Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 15. Aug. 2012 - 8 W 48/12

bei uns veröffentlicht am15.08.2012

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Landgerichts Karlsruhe vom 23. Mai 2012 - 11 O 12/10 - aufgehoben.

2. Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

4. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 258.939,44 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen des Z (nachfolgend: Schuldner) und wehrt sich im Wege einer (verlängerten) Vollstreckungsgegenklage gegen die Vollstreckung der Beklagten aus zwei Kostenfestsetzungsbeschlüssen. Die Beklagte ist die geschiedene Ehefrau des Schuldners mit Wohnsitz in der Schweiz.
In dem Verfahren 11 O 82/06 des Landgerichts Karlsruhe stritten der frühere, inzwischen verstorbene Insolvenzverwalter des Schuldners und die Beklagte über die Wirksamkeit einer zwischen ihnen am 30. April 2001 geschlossenen und im Juli sowie September 2001 ergänzten Vergleichs- und Auseinandersetzungsvereinbarung. Hintergrund des Rechtsstreits war, dass der Schuldner, der im Jahre 2001 wegen Wirtschaftsstraftaten zu einer langjährigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde, der Beklagten zur Erfüllung einer Güterstandsvereinbarung aus dem Jahr 1995 in erheblichem Umfang Vermögensgegenstände übertragen hatte.
Der frühere Insolvenzverwalter machte deshalb im Jahr 2000 gegen die Beklagte in großem Umfang Ansprüche unter dem Gesichtspunkt der Insolvenzanfechtung geltend und erhob im April 2001 gegen die Beklagte Klage auf Zahlung von rund 115 Millionen DEM sowie auf Rückübertragung diverser Vermögensgegenstände. Am 30. April 2001 schlossen er und die Beklagte eine Vergleichs- und Auseinandersetzungsvereinbarung, wonach die Beklagte ihm ihr gesamtes Vermögen zu übertragen hatte und sich der Insolvenzverwalter im Gegenzug verpflichtete, aus dem übernommenen Vermögen 10 Millionen DEM zu zahlen. Außerdem sollte die Beklagte eine Abfindung in Höhe von weiteren 9,5 Millionen DEM als Gegenleistung dafür erhalten, dass sie als Gesellschafterin aus einer zur Verwertung von Vermögensgegenständen der Beklagten gegründeten Gesellschaft bürgerlichen Rechts ausschied.
Nachdem die Beklagte einen Großteil ihrer Verpflichtungen erfüllt hatte, kam es im Jahre 2004 zu einem Streit der Vertragsparteien über die weitere Abwicklung der Vereinbarung. Im November 2005 vertrat die Beklagte die Auffassung, die Vereinbarung sei sittenwidrig. Sie erklärte die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung und trat außerdem von der Vereinbarung zurück mit der Begründung, der Insolvenzverwalter sei seinen Verpflichtungen aus der Vereinbarung nicht nachgekommen. Dieser klagte daraufhin auf Feststellung der Wirksamkeit der geschlossenen Vereinbarung. Das Landgericht Karlsruhe gab der Feststellungsklage statt, während das Oberlandesgericht Karlsruhe die Klage auf die Berufung der Beklagten mangels internationaler Zuständigkeit als unzulässig abwies. Die dagegen vom Insolvenzverwalter geführte Revision wurde durch Urteil des Bundesgerichtshofs vom 27.04.2010 - IX ZR 108/09 - zurückgewiesen.
Die Beklagte erwirkte in diesem Vorprozess einen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 29.06.2009 über 850.792,80 EUR und einen weiteren Kostenfestsetzungsbeschluss vom 25.06.2010 über 347.684,80 EUR. Gegen die titulierten Kostenerstattungsansprüche hat der Kläger mit Schreiben vom 06.05.2010 und mit Schreiben vom 08.07.2010 mit einer Forderung in Höhe von 17,5 Millionen CHF aufgerechnet.
Die Aufrechnungsforderung war zuvor mit Klageschrift vom 23.12.2008 vor dem Bezirksgericht Meilen geltend gemacht worden. Sie wird auf folgenden Sachverhalt gestützt: Zu den nach der Auseinandersetzungs- und Vergleichsvereinbarung zu übertragenden Vermögensgegenständen gehörte auch ein Hausgrundstück in St. Moritz, das von der Beklagten 1997 für 4.060.000 CHF gekauft worden war. Nach dem Erwerb wurde das Anwesen für mehrere Millionen Schweizer Franken mit Mitteln des Schuldners umgebaut und erweitert. Nach dem Vortrag des Klägers erhöhte sich der Verkehrswert dadurch auf mindestens 17,86 Millionen CHF. In Zusammenhang mit der Erweiterung des Anwesens wurde das Grundstück in zwei Stockwerkeigentumseinheiten aufgeteilt, um den Erweiterungsbau ohne Einholung einer Bewilligung nach dem schweizerischen Bundesgesetz über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland zu verwirklichen. Eine Einheit wurde auf die Beklagte, die andere auf den Vater des Schuldners übertragen. Da die Liegenschaft ohne entsprechende behördliche Bewilligung auch nicht auf den Insolvenzverwalter übertragen werden konnte, kamen dieser und die Beklagte im Rahmen der Auseinandersetzungs- und Vergleichsvereinbarung überein, dass die Beklagte dem Insolvenzverwalter eine unwiderrufliche Verkaufsvollmacht einräume und zukünftige Verkaufserlöse aus dem Verkauf des Anwesens im Voraus an den Insolvenzverwalter abtrete. Die Beklagte sagte weiterhin zu, dass der Vater des Schuldners gleichlautende Erklärungen abgeben werde. Der Vater des Schuldners entsprach dem, widerrief seine Verkaufsvollmacht aber im November 2003. Nach Anfechtung der Vereinbarung bzw. nach erklärtem Rücktritt verkaufte die Beklagte ihre Einheit im November/Dezember 2005 für 2,4 Millionen CHF an ihre Kinder gegen Einräumung eines lebenslangen Wohnrechts. Der Vater des Schuldners schenkte den Kindern seine Einheit. Im Namen ihrer Kinder verkaufte die Beklagte das Anwesen im Mai 2006 für 17,5 Millionen CHF gegen Löschung des Wohnrechts an einen Dritten, ohne den Verkaufserlös an die Insolvenzmasse abzuführen.
Das Bezirksgericht Meilen bejahte die Aktivlegitimation des Klägers mit Vorurteil vom 13.04.2010. Das in zweiter Instanz angerufene Obergericht des Kantons Zürich hob das Vorurteil mit Beschluss vom 18.05.2011 auf und trat nicht auf die Klage ein. Mit Urteil vom 26.10.2011 bestätigte das schweizerische Bundesgericht diese obergerichtliche Entscheidung. Ein ausländischer Konkursverwalter sei in der Schweiz nicht aktivlegitimiert, sofern er nicht zuvor die Anerkennung des ausländischen Konkursdekrets erwirkt habe.
Im Anschluss gab das Bezirksgericht Meilen dem Anerkennungsantrag des Klägers mit Urteil vom 23.02.2012 statt und beauftragte das Konkursamt Küsnacht mit der Durchführung des Konkurses über das in der Schweiz gelegene Vermögen des Schuldners. Das vor einer Klage nach schweizerischem Recht durchzuführende Schlichtungsverfahren ist seit dem 29.03.2012 vor dem Friedensrichteramt Küsnacht rechtshängig, wobei die Konkursmasse dort durch das Konkursamt Küsnacht als Kläger vertreten wird.
Der Kläger meint, ihm stehe auf der Grundlage der Vereinbarung vom 30.04.2001 ein Zahlungsanspruch gegen die Beklagte auf Auskehr des Erlöses aus dem Grundstücksverkauf zu. Konkurrierend ergebe sich ein solcher Anspruch auch als Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der Vereinbarung sowie als Anspruch aus unerlaubter Handlung.
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Der Kläger hat zunächst beantragt, die Zwangsvollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 29.06.2009 für unzulässig erklären und die Beklagte zu verurteilen, die vollstreckbare Ausfertigung des Kostenfestsetzungsbeschlusses an den Kläger herauszugeben. Nachdem die Zwangsvollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss stattgefunden und der Kläger 947.012,43 EUR an die Beklagte überwiesen hat, stellt der Kläger nunmehr folgenden Antrag:
11 
Die Beklagte wird verurteilt, an den 947.012,43 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 18.07.2011 zu zahlen.
12 
Klageerweiternd beantragt der Kläger hinsichtlich des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 25.06.2010,
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die Zwangsvollstreckung bis zur Rechtskraft der Entscheidung über die Aufrechnung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 29.06.2009 für unzulässig zu erklären, soweit aus einem Hauptbetrag von 345.329,67 EUR nebst Zinsen und Kosten die Zwangsvollstreckung begehrt wird,
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hilfsweise:
15 
die Zwangsvollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 25.06.2010 für unzulässig zu erklären, soweit aus einem Hauptbetrag von 345.329,67 EUR nebst Zinsen und Kosten die Zwangsvollstreckung begehrt wird.
16 
Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
18 
