Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin Ziffer 17 gegen den Beschluss des Landgerichts Mannheim vom 09.11.2017 - 23 AktE 25/10 (2) - wird zurückgewiesen.

2. Die Antragstellerin Ziffer 17 trägt die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten der Antragsteller werden nicht erstattet.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

 
I.
Das Beschwerdeverfahren betrifft die Ablehnung eines Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit.
In der Hauptsache betrifft das vorliegende gesellschaftsrechtliche Spruchverfahren die Festsetzung der angemessenen Barabfindung der ausgeschlossenen Minderheitsaktionäre der A AG gemäß § 327 f AktG.
Bereits im Dezember 2007 hatte die Antragsgegnerin als Hauptaktionär der A AG gegenüber dessen Vorstand ein Verlangen gemäß § 327 a AktG geäußert. Für das weitere Verfahren wurde die W&K GmbH als sachverständige Prüferin für die Barabfindung gemäß § 327 c Abs. 2 S. 2, 3 AktG bestellt. Im Jahr 2008 wurde das Verlangen vom Hauptaktionär widerrufen bzw. zurückgenommen. Die Prüfung wurde damals nicht beendet, ein Prüfungsbericht nicht erstellt.
Aufgrund eines erneuten Verlangens der Antragsgegnerin als Hauptaktionär im Jahr 2010 wurde erneut ein Squeeze-Out-Verfahren eingeleitet. Als sachverständige Prüferin wurde nun eine andere Wirtschaftsprüfungsgesellschaft bestellt. Die Hauptversammlung der A AG beschloss am 30.08.2010 die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre auf den Hauptaktionär gegen Gewährung einer Barabfindung. Die Antragsteller haben sodann als ausgeschlossene Minderheitsaktionäre Antrag auf Bestimmung der angemessenen Barabfindung gemäß § 327 f AktG gestellt.
Mit Beweisbeschluss vom 09.03.2017 hat das Landgericht die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens zum Unternehmenswert der A AG angeordnet und als Sachverständigen ... bestimmt. Dieser ist für die W&K AG tätig, welche aus der früheren W&K GmbH hervorgegangen ist. Der Sachverständige war an der im Jahr 2007 begonnenen Prüfung persönlich nicht beteiligt.
Der Sachverständige ... ist Mitglied des Fachausschusses für Unternehmensbewertung und Betriebswirtschaft (FAUB) des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW). Das IDW verlautbart in so genannten „Standards“ Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen, die in der Praxis vielfach angewandt werden, die jedoch auch in der Fachwelt und im Rahmen von Spruchverfahren diskutiert werden. Die Satzung des IDW enthält in § 4 Abs. 9 folgende Bestimmung:
Jedes Mitglied hat im Rahmen seiner beruflichen Eigenverantwortlichkeit die von den Fachausschüssen des IDW abgegebenen IDW Fachgutachten, IDW Prüfungsstandards, IDW Stellungnahmen zur Rechnungslegung und IDW Standards, welche die Berufsauffassung der Wirtschaftsprüfer zu fachlichen Fragen der Rechnungslegung und Prüfung sowie zu sonstigen Gegenständen und Inhalten der beruflichen Tätigkeit darlegen oder zu ihrer Entwicklung beitragen, zu beachten. Das Mitglied hat deshalb sorgfältig zu prüfen, ob die in einem IDW Fachgutachten, einem IDW Prüfungsstandard, einer IDW Stellungnahme zur Rechnungslegung oder einem IDW Standard aufgestellten Grundsätze bei seiner Tätigkeit und in dem von ihm zu beurteilenden Fall anzuwenden sind. Abweichungen von diesen Grundsätzen sind schriftlich und an geeigneter Stelle (z.B. im Prüfungsbericht) hervorzuheben und ausführlich zu begründen.
Verschiedene Beteiligte haben den Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Sie haben geltend gemacht, dass eine Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen bestehe. Dies beruhe auf der Tätigkeit der W&K GmbH als Barabfindungsprüferin im Jahr 2007/2008. Der Sachverständige werde sich voraussichtlich nicht in substantiellen Widerspruch zu der im Jahr 2007 begonnenen Prüfung setzen. Bei der Verbindung zwischen Wirtschaftsprüfung und Unternehmensberatung - wie dies bei der W&K AG der Fall sei - bestünden in der Regel Beratungsmandate, die nicht vorsehen würden, dass Minderheitsaktionäre hiervon profitieren. Der Sachverständige ... sei in einer Vielzahl von Fällen als Erst- bzw. Parteigutachter im Auftrag eines Hauptaktionärs im Rahmen von Unternehmensbewertungen bei gesellschaftsrechtlichen Strukturmaßnahmen tätig geworden. Hierbei habe er jeweils im Vorfeld der Strukturmaßnahme ein entgeltliches Privatgutachten zum Unternehmenswert im Auftrag des Hauptaktionärs erstellt. Die Besorgnis der Befangenheit ergebe sich daraus, dass hierbei jeweils die Interessen des Hauptaktionärs und der Minderheitsaktionäre naturgemäß kollidierten. Es sei nicht ausgeschlossen, dass Beratungsleistungen der W&K für die A AG, die Antragsgegnerin oder Teilhaber der Antragsgegnerin erfolgt seien. Die Antragsgegnerin sei Bestandteil eines Beteiligungsgeflechts der R Holding Gesellschaft, mit welcher über verschiedene Beteiligungen insbesondere die Herren DH [Geschäftsführer der Antragsgegnerin], DiH und OH verbunden seien. Es sei anzunehmen, dass der Sachverständige bereits für diese oder eine deren Tochtergesellschaften beratend tätig geworden sei. Zudem sei die W&K AG in vielen Spruchverfahren als Parteigutachter tätig. In ähnlichen Fällen habe der Bundesgerichtshof (Beschluss vom 10.01.2017, VI ZB 31/16) die Besorgnis der Befangenheit bejaht. Es solle ein Sachverständiger bestellt werden, der nicht dem IDW bzw. dem FAUB angehöre. Die Selbstbindung des § 4 Abs. 9 der IDW-Satzung begründe insbesondere Bedenken bei Mitgliedern des FAUB, bei denen nicht erwartet werden könne, dass sie sich gegen ihre eigenen Empfehlungen stellen. Es stehe deshalb schon von vornherein fest, dass der Sachverständige die IDW Grundsätze anwenden werde.
Der Sachverständige hat dahingehend Stellung genommen, dass er durch die Tätigkeit der W&K GmbH als Prüferin aufgrund Bestellung des Landgerichts Mannheim vom 5.12.2007, an welcher er persönlich nicht beteiligt gewesen sei, seine Unabhängigkeit nicht beeinträchtigt sehe. Beratungsleistungen seien von dem Auftrag ausdrücklich nicht umfasst gewesen, sondern es habe sich um unabhängige Prüfungsleistungen gehandelt. Er hat mitgeteilt, dass weder die W&K AG noch eine ihrer Tochtergesellschaften für die Antragsgegnerin bisher beratend tätig gewesen sei.
