Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 19. Aug. 2014 - I-23 U 107/13
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 08.07.2013 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
G r ü n d e
2I.
3Der Kläger verlangt von den Beklagten Schadensersatz wegen fehlerhafter steuerlicher Beratung. Die Beklagte zu 1) ist eine Steuerberatungsgesellschaft und unterhielt als solche eine Haftpflichtversicherung. Sie betreute über viele Jahre hinweg in steuerrechtlichen Angelegenheiten die Betonsteinwerke H GmbH, deren Eigentümer der Kläger und seine Eltern waren. Der Vater des Klägers war außerdem Inhaber eines Einzelunternehmens, dessen wesentlicher Vermögensbestandteil ein Grundbesitz war, den das Einzelunternehmen an die GmbH verpachtete. Neben der laufenden Beratung erbrachte die Beklagte zu 1) im Jahr 2001 Beratungsleistungen an den Kläger und seine Eltern im Zusammenhang mit der unentgeltlichen Übertragung von Betriebsvermögen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge von den Eltern auf den Kläger. Unter anderem übertrug der Vater des Klägers diesem durch notariellen Übertragungsvertrag vom 18.12.2001 im Wege der vorweggenommenen Erbfolge den zu seinem Einzelunternehmen gehörenden Grundbesitz. Die Übertragung, wegen deren Einzelheiten auf den Inhalt der Vertragsurkunde Bezug genommen wird (Anlage zur Klageschrift), erfolgte mit der Maßgabe, dass sich der Vater des Klägers den lebenslänglichen unentgeltlichen Nießbrauch an dem Grundbesitz vorbehielt. Wegen des dargestellten Übertragungsvorgangs setzte das Finanzamt mit Schenkungssteuerbescheid vom 29.06.2006 (Anlage zur Klageschrift) Schenkungssteuer in Höhe von 131.474,-- Euro gegen den Kläger fest, wobei es erläuterte, dass die Vergünstigung des § 13a ErbStG nicht habe gewährt werden können, weil es sich nicht um Betriebsvermögen gehandelt habe.
4Der Kläger hat geltend gemacht, bei der Ausarbeitung des Übertragungsvertrages, der im Vorfeld zwischen dem Geschäftsführer der Beklagten zu 1) und dem beurkundenden Notar abgestimmt worden sei, sei in Form des Nießbrauchsvorbehalt eine steuerlich nachteilige Gestaltung gewählt worden, die dazu geführt habe, dass er Schenkungssteuer in Höhe von 131.474,-- Euro anstelle von durch den Geschäftsführer der Beklagten zu 1) im Rahmen der Schenkungssteuererklärung vom 28.03.2003 errechneter 11.298,53 Euro habe zahlen müssen. Nachdem er einen Teilbetrag von 5.978,98 Euro der ihm vermeintlich zustehenden Schadensersatzforderung von 120.175,47 Euro (131.474,-- Euro ./. 11.298,53 Euro) an die Betonsteinwerke H GmbH abgetreten hat, hat der Kläger mit der vorliegenden, am 31.12.2009 beim Landgericht eingegangenen Klage den restlichen Betrag (114.196,49 Euro) sowie vorprozessual aufgewendete Rechtsanwaltskosten (514,68 Euro), jeweils nebst Zinsen, geltend gemacht.
5Durch Beschluss des Amtsgerichts Duisburg vom 07.03.2012 (Az.: 60 IN 224/11) ist über das Vermögen der Beklagten zu 1) das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zu 2) zum Insolvenzverwalter bestellt worden. Der Kläger hat die eingeklagte Forderung zur Insolvenztabelle angemeldet und insoweit klargestellt, dass bezüglich der angemeldeten Forderung abgesonderte Befriedigung aus dem Deckungsanspruch der Beklagten zu 1) gegen die Haftpflichtversicherung unter gleichzeitiger Anmeldung des Ausfalls beansprucht werde. Die angemeldete Forderung ist vom Beklagten zu 2) im Prüfungstermin in voller Höhe bestritten worden. Mit Schreiben an den Geschäftsführer der Beklagten zu 1) vom 20.07.2012 (vgl. Bl. 202 d.A.) hat der Beklagte zu 2) einen etwaigen Deckungsanspruch aus dem streitgegenständlichen Schadenfall gegen die Versicherung freigegeben. Der Kläger hat daraufhin das infolge der Insolvenzeröffnung unterbrochene Verfahren wieder aufgenommen und darüber hinaus die Klage gegen den Beklagten zu 2) erweitert.
6Er hat beantragt,
71. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an ihn 114.711,17 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 114.196,49 Euro seit dem 20.09.2007 und aus weiteren 514,68 Euro seit dem 01.11.2007 – beschränkt auf die Leistung aus der Versicherungsforderung gegen die Haftpflichtversicherung – zu zahlen;
82. festzustellen, dass ihm in dem beim Amtsgericht Duisburg unter dem Aktenzeichen 60 IN 224/11 geführten Insolvenzverfahren über das Vermögen der S Steuerberatungsgesellschaft mbH folgende Forderung als Insolvenzforderung zusteht, soweit er bei der Geltendmachung seiner Rechte auf abgesonderte Befriedigung ausfällt: Zahlung von 114.711,17 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 114.196,49 Euro seit dem 20.09.2007 und aus weiteren 514,68 Euro seit dem 01.11.2007 jeweils bis 06.03.2012.
9Die Beklagten haben beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Die Beklagten sind der Klageforderung entgegengetreten. Sie haben den Vorwurf einer Pflichtverletzung zurückgewiesen, die Kausalität der angeblichen Pflichtverletzung für den Schaden sowie die Schadenshöhe bestritten und sich auf die Einrede der Verjährung berufen.
12Das Landgericht hat der Klage nach Einholung eines Sachverständigengutachtens durch Urteil vom 08.07.2013, auf dessen tatsächliche Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird, überwiegend stattgegeben. Es hat die Beklagte zu 1) verurteilt, an den Kläger 108.418,74 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 107.904,06 Euro seit dem 20.09.2007 und aus weiteren 514,68 Euro seit dem 01.11.2007 – beschränkt auf die Leistung aus der Versicherungsforderung gegen die Haftpflichtversicherung – zu zahlen. Außerdem hat es festgestellt, dass dem Kläger in dem beim Amtsgericht Duisburg unter dem Aktenzeichen 60 IN 224/11 geführten Insolvenzverfahren über das Vermögen der S Steuerberatungsgesellschaft mbH folgende Forderung als Insolvenzforderung zusteht, soweit er bei der Geltendmachung seiner Rechte aus abgesonderter Befriedigung ausfällt: Zahlung von 108.418,74 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 107.904,06 Euro seit dem 20.09.2007 und aus weiteren 514,68 Euro seit dem 01.11.2007. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
13Zur Begründung hat das Landgericht, das die Klageforderung nicht als verjährt angesehen hat, im Wesentlichen ausgeführt, dem Kläger stehe gegen die Beklagte zu 1) ein Schadensersatzanspruch aus fehlender anwaltlicher Beratung zu. Zwischen den Parteien sei ein anwaltlicher Beratungsvertrag zustande gekommen. Dies gelte auch im Hinblick auf die Frage der Gestaltung der streitgegenständlichen Übertragung. Die Beklagte zu 1) habe den Kläger darüber aufklären müssen, welche verschiedenen Modelle denkbar seien. Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen, denen sich uneingeschränkt angeschlossen werde, sei eine ordnungsgemäße Beratung des Klägers und seiner Familie jedoch nicht erfolgt. Wenn man, wie im vorliegenden Fall, Betriebsvermögen übertragen wolle, solle man eine Gestaltung in Form einer dauernden Last wählen. Mache man dies, wie geschehen, mit einem Nießbrauch, müsse dies komplett besteuert werden, und zwar im Hinblick auf die Einkommenssteuer. Welchen Vorteil die Wahl einer dauernden Last gegenüber dem Nießbrauch für den Kläger gehabt hätte, habe der Sachverständige eindrucksvoll ausgerechnet. Beim Nießbrauch wäre Schenkungssteuer in Höhe von 131.474,-- Euro angefallen, wovon anteilig 10.122,50 Euro abzuziehen seien. Bei der dauernden Last wäre beim Kläger lediglich eine Steuerbelastung von 7.498,44 Euro angefallen, so dass sich beim Kläger ein Schaden in Höhe von 113.883,06 Euro ergebe. Dieser sei zu erstatten. Hiervon seien die abgetretenen Ansprüche in Höhe von 5.978,98 Euro abzuziehen, so dass der ausgeurteilte Betrag in Höhe von 107.904,08 herauskomme. Hinzu komme ein Betrag in Höhe von 514,68 Euro als Ersatz für aufgewendete Rechtsanwaltskosten. Aufgrund der Freigabe gehöre die Forderung nicht mehr zur Insolvenzmasse. Nach der erklärten Freigabe sei der ursprüngliche Klageantrag zu 1) weiter gegen die Gemeinschuldnerin, die ursprüngliche Beklagte und jetzige Beklagte zu 1) zu verfolgen gewesen, allerdings mit der Einschränkung, dass der Zahlungsanspruch beschränkt sei auf die Leistung aus der Versicherungsforderung gegen die Haftpflichtversicherung. Der Klageanspruch zu 2) sei ebenfalls begründet. Es gehe um die Feststellung der Forderung zur Tabelle, die vom Beklagten zu 2) bestritten werde. Hieran habe der Kläger ein berechtigtes Interesse, so dass insoweit auch dem Anspruch stattzugeben gewesen sei.
