Oberlandesgericht Hamm Urteil, 28. Jan. 2014 - 19 U 107/13
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 12. Juni 2013 verkündete Urteil der V. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Dortmund wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist ebenso wie das vorgenannte Urteil des Landgerichts ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Gründe:
2I.
3Gemäß § 540 Abs.1 ZPO wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen, soweit sich aus dem Nachfolgenden nichts Anderes ergibt.
4Gegen dieses Urteil richtet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie ihre erstinstanzlichen Anträge hinsichtlich der Klage und Widerklage vollumfänglich weiterverfolgt.
5Zur Begründung führt sie aus, dass das Landgericht zunächst unzutreffend davon ausgegangen sei, dass es sich bei den in den Verträgen vom 13./21.06.2007 und vom 06./16.05.2008 genannten Gegenleistungen um Bruttobeträge handeln würde, aus denen eine Umsatzsteuer herauszurechnen sei. Hinsichtlich des Vertrages vom 13./21.06.2007 folge aus der Formulierung in § 3 Nr.2 des Vertrages, dass es sich bei dem Vertragspreis um einen Nettobetrag handele. Auch hinsichtlich des Vertrages vom 06./16.05.2008 sei von einer Nettopreisvereinbarung auszugehen, da die Parteien eine solche Vereinbarung gewollt hätten. Zudem sei die Angabe von Nettopreisen branchenüblich.
6Entgegen der Ansicht des Landgerichts seien ihre Leistungen aus den drei streitgegenständlichen Verträgen in Deutschland zu versteuern, so dass sie gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung der Umsatzsteuer habe. Die Auffassung des Landgerichts, wonach es sich bei den Leistungen nicht um Sportveranstaltungen, sondern um Werbeleistungen i.S.v. § 3a Abs.4 S.2 Nr.2 UStG handele, sei unzutreffend. Maßgebend sei nämlich, dass den geplanten Werbemaßnahmen eine Sportveranstaltung zugrunde gelegen habe, ohne die die Werbemaßnahmen nicht möglich und sinnlos gewesen seien. Erst das Sportereignis schaffe das Produkt, welches auf das Interesse des Zuschauers stoße und damit werbetechnisch interessant sei. Die wesentliche Leistung der Klägerin sei daher die Durchführung der Fußballspiele gewesen. Jedenfalls bei einer vorzunehmenden Gesamtbetrachtung sei für die Leistungen aus allen drei Verträgen Deutschland, insbesondere das Fußballstadion der Klägerin als Leistungsort anzusehen. Demnach sei die Auskunft des Finanzamtes Es mit Schreiben vom 17.10.2007 zutreffend. Auch wenn diese Ausführungen des Finanzamtes nur den Vertrag vom 13./21.06.2007 betroffen hätten, würden sie entsprechend für die Verträge vom 11./16.07.2007 und vom 06./16.05.2008 gelten. Das Landgericht habe ferner den Unterschied zwischen klassischer Werbung und Sponsoring verkannt. Dem Sponsor gehe es darum, die Zuschauer einer Veranstaltung zu erreichen, um für sein Produkt zu werben. Daraus folge, dass maßgeblich auf die Erbringung der sportlichen Leistung abzustellen sei.
7Das Landgericht habe eine Steuerpflichtigkeit der Leistungen in Deutschland nicht selbstständig prüfen dürfen, da es an die Rechtsauffassung des Finanzamtes E im Schreiben vom 17.10.2007 sowie an die Umsatzsteuerbescheide gebunden gewesen sei. Zivilgerichte seien sowohl an bestandskräftige Steuerbescheide der Finanzbehörden als auch an die Äußerung einer unmissverständlichen Rechtsauffassung durch die Finanzbehörden gebunden, da ansonsten die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen bestehe und das Zivilgericht die Grenzen seiner Zuständigkeit überschreiten würde. Die Festsetzung der Umsatzsteuer sei grundsätzlich auch im Verhältnis zwischen Unternehmer und Abnehmer maßgeblich. Die Auskunft des Finanzamtes habe aufgrund des gleichen Sachverhalts auch Bindungswirkung für die Verträge vom 11./16.07.2007 und vom 06./16.05.2008 gehabt. Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei sie auch nicht verpflichtet gewesen, die Auffassung des Finanzamtes durch die Einlegung von Rechtsbehelfen überprüfen zu lassen.
8Die Klägerin beantragt,
9das angefochtene Urteil des Landgerichts Dortmund vom 12.06.2013 abzuändern und
10a)
11die Beklagte zu verurteilen,
12(1)
13an sie 39.360,87 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.02.2009 zuzüglich Mahnauslagen i.H.v. 10,00 € zu zahlen.
14(2)
15an sie die außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren ihrer Prozessbevollmächtigten i.H.v. 1.192,60 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.02.2009 zu zahlen.
16b)
17die Widerklage abzuweisen.
18Die Beklagte beantragt,
19die Berufung zurückzuweisen.
20Sie verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages das erstinstanzliche Urteil.
21II.
22Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
23Zutreffend hat das Landgericht die Klage abgewiesen und die Klägerin aufgrund der Widerklage zur Zahlung i.H.v. 1.299,13 € nebst Zinsen an die Beklagte verurteilt.
241.
25Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von Umsatzsteuer i.H.v. 39.360,87 € aus den drei streitgegenständlichen Verträgen.
26a)
27Zwar handelt es sich bei den jeweiligen Regelungen über die Gegenleistung in den Verträgen vom 13./21.06.2007 und vom 11./16.07.2007 um Nettopreisvereinbarungen, was eine Grundvoraussetzung für den Anspruch auf Zahlung von Umsatzsteuer auf die in den Verträgen genannten Beträge ist.
28Allerdings umfasst ein vereinbarter Vertragspreis grundsätzlich auch die Umsatzsteuer als unselbstständigen Teil, die also ohne eine besondere Vereinbarung nicht hinzugerechnet werden darf. Dies gilt unabhängig davon, ob die Vertragsparteien Verbraucher oder Unternehmer sind (Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage 2012, § 433 BGB Rn. 26). Sollen sich die angegebenen Preise als Nettopreise verstehen, ist das mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck zu bringen (Staudinger, Neubearbeitung 2013, § 632 BGB Rn. 31). Demnach kommt es hinsichtlich der Frage, ob die vereinbarten Preise als Brutto- oder Nettopreise anzusehen sind, auf die Vereinbarung der Parteien an.
29Ein Handelsbrauch dahingehend, dass bei Verträgen unter Unternehmern, die beide vorsteuerabzugsberechtigt sind, die angegebenen Preise Nettopreise sind, ist abzulehnen (BGH, Urteil vom 11.05.2001, Az. V ZR 492/99; Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage 2012, § 433 BGB Rn. 27; a.A. Staudinger, Neubearbeitung 2013, § 632 BGB Rn. 31). Die Klägerin hat nicht substantiiert dargelegt, dass bei Verträgen der streitgegenständlichen Art mit Vertragspartnern aus unterschiedlichen Ländern ein solcher Handelsbrauch existiert. Überdies würde ein solcher Handelsbrauch auch vorliegend keine Anwendung finden, da die Parteien die Frage der Verpflichtung zur Zahlung der Umsatzsteuer zumindest teilweise ausdrücklich geregelt haben. Sollte daher bei einem oder mehreren Verträgen eine solche Regelung fehlen, ist dies als gewollt anzusehen und kann nicht durch einen etwaig bestehenden Handelsbrauch korrigiert werden.
30(1)
31Hinsichtlich des Vertrages vom 13./21.06.2007 folgt jedoch aus dem Wortlaut der Regelung über die Gegenleistung in § 3, dass es sich diesbezüglich um eine Nettopreisvereinbarung handelt.
32§ 3 des Vertrages lautet:
33"Die Gegenleistung für die in § 1 genannten Leistungen belaufen sich auf € 170.000,--. Von der vorgenannten Gegenleistung erbringt der KUNDE Gegenleistungen in Höhe von € 170.000,--.
34....
352. Soweit nicht ausdrücklich anders festgelegt, verstehen sich sämtliche vertragsgegenständlichen Beträge zusätzlich .... etwaiger anfallender Steuern und sonstiger fiskalischer Abgaben."
36Durch diese Regelung haben die Parteien hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass zu dem Vertragspreis i.H.v. 170.000,00 € etwaig anfallende Steuern hinzukommen sollten und eben kein abschließender Bruttopreis gewollt ist.
37Soweit das Landgericht in dem angegriffenen Urteil als auch das Finanzgericht Münster in dem Urteil vom 01.03.2012 von einem abweichenden Wortlaut ausgehen, lässt sich dies nicht mit der zur Gerichtsakte gereichten Kopie des Vertrages vom 13./21.06.2007 in Einklang bringen.
38(2)
39Bei dem Vertrag vom 11./16.07.2007 liegt nach dem Wortlaut unstreitig eine Nettopreisvereinbarung vor. Dies folgt aus Nr. 3.2 des Vertrages, wonach der Kunde, also die Beklagte, den Gesamtbetrag plus die zu entrichtende Umsatzsteuer nach Rechnungsstellung zu zahlen hat. Daraus ergibt sich, dass die Beklagte neben der Zahlung des im Vertrag genannten Betrages auch zur Zahlung der diesbezüglichen Umsatzteuer verpflichtet sein sollte, wenn eine solche anfällt.
40(3)
41Dagegen beinhaltet der Wortlaut des Vertrages vom 06.05./16.05.2008 eine Bruttopreisvereinbarung. Dort haben die Parteien in Nr.3 des Vertrages vereinbart, dass die Beklagte zur Zahlung eines Gesamtbetrages i.H.v. 24.000,00 € verpflichtet ist. Da folglich keine Nettopreisvereinbarung getroffen worden ist, ist entsprechend den dargestellten Grundsätzen von einer Bruttopreisvereinbarung auszugehen. Auch aus einer Gesamtschau der Verträge folgt nicht, dass die Vereinbarung in diesem Vertrag ebenfalls als Nettopreisvereinbarung anzusehen ist. Das Argument, dass in den anderen beiden Verträgen Nettopreise vereinbart worden sind, ist nicht aussagekräftig. Es kann sowohl dafür sprechen, dass eine Nettopreisvereinbarung auch für diesen Vertrag gewollt wurde, irrtümlich aber nicht vereinbart worden ist. Es kann aber auch dafür sprechen, dass in diesem Vertrag bewusst kein Nettopreis vereinbart wurde. Insoweit verbleibt es bei dem Grundsatz, dass Beträge ohne besondere Vereinbarung grundsätzlich als Bruttopreise anzusehen sind.
42Zwar kann auch bei Nichtvorliegen einer Nettopreisvereinbarung der Verkäufer von dem Käufer aufgrund einer ergänzenden Vertragsauslegung regelmäßig zusätzlich die Umsatzsteuer verlangen, wenn beide Parteien übereinstimmend irrtümlich angenommen haben, dass keine Umsatzsteuer anfalle (BGH, Urteil vom 14.01.2000, Az. V ZR 416/97). Hier sind die Parteien ausweislich der Anlage zu dem Vertrag übereinstimmend davon ausgegangen, dass die Leistung in Deutschland nicht steuerbar ist. Ein solcher Anspruch setzt jedoch voraus, dass entgegen der Vorstellung der Parteien die geschuldeten Leistungen der deutschen Umsatzsteuer unterliegen, was vorliegend nicht der Fall ist.
43b)
44Die Beklagte ist nach materiellem Steuerrecht nicht zur Zahlung von Umsatzsteuer auf die in den Verträgen genannten Gegenleistungsbeträge verpflichtet.
45(1)
46Eine Zahlungspflicht der Beklagten zur Zahlung der Umsatzsteuer folgt nicht bereits aus dem Umstand, dass die Klägerin sie in den vier streitgegenständlichen Rechnungen ausgewiesen hat. Zwar schuldet die Klägerin gegenüber dem Finanzamt bereits aufgrund des Ausweises der Umsatzsteuer - unabhängig von der Frage der materiellen Richtigkeit dieses Ausweises, also auch bei einem unrichtigen oder unberechtigten Steuerausweis - gem. § 14c Abs.1 S.1, Abs.2 S.1 UStG den ausgewiesenen Mehrbetrag. Diese Verpflichtung besteht jedoch nur im steuerrechtlichen Verhältnis zwischen der Klägerin und dem Finanzamt und führt nicht dazu, dass die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer allein aus diesem Grund an die Beklagte weitergegeben werden kann.
47Auch ohne eine besondere Vereinbarung ist davon auszugehen, dass der Käufer nach dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag zur Zahlung von Umsatzsteuer nur insoweit verpflichtet ist, wie der Verkäufer steuerbaren Umsatz hatte. Soweit der Verkäufer dagegen allein gem. § 14c UStG verpflichtet sein sollte, Umsatzsteuer abzuführen, weil er in seiner Rechnung Umsatzsteuer ausgewiesen hat, kann dies eine entsprechende Zahlungspflicht des Käufers nicht begründen (BGH, Urteil vom 24.01.2008, Az. VII ZR 280/05). Die Vereinbarungen zwischen den Parteien sind so auszulegen, weil es im von beiden Parteien erkennbaren Interesse der Beklagten lag, möglichst nicht mit der Steuer belastet zu werden, und umgekehrt kein schutzwürdiges Interesse der Klägerin erkennbar ist, eine von ihr selbst herbeigeführte, aber ohne weiteres vermeidbare Steuerbelastung weiterzureichen (BGH, Versäumnisurteil vom 22.11.2007, Az. VII ZR 83/05).
48(2)
49Infolgedessen kann die Klägerin von der Beklagten nur die Zahlung von Umsatzsteuer verlangen, wenn sie unabhängig von der Vorschrift des § 14c UStG nach den Vorschriften des Steuerrechts zur Zahlung der Steuer verpflichtet ist. Dies ist jedoch nicht der Fall.
50(a)
51Entgegen der Ansicht der Klägerin sind die Zivilgerichte und damit im vorliegenden Verfahren sowohl das Landgericht als auch der Senat zur eigenständigen Prüfung der materiellen Steuerrechtslage befugt.