10 
Das Landgericht hat mit Beschluss vom 09.11.2017 die Ablehnungsgesuche als unbegründet zurückgewiesen. Es hat ausgeführt, Ablehnungsgründe seien nicht gegeben. Die frühere Tätigkeit der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, welcher der Sachverständige angehört, als gerichtlich bestellter Sachverständiger schade schon deshalb nicht, weil die Beauftragung durch das Gericht erfolgt und im Übrigen eine inhaltliche Äußerung damals nicht erfolgt sei. Eine Tätigkeit des Sachverständigen als Privatgutachter in anderen Spruchverfahren - wozu lediglich pauschal vorgetragen sei - begründe eine Besorgnis der Befangenheit nicht. Die Begutachtung zum Unternehmenswert stelle einen komplexen Vorgang dar, bei dem in jedem Einzelfall zahlreiche unterschiedliche Punkte untersucht werden müssten. Auch wenn sich zum Teil vergleichbare Fragestellungen ergeben, sei jeweils wieder neu eine Anwendung auf den Einzelfall erforderlich. Dass der Sachverständige bestimmten Auffassungen folge und diese beibehalte, begründe ebenso wenig wie eine Äußerung in Fachzeitschriften die Besorgnis der Befangenheit. Dies gelte auch angesichts der Selbstverpflichtung in § 4 Abs. 9 IDW-Satzung, da danach Abweichungen von den IDW-Grundsätzen möglich, wenn auch ausführlich zu begründen seien. Soweit keine anderen Umstände hinzutreten, sei davon auszugehen, dass der Sachverständige entsprechend seiner gesetzlichen Verpflichtung das Gutachten unabhängig und nach bestem Wissen und Gewissen erstatten und hierbei, wo erforderlich, auch von den IDW-Standards abweichen werde. Die Behauptung, der Gutachter habe bereits Gutachten für hinter der Antragsgegnerin stehende Personen bzw. Tochtergesellschaften erstattet, sei eine Behauptung ins Blaue hinein, die einer ernsthaften Prüfung nicht zugänglich sei.
11 
Gegen diesen, ihr am 15.11.2017 zugestellten, Beschluss hat die Antragstellerin Z. 17 mit Schriftsatz vom 29.11.2017, eingegangen am selben Tage, sofortige Beschwerde eingelegt. Sie macht geltend, dass die vom Sachverständigen abgegebene Erklärung unzureichend sei. Sie umfasse mit der Antragsgegnerin verbundene und/oder beherrschende Gesellschaften der Antragsgegnerin gerade nicht. Ein Gutachter habe seine Erklärung gegenüber allen wirtschaftlich Beteiligten zu erstrecken. Bezüglich der Selbstverpflichtung gemäß § 4 Abs. 9 IDW-Satzung werde darauf hingewiesen, dass es als unvertretbar erachtet werde, den Empfehlungen des FAUB zur Marktrisikoprämie zu folgen. Aus dem hieraus folgenden Zinsvorteil könnten die einschlägigen Beratungsgesellschaften neue Aufträge im so genannten M & A - Geschäft generieren.
12 
Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 31.12.2017 nicht abgeholfen.
II.
13 
Die gemäß §§ 17 SpruchG, 30 Abs. 1 FamFG, 406 Abs. 5, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gegen die Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs grundsätzlich statthafte sofortige Beschwerde wurde fristgerecht (§ 569 Abs. 1 ZPO) eingelegt. Bedenken gegen ihre Zulässigkeit ergeben sich daraus, dass die Antragstellerin Z. 17 nach Aktenlage in erster Instanz eine Ablehnung des Sachverständigen wegen Befangenheit jedenfalls nicht ausdrücklich ausgesprochen hat. Im Schriftsatz vom 09.06.2017 hat sie zunächst lediglich eine Erklärung des Sachverständigen über eventuelle Ablehnungsgründe eingefordert. Im Schriftsatz vom 07.08.2017 hat sie sich dahingehend geäußert, dass sie davon ausgehe, die - von anderen Beteiligten erhobenen - Befangenheitsanträge seien begründet. Ob hierin ein eigenes - rechtzeitiges (§ 406 Abs. 2 ZPO) - Ablehnungsgesuch zu sehen ist, gegen dessen Zurückweisung die Antragstellerin Z. 17 sodann zulässig sofortige Beschwerde einlegen konnte, kann offenbleiben. Denn jedenfalls ist die sofortige Beschwerde unbegründet.
14 
Gemäß §§ 17 SpruchG, 30 Abs. 1 FamFG, 406 Abs. 1, 42 Abs. 2 ZPO kann ein Sachverständiger wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Dies ist vorliegend nicht gegeben.
15 
1) Allerdings ist ein anerkannter Ablehnungsgrund die Nähe eines Sachverständigen zu einer Partei, auch aufgrund von Geschäftsbeziehungen (Zöller/Greger, ZPO, 32 Aufl., § 406 Rn. 8; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 17.04.2012 - 14 W 46/11 -, juris). Grundsätzlich könnte deshalb die vorangegangene gutachterliche oder beratende Tätigkeit für die Antragsgegnerin die Besorgnis der Befangenheit begründen (a. A. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.3.2014 - I-26 W 16/13 (AktE) -, juris). Dies kommt - abhängig von den Umständen des Einzelfalls - auch in Betracht bei entsprechender Tätigkeit für mit der Antragsgegnerin wirtschaftlich oder rechtlich verbundene Personen oder Gesellschaften (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 14.06.2016 - 10 W 23/16 -, Rn. 8, juris).
16 
Ein derartiger Ablehnungsgrund ist aber weder ersichtlich noch von Antragstellerseite substantiiert vorgetragen. Grundsätzlich ist es Sache der den Sachverständigen ablehnenden Antragsteller, den von ihnen geltend gemachten Ablehnungsgrund konkret darzulegen und glaubhaft zu machen (vgl. § 406 Abs. 3 ZPO). Mutmaßungen „ins Blaue hinein“ genügen nicht (Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 16.05.2013 - L 2 SF 174/12 B -, juris).
17 
Die Behauptung, er sei für die Antragsgegnerin beratend tätig gewesen, hat der Sachverständige auf konkrete Nachfrage des Landgerichts vom 28.06.2017 mit Schreiben vom 12.07.2017 verneint. Dass diese Angabe des Sachverständigen falsch gewesen sei, ist weder behauptet noch ersichtlich. Zugleich sind dem Sachverständigen mit der genannten Anfrage, aber ohne ausdrückliche entsprechende Frage des Landgerichts, die Schriftsätze verschiedener Antragsteller vom 09.06.2017 und 08.06.2017 übermittelt worden. Aufgrund der Ausführungen in den genannten Schriftsätzen war hinreichend deutlich, dass die Antragstellerseite insbesondere aus etwaigen Tätigkeiten des Sachverständigen oder der W&K AG als Gutachter oder Berater für die Antragsgegnerin oder ihr nahestehende Unternehmen oder Personen Bedenken gegen dessen Unabhängigkeit herleitet. Im Schriftsatz der Antragstellerin Z. 17 vom 09.06.2017 wird noch ausdrücklich auf § 407 a Abs. 2 ZPO Bezug genommen und dieser zitiert. Nach dieser Vorschrift ist der Sachverständige verpflichtet, von sich aus ohne besondere Aufforderung dem Gericht Gründe mitzuteilen, die geeignet sind, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Entsprechende Gründe wurden vom Sachverständigen in Kenntnis dieser Schriftsätze nicht mitgeteilt. Die dessen ungeachtet von Antragstellerseite lediglich geäußerten Mutmaßungen bieten keinen Anlass, insoweit weiter von Amts wegen zu ermitteln.