14Gegen das ihnen am 12.07.2013 zugestellte Urteil haben die Beklagten mit Schriftsatz vom 09.08.2013, beim Oberlandesgericht eingegangen am selben Tag, Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 14.10.2013 mit am 11.10.2013 beim Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz vom selben Tag begründet.
15Die Beklagten machen unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens im Wesentlichen geltend, eine Pflichtverletzung sei der Beklagten zu 1) nicht vorzuwerfen. Der Auftrag der Beklagten zu 1) habe darin bestanden, eine Schenkung des Einzelunternehmens unter Nießbrauchsvorbehalt mit einer Schenkung allein des Betriebsgrundstücks zu vergleichen. Die Beklagte zu 1) habe zutreffend errechnet, dass die Schenkung des Einzelunternehmens steuerlich deutlich günstiger gewesen sei als die Übertragung allein des Grundstücks. Nach Beratung durch den Notar hätten sich der Kläger und sein Vater dennoch entschieden, den Grundbesitz und nicht das Einzelunternehmen zu übertragen und sich damit sehenden Auges für die Gestaltung entschieden, die nach den Berechnungen der Beklagten zu 1) nachteilig gewesen sei. Die Beklagte zu 1) sei nicht beauftragt gewesen, die Vertragsentwürfe zu prüfen. Da der Beklagten zu 1) kein umfassendes Mandat erteilt worden sei, sei sie nicht verpflichtet gewesen auf eine gänzlich andere Gestaltungsmöglichkeit, nämlich die der Vollübertragung des Grundbesitzes bzw. des Einzelunternehmens gegen eine dauernde Last hinzuweisen, zumal diese Übertragungsform erhebliche zivilrechtliche Nachteile aufgewiesen hätte. Die Zahlungsklage gegen die Beklagte zu 1) sei nicht zulässig. Die Freigabe des Deckungsanspruchs betreffe allein das Deckungsverhältnis. Das Haftpflichtverhältnis bleibe insolvenzbefangen und müsse deshalb mit den im Insolvenzrecht dafür vorgesehenen Mitteln geklärt werden.
16Die Beklagten beantragen,
17das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 08.07.2013 abzuändern und die Klage gegen sie abzuweisen.
18Der Kläger beantragt,
19die Berufung zurückzuweisen.
20Der Kläger verteidigt unter Bezugnahme auf seinen erstinstanzlichen Sachvortrag die angefochtene Entscheidung.
21II.
22Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.
23Klageantrag zu 1) (Zahlungsklage gegen die Beklagte zu 1)
24Der Antrag ist nicht zulässig, im Übrigen aber auch nicht begründet.
251.
26Die Beklagte zu 1) ist hinsichtlich der geltend gemachten Forderung nicht prozessführungsbefugt. Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 07.03.2012 hat die Beklagte zu 1) ihre zunächst vorhandene Prozessführungsbefugnis verloren, weil ihre Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen gemäß § 80 Abs. 1 InsO auf den Insolvenzverwalter übergegangen ist (vgl. Ott/Vula in: Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, Band 2, 3. Aufl. 2013, § 80 Rdnr. 74). Die Beklagte zu 1) hat die Prozessführungsbefugnis auch nicht etwa wiedererlangt. Zwar hat der Beklagte zu 2) unstreitig den Deckungsanspruch der Beklagten zu 1) gegen die Versicherung mit Schreiben vom 20.07.2012 freigegeben. Die Freigabe war aber auf den Deckungsanspruch beschränkt. Sie ermöglichte damit eine auf den Deckungsanspruch bezogene Prozessführung, m.a.W. einen Deckungsprozess der Beklagten zu 1) gegen die Versicherung oder die Geltendmachung eines Rechts des Klägers an dem Deckungsanspruch gegenüber der Beklagten zu 1). Der geltend gemachte Zahlungsanspruch betrifft demgegenüber das übrige, nach wie vor dem Insolvenzbeschlag unterliegende Vermögen der Beklagten zu 1, auch wenn der Kläger seine Forderung der Höhe nach auf die Versicherungsleistung beschränkt.
272.
28Selbst wenn im Übrigen aufgrund der vorgenannten Beschränkung von einer Prozessführungsbefugnis des Klägers auszugehen wäre, stünde dem Kläger derzeit ein Zahlungsanspruch gegen die Beklagte zu 1) unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Der Beklagte zu 2) hat keine Mittel aus der nach wie vor beschlagnahmten Insolvenzmasse zur Erfüllung der Haftpflichtforderung des Klägers gegen die Beklagte zu 1) freigegeben. Was das Absonderungsrecht des Klägers betrifft, setzt sich dieses nach Freigabe des Deckungsanspruchs als Pfandrecht an dem Deckungsanspruch fort (vgl. BGH, Urteil v. 28.03.1996 – IX ZR 77/95, NJW 1996, 2035, 2036; Urteil v. 02.04.2009 – IX ZR 23/08, a.a.O.; LG Itzehoe, Urteil v. 28.06.2011 – 7 O 57/10, BeckRS 2012, 15205; jew. m.w.Nw.). Als Pfandrechtsgläubiger kann der Kläger von der Beklagten zu 1) gemäß § 1285 BGB lediglich die Mitwirkung zur Einziehung der Forderung verlangen. Die Einziehung an sich, m.a.W. die Durchsetzung des Zahlungsanspruchs, erfolgt dagegen gegenüber dem Haftpflichtversicherer. Der vom Kläger herangezogenen Entscheidung des Landgerichts Itzehoe (a.a.O.), wonach eine Klage gegen den Gemeinschuldner auf Zahlung – beschränkt auf die Leistung aus der Versicherungsforderung – möglich sein soll, kann nicht gefolgt werden. Versicherungsrechtlich ist zwischen der Haftpflichtforderung des Geschädigten gegen den Schädiger als Zahlungsanspruch und dem Deckungsanspruch des Schädigers gegen seine Haftpflichtversicherung, an welchem der Geschädigte lediglich ein Pfandrecht hat, zu unterscheiden. Wird – wie hier – der Deckungsanspruch freigegeben, ist der Geschädigte damit auf seine Stellung als Pfandrechtsgläubiger beschränkt und hat keinen Zahlungsanspruch gegen den Schädiger. Dem versicherungsrechtlichen Trennungsprinzip zwischen Haftpflichtforderung einerseits und Deckungsanspruch andererseits entspricht es, dass das Vorliegen des Schadenfalls im Verhältnis des Geschädigten zum Schädiger und das Vorliegen des Versicherungsfalles im Verhältnis des Schädigers - bzw. ggf. des Pfandrechtsgläubigers - zur Versicherung zu klären ist (Lücke in: Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 28. Aufl. 2010, § 100 Rdnr. 45 f.). Gründe für eine Durchbrechung dieses Prinzips allein aufgrund des Insolvenzbeschlags des Vermögens des Schädigers sind nicht ersichtlich.
29Klageantrag zu 2) (Feststellungsklage gegen den Beklagten zu 2)
30Der Antrag ist zulässig, jedoch nicht begründet.
311.
