Oberlandesgericht Köln Urteil, 22. Apr. 2015 - 11 U 154/14
Tenor
1.
Auf die Berufung des Klägers wird das am 2.10.2014 verkündete Urteil der 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 22 O 125/13 – wie folgt abgeändert:
Die Beklagte wird unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an den Kläger 12.122,54 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.11.2011 sowie Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 837,52 € zu zahlen.
2.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
3.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 10 % und die Beklagte zu 90 %.
4.
Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
1
Gründe:
2(Von einer Darstellung des Sach – und Streitstandes wird nach §§ 540 Abs. 2, 313 a ZPO abgesehen.)
3I.
4Die zulässige Berufung ist ganz überwiegend begründet.
5Die Beklagte ist dem Kläger aus dem Unfallsereignis vom 22.09.2011 nach §§ 7, 18 StVG, 823 BGB, § 115 VVG als den Schaden regulierender Haftpflichtversicherer des Unfallsgegners zum Schadensersatz in Höhe von 12.122,54 € verpflichtet.
61.
7Der Kläger ist als Eigentümer des beschädigten Fahrzeuges aktivlegitimiert. Er hat der Beklagten zum Nachweis seines Eigentums einen schriftlichen Kaufvertrag, der ihn als Käufer ausweist, und die auf ihn ausgestellte Zulassungbescheinigung I (Anl. 2 zur Klageerwiderung, Bl. 43 und 44 d.A.) vorgelegt und im weiteren Verlauf des Verfahrens die ihn ebenfalls als Inhaber aufführende Zulassungbescheingung II (Bl. 80 d.A.) zur Akte gereicht. Die Beklagte bestreitet zwar unter Hinweis auf die von ihr vorgelegten Auszüge aus polizeilichen Ermittlungsakten, dass der Kläger das Fahrzeug erworben habe (Schrifstatz vom 22.7.2013, Bl. 92 ff. d.A.). Dies ist aber unerheblich. Ungeachtet der Frage, ob die Überlassung der Ermittlungsakten an die Beklagte datenschutzrechtlich zulässig war und ob sie demnach als Beweismittel überhaupt verwertet werden dürfen, sind die aus ihnen hergeleiteten Bedenken nicht geeignet, die Eigentümerstellung in Frage zu stellen. Unstreitig hatte der Kläger unmittelbaren Besitz an dem Fahrzeug. Zu seinen Gunsten gilt daher nach § 1006 Abs. 1 BGB die Vermutung der Erlangung von Eigenbesitz und damit auch der Eigentümerstellung (vgl. BGH NJW 1975, 1269; NJW 1994, 939, 940; NJW-RR 1989, 651; NJW 2004, 317, 319; NJW-RR 2005, 280, 281; Baldus in: Münchener Kommentar, BGB, 6. Aufl., § 1006 Rdn. 35; Baumgärtel/Prütting/Laumen, Handbuch der Beweislast, 3. Aufl., BGB Sachenrecht, § 872 Rdn. 1 und § 1006 Rdn. 16). Zur Eigentümerstellung des Klägers bedarf es daher keines weiteren Beweises; vielmehr hätte die Beklagte das Gegenteil beweisen müssen (BGH NJW 1994, 939, 940; NJW-RR 2005, 280, 281). Die von ihr unter Bezug auf die Ermittlungsakten angeführten Zweifelsmomente bewegen sich im Bereich der bloßen Spekulation. Sie sind nicht geeignet, die Eigentumsvermutung zu widerlegen. Sonstige Beweise hat die Beklagte nicht angetreten.
82.
9Die Beklagte haftet dem Grunde nach in vollem Umfang.
10a) Der Unfall geschah dadurch, dass der bei der Beklagten versicherte LKW auf der BAB 1 in Fahrtrichtung L in Höhe km 384,6 in einem Baustellbereich vom rechten in Richtung des linken Fahrstreifens ausscherte und das dort in gleicher Fahrtrichtung fahrende Fahrzeug des Klägers gegen die den linken Fahrstreifen begrenzende Schutzeinrichtung drängte. Nach § 7 Abs. 5 StVO darf ein Fahrstreifen nur gewechselt werden, wenn eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Wegen der hohen Sorgfaltsanforderungen des § 7 Abs. 5 StVO ist grundsätzlich von einer vollen Haftung des Spurwechslers auszugehen. Steht die Kollision – wie hier - in einem unmittelbaren zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit dem Spurwechsel, so spricht der Anscheinsbeweis für die Missachtung der Sorgfaltspflichten, die für den Spurwechsler gelten (vgl. Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 23. Aufl., § 7 StVO Rdn. 25 m.w.N.).
