Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 02. Juni 2015 - 5 WF 194/14

bei uns veröffentlicht am02.06.2015

Tenor

1. Die Beschwerde der Mutter gegen die Kostenentscheidung im Beschluss des Amtsgerichts Familiengericht - Lörrach vom 11.09.2014 in der Fassung des Beschlusses vom 22.10.2014 wird zurückgewiesen.

2. Die Mutter trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 486,11 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die isolierte Kostenentscheidung in einem Vaterschaftsanfechtungsverfahren.
Die Beschwerdeführerin ist Mutter des Kindes B. A., geb. am xx.xx.2003. Am xx.xx.2011 haben die Mutter sowie der Antragsgegner gegenüber dem Standesamt W… in Zusammenhang mit der Anmeldung ihrer Eheschließung die Erklärungen zur Vaterschaft des Antragsgegners abgegeben.
Mit Schriftsatz vom 14.07.2011 stellte das R. auf der Grundlage des damals geltenden § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB a.F. den Antrag, festzustellen, dass der Antragsgegner nicht der Vater des Kindes ist. Die Mutter trat mit Anwaltsschriftsatz vom 08.08.2011 dem Antrag entgegen. Das Familiengericht bestellte mit Beschluss vom 15.08.2011 einen Verfahrensbeistand und bewilligte der Mutter Verfahrenskostenhilfe für den ersten Rechtzug unter Beiordnung ihres Verfahrensbevollmächtigten ohne Ratenzahlungen.
Mit Datum vom 17.10.2011 erstattete der Verfahrensbeistand einen schriftlichen Bericht. Am 15.11.2011 hörte das Familiengericht die Mutter an und ordnete die Einholung eines Abstammungsgutachtens an. Die Entnahme von Proben beim Antragsgegner scheiterte daran, dass dieser am 17.12.2011 über die S. in den I. abgeschoben wurde.
Das Gericht setzte mit Beschluss vom 24.04.2012 das Verfahren aus.
Mit Schriftsatz vom 17.02.2014 nahm das R. im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17.12.2013 (1 BvL 6/10) über die Verfassungswidrigkeit von § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB a.F. den Antrag zurück.
Die Mutter beantragte mit Anwaltsschreiben vom 09.07.2014 die eigenen anwaltlichen Kosten gegen das Regierungspräsidium mit 486,11 EUR festzusetzen.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 11.09.2014 entschied das Familiengericht, dass die Kosten des Verfahrens zu je 1/3 das R. der Antragsgegner und die Mutter zu tragen hätten. Eine alleinige Kostentragungspflicht des R. aufgrund der Antragsrücknahme erscheine nicht angezeigt. Die maßgebliche Vorschrift sei erst später für nichtig erklärt worden. Da der Ausgang des Verfahrens nicht absehbar sei, erscheine die gleichmäßige Belastung der Beteiligten als angemessene Lösung. Der Beschluss wurde der Mutter am 16.09.2014 zugestellt.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die mit Anwaltsschreiben vom 16.09.2014 eingelegte Beschwerde der Kindesmutter.
10 
Mit Beschluss vom 22.10.2014 half das Familiengericht der Beschwerde teilweise ab und fasste die Kostenentscheidung neu in der Weise, dass Gerichtskosten nicht erhoben und außergerichtliche Auslagen nicht erstattet werden. Der Beschluss wurde nur formlos übersandt. Nachdem die Mutter mit Anwaltsschreiben vom 17.11.2014 mitgeteilt hatte, dass die Beschwerde aufrecht erhalten bleibe, sowie darauf hinwies, dass der Teilabhilfebeschluss sie noch mehr belaste, legte das Familiengericht die Akte dem Senat zur Entscheidung vor.
11 
Zu den Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
12 
Die Beschwerde der Mutter ist zulässig, in der Sache aber nicht begründet.
13 
1. Die Beschwerde ist nach §§ 58 ff. FamFG zulässig.
14 
Gegen die nach Erledigung der Hauptsache ergangene isolierte Kostenentscheidung des Familiengerichts ist die Beschwerde gem. § 58 Abs. 1 FamFG statthaft (vgl. BGH vom 28.09.2011 - XII ZB 2/11, juris Rn. 15).
15 
2. Die Beschwerde ist allerdings nicht begründet. Zu Recht hat das Familiengericht dem antragstellenden R. keine Pflicht zur Kostenerstattung auferlegt.
16 
Nach §§ 83 Abs. 2, 81 Abs. 1 Satz 1 und 2 FamFG erlegt das Gericht nach einer Antragsrücknahme den Beteiligten nach billigem Ermessen die Kosten ganz oder teilweise auf oder ordnet an, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. Dem Gericht ist daher im Rahmen der Ermessensentscheidung ein weiter Gestaltungsspielraum dahingehend eingeräumt, welchem Beteiligten welche Kosten des Verfahrens auferlegt werden. Dieses weite Ermessen erfährt nur durch § 81 Abs. 2 FamFG eine Beschränkung, wonach in den dort genannten Fällen die Kosten des Verfahrens einem Beteiligten ganz oder teilweise auferlegt werden sollen (BGH vom 19.02.2014 - XII ZB 15/13, juris) Rn. 11). Es soll den Gerichten die Möglichkeit gegeben werden, im jeweiligen Einzelfall darüber zu entscheiden, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang eine Kostenentscheidung sachgerecht ist. Mit dieser im Hinblick auf die Ermöglichung einer für den jeweiligen Einzelfall sachgerechten Kostenentscheidung in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeräumten Gestaltungsfreiheit der Gerichte ist es nicht zu vereinbaren, die Kostenverteilung in Verfahren zur Feststellung der Vaterschaft nach einem von dem konkreten Einzelfall unabhängigen Regel-Ausnahme-Verhältnis vorzunehmen. Das Gericht hat vielmehr in jedem konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung sämtlicher maßgeblicher Umstände die Kostenentscheidung zu treffen und sein Ermessen innerhalb der gesetzlichen Grenzen auszuüben (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 12 ff. m.w.N.).
