Oberlandesgericht Hamm Urteil, 16. Sept. 2016 - 9 U 163/15
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 14.07.2015 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld wird zurückgewiesen.
Die Beklagten tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.
Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagten dürfen die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Gründe
2I.
3Die Klägerin nimmt die Beklagten als gesetzlichen Rentenversicherer des Geschädigten H aus übergegangenem Recht in Anspruch.
4Der am ##.##.1958 geborene Geschädigte wurde bei einem vom Beklagten zu 2) unstreitig allein verursachten Verkehrsunfall am 12.06.2003 verletzt.
5Er stürzte bei dem Versuch, dem bei der Beklagten zu 1) haftpflichtversicherten und vom Beklagten zu 2) gesteuerten Lkw, der sein Vorfahrtsrecht missachtete, auszuweichen, mit seinem Motorroller auf die linke Schulter.
6Hierbei zog er sich, wie erst später festgestellt werden konnte, eine Subluxation des posterioren Labrums nach dorso-median sowie eine bagatelle Ruptur der Rotatorenmanschette zu.
7Infolge dieser Verletzung war der Geschädigte nicht mehr in der Lage, seine Arbeit als Holzarbeiter im G GmbH & Co. KG weiterhin auszuüben, wo er zuvor 26 Jahre lang gearbeitet hatte. Die Klägerin bezahlte zunächst eine in der Zeit vom 11.02. bis zum 10.03.2004 stattfindende Rehamaßnahme, ferner gewährte sie dem Geschädigten jährliche Leistungen in Höhe von 6.239,84 Euro.
8Mit Schreiben vom 06.06.2005 machte die Klägerin erstmals Regressansprüche gegenüber der Beklagten zu 1) dem Grunde nach geltend. Die Beklagte zu 1) erstattete sämtliche, von der Klägerin für die Zeit bis zum 31.12.2007 erbrachten Leistungen vollständig.
9Im vorliegenden Verfahren macht die Klägerin einen Schaden in Gestalt unfallbedingt ausgefallener Rentenversicherungsbeiträge für den Zeitraum 01.01.2008 bis 31.03.2015 in Höhe von insgesamt 44.056,44 Euro geltend und begehrt die Feststellung, dass die Beklagten als Gesamtschuldner für weitere Schäden haften.
10Der Geschädigte einigte sich mit Vereinbarung vom 01.04.2009 über eine Abfindung seiner Schmerzensgeld- und Verdienstausfallanspüche mit der Beklagten zu 1).
11In der Vereinbarung heißt es u.a. , dass die Parteien davon ausgingen, dass der Geschädigte seine Berufstätigkeit bei der Firma G oder einem anderen Unternehmen bis zum 56. Lebensjahr hätte ausüben können.
12Die Klägerin hat behauptet, der Geschädigte sei unfallbedingt dauerhaft arbeitsunfähig mit der Folge, dass sie in der Vergangenheit Leistungen für diesen erbracht habe und auch in der Zukunft werde erbringen müssen. Ihre Forderung sei nicht verjährt, weil die für Regresse zuständige Rechtsabteilung der Klägerin von dem Vorgang erst durch Schreiben der Bundesagentur für Arbeit vom 31.05.2005 Kenntnis erlangt habe. Auch sei die Verjährung aufgrund ihrer Forderungsanmeldung vom 06.06.2005 bis zur endgültigen Entscheidung der Beklagten zu 1) über die Entschädigungsansprüche mit Schreiben vom 11.10.2011 gehemmt.
13Die Klägerin hat beantragt,
141.
15die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, 44.056,44 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf einen Betrag in Höhe von 24.592,21 Euro seit dem 25.11.2011 sowie auf einen weiteren Betrag in Höhe von 19.464,23 Euro seit dem 12.04.2015 an sie zu zahlen;
162.
17festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, gegenüber der Klägerin sämtliche auf diese gemäß den §§ 116, 119 SGB X übergegangenen oder übergehenden Schadensersatzansprüche aus dem Schadensereignis vom 12.06.2003 zu ersetzen.
18Die Beklagten haben beantragt,
19die Klage abzuweisen.
20Sie haben die Einrede der Verjährung erhoben und behauptet, die Klägerin müsse bereits aufgrund der im Jahre 2004 an den Geschädigten erbrachten Leistungen für die Reha-Maßnahme in Kenntnis von der Regressmöglichkeit gewesen sein. Sie sind der Auffassung gewesen, eine endgültige Bescheidung der Ansprüche der Klägerin bereits mit zwei im Jahre 2008 ergangenen Schreiben vorgenommen zu haben.
21Im Übrigen sei die gegenwärtig bestehende Arbeitsunfähigkeit des Geschädigten nicht mehr auf den Unfall zurückzuführen, da dieser eine chronische Gelenkinnenhautentzündung gehabt und unter degenerativen Rotatorenmanschettenläsionen gelitten habe. Er hätte deshalb unfallbedingt seine seinerzeitige berufliche Tätigkeit nicht über den 1. Januar 2008 hinaus fortführen können. Auch wäre der Geschädigte in der allgemeinen negativen wirtschaftlichen Entwicklung und der erheblichen Mechanisierung der Arbeitsprozesse in der Holz verarbeitenden Industrie zu diesem Zeitpunkt entlassen worden. Angesichts seiner niedrigen Qualifikation, insbesondere seiner fehlenden Berufsausbildung und seiner rein manuellen Tätigkeit bei der Firma G sei er als unqualifizierter Arbeiter einzustufen, der auch anderweitig nicht zu vermitteln gewesen wäre.
22Schließlich habe der Geschädigte beabsichtigt, mit Vollendung seines 56. Lebensjahres definitiv aus dem Berufsleben auszuscheiden, wie sich auch aus dem mit der Beklagten zu 1) geschlossenen Abfindungsvergleich vom 1. April 2009 ergebe. Daher sei dem Geschädigten über diesen Zeitpunkt hinaus kein Erwerbsschaden mehr entstanden mit der Folge, dass einer solcher auch nicht auf die Klägerin habe übergehen können.
23Das Landgericht Bielefeld hat die Beklagten mit seiner Entscheidung vom 14. Juli 2015 antragsgemäß verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die von der Klägerin erbrachten und der Höhe nach unstreitigen Leistungen seien nach dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. I als unfallkausal anzusehen, da dieser in überzeugender Weise dargelegt habe, dass der Geschädigte mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit über den 01.01.2008 hinaus arbeitsfähig gewesen wäre und unfallunabhängige gesundheitliche Gründe, die seine Tätigkeit nicht mehr erlaubt hätten, nicht zu erkennen seien. Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Geschädigte aus betrieblichen Gründen frühzeitig entlassen worden wäre, auch wenn der Betrieb, in dem er beschäftigt gewesen sei, die Zahl seiner Mitarbeiter von 70 auf 50 reduziert habe. Immerhin sei der Geschädigte 26 Jahre lang dort beschäftigt gewesen, so dass davon auszugehen sei, dass er bei einer Sozialauswahl nicht entlassen worden wäre. Es sei fraglich, ob der Beweisantritt der Beklagten für die Frage einer – fiktiven – Entlassung überhaupt geeignet sei, da es sich letztlich um reine Spekulation handele. Im Übrigen fehle es an Anknüpfungstatsachen für die sich im Anschluss stellende Frage, ob und ggf. wann der Geschädigte eine wie auch immer dotierte andere Beschäftigung hätte finden können. Dem Beweisantritt für die Behauptung der Beklagten, der Geschädigte hätte nach Vollendung seines 56. Lebensjahres ohnehin aus dem Berufsleben ausscheiden sollen, sei nicht nachzugehen, weil diese Behauptung ins Blaue hinein aufgestellt worden sei. Es seien nicht ansatzweise Anhaltspunkte dafür vorgetragen, aus welchen Gründen dieser einen solchen Entschluss gefasst haben sollte und wie er sich seinen Unterhalt bis zum Erreichen der regulären Rentenaltersgrenze vorgestellt habe. Der Geschädigte habe sich auch hinsichtlich der streitgegenständlichen Ansprüche nicht vergleichen können, da er insoweit nicht aktivlegitimiert gewesen sei. Außerdem habe er über seinen 56. Geburtstag hinaus Leistungen der Klägerin in Anspruch genommen, seine diesbezüglichen Ansprüche seien somit auch auf diese übergegangen.
24Die Ansprüche seien auch nicht verjährt, weil ihre Regressabteilung erst am 01.06.2005 von dem streitgegenständlichen Vorgang Kenntnis erlangt habe. Die Verjährung sei bereits am 06.06.2005 gemäß § 3 Nr. 3 PflVG a.F. gehemmt worden. Die Leistungsbescheide der Beklagten zu 1) vom 03.04. und 15.05.2008 stellten keine endgültige Bescheidung dar, vielmehr sei eine endgültige Ablehnung weiterer Leistungen erst mit dem Schreiben der Beklagten zu 1) vom 10.08.2010 erfolgt, so dass die am 16.11.2011 eingereichte Klage noch rechtzeitig gewesen sei, um eine Hemmung der Verjährung herbeizuführen.
25Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie weiterhin die Klageabweisung begehren.
26Sie verfolgen weiterhin die Einrede der Verjährung und vertreten die Auffassung, die Klägerin habe bereits aufgrund der in der Zeit vom 11. Februar bis zum 10. März 2004 gewährten Leistungen zur medizinischen Rehabilitation von dem Schadensfall gewusst, alles andere sei absolut unwahrscheinlich.
27Das Landgericht habe gegen das Gebot der Waffengleichheit verstoßen, indem es der Anregung der Beklagten zu 1) nicht nachgekommen sei, der Klägerin die Vorlage ihrer Regressakte aufzugeben.
28Ungeachtet dessen sei eine Verjährung deshalb eingetreten, weil die Beklagte zu 1) mit ihren genannten Schreiben vom 03.04. und 15.05.2008 eine abschließende Bescheidung der Haftung dem Grunde nach vorgenommen habe. Mit letztgenanntem Schreiben habe sie mit ihrem Vermerk „2007“ unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, über dieses Jahr hinaus keine weiteren Forderungen der Klägerin mehr ausgleichen zu wollen. Daher sei die Verjährung spätestens Ende Mai 2011 eingetreten.
29Zu Unrecht sei das Landgericht auch ihrem Beweisantritt für die Behauptung, der Geschädigte wäre wegen seiner geringen beruflichen Qualifikation sowie der allgemeinen negativen wirtschaftlichen Entwicklung bereits am 1. Januar 2008 entlassen worden, nicht nachgegangen. Es fehle jede Auseinandersetzung des erkennenden Gerichts mit den insoweit maßgeblichen Fakten. Fehlerhaft sei des Weiteren, dass das Landgericht dem Vergleich, den der Geschädigte mit der Beklagten zu 1) am 1. April 2009 abgeschlossen hat, keine Bedeutung beimesse. Das Landgericht verkenne, dass nur solche Ansprüche auf die Klägerin übergehen könnten, die der Geschädigte selbst gehabt habe. Der Geschädigte habe den Entschluss gehabt, mit der Vollendung seines 56. Lebensjahres definitiv aus dem Berufsleben auszuscheiden; das erstinstanzliche Gericht habe die Motive oder Beweggründe für diese höchstpersönliche Entscheidung nicht zu hinterfragen; die Frage, wovon er ohne Erwerbsunfähigkeitsrente bis zum Eintritt des Rentenalters habe leben wollen, beantworte sich mit dem Abschluss des Abfindungsvergleichs und der Auskehrung der darin vereinbarten Beträge von selbst. Es könne im Ergebnis sogar dahingestellt bleiben, ob der Geschädigte seinen Entschluss vor oder nach Eintritt der Erwerbsunfähigkeit gefasst habe.
30Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung und weist insbesondere darauf hin, bei Berücksichtigung einer Erwerbstätigkeit des Geschädigten lediglich bis zum 56. Lebensjahr ergäbe sich ein kapitalisierter Abfindungsbetrag von etwa 50.000,00 Euro, bei einer Gesamtkapitalisierung des Verdienstausfallschadens jedoch ein solcher von 155.000,00 Euro. Angesichts einer vereinbarten Zahlung von 122.000,00 Euro sei die Behauptung der Beklagten zu 1) zur voraussichtlichen Erwerbsdauer des Geschädigten bereits widerlegt. Eine Beweiserhebung über den fiktiven Stellenverlust des Geschädigten sei reine Ausforschung, ebenso sei die Einholung von Sachverständigengutachten hierfür ungeeignet. Die Beklagte zu 1) könne nicht darauf verweisen, dass dem Geschädigten die Abfindungssumme zum Unterhalt verblieben wäre. Denn in diesem Fall wäre seine Entscheidung, aus dem Berufsleben auszuscheiden, unfallbedingt gewesen und sein Rentenschaden bestehen geblieben.
