verworfen. Beschwerdewert: 4.420 €

Gründe:

I.

1
Der Antragsteller wendet sich gegen die Zurückweisung seines Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
2
Das Amtsgericht hat den Antrag des Antragstellers auf Abänderung eines zwischen ihm und seinen minderjährigen Kindern, den Antragsgegnern, geschlossenen Unterhaltsvergleichs abgewiesen. Der Beschluss ist dem Antragsteller am 8. September 2014 zugestellt worden. Am 8. Oktober 2014 hat er beim Amtsgericht Beschwerde eingelegt und diese, nachdem die Frist zur Beschwerdebegründung bis zum 10. Dezember 2014 verlängert worden war, mit Schriftsatz vom 10. Dezember 2014 begründet. Der an das Oberlandesgericht adressierte Schriftsatz ist am selben Tag per Telefax bei der Oberjustizkasse eingegangen, die in einer Nebenstelle des Oberlandesgerichts ansässig war.
Am 11. Dezember 2014 ist die Beschwerdebegründung beim Oberlandesgericht eingegangen.
3
Auf entsprechenden Hinweis des Gerichts hat der Antragsteller Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und erneut die Beschwerde begründet. Im Büro seiner Verfahrensbevollmächtigten bestehe die Anweisung, bei fristwahrenden Schriftsätzen, die per Telefax abgesandt würden, nach deren Versendung den Sendebericht abzuwarten und die ordnungsgemäße und vollständige Versendung des Schriftstücks zu überprüfen. Im vorliegenden Fall habe die geschulte und zuverlässige Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte seiner Verfahrensbevollmächtigten die Begründung gefaxt und den Sendebericht abgewartet. Da dieser einen "Ok-Vermerk" aufgewiesen und eine ordnungsgemäße Übermittlung eines vierseitigen Schriftsatzes bestätigt habe, sei er sodann nach Kontrolle zur Akte genommen worden.
4
Das Oberlandesgericht hat den Antrag des Antragstellers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Rechtsbeschwerde.

II.

