Oberlandesgericht Koblenz Beschluss, 14. Dez. 2016 - 2 OLG 4 Ss 68/16

ECLI:ECLI:DE:OLGKOBL:2016:1214.2OLG4SS68.16.00
bei uns veröffentlicht am14.12.2016

Tenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Betzdorf vom 5. November 2015 mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere als Strafrichter zuständige Abteilung des Amtsgerichts Betzdorf zurückverwiesen.

Gründe

I.

1

Das Amtsgericht verurteilte den Angeklagten mit Strafbefehl vom 13. Oktober 2015 wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 1.800,- Euro (60 Tagessätze iHv. je 30,- Euro); darüber hinaus entzog es ihm die Fahrerlaubnis unter Anordnung einer Sperre für die Neuerteilung von „noch weiteren“ neun Monaten. Auf den hiergegen eingelegten Einspruch des Angeklagten hat die Strafrichterin mit dem im Tenor genannten Urteil unter Bestätigung des Schuldspruchs und der Fahrerlaubnisentziehung auf eine Geldstrafe von 600,- Euro (60 Tagessätze iHv. je 10,- Euro) erkannt. Hinsichtlich der Sperrfrist hat das Gericht entschieden, dass dem Angeklagten vor Ablauf von „weiteren“ sechs Monaten keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf.

2

Nach den Feststellungen nahm der Angeklagte am 12. April 2015 nach dem Konsum von Amphetamin mit einem Pkw am öffentlichen Straßenverkehr teil. Als er sein Fahrzeug um 14.37 Uhr in B. in der S. Straße bewegte, verursachte er - nach den Feststellungen „aufgrund eines drogenbedingten Fahrfehlers“ - einen Unfall, indem er von hinten auf das Kfz der Zeugin K. auffuhr, welche ihre Fahrt verlangsamt hatte, um unter ordnungsgemäßem Setzen des Fahrtrichtungsanzeigers nach links in eine Seitenstraße abzubiegen. Die Geschädigte erlitt durch den heftigen Anprall ein Schleudertrauma; an ihrem Fahrzeug entstand ein Sachschaden in Höhe von ca. 4.500,- Euro. Bei dem Angeklagten wurde um 15.33 Uhr eine Amphetaminkonzentration im Blut von ca. 1,3 mg/l festgestellt. Zu welchem Zeitpunkt und in welcher Menge der Angeklagte vor der Fahrt Betäubungsmittel konsumierte, hat die Strafrichterin nicht festgestellt. Zur subjektiven Tatseite wird nur mitgeteilt, dass seine drogenbedingte Fahruntüchtigkeit für den Angeklagten erkennbar war.

3

Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte, der die Tat bestreitet und die Ursache für den Unfall allein in einem Fehlverhalten der Zeugin K. sieht, am 12. November 2015 schriftlich Revision eingelegt und dieses Rechtsmittel - allerdings unter Außerachtlassung der Formvorschrift des § 345 Abs. 2 StPO - mit der Verletzung formellen und sachlichen Rechts näher begründet. Durch Beschluss vom 20. Januar 2016 verwarf das Amtsgericht die Revision als unzulässig. Mit Beschluss vom 16. August 2016 hat der Senat dem Angeklagten auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gewährt. In der Folge hat der Angeklagte das Rechtsmittel durch den zwischenzeitlich gewählten Verteidiger begründen lassen; gerügt wird - ohne nähere Ausführungen - die Verletzung materiellen Rechts.

4

Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, den Schuldspruch dahingehend neu zu fassen, dass der Angeklagte der fahrlässigen Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung schuldig ist, das Urteil im Rechtsfolgenausspruch unter angemessener Herabsetzung der Rechtsfolgen abzuändern und die weitergehende Revision als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.

II.

1.

5

Das Rechtsmittel ist als Sprungrevision gemäß § 335 Abs. 1 StPO statthaft und auch sonst zulässig, insbesondere in der gesetzlich vorgeschriebenen Form eingelegt worden. Es ist ferner innerhalb der durch Zustellung der Entscheidung des Senats über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand neu in Gang gesetzten Begründungsfrist von einem Monat ordnungsgemäß und in der gesetzlich vorgeschriebenen Form begründet worden.

2.

6

In der Sache hat die Revision mit der erhobenen Sachrüge einen zumindest vorläufigen Erfolg. Der Schuldspruch wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs gemäß § 315c Abs. 1 Nr. 1a StGB wird von den dazu getroffenen Feststellungen nicht getragen. Nach dieser Vorschrift macht sich strafbar, wer im Straßenverkehr ein Fahrzeug führt, obwohl er infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet.

7

a) Dass der Angeklagte aufgrund der vor Fahrtantritt konsumierten Betäubungsmittel fahruntüchtig im Sinne der Nr. 1a war, ist nicht ausreichend dargelegt. Konkrete Ausfallerscheinungen, die auf den vorherigen Konsum von Betäubungsmitteln zurückzuführen sind, hat das Amtsgericht nicht festgestellt. Der Umstand, der Angeklagte habe kurze Zeit vor der Fahrt Amphetamin in einem Ausmaß zu sich genommen, dass dieses Betäubungsmittel unmittelbar nach dem Unfall noch in einer Konzentration von 1.300 ng/ml in seinem Blut festgestellt werden konnte, reicht nicht aus. Der Nachweis einer rauschmittelbedingten Fahrunsicherheit kann nicht allein durch einen bestimmten Blutwirkstoffbefund geführt werden. Gesicherte Erfahrungswerte, die es erlauben würden, bei Blutwirkstoffkonzentrationen oberhalb eines bestimmten Grenzwertes ohne weiteres auf eine rauschmittelbedingte Fahrunsicherheit zu schließen, bestehen - anders als bei Alkoholaufnahme - nicht. Es bedarf daher neben dem positiven Blutwirkstoffbefund grundsätzlich weiterer aussagekräftiger Beweisanzeichen, die im konkreten Einzelfall belegen, dass die Gesamtleistungsfähigkeit des Kraftfahrzeugführers soweit herabgesetzt war, dass er nicht mehr fähig gewesen ist, sein Fahrzeug im Straßenverkehr eine längere Fahrtstrecke, auch bei Eintritt schwieriger Verkehrslagen, sicher zu steuern, wobei die Anforderungen umso geringer sein können, je höher die festgestellte Wirkstoffkonzentration im Blut ist (vgl. BGH, 4 StR 111/15 v. 02.06.2015 - NZV 2015, 562 ; 4 StR 395/98 v. 03.11.1998 - BGHSt 44, 219 ; OLG Koblenz, 1 Ss 109/05 v. 28.04.2005 - Blutalkohol 43, 231 ; OLG Hamm, 3 RVs 45/10 v. 29.06.2010 - Blutalkohol 47, 433 ; Fischer, StGB, 61. Aufl. § 316 Rn. 39, 39a mwN.).

8

Zwar muss sich die rauschmittelbedingte Fahruntüchtigkeit nicht unbedingt in Fahrfehlern ausgewirkt haben; unter Umständen können auch Auffälligkeiten im Verhalten in der Anhaltesituation genügen, wenn sie konkrete Hinweise auf eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Wahrnehmungs- und Reaktionsfähigkeit geben (BGHSt 44, 219 : stark benommener, apathischer Eindruck; Mühe bei der Beantwortung von Fragen; lallende, verwaschene Aussprache; unsicherer Gang; OLG Koblenz aaO. Rn. 8 n. juris). Verhaltensauffälligkeiten von einer solchen Erheblichkeit hat das Amtsgericht vorliegend aber nicht festgestellt. Soweit in der Beweiswürdigung ausgeführt wird, Polizeikommissar M. habe vor Durchführung des Drogenschnelltests beim Angeklagten „typische Anzeichen für einen erfolgten Betäubungsmittelkonsum wie starkes Schwitzen und gerötete Augen“ wahrgenommen (UA, S. 6), reicht dies nicht aus, da nicht ersichtlich ist, wie und in welchem Ausmaß sich diese Symptome negativ auf die Fahrsicherheit des Angeklagten ausgewirkt haben könnten.

