Oberlandesgericht Köln Urteil, 24. Okt. 2014 - 6 U 211/13
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 4. 12. 2013 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln – 84 O 112/13 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr den Begriff „Kinderstube“ als Titel eines Internet-Portals mit Informationen zu Themen wie Gesundheit, Kinderwunsch, Schwangerschaft, Baby, Vornamen, Kindergrößenrechner zu verwenden, wie nachstehend wiedergegeben:
1
G r ü n d e :
2(anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen gemäß § 540 Abs. 1 ZPO)
3I.
4Die Klägerin gibt nach den Feststellungen im unstreitigen Tatbestand des landgerichtlichen Urteils seit Mai 2009 unter dem Titel „Kinderstube“ eine Zeitschrift zum Thema Gesundheitserziehung in der Familie heraus. Die Zeitschrift erschien seit Mai 2009 bis Herbst 2012 vierteljährlich und erscheint seitdem halbjährlich; das Deckblatt der Ausgabe 01/2013 ist als Anlage K 1 (Bl. 1 Anlagenheft) vorgelegt worden. In der Berufungsinstanz hat die Beklagte darauf verwiesen, dass sie bereits erstinstanzlich diesen Umstand mit Nichtwissen bestritten habe. Im Internet bietet die Klägerin unter der Domain www.kinderstube-sachsen.de ein Ratgeber-Portal mit dem Titel „Kinderstube“ zu Fragen rund um Gesundheit, Freizeit, Wissen, Entwicklung etc. von Kindern an (Anlagen K 2, Bl. 2 Anlagenheft, und B 1, Bl. 16 Anlagenheft).
5Die Klägerin ist Inhaberin der Wort-/Bildmarken „Kinderstube“
6 7Nr. 30 2009 006 490, angemeldet am 4. 2. 2009 und eingetragen am 28. 5. 2009, die Schutz für die Klassen 41 (Erziehung, Ausbildung, Unterhaltung; Publikation von Druckerzeugnissen (auch in elektronischer Form), ausgenommen für Werbezwecke, Verfassen von Texten (ausgenommen für Werbezwecke)) sowie 42 (wissenschaftliche Dienstleistungen) beansprucht sowie
8 9Nr. 30 2012 061 147, angemeldet am 27. 11. 2012 und eingetragen am 4. 3. 2013, die Schutz für die Klassen 41 (Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten) und 42 (wissenschaftliche Dienstleistungen) beansprucht.
10Die Beklagte gehört zur Mediengruppe RTL Deutschland, in der sie mit dem Bereich Internet befasst ist. Sie betreibt die Internetpräsentation „frauenzimmer.de“, über die seit November 2012 die Internetpräsentation „Kinder STUBE“ erreichbar ist. Die Seite wird auch über die im Oktober 2012 registrierte Domain „kinderstube.de“ erreicht. Die Internetpräsentation beschäftigt sich mit Themen rund um die Kinderstube, nämlich Kinderwunsch, Schwangerschaft, Baby, Gesundheit, Erziehung, Vornamen, Familien usw. Wegen der Einzelheiten, insbesondere der Ausgestaltung des Titels wird auf die Anlagen K 5 (Bl. 8 ff. Anlagenheft), wie sie auch in den Tenor eingeblendet ist, sowie B 2 (Bl. 17 Anlagenheft) verwiesen.
11Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die sich gegenüberstehenden Kennzeichnungen seien verwechslungsfähig. Sie hat ihre Ansprüche auf Unterlassung und Erstattung der Abmahnkosten in erster Linie auf den Zeitschriftentitel „Kinderstube“, hilfsweise auf die Marke Nr. 30 3012 061 147 und weiter hilfsweise auf die Marke Nr. 30 2009 0006 490 gestützt.
12Die Klägerin hat beantragt,
13der Beklagten unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr den Begriff „Kinderstube“ als Titel eines Internet-Portals mit Informationen zu Themen wie Gesundheit, Kinderwunsch, Schwangerschaft, Baby, Vornamen, Kindergrößenrechner zu verwenden, wie aus der Anlage K 5 ersichtlich,
14sowie die Beklagte zu verurteilen, an sie 933,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.6.2013 zu zahlen.
15Die Beklagte hat beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, es bestehe keine Verwechslungsgefahr. Dabei sei zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Titel „Kinderstube“ um den einer Print-Zeitschrift handele, so dass hinsichtlich ihres Internetportals keine Verwechslungsgefahr entstehen könne. Auch aus der Domain „kinderstube-sachsen.de“ und dem Titel ihres eigenen Internetportals könne die Klägerin keine Rechte ableiten. Markenrechtliche Ansprüche würden nicht bestehen, da „Kinderstube“ beschreibend sei und die Marken nur in ihrer graphischen Ausgestaltung Schutz genießen würden. Insoweit bestehe aber wegen der abweichenden Gestaltung ihrer Seiten keine Verwechslungsgefahr.
18Das Landgericht hat der Klage antragsgemäß stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, die Bezeichnung „Kinderstube“ sei als Zeitschriftentitel schutzfähig. Der Umstand, dass die Beklagte unter dieser Bezeichnung ein Internetportal betreibe, stehe den Ansprüchen der Klägerin nicht entgegen, da diese selber ein Internetportal betreibe, auf das in der Zeitschrift auch verwiesen werde und das seinerseits auf die Zeitschrift verweise. Der Titel werde daher als einheitlicher Werktitel der Druck- und Onlineausgabe verstanden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des Landgerichts verwiesen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
19Mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung verfolgt die Beklagte weiter das Ziel der Klageabweisung. Zur Begründung trägt sie vor, das Landgericht habe die zeitlichen Abläufe nicht genügend beachtet. Die Klägerin behaupte ein Erscheinen ihrer Zeitschrift seit Mai 2009 (was sie, die Beklagte, wie bereits erstinstanzlich mit Nichtwissen bestreite). Im Oktober 2012 habe dann die Beklagte die Domain „kinderstube.de“ registrieren lassen, seit November 2012 sei ihr Internetportal „Kinder STUBE“ erreichbar. Erst später habe die Klägerin ihre Domain „kinderstube-sachsen.de“ registrieren lassen; ihr Portal sei erst im Dezember 2012 eröffnet worden. Aus dieser nachfolgenden Registrierung könne sie daher keine erweiterten Rechte hinsichtlich des Titelschutzes herleiten. Zu berücksichtigen sei auch, dass es sich bei dem Internetportal „kinderstube-sachsen.de“ gerade nicht um eine inhaltlich identische Wiedergabe des Zeitschrifteninhalts, also gerade nicht um eine „Online-Ausgabe“ handele, sondern dort würden eigenständige Inhalte präsentiert. Im Übrigen wiederholt und vertieft die Beklagte ihren erstinstanzlichen Vortrag.
20Die Beklagte beantragt,
21unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Klage abzuweisen.
22Die Klägerin beantragt,
23die Berufung zurückzuweisen.
24Sie verteidigte das Urteil des Landgerichts unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags. Insbesondere verweist sie darauf, dass sie ihr Internetportal bereits in der Ausgabe 3/2012 beworben habe. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sie vorgetragen, ihr Internetportal sei am 8. 11. 2012 online gegangen. Im Übrigen hat sie ihre Ansprüche weiter hilfsweise (an vierter Stelle) auch auf den Titel „Kinderstube“ ihres Internetportals gestützt.
25II.
26Die zulässige Berufung hat nur insoweit Erfolg, als die Klage zwar nicht aus dem in erster Linie geltend gemachten Titelschutzrecht, wohl aber aus dem hilfsweise geltend gemachten Recht aus der Marke Nr. 30 2012 061 147 Erfolg hat.
271. Ein Anspruch aus § 15 Abs. 2 und 4 MarkenG besteht im Ergebnis nicht.
28a) Bei der Bezeichnung „Kinderstube“ handelt es sich, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, um den schutzfähigen Titel der Zeitschrift der Klägerin im Sinn des § 5 Abs. 3 MarkenG, was die Beklagte im Ergebnis nicht in Abrede stellt, auch wenn sie meint, aufgrund des beschreibenden Charakters sei der Schutzumfang nur gering.
29Die Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass die Klägerin ihre Zeitschrift schon seit Mai 2009 herausgibt. Das Landgericht hat dies im Tatbestand als unstreitig festgestellt und in den Entscheidungsgründen dazu ausgeführt, nachdem die Klägerin einen Zeitschriftenartikel (Anlage K 8, Bl. 18 Anlagenheft) vorgelegt habe, in dem über das erstmalige Erscheinen der Zeitschrift „Kinderstube“ berichtet worden sei, habe sich die Beklagte dazu nicht mehr geäußert, so dass dies als unstreitig anzusehen sei. Ein Tatbestandsberichtigungsantrag ist seitens der Beklagten nicht gestellt worden. Aufgrund des Artikels K 8, zu dem sich die Beklagte auch in der Berufung nicht weiter äußert, kann im Übrigen das Erscheinen ab Mai 2009 als erwiesen angesehen werden.
30b) aa) Die Beklagte hat die Bezeichnung „Kinderstube“ auch in titelverletzender Weise benutzt. Nach der Darstellung im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils hatte die Beklagte die Domain „kinderstube.de“ registriert. Bei Eingabe dieses Namens wurde der Nutzer auf die Seite „frauenzimmer.de/kinderstube“ weitergeleitet, auf der die Beklagte dann die Inhalte unter der Überschrift „Kinder STUBE“ (auf zwei Zeilen verteilt, wobei „Kinder“ in einer Art Schreibschrift wiedergegeben war) präsentierte. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin erklärt, dass die Klägerin die Verwendung des Domainnamens „kinderstube.de“ nicht als Verletzung ihrer Rechte beanstande; sie wende sich ausschließlich gegen den Gebrauch dieser Bezeichnung auf der Internetseite der Beklagten.