32Der Antrag ist hinreichend bestimmt, auch wenn der Kläger den erwarteten Ausfall, den er im Insolvenzverfahren geltend macht, nicht konkret beziffert. Der absonderungsberechtigte Gläubiger, der wie hier der Kläger einerseits sein Absonderungsrecht und andererseits seine persönliche Forderung verfolgt, kann nämlich seine persönliche Forderung sogar in voller Höhe zur Tabelle anmelden, ohne überhaupt nur auf das Absonderungsrecht hinzuweisen (Ganter in: Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, 3. Aufl. 2013, § 52 Rdnr. 17); die Höhe des Ausfalls ist grundsätzlich erst vor der Schlussverteilung nachzuweisen, § 190 Abs. 1 S. 1 InsO. Ein Antrag, der wie der vorliegende die volle Höhe der persönlichen Forderung angibt und deren Beschränkung auf den Ausfall deutlich macht, ist dementsprechend in jedem Fall hinreichend bestimmt.
33Der Beklagte zu 2) ist prozessführungsbefugt. Die persönliche Forderung des Klägers, nämlich die Haftpflichtforderung gegen die Beklagte zu 1), ist eine Insolvenzforderung. Da die Insolvenzmasse betroffen ist, liegt die Prozessführungsbefugnis beim Beklagten zu 2) als Insolvenzverwalter. Die von ihm erklärte Freigabe bezog sich lediglich auf den Deckungsanspruch der Beklagten zu 1) gegen die Versicherung (s.o.).
34Die Feststellungsklage ist die zutreffende Klageart, § 180 Abs. 1 InsO. Das erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich daraus, dass der Beklagte zu 2) die angemeldete Forderung im Prüfungstermin bestritten hat.
352.
36Dem Kläger steht die angemeldete Schadensersatzforderung aus der allein in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage der §§ 280, 675 BGB nicht zu. Sein Vorbringen ist unschlüssig.
37a)
38Zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) bestand unstreitig ein Schuldverhältnis, welches u.a. die steuerliche Beratung des Klägers und seines Vaters bei Übertragung des Grundbesitzes im Wege der vorweggenommenen Erbfolge vom Vater auf den Kläger zum Gegenstand hatte.
39b)
40Zwar hat die Beklagte zu 1) ihre Pflichten aus dem Schuldverhältnis verletzt. Denn ihre Beratung war unvollständig. Der Umfang der Beratungspflicht richtet sich nach dem Inhalt des erteilten Mandats. Im Rahmen seines Mandats hat der Steuerberater seinen Mandanten von sich aus über alle bedeutsamen steuerlichen Einzelheiten und deren Folgen einschließlich insoweit bestehender zivilrechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten zu unterrichten (BGH, Urteil v. 23.01.2003 – IX ZR 180/01, NJW-RR 2003, 1574; Heermann in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, § 675 Rdnr. 43; jew. m.w.Nw.). Im vorliegenden Fall hat es die Beklagte zu 1) unterlassen, darauf hinzuweisen, dass die Übertragung nicht nur unter Nießbrauchsvorbehalt vorgenommen werden kann, sondern auch eine Übertragung gegen Zahlung einer dauernden Last – etwa einer lebenslangen Rente – möglich ist. Die Beklagten können sich demgegenüber nicht darauf berufen, dass der Beklagten zu 1) kein umfassendes Mandat erteilt worden sei. Selbst wenn der ihr erteilte Auftrag, wie die Beklagten geltend machen, nur dahingehend gelautet haben sollte, eine Schenkung des Einzelunternehmens unter Nießbrauchsvorbehalt mit einer Schenkung allein des Betriebsgrundstücks zu vergleichen, hätte dies nicht eine entsprechende Beschränkung der Beratungspflichten zur Folge gehabt; vielmehr hatte die Beklagte zu 1) auf andere Gestaltungsmöglichkeiten der Übertragung auch ungefragt hinzuweisen. Die Vereinbarung einer lebenslangen Rente anstelle des Nießbrauchs war im Hinblick auf die vom Vater des Klägers angestrebte Altersversorgung auch nicht etwa fernliegend. Etwaige hiermit verbundene zivilrechtliche Nachteile entbanden die Beklagte zu 1) nicht von ihrer Pflicht zur umfassenden Unterrichtung. Denn es unterlag allein der Entscheidungsbefugnis des Klägers bzw. seines Vaters, ob sie solche Nachteile in Kauf nehmen wollten. Es kommt schließlich nicht darauf an, ob der Übertragungsvertrag – was die Beklagten bestreiten - zwischen dem Notar und dem Geschäftsführer der Beklagten zu 1) abgestimmt worden ist, bzw. die Beklagte zu 1) zumindest zu einer Überprüfung des ihr jedenfalls unstreitig zugeleiteten Vertragsentwurfs verpflichtet war. Denn die der Beklagten zu 1) vorzuwerfende Pflichtverletzung der unterbliebenen Aufklärung über eine grundsätzlich andere Gestaltungsmöglichkeit hat bereits im Vorfeld der vertraglichen Umsetzung stattgefunden.
41c)
42Es ist jedoch nicht schlüssig, dass die Pflichtverletzung der Beklagten zu 1) für den geltend gemachten Schaden, nämlich die Differenz zwischen der festgesetzten Schenkungssteuer gemäß Bescheid des Finanzamtes vom 29.09.2006 in Höhe von 131.474,-- Euro und der Schenkungssteuer gemäß Erklärung der Beklagten zu 1) vom 28.03.2003 in Höhe von 11.298,53 Euro, kausal gewesen ist.
43Dass überhaupt Schenkungssteuer festgesetzt worden ist, stellt für sich besehen keinen Schaden dar. Denn diese wäre auch bei Ausgestaltung der Übertragung mit einer dauernden Last nur dann entfallen, wenn die Übertragung einkommensteuerneutral erfolgt wäre. Dass eine Gestaltung hätte gewählt werden können, bei der keinerlei Schenkungssteuer angefallen wäre, hat der Kläger der Beklagten zu 1) nicht vorgeworfen. Die Geltendmachung der Differenz zwischen erklärter und festgesetzter Schenkungssteuer als zu ersetzenden Schaden macht deutlich, dass der an die Beklagte zu 1) gerichtete Vorwurf lediglich in der Höhe seiner Steuerbelastung liegt.
44Die gegenüber der Erklärung deutlich höhere Festsetzung der Schenkungssteuer beruht nach den Erläuterungen des Finanzamtes im Steuerbescheid im Wesentlichen darauf, dass das Finanzamt die Vergünstigung des § 13a ErbStG a.F. (in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung) in Form der bis zum 31.12.2001 schenkungssteuerrechtlich günstigen Bewertungsansätze eines Betriebsvermögensfreibetrages von 500.000,-- DM und eines Bewertungsabschlages auf das übrige Betriebsvermögen von 40% nicht gewährt hat, weil es sich bei dem übertragenen Grundbesitz nicht um Betriebsvermögen gehandelt hat. Dass der übertragene Grundbesitz nicht als Betriebsvermögen behandelt worden ist, beruht aber nicht darauf, dass die Übertragung unter Nießbrauchsvorbehalt erfolgt ist, sondern darauf, dass das ursprünglich dem Einzelunternehmen des Vaters des Klägers zugeordnete Grundstück zum Übertragungszeitpunkt als dem Betriebsvermögen entnommen galt und damit steuerrechtlich kein begünstigtes Betriebsvermögen mehr war. Zu der unter steuerrechtlichen Aspekten schädlichen Entnahme wäre es aber dann nicht gekommen, wenn der Vater dem Kläger sein Einzelunternehmen insgesamt übertragen hätte. Die Beklagte zu 1) hat im Vorfeld der streitgegenständlichen Übertragung vom 18.12.2001 Berechnungen der Schenkungssteuer in Bezug auf beide Varianten der Übertragung, d.h. einerseits des Einzelunternehmens (vgl. Expertise vom 01.06.2001, Anlage zur Klageschrift) und andererseits allein des Grundbesitzes (vgl. Expertise vom 31.05.2001, Anlage BB1), angestellt. Ihr hierüber verfasstes Schreiben vom 01.06.2001 (vgl. Bl. 75 ff. d.A.) stellt die Ergebnisse gegenüber. Die Übertragung allein des Grundbesitzes stellt sich danach gegenüber der Übertragung des Einzelunternehmens als deutlich ungünstiger dar. Diese Variante ist deshalb auf dem Schreiben nach eigenem Vorbringen des Klägers von seinem Vater durchgestrichen und mit dem Vermerk „entfällt“ versehen worden. Die Steuerbelastung des Klägers in der geltend gemachten Höhe beruht demnach auf der Wahl der nach den Berechnungen der Beklagten zu 1) deutlich ungünstigeren Variante einer Übertragung allein des Grundbesitzes anstelle des Einzelunternehmens insgesamt, und nicht auf der Einräumung des Nießbrauchsvorbehalts an sich.