18 
2) Dass der Sachverständige oder die W&K AG möglicherweise in ganz anderen Angelegenheiten, in welchen ebenfalls der Ausgleich oder die Abfindung von Minderheitsaktionären durch den Hauptaktionär im Streit war, gutachtlich oder beratend tätig war, genügt nicht für eine Ablehnung. Solches wäre kein Grund, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Sachverständigen zu rechtfertigen. Allerdings genügt es für eine Besorgnis der Befangenheit, wenn ein Sachverständiger für einen nicht unmittelbar oder mittelbar am Rechtsstreit beteiligten Dritten ein entgeltliches Privatgutachten zu einer gleichartigen Fragestellung in einem gleichartigen Sachverhalt erstattet hat, und wenn die Interessen der jeweiligen Beteiligten in beiden Fällen in gleicher Weise kollidieren (BGH, Beschluss vom 10.1.2017 - VI ZB 31/16 -, juris). Der Entscheidung des Bundesgerichtshofs lagen Begutachtungen in unterschiedlichen Streitigkeiten, jedoch jeweils betreffend eine Prothese derselben Modellreihe, zugrunde. Die vorliegende Fallgestaltung - mögliche Tätigkeit in anderen aktienrechtlichen Verfahren betreffend andere Unternehmen - ist dem nicht vergleichbar. Hier sind weder die Beteiligten identisch, noch geht es um einen gleichartigen Sachverhalt. Vielmehr sind völlig unterschiedliche Unternehmen zu begutachten. Allein der Umstand, dass sich jeweils gleichartige Fachfragen der Unternehmensbewertung stellen, genügt nicht, um von einer Vorbefassung auszugehen, auf Grund welcher Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Sachverständigen berechtigt wäre.
19 
3) Dass die W&K GmbH in einem früheren Squeeze-Out-Verfahren als vom Gericht bestellte Barabfindungsprüferin (§ 327 c Abs. 2 S. 2, 3 AktG) tätig geworden ist, begründet keine Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen. Zu Recht weist das Landgericht im angefochtenen Beschluss darauf hin, dass die damalige Tätigkeit auf Bestellung durch das Gericht erfolgt ist und somit auf eine unabhängige und objektive Prüfung abzielte. Von einer Vorfestlegung aufgrund dieser Tätigkeit, an welcher ohnehin der Sachverständige persönlich nicht beteiligt war, kann auch deshalb nicht ausgegangen werden, weil damals ein Prüfungsbericht nicht mehr erstellt wurde.
20 
4) Eine begründete Besorgnis der Befangenheit besteht auch nicht im Hinblick auf die Mitgliedschaft des Sachverständigen im Institut der Wirtschaftsprüfer und dessen Fachausschuss für Unternehmensbewertung und Betriebswirtschaft.
21 
Dass ein Sachverständiger seine fachlich begründete Meinung zu einer in sein Fachgebiet fallenden Thematik vertritt und diese auch publiziert, bietet grundsätzlich keinen Anlass zu Zweifeln an seiner Unabhängigkeit (Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 02.05.2012 - 10 W 14/12 (Abl) -, juris; OLG München, Beschluss vom 11.08.2011 - 31 Wx 294/11 -, Rn. 5, juris). Vielmehr liegt es in der Natur der Sache, dass insbesondere hochqualifizierte, wissenschaftlich tätige Sachverständige sich - auch zu für die Begutachtung relevanten Fragen - eine fachliche Meinung gebildet haben und diese gegebenenfalls auch publizieren. In gleicher Weise begründet es kein Misstrauen gegen die Unabhängigkeit eines Sachverständigen, dass er Mitglied in fachlichen Gremien und Vereinigungen ist und sich dort an der fachlichen Meinungsbildung beteiligt. Denn ungeachtet dessen kann grundsätzlich darauf vertraut werden, dass der Sachverständige seine in § 410 Abs. 1 ZPO niedergelegte Pflicht erfüllt, das Gutachten unparteiisch und nach bestem Wissen und Gewissen zu erstatten, und hierbei stets für neue und bessere Argumente offen bleibt (zu § 42 ZPO vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, § 42 Rn. 33).
22 
Hiervon ausgehend bietet zunächst die Mitgliedschaft des Sachverständigen im IDW und im FAUB keinen Anlass für die Besorgnis der Befangenheit.
23 
Anderes folgt auch nicht aus § 4 Abs. 9 der IDW-Satzung. Allerdings würde eine vom Sachverständigen abgegebene unbedingte Verpflichtungserklärung auf die Prüfungsstandards des IDW die Besorgnis begründen, dass er - anders als soeben dargestellt - nicht mehr bereit und in der Lage wäre, diese Prüfungsstandards jederzeit fachlich zu prüfen und zu hinterfragen. Eine derartige unbedingte Verpflichtungserklärung enthält aber § 4 Abs. 9 der IDW-Satzung nicht. Zwar hat jedes Mitglied nach S. 1 dieser Vorschrift die Prüfungsstandards zu beachten. Nach den Sätzen 2 und 3 kann aber ausdrücklich eine sorgfältige Prüfung ergeben, dass diese nicht anzuwenden sind oder hiervon abzuweichen ist. Somit bietet die genannte Selbstverpflichtung ausreichend Raum für die dem Sachverständigen auferlegte unparteiische Begutachtung nach bestem Wissen und Gewissen.
III.
24 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 15 SpruchG. Es entspricht der Billigkeit, entsprechend dem Rechtsgedanken des § 84 FamFG, die Gerichtskosten für die erfolglose sofortige Beschwerde (Ziffer 19116 GNotKG-KV) der Beschwerdeführerin aufzuerlegen. Ebenfalls entspricht es der Billigkeit, außergerichtliche Kosten der Antragsteller für dieses Beschwerdeverfahren nicht der Antragsgegnerin aufzuerlegen.
25 
Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß §§ 17 SpruchG, 30 Abs. 1 FamFG, 406 Abs. 5, 574 ZPO hatte nicht zu erfolgen, da ein Zulassungsgrund nach § 574 Abs. 2 ZPO nicht gegeben ist. Die Entscheidung folgt gefestigter Rechtsprechung und wendet diese auf den Einzelfall an.

