Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 07. Apr. 2016 - 2 (6) Ss 110/16; 2 (6) Ss 110/16 - AK 41/16

published on 07/04/2016 00:00
Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 07. Apr. 2016 - 2 (6) Ss 110/16; 2 (6) Ss 110/16 - AK 41/16
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Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Heidelberg vom 7. Dezember 2015 im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu erneuter Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts Heidelberg zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Gründe

 
I.
Das Amtsgericht Heidelberg verurteilte den Angeklagten am 21.05.2015 wegen schweren Bandendiebstahls in drei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Urkundenunterdrückung und in einem Fall in Tateinheit mit Urkundenfälschung, sowie wegen versuchten Bandendiebstahls zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren.
Auf die Berufung des Angeklagten änderte das Landgericht Heidelberg mit Urteil vom 07.12.2015 das amtsgerichtliche Urteil unter Verwerfung der weitergehenden Berufung im Schuldspruch dahingehend ab, dass der Angeklagte des Diebstahls in drei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Urkundenfälschung, sowie des versuchten Diebstahls schuldig gesprochen wurde. Hinsichtlich des Tatvorwurfs der Urkundenunterdrückung war das Verfahren zuvor gemäß § 154a Abs. 2 StPO beschränkt worden.
Mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Revision rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts. Die Generalstaatsanwaltschaft trägt auf Verwerfung der Revision als unbegründet an.
II.
Die Überprüfung des Urteils aufgrund der zulässig erhobenen Sachrüge führt nach einstimmiger Entscheidung gemäß § 349 Abs. 4 StPO zur Aufhebung im Rechtsfolgenausspruch. Im Übrigen erweist sich das Rechtsmittel als offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs. 2 und 3 StPO).
1. Die Feststellungen des Landgerichts tragen die Verurteilung des Angeklagten wegen Diebstahls in drei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Urkundenfälschung, sowie wegen versuchten Diebstahls in objektiver und subjektiver Hinsicht. Auch die Beweiswürdigung des landgerichtlichen Urteils lässt keinen Rechtsfehler erkennen; insbesondere ist sie weder widersprüchlich noch unklar oder lückenhaft und verstößt auch nicht gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze (vgl. zu diesem Maßstab der revisionsgerichtlichen Überprüfung nur BGH, NStZ 2015, 419; NStZ-RR 2015, 52).
2. Lücken- und damit rechtsfehlerhaft sind jedoch die Erwägungen des Landgerichts zur Strafzumessung. Nachdem das Landgericht von dem Schuldspruch des amtsgerichtlichen Urteils in erheblicher Weise abgewichen ist und in der Folge auch deutlich abweichende Strafrahmen zur Anwendung gebracht hat, wäre eine eingehende Begründung geboten gewesen, warum das Landgericht dennoch die identische Gesamtstrafe wie das Amtsgericht verhängt hat.
Zwar sind die ursprüngliche Bewertung der Tat und die Strafzumessung der amtsgerichtlichen Entscheidung kein Maßstab für die Strafzumessung in der Berufungsinstanz. Ein Angeklagter hat jedoch einen Anspruch darauf zu erfahren, warum er für ein wesentlich geringeres Vergehen gleich hoch bestraft werden soll. Darüber hinaus kann nur durch eine eingehende Begründung des für den Angeklagten sonst kaum begreifbaren Ergebnisses der Berufungsverhandlung die Funktion der Strafe als Mittel zur Einwirkung auf den Angeklagten erfüllt werden (vgl. BGH, NStZ 1983, 54; Beschluss vom 08.12.2015, 3 StR 416/15; OLG Zweibrücken, StV 1992, 469, 470; OLG Stuttgart, NStZ-RR 2001, 16; BayObLG, NStZ-RR 2003, 326; OLG Hamm, StraFo 2005, 33; OLG München, NJW 2009, 160, 161). Eine fehlende Begründung der Verhängung einer identischen oder vergleichbaren Strafe wie bei einer im selben Verfahren vorangegangenen Verurteilung trotz wesentlicher Veränderung des Strafrahmens oder der für die Strafzumessung relevanten Gesichtspunkte ist allenfalls in Ausnahmefällen entbehrlich, in denen eine Gefährdung der spezialpräventiven Wirkung ausgeschlossen erscheint, weil etwa die durch den Vorderrichter verhängten Strafen offensichtlich im unteren Bereich des Vertretbaren gelegen hatten (vgl. OLG Bamberg, NStZ-RR 2012, 138, 139; OLG Stuttgart, NStZ-RR 2001, 16; OLG Hamm, NStZ-RR 2009, 368).
Ein derartiger Ausnahmefall ist vorliegend nicht gegeben. Das Landgericht ist zu dem Ergebnis gelangt, dass eine bandenmäßige Begehung der Taten des Angeklagten nicht bewiesen werden kann. Es hat daher in Abweichung vom amtsgerichtlichen Urteil nicht den Strafrahmen des § 244a Abs. 1 StGB zur Anwendung gebracht, der für jede Tat die Verhängung eine Freiheitsstrafe zwischen einem Jahr und zehn Jahren bzw. - hinsichtlich Tat 3 nach Verschiebung des Strafrahmens gemäß §§ 23 Abs. 2, 49 Abs. 1 StGB - einer Freiheitsstrafe zwischen drei Monaten sowie sieben Jahren und sechs Monaten ermöglicht, sondern ist vom Strafrahmen des § 243 Abs. 1 Satz 1 StGB ausgegangen, der für die Taten 1, 2 und 4 eine Freiheitsstrafe zwischen drei Monaten und zehn Jahren und für die Tat 3 - nach Anwendung von §§ 23 Abs. 2, 49 Abs. 1 StGB - eine Freiheitsstrafe zwischen einem Monat sowie sieben Jahren und sechs Monaten vorsieht. Die unteren Grenzen der anwendbaren Strafrahmen wurden mithin deutlich reduziert. Hinzu kommt, dass der Rechtsfolgenausspruch des Amtsgerichts - auch unter Berücksichtigung der ganz erheblichen und überwiegend unmittelbar einschlägigen Vorstrafen einerseits sowie der Höhe der Diebstahlsschäden andererseits - keineswegs ungewöhnlich milde erschien. Für den Angeklagten musste es vor diesem Hintergrund bei der gebotenen objektivierten Betrachtung durchaus unerwartet und daher begründungsbedürftig erscheinen, warum das Landgericht trotz der im Vergleich zur erstinstanzlichen Entscheidung erheblichen Abweichungen des Schuldspruch und der anwendbaren Strafrahmen zu einem identischen Rechtsfolgenausspruch gelangte.
Eine solche Begründung ist den Gründen des landgerichtlichen Urteils jedoch nicht ansatzweise zu entnehmen. Der amtsgerichtliche Rechtsfolgenausspruch wird nur insoweit in Bezug genommen, als hinsichtlich des Gesamtstrafenausspruchs festgestellt wird, dass er demjenigen des Amtsgerichts entspricht. Diese Entsprechung wird inhaltlich jedoch nicht erläutert.
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3. Das angefochtene Urteil war daher gemäß § 353 Abs. 1 und 2 StPO im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufzuheben, während die Revision im Übrigen zu verwerfen war. Im Umfang der Aufhebung war die Sache gemäß § 354 Abs. 2 Satz 1 StPO an eine andere Strafkammer des Landgerichts Heidelberg zurückzuverweisen. Diese wird auch über die Kosten des Rechtsmittels zu befinden haben.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