31bb) In der Bezeichnung des Internetangebots „Kinder STUBE“ liegt eine titelmäßige Benutzung. Auch der nachgeordnete Name einer Internetseite kann einen titelmäßigen Gebrauch darstellen, wenn der Verkehr darin ein Zeichen zur Unterscheidung eines Werkes von einem anderen und nicht nur eine Adressbezeichnung oder eine reine Inhaltsbeschreibung sieht (vgl. BGH, GRUR 2010, 156 Tz. 20 – Eifel-Zeitung; Senat, Urt. v. 5. 9. 2014 – 6 U 205/13 – Wetter-App). Die Bezeichnung „Kinderstube“ für ein Informationsangebot für Eltern zu Themen im Zusammenhang mit Kindern ist – wie noch darzulegen sein wird – nicht glatt beschreibend, auch wenn sie einen beschreibenden Anklang aufweist. Vor diesem Hintergrund bestehen keine Bedenken, den Ausdruck „Kinder STUBE“ als titelmäßige Verwendung des Begriffs „Kinderstube“ anzusehen. Der Umstand, dass es sich dabei nur um einen Teil des Internetangebots der Beklagten (unter „frauenzimmer.de“) handelt, steht dem nicht entgegen. Ebenso, wie auch der Titel einer Rubrik oder ein Untertitel Werktitelschutz genießen kann (BGH, GRUR 2010, 156 Tz. 15 – Eifel-Zeitung), stellt die Verwendung des Ausdrucks „Kinderstube“ als Bezeichnung eines thematisch selbständigen Teils eines Internetangebots in Form einer Unterseite eine titelmäßige Verwendung dar. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Verkehr über die Domain „kinderstube.de“ direkt auf diese Seite geleitet wird, was die Selbständigkeit der Bezeichnung „Kinderstube“ hervorhebt.
32c) Es fehlt aber an einer Verwechslungsgefahr.
33aa) Bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr eines Werktitels ist von dem allgemeinen kennzeichenrechtlichen Grundsatz einer Wechselwirkung zwischen allen in Betracht kommenden Faktoren auszugehen, insbesondere der Ähnlichkeit der Titel und der Werknähe sowie der Kennzeichnungskraft des älteren Titels. Für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr zwischen Zeitschriftentiteln kommt es auch auf die Marktverhältnisse, insbesondere auf Charakter und Erscheinungsbild der Zeitschriften an; Gegenstand, Aufmachung, Erscheinungsweise und Vertriebsform haben ebenfalls Einfluss auf die Verwechslungsgefahr (BGH, GRUR 2002, 176 – Auto Magazin).
34Werktitel im Sinn des § 5 Abs. 3 MarkenG dienen allerdings grundsätzlich nur der Unterscheidung eines Werkes von anderen, ohne einen Hinweis auf den Hersteller oder Inhaber des Werkes und damit auf eine bestimmte betriebliche Herkunft zu enthalten. Sie sind daher in der Regel nur gegen eine unmittelbare Verwechslungsgefahr im engeren Sinne geschützt. Es muss demnach für eine Verletzung der Titelschutzrechte die Gefahr bestehen, dass der Verkehr den einen Titel für den anderen hält, dass also ein nicht nur unerheblicher Teil des angesprochenen Verkehrs als Folge der Identität oder Ähnlichkeit der beiden verwendeten Bezeichnungen über die Identität der bezeichneten Werke irrt (BGH, GRUR 2005, 264, 265 f. – Das Telefon-Sparbuch m. w. N.). Nur ausnahmsweise kann davon ausgegangen werden, dass der Verkehr mit einem Werktitel gleichzeitig auch die Vorstellung einer bestimmten betrieblichen Herkunft verbindet. Lediglich bei bekannten Titeln regelmäßig erscheinender periodischer Druckschriften oder auch bei (Fernseh-) Filmserien kann dies angenommen werden, da die Bekanntheit eines solchen Titels und das regelmäßige Erscheinen im selben Verlag die Schlussfolgerung nahelegen können, dass der Titel im Verkehr jedenfalls teilweise auch als Hinweis auf die betriebliche Herkunft verstanden wird (BGH a. a. O. S. 266; NJW 2003, 1867, 1868 – Winnetou). Nur in diesem Fall wird der Titel auch gegen die Gefahr mittelbarer Verwechslungen geschützt, das heißt gegen die Annahme, dass beide Werke aus dem gleichen oder miteinander verbundenen Unternehmen stammen (Senat, ZUM-RD 2002, 210 = juris Tz. 35 – modern LIVING; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Aufl. 2010, § 15 Rn. 156).
35Im vorliegenden Fall kann nicht angenommen werden, dass die Voraussetzungen für diesen erweiterten Schutz vorliegen. Die Klägerin beruft sich selber nicht auf eine besondere Bekanntheit ihrer Zeitschrift, Zahlen zur Verkehrsbekanntheit werden nicht vorgetragen. Die Zeitschrift erscheint inzwischen nur noch halbjährlich, wird lediglich in einem Bundesland verteilt, und dort nur über Apotheken und Kinderärzte. Bei dieser Sachlage kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Voraussetzungen für eine herkunftshinweisende Funktion des Titels vorliegen.
36bb) Der Titel „Kinderstube“ weist zumindest unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft auf. Er ist, entgegen der Ansicht der Beklagten, nicht glatt beschreibend. Das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ist anzunehmen, wenn die Wortbestandteile einer Bezeichnung einen beschreibenden Begriffsinhalt enthalten, der für den in Frage stehendenden Gegenstand ohne Weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird. Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel versteht. Auch Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die den bezeichneten Gegenstand selbst nicht unmittelbar betreffen, fehlt die Unterscheidungskraft, wenn durch die Angabe ein enger beschreibender Bezug zu dem bezeichneten Gegenstand hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt als solchen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten erfasst und in der Bezeichnung nicht ein Unterscheidungsmittel sieht (BGH, GRUR 2014, 569 Tz. 14 – HOT).
37Ein derartiger Bezug kann für „Kinderstube“ für eine Zeitschrift, die sich mit Fragen um Schwangerschaft, Kindererziehung und verwandte Themen befasst, nicht angenommen werden. Im heutigen Sprachgebrauch wird „Kinderstube“ nicht mehr im ursprünglichen Sinn als „Kinderzimmer“, sondern fast nur noch im Zusammenhang „gute/schlechte Kinderstube“ als Hinweis auf die Erziehung verstanden, wobei auch dieser Ausdruck mittlerweile im allgemeinen Sprachgebrauch etwas altertümlich wirkt.
38Als Titel einer Zeitschrift, in der Beiträge zu den Themenbereichen Kinder und Schwangerschaft veröffentlicht werden, hat er daher zwar einen beschreibenden Anklang. Bereits die Verwendung des Begriffs, der nach seinem natürlichen Sinngehalt üblicherweise als gute/schlechte Erziehung oder allenfalls als Kinderzimmer verstanden werden kann, für eine Zeitschrift stellt aber die Übertragung des Sinngehalts dieses Begriffs auf einen ihm von seiner natürlichen Wortbedeutung her an sich nicht zuzuordnenden Gegenstand dar. Ferner erschöpft sich der Sinngehalt auch nicht in der reinen Wiedergabe des Inhalts der Zeitschrift. Dieser ist nicht auf Themen wie Gestaltung und Einrichtung von Kinderzimmern oder Erziehung beschränkt, sondern geht darüber weit hinaus. Der Titel ist damit als leicht ironisch anmutende Bezeichnung des Themenbereichs einer Zeitschrift, die sich mit Kindern im weitesten Sinne befasst, in einem übertragenen Sinn gebraucht. In diesem Gebrauch ist die Bezeichnung durchaus ungewöhnlich und daher von originärer Unterscheidungskraft (vgl. Senat, GRUR 1997, 663, 664 – FAMILY). Lediglich infolge des verbleibenden beschreibenden Anklangs ist von unterdurchschnittlicher Kennzeichnungskraft auszugehen.
39Die Beklagte hat zwar darauf verwiesen, dass eine Suche im Internet nach „Kinderstube“ zu einer Vielzahl von Treffern führt. Da sie aber nicht darlegt, auf welche Angebote diese Treffer verweisen, ist eine Schwächung des Begriffs „Kinderstube“ im Hinblick auf Zeitschriftentitel nicht dargelegt. Aus diesem Grund ist auch die Zurückweisung des Antrags auf Eintragung einer Marke „Kinderstube Hamburg“ unerheblich, da nicht ersichtlich ist, für welche Waren/Dienstleistungen die Anmeldung erfolgt ist. Als Bezeichnung beispielsweise einer Kindertagesstätte hätte „Kinderstube“ einen deutlich stärker beschreibenden Charakter als für eine Zeitschrift.
40cc) Es fehlt aber an der erforderlichen Ähnlichkeit der bezeichneten Werke. Selbst bei Zeichenidentität kann die – allein relevante – unmittelbare Verwechslungsgefahr ausgeschlossen sein, wenn es sich um unterschiedliche Werkarten handelt, bei denen nicht anzunehmen ist, dass ein relevanter Teil des Verkehrs das eine Werk für das andere hält. In einem solchen Fall besteht nur dann unmittelbare Verwechslungsgefahr, wenn der angesprochene Verbraucher das angegriffene Werk für das Werk mit dem geschützten Titel in anderer Werkform hält (BGH, GRUR 2005, 264, 266 – Das Telefon-Sparbuch).