11b) Die Beklagte bestreitet den äußeren Unfallhergang nicht konkret, insbsondere stellt sie den Zusammenstoß der Fahrzeuge nicht in Abrede, wendet aber ein, der Unfall sei vom Kläger bewusst herbeigeführt worden. Das Landgericht ist dem gefolgt und hat deshalb die Klage abgewiesen. Dagegen wendet sich der Kläger mit Erfolg. Dass er den Unfall vorsätzlich herbeigeführt hätte, hat die hierfür darlegungs- und beweispflichtige Beklagte nicht schlüssig dargetan.
12Eine Unfallverabredung oder das sonstige bewusste Herbeiführen eines Unfalles durch den KFZ-Eigentümer schließt als Einwilligung in die Sachbeschädigung einen Ersatzanspruch sowohl aus § 823 BGB als auch aus § 7 StVG aus (BGHZ 71, 339, 340; VersR 1978, 865). Hinsichtlich der Beweislast und Beweisführung gelten insofern folgende Grundsätze: Der geschädigte Anspruchsteller hat das äußere Unfallgeschehen, also den Zusammenstoß der beteiligten Fahrzeuge nachzuweisen. Steht das äußere Unfallgeschehen fest, so müssen der Schädiger und sein Versicherer den Nachweis führen, dass der Geschädigte in die Beschädigung seines Fahrzeuges eingewilligt hat (BGHZ 71, 339, 343; VersR 1978, 865; 1979, 281 und 514). Aufgrund der Indizien muss zur Überzeugung des Gerichts ein Unfallhergang festgestellt werden können, der auf eine einverständliche Schädigung hindeutet. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob einzelne Gesichtspunkte für sich genommen einen gestellten Unfall beweisen. Einzelne Indizien können vielmehr ein Mosaik bilden, welches im Gesamtbild erkennen lässt, dass der Unfall fingiert ist (OLG Köln VersR 2014, 996; DAR 2000, 67; VersR 1996, 1292; Senat Beschl. v. 28.1.2004 – 11 U 149/11, BeckRS 2010, 06359). Häufen sich in auffälliger Weise Merkmale, die für gestellte Unfälle typisch sind, und bestehen hierauf deutende gewichtige Verdachtsgründe, so sind an den Indizienbeweis keine zu strengen Anforderungen zu stellen (OLG Köln VersR 2014, 996; DAR 2000, 67; OLG Celle VRS 102 (2002), 258; OLG Düsseldorf Urt. v. 28.5.2013 – 1 U 132/12, BeckRS 2014, 0128 = Schaden-Praxis 2013, 351; Geigel/Kunschert, Der Haftpflichtprozess, 26. Aufl., 25. Kapitel Rdn. 12). Es bedarf keines lückenlosen Nachweises. Vielmehr reicht die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer Manipulation durch das Aufzeigen einer Vielzahl von Beweisanzeichen aus, die aufgrund ihrer ungewöhnlichen Häufung für einen verabredeten Unfall sprechen (etwa Senat Urteil vom 2.4.2004 – 11 U 213/02; Beschl. v. 13.2.2005 - 11 U 186/05; OLG Köln VersR 2014, 996; VersR 1999, 121 = OLGR 1998, 109; OLGR 1993, 22).
13Die vom Landgericht angeführten Indizien rechfertigen weder für sich noch in ihrer Gesamtheit die Annahme, der Kläger habe den Unfall verabredet oder bewusst herbeigeführt. Soweit in der Klageschrift die Fahrtrichtung unzutreffend angegeben wurde, handelte es sich erkennbar um ein auf der insoweit falschen polizeilichen Unfallmitteilung (Bl. 7 d.A.) beruhendes Versehen des Prozessbevollmächtigten, das der Kläger umgehend korrigiert hat. Dass er keine genauen Angaben zu dem LKW des Unfallgegners machen konnte, hat ebenfalls keine Beweisbedeutung, da die Unfallbeteiligung des LKW unbestritten ist. Ebenso wenig Bedeutung kommt dem Umstand zu, ob und in welchem Umfang der Kläger sich mit dem polnischen Fahrer unterhalten hat. Daraus, dass es sich um einen PKW der Oberklasse handelte, der Kläger nach dem streitgegenständlichen Unfall mit dem Fahrzeug noch weitere Unfälle erlitten hat und dass er den Schaden auf Gutachtenbasis abrechnet, kann ebenfalls nicht auf eine Unfallmanipulation geschlossen werden. Dass das Fahrzeug einen reparierten Vorschaden aufwies und der Tachostand manipuliert worden war, ergab sich erst aus dem von der Beklagten vorgelegten Leasingübergabeprotokoll der Vorbesitzerin (Bl. 50 d.A.), das dem Kläger nicht bekannt sein musste.