17 
Nach diesen Maßstäben hat das Familiengericht im Ergebnis zu Recht keine Erstattung außergerichtlicher Kosten angeordnet.
18 
a) Ein Regelbeispiel nach § 81 Abs. 2 FamFG greift bezogen auf das R. nicht ein. Dem Antrag auf Vaterschaftsanfechtung fehlte nicht im Sinne von § 81 Abs. 2 Nr. 2 FamFG von vorne herein die Erfolgsaussicht; jedenfalls musste das R. dies nicht erkennen.
19 
Der Antrag wurde bereits im Jahre 2011 bei Gericht eingereicht. Mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17.12.2013 über die Verfassungswidrigkeit des dem Antrag zugrunde liegenden § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB a.F. musste zu diesem Zeitpunkt nicht gerechnet werden. Es entspricht daher der Rechtsprechung der Freiburger Senate des Oberlandesgerichts Karlsruhe, in solchen Fällen der Antragsrücknahme von einer Kostenerstattung abzusehen (vgl. Senat vom 19.05.2014 - 5 WF 31/12; OLG Karlsruhe vom 11.04.2014 - 18 UF 353/11).
20 
Auch im Übrigen ist nicht erkennbar gewesen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für ein Tätigwerden des R. nicht vorgelegen hätten. Dem vagen Vortrag zu einer sozial-familiären Beziehung zwischen Antragsgegner und Mutter in der Antragserwiderung vom 08.08.2011 folgten widersprüchliche Angaben, wie insbesondere der Verfahrensbeistand in seiner Stellungnahme vom 17.10.2011 zutreffend zusammengefasst hat.
21 
b) Damit bleibt es mangels Eingreifens eines Regelbeispiels nach § 81 Abs. 2 FamFG bei den allgemeinen Abwägungskriterien des § 81 Abs. 1 S. 1 und 2 FamFG.
22 
Es entspricht dem Grundsatz des Verfahrens der freiwilligen Gerichtsbarkeit, dass jeder Beteiligte seine Kosten selbst zu übernehmen hat. Dies galt bereits nach der vorangegangenen Vorschrift des § 13a Abs. 1 S. 1 FGG a.F., da auch in dieser die Auferlegung der Kosten in das Ermessen des Gerichts gestellt und davon abhängig gemacht war, dass sie der Billigkeit entsprach. Daraus wurde abgeleitet, dass die Auferlegung der Kosten also besonderer Rechtfertigung im Einzelfall bedürfte (vgl. Keidel/Kuntze/Winkler/Zimmermann, FG, 15. Auflage 2003, § 13a FGG Rn. 21 m.w.N.). Es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber mit der nunmehr geltenden Vorschrift des § 81 Abs. 1 S. 1 FamFG daran etwas ändern wollte (so aber ohne nähere Begründung MünchKommZPO/Schindler, 2. Auflage 2013, § 81 FamFG Rn. 7), lediglich die Ausnahmetatbestände wurde in § 81 Abs. 2 FamFG gegenüber § 13a Abs. 1 S. 2 FGG a.F. erheblich ausgeweitet. Eine stärkere Anknüpfung an die Kostenregeln des Zivilprozessrechts (so Keidel/Zimmermann, FamFG, 18. Auflage 2014, § 81 Rn. 44) sollte nur in begründeten Ausnahmefällen erfolgen (vgl. dazu die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 16/6308, S. 215), da gerade nicht das starre Erfolgsprinzip des § 91 ZPO gelten soll (so auch Keidel/Zimmermann, a.a.O.). Damit bedarf es weiterhin besonderer Begründung dafür, wenn in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit Gerichtskosten nicht hälftig geteilt und außergerichtliche Kosten auf einen anderen Beteiligten auferlegt werden (ebenso wie hier OLG Köln vom 12.12.2011 - 4 UF 256/11, juris Rn. 4; OLG Celle vom 26.04.2010 - 15 UF 40/10, juris Rn. 10; OLG Nürnberg vom 17.12.2009 - 7 WF 1483/09, juris Rn. 51; Prütting/Helms/Feskorn, FamFG, 3. Auflage 2014, § 81 Rn. 9; Musielak/Borth/Grandel, FamFG, 5. Auflage 2015, § 81 Rn. 3; Bork/Jacoby/Schwab/Müther, FamFG, 2. Auflage 2013, § 81 Rn. 6.2; Bahrenfuss/Wittenstein, FamFG, 2. Auflage 2013, § 81 Rn. 7).
23 
Besondere Umstände über die bereits erwähnten Tatsachen hinaus sind hier nicht ersichtlich. Unter Abwägung aller Umstände verbleibt es im vorliegenden Fall bei dem Grundsatz der Nichterstattung von außergerichtlichen Kosten.
III.
24 
Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 84 FamFG. Danach soll das Gericht die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat. Anders als für die Kostenentscheidung in erster Instanz besteht nach dem Willen des Gesetzgebers bei einer erfolglosen Beschwerde daher ein Regel-Ausnahme-Verhältnis für die einseitige Kostentragung. Ausnahmen sollen nach der Gesetzesbegründung nur in besonders gelagerten Fällen ausgesprochen werden (BT-Drs. 16/6308, S. 216). Umstände dafür sind im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.
25 
Der Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens wird gem. §§ 40 Abs. 1 Satz 1, 37 Abs. 3 FamGKG festgesetzt. Er richtet sich nach den Kosten, die die Mutter im Erfolgsfalle nicht tragen muss. Nach der Entscheidung im Teilabhilfebeschluss vom 22.10.2014 sind dies die eigenen außergerichtlichen Kosten der Mutter, die diese mit Festsetzungsantrag vom 09.07.2014 auf 486,11 EUR beziffert hat. Dieser Wert liegt noch über dem ursprünglichen Wert des Beschwerdeverfahrens von einem Drittel der Gesamtkosten von 1.298,90 EUR, die sich zusammensetzen aus den Rechtsanwaltskosten der Mutter von 486,11 EUR, den Gerichtskosten von 44,50 EUR, den Kosten des Verfahrensbeistands von 350 EUR und den Gutachterkosten von 418,29 EUR. Auf den Umstand, dass die Mutter die eigenen Rechtsanwaltskosten im Rahmen der ohne Ratenzahlung bewilligten Verfahrenskostenhilfe zunächst nicht bezahlen muss, kommt es angesichts der möglichen Aufhebung der Bewilligung gem. § 76 Abs. 1 FamFG mit § 124 ZPO nicht an.
26 
Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor. Die vorliegende Entscheidung ist damit unanfechtbar.