41Entgegen der Ansicht des Landgerichts, das die Verwechslungsgefahr auch unter Hinweis auf den Internetauftritt der Klägerin angenommen hat, kann dieser nicht in die Betrachtung einbezogen werden. Als Werke stehen sich die Druckzeitschrift der Klägerin und das Internetangebot der Beklagten gegenüber. Entgegen der Ansicht der Klägerin kann nicht von einem einheitlichen Werk „Kinderstube“, bestehend aus Zeitschrift und Internetportal, ausgegangen werden. Bei einem Internetportal und einer gedruckten Zeitschrift handelt es sich nach der Verkehrsanschauung um unterschiedliche Werkkategorien (LG Düsseldorf, GRUR-RR 2003, 11, 12 – versicherungsrecht.de; bestätigt durch OLG Düsseldorf, MMR 2003, 177 f.). Dies gilt auch nach heutigem Maßstab jedenfalls dann, wenn es sich bei dem Internetangebot ersichtlich nicht um die reine Online-Ausgabe einer Zeitschrift handelt. Das ist aber bei dem Angebot der Klägerin nicht der Fall; nach dem Ausdruck K 9 (Bl. 20 Anlagenheft) werden unter „kinderstube-sachsen.de“ „Leseproben“ und zusätzliche Informationen angeboten, so dass die Inhalte nicht deckungsgleich sind. Aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise handelt es sich daher bei der Zeitschrift und dem Internetportal nicht um ein einheitliches Werk. Sowohl die Zeitschrift als auch der Internet-Auftritt können eigenständig und unabhängig voneinander genutzt werden. Sie sprechen ferner nicht vollständig deckungsgleiche Verkehrskreise an: Die Druckausgabe erreicht allein Nutzer im Zuständigkeitsbereich der Klägerin, die dort Apotheken und Kinderärzte aufsuchen. Das Onlineportal wendet sich dagegen an alle an den dort angebotenen Themen Interessierte, die sich Informationen über das Internet verschaffen. Im Ergebnis handelt es sich daher um unterschiedliche Werke im Sinn des § 5 Abs. 3 MarkenG; eine einheitliche Betrachtung verbietet sich.
42Unmittelbare Verwechslungsgefahr zwischen der Zeitschrift der Klägerin und dem Angebot der Beklagten könnte daher nur dann entstehen, wenn der angesprochenen Verkehr Anlass hätten, das Angebot der Beklagten für die Online-Ausgabe der Zeitschrift der Klägerin zu halten. Dafür bestehen aber keine Anhaltspunkte. In den vorgelegten Unterlagen zum Angebot der Beklagten fehlt jeder Hinweis auf eine Druckausgabe. Auch die äußere Gestaltung lässt nicht darauf schließen, dass es sich lediglich um die Online-Ausgabe einer gedruckten Zeitschrift handelt. Der angesprochene Verkehr wird daher in dem Angebot nichts anderes als eines der verbreiteten Internet-Ratgeberportale sehen. Auch ein Leser, dem die Zeitschrift der Klägerin bekannt ist, wird das Angebot der Beklagten nicht als deren Online-Ausgabe ansehen; er wird nur einen Zusammenhang zwischen den Herausgebern der Zeitschrift und den Verantwortlichen des Portals vermuten. Gegen eine derartige mittelbare Verwechslungsgefahr wird aber ein Werktitel über § 15 Abs. 2 MarkenG grundsätzlich nicht geschützt.
432. Die Klage ist aber im Hinblick auf die in zweiter Linie geltend gemachten Rechte aus der Marke Nr. 30 2012 061 147 begründet.
44a) aa) Die Marke ist zwar erst am 27. 11. 2012 beim DPMA zur Eintragung angemeldet worden und kann daher Schutz erst ab diesem Zeitpunkt beanspruchen (§ 6 Abs. 2 MarkenG). Die Domain „kinderstube.de“ ist seit Oktober 2012 registriert, das Internetangebot der Beklagten ist nach dem – unwidersprochenen – Vortrag der Klägerin (Bl. 27 d. A.) seit dem 29. 11. 2012 erreichbar. Grundsätzlich kann den Rechten aus einer Marke im Verletzungsprozess das Recht aus einem prioritätsälteren Kennzeichen einredeweise entgegengehalten werden (BGH, GRUR 2004, 512, 513 – Leysieffer; GRUR 2009, 1055 Tz. 52 – airdsl); das gilt auch für Unternehmenskennzeichen und Werktitel (Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Aufl. 2010, § 14 Rn. 32).
45Allein die Registrierung einer Domain stellt allerdings noch keine Verwendung des registrierten Zeichens im geschäftlichen Verkehr dar (BGH, GRUR 2005, 687, 688 f. – weltonline.de) und ist daher auch nicht geeignet, die Priorität von aus der Domain abgeleiteten Rechten zu begründen. Eine Parallele zu § 6 Abs. 2 MarkenG ist insoweit nicht möglich. Anders als bei der Eintragung im Register, auf deren Zeitpunkt der Anmelder keinen Einfluss hat, liegt die Freischaltung eines Internetauftritts allein im Verantwortungsbereich des Betreibers. Maßgeblich ist im vorliegenden Fall daher die Freischaltung des Internetangebots der Beklagten, die am 29. 11. und damit zwei Tage nach der Anmeldung der Marke der Klägerin erfolgt ist. Die Beklagte kann sich damit nicht auf ein gegenüber der Marke der Klägerin prioritätsälteres Recht berufen.
46bb) Soweit sich die Beklagte in der Berufungsinstanz darauf berufen hat, die Bereitstellung eines Internet-Portals mit Informationen zu Kindern falle nicht unter die Klasse 41 der Nizza-Klassifikation, für die die Marken der Klägerin eingetragen sind, sondern unter Klasse 38, so trifft dies nicht zu: Die Klasse 38 enthält Telekommunikationsdienste, Computerkommunikations- und Internetzugriffsdienste, umfasst daher den technischen Aspekt des Betriebs eines Internetportals. Der redaktionelle Betrieb eines Portals zum Thema Kinder ist dagegen zutreffend mit der Klasse 41 „Erziehung“ erfasst. Zwar wird im Dienstleistungsverzeichnis, anders als in dem der älteren Marke (Nr. 30 3009 006 490), die „Publikation von Druckerzeugnissen (auch in elektronischer Form)“ nicht mehr genannt. Dies dürfte aber auf die aktuelle Fassung der Nizza-Klassifikation zurückzuführen sein, die diese Dienstleistung nicht separat aufführt.
47b) Entgegen der Ansicht der Beklagten hat sie die Bezeichnung „Kinder STUBE“ auf ihrer Internetseite markenmäßig benutzt. Auch die Verwendung als Werktitel ist nur bei eindeutig inhaltsbeschreibenden Titeln nicht markenmäßig (Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl. 2010, § 14 Rn. 167). Allerdings hat der Bundesgerichtshof früher vertreten, die Annahme markenmäßiger Benutzung bei Verwendung eines Zeichens als Werktitel sei (wie bei dem Vorgehen aus einem solchen Titel) nur bei bekannten Titeln möglich, da der Titel nur dann herkunftshinweisende Funktion habe (GRUR 1994, 908, 910 – WIR IM SÜDWESTEN; Büscher, in: Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz, 2. Aufl. 2011, § 14 MarkenG Rn. 146). Diese Einschränkung des Schutzes der Marke gegenüber der Verwendung als Werktitel ist kritisch zu sehen (OLG Hamburg, GRUR-RR 2008, 296, 297 – Heimwerker Test; OLG Naumburg, GRUR-RR 2011, 127, 128 – SUPERillu/illu der Frau; Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl. 2012, § 14 Rn. 175). Diese Frage bedarf im vorliegenden Fall aber keiner Entscheidung, da die Beklagte „Kinder STUBE“ nicht rein titelmäßig benutzt.
48Maßgeblich für diese Frage ist, wie der Verkehr die – allein von der Klägerin beanstandete – Verwendung der Bezeichnung „Kinder STUBE“ auf der Interseite versteht. Für die Benutzung eines Domainnamens ist anerkannt, dass in ihr eine kennzeichenmäßige Verwendung liegen kann, wenn der Verkehr darin keine bloße Adressbezeichnung, sondern den Hinweis auf das Unternehmen oder auf die betriebliche Herkunft von Waren oder Dienstleistungen sieht. Domainnamen, die zu einer aktiven, im geschäftlichen Verkehr verwendeten Homepage führen, kommt in der Regel neben der Adressfunktion eine kennzeichnende Funktion zu (BGH, GRUR 2009, 1055 Tz. 49 – airdsl; m. w. N.; GRUR 2013, 638 Tz. 27 – Völkl; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl. 2010, nach § 15 Rn. 117). Die von der Beklagten herangezogenen Entscheidungen (OLG Hamburg, GRUR-RR 2012, 154 – Luxor und KG, K&R 2014, 206 – Stadt Land Fluss) betreffen die Verwendung von beschreibenden Begriffen als Werktitel eines Computerspiels beziehungsweise einer App und lassen sich auf den vorliegenden Fall nicht übertragen, da „Kinderstube“ – wie dargelegt – nicht rein beschreibend ist.