14Im Übrigen fehlen wesentliche für einen fingierten Unfalls typische Beweisanzeichen (dazu etwa OLG Köln VersR 2014, 996; OLG Düssseldorf a.a.O.; Geigel/Kunschert a.a.O. Rdn. 13): Der Unfall geschah am frühen Abend im fließenden Berufsverkehr. Es waren somit Zeugen vorhanden, die nicht dem „Umfeld“ des Klägers zuordnen sind. Vor allem wurde die Kollision durch ein nicht vom Kläger eingeleitetes, gefährliches Fahrmanöver herbeigeführt. Das hat der Zeuge I bei seiner Vernehmung durch das Landgericht eindrucksvoll und glaubhaft geschildert: Er habe beobachtet, wie der LKW zu schlingern anfing und den PKW, der sich am hinteren Ende des Lkw befunden habe, in Richtung Mittelplanke touchiert und gedrängt habe. Er habe bereits durch die Beobachtung einen mächtigen Schock bekommen, die Situation sei extrem knapp gewesen. Er habe aus Angst um den Fahrer kurz angehalten und mit dem Fahrer des PKW – also dem Kläger – kurz gesprochen. Dieser sei zwar handlungsfähig, aber sichtlich mitgenommen gewesen. Für einen gestellten Unfall ist aber typisch, dass er nicht schwer beherrschbar und nicht mit der vom Zeugen berichteten und nach der Art der Unfallumstände - Durchfahren einer Autobahnbaustelle während des Berufsverkehrs auf dem der Gefahr eines Zusammenstoßes mit dem Gegenverkehr in besonderem Maße ausgesetzten linken Fahrstreifen - offensichtlichen und erheblichen Gefahr für Leben oder Gesundheit des beteiligten Fahrers verbunden ist (vgl. OLG Frankfurt Schaden-Praxis 2010, 106; Geigel/Kunschert a.a.O.). Die Unbeherrschbarkeit und besondere Gefahrenträchtigkeit des Unfallherganges ist im Gegenteil ein ganz gewichtiger Umstand, der für einen nicht gestellten Unfall spricht. Bedenken gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen I sind nicht ersichtlich und werden auch von der Beklagten nicht erhoben. Er ist zufällig Zeuge des Unfallgeschehens geworden und stand in keiner persönlichen Beziehung zum Kläger. Auch ist der vom Landgericht beauftragte Sachverständige Morawski zu dem Ergebnis gelangt, dass sich aus technischer Hinsicht der Unfall so ereignet haben könne, wie der Kläger vorgetragen habe. Zudem hegt der Senat nach dem persönlichen Eindruck, den er in der mündlichen Verhandlung gewonnen hat, keine durchgreifenden Zweifel an Glaubwürdigkeit des Klägers.
153.
16Der Höhe nach sind die vom Kläger geltend gemachten Schäden mit geringen Abstrichen zu ersetzen.
17Die geltend gemachten Reparaturkosten in Höhe von 9.991,14 € hat der Kläger durch Vorlage des Gutachtens des Sachverständigen O vom 27.9.2011 (Anl. K 2, Bl. 8 ff. d.A.) belegt. Die Unfallbedingtheit der dort aufgeführten Schäden und die für ihre Beseitigung anfallenden Kosten hat die Beklagte – worauf der Senat der mündlichen Verhandlung auch anhand der Fotos aus dem Unfallrekonstruktionsgutachten (Bl. 259 ff. d.A.) und unter Berücksichtigung des von der Prozessbevollmächtigten der Beklagten zitiertetn Passage aus dem Gutachten der E hingewiesen hat – nicht konkret bestritten. Das gilt auch in Bezug auf die Schäden an der linken Fahrzeugseite. Der gerichtliche Sachverständige hat in seinem Unfallrekonstruktionsgutachten keine Zweifel daran geäußert, dass diese Schäden gleichermaßen auf das Unfallgeschehen zurückzuführen sind. Dass das Gutachten des Sachverständigen O keine Angaben zum Restwert enthält, ist unerheblich, weil ein wirtschaftlicher Totalschaden in Anbetracht des geringen Fahrzeugalters und des vom Sachverständigen veranschlagten Wertes vergleichbarer Fahrzeuge von 22.500,-- € offenkundig ausschied.
18Der Sachverständige O hat eine Wertminderung des Fahrzeuges in Höhe von 1.200,-- € angenommen. Diese Wertminderung sei trotz der hohen Laufleistung gerechtfertigt und könne keinesfalls unter Hinweis auf die Kilometerleistung ausgeschlossen werden. Der Sachverständige hat dabei den vom Tacho abgelesenen Kilometerstand von 180.224 km zugrundegelegt. Allerdings wies das Fahrzeug unstreitig eine um 33.500 km höhere Laufleistung auf (zur Zeit des Kaufes: 213.500 gegenüber 179.000 km). Unter deren Berücksichtigung schätzt der Senat die Wertminderung auf 1.000,-- € (§ 287 ZPO).