31II.
32Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg, weil das Landgericht sie zu Recht zur Zahlung der unfallbedingt ausgefallenen Rentenversicherungsbeiträge für den Zeitraum vom 01.01.2008 bis zum 31.03.2015 verurteilt und ihre künftige Haftung für weitere Schadensfolgen festgestellt hat.
33Der Anspruch der Klägerin folgt aus den §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, 3 PflVG (in der bis zum 01.01.2008 geltenden Fassung), § 249, 252 BGB, 119 SGB X. Zu dem vom Geschädigten erlittenen Erwerbsschaden gehören grundsätzlich auch die Beiträge zur Sozialversicherung, der Anspruch geht jedoch insoweit gem. § 119 SGB X auf den Sozialversicherungsträger über. Insbesondere hat der Schädiger auch für die Zeiten Rentenbeiträge zu entrichten, die für den Verletzten beitragsfrei als Anrechnungs- oder Zurechnungszeiten berücksichtigt werden, § 62 SGB VI. Diese Regelung trägt dem Gedanken Rechnung, dass die Vergünstigungen, die das Sozialrecht dem Verletzten gewährt, nicht zur Entlastung des Schädigers bestimmt sind (vgl. Palandt-Grüneberg, BGB, 74. Aufl. 2015, Vorbemerkung § 249 Rdnr. 119).
34Aufgrund der überzeugenden Feststellungen des erstinstanzlich eingeholten medizinischen Sachverständigengutachtens, auf dem die angegriffene Entscheidung fußt, steht fest und ist in zweiter Instanz unstreitig, dass der Geschädigte unfallbedingt erwerbsunfähig ist.
35Aufgrund der Erwerbsunfähigkeit entsteht ihm monatlich ein entsprechender Erwerbsschaden, den die Klägerin in erster Instanz umfangreich dargelegt hat und der zwischen den Parteien jedenfalls der Höhe nach unstreitig ist.
361.
37Soweit die Beklagten behaupten, der Geschädigte wäre ohnehin zum 01.01.2008 entlassen worden mit der Folge, dass er ab diesem Zeitpunkt keinen Erwerbsschaden mehr gehabt hätte, handelt es sich um den Einwand einer sogenannten Reserveursache, für welchen sie in vollem Umfang darlegungs- und beweispflichtig sind. Zu Recht jedoch ist das Landgericht dem entsprechenden Beweisantritt für diese Behauptung nicht nachgegangen. Denn die Beklagte können schlechterdings nicht fundiert und substantiiert vortragen, dass der Geschädigte überhaupt und zudem noch zum 01.01.2008 wirksam entlassen worden wäre. Hierzu fehlt es an jeglichen Anknüpfungstatsachen, da es hierfür ersichtlich nicht ausreichend ist, dass seit dem Unfall des Geschädigten bis zum heutigen Tage 20 Mitarbeiter des Unternehmens entlassen worden sind. Die entsprechende Behauptung stellt eine reine Spekulation dar, eine Vernehmung der hierzu benannten Zeugin wäre Ausforschung. Anders wäre der Fall möglicherweise dann zu beurteilen, wenn die ehemalige Arbeitgeberin des Geschädigten zum 01.01.2008 in Konkurs gegangen wäre mit der Folge, dass sämtliche Arbeitsverhältnisse beendet worden wären. Davon kann jedoch vorliegend keine Rede sein, die Firma G ist immer noch mit 50 Mitarbeitern im Holzhandel aktiv. Zudem fehlt jeglicher substantiierter Vortrag dahin, dass das mit dem Geschädigten seit 26 Jahren bestehende Arbeitsverhältnis durch seine Arbeitgeberin aufgrund der vorzunehmenden Sozialauswahl überhaupt erfolgreich hätte beendet werden können.
382.
39Der Anspruch der Klägerin wird auch nicht durch den vom Geschädigten mit der Beklagten zu 1) abgeschlossenen Vergleich vom 01.04.2009 berührt. Unzweifelhaft konnte sich der Geschädigte nur über solche Ansprüche mit der Beklagten zu 1) einigen und insoweit einen Abgeltungsbetrag aushandeln, die nicht bereits durch gesetzlichen Forderungsübergang auf Dritte, insbesondere auf die Klägerin übergegangen waren. Schadensersatzansprüche, die Sozialversicherungsbeiträge betreffen, gehen jedoch im Schadenszeitpunkt auf den zuständigen Sozialversicherungsträger über (BGH, Urteil vom 24. April 2012, Az. VI ZR 329/10) mit der Folge, dass der Geschädigte über solche Ansprüche nicht verfügen kann. Wie die Vereinbarung zeigt, hat er dies auch nicht gewollt, da nur der Nettoerwerbs-schaden abgegolten werden sollte.
40Dass sich der Geschädigte in Ziff. 4 des genannten Vertrages verpflichtete, die von ihm gegen die Klägerin beim Sozialgericht Detmold eingereichte Klage zurückzunehmen und die Parteien sich darüber einig waren, dass der Geschädigte gegen die Klägerin eine Erwerbsunfähigkeitsrente wegen des streitgegenständlichen Unfalls nicht geltend machen werde, stellt erkennbar nur eine Grundlage der Vereinbarung i. S. des § 313 BGB dar und berührt ebenfalls die Ansprüche der Klägerin nicht, da der Geschädigte besagte Rente tatsächlich geltend gemacht hat.
413.
42Der Vergleichstext stützt auch das Vorbringen der Beklagten nicht, der Geschädigte habe nur bis zum 56. Lebensjahr arbeiten können oder wollen. Soweit es unter Ziff. 1 des Vergleichs heißt, die Parteien gingen hinsichtlich des Verdienstausfallschadens davon aus, dass Herr H seine Berufstätigkeit bei der Firma G GmbH & Co. KG Furnierwerk W oder eine vergleichbare Tätigkeit, ggf. auch bei anderen Unternehmen, bis zum Erreichen des 56. Lebensjahres hätte ausüben können, ergibt sich daraus keineswegs, dass er längstens, sondern vielmehr jedenfalls bis zu diesem Zeitpunkt hätte arbeiten können. Die Passage stellt erkennbar eine Rechengrundlage für die zuvor ausgehandelte Abgeltungssumme dar und lässt keinerlei darüber hinausgehende rechtsgeschäftliche Erklärung des Geschädigten erkennen.
43Dass der Geschädigte ohne den Unfall aufgrund seiner gesundheitlichen Konstitution in der Lage gewesen wäre, über das 56. Lebensjahr hinaus seine Tätigkeit als Holzarbeiter fortzuführen, wurde zudem durch das erstinstanzlich eingeholte Gutachten eindrücklich belegt.
44Die Beklagten haben allerdings in erster Instanz, und zwar mit Schriftsatz vom 30.04.2015, darüber hinaus vorgetragen, der Geschädigte habe erklärt, schon vor dem streitgegenständlichen Unfall die Entscheidung getroffen zu haben, mit dem 56. Lebensjahr definitiv aus dem Berufsleben auszuscheiden. Da dieser Vortrag „nur rein vorsorglich respektive aus prozessualen Gründen unter explizitem Bestreiten des Gegenteils“ erfolgt ist und in zweiter Instanz insoweit wiederholt wurde, als von einem Entschluss des Geschädigten die Rede ist, mit der Vollendung seines 56. Lebensjahres seine berufliche Tätigkeit zu beenden, sah sich der Senat veranlasst, der Frage nachzugehen, welche Behauptung die Beklagten in Bezug auf die Absichten des Geschädigten exakt aufstellen wollen.
45Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten stellte im Termin klar, dass diese Behauptung nur aus anwaltlicher Vorsorge aufgestellt worden sei, die Beklagten jedoch tatsächlich keine Kenntnis von entsprechenden Absichten des Geschädigten hätten. Damit war die beabsichtigte Beweisaufnahme über diesen Punkt obsolet. Denn nur dann, wenn der Geschädigte bereits vor dem Unfall die Absicht gehabt hätte, über das 56. Lebensjahr hinaus nicht mehr zu arbeiten, wäre ab diesem Zeitpunkt ein Erwerbsschaden entfallen und das Vorbringen somit erheblich, wenn auch sehr unwahrscheinlich.
46Dem weiterhin aufrecht erhaltenen Vortrag, der Geschädigte habe im Rahmen der Verhandlungen über den Vergleich erklärt, er wolle nur bis zum 56. Lebensjahr arbeiten, war ebenfalls nicht nachzugehen, da eine solche Absichtserklärung, sollte sie gefallen sein, keine Auswirkung auf den bereits eingetretenen Erwerbsschaden hätte entfalten können, insbesondere, da sie erkennbar im Hinblick auf die ihm zufließende Abfindungssumme und somit unfallbedingt abgegeben worden wäre. Alles andere wäre im Hinblick auf eine – ohne die Abfindungssumme – völlig ungesicherte Existenz des Geschädigten und seiner sich drastisch reduzierenden Rentenansprüche im Falle eines vorzeitigen Ausscheidens aus dem Erwerbsleben auch kaum nachvollziehbar und wird letztendlich auch von den Beklagten nicht –mehr- behauptet. Schließlich stellt sich auch die Frage, welche Bedeutung eine derartige Erklärung haben sollte, wenn sie von jemandem abgegeben wird, der im Zeitpunkt der Erklärung bereits erwerbsunfähig ist.
474.
48Zu Unrecht greift die Berufung die angefochtene Entscheidung auch in Bezug auf die Frage der Verjährung an. Der Senat schließt sich den in allen relevanten Punkten zutreffenden Ausführungen der angefochtenen Entscheidung an. Die regelmäßige Verjährungsfrist des § 195 BGB, welche auch auf Schadensersatzansprüche anzuwenden ist, beträgt 3 Jahre und beginnt gem. § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in welchem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass es hinsichtlich der Kenntnis der maßgeblichen Tatsachen bei einem Sozialversicherungsträger nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nicht auf die Kenntnis der Leistungsabteilung, sondern auf die der Regressabteilung ankommt (Urteil vom 20. Oktober 2011, Az. III ZR 252/10).
49Die Klägerin, der es obliegt, hinsichtlich solcher Umstände, die in ihrer Sphäre liegen, an der Sachaufklärung mitzuwirken und erforderlichenfalls darzulegen, was sie zur Ermittlung der Voraussetzungen ihres Anspruchs und der Person des Schuldners getan hat (BGHZ 91, 260), ist ihrer sekundären Darlegungslast hinreichend nachgekommen, indem sie mitgeteilt hat, dass ihre Regressabteilung durch ein Schreiben der Bundesagentur für Arbeit vom 31. Mai 2005 Kenntnis vom Schadensfall und den weiteren Umständen erlangt und zur Untermauerung dieses Vorbringens die erste Seite ihrer Regressakte in Ablichtung zur Gerichtsakte gereicht hat. Zu Unrecht rügt die Berufung, das Landgericht habe die Beiziehung der Regressakte der Klägerin zum Beweis einer früheren Kenntnis der Regressabteilung anordnen müssen. Auch der Senat lehnt den entsprechenden Beweisantritt als unzulässigen Ausforschungsbeweis sowie aus weiteren Gründen ab, die noch näher darzulegen sind.
50Der auf Vorlage der Verwaltungsvorgänge bzw. der darin von den Beklagten vermuteten Mitteilungen an die Regressabteilung gerichtete Beweisantritt stützt sich auf § 421 ZPO. Er scheitert jedoch daran, dass die Klägerin keine Pflicht zur Vorlegung der Urkunde nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts trifft, wie sie § 422 ZPO erfordert. Einen derartigen materiell-rechtlichen Anspruch tragen auch die Beklagten nicht vor. Eine aus den Grundsätzen der sekundären Darlegungs- und Beweislast abgeleitete Vorlagepflicht besteht jedoch nicht (vgl. Geimer in Zöller, ZPO, 31. Aufl., § 422, Rdnr. 1 ff. m. w. N.).
51Außerdem hat die Klägerin bestritten, dass sie vor dem besagten Zeitpunkt Kenntnis vom Schadensfall hatte, somit auch inzident, dass entsprechende Urkunden in ihrer Akte vorhanden sein könnten. Substantiiert vermögen die Beklagten deren Vorhandensein auch nicht zu behaupten, sondern ergehen sich in Mutmaßungen darüber, was die Klägerin angesichts der im Jahre 2004 bewilligten Rehamaßnahme hätte wissen können oder müssen. Schließlich scheidet auch eine Vorlagepflicht der Klägerin nach § 423 ZPO aus.