49Im vorliegenden Fall ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte nicht nur „Kinder STUBE“ als Bezeichnung auf der Internetseite verwendet, sondern auch den Domainnamen „kinderstube.de“. Das Verständnis der Bezeichnung „Kinder STUBE“ kann nicht isoliert von dem Umstand ermittelt werden, dass ein inhaltsgleicher Begriff als Domainname verwendet wird, auch wenn die Klägerin diese Verwendung als solche nicht als Verletzung beanstandet. Entsprechend den dargestellten Grundsätzen ist davon auszugehen, dass der angesprochene Verkehr den Domainnamen als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der unter dieser Domain vorgehaltenen Dienstleistungsangebote (Kindergrößenrechner, Informationen zu den Themen Kinderwunsch, Schwangerschaft, Kindererziehung usw.) verstehen wird. Es liegt daher fern, dass er die inhaltsgleiche Bezeichnung „Kinder STUBE“ allein als Werktitel zur Bezeichnung der dort vorgehaltenen Inhalte ansehen wird.
50c) aa) Die Frage der Verwechslungsgefahr im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist unter Heranziehung aller relevanten Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, so der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke sowie der Identität oder der Ähnlichkeit der sich gegenüber stehenden Zeichen und der Identität oder der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen, so dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Zeichen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt. Bei dieser umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist auf den durch die Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (EuGH, GRUR 1998, 922 Tz. 17 f. – Canon; GRUR Int. 2009, 911 Tz. 31 – Waterford Wedgwood; BGH, GRUR 2011, 826 Tz. 11 – Enzymax/Enzymix; GRUR 2012, 1040 Tz. 25 – pjur/pure; GRUR 2013, 833 Tz. 30 – Culinaria/Villa Culinaria; Senat, GRUR-RR 2012, 336, 337 – SUPERTOTO).
51bb) Die Wortbildmarke genießt jedenfalls unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft. Bereits hier ist wiederum darauf hinzuweisen, dass „Kinderstube“ für die hier in Rede stehenden Dienstleistungen (Informationen über Kindererziehung und verwandte Themen) nicht als glatt beschreibend gewertet werden kann. Die graphische Ausgestaltung des Zeichens beschränkt sich auf eine an Schreibschrift erinnernde Schrifttype; ein zusätzliches graphisches Element ist lediglich der i-Punkt, der als „Smiley“ () gestaltet ist. Aber auch bei dem „Smiley“ handelt es sich um ein sehr häufig, in den verschiedensten Kontexten eingesetztes Gestaltungselement, das nicht geeignet ist, den Schriftzug aus dem Bereich des Alltäglichen herauszuheben. Daher erscheint es auch zweifelhaft, ob allein diese graphische Gestaltung die Eintragungsfähigkeit begründen könnte, wenn der Wortbestandteil tatsächlich glatt beschreibend wäre (vgl. BGH, GRUR 2014, 872 = WRP 2014, 1062 Tz. 32 ff. – Gute Laune Drops). Die Bildelemente treten hinter den Wortbestandteil zurück, so dass im Hinblick auf den beschreibenden Anklang nur von unterdurchschnittlicher Kennzeichnungskraft auszugehen ist.
52cc) Klägerin und Beklagte bieten auf ihren Internetportalen identische Dienstleistungen an.
53dd) Es besteht hohe Zeichenähnlichkeit. Da „Kinderstube“ nicht glatt beschreibend ist, liegt entgegen der Ansicht der Beklagten keiner der Fälle vor, in denen allein die graphische Ausgestaltung des Zeichens seine Schutzfähigkeit begründet, und in denen daher allein die bildliche Übereinstimmung eine Zeichenverletzung begründen kann (dazu Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Aufl. 2010, § 14 Rn. 913). Die abweichende graphische Ausgestaltung genügt vielmehr im Gegenteil nicht, um die Zeichenähnlichkeit zu verneinen. In bildlicher Hinsicht wird sich der Verkehr in der Regel an dem Wortbestandteil einer Wort-/Bildmarke orientieren, wenn es sich bei den Bildbestandteilen um eine nichtssagende oder geläufige und nicht ins Gewicht fallende Verzierung handelt (BGH, GRUR 2008, 903 Tz. 24 – SIERRA ANTIGUO), wie es hier der Fall ist.
54Begrifflich sind die Zeichen identisch („Kinderstube“), und auch bei dem klanglichen Vergleich ist von dem Erfahrungssatz auszugehen, dass bei einer Kombination von Wort und Bild in der Marke der Verkehr sich regelmäßig an dem Wortbestandteil orientiert, wenn er kennzeichnungskräftig ist, weil der Wortbestandteil einer solchen Marke die einfachste Möglichkeit der Benennung bietet (BGH, GRUR 2008, 903 Tz. 25 – SIERRA ANTIGUO).
55ee) Im Ergebnis stoßen daher mindestens unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft, Dienstleistungsidentität und hohe Zeichenähnlichkeit hinsichtlich Klang, Schriftbild und Sinngehalt aufeinander. Bei dieser Sachlage ist im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung von Verwechslungsgefahr auszugehen. Der angesprochene Verkehr wird zumindest annehmen, dass zwischen den Verantwortlichen des Internetauftritts der Beklagten und dem Inhaber des Zeichens der Klägerin wirtschaftliche Verbindungen bestehen.
56d) Ein Freihaltebedürfnis im Sinn des § 23 Nr. 2 MarkenG ist nicht zu erkennen.
573. Auf die weiter hilfsweise geltend gemachte Marke Nr. 30 3009 006 490 kommt es daher nicht an. Gleiches gilt für das Titelschutzrecht im Hinblick auf die Internetseite der Klägerin „kinderstube-sachsen.de“, so dass hinsichtlich der streitigen Priorität dieses Rechts keine Feststellungen zu treffen sind.
584. Die Nebenansprüche (Abmahnkosten) werden seitens der Beklagten in der Berufung nicht beanstandet, so dass insoweit zunächst auf die Ausführungen in dem landgerichtlichen Urteil verwiesen werden kann. Der Umstand, dass der Anspruch der Klägerin nicht aus dem Werktitel, sondern der Marke begründet ist, erfordert grundsätzlich keine abweichende Beurteilung, da die markenrechtlichen Ansprüche bereits in der Abmahnung (Anlage K 6, Bl. 11 ff. d. A.) hilfsweise geltend gemacht worden sind. Die Abmahnkosten sind lediglich entsprechend der auch für das vorliegende Verfahren ausgeurteilten Kostenquote um 17 % zu reduzieren.
595. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO, da die Klägerin lediglich mit dem hilfsweise geltend gemachten Anspruch durchdringt. Liegen einem einheitlichen Unterlassungsantrag mehrere Ansprüche im Sinne von § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG zugrunde, die zusammenzurechnen sind, hat keine schematische Erhöhung des Streitwerts zu erfolgen. Vielmehr ist der Streitwert für den Hauptanspruch festzusetzen und für die hilfsweise geltend gemachten Ansprüche ist der Streitwert angemessen zu erhöhen. Dabei ist bei einem einheitlichen Unterlassungsantrag zu berücksichtigen, dass der Angriffsfaktor im Regelfall unverändert und deshalb eine Vervielfachung des Streitwerts des Hauptanspruchs grundsätzlich nicht gerechtfertigt ist (BGH, WRP 2014, 192 Tz. 9). Im vorliegenden Fall erscheint angesichts der unterschiedlichen Schutzrichtung und –reichweite von Werktitel einerseits, eingetragener Marke andererseits die Erhöhung des ursprünglich auf 25.000 EUR festgesetzten Streitwerts – für beide Instanzen – auf 30.000 EUR angezeigt. Bei der Bildung der Kostenquote ist gleichermaßen zu berücksichtigen, dass die Klägerin ihr wirtschaftliches Interesse an der Untersagung des beanstandeten Verhaltens durchgesetzt hat. Es wäre daher nicht gerechtfertigt, sie allein wegen des Umstandes, dass sie mit einem von zweien zur Entscheidung gestellten Schutzrechten unterlegen ist, schematisch mit der Hälfte der Kosten zu belasten.
60Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
61Der Senat hat die Revision im Hinblick auf die grundsätzlichen Fragen der Reichweite des Werktitelschutzes bei der Kombination von Druckerzeugnissen und Internetauftritten sowie der markenmäßigen Verwendung von geschützten Bezeichnungen auf Internetseiten zugelassen.
62Der Streitwert wird für beide Instanzen auf 30.000 EUR festgesetzt.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Köln Urteil, 24. Okt. 2014 - 6 U 211/13
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Urteil einreichenOberlandesgericht Köln Urteil, 24. Okt. 2014 - 6 U 211/13 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil
- 1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen, - 2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
(1) Der Erwerb des Schutzes einer geschäftlichen Bezeichnung gewährt ihrem Inhaber ein ausschließliches Recht.
(2) Dritten ist es untersagt, die geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen im geschäftlichen Verkehr unbefugt in einer Weise zu benutzen, die geeignet ist, Verwechslungen mit der geschützten Bezeichnung hervorzurufen.
(3) Handelt es sich bei der geschäftlichen Bezeichnung um eine im Inland bekannte geschäftliche Bezeichnung, so ist es Dritten ferner untersagt, die geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen im geschäftlichen Verkehr zu benutzen, wenn keine Gefahr von Verwechslungen im Sinne des Absatzes 2 besteht, soweit die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der geschäftlichen Bezeichnung ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.
(4) Wer eine geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen entgegen Absatz 2 oder Absatz 3 benutzt, kann von dem Inhaber der geschäftlichen Bezeichnung bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung droht.
(5) Wer die Verletzungshandlung vorsätzlich oder fahrlässig begeht, ist dem Inhaber der geschäftlichen Bezeichnung zum Ersatz des daraus entstandenen Schadens verpflichtet. § 14 Abs. 6 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
(6) § 14 Abs. 7 ist entsprechend anzuwenden.
(1) Als geschäftliche Bezeichnungen werden Unternehmenskennzeichen und Werktitel geschützt.