19Nicht begründet ist der Anspruch auf Ersatz von Nutzungsausfall. Der Anspruch besteht nicht, wenn der Einsatz eines Zweitfahrzeuges möglich und zumutbar ist (Palandt/Grüneberg, BGB, 74. Aufl., § 249 Rdn. 42). Der Kläger ist dem Vortrag der Beklagten in der Klageerwiderung, dass er Halter von zwei weiteren Fahrzeugen sei (Bl. 41 d.A.), nicht entgegengetreten.
20Damit ergibt sich unter Einbeziehung der Gutachterkosten und der allgemeinen Kostenpauschale ein ersatzfähiger Gesamtschaden von 12.122,54 € (Reparaturkosten 9.991,14 €, Wertminderung 1.000,-- € Gutachterkosten 1.106,40 €, allgemeine Kostenpauschale 25,-- €).
214.
22Der Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten und der Zinsanspruch sind aus dem Gesichtspunkt des Verzuges begründet (§§ 286, 288 BGB).
23II.
24Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
25Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
26Die Revision wird nicht zugelassen, weil die dafür erforderlichen Voraussetzungen nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZPO nicht vorliegen.
27Berufungsstreitwert: 13.393,54 €
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(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.
(2) Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wird.
(3) Benutzt jemand das Kraftfahrzeug ohne Wissen und Willen des Fahrzeughalters, so ist er anstelle des Halters zum Ersatz des Schadens verpflichtet; daneben bleibt der Halter zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn die Benutzung des Kraftfahrzeugs durch sein Verschulden ermöglicht worden ist. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Benutzer vom Fahrzeughalter für den Betrieb des Kraftfahrzeugs angestellt ist oder wenn ihm das Kraftfahrzeug vom Halter überlassen worden ist.
(1) In den Fällen des § 7 Abs. 1 ist auch der Führer des Kraftfahrzeugs zum Ersatz des Schadens nach den Vorschriften der §§ 8 bis 15 verpflichtet. Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Schaden nicht durch ein Verschulden des Führers verursacht ist.
(2) Die Vorschrift des § 16 findet entsprechende Anwendung.
(3) Ist in den Fällen des § 17 auch der Führer eines Kraftfahrzeugs zum Ersatz des Schadens verpflichtet, so sind auf diese Verpflichtung in seinem Verhältnis zu den Haltern und Führern der anderen beteiligten Kraftfahrzeuge, zu dem Tierhalter oder Eisenbahnunternehmer die Vorschriften des § 17 entsprechend anzuwenden.
(1) Der Dritte kann seinen Anspruch auf Schadensersatz auch gegen den Versicherer geltend machen,
- 1.
wenn es sich um eine Haftpflichtversicherung zur Erfüllung einer nach dem Pflichtversicherungsgesetz bestehenden Versicherungspflicht handelt oder - 2.
wenn über das Vermögen des Versicherungsnehmers das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist oder ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt worden ist oder - 3.
wenn der Aufenthalt des Versicherungsnehmers unbekannt ist.
(2) Der Anspruch nach Absatz 1 unterliegt der gleichen Verjährung wie der Schadensersatzanspruch gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer. Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem die Verjährung des Schadensersatzanspruchs gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer beginnt; sie endet jedoch spätestens nach zehn Jahren von dem Eintritt des Schadens an. Ist der Anspruch des Dritten bei dem Versicherer angemeldet worden, ist die Verjährung bis zu dem Zeitpunkt gehemmt, zu dem die Entscheidung des Versicherers dem Anspruchsteller in Textform zugeht. Die Hemmung, die Ablaufhemmung und der Neubeginn der Verjährung des Anspruchs gegen den Versicherer wirken auch gegenüber dem ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer und umgekehrt.
(1) Zugunsten des Besitzers einer beweglichen Sache wird vermutet, dass er Eigentümer der Sache sei. Dies gilt jedoch nicht einem früheren Besitzer gegenüber, dem die Sache gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen ist, es sei denn, dass es sich um Geld oder Inhaberpapiere handelt.
(2) Zugunsten eines früheren Besitzers wird vermutet, dass er während der Dauer seines Besitzes Eigentümer der Sache gewesen sei.
(3) Im Falle eines mittelbaren Besitzes gilt die Vermutung für den mittelbaren Besitzer.
(1) Auf Fahrbahnen mit mehreren Fahrstreifen für eine Richtung dürfen Kraftfahrzeuge von dem Gebot möglichst weit rechts zu fahren (§ 2 Absatz 2) abweichen, wenn die Verkehrsdichte das rechtfertigt. Fahrstreifen ist der Teil einer Fahrbahn, den ein mehrspuriges Fahrzeug zum ungehinderten Fahren im Verlauf der Fahrbahn benötigt.