52Darüber hinaus kann die Vorlage der Rentenakte oder von deren Bestandteilen vom Senat im Hinblick auf das Rentengeheimnis aus § 35 SGB I nur mit Zustimmung des im vorliegenden Verfahren nicht beteiligten Geschädigten angeordnet werden, da eine Ausnahme, die die Preisgabe von Sozialdaten nach den §§ 68 – 77 SGB X zulässt, nicht vorliegt (vgl. auch die Entscheidung des Senats vom 11.03.2016, I- 9 U 40/15).
53Selbst wenn man aber unterstellen wollte, dass die Klägerin bereits im Jahre 2004 Kenntnis vom Schadensfall und sämtlichen anspruchsbegründenden Voraussetzungen erlangt hätte, so hätte die maßgebliche Verjährungsfrist erst mit Ende des Jahres 2004 zu laufen begonnen. Sie wäre unstreitig am 06.06.2005 aufgrund der erstmaligen Anmeldung des Schadensersatzanspruchs durch die Klägerin bei der Beklagten gem. § 3 PflVG in der vor dem 01.01.2008 geltenden Fassung (insoweit wortgleich mit dem aktuell geltenden § 115 Abs. 2 S. 3 VVG) gehemmt worden. Bis zu diesem Zeitpunkt wäre rund ein halbes Jahr der Verjährungsfrist abgelaufen gewesen.
54Die Hemmung wurde frühestens mit Schreiben der Beklagten zu 1) vom 10.08.2010 beendet. Denn ein Ende der Hemmung tritt erst in dem Zeitpunkt ein, in dem der Versicherer eine endgültige Entscheidung über den Schadensersatzanspruch trifft (vgl. hierzu BGHZ 114, 299 ff.). Dies ist, wie das Landgericht richtig erkannt hat, unzweifelhaft bei den von der Beklagten zu 1) in Bezug genommenen Schreiben vom 03.04. und vom 15.05.2008 noch nicht der Fall.
55In dem erstgenannten Schreiben gibt die Beklagte zu 1) lediglich bekannt, dass sie den Anspruch der Klägerin mit 11.995,53 Euro regulieren werde, und zwar unter Vorbehalt der Rückforderung. In dem späteren Schreiben wird, ebenfalls unter dem Vorbehalt der Rückforderung, die Regulierung der weiteren Forderung für das Jahr 2007 angekündigt.
56In beiden Schreiben heißt es abschließend, die Überweisung werde auf das Konto der Klägerin veranlasst, der Betrag innerhalb von 14 Tagen gutgeschrieben. Ferner stellt sich die Beklagte zu 1) für weitere Rückfragen zur Verfügung. Diesem Text kann eine endgültige und abschließende Entscheidung über die Schadensregulierung weder im positiven noch im negativen Sinne entnommen werden. Eine eindeutige Erklärung i. S. des § 3 PflVG zur Herbeiführung eines Endes der Hemmung der Verjährung kann und darf von einem sachkundigen Mitarbeiter der Beklagten zu 1) jedoch erwartet werden. Dass eine solche abschließende Entscheidung der Beklagten zu 1) noch nicht vorlag, ergibt sich unzweifelhaft auch aus dem bereits erwähnten Schreiben vom 10. August 2010, in welchem mitgeteilt wird, dass die weiteren Regressansprüche der Klägerin geprüft wurden, jedoch nicht ausgeglichen werden könnten, ohne dass sich die Beklagte zu 1) auf eine abschließende frühere Entscheidung im Jahre 2008 beruft.
57Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob eine abschließende Entscheidung der Beklagten zu 1), wie die Klägerin meint, erst mit Schreiben vom 11.10.2011 erfolgt ist. Denn rechnet man vom August 2010 weitere ca. 2 ½ Jahre der noch nicht abgelaufenen Verjährungsfrist hinzu, so endet diese erst Anfang 2013. Die Klage ging jedoch bereits am 16. November 2011 beim Landgericht ein und wurde zeitnah zugestellt.
585.
59Aus obigen Ausführungen erhellt, dass auch der Feststellungsantrag begründet ist. Denn die Klägerin wird auch in Zukunft Leistungen an den erwiesenermaßen dauerhaft und unfallbedingt erwerbsunfähigen Geschädigten erbringen müssen. Das Feststellungsinteresse folgt aus der drohenden Verjährung künftiger Ansprüche.
606.
61Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
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(1) Ein auf anderen gesetzlichen Vorschriften beruhender Anspruch auf Ersatz eines Schadens geht auf den Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe über, soweit dieser auf Grund des Schadensereignisses Sozialleistungen zu erbringen hat, die der Behebung eines Schadens der gleichen Art dienen und sich auf denselben Zeitraum wie der vom Schädiger zu leistende Schadensersatz beziehen. Dazu gehören auch
- 1.
die Beiträge, die von Sozialleistungen zu zahlen sind, und - 2.
die Beiträge zur Krankenversicherung, die für die Dauer des Anspruchs auf Krankengeld unbeschadet des § 224 Abs. 1 des Fünften Buches zu zahlen wären.
(2) Ist der Anspruch auf Ersatz eines Schadens durch Gesetz der Höhe nach begrenzt, geht er auf den Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe über, soweit er nicht zum Ausgleich des Schadens des Geschädigten oder seiner Hinterbliebenen erforderlich ist.
(3) Ist der Anspruch auf Ersatz eines Schadens durch ein mitwirkendes Verschulden oder eine mitwirkende Verantwortlichkeit des Geschädigten begrenzt, geht auf den Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe von dem nach Absatz 1 bei unbegrenzter Haftung übergehenden Ersatzanspruch der Anteil über, welcher dem Vomhundertsatz entspricht, für den der Schädiger ersatzpflichtig ist. Dies gilt auch, wenn der Ersatzanspruch durch Gesetz der Höhe nach begrenzt ist. Der Anspruchsübergang ist ausgeschlossen, soweit der Geschädigte oder seine Hinterbliebenen dadurch hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des Zwölften Buches werden.
(4) Stehen der Durchsetzung der Ansprüche auf Ersatz eines Schadens tatsächliche Hindernisse entgegen, hat die Durchsetzung der Ansprüche des Geschädigten und seiner Hinterbliebenen Vorrang vor den übergegangenen Ansprüchen nach Absatz 1.
(5) Hat ein Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe auf Grund des Schadensereignisses dem Geschädigten oder seinen Hinterbliebenen keine höheren Sozialleistungen zu erbringen als vor diesem Ereignis, geht in den Fällen des Absatzes 3 Satz 1 und 2 der Schadenersatzanspruch nur insoweit über, als der geschuldete Schadenersatz nicht zur vollen Deckung des eigenen Schadens des Geschädigten oder seiner Hinterbliebenen erforderlich ist.
(6) Ein nach Absatz 1 übergegangener Ersatzanspruch kann bei nicht vorsätzlichen Schädigungen durch eine Person, die im Zeitpunkt des Schadensereignisses mit dem Geschädigten oder seinen Hinterbliebenen in häuslicher Gemeinschaft lebt, nicht geltend gemacht werden. Ein Ersatzanspruch nach Absatz 1 kann auch dann nicht geltend gemacht werden, wenn der Schädiger mit dem Geschädigten oder einem Hinterbliebenen nach Eintritt des Schadensereignisses die Ehe geschlossen oder eine Lebenspartnerschaft begründet hat und in häuslicher Gemeinschaft lebt. Abweichend von den Sätzen 1 und 2 kann ein Ersatzanspruch bis zur Höhe der zur Verfügung stehenden Versicherungssumme geltend gemacht werden, wenn der Schaden bei dem Betrieb eines Fahrzeugs entstanden ist, für das Versicherungsschutz nach § 1 des Gesetzes über die Pflichtversicherung für Kraftfahrzeughalter oder § 1 des Gesetzes über die Haftpflichtversicherung für ausländische Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger besteht. Der Ersatzanspruch kann in den Fällen des Satzes 3 gegen den Schädiger in voller Höhe geltend gemacht werden, wenn er den Versicherungsfall vorsätzlich verursacht hat.
(7) Haben der Geschädigte oder seine Hinterbliebenen von dem zum Schadenersatz Verpflichteten auf einen übergegangenen Anspruch mit befreiender Wirkung gegenüber dem Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe Leistungen erhalten, haben sie insoweit dem Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe die erbrachten Leistungen zu erstatten. Haben die Leistungen gegenüber dem Versicherungsträger oder Träger der Sozialhilfe keine befreiende Wirkung, haften der zum Schadenersatz Verpflichtete und der Geschädigte oder dessen Hinterbliebene dem Versicherungsträger oder Träger der Sozialhilfe als Gesamtschuldner.
(8) Weist der Versicherungsträger oder Träger der Sozialhilfe nicht höhere Leistungen nach, sind vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 je Schadensfall für nicht stationäre ärztliche Behandlung und Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln 5 vom Hundert der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches zu ersetzen.
(9) Die Vereinbarung einer Pauschalierung der Ersatzansprüche ist zulässig.
(10) Die Bundesagentur für Arbeit und die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch gelten als Versicherungsträger im Sinne dieser Vorschrift.
(1) Soweit der Schadenersatzanspruch eines Versicherten den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung umfasst, geht dieser auf den Versicherungsträger über, wenn der Geschädigte im Zeitpunkt des Schadensereignisses bereits Pflichtbeitragszeiten nachweist oder danach pflichtversichert wird; dies gilt nicht, soweit
- 1.
der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt fortzahlt oder sonstige der Beitragspflicht unterliegende Leistungen erbringt oder - 2.
der Anspruch auf Ersatz von Beiträgen nach § 116 übergegangen ist.
(2) Der Versicherungsträger, auf den ein Teil des Anspruchs auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung nach § 116 übergeht, übermittelt den von ihm festgestellten Sachverhalt dem Träger der Rentenversicherung auf einem einheitlichen Meldevordruck. Das Nähere über den Inhalt des Meldevordrucks und das Mitteilungsverfahren bestimmen die Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger.
(3) Die eingegangenen Beiträge oder Beitragsanteile gelten in der Rentenversicherung als Pflichtbeiträge. Durch den Übergang des Anspruchs auf Ersatz von Beiträgen darf der Versicherte nicht schlechter gestellt werden, als er ohne den Schadenersatzanspruch gestanden hätte.
(4) Die Vereinbarung der Abfindung von Ansprüchen auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung mit einem ihrem Kapitalwert entsprechenden Betrag ist im Einzelfall zulässig. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 gelten für die Mitwirkungspflichten des Geschädigten die §§ 60, 61, 65 Abs. 1 und 3 sowie § 65a des Ersten Buches entsprechend.
Ist der Versicherer gegenüber dem Versicherungsnehmer nicht zur Leistung verpflichtet, weil das Fahrzeug den Bau- und Betriebsvorschriften der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung nicht entsprach oder von einem unberechtigten Fahrer oder von einem Fahrer ohne die vorgeschriebene Fahrerlaubnis geführt wurde, kann der Versicherer den Dritten abweichend von § 117 Abs. 3 Satz 2 des Versicherungsvertragsgesetzes nicht auf die Möglichkeit verweisen, Ersatz seines Schadens von einem anderen Schadensversicherer oder von einem Sozialversicherungsträger zu erlangen. Soweit der Dritte jedoch von einem nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 von der Versicherungspflicht befreiten Fahrzeughalter Ersatz seines Schadens erlangen kann, entfällt die Leistungspflicht des Versicherers.
(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.
(2) Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wird.
(3) Benutzt jemand das Kraftfahrzeug ohne Wissen und Willen des Fahrzeughalters, so ist er anstelle des Halters zum Ersatz des Schadens verpflichtet; daneben bleibt der Halter zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn die Benutzung des Kraftfahrzeugs durch sein Verschulden ermöglicht worden ist. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Benutzer vom Fahrzeughalter für den Betrieb des Kraftfahrzeugs angestellt ist oder wenn ihm das Kraftfahrzeug vom Halter überlassen worden ist.
(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.
(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.
Der zu ersetzende Schaden umfasst auch den entgangenen Gewinn. Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.
(1) Soweit der Schadenersatzanspruch eines Versicherten den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung umfasst, geht dieser auf den Versicherungsträger über, wenn der Geschädigte im Zeitpunkt des Schadensereignisses bereits Pflichtbeitragszeiten nachweist oder danach pflichtversichert wird; dies gilt nicht, soweit
- 1.
der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt fortzahlt oder sonstige der Beitragspflicht unterliegende Leistungen erbringt oder - 2.
der Anspruch auf Ersatz von Beiträgen nach § 116 übergegangen ist.