52(aa)
53Nach einer Auffassung sind die steuerrechtlichen Vorfragen grundsätzlich von den Zivilgerichten selbständig zu beantworten. Die angerufenen Gerichte hätten über den Streitgegenstand regelmäßig eine einheitliche und endgültige Entscheidung zu treffen und die sich hierbei stellenden Vorfragen unabhängig davon zu klären, welchem Rechtsgebiet diese zuzuordnen seien. Dies sei zur Gewährleistung eines wirkungsvollen Rechtsschutzes geboten. Nur wenn eine endgültige Beurteilung der objektiven Steuerpflicht auf erhebliche Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art stoße und damit ernsthaft die Gefahr bestehe, dass die Finanzbehörden die Frage der Steuerpflicht abweichend von der Einschätzung der Zivilgerichte beurteilen würden, würden sich diese, um die Sanktionswirkungen des § 14 Abs.2, Abs.3 zu vermeiden, ausnahmsweise mit der Feststellung begnügen dürfen, die Steuerrechtslage sei zumindest ernstlich zweifelhaft. Würden sich die steuerlichen Vorfragen aber ohne Schwierigkeiten klären lassen, habe das Zivilgericht eine seiner Auffassung entsprechende Entscheidung zu treffen (BGH, Urteil vom 24.02.1988, Az. VIII ZR 64/87; BGH, Urteil vom 02.11.2011, Az. V ZR 224/00; so auch Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 29.06.2007, Az. 10 U 7/07). Auch nach der Auffassung des Bundesfinanzhofs sind für eine Entscheidung relevante steuerrechtliche Vorfragen von den Zivilgerichten selbstständig zu beantworten (BFH, Urteil vom 30.03.2011, Az. XI ZR 5/09).
54(bb)
55Dagegen besteht nach anderer Auffassung eine Bindung u.a. der Zivilgerichte sowohl an festsetzende Bescheide als auch an unmissverständliche Rechtsauffassungen der Finanzbehörden, da das Entscheidungsrecht über die Besteuerung nach dem System der Abgabenordnung ausschließlich bei den Finanzbehörden und den Finanzgerichten liege. Nur diese würden verbindliche Entscheidungen über die Steuerpflicht treffen. Meinungsunterschiede über Grund und Höhe der Umsatzsteuerpflicht seien zwischen dem Unternehmer als Steuerschuldner und dem Steuerfiskus als Steuergläubiger zu klären. Entscheidungen der Zivilgerichte im Verhältnis zwischen Unternehmer und Abnehmer würden in der öffentlich-rechtlichen Beziehung zwischen Unternehmer und Steuerfiskus keine Bindungswirkung entfalten. Andernfalls würden widersprechende Entscheidungen drohen. Es müsse deshalb allein den Finanzbehörden und gegebenenfalls den zuständigen Finanzgerichten überlassen bleiben, die aufgeworfenen steuerrechtlichen Fragen zu klären. Neben den Entscheidungen durch Festsetzungsbescheide würden auch unmissverständliche Rechtsauffassungen der Finanzbehörden Bindungswirkung entfalten (BSG, Urteil vom 17.07.2008, Az. B 3 KR 18/07 R; BSG, Urteil vom 03.03.2009, Az. B 1 KR 7/08 R; BGH, Urteil vom 17.07.2001, Az. X ZR 13/99).
56(cc)
57Der Senat folgt der erstgenannten Auffassung, wonach eine eigene Prüfungskompetenz der Steuerrechtslage durch das Zivilgericht gegeben ist.
58Zur Gewährleistung eines wirkungsvollen Rechtsschutzes ist es geboten, dass die angerufenen Gerichte bei der Entscheidungsfindung die sich hierbei stellenden Vorfragen unabhängig davon zu klären haben, welchem Rechtsgebiet diese zuzuordnen sind. Demnach gebietet das Recht auf effektiven Rechtsschutz im vorliegenden Fall eine eigenständige Prüfung des materiellen Steuerrechts durch die angerufenen Gerichte.
59Die Argumente der Gegenauffassung, wonach eine selbstständige Prüfung der Steuerrechtslage nicht möglich sei, da die Entscheidungskompetenz ausschließlich den Finanzbehörden und den Finanzgerichten zustehe, überzeugen dagegen nicht.
60Eine Bindungswirkung der Bescheide des Finanzamtes E an die Klägerin sowie eine Bindungswirkung der Auffassung des Finanzamtes im Schreiben vom 17.10.2007 für das privatrechtliche Verhältnis zwischen den Parteien ist schon deswegen abzulehnen, weil es das Steuerrechtsverhältnis der Beklagten außer Acht lässt. Es ist zu beachten, dass in Konstellationen wie der vorliegenden drei Rechtsbeziehungen voneinander zu trennen sind. Es ist zu unterscheiden zwischen dem privatrechtlichen Verhältnis der Parteien, dem steuerrechtlichen Verhältnis der Klägerin zum Finanzamt als Steuergläubiger und dem steuerrechtlichen Verhältnis der Beklagten zu seinem Steuergläubiger bzw. dem Bundeszentralamt für Steuern. Eine Bindungswirkung der Steuerrechtslage durch die Finanzbehörden könnte allenfalls in Betracht kommen, wenn gewährleistet wäre, dass in beiden Steuerrechtsverhältnissen die Steuerrechtslage gleich beurteilt wird. Denn in diesem Fall würde die Neutralität zwischen Umsatzsteuerbelastung und Vorsteuerabzug gewahrt bleiben.
61Eine solche einheitliche Beurteilung der Rechtslage durch die verschiedenen Steuerbehörden ist jedoch nicht gewährleistet, insbesondere in Fällen grenzüberschreitender Leistungsbeziehungen. Vielmehr ist es möglich, dass die verschiedenen Steuerbehörden die Steuerrechtslage unterschiedlich beurteilen. Bei grenzüberschreitenden Leistungsbeziehungen - wie es vorliegend der Fall ist - kann grundsätzlich das Problem auftreten, dass die mit der steuerrechtlichen Bewertung des Sachverhalts befassten Steuerbehörden unterschiedliche Entscheidungen zu der Frage treffen, ob es sich bei der Leistung um eine im Inland steuerbare und steuerpflichtige Leistung oder um eine solche handelt, die nach dem Empfängerortsprinzip im Ausland steuerbar ist. So könnte z.B. das für den Verkäufer zustände Finanzamt die zu beurteilende Leistung unzutreffend als im Inland steuerbar und steuerpflichtig behandeln und die Abführung der Umsatzsteuer verlangen, dagegen das für das Vorsteuervergütungsverfahren zuständige Bundeszentralamt unter Verweis auf die zutreffende Rechtslage eine Vorsteuervergütung verweigern. Dies würde zu einer gesetzlich nicht gewollten Mehrbelastung des ausländischen Käufers führen, wenn dieser bereits aufgrund einer Rechnung die Umsatzsteuer an den Verkäufer gezahlt hat oder dazu verpflichtet wird (vgl. FG Hamburg, Vorlage an den EuGH vom 20.04.2010, Az. 3 K 3/09).
62Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind auch nicht aufgrund der Art. 17 Abs.1, Abs.2 a, Abs.3 a, Art. 18 Abs.1 a Richtlinie 77/388 (inzwischen: Art. 167, Art. 168 a, Art. 169 a, Art. 178 a Richtlinie 2006/112) verpflichtet, ihr nationales Verfahrensrecht so zu gestalten, dass die Steuerbarkeit und die Umsatzsteuerpflicht einer Dienstleistung beim Leistungserbringer und beim Leistungsempfänger in kohärenter Weise beurteilt werden, auch wenn für sie verschiedene Finanzbehörden zuständig sind (EuGH 1. Kammer, Urteil vom 26.01.2012, Az. C-218/10). Demnach ist der deutsche Gesetzgeber nicht verpflichtet, verfahrensrechtliche Regelungen zu erlassen, die sicherstellen, dass unterschiedliche Finanzbehörden bei einem Sachverhalt eine einheitliche Auffassung hinsichtlich der Frage der Steuerbarkeit haben.
63Aus diesem Grund besteht keine Veranlassung, sich an die Rechtsauffassung der Finanzbehörden gebunden zu fühlen. Da schon Widersprüche in der Beurteilung durch die verschiedenen Finanzbehörden nicht ausgeschlossen sind, ist die Gefahr unterschiedlicher Entscheidungen des Zivilgerichts und der Finanzbehörde bzw. des Finanzgerichts hinzunehmen. Eine Bindungswirkung durch eine Entscheidung der Finanzbehörde tritt demnach nur in dem steuerrechtlichen Verhältnis des Steuerschuldners zu seinem Finanzamt ein, nicht jedoch im Verhältnis zwischen den Vertragsparteien (so auch Rohde/Knobbe, Die Auslegung einer vertraglichen Nettopreisabrede, NJW 2012, 2156).
64(dd)
65Demnach besteht keine Bindungswirkung der angerufenen Gerichte an die Rechtsauffassung des Finanzamtes E im Schreiben vom 17.10.2007.
66Das Landgericht hat überdies zutreffend darauf hingewiesen, dass ohnehin die Ausführungen in diesem Schreiben allenfalls Bindungswirkung für den Vertrag vom 13./21.06.2007 entfalten könnten. Denn nur dieser Vertrag ist durch das Finanzamt geprüft worden und lag der Beurteilung in dem Schreiben zugrunde. Eine Selbstbindung des Finanzamtes, eine solche Auffassung hinsichtlich der Verträge vom 11./16.07.2007 und vom 06./16.05.2008 zu vertreten, ist nicht gegeben.
67(ee)
68Aus den genannten Gründen ist auch eine Bindungswirkung der Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2007 und 2008 abzulehnen. Auch diese stehen einer grundsätzlich selbstständig durchzuführenden Prüfung durch die Zivilgerichte nicht entgegen. Durch diese Bescheide tritt ebenfalls keine Bindungswirkung in dem Verhältnis zwischen der Beklagten und dem Bundeszentralamt für Steuern und erst Recht auch keine Bindungswirkung für das zivilrechtliche Verhältnis der Parteien ein.
69Überdies ist zu beachten, dass die Bescheide keine bestandskräftige Entscheidung dahingehend erbringen, ob die hier streitgegenständlichen Leistungen dem deutschen Umsatzsteuerrecht unterliegen. Diesbezügliche Feststellungen sind den Bescheiden vom 07.02.2011 nicht zu entnehmen. Den Prüfbericht vom 08.12.2010 hat die Klägerin nicht vorgelegt. Insoweit kann auch dahingestellt bleiben, ob die hier streitgegenständlichen Umsatzsteuerbeträge hier Gegenstand der Bescheide sind. Selbst wenn dies der Fall ist und damit die Umsatzsteuerbescheide sich darauf beziehen, folgt daraus nicht automatisch, dass das Finanzamt eine Umsatzsteuerpflicht aufgrund materieller Rechtslage festgestellt hat. Es ist nämlich zu beachten, dass die Klägerin die Beträge in ihren vier Rechnungen an die Beklagte ausgewiesen hat und daher schon aus diesem Grund - unabhängig von der materiellen Rechtslage - gem. § 14c Abs.2 S.1 UStG zur Entrichtung der Umsatzsteuer verpflichtet gewesen ist.
70(b)
71Die von der Klägerin nach den drei streitgegenständlichen Verträgen geschuldeten und erbrachten Leistungen sind nach Auffassung des Senats eindeutig als Werbeleistungen i.S.v. § 3a Abs.4 S.1, S.2 Nr.2 UStG einzuordnen. Dies hat zur Folge, dass die Leistungen nicht in Deutschland, sondern in der Schweiz steuerbar sind. Folglich fällt für die Leistungen keine Umsatzsteuer nach deutschem Umsatzsteuerrecht an, so dass die Beklagte nicht verpflichtet ist, auf die Nettobeträge Umsatzsteuer an die Klägerin zu zahlen. Diese Feststellung kann entsprechend den obigen Ausführungen von den Zivilgerichten getroffen werden, zumal sie keine erheblichen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. Aufgrund dieser eindeutigen Rechtslage kann auch von der Auffassung des Finanzamtes E vom 17.10.2007 und den Umsatzsteuerbescheiden, soweit sie eine diesbezügliche Entscheidung beinhalten, abgewichen werden.
72Nach § 3a Abs.4 S.1 UStG wird, wenn der Empfänger einer der in Satz 2 bezeichneten sonstigen Leistungen weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person ist, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, und der Empfänger seinen Wohnsitz oder Sitz im Drittlandsgebiet hat, die sonstige Leistung an seinem Wohnsitz oder Sitz ausgeführt. Nach S.2 Nr.2 sind sonstige Leistungen i.S.v. Satz 1 die sonstigen Leistungen, die der Werbung oder der Öffentlichkeitsarbeit dienen, einschließlich der Leistungen der Werbungsmittler und der Werbeagenturen.
73(1)
74Mit den vertraglich vereinbarten Leistungen der Klägerin soll das Land Schweiz beworben werden. Zweck der Leistungen ist die Förderung des Tourismus in der Schweiz. Demnach liegt eine Leistung vor, die die Beklagte, die ihren Sitz in einem Drittland hat, nicht für sich selbst bezieht.
75(2)
76Die von der Klägerin geschuldeten und erbrachten Leistungen sind gem. § 3a Abs.4 S.2 Nr.2 UStG als solche, die der Werbung dienen, einzuordnen.
77Werbeleistungen i.S.v. § 3a Abs.4 S.2 Nr.2 (früher: § 3a Abs.4 Nr.2 i.V.m. § 3a Abs.3 UStG a.F.) sind Leistungen, die bei den Werbeadressaten den Entschluss zum Erwerb von Gegenständen oder zur Inanspruchnahme von sonstigen Leistungen auslösen oder ein bestimmtes außerwirtschaftliches Verhalten herbeiführen sollen (Bunjes/Geist, Umsatzsteuergesetz, 11. Auflage 2012, § 3a UStG Rn. 90). Leistungen zur Werbung und Öffentlichkeitsarbeit liegen auch bei Pressekonferenzen, Seminaren oder Unterhaltungsveranstaltungen vor (Sölch/Ringleb, UStG, Umsatzsteuer, 68. Ergänzungslieferung September 2012, § 3a Rn. 208).