(2) Ist der Verkehr so dicht, dass sich auf den Fahrstreifen für eine Richtung Fahrzeugschlangen gebildet haben, darf rechts schneller als links gefahren werden.
(2a) Wenn auf der Fahrbahn für eine Richtung eine Fahrzeugschlange auf dem jeweils linken Fahrstreifen steht oder langsam fährt, dürfen Fahrzeuge diese mit geringfügig höherer Geschwindigkeit und mit äußerster Vorsicht rechts überholen.
(3) Innerhalb geschlossener Ortschaften – ausgenommen auf Autobahnen (Zeichen 330.1) – dürfen Kraftfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse bis zu 3,5 t auf Fahrbahnen mit mehreren markierten Fahrstreifen für eine Richtung (Zeichen 296 oder 340) den Fahrstreifen frei wählen, auch wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 nicht vorliegen. Dann darf rechts schneller als links gefahren werden.
(3a) Sind auf einer Fahrbahn für beide Richtungen insgesamt drei Fahrstreifen durch Leitlinien (Zeichen 340) markiert, dann dürfen der linke, dem Gegenverkehr vorbehaltene, und der mittlere Fahrstreifen nicht zum Überholen benutzt werden. Dasselbe gilt für Fahrbahnen, wenn insgesamt fünf Fahrstreifen für beide Richtungen durch Leitlinien (Zeichen 340) markiert sind, für die zwei linken, dem Gegenverkehr vorbehaltenen, und den mittleren Fahrstreifen. Wer nach links abbiegen will, darf sich bei insgesamt drei oder fünf Fahrstreifen für beide Richtungen auf dem jeweils mittleren Fahrstreifen in Fahrtrichtung einordnen.
(3b) Auf Fahrbahnen für beide Richtungen mit vier durch Leitlinien (Zeichen 340) markierten Fahrstreifen sind die beiden in Fahrtrichtung linken Fahrstreifen ausschließlich dem Gegenverkehr vorbehalten; sie dürfen nicht zum Überholen benutzt werden. Dasselbe gilt auf sechsstreifigen Fahrbahnen für die drei in Fahrtrichtung linken Fahrstreifen.
(3c) Sind außerhalb geschlossener Ortschaften für eine Richtung drei Fahrstreifen mit Zeichen 340 gekennzeichnet, dürfen Kraftfahrzeuge, abweichend von dem Gebot möglichst weit rechts zu fahren, den mittleren Fahrstreifen dort durchgängig befahren, wo – auch nur hin und wieder – rechts davon ein Fahrzeug hält oder fährt. Dasselbe gilt auf Fahrbahnen mit mehr als drei so markierten Fahrstreifen für eine Richtung für den zweiten Fahrstreifen von rechts. Den linken Fahrstreifen dürfen außerhalb geschlossener Ortschaften Lastkraftwagen mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3,5 t sowie alle Kraftfahrzeuge mit Anhänger nur benutzen, wenn sie sich dort zum Zwecke des Linksabbiegens einordnen.
(4) Ist auf Straßen mit mehreren Fahrstreifen für eine Richtung das durchgehende Befahren eines Fahrstreifens nicht möglich oder endet ein Fahrstreifen, ist den am Weiterfahren gehinderten Fahrzeugen der Übergang auf den benachbarten Fahrstreifen in der Weise zu ermöglichen, dass sich diese Fahrzeuge unmittelbar vor Beginn der Verengung jeweils im Wechsel nach einem auf dem durchgehenden Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug einordnen können (Reißverschlussverfahren).
(5) In allen Fällen darf ein Fahrstreifen nur gewechselt werden, wenn eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Jeder Fahrstreifenwechsel ist rechtzeitig und deutlich anzukündigen; dabei sind die Fahrtrichtungsanzeiger zu benutzen.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.
(2) Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wird.
(3) Benutzt jemand das Kraftfahrzeug ohne Wissen und Willen des Fahrzeughalters, so ist er anstelle des Halters zum Ersatz des Schadens verpflichtet; daneben bleibt der Halter zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn die Benutzung des Kraftfahrzeugs durch sein Verschulden ermöglicht worden ist. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Benutzer vom Fahrzeughalter für den Betrieb des Kraftfahrzeugs angestellt ist oder wenn ihm das Kraftfahrzeug vom Halter überlassen worden ist.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 14.9.2012 verkündete Urteil des Landgerichts Dessau-Roßlau (4 O 201/09) abgeändert:
Das beklagte Land wird verurteilt, an den Kläger 2.916,-- Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 5.3.2008 zu zahlen.
Das beklagte Land wird weiter verurteilt, den Kläger von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 316,18 Euro freizustellen.