Sie bestreitet, den Kaufpreis aus der Veräußerung der schweizerischen Liegenschaft vereinnahmt zu haben. Sie halte den Betrag nur treuhänderisch für ihre Kinder. Schadensersatzansprüche seien aus Rechtsgründen nicht gerechtfertigt. Der Vater des Schuldners habe unstreitig seine Verkaufsvollmacht bereits im November 2003 widerrufen, so dass jedenfalls ab diesem Zeitpunkt der Kläger nicht mehr allein veräußerungsbefugt gewesen sei. Etwaige Ansprüche seien mit Ablauf des Jahres 2008 verjährt. Außerdem fehle es an der internationalen Zuständigkeit des Landgerichts für die Beurteilung der zur Aufrechnung gestellten Forderung. Im Hinblick auf die mit einem Urteil verbundene Rechtskraftwirkung (§ 322 Abs. 2 ZPO) müsse die internationale Zuständigkeit auch für die Aufrechnungsforderung gegeben sein. Weder sei der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung in Deutschland gegeben, noch seien - mangels Konnexität - die Voraussetzungen des § 33 ZPO oder die Voraussetzungen des Gerichtsstandes des Vermögens (§ 23 ZPO) erfüllt.
19 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
20 
Mit Beschluss vom 29.07.2011 hat das Landgericht auf Antrag des Klägers angeordnet, dass die Zwangsvollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Karlsruhe vom 25.06.2010 bis zum Erlass des Urteils über die im Wege der Erweiterung der Vollstreckungsabwehrklage geltend gemachten Einwendungen gegen Sicherheitsleistung eingestellt wird.
21 
Auf die mündliche Verhandlung vom 23.05.2012 hat das Landgericht folgenden Beschluss gefasst:
22 
Die Verhandlung wird nach § 148 ZPO bis zur rechtskräftigen Erledigung des Schiedsverfahrens vor dem Friedensrichteramt Küsnacht über die Aufrechnungsforderung ausgesetzt.
23 
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der sofortigen Beschwerde. Sie hält die Aussetzung für rechtsfehlerhaft. Die Vollstreckungsgegenklage sei abweisungsreif.
24 
Der Kläger verhalte sich rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB), weil er die Aufrechnungsforderung aus demselben Lebenssachverhalt herleite, der auch den titulierten Kostenerstattungsansprüchen zugrundeliege.
25 
Entgegen der Ansicht des Landgerichts sei das Verfahren vor dem Friedensrichteramt Küsnacht nicht vorgreiflich im Sinne von § 148 ZPO. Dies folge bereits daraus, dass die Parteien des vorliegenden und des dortigen Verfahrens nicht identisch seien.
26 
Außerdem habe sich das Landgericht mit seiner Entscheidung in Widerspruch zu den Urteilen des Bundesgerichtshofs vom 07.11.2001 - VIII ZR 263/00 - und des Europäischen Gerichtshofs vom 13.07.1995 - C-341/93 - gesetzt. Soweit der EuGH für den Aufrechnungseinwand die Anwendung von Art. 6 Nr. 3 EuGVVO abgelehnt habe, weil diese Vorschrift nur für eine Klage des Beklagten auf gesonderte Verurteilung gelte, nicht aber für den Fall, dass der Beklagte eine Forderung als bloßes Verteidigungsmittel im Wege der Aufrechnung einwende, könne daraus nicht abgeleitet werden, die Aufrechnung sei hier ohne Rücksicht auf die Frage der internationalen Zuständigkeit für die zur Aufrechnung gestellte Forderung zuzulassen. Das Urteil des EuGH beziehe sich auf die Aufrechnung als Verteidigungsmittel gegen eine Klage, während im vorliegenden Fall die Aufrechnung die Grundlage der Klage bilde und schon deshalb die Ausführungen des Gerichts nicht einschlägig seien. Es komme vielmehr darauf an, ob das Landgericht Karlsruhe für die Beurteilung der Aufrechnungsforderung international zuständig sei. Fehle es an dem erforderlichen Kompetenzbezug, sei die Klage ohne weiteres abzuweisen. Das Landgericht habe deshalb die Frage der internationalen Zuständigkeit nicht offen lassen dürfen, sondern hätte sie verneinen müssen. Bei fehlender internationaler Zuständigkeit verbiete sich eine Aussetzung des Verfahrens. Schließlich meint die Beklagte, die Aussetzung sei ermessensfehlerhaft, weil das Landgericht sowohl die Zwangsvollstreckung nach § 769 Abs. 1 ZPO einstweilen eingestellt als auch das Verfahren insgesamt nach § 148 ZPO ausgesetzt habe. Dadurch werde die Beklagte auf unbestimmte Zeit rechtlos gestellt, weil das in der Schweiz anhängige Verfahren „noch einen enormen Zeitraum in Anspruch nehmen“ werde.
27 
Die Beklagte beantragt,
28 
den Aussetzungsbeschluss aufzuheben.
29 
Der Kläger beantragt,
30 
die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.
31 
Er verteidigt die landgerichtliche Entscheidung.
II.
32 
Die sofortige Beschwerde der Beklagten hat Erfolg.
33 
1. Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 12.05.1993 - VIII ZR 110/92 - (NJW 1993, 2753, zitiert nach Juris) setzt die Entscheidung über eine im Wege der Prozessaufrechnung geltend gemachte Gegenforderung des Beklagten voraus, dass das Prozessgericht auch insoweit international zuständig ist (Leitsatz 1). Der Bundesgerichtshof hat dies in erster Linie aus § 322 Abs. 2 ZPO abgeleitet, wonach die Entscheidung über die Aufrechnungsforderung der materiellen Rechtskraft fähig sei und deshalb nur dann in die Kompetenz deutscher Gerichte falle, wenn diese auch insoweit international zuständig seien (a.a.O., Rn. 7). Daneben hat das Gericht eine entsprechende Anwendung von Art. 6 Nr. 3 EuGVVO erwogen, diese aber im damaligen Fall verneint, weil es an der erforderlichen Konnexität von Klageforderung und Aufrechnungsforderung fehlte. Das Urteil des EuGH vom 13.07.1995 - C-341/93 - (NJW 1996, 42, zitiert nach Juris) führt nicht zu einer anderen rechtlichen Beurteilung (ebenso OLG Hamm, Urteil vom 05.11.1997 - 11 U 41/97 -, IPRspr. 1997 Nr. 160 A, S. 323, 325; Jayme/Kohler IPRax 1995, 343, 349; in diesem Sinne wohl auch Geimer in Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 3. Auflage, Art. 6 EuGVVO Rn. 79). Zwar hat der Europäische Gerichtshof eine Anwendung von Art. 6 Nr. 3 EuGVVO auf die Prozessaufrechnung abgelehnt und ausgeführt, dass die Vorschrift nicht für den Fall gelte, dass ein Beklagter eine Forderung gegenüber dem Kläger als bloßes Verteidigungsmittel geltend mache, er hat aber zugleich ausgesprochen, dass sich die Voraussetzungen, unter denen eine Prozessaufrechnung zuzulassen sei, nach nationalem Recht bestimmten (a.a.O., Rn. 18). Demnach entscheidet allein das nationale Zivilprozessrecht darüber, ob und unter welchen Vor-aussetzungen der Aufrechnungseinwand zuzulassen ist (Wagner IPRax 1999, 65, 67). Deshalb sind die deutschen Gerichte nicht gehindert, die Zulässigkeit der Prozessaufrechnung davon abhängig zu machen, dass das Gericht der Hauptsache auch für die klageweise Geltendmachung der Aufrechnungsforderung international zuständig wäre (Jayme/Kohler, a.a.O.).
34 
2. Der Senat geht in Übereinstimmung mit dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 12.05.1993 weiterhin davon aus, dass die Entscheidung über eine im Wege der Prozessaufrechnung geltend gemachte Gegenforderung des Beklagten nur zulässig ist, wenn das Prozessgericht insoweit international zuständig ist, es sei denn, die für die Aufrechnung verwendete Gegenforderung ist „liquide“, d.h. nicht streitig oder rechtskräftig festgestellt. Erst recht muss dies gelten, wenn die Forderung nicht als Verteidigungsmittel dient, sondern - wie im Fall der Vollstreckungsabwehrklage im Sinne des § 767 ZPO - die Grundlage einer neuen Klage gegen einen rechtskräftigen Vollstreckungstitel bildet.
35 
Eine wertende Betrachtung der Parteiinteressen bestätigt dieses Ergebnis. Schon für den Regelfall der Aufrechnung als Einwendung der beklagten Partei weist Geimer (in Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 3. Auflage Art. 6 Rn. 77 und 78) zutreffend darauf hin, dass bei Zulassung des Aufrechnungseinwandes für inkonnexe (bestrittene) Forderungen bei internationaler Unzuständigkeit des Gerichtsstaates die Grenzen der Gerichtspflichtigkeit des Klägers weiter gezogen werden als die der Gerichtspflichtigkeit des Beklagten. Diese Ungleichbehandlung mag unter dem Gesichtspunkt vertretbar sein, dass dem Kläger als Angreifer die Zulassung des Aufrechnungseinwandes für inkonnexe (bestrittene) Forderungen auch bei internationaler Unzuständigkeit zuzumuten ist (zweifelnd Geimer a.a.O). In Fällen der vorliegenden Art lässt sich eine Ungleichbehandlung der Parteien mit dieser Erwägung jedoch nicht rechtfertigen. Vielmehr verfügt die beklagte Partei über eine geschützte Rechtsposition in Form des rechtskräftigen Vollstreckungstitels, die der Kläger mit dem Instrument einer prozessualen Gestaltungsklage beseitigen will. Bei einer solchen Ausgangslage erscheint es nicht gerechtfertigt, dem Kläger einen Positionsvorteil zu gewähren und die Grenzen der Gerichtspflichtigkeit der beklagten Partei weiter zu ziehen als die der Gerichtspflichtigkeit des Klägers.