9

Auch der Umstand, dass der Angeklagte schuldhaft einen Verkehrsunfall verursacht hat, liefert für sich kein beweiskräftiges Indiz für eine rauschmittelbedingte Fahruntüchtigkeit. Denn der Fahrfehler des Angeklagten kann durchaus auf Umständen beruht haben, die nichts mit der Aufnahme von Betäubungsmitteln vor der Fahrt zu tun hatten. Auffahrunfälle wie der hier geschehene ereignen sich vielfach, ohne dass der Unfallverursacher in seiner Fahrtüchtigkeit beschränkt ist. So führt das Amtsgericht in der Beweiswürdigung selbst aus, es folge der Einschätzung des Unfallsachverständigen, nach dessen Ausführungen die Unfallursache auf Unachtsamkeit des Angeklagten zurückzuführen sei, der nicht registriert habe, dass das vor ihm fahrende Fahrzeug abgebremst und den linken Fahrtrichtungsanzeiger gesetzt hatte (vgl. UA, S. 5). Eine solche Unachtsamkeit kann auch einem uneingeschränkt fahrtüchtigen Fahrer unterlaufen, etwa durch Ablenkung oder zu dichtes Auffahren. Soweit das Amtsgericht in der Beweiswürdigung weiter ausgeführt hat, die auf das Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin der Universität M. vom 29. Mai 2015 gestützte Feststellung einer Wirkstoffkonzentration von 1.300 ng/ml lasse auf einen zum Unfallzeitpunkt „starken“ Amphetamineinfluss schließen (UA, S. 6), erschließt sich gleichwohl nicht, in welcher Weise diese hohe Konzentration die Fahrtüchtigkeit des Angeklagten konkret beeinflusste (etwa im Sinne einer Überschätzung, eingeschränkter Wahrnehmung oder verlangsamter Reaktionsfähigkeit). Zwar können die Anforderungen an die Feststellung von zusätzlichen Ausfallerscheinungen umso geringer sein, je höher die Wirkstoffkonzentration im Blut ist. Angesichts der erheblichen inter- als auch intraindividuellen Wirkungsunterschiede müssen die Urteilsgründe dann aber ergeben, dass die festgestellten Werte im Sinne einer konkreten Dosis-Konzentrations-Wirkungsbeziehung überhaupt als „hoch“ anzusehen sind (OLG Koblenz, aaO. Rn. 7 n. juris). Diese Fragen werden sich hier nicht ohne die Hinzuziehung eines rechtsmedizinischen Sachverständigen beantworten lassen.

10

b) Darüber hinaus wären aber auch die Feststellungen des Amtsgericht zur inneren Tatseite nicht geeignet, eine Strafbarkeit wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs in subjektiver Hinsicht zu tragen.

11

Ob der Täter (bedingten) Vorsatz hinsichtlich seiner Fahruntüchtigkeit hat, richtet sich nach den allgemeinen Grundsätzen. Voraussetzung ist, dass der Fahrzeugführer seine Fahruntüchtigkeit kennt oder zumindest mit ihr rechnet und sich damit abfindet. Maßgeblich ist, ob er eine so gravierende Beeinträchtigung seiner Leistungsfähigkeit zumindest für möglich hält, sich mit ihr abfindet oder billigend in Kauf nimmt, dass er den im Straßenverkehr zu stellenden Anforderungen nicht mehr genügt (vgl. BGH, 4 StR 401/14 v. 09.04.2015 - BGHSt 60, 227 ).

12

Das Amtsgericht hat zur inneren Tatseite nur ausgeführt, die drogenbedingte Fahruntüchtigkeit sei für den Angeklagten erkennbar gewesen (UA, S. 2). Abgesehen davon, dass - wie dargelegt - die Fahruntüchtigkeit selbst schon nicht festgestellt ist, fehlt es auch an der Darlegung von Umständen, aus denen zuverlässig geschlossen werden kann, dass der Angeklagte um seine Fahruntüchtigkeit wusste bzw. mit dieser rechnete und sich, darüber hinwegsetzend, gleichwohl ans Steuer seines Fahrzeugs setzte. Auch insoweit rechtfertigt die Höhe der Wirkstoffkonzentration im Blut zum Zeitpunkt des Unfalls allein einen solchen Schluss ohne Hinzutreten weiterer Umstände nicht. Es gibt keinen Erfahrungssatz dahingehend, dass ein Fahrzeugführer ab Aufnahme einer bestimmten Betäubungsmittelmenge seine Fahruntüchtigkeit erkennt. Die Höhe der Wirkstoffkonzentration ist nur ein mitunter gewichtiges, im Einzelfall aber widerlegbares Beweisanzeichen für das Vorliegen vorsätzlichen Handelns (vgl. für Alkoholkonzentration: BGH aaO. Rn. 9 n. juris; OLG Koblenz, 2 Ss 23/08 v. 27.02.2008 - NZV 2008, 304; ; 1 Ss 295/00 v. 19.04.2001 - NZV 2001, 357 ). Da die Dosis-Wirkungsbeziehungen nach dem Konsum von Betäubungsmitteln weitgehend ungeklärt und von Droge zu Droge verschieden sind, können weder aus der Tatsache des Drogenkonsums überhaupt noch aus der aufgenommenen Drogenmenge hinreichend sichere Schlüsse auf die innere Tatseite gezogen werden. Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass der Täter gerade infolge des Genusses von Betäubungsmitteln in seiner Erkenntnisfähigkeit eingeschränkt gewesen sein kann, so dass er - obwohl tatsächlich fahruntüchtig - geglaubt hat, noch fahrtüchtig zu sein (vgl. LK-StGB/König, 12. Aufl. § 316 Rn. 207).

13

c) Der Angeklagte könnte hier in Bezug auf die drogenbedingte Fahruntüchtigkeit - vorausgesetzt, diese lässt sich durch weitere Indizien begründen - möglicherweise fahrlässig im Sinne von § 315c Abs. 3 Nr. 2 StGB gehandelt haben. Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Täter sich bewusst oder unbewusst irrig für fahrtüchtig hält (Fischer, aaO. § 316 Rn. 48). Beim Fahren unter Betäubungsmitteleinfluss handelt jedenfalls derjenige fahrlässig, der vor Fahrtantritt Drogen konsumiert und sich dennoch an das Steuer seines Fahrzeuges setzt, ohne sicher gestellt zu haben, dass der Rauschmittelstoff schon soweit abgebaut ist, dass eine Beeinträchtigung sicher ausgeschlossen werden kann. Das erfordert ein ausreichendes, gegebenenfalls auch mehrtägiges Warten zwischen letztem Konsum und Fahrtantritt. Unabhängig vom Zeitpunkt des Drogenkonsums muss sich der Kraftfahrzeugführer aber hinreichend über die mögliche Wirkdauer der Droge erkundigen (vgl. Senat, 2 OWi 3 SsBs 44/16 v. 26.07.2016; 2 OWi 4 SsBs 38/16 v. 10.06.2016; 2 SsBs 30/14 v. 13.06.2014; OLG Celle, 321 SsBs 42/15 v. 30.04.2015 - VRS 128, 297 ff.; OLG Bremen, 1 SsBs 51/13 v. 18.06.2014 - NStZ-RR 2014, 257). In den Straßenverkehr darf sich nur begeben, wer sich seiner Fahrtüchtigkeit gewiss ist; vertraut der Fahrzeugführer hingegen auf ungesicherter Grundlage auf den vollständigen Abbau und die Wirkungslosigkeit zuvor konsumierter Betäubungsmittel und verwirklicht sich sein Einschätzungsrisiko, so handelt er objektiv und subjektiv fahrlässig (LK-StGB/König, aaO Rn. 225a).

3.

14

Da das Amtsgericht den Sorgfaltspflichtverstoß in Bezug auf die fahrlässige Körperverletzung zum Nachteil der Zeugin K. darin erkannt hat, dass der Angeklagte sich in Kenntnis drogenbedingter Fahruntüchtigkeit ans Steuer seines Fahrzeugs setzte und aufgrund dieses Zustands den Unfall verschuldete, kann auch der Schuldspruch wegen § 229 StGB keinen Bestand haben.

III.

15

Wegen dieser Rechtsfehler hat der Senat das Urteil mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben (§ 353 Abs. 1 u. 2 StPO) und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Abteilung des Amtsgerichts zurückverwiesen (§ 354 Abs. 2 S. 1 StPO).

16

Der neu mit der Sache befasste Tatrichter wird die Frage, ob der Angeklagte drogenbedingt fahruntüchtig war, unter Heranziehung eines rechtsmedizinischen Sachverständigen weiter aufzuklären haben.

17

Offensichtlich ist dem Angeklagten die Fahrerlaubnis gemäß § 111a StPO vorläufig entzogen worden, wobei die näheren Umstände sich nicht aus dem Urteil ergeben. Dass eine solche Maßnahme ausgesprochen wurde, entnimmt der Senat dem zweitletzten Absatz des Urteils, worin die Regelung des § 69a Abs. 4 StGB zitiert worden ist. Dies gibt Anlass darauf hinzuweisen, dass das Verfahren deshalb mit besonderer Beschleunigung durchzuführen ist (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl. § 111a Rn. 1 mwN.), zumal die Tatzeit schon mehr als ein Jahr und sieben Monate zurückliegt. Bei der gebotenen Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Täters sind bei der Entscheidung über die Verhängung einer Maßregel nach §§ 69, 69a StGB auch die Wirkungen einer vorläufigen Maßnahme nach § 111a StPO mit zu berücksichtigen (vgl. BGH, 3 StR 345/91 v. 11.09.1991 - BGHR StGB § 69 Abs 1 Entziehung 4; BayObLG, RReg 1 St 79/70 v. 30.09.1970 - NJW 1971, 206 ). Deshalb ist es erforderlich, dass sich das Urteil hierzu verhält.