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(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.

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(1) Die Beschwerde findet gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Endentscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte in Angelegenheiten nach diesem Gesetz statt, sofern durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist. (2) Der Beurteilung des Beschwerd

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(1) Das Gericht soll die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, wenn 1. die Partei durch unrichtige Darstellung des Streitverhältnisses die für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe maßgebenden Voraussetzungen vorgetäuscht hat;2. die Partei ab

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Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen - FamGKG | § 40 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Verfahrenswert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist,

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 83 Kostenpflicht bei Vergleich, Erledigung und Rücknahme


(1) Wird das Verfahren durch Vergleich erledigt und haben die Beteiligten keine Bestimmung über die Kosten getroffen, fallen die Gerichtskosten jedem Teil zu gleichen Teilen zur Last. Die außergerichtlichen Kosten trägt jeder Beteiligte selbst. (

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1600 Anfechtungsberechtigte


(1) Berechtigt, die Vaterschaft anzufechten, sind:1.der Mann, dessen Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 und 2, § 1593 besteht,2.der Mann, der an Eides statt versichert, der Mutter des Kindes während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben,3.die Mutter und4

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Tenor 1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Lörrach vom 24.06.2015 in Ziffer 2 abgeändert und wie folgt neu gefasst: Die Gerichtskosten des Verfahrens tragen die weiteren

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(1) Berechtigt, die Vaterschaft anzufechten, sind:

1.
der Mann, dessen Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 und 2, § 1593 besteht,
2.
der Mann, der an Eides statt versichert, der Mutter des Kindes während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben,
3.
die Mutter und
4.
das Kind.