Das beklagte Land trägt die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der Kosten der Streitverkündung, diese trägt die Streithelferin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 2.916,-- Euro festgesetzt.
Gründe
I.
- 1
Der Kläger (ein KfZ-Versicherer) macht aus übergegangenem Recht einen Amtshaftungsanspruch aus dem Gesichtspunkt einer Verkehrssicherungspflichtverletzung geltend. Die Ehefrau ihres Versicherungsnehmers befuhr am 26.6.2007 mit dem beim Kläger versicherten Fahrzeug die Landstraße L ... . Im Gemeindegebiet der Streithelferin, im Kreuzungsbereich mit der Gemeindestraße R. Weg, fiel bei stürmischem Wetter ein massiver Ast einer auf dem Grundstück Flurstück (wohl) 180, Flur 1 (dazu Gutachten Prof. Dr. Sch., S. 28) in der Gemarkung T. stehenden Robinie auf das beim Kläger versicherte Fahrzeug. Nach dem Vortrag der Beklagten stand der Baum ca. 2,10 m vom befestigten Straßenkörper der L ... aber nur 1,50 m vom R. Weg entfernt. Neben anderen Punkten bestreitet die Beklagte ihre Passivlegitimation und hat der Gemeinde T. den Streit verkündet. Die Gemeinde ist dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten.
- 2
Der Kläger trägt vor, dass durch den Sturz des Astes auf das bei ihm versicherte Fahrzeug ein Totalschaden entstanden sei. Der Wiederbeschaffungswert habe 2.700,-- Euro betragen (unter Hinweis auf das Sachverständigengutachten M. vom 28.6.2008 [Anlage K1 Anlagenband]. Nach Abzug der Selbstbeteiligung von 150,-- Euro habe er 2.550,-- Euro an den Versicherungsnehmer gezahlt. Für die Erstellung des Gutachtens habe er einen Betrag von 366,-- Euro aufwenden müssen (Rechnung M. vom 29.6.2007 [Anlage K4 AB]). Die Summe aus beiden Positionen bildet die Klageforderung. Daneben macht der Kläger ausgehend von einem Gegenstandswert von 2.916,-- Euro vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 316,18 Euro geltend (Berechnung wie Klageschrift S. 7 [Bl. 7 I]).
- 3
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Neben ihrer Passivlegitimation bestreitet sie das Vorliegen einer Amtspflichtverletzung, den Unfallhergang und den eingetretenen Schaden.
- 4
Nach dem Vortrag der Beklagten wurden an der L ... im Juni und Juli 2007 sog. Baumschauen durchgeführt, die ohne reaktionspflichtiges Ergebnis geblieben seien. Der streitgegenständliche Baum sei in die Kontrolle nicht mit einbezogen worden, weil für diesen die Streithelferin verkehrsicherungspflichtig sei.
- 5
Die Streithelferin ist der Ansicht, dass die Klägerin bereits nicht hinreichend zu einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht vortrage. Sie bestreitet, dass an dem Baum äußerlich erkennbare Schädigungsanzeichen vorhanden gewesen seien. Der Ast sei voll belaubt gewesen. Der Ast sei zudem infolge des Sturmes im Bereich des gesunden Holzes abgebrochen. Sie bestreitet die Behauptung des Klägers, dass der Bürgermeister der Streithelferin gegenüber dem Versicherungsnehmer des Klägers erklärt habe, dass der Baum durch den Sturm Kyrill vorgeschädigt gewesen sei und Maßnahmen nur deshalb unterblieben seien, weil keine Hebebühnen zur Verfügung gestanden hätten. Die Streithelferin hat den streitgegenständlichen Baum vollständig beseitigen lassen.
- 6
Das Landgericht hat gemäß Beweisbeschluss vom 18.12.2009 ein Sachverständigengutachten zu der Frage nach dem Eigentümer des Grundstücks eingeholt, auf dem die Robinie stand (Bl. 91 I). Der Sachverständige Prof. Dr. Ing. Sch. gelangt (ohne Einholung eines Grundbuchauszuges) zu dem Ergebnis, dass die Robinie auf dem Flurstück 180 stand, das sich mit großer Wahrscheinlichkeit im Eigentum der Beklagten befinde (SV S. 28).
- 7
Das Landgericht hat weiter Beweis zu etwaigen Erklärungen des Bürgermeisters der Streithelferin zur Kenntnis vom Zustand des Baumes durch dessen Vernehmung (Bl. 208ff. I) sowie durch die Vernehmung des Versicherungsnehmers des Klägers (den Zeugen S. – Bl. 219ff. I) erhoben. Weiter hat das Landgericht ein schriftliches Sachverständigengutachten zu der Frage eingeholt, ob an der Robinie Vorschäden erkennbar gewesen seien, die Anlass zu weiteren Maßnahmen gegeben hätten (Bl. 229 I).