(2) Unternehmenskennzeichen sind Zeichen, die im geschäftlichen Verkehr als Name, als Firma oder als besondere Bezeichnung eines Geschäftsbetriebs oder eines Unternehmens benutzt werden. Der besonderen Bezeichnung eines Geschäftsbetriebs stehen solche Geschäftsabzeichen und sonstige zur Unterscheidung des Geschäftsbetriebs von anderen Geschäftsbetrieben bestimmte Zeichen gleich, die innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Kennzeichen des Geschäftsbetriebs gelten.
(3) Werktitel sind die Namen oder besonderen Bezeichnungen von Druckschriften, Filmwerken, Tonwerken, Bühnenwerken oder sonstigen vergleichbaren Werken.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 10.12.2013 verkündete Urteil der 33. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 33 O 83/13 – wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat auch die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
G r ü n d e
2I.
3Die Klägerin macht mit der Klage Unterlassungs- sowie Annexsprüche wegen des Betriebs einer App durch die Beklagte unter der Bezeichnungen „wetter DE“, „wetter-de“ und „wetter-DE“ geltend.
4Die Klägerin gehört zur Mediengruppe S. Sie ist innerhalb der Gruppe für die Bereiche Online / Mobil /Teletext / IP TV, Media Services (Telefonmehrwertdienste) und Licensing zuständig und betreibt seit mindestens zehn Jahren eine werbefinanzierte Webseite unter der Domain „www.wetter.de“ sowie seit 2009 die dazugehörige App (Kurzform für „Application“) „wetter.de“. Die App wird über einen in das Betriebssystem des Mobilgerätes – zumeist ein Smartphone - integrierten Onlineshop (zB den App Store von Apple) bezogen und direkt auf dem Endgerät (zB Apple IPhone oder Android Smartphone) installiert. Über die Webseite und die App bietet die Klägerin ortsspezifisch aufbereitete Wetterdaten und weitere Informationen mit Bezug auf das Wetter an.
5Die Beklagte ist ein Unternehmen aus Österreich und betreibt unter den Webseiten und gleich lautenden Apps „wetter.at“ und „wetter-deutschland.com“ einen Wetterinformationsdienst. Die Beklagte betreibt seit Ende 2011 eine weitere Wetter-App unter der Bezeichnungen „wetter DE“, „wetter-de“ und „wetter-DE“. Auf der Benutzeroberfläche des Smartphones erscheint die App nach dem Download unter gleichlautenden Icons.
6Mit Schreiben vom 16.01.2013 hat die Klägerin die Beklagte wegen des Betriebs der App u.a. unter der Bezeichnung „wetter DE“ abgemahnt und für diese Abmahnung Kostenerstattungsansprüche in Höhe von 1.780,20 EUR geltend gemacht. Die Beklagte hat daraufhin eine negative Feststellungsklage vor dem Landgericht Hamburg unter dem Az. 327 O 104/13 erhoben, die beide Parteien aufgrund der hiesigen Klage inzwischen übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Mit Beschluss vom 08.10.2013 hat das Landgericht Hamburg die Kosten des Rechtsstreits der dortigen Beklagten und hiesigen Klägerin auferlegt.
7Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass ihr gegen die Beklagte ein titelrechtlicher Anspruch auf Unterlassung aus §§ 5 Abs. 3, 15 Abs. 2, 3, 4 MarkenG zustehe. Ihre App und Domain „wetter.de“ genieße jedenfalls als Werktitel Schutz vor Verwechslungen mit den streitgegenständlichen Apps der Beklagten. Für den Internetnutzer sei das Zeichen „wetter.de“ mit der Klägerin als Betreiberin der Webseite bzw. der App verknüpft. Die Apps der Beklagten seien – wenn nicht sogar identisch - jedenfalls hochgradig ähnlich und damit verwechslungsfähig zu der App der Klägerin. Der Verkehr sei daran gewöhnt, zur Unterscheidung der verschiedenen Online-Präsentationen einzelner Anbieter auf feine Unterschiede zu achten. Dieser sehe in der Bezeichnung „wetter.de“ daher nicht eine bloße Adressbezeichnung oder eine rein beschreibende Angabe. Zweitrangig bestünden Ansprüche aus der geschäftlichen Bezeichnung der Klägerin „wetter.de“. Das Zeichen genieße jedenfalls durch Verkehrsgeltung hinreichende Schutzfähigkeit. Nach einer FORSA-Umfrage (Anlage K 31 im Anlagenheft zur Klage) genieße die Webseite wetter.de eine ungestützte Bekanntheit von 33 % (alle Befragte) und 41 % (Internetnutzer) der befragten Verkehrskreise und eine gestützte Bekanntheit von 56 % (alle Befragte) und 67 % (Internetnutzer) der befragten Verkehrkreise. Die Klägerin investiere jährlich 6 bis 7stellige Summen in Bewerbung der Webseite und der App. Die Bezeichnung wetter.de genieße eine hohe Bekanntheit. Nachrangig hat die Klägerin auch Ansprüche aus einer Benutzungsmarke i.S.d § 4 Nr. 2 MarkenG sowie wettbewerbsrechtliche Ansprüche wegen Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise und Behinderung der Klägerin geltend gemacht.
8Die Klägerin hat beantragt,
91) die Beklagte zu verurteilen,
10a) es bei Androhung vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen,
11im geschäftlichen Verkehr die Bezeichnung „wetter DE“ und/oder „wetter-de“ und/oder „wetter-DE“ zu Bezeichnung einer Anwendungssoftware (App) mit Wetterinformationen kennzeichenmäßig zu benutzen und/oder benutzen zu lassen.
12b) über Art und Umfang der unter Ziffer 1. aufgeführten Verletzungshandlungen Auskunft zu erteilen, und zwar unter Vorlage eines Verzeichnisses, aus dem sich ergibt:
13(1) Dauer der Verletzungshandlungen;
14(2) Art und Umfang der auf der mobilen Applikation „wetter DE“ und/oder „wetter-de“ und/oder „wetter-DE“ durchgeführten Werbemaßnahmen;
15(3) der im Zusammenhang mit dem Be- u. Vertrieb der mobilen Applikation „wetter DE“ und/oder „wetter-de“ und/oder „wetter-DE“ erzielte Umsatz nebst den für die Berechnung des erzielten Gewinns relevanten Faktoren, insbesondere die Höhe der Werbeeinnahmen sowie die mit dem Be- und Vertrieb der mobilen Applikation „wetter DE“ und/oder „wetter-de“ und/oder wetter-DE“ zusammenhängenden Kosten;
162) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die zu Ziffer 1. beschriebene Handlung entstanden ist und/oder entstehen wird;
173) die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 1.780,20 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
18Die Beklagte hat beantragt,
19die Klage abzuweisen.
20Mit dem angefochtenen Urteil hat sich das Landgericht der Auffassung des Landgerichts Hamburg im Beschluss vom 08.10.2013 angeschlossen und die auf Unterlassung, Auskunft, Feststellung der Schadenersatzpflicht und Erstattung der Abmahnkosten gerichtete Klage abgewiesen.
21Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlichen Klageanträge unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens weiter. Sie erhält insbesondere ihre Ansicht aufrecht, dass die Bezeichnung „wetter.de“ ausreichend kennzeichnungskräftig und ein Titelschutz jedenfalls im Hinblick darauf zu bejahen sei, dass die für Zeitschriften geltenden erleichterten titelrechtlichen Maßstäbe – zumindest bei Wetterseiten - auch auf Apps anzuwenden seien. Wie bei Domains werde ein Großteil der angesprochenen Verkehrskreise auch bei Apps auf geringe Unterschiede achten und dementsprechend der individuellen Kombination Bedeutung zugemessen. Die Domain bzw. App sei das einzige Unterscheidungsmerkmal, das die vielen, inhaltlich und qualitativ zum Teil erheblich voneinander abweichenden Wetterseiten voneinander unterscheide. Auch habe das Landgericht im Hinblick auf die Bezeichnung „wetter.de“ zu Unrecht die Verkehrsdurchsetzung verneint, in dem es nicht hinreichend sämtliche zur Benutzung und Bekanntheit der App und Internetbezeichnungen angebotenen Beweise ausgewertet habe. Mit Schriftsatz vom 14.08.2014 macht die Klägerin – von der Beklagten in tatsächlicher Hinsicht nach Maßgabe des Sitzungsprotokolls teilweise bestrittene - ergänzende Ausführungen u.a. zur behaupteten Unterscheidungskraft von „wetter.de“, zu einer Verwechslungsgefahr zwischen den sich gegenüberstehenden Zeichen sowie zu einer durch die Beklagte beabsichtigten gezielten Behinderung nach § 4 Nr. 10 UWG.
22Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen insbesondere zu dem nach ihrer Auffassung mangelnden Werkcharakter einer App, der jedenfalls fehlenden Unterscheidungskraft der Bezeichnung „wetter.de“ und einer nicht hinreichend dargelegten Verkehrsdurchsetzung derselben.
23Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO), auf die die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 22.08.2014 Bezug genommen.
24II.
25Die zulässige Berufung der Klägerin bleibt in der Sache ohne Erfolg.
26Das Landgericht hat einen Unterlassungsanspruch der Klägerin aus den §§ 5 Abs. 2 und 3, 15 Abs. 2 und 3, 14 Abs. 2 i.V.m. § 4 Nr. 2 MarkenG, §§ 5 und 4 Nr. 10 UWG, die damit einhergehenden Annexansprüche und – mangels Berechtigung der Abmahnung - auch einen diesbezüglichen Kostenerstattungsanspruch aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG rechtsfehlerfrei verneint.