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Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 31. Jan. 2018 - 12 W 45/17 zitiert 12 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

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(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. (2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt

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Spruchverfahrensgesetz - SpruchG | § 17 Allgemeine Bestimmungen; Übergangsvorschrift


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 410 Sachverständigenbeeidigung


(1) Der Sachverständige wird vor oder nach Erstattung des Gutachtens beeidigt. Die Eidesnorm geht dahin, dass der Sachverständige das von ihm erforderte Gutachten unparteiisch und nach bestem Wissen und Gewissen erstatten werde oder erstattet habe.

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Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Jan. 2017 - VI ZB 31/16

bei uns veröffentlicht am 10.01.2017

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VI ZB 31/16 vom 10. Januar 2017 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 406 Abs. 1 Satz 1, § 42 Abs. 2 Ein Sachverständiger kann wegen Besorgnis der Befangenheit auch dann abge
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Oberlandesgericht München Beschluss, 26. Juni 2018 - 31 Wx 382/15

bei uns veröffentlicht am 26.06.2018

Tenor 1. Die Beschwerde der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen. 2. Auf die Beschwerden der Antragsteller zu 2, 12, 18, 28, 29, 30, 32, 40, 43 – 47, 49, 55, 57 – 60, 62, 64, 65, 68, 71, 72, 74, 76 – 78, 80, 83, 85, 86, 89, 92 – 94,

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 31/16
vom
10. Januar 2017
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein Sachverständiger kann wegen Besorgnis der Befangenheit auch dann abgelehnt
werden, wenn er für einen nicht unmittelbar oder mittelbar am Rechtsstreit beteiligten
Dritten ein entgeltliches Privatgutachten zu einer gleichartigen Fragestellung in einem
gleichartigen Sachverhalt erstattet hat und wenn die Interessen der jeweiligen Parteien
in beiden Fällen in gleicher Weise kollidieren.
BGH, Beschluss vom 10. Januar 2017 - VI ZB 31/16 - Pfälzisches OLG Zweibrücken
LG Frankenthal (Pfalz)
ECLI:DE:BGH:2017:100117BVIZB31.16.0

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. Januar 2017 durch den Vorsitzenden Richter Galke, den Richter Wellner, die Richterinnen von Pentz und Müller und den Richter Dr. Klein

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluss des 8. Zivilsenats des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 3. Juni 2016 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen. Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt bis 7.000 €.

Gründe:

I.

1
Der Kläger verlangt von der Beklagten materiellen und immateriellen Schadensersatz. Er behauptet, infolge einer Fehlkonstruktion der von der Beklagten hergestellten und ihm eingesetzten Hüftgelenkprothese - einer teilzementierten Oberflächenersatzprothese (Typ ASR) - sei es zu einem übermäßi- gen Metallabrieb gekommen, der zu einer Fehlstellung und schließlich zu einer Lockerung der Prothese geführt habe.
2
Das Landgericht hat die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens zu der Behauptung des Klägers angeordnet, die streitgegenständliche ASR-Hüftgelenkprothese "sei aufgrund des erhöhten Metallabriebs fehlerhaft , die Lebensdauer einer üblichen Hüftendoprothese läge zwischen 15 und 20 Jahren". Zum Sachverständigen wurde Dr. H. bestimmt.
3
Die Beklagte hat den Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und zur Begründung unter anderem ausgeführt, der Sachverständige habe in einem gleichgelagerten anderen gegen die Beklagte geführten Rechtsstreit für den dortigen Kläger ein entgeltliches Privatgutachten über eine Prothese derselben Modellreihe erstellt. Das Gesuch hatte vor dem Landgericht keinen Erfolg. Die dagegen geführte sofortige Beschwerde der Beklagten hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