(2) Die Anfechtung nach Absatz 1 Nr. 2 setzt voraus, dass zwischen dem Kind und seinem Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 keine sozial-familiäre Beziehung besteht oder im Zeitpunkt seines Todes bestanden hat und dass der Anfechtende leiblicher Vater des Kindes ist.

(3) Eine sozial-familiäre Beziehung nach Absatz 2 besteht, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 zum maßgeblichen Zeitpunkt für das Kind tatsächliche Verantwortung trägt oder getragen hat. Eine Übernahme tatsächlicher Verantwortung liegt in der Regel vor, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 mit der Mutter des Kindes verheiratet ist oder mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt hat.

(4) Ist das Kind mit Einwilligung des Mannes und der Mutter durch künstliche Befruchtung mittels Samenspende eines Dritten gezeugt worden, so ist die Anfechtung der Vaterschaft durch den Mann oder die Mutter ausgeschlossen.

(1) Die Beschwerde findet gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Endentscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte in Angelegenheiten nach diesem Gesetz statt, sofern durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.

(2) Der Beurteilung des Beschwerdegerichts unterliegen auch die nicht selbständig anfechtbaren Entscheidungen, die der Endentscheidung vorausgegangen sind.

15
aa) Gemäß § 58 Abs. 1 FamFG findet die Beschwerde gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Endentscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte in Angelegenheiten nach diesem Gesetz statt, sofern durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist. Dies könnte für die Anwendung der Beschwerde nach § 58 FamFG sprechen, weil die nach streitloser Hauptsacheregelung ergangene Kostenentscheidung eine Endentscheidung nach §§ 38, 58 FamFG darstellt (BT-Drucks. 16/12717 S. 60; Schürmann FuR 2010, 425, 428).

(1) Wird das Verfahren durch Vergleich erledigt und haben die Beteiligten keine Bestimmung über die Kosten getroffen, fallen die Gerichtskosten jedem Teil zu gleichen Teilen zur Last. Die außergerichtlichen Kosten trägt jeder Beteiligte selbst.

(2) Ist das Verfahren auf sonstige Weise erledigt oder wird der Antrag zurückgenommen, gilt § 81 entsprechend.

(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.

(2) Das Gericht soll die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn

1.
der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat;
2.
der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste;
3.
der Beteiligte zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat;
4.
der Beteiligte durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten das Verfahren erheblich verzögert hat;
5.
der Beteiligte einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung nach § 156 Absatz 1 Satz 3 oder einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einer Beratung nach § 156 Absatz 1 Satz 4 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat.

(3) Einem minderjährigen Beteiligten können Kosten in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, nicht auferlegt werden.

(4) Einem Dritten können Kosten des Verfahrens nur auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft.

(5) Bundesrechtliche Vorschriften, die die Kostenpflicht abweichend regeln, bleiben unberührt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB15/13
vom
19. Februar 2014
in der Abstammungssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Bei einem erfolgreichen Antrag auf Feststellung der Vaterschaft entspricht es nicht
billigem Ermessen, dem Kindesvater allein aufgrund seines Unterliegens die gesamten
Verfahrenskosten aufzuerlegen, wenn dieser berechtigte Zweifel an seiner Vaterschaft
hatte, weil die Kindesmutter Mehrverkehr während der gesetzlichen Empfängniszeit
eingeräumt hatte.
BGH, Beschluss vom 19. Februar 2014 - XII ZB 15/13 - OLG Stuttgart
AG Aalen
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Februar 2014 durch den
Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Dr. Klinkhammer, Dr. Günter,
Dr. Botur und Guhling

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten zu 2 wirdder Beschluss des 11. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 12. Dezember 2012 aufgehoben. Das Verfahren wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Beschwerdewert: bis 2.000 €

Gründe:

I.

1
Die am 20. Februar 2007 als nichteheliches Kind der Beteiligten zu 1 geborene Antragstellerin hat den Antragsgegner auf Feststellung seiner Vaterschaft in Anspruch genommen. Nachdem dieser sich auf Mehrverkehr der Beteiligten zu 1 und auf eine bei ihm bestehende Zeugungsunfähigkeit berufen hatte, hat das Amtsgericht ein humangenetisches Abstammungsgutachten eingeholt. Dieses führte zu einer Wahrscheinlichkeit der Abstammung des Kindes vom Antragsgegner von 99,999999 %.
2
Das Amtsgericht hat die Vaterschaft des Antragsgegners festgestellt und ihm die Kosten des Verfahrens auferlegt. Die allein gegen die Kostenentschei- dung gerichtete Beschwerde des Antragsgegners hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde möchte der Antragsgegner eine Abänderung der Kostenentscheidung erreichen.