271. Ansprüche aus §§ 5 Abs. 3, 15 Abs. 2 und 4 MarkenG:
28Die geltend gemachten Ansprüche aus Werktitelschutz sind insoweit weder gestützt auf die domain „www.wetter.de“ noch auf die App „wetter.de“ begründet.
29a.
30Auch der Senat folgt der sorgfältig begründeten Auffassung des Landgerichts Hamburg in dem im Tatbestand bezeichneten Beschluss, nach der die Bezeichnung einer App zwar grundsätzlich dem Werktitelschutz im Sinne des § 5 Abs. 3 MarkenG zugänglich, die konkret gewählte Bezeichnung aber nicht kennzeichnungskräftig ist.
31Das Landgericht hat die grundsätzliche Schutzfähigkeit als Werktitel mit Parallelen zu einer Software und einer Homepage begründet, Werken also, denen in der Rechtsprechung bereits Titelschutz zuerkannt worden ist. Nach dem unwidersprochenen Vorbringen der Klägerin sind Apps Anwendungsprogramme für das jeweilige smartphone, so dass die Parallele zu einer Software naheliegt und nach Auffassung des Senats überzeugt.
32Ergänzend können die Grundsätze zur Schutzfähigkeit einer Domain herangezogen werden. Nach einer Entscheidung des Senats vom 20.12.2013 (WRP 2014, 194 ff, juris Tz. 34 – Tagesschau-App) ist die dort behandelte App lediglich eine mobile Übertragungsform des entsprechenden Online-Angebots, da über die App sämtliche unter dem Online-Portal präsentierten Beiträge wegen des Zugriffs auf dieselbe Ausspiel-Datenbank abrufbar sind und die App demnach denselben Inhalt wie das Online-Angebot aufweist Dem entspricht es, dass die Klägerin auch im Streitfall ausdrücklich und unwidersprochen vorgetragen hat, dass die Seite „www.wetter.de“ inhaltlich der App „wetter.de“ entspricht. Davon ausgehend erscheint es naheliegend, die grundsätzliche Titelschutzfähigkeit der Kennzeichnung einer App jedenfalls im Ansatz nach den Grundsätzen zur Begründung von Kennzeichenrechten durch Benutzung von Domain-Namen zu beurteilen (vgl. dazu Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Auflage, Nach § 15 Rn. 34 ff), so dass sich die Frage der Titelschutzfähigkeit der App nach folgenden Grundsätzen richtet:
33Domain-Namen stellen als solche kein absolutes Recht dar, jedoch kann durch die Benutzung eines Domain-Namens auch ein Namens- oder Kennzeichenrecht entstehen. Grundsätzlich kann durch die Benutzung eines Domainnamens eine geschäftliche Bezeichnung erworben werden, wenn der Verkehr in der als Domainnamen gewählten Bezeichnung bei einem Unternehmenskennzeichen einen Herkunftshinweis und bei einem Werktitel ein Zeichen zur Unterscheidung eines Werks von einem anderen und nicht nur eine Adressbezeichnung sieht (vgl. BGH GRUR 2010, 156, zitiert nach juris Rn. 20 – Eifel-Zeitung). Wird Werktitelschutz geltend gemacht, muss der Domain-Name gerade als Titel verwendet werden, d.h. der Verkehr muss in der angegriffenen Domain gerade eine Bezeichnung der Website erblicken. Daran kann es bei rein beschreibenden Domains sowie bei solchen, die lediglich als Adressbezeichnung verstanden werden, fehlen (vgl. Ingerl/Rohnke, a.a.O Nach § 15 Rn. 54).
34Es erscheint hier zumindest zweifelhaft, ob die Bezeichnungen „www.wetter.de“ und dementsprechend auch der App „wetter.de“ im genannten Sinne als Werktitel verwendet werden. Denn wie bereits das Bundespatentgericht in der als Anlage B 4 zur Klageerwiderung zur Akte gereichten Entscheidung vom 19.10.2005 zutreffend ausgeführt hat, enthält zumindest die Internetadresse „wetter.de“ in Bezug auf die Zurverfügungstellung von Informationen über das Wetter eine rein beschreibende Sachangabe. Ob die Bezeichnung „wetter.de“ ohne kennzeichnungskräftigen Zusatz eine App bezeichnen kann, lässt der Senat aber offen:
35b.
36Denn jedenfalls fehlt der Bezeichnung „wetter.de“ sowohl als Domain als auch als auch als App – wie das LG Hamburg zu Recht und mit zutreffender Begründung ausgeführt hat – die erforderliche originäre Kennzeichnungskraft.
37aa.
38Unterscheidungskraft hat die Bezeichnung eines Werkes i.S.v. § 5 Abs. 3 MarkenG, wenn ihr die Eignung zur Werkindividualisierung, d.h. zur Unterscheidung eines Werkes von anderen Werken zukommt (BGH GRUR 2003, 440, Rn. 20 – Winnetou). Erforderlich ist jedenfalls ein Mindestmaß an Individualität, das dem Verkehr eine Unterscheidung von anderen Werken ermöglicht (vgl. Ingerl/Rohnke, a.a.O. Rn. 55).
39Der BGH hat für die ähnlich gelagerte Firmenbezeichnung „WetterOnline“ (GRUR 2014, 393 ff, Rn 19 – wetteronline.de;) ein Namensrecht aus § 12 BGB verneint, weil diese Bezeichnung den Geschäftsgegenstand, „online“ Informationen und Dienstleistungen zum Thema „Wetter“ anzubieten, unmittelbar beschreibe und daher nicht originär unterscheidungskräftig sei. Diese Argumentation ist auf die Unterscheidungskraft eines Werktitels nach § 5 Abs. 3 MarkenG übertragbar. Auch der streitgegenständliche Begriff „Wetter“ ist rein beschreibend. Es handelt sich – anders als bei der Bezeichnung „Tagesschau“ - auch nicht um eine Neuschöpfung, die der Bundesgerichtshof als noch hinreichend unterscheidungskräftig angesehen hat (vgl. BGH GRUR 2001, 1050, Rn. 23 – Tagesschau). Die fragliche Bezeichnung „wetter“ ist demgegenüber glatt beschreibend und allgemein freihaltebedürftig. Der Zusatz „de“ ist - wie vom LG Hamburg zutreffend ausgeführt - nicht einmal schwach individualisierend, da eine angehängte Top-Level-Domain vom Verkehr grundsätzlich als bloße Länderzuweisung, in diesem Fall bezogen auf Deutschland, verstanden wird (vgl. Ingerl/Rohnke, a.a.O., Nach § 15 Rn. 132). Es ist seitens der Klägerin nicht substantiiert dargetan, dass sich ein entsprechendes Verkehrsverständnis aufgrund technischen Fortschritts gewandelt und der Verkehr den Zusatz „de“ heute selbständig wahrnimmt und als selbständig kennzeichnend ansieht. Dies gilt nicht nur für die Domain, sondern auch für die App „wetter.de“, auch wenn der Senat nicht verkennt, dass eine App – anders als eine Domain – für sich genommen keine Länderzuweisung benötigt. Soweit die Klägerin daraus folgert, dem Zusatz „de“ komme jedenfalls bei einer App ein schöpferischer Gehalt und eine eigenständige kennzeichnende Funktion zu, teilt der Senat diese Auffassung nicht. Eine App ist – wie zwischen den Parteien unstreitig ist - ein vergleichsweise neues Phänomen, das sich dem Verkehr – wie bereits ausgeführt – häufig als mobile Übertragungsform des entsprechenden Online-Angebots präsentiert. Der Verkehr wird demnach die App in erster Linie auf die korrespondierende Homepage unter gleichlautender Domain beziehen und mit dieser in Verbindung bringen, so dass schon nicht davon ausgegangen werden kann, dass dem angesprochenen Verkehr überhaupt bewusst ist, dass eine App an sich keine Länderzuweisung benötigt. Wegen des auch aus Sicht des Verkehrs bestehenden Zusammenhangs mit einem entsprechenden Online-Angebot auf einer Homepage unter einer gleichlautenden Domain kann jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, dass der Verkehr dem Zusatz „de“ bei einer App – anders als bei einer Domain – prägende und damit eigens kennzeichnende Funktion beimisst. Er wird vielmehr – wie bei einer Domain – davon ausgehen, dass dieser Zusatz auch bei der App eine Zuweisung oder Abkürzung für „Deutschland“ im Sinne einer Länderzuweisung darstellt.
40bb.
41Es sind – wie das LG Hamburg ebenfalls zutreffend ausgeführt hat – an die Titelschutzfähigkeit einer App auch keine geringeren Maßstäbe anzulegen. Insbesondere sind die gegenüber allgemeinen Grundsätzen deutlich herabgesetzten Anforderungen an die Unterscheidungskraft bei Zeitungs- oder Zeitschriftentitel nicht entsprechend heranzuziehen.
42An die originäre Unterscheidungskraft von Zeitungstiteln sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur geringe Anforderungen zu stellen, weil auf dem Zeitungsmarkt seit jeher Zeitungen unter mehr oder weniger farblosen Gattungsbezeichnungen angeboten werden, so dass sich das Publikum an diesen Zustand gewöhnt hat und bei Zeitungen auch solchen Titeln Unterscheidungskraft beimisst, denen für andere Druckschriften keine Kennzeichnungskraft zukommt (vgl. BGH GRUR 2010, 156 ff, Rn. 14 – Eifel-Zeitung).