(2) Der Versicherungsträger, auf den ein Teil des Anspruchs auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung nach § 116 übergeht, übermittelt den von ihm festgestellten Sachverhalt dem Träger der Rentenversicherung auf einem einheitlichen Meldevordruck. Das Nähere über den Inhalt des Meldevordrucks und das Mitteilungsverfahren bestimmen die Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger.
(3) Die eingegangenen Beiträge oder Beitragsanteile gelten in der Rentenversicherung als Pflichtbeiträge. Durch den Übergang des Anspruchs auf Ersatz von Beiträgen darf der Versicherte nicht schlechter gestellt werden, als er ohne den Schadenersatzanspruch gestanden hätte.
(4) Die Vereinbarung der Abfindung von Ansprüchen auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung mit einem ihrem Kapitalwert entsprechenden Betrag ist im Einzelfall zulässig. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 gelten für die Mitwirkungspflichten des Geschädigten die §§ 60, 61, 65 Abs. 1 und 3 sowie § 65a des Ersten Buches entsprechend.
Durch die Berücksichtigung rentenrechtlicher Zeiten wird ein Anspruch auf Schadenersatz wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht ausgeschlossen oder gemindert.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin, ein Regionalträger der gesetzlichen Rentenversicherung, hat gegen die Beklagten mit der im Jahre 2007 erhobenen Feststellungsklage Ersatzansprüche aus gemäß § 116 Abs. 1 Satz 1, § 119 Abs. 1 Satz 1 SGB X übergegangenem Recht der Geschädigten S. P. geltend gemacht, die als Sechsjährige bei einem Verkehrsunfall verletzt wurde. Der Beklagte zu 2 bog am 20. Dezember 1995 mit einem bei der Beklagten zu 1 haftpflichtversicherten Lkw, dessen Halterin die Beklagte zu 3 war, in B. von der B.-Straße in die K.Straße ein. Die Geschädigte, die sich zuvor auf dem Gehweg der K.-Straße befunden hatte, lief auf die Fahrbahn und geriet dabei mit dem rechten Fuß unter den rechten hinteren Doppelreifen des Lkw. Sie erlitt eine Bruchverletzung des rechten Fußes sowie eine Luxationsfraktur der Halswirbelsäule. Fünf Minuten später traf ihre Mutter am Unfallort ein.
- 2
- Im Juli 1999 unterzeichneten die Erziehungsberechtigten der Geschädigten eine modifizierte "Abfindungserklärung" der Beklagten zu 1, in der es unter anderem heißt: "Gegen Zahlung eines Betrages von DM 175.000 erkläre(n) ich mich/wir uns zugleich im Namen meiner/unserer Rechtsnachfolger für alle Ansprüche (ausgenommen sind auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangene/übergehende Ansprüche) abgefunden, die mir/uns aus Anlass des oben bezeichneten Schadensfalls gegen … zu- stehen. Damit sind sämtliche Ansprüche endgültig und vollständig abgegolten, und zwar unabhängig davon, ob sie schon entstanden sind oder noch entstehen werden, ob sie vorhersehbar sind und ob alle Folgeschäden in die Vorstellungen der Beteiligten einbezogen sind."
- 3
- Die Geschädigte war jedenfalls bis Juli 2005 nicht Versicherte in der gesetzlichen Rentenversicherung.
- 4
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin aus nach § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X übergegangenem Recht die Schäden zu ersetzen, die ihr dadurch entstehen, dass sie der Geschädigten Leistungen nach dem VI. Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) erbringt. Hinsichtlich nach § 119 Abs. 1 Satz 1 SGB X übergegangener Ansprüche hat es die Berufung zurückgewiesen. Die Beklagten erstreben mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Die Klägerin hat die von ihr eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde und ihre Revision zurückgenommen.
Entscheidungsgründe:
I.
- 5
- Das Berufungsgericht hält einen Schadensersatzanspruch der Geschädigten gemäß §§ 7, 11, 18 StVG a.F., § 3 Nr. 1, 2 PflVG a.F. für gegeben. Es meint, bei dem Unfall habe es sich nicht um ein unabwendbares Ereignis gehandelt. Der von den Beklagten erhobene Einwand des Mitverschuldens sei nicht begründet. Eine grob fahrlässige Aufsichtspflichtverletzung der Mutter der Geschädigten sei nach dem Vortrag der Beklagten nicht gegeben. Der Anspruch der Geschädigten sei nach § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X bereits zum Zeitpunkt des Unfalls auf die Klägerin übergegangen. Die Regressansprüche des Sozialversicherungsträgers müssten nicht nur vor Verfügungen des Geschädigten , sondern auch vor dem Eintritt der Verjährung gesichert werden. Deshalb sei die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach bei Sozialleistungen , die nicht an das Bestehen eines Sozialversicherungsverhältnisses anknüpfen, ein Rechtsübergang auf den Leistungsträger erfolge, sobald nach den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalls Sozialleistungen durch ihn ernsthaft in Betracht zu ziehen seien, auf den gesetzlichen Anspruchsübergang auf den Sozialversicherungsträger zu übertragen. Unerheblich sei, dass der Geschädigte damit gegebenenfalls Ansprüche an einen noch unbekannten Leistungsträger verliere, zu dem noch kein Sozialversicherungsverhältnis bestehe. Eine Leistungspflicht der Klägerin habe hier schon zum Zeitpunkt des Unfalls ernsthaft im Raum gestanden. Da wegen des sofortigen Anspruchsübergangs für den Verjährungsbeginn mithin auf die Kenntnis der Klägerin abzustellen sei, seien die auf sie übergegangenen Schadensersatzansprüche nicht verjährt, denn Kenntnis der anspruchsbegründenden Umstände und des Schuldners habe die zuständige Regressmitarbeiterin der Klägerin frühestens im Jahr 2004 gehabt. Demgegenüber seien nach § 119 Abs. 1 Satz 1 SGB X auf die Klägerin übergegangene Ansprüche verjährt, weil hinsichtlich des Beitragsschadens ein Anspruchsübergang erst zu dem Zeitpunkt erfolge, zu dem der Geschädigte pflichtversichert werde. Für den Beginn der Verjährung sei insoweit deshalb vorliegend nicht die Kenntnis der Klägerin, sondern diejenige der Geschädigten bzw. ihrer gesetzlichen Vertreter maßgeblich, die hier spätestens bei Unterzeichnung des Abfindungsvergleichs im Juli 1999 vorgelegen habe.
II.
- 6
- Das angefochtene Urteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
- 7
- 1. Mit Erfolg wendet sich die Revision dagegen, dass das Berufungsgericht einen Übergang des Schadensersatzanspruchs der Geschädigten auf die Klägerin gemäß § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X bereits für den Zeitpunkt des Unfalls angenommen und den übergegangenen Anspruch mit Rücksicht darauf für nicht verjährt erachtet hat. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts erfolgte ein etwaiger Anspruchsübergang frühestens im August 2005.
- 8
- a) Nach § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X geht ein auf anderen gesetzlichen Vorschriften beruhender Anspruch auf Ersatz des Schadens auf einen Sozialversicherungsträger über, soweit dieser aufgrund des Schadensereignisses Sozialleistungen zu erbringen hat, die der Behebung eines Schadens der gleichen Art dienen und sich auf denselben Zeitraum wie der vom Schädiger zu leistende Schadensersatz beziehen. § 116 SGB X ist mit Wirkung vom 1. Juli 1983 eingeführt worden (vgl. § 120 Abs. 1 SGB X). Die Vorschrift beruht auf dem früheren § 1542 RVO, wobei der inhaltlichen Ausformung der Vorschrift durch die Rechtsprechung Rechnung getragen und Zweifelsfragen entschieden werden sollten; eine Forderung soll bereits im Augenblick des schadenstiftenden Ereignisses übergehen, sofern der Versicherungsträger dem Geschädigten Leistungen zu erbringen haben wird (vgl. die Begründung zum Gesetzentwurf vom 13. Januar 1981, BT-Drucks. 9/95, S. 27 zu § 122).
- 9
- b) Soweit es um einen Träger der Sozialversicherung geht, findet der in § 116 Abs. 1 SGB X normierte Anspruchsübergang in aller Regel bereits im Zeitpunkt des schadenstiftenden Ereignisses statt, da aufgrund des zwischen dem Geschädigten und dem Sozialversicherungsträger bestehenden Sozialversicherungsverhältnisses von vornherein eine Leistungspflicht in Betracht kommt. Es handelt sich um einen Anspruchsübergang dem Grunde nach, der den Sozialversicherungsträger vor Verfügungen des Geschädigten schützt (vgl. Senatsurteile vom 30. November 1955 - VI ZR 211/54, BGHZ 19, 177, 178; vom 8. Juli 2003 - VI ZR 274/02, BGHZ 155, 342, 346; vom 17. Juni 2008 - VI ZR 197/07, VersR 2008, 1350, 1351 und vom 12. April 2011 - VI ZR 150/10, BGHZ 189, 158 Rn. 8, 23; BGH, Urteil vom 10. Juli 1967 - III ZR 78/66, BGHZ 48, 181, 184 ff.). Nach diesen Grundsätzen kann vorliegend ein Anspruchsübergang nicht angenommen werden, denn zum Unfallzeitpunkt bestand noch kein Sozialversicherungsverhältnis zwischen der Geschädigten und der Klägerin.
- 10
- c) Das Berufungsgericht hat für den Zeitpunkt des Anspruchsübergangs demgegenüber die Grundsätze angewandt, die von der Rechtsprechung für Sozialleistungen entwickelt worden sind, die nicht aufgrund eines Sozialversicherungsverhältnisses erbracht werden. Bei solchen Sozialleistungen ist für den Zeitpunkt des Rechtsübergangs maßgebend, dass nach den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalls eine Leistungspflicht ernsthaft in Betracht zu ziehen ist. Das besondere Band des Sozialversicherungsverhältnisses, das in anderen Fällen den Boden für den Forderungsübergang schafft und es ermöglicht , an die Vorhersehbarkeit künftiger Versicherungsleistungen für einen Rechtsübergang nach § 116 SGB X nur geringe Anforderungen zu stellen, muss in diesen Fällen durch andere Umstände ersetzt werden, die auf eine Pflicht zur Erbringung von Sozialleistungen schließen lassen. Ob und wann Leistungen für den Geschädigten ernsthaft in Betracht zu ziehen sind, kann nicht allgemein, sondern nur aufgrund der Umstände des jeweiligen Einzelfalls beantwortet werden. Je nach der gegebenen tatsächlichen Sachlage kann sich daher der Anspruchsübergang auf den Sozialhilfeträger bereits im Unfallzeitpunkt , möglicherweise aber auch erst erheblich später vollziehen. Letzteres ist etwa dann der Fall, wenn die Bedrohung der Sicherung des Arbeitsplatzes durch die Behinderung des Verletzten infolge einer zunächst nicht voraussehbaren Verschlimmerung der Unfallfolgen erst zu einem späteren Zeitpunkt eintritt (vgl. Senatsurteile vom 20. September 1994 - VI ZR 285/93, BGHZ 127, 120, 125 ff.; vom 27. Juni 2006 - VI ZR 337/04, VersR 2006, 1383, 1384 f.; vom 5. Mai 2009 - VI ZR 208/08, VersR 2009, 995 Rn. 6; Bieresborn in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl., § 116 Rn. 4a; Hauck/Noftz/Nehls, SGB X, § 116 Rn. 24 [Stand: Mai 2011]; Geigel/Plagemann, Der Haftpflichtprozess, 26. Aufl., Kap. 30 Rn. 38).
- 11
- d) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts lassen sich die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze für Sozialleistungen, die nicht an das Bestehen eines Sozialversicherungsverhältnisses anknüpfen, nicht auf Sozialleistungen eines Sozialversicherungsträgers übertragen. Bei Sozialleistungen aufgrund eines Sozialversicherungsverhältnisses setzt ein Rechtsübergang zum Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vielmehr voraus, dass zu diesem Zeitpunkt schon ein Versicherungsverhältnis besteht. Denn nur in einem solchen Fall ist bereits im Augenblick des Schadenseintritts die mögliche Leistungspflicht eines Sozialversicherungsträgers für die Beteiligten hinreichend klar überschaubar (vgl. Senatsurteile vom 24. Februar 1983 - VI ZR 243/80, VersR 1983, 536, 537; vom 4. Oktober 1983 - VI ZR 194/81, VersR 1984, 136, 137; vom 14. Februar 1984 - VI ZR 160/82, VersR 1984, 482, 483; vom 20. September 1994 - VI ZR 285/93, BGHZ 127, 120, 124 f.; BGH, Urteil vom 10. Juli 1967 - III ZR 78/66, BGHZ 48, 181, 188; Bieresborn in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl., § 116 Rn. 2 f.; Geigel/Plagemann, Der Haftpflichtprozess, 26. Aufl., Kap. 30 Rn. 33; Himmelreich /Halm/Engelbrecht, Handbuch des Fachanwalts Verkehrsrecht, 4. Aufl., Kap. 31 Rn. 16).