4
Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache Erfolg. Das Ablehnungsgesuch wäre bei der mangels abweichender Feststellungen durch das Beschwerdegericht im Rechtsbeschwerdeverfahren zugunsten der Beklagten zu unterstellenden Gleichheit des in diesem Verfahren zu untersuchenden und des in dem Privatgutachten für einen anderen Patienten untersuchten Produkts begründet.
5
1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
6
Der Umstand, dass der Sachverständige bereits in einer ähnlichen oder vergleichbaren Sache ein Privatgutachten für einen Dritten erstattet habe, der ebenfalls Ersatzansprüche gegen die Beklagte geltend gemacht habe, rechtfertige bei der hier gegebenen besonderen Sachlage jedenfalls allein nicht die Besorgnis , der Sachverständige stehe dem gerichtlichen Gutachterauftrag nicht mehr neutral gegenüber. Es gebe keine allgemeine Erfahrung, dass ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger bei Erstellung eines Privatgutachtens sein Amt mehr oder weniger einseitig ausübe. Auch falle einem Sachverständigen die unvoreingenommene Beurteilung leichter, wenn nicht sein Auftraggeber , sondern eine andere Partei an dem Rechtsstreit beteiligt sei. Vorliegend sei zu berücksichtigen, dass qualifizierte Sachverständige, wenn - wie hier - auf dem betroffenen Sachgebiet nur eine kleine Anzahl zur Verfügung stehe, häufig und fast unausweichlich im Rahmen der erforderlichen gerichtlichen und außergerichtlichen Aufklärung herangezogen würden; zu dieser Lage habe die Beklagte durch die Herstellung und den Rückruf der ASRHüftgelenkprothesen beigetragen. Schließlich werde die Fehlerhaftigkeit eines Medizinprodukts in der Regel dadurch ermittelt, dass dessen Zustand und Beschaffenheit durch verschiedene Messverfahren untersucht und die Messergebnisse mit den entsprechenden Vorgaben abgeglichen würden. Ein besonders ausgeprägter Beurteilungs- und Ermessenspielraum bestehe dabei nicht, so dass die Gefahr geringer sei, dass sich der Sachverständige bei der Erstellung des Privatgutachtens einseitig von den Interessen seines Auftraggebers habe leiten lassen. Auch die übrigen von der Beklagten geltend gemachten Ablehnungsgründe lägen nicht vor.
7
2. Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
8
a) Ein Sachverständiger kann gemäß § 406 Abs. 1 Satz 1 ZPO in Verbindung mit § 42 Abs. 2 ZPO wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Es muss sich dabei um Tatsachen oder Umstände handeln, die vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Sachverständige stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber (Senatsbeschluss vom 15. März 2005 - VI ZB 74/04, NJW 2005, 1869, 1870 mwN; BGH, Beschlüsse vom 11. Juni 2008 - X ZR 124/06, GRUR-RR 2008, 365 Rn. 2; vom 11. April 2013 - VII ZB 32/12, BauR 2013, 1308 Rn. 10; jeweils mwN).
9
Ein Ablehnungsgrund liegt in der Regel vor, wenn der Sachverständige in derselben Sache für eine Prozesspartei oder deren Versicherer bereits ein Privatgutachten erstattet hat (Senatsurteil vom 1. Februar 1972 - VI ZR 134/70, NJW 1972, 1133, 1134; OLG Köln, RuS 2000, 130; MedR 2016, 59; OLG Oldenburg, OLGR 1996, 273; OLG Hamm, VersR 1991, 1428, 1429; VersR 2000, 998; Beschluss vom 26. März 2014 - 32 W 6/14, juris Rn. 8; Ahrens in Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 406 Rn. 24; Katzenmeier in Prütting /Gehrlein, ZPO, 8. Aufl., § 406 Rn. 14; Zimmermann in Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Aufl., § 406 Rn. 5; Berger in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl., § 406 Rn. 11; Greger in Zöller, ZPO, 31. Aufl., § 406 Rn. 8). Hat der Sachverständige für einen nicht unmittelbar oder mittelbar am Rechtsstreit beteiligten Dritten ein entgeltliches Privatgutachten zu einem gleichartigen Sachverhalt erstattet, so wird die Frage einer daraus herleitbaren Besorgnis der Befangenheit unterschiedlich beurteilt. Die wohl überwiegende Meinung bejaht in diesen Fällen - teilweise unter der Voraussetzung, dass die Interessen des Dritten denen der ablehnenden Partei in gleicher Weise wie die der anderen Partei entgegengesetzt sind - einen Ablehnungsgrund (OLG Düsseldorf, BauR 1998, 365; OLG Frankfurt a.M., ZIP 1982, 1489 f.; vgl. auch OLG Frankfurt a.M., BauR 2006, 147, 148; Ahrens in Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 406 Rn. 24; Huber in Musielak/Voit, ZPO, 13. Aufl., § 406 Rn. 7; Berger in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl., § 406 Rn. 16; Greger in Zöller, ZPO, 31. Aufl., § 406 Rn. 8; Scheuch in BeckOK ZPO, Stand 1. September 2016, § 406 Rn. 23.1). Nach anderer Ansicht soll eine solche Fallgestaltung für die Annahme eines Ablehnungsgrundes nicht ausreichen (OLG Köln, MedR 2016, 59 f.; OLG Hamm, VersR 1991, 1428, 1429; vgl. auch OLG Koblenz, MDR 1984, 675 f.).
10
Der Senat schließt sich der erstgenannten Meinung an. Zwar hat ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger auch Privatgutachten unparteiisch und nach bestem Wissen und Gewissen zu erstatten. Trotz dieser objektiven Pflichtenlage ist vom Standpunkt des Ablehnenden die Befürchtung, der Gutachter könnte sich jedenfalls in Zweifelsfällen und auf der Grundlage der Angaben seines Auftraggebers für ein diesem günstiges Ergebnis entscheiden, nicht als unvernünftig von der Hand zu weisen. Dass Zweifelsfälle bei der Begutachtung von Medizinprodukten gänzlich ausgeschlossen sind, ist unabhängig von der vom Beschwerdegericht aufgeworfenen Frage, wie ausgeprägt hier die Beurteilungs- und Ermessenspielräume sind, nicht anzunehmen. Vor allem aber steht auch bei vernünftiger Betrachtung aus Sicht des Ablehnenden die Befürchtung im Raum, der Sachverständige werde nicht geneigt sein, bei der gerichtlich angeordneten Begutachtung von seinem früheren Privatgutachten abzuweichen oder sich gar in Widerspruch zu diesem zu setzen. Zwar kann von einem Sachverständigen erwartet werden, dass er bereit ist, seine zuvor gewonnene Überzeugung zu überprüfen und, wenn nötig, zu korrigieren. Aus diesem Grund ist die Ablehnung eines gerichtlich beauftragten Sachverständigen, der in einem anderen Verfahren ebenfalls als Gerichtssachverständiger ein Gutachten erstattet hat, nicht gerechtfertigt (vgl. auch BGH, Beschluss vom 1. Februar 1961 - IV ZB 400/60, MDR 1961, 397; OLG München, VersR 1994, 704; Greger in Zöller, ZPO, 31. Aufl., § 406 Rn. 9; Huber in Musielak/Voit, ZPO, 13. Aufl., § 406 Rn. 11). Anders als im Falle seiner gerichtlichen Beauftragung ist der Sachverständige aber im Falle seiner Beauftragung mit einem Privatgutachten mit einer der an der jeweiligen Streitigkeit beteiligten Personen vertraglich verbunden. Beurteilt er den Sachverhalt, der Gegenstand des Privatgutachtens war, später anders, so setzt er sich möglicherweise dem - gleich ob berechtigten oder unberechtigten - Vorwurf seines Auftraggebers aus, das Privatgutachten nicht ordnungsgemäß erstattet oder sonstige vertragliche Pflichten verletzt zu haben. Diesem Vorwurf seines Auftraggebers kann er sich auch dann ausgesetzt sehen, wenn an der Streitigkeit, in der er später als Gerichtssachverständiger tätig wird, andere Personen beteiligt sind, es aber um einen gleichartigen Sachverhalt und eine gleichartige Fragestellung geht. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Interessen der jeweiligen Parteien in beiden Fällen in gleicher Weise kollidieren. Die Möglichkeit eines Konflikts des Sachverständigen zwischen Rücksichtnahme auf den früheren Auftraggeber und der Pflicht zu einer von der früheren Begutachtung losgelösten, objektiven Gutachtenerstattung im Auftrag des Gerichts ist geeignet, das Vertrauen des Ablehnenden in eine unvoreingenommenen Gutachtenerstattung zu beeinträchtigen.
11
Im vorliegenden Fall kann von einem gleichartigen Sachverhalt allerdings nur dann ausgegangen werden, wenn es sich bei der von dem Sachverständigen Dr. H. vormals privat begutachteten und der nunmehr zu begutachtenden ASR-Hüftgelenkprothese um das gleiche Produkt aus derselben Modellreihe handelt und die möglicherweise unterschiedlichen Arten der Befestigung den Fällen im Hinblick auf die Beweisfrage ihre Vergleichbarkeit nicht nehmen. Da die Parteien dies unterschiedlich sehen, wird das Beschwerdegericht hierzu die erforderlichen Feststellungen zu treffen haben. Sollten diese ergeben, dass es sich um einen gleichartigen Sachverhalt handelt, so würde die damit begründete Besorgnis der Befangenheit nicht dadurch in Frage gestellt, dass nicht viele Sachverständige für das betroffene Sachgebiet zur Verfügung stehen und das Verhalten der Beklagten für den erhöhten Bedarf an Gutachten womöglich mitursächlich war.
12
3. Die Einwände der Rechtsbeschwerde gegen die Verneinung der übrigen von der Beklagten geltend gemachten Ablehnungsgründe durch das Beschwerdegericht hat der Senat geprüft; Rechtsfehler haben sich insoweit nicht ergeben. Galke Wellner von Pentz Müller Klein
Vorinstanzen:
LG Frankenthal, Entscheidung vom 27.03.2015 - 7 O 231/14 -
OLG Zweibrücken, Entscheidung vom 03.06.2016 - 8 W 48/15 -