78Unter Berücksichtigung dieser Definition sind die Leistungen der Klägerin aus den streitgegenständlichen Verträgen als solche, die der Werbung dienen, einzustufen.
79Nach dem Vertrag vom 13./21.06.2007 war die Klägerin für die vereinbarte Gegenleistung zu folgenden Leistungen verpflichtet: Einräumung von Titelrechten bei Eigenwerbung der Beklagten, Werbemaßnahmen für die Beklagte durch Werbespots und Darstellung des Logos der Beklagten, Werbung für die Beklagte in Zeitschriften der Klägerin, Gemeinschaftsdarstellung der Partner auf den Homepages, Promotions im VIP-Bereich des Stadions und bei der Saisoneröffnung, Hospitality, Mailing-Aktionen an Gruppen der C-Community, PR-Aktionen der Beklagten, Dokumentation.
80Der Vertrag vom 11./16.07.2007 beinhaltet Werbeleistungen der Klägerin für die Beklagten, namentlich eine Promotionaktion, einen Werbespot, eine Anzeige im Jahrbuch und eine Seite in den S. Auch der Vertrag vom 06./16.05.2008 beinhaltet Werbeleistungen der Klägerin für die Beklagte, namentlich eine Promotionaktion, ein Presenting eines Gewinnspiels und eine Innenraumaktion.
81Bei den Verträgen vom 11./16.07.2007 und vom 06./16.05.2008 folgt bereits aus der Überschrift sowie aus dem Inhalt der Leistungen der Klägerin, dass es sich um Werbeleistungen i.S.v. § 3a Abs.4 S.2 Nr.2 UStG handelt. Aber auch die Leistungen der Klägerin in dem Vertrag vom 13./21.07.2007 sind in einer Gesamtschau als Werbeleistungen i.S.v. § 3a Abs.4 S.2 Nr.2 UStG einzuordnen. Durch die Leistungen aus den drei Verträgen soll bei den Zuschauern als Werbeadressaten der Entschluss ausgelöst werden, Urlaub in der Schweiz zu machen oder Produkte oder Leistungen aus der Schweiz in Anspruch zu nehmen. Unabhängig von der Frage, ob die streitgegenständlichen Verträge als reine Werbeverträge oder Sponsoringverträge eingeordnet werden, ist der Hauptzweck der von der Klägerin zu erbringenden Leistungen die Werbung für die Beklagte. Diese Einschätzung wird auch nach dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 01.03.2012 auch vom Finanzgericht Münster (Az. 5 K 1242/10 U) geteilt.
82(3)
83Die von der Klägerin im hiesigen Verfahren und von dem Finanzamt E im Schreiben vom 17.10.2007 vorgebrachten Einwendungen überzeugen nicht.
84Soweit sie der Auffassung sind, dass die Durchführung der Sportveranstaltung den Charakter der Leistung der Klägerin bestimmt, verkennen sie, dass diese nur Mittel zum Zweck sind. Hauptzweck der Verträge ist die Werbeleistung der Klägerin für die Beklagte. Natürlich ist es für den Wert der Werbeleistung maßgebend, dass es sich bei der Klägerin um einen erfolgreichen Fußballverein handelt, dessen Fußballspiele ein großes Zuschauerinteresse mit sich bringen und sich damit als geeigneter Werbeträger erweisen. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass jede Werbung einen Werbeträger benötigt. Insoweit kann es nicht entscheidend auf den Werbeträger ankommen. Maßgebend ist, dass Zweck der Leistungen der Klägerin die Werbung ist.
85Die Ansicht des Finanzamtes E und der Klägerin stellt die sportliche Veranstaltung hinsichtlich der streitgegenständlichen Verträge zu sehr in den Vordergrund. Soweit sie ausführen, dass Hauptpflicht der Klägerin die Durchführung der Fußballspiele gewesen ist, entspricht dies nicht dem vertraglich vereinbarten Synallagma. Die Durchführung der Fußballspiele durch die Klägerin ist nicht als vertragliche Hauptleistung geschuldet gewesen, sondern wurde als selbstverständliche Vertragsgrundlage vorausgesetzt, welche die als Hauptleistung geschuldeten Werbeleistungen ermöglicht haben. Demnach war die Durchführung der Fußballspiele nicht eine vertraglich geschuldete Leistung, sondern die Geschäftsgrundlage für die in den Verträgen vereinbarten Leistungen. Gegenleistung der Klägerin für die Vergütung der Beklagten war allein die Erbringung von Werbeleistungen.
86Überdies trägt die von dem Finanzamt E gegebene Begründung die Entscheidung nicht, da den Verträgen nicht entnommen werden kann, dass ein Kündigungs- oder Abänderungsrecht bei Ausbleiben des sportlichen Erfolges bestehen soll. Selbst wenn dies der Fall wäre, wäre dies nicht aussagekräftig. Denn dadurch würde sich nur der Wert der Werbeleistungen ändern, was eine Anpassung des Vertrages sinnvoll machen kann. Es bleibt jedoch dabei, dass die Klägerin auch in diesem Fall zur Erbringung von Werbeleistungen verpflichtet ist.
87Etwas anderes folgt auch, wie bereits dargestellt, nicht aus einer Einordnung der Verträge als Sponsoringverträge. Maßgebend für die Einordnung sind die vertraglich vereinbarten Leistungen der Klägerin. Diese stellen entsprechend den obigen Ausführungen Werbeleistungen dar. Soweit die Klägerin ausführt, dass es dem Sponsor darum gehe, die Zuschauer einer Veranstaltung zu erreichen, um für sein Produkt zu werben, ist dies zutreffend. Sie zieht jedoch daraus den unzutreffenden Schluss, dass deswegen maßgeblich auf die Erbringung der sportlichen Leistung abzustellen sei.
88c)
89Mangels Bestehen eines fälligen Anspruchs sind auch die geltend gemachten Ansprüche auf Zahlung von Zinsen und vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten unbegründet.
902.
91Dagegen steht der Beklagten gegen die Klägerin ein Anspruch auf Zahlung i.H.v. 1.299,13 € gem. § 812 Abs.1 S.1, 1.Alt BGB zu.
92Unstreitig hat die Klägerin von der Beklagten eine Zahlung über diesen Betrag erhalten. Ein Rechtsgrund für diese Leistung ist nicht gegeben. Da der Klägerin gegen die Beklagte kein Anspruch auf Zahlung von Umsatzsteuer zusteht, fehlt es an der Möglichkeit der Aufrechnung für die Klägerin. Demnach ist der von der Beklagten zu viel gezahlte Betrag an diese zurückzuzahlen.
93Der Zinsanspruch folgt aus § 288 Abs.1 BGB. Der Zinsbeginn folgt aus dem Mahnschreiben vom 10.04.2008.
94III.
95Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs.1, 708 Nr.10, 711 ZPO.
96Gründe, die Revision gem. § 543 Abs.2 ZPO zuzulassen, sind nicht gegeben.
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- 1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen, - 2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
(1) Eine sonstige Leistung wird vorbehaltlich der Absätze 2 bis 8 und der §§ 3b und 3e an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung von einer Betriebsstätte ausgeführt, gilt die Betriebsstätte als der Ort der sonstigen Leistung.
(2) Eine sonstige Leistung, die an einen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird, wird vorbehaltlich der Absätze 3 bis 8 und der §§ 3b und 3e an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Empfänger sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung an die Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, ist stattdessen der Ort der Betriebsstätte maßgebend. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend bei einer sonstigen Leistung an eine ausschließlich nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, und bei einer sonstigen Leistung an eine juristische Person, die sowohl unternehmerisch als auch nicht unternehmerisch tätig ist; dies gilt nicht für sonstige Leistungen, die ausschließlich für den privaten Bedarf des Personals oder eines Gesellschafters bestimmt sind.
(3) Abweichend von den Absätzen 1 und 2 gilt:
- 1.
Eine sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück wird dort ausgeführt, wo das Grundstück liegt. Als sonstige Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück sind insbesondere anzusehen: - a)
sonstige Leistungen der in § 4 Nr. 12 bezeichneten Art, - b)
sonstige Leistungen im Zusammenhang mit der Veräußerung oder dem Erwerb von Grundstücken, - c)
sonstige Leistungen, die der Erschließung von Grundstücken oder der Vorbereitung, Koordinierung oder Ausführung von Bauleistungen dienen.
- 2.
Die kurzfristige Vermietung eines Beförderungsmittels wird an dem Ort ausgeführt, an dem dieses Beförderungsmittel dem Empfänger tatsächlich zur Verfügung gestellt wird. Als kurzfristig im Sinne des Satzes 1 gilt eine Vermietung über einen ununterbrochenen Zeitraum - a)
von nicht mehr als 90 Tagen bei Wasserfahrzeugen, - b)
von nicht mehr als 30 Tagen bei anderen Beförderungsmitteln.
- 3.
Die folgenden sonstigen Leistungen werden dort ausgeführt, wo sie vom Unternehmer tatsächlich erbracht werden: - a)
kulturelle, künstlerische, wissenschaftliche, unterrichtende, sportliche, unterhaltende oder ähnliche Leistungen, wie Leistungen im Zusammenhang mit Messen und Ausstellungen, einschließlich der Leistungen der jeweiligen Veranstalter sowie die damit zusammenhängenden Tätigkeiten, die für die Ausübung der Leistungen unerlässlich sind, an einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, - b)
die Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle (Restaurationsleistung), wenn diese Abgabe nicht an Bord eines Schiffs, in einem Luftfahrzeug oder in einer Eisenbahn während einer Beförderung innerhalb des Gemeinschaftsgebiets erfolgt, - c)
Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen und die Begutachtung dieser Gegenstände für einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung ausgeführt wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist.
- 4.
Eine Vermittlungsleistung an einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, wird an dem Ort erbracht, an dem der vermittelte Umsatz als ausgeführt gilt. - 5.
Die Einräumung der Eintrittsberechtigung zu kulturellen, künstlerischen, wissenschaftlichen, unterrichtenden, sportlichen, unterhaltenden oder ähnlichen Veranstaltungen, wie Messen und Ausstellungen, sowie die damit zusammenhängenden sonstigen Leistungen an einen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, wird an dem Ort erbracht, an dem die Veranstaltung tatsächlich durchgeführt wird.
(4) Ist der Empfänger einer der in Satz 2 bezeichneten sonstigen Leistungen weder ein Unternehmer, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, und hat er seinen Wohnsitz oder Sitz im Drittlandsgebiet, wird die sonstige Leistung an seinem Wohnsitz oder Sitz ausgeführt. Sonstige Leistungen im Sinne des Satzes 1 sind:
- 1.
die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Patenten, Urheberrechten, Markenrechten und ähnlichen Rechten; - 2.
die sonstigen Leistungen, die der Werbung oder der Öffentlichkeitsarbeit dienen, einschließlich der Leistungen der Werbungsmittler und der Werbeagenturen; - 3.
die sonstigen Leistungen aus der Tätigkeit als Rechtsanwalt, Patentanwalt, Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer, Sachverständiger, Ingenieur, Aufsichtsratsmitglied, Dolmetscher und Übersetzer sowie ähnliche Leistungen anderer Unternehmer, insbesondere die rechtliche, wirtschaftliche und technische Beratung; - 4.
die Datenverarbeitung; - 5.
die Überlassung von Informationen einschließlich gewerblicher Verfahren und Erfahrungen; - 6.
- a)
Bank- und Finanzumsätze, insbesondere der in § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis h bezeichneten Art und die Verwaltung von Krediten und Kreditsicherheiten, sowie Versicherungsumsätze der in § 4 Nummer 10 bezeichneten Art, - b)
die sonstigen Leistungen im Geschäft mit Gold, Silber und Platin. Das gilt nicht für Münzen und Medaillen aus diesen Edelmetallen;
- 7.
die Gestellung von Personal; - 8.
der Verzicht auf Ausübung eines der in Nummer 1 bezeichneten Rechte; - 9.
der Verzicht, ganz oder teilweise eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit auszuüben; - 10.
die Vermietung beweglicher körperlicher Gegenstände, ausgenommen Beförderungsmittel; - 11.
(weggefallen) - 12.
(weggefallen) - 13.
(weggefallen) - 14.
die Gewährung des Zugangs zum Erdgasnetz, zum Elektrizitätsnetz oder zu Wärme- oder Kältenetzen und die Fernleitung, die Übertragung oder Verteilung über diese Netze sowie die Erbringung anderer damit unmittelbar zusammenhängender sonstiger Leistungen.
(5) Ist der Empfänger einer der in Satz 2 bezeichneten sonstigen Leistungen
- 1.
kein Unternehmer, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, - 2.
keine ausschließlich nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, - 3.
keine juristische Person, die sowohl unternehmerisch als auch nicht unternehmerisch tätig ist, bei der die Leistung nicht ausschließlich für den privaten Bedarf des Personals oder eines Gesellschafters bestimmt ist,
- 1.
die sonstigen Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation; - 2.
die Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen; - 3.
die auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen.
(6) Erbringt ein Unternehmer, der sein Unternehmen von einem im Drittlandsgebiet liegenden Ort aus betreibt,
- 1.
eine in Absatz 3 Nr. 2 bezeichnete Leistung oder die langfristige Vermietung eines Beförderungsmittels, - 2.
eine in Absatz 4 Satz 2 Nummer 1 bis 10 bezeichnete sonstige Leistung an eine im Inland ansässige juristische Person des öffentlichen Rechts oder - 3.
eine in Absatz 5 Satz 2 Nummer 1 und 2 bezeichnete Leistung,
(7) Vermietet ein Unternehmer, der sein Unternehmen vom Inland aus betreibt, kurzfristig ein Schienenfahrzeug, einen Kraftomnibus oder ein ausschließlich zur Beförderung von Gegenständen bestimmtes Straßenfahrzeug, ist diese Leistung abweichend von Absatz 3 Nr. 2 als im Drittlandsgebiet ausgeführt zu behandeln, wenn die Leistung an einen im Drittlandsgebiet ansässigen Unternehmer erbracht wird, das Fahrzeug für dessen Unternehmen bestimmt ist und im Drittlandsgebiet genutzt wird. Wird die Vermietung des Fahrzeugs von einer Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, gilt Satz 1 entsprechend, wenn die Betriebsstätte im Inland liegt.