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(2) Seitens des Angeklagten kann dies nur in einer von dem Verteidiger oder einem Rechtsanwalt unterzeichneten Schrift oder zu Protokoll der Geschäftsstelle geschehen.

(1) Ein Urteil, gegen das Berufung zulässig ist, kann statt mit Berufung mit Revision angefochten werden.

(2) Über die Revision entscheidet das Gericht, das zur Entscheidung berufen wäre, wenn die Revision nach durchgeführter Berufung eingelegt worden wäre.

(3) Legt gegen das Urteil ein Beteiligter Revision und ein anderer Berufung ein, so wird, solange die Berufung nicht zurückgenommen oder als unzulässig verworfen ist, die rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form eingelegte Revision als Berufung behandelt. Die Revisionsanträge und deren Begründung sind gleichwohl in der vorgeschriebenen Form und Frist anzubringen und dem Gegner zuzustellen (§§ 344 bis 347). Gegen das Berufungsurteil ist Revision nach den allgemein geltenden Vorschriften zulässig.

(1) Wer im Straßenverkehr

1.
ein Fahrzeug führt, obwohl er
a)
infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel oder
b)
infolge geistiger oder körperlicher Mängel
nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen, oder
2.
grob verkehrswidrig und rücksichtslos
a)
die Vorfahrt nicht beachtet,
b)
falsch überholt oder sonst bei Überholvorgängen falsch fährt,
c)
an Fußgängerüberwegen falsch fährt,
d)
an unübersichtlichen Stellen, an Straßenkreuzungen, Straßeneinmündungen oder Bahnübergängen zu schnell fährt,
e)
an unübersichtlichen Stellen nicht die rechte Seite der Fahrbahn einhält,
f)
auf Autobahnen oder Kraftfahrstraßen wendet, rückwärts oder entgegen der Fahrtrichtung fährt oder dies versucht oder
g)
haltende oder liegengebliebene Fahrzeuge nicht auf ausreichende Entfernung kenntlich macht, obwohl das zur Sicherung des Verkehrs erforderlich ist,
und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist der Versuch strafbar.

(3) Wer in den Fällen des Absatzes 1

1.
die Gefahr fahrlässig verursacht oder
2.
fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR111/15
vom
2. Juni 2015
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 2. Juni 2015 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO, § 354 Abs. 1 StPO analog beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten K. und S. gegen das Urteil des Landgerichts Landshut vom 21. November 2014 werden als unbegründet verworfen, das Rechtsmittel der Angeklagten K. jedoch mit der Maßgabe, dass hinsichtlich der in den Fällen II. 3 und II. 4 verhängten Einzelstrafen die Tagessatzhöhe auf 1,-- Euro festgesetzt wird. Jeder Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagte K. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und Maßnahmen nach §§ 69, 69a StGB angeordnet. Den Angeklagten S. hat es wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
2
Die dagegen gerichteten Revisionen der Angeklagten, die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützt sind, bleiben erfolglos (§ 349 Abs. 2 StPO). Das Rechtsmittel der Angeklagten K. führt lediglich zur Nachholung der Festsetzung der Tagessatzhöhe für die in den Fällen II. 3 und II. 4 der Urteilsgründe verhängten Einzelgeldstrafen. Der Erörterung bedarf – in Ergänzung der Ausführungen des Generalbundesanwalts in seinen Antragsschriften vom 29. April 2015 – lediglich Folgendes:

I.


3
Zur Revision der Angeklagten K. :
4
1. Mit der Verfahrensrüge beanstandet die Revision die Zurückweisung des Antrags auf Ladung und Vernehmung des Zeugen M. zum Beweis der Tatsache, der Zeuge A. sei „bei dessen Straftaten nach dem BtMG im Jahre 2007 bis 2009“ von dem gesondert verfolgten Kr. beliefert worden.
5
Die Rüge greift nicht durch.
6
a) Ob dem Antrag des Beschwerdeführers angesichts der pauschal auf einen Zeitraum von mehreren Jahren bezogenen, allgemein gehaltenen Beweisbehauptung überhaupt die Qualität eines Beweisantrags im Sinne von § 244 Abs. 3 StPO zukommt, kann der Senat offen lassen. Die Ablehnung des Antrags, den die Strafkammer als Beweisantrag aufgefasst hat, lässt jedenfalls keinen durchgreifenden Rechtsfehler erkennen.
7
b) Zwar ist dem Beschwerdeführer zuzugeben, dass die Begründung der Ablehnung des Beweisantrags rechtlich nicht unbedenklich war. Das Landgericht hat die Beweisbehauptung als wahr unterstellt und in der Beschlussbegründung weiter ausgeführt, dass die behaupteten (Indiz-)Tatsachen für die Entscheidung ohne Bedeutung seien, weil die Strafkammer im Falle ihres Erwiesenseins daraus nicht den zwingenden Schluss ziehen werde, das bei dem Angeklagten sichergestellte Rauschgift sei vollständig für den Zeugen A. oder eine unbekannte Person namens „Ma. “und deshalb nicht für die Angeklagte K. bestimmt gewesen. Der Ablehnungsgrund der Wahrunterstellung , der nur bei erheblichen Tatsachen in Betracht kommt, und der Ablehnungsgrund der Bedeutungslosigkeit schließen einander aber aus (BGH, Beschluss vom 30. November 2005 – 2 StR 431/05, StV 2007, 18, 19; Urteil vom 28. Mai 2003 – 2 StR 486/02, NStZ-RR 2003, 268). Die für den revisionsgerichtlichen Prüfungsumfang allein maßgebliche Angriffsrichtung dieser Verfahrensrüge (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 14. Juli 1998 – 4 StR 253/98, NStZ 1998, 636 sowie jüngst BGH, Urteil vom 14. April 2015 – 5 StR 20/15, Tz. 19) geht indes nicht auf den in der fehlerhaften Ablehnung des Beweisantrags liegenden Verfahrensmangel. Die Revision sieht diesen vielmehr in der fehlenden Auseinandersetzung des Urteils mit den als wahr unterstellten Tatsachen im Hinblick auf eine mögliche Erschütterung der Glaubhaftigkeit der die Angeklagte belastenden Angaben des Mitangeklagten S. , nachdem dieser zunächst einen „Ma. “ als Empfängerder Rauschgiftlieferung benannt hatte (RB S. 6, 10 oben). Wegen der Widersprüchlichkeit der Beschlussbegründung ist aber schon fraglich, ob in ihr überhaupt die Zusage einer Wahrunterstellung gesehen werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 28. Mai 2003 aaO). Jedenfalls übersieht der Beschwerdeführer, dass nicht jede Nichterwähnung einer als wahr unterstellten Beweistatsache im Urteil gleichbedeutend ist mit einem Erörterungsmangel. Vielmehr bedarf es einer Auseinandersetzung mit den als wahr unterstellten Tatsachen in den Urteilsgründen nur, wenn sie sich angesichts der im Übrigen gegebenen Beweislage aufdrängt und die Beweiswürdigung sich sonst als lückenhaft erwiese (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 28. Mai 2003 aaO; Beschluss vom 6. Juni 2002 – 1 StR 33/02, StV 2002, 641). Die Möglichkeit einer Falschbezichtigung der Angeklagten durch den Mitangeklagten hat die Strafkammer auch im Hinblick auf einen möglichen alternativen Adressaten der Betäubungsmittel -Lieferung namens „Ma. “ im Urteil im erforderlichen Umfang erörtert. Die Ausführungen stehen ersichtlich nicht im Widerspruch zur Begründung des Ablehnungsbeschlusses. Einer weiter gehenden Erörterung bedurfte es nicht. Denn die Vernehmung des Zeugen M. war, worauf der Generalbundesanwalt zutreffend hinweist, auf den Nachweis gerichtet, der Zeuge A. sei in früheren, nicht näher gekennzeichneten Fällen Abnehmer des Zeugen Kr. gewesen.
8
Das angefochtene Urteil würde auf einer fehlerhaften Handhabung der Ablehnungsgründe durch die Strafkammer auch nicht beruhen. Der Angeklagte war über die tatrichterliche Bewertung der Beweistatsache bereits durch die Begründung des Ablehnungsbeschlusses umfassend informiert. Er konnte sein Verteidigungsverhalten danach darauf einstellen, dass das Landgericht den ihm durch den Antragsinhalt angesonnenen Schluss auf die Unglaubwürdigkeit des Mitangeklagten allein auf der Grundlage der Beweisbehauptung voraussichtlich nicht ziehen würde, die endgültige Bewertung indes der abschließenden Gesamtwürdigung der Beweise vorbehalten bleiben würde. Schon damit waren seine Verteidigungsinteressen umfassend gewahrt; das Fehlen eines – hier nicht erforderlichen – Hinweises auf eine etwaige abweichende Beurteilung durch das Gericht im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung (vgl. dazu LRStPO /Becker, 26. Aufl., § 244 Rn. 310 mwN) wird von der Revision folglich auch nicht beanstandet.
9
2. Soweit das Landgericht die Angeklagte wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr verurteilt hat, weist der Senat auf seine ständige Rechtsprechung hin, wonach der Nachweis einer rauschmittelbedingten Fahrunsicherheit nicht allein durch einen bestimmten Blutwirkstoffbefund geführt werden kann (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 3. November 1998 – 4 StR 395/98, BGHSt 44, 219, 222 und vom 21. Dezember 2011 – 4 StR 477/11, NStZ 2012, 324). Gesicherte Erfahrungswerte, die es erlauben würden, bei Blutwirkstoffkonzentrationen oberhalb eines bestimmten Grenzwertes ohne weiteres auf eine rauschmittelbedingte Fahrunsicherheit zu schließen, bestehen nach wie vor nicht (Senatsbeschlüsse vom 3. November 1998 und vom 21. Dezember 2011, jeweils aaO; vgl. auch SSW-StGB/Ernemann, 2. Aufl., § 316 Rn. 30). Es bedarf daher neben dem positiven Blutwirkstoffbefund noch weiterer aussagekräftiger Beweisanzeichen, die im konkreten Einzelfall belegen, dass die Gesamtleistungsfähigkeit des betreffenden Kraftfahrzeugführers soweit herabgesetzt war, dass er nicht mehr fähig gewesen ist, sein Fahrzeug im Straßenverkehr eine längere Strecke, auch bei Eintritt schwieriger Verkehrslagen, sicher zu steuern (Senatsurteil vom 15. April 2008 – 4 StR 639/07, NZV 2008, 528, 529).
10
Zwar hat das Landgericht konkrete Feststellungen zu einem Fahrfehler nicht getroffen. Über die – nicht unerheblichen – Blutwirkstoffkonzentrationen hinaus entnimmt der Senat den Urteilsgründen aber weitere gewichtige Anzeichen für die Fahruntüchtigkeit der Angeklagten. Danach litt die Angeklagte bei der polizeilichen Kontrolle insbesondere unter Konzentrationsstörungen, verlangsamter Koordination und verwaschener Sprache; sie befand sich in einem schläfrigen Zustand. In Zusammenschau mit dem bei der anschließenden ärztlichen Untersuchung festgestellten auffällig stark gestörten Zeitempfinden ist die rauschmittelbedingte Fahruntüchtigkeit daher noch hinreichend dargelegt.
11
3. Die Strafkammer hat es in den Fällen II. 3 und II. 4 der Urteilsgründe unterlassen, die Tagessatzhöhe festzusetzen. Dieser Festsetzung bedarf es aber auch dann, wenn – wie hier – aus einer Einzelgeldstrafe und Einzelfreiheitsstrafen eine Gesamtfreiheitsstrafe zu bilden ist (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 27. April 2010 – 1 StR 122/10 mwN). In entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO (vgl. BGH, Beschluss vom 8. August 2008 – 2 StR 292/08; Beschluss vom 16. Dezember 2008 – 3 StR 503/08) setzt der Senat die Tagessatzhöhe auf den Mindestsatz von einem Euro (§ 40 Abs. 2 Satz 3 StGB) fest.