45Das nicht nachgelassene neue Vorbringen des Klägers im Schriftsatz vom 11.08.2014 gab keine Veranlassung zu einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 156 ZPO. Denn es fehlt eine nähere Darlegung zur Motivationslage des Vaters beim Abschluss des Übertragungsvertrages. Eine steuerliche Fehleinschätzung ist deshalb nicht zwingend.
46Nicht unterstellt werden kann, dass der Kläger bei einer Übertragung des Einzelunternehmens unter Nießbrauchsvorbehalt wegen des Auseinanderfallens von rechtlichem und wirtschaftlichem Eigentum mit Schenkungssteuer in einer der Festsetzung entsprechenden Höhe belastet worden wäre. Der Kläger hat nicht dargelegt, wie sich seine steuerrechtliche Situation bei Übertragung des Einzelunternehmens insgesamt unter Nießbrauchsvorbehalt dargestellt hätte. Die Expertise der Beklagten zu 1) vom 01.06.2001 (Anlage zur Klageschrift), deren Richtigkeit der Kläger nicht in Zweifel gezogen hat, weist für den Fall der Übertragung des Einzelunternehmens lediglich einen Betrag von 16.081,-- DM (= 8.222,08 Euro) zu zahlender Schenkungssteuer aus. Der gerichtliche Sachverständige hat lediglich die Übertragung des Grundbesitzes unter Nießbrauchsvorbehalt, wie tatsächlich geschehen, mit der Übertragung gegen Zahlung einer dauernden Last verglichen. Zu seiner ergänzenden Anhörung besteht mangels entsprechender Darlegungen des Klägers keine Veranlassung. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts einen möglichen Steuerschaden des Klägers zu ermitteln.
47Letztendlich kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger und sein Vater sich bei einem pflichtgemäßen Hinweis der Beklagten zu 1) auf die Möglichkeit der Übertragung gegen Zahlung einer dauernden Last für diese Übertragungsform entschieden hätten, da sie in Kenntnis der deutlich höheren Schenkungssteuerbelastung einer Variante der Übertragung unter Nießbrauchsvorbehalt gegenüber einer solchen Variante den Vorzug gegeben haben, bei der sich die Belastung mit 16.081,-- Euro (= 8.222,08 Euro) gemäß Expertise der Beklagten zu 1) vom 01.06.2001 in dem Bereich der vom gerichtlichen Sachverständigen für den Fall der Übertragung gegen Zahlung einer dauernden Last ermittelten Schenkungssteuer (max. 11.135,43 Euro) bewegt hätte.
48Prozessuale Nebenentscheidungen
49Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.
50Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 709 S. 2, 711 ZPO.
51Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 543 ZPO sind nicht ersichtlich.
52Streitwert 114.711,17 Euro
ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 19. Aug. 2014 - I-23 U 107/13
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Urteil einreichenOberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 19. Aug. 2014 - I-23 U 107/13 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
(1) Begünstigtes Vermögen im Sinne des § 13b Absatz 2 bleibt vorbehaltlich der folgenden Absätze zu 85 Prozent steuerfrei (Verschonungsabschlag), wenn der Erwerb begünstigten Vermögens im Sinne des § 13b Absatz 2 zuzüglich der Erwerbe im Sinne des Satzes 2 insgesamt 26 Millionen Euro nicht übersteigt. Bei mehreren Erwerben begünstigten Vermögens im Sinne des § 13b Absatz 2 von derselben Person innerhalb von zehn Jahren werden bei der Anwendung des Satzes 1 die früheren Erwerbe nach ihrem früheren Wert dem letzten Erwerb hinzugerechnet. Wird die Grenze von 26 Millionen Euro durch mehrere innerhalb von zehn Jahren von derselben Person anfallende Erwerbe überschritten, entfällt die Steuerbefreiung für die bis dahin nach Satz 1 oder Absatz 10 als steuerfrei behandelten früheren Erwerbe mit Wirkung für die Vergangenheit. Die Festsetzungsfrist für die Steuer der früheren Erwerbe endet nicht vor dem Ablauf des vierten Jahres, nachdem das für die Erbschaftsteuer zuständige Finanzamt von dem letzten Erwerb Kenntnis erlangt.
(2) Der nach Anwendung des Absatzes 1 verbleibende Teil des begünstigten Vermögens bleibt außer Ansatz, soweit der Wert dieses Vermögens insgesamt 150 000 Euro nicht übersteigt (Abzugsbetrag). Der Abzugsbetrag von 150 000 Euro verringert sich, soweit der Wert dieses Vermögens insgesamt die Wertgrenze von 150 000 Euro übersteigt, um 50 Prozent des diese Wertgrenze übersteigenden Betrags. Der Abzugsbetrag kann innerhalb von zehn Jahren für von derselben Person anfallende Erwerbe begünstigten Vermögens nur einmal berücksichtigt werden.
(3) Voraussetzung für die Gewährung des Verschonungsabschlags nach Absatz 1 ist, dass die Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen (Sätze 6 bis 13) des Betriebs, bei Beteiligungen an einer Personengesellschaft oder Anteilen an einer Kapitalgesellschaft des Betriebs der jeweiligen Gesellschaft innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb (Lohnsummenfrist) insgesamt 400 Prozent der Ausgangslohnsumme nicht unterschreitet (Mindestlohnsumme). Ausgangslohnsumme ist die durchschnittliche Lohnsumme der letzten fünf vor dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) endenden Wirtschaftsjahre. Satz 1 ist nicht anzuwenden, wenn
- 1.
die Ausgangslohnsumme 0 Euro beträgt oder - 2.
der Betrieb unter Einbeziehung der in den Sätzen 11 bis 13 genannten Beteiligungen und Gesellschaften sowie der nach Maßgabe dieser Bestimmung anteilig einzubeziehenden Beschäftigten nicht mehr als fünf Beschäftigte hat.
- 1.
mehr als fünf, aber nicht mehr als zehn Beschäftigten eine Mindestlohnsumme von 250 Prozent, - 2.
mehr als zehn, aber nicht mehr als 15 Beschäftigten eine Mindestlohnsumme von 300 Prozent.
- 1.
die sich im Mutterschutz im Sinne des Mutterschutzgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Juni 2002 (BGBl. I S. 2318), das zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom 23. Oktober 2012 (BGBl. I S. 2246) geändert worden ist, befinden oder - 2.
die sich in einem Ausbildungsverhältnis befinden oder - 3.
die Krankengeld im Sinne des § 44 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477, 2482), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 30. Mai 2016 (BGBl. I S. 1254) geändert worden ist, beziehen oder - 4.
die Elterngeld im Sinne des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Januar 2015 (BGBl. I S. 33) beziehen oder - 5.
die nicht ausschließlich oder überwiegend in dem Betrieb tätig sind (Saisonarbeiter);
(4) Das für die Bewertung der wirtschaftlichen Einheit örtlich zuständige Finanzamt im Sinne des § 152 Nummer 1 bis 3 des Bewertungsgesetzes stellt die Ausgangslohnsumme, die Anzahl der Beschäftigten und die Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen gesondert fest, wenn diese Angaben für die Erbschaftsteuer oder eine andere Feststellung im Sinne dieser Vorschrift von Bedeutung sind. Bei Anteilen an Kapitalgesellschaften, die nach § 11 Absatz 1 des Bewertungsgesetzes zu bewerten sind, trifft die Feststellungen des Satzes 1 das örtlich zuständige Finanzamt entsprechend § 152 Nummer 3 des Bewertungsgesetzes. Die Entscheidung über die Bedeutung trifft das Finanzamt, das für die Festsetzung der Erbschaftsteuer oder die Feststellung nach § 151 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 des Bewertungsgesetzes zuständig ist. § 151 Absatz 3 und die §§ 152 bis 156 des Bewertungsgesetzes sind auf die Sätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden.