5
6
Die Rechtsbeschwerde ist jedoch unzulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht.
7
1. Das Oberlandesgericht hat die Entscheidung damit begründet, dass der Antragsteller seine Beschwerde nicht rechtzeitig begründet habe. Die verlängerte Begründungsfrist sei bei Eingang der Beschwerdebegründung beim Oberlandesgericht am 11. Dezember 2014 bereits abgelaufen gewesen. Dem stehe der Eingang der Beschwerdebegründungsschrift am 10. Dezember 2014 bei der (ehemaligen) Oberjustizkasse nicht entgegen. Fristwahrende Schriftsätze müssten am richtigen Ort, das heißt einer hierfür eingerichteten Eingangsstelle eingereicht werden. Die Oberjustizkasse sei keine derartige zentrale Eingangsstelle für Schriftsätze, die das Oberlandesgericht in einer laufenden Beschwerdesache vor einem Familiensenat erreichen sollten und an dieses adressiert gewesen seien.
8
Eine Wiedereinsetzung scheide aus. Der Antragsteller habe das Fehlen eines ihm zuzurechnenden Verschuldens seiner Verfahrensbevollmächtigten an der Fristversäumung innerhalb der Frist des § 234 ZPO weder dargelegt noch glaubhaft gemacht. Aus der Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs ergebe sich nicht, dass die Beschwerdebegründung bei sorgfältiger Arbeitsweise und bei Beachtung der in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stehenden Sorgfaltspflichten in Fristsachen nicht hätte gewahrt werden können. Es sei durch organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass die Telefaxnummer des angeschriebenen Gerichts verwendet werde. Hierzu gehöre, dass bei der erforderlichen Ausgangskontrolle der Sendebericht ausgedruckt und dieser auf die Richtigkeit der verwendeten Empfängernummer überprüft werde, um Fehler bei der Eingabe, der Ermittlung der Faxnummer und deren Übertragung in den Schriftsatz feststellen zu können. Erst nach der Überprüfung, ob die Übermittlung vollständig und an den richtigen Adressaten erfolgt sei, dürfe die Frist im Fristenkalender gestrichen werden. Das Wiedereinsetzungsgesuch gehe nicht ansatzweise auf die vorliegend für die Fristversäumung ursächliche Verwendung einer falschen Telefaxnummer ein und lege nicht dar, welche Vorkehrungen im Büro der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers getroffen seien, um derartige Fehler zu vermeiden.
9
2. Diese Ausführungen bewegen sich im Rahmen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und lassen keinen Zulassungsgrund im Sinne des § 574 Abs. 2 ZPO erkennen.
10
a) Zu Recht ist das Oberlandesgericht davon ausgegangen, dass die bei ihm am 11. Dezember 2014 eingegangene Beschwerdebegründung verfristet, der Wiedereinsetzungsantrag also nicht als gegenstandslos zu betrachten war (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 7. März 2012 - XII ZB 421/11 - FamRZ 2012, 962 Rn. 7 f.).
11
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt es für den rechtzeitigen Eingang eines fristgebundenen Schriftsatzes darauf an, wann das zuständige Gericht die tatsächliche Verfügungsgewalt über das eingegangene Schriftstück erhalten hat. Ein beim Faxgerät eines anderen Gerichts eingegangener Schriftsatz ist zum Zeitpunkt des Empfangs noch nicht bei dem zuständigen Gericht angekommen. Entscheidend ist in solchen Fällen, wann der Schriftsatz nach Weiterleitung durch das zunächst angegangene Gericht tatsächlich in die Verfügungsgewalt des zuständigen Gerichts gelangt. Dies gilt auch dann, wenn der Schriftsatz an das zuständige Gericht adressiert ist, aber versehentlich an ein anderes Gericht per Telefax übermittelt wird. Wird ein Schriftsatz allerdings bei einer gemeinsamen Eingangsstelle mehrerer Gerichte eingereicht, so ist er mit der Einreichung bei dem Gericht eingegangen, an das er adressiert ist. Nur dieses Gericht erlangt mit dem Eingang des Schriftsatzes die tatsächliche Verfügungsgewalt (BGH Beschluss vom 23. Mai 2012 - IV ZB 2/12 - NJW-RR 2012, 1461 Rn. 9 mwN; siehe auch BVerfG NJW-RR 2008, 446, 447 und BGH Beschluss vom 23. April 2013 - VI ZB 27/12 - NJWRR 2013, 830 Rn. 11 ff.).
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Nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts ist die Beschwerdebegründung aufgrund einer falsch eingegebenen Telefaxnummer nicht beim Oberlandesgericht , sondern bei der in einer Nebenstelle ansässigen Oberjustizkasse eingegangen. Von dort wurde die Beschwerdebegründung an das Oberlandesgericht weitergeleitet, wo sie am 11. Dezember 2014, einem Tag nach Fristablauf , eingegangen ist.