II.


12
Zur Revision des Angeklagten S. :
13
Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils hat auch unter Berücksichtigung der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
14
Es beschwert den Angeklagten nicht, dass das Landgericht den Strafrahmen des § 29a Abs. 2 BtMG im Fall II. 2 der Urteilsgründe nicht nur gemäß § 31 Satz 1, Nr. 1 BtMG, § 49 Abs. 1 StGB, sondern zusätzlich auch wegen Beihilfe gemildert hat. Trifft, wie hier, täterschaftlicher Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge tateinheitlich zusammen, entfällt die Strafmilderung wegen Beihilfe (vgl. BGH, Beschluss vom 2. Mai 2000 – 1 StR 146/00, NStZ-RR 2000, 312).
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Mutzbauer Quentin

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 401/14
vom
9. April 2015
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
––––––––––––––––––––––––––-
Zu den Anforderungen an die Beweiswürdigung bei Prüfung des bedingten Vorsatzes
bei einer Trunkenheitsfahrt.
BGH, Urteil vom 9. April 2015 - 4 StR 401/14 - LG Berlin
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
26. Februar 2015 in der Sitzung am 9. April 2015, an denen teilgenommen
haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible,
Richterin am Bundesgerichtshof
Roggenbuck,
Richter am Bundesgerichtshof
Cierniak,
Dr. Franke,
Dr. Mutzbauer
als beisitzende Richter,
Staatsanwältin
als Vertreterin des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung -
als Verteidiger,
Justizangestellte - in der Verhandlung -,
Justizangestellte - bei der Verkündung -
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 13. Mai 2014 mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte im Fall II. 4. der Urteilsgründe wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr verurteilt worden ist sowie im Gesamtstrafenausspruch und im Ausspruch über die Dauer der Sperre für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen, vorsätzlichen Vollrausches, vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit Nötigung, vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr und wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und eine Sperre von zwei Jahren für die Erteilung der Fahrerlaubnis angeordnet. Die Revision des Angeklagten gegen dieses Urteil ist mit der allgemeinen Sachrüge begründet; die Nichtanordnung einer Unterbringung nach § 64 StGB ist vom Revisionsangriff ausgenommen worden.
2
Das Rechtsmittel hat Erfolg, soweit das Landgericht den Angeklagten wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr (Fall II. 4. der Urteilsgründe) verurteilt hat; im Übrigen ist das Rechtsmittel aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 6. Oktober 2014 unbegründet.

I.


3
Soweit für die Verurteilung im Fall II. 4. der Urteilsgründe von Bedeutung, hat das Landgericht folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
4
1. Am späten Vormittag des 27. April 2013 hielt sich der alkoholkranke Angeklagte in erheblich alkoholisiertem Zustand auf dem Hofgelände des „R. “ in Berlin auf, wo sich viele Bars und Clubs befinden. Nach einer verbalen Auseinandersetzung mit unbekannt gebliebenen Personen, bei der er sich bei 12 Grad Celsius Außentemperatur die Oberbekleidung vom Körper riss, setzte sich der Angeklagte in einen Pkw und fuhr mit diesem gegen 11.30 Uhr mit nicht angepasster Geschwindigkeit mehrfach über das private Hofgelände, wobei er das Fahrzeug wiederholt mit Handbremsenkehren und quietschenden Reifen wendete. Dabei fuhr er auch auf den im Innern eines geöffneten Werktores stehenden Zeugen Z. zu. Obwohl die unbekannt gebliebene Personengruppe ihn wegen seiner Alkoholisierung mehrfach aufzuhalten versuchte, verließ der Angeklagte mit dem Pkw das Gelände und befuhr öffentliche Straßen, bis er durch Polizeibeamte gestoppt werden konnte. Der Angeklagte wusste, dass er nicht im Besitz einer Fahrerlaubnis war und nahm zumindest billigend in Kauf, dass er infolge seiner alkoholischen Beeinflussung nicht in der Lage war, das Fahrzeug sicher zu führen. Eine ihm um 13.05 Uhr entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 1,24 ‰ und den Nachweis der Einnahme von Cannabinoiden. Er war aufgrund der Mischintoxikation vermindert schuldfähig.
5
2. Das Landgericht hat angenommen, der Angeklagte habe hinsichtlich der absoluten Fahruntüchtigkeit zumindest mit Eventualvorsatz gehandelt. Dies ergebe sich schon daraus, dass der Zeuge Z. ausgesagt habe, die Personengruppe habe den Angeklagten gerade auch wegen seiner deutlichen Alkoholisierung zum Anhalten und Aussteigen bewegen wollen.

II.