(5) Ein Erwerber kann den Verschonungsabschlag (Absatz 1) und den Abzugsbetrag (Absatz 2) nicht in Anspruch nehmen, soweit er begünstigtes Vermögen im Sinne des § 13b Absatz 2 auf Grund einer letztwilligen Verfügung des Erblassers oder einer rechtsgeschäftlichen Verfügung des Erblassers oder Schenkers auf einen Dritten übertragen muss. Gleiches gilt, wenn ein Erbe im Rahmen der Teilung des Nachlasses begünstigtes Vermögen im Sinne des § 13b Absatz 2 auf einen Miterben überträgt. Überträgt ein Erbe erworbenes begünstigtes Vermögen im Sinne des § 13b Absatz 2 im Rahmen der Teilung des Nachlasses auf einen Dritten und gibt der Dritte dabei diesem Erwerber nicht begünstigtes Vermögen hin, das er vom Erblasser erworben hat, erhöht sich insoweit der Wert des begünstigten Vermögens des Dritten um den Wert des hingegebenen Vermögens, höchstens jedoch um den Wert des übertragenen Vermögens.
(6) Der Verschonungsabschlag (Absatz 1) und der Abzugsbetrag (Absatz 2) fallen nach Maßgabe des Satzes 2 mit Wirkung für die Vergangenheit weg, soweit der Erwerber innerhalb von fünf Jahren (Behaltensfrist)
- 1.
einen Gewerbebetrieb oder einen Teilbetrieb, eine Beteiligung an einer Gesellschaft im Sinne des § 97 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Satz 1 des Bewertungsgesetzes, einen Anteil eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien oder einen Anteil daran veräußert; als Veräußerung gilt auch die Aufgabe des Gewerbebetriebs. Gleiches gilt, wenn wesentliche Betriebsgrundlagen eines Gewerbebetriebs veräußert oder in das Privatvermögen überführt oder anderen betriebsfremden Zwecken zugeführt werden oder wenn Anteile an einer Kapitalgesellschaft veräußert werden, die der Veräußerer durch eine Sacheinlage (§ 20 Absatz 1 des Umwandlungssteuergesetzes vom 7. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2782, 2791), zuletzt geändert durch Artikel 6 des Gesetzes vom 2. November 2015 (BGBl. I S. 1834), in der jeweils geltenden Fassung) aus dem Betriebsvermögen im Sinne des § 13b erworben hat oder wenn eine Beteiligung an einer Gesellschaft im Sinne des § 97 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Satz 1 des Bewertungsgesetzes oder ein Anteil daran veräußert wird, den der Veräußerer durch eine Einbringung des Betriebsvermögens im Sinne des § 13b in eine Personengesellschaft (§ 24 Absatz 1 des Umwandlungssteuergesetzes) erworben hat; - 2.
das land- und forstwirtschaftliche Vermögen im Sinne des § 168 Absatz 1 Nummer 1 des Bewertungsgesetzes und selbst bewirtschaftete Grundstücke im Sinne des § 159 des Bewertungsgesetzes veräußert. Gleiches gilt, wenn das land- und forstwirtschaftliche Vermögen einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft nicht mehr dauernd zu dienen bestimmt ist oder wenn der bisherige Betrieb innerhalb der Behaltensfrist als Stückländerei zu qualifizieren wäre oder Grundstücke im Sinne des § 159 des Bewertungsgesetzes nicht mehr selbst bewirtschaftet werden; - 3.
als Inhaber eines Gewerbebetriebs, als Gesellschafter einer Gesellschaft im Sinne des § 97 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Satz 1 des Bewertungsgesetzes oder als persönlich haftender Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft auf Aktien bis zum Ende des letzten in die Fünfjahresfrist fallenden Wirtschaftsjahres Entnahmen tätigt, die die Summe seiner Einlagen und der ihm zuzurechnenden Gewinne oder Gewinnanteile seit dem Erwerb um mehr als 150 000 Euro übersteigen; Verluste bleiben unberücksichtigt. Gleiches gilt für Inhaber eines begünstigten Betriebs der Land- und Forstwirtschaft oder eines Teilbetriebs oder eines Anteils an einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft. Bei Ausschüttungen an Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft ist sinngemäß zu verfahren; - 4.
Anteile an Kapitalgesellschaften im Sinne des § 13b Absatz 1 Nummer 3 ganz oder teilweise veräußert; eine verdeckte Einlage der Anteile in eine Kapitalgesellschaft steht der Veräußerung der Anteile gleich. Gleiches gilt, wenn die Kapitalgesellschaft innerhalb der Frist aufgelöst oder ihr Nennkapital herabgesetzt wird, wenn diese wesentliche Betriebsgrundlagen veräußert und das Vermögen an die Gesellschafter verteilt wird; Satz 1 Nummer 1 Satz 2 gilt entsprechend; - 5.
im Fall des § 13b Absatz 1 Nummer 3 Satz 2 die Verfügungsbeschränkung oder die Stimmrechtsbündelung aufgehoben wird.
(7) Der Erwerber ist verpflichtet, dem für die Erbschaftsteuer zuständigen Finanzamt innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Ablauf der Lohnsummenfrist das Unterschreiten der Mindestlohnsumme (Absatz 3 Satz 1) anzuzeigen. In den Fällen des Absatzes 6 ist der Erwerber verpflichtet, dem für die Erbschaftsteuer zuständigen Finanzamt den entsprechenden Sachverhalt innerhalb einer Frist von einem Monat, nachdem der jeweilige Tatbestand verwirklicht wurde, anzuzeigen. Die Festsetzungsfrist für die Steuer endet nicht vor dem Ablauf des vierten Jahres, nachdem das für die Erbschaftsteuer zuständige Finanzamt von dem Unterschreiten der Mindestlohnsumme (Absatz 3 Satz 1) oder dem Verstoß gegen die Behaltensregelungen (Absatz 6) Kenntnis erlangt. Die Anzeige ist eine Steuererklärung im Sinne der Abgabenordnung. Sie ist schriftlich abzugeben. Die Anzeige hat auch dann zu erfolgen, wenn der Vorgang zu keiner Besteuerung führt.
(8) Soweit nicht inländisches Vermögen zum begünstigten Vermögen im Sinne des § 13b Absatz 2 gehört, hat der Steuerpflichtige nachzuweisen, dass die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) und während der gesamten in den Absätzen 3 und 6 genannten Zeiträume bestehen.
(9) Für begünstigtes Vermögen im Sinne des § 13b Absatz 2 wird vor Anwendung des Absatzes 1 ein Abschlag gewährt, wenn der Gesellschaftsvertrag oder die Satzung Bestimmungen enthält, die
- 1.
die Entnahme oder Ausschüttung auf höchstens 37,5 Prozent des um die auf den Gewinnanteil oder die Ausschüttungen aus der Gesellschaft entfallenden Steuern vom Einkommen gekürzten Betrages des steuerrechtlichen Gewinns beschränken; Entnahmen zur Begleichung der auf den Gewinnanteil oder die Ausschüttungen aus der Gesellschaft entfallenden Steuern vom Einkommen bleiben von der Beschränkung der Entnahme oder Ausschüttung unberücksichtigt und - 2.
die Verfügung über die Beteiligung an der Personengesellschaft oder den Anteil an der Kapitalgesellschaft auf Mitgesellschafter, auf Angehörige im Sinne des § 15 der Abgabenordnung oder auf eine Familienstiftung (§ 1 Absatz 1 Nummer 4) beschränken und - 3.
für den Fall des Ausscheidens aus der Gesellschaft eine Abfindung vorsehen, die unter dem gemeinen Wert der Beteiligung an der Personengesellschaft oder des Anteils an der Kapitalgesellschaft liegt,
- 1.
ist der Erwerber verpflichtet, dem für die Erbschaftsteuer zuständigen Finanzamt die Änderungen der genannten Bestimmungen oder der tatsächlichen Verhältnisse innerhalb einer Frist von einem Monat anzuzeigen, - 2.
endet die Festsetzungsfrist für die Steuer nicht vor dem Ablauf des vierten Jahres, nachdem das für die Erbschaftsteuer zuständige Finanzamt von der Änderung einer der in Satz 1 genannten Bestimmungen oder der tatsächlichen Verhältnisse Kenntnis erlangt.