36 
3. Die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Karlsruhe für die zur Aufrechnung gestellte Forderung ist nicht gegeben.
37 
a. Die Voraussetzungen des Gerichtsstands des Erfüllungsortes (Art. 5 Nr. 1 lit. a LugÜ) sind nicht erfüllt. Die Aufrechnungsforderung wird auf die Behauptung gestützt, die Beklagte habe die Vereinbarung vom 30.04.2001 verletzt. Nach Art. 27 EGBGB a. F. richtet sich die Beurteilung des Anspruchs nach deutschem Sachrecht, weil die Parteien in § 8 Nr. 2 der Vereinbarung eine entsprechende Rechtswahl getroffen haben. Maßgeblich ist § 269 BGB. Danach hat der Schuldner die ihm obliegende Leistungshandlung dort zu erbringen, wo er zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz hatte, falls nicht ein anderer Ort für die Leistung entweder vereinbart oder aus den Umständen, insbesondere aus der Natur des Schuldverhältnisses, zu entnehmen ist.
38 
Für Schadensersatzansprüche wegen Vertragsverletzung ist der Ort maßgeblich, an dem die verletzte Pflicht zu erfüllen war. Hier waren die auf die Liegenschaft in St. Moritz bezogenen Pflichten der Beklagten in der Schweiz zu erfüllen, so dass jedenfalls kein die Zuständigkeit des Landgerichts Karlsruhe begründender Erfüllungsort vorliegt.
39 
b. Die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Karlsruhe wird auch nicht durch Art. 5 Nr. 3 LugÜ begründet. Im Sinne dieser Regelung ist Ort, „an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist“, der Ort, an dem das ursächliche Geschehen stattgefunden hat und der Schaden eingetreten ist, nicht aber der Wohnsitz der geschädigten Person, wo sich deren Gesamtvermögen befindet (Kropholler/von Hein, Europäisches Zivilprozessrecht, 9. Auflage, Art. 5 EuGVVO Rn. 90 unter Hinweis auf EuGH, Urteil vom 10.06.2004 - C-168/02 - NJW 2004, 2441). Für den vorliegenden Fall folgt daraus, dass der die Zuständigkeit begründende Schadensort in der Schweiz liegt und nicht auf den Sitz des Insolvenzverwalters abzustellen ist (vgl. Stadler in Musielak, Zivilprozessordnung, 9. Auflage, Art. 5 EuGVVO Rn. 24, wonach es bei Untreue-Delikten auf die Belegenheit der konkret betroffenen Vermögensgegenstände ankommt).
40 
c. Auf eine (entsprechende) Anwendung von § 33 ZPO (vgl. BGHZ 149, 120, 127) lässt sich die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Karlsruhe ebenfalls nicht stützen. Das Landgericht hat hierzu zutreffend ausgeführt, dass die Aufrechnungsforderung und die titulierte Forderung nicht konnex sind, also nicht in einem Zusammenhang im Sinne von § 33 ZPO stehen.
41 
d. Schließlich ergibt sich die internationale Zuständigkeit auch nicht aus § 23 ZPO. Im Anwendungsbereich des Lugano-Übereinkommens von 2007 kann ein Beklagter nur verklagt werden, wenn eine Zuständigkeit nach diesem Übereinkommen begründet ist (Art. 3 Abs. 1 LugÜ). Die Zuständigkeitsordnung des Übereinkommens verdrängt das autonome Zuständigkeitsrecht und führt dazu, dass die im internationalen Rechtsverkehr als störend empfundenen sogenannten exorbitanten Gerichtsstände gegen einen Beklagten nicht geltend gemacht werden können (Geimer in Zöller, ZPO, 29. Auflage, Art. 3 EuGVVO Rn. 6). Für § 23 ZPO ist dies ausdrücklich in Art. 3 Abs. 2 LugÜ in Verbindung mit Anhang I des Übereinkommens angeordnet (dort 5. Spiegelstrich).
42 
Danach fehlt es an einem Kompetenzbezug des Landgerichts Karlsruhe für die vom Kläger zur Aufrechnung verwendete Gegenforderung mit der Folge, dass das Landgericht die Berechtigung des Aufrechnungseinwandes nicht prüfen darf und sich die Vollstreckungsgegenklage als unbegründet erweist. Der Ausnahmefall einer „liquiden“ Gegenforderung liegt unstreitig nicht vor.
43 
3. Die Ansicht des Landgerichts, eine Klageabweisung lasse sich dadurch vermeiden, dass das Verfahren analog § 148 ZPO ausgesetzt wird, begegnet rechtlichen Bedenken.
44 
a. Das Landgericht stützt sich bei seiner Entscheidung auf Stellungnahmen im Schrifttum, die bei einer Prozessaufrechnung mit einer Forderung, für die eine internationale Zuständigkeit des Prozessgerichts nicht gegeben ist, die vom Bundesgerichtshof (BGHZ 16, 124, 138 ff.) für die Aufrechnung mit einer rechtswegfremden Forderung entwickelten Grundsätze entsprechend anwenden wollen (z.B. Wagner IPRax 1999, 65, 73; Rüßmann, jurisPK-BGB, 5. Auflage, § 388 Rn. 37). Danach soll über die zur Entscheidung reife Klageforderung durch Vorbehaltsurteil nach § 302 Abs. 1 ZPO entschieden werden, um anschließend das Nachverfahren über die Berechtigung der Gegenforderung nach § 148 ZPO bis zur Klärung durch das international zuständige Gericht auszusetzen.
45 
b. Es kann dahinstehen, ob diese für die Prozessaufrechnung (durch den Beklagten) entwickelte Lösung Zustimmung verdient (ablehnend etwa OLG Hamm IPRspr. 1997 Nr. 160 A, S. 323, 325); denn die vorliegende Konstellation unterscheidet sich im Hinblick auf die beteiligten Parteiinteressen deutlich vom Regelfall der Prozessaufrechnung. In der Normalkonstellation stehen sich zwei Parteien gegenüber, die ihre Forderungen beide nicht auf einen gerichtlichen Titel stützen können. Obwohl der Kläger und Aufrechnungsgegner in diesem Fall im Vergleich zum Beklagten nicht über eine überlegene Rechtsposition verfügt, sollen seine Interessen durch den Erlass eines Vorbehaltsurteils, das wie ein Endurteil nach allgemeinen Regeln vorläufig vollstreckbar ist (§ 302 Abs. 3 ZPO), gewahrt werden. Im Unterschied dazu begegnen sich die Parteien in Fällen der vorliegenden Art von vornherein mit ungleichen Rechtspositionen. Der Beklagte und Aufrechnungsgegner verfügt als Ergebnis eines – in der Regel – gerichtlichen Verfahrens über einen Vollstreckungstitel, während der aufrechnende Kläger mit dem Instrument der Vollstreckungsgegenklage materiell die Realisierung einer bislang gerichtlich nicht geprüften Forderung anstrebt. Nach Auffassung des Senats ist dieser sich vom Regelfall der Prozessaufrechnung unterscheidenden prozessualen Ausgangslage bei der Bewertung der beiderseitigen Parteiinteressen und damit bei der Ermessensentscheidung, ob eine Aussetzung nach § 148 ZPO gerechtfertigt ist, Rechnung zu tragen. Der angefochtene Beschluss lässt nicht erkennen, dass das Landgericht den dargestellten Unterschied in seine Ermessenserwägungen eingestellt hat. Dieses Ermessensdefizit ist rechtsfehlerhaft und eröffnet dem Senat eine eigene Ermessensentscheidung.
46 
Die Aussetzung des Verfahrens führt hier in Verbindung mit der einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung gem. § 769 ZPO dazu, dass die Beklagte des vorliegenden Verfahrens - wie die Beschwerde mit Recht rügt - auf unbestimmte Zeit an der Durchsetzung ihres titulierten Anspruchs gehindert wird. Das erscheint dem Senat nicht interessengerecht. Wird die Vollstreckungsgegenklage auf eine Aufrechnung mit einer Forderung geschützt, für die die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts nicht begründet ist, besteht jedenfalls dann keine Veranlassung, das Verfahren auszusetzen, um dem Kläger die Beibringung eines ausländischen Vollstreckungstitels zu ermöglichen, wenn - wie hier - nicht abzusehen ist, dass der Titel in absehbarer Zeit vorgelegt werden kann.
47 
4. Nach alledem ist der angefochtene Beschluss auf die sofortige Beschwerde der Beklagten aufzuheben.
48 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
49 
Die Zulassung der Rechtsbeschwerde beruht auf § 574 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 ZPO. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung. Die Frage, ob im Hinblick auf die Entscheidung des EuGH vom 13.07.1995 die Berücksichtigung der Prozessaufrechnung mit einer inkonnexen Forderung die internationale Zuständigkeit voraussetzt, ist bislang höchstrichterlich nicht beantwortet (ausdrücklich offen gelassen in BGHZ 149, 120, 127) und wird im Schrifttum kontrovers diskutiert. Sofern an dem Erfordernis der internationalen Zuständigkeit festzuhalten ist, erscheint grundsätzlich klärungsbedürftig, ob die Aufrechnung mit einer Forderung, für die keine internationale Zuständigkeit gegeben ist, bei der Entscheidungsfindung unberücksichtigt zu bleiben hat oder ob der aufrechnenden Partei durch Aussetzung des Verfahrens Gelegenheit zu geben ist, die Berechtigung ihrer Forderung durch das international zuständige Gericht klären zu lassen.
50 
Den Streitwert des Beschwerdeverfahrens bemisst der Senat mit einem Fünftel des Streitwertes der Hauptsache (Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 13. Auflage, Rn. 1492-1494).