6
Die Beweiswürdigung zum bedingten Vorsatz der Trunkenheitsfahrt hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand; sie ist lückenhaft.
7
1. Ob der Täter des § 316 StGB bedingten Vorsatz hinsichtlich der Fahruntüchtigkeit hat, richtet sich nach den allgemeinen Grundsätzen. Diese verlangen nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass der Täter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges als möglich und nicht ganz fernliegend erkennt, ferner dass er ihn billigt oder sich um des erstrebten Zieles willen zumindest mit der Tatbestandsverwirklichung abfindet (BGH, Urteil vom 9. Mai 1990 – 3 StR 112/90, BGHR StGB § 15 Vorsatz, bedingter 7 mwN). Eine Bestrafung wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr setzt daher voraus, dass der Fahrzeugführer seine alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit kennt oder zumindest mit ihr rechnet und sich damit abfindet (vgl. nur Brandenburgisches OLG, Blutalkohol 50, 138 (2013); OLG Hamm, NZV 2005, 161, jeweils mwN; SSW-StGB/Ernemann, 2. Aufl., § 316 Rn. 32; LK-StGB/König, 12. Aufl., § 316 Rn. 186; Fischer, StGB, 62. Aufl., § 316 Rn. 44). Maßgeblich ist, ob der Fahrzeugführer eine so gravierende Beeinträchtigung seiner Leistungsfähigkeit zumindest für möglich hält und sich mit ihr abfindet oder billigend in Kauf nimmt, dass er den im Verkehr zu stellenden Anforderungen nicht mehr genügt (MüKoStGB /Groeschke, 1. Aufl., § 316 Rn. 83). Absolute Grenzwerte müssen vom Vorsatz nicht umfasst sein, da es sich bei ihnen nicht um Tatbestandsmerkmale , sondern um Beweisregeln handelt (Groeschke aaO; ebenso SSWStGB /Ernemann, 2. Aufl., § 316 Rn. 32; LK-StGB/König, 12. Aufl., § 316 Rn. 188).
8
2. Vom Vorliegen eines bedingten Vorsatzes muss sich der Tatrichter – wievom Vorliegen der übrigen Tatbestandsmerkmale auch – auf der Grundlage einer Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Tatumstände überzeugen (§ 261 StPO). Dabei hat er in seine Erwägungen auch diejenigen Umstände einzubeziehen, die seine Überzeugung vom Vorliegen eines bedingten Vorsatzes in Frage stellen könnten (st. Rspr.; vgl. nur Senatsurteil vom 22. März 2012 – 4 StR 558/11, BGHSt 57, 183, Tz. 33 mwN [zum bedingten Tötungsvorsatz]). Andererseits ist er in diesem Zusammenhang auch durch den Zweifelssatz nicht gehalten, zu Gunsten des Täters Tatvarianten zu unterstellen , für deren Vorliegen keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte vorhanden sind (vgl. nur BGH, Urteil vom 24. Januar 2008 – 5 StR 253/07, NStZ 2008, 575 mwN) oder auf die sich der Angeklagte selbst nicht berufen hat (Senatsurteile vom 12. Januar 2012 – 4 StR 499/11, Tz. 5 mwN; Urteil vom 11. April 2002 – 4 StR 585/01, NStZ-RR 2002, 243). Unter welchen Voraussetzungen er zu welcher Schlussfolgerung und Überzeugung kommen muss, kann ihm nicht vorgeschrieben werden; an Beweisregeln ist er insofern nicht gebun- den (BGH, Urteil vom 9. Februar 1957 – 2 StR 508/56, BGHSt 10, 208, 210; Senatsbeschluss vom 19. August 1993 – 4 StR 627/92, BGHSt 39, 291, 295). Dementsprechend ist auch die revisionsgerichtliche Prüfung darauf beschränkt, ob das Ergebnis des Tatrichters hinsichtlich der Annahme bedingten Vorsatzes auf möglichen Schlüssen beruht (SSW-StGB/Ernemann, 2. Aufl., § 316 Rn. 34). Nach Auffassung des Senats ergibt sich daraus Folgendes:
9
3. Zwar gibt es keinen naturwissenschaftlich oder medizinisch gesicherten Erfahrungssatz, dass derjenige, der eine Alkoholmenge trinkt, die zu einer die Grenze der absoluten Fahruntüchtigkeit übersteigenden Blutalkoholkonzentration führt, seine Fahruntüchtigkeit auch erkennt (Senatsbeschluss vom 25. August 1983 – 4 StR 452/83, VRS 65, 359; KG Berlin, VRS 126, 95; Brandenburgisches OLG, Blutalkohol 50, 138 (2013); Blutalkohol 47, 426 (2010); VRS 117, 195 (2009); OLG Hamm, Blutalkohol 49, 164 (2012); VRS 107, 431 (2004); NZV 1999, 92; OLG Düsseldorf, Blutalkohol 47, 428 (2010); OLG Stuttgart , NStZ-RR 2011, 187; Blutalkohol 47, 139 (2010); OLG Köln, DAR 1999, 88; DAR 1997, 499; in einer nicht tragenden Erwägung abweichend OLG Celle, NZV 2014, 283). Bei Prüfung der Frage, ob ein Fahrzeugführer den Tatbestand des § 316 StGB bedingt vorsätzlich verwirklicht hat, ist aber eine solche Blutalkoholkonzentration ein gewichtiges Beweisanzeichen für das Vorliegen vorsätzlichen Handelns. Diese in Rechtsprechung und Schrifttum (eingehende Nachweise bei LK-StGB/König, 12. Aufl., § 316 Rn. 191 ff.) nahezu einhellig vertretene Auffassung ändert aber nichts an der Geltung des Grundsatzes der freien richterlichen Beweiswürdigung gemäß § 261 StPO, wonach der Tatrichter den Grad der Alkoholisierung mit dem ihm zukommenden Gewicht – für sich genommen oder zusammen mit anderen Indizien – in seine Überzeugungsbildung vom Vorliegen bedingt vorsätzlichen oder fahrlässigen Handelns einzubeziehen hat.
10
Der Tatrichter ist deshalb durch § 261 StPO nicht gehindert anzunehmen , dass eine Blutalkoholkonzentration umso eher für eine vorsätzliche Tat spricht, je höher sie ist (vgl. BGH, Beschluss vom 25. August 1983 – 4 StR 452/83, VRS 65, 359, 361). Er muss sich jedoch bewusst sein, dass er sich lediglich auf ein (widerlegbares) Indiz stützt, das zwar gewichtig ist, aber im Einzelfall der ergänzenden Berücksichtigung anderer Beweisumstände bedürfen kann. Will er die Annahme bedingten Vorsatzes damit begründen, dass ein Täter mit einer hohen Blutalkoholkonzentration im Allgemeinen weiß, dass er große Mengen Alkohol getrunken hat, so dass sich ihm die Möglichkeit einer Fahruntüchtigkeit aufdrängt, muss er erkennen lassen, dass er lediglich einen Erfahrungssatz mit einer im konkreten Fall widerlegbaren Wahrscheinlichkeitsaussage zur Anwendung bringt, nicht aber einen wissenschaftlichen Erfahrungssatz (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 4. März 1988 – 3 StR 518/87, BGHR StPO § 261 Erfahrungssatz 2). Es ist deshalb einerseits nicht ausgeschlossen, dass der Vorwurf bedingt vorsätzlichen Handelns trotz Aufnahme einer erheblichen Alkoholmenge im konkreten Fall – etwa wegen eines länger zurückliegenden Zeitraums der Alkoholaufnahme oder bei Konsum von Mixgetränken mit unbekanntem Alkoholanteil – als entkräftet angesehen werden kann (vgl. Senatsbeschluss vom 15. November 1990 – 4 StR 486/90, NZV 1991, 117 [BAK von 2,4 ‰ bei Entschluss zur Fahrt]; vgl. zur Erforderlichkeit von Feststellungen zu Trinkverlauf und Trinkende auch Senatsbeschluss vom 23. September 2006 – 4 StR 322/06, Blutalkohol 44, 35 (2007)). Andererseits kann – wenn keine Besonderheiten vorliegen – auch im Einzelfall schon allein die die Aufnahme einer die Grenze zur absoluten Fahruntüchtigkeit von 1,1 ‰ nur knapp überschreitenden Alkoholmenge dem Tatrichter die Überzeugung von einer vorsätzlichen Tatbegehung verschaffen (vgl. OLG Koblenz, NZV 2008, 304; 2001, 357 m. Anm. Scheffler, Blutalkohol 38, 468 (2001); OLG Celle, NZV 2014, 283; OLG Düsseldorf, NZV 1994, 367; vgl. auch Senatsbeschluss vom 25. August 1983 – 4 StR 452/83, VRS 65, 359, 361). Schematische Erwägungen der oberge- richtlichen Rechtsprechung etwa dahin, die Notwendigkeit ergänzender Feststellungen zur Begründung des bedingten Vorsatzes bestehe vornehmlich im Bereich von Blutalkoholkonzentrationen zwischen 1,10 und 2,00 ‰ und nehme daher mit der Höhe der festgestellten BAK „reziprok“ ab (so OLG Düsseldorf, NZV 1994, 367), vermögen, zumal sie in dieser Allgemeinheit nicht zutreffen, die Würdigung der Beweisanzeichen des konkreten Einzelfalles nicht zu ersetzen.
11
4. Nicht vereinbar mit den vorgenannten Grundsätzen ist ferner die obergerichtliche Rechtsprechung, soweit sie annimmt, bei weit über dem Grenzwert zur absoluten Fahruntüchtigkeit liegenden Blutalkoholwerten verringere sich die Erkenntnis- und Kritikfähigkeit in einer den Vorsatz ausschließenden Weise und es trete (erneut) vorsatzausschließender Glaube an die Fahrtüchtigkeit ein (so etwa KG Berlin, NStZ-RR 2015, 91; 2014, 321; Brandenburgisches OLG, Blutalkohol 47, 33 (2010); OLG Zweibrücken, Blutalkohol 37, 191 (2000); OLG Hamm, NZV 1999, 92). Denn diese Auffassung beruht auf einem nicht vorhandenen Erfahrungssatz (OLG Düsseldorf, NZV 1994, 367, 368; Nehm, Festschrift Salger 1995, S. 115, 118 f.; Tolksdorf, 33. VGT 1995, S. 79, 82). Vielmehr beseitigt eine bei steigender Blutalkoholkonzentration möglicherweise eintretende Selbstüberschätzung der eigenen Leistungsfähigkeit nicht die Kenntnis , eine große Menge Alkohol im Blut zu haben und nach den geltenden Regeln deshalb nicht mehr fahren zu dürfen. Dass bei Blutalkoholkonzentrationen von mehr als 2 ‰ die Steuerungsfähigkeit bzw. das Hemmungsvermögen erheblich herabgesetzt sein kann, ändert daher regelmäßig nichts an der für den Vorsatz allein maßgeblichen Einsicht, dass das Fahren im öffentlichen Verkehr in diesem Zustand verboten ist. Dass der Fahruntüchtige möglicherweise hofft, die vorgesehene Fahrstrecke unfallfrei bewältigen zu können, lässt den Vorsatz unberührt. Erst wenn durch den Grad der Trunkenheit die Einsichtsfähigkeit nachhaltig beeinträchtigt ist, kommt ein Vorsatzausschluss in Betracht.
12
5. Gemessen daran hat die Strafkammer ihre Überzeugung vom Vorliegen bedingten Vorsatzes hinsichtlich der alkoholbedingten Fahruntüchtigkeit nicht hinreichend begründet.
13
a) Zwar spricht die festgestellte Alkoholisierung von 1,24 ‰ grundsätzlich für die Kenntnis des Angeklagten von seiner Fahruntüchtigkeit. Indes schließt die Strafkammer die Feststellung, dass der Angeklagte mit zumindest bedingtem Vorsatz gehandelt hat, allein aus dem Umstand, dass die Personengruppe den Angeklagten wegen seiner deutlichen Alkoholisierung zum Anhalten und Aussteigen zu bewegen versucht habe. Das Urteil enthält aber keinerlei Feststellungen dazu, dass der Angeklagte diese Anhalteversuche überhaupt bemerkt und den Grund hierfür erkannt hat. Zum Trinkverlauf und insbesondere zum Trinkende hat das Landgericht keine Feststellungen getroffen, obwohl diese angesichts der festgestellten Tatzeit von Bedeutung sein konnten. Auch das sonst auffällige Verhalten des Angeklagten hat das Landgericht zur Begründung des Vorsatzes nicht herangezogen. Daher erweist sich die Beweiswürdigung als lücken- und damit rechtsfehlerhaft.
14
b) Die Aufhebung des Urteils im Fall II. 4. der Urteilsgründe, die auch die (rechtsfehlerfreie) tateinheitliche Verurteilung wegen Fahrens ohne Fahrerlaub- nis erfasst, zieht die Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtstrafe und des Maßregelausspruchs nach sich.
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Franke Mutzbauer