(8) Erbringt ein Unternehmer eine Güterbeförderungsleistung, ein Beladen, Entladen, Umschlagen oder ähnliche mit der Beförderung eines Gegenstandes im Zusammenhang stehende Leistungen im Sinne des § 3b Absatz 2, eine Arbeit an beweglichen körperlichen Gegenständen oder eine Begutachtung dieser Gegenstände, eine Reisevorleistung im Sinne des § 25 Absatz 1 Satz 5 oder eine Veranstaltungsleistung im Zusammenhang mit Messen und Ausstellungen, ist diese Leistung abweichend von Absatz 2 als im Drittlandsgebiet ausgeführt zu behandeln, wenn die Leistung dort genutzt oder ausgewertet wird. Satz 1 gilt nicht, wenn die dort genannten Leistungen in einem der in § 1 Absatz 3 genannten Gebiete tatsächlich ausgeführt werden.
(1) Durch den Kaufvertrag wird der Verkäufer einer Sache verpflichtet, dem Käufer die Sache zu übergeben und das Eigentum an der Sache zu verschaffen. Der Verkäufer hat dem Käufer die Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen.
(2) Der Käufer ist verpflichtet, dem Verkäufer den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen und die gekaufte Sache abzunehmen.
(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Herstellung des Werkes den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.
(2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen.
(3) Ein Kostenanschlag ist im Zweifel nicht zu vergüten.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Mit notariellen Verträgen vom 25. Juli, 26. September und 17. Dezember 1991 kaufte die Klägerin von der Beklagten, damals unter der Bezeichnung Treuhandanstalt, Bergwerkseigentum an einer Reihe von Bergwerksfeldern. Als Kaufpreise wurden 8.000.000 DM, 2.850.000 DM und 11.000.000 DM beurkundet. Am 19. November 1993 teilte das Finanzamt für Körperschaften in einer gleichgelagerten Angelegenheit der Beklagten mit, die Übertragung des Bergwerkeigentums gegen Entgelt unterliege der Umsatzsteuer, da die Beklagte hierbei als juristische Person des öffentlichen Rechts im Rahmen eines Betriebes gewerblicher Art tätig werde. Die Beklagte stellte der Klägerin daraufhin Rechnungen aus, die den jeweils beurkundeten Kaufpreis zuzüglich 14 v.H. Umsatzsteuer auswiesen und forderte sie auf, die zusätzlichen Beträge
von 1.120.000 DM, 399.000 DM und 1.540.000 DM nachzuentrichten. Die Klägerin lehnte dies ab und forderte ihrerseits die Beklagte auf, Rechnungen auszustellen , in denen ein im jeweils beurkundeten Kaufpreis enthaltener Mehrwertsteueranteil , nämlich Beträge von 982.456,14 DM, 350.000 DM und 1.350.877,19 DM, gesondert ausgewiesen ist.
Das Landgericht hat der Klage auf Ausstellung der Rechnungen stattgegeben und die Widerklage auf Zahlung der zusätzlichen Mehrwertsteueranteile abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten, soweit sie die Klage zum Gegenstand hatte, zurückgewiesen, im übrigen hat es das Rechtsmittel verworfen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihre Berufungsanträge weiter. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht hält die Behauptung der Beklagten nicht für erwiesen , beide Seiten seien irrtümlich davon ausgegangen, die Kaufverträge unterlägen nicht der Umsatzsteuer. Die Klägerin bestreite, daß sich ihr Verhandlungsführer Gedanken über die Steuerbarkeit der Kaufpreise gemacht habe. Die Beklagte behaupte nicht, dieser habe sich zu der Steuerfrage geäußert, sie stelle auch nicht die Behauptung auf, von ihrer Seite sei eine solche Ä ußerung gefallen. Der Umstand, daß die Beklagte ihre Kalkulationsgrundlagen offengelegt habe, lasse nicht den Schluß zu, die Klägerin habe von der steuerlichen Frage Kenntnis genommen. Ein Handelsbrauch, wonach unter vorsteuerabzugsberechtigten Personen zum vereinbarten Preis die Erstattung der Um-satzsteuer hinzutrete, sei nicht erwiesen. Vertragsinhalt seien daher nur die beurkundeten Kaufpreise, über die die Klägerin Rechnung mit gesondertem Ausweis der in ihnen enthaltenen Mehrwertsteueranteile verlangen könne. Eine Anpassung des Vertrags wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage komme nach dem Beweisergebnis nicht in Frage. Hinsichtlich der Widerklage sei das Rechtsmittel nicht begründet worden.
Dies hält im Ergebnis den Angriffen der Revision stand.
II. Zur Klage
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes gilt ein vereinbarter Kaufpreis grundsätzlich auch die Aufwendung für die von dem Leistenden zu entrichtende Umsatzsteuer ab. Die Abgeltung der Aufwendung ist unselbständiger Teil des zu zahlenden Entgelts ("Bruttopreis": BGHZ 58, 292, 295; 60, 199, 203; 103, 284, 287; 115, 47, 50; Senatsurt. v. 14. Januar 2000, V ZR 416/97, WM 2000, 915). Hiervon ist auch bei Angeboten an einen zum Vorsteuerabzug berechtigten Unternehmer auszugehen (BGH, Urt. v. 4. April 1973, VIII ZR 191/72, WM 1973, 677). Anderes gilt, wenn die Parteien einen "Nettopreis" vereinbart haben, wofür auch ein Handelsbrauch oder eine Verkehrssitte maßgeblich sein kann. Die Voraussetzungen hierfür hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei verneint.
a) Der Wortlaut der notariellen Urkunden läßt, entgegen der Auffassung der Revision, nicht offen, ob die Parteien "Bruttopreise" oder "Nettopreise" vereinbart haben. Aus ihm ergibt sich kein Anhaltspunkt dafür, daß die Klägerin
über die beurkundeten Summen von 8.000.000 DM, 2.850.000 DM und 11.000.000 DM hinaus weitere Geldleistungen an die Beklagte zu erbringen hatte. Daß in zwei Verträgen der Kaufpreis als Gesamtsumme ("insgesamt") bezeichnet ist, steht, was auch die Revision nicht verkennt, damit im Zusammenhang , daß für die verschiedenen Bergwerksfelder Einzelpreise ausgewiesen waren. Für Umstände außerhalb der Urkunde, die auf einen abweichenden Willen der Parteien deuten könnten, trägt die Beklagte die Beweislast (Senatsurt. v. 5. Februar 1999, V ZR 353/97, WM 1999, 965); dies ist die prozessuale Folge der Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Urkunde (zutr. Demharter, EWiR 1999, 441). An ihr scheitert die Rechtsverteidigung.
b) Die Angriffe der Revision gegen die Feststellung der für die Auslegung erheblichen, außerhalb der Urkunde liegenden Umstände (§ 286 ZPO; vgl. Senatsurt. v. 8. Dezember 1989, V ZR 53/88, WM 1990, 423) greifen nicht durch. Auch eine Verletzung des materiellen Rechts durch Verstoß gegen gesetzliche Auslegungsregeln, Denkgesetze und Erfahrungssätze (§§ 133, 157 BGB) ist zu verneinen.
Das Berufungsgericht war rechtlich nicht gezwungen, aus der Offenlegung der Kalkulationsgrundlage der Beklagten die von der Revision gewünschten Schlüsse auf das Vorstellungsbild des Verhandlungsführers der Klägerin zu ziehen; dasselbe gilt für das (ursprüngliche) Unterbleiben des Ansinnens an die Beklagte, Rechnung unter Ausweis der Umsatzsteuer nach § 14 UStG zu erteilen. Das Verhalten der Klägerin ist denkgesetzlich auch mit einem Vorstellungsbild vereinbar, das die Frage nach der Steuerbarkeit der Umsätze nicht erfaßte. Im übrigen war das Berufungsgericht nicht gehalten, überhaupt Feststellungen zum tatsächlichen Vorstellungsbild des Verhandlungsführers
der Klägerin zu treffen. Denn nach den, an der Beweiskraft des § 314 ZPO teilnehmenden tatbestandlichen Darlegungen in den Entscheidungsgründen (BGHZ 139, 36, 39) des Berufungsurteils hatte die Beklagte lediglich vorgetragen , der Verhandlungsführer habe anhand der Berechnungsunterlagen erkennen können, daß der Kaufpreis ohne Berücksichtigung der Umsatzsteuer ermittelt worden sei.
Einen Lebenserfahrungssatz hat das Berufungsgericht nicht übersehen. Dabei kann dahinstehen, ob, wie die Revision meint, "Teilnehmer am Geschäftsverkehr sich der Möglichkeit der Umsatzsteuerpflichtigkeit von Transaktionen bewußt sind und deshalb ein Geschäft entweder als steuerpflichtig oder als umsatzsteuerfrei einordnen". Für ein durch die hier vorliegenden Besonderheiten , nämlich die Veräußerung von Bergwerkseigentum durch die beklagte Anstalt des öffentlichen Rechts im Rahmen ihrer Privatisierungsaufgabe, geprägtes Geschäft besteht eine solche Erfahrung jedenfalls nicht. Zu Recht weist das Berufungsgericht auf die unter Beweis gestellte Behauptung der Beklagten hin, das Bundesministerium für Finanzen habe noch im Spätherbst 1990 eine Umsatzsteuerpflicht verneint. Daß sich ein Vertragspartner der Beklagten über die Steuerbarkeit eines solchen Geschäfts Gedanken machte, drängt sich nach der Lebenserfahrung nicht auf.
c) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht auch einen Handelsbrauch (§ 346 HGB) oder eine Verkehrssitte (§ 157 BGB) zum Zeitpunkt des Abschlusses der Verträge der Parteien verneint, nach denen die auf den Kaufpreis zu veranschlagende Umsatzsteuer nachzuentrichten wäre. Die Feststellung des Bestehens eines Handelsbrauches oder einer Verkehrssitte ist Tatfrage , ihr Inhalt ist im Revisionsrechtszuge nicht nachprüfbar (st.Rspr. BGH, Urt.
v. 1. Dezember 1965, VIII ZR 271/63, WM 1966, 219; Urt. v. 2. Juli 1980, VIII ZR 178/79, WM 1980, 1122, 1123). Daß das Berufungsgericht den sachlich -rechtlichen Begriff des Brauches oder der Sitte verkannt hätte, ist nicht ersichtlich; die Revision macht dies auch nicht geltend. Durchgreifende Verfahrensfehler sind dem Berufungsgericht bei der Würdigung der vorgelegten und eingeholten Auskünfte nicht unterlaufen. Die Beklagte hatte in erster Instanz eine Mitteilung der Industrie- und Handelskammer zu Berlin (IHK) vom 16. März 1995 vorgelegt, wonach die Kammer anläßlich eines an den DIHT gerichteten Auskunftsersuchens aus dem Jahre 1973 in ihrem Bezirk Ermittlungen angestellt hatte. Danach habe eine Mehrheit ("weitaus überwiegender Teil") der Befragten angegeben, zum vereinbarten Preis sei die Mehrwertsteuer hinzuzurechnen , eine Minderheit habe das verneint. Das Landgericht hatte eine Auskunft der IHK eingeholt, welche aufgrund einer "kleinen Handelsbrauchumfrage" seine 1995 vertretene Auffassung, der behauptete Handelsbrauch bestehe, bestätigt sah. Eine vom Landgericht anhand eines Fallbeispiels veranlaßte Umfrage unter Handelsrichtern hatte eine Mehrheit zugunsten eines "Nettopreises" ergeben. Im Hinblick auf die, marginale Bereiche deutlich überschreitenden Minderheitsstimmen (bei den Handelsrichtern ca. 25 v.H.) war es dem Berufungsgericht nicht verwehrt, von der Feststellung eines Handelsbrauches oder einer Verkehrssitte abzusehen; denn der Brauch muß auf einer gleichmäßigen und einheitlichen Übung beruhen (BGH, Urt. v. 2. Mai 1984, VIII ZR 38/83, WM 1984, 1000, 1002; Urt. v. 25. November 1993, VII ZR 17/93, WM 1994, 601). Auch war die Wertung des Berufungsgerichts, die Mitteilungen der IHK stellten weitgehend die Wiedergabe einer Rechtsauffassung dar, möglich (zu Meinungsäußerungen bei Umfragen über Handelsbräuche vgl. BGH, Urt. v. 4. April 1973, VIII ZR 191/72, aaO). Auf die vom Berufungsgericht weiter geäußerten Bedenken gegen die Kaufmannseigenschaft der Beklagten und,
verneinendenfalls, gegen deren Unterordnung unter einen Handelsbrauch, kommt es daher nicht mehr an. Auf unerledigte Beweisanträge zum behaupteten Handelsbrauch vermag die Revision nicht zu verweisen. Anlaß, nach § 144 ZPO, wie die Beklagte meint, weiteren Sachverständigenbeweis zu erheben, bestand nicht. Die Vorschrift greift, außerhalb der Verfahren mit Ermittlungsgrundsatz , vor allem dann ein, wenn das Gericht Anlaß zum Zweifel hat, ob die Partei sich des Erfordernisses, einen förmlichen Antrag zu stellen, bewußt ist (vgl. Baumbach/Hartmann, ZPO, 59. Aufl., § 143 Rdn. 3); in solchen Fällen kann auch ein Hinweis nach § 139 ZPO angebracht sein (BGH, Urt. v. 16. Oktober 1986, III ZR 121/85, BGHR ZPO § 144 Fremdsprache 1). Daß das Berufungsgericht von einer solchen Sachlage auszugehen hatte, vermag die Revision nicht darzutun. Das Gesamtergebnis der Ermittlungen des DIHT aus den Jahren 1973 und 1974 (Schaumburg/Schaumburg, NJW 1975, 1261), auf das die Revision Bezug nimmt, klammert außergewöhnliche Geschäftsvorfälle, zu denen der Vertrag der Parteien zählt (oben 1 b), ausdrücklich aus.