- 12
- Ein Anspruchsübergang auf den Sozialversicherungsträger erfolgt nur dann nicht im Zeitpunkt des Schadenseintritts, wenn die Entstehung einer Leistungspflicht völlig unwahrscheinlich, also geradezu ausgeschlossen ist (vgl. Senatsurteile vom 17. April 1990 - VI ZR 276/89, VersR 1990, 1028, 1029; vom 20. September 1994 - VI ZR 285/93, BGHZ 127, 120, 125; vom 8. Juli 2003 - VI ZR 274/02, BGHZ 155, 342, 346; vom 2. Dezember 2008 - VI ZR 312/07, VersR 2009, 230, 231; vom 12. April 2011 - VI ZR 158/10, aaO, Rn. 8; BGH, Urteil vom 10. Juli 1967 - III ZR 78/66, BGHZ 48, 181, 186).
- 13
- Soweit in der Literatur die Auffassung vertreten wird, für den Anspruchsübergang genüge es, dass nach den Umständen die Begründung eines Sozialversicherungsverhältnisses nicht fernliegend erscheine, wird dies dahin einge- schränkt, es reiche nicht aus, dass die spätere Begründung eines "Sozialleistungsverhältnisses" (gemeint wohl: Sozialversicherungsverhältnisses) lediglich denkbar sei, ohne dass hierfür konkrete Anhaltspunkte vorlägen (KassKomm /Kater, § 116 SGB X Rn. 36 f. [Stand: April 2011]). So soll nach dieser Auffassung ein Anspruchsübergang auf den Krankenversicherungsträger nicht zum Zeitpunkt des Schadenseintritts erfolgen, wenn der Geschädigte zu diesem Zeitpunkt einer privaten Krankenversicherung angehört oder wenn ein Jugendlicher vor Beendigung der Schulzeit geschädigt worden ist, seine spätere Beschäftigung zu diesem Zeitpunkt aber noch offen war (KassKomm/Kater, aaO, Rn. 37).
- 14
- Dem Berufungsgericht ist zuzugeben, dass in Fällen, in denen zum Zeitpunkt des Schadenseintritts noch kein Sozialversicherungsverhältnis bestand und der Anspruchsübergang deshalb erst zu dem Zeitpunkt erfolgt, zu dem eine Leistungspflicht des Sozialversicherungsträgers in Betracht kommt, dessen Rückgriff gemäß § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X daran scheitern kann, dass der Geschädigte über seinen Schadensersatzanspruch - etwa durch Abschluss eines Abfindungsvergleichs - verfügt hat oder aber der Anspruch wegen inzwischen eingetretener Verjährung nicht mehr durchsetzbar ist. Es ist nicht zu verkennen , dass damit das Ziel der gesetzlichen Regelung nicht in allen Fällen erreicht wird, denn Zweck des § 116 SGB X ist es zu vermeiden, dass der Schädiger durch die dem Geschädigten zufließenden Sozialleistungen haftungsfrei gestellt oder aber der Geschädigte doppelt entschädigt (bereichert) wird (vgl. Senatsurteil vom 8. Juli 2003 - VI ZR 274/02, BGHZ 155, 342, 349 mwN, sowie BGH, Beschluss vom 30. März 1953 - GSZ 1/53, 2/53, 3/53, BGHZ 9, 179, 184 ff., zu § 1542 RVO; KassKomm/Kater, § 116 SGB X Rn. 5 ff. [Stand: April 2011]). Bereits der Wille des Gesetzgebers bei der Schaffung des § 1542 RVO war auf eine möglichst weitgehende Entlastung des öffentlichen Versicherungsträgers gerichtet. Dieser und nicht der Schädiger soll durch die vom Gesetz getroffene Regelung geschützt werden. Grundsätzlich verdient daher eine Gesetzesauslegung den Vorzug, die es ermöglicht, den verantwortlichen Schädiger heranzuziehen, und nicht den Schädiger auf Kosten des Sozialversicherungsträgers entlastet (vgl. Senatsurteile vom 30. November 1955 - VI ZR 211/54, BGHZ 19, 177, 183; vom 2. Dezember 2008 - VI ZR 312/07, VersR 2009, 230 Rn. 12).
- 15
- Eine solche Auslegung verbietet sich indessen in den Fällen, in denen zum Zeitpunkt des Schadenseintritts das Entstehen einer Leistungspflicht des Sozialversicherungsträgers bereits deshalb offen ist, weil noch kein Sozialversicherungsverhältnis besteht und auch völlig ungewiss ist, ob ein solches zu einem späteren Zeitpunkt jemals begründet werden wird. Würde es für den Rechtsübergang auf den Sozialversicherungsträger schon genügen, dass nach den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalls seine Leistungspflicht ernsthaft in Betracht zu ziehen ist, würden auch jenem Geschädigten eigene Schadensersatzansprüche genommen, der nicht Mitglied einer Sozialversicherung ist. Er verlöre mithin eigene Ansprüche, ohne im Ausgleich dafür Leistungsansprüche gegen Sozialversicherungsträger zu erlangen (vgl. Fuchs, JZ 2012, 134, 138). Ein Anspruchsübergang auf den Sozialversicherungsträger würde zudem auch die Rückgriffsmöglichkeit privater Versicherer gemäß § 86 Abs. 1 VVG aushöhlen. Dem kann entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht entgegengehalten werden, dass die Mehrzahl der Erwerbstätigen in Deutschland einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgeht. Dem Geschädigten, der zum Zeitpunkt des Schadenseintritts nicht Mitglied einer Sozialversicherung ist, kann sein Schadensersatzanspruch gegen den Schädiger nicht mit der Erwägung abgesprochen werden, die Mehrzahl der Geschädigten sei gesetzlich versichert. Die Gründe, aus denen für Sozialleistungen, die nicht an das Bestehen eines Sozialversicherungsverhältnisses anknüpfen, ein Anspruchsübergang für den Zeitpunkt des Schadenseintritts hergeleitet wird, sind daher entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auf Fallgestaltungen, in denen es um Leistungen von Sozialversicherungsträgern geht, nicht übertragbar.
- 16
- e) Nach diesen Grundsätzen ist der Forderungsübergang auf die Klägerin nach § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X im Streitfall frühestens mit dem Eintritt der Geschädigten in die gesetzliche Rentenversicherung erfolgt, also auch nach dem Klägervortrag nicht vor August 2005. Bis dahin bestand kein Rentenversicherungsverhältnis zwischen der zum Zeitpunkt des Schadenseintritts erst sechs Jahre alten Geschädigten und der Klägerin. Die zukünftige Begründung eines Sozialversicherungsverhältnisses war seinerzeit allenfalls denkbar. Mithin fehlte das besondere Band, das den Boden für den Forderungsübergang schafft (vgl. Senatsurteil vom 20. September 1994 - VI ZR 285/93, BGHZ 127, 120, 125).
- 17
- Wie das Berufungsgericht nicht verkennt, bilden Ansprüche der Geschädigten aus der Rentenversicherung ihrer Mutter kein verbindendes Element für den Forderungsübergang auf die Klägerin als Rentenversicherungsträgerin. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird der Anspruchsübergang nach § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X zwar dadurch nicht berührt, dass später ein anderer Sozialversicherungsträger gleichartige Leistungen zu erbringen hat; in solchen Fällen tritt vielmehr der zweite Sozialversicherungsträger in Bezug auf die Ersatzansprüche des Geschädigten die Rechtsnachfolge des ersten an (vgl. Senatsurteile vom 24. Februar 1983 - VI ZR 243/80, VersR 1983, 536, 537; vom 9. Januar 1990 - VI ZR 86/89, VersR 1990, 437, 439; vom 17. April 1990 - VI ZR 276/89, VersR 1990, 1028, 1029). In der Rentenversicherung besteht jedoch für Kinder kein umfassender Versicherungsschutz, wie er etwa im Krankenversicherungsrecht mit der Familienversicherung nach § 10 SGB V vorgesehen ist. Die Möglichkeit, dass der Rentenversicherungsträger Kindern von Versicherten gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI unter bestimmten Voraussetzungen Leistungen für Heilbehandlungen gewähren kann, ist damit nicht vergleichbar, denn diese Regelung knüpft an das bestehende Versicherungsverhältnis der Eltern an. Im Streitfall bilden Ansprüche der Geschädigten aus einem eigenen Rentenversicherungsverhältnis daher grundsätzlich keine Einheit mit etwaigen Ansprüchen, die zu ihren Gunsten aufgrund des Versicherungsverhältnisses ihrer Mutter bestanden haben.
- 18
- f) Wie die Revision mit Recht geltend macht, hat die von den Beklagten erhobene Einrede der Verjährung Erfolg. Der Lauf der Verjährungsfrist begann spätestens im Juli 1999, so dass spätestens im Juli 2002 Verjährung eingetreten ist. Die Klägerin muss die vor dem Forderungsübergang eingetretene Verjährung gemäß §§ 412, 404 BGB gegen sich gelten lassen (vgl. Senatsurteil vom 4. Oktober 1983 - VI ZR 194/81, VersR 1984, 136, 137; BGH, Urteil vom 10. Juli 1967 - III ZR 78/66, BGHZ 48, 181, 183; Hauck/Noftz/Nehls, § 116 SGB X Rn. 25 [Stand: Mai 2011]).
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- Der Beginn der Verjährung bestimmt sich gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 2 EGBGB nach § 852 Abs. 1 BGB a.F., § 14 StVG, § 3 Nr. 3 PflVG a.F. Gemäß § 852 Abs. 1 BGB a.F. verjährt der Schadensersatzanspruch von dem Zeitpunkt an, in dem der Verletzte von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Schaden im Sinne des § 852 Abs. 1 BGB a.F. als Schadenseinheit zu verstehen. Dies bedeutet, dass bereits die allgemeine Kenntnis von dem Schaden genügt, um die Verjährungsfrist in Lauf zu setzen; wer sie erlangt , dem gelten auch solche Folgezustände als bekannt, die im Zeitpunkt der Erlangung jener Kenntnis nur als möglich voraussehbar waren. Der Grundsatz der Schadenseinheit beruht auf den Geboten der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit. Daraus folgt, dass Ausnahmen von diesem Grundsatz nur in eng begrenzten Fallkonstellationen hinnehmbar sind. Dies gilt für die Fälle, in denen sich schwere Folgezustände bei anscheinend ganz leichten Verletzungen oder vorübergehenden Gesundheitsstörungen erst später unerwartet einstellen (vgl. Senatsurteil vom 3. Juni 1997 - VI ZR 71/96, VersR 1997, 1111 f. mwN).
- 20
- Im Streitfall kommt es gemäß § 166 Abs. 1 BGB auf die Kenntnis der gesetzlichen Vertreter der Geschädigten an (vgl. Senatsurteil vom 13. April 1999 - VI ZR 88/98, VersR 1999, 1126, 1127; MünchKommBGB/Schramm, 6. Aufl., § 166 Rn. 55). Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wussten diese spätestens zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Abfindungsvergleichs im Juli 1999 von dem Schaden und von den Beklagten als Ersatzpflichtigen. Die von der Klägerin pauschal geltend gemachten zukünftigen Schäden waren in dieser Form bereits damals als möglich voraussehbar. Unerwartete Verletzungsfolgen stehen nicht im Raum. Der Lauf der Verjährungsfrist begann daher spätestens mit der Unterzeichnung des Abfindungsvergleichs im Juli 1999. Spätestens im Juli 2002 ist somit die dreijährige Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB, die der Frist des § 852 Abs. 1 BGB a.F. entspricht, abgelaufen (vgl. Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 und 2 und Abs. 3 EGBGB).
- 21
- Auch der gebotene Schutz der Sozialversicherungsträger und deren anerkanntes Interesse an effektiven Rückgriffsmöglichkeiten rechtfertigen keine andere Beurteilung. Zwar hat der Gedanke, den Belangen der Sozialversicherungsträger Rechnung zu tragen, die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Zeitpunkt des Anspruchsübergangs auf den Sozialversicherungsträger entscheidend beeinflusst. Der Gesetzgeber hat jedoch - ausgehend von dem Grundgedanken, dass die Rechtsposition des Schuldners durch einen Forderungsübergang nicht verschlechtert werden darf - in §§ 404, 412 BGB bestimmt, dass dem Schuldner die bestehenden Gegenrechte gegenüber dem Zessionar erhalten bleiben. Davon hat der Gesetzgeber für den Forderungsübergang nach § 116 SGB X keine Ausnahme vorgesehen. Den Gerichten ist es daher verwehrt , die Gesetzesanwendung nach dem Schutzbedürfnis der Sozialversicherungsträger auszurichten, selbst wenn sie dieses Schutzbedürfnis höher bewerten wollten als den Schutz des Schuldners (vgl. Senatsurteil vom 4. Oktober 1983 - VI ZR 194/81, VersR 1984, 136, 137 zu § 1542 RVO). Da die Beklagten gemäß § 214 BGB berechtigt sind, die Leistung zu verweigern, ist der Feststellungsantrag der Klägerin unbegründet.