(1) Sofern in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, finden auf das Verfahren die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Anwendung.

(2) Für Verfahren, in denen ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung vor dem 1. September 2003 gestellt worden ist, sind weiter die entsprechenden bis zu diesem Tag geltenden Vorschriften des Aktiengesetzes und des Umwandlungsgesetzes anzuwenden. Auf Beschwerdeverfahren, in denen die Beschwerde nach dem 1. September 2003 eingelegt wird, sind die Vorschriften dieses Gesetzes anzuwenden.

(3) Die Änderungen der §§ 1 bis 6c, 10a bis 13, 16 und 17 durch das Gesetz zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie und zur Änderung weiterer Gesetze vom 22. Februar 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 51) sind erstmals auf Spruchverfahren anzuwenden, in denen ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung ab dem 31. Januar 2023 gestellt wurde.

(1) Die sofortige Beschwerde ist, soweit keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Notfrist von zwei Wochen bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, oder bei dem Beschwerdegericht einzulegen. Die Notfrist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung der Entscheidung, spätestens mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Beschlusses. Liegen die Erfordernisse der Nichtigkeits- oder der Restitutionsklage vor, so kann die Beschwerde auch nach Ablauf der Notfrist innerhalb der für diese Klagen geltenden Notfristen erhoben werden.

(2) Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift eingelegt. Die Beschwerdeschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt werde.

(3) Die Beschwerde kann auch durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden, wenn

1.
der Rechtsstreit im ersten Rechtszug nicht als Anwaltsprozess zu führen ist oder war,
2.
die Beschwerde die Prozesskostenhilfe betrifft oder
3.
sie von einem Zeugen, Sachverständigen oder Dritten im Sinne der §§ 142, 144 erhoben wird.

(1) Ein Sachverständiger kann aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden. Ein Ablehnungsgrund kann jedoch nicht daraus entnommen werden, dass der Sachverständige als Zeuge vernommen worden ist.

(2) Der Ablehnungsantrag ist bei dem Gericht oder Richter, von dem der Sachverständige ernannt ist, vor seiner Vernehmung zu stellen, spätestens jedoch binnen zwei Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung. Zu einem späteren Zeitpunkt ist die Ablehnung nur zulässig, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen. Der Antrag kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(3) Der Ablehnungsgrund ist glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf die Partei nicht zugelassen werden.

(4) Die Entscheidung ergeht von dem im zweiten Absatz bezeichneten Gericht oder Richter durch Beschluss.

(5) Gegen den Beschluss, durch den die Ablehnung für begründet erklärt wird, findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluss, durch den sie für unbegründet erklärt wird, findet sofortige Beschwerde statt.

(1) Sofern in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, finden auf das Verfahren die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Anwendung.

(2) Für Verfahren, in denen ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung vor dem 1. September 2003 gestellt worden ist, sind weiter die entsprechenden bis zu diesem Tag geltenden Vorschriften des Aktiengesetzes und des Umwandlungsgesetzes anzuwenden. Auf Beschwerdeverfahren, in denen die Beschwerde nach dem 1. September 2003 eingelegt wird, sind die Vorschriften dieses Gesetzes anzuwenden.

(3) Die Änderungen der §§ 1 bis 6c, 10a bis 13, 16 und 17 durch das Gesetz zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie und zur Änderung weiterer Gesetze vom 22. Februar 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 51) sind erstmals auf Spruchverfahren anzuwenden, in denen ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung ab dem 31. Januar 2023 gestellt wurde.

(1) Ein Sachverständiger kann aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden. Ein Ablehnungsgrund kann jedoch nicht daraus entnommen werden, dass der Sachverständige als Zeuge vernommen worden ist.

(2) Der Ablehnungsantrag ist bei dem Gericht oder Richter, von dem der Sachverständige ernannt ist, vor seiner Vernehmung zu stellen, spätestens jedoch binnen zwei Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung. Zu einem späteren Zeitpunkt ist die Ablehnung nur zulässig, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen. Der Antrag kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(3) Der Ablehnungsgrund ist glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf die Partei nicht zugelassen werden.

(4) Die Entscheidung ergeht von dem im zweiten Absatz bezeichneten Gericht oder Richter durch Beschluss.

(5) Gegen den Beschluss, durch den die Ablehnung für begründet erklärt wird, findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluss, durch den sie für unbegründet erklärt wird, findet sofortige Beschwerde statt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 31/16
vom
10. Januar 2017
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein Sachverständiger kann wegen Besorgnis der Befangenheit auch dann abgelehnt
werden, wenn er für einen nicht unmittelbar oder mittelbar am Rechtsstreit beteiligten
Dritten ein entgeltliches Privatgutachten zu einer gleichartigen Fragestellung in einem
gleichartigen Sachverhalt erstattet hat und wenn die Interessen der jeweiligen Parteien
in beiden Fällen in gleicher Weise kollidieren.
BGH, Beschluss vom 10. Januar 2017 - VI ZB 31/16 - Pfälzisches OLG Zweibrücken
LG Frankenthal (Pfalz)
ECLI:DE:BGH:2017:100117BVIZB31.16.0

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. Januar 2017 durch den Vorsitzenden Richter Galke, den Richter Wellner, die Richterinnen von Pentz und Müller und den Richter Dr. Klein

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluss des 8. Zivilsenats des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 3. Juni 2016 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen. Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt bis 7.000 €.

Gründe:

I.