(9a) Das für die Bewertung der wirtschaftlichen Einheit örtlich zuständige Finanzamt im Sinne des § 152 Nummer 2 und 3 des Bewertungsgesetzes stellt das Vorliegen der Voraussetzungen für den Abschlag nach Absatz 9 und dessen Höhe auf den Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) gesondert fest, wenn diese Angaben für die Erbschaftsteuer von Bedeutung sind. Die Entscheidung über die Bedeutung trifft das Finanzamt, das für die Festsetzung der Erbschaftsteuer zuständig ist. § 151 Absatz 3 und die §§ 152 bis 156 des Bewertungsgesetzes sind auf die Sätze 1 und 2 entsprechend anzuwenden.
(10) Der Erwerber kann unwiderruflich erklären, dass die Steuerbefreiung nach den Absätzen 1 bis 9 in Verbindung mit § 13b nach folgender Maßgabe gewährt wird:
- 1.
In Absatz 1 Satz 1 tritt an die Stelle des Verschonungsabschlags von 85 Prozent ein Verschonungsabschlag von 100 Prozent; - 2.
in Absatz 3 Satz 1 tritt an die Stelle der Lohnsummenfrist von fünf Jahren eine Lohnsummenfrist von sieben Jahren; - 3.
in Absatz 3 Satz 1 und 4 tritt an die Stelle der Mindestlohnsumme von 400 Prozent eine Mindestlohnsumme von 700 Prozent; - 4.
in Absatz 3 Satz 4 Nummer 1 tritt an die Stelle der Mindestlohnsumme von 250 Prozent eine Mindestlohnsumme von 500 Prozent; - 5.
in Absatz 3 Satz 4 Nummer 2 tritt an die Stelle der Mindestlohnsumme von 300 Prozent eine Mindestlohnsumme von 565 Prozent; - 6.
in Absatz 6 tritt an die Stelle der Behaltensfrist von fünf Jahren eine Behaltensfrist von sieben Jahren.
(11) Die Absätze 1 bis 10 gelten in den Fällen des § 1 Absatz 1 Nummer 4 entsprechend.
(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil
- 1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen, - 2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
(1) Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über.
(2) Ein gegen den Schuldner bestehendes Veräußerungsverbot, das nur den Schutz bestimmter Personen bezweckt (§§ 135, 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), hat im Verfahren keine Wirkung. Die Vorschriften über die Wirkungen einer Pfändung oder einer Beschlagnahme im Wege der Zwangsvollstreckung bleiben unberührt.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Berufung gegen das Teilurteil des Landgerichts NürnbergFürth , 3. Kammer für Handelsachen, vom 21. Dezember 2006 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Die Klägerin hat auch die Kosten des Revisionsverfahrens gegenüber dem Beklagten zu 2 zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin ist Eigentümerin eines Betriebsgrundstücks, an welchem für die Insolvenzschuldnerin ein Erbbaurecht bestellt ist. Die Klägerin nimmt den erstbeklagten Haftpflichtversicherer der Insolvenzschuldnerin auf Feststellung seiner Deckungspflicht gegenüber dem zweitbeklagten Insolvenzverwalter für eingetretene Bodenverunreinigungen in Anspruch. Von diesem selbst verlangt die Klägerin Zahlung von 502.748,66 € nebst Zinsen beschränkt auf Leistung aus der Entschädigungsforderung; außerdem beantragt sie, seine entsprechende Ersatzpflicht für weitergehende Verunreinigungsschäden festzustellen.
- 2
- Insolvenzverwalter Der hat bereits vor Klageerhebung etwaige Deckungsansprüche der Insolvenzschuldnerin gegen den Beklagten zu 1 aus der Masse freigegeben, soweit hieran ein Absonderungsrecht der Klägerin bestand.
- 3
- Das Landgericht hat durch klagabweisendes Teilurteil, veröffentlicht in ZIP 2007, 1022, zugunsten des zweitbeklagten Insolvenzverwalters erkannt. Das Berufungsgericht hat das Teilurteil aufgehoben und den Rechtsstreit an das Landgericht zurückverwiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, die zunächst auch für den Beklagten zu 1 eingelegt und von diesem wieder zurückgenommen worden ist, erstrebt der Beklagte zu 2 die Wiederherstellung des landgerichtlichen Teilurteils.
Entscheidungsgründe:
- 4
- Die Revision ist begründet. Das Teilurteil des Landgerichts hält den Angriffen der Berufung stand. Der zweitbeklagte Insolvenzverwalter ist nach Freigabe aus der Masse nicht mehr passiv legitimiert für das eingeklagte Absonderungsrecht der Klägerin an dem Deckungsanspruch gegen den erstbeklagten Haftpflichtversicherer.
- 5
- Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob die Freigabe des Deckungsanspruchs aus der Masse gegenüber der Klägerin gemäß § 156 Abs. 1 VVG unwirksam ist. Dies sei unerheblich, weil jedenfalls das Haftpflichtverhältnis der Klägerin zur Masse durch die Freigabe nicht berührt werden könne.
- 6
- Dieser Ausgangspunkt des Berufungsgerichts trifft zwar zu, trägt aber seine Entscheidung nicht. Der Schadensersatzanspruch der Klägerin wegen Verletzung des Grundstückseigentums durch Bodenverunreinigungen ist hier nicht Streitgegenstand, sondern nur Vorfrage des geltend gemachten Absonderungsrechts. Der Schadensersatzanspruch wäre zudem nur Insolvenzforderung , die den gegen den Insolvenzverwalter hauptsächlich erhobenen Zahlungsanspruch ebenso wie den hilfsweise verfolgten Freistellungsantrag nicht rechtfertigen kann. Der weitergehende allgemeine Feststellungsantrag der Klägerin gegen den zweitbeklagten Insolvenzverwalter entspricht nicht den Anforderungen der §§ 45, 179 Abs. 1 InsO. Er ermangelt außerdem im Hinblick auf § 216 Abs. 1 BGB des Feststellungsinteresses.
- 7
- Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Die Freigabe des Deckungsanspruchs durch den Insolvenzverwalter kann nicht gegenüber dem Haftpflichtgläubiger - hier der Klägerin - nach § 156 Abs. 1 VVG (§ 108 Abs. 1 VVG i.d.F. v. 23. November 2007, BGBl. I 2007 S. 2631) unwirksam sein (vgl. BGH, Urt. v. 28. März 1996 - IX ZR 77/95, WM 1996, 835, 837). Dieses, geschädigte Dritte schützende (BGH, Urt. v. 7. Juli 1993 - IV ZR 131/92, NJW-RR 1993, 1306 unter 2. b, aa) gesetzliche Verfügungsverbot hat gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 InsO im Verfahren keine Wirkung. An seine Stelle tritt das Absonderungsrecht des § 157 VVG (§ 110 VVG i.d.F. v. 23. November 2007). Überdies wird die Rechtsstellung des Haftpflichtgläubigers als Dritter im Sinne des § 156 Abs. 1 VVG durch die Freigabe nicht berührt. Sein Absonderungsrecht gemäß § 157 VVG überdauert das Insolvenzverfahren als Pfandrecht an der Entschädigungsforderung selbst (BGH, aaO m.w.N.). Als Pfandgläubiger kann der Dritte gegen den Schuldner noch während des laufenden Insolvenzverfahrens ohne Hinderung durch § 89 Abs. 1 In- sO wie vor der Freigabe gegen den Insolvenzverwalter die Zwangsvollstreckung betreiben (vgl. BGHZ 166, 74, 83 Rn. 26).
- 8
- Die Freigabe des Deckungsanspruchs aus der Masse wird auch nicht von dem Abtretungsverbot des § 7 Nr. 3 AHB erfasst, wie die Revisionserwiderung meint. Die Freigabe einer Forderung aus der Masse ist keine Abtretung (vgl. BGHZ 163, 32, 34 f; 166, 74, 82 f Rn. 25, 26) und mit einer solchen auch nach dem Schutzzweck der Bedingung nicht gleichzusetzen. Denn der Haftpflichtversicherer wird durch die Freigabe nicht genötigt, den Schadenfall mit einem unbekannten Dritten abzuwickeln, sondern deswegen an seinen Versicherungsnehmer selbst, den Schuldner, zurückverwiesen.