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published on 08/12/2015 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 416/15 vom 8. Dezember 2015 in der Strafsache gegen wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a. ECLI:DE:BGH:2015:081215B3STR416.15.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Gene
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Annotations

(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind,

1.
für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder
2.
neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat,
nicht beträchtlich ins Gewicht, so kann die Verfolgung auf die übrigen Teile der Tat oder die übrigen Gesetzesverletzungen beschränkt werden. § 154 Abs. 1 Nr. 2 gilt entsprechend. Die Beschränkung ist aktenkundig zu machen.

(2) Nach Einreichung der Anklageschrift kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Beschränkung vornehmen.

(3) Das Gericht kann in jeder Lage des Verfahrens ausgeschiedene Teile einer Tat oder Gesetzesverletzungen in das Verfahren wieder einbeziehen. Einem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einbeziehung ist zu entsprechen. Werden ausgeschiedene Teile einer Tat wieder einbezogen, so ist § 265 Abs. 4 entsprechend anzuwenden.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer den Diebstahl unter den in § 243 Abs. 1 Satz 2 genannten Voraussetzungen oder in den Fällen des § 244 Abs. 1 Nr. 1 oder 3 als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(3) (weggefallen)

(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.

(2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1).

(3) Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).

(1) In besonders schweren Fällen wird der Diebstahl mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
zur Ausführung der Tat in ein Gebäude, einen Dienst- oder Geschäftsraum oder in einen anderen umschlossenen Raum einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in dem Raum verborgen hält,
2.
eine Sache stiehlt, die durch ein verschlossenes Behältnis oder eine andere Schutzvorrichtung gegen Wegnahme besonders gesichert ist,
3.
gewerbsmäßig stiehlt,
4.
aus einer Kirche oder einem anderen der Religionsausübung dienenden Gebäude oder Raum eine Sache stiehlt, die dem Gottesdienst gewidmet ist oder der religiösen Verehrung dient,
5.
eine Sache von Bedeutung für Wissenschaft, Kunst oder Geschichte oder für die technische Entwicklung stiehlt, die sich in einer allgemein zugänglichen Sammlung befindet oder öffentlich ausgestellt ist,
6.
stiehlt, indem er die Hilflosigkeit einer anderen Person, einen Unglücksfall oder eine gemeine Gefahr ausnutzt oder
7.
eine Handfeuerwaffe, zu deren Erwerb es nach dem Waffengesetz der Erlaubnis bedarf, ein Maschinengewehr, eine Maschinenpistole, ein voll- oder halbautomatisches Gewehr oder eine Sprengstoff enthaltende Kriegswaffe im Sinne des Kriegswaffenkontrollgesetzes oder Sprengstoff stiehlt.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1 bis 6 ist ein besonders schwerer Fall ausgeschlossen, wenn sich die Tat auf eine geringwertige Sache bezieht.

(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.

(2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1).

(3) Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).

(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren das Urteil aufgehoben wird.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.