43Gegen eine Übertragung dieser Grundsätze auf die Domain bzw. App „wetter.de“ spricht zunächst die allgemeinen Erwägung, nach der Werktitelschutz an einem Domainnamen nicht leichtfertig angenommen werden darf, da das Kennzeichenrecht anderenfalls ausgehöhlt würde und seine praktische Bedeutung verlöre (vgl. Fezer, Markenrecht, 4. Auflage, Einl G Rn 41 m.w.N.). Diese Überlegung gilt vorliegend auch für die App als neuere Erscheinungsform eines Anwendungsprogrammes für ein smartphone. Der Klägerin beruft sich ohne Erfolg auf die in der Kommentarliteratur vertretene Ansicht, dass die abgesenkten Anforderungen an die Unterscheidungskraft von Zeitungen und Zeitschriften auch für online genutzte Titel – und damit wohl auch für Apps, wenn man diese aus den oben genannten Gründen wie Domains behandelt – gelten können. Ähnlich wie bei Zeitungen und Zeitschriften dürfte zwar auch bei Domain-Namen bereits eine gewisse Gewöhnung an in hohem Maße beschreibende Titel eingetreten sein, so dass auch hier ein großzügiger Maßstab anzulegen sein könnte (vgl. Ingerl/Rohnke, a.a.O., Rn. 55). Nach der Kommentarliteratur (vgl. Ingerl/Rohnke, a.a.O., Fezer, Markenrecht, 4. Auflage, Einl G Rn 40) gilt das jedenfalls für solche Websites, die ein Online-Korrelat zu solchen Offline-Werken bilden, für welche die großzügigen Maßstäbe gelten, wie z.B. für Internet-Zeitungen (z.B. die „Eifel-Zeitung“). Darunter fällt die Seite bzw. App „wetter.de“ mit den darunter abrufbaren Inhalte nicht, da es eine entsprechende Printausgabe nicht gibt. Auch ist zu berücksichtigen, dass die Gewöhnung des Verkehrs an beschreibende Angaben oder Gattungsbezeichnungen auch bei Titeln anderer Werkarten zwar dazu führen kann, dass die ohnehin schon geringen Anforderungen an die Unterscheidungskraft weiter zu senken sind, dass es dazu aber konkreter Feststellungen bedarf, ob und inwieweit das Publikum tatsächlich an die Verwendung sich nur geringfügig unterscheidender Bezeichnungen als Werktitel gewöhnt ist (vgl. Fezer, a.a.O., § 15 Rn. 275). Insbesondere ist dabei zu berücksichtigen, dass Apps wie bereits ausgeführt neuere Erscheinungen sind, bei denen aus den vom Landgericht Hamburg aufgezeigten Gründen (noch) nicht festzustellen ist, dass der Verkehr an rein beschreibende Titel bereits gewöhnt ist. Der Senat stimmt der Annahme des Landgerichts Hamburg, dass reine Phantasiebezeichnungen neben „sprechenden Zeichen“ und beschreibenden Titeln stehen, ohne dass in der einen oder anderen Richtung ein Überwiegen festgestellt werden kann, ausdrücklich zu. Eine entsprechende Gewöhnung wird von der Klägerin im Übrigen auch nur behauptet und nicht substantiiert dargelegt. Schließlich hat das Landgericht Hamburg zutreffend auf die grundlegenden Unterschiede zwischen Zeitschriften als periodisch erscheinenden Druckschriften und Apps als internet- und plattformbasierte Softwareanwendungen für mobile Endgeräte hingewiesen; auch diesen Erwägungen schließt sich der Senat an.
44c.
45Werktitel, die von Haus aus mangels hinreichender Unterscheidungskraft oder wegen eines bestehenden Freihaltebedürfnisses nicht schutzfähig sind, können den Schutz der §§ 5, 15 MarkenG in Anspruch nehmen, wenn sie innerhalb der angesprochenen Kreise durchgesetzt sind (vgl. BGH GRUR 2001, 1050 ff, Rn. 23 m.w.N. – Tagesschau). Dabei erscheint es möglich, dass die Verkehrsgeltung bzw. Verkehrsdurchsetzung durch eine Benutzung nur im Internet erreicht werden kann (vgl. Ingerl/Rohnke, a.a.O., Nach § 15 Rn. 58). Entsprechendes hat die Klägerin jedoch nicht hinreichend dargetan.
46Das Landgericht hat in der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt, dass und warum die Klägerin einen Werktitelschutz kraft Verkehrsgeltung nicht hinreichend dargelegt hat. Die Rechtsprechung hat vor allem bei glatt beschreibenden Angaben wiederholt höhere Zuordnungsgrade als 50 % bis hin zu einer „nahezu einhelligen“ Verkehrsdurchsetzung angenommen (vgl. Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 8 Rn. 342 m.w.N.). Jedenfalls ist nach der auch von der Kammer zitierten Entscheidung „Kinder II“ (BGH GRUR 2007, 1071) ein „deutlich erhöhter Durchsetzungsgrad“ erforderlich. Soweit die Klägerin sich in erster Linie auf die als Anlage K 31 vorgelegte FORSA-Umfrage beruft, belegen die dort ermittelten Bekanntheitswerte den erforderlichen „deutlich erhöhten“ Durchsetzungsgrad unter keinen Umständen. Die offenen und geschlossenen Fragen nach Wetterseiten im Internet haben eine Bekanntheit der Seite „wetter.de“ bei nur 33 % aller Befragten und bei 41 % aller Internetnutzer – d.h. nicht einmal bei 50 % - ergeben. Auch „gestützt“ ergibt sich eine Bekanntheit bei allen Befragten von nur knapp über 50 %, nämlich 56 %. Selbst bei dem engsten Kreis der Internetnutzer ergibt sich eine „gestützte“ Bekanntheit von unter 70 %. Auch kann von einer durch die Umfrage ermittelten Bekanntheit der Bezeichnung „wetter.de“ für eine Wetterseite im Internet nicht ohne weiteres darauf geschlossen werden, dass auch ein entsprechender Werktitel für eine App durchgesetzt wäre.
47Soweit die Klägerin mit der Berufung beanstandet, dass das Landgericht nicht hinreichend sämtliche zur Benutzung und Bekanntheit der Apps und Internetbezeichnungen angebotenen Beweise „ausgewertet“ habe, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Die als Anlagen K 32 und K 33 vorgelegten Screenshots zu Trefferlisten über die Beliebtheit von Wetter-Apps rechtfertigen keine Erhöhung der Bekanntheit gegenüber den durch die FORSA-Umfrage ermittelten Werten. Gleiches gilt für die unter Beweis gestellten Werbeaufwendungen in „6- bis 7-stelliger“ Höhe sowie die Testberichte (vgl. Anlagen K 35-K 39). Der unter der Bezeichnung „wetter.de“ verfügbaren Domain bzw. App mag eine gewisse Bekanntheit und Beliebtheit nicht abgesprochen werden. Die einzig durch die Umfrage, nicht jedoch durch die anderen Beweismittel konkretisierten und danach „fassbaren“ Werte rechtfertigen die Feststellung von Verkehrsdurchsetzung aus den genannten Gründen jedoch nicht.
482.
49Die sonstigen in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen der §§ 14 Abs. 2, 4 Nr. 2 MarkenG, 5 Abs. 2 und 4 Nr. 10 UWG hat das Landgericht mit knapper, aber zutreffender Begründung verneint; auch darauf kann zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen werden. Weder ist eine Benutzungsmarke hinreichend dargelegt noch sind die Voraussetzungen der nachrangig geltend gemachten wettbewerbsrechtlichen Ansprüche gegeben. Insoweit stellt das Angebot der Beklagten aus den vom Landgericht genannten Gründen keine irreführende geschäftliche Handlung im Sinne des § 5 Abs. 2 UWG und auch keine unlautere Behinderung der Klägerin als Mitbewerberin im Sinne des § 4 Nr. 10 UWG dar.
50Eine unlautere Behinderung nach Maßgabe des § 4 Nr. 10 UWG setzt die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten der Mitbewerber voraus, die über die mit jedem Wettbewerb verbundene Beeinträchtigung hinausgeht und bestimmte Unlauterkeitsmerkmale aufweist. Unlauter ist die Beeinträchtigung im Allgemeinen dann, wenn gezielt der Zweck verfolgt wird, Mitbewerber an ihrer Entfaltung zu hindern und sie dadurch zu verdrängen, oder wenn die Behinderung dazu führt, dass die beeinträchtigten Mitbewerber ihre Leistung am Markt durch eigene Anstrengung nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen können. Dies lässt sich nur auf Grund einer Gesamtwürdigung der Einzelumstände unter Abwägung der widerstreitenden Interessen des Wettbewerbs beurteilen (vgl. BGH GRUR 2014, 393 ff, Rn. 28 – wetteronline.de).