2. Nicht befaßt hat sich das Berufungsgericht mit der Frage der ergänzenden Auslegung der Kaufverträge unter dem Gesichtspunkt des hypothetischen Willens der Parteien. Das erschüttert seine Entscheidung im Ergebnis aber nicht. Nach der - allerdings nach Erlaß des Berufungsurteils - ergangenen Entscheidung des Senats vom 14. Januar 2000, V ZR 416/97 (aaO; weiter mit zust. Anm. von Wende: Stbg 2000, 322) kann zwar die Frage, wer die tatsächlich angefallene Umsatzsteuer zu tragen hat, einer ergänzenden Vertragsauslegung zugänglich sein, wenn die Parteien irrtümlicherweise übereinstimmend davon ausgegangen sind, daß ein über Bergwerkseigentum abgeschlossener Kaufvertrag nicht der Umsatzsteuer unterliegt. Die tatsächlichen Voraussetzungen hierfür sind nach den, den Verfahrensrügen der Beklagten standhal-
tenden (oben 1 b), Feststellungen des Berufungsgerichts aber nicht erfüllt. Ist davon auszugehen, daß sich eine Seite, hier die Klägerin, mit der Steuerbarkeit der Vorgänge nicht befaßt, diese mithin nicht bedacht hat, läßt sich eine planwidrige Lücke des Vereinbarten nicht feststellen (Senatsurt. v. 14. Januar 2000, aaO; BGH, Urt. v. 4. April 1973, VIII ZR 191/72, aaO). Das Fehlschlagen einseitiger Planvorstellungen berücksichtigt das Gesetz in den Grenzen der Irrtumsanfechtung, grundsätzlich also nur, wenn, woran es hier fehlt, eine Diskrepanz zwischen Wille und Erklärung auftritt (§§ 119 ff BGB).
3. Zutreffend lehnt das Berufungsgericht eine Anpassung der Verträge nach den Regeln über das Fehlen der Geschäftsgrundlage (§ 242 BGB) ab. Die Geschäftsgrundlage setzt, wie der vorrangig, nämlich bei der ergänzenden Vertragsauslegung ("planwidrige Lücke"), zu berücksichtigende Geschäftsplan (Senat, BGHZ 74, 370, 373), eine gemeinsame Vorstellung der Geschäftsbeteiligten voraus, die allerdings auch dann bejaht werden kann, wenn eine einseitige Vorstellung von der Geschäftsgrundlage dem anderen Teil erkennbar geworden und v on ihm nicht beanstandet worden ist (BGHZ 128, 230, 236). Hieran fehlt es, was die Bedeutung der Umsatzsteuer für die Verträge der Parteien angeht; das Berufungsgericht hat insbesondere rechtsfehlerfrei einen Schluß der Klägerin von den offengelegten Kalkulationsgrundlagen der Beklagten auf deren Vorstellungen zur Umsatzsteuerfrage abgelehnt (oben 1 b). Nach der Vertragslage, die einer Anpassung im Wege der ergänzenden Auslegung nicht zugänglich ist, verbleibt das Risiko der Fehleinschätzung der Steuerbarkeit der Umsätze bei der beklagten Verkäuferin. Diese Risikozuweisung kann unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben nicht verschoben werden. Da davon auszugehen ist, daß auf Seiten der Klägerin Vorstellungen über die steuerliche Seite der Angelegenheit nicht bestanden, scheidet auch die
Vorstellung, der Kaufpreis solle der Beklagten ungeschmälert erhalten bleiben, als Geschäftsgrundlage aus.
III. Zur Widerklage
1. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht das Rechtsmittel der Beklagten insoweit wegen Fehlens der Begründung (§ 519 ZPO) verworfen. Allerdings bedarf die Berufung gegen eine Entscheidung, die, wie das zwischen den Parteien ergangene Urteil, mehrere prozessuale Ansprüche (Anspruch der Klägerin auf Rechnungserteilung, Anspruch der Beklagten auf Zahlung) zum Gegenstand hat, hinsichtlich jedes der Ansprüche einer Begründung (BGH, Urt. v. 22. Januar 1998, I ZR 177/95, NJW 1998, 1399). Stützt sich die erste Instanz aber hinsichtlich jedes ihrer Aussprüche auf dieselben tatsächlichen und rechtlichen Gründe, bedarf der Berufungsangriff der Begründung nur einmal (BGH, Urt. v. 27. Januar 1994, I ZR 326/91, NJW 1994, 2289). So liegen die Dinge hier. Die erstinstanzliche Entscheidung stellt die Gründe dar, die zur Verurteilung der Beklagten auf Rechnungslegung führten. Dem folgt: "Da die Klage begründet ist, ist die Widerklage somit unbegründet."
Allerdings muß in einem solchen Falle klargestellt sein, daß die zu allen Aussprüchen passenden Berufungsgründe (§ 519 Abs. 3 ZPO) für diese auch allesamt gelten. Dies beantwortet sich im allgemeinen anhand der Berufungsanträge , die den Umfang der Anfechtung bestimmen (§ 519 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Sie fehlen hier völlig. Förmliche Anträge sind indessen entbehrlich, wenn das Angriffsziel der Berufungsschrift oder den Berufungsgründen (§ 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO) zu entnehmen ist (BGH, Beschl. v. 13. November 1991,
VIII ZB 33/91, NJW 1992, 698; Urt. v. 28. April 1997, II ZR 25/96, NJW-RR 1997, 866). Das Berufungsgericht setzt sich über das Erfordernis eines förmlichen Antrags hinweg, soweit sich die Beklagte gegen die Verurteilung zur Rechnungserstellung verteidigt, nimmt aber hinsichtlich ihrer eigenen Zahlungsansprüche den gegenteiligen Standpunkt ein. Dies ist nicht nachvollziehbar , denn die wesentliche Beschwer der Beklagten liegt in der Versagung des Ausgleichs für die an das Finanzamt abzuführenden Beträge. Die Steuerpflicht der Beklagten und deren Höhe würde durch eine Abweisung des Anspruchs der Kläger, Rechnung unter Ausweis der in den beurkundeten Beträgen enthaltenen Steueranteile zu erstellen, nicht berührt (zur Auswirkung der Rechnungsstellung auf einen sonst nicht begründeten Steueranspruch nach § 14 UStG vgl. BGH, Urt. v. 24. Februar 1988, VIII ZR 64/87, NJW 1988, 2042); deren Ausgleich durch die Klägerin bliebe ihr versagt. Der Senat legt daher, wozu er befugt ist (vgl. Senatsurt. v. 16. März 1973, V ZR 38/71, WM 1973, 574, 575), die Berufungsbegründung dahin aus, daß sie den Ausspruch der ersten Instanz zu Klage und Widerklage zum Gegenstand hat.
2. Das führt indessen nicht zum Erfolg der Revision. Die mit der Widerklage geltend gemachten Zahlungsansprüche stehen der Beklagten aus den Gründen, die zur Zurückweisung ihrer Revision gegen die Verurteilung nach den Klageanträgen führten (oben zu II), nicht zu. Die Abänderung des der Beklagten ungünstigen Prozeßurteils des Berufungsgerichts durch ein Sachurteil zu ihrem Nachteil (§ 565 Abs. 3 ZPO) stellt keine nach § 559 ZPO verbotene Verschlechterung dar (BGHZ 102, 332, 337).
IV.
Die Kostenentscheidung beruht für beide Rechtsmittelinstanzen auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Lambert-Lang Tropf Lemke Gaier
(1) Durch den Kaufvertrag wird der Verkäufer einer Sache verpflichtet, dem Käufer die Sache zu übergeben und das Eigentum an der Sache zu verschaffen. Der Verkäufer hat dem Käufer die Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen.
(2) Der Käufer ist verpflichtet, dem Verkäufer den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen und die gekaufte Sache abzunehmen.
(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Herstellung des Werkes den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.
(2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen.
(3) Ein Kostenanschlag ist im Zweifel nicht zu vergüten.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Mit notariellem Vertrag vom 4. Oktober 1991 kaufte die damals noch in Gründung befindliche Klägerin von der Treuhandanstalt, die nunmehr unter dem Namen der Beklagten handelt, das Bergwerkseigentum zweier Bergfelder für den Bodenschatz "Kiese und Kiessande" zum Preis von 2.500.000 DM. Nach Erteilung der erforderlichen Genehmigungen wurde der Kaufpreis bezahlt ; Übergabe, Nutzung und Lastentragung sind erfolgt.
Mit Schreiben vom 4. August 1993 forderte die Klägerin von der Treuhandanstalt eine Rechnung mit gesondertem Ausweis der nach ihrer Auffassung im vereinbarten Kaufpreis enthaltenen Umsatzsteuer. Nachdem das Finanzamt der Treuhandanstalt in anderer Sache mit Schreiben vom 19. November 1993 mitgeteilt hatte, daß die entgeltliche Übertragung von Bergwerkseigentum umsatzsteuerbar und umsatzpflichtig sei, erteilte die Treuhandanstalt mit Schreiben vom 22. März 1994 der Klägerin eine Rechnung über netto 2,5 Mio. DM zuzüglich 14 % Umsatzsteuer, insgesamt 2,85 Mio. DM und forderte sie zur Zahlung der (weiteren) 350.000 DM auf. Ein Angestellter der Klägerin überwies ohne Anweisung der Geschäftsführung diesen Betrag am 12. April 1994 an die Treuhandanstalt, die ihn an das zuständige Finanzamt weiterleitete. Mit der Klage verlangt die Klägerin Rückzahlung der nach ihrer Auffassung zu Unrecht von der Beklagten geforderten und von ihr gezahlten Umsatzsteuer von 350.000 DM sowie die Erteilung einer Rechnung über einen Kaufpreis von 2.192.982,50 DM zuzüglich 307.017,55 DM Mehrwertsteuer. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung hat im wesentlichen Erfolg gehabt. Mit der Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht hält einen Rückforderungsanspruch der Klägerin gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB sowie einen Anspruch auf Rechnungs-stellung mit Umsatzsteuerausweis gemäß § 14 Abs. 1 UStG für begründet. Die Zahlung von 350.000 DM Umsatzsteuer sei ohne Rechtsgrund erfolgt. Eine Zahlungspflicht der Klägerin folge weder aus dem Vertrag noch aus einer an §§ 133, 157 BGB orientierten Auslegung der getroffenen vertraglichen Vereinbarungen noch aus einem Handelsbrauch. Eine Vertragsanpassung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage zugunsten der Beklagten scheitere schon daran, daß der von ihr behauptete beiderseitige Irrtum für sie weder unvermeidbar noch unvorhersehbar gewesen sei. Auch eine im Wege der Vertragsergänzung auszufüllende Regelungslücke im Sinne des § 9 Ziff. 2 Satz 3 der Kaufurkunde liege nicht vor. Selbst wenn die getroffene Regelung unbillig sei, habe sich die Verkäuferin lediglich wegen falscher Einschätzung der Umsatzsteuerpflicht verkalkuliert.
II.
Das hält revisionsrechtlicher Überprüfung im Ergebnis nicht stand.
1. Zu Recht geht das Berufungsgericht davon aus, daß ein vereinbarter Kaufpreis grundsätzlich auch die hierauf zu entrichtende Umsatzsteuer mit einschließt , falls nicht etwas anderes vereinbart wurde oder sich ein abweichender Handelsbrauch entwickelt hat (BGHZ 58, 292 ff, 295 m.w.N.; 60, 199 ff, 203 m.w.N.; 103, 284 ff, 287; 115, 47 ff, 50).
2. Ohne Rechtsfehler vertritt es auch die Auffassung, daß die Parteien die Frage, wer eine etwaige Umsatzsteuer zu tragen hat, nicht ausdrücklich geregelt haben. Zwar wendet sich die Revision zu Recht gegen die Auslegung des Berufungsgerichts, schon der gewählte Vertragswortlaut "der Kaufpreis für
das Bergwerkseigentum beträgt insgesamt DM 2.500.000" spreche für eine abschließende Regelung. Denn der verwendete Begriff "insgesamt" bezieht sich erkennbar nur auf die aufgeschlüsselten Kaufpreisteile von 0,6 Mio DM und 1,9 Mio. DM für die beiden verkauften Bergfelder. Unstreitig haben die Parteien jedoch über die Frage, wer eine Umsatzsteuer zu tragen hat, nicht verhandelt. Die Beklagte macht vielmehr geltend, der Vertrag sei in der beiderseitigen Annahme geschlossen worden, das vereinbarte Rechtsgeschäft unterliege nicht der Umsatzsteuerpflicht. Dann aber kommen außerhalb des Erklärungsaktes liegende Umstände, die im Rahmen der Auslegung den zwingenden Rückschluß auf eine gewollte Überwälzung der Umsatzsteuerpflicht auf die Klägerin zuließen, nicht in Betracht. Die in § 5 Ziff. 1 des Kaufvertrags enthaltene Freistellungsverpflichtung der Käuferin betrifft nur die Pflichten der Käuferin im Rahmen der Nutzung und Wiedernutzbarmachung des Bergwerkeigentums , nicht den steuerlichen Aspekt.