(1) Wer im Straßenverkehr

1.
ein Fahrzeug führt, obwohl er
a)
infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel oder
b)
infolge geistiger oder körperlicher Mängel
nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen, oder
2.
grob verkehrswidrig und rücksichtslos
a)
die Vorfahrt nicht beachtet,
b)
falsch überholt oder sonst bei Überholvorgängen falsch fährt,
c)
an Fußgängerüberwegen falsch fährt,
d)
an unübersichtlichen Stellen, an Straßenkreuzungen, Straßeneinmündungen oder Bahnübergängen zu schnell fährt,
e)
an unübersichtlichen Stellen nicht die rechte Seite der Fahrbahn einhält,
f)
auf Autobahnen oder Kraftfahrstraßen wendet, rückwärts oder entgegen der Fahrtrichtung fährt oder dies versucht oder
g)
haltende oder liegengebliebene Fahrzeuge nicht auf ausreichende Entfernung kenntlich macht, obwohl das zur Sicherung des Verkehrs erforderlich ist,
und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist der Versuch strafbar.

(3) Wer in den Fällen des Absatzes 1

1.
die Gefahr fahrlässig verursacht oder
2.
fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.


Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Westerburg vom 27. März 2014 wird auf seine Kosten (§ 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO) als offensichtlich unbegründet verworfen.

Gründe

1

Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund der nicht näher ausgeführten Sachrüge hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben (§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG i.V.m. § 349 Abs. 2 und 3 StPO).

2

Ergänzend zur Antragsschrift der Generalstaatsanwaltschaft vom 22. Mai 2014 bemerkt der Senat:

3

1. Die Feststellungen des Amtsgerichts tragen den Schuldspruch wegen fahrlässig begangener Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2 und 3 StVG zur äußeren und inneren Tatseite.

4

Für die Erfüllung des Tatbestandes des § 24a Abs. 2 StVG ist der Nachweis der berauschenden Substanz in einer Konzentration erforderlich, die eine Beeinträchtigung der Fahrsicherheit zumindest als möglich erscheinen lässt und damit die in Satz 2 dieser Bestimmung aufgestellte gesetzliche Vermutung rechtfertigt (BVerfG NJW 2005, 349). Das ist nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft jedenfalls dann der Fall, wenn zumindest der in der Empfehlung der Grenzwertkommission vom 20. November 2002 (BA 2005, 160) angegebene Nachweisgrenzwert erreicht ist. Dieser beträgt für THC (Cannabis) 1,0 ng/ml (BVerfG a.a.O.; ständige Rechtsprechung, z.B. OLG Koblenz, Beschlüsse 1 Ss 189/05 vom 14.07.2005, 1 SsBs 45/10 vom 08.07.2010 und 2 Ss 46/12 vom 22.05.2012) und für Amphetamin 25 ng/ml (OLG Koblenz Beschlüsse 1 SsBs 19/08 vom 25.08.2008 und 2 Ss 46/12 vom 22.05.2012; OLG München StV 2006, 531; OLG Hamm Beschluss III-3 Rvs 19/11 vom 05.04.2011, juris). Nach den tatrichterlichen Feststellungen wurden 1,2 ng/ml THC und 35 ng/ml Amphetamin im Blut des Betroffenen festgestellt. Die Grenzwerte waren demnach für beide Substanzen überschritten.

5

Daneben muss der Betroffene schuldhaft i. S. d. § 24a Abs. 2 und 3 StVG, also vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt haben. Das ist dann der Fall, wenn der Betroffene neben der Kenntnis von dem Drogenkonsum selbst die Möglichkeit fortdauernder Wirkung des berauschenden Mittels im Tatzeitpunkt entweder erkannt hat oder diese zumindest hätte erkennen können. Fahrlässig handelt danach jedenfalls, wer vor Fahrtantritt Drogen konsumiert hat und sich dennoch an das Steuer seines Fahrzeuges setzt, ohne sicherzustellen, dass der Rauschmittelstoff vollständig unter den analytischen Grenzwert abgebaut ist (OLG Koblenz, Beschluss 1 SsBs 75/13 vom 27.01.2014; OLG Frankfurt/Main NStZ-RR 2013, 47 m.w.N.; KG NZV 2009, 572 f.; OLG Hamm, 3. Strafsenat, Beschluss 3 RVs 19/11 vom 05.04.2011, zit. n. juris). Unabhängig vom Zeitpunkt des Drogenkonsums muss sich ein Kraftfahrzeugführer daher hinreichend über die mögliche Wirkdauer der Droge erkundigen (OLG Koblenz a.a.O.; OLG Frankfurt a.a.O.; OLG Hamm a.a.O.). Nur wer sich der Gefahrlosigkeit der Fahrt gewiss sein kann, darf sich in den Straßenverkehr begeben; ansonsten handelt er fahrlässig. So wie ein Kraftfahrzeugführer, der legale Medikamente einnimmt, verpflichtet ist, die Gebrauchsanleitung des Medikaments zu beachten (vgl. OLG Hamm a.a.O.) und – wenn er über keine verfügt – Erkundigungen einholen muss, so kann und muss sich ein Kraftfahrzeugführer, der verbotenerweise Drogen konsumiert hat, Kenntnis darüber verschaffen, wie lange deren Wirkung andauert. Denn noch weniger als beim Alkohol kann der Wirkverlauf von Drogen von dem Betroffenen selbst eingeschätzt werden (OLG Koblenz a.a.O.; OLG Frankfurt a.a.O.).