- 22
- 2. Das angefochtene Urteil ist demnach aufzuheben, soweit zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist. Da für eine abschließende Entscheidung keine weiteren Feststellungen erforderlich sind, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts insgesamt zurückweisen.
- 23
- 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO, §§ 565, 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO. Galke Wellner Pauge Stöhr von Pentz
LG Berlin, Entscheidung vom 20.04.2009 - 59 O 215/07 -
KG Berlin, Entscheidung vom 08.11.2010 - 22 U 106/09 -
(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.
(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.
(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.
Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.
(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem
- 1.
der Anspruch entstanden ist und - 2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren
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ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und - 2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.
(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.
(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsrechtszugs zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
- Die Klägerin, die D. R. B. , macht gegen die beklagte Stadt aus übergegangenem Recht Ansprüche im Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall vom 25. Juni 1989 geltend, aufgrund dessen eine bei ihr versicherte Person einen Gesundheitsschaden erlitt. Die Eintrittspflicht der Beklagten für die Unfallfolgen wegen Verletzung ihrer Verkehrssicherungspflicht steht außer Streit. Mit Wirkung vom 1. April 1990 bewilligte die Klägerin der Geschädigten eine Erwerbsunfähigkeitsrente, wobei in dem Rentenantrag vom 14. August 1990 die Fragen zu 5.7 und 5.8, ob die Erwerbsunfähigkeit ganz oder teilweise durch Unfall oder durch andere Personen herbeigeführt worden sei und Schadensersatzansprüche geltend gemacht worden seien, nicht beant- wortet waren. In einem ebenfalls an die Klägerin gerichteten Antrag vom 23. April 1990 auf Leistungen zur Rehabilitation war die Frage, ob die Leiden - angegeben waren Angstneurose und Beinbruch - Folge einer durch Dritte verursachten Körperverletzung, z.B. eines Verkehrsunfalls, seien, verneint worden. Bei Frage 7 eines Fragebogens zur "Nachprüfung der weiteren Rentenberechtigung" , wann und von wem ein schriftliches ärztliches Gutachten über ihren Gesundheitszustand eingeholt worden sei, gab die Geschädigte am 29. Januar 2000 jeweils untereinander an: "vor 1 Jahr", "Stadt M. ", "Unfallverursacher".
- 2
- Erstmals mit Schreiben vom 5. September 2005 meldete die Klägerin dem Grunde nach einen Regressanspruch bei der Beklagten an, und machte geltend, eine Mitarbeiterin ihrer Leistungsabteilung habe erstmals am 5. Juli 2005 aufgrund eines Anrufs der Rechtsanwältin der Geschädigten von den Umständen erfahren, die sie zu einer Inanspruchnahme der Beklagten berechtigten ; der entsprechende Telefonvermerk sei am 6. Juli 2005 in ihrer Regressabteilung eingegangen. Die Klägerin begehrt die Rückzahlung nach ihrer Darstellung an die Geschädigte erbrachter Rentenzahlungen, sowie die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, weitere bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze zu erbringende Sozialversicherungsleistungen zu erstatten und Beitragsregressansprüche für die Geschädigte zu erfüllen.
- 3
- Das Landgericht hat der am 24. Juni 2008 erhobenen Klage stattgegeben , die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten, die sowohl die Einrede der Verjährung erhoben als auch Verwirkung geltend gemacht hat, ist erfolglos geblieben. Mit ihrer vom Berufungsgericht wegen der Frage der Verwirkung zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.
Entscheidungsgründe
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- Die Revision der Beklagten bleibt ohne Erfolg.
I.
- 5
- Das Berufungsgericht hat sich auf den Standpunkt gestellt, die Klägerin mache zu Recht aus übergegangenem Recht einen Anspruch auf Zahlung von insgesamt 258.881,90 € sowie die Feststellung weiterer Verpflichtungen der Beklagten geltend. Aufgrund des Ergebnisses der durchgeführten Beweisaufnahme sei davon auszugehen, dass die bei der Geschädigten eingetretene dauerhafte Erwerbsunfähigkeit und dramatische Verschlechterung ihres psychischen Zustandes ursächlich auf das Unfallereignis vom 25. Juni 1989 zurück zu führen seien. Hinsichtlich der Höhe der zugesprochenen Ansprüche sei eine Bindungswirkung gemäß § 118 SGB X anzunehmen, so dass keine eigenständige Prüfung mehr habe angestellt werden müssen. Die von der Klägerin beigefügten Unterlagen seien als Nachweis für die tatsächliche Erbringung der behaupteten Leistungen ausreichend. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei Verjährung der geltend gemachten Ansprüche nicht eingetreten. Im Rahmen des noch anzuwendenden § 852 BGB a.F. komme es wegen des sofortigen, bereits im Zeitpunkt der Entstehung der Ansprüche erfolgten gesetzlichen Forderungsübergangs auf die Klägerin allein auf deren Kenntnis an, wobei insoweit allein auf die zuständigen Bediensteten ihrer Regressabteilung abzustellen sei. Ausweislich der vorgelegten Dienstanweisung aus dem Jahre 1988 habe bereits zum damaligen Zeitpunkt eine organisatorische Trennung zwischen Leistungs - und Regressabteilung bestanden; danach habe ein Vorgang schon dann an das Regressdezernat abgegeben werden sollen, wenn aus der Akte zu er- kennen gewesen sei, dass es sich um einen Unfall oder sonst um einen durch andere Personen verursachten Schadensfall gehandelt habe. Die eigentliche Prüfung sei dann allein der Regressabteilung vorbehalten gewesen, die von den maßgeblichen Umständen im Streitfall erstmals am 6. Juli 2005 mit Vorlage der über den Anruf der Rechtsanwältin der Geschädigten gefertigten Telefonnotiz Kenntnis erhalten habe. An dieser Beurteilung ändere auch der Inhalt der im Rentenantrag enthaltenen Fragen zu 5.7 und 5.8 nichts, eine eigenverantwortliche Bearbeitung eines möglichen Regressanspruchs durch die Leistungsabteilung ergebe sich daraus nicht. Entgegen der Auffassung der Beklagten liege ein mit positiver Kenntnis gleichzusetzendes Verhalten auch nicht darin, dass auf die Nichtbeantwortung dieser Fragen keine Reaktion der Leistungsabteilung erfolgt sei. Denn die Geschädigte habe in dem knapp vier Monate zuvor gestellten Antrag auf Leistungen zur Rehabilitation die Frage nach einer durch Dritte verursachten Körperverletzung bereits ausdrücklich verneint. Bezüglich der Angaben vom 29. Januar 2000 in einem weiteren Fragebogen könne offen bleiben , ob insoweit ein Nichtausnutzen sich aufdrängender Erkenntnismöglichkeiten gesehen werden könne, weil es auf etwaige Versäumnisse in der Leistungsabteilung nicht ankomme. Soweit die Beklagte sich auf bei der Klägerin bestehende, eklatante Organisationsmängel berufe, wegen derer ein adäquater Informationsfluss zwischen den Abteilungen nicht habe stattfinden können, stehe dem entgegen, dass die für den rechtsgeschäftlichen Verkehr zu § 166 BGB entwickelten Grundsätze nicht entsprechend anwendbar seien. Die als Wissensvertreterin deshalb allein in Betracht kommende Regressabteilung habe somit die maßgebliche Kenntnis erst am 6. Juli 2005 erhalten. Schließlich könne mangels erforderlichen Umstandsmoments auch keine Verwirkung der geltend gemachten Ansprüche angenommen werden.
II.
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- Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Überprüfung stand.
- 7
- 1. Auch wenn das Berufungsgericht die Revision allein wegen der aus seiner Sicht grundsätzlichen Bedeutung der Frage, ob in einem Fall wie dem vorliegenden Verwirkung angenommen werden könne, zugelassen hat, kann der Senat die Berufungsentscheidung dennoch insgesamt überprüfen. Eine Beschränkung der Zulassung der Revision auf bestimmte Rechtsfragen, etwa wie hier auf die Frage der Verjährung oder die Verwirkung, ist nicht zulässig (vgl. st. Rspr., vgl. BGH, Urteile vom 3. Juni 1987 - IVa ZR 292/85, BGHZ 101, 276, 278 und vom 10. Februar 2011 - VII ZR 71/10, NJW 2011, 1228, Rn. 11, jeweils mwN).
- 8
- 2. Das Berufungsgericht geht zu Recht davon aus, dass die von der Klägerin geltend gemachten und in erster Instanz zuerkannten Ansprüche auch der Höhe nach begründet sind.
- 9
- Soweit die Revision einwendet, das Berufungsgericht habe die Höhe der zugesprochenen Beträge rechtsfehlerhaft beurteilt, geht diese Rüge fehl. Ihre Ansicht, die Beklagte habe die Klageforderung der Höhe nach immer bestritten, wobei dies trotz der Bindungswirkung des § 118 SGB X erheblich sei, ist unzutreffend. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei - wogegen sich die Revision auch ausdrücklich nicht wendet - auf der Grundlage des vorliegenden Beweisergebnisses festgestellt, dass die Erwerbsunfähigkeit der bei der Klägerin versicherten Geschädigten ursächlich auf die Verschlechterung des psychischen Zustands und diese Verschlechterung ursächlich auf den Unfall zurückzuführen sei. Auch wenn sich die Bindungswirkung der ergangenen Rentenbescheide nicht auf die zivilrechtlichen Haftungsvoraussetzungen bezieht, sondern unter anderem die Versicherteneigenschaft des Geschädigten sowie Art und Höhe der Sozialleistung erfasst (vgl. BGH, Urteil vom 5. Mai 2009 - VI ZR 208/08, NJW-RR 2009, 1534, Rn. 13), lässt die Auffassung des Berufungsgerichts Rechtsfehler nicht erkennen. Es durfte aufgrund der aus seiner Sicht erwiesenen Ursächlichkeit des erlittenen Unfalls für den gesundheitlichen Zustand der Geschädigten davon ausgehen, dass diese übergangsfähige Ersatzansprüche wegen eingetretener Erwerbsunfähigkeit gegen die Beklagte als Schädigerin erworben hatte. Demgegenüber war der Sachvortrag der Beklagten insoweit unzureichend und konnte ohne nähere Ausführungen nicht im Sinne der Revision verstanden werden. Er erschöpfte sich letztlich in dem rechtlichen Hinweis auf den Umfang der Bindungswirkung des § 118 SGB X. Entsprechendes gilt zum fiktiven Verdienst der Geschädigten. Die Klägerin hatte im Zusammenhang mit der Berechnung der ihr vermeintlich entgangenen Beträge gemäß § 119 Abs. 1 SGB X auf die seitens der Geschädigten in dem von dieser gegen die Beklagte geführten Parallelverfahren eingereichte Arbeitgeberauskunft verwiesen und entsprechende Berechnungen vorgelegt. Dem ist die Beklagte nicht in erheblicher Weise entgegengetreten. Schon in der Berufungsinstanz hatte sie gegen die tatsächlich gezahlten Beträge und die fiktiven Rentenversicherungsbeiträge nach § 119 Abs. 1 SGB X keine Einwände erhoben. Bei dieser Sachlage ist gegen die Einschätzung des Berufungsgerichts zu Grund und Höhe der geltend gemachten Ansprüche aus Rechtsgründen nichts einzuwenden.
- 10
- 3. Zutreffend hat das Berufungsgericht die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung nicht durchgreifen lassen.
- 11
- a) Die Frage der Verjährung war gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 2 BGB zunächst nach § 852 Abs. 1 BGB a.F. zu beurteilen. Nach Maßgabe dieser Be- stimmung, nach deren Wortlaut die dreijährige Verjährungsfrist beginnt, sobald der Verletzte - oder wie hier: der Anspruchsinhaber - von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt, war auf der Grundlage der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vorliegend keine Anspruchsverjährung eingetreten.