1
Der Kläger verlangt von der Beklagten materiellen und immateriellen Schadensersatz. Er behauptet, infolge einer Fehlkonstruktion der von der Beklagten hergestellten und ihm eingesetzten Hüftgelenkprothese - einer teilzementierten Oberflächenersatzprothese (Typ ASR) - sei es zu einem übermäßi- gen Metallabrieb gekommen, der zu einer Fehlstellung und schließlich zu einer Lockerung der Prothese geführt habe.
2
Das Landgericht hat die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens zu der Behauptung des Klägers angeordnet, die streitgegenständliche ASR-Hüftgelenkprothese "sei aufgrund des erhöhten Metallabriebs fehlerhaft , die Lebensdauer einer üblichen Hüftendoprothese läge zwischen 15 und 20 Jahren". Zum Sachverständigen wurde Dr. H. bestimmt.
3
Die Beklagte hat den Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und zur Begründung unter anderem ausgeführt, der Sachverständige habe in einem gleichgelagerten anderen gegen die Beklagte geführten Rechtsstreit für den dortigen Kläger ein entgeltliches Privatgutachten über eine Prothese derselben Modellreihe erstellt. Das Gesuch hatte vor dem Landgericht keinen Erfolg. Die dagegen geführte sofortige Beschwerde der Beklagten hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

4
Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache Erfolg. Das Ablehnungsgesuch wäre bei der mangels abweichender Feststellungen durch das Beschwerdegericht im Rechtsbeschwerdeverfahren zugunsten der Beklagten zu unterstellenden Gleichheit des in diesem Verfahren zu untersuchenden und des in dem Privatgutachten für einen anderen Patienten untersuchten Produkts begründet.
5
1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
6
Der Umstand, dass der Sachverständige bereits in einer ähnlichen oder vergleichbaren Sache ein Privatgutachten für einen Dritten erstattet habe, der ebenfalls Ersatzansprüche gegen die Beklagte geltend gemacht habe, rechtfertige bei der hier gegebenen besonderen Sachlage jedenfalls allein nicht die Besorgnis , der Sachverständige stehe dem gerichtlichen Gutachterauftrag nicht mehr neutral gegenüber. Es gebe keine allgemeine Erfahrung, dass ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger bei Erstellung eines Privatgutachtens sein Amt mehr oder weniger einseitig ausübe. Auch falle einem Sachverständigen die unvoreingenommene Beurteilung leichter, wenn nicht sein Auftraggeber , sondern eine andere Partei an dem Rechtsstreit beteiligt sei. Vorliegend sei zu berücksichtigen, dass qualifizierte Sachverständige, wenn - wie hier - auf dem betroffenen Sachgebiet nur eine kleine Anzahl zur Verfügung stehe, häufig und fast unausweichlich im Rahmen der erforderlichen gerichtlichen und außergerichtlichen Aufklärung herangezogen würden; zu dieser Lage habe die Beklagte durch die Herstellung und den Rückruf der ASRHüftgelenkprothesen beigetragen. Schließlich werde die Fehlerhaftigkeit eines Medizinprodukts in der Regel dadurch ermittelt, dass dessen Zustand und Beschaffenheit durch verschiedene Messverfahren untersucht und die Messergebnisse mit den entsprechenden Vorgaben abgeglichen würden. Ein besonders ausgeprägter Beurteilungs- und Ermessenspielraum bestehe dabei nicht, so dass die Gefahr geringer sei, dass sich der Sachverständige bei der Erstellung des Privatgutachtens einseitig von den Interessen seines Auftraggebers habe leiten lassen. Auch die übrigen von der Beklagten geltend gemachten Ablehnungsgründe lägen nicht vor.
7
2. Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
8
a) Ein Sachverständiger kann gemäß § 406 Abs. 1 Satz 1 ZPO in Verbindung mit § 42 Abs. 2 ZPO wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Es muss sich dabei um Tatsachen oder Umstände handeln, die vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Sachverständige stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber (Senatsbeschluss vom 15. März 2005 - VI ZB 74/04, NJW 2005, 1869, 1870 mwN; BGH, Beschlüsse vom 11. Juni 2008 - X ZR 124/06, GRUR-RR 2008, 365 Rn. 2; vom 11. April 2013 - VII ZB 32/12, BauR 2013, 1308 Rn. 10; jeweils mwN).
9
Ein Ablehnungsgrund liegt in der Regel vor, wenn der Sachverständige in derselben Sache für eine Prozesspartei oder deren Versicherer bereits ein Privatgutachten erstattet hat (Senatsurteil vom 1. Februar 1972 - VI ZR 134/70, NJW 1972, 1133, 1134; OLG Köln, RuS 2000, 130; MedR 2016, 59; OLG Oldenburg, OLGR 1996, 273; OLG Hamm, VersR 1991, 1428, 1429; VersR 2000, 998; Beschluss vom 26. März 2014 - 32 W 6/14, juris Rn. 8; Ahrens in Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 406 Rn. 24; Katzenmeier in Prütting /Gehrlein, ZPO, 8. Aufl., § 406 Rn. 14; Zimmermann in Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Aufl., § 406 Rn. 5; Berger in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl., § 406 Rn. 11; Greger in Zöller, ZPO, 31. Aufl., § 406 Rn. 8). Hat der Sachverständige für einen nicht unmittelbar oder mittelbar am Rechtsstreit beteiligten Dritten ein entgeltliches Privatgutachten zu einem gleichartigen Sachverhalt erstattet, so wird die Frage einer daraus herleitbaren Besorgnis der Befangenheit unterschiedlich beurteilt. Die wohl überwiegende Meinung bejaht in diesen Fällen - teilweise unter der Voraussetzung, dass die Interessen des Dritten denen der ablehnenden Partei in gleicher Weise wie die der anderen Partei entgegengesetzt sind - einen Ablehnungsgrund (OLG Düsseldorf, BauR 1998, 365; OLG Frankfurt a.M., ZIP 1982, 1489 f.; vgl. auch OLG Frankfurt a.M., BauR 2006, 147, 148; Ahrens in Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 406 Rn. 24; Huber in Musielak/Voit, ZPO, 13. Aufl., § 406 Rn. 7; Berger in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl., § 406 Rn. 16; Greger in Zöller, ZPO, 31. Aufl., § 406 Rn. 8; Scheuch in BeckOK ZPO, Stand 1. September 2016, § 406 Rn. 23.1). Nach anderer Ansicht soll eine solche Fallgestaltung für die Annahme eines Ablehnungsgrundes nicht ausreichen (OLG Köln, MedR 2016, 59 f.; OLG Hamm, VersR 1991, 1428, 1429; vgl. auch OLG Koblenz, MDR 1984, 675 f.).
10
Der Senat schließt sich der erstgenannten Meinung an. Zwar hat ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger auch Privatgutachten unparteiisch und nach bestem Wissen und Gewissen zu erstatten. Trotz dieser objektiven Pflichtenlage ist vom Standpunkt des Ablehnenden die Befürchtung, der Gutachter könnte sich jedenfalls in Zweifelsfällen und auf der Grundlage der Angaben seines Auftraggebers für ein diesem günstiges Ergebnis entscheiden, nicht als unvernünftig von der Hand zu weisen. Dass Zweifelsfälle bei der Begutachtung von Medizinprodukten gänzlich ausgeschlossen sind, ist unabhängig von der vom Beschwerdegericht aufgeworfenen Frage, wie ausgeprägt hier die Beurteilungs- und Ermessenspielräume sind, nicht anzunehmen. Vor allem aber steht auch bei vernünftiger Betrachtung aus Sicht des Ablehnenden die Befürchtung im Raum, der Sachverständige werde nicht geneigt sein, bei der gerichtlich angeordneten Begutachtung von seinem früheren Privatgutachten abzuweichen oder sich gar in Widerspruch zu diesem zu setzen. Zwar kann von einem Sachverständigen erwartet werden, dass er bereit ist, seine zuvor gewonnene Überzeugung zu überprüfen und, wenn nötig, zu korrigieren. Aus diesem Grund ist die Ablehnung eines gerichtlich beauftragten Sachverständigen, der in einem anderen Verfahren ebenfalls als Gerichtssachverständiger ein Gutachten erstattet hat, nicht gerechtfertigt (vgl. auch BGH, Beschluss vom 1. Februar 1961 - IV ZB 400/60, MDR 1961, 397; OLG München, VersR 1994, 704; Greger in Zöller, ZPO, 31. Aufl., § 406 Rn. 9; Huber in Musielak/Voit, ZPO, 13. Aufl., § 406 Rn. 11). Anders als im Falle seiner gerichtlichen Beauftragung ist der Sachverständige aber im Falle seiner Beauftragung mit einem Privatgutachten mit einer der an der jeweiligen Streitigkeit beteiligten Personen vertraglich verbunden. Beurteilt er den Sachverhalt, der Gegenstand des Privatgutachtens war, später anders, so setzt er sich möglicherweise dem - gleich ob berechtigten oder unberechtigten - Vorwurf seines Auftraggebers aus, das Privatgutachten nicht ordnungsgemäß erstattet oder sonstige vertragliche Pflichten verletzt zu haben. Diesem Vorwurf seines Auftraggebers kann er sich auch dann ausgesetzt sehen, wenn an der Streitigkeit, in der er später als Gerichtssachverständiger tätig wird, andere Personen beteiligt sind, es aber um einen gleichartigen Sachverhalt und eine gleichartige Fragestellung geht. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Interessen der jeweiligen Parteien in beiden Fällen in gleicher Weise kollidieren. Die Möglichkeit eines Konflikts des Sachverständigen zwischen Rücksichtnahme auf den früheren Auftraggeber und der Pflicht zu einer von der früheren Begutachtung losgelösten, objektiven Gutachtenerstattung im Auftrag des Gerichts ist geeignet, das Vertrauen des Ablehnenden in eine unvoreingenommenen Gutachtenerstattung zu beeinträchtigen.
11
Im vorliegenden Fall kann von einem gleichartigen Sachverhalt allerdings nur dann ausgegangen werden, wenn es sich bei der von dem Sachverständigen Dr. H. vormals privat begutachteten und der nunmehr zu begutachtenden ASR-Hüftgelenkprothese um das gleiche Produkt aus derselben Modellreihe handelt und die möglicherweise unterschiedlichen Arten der Befestigung den Fällen im Hinblick auf die Beweisfrage ihre Vergleichbarkeit nicht nehmen. Da die Parteien dies unterschiedlich sehen, wird das Beschwerdegericht hierzu die erforderlichen Feststellungen zu treffen haben. Sollten diese ergeben, dass es sich um einen gleichartigen Sachverhalt handelt, so würde die damit begründete Besorgnis der Befangenheit nicht dadurch in Frage gestellt, dass nicht viele Sachverständige für das betroffene Sachgebiet zur Verfügung stehen und das Verhalten der Beklagten für den erhöhten Bedarf an Gutachten womöglich mitursächlich war.
12
3. Die Einwände der Rechtsbeschwerde gegen die Verneinung der übrigen von der Beklagten geltend gemachten Ablehnungsgründe durch das Beschwerdegericht hat der Senat geprüft; Rechtsfehler haben sich insoweit nicht ergeben. Galke Wellner von Pentz Müller Klein
Vorinstanzen:
LG Frankenthal, Entscheidung vom 27.03.2015 - 7 O 231/14 -
OLG Zweibrücken, Entscheidung vom 03.06.2016 - 8 W 48/15 -