3. Dagegen kann dem Berufungsgericht nicht darin gefolgt werden, daß dem Vertrag eine Regelung auch nicht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung entnommen werden kann. Zwar ist es richtig, daß die hierzu erforderliche Lücke nicht daraus hergeleitet werden kann, daß sich die getroffene Preisabsprache als unbillig erweist. Wohl aber sind die Voraussetzungen für die ergänzende Vertragsauslegung dann gegeben, wenn der Vortrag der Beklagten zutrifft, nach dem die Parteien übereinstimmend davon ausgegangen sind, daß der Kaufvertrag nicht der Umsatzsteuerpflicht unterliege. Denn in diesem Fall haben die Parteien die Frage, wer die Umsatzsteuer zu tragen hat, an sich als regelungsbedürftig angesehen, ihre Regelung aber als unerheblich erachtet. Es liegt dann kein in ihre Risikosphäre fallender einseitiger Kalkulationsirrtum der Beklagten, sondern eine Regelungslücke vor, die im Wege der
ergänzenden Auslegung zu schließen ist. Dies geht den Grundsätzen der Anpassung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage bei einem gemeinschaftlichen Kalkulationsirrtum (vgl. BGH, Urt. v. 4. April 1973, VIII ZR 191/72, WM 1973, 677, 679; BGH, Urt. v. 18. November 1975, VI ZR 153/73, DB 1976, 234 ff, 235; BGH, Urt. v. 14. Dezember 1977, VIII ZR 34/76, WM 1978, 91 ff = JR 1978, 237 m. Anm. Ohlsen = MDR 1978, 834 m. Anm. Weiß; Palandt/ Heinrichs 58. Aufl. § 242 Rdn. 150 m.w.N.; Soergel/Teichmann 12. Aufl. § 242 Rdn. 237 m.w.N.; Knapp, Einfluß nicht erwarteter steuerlicher Folgen auf Schenkungen, BB 1979, 1207 ff) vor. Die von der Revisionserwiderung in Bezug genommene Entscheidung des VIII. Zivilsenats vom 4. April 1973 (VIII ZR 191/72, WM 1973, 677) steht nicht entgegen, weil dort die Parteien die Auswirkungen des UStG 1967 auf die Vertragsabwicklung, d.h. die aktuelle steuerrechtliche Behandlung des Vorgangs, gerade nicht bedacht haben. Hier haben sie sie nach dem Vortrag der Beklagten dagegen bedacht, jedoch übereinstimmend falsch eingeschätzt. Hätten sie sich insoweit aber nicht geirrt, hätten sie bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragspartner den Kaufpreis als Nettokaufpreis ausgewiesen , weil dies die Klägerin im Hinblick auf ihre Vorsteuerabzugsberechtigung wirtschaftlich im Ergebnis nicht nachteilig belastet und eine andere Regelung der Beklagten nicht zugemutet werden könnte.
Das Urteil ist daher aufzuheben und die Sache zur weiteren Aufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dabei wird das Berufungsgericht auch zu würdigen haben, daß die Klägerin eine Rechnung mit gesondertem Umsatzsteuerausweis von der Beklagten erst mit zeitlicher Verzögerung verlangte und den Vorsteuerabzug erst aufgrund steuerrechtlicher Beratung geraume Zeit nach Vertragsschluß durchführte.
Wenzel Vogt Lambert-Lang Tropf Schneider
(1) Hat der Unternehmer in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen höheren Steuerbetrag, als er nach diesem Gesetz für den Umsatz schuldet, gesondert ausgewiesen (unrichtiger Steuerausweis), schuldet er auch den Mehrbetrag. Berichtigt er den Steuerbetrag gegenüber dem Leistungsempfänger, ist § 17 Abs. 1 entsprechend anzuwenden. In den Fällen des § 1 Abs. 1a und in den Fällen der Rückgängigmachung des Verzichts auf die Steuerbefreiung nach § 9 gilt Absatz 2 Satz 3 bis 5 entsprechend.
(2) Wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er zum gesonderten Ausweis der Steuer nicht berechtigt ist (unberechtigter Steuerausweis), schuldet den ausgewiesenen Betrag. Das Gleiche gilt, wenn jemand wie ein leistender Unternehmer abrechnet und einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er nicht Unternehmer ist oder eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt. Der nach den Sätzen 1 und 2 geschuldete Steuerbetrag kann berichtigt werden, soweit die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt worden ist. Die Gefährdung des Steueraufkommens ist beseitigt, wenn ein Vorsteuerabzug beim Empfänger der Rechnung nicht durchgeführt oder die geltend gemachte Vorsteuer an die Finanzbehörde zurückgezahlt worden ist. Die Berichtigung des geschuldeten Steuerbetrags ist beim Finanzamt gesondert schriftlich zu beantragen und nach dessen Zustimmung in entsprechender Anwendung des § 17 Abs. 1 für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Voraussetzungen des Satzes 4 eingetreten sind.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin ist eine rechtsfähige Gesellschaft des belgischen Rechts. Der Beklagte beauftragte die Klägerin mit schriftlichem Vertrag vom 11. März 1994, ein Konzept für "Tourismus, Freizeit und Erholung in der Region O./N. unter besonderer Berücksichtigung der B.gebiete" zu erstellen. Die Parteien trafen in dem Vertrag eine Vergütungsregelung , wonach der Beklagte zur Abgeltung aller Leistungen der Klägerin einen
Festpreis einschließlich der Umsatzsteuer des Landes Belgien in Höhe von 1.320.000,-- DM zahlen sollte.
Die Klägerin erbrachte die vereinbarten Leistungen und erteilte dem Beklagten insgesamt fünf Teilrechnungen über jeweils 264.000,-- DM. Vier Teilrechnungen beglich der Beklagte vollständig. Von der fünften Abschlagsrechnung behielt er einen Teilbetrag von 173.739,04 DM ein, nachdem das Finanzamt Z. bei ihm eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung durchgeführt und ihn aufgefordert hatte, bei Meidung eines Haftungsbescheids die anteilige Umsatzsteuer nach deutschem Recht an das Finanzamt im Abzugsverfahren abzuführen.
Die Klägerin verlangt von dem Beklagten Zahlung der vereinbarten Restvergütung. Sie ist der Meinung, ihre Leistungen unterlägen nicht der deutschen Umsatzsteuerpflicht. Die Voraussetzungen für die Durchführung eines Abzugsverfahrens seien nicht gegeben. Ihre Leistungen seien weder wissenschaftlicher Art, noch zu einem wesentlichen Teil im Bundesgebiet erbracht.
Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß zur Zahlung von 173.739,04 DM nebst Zinsen verurteilt. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht das landgerichtliche Urteil abgeändert und den Beklagten unter Klageabweisung im übrigen nur noch zur Zahlung von 1.565,13 DM nebst Zinsen verurteilt. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren Zahlungsanspruch weiter. Der Beklagte bittet um Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Revision bleibt ohne Erfolg.
I. Das Berufungsgericht hat einen über den zuerkannten Betrag hinausgehenden Anspruch der Klägerin auf eine weitere Vergütung von 172.173,91 DM aus Werkvertrag (§§ 631, 675 BGB) verneint. Es hat dazu im wesentlichen ausgeführt: Das Finanzamt Z. habe den Beklagten im Abzugsverfahren (§ 18 Abs. 8 UStG i.V.m. §§ 51 ff. UStDV) unter Androhung eines Haftungsbescheides (§ 55 UStDV) zur Abführung der angeblich geschuldeten Umsatzsteueranteile in Höhe von 172.173,91 DM veranlaßt. Der Beklagte habe nicht "ungeprüft" bzw. "willkürlich" diesem Verlangen nachgegeben. Die erneute Zahlung dieses Betrages sei dem Beklagten nicht zuzumuten. Dem Abführungspflichtigen könne regelmäßig nicht zugemutet werden, mit eigenem Kostenrisiko gegen die Abführungspflicht im Abzugsverfahren vorzugehen. Die Klärung der Steuerpflichtigkeit eines Umsatzvorganges sei nämlich grundsätzlich Sache des Vergütungsgläubigers als Steuerschuldner nach § 13 UStG. Da der Abzugsverpflichtete (§ 51 Abs. 1 Nr. 1 UStDV) die Abzugssteuer für Rechnung des Steuerschuldners einzubehalten und abzuführen habe, erfülle er insoweit aufgrund dieses gesetzlichen Auftrages seine privatrechtliche Verpflichtung zur Zahlung des Leistungsentgelts. Diese gesetzliche Anordnung ersetze der Sache nach eine bürgerlich-rechtliche Anweisung des Gläubigers im Sinne des § 783 BGB. Auch wenn das Abzugsverfahren für den Steuerpflichtigen keine privatrechtliche Bindungswirkung habe, komme diesem doch eine gewisse "Drittwirkung" zu. Der Abzugspflichtige sei deshalb bereits dann zur Einbehaltung und Abführung der Steuer mit Wirkung für den Vergütungsgläubiger entsprechend §§ 362 Abs. 2, 185 BGB befugt, wenn er berechtigte
Zweifel an der sachlichen Steuerpflicht haben könne. Denn der Abzugspflichtige solle nicht das Risiko tragen, aus eigenem Vermögen die Abzugsbeträge entrichten zu müssen. Es sei deshalb Aufgabe des Steuerpflichtigen, die Annahme der Steuerbarkeit eines Umsatzes im deutschen Erhebungsgebiet anzugreifen.
Eine erneute Zahlung des bereits im Abzugsverfahren abgeführten Betrages von 172.173,91 DM sei dem Beklagten nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht zuzumuten. Wegen der fehlenden Bindungswirkung des Zivilprozesses für das Steuerverfahren seien widersprechende Entscheidungen nicht auszuschließen. Dies bedeute für den Beklagten die naheliegende Gefahr, bei Verurteilung im Zivilprozeß die bereits abgeführten Umsatzsteueranteile nicht zurückzuerlangen, also endgültig zweimal entrichten zu müssen. Der Beklagte habe die Steuerpflichtigkeit der Umsatzvorgänge der Klägerin zumindest für zweifelhaft halten dürfen. Angesichts der rechtlichen Schwierigkeiten bei der Feststellung der Steuerpflicht nach dem Umsatzsteuergesetz sei es dem Beklagten nicht zumutbar gewesen, mit eigenem Kostenrisiko gegen die diesbezügliche Rechtsauffassung der Finanzbehörden vorzugehen.
Diese Auffassung stehe mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zum Problem widersprechender Entscheidungen in Zivil- und Finanzgerichtsverfahren im Einklang. Die Verurteilung auf erneute Zahlung der Umsatzsteuer im Zivilrechtsweg werde von einer späteren abweichenden Entscheidung im Finanzrechtsweg nicht berührt. Der Beklagte könne daher, selbst wenn die Umsatzsteuerpflicht der klägerischen Leistungen im Finanzgerichtsweg später bejaht werde, den im Zivilurteil ausgeurteilten Betrag nicht von der
Klägerin als ungerechtfertigte Bereicherung (§ 812 BGB) oder im Wege des Wiederaufnahmeverfahrens zurückverlangen. Der Beklagte habe zudem bei Verurteilung vor dem Zivilgericht keine rechtliche Möglichkeit, wenigstens den im Finanzverfahren abgeführten Betrag dort zurückzuverlangen. Der Beklagte wäre als (nur) Abzugsverpflichteter nicht zur nachträglichen Durchführung des Steuerverfahrens berechtigt. Demgegenüber werde die Klägerin durch die Abweisung der Zivilklage in Höhe von 172.173,91 DM nicht unzumutbar belastet. Ihr bleibe die Möglichkeit, im Steuerverfahren eine Aufhebung der Steuerfestsetzung zu erreichen und gegen eine ablehnende Verwaltungsentscheidung im Finanzgerichtsweg vorzugehen.
II. Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten im Ergebnis der revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Die Klägerin hat keinen Anspruch aus § 631 Abs. 1 BGB gegen den Beklagten auf Zahlung des restlichen Werklohns in Höhe der anteiligen Umsatzsteuer nach deutschem Recht. Der Beklagte hat durch Zahlung an das Finanzamt Z. den Gläubiger befriedigt, der die noch offene Restvergütung aus dem Werkvertrag der Parteien kraft gesetzlicher Überleitung beanspruchen konnte.
1. Der Klägerin stand ursprünglich gegen den Beklagten ein Vergütungsanspruch in Höhe von 1.320.000,-- DM zu. In diesem Festbetrag war die Umsatzsteuer enthalten, wie sich aus der von den Parteien getroffenen Vergütungsregelung ergibt. Von dem zu zahlenden Werklohn war demnach noch anfallende Umsatzsteuer an die zuständige Finanzbehörde abzuführen. Bei Werkverträgen ist der Unternehmer als Werklohngläubiger Steuerschuldner der zu entrichtenden Umsatzsteuer (§ 13 Abs. 2 Nr. 1 UStG). Demnach war die Klägerin als Steuerschuldnerin zur Zahlung der entsprechenden Umsatzsteuer
verpflichtet. Nichts anderes gilt in Fällen, in denen das Abzugsverfahren nach § 18 Abs. 8 UStG in Verbindung mit den §§ 51 ff. UStDV Anwendung findet. Auch dann bleibt der Unternehmer Steuerschuldner. Den Besteller trifft in diesem Fall als Leistungsempfänger die gesetzliche Pflicht zur Einbehaltung und Entrichtung der Umsatzsteuer (§ 18 Abs. 8 Satz 1 UStG, § 51 Abs. 1 UStDV); er haftet dem Steuerfiskus auch für die einzubehaltende und abzuführende Steuer (§ 18 Abs. 8 Satz 2 Nr. 3 UStG, § 55 UStDV). Das Abzugsverfahren ist als besondere Art des Besteuerungsverfahrens durch die Verpflichtung des Leistungsempfängers gekennzeichnet, die Steuer - obwohl er nicht Steuerschuldner ist - zu berechnen, anzumelden und an den Steuergläubiger abzuführen (§§ 51, 53, 54 UStDV) (Mößlang in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuergesetz, § 18 Rdn. 99). Diese besondere Form der Steuererhebung läßt den vertraglichen Anspruch auf Zahlung der Vergütung unberührt. Allerdings muß der Werkunternehmer in den Fällen, in denen der Abzug durch den Besteller zu Recht und richtig vorgenommen wurde, die für ihn von dem Besteller geleisteten Steuerzahlungen an das Finanzamt als forderungstilgend gegen sich gelten lassen (vgl. BGH, Beschl. v. 21.04.1966 - VII ZB 3/66, AP Nr. 13 zu § 611 BGB "Lohnanspruch"; LAG Hamm DB 1980, 2196; Hanau in Münchener Handbuch Arbeitsrecht, 2. Aufl., § 64 Rdn. 69 m.w.N.; jeweils zum Lohnsteuerabzugsverfahren ). Durch die Vorschriften über den Steuerabzug wird die Regel, daß der Schuldner den geschuldeten Betrag unmittelbar an den Gläubiger zu zahlen hat, im Verhältnis zwischen Besteller und Unternehmer zugunsten des Steuergläubigers teilweise durchbrochen; die regelmäßig unmittelbare Zahlung der Vergütung an den Unternehmer wird in Höhe des Steuerabzugs durch eine bloß mittelbare Zahlung an ihn ersetzt (RFHE 15, 239, 242 zum Lohnsteuerabzugsverfahren ). Diese ist darin zu sehen, daß der Besteller den dem Steuerabzug entsprechenden Anteil an der Vergütung für Rechnung des Unternehmers
(vgl. § 43 Satz 2 AO) zur Tilgung von dessen Steuerschuld verwendet. Der Besteller zahlt damit an den Steuergläubiger, der kraft gesetzlicher Überleitung die zivilrechtliche Forderung aus Werkvertrag zur Tilgung der Steuerschuld des Werklohngläubigers beanspruchen kann. Der Leistung an den durch das Abzugsverfahren gemäß § 18 Abs. 8 UStG in Verbindung mit den §§ 51 ff. UStDV gesetzlich ermächtigten Steuergläubiger kommt Erfüllungswirkung gemäß § 362 Abs. 1 BGB zu, wenn der Abzug durch den Besteller zu Recht und dem Umfang nach richtig vorgenommen wurde.
Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen hat das Finanzamt Z. den Beklagten nach einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung aufgefordert, den auf die Vergütung entfallenen Anteil der Umsatzsteuer nach deutschem Recht im Abzugsverfahren abzuführen, andernfalls er mit einem Haftungsbescheid rechnen müsse. In dem Umsatzsteuerbescheid des Finanzamts vom 22. Februar 1996, auf den das Berufungsgericht Bezug genommen hat, ist festgestellt , daß die Werklohnforderung der Klägerin der deutschen Umsatzsteuer unterliegt. Mit der Aufforderung an den Beklagten, im Abzugsverfahren die Umsatzsteuer abzuführen, hat das Finanzamt damit die Forderung auf den Steuerfiskus übergeleitet.
2. Der Revision kann nicht darin gefolgt werden, das Berufungsgericht sei verpflichtet gewesen, Feststellungen dazu zu treffen, ob die der Klägerin zustehende Vergütung der deutschen Umsatzsteuer unterliegt. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, daß die im Abzugsverfahren erfolgte Zahlung an den Steuergläubiger auch dann eine Erfüllung des Werklohnanspruchs darstellt, wenn nicht abschließend geklärt ist, ob die Voraussetzungen für ein Verfahren nach § 18 Abs. 8 UStG in Verbindung mit §§ 51 ff. UStDV
vorgelegen haben. Das Berufungsgericht brauchte deshalb keine Stellung dazu zu nehmen, ob es sich bei den Leistungen der Klägerin um nach deutschem Recht steuerbare Umsätze handelt.
a) Folgt der Besteller im Rahmen der Durchführung eines Werkvertrages gemäß § 631 BGB der Aufforderung der Finanzbehörde und führt er im umsatzsteuerlichen Abzugsverfahren den auf die Vergütung nach deutschem Recht anfallenden Umsatzsteueranteil an das zuständige Finanzamt ab, kommt der Zahlung an den Steuergläubiger jedenfalls auch dann Erfüllungswirkung zu, wenn die umsatzsteuerliche Rechtslage ungeklärt ist (BFH BStBl. II 1997, 700, 703).
Das Entscheidungsrecht über die Rechtmäßigkeit der Besteuerung liegt nach dem System der Abgabenordnung ausschließlich bei den Finanzbehörden. Nur diese treffen eine verbindliche Entscheidung über das Bestehen der Steuerpflicht. Meinungsunterschiede über die Rechtmäßigkeit des Steuereinbehalts sind zwischen dem Steuerschuldner (Unternehmer) und dem Steuergläubiger (Steuerfiskus) zu klären (FG Mecklenburg-Vorpommern EFG 1993, 744). Das Zivilgericht würde die durch Gesetz gebotenen Grenzen seiner Zuständigkeit überschreiten und in unzulässiger Weise in das Gebiet des Steuerrechts und der Steuerbehörden hinübergreifen, wollte es sich in seiner Entscheidung grundsätzlich auch mit dem öffentlich-rechtlichen fiskalischen Steueranspruch als solchem befassen sowie zur Frage des Bestehens der Steuerschuld , ihrer Höhe und ihrer Entrichtungsweise näher Stellung nehmen (RFHGE 15 239, 243). Zudem wären die Finanzbehörden an die Entscheidungen der Zivilgerichte nicht gebunden. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, sind widersprechende Entscheidungen der Zivilgerichte und
der Finanzbehörden nicht auszuschließen. Würde die deutsche Steuerpflicht im Zivilprozeß verneint und dem Anspruch auf Zahlung des Werklohns stattgegeben , könnte der Besteller aufgrund eines Haftungsbescheids gemäß § 55 UStDV vom Finanzfiskus zur Zahlung der deutschen Umsatzsteuer herangezogen werden, wenn die Finanzbehörde später mit etwaiger Billigung durch die Finanzgerichte entgegen der Rechtsauffassung der Zivilgerichte feststellte, daß die Vergütung der deutschen Umsatzsteuer unterliegt. Es muß deshalb allein den Finanzbehörden und gegebenenfalls den zuständigen Finanzgerichten überlassen bleiben, die aufgeworfenen steuerrechtlichen Fragen zu klären. Nur die Entscheidungen dieser Behörden und Gerichte binden alle Beteiligten und müssen, wenn sie bestandskräftig geworden sind, von den Zivilgerichten beachtet werden (BAG AP Nr. 44 zu § 1 TVG: Bau).
Die Klägerin erleidet hierdurch keinen Rechtsnachteil. Sie kann als im Ausland ansässiges Unternehmen gemäß § 57 Abs. 2 Nr. 1 UStDV das normale Besteuerungsverfahren nach §§ 16, 18 Abs. 1-4 UStG anstrengen, wenn sie der Ansicht ist, daß das Steuerabzugsverfahren zu einer unzutreffenden Besteuerung geführt hat (Giloy, BB 1993, 1410, 1413). In diesem Rahmen kann dann auch bei einer aus Sicht der Klägerin rechtswidrigen Beurteilung durch die Finanzbehörden um Rechtsschutz vor den Finanzgerichten nachgesucht werden.
b) Der Revision kann auch nicht darin gefolgt werden, daß das Berufungsgericht die Unterscheidung zwischen öffentlich-rechtlichem Steuerverhältnis und privatrechtlichem Erfüllungsanspruch prozeßordnungswidrig (§ 286 ZPO) nicht bedacht habe. Die Revision verkennt insoweit, daß durch das umsatzsteuerliche Abzugsverfahren die Pflicht zur Zahlung des Werklohns, die
dem Besteller nach § 632 BGB obliegt, öffentlich-rechtlich (abgaben-rechtlich) überlagert wird (FG Mecklenburg-Vorpommern EFG 1993, 744) und daß durch den Umsatzsteuerbescheid die Forderung kraft Gesetzes auf den Steuergläubiger übergeleitet wird. Die öffentlich-rechtliche Pflicht des Bestellers, die Forderung in Höhe der gesetzlichen Umsatzsteuer an den Steuerfiskus abzuführen , greift in das privatrechtliche Schuldverhältnis ein; der Leistungsempfänger erfüllt eine Pflicht des leistenden Unternehmers (Mößlang in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuergesetz, § 18 Rdn. 134).
Für die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts spricht im übrigen auch, daß keine überzeugenden Gründe dafür angeführt werden können, daß der Leistungsempfänger, der nicht der eigentliche Steuerschuldner ist, die Prozeßführungslast und das damit verbundene Kostenrisiko eines finanzgerichtlichen Prozesses tragen soll (Stadie in Rau/Dürrwächter, Kommentar zum Umsatzsteuergesetz , 8. Aufl., § 18 Anm. 867; Trzaskalik in Kirchhof/Söhn, EStG, § 38 Rdn. A 100). Soweit die Revision vorbringt, daß der Beklagte als Körperschaft des öffentlichen Rechts ohne jegliche Probleme gegen das vom Finanzamt Z. praktizierte Verfahren sich im Finanzverwaltungs- bzw. -gerichtsweg wenden könnte, während dies der Klägerin, die als belgisches Unternehmen keinerlei Erfahrung mit dem deutschen Steuerrecht habe, kaum oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten möglich sei, kann dem nicht beigetreten werden. Unabhängig davon, ob ein Steuerschuldner seinen Sitz im Ausland oder im Inland hat, obliegt es ihm, sich mit den Steuerbehörden vor den deutschen Finanzgerichten über die ihn treffende Steuerpflicht auseinander zu setzen. Der Beklagte als Steuerentrichtungspflichtiger aufgrund des umsatzsteuerrechtlichen Abzugsverfahrens hat dazu keine rechtliche Handhabe.
c) Die Revision hat auch keinen Erfolg, soweit sie geltend macht, der Beklagte habe die Voraussetzungen des Abzugsverfahrens nicht geprüft; er habe voreilig, "ungeprüft" oder "willkürlich" dem Verlangen des Finanzamts Z., den Umsatzsteueranteil der Werklohnforderung der Klägerin abzuführen, entsprochen. Es kann hier dahinstehen, wie die rechtlichen Wirkungen einer Zahlung im Abzugsverfahren zu beurteilen sind, wenn der Besteller ohne Festsetzung der Umsatzsteuer und ohne Aufforderung der Finanzbehörde an diese zahlt. Ebenso kann offen bleiben, was in Fällen gilt, in denen die umsatzsteuerrechtliche Rechtslage so eindeutig ist, daß die Anwendung des umsatzsteuerlichen Abzugsverfahrens nach § 18 Abs. 8 UStG in Verbindung mit §§ 51 ff. UStDV unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt in Betracht kommen kann. Solche Fälle liegen hier nicht vor. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt , daß rechtliche Schwierigkeiten bei der Beurteilung der Frage bestanden , ob die von der Klägerin erbrachte Leistung der deutschen Umsatzsteuer unterfällt oder nicht. Eine solche ungeklärte Rechtslage rechtfertigte das Vorgehen des Beklagten.
aa) Für die Beurteilung der Steuerpflichtigkeit der Leistung nach dem deutschen Umsatzsteuerrecht kommt es auf die zutreffende Bestimmung des Leistungsortes an. Die Entscheidung darüber, ob der Ort der Leistung im Inland oder im Ausland liegt, hat im Grundsatz der Leistungsempfänger zu treffen (Mößlang in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuergesetz, § 18 Rdn. 113). Da es sich hier um eine sonstige Leistung im Sinne des § 3 Abs. 9 UStG handelt, ist der Ort der Leistung nach § 3 a UStG zu bestimmen. Im steuerrechtlichen Schrifttum ist anerkannt, daß die Auslegung dieser Vorschrift Schwierigkeiten bereitet (vgl. von Wallis in Bunjes/Geist, UStG, 6. Aufl., § 3 a Rdn. 2). Wer die Steuerbarkeit der Leistung zutreffend beurteilen will, muß zudem unterscheiden, ob
eine wissenschaftliche Leistung im Sinne des § 3 a Abs. 2 Nr. 3 a UStG oder aber eine (wissenschaftliche) Beratung im Sinne des § 3 a Abs. 4 Nr. 3 UStG vorliegt.
bb) Berechtigte Zweifel an der umsatzsteuerlichen Rechtslage durfte der Beklagte auch bei der Beurteilung seiner Unternehmereigenschaft haben, auf die es wegen der Regelung des § 3 a Abs. 3 Satz 1 UStG bei den in § 3 a Abs. 4 UStG genannten sonstigen Leistungen ankommt; denn § 3 a Abs. 1 UStG ist anzuwenden, wenn der Leistungsempfänger Nichtunternehmer mit Wohnsitz oder Sitz in der Europäischen Gemeinschaft ist. Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, daß insoweit rechtliche Schwierigkeiten bei der Feststellung der Steuerpflicht bestanden. Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG sind die juristischen Personen des öffentlichen Rechts - zu denen der Beklagte als Gebietskörperschaft gehört - grundsätzlich nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art (§ 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 KStG) und ihrer land- oder forstwirtschaftlichen Betriebe gewerblich oder beruflich tätig. Nur insoweit sind sie Unternehmer (§ 2 Abs. 1 Satz 1 UStG) und unterhalten ein Unternehmen. Gemäß Art. 4 Abs. 5 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (ABl. EG Nr. L 145 v. 13.06.1977, S. 1) gelten Staaten, Länder, Gemeinden und sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts nicht als Steuerpflichtige, soweit sie Tätigkeiten ausüben oder Leistungen erbringen, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen, auch wenn sie im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten oder Leistungen Zölle, Gebühren, Beiträge oder sonstige Abgaben erheben. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ist für die Beantwortung der Frage, ob eine Einrichtung des öffentlichen Rechts im Rahmen der öffentlichen Gewalt tätig wird, darauf
abzustellen, ob sie im Rahmen der eigens für sie geltenden rechtlichen Regelungen tätig wird oder aber unter den gleichen rechtlichen Bedingungen handelt wie private Wirtschaftsteilnehmer (vgl. EuGH Slg. I 1990, 1869, 1887 Tz. 12 - Comune di Carpaneto Piacentino u.a.). Danach ist die Form des Handelns maßgebend. Das deutsche Umsatzsteuerrecht stellt hingegen durch die Verweisung auf das Körperschaftssteuerrecht auf den Inhalt der ausgeübten Tätigkeit und deren wirtschaftliche Heraushebung ab (Heidner in Bunjes/Geist, UStG, 6. Aufl., § 2 Rdn. 143). Diese rechtssystematisch unterschiedlichen Ansätze können bei der Beurteilung der Unternehmereigenschaft von juristischen Personen des öffentlichen Rechts jedenfalls in Fällen, in denen diese - wie hier - auf privatrechtlicher Grundlage Verträge schließt, zu erheblichen rechtlichen Unsicherheiten führen.