- 8
Der Sachverständige Dipl. Forstingenieur H. gelangt zu dem Ergebnis, dass bei einer Regelkontrolle Schäden und Symptome erkennbar gewesen seien und diese hätten auch dokumentiert werden müssen. Ein ursächlicher Grund für das Abbrechen des streitgegenständlichen Starkastes könne aber aus dem zur Verfügung stehenden Material nicht abgeleitet werden (SV S. 15).
- 9
Von der weiteren Darstellung des erstinstanzlichen Sachvortrages der Parteien wird gemäß § 540 Abs. 2 ZPO abgesehen.
- 10
Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Das beklagte Land sei passivlegitimiert. Es habe auch pflichtwidrig die ihm auf Grund seiner bestehenden Verkehrssicherungspflicht obliegenden Baumkontrolle des streitgegenständlichen Baumes unterlassen. Es könne aber nicht festgestellt werden, dass diese Pflichtverletzung für den konkret eingetretenen Schaden kausal geworden sei. Die Darlegungs- und Beweislast liege beim Kläger. Diesem sei der Nachweis aber nicht gelungen, dass bei einer zumutbaren Überwachung der Straßenbäume eine Schädigung entdeckt worden wäre. Wurden Bäume nicht kontrolliert, so sei dies für das Schadensereignis nur dann kausal, wenn eine regelmäßige Besichtigung zur Entdeckung der Gefahr bzw. der Schädigung des Baumes hätte führen können. Dies stehe indes nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht fest. Zwar wären Defekte vor dem Schadensereignis erkennbar gewesen. Diese hätten aber nicht zwingend das Abbrechen des streitgegenständlichen Astes am Schadenstag herbeigeführt. Eine Kenntnis von Vorschäden infolge des Sturmes Kyrill könne unter Berücksichtigung der Aussage des Bürgermeisters und des Versicherungsnehmers der Klägerin ebenfalls nicht mit der hinreichenden Sicherheit festgestellt werden.
- 11
Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit der Berufung, mit der er seine erstinstanzlichen Klageanträge weiterverfolgt. Er rügt, dass das Landgericht verkannt habe, dass zu seinen Gunsten ein Anscheinsbeweis für die Kausalität zwischen der unterlassenen Untersuchung des Astes und dem eingetretenem Schaden streite. Sie rügt weiter die Beweiswürdigung hinsichtlich der Aussagen des Bürgermeisters und des Versicherungsnehmers der Klägerin. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Berufungsbegründung vom 20.12.2012 (Bl. 137ff. II).
- 12
Die Beklagte und die Streithelferin verteidigen das angefochtene Urteil, wiederholen und vertiefen ihren Sachvortrag aus erster Instanz und beantragen, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
- 13
Im Senatstermin hat der Sachverständige Dipl.-Ing. H. sein schriftliches Gutachten mündlich erläutert.
II.
- 14
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das Rechtsmittel hat in vollem Umfang Erfolg. Das beklagte Land ist passivlegitimiert. Ihm ist in Bezug auf die Kontrolle der streitgegenständliche Robinie eine Amtspflichtverletzung zur Last zu legen. Da sich der Kläger auf einen Anscheinsbeweis berufen kann, gelingt es dem beklagten Land nicht, die Annahme der Kausalität zwischen der Amtspflichtverletzung und dem eingetretenen Schaden zu erschüttern.
- 15
1. Unter Berücksichtigung des Urteils des 9. Senats des OLG Naumburg (vom 23.11.1999 – 9 U 19/99 – [VRS 100, 261]; hier: zitiert nach juris) ist das beklagte Land verkehrsicherungspflichtig und damit zugleich passivlegitimiert. Der Baum ragte mit seinen Ästen in den Straßenkörper hinein und stellte damit eine potenzielle Gefahr für diesen selbst dar, wobei die Verkehrsicherungspflicht für die L ... unstreitig beim beklagten Land liegt.
- 16
2. Soweit das Landgericht geprüft hat (Vernehmung des Bürgermeisters der Streithelferin und des Versicherungsnehmers des Klägers), ob auf Seiten der Streithelferin Kenntnis von Vorschäden (z.B. Kyrill) an dem Baum bestanden, kann dies dahinstehen, weil nicht ersichtlich ist, auf welcher Grundlage sich das beklagte Land eine Kenntnis der Streithelferin zurechnen lassen müsste.