- 12
- aa) Da der Schadenersatzanspruch, soweit er kongruente Leistungen des Trägers der Sozialversicherung umfassen konnte, bereits im Augenblick seiner Entstehung mit dem Schadensereignis gemäß § 116 Abs. 1 SGB X auf die Klägerin übergegangen ist, ist auf deren Kenntnis abzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 25. Juni 1996 - VI ZR 117/95, BGHZ 133, 129, 138; Senatsurteil vom 9. März 2000 - III ZR 198/99, NZV 2000, 255). Nach den von der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für die Anwendung des § 852 Abs. 1 BGB a.F. auf Behörden und öffentliche Körperschaften entwickelten Grundsätzen darf der Klägerin dabei nicht die Kenntnis eines jeden Bediensteten zugerechnet werden; es ist vielmehr jeweils zu prüfen, ob es sich bei dem Betreffenden um einen Wissensvertreter handelt. Das ist nach dem insoweit heranzuziehenden Rechtsgedanken des § 166 Abs. 1 BGB dann der Fall, wenn der informierte Bedienstete vom Anspruchsinhaber mit der Erledigung der betreffenden Angelegenheit, hier also mit der Geltendmachung von Regressansprüchen gegen den Unfallverursacher, in eigener Verantwortung betraut worden ist (st. Rspr., vgl. z. B. BGH, Urteile vom 18. Januar 1994 - VI ZR 190/93, NJW 1994, 1150, 1151, vom 25. Juni 1996, aaO S. 138 f; Senatsurteil vom 9. März 2000, aaO, S. 256, sowie Urteile vom 28. November 2006 - VI ZR 196/05, NJW 2007, 834, Rn. 5 und vom 15. März 2011 - VI ZR 162/10, NZV 2011, 433, Rn. 14). Sind dabei innerhalb der regressbefugten Behörde mehrere Stellen für die Bearbeitung eines Schadensfalls zuständig, kommt es für den Beginn der Verjährung grundsätzlich auf den Kenntnisstand der für die Vorbereitung und Verfolgung des Regressanspruchs zuständigen Bediensteten, d.h., bei Vorhandensein mehrerer Abteilungen, auf den Kenntnisstand der Mitarbeiter der Regressabteilung an (vgl. BGH, Urteile vom 11. Februar 1992 - VI ZR 133/91, NJW 1992, 1755, 1756 sowie vom 28. November 2006 - VI ZR 196/05, aaO). Dass auch die Leistungsabteilung mit dem Schadensfall verantwortlich befasst ist, soweit es um die an den Geschädigten zu erbringenden Leistungen geht, ist demgegenüber regelmäßig ohne Belang, weil diese in der Verantwortung der Leistungsabteilung liegende Tätigkeit nicht auf die Verfolgung von Schadensersatzansprüchen abzielt. Unerlässliche Voraussetzung für eine Wissensvertretung ist daher, dass der betreffende Bedienstete eigenverantwortlich (zumindest ) mit der Vorbereitung von Regressansprüchen betraut ist (vgl. Senatsurteil vom 9. März 2000 - III ZR 198/99, aaO, S. 256).
- 13
- Ob die fehlende Kenntnis der Regressabteilung darauf beruht, dass sie seitens der Leistungsabteilung nicht die entsprechenden Informationen erhalten hat, ist grundsätzlich unerheblich. Die von der Rechtsprechung zu § 166 BGB für den Bereich rechtsgeschäftlichen Handelns entwickelten Grundsätze zur Wissenszurechnung sind auf § 852 Abs. 1 BGB a.F. nicht anwendbar (vgl. z.B. BGH, Urteile vom 25. Juni 1996 - VI ZR 117/95, aaO, S. 139; vom 28. November 2006 - VI ZR 196/05, aaO und vom 27. März 2001 - VI ZR 12/00, BGHReport 2001, 567, 569).
- 14
- bb) Im Streitfall hat das Berufungsgericht unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ohne Rechtsfehler auf den Zeitpunkt der Kenntnisnahme durch die bei der Klägerin eingerichtete Regressabteilung im Jahr 2005 abgestellt. Auch die Revision räumt ein, dass ausweislich einer Dienstanweisung aus dem Jahre 1988 bei der KIägerin bereits zum Zeitpunkt der Bearbeitung des Rentenantrags und weiterer Eingaben der Geschädigten eine Trennung zwischen Leis- tungs- und Regressabteilung bestanden hat. Die außerdem vorgelegten, die Zeit nach 1990 betreffenden Dienstanweisungen bestätigen eine entsprechende Aufteilung der Zuständigkeiten in den jeweiligen Abteilungen. Innerhalb der daraus ersichtlichen behördeninternen Organisation stehen der Leistungsabteilung aber keine Entscheidungsbefugnisse hinsichtlich der Geltendmachung von Regressansprüchen zu. Entgegen der Auffassung der Revision ist der Inhalt der in dem Rentenantrag zu Ziffer 5.7 und 5.8 enthaltenen Fragen, ob die Erwerbsunfähigkeit ganz oder teilweise durch Unfall oder durch andere Personen herbeigeführt worden ist und Schadensersatzansprüche geltend gemacht worden sind, nicht geeignet, eine vorgelagerte, eigenverantwortlichen Prüfung der Regressmöglichkeiten durch die Leistungsabteilung zu begründen. Vielmehr sollte ausweislich der Dienstanweisung bereits aus dem Jahre 1988 ein Vorgang schon dann an das Regressdezernat weitergeleitet werden, wenn aus der Akte zu erkennen gewesen ist, dass es sich um einen Unfall oder sonst durch andere Personen verursachten Schadensfall handelte. Die eigentliche Prüfung der Angelegenheit sollte danach erkennbar der Regressabteilung vorbehalten sein. Zwar hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass gewissermaßen ein automatisiertes Verfahren mit Übersendung eines Unfallfragebogens vorgesehen sei, wenn aus den Antworten auf die genannten Fragen auf ein durch Dritte verursachtes Schadensereignis zu schließen sei. Daraus ergab sich jedoch keine eigenverantwortliche Bearbeitung von möglichen Regressansprüchen und keine Verpflichtung der Leistungsabteilung, etwa allgemein weitere Erkundigungen einzuholen. Allenfalls war damit eine für die Annahme einer Wissensvertretung unerhebliche Vorprüfung und Arbeitsvereinfachung verbunden. Auch die Beklagte hat nicht behauptet, die Mitarbeiter der Leistungsabteilung hätten diesen Fragebogen nach Eingang auswerten und eigenständig bearbeiten sollen.
- 15
- cc) Fehl gehen die in diesem Zusammenhang erhobenen Rügen der Revision , das (Fehl-)Verhalten der Leistungsabteilung, die weder auf die Nichtbeantwortung der Fragen in 5.7 und 5.8 im Rentenantrag noch auf die in dem Fragebogen vom 29. Januar 2000 enthaltene Angabe, die Beklagte habe als "Unfallverursacher" bereits ein ärztliches Gutachten eingeholt, irgendeine Reaktion gezeigt habe, sei positiver Kenntnis gleichzusetzen. Soweit die Revision auf die Rechtsprechung Bezug nimmt, wonach § 852 Abs. 1 BGB a.F. auch dann ausnahmsweise anzuwenden ist, wenn die Möglichkeit bestand, sich die erforderlichen Kenntnisse in zumutbarer Weise ohne nennenswerte Mühe zu beschaffen, ist zu betonen, dass dies nur für Fälle gilt, in denen es der Geschädigte versäumt, eine gleichsam auf der Hand liegende Erkenntnismöglichkeit wahrzunehmen (vgl. z. B. BGH, Urteil vom 9. Juli 1996 - VI ZR 5/95, BGHZ 133, 192, 198 f, und vom 28. November 2006 - VI ZR 196/05, aaO). Ob nach diesem Maßstab die angeführte Rechtsprechung vorliegend überhaupt herangezogen werden könnte - das Berufungsgericht hat dies in Bezug auf den Rentenantrag verneint und hinsichtlich des Fragebogens dahinstehen lassen - kann offenbleiben. Denn es kommt - wie ausgeführt und auch vom Berufungsgericht zutreffend ebenso gesehen - vorliegend allein auf den Kenntnisstand und das Verhalten der Mitglieder der Regressabteilung an.
- 16
- b) Eine andere Beurteilung ergibt sich nicht mit Blick auf die zum 1. Januar 2002 in Kraft getretene Schuldrechtsmodernisierung und die damit verbundenen Änderungen des Verjährungsrechts. Gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 EGBGB gilt seit diesem Zeitpunkt für bis dahin - wie hier - nicht verjährte Schadensersatzansprüche die dreijährige Regelverjährung des § 195 BGB n.F. Dabei setzt der Beginn der Frist das Vorliegen der subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB n.F. voraus, der Gläubiger muss also von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt haben oder seine diesbezügliche Unkenntnis muss auf grober Fahrlässigkeit beruhen.
- 17
- aa) Im Hinblick darauf, dass der Gesetzgeber in dieser Vorschrift im Vergleich zur Regelung in § 852 Abs. 1 BGB a.F. nunmehr das subjektive Merkmal der grob fahrlässigen Unkenntnis hinzugefügt hat, haben sich in Literatur und Rechtsprechung zu den Auswirkungen der Gesetzesänderung auf die vorliegende Fallkonstellation unterschiedliche Auffassungen gebildet. Dabei wird vielfach die Meinung vertreten, dass sich die bisherige Rechtsprechung zu § 852 Abs. 1 BGB a.F. unter Geltung des neuen Rechts in ihrer Allgemeinheit nicht mehr halten lasse (so z.B. MünchKommBGB/Grothe, 5. Aufl., § 199, Rn. 31, 34, Staudinger/Peters/Jacoby, BGB, Neubearbeitung 2009, § 199, Rn. 59; dahin tendierend auch Palandt/Ellenberger, BGB, 70. Aufl., § 199, Rn. 49; Erman/ Schmidt-Ränsch, BGB, 13. Aufl., § 199, Rn. 14; zweifelnd PWW/Kesseler, BGB, 3. Aufl. § 199 Rn. 121; für die Beibehaltung der Rechtsprechungsgrundsätze sprechen sich dagegen Henrich/Spindler in BeckOK/BGB, Stand 1. März 2011, § 199, Rn. 35 f und Lakkis, in jurisPK-BGB, 5. Aufl., § 199 Rn. 69 f aus). In diesem Zusammenhang wird vor allem hervorgehoben, dass im Unterschied zur bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGH, Urteile vom 22. April 1986 - VI ZR 133/85, NJW 1986, 2315, 2316 und vom 11. Februar 1992 - VI ZR 133/91, aaO) die Verjährung auch dann beginnt, wenn die fehlende Kenntnis der zuständigen Abteilung auf einem - den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit rechtfertigenden - Organisationsmangel beruht (vgl. auch Krämer, ZGS 2003, 379, 381; OLG Saarbrücken, Urteil vom 31. August 2010 - 4 U 550/09, juris, Rn. 46 f; weitergehend OLG Hamm, RuS 2011, 225, Rn. 48 f).
- 18
- bb) Mit der Einführung des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist keine so maßgebliche Änderung der Rechtslage eingetreten, als dass an der bisherigen Recht- sprechung zu § 852 Abs. 1 BGB a.F. nicht mehr festgehalten werden könnte. Dies gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - nur ein individuelles Fehlverhalten der Mitglieder der Leistungsabteilung in Rede steht und für einen Organisationsmangel kein hinreichender Anhalt besteht.
- 19
- Soweit die Revisionsklägerin erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat gerügt hat, ein grundlegender Organisationsmangel bestehe darin, dass die Regressabteilung nicht bei allen Vorgängen von Anfang an - auch ohne Vorliegen von Anhaltspunkten für ein Fremdverschulden - beteiligt werde, um so in jedem Einzelfall eine Prüfung zu gewährleisten, ob ein Regress in Betracht kommen könne, handelt es sich um neues Vorbringen. Davon abgesehen ist es ohne Weiteres als ausreichend anzusehen, wenn in den von der Klägerin vorgelegten Arbeitsanweisungen vorgegeben wird, einen Vorgang erst beziehungsweise nur dann an das Regressdezernat abzugeben , wenn aus der Akte zu erkennen ist, dass es sich um einen Unfall oder sonst um einen durch dritte Personen verursachten Schadensfall handelt.
- 20
- Eine auf grober Fahrlässigkeit beruhende Unkenntnis der Mitglieder der Leistungsabteilung vermag bei Vorhandensein einer eigenen Regressabteilung mithin auch nach neuem Recht die Verjährungsfrist nicht in Lauf zu setzen. Dies entspricht auch der Auffassung des VI. Zivilsenats, auch wenn in den einschlägigen Entscheidungen zum neuen Recht auf den Meinungsstand in der Literatur nicht eingegangen wird (vgl. Urteile vom 12. Mai 2009 - VI ZR 294/08, NJW-RR 2009, 1471, Rn. 12 und vom 15. März 2011 - VI ZR 162/10, aaO, Rn. 11).