3. Die Revision rügt ferner ohne Erfolg, der Beklagte habe durch seine Vorgehensweise gegen die ihm obliegende vertragliche Leistungstreuepflicht gegenüber der Klägerin verstoßen. In Fällen, in denen die Finanzbehörde die Steuerbarkeit der Forderung festgestellt hat und vom Leistungsempfänger bei Meidung eines förmlichen Haftungsbescheids die Durchführung eines Abzugsverfahrens verlangt, ist der Leistungsempfänger berechtigt, den Abzugsbetrag von der zu zahlenden Vergütung einzubehalten und an den Steuergläubiger abzuführen. Mangels offensichtlicher Rechtswidrigkeit des Abzugsverfahrens ist ein Verstoß gegen die vertragliche Leistungstreuepflicht ausgeschlossen.
4. Die Revision kann schließlich auch nicht mit Erfolg geltend machen, der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag weise eine Regelungslücke auf, die nach den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen sei. Die Parteien hätten nicht bedacht, daß das Finanzamt Z. die Lei-
stungen der Klägerin nach deutschem Steuerrecht für steuerpflichtig halten könnte. Wäre dies von den Vertragsparteien bedacht worden, hätten die Parteien die Vergütungspflicht des Beklagten um die nach deutschem Steuerrecht anfallende Mehrwertsteuer erhöht. Im übrigen habe dem Beklagten auch das Vorsteuerabzugsrecht nach den §§ 15, 15 a UStG zugestanden.
a) Zwar mögen die Parteien bei Abschluß des Vertrages vom 11. März 1994 nicht davon ausgegangen sein, daß die Vergütung der Klägerin dem deutschen Umsatzsteuerrecht unterfallen könnte. Entgegen der Auffassung der Revision kann daraus aber nicht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung gefolgert werden, daß der Beklagte verpflichtet ist, zusätzlich zum vereinbarten Festpreis die auf diesen entfallende anteilige Umsatzsteuer nach deutschem Recht zu zahlen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGHZ 103, 284, 287; BGH, Urt. v. 14.12.1977 - VIII ZR 34/76, WM 1978, 91) ist die bei einem Verkauf anfallende Umsatzsteuer beim Fehlen gegenteiliger Vereinbarungen grundsätzlich ein unselbständiger Bestandteil des vereinbarten Entgelts, weshalb der Verkäufer die wider sein Erwarten auf einen Verkauf anfallende Umsatzsteuer nicht später vom Käufer nachfordern kann. Diese Grundsätze gelten auch für das Werkvertragsrecht. Der Beklagte schuldet deshalb als Vergütung nicht mehr als den vereinbarten Festpreis. Zudem haben die Parteien ausdrücklich vereinbart, daß mit dem Festpreis auch die belgische Umsatzsteuer ausgeglichen sein sollte; dies spräche dafür, daß eine entsprechende Regelung auch dann getroffen worden wäre, wenn die Parteien von einer Umsatzsteuerpflicht nach deutschem statt nach belgischem Recht ausgegangen wären.
b) Im übrigen spricht entgegen der Annahme der Revision viel dafür, daß der Beklagte in bezug auf das Vertragsverhältnis zur Klägerin kein vorsteuer -abzugsberechtigter Unternehmer im Sinne des § 15 Abs. 1 UStG ist. Zwar kann eine juristische Personen des öffentlichen Rechts vorsteuerabzugsberechtigter Unternehmer im Sinne dieser Vorschrift sein, soweit ihr unternehmerischer Bereich betroffen ist. Ein Vorsteuerabzug kommt jedoch dann nicht in Betracht, wenn sich der Umsatz auf den nichtunternehmerischen Bereich bezieht (Cissée in Bunjes/Geist, UStG, 6. Aufl., § 15 Rdn. 12). Das von der Klägerin erstellte Konzept sollte sich ausweislich der Vertragsunterlagen mit der Entwicklung von Tourismus, Freizeit und Erholung in der Region beschäftigen. Es sollte damit dem Beklagten als Entscheidungshilfe bei der Förderung insbesondere des Fremdenverkehrs und der Schaffung von Erholungsgebieten für die Kreisbewohner dienen. Es liegt deshalb nahe, daß sich die von der Klägerin erbrachte Leistung auf den nichtunternehmerischen Bereich des Beklagten bezog. Im übrigen hat - worauf die Revisionserwiderung hingewiesen hat - das Finanzamt Z. dem Bundesamt für Finanzen mit Schreiben vom 13. November 1997 mitgeteilt, daß der Beklagte nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Rogge Jestaedt Melullis
Scharen Keukenschrijver
(1) Hat der Unternehmer in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen höheren Steuerbetrag, als er nach diesem Gesetz für den Umsatz schuldet, gesondert ausgewiesen (unrichtiger Steuerausweis), schuldet er auch den Mehrbetrag. Berichtigt er den Steuerbetrag gegenüber dem Leistungsempfänger, ist § 17 Abs. 1 entsprechend anzuwenden. In den Fällen des § 1 Abs. 1a und in den Fällen der Rückgängigmachung des Verzichts auf die Steuerbefreiung nach § 9 gilt Absatz 2 Satz 3 bis 5 entsprechend.
(2) Wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er zum gesonderten Ausweis der Steuer nicht berechtigt ist (unberechtigter Steuerausweis), schuldet den ausgewiesenen Betrag. Das Gleiche gilt, wenn jemand wie ein leistender Unternehmer abrechnet und einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er nicht Unternehmer ist oder eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt. Der nach den Sätzen 1 und 2 geschuldete Steuerbetrag kann berichtigt werden, soweit die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt worden ist. Die Gefährdung des Steueraufkommens ist beseitigt, wenn ein Vorsteuerabzug beim Empfänger der Rechnung nicht durchgeführt oder die geltend gemachte Vorsteuer an die Finanzbehörde zurückgezahlt worden ist. Die Berichtigung des geschuldeten Steuerbetrags ist beim Finanzamt gesondert schriftlich zu beantragen und nach dessen Zustimmung in entsprechender Anwendung des § 17 Abs. 1 für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Voraussetzungen des Satzes 4 eingetreten sind.
(1) Eine sonstige Leistung wird vorbehaltlich der Absätze 2 bis 8 und der §§ 3b und 3e an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung von einer Betriebsstätte ausgeführt, gilt die Betriebsstätte als der Ort der sonstigen Leistung.
(2) Eine sonstige Leistung, die an einen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird, wird vorbehaltlich der Absätze 3 bis 8 und der §§ 3b und 3e an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Empfänger sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung an die Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, ist stattdessen der Ort der Betriebsstätte maßgebend. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend bei einer sonstigen Leistung an eine ausschließlich nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, und bei einer sonstigen Leistung an eine juristische Person, die sowohl unternehmerisch als auch nicht unternehmerisch tätig ist; dies gilt nicht für sonstige Leistungen, die ausschließlich für den privaten Bedarf des Personals oder eines Gesellschafters bestimmt sind.
(3) Abweichend von den Absätzen 1 und 2 gilt:
- 1.
Eine sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück wird dort ausgeführt, wo das Grundstück liegt. Als sonstige Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück sind insbesondere anzusehen: - a)
sonstige Leistungen der in § 4 Nr. 12 bezeichneten Art, - b)
sonstige Leistungen im Zusammenhang mit der Veräußerung oder dem Erwerb von Grundstücken, - c)
sonstige Leistungen, die der Erschließung von Grundstücken oder der Vorbereitung, Koordinierung oder Ausführung von Bauleistungen dienen.
- 2.
Die kurzfristige Vermietung eines Beförderungsmittels wird an dem Ort ausgeführt, an dem dieses Beförderungsmittel dem Empfänger tatsächlich zur Verfügung gestellt wird. Als kurzfristig im Sinne des Satzes 1 gilt eine Vermietung über einen ununterbrochenen Zeitraum - a)
von nicht mehr als 90 Tagen bei Wasserfahrzeugen, - b)
von nicht mehr als 30 Tagen bei anderen Beförderungsmitteln.
- 3.
Die folgenden sonstigen Leistungen werden dort ausgeführt, wo sie vom Unternehmer tatsächlich erbracht werden: - a)
kulturelle, künstlerische, wissenschaftliche, unterrichtende, sportliche, unterhaltende oder ähnliche Leistungen, wie Leistungen im Zusammenhang mit Messen und Ausstellungen, einschließlich der Leistungen der jeweiligen Veranstalter sowie die damit zusammenhängenden Tätigkeiten, die für die Ausübung der Leistungen unerlässlich sind, an einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, - b)
die Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle (Restaurationsleistung), wenn diese Abgabe nicht an Bord eines Schiffs, in einem Luftfahrzeug oder in einer Eisenbahn während einer Beförderung innerhalb des Gemeinschaftsgebiets erfolgt, - c)
Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen und die Begutachtung dieser Gegenstände für einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung ausgeführt wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist.
- 4.
Eine Vermittlungsleistung an einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, wird an dem Ort erbracht, an dem der vermittelte Umsatz als ausgeführt gilt. - 5.
Die Einräumung der Eintrittsberechtigung zu kulturellen, künstlerischen, wissenschaftlichen, unterrichtenden, sportlichen, unterhaltenden oder ähnlichen Veranstaltungen, wie Messen und Ausstellungen, sowie die damit zusammenhängenden sonstigen Leistungen an einen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, wird an dem Ort erbracht, an dem die Veranstaltung tatsächlich durchgeführt wird.
(4) Ist der Empfänger einer der in Satz 2 bezeichneten sonstigen Leistungen weder ein Unternehmer, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, und hat er seinen Wohnsitz oder Sitz im Drittlandsgebiet, wird die sonstige Leistung an seinem Wohnsitz oder Sitz ausgeführt. Sonstige Leistungen im Sinne des Satzes 1 sind:
- 1.
die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Patenten, Urheberrechten, Markenrechten und ähnlichen Rechten; - 2.
die sonstigen Leistungen, die der Werbung oder der Öffentlichkeitsarbeit dienen, einschließlich der Leistungen der Werbungsmittler und der Werbeagenturen; - 3.
die sonstigen Leistungen aus der Tätigkeit als Rechtsanwalt, Patentanwalt, Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer, Sachverständiger, Ingenieur, Aufsichtsratsmitglied, Dolmetscher und Übersetzer sowie ähnliche Leistungen anderer Unternehmer, insbesondere die rechtliche, wirtschaftliche und technische Beratung; - 4.
die Datenverarbeitung; - 5.
die Überlassung von Informationen einschließlich gewerblicher Verfahren und Erfahrungen; - 6.
- a)
Bank- und Finanzumsätze, insbesondere der in § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis h bezeichneten Art und die Verwaltung von Krediten und Kreditsicherheiten, sowie Versicherungsumsätze der in § 4 Nummer 10 bezeichneten Art, - b)
die sonstigen Leistungen im Geschäft mit Gold, Silber und Platin. Das gilt nicht für Münzen und Medaillen aus diesen Edelmetallen;
- 7.
die Gestellung von Personal; - 8.
der Verzicht auf Ausübung eines der in Nummer 1 bezeichneten Rechte; - 9.
der Verzicht, ganz oder teilweise eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit auszuüben; - 10.
die Vermietung beweglicher körperlicher Gegenstände, ausgenommen Beförderungsmittel; - 11.
(weggefallen) - 12.
(weggefallen) - 13.
(weggefallen) - 14.
die Gewährung des Zugangs zum Erdgasnetz, zum Elektrizitätsnetz oder zu Wärme- oder Kältenetzen und die Fernleitung, die Übertragung oder Verteilung über diese Netze sowie die Erbringung anderer damit unmittelbar zusammenhängender sonstiger Leistungen.
(5) Ist der Empfänger einer der in Satz 2 bezeichneten sonstigen Leistungen
- 1.
kein Unternehmer, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, - 2.
keine ausschließlich nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, - 3.
keine juristische Person, die sowohl unternehmerisch als auch nicht unternehmerisch tätig ist, bei der die Leistung nicht ausschließlich für den privaten Bedarf des Personals oder eines Gesellschafters bestimmt ist,
- 1.
die sonstigen Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation; - 2.
die Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen; - 3.
die auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen.
(6) Erbringt ein Unternehmer, der sein Unternehmen von einem im Drittlandsgebiet liegenden Ort aus betreibt,
- 1.
eine in Absatz 3 Nr. 2 bezeichnete Leistung oder die langfristige Vermietung eines Beförderungsmittels, - 2.
eine in Absatz 4 Satz 2 Nummer 1 bis 10 bezeichnete sonstige Leistung an eine im Inland ansässige juristische Person des öffentlichen Rechts oder - 3.
eine in Absatz 5 Satz 2 Nummer 1 und 2 bezeichnete Leistung,
(7) Vermietet ein Unternehmer, der sein Unternehmen vom Inland aus betreibt, kurzfristig ein Schienenfahrzeug, einen Kraftomnibus oder ein ausschließlich zur Beförderung von Gegenständen bestimmtes Straßenfahrzeug, ist diese Leistung abweichend von Absatz 3 Nr. 2 als im Drittlandsgebiet ausgeführt zu behandeln, wenn die Leistung an einen im Drittlandsgebiet ansässigen Unternehmer erbracht wird, das Fahrzeug für dessen Unternehmen bestimmt ist und im Drittlandsgebiet genutzt wird. Wird die Vermietung des Fahrzeugs von einer Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, gilt Satz 1 entsprechend, wenn die Betriebsstätte im Inland liegt.
(8) Erbringt ein Unternehmer eine Güterbeförderungsleistung, ein Beladen, Entladen, Umschlagen oder ähnliche mit der Beförderung eines Gegenstandes im Zusammenhang stehende Leistungen im Sinne des § 3b Absatz 2, eine Arbeit an beweglichen körperlichen Gegenständen oder eine Begutachtung dieser Gegenstände, eine Reisevorleistung im Sinne des § 25 Absatz 1 Satz 5 oder eine Veranstaltungsleistung im Zusammenhang mit Messen und Ausstellungen, ist diese Leistung abweichend von Absatz 2 als im Drittlandsgebiet ausgeführt zu behandeln, wenn die Leistung dort genutzt oder ausgewertet wird. Satz 1 gilt nicht, wenn die dort genannten Leistungen in einem der in § 1 Absatz 3 genannten Gebiete tatsächlich ausgeführt werden.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.