- 17
3. Die Amtspflichtverletzung besteht aber darin, dass das beklagte Land den streitgegenständlichen Baum unstreitig nicht kontrolliert hat (so ausdrücklich KE S. 4 [Bl. 33 I]; wohl in der irrigen Annahme, insoweit nicht verkehrssicherungspflichtig zu sein). Damit aber steht die Pflichtverletzung fest (dazu auch 6.1. [Grundsätze der Baumkontrolle] des Sachverständigengutachtens [dort S. 13]). Nach 6.4. des Gutachtens (dort S. 14/15) wären bei einer Kontrolle eine ganze Reihe von Schäden festgestellt worden, die dann auch hätten dokumentiert werden müssen. Im Hinblick auf die Anzahl der sichtbaren Schadenssymptome wäre nach Ansicht des Sachverständigen eine intensive Untersuchung des Baums als zweiter Schritt unumgänglich gewesen (so ausdrücklich SV S. 15). Diese bereits in seinem schriftlichen Gutachten geäußerte Ansicht hat der Sachverständige bei seiner mündlichen Anhörung ausdrücklich bestätigt. Zwar konnte der Sachverständige mangels ausreichender Informationen (fehlende Dokumentation durch das beklagte Land/Entfernung des Baumes nach dem streitgegenständlichen Vorfall) letztlich die genaue Ursache des Abbrechens des Astes nicht ermitteln (er geht davon aus, dass die Robinie infolge eines Pilzbefalls nach Beschädigungen an der Außenhaut des Baumes [unter Hinweis auf die Fotos 9 und 10 im Gutachten] insgesamt vorgeschädigt war, er kann aber auch nicht ausschließen, dass der Ast z.B. durch den Sturm „Kyrill“ im Januar 2007 vorgeschädigt wurde). Damit kann sich das beklagte Land indes nicht entlasten. Im Ausgangspunkt trägt natürlich der Geschädigte (vorliegend also der Kläger) die Beweislast auch für die haftungsbegründende Kausalität.
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Wenn allerdings die Amtspflichtverletzung und der zeitlich nachfolgende Schaden feststehen, so kann der Geschädigte der öffentlichen Körperschaft den Nachweis überlassen, dass der Schaden nicht auf die Amtspflichtverletzung zurückzuführen ist. Dies gilt jedoch nur, wenn eine tatsächliche Wahrscheinlichkeit für den ursächlichen Zusammenhang besteht; andernfalls bleibt die Beweislast beim Geschädigten (BGH Urteil vom 4.3.2004 – III ZR 225/03 – [z.B. NJW 2004, 132]; hier: zitiert nach juris [Rn. 10]). Im vorliegenden Fall steht die Amtspflichtverletzung nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme im Hinblick auf die unterlassene Kontrolle des erheblich vorgeschädigten Baumes fest. Diese Vorschäden hätten bei einer Kontrolle erkannt werden müssen und hätten zu weiteren Maßnahmen Anlass gegeben. Damit hat sich letztlich die Gefahr im streitgegenständlichen Unfallgeschehen realisiert, die durch die Kontrollpflicht des beklagten Landes beseitigt oder zumindest gemindert werden sollte. Dann aber ist es gerechtfertigt, dem beklagten Land aufzuerlegen, den Anschein für die Kausalität zwischen Pflichtverletzung und eingetretenem Schaden zu erschüttern. Dies kann sie aber wegen des offenen Beweisergebnisses hinsichtlich der genauen Ursache des Abbrechens des Astes ebenso wenig, wie die Klägerin den Kausalitätsbeweis führen könnte. Spricht gegen das beklagte Land ein Anscheinbeweis geht das offene Beweisergebnis zu ihren Lasten und die Klage hat dem Grunde nach Erfolg.
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Den Inhalt des Schriftsatzes vom 14.5.2013 – der nicht über mündlichen Ausführungen der Prozessbevollmächtigten im Termin vom 13.5.2013 hinausgeht - hat der Senat zur Kenntnis genommen. Er rechtfertigt keine abweichende Bewertung. Der Hinweis auf den Sturm „Kyrill“ als mögliche Ursache für die Vorschädigung des Astes ist unverständlich, weil sich dann – nach ½ Jahr – erst Recht die Gefahr realisiert hätte, die von der unterlassenen Kontrolle durch das beklagte Land für Verkehrsteilnehmer ausging.
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Ihren Schaden hat die Klägerin ausreichend dargelegt:
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- Wiederbeschaffungswert
2.900, -- Euro
(gemäß Gutachten M. )
- ./. Restwert
200, -- Euro
- ./. Selbstbeteiligung
150, -- Euro
- zzgl. Gutachterkosten
366, -- Euro
(Rechnung M. vom 26.6.2007)
Gesamt
2.916, -- Euro
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Da der Klägerin dieser Betrag als Schaden zusteht, hat sie diesen auch zutreffend der Berechnung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zugrunde gelegt (Klageschrift S. 7 [Bl. 7 I]).
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Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
- 26
Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sind nur bei der Kostenquote, nicht aber beim Streitwert zu berücksichtigen.
(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.
(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
- 1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, - 2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, - 3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.
(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.