- 9
- Letztlich kommt nicht in Betracht, dass die Freigabe des Deckungsanspruchs aus der Masse insolvenzzweckwidrig und deshalb unwirksam ist, wie die Revisionserwiderung ebenfalls zu bedenken gibt. Eine masseschädigende Wirkung der Freigabe war hier fernliegend; denn sie führt im Regelfall nicht zu einer entsprechenden Anwendung von § 43 InsO. Der Haftpflichtgläubiger - im Streitfall die Klägerin - ist nach § 52 Satz 2 InsO vielmehr zur anteilsmäßigen Befriedigung aus der Insolvenzmasse nur berechtigt, soweit er auf sein (vormaliges ) Absonderungsrecht verzichtet oder bei der Durchsetzung seines jetzigen Pfandrechts am freigegebenen Anspruch auf Haftpflichtdeckung nach § 1282 BGB mit diesem ausgefallen ist. Die Vorschrift des § 52 InsO ist ihrem Zweck nach auch anzuwenden, wenn der Insolvenzverwalter den mit einem Absonderungsrecht belasteten Gegenstand aus der Masse freigegeben hat (MünchKomm -InsO/Ganter, 2. Aufl. § 52 Rn. 10; Jaeger/Henckel, InsO § 52 Rn. 9; Uhlenbruck , InsO 12. Aufl. § 52 Rn. 4; FK-InsO/Imberger, 5. Aufl. § 52 Rn. 7; HmbKomm-InsO/Büchler, 2. Aufl. § 52 Rn. 3; zu § 64 KO ebenso bereits OLG Kiel JW 1935, 721, 722). Sonst könnte der Insolvenzverwalter überlastete Ge- genstände praktisch niemals freigeben und hätte die Masse insbesondere bei Grundstücken nur zwecks Erhaltung des Ausfallprinzips unrentierliche Sachlasten und Kosten weiter auf sich zu nehmen (ähnlich schon Jaeger/Lent, KO 8. Aufl. § 64 Anm. 3; dazu a.A. nur Th. Wolff, KO 2. Aufl. Anm. 4 a). Das wäre sinnwidrig.
Lohmann Pape
Vorinstanzen:
LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 21.12.2006 - 3 HKO 12165/05 -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 12.12.2007 - 12 U 195/07 -
Tenor
1. Es wird festgestellt, dass dem Kläger im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Xxx (ehemals Xxx), ehemals geschäftsansässig xxx, xxx, xxx, folgende Forderung als Insolvenzforderung zusteht, soweit er bei der Geltendmachung seiner Rechte auf abgesonderte Befriedigung ausfällt:
Zahlung von 82.886,70 Euro nebst Zinsen in Höhe von 4 % p. a. auf folgende Beträge:
auf 20.113,14 Euro seit dem 28.02.2007,
auf 9.773,59 Euro seit dem 02.03.2007
auf 19.948,24 Euro seit dem 07.03.2007,
auf 19.953,13 Euro seit dem 08.03.2007,
auf 17.975,43 Euro seit dem 10.03.2007 und
auf 1.020,53 Euro seit dem 05.04.2007,
jeweils bis zum 17. September 2010,
insgesamt Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche aus nominal 89.000 Euro Inhaberteilschuldverschreibungen der xxx von 2006 (2014) mit der amtlichen WpHG xxx.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte 95 %, der Kläger 5 %.
Tatbestand
- 1
Der Kläger begehrt von dem Beklagten als Insolvenzverwalter Schadensersatz wegen behaupteter Verletzung von drei Anlageberatungsverträgen. Bei der Gemeinschuldnerin handelt es sich um ein Wertpapierhandelshaus, welches in Zusammenarbeit mit einem Kreditinstitut, der Xxx, hochverzinsliche Tagesgeldkonten anbot sowie gewerbsmäßig insbesondere Anlage- und Vermögensberatung. Sie war im Besitz einer entsprechenden Erlaubnis nach dem WpHG.
- 2
Der Kläger stand mit der Gemeinschuldnerin in laufender Geschäftsbeziehung. Er führte bei der Xxx als zuständiger Partnerin der Gemeinschuldnerin ein Depotkonto als Gemeinschaftskonto mit seiner Ehefrau. Auf dem Depotkonto wurden verschiedene Wertpapiere erworben, teils durch den Kläger, teils durch seine Ehefrau. Diese hat insoweit alle Schadensersatzansprüche an den Kläger abgetreten (Anlage K 1, Bl. 19 d. A.).
- 3
Für das Konto wurden durch den Kläger oder seine Ehefrau u. a. Inhaberschuldverschreibungen der Xxx im Nominalwert von 88.000 Euro erworben, die hier nicht streitgegenständlich sind. In der Folge kam es zu drei weiteren Anlageberatungen:
- 4
1. Am 09.09.2005 kam es zu einem Telefonat entweder des Klägers oder seiner Ehefrau mit einem Berater der Gemeinschuldnerin. Dabei wurde ein Risikoanalysebogen (Anlage K 9, Bl. 99 d. A.) für den Kläger und seine Ehefrau telefonisch aufgenommen und anschließend an den Kläger verschickt. Als Anlageziele wurden dabei Teilnahme an Marktchancen und Risikostreuung angekreuzt. Hinsichtlich der Risikoklasse stufte sich der Kläger in die Risikoklasse 3 ein. Diese wurde im Bogen wie folgt beschrieben:
- 5
Anlageziel: Meine Ertragserwartungen gehen über das marktübliche Zinsniveau hinaus; die Risikobereitschaft ist gesteigert.
- 6
Risiken: Höhe Kursschwankungen aus Aktien, Zins- und Währungsentwicklungen.
- 7
Chance: Erwirtschaftung einer langfristigen Rendite.
- 8
Die nächst höhere Stufe 4, die der Kläger nicht ankreuzte, wies zu dem Stichpunkt Risiken aus:
- 9
Starke Verluste in bestimmten Marktphasen sind möglich.
- 10
Unter Stufe 5 hätte die Risikobeschreibung gelautet: Risiken:
- 11
Nicht kalkulierbares Verlustrisiko bzw. Totalverlustrisiko.
- 12
Noch am 9.9.2005 oder in den Folgetagen kam es zu einem Telefongespräch zwischen dem Kläger bzw. seiner Ehefrau und einem Berater der Gemeinschuldnerin, dem Zeugen Xxx, in dem dieser einen Erwerb von weiteren Inhaberschuldverschreibungen der Xxx empfahl und in dem die Chancen und Risiken des Papiers besprochen wurden. Der genaue Inhalt des Gespräches und der Umfang der Hinweise sind zwischen den Parteien streitig. Wegen der Einzelheiten wird insoweit auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen. Unstreitig wurde in dem Gespräch kein Hinweis auf die Frage erteilt, ob und in welcher Höhe die Gemeinschuldnerin von der Emittentin Provisionen für den Vertrieb der Anleihe erhielt. Ein Kaufauftrag wurde erteilt. Am 12.09.2005 wurden für den Kläger weitere Inhaberschuldverschreibungen der Xxx in Höhe von nominal 1.200 Euro erworben (WKN xxx). Hierfür entstanden dem Kläger Kosten in Höhe von 1.241,69 Euro (Anlage K 1, Bl. 28 d. A.). Die Xxx firmierte später um in xxx.
- 13
Der Kläger behauptet insoweit, die Gemeinschuldnerin habe für den Erwerb dieser Anleihe, der unstreitig an der Börse erfolgte, eine Vertriebsprovision erhalten. Außerdem habe die Gemeinschuldnerin von der Emittentin sogenannte Bestandspflegeprovisionen erhalten, deren Höhe die von der Gemeinschuldnerin zugestandenen 1 % netto p. a. überstiegen hätte. Im Übrigen sei die Beratung auch inhaltlich falsch gewesen, u. a. im Hinblick auf die Risiken und die Risikoklasse. Das sei dem Berater der Klägerin, dem Zeugen Xxx, bekannt gewesen.
- 14
Der Beklagte bestreitet diesbezüglich das Vorliegen von Anlageberatungsfehlern und namentlich, soweit es Fehler gegeben haben sollte, eine bewusste Falschberatung durch den Zeugen Xxx. An Provisionen habe die Gemeinschuldnerin lediglich Bestandspflegeprovision erhalten, keine Vertriebsprovision, da der Erwerb über die Börse erfolgt sei. Die Bestandspflegeprovision habe eine Höhe von 1 % netto p. a. nicht überstiegen.