51Allein die Registrierung und Benutzung eines Gattungsbegriffs als Internet-Domain stellt grundsätzlich noch keine unzulässige Behinderung der Entfaltungsmöglichkeiten der Mitbewerber dar (Senat GRUR-RR 2006, 91, Juris Tz 20 m.w.N. - schluesselbänder.de). Gleiches muss grundsätzlich für die Benutzung eines rein beschreibenden Begriffs als App gelten. Auch dann, wenn dem App-User, der den App-Store aufruft und über sein mobiles End-Gerät das Suchwort „Wetter.de“ eingibt, als Treffer auch die gleichlautende App der Beklagten „Wetter DE“ mit dem Icon „wetter-de“ vorgeschlagen wird, rechtfertigt dies allein die Annahme eines Wettbewerbsverstoßes unter dem Gesichtspunkt einer unlauteren Behinderung nicht. Die Beklagte hat in der mündlichen Berufungsverhandlung – insoweit von der Klägerin unstreitig gestellt – dargetan, dass sie auf die Anzeige der entsprechenden Suchergebnisse keinen Einfluss hat, sondern diese technisch vorgegeben ist und – je nach Anzahl der Downloads und damit der Beliebtheit der App – wechseln kann. Der Bundesgerichtshof hat im Übrigen in der Entscheidung „wetteronline.de“ ausgeführt, dass die Annahme einer unlauteren Behinderung insbesondere auf der Feststellung beruhe, dass ein erheblicher Teil der Verbraucher unter der Internetadresse „wetteronline.de“ das Angebot von Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem Thema Wetter erwarten wird und daher belästigt werde, wenn er auf die Seite eines Anbieters von Versicherungsleistungen fehlgeleitet werde (BGH, a.a.O., juris Tz 48). In einer entsprechenden Erwartung wird der Verkehr im Streitfall nicht getäuscht. Jedenfalls hat die Klägerin aber insoweit nicht hinreichend dargelegt, dass das Verhalten der Beklagten geeignet ist, sie -die Klägerin - vom Markt zu verdrängen oder sie so zu beeinträchtigen, dass sie ihre Leistung durch eigene Anstrengungen nicht mehr angemessen zur Geltung bringen kann.
52III.
53Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
54Der Senat hat die Revision zugelassen, weil die Titelschutzfähigkeit einer App und die ggf. an die Schutzfähigkeit zu stellenden Anforderungen bisher nicht Gegenstand einer höchstrichterlichen Entscheidung waren (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO).
55Streitwert für das Berufungsverfahren: 185.000.000,- € (gegenüber dem in dem angefochtenen Urteil festgesetzten Streitwert angemessen erhöht im Hinblick auf die hilfsweise geltend gemachten Ansprüche zu Ziffer 2., über die der Senat zu entscheiden hatte (vgl. BGH, WRP 2014, 192))
(1) Als geschäftliche Bezeichnungen werden Unternehmenskennzeichen und Werktitel geschützt.
(2) Unternehmenskennzeichen sind Zeichen, die im geschäftlichen Verkehr als Name, als Firma oder als besondere Bezeichnung eines Geschäftsbetriebs oder eines Unternehmens benutzt werden. Der besonderen Bezeichnung eines Geschäftsbetriebs stehen solche Geschäftsabzeichen und sonstige zur Unterscheidung des Geschäftsbetriebs von anderen Geschäftsbetrieben bestimmte Zeichen gleich, die innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Kennzeichen des Geschäftsbetriebs gelten.
(3) Werktitel sind die Namen oder besonderen Bezeichnungen von Druckschriften, Filmwerken, Tonwerken, Bühnenwerken oder sonstigen vergleichbaren Werken.
(1) Der Erwerb des Schutzes einer geschäftlichen Bezeichnung gewährt ihrem Inhaber ein ausschließliches Recht.
(2) Dritten ist es untersagt, die geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen im geschäftlichen Verkehr unbefugt in einer Weise zu benutzen, die geeignet ist, Verwechslungen mit der geschützten Bezeichnung hervorzurufen.
(3) Handelt es sich bei der geschäftlichen Bezeichnung um eine im Inland bekannte geschäftliche Bezeichnung, so ist es Dritten ferner untersagt, die geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen im geschäftlichen Verkehr zu benutzen, wenn keine Gefahr von Verwechslungen im Sinne des Absatzes 2 besteht, soweit die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der geschäftlichen Bezeichnung ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.
(4) Wer eine geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen entgegen Absatz 2 oder Absatz 3 benutzt, kann von dem Inhaber der geschäftlichen Bezeichnung bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung droht.
(5) Wer die Verletzungshandlung vorsätzlich oder fahrlässig begeht, ist dem Inhaber der geschäftlichen Bezeichnung zum Ersatz des daraus entstandenen Schadens verpflichtet. § 14 Abs. 6 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
(6) § 14 Abs. 7 ist entsprechend anzuwenden.
(1) Ist im Falle des Zusammentreffens von Rechten im Sinne der §§ 4, 5 und 13 nach diesem Gesetz für die Bestimmung des Vorrangs der Rechte ihr Zeitrang maßgeblich, wird der Zeitrang nach den Absätzen 2 und 3 bestimmt.
(2) Für die Bestimmung des Zeitrangs von angemeldeten oder eingetragenen Marken ist der Anmeldetag (§ 33 Abs. 1) oder, falls eine Priorität nach § 34 oder nach § 35 in Anspruch genommen wird, der Prioritätstag maßgeblich.
(3) Für die Bestimmung des Zeitrangs von Rechten im Sinne des § 4 Nr. 2 und 3 und der §§ 5 und 13 ist der Zeitpunkt maßgeblich, zu dem das Recht erworben wurde.
(4) Kommt Rechten nach den Absätzen 2 und 3 derselbe Tag als ihr Zeitrang zu, so sind die Rechte gleichrangig und begründen gegeneinander keine Ansprüche.
(1) Der Erwerb des Markenschutzes nach § 4 gewährt dem Inhaber der Marke ein ausschließliches Recht.
(2) Dritten ist es untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr in Bezug auf Waren oder Dienstleistungen
- 1.
ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie Schutz genießt, - 2.
ein Zeichen zu benutzen, wenn das Zeichen mit einer Marke identisch oder ihr ähnlich ist und für Waren oder Dienstleistungen benutzt wird, die mit denjenigen identisch oder ihnen ähnlich sind, die von der Marke erfasst werden, und für das Publikum die Gefahr einer Verwechslung besteht, die die Gefahr einschließt, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird, oder - 3.
ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, wenn es sich bei der Marke um eine im Inland bekannte Marke handelt und die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.
(3) Sind die Voraussetzungen des Absatzes 2 erfüllt, so ist es insbesondere untersagt,
- 1.
das Zeichen auf Waren oder ihrer Aufmachung oder Verpackung anzubringen, - 2.
unter dem Zeichen Waren anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen, - 3.
unter dem Zeichen Dienstleistungen anzubieten oder zu erbringen, - 4.
unter dem Zeichen Waren einzuführen oder auszuführen, - 5.
das Zeichen als Handelsnamen oder geschäftliche Bezeichnung oder als Teil eines Handelsnamens oder einer geschäftlichen Bezeichnung zu benutzen, - 6.
das Zeichen in Geschäftspapieren oder in der Werbung zu benutzen, - 7.
das Zeichen in der vergleichenden Werbung in einer der Richtlinie 2006/114/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über irreführende und vergleichende Werbung (ABl. L 376 vom 27.12.2006, S. 21) zuwiderlaufenden Weise zu benutzen.
(4) Dritten ist es ferner untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr
- 1.
ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen auf Aufmachungen oder Verpackungen oder auf Kennzeichnungsmitteln wie Etiketten, Anhängern, Aufnähern oder dergleichen anzubringen, - 2.
Aufmachungen, Verpackungen oder Kennzeichnungsmittel, die mit einem mit der Marke identischen Zeichen oder einem ähnlichen Zeichen versehen sind, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen oder - 3.
Aufmachungen, Verpackungen oder Kennzeichnungsmittel, die mit einem mit der Marke identischen Zeichen oder einem ähnlichen Zeichen versehen sind, einzuführen oder auszuführen,
(5) Wer ein Zeichen entgegen den Absätzen 2 bis 4 benutzt, kann von dem Inhaber der Marke bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht.
(6) Wer die Verletzungshandlung vorsätzlich oder fahrlässig begeht, ist dem Inhaber der Marke zum Ersatz des durch die Verletzungshandlung entstandenen Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung der Marke eingeholt hätte.
(7) Wird die Verletzungshandlung in einem geschäftlichen Betrieb von einem Angestellten oder Beauftragten begangen, so kann der Unterlassungsanspruch und, soweit der Angestellte oder Beauftragte vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat, der Schadensersatzanspruch auch gegen den Inhaber des Betriebs geltend gemacht werden.
(1) Der Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung darf einem Dritten nicht untersagen, im geschäftlichen Verkehr Folgendes zu benutzen:
- 1.
den Namen oder die Anschrift des Dritten, wenn dieser eine natürliche Person ist, - 2.
ein mit der Marke oder der geschäftlichen Bezeichnung identisches Zeichen oder ähnliches Zeichen, dem jegliche Unterscheidungskraft fehlt, oder ein identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen als Angabe über Merkmale oder Eigenschaften von Waren oder Dienstleistungen, wie insbesondere deren Art, Beschaffenheit, Bestimmung, Wert, geografische Herkunft oder die Zeit ihrer Herstellung oder ihrer Erbringung, oder - 3.
die Marke oder die geschäftliche Bezeichnung zu Zwecken der Identifizierung oder zum Verweis auf Waren oder Dienstleistungen als die des Inhabers der Marke, insbesondere wenn die Benutzung der Marke als Hinweis auf die Bestimmung einer Ware insbesondere als Zubehör oder Ersatzteil oder einer Dienstleistung erforderlich ist.
(2) Absatz 1 findet nur dann Anwendung, wenn die Benutzung durch den Dritten den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel entspricht.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Betreffen die Ansprüche im Fall des Satzes 1 oder 2 denselben Gegenstand, ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend.
(2) Für wechselseitig eingelegte Rechtsmittel, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, ist Absatz 1 Satz 1 und 3 entsprechend anzuwenden.
(3) Macht der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung geltend, erhöht sich der Streitwert um den Wert der Gegenforderung, soweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über sie ergeht.
(4) Bei einer Erledigung des Rechtsstreits durch Vergleich sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.