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bb) Eine abweichende Regelung, wonach die Telefaxnummern der Oberjustizkasse und des Oberlandesgerichts einer gemeinsamen Posteingangsstelle zugeordnet wären, bestand nach den nicht zu beanstandenden Feststellungen des Oberlandesgerichts nicht.
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(1) Allein der Umstand, dass die in einer Nebenstelle ansässige Oberjustizkasse danach seinerzeit eine Organisationseinheit des Oberlandesgerichts bildete, lässt nicht den Rückschluss darauf zu, dass dort eingehende Schriftsätze in die Verfügungsgewalt des Oberlandesgerichts gelangt sind. Dies setzt vielmehr die Einrichtung einer gemeinsamen Posteingangsstelle auf Grundlage entsprechender Verwaltungsvorschriften wie etwa entsprechender Geschäftsordnungsregelungen voraus (vgl. BVerfG NJW-RR 2008, 446, 447; BGH Beschluss vom 23. April 2013 - VI ZB 27/12 - NJW-RR 2013, 830 Rn. 12). Nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts war eine solche gemeinsame Eingangsstelle indessen nicht eingerichtet.
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Nachdem der Antragsteller die Verfristung seiner Beschwerdebegründung ersichtlich nicht in Frage gestellt und lediglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt hatte, bestand für das Oberlandesgericht (anders als in den vom BVerfG NJW-RR 2008, 446, 447 entschiedenen Fall) auch keine Veranlassung , weitere Ermittlungen anzustellen.
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(2) Etwas anderes folgt auch nicht aus der übrigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Zwar hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass eine Klagefrist durch Einreichen der Klage mitsamt einem Scheck für den Gerichtskostenvorschuss bei einer gemeinsamen Gerichtskasse gewahrt sein kann, auch wenn diese nicht ausdrücklich zur gemeinsamen Eingangsstelle bestimmt ist (BGH Urteil vom 24. Januar 1984 - IX ZR 36/83 - NJW 1984, 1239, 1240; vgl. auch Zöller/Greger ZPO 31. Aufl. Rn. 6). Diese Rechtsprechung ist jedoch auf den hier vorliegenden Fall nicht übertragbar. Der Bundesgerichtshof hatte damals entscheidend darauf abgestellt, dass die Justizverwaltungen den Zahlungsverkehr bei ihren Gerichtskassen derart organisiert haben, dass Schecks ab einem bestimmten Betrag nicht bei der Gerichtskasse des zuständigen Gerichts , sondern nur bei einer bestimmten Gerichtskasse angenommen werden, dabei die Klageschrift mit eingereicht werden muss und an das Gericht, an das sie adressiert ist, weitergeleitet wird. In solchen Fällen, in denen eine Verzögerung zwischen der Einreichung bei der gemeinsamen Gerichtskasse und dem Eingang beim zuständigen Gericht auf dieser besonderen, vom Bürger nicht ohne Weiteres durchschaubaren Organisation beruht, darf dies nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht zu Lasten des Bürgers gehen. Ähnlich wie bei der Einreichung bei einer gemeinsamen Eingangsstelle für mehrere Gerichte gilt in einem solchen Fall die Einreichung bei der gemeinsamen Gerichtskasse mitsamt einem Scheck zur Registrierung des Schecks und Weiterreichung der Klageschrift deshalb als Einreichung bei dem Gericht, an das der Schriftsatz adressiert ist, sofern die gemeinsame Gerichtskasse auch für dieses Gericht zuständig ist (BGH Urteil vom 24. Januar 1984 - IX ZR 36/83 - NJW 1984, 1239, 1240).
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Ein solcher Fall liegt hier indessen ersichtlich nicht vor.
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b) Ebenso steht es in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs , dass das Oberlandesgericht den Antrag des Antragstellers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen hat.
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aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt der Rechtsanwalt seiner Pflicht zur wirksamen Ausgangskontrolle fristwahrender Schriftsätze nur dann, wenn er seine Angestellten anweist, nach einer Übermittlung per Telefax anhand des Sendeprotokolls zu überprüfen, ob der Schriftsatz vollständig und an das richtige Gericht übermittelt worden ist. Erst danach darf die Frist im Fristenkalender gestrichen werden. Dabei darf sich die Kontrolle des Sendeberichts grundsätzlich nicht darauf beschränken, die auf diesem ausgedruckte Faxnummer mit der zuvor aufgeschriebenen, etwa in den Schriftsatz eingefügten Faxnummer zu vergleichen, sondern der Abgleich hat anhand eines zuverlässigen Verzeichnisses oder einer anderen geeigneten Quelle zu erfolgen, um auch etwaige Fehler bei der Ermittlung der Faxnummer aufdecken zu können (Senatsbeschluss vom 27. August 2014 - XII ZB 255/14 - FamRZ 2014, 1915 Rn. 7 mwN).