- 15
2. Am 12.02.2007 kam es zu einem weiteren Telefongespräch zwischen dem Zeugen Xxx als Berater der Gemeinschuldnerin und dem Kläger bzw. seiner Ehefrau. Der Zeuge Xxx rief den Kläger an und sprach ihn darauf an, dass die Anleihen der Xxx im Nominalwert von 88.000 Euro zum 1.12.2007 fällig würden. Der Kläger reichte das Gespräch weiter an seine Ehefrau, der gegenüber der Zeuge Xxx erläuterte, dass die fällig werdenden Papiere am 1.12. zu 100% zurückgezahlt würden, aktuell aber ein Käufer einen Kurs von 100,6 biete. Die Gemeinschuldnerin schlage vor, die Anleihe bereits jetzt zu verkaufen und stattdessen eine Anleihe der XXX zu erwerben. Dieses Unternehmen halte über 25 % an Xxx. Die Anleihe würde mit 9 % p.a. noch um einen Prozentpunkt besser verzinst als die der Xxx.
- 16
Auf Frage der Ehefrau des Klägers, der Zeugin Xxx, wie die neue Anlage vom Risiko her sei, äußerte der Zeuge Xxx, die Anlagen seien vergleichbar, auch, weil die XXX Anteile an der Xxx halte.
- 17
Die Zeugin Xxx erteilte dann den Auftrag zum Erwerb von - unter Berücksichtigung zwischenzeitlich aufgelaufener Erträge, die dem klägerischen Konto gutgeschrieben waren -, insgesamt nominal 89.000 Euro Inhaberteilschuldverschreibungen der XXX(WKN xxx).
- 18
Der Zeuge Xxx sprach dann noch an, dass der Risikoanalysebogen fast abgelaufen sei. Er schlug der Zeugin Xxx vor, diesen zu erneuern. Dann habe sie zwei Jahre Ruhe. Hinsichtlich der Angaben zu Kenntnissen bzw. Erfahrungen, Vermögensverhältnissen und Anlagezielen äußerte die Zeugin Xxx auf entsprechende Nachfrage des Zeugen Xxx, dass diese vom vorangegangenem Analysebogen übernommen werden könnten.
- 19
Hinsichtlich des Anlegertyps fragte der Zeuge Xxx, ob die Risikoklasse 4, die bisher auch „drin“ gewesen sei, erneut gewählt werden solle. Er las dann die Charakterisierung des Typs 4 wie folgt vor:
- 20
„Erwirtschaftung einer langfristig hohen Rendite.
- 21
Starke Verluste in bestimmten Marktphasen sind möglich.
- 22
Meine hohen Ertragserwartungen verbinde ich mit einer hohen Risikobereitschaft.“
- 23
Abschließend erläuterte er erneut, dass sei die Klasse, die immer schon „drin“ gewesen sei, und fragte, ob er das entsprechend verlängern könne. Das wurde von der Zeugin Xxx bejaht.
- 24
Tatsächlich wies der Analysebogen des Klägers und seiner Ehefrau bis zu diesem Gespräch lediglich die Risikoklasse 3 aus. Die Anleihen der XXX waren nach dem Risikosystem der Gemeinschuldnerin von dieser in Stufe 4 eingestuft.
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Die vorgenannten Anleihen der XXX wurden in der Zeit vom 27.2.2007 bis 4.4.2007 in sieben Teilausführungen erworben.
- 26
Für das klägerische Konto wurden erworben am
- 27
1.
am 27.2.2007 nominal 20.200 Euro Inhaberteilschuldverschreibungen XXX(WKN XXX). Hierdurch entstanden dem Kläger Kosten in Höhe von 20.113,14 Euro (Anlage K 1, Bl. 26 d. A.).
- 28
2.
Am 1.3.2007 wurden weitere nominal 7.000 Euro der vorgenannten Schuldverschreibungen der XXX erworben. Hierdurch entstanden dem Kläger Kosten in Höhe von insgesamt 6.976,75 Euro (Anlage K 1, Bl. 25 d. A.).
- 29
3.
Ebenfalls am 1.3.2007 wurden weitere nominal 2.800 Euro der Schuldverschreibungen der XXX mit vorgenannter Wertpapierkennnummer erworben. Dafür entstanden dem Kläger Kosten in Höhe von insgesamt 2.796,84 Euro (Anlage K 1, Bl. 24 d. A.).
- 30
4.
Am 6.3.2007 wurden weitere nominal 20.000 Euro der vorgenannten Inhaberschuldverschreibungen der XXX erworben. Dadurch entstanden dem Kläger Kosten in Höhe von 19.948,24 Euro (Anlage K 1, Bl. 23 d. A.).
- 31
5.
Am 7.3.2007 wurden wiederum weitere nominal 20.000 Euro der vorgenanten Inhaberteilschuldverschreibungen erworben. Dadurch entstanden dem Kläger Kosten in Höhe von 19.953,13 Euro (Anlage K 1, Bl. 22 d. A.).
- 32
6.
Am 9.3.2007 wurden nominal 18.000 Euro der vorgenannten Inhaberteilschuldverschreibungen erworben. Dadurch entstanden dem Kläger Kosten in Höhe von 17.975,43 Euro (Anlage K 1, Bl. 21 d. A.).
- 33
7.
Schlussendlich wurden am 4.4.2007 nominal 1.000 Euro der vorgenannten Inhaberteilschuldverschreibungen erworben. Dadurch entstanden dem Kläger Kosten in Höhe von 1.020,53 Euro.
- 34
Sämtliche Anleihen im Umfang von insgesamt nominal 89.000 Euro wurden zum Kurs von 99% erworben.
- 35
Der Kurs der Anleihen der XXX entwickelte sich bis Anfang 2009, abgesehen von einem kurzzeitigen Kursrückgang im Herbst 2008, weitgehend stabil. Im Frühjahr 2009 brach der Kurs massiv ein. Über das Vermögen der Emittentin Xxx, wurde schließlich das Insolvenzverfahren eröffnet.
- 36
Der Kläger behauptet, der Zeuge Xxx habe seine Ehefrau im Rahmen des Telefongesprächs nicht anleger- und objektgerecht beraten. Die Anlage sei anlagezielwidrig gewesen, da die Konzentration des weit überwiegenden Teiles des angelegten Vermögens in nur eine Anlage dem angekreuzten Ziel der Risikostreuung zuwider gelaufen sei.
- 37
Der Kläger und seine Ehefrau hätten sich ursprünglich in Risikoklasse 3 eingestuft. Indem der Zeuge Xxx behauptet habe, sie seien immer in Risikoklasse 4 eingestuft gewesen, habe er ihnen eine nicht gewollte Risikoklasse „untergeschoben“.
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Auf Vergütungen wurde im Beratungsgespräch nicht hingewiesen. Unstreitig sind weiter sämtliche Erwerbe der Anleihen der XXX über die Börse in xxx erfolgt. Die Gemeinschuldnerin erhielt dafür keine Vertriebsprovision, aber eine Bestandspflegeprovision der Emittentin, der XXX, deren Höhe zwischen den Parteien streitig ist. Der Beklagte behauptet insoweit, die Bestandspflegeprovision habe eine Höhe von 1 % p. a. netto nicht überstiegen. Der Kläger behauptet, die Gemeinschuldnerin habe eine höhere Bestandspflegeprovision erhalten. Er meint, die Gemeinschuldnerin hätte über die erhaltenen Provisionen aufklären müssen.
- 39
3. Weiter kam es am 14.3.2007 zu dem Erwerb einer Inhaberteilschuldverschreibung der Xxx von nominal 4.900 Euro (WKN xxx). Dem ging ein telefonisch geführtes Beratungsgespräch voraus. Der Erwerb erfolgte über die Börse in Xxx. Dem Kläger und seiner Ehefrau entstanden durch diesen Erwerb Kosten in Höhe von 5.118,12 Euro.
- 40
Auch insoweit erfolgte in dem Telefongespräch keine Aufklärung über Provisionen, die die Gemeinschuldnerin für den Vertrieb der Anleihe erhielt. Unstreitig erhielt die Gemeinschuldnerin, da auch dieser Erwerb über die Börse erfolgte, keine Vertriebsprovision, sondern eine Bestandspflegeprovision. Deren Höhe ist auch in Bezug auf diese Anlage zwischen den Parteien streitig. Der Beklagte trägt auch hier vor, die Bestandspflegeprovision habe 1 % p. a. netto nicht überstiegen. Der Kläger behauptet, die Gemeinschuldnerin habe eine höhere Bestandspflegeprovision erhalten.