II.

3
Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
4
1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung damit begründet, dass das entscheidende Billigkeitskriterium bei der Kostenentscheidung nach § 81 FamFG der Erfolg oder Misserfolg des gestellten Antrags sei. Danach seien dem Antragsgegner als Vater der Antragstellerin die gesamten gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen. Dies entspreche der vor dem 1. September 2009 geltenden Rechtslage, als sich die Kostenentscheidung noch nach § 91 ZPO gerichtet habe. Außerdem ergebe sich aus der Gesetzesbegründung zur Änderung des § 81 Abs. 3 FamFG durch das Gesetz zur Einführung einer Rechtsbehelfsbelehrung im Zivilprozess und zur Änderung anderer Vorschriften, dass es bei einem erfolglosen Vaterschaftsfeststellungsverfahren nunmehr möglich sein solle, auch dem Kind nach allgemeinen Grundsätzen die Kosten aufzuerlegen, was sich bis zum Inkrafttreten des Gesetzes aus § 91 ZPO ergeben habe. Es bestehe daher kein Anlass, im Rahmen der Billigkeitsabwägung von einer Auferlegung der gesamten Kosten auf den Vater in Fallgestaltungen abzusehen, in denen aufgrund eines unter Beweis gestellten oder zugestandenen Mehrverkehrs ohne sachverständige Klärung begründete nachvollziehbare Zweifel daran bestünden, wer der Vater des betroffenen Kindes sei und deshalb eine im Interesse des Kindes durchzuführende Statusfeststellung im gerichtlichen Verfahren für keinen Beteiligten vermeidbar erscheine.
5
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
6
a) Zutreffend ist das Beschwerdegericht allerdings zunächst davon ausgegangen , dass sich die Kostenentscheidung in den in § 169 Nr. 1 bis 3 FamFG genannten Abstammungssachen, zu denen das vorliegende Verfahren zur Feststellung der Vaterschaft zählt (§ 169 Nr. 1 FamFG), nach der allgemeinen Bestimmung in § 81 FamFG richtet. Die spezielle Kostenvorschrift des § 183 FamFG gilt nur, wenn ein Antrag auf Anfechtung der Vaterschaft (§ 169 Nr. 4 FamFG) Erfolg hat. Nach der demnach maßgeblichen Vorschrift des § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG kann das Gericht die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen.
7
b) Die Frage, welche Kostenverteilung bei erfolgreichen Vaterschaftsfeststellungsverfahren billigem Ermessen entspricht, ist in der Rechtsprechung und im Schrifttum umstritten.
8
aa) Teilweise wird die Auffassung vertreten, die Kosten seien gemäß dem Grundsatz des § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG zwischen Kindesvater und Kindesmutter zu teilen bzw. es habe eine Kostenaufhebung zu erfolgen. Die gesamten Verfahrenskosten könnten einem Beteiligten nur bei Verwirklichung eines der in § 81 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 FamFG genannten Regelbeispiele oder einem damit vergleichbaren Fall auferlegt werden. Von einem groben Verschulden des Vaters könne jedoch nicht ausgegangen werden, wenn dieser vor der Kenntnis des Ergebnisses des Abstammungsgutachtens nicht sicher sein konnte, der Vater des beteiligten Kindes zu sein (OLG Naumburg FamRZ 2012, 734 [LS]). Außerdem hätten die Kindeseltern das Verfahren in gleicher Weise veranlasst, weil sie in der gesetzlichen Empfängniszeit miteinander geschlechtlich verkehrt haben (OLG Düsseldorf FamRZ 2012, 1827, 1829; OLG Brandenburg FamRZ 2012, 1966, 1967; OLG Bamberg FamRZ 2013, 1059, 1060, 24 f.; SchulteBunert /Weinreich/Keske/Schwonberg FamFG 4. Aufl. § 183 Rn. 4).
9
bb) Nach anderer Ansicht entspricht es nicht der Billigkeit, die Kindesmutter an den Kosten des Verfahrens zu beteiligen, wenn der Feststellungsantrag Erfolg hat. Die Kosten seien dann von dem Kindesvater allein zu tragen, zumal dieser die Möglichkeit gehabt habe, die Vaterschaft kostenfrei urkundlich anzuerkennen (OLG München FamRZ 2011, 923, 924; OLG Stuttgart Beschluss vom 6. Juni 2012 - 15 WF 119/12 - juris Rn. 4). Ein mögliches Interesse der Mutter an der Klärung der väterlichen Abstammung des Kindes sei für sich nicht ausreichend, um diese mit den Kosten des Verfahrens zu belasten (OLG Stuttgart FamRZ 2011, 1321, 1322 [für ein postmortales Abstammungsverfahren ]). Außerdem könne bei einem durchgeführten Abstammungsverfahren ein klares Obsiegen oder Unterliegen festgestellt werden, so dass einem Beteiligten - wie bisher nach § 91 ZPO - die vollen Kosten des Abstammungsverfahrens auferlegt werden könnten (vgl. OLG Schleswig SchlHA 2012, 352).