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Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 15. Aug. 2012 - 8 W 48/12 zitiert 13 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 767 Vollstreckungsabwehrklage


(1) Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, sind von dem Schuldner im Wege der Klage bei dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges geltend zu machen. (2) Sie sind nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf

Zivilprozessordnung - ZPO | § 322 Materielle Rechtskraft


(1) Urteile sind der Rechtskraft nur insoweit fähig, als über den durch die Klage oder durch die Widerklage erhobenen Anspruch entschieden ist. (2) Hat der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gemacht, so ist die Entscheidung, da

Zivilprozessordnung - ZPO | § 148 Aussetzung bei Vorgreiflichkeit


(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 269 Leistungsort


(1) Ist ein Ort für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen, insbesondere aus der Natur des Schuldverhältnisses, zu entnehmen, so hat die Leistung an dem Ort zu erfolgen, an welchem der Schuldner zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältni

Zivilprozessordnung - ZPO | § 769 Einstweilige Anordnungen


(1) Das Prozessgericht kann auf Antrag anordnen, dass bis zum Erlass des Urteils über die in den §§ 767, 768 bezeichneten Einwendungen die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung eingestellt oder nur gegen Sicherheitsleistung fortgese

Zivilprozessordnung - ZPO | § 33 Besonderer Gerichtsstand der Widerklage


(1) Bei dem Gericht der Klage kann eine Widerklage erhoben werden, wenn der Gegenanspruch mit dem in der Klage geltend gemachten Anspruch oder mit den gegen ihn vorgebrachten Verteidigungsmitteln in Zusammenhang steht. (2) Dies gilt nicht, wenn f

Zivilprozessordnung - ZPO | § 302 Vorbehaltsurteil


(1) Hat der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gemacht, so kann, wenn nur die Verhandlung über die Forderung zur Entscheidung reif ist, diese unter Vorbehalt der Entscheidung über die Aufrechnung ergehen. (2) Enthält das Urteil

Zivilprozessordnung - ZPO | § 23 Besonderer Gerichtsstand des Vermögens und des Gegenstands


Für Klagen wegen vermögensrechtlicher Ansprüche gegen eine Person, die im Inland keinen Wohnsitz hat, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk sich Vermögen derselben oder der mit der Klage in Anspruch genommene Gegenstand befindet. Bei Forderunge

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Bundesgerichtshof Urteil, 27. Apr. 2010 - IX ZR 108/09

bei uns veröffentlicht am 27.04.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 108/09 Verkündet am: 27. April 2010 Preuß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja Lugano-Übk Art. 5 Nr. 1;
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 15. Aug. 2012 - 8 W 48/12.

Oberlandesgericht Köln Urteil, 06. Feb. 2014 - 18 U 89/08

bei uns veröffentlicht am 06.02.2014

Tenor Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 18.01.2008 - 3 O 7/07 - wird zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt. Das vorliegende Urteil und die angefochtene

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 108/09
Verkündet am:
27. April 2010
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Lugano-Übk Art. 5 Nr. 1; BGB § 269
Für eine Klage auf Feststellung der Wirksamkeit eines Vertrags mit mehreren gleichrangigen
, in verschiedenen Vertragsstaaten zu erfüllenden Hauptpflichten besteht
grundsätzlich kein einheitlicher internationaler Gerichtsstand des vertraglichen Erfüllungsortes.
BGH, Urteil vom 27. April 2010 - IX ZR 108/09 - OLG Karlsruhe
LG Karlsruhe
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. April 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter, die Richter
Prof. Dr. Kayser, Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Fischer und Grupp

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 22. April 2009 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist Verwalter in dem am 1. Mai 2000 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen des M. S. (fortan: Schuldner). Die Beklagte ist die geschiedene Ehefrau des Schuldners. Der Schuldner vereinbarte mit der Beklagten im Jahr 1995 in einer notariell beurkundeten Güterstandsvereinbarung Gütertrennung und verpflichtete sich, an die Beklagte zur Abgeltung etwaiger Zugewinnausgleichsansprüche 110 Mio. DM abzüglich bereits bezahlter 12 Mio. DM zu zahlen. In der Folgezeit kam der Schuldner dieser Verpflichtung durch Vermögensübertragungen und Zahlungen an die Beklagte nach. Im Februar 2000 wurden schwere Wirtschaftsstraftaten des Schuldners aufgedeckt , deretwegen er im Dezember 2001 zu einer langjährigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde.
2
Der Kläger machte im Verlauf des Jahres 2000 umfangreiche Ansprüche gegen die Beklagte wegen Insolvenzanfechtung geltend und berühmte sich weiterer Ansprüche. Am 24. April 2001 verklagte er die Beklagte beim Landgericht Karlsruhe auf Zahlung von rund 115 Mio. DM und Rückübertragung verschiedener Vermögensgegenstände. Am 30. April 2001 schlossen die Parteien nach mehrmonatigen Verhandlungen in Basel eine umfassende notarielle Vergleichsund Auseinandersetzungsvereinbarung. Darin verpflichtete sich die Beklagte, ihr gesamtes derzeitiges Vermögen mit Ausnahme von Gegenständen des persönlichen Bedarfs auf den Kläger zu übertragen. Nach einer der Vereinbarung beigefügten Anlage belief sich das zu übertragende Vermögen der Beklagten auf einen "Orientierungswert" von rund 367 Mio. DM. Der Kläger verpflichtete sich, als Gegenleistung an die Beklagte aus dem übernommenen Vermögen 9,5 Mio. DM zu zahlen und weitere 500.000 DM als Kostenersatz für Verwendungen auf das Vermögen. Ferner wurde vereinbart, dass die Beklagte als Gesellschafterin aus einer zur Verwertung von Vermögensgegenständen der Beklagten gegründeten Gesellschaft bürgerlichen Rechts ausschied und dafür eine Abfindung von weiteren 9,5 Mio. DM erhalten sollte. Am 26. Juli 2001 und am 17. September 2001 vereinbarten die Parteien Ergänzungen zu der Vergleichsvereinbarung vom 30. April 2001.
3
Die Beklagte erfüllte in der Folgezeit ihre Verpflichtungen aus der Vereinbarung nahezu vollständig. Erstmals im Sommer 2004 kam es zu Streit über die weitere Abwicklung der Vereinbarung. Im Jahr 2005 bezeichnete die nunmehr in der Schweiz wohnhafte Beklagte die Vereinbarung vom 30. April 2001 wegen eines krassen Missverhältnisses von Leistungen und Gegenleistungen als sittenwidrig, focht die Vereinbarung überdies wegen arglistiger Täuschung über die angeblich bestehenden insolvenzrechtlichen Anfechtungstatbestände an und erklärte den Rücktritt vom Vertrag wegen Pflichtverletzungen des Klä- gers. Der weiteren Abwicklung der Vereinbarung widersetzte sie sich. Eine vom Kläger geforderte Erklärung, nicht weiter die Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit der Vereinbarung oder ein Rücktrittsrecht zu behaupten, gab sie nicht ab.
4
Der Kläger hat daraufhin Klage erhoben mit dem Antrag festzustellen, dass die Vereinbarung vom 30. April 2001 und die zugehörigen Ergänzungsvereinbarungen wirksam sind. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage als unzulässig abgewiesen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Feststellungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