- 21
- (1) Auch wenn nunmehr grob fahrlässige Unkenntnis die Verjährungsfrist in Lauf setzen kann, lässt sich bezüglich der Wissenszurechnung bei arbeitstei- lig organisierten Behörden und öffentlichen Körperschaften für deliktsrechtliche Ansprüche auf die bisherige Rechtsprechung zurückgreifen. Zwar erfasst § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB, der § 852 Abs. 1 BGB a.F. nachgebildet ist (vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 107), nicht nur deliktische, sondern auch rechtsgeschäftliche Ansprüche und geht das subjektive Merkmal der groben Fahrlässigkeit weiter als die Fälle der Versäumung gleichsam auf der Hand liegender Erkenntnismöglichkeiten , die in Anwendung des Rechtsgedankens des § 162 BGB der positiven Kenntnis bislang gleichgestellt worden sind (vgl. z.B. BGH, Urteile vom 18. Januar 2000 - VI ZR 375/98, NJW 2000, 953, vom 14. Oktober 2003 - VI ZR 379/02, NJW 2004, 510, 511 und vom 28. November 2006 - VI ZR 196/05, aaO, Rn. 8). Indessen lässt sich den Gesetzesmaterialien nicht entnehmen, dass nunmehr bei arbeitsteiliger Organisation in Behörden und juristischen Personen des öffentlichen Rechts höhere Anforderungen an den Gläubiger gestellt werden sollen. Zwar wird darin von einer Erweiterung des Merkmals der Kenntniserlangung um die grob fahrlässige Unkenntnis gesprochen (vgl. BT-Drucks. aaO, S. 108). Zugleich wird aber auf die bisherige Rechtsprechung, die darin begründeten "Auflockerungstendenzen", die bereits damals geltende und entsprechend ausgestaltete Vorschrift des § 12 ProdHaftG sowie den Rechtsgedanken des § 277 BGB hingewiesen (BT-Drucks., aaO, S. 108). Der Gesetzgeber wollte mithin mit der Gesetzesänderung vor allem die praktischen Ergebnisse der Rechtsprechung zu § 852 BGB a.F. nachvollziehen und in § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB integrieren, aber nicht in die Rechtsprechung zur Frage, ob und in welchem Umfang bei bestimmten Personen vorhandenes Wissen der "dahinter stehenden" juristischen Person oder Körperschaft zuzurechnen ist, korrigierend eingreifen. Angesichts dessen kann es auch nach neuem Recht bei den hergebrachten Grundsätzen der Wissenszurechnung verbleiben, die weder im Wortlaut des § 852 Abs. 1 BGB a.F. noch in dem des § 199 BGB n.F. angelegt sind, sondern auf den Wertungen des - von der Schuldrechtsmodernisierung unbe- rührt gebliebenen - § 166 BGB beruhen. Danach rechtfertigen insbesondere Verkehrsschutzgesichtspunkte nach wie vor eine unterschiedliche Behandlung der Verjährungsfrage bei deliktischer und vertraglicher Haftung.
- 22
- (2) Dieser Beurteilung steht auch nicht die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 1. Juli 2010 (B 13 R 67/09 R - BeckRS 2010, 72664, Rn. 23) entgegen. Diese betrifft den Verschuldensmaßstab des § 24 Abs. 2 SGB IV und die Frage, ob bei Körperschaften des öffentlichen Rechts das Außerachtlassen ausreichender organisatorischer Vorkehrungen eine unverschuldete Unkenntnis im Sinne dieser Vorschrift darstellen kann. Um einen vergleichbaren Sachverhalt geht es vorliegend nicht, so dass sich der Senat zu dieser Entscheidung nicht in Widerspruch setzt.
- 23
- c) Im Streitfall lag damit Kenntnis der fraglichen Umstände in der allein maßgeblichen Regressabteilung erstmals am 6. Juli 2005 mit Erhalt der über den Anruf der Rechtsanwältin der Geschädigten gefertigten Telefonnotiz vor. Da Anhaltspunkte für eine grob fahrlässige Unkenntnis von Mitarbeitern dieser Abteilung nicht ersichtlich sind, begann die Verjährung der von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche mit Ende des Jahres 2005 und hätte mit Ablauf des 31. Dezember 2008 geendet. Durch die Klageerhebung am 24. Juni 2008 ist sie rechtzeitig gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt worden.
- 24
- 4. Die Annahme des Berufungsgerichts, es liege mangels Vorliegens des erforderlichen Umstandsmoments auch keine Verwirkung vor, wird von der Revision nicht angegriffen; die insoweit vorgenommene tatrichterliche Würdigung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden (vgl. BGH, Urteile vom 11. Februar 1992 - VI ZR 133/91, NJW 1992, 1755, 1756, und vom 14. November 2002 - VII ZR 23/02, NJW 2003, 824). Somit war die Revision insgesamt zurückzuweisen.
Seiters Tombrink
Vorinstanzen:
LG Münster, Entscheidung vom 09.12.2009 - 12 O 274/08 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 30.11.2010 - I-9 U 19/10 -
Befindet sich die Urkunde nach der Behauptung des Beweisführers in den Händen des Gegners, so wird der Beweis durch den Antrag angetreten, dem Gegner die Vorlegung der Urkunde aufzugeben.
Der Gegner ist zur Vorlegung der Urkunde verpflichtet, wenn der Beweisführer nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts die Herausgabe oder die Vorlegung der Urkunde verlangen kann.
Der Gegner ist auch zur Vorlegung der in seinen Händen befindlichen Urkunden verpflichtet, auf die er im Prozess zur Beweisführung Bezug genommen hat, selbst wenn es nur in einem vorbereitenden Schriftsatz geschehen ist.
(1) Jeder hat Anspruch darauf, dass die ihn betreffenden Sozialdaten (§ 67 Absatz 2 Zehntes Buch) von den Leistungsträgern nicht unbefugt verarbeitet werden (Sozialgeheimnis). Die Wahrung des Sozialgeheimnisses umfasst die Verpflichtung, auch innerhalb des Leistungsträgers sicherzustellen, dass die Sozialdaten nur Befugten zugänglich sind oder nur an diese weitergegeben werden. Sozialdaten der Beschäftigten und ihrer Angehörigen dürfen Personen, die Personalentscheidungen treffen oder daran mitwirken können, weder zugänglich sein noch von Zugriffsberechtigten weitergegeben werden. Der Anspruch richtet sich auch gegen die Verbände der Leistungsträger, die Arbeitsgemeinschaften der Leistungsträger und ihrer Verbände, die Datenstelle der Rentenversicherung, die in diesem Gesetzbuch genannten öffentlich-rechtlichen Vereinigungen, Integrationsfachdienste, die Künstlersozialkasse, die Deutsche Post AG, soweit sie mit der Berechnung oder Auszahlung von Sozialleistungen betraut ist, die Behörden der Zollverwaltung, soweit sie Aufgaben nach § 2 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes und § 66 des Zehnten Buches durchführen, die Versicherungsämter und Gemeindebehörden sowie die anerkannten Adoptionsvermittlungsstellen (§ 2 Absatz 3 des Adoptionsvermittlungsgesetzes), soweit sie Aufgaben nach diesem Gesetzbuch wahrnehmen, und die Stellen, die Aufgaben nach § 67c Absatz 3 des Zehnten Buches wahrnehmen. Die Beschäftigten haben auch nach Beendigung ihrer Tätigkeit bei den genannten Stellen das Sozialgeheimnis zu wahren.
(2) Die Vorschriften des Zweiten Kapitels des Zehnten Buches und der übrigen Bücher des Sozialgesetzbuches regeln die Verarbeitung von Sozialdaten abschließend, soweit nicht die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) in der jeweils geltenden Fassung unmittelbar gilt. Für die Verarbeitungen von Sozialdaten im Rahmen von nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung (EU) 2016/679 fallenden Tätigkeiten finden die Verordnung (EU) 2016/679 und dieses Gesetz entsprechende Anwendung, soweit nicht in diesem oder einem anderen Gesetz Abweichendes geregelt ist.
(2a) Die Verpflichtung zur Wahrung gesetzlicher Geheimhaltungspflichten oder von Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnissen, die nicht auf gesetzlichen Vorschriften beruhen, bleibt unberührt.
(3) Soweit eine Übermittlung von Sozialdaten nicht zulässig ist, besteht keine Auskunftspflicht, keine Zeugnispflicht und keine Pflicht zur Vorlegung oder Auslieferung von Schriftstücken, nicht automatisierten Dateisystemen und automatisiert verarbeiteten Sozialdaten.
(4) Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse stehen Sozialdaten gleich.
(5) Sozialdaten Verstorbener dürfen nach Maßgabe des Zweiten Kapitels des Zehnten Buches verarbeitet werden. Sie dürfen außerdem verarbeitet werden, wenn schutzwürdige Interessen des Verstorbenen oder seiner Angehörigen dadurch nicht beeinträchtigt werden können.
(6) Die Absätze 1 bis 5 finden neben den in Absatz 1 genannten Stellen auch Anwendung auf solche Verantwortliche oder deren Auftragsverarbeiter,
- 1.
die Sozialdaten im Inland verarbeiten, sofern die Verarbeitung nicht im Rahmen einer Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum erfolgt, oder - 2.
die Sozialdaten im Rahmen der Tätigkeiten einer inländischen Niederlassung verarbeiten.
(7) Bei der Verarbeitung zu Zwecken gemäß Artikel 2 der Verordnung (EU) 2016/679 stehen die Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum und die Schweiz den Mitgliedstaaten der Europäischen Union gleich. Andere Staaten gelten insoweit als Drittstaaten.
Ist der Versicherer gegenüber dem Versicherungsnehmer nicht zur Leistung verpflichtet, weil das Fahrzeug den Bau- und Betriebsvorschriften der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung nicht entsprach oder von einem unberechtigten Fahrer oder von einem Fahrer ohne die vorgeschriebene Fahrerlaubnis geführt wurde, kann der Versicherer den Dritten abweichend von § 117 Abs. 3 Satz 2 des Versicherungsvertragsgesetzes nicht auf die Möglichkeit verweisen, Ersatz seines Schadens von einem anderen Schadensversicherer oder von einem Sozialversicherungsträger zu erlangen. Soweit der Dritte jedoch von einem nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 von der Versicherungspflicht befreiten Fahrzeughalter Ersatz seines Schadens erlangen kann, entfällt die Leistungspflicht des Versicherers.
(1) Der Dritte kann seinen Anspruch auf Schadensersatz auch gegen den Versicherer geltend machen,
- 1.
wenn es sich um eine Haftpflichtversicherung zur Erfüllung einer nach dem Pflichtversicherungsgesetz bestehenden Versicherungspflicht handelt oder - 2.
wenn über das Vermögen des Versicherungsnehmers das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist oder ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt worden ist oder - 3.
wenn der Aufenthalt des Versicherungsnehmers unbekannt ist.
(2) Der Anspruch nach Absatz 1 unterliegt der gleichen Verjährung wie der Schadensersatzanspruch gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer. Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem die Verjährung des Schadensersatzanspruchs gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer beginnt; sie endet jedoch spätestens nach zehn Jahren von dem Eintritt des Schadens an. Ist der Anspruch des Dritten bei dem Versicherer angemeldet worden, ist die Verjährung bis zu dem Zeitpunkt gehemmt, zu dem die Entscheidung des Versicherers dem Anspruchsteller in Textform zugeht. Die Hemmung, die Ablaufhemmung und der Neubeginn der Verjährung des Anspruchs gegen den Versicherer wirken auch gegenüber dem ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer und umgekehrt.
Ist der Versicherer gegenüber dem Versicherungsnehmer nicht zur Leistung verpflichtet, weil das Fahrzeug den Bau- und Betriebsvorschriften der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung nicht entsprach oder von einem unberechtigten Fahrer oder von einem Fahrer ohne die vorgeschriebene Fahrerlaubnis geführt wurde, kann der Versicherer den Dritten abweichend von § 117 Abs. 3 Satz 2 des Versicherungsvertragsgesetzes nicht auf die Möglichkeit verweisen, Ersatz seines Schadens von einem anderen Schadensversicherer oder von einem Sozialversicherungsträger zu erlangen. Soweit der Dritte jedoch von einem nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 von der Versicherungspflicht befreiten Fahrzeughalter Ersatz seines Schadens erlangen kann, entfällt die Leistungspflicht des Versicherers.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.