10
cc) Nach einer weiteren Meinung ist bei der Kostenentscheidung zwischen Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten zu trennen. Das Verfahren in Abstammungssachen sei nach der gesetzlichen Neuregelung nicht mehr als einseitiges streitiges Antragsverfahren, sondern als ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ohne formellen Gegner und ohne ein Obsiegen oder Unterliegen ausgestaltet (OLG Frankfurt FamRZ 2013, 1922, 1923). Deshalb sei bei Streitigkeiten unter Familienangehörigen - wie nach früherem Recht gemäß § 13 a FGG - bei der Anordnung einer Kostenerstattung Zurückhaltung geboten. Die außergerichtlichen Kosten seien daher in der Regel gegeneinander aufzuheben. Die Gerichtskosten (insbesondere die Kosten des Abstammungsgutachtens ) könnten dagegen bei einer erfolgreichen Vaterschaftsfeststellung dem Vater auferlegt werden, weil dieser die Möglichkeit habe, seine Vaterschaft vor der Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens urkundlich anzuerkennen (OLG Celle FamRZ 2010, 1840, 1841; OLG Oldenburg FamRZ 2012, 733 f.; für die Kosten des Abstammungsgutachtens auch OLG Frankfurt FamRZ 2013, 1922, 1924; MünchKommFamFG/Schindler 2. Aufl. § 81 Rn. 16; Musielak/Borth FamFG 4. Aufl. § 183 Rn. 5 f.; Nickel in BeckOK FamFG [Stand: 1. Oktober 2013] § 81 Rn. 10).
11
c) Der Senat hält es für verfehlt, bei der Ermessensausübung im Rahmen des § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG von einem Regel-Ausnahme-Verhältnis auszugehen. Die Vorschrift stellt es in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts , ob (für Familiensachen vgl. aber § 81 Abs. 1 Satz 3 FamFG) und in welchem Umfang eine Kostenentscheidung sachgerecht ist. Dabei räumt die Vorschrift dem Gericht, falls es eine Kostenentscheidung trifft, einen weiten Gestaltungsspielraum dahingehend ein, welchem Beteiligten welche Kosten des Verfahrens auferlegt werden (Prütting/Helms/Feskorn FamFG 3. Aufl. § 81 Rn. 6). Das Gericht kann beispielsweise die Kosten ganz oder teilweise zwischen den Beteiligten aufteilen, die Kosten gegeneinander aufheben oder die Kostenregelung getrennt in Bezug auf die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten vornehmen. Die Vorschrift erlaubt es auch, nur bestimmte Kosten einem der Beteiligten aufzuerlegen (OLG München FamRZ 2012, 1895 f.; Prütting/Helms/Feskorn FamFG 3. Aufl. § 81 Rn. 6; Thomas/Putzo/ Hüßtege ZPO 34. Aufl. § 81 FamFG Rn. 7) oder von der Erhebung der Kosten ganz oder teilweise abzusehen (§ 81 Abs. 1 Satz 2 FamFG). Dieses weite Ermessen des Gerichts bei der Entscheidung über die Verfahrenskosten erfährt nur eine Beschränkung durch § 81 Abs. 2 FamFG, wonach in den dort genannten Fällen die Kosten des Verfahrens einem Beteiligten ganz oder teilweise auferlegt werden sollen (vgl. Schulte-Bunert/Weinreich/Keske FamFG 4. Aufl. § 81 Rn. 23; Prütting/Helms/Feskorn FamFG 3. Aufl. § 81 Rn. 19).
12
Der Reformgesetzgeber wollte mit der Umgestaltung der Regelung zur Kostenentscheidung für Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit erreichen, dass das Gericht nicht nur – wie nach bisherigem Recht - die Erstattung der außergerichtlichen Kosten, sondern auch die Verteilung der Gerichtskosten nach billigem Ermessen vornehmen kann. Damit soll den Gerichten die Möglichkeit gegeben werden, im jeweiligen Einzelfall darüber zu entscheiden, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang eine Kostenentscheidung sachgerecht ist (vgl. BT-Drucks. 16/6308 S. 215). Die nach früherem Recht in § 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG enthaltene Grundregel, dass in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen hat, wurde deshalb bewusst nicht in die Neuregelung übernommen.