5
Die Revision hat keinen Erfolg.

I.


6
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die deutschen Gerichte seien für die Entscheidung über die erhobene Klage international nicht zuständig. Die internationale Zuständigkeit ergebe sich insbesondere nicht aus Art. 5 Nr. 1 des Lugano-Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 16. September 1988 (BGBl. 1994 II S. 2660; im Folgenden auch: LugÜ), wonach Personen, die ihren Wohnsitz in einem Vertragsstaat haben, dann in einem anderen Vertragsstaat verklagt werden können, wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden und die Verpflichtung in dem anderen Staat erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre. Zwar gelte diese Regelung auch für Klagen, mit denen die Feststellung der Wirksamkeit des Vertrages begehrt werde. Da die Vereinbarung vom 30. April 2001 aber mehrere Hauptleistungspflichten beinhalte, deren Erfüllungsort teils in Deutschland, teils in der Schweiz, teils auch in anderen Ländern liege, könne Art. 5 Nr. 1 LugÜ keine Anwendung finden.

II.


7
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung stand.
8
Die Beurteilung der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte richtet sich im Streitfall nach dem Lugano-Übereinkommen. Dieses ist sachlich und zeitlich anwendbar, weil der Rechtsstreit eine Zivilsache zum Gegenstand hat (Art. 1 Abs. 1 LugÜ) und die Klage erhoben wurde, nachdem das LuganoÜbereinkommen am 1. März 1995 im Verhältnis zwischen Deutschland und der Schweiz in Kraft trat (BGBl. 1995 II S. 221; § 54 Abs. 1 LugÜ). Die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 22. Dezember 2000 (EuGVVO) ist nicht anzuwenden, weil die Beklagte ihren Wohnsitz in der Schweiz hat (§ 54b Abs. 2 lit. a LugÜ).
9
Der Ausschlussgrund des Art. 1 Abs. 2 Nr. 2 LugÜ greift, wie das Berufungsgericht mit Recht ausgeführt hat, nicht ein. Ohne das Insolvenzverfahren über das Vermögen des früheren Ehemannes der Beklagten wäre es zwar nicht zu der Vereinbarung vom 30. April 2001 und zum Streit über deren Wirksamkeit gekommen. Dies genügt aber nicht, um den erforderlichen engen, unmittelba- ren Zusammenhang zwischen der vorliegenden Klage und dem Insolvenzverfahren zu begründen (vgl. EuGH, Urt. v. 22. Februar 1979 - Gourdain, Slg. 1979, 733 Nr. 4; v. 12. Februar 2009 - Deko Marty Belgium, NJW 2009, 2189, Nr. 19-21; v. 2. Juli 2009 - SCT Industri, ZIP 2009, 1441 f Nr. 21, 25).
10
International 1. zuständig für Klagen in Zivilsachen sind nach Art. 2 Abs. 1 LugÜ grundsätzlich die Gerichte des Staates, in dem der Beklagte seinen Wohnsitz hat, ohne Rücksicht auf seine Staatsangehörigkeit. Im Streitfall sind dies die Gerichte der Schweiz.
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2. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz sieht Art. 5 Nr. 1 LugÜ vor. Nach dieser Bestimmung kann eine Person, die ihren Wohnsitz in einem Vertragsstaat hat, in einem anderen Vertragsstaat verklagt werden, wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden , und zwar vor dem Gericht des Ortes, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre. Die Voraussetzungen dieser Ausnahmevorschrift hat das Berufungsgericht mit Recht verneint. Es durfte sich dabei an der Auslegung des Brüsseler Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. September 1968 (EuGVÜ), dem das Lugano-Übereinkommen nachempfunden wurde, durch die dazu ergangene Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs orientieren (vgl. Präambel und Art. 1 und 2 des Protokolls Nr. 2 über die einheitliche Auslegung des Übereinkommens, BGBl. 1994 II S. 2697; BGH, Beschl. v. 22. Januar 2009 - IX ZB 42/06, WM 2009, 766, 767 Rn. 10; BGE 124 III 188, 191).
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a) Der Anwendungsbereich des Art. 5 Nr. 1 LugÜ ist grundsätzlich eröffnet. Gegenstand des Verfahrens ist die Vergleichs- und Auseinandersetzungs- vereinbarung vom 30. April 2001 nebst Ergänzungsvereinbarungen. Nach seinem Wortlaut greift Art. 5 Nr. 1 LugÜ nicht nur ein, wenn um einzelne Ansprüche aus einem Vertrag gestritten wird, sondern auch dann, wenn der Vertrag als solcher Streitgegenstand ist. Es ist deshalb anerkannt, dass auch Klagen, mit denen das Bestehen oder Nichtbestehen eines Vertragsverhältnisses festgestellt werden soll, unter diese Regelung fallen können (vgl. EuGH, Urt. v. 4. März 1982 - Effer, IPRax 1983, 31, 33; BGH, Urt. v. 7. Dezember 2000 - VII ZR 404/99, NJW 2001, 1936, 1937; BAGE 107, 178, 190; BGE 133 III 282, 286; OLG Stuttgart IPRax 1999, 103; Dasser/Oberhammer, Kommentar zum Lugano -Übereinkommen Art. 5 Rn. 16; Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht 8. Aufl. Art. 5 EuGVVO Rn. 8; Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht 3. Aufl. Art. 5 EuGVVO Rn. 57; Fasching/Simotta, Kommentar zu den Zivilprozessgesetzen 2. Aufl. Bd. 5/1 Art. 5 EuGVVO Rn. 45).
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b) Aus dem Wortlaut des Art. 5 Nr. 1 LugÜ folgt, dass auch im Falle einer das ganze Vertragsverhältnis betreffenden Feststellungsklage entgegen der in der Revisionsverhandlung geäußerten Auffassung des Klägers an den Erfüllungsort der einzelnen Ansprüche aus dem Vertragsverhältnis anzuknüpfen ist. Umstritten ist allerdings, was gilt, wenn das streitige Vertragsverhältnis mehrere gleichrangige Hauptpflichten enthält, die in verschiedenen Vertragsstaaten zu erfüllen sind. Diese Frage ist hier entscheidungserheblich.
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aa) Entgegen der Ansicht der Revision ist das Gericht am Sitz der auf Feststellung der Wirksamkeit eines Vertrags klagenden Partei nicht bereits deshalb international zuständig, weil sie aus dem Vertrag die Pflicht des Gegners zu der Erklärung ableitet, er bestreite die Wirksamkeit des Vertrags nicht mehr. Die Klage ist nicht auf Abgabe einer solchen Erklärung, sondern auf die gerichtliche Feststellung der Wirksamkeit des Vertrags gerichtet. Auch der Ge- sichtspunkt, dass deutsche Gerichte im Falle einer auf eine noch offene, in Deutschland zu erfüllende Vertragspflicht bezogenen Leistungsklage auch für eine Zwischenfeststellungsklage nach § 256 Abs. 2 ZPO international zuständig wären, begründet für sich genommen nicht die internationale Zuständigkeit für eine Feststellungsklage.
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Der bb) im Streit befindliche Vertrag enthält mehrere wechselseitige Pflichten. Wo diese zu erfüllen sind, beurteilt sich nach dem materiellen Recht, das nach den Kollisionsnormen des mit der Sache befassten Gerichts maßgeblich ist (lex causae; st. Rspr. des EuGH seit dem Urt. v. 6. Oktober 1976 - Tessili, NJW 1977, 491; BGHZ 157, 224, 231; BGE 124 III 188, 189; Geimer/ Schütze aaO Rn. 76 ff m.w.N.). Nach Art. 27 EGBGB a.F. ist dies deutsches Recht, weil die Parteien in § 8 Nr. 2 der Vereinbarung vom 30. April 2001 eine entsprechende Rechtswahl getroffen haben. Maßgeblich ist deshalb § 269 BGB. Danach hat der Schuldner die ihm obliegende Leistungshandlung dort zu erbringen, wo er zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz hatte, sofern nicht ein anderer Ort für die Leistung entweder vereinbart oder aus den Umständen, insbesondere aus der Natur des Schuldverhältnisses , zu entnehmen ist. Bei gegenseitigen Verträgen besteht im Allgemeinen kein einheitlicher Leistungsort; dieser muss vielmehr für jede Verpflichtung gesondert festgestellt werden (BGH, Urt. v. 4. März 2004 - IX ZR 101/03, WM 2004, 2038, 2039; v. 24. Januar 2007 - XII ZR 168/04, NJW-RR 2007, 777, 778 Rn. 12).
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(1) Die Revision meint, aus der Natur der in Rede stehenden Vereinbarung als Vergleich folge ein Ortsbezug der gesamten Vereinbarung auf den Ort des Streitverhältnisses, das durch den Vergleich im Wege gegenseitigen Nachgebens geregelt werden sollte. Ort des Streitverhältnisses sei der Ort, an dem der durch den Vergleich beendete Rechtsstreit rechtshängig geworden sei oder geworden wäre; an diesem Ort habe auch das wechselseitige Nachgeben in Form von Willenserklärungen zu erfolgen. Aus den Umständen sei daher zu entnehmen, dass der Erfüllungsort für die Vereinbarung insgesamt im Landgerichtsbezirk Karlsruhe liege. Dies trifft jedoch nicht zu. Der Inhalt der Vereinbarung vom 30. April 2001 geht weit über den Gegenstand der kurz zuvor beim Landgericht Karlsruhe eingereichten Klage hinaus. Die Frage der Wirksamkeit dieser Vereinbarung betrifft nicht eine Pflicht, dem Vergleich im Wege des Nachgebens zuzustimmen, sondern die aus der Vereinbarung resultierenden Pflichten. Der Ort, an dem diese zu erfüllen sind, kann nicht einheitlich beurteilt werden.
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(2) Die Leistungshandlungen für einen erheblichen Teil der vereinbarten Pflichten waren in Deutschland vorzunehmen. Dies gilt etwa für die Zahlungspflichten des Klägers und für die Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger in Deutschland belegene Grundstücke zu übertragen.
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(3) Vereinbart wurden aber auch Pflichten, die außerhalb Deutschlands zu erfüllen waren. Das Berufungsgericht hat hierzu unter Hinweis auf den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 24. September 1987 (I AZR 749/86, BGHR ZPO § 36 Nr. 3 Erfüllungsort 1) die Verpflichtung der Beklagten gezählt, dem Kläger Grundstücke in Spanien, in den USA und in Uruguay zu übertragen. Die Revision hält dem entgegen, ein Erfüllungsort am Ort des im Ausland belegenen Grundstücks könne regelmäßig nur dann angenommen werden, wenn das ausländische Recht bestimmte Übertragungserfordernisse normiere, die nur vor Ort zu erfüllen seien, wie in Deutschland die Eintragung der Eigentumsänderung im Grundbuch; hierzu habe das Berufungsgericht nichts festgestellt. Ob dieser Einwand durchgreift, bedarf keiner Entscheidung.