6

Ergibt sich aus einer entsprechenden durch Indizien gestützten Einlassung des Betroffenen, dass er bei einer solchen Fallgestaltung zuverlässige Erkundigungen eingeholt und sich an die erteilten Empfehlungen gehalten hat, ist der Tatrichter gehalten, sich angesichts der entgegenstehenden Messwerte mit der Möglichkeit eines solchen Tatverlaufs auseinanderzusetzen. Fehlt es aber diesbezüglich an realen Anhaltspunkten, so ist er dagegen nicht gehalten, einen solchen Sachverhalt zu Gunsten des Betroffenen zu unterstellen (OLG Frankfurt a.a.O. m.w.N.; vgl. Meyer-Goßner, StPO, 57. Auflage, § 261 Rn. 26 m.w.N.; BGH NStZ-RR 2005, 147).

7

Vorliegend hat die Hauptverhandlung insoweit lediglich ergeben, dass der Betroffene gegenüber den ihn in den frühen Abendstunden kontrollierenden Polizeibeamten angegeben hatte, zwei Tage vor der Tat Cannabis und am Vortag Amphetamin konsumiert zu haben. Nähere Angaben zum Zeitpunkt und Umfang des Drogenkonsums und Angaben zu Erkundigungen zum Wirkverlauf hat er nicht gemacht. Nachdem der Betroffene durch Verteidigerschriftsatz seine Fahrereigenschaft eingeräumt und mitgeteilt hatte, dass er keine weiteren Angaben zur Sache machen werde, war er antragsgemäß von der Pflicht zum Erscheinen in der Hauptverhandlung entbunden worden. Weder er noch sein vertretungsberechtigter Verteidiger erschienen zur Hauptverhandlung. Bei dieser Sachlage ist der Tatrichter zu Recht von fahrlässiger Tatbegehung ausgegangen.

8

2. Der Bußgeldrichter hat zwar den für Fahrlässigkeitstaten geltenden Bußgeldrahmen mit fünf Euro bis zu 3.000 Euro mitgeteilt. Tatsächlich beträgt der Bußgeldrahmen nach § 24a Abs. 4 StVG i.V.m. § 17 Abs. 1 und 2 OWiG für die fahrlässige Tatbegehung indes fünf Euro bis zu 1.500 Euro. Der Senat kann aber ausschließen, dass die Bußgeldbemessung auf diesem Rechtsfehler beruht (§ 337Abs. 1 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG). Denn der Bußgeldrichter hat sich sowohl bei der Bußgeldbemessung als auch bei der Anordnung des Fahrverbots von den in der Bußgeldkatalogverordnung vorgesehenen Regelsanktionen leiten lassen und hat Gründe für eine Abweichung nicht gesehen. Dementsprechend hat er die bei Eintragung bereits einer Entscheidung nach § 24a StVG, §§ 316, 315c Abs. 1 Nr. 1 lit. a StGB nach Lfd. Nr. 242.1 BKat in den Fassungen vom 14. März 2013 und vom 16. April 2014 inhaltsgleich vorgesehene Regelgeldbuße von 1000 Euro und das Regelfahrverbot von drei Monaten verhängt.

9

Die Bußgeldbemessung ist auch nicht deshalb rechtsfehlerhaft, weil der Bußgeldrichter eine nähere Aufklärung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen unterlassen hat. Gemäß § 17 Abs. 3 Satz 2 OWiG sind bei nicht geringfügigen Ordnungswidrigkeiten die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters bei der Bußgeldbemessung in Betracht zu ziehen. Nach ständiger Rechtsprechung beider Bußgeldsenate des Oberlandesgerichts Koblenz (z.B. Beschlüsse 2 SsBs 128/12 vom 26.08.2013, 2 SsBs 108/10 vom 24.9.2010, 1 SsBs 109/12 vom 19.11.2012, 1 Ss 289/06 vom 03.01.2007 m.w.N. - ZfSch 2007, 231 f., zit. n. juris Rn. 21) ist bei einer Ahndung mit Geldbuße von mehr als 250 Euro von einer nicht geringfügigen Ordnungswidrigkeit auszugehen, die die Aufklärung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen zur Bußgeldbemessung auch dann erfordert, wenn es sich um die Regelsanktion nach dem Bußgeldkatalog handelt. Demgegenüber ist der 3. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgericht Hamm der Auffassung, dass bei der Verhängung der im Bußgeldkatalog vorgesehenen Regelgeldbußen unabhängig von der Höhe der Geldbuße grundsätzlich keine näheren Ausführungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen in den Urteilsgründen erforderlich sind und anderes nur dann gilt, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse außergewöhnlich gut oder schlecht sind (OLG Hamm, 3. Senat für Bußgeldsachen, DAR 2012, 400; Beschluss 3 RVs 35/12 vom 31.05.2012, zit. n. juris; NZV 1996, 246; s.a. OLG Hamm, 1. Senat für Bußgeldsachen, Beschluss 1 RBs 72/13 vom 13.06.2013, zit. n. juris Rn. 14 ff. m. ausfl. Begr., wonach bei Festsetzung der Regelgeldbuße jedenfalls dann keine Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen erforderlich sind, wenn der Betroffene dazu keine Angaben macht). Es kann hier offen bleiben, ob dem grundsätzlich zu folgen ist. Hier hat der Bußgeldrichter die Regelgeldbuße verhängt, die bereits im Bußgeldbescheid festgesetzt worden war. Wenn der – anwaltlich vertretene – Betroffene sich dann unter Berufung darauf, keine weiteren Angaben zur Sache machen zu wollen, von der Erscheinenspflicht entbinden lässt und auch sein vertretungsberechtigter Verteidiger nicht zur Hauptverhandlung erscheint, bringt er zum Ausdruck, dass der Frage einer fehlenden oder verminderten Leistungsfähigkeit nicht weiter nachgegangen werden muss, er also in der Lage ist, diese Geldbuße zu zahlen (vgl. OLG Koblenz, 1. Bußgeldsenat, Beschluss 1 SsBs 109/11 vom 15.12.2011).

Wer durch Fahrlässigkeit die Körperverletzung einer anderen Person verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Sind dringende Gründe für die Annahme vorhanden, daß die Fahrerlaubnis entzogen werden wird (§ 69 des Strafgesetzbuches), so kann der Richter dem Beschuldigten durch Beschluß die Fahrerlaubnis vorläufig entziehen. Von der vorläufigen Entziehung können bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen ausgenommen werden, wenn besondere Umstände die Annahme rechtfertigen, daß der Zweck der Maßnahme dadurch nicht gefährdet wird.

(2) Die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis ist aufzuheben, wenn ihr Grund weggefallen ist oder wenn das Gericht im Urteil die Fahrerlaubnis nicht entzieht.

(3) Die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis wirkt zugleich als Anordnung oder Bestätigung der Beschlagnahme des von einer deutschen Behörde ausgestellten Führerscheins. Dies gilt auch, wenn der Führerschein von einer Behörde eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ausgestellt worden ist, sofern der Inhaber seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hat.

(4) Ist ein Führerschein beschlagnahmt, weil er nach § 69 Abs. 3 Satz 2 des Strafgesetzbuches eingezogen werden kann, und bedarf es einer richterlichen Entscheidung über die Beschlagnahme, so tritt an deren Stelle die Entscheidung über die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis.

(5) Ein Führerschein, der in Verwahrung genommen, sichergestellt oder beschlagnahmt ist, weil er nach § 69 Abs. 3 Satz 2 des Strafgesetzbuches eingezogen werden kann, ist dem Beschuldigten zurückzugeben, wenn der Richter die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Fehlens der in Absatz 1 bezeichneten Voraussetzungen ablehnt, wenn er sie aufhebt oder wenn das Gericht im Urteil die Fahrerlaubnis nicht entzieht. Wird jedoch im Urteil ein Fahrverbot nach § 44 des Strafgesetzbuches verhängt, so kann die Rückgabe des Führerscheins aufgeschoben werden, wenn der Beschuldigte nicht widerspricht.