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Mit dieser im Hinblick auf die Ermöglichung einer für den jeweiligen Einzelfall sachgerechten Kostenentscheidung in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeräumten Gestaltungsfreiheit der Gerichte ist es nicht zu vereinbaren , die Kostenverteilung in Verfahren zur Feststellung der Vaterschaft nach einem von dem konkreten Einzelfall unabhängigen Regel-AusnahmeVerhältnis vorzunehmen (vgl. dazu auch MünchKommFamFG/Schindler 2. Aufl. § 81 Rn. 8; OLG München FamRZ 2012, 1895; OLG Düsseldorf FGPrax 2011, 207, 208). Das Gericht hat vielmehr in jedem konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung sämtlicher maßgeblichen Umstände die Kostenentscheidung zu treffen.
14
Ist die Kostenentscheidung solchermaßen in das Ermessen des Tatrichters gestellt, kann die Entscheidung im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob das Gericht die gesetzlichen Grenzen überschritten oder sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat (vgl. Senatsbeschluss vom 15. Februar 2012 - XII ZB 133/11 - FamRZ 2012, 960 Rn. 9 mwN).
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d) Letzteres ist hier der Fall. Das Beschwerdegericht hat bei seiner Entscheidung , die Verfahrenskosten vollständig dem Antragsgegneraufzuerlegen, allein auf den Erfolg des Feststellungsantrags abgestellt und damit nicht alle für die Ermessensentscheidung maßgeblichen Gesichtspunkte angemessen berücksichtigt.
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aa) Das Maß des Obsiegens oder Unterliegens ist zwar ein Gesichtspunkt , der in die Ermessensentscheidung nach § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG eingestellt werden kann (vgl. BT-Drucks. 16/6308 S. 215). Dies gilt aber vornehmlich für echte Streitverfahren, in denen sich die Beteiligten als Gegner gegenüberstehen und daher eine gewisse Ähnlichkeit zu einem Zivilprozess besteht (vgl. Keidel/Budde FamFG 18. Aufl. § 81 Rn. 46; Prütting/Helms/Feskorn FamFG 3. Aufl. § 81 Rn. 12; Schulte-Bunert/Weinreich/Keske FamFG 4. Aufl. § 81 Rn. 19). Das Verfahren in Abstammungssachen ist jedoch nach der gesetzlichen Neuregelung in den §§ 169 ff. FamFG nicht mehr als streitiges Verfahren , das nach den Regelungen der Zivilprozessordnung geführt wird, sondern als ein einseitiges Antragsverfahren nach den Vorschriften der freiwilligen Gerichtsbarkeit ausgestaltet. Neben einer größeren Flexibilität des Verfahrens wollte der Gesetzgeber hierdurch erreichen, dass sich die Beteiligten in Abstammungssachen nicht als formelle Gegner gegenüberstehen (vgl. BT-Drucks. 16/6308 S. 243). Das Verfahren auf Feststellung der Vaterschaft (§ 169 Nr. 1 FamFG) kann daher einem Streitverfahren nicht mehr uneingeschränkt gleichgestellt werden. Daraus folgt, dass für die im Rahmen eines erfolgreichen Verfahrens zur Vaterschaftsfeststellung zu treffende Entscheidung über die Verfahrenskosten nicht mehr allein das Obsiegen oder Unterliegen der Beteiligten maßgeblich sein kann, wenn weitere Umstände vorliegen, die für eine sachgerechte Kostenentscheidung von Bedeutung sein können.
17
bb) Das Beschwerdegericht hätte daher bei seiner Ermessensentscheidung nicht unberücksichtigt lassen dürfen, dass die Beteiligte zu 1 bereits zu Beginn des Verfahrens einen Mehrverkehr während der gesetzlichen Empfängniszeit eingeräumt hat. Jedenfalls deshalb konnte der Antragsgegner vor Kenntnis vom Ergebnis des Abstammungsgutachtens nicht sicher sein, ob er der Vater der Antragstellerin ist. Ihm war aus diesem Grund auch nicht zuzumuten , das Verfahren durch eine urkundliche Anerkennung seiner Vaterschaft nach §§ 1594 Abs. 1, 1597 BGB zu vermeiden. Die Frage, inwiefern ein Beteiligter Anlass für die Durchführung eines gerichtlichen Verfahrens gegeben hat, ist indes ein Gesichtspunkt, der im Rahmen der Ermessensentscheidung nach § 81 Abs. 1 BGB von Bedeutung sein kann (Schulte-Bunert/Weinreich/Keske FamFG 4. Aufl. § 81 Rn. 20; Prütting/Helms/Feskorn FamFG 3. Aufl. § 81 Rn. 11; Nickel in BeckOK FamFG [Stand: 1. Oktober 2013] § 81 Rn. 10). Da das Beschwerdegericht diesem Umstand ausdrücklich keine Bedeutung für die Ermessensausübung beimessen wollte, leidet die Kostenentscheidung an einem Rechtsfehler, der zu ihrer Aufhebung führt. Dose Klinkhammer Günter Botur Guhling
Vorinstanzen:
AG Aalen, Entscheidung vom 03.08.2012 - 2 F 146/12 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 12.12.2012 - 11 WF 211/12 -