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(4) Denn jedenfalls die Verpflichtungen der Beklagten, dem Kläger verschiedene Forderungen und Einrichtungs- und Kunstgegenstände in einer Villa in St. Moritz zu übertragen, waren außerhalb Deutschlands, nämlich in der Schweiz zu erfüllen.
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Im Rahmen der Verpflichtung, ihr gesamtes Vermögen dem Kläger zu übertragen, hatte die Beklagte dem Kläger auch Forderungen aus Guthaben bei verschiedenen Schweizer Banken und bei einer Stiftung in Liechtenstein zu übertragen (§ 1 der Vereinbarung vom 30. April 2001 i.V.m. Nr. 4 der Anlage A 1 zu dieser Vereinbarung; angegebener Gesamtwert rund 173 Mio. DM). Die Abtretung der Forderungen erfolgte durch Abgabe entsprechender Erklärungen in § 4 Nr. 1 der Vereinbarung vom 30. April 2001, also am Ort der Beurkundung in Basel. Dies begründet die internationale Zuständigkeit der Schweizer Gerichte für Streitigkeiten über diese Verpflichtung, denn nach Art. 5 Nr. 1 LugÜ ist neben dem Gericht des Ortes, an dem die Verpflichtung zu erfüllen wäre, auch das Gericht des Ortes zuständig, an dem die Verpflichtung tatsächlich erfüllt worden ist. Der tatsächliche Erfüllungsort braucht mit dem zunächst vereinbarten Erfüllungsort nicht überein zu stimmen; die einvernehmliche Erfüllung einer Verpflichtung an einem anderen als dem ursprünglich vereinbarten Ort ist allerdings regelmäßig auch als Vereinbarung eines neuen Erfüllungsorts anzusehen (Dasser/Oberhammer aaO Rn. 32; Kropholler aaO Rn. 34).
21
Die Beklagte war ferner verpflichtet, dem Kläger Inventar und Kunstwerke zu übertragen, die sich in einer Villa in St. Moritz/Schweiz befanden (§ 1 der Vereinbarung vom 30. April 2001 i.V.m. Nr. 4 der Anlage A 1 zu dieser Vereinbarung ; angegebener Wert ca. 10 Mio. DM). Nach dem insoweit maßgeblichen Sachenrecht der Schweiz (Art. 43 EGBGB) ist für die Eigentumsübertragung an beweglichen Gegenständen neben einem gültigen obligatorischen Grundgeschäft die Übertragung des Besitzes (Art. 714 Satz 1 ZGB), ersatzweise ein Übergabesurrogat erforderlich. Als Übergabesurrogat kommen neben anderen ein Besitzkonstitut (Art. 717, 924 Abs. 1 ZGB, ähnlich § 930 BGB) und eine Besitzanweisung (ähnlich § 931 BGB) in Betracht (vgl. etwa Rey, Die Grundlagen des Sachenrechts und das Eigentum, 3. Aufl. Rn. 1688, 1710 ff). In § 4 Nr. 2 der Vereinbarung vom 30. April 2001 erklärten die Parteien, dass, sofern zur Übertragung eines Vermögensgegenstands die Besitzverschaffung notwendig sei, der Herausgabeanspruch der Beklagten gegen den jeweiligen Besitzer an den Kläger abgetreten werde; soweit die Beklagte Besitzerin sei, verpflichte sie sich, die Vermögensgegenstände innerhalb von zwei Wochen herauszugeben und bis zur Herausgabe für den Kläger unentgeltlich zu verwahren. Mit diesen Erklärungen war die Verpflichtung der Beklagten zur Übertragung des Eigentums an Inventar und Kunstwerken erfüllt, und zwar in der Schweiz. Dies begründete auch für Streitigkeiten über diese Verpflichtung die internationale Zuständigkeit der Schweizer Gerichte.
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c) Enthielt die Vereinbarung sonach verschiedene Hauptpflichten mit Erfüllungsorten in unterschiedlichen Staaten, so lässt sich für eine Klage auf Feststellung der Wirksamkeit des gesamten Vertrags aus Art. 5 Abs. 1 LugÜ keine einheitliche internationale Zuständigkeit herleiten.
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aa) In der Rechtsprechung der Instanzgerichte und im Schrifttum ist diese Frage umstritten. Manche Stimmen bejahen einen Gerichtsstand an jedem Ort, an dem irgendeine vertragliche Verpflichtung (LG Trier NJW-RR 2003, 287, 288) oder jedenfalls eine Hauptverpflichtung zu erfüllen ist (Geimer/Schütze aaO Rn. 110; Fasching/Simotta aaO Rn. 123), andere stellen auf die für den Kläger maßgebliche Hauptverpflichtung des jeweiligen Beklagten (OLG Stutt- gart IPRax 1999, 103; OLG Frankfurt RIW 1980, 585; Dasser/Oberhammer aaO Rn. 29) oder auf die vertragscharakteristische Hauptpflicht (MünchKommZPO /Gottwald, 3. Aufl. Art. 5 EuGVVO Rn. 32; Wolf, IPRax 1999, 82, 85) ab. Wieder andere halten einen Gerichtsstand nach Art. 5 Nr. 1 a EuGVVO (entsprechend Art. 5 Nr. 1 LugÜ) nur dann für gegeben, wenn alle vertraglichen Verpflichtungen am selben Ort zu erfüllen sind (Schlosser, EU-Zivilprozessrecht 3. Aufl. Art. 5 EuGVVO Rn. 9).
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bb) Nach der auch für die Auslegung des Lugano-Übereinkommens heranzuziehenden Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs kommt es für die Bestimmung des Erfüllungsorts im Sinne von Art. 5 Abs. 1 EuGVÜ nicht auf eine beliebige Verpflichtung aus dem Vertrag an, sondern auf diejenige Verpflichtung , die den Gegenstand der Klage bildet (EuGH, Urt. v. 6. Oktober 1976 - de Bloos, NJW 1977, 490). Stützt der Kläger seine Klage auf mehrere Verpflichtungen , die sich aus einem einzigen Vertrag ergeben, entscheidet die Hauptpflicht; Nebensächliches folgt der Hauptsache (EuGH, Urt. v. 15. Januar 1987 - Shenavai, NJW 1987, 1131, 1132 Nr. 19). Auf die vertragscharakteristische Leistung hat der Europäische Gerichtshof nur bei Verträgen über unselbständige Dienste abgestellt (Urt. v. 26. Mai 1982 - Ivenel, IPRax 1983, 173); darüber hinaus hat er die Anwendung dieses Kriteriums abgelehnt (Urt. v. 19. Februar 2002 - Besix, NJW 2002, 1407, 1408 f, Nr. 38-40 m.w.N.). Betrifft der Rechtsstreit mehrere gleichrangige Verpflichtungen aus ein und demselben Vertrag, die nach den Kollisionsnormen des mit der Sache befassten Gerichts in verschiedenen Vertragsstaaten zu erfüllen sind, ergibt sich aus Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ kein einheitlicher Gerichtsstand für die gesamte Klage (EuGH, Urt. v. 5. Oktober 1999 - Leathertex, NJW 2000, 721, 723 Nr. 40, 42). Entsprechendes gilt für Art. 5 Nr. 1 LugÜ (BGE 124 III 188, 190 f). Eine Aufspaltung der Zuständigkeiten kann der Kläger vermeiden, indem er die Klage beim Gericht am Wohnsitz des Beklagten erhebt (Art. 2 EuGVÜ/LugÜ; EuGH, Urt. v. 5. Oktober 1999 - Leathertex aaO Nr. 41).
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cc) Nach diesen Grundsätzen kann im Falle einer Klage, mit der die Wirksamkeit einer Vereinbarung festgestellt werden soll, die mehrere gleichrangige Hauptpflichten mit Erfüllungsorten in verschiedenen Vertragsstaaten beinhaltet , aus Art. 5 Nr. 1 LugÜ kein einheitlicher internationaler Gerichtsstand hergeleitet werden. Der durch Art. 5 Nr. 1 LugÜ für den Kläger geschaffenen Möglichkeit, den Beklagten nicht nur an seinem Wohnsitz (Art. 2 LugÜ), sondern auch am Erfüllungsort der streitigen Verbindlichkeit zu verklagen, liegt zugrunde , dass regelmäßig zwischen der Klage und dem Gericht am Erfüllungsort eine enge Verknüpfung besteht (EuGH, Urt. v. 6. Oktober 1976 - Tessili, aaO Nr. 13; v. 15. Januar 1987 - Shenavai, aaO Nr. 6; v. 29. Juni 1994 - Custom Made Commercial, NJW 1995, 183 Nr. 12 f). Kriterium für das Bestehen des Wahlgerichtsstands ist jedoch nach dem Wortlaut des Übereinkommens nicht die innere Verknüpfung, sondern allein der Erfüllungsort. Damit sollte entsprechend der Zielsetzung des Übereinkommens, Regeln aufzustellen, die eine gewisse Sicherheit im Hinblick auf die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen den Gerichten der Vertragsstaaten gewährleisten, ein möglichst klares und eindeutiges Kriterium gewählt werden (EuGH, Urt. v. 29. Juni 1994 - Custom Made Commercial, aaO Rn. 14 f). Der Grundsatz der Rechtssicherheit verlangt, dass die von der allgemeinen Regel des Art. 2 abweichenden Zuständigkeitsregeln wie Art. 5 Nr. 1 so ausgelegt werden, dass ein informierter, verständiger Beklagter vorhersehen kann, vor welchem anderen Gericht als dem eines Staates, in dem er seinen Wohnsitz hat, er verklagt werden könnte (EuGH, Urt. v. 19. Februar 2002 - Besix, aaO Nr. 24, 26, 50-52). Dies gilt auch für den Kläger. Einen sicheren und verlässlichen Anknüpfungspunkt, der einen für die Beteiligten vorhersehbaren Gerichtsstand begründet, bietet, wenn die Wirksamkeit ei- ner komplexen Vereinbarung mit mehreren, an unterschiedlichen Orten zu erfüllenden Hauptpflichten Gegenstand des Verfahrens ist, nur der Wohnsitz des Beklagten.
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dd) Entgegen der Ansicht des Klägers kann nicht über den Teil der Feststellungsklage gesondert entschieden werden, der die in Deutschland zu erfüllenden Verpflichtungen betrifft. Insoweit handelt es sich nicht um ein minus gegenüber der Klageforderung. Die vom Kläger begehrte Feststellung, dass die mit der Beklagten getroffene Gesamtvereinbarung wirksam ist, und die Durchsetzbarkeit einzelner aus der Vereinbarung folgender Ansprüche bilden verschiedene Streitgegenstände.
Ganter Kayser Gehrlein
Fischer Grupp
Vorinstanzen:
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 23.11.2007 - 11 O 82/06 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 22.04.2009 - 7 U 253/07 -