(1) Der Sachverständige wird vor oder nach Erstattung des Gutachtens beeidigt. Die Eidesnorm geht dahin, dass der Sachverständige das von ihm erforderte Gutachten unparteiisch und nach bestem Wissen und Gewissen erstatten werde oder erstattet habe.

(2) Ist der Sachverständige für die Erstattung von Gutachten der betreffenden Art im Allgemeinen beeidigt, so genügt die Berufung auf den geleisteten Eid; sie kann auch in einem schriftlichen Gutachten erklärt werden.

(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.

(3) Das Ablehnungsrecht steht in jedem Fall beiden Parteien zu.

(1) Die Gerichtskosten können ganz oder zum Teil den Antragstellern auferlegt werden, wenn dies der Billigkeit entspricht.

(2) Das Gericht ordnet an, dass die Kosten der Antragsteller, die zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendig waren, ganz oder zum Teil vom Antragsgegner zu erstatten sind, wenn dies unter Berücksichtigung des Ausgangs des Verfahrens der Billigkeit entspricht.

Das Gericht soll die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat.

(1) Sofern in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, finden auf das Verfahren die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Anwendung.

(2) Für Verfahren, in denen ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung vor dem 1. September 2003 gestellt worden ist, sind weiter die entsprechenden bis zu diesem Tag geltenden Vorschriften des Aktiengesetzes und des Umwandlungsgesetzes anzuwenden. Auf Beschwerdeverfahren, in denen die Beschwerde nach dem 1. September 2003 eingelegt wird, sind die Vorschriften dieses Gesetzes anzuwenden.

(3) Die Änderungen der §§ 1 bis 6c, 10a bis 13, 16 und 17 durch das Gesetz zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie und zur Änderung weiterer Gesetze vom 22. Februar 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 51) sind erstmals auf Spruchverfahren anzuwenden, in denen ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung ab dem 31. Januar 2023 gestellt wurde.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.