(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.

(2) Das Gericht soll die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn

1.
der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat;
2.
der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste;
3.
der Beteiligte zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat;
4.
der Beteiligte durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten das Verfahren erheblich verzögert hat;
5.
der Beteiligte einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung nach § 156 Absatz 1 Satz 3 oder einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einer Beratung nach § 156 Absatz 1 Satz 4 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat.

(3) Einem minderjährigen Beteiligten können Kosten in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, nicht auferlegt werden.

(4) Einem Dritten können Kosten des Verfahrens nur auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft.

(5) Bundesrechtliche Vorschriften, die die Kostenpflicht abweichend regeln, bleiben unberührt.

(1) Berechtigt, die Vaterschaft anzufechten, sind:

1.
der Mann, dessen Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 und 2, § 1593 besteht,
2.
der Mann, der an Eides statt versichert, der Mutter des Kindes während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben,
3.
die Mutter und
4.
das Kind.

(2) Die Anfechtung nach Absatz 1 Nr. 2 setzt voraus, dass zwischen dem Kind und seinem Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 keine sozial-familiäre Beziehung besteht oder im Zeitpunkt seines Todes bestanden hat und dass der Anfechtende leiblicher Vater des Kindes ist.

(3) Eine sozial-familiäre Beziehung nach Absatz 2 besteht, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 zum maßgeblichen Zeitpunkt für das Kind tatsächliche Verantwortung trägt oder getragen hat. Eine Übernahme tatsächlicher Verantwortung liegt in der Regel vor, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 mit der Mutter des Kindes verheiratet ist oder mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt hat.

(4) Ist das Kind mit Einwilligung des Mannes und der Mutter durch künstliche Befruchtung mittels Samenspende eines Dritten gezeugt worden, so ist die Anfechtung der Vaterschaft durch den Mann oder die Mutter ausgeschlossen.

(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.

(2) Das Gericht soll die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn

1.
der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat;
2.
der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste;
3.
der Beteiligte zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat;
4.
der Beteiligte durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten das Verfahren erheblich verzögert hat;
5.
der Beteiligte einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung nach § 156 Absatz 1 Satz 3 oder einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einer Beratung nach § 156 Absatz 1 Satz 4 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat.

(3) Einem minderjährigen Beteiligten können Kosten in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, nicht auferlegt werden.

(4) Einem Dritten können Kosten des Verfahrens nur auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft.

(5) Bundesrechtliche Vorschriften, die die Kostenpflicht abweichend regeln, bleiben unberührt.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Das Gericht soll die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Verfahrenswert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Wert ist durch den Wert des Verfahrensgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Dies gilt nicht, soweit der Gegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung der Sprungrechtsbeschwerde ist Verfahrenswert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) Auf die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe finden die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe entsprechende Anwendung, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist.

(2) Ein Beschluss, der im Verfahrenskostenhilfeverfahren ergeht, ist mit der sofortigen Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567 bis 572, 127 Abs. 2 bis 4 der Zivilprozessordnung anfechtbar.

(1) Das Gericht soll die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, wenn

1.
die Partei durch unrichtige Darstellung des Streitverhältnisses die für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe maßgebenden Voraussetzungen vorgetäuscht hat;
2.
die Partei absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtige Angaben über die persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht oder eine Erklärung nach § 120a Absatz 1 Satz 3 nicht oder ungenügend abgegeben hat;
3.
die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe nicht vorgelegen haben; in diesem Fall ist die Aufhebung ausgeschlossen, wenn seit der rechtskräftigen Entscheidung oder sonstigen Beendigung des Verfahrens vier Jahre vergangen sind;
4.
die Partei entgegen § 120a Absatz 2 Satz 1 bis 3 dem Gericht wesentliche Verbesserungen ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse oder Änderungen ihrer Anschrift absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtig oder nicht unverzüglich mitgeteilt hat;
5.
die Partei länger als drei Monate mit der Zahlung einer Monatsrate oder mit der Zahlung eines sonstigen Betrages im Rückstand ist.

(2) Das Gericht kann die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, soweit die von der Partei beantragte Beweiserhebung auf Grund von Umständen, die im Zeitpunkt der Bewilligung der Prozesskostenhilfe noch nicht berücksichtigt werden konnten, keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder der Beweisantritt mutwillig erscheint.