(1) Urteile sind der Rechtskraft nur insoweit fähig, als über den durch die Klage oder durch die Widerklage erhobenen Anspruch entschieden ist.

(2) Hat der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gemacht, so ist die Entscheidung, dass die Gegenforderung nicht besteht, bis zur Höhe des Betrages, für den die Aufrechnung geltend gemacht worden ist, der Rechtskraft fähig.

(1) Bei dem Gericht der Klage kann eine Widerklage erhoben werden, wenn der Gegenanspruch mit dem in der Klage geltend gemachten Anspruch oder mit den gegen ihn vorgebrachten Verteidigungsmitteln in Zusammenhang steht.

(2) Dies gilt nicht, wenn für eine Klage wegen des Gegenanspruchs die Vereinbarung der Zuständigkeit des Gerichts nach § 40 Abs. 2 unzulässig ist.

Für Klagen wegen vermögensrechtlicher Ansprüche gegen eine Person, die im Inland keinen Wohnsitz hat, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk sich Vermögen derselben oder der mit der Klage in Anspruch genommene Gegenstand befindet. Bei Forderungen gilt als der Ort, wo das Vermögen sich befindet, der Wohnsitz des Schuldners und, wenn für die Forderungen eine Sache zur Sicherheit haftet, auch der Ort, wo die Sache sich befindet.

(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.

(2) Das Gericht kann ferner, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von Feststellungszielen abhängt, die den Gegenstand eines anhängigen Musterfeststellungsverfahrens bilden, auf Antrag des Klägers, der nicht Verbraucher ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des Musterfeststellungsverfahrens auszusetzen sei.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.

(2) Das Gericht kann ferner, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von Feststellungszielen abhängt, die den Gegenstand eines anhängigen Musterfeststellungsverfahrens bilden, auf Antrag des Klägers, der nicht Verbraucher ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des Musterfeststellungsverfahrens auszusetzen sei.