(6) In anderen als in Absatz 3 Satz 2 genannten ausländischen Führerscheinen ist die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis zu vermerken. Bis zur Eintragung dieses Vermerkes kann der Führerschein beschlagnahmt werden (§ 94 Abs. 3, § 98).

(1) Entzieht das Gericht die Fahrerlaubnis, so bestimmt es zugleich, daß für die Dauer von sechs Monaten bis zu fünf Jahren keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf (Sperre). Die Sperre kann für immer angeordnet werden, wenn zu erwarten ist, daß die gesetzliche Höchstfrist zur Abwehr der von dem Täter drohenden Gefahr nicht ausreicht. Hat der Täter keine Fahrerlaubnis, so wird nur die Sperre angeordnet.

(2) Das Gericht kann von der Sperre bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen ausnehmen, wenn besondere Umstände die Annahme rechtfertigen, daß der Zweck der Maßregel dadurch nicht gefährdet wird.

(3) Das Mindestmaß der Sperre beträgt ein Jahr, wenn gegen den Täter in den letzten drei Jahren vor der Tat bereits einmal eine Sperre angeordnet worden ist.

(4) War dem Täter die Fahrerlaubnis wegen der Tat vorläufig entzogen (§ 111a der Strafprozeßordnung), so verkürzt sich das Mindestmaß der Sperre um die Zeit, in der die vorläufige Entziehung wirksam war. Es darf jedoch drei Monate nicht unterschreiten.

(5) Die Sperre beginnt mit der Rechtskraft des Urteils. In die Frist wird die Zeit einer wegen der Tat angeordneten vorläufigen Entziehung eingerechnet, soweit sie nach Verkündung des Urteils verstrichen ist, in dem die der Maßregel zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(6) Im Sinne der Absätze 4 und 5 steht der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozeßordnung) gleich.

(7) Ergibt sich Grund zu der Annahme, daß der Täter zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht mehr ungeeignet ist, so kann das Gericht die Sperre vorzeitig aufheben. Die Aufhebung ist frühestens zulässig, wenn die Sperre drei Monate, in den Fällen des Absatzes 3 ein Jahr gedauert hat; Absatz 5 Satz 2 und Absatz 6 gelten entsprechend.

(1) Wird jemand wegen einer rechtswidrigen Tat, die er bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so entzieht ihm das Gericht die Fahrerlaubnis, wenn sich aus der Tat ergibt, daß er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Einer weiteren Prüfung nach § 62 bedarf es nicht.

(2) Ist die rechtswidrige Tat in den Fällen des Absatzes 1 ein Vergehen

1.
der Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c),
1a.
des verbotenen Kraftfahrzeugrennens (§ 315d),
2.
der Trunkenheit im Verkehr (§ 316),
3.
des unerlaubten Entfernens vom Unfallort (§ 142), obwohl der Täter weiß oder wissen kann, daß bei dem Unfall ein Mensch getötet oder nicht unerheblich verletzt worden oder an fremden Sachen bedeutender Schaden entstanden ist, oder
4.
des Vollrausches (§ 323a), der sich auf eine der Taten nach den Nummern 1 bis 3 bezieht,
so ist der Täter in der Regel als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen.

(3) Die Fahrerlaubnis erlischt mit der Rechtskraft des Urteils. Ein von einer deutschen Behörde ausgestellter Führerschein wird im Urteil eingezogen.

(1) Entzieht das Gericht die Fahrerlaubnis, so bestimmt es zugleich, daß für die Dauer von sechs Monaten bis zu fünf Jahren keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf (Sperre). Die Sperre kann für immer angeordnet werden, wenn zu erwarten ist, daß die gesetzliche Höchstfrist zur Abwehr der von dem Täter drohenden Gefahr nicht ausreicht. Hat der Täter keine Fahrerlaubnis, so wird nur die Sperre angeordnet.

(2) Das Gericht kann von der Sperre bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen ausnehmen, wenn besondere Umstände die Annahme rechtfertigen, daß der Zweck der Maßregel dadurch nicht gefährdet wird.

(3) Das Mindestmaß der Sperre beträgt ein Jahr, wenn gegen den Täter in den letzten drei Jahren vor der Tat bereits einmal eine Sperre angeordnet worden ist.

(4) War dem Täter die Fahrerlaubnis wegen der Tat vorläufig entzogen (§ 111a der Strafprozeßordnung), so verkürzt sich das Mindestmaß der Sperre um die Zeit, in der die vorläufige Entziehung wirksam war. Es darf jedoch drei Monate nicht unterschreiten.

(5) Die Sperre beginnt mit der Rechtskraft des Urteils. In die Frist wird die Zeit einer wegen der Tat angeordneten vorläufigen Entziehung eingerechnet, soweit sie nach Verkündung des Urteils verstrichen ist, in dem die der Maßregel zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(6) Im Sinne der Absätze 4 und 5 steht der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozeßordnung) gleich.

(7) Ergibt sich Grund zu der Annahme, daß der Täter zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht mehr ungeeignet ist, so kann das Gericht die Sperre vorzeitig aufheben. Die Aufhebung ist frühestens zulässig, wenn die Sperre drei Monate, in den Fällen des Absatzes 3 ein Jahr gedauert hat; Absatz 5 Satz 2 und Absatz 6 gelten entsprechend.

(1) Sind dringende Gründe für die Annahme vorhanden, daß die Fahrerlaubnis entzogen werden wird (§ 69 des Strafgesetzbuches), so kann der Richter dem Beschuldigten durch Beschluß die Fahrerlaubnis vorläufig entziehen. Von der vorläufigen Entziehung können bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen ausgenommen werden, wenn besondere Umstände die Annahme rechtfertigen, daß der Zweck der Maßnahme dadurch nicht gefährdet wird.

(2) Die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis ist aufzuheben, wenn ihr Grund weggefallen ist oder wenn das Gericht im Urteil die Fahrerlaubnis nicht entzieht.

(3) Die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis wirkt zugleich als Anordnung oder Bestätigung der Beschlagnahme des von einer deutschen Behörde ausgestellten Führerscheins. Dies gilt auch, wenn der Führerschein von einer Behörde eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ausgestellt worden ist, sofern der Inhaber seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hat.

(4) Ist ein Führerschein beschlagnahmt, weil er nach § 69 Abs. 3 Satz 2 des Strafgesetzbuches eingezogen werden kann, und bedarf es einer richterlichen Entscheidung über die Beschlagnahme, so tritt an deren Stelle die Entscheidung über die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis.

(5) Ein Führerschein, der in Verwahrung genommen, sichergestellt oder beschlagnahmt ist, weil er nach § 69 Abs. 3 Satz 2 des Strafgesetzbuches eingezogen werden kann, ist dem Beschuldigten zurückzugeben, wenn der Richter die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Fehlens der in Absatz 1 bezeichneten Voraussetzungen ablehnt, wenn er sie aufhebt oder wenn das Gericht im Urteil die Fahrerlaubnis nicht entzieht. Wird jedoch im Urteil ein Fahrverbot nach § 44 des Strafgesetzbuches verhängt, so kann die Rückgabe des Führerscheins aufgeschoben werden, wenn der Beschuldigte nicht widerspricht.

(6) In anderen als in Absatz 3 Satz 2 genannten ausländischen Führerscheinen ist die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis zu vermerken. Bis zur Eintragung dieses Vermerkes kann der Führerschein beschlagnahmt werden (§ 94 Abs. 3, § 98).

(1) Wird jemand wegen einer rechtswidrigen Tat, die er bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so entzieht ihm das Gericht die Fahrerlaubnis, wenn sich aus der Tat ergibt, daß er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Einer weiteren Prüfung nach § 62 bedarf es nicht.

(2) Ist die rechtswidrige Tat in den Fällen des Absatzes 1 ein Vergehen

1.
der Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c),
1a.
des verbotenen Kraftfahrzeugrennens (§ 315d),
2.
der Trunkenheit im Verkehr (§ 316),
3.
des unerlaubten Entfernens vom Unfallort (§ 142), obwohl der Täter weiß oder wissen kann, daß bei dem Unfall ein Mensch getötet oder nicht unerheblich verletzt worden oder an fremden Sachen bedeutender Schaden entstanden ist, oder
4.
des Vollrausches (§ 323a), der sich auf eine der Taten nach den Nummern 1 bis 3 bezieht,
so ist der Täter in der Regel als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen.

(3) Die Fahrerlaubnis erlischt mit der Rechtskraft des Urteils. Ein von einer deutschen Behörde ausgestellter Führerschein wird im Urteil eingezogen.