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bb) Zutreffend hat das Oberlandesgericht darauf verwiesen, dass weder dem Vorbringen des Antragstellers in seinem Wiedereinsetzungsgesuch noch der eidesstattlichen Versicherung der Mitarbeiterin seiner Verfahrensbevollmächtigten zu entnehmen ist, wie sichergestellt und kontrolliert wird, dass die Sendung an den richtigen Adressaten unter Verwendung der korrekten Empfängernummer übersandt wird. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde war das Oberlandesgericht nicht gehalten, den Antragsteller - auch - darauf hinzuweisen, dass seine Angaben den Anforderungen, die die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in solchen Fällen an die Ausgangskontrolle stellt, nicht genügten. Das Oberlandesgericht hatte ausdrücklich auf Bedenken an der Fristwahrung hingewiesen, weil die Rechtsmittelbegründung nicht beim Telefaxanschluss des Oberlandesgerichts eingegangen sei. Dabei war unstreitig, dass die Büromitarbeiterin statt der Telefaxnummer des Oberlandesgerichts die Nummer der Oberjustizkasse in den Schriftsatz eingefügt und entsprechend gewählt hatte. Bei dieser Sachlage war offensichtlich, dass ein Verschulden nur dann ausscheiden und damit eine Wiedereinsetzung möglich machen würde, wenn im Einzelnen unter Beachtung der vorzitierten Rechtsprechung dargelegt werden würde, welche Anweisung dafür bestanden hat, dass auch tatsächlich die richtige Telefaxnummer gewählt und dies kontrolliert wird. Eines gesonderten Hinweises hierauf bedurfte es mithin nicht, weshalb der Antragsteller auch nicht in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG verletzt ist.
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Soweit die Rechtsbeschwerde in diesem Kontext darauf hinweist, dass das Oberlandesgericht den Antragsteller gleichsam in Sicherheit gewogen habe , indem es mit Verfügung vom 28. Mai 2015 eine vergleichsweise Regelung angeregt habe, verkennt sie, dass zu diesem Zeitpunkt die Wiedereinsetzungsfrist , die mit dem Hinweis des Oberlandesgerichts vom 7. Januar 2015 zu laufen begann, längst abgelaufen war. Mag die Verfügung vor dem Hintergrund der Verfristung auch ein wenig unglücklich erscheinen, so ist sie jedenfalls für die nicht hinreichende Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs nicht kausal.
Dass der Antragsteller diesen Begründungsmangel in seiner Gegenvorstellung vom 5. August 2015, also nach Erlass der angefochtenen Entscheidung vom 20. Juli 2015, behoben hat, ist für die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung nicht von Belang. Dose Schilling Günter Botur Krüger
Vorinstanzen:
AG Minden, Entscheidung vom 04.09.2014 - 32 F 48/14 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 20.07.2015 - 9 UF 198/14 -

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten richten sich die Gebühren nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, soweit nichts anderes bestimmt ist. In Musterfeststellungsklagen nach Buch 6 der Zivilprozessordnung und in Rechtsstreitigkeiten aufgrund des Unterlassungsklagengesetzes darf der Streitwert 250 000 Euro nicht übersteigen.

(2) In nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten ist der Streitwert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, nach Ermessen zu bestimmen. Der Wert darf nicht über eine Million Euro angenommen werden.

(3) Ist mit einem nichtvermögensrechtlichen Anspruch ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Anspruch, und zwar der höhere, maßgebend.

(1) Für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der Einreichung der Klage, in der Rechtsmittelinstanz der Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels, bei der Verurteilung der Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, entscheidend; Früchte, Nutzungen, Zinsen und Kosten bleiben unberücksichtigt, wenn sie als Nebenforderungen geltend gemacht werden.

(2) Bei Ansprüchen aus Wechseln im Sinne des Wechselgesetzes sind Zinsen, Kosten und Provision, die außer der Wechselsumme gefordert werden, als Nebenforderungen anzusehen.