(1) Das Prozessgericht kann auf Antrag anordnen, dass bis zum Erlass des Urteils über die in den §§ 767, 768 bezeichneten Einwendungen die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung eingestellt oder nur gegen Sicherheitsleistung fortgesetzt werde und dass Vollstreckungsmaßregeln gegen Sicherheitsleistung aufzuheben seien. Es setzt eine Sicherheitsleistung für die Einstellung der Zwangsvollstreckung nicht fest, wenn der Schuldner zur Sicherheitsleistung nicht in der Lage ist und die Rechtsverfolgung durch ihn hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Die tatsächlichen Behauptungen, die den Antrag begründen, sind glaubhaft zu machen.

(2) In dringenden Fällen kann das Vollstreckungsgericht eine solche Anordnung erlassen, unter Bestimmung einer Frist, innerhalb der die Entscheidung des Prozessgerichts beizubringen sei. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist wird die Zwangsvollstreckung fortgesetzt.

(3) Die Entscheidung über diese Anträge ergeht durch Beschluss.

(4) Im Fall der Anhängigkeit einer auf Herabsetzung gerichteten Abänderungsklage gelten die Absätze 1 bis 3 entsprechend.

(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.

(2) Das Gericht kann ferner, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von Feststellungszielen abhängt, die den Gegenstand eines anhängigen Musterfeststellungsverfahrens bilden, auf Antrag des Klägers, der nicht Verbraucher ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des Musterfeststellungsverfahrens auszusetzen sei.

(1) Urteile sind der Rechtskraft nur insoweit fähig, als über den durch die Klage oder durch die Widerklage erhobenen Anspruch entschieden ist.

(2) Hat der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gemacht, so ist die Entscheidung, dass die Gegenforderung nicht besteht, bis zur Höhe des Betrages, für den die Aufrechnung geltend gemacht worden ist, der Rechtskraft fähig.

(1) Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, sind von dem Schuldner im Wege der Klage bei dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges geltend zu machen.

(2) Sie sind nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, in der Einwendungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes spätestens hätten geltend gemacht werden müssen, entstanden sind und durch Einspruch nicht mehr geltend gemacht werden können.

(3) Der Schuldner muss in der von ihm zu erhebenden Klage alle Einwendungen geltend machen, die er zur Zeit der Erhebung der Klage geltend zu machen imstande war.

(1) Ist ein Ort für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen, insbesondere aus der Natur des Schuldverhältnisses, zu entnehmen, so hat die Leistung an dem Ort zu erfolgen, an welchem der Schuldner zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz hatte.

(2) Ist die Verbindlichkeit im Gewerbebetrieb des Schuldners entstanden, so tritt, wenn der Schuldner seine gewerbliche Niederlassung an einem anderen Ort hatte, der Ort der Niederlassung an die Stelle des Wohnsitzes.

(3) Aus dem Umstand allein, dass der Schuldner die Kosten der Versendung übernommen hat, ist nicht zu entnehmen, dass der Ort, nach welchem die Versendung zu erfolgen hat, der Leistungsort sein soll.

(1) Bei dem Gericht der Klage kann eine Widerklage erhoben werden, wenn der Gegenanspruch mit dem in der Klage geltend gemachten Anspruch oder mit den gegen ihn vorgebrachten Verteidigungsmitteln in Zusammenhang steht.

(2) Dies gilt nicht, wenn für eine Klage wegen des Gegenanspruchs die Vereinbarung der Zuständigkeit des Gerichts nach § 40 Abs. 2 unzulässig ist.

Für Klagen wegen vermögensrechtlicher Ansprüche gegen eine Person, die im Inland keinen Wohnsitz hat, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk sich Vermögen derselben oder der mit der Klage in Anspruch genommene Gegenstand befindet. Bei Forderungen gilt als der Ort, wo das Vermögen sich befindet, der Wohnsitz des Schuldners und, wenn für die Forderungen eine Sache zur Sicherheit haftet, auch der Ort, wo die Sache sich befindet.

(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.

(2) Das Gericht kann ferner, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von Feststellungszielen abhängt, die den Gegenstand eines anhängigen Musterfeststellungsverfahrens bilden, auf Antrag des Klägers, der nicht Verbraucher ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des Musterfeststellungsverfahrens auszusetzen sei.

(1) Hat der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gemacht, so kann, wenn nur die Verhandlung über die Forderung zur Entscheidung reif ist, diese unter Vorbehalt der Entscheidung über die Aufrechnung ergehen.

(2) Enthält das Urteil keinen Vorbehalt, so kann die Ergänzung des Urteils nach Vorschrift des § 321 beantragt werden.

(3) Das Urteil, das unter Vorbehalt der Entscheidung über die Aufrechnung ergeht, ist in Betreff der Rechtsmittel und der Zwangsvollstreckung als Endurteil anzusehen.

(4) In Betreff der Aufrechnung, über welche die Entscheidung vorbehalten ist, bleibt der Rechtsstreit anhängig. Soweit sich in dem weiteren Verfahren ergibt, dass der Anspruch des Klägers unbegründet war, ist das frühere Urteil aufzuheben, der Kläger mit dem Anspruch abzuweisen und über die Kosten anderweit zu entscheiden. Der Kläger ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der dem Beklagten durch die Vollstreckung des Urteils oder durch eine zur Abwendung der Vollstreckung gemachte Leistung entstanden ist. Der Beklagte kann den Anspruch auf Schadensersatz in dem anhängigen Rechtsstreit geltend machen; wird der Anspruch geltend gemacht, so ist er als zur Zeit der Zahlung oder Leistung rechtshängig geworden anzusehen.

(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.

(2) Das Gericht kann ferner, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von Feststellungszielen abhängt, die den Gegenstand eines anhängigen Musterfeststellungsverfahrens bilden, auf Antrag des Klägers, der nicht Verbraucher ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des Musterfeststellungsverfahrens auszusetzen sei.

(1) Hat der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gemacht, so kann, wenn nur die Verhandlung über die Forderung zur Entscheidung reif ist, diese unter Vorbehalt der Entscheidung über die Aufrechnung ergehen.

(2) Enthält das Urteil keinen Vorbehalt, so kann die Ergänzung des Urteils nach Vorschrift des § 321 beantragt werden.

(3) Das Urteil, das unter Vorbehalt der Entscheidung über die Aufrechnung ergeht, ist in Betreff der Rechtsmittel und der Zwangsvollstreckung als Endurteil anzusehen.

(4) In Betreff der Aufrechnung, über welche die Entscheidung vorbehalten ist, bleibt der Rechtsstreit anhängig. Soweit sich in dem weiteren Verfahren ergibt, dass der Anspruch des Klägers unbegründet war, ist das frühere Urteil aufzuheben, der Kläger mit dem Anspruch abzuweisen und über die Kosten anderweit zu entscheiden. Der Kläger ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der dem Beklagten durch die Vollstreckung des Urteils oder durch eine zur Abwendung der Vollstreckung gemachte Leistung entstanden ist. Der Beklagte kann den Anspruch auf Schadensersatz in dem anhängigen Rechtsstreit geltend machen; wird der Anspruch geltend gemacht, so ist er als zur Zeit der Zahlung oder Leistung rechtshängig geworden anzusehen.

(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.

(2) Das Gericht kann ferner, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von Feststellungszielen abhängt, die den Gegenstand eines anhängigen Musterfeststellungsverfahrens bilden, auf Antrag des Klägers, der nicht Verbraucher ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des Musterfeststellungsverfahrens auszusetzen sei.

(1) Das Prozessgericht kann auf Antrag anordnen, dass bis zum Erlass des Urteils über die in den §§ 767, 768 bezeichneten Einwendungen die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung eingestellt oder nur gegen Sicherheitsleistung fortgesetzt werde und dass Vollstreckungsmaßregeln gegen Sicherheitsleistung aufzuheben seien. Es setzt eine Sicherheitsleistung für die Einstellung der Zwangsvollstreckung nicht fest, wenn der Schuldner zur Sicherheitsleistung nicht in der Lage ist und die Rechtsverfolgung durch ihn hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Die tatsächlichen Behauptungen, die den Antrag begründen, sind glaubhaft zu machen.

(2) In dringenden Fällen kann das Vollstreckungsgericht eine solche Anordnung erlassen, unter Bestimmung einer Frist, innerhalb der die Entscheidung des Prozessgerichts beizubringen sei. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist wird die Zwangsvollstreckung fortgesetzt.

(3) Die Entscheidung über diese Anträge ergeht durch Beschluss.

(4) Im Fall der Anhängigkeit einer auf Herabsetzung gerichteten Abänderungsklage gelten die Absätze 1 bis 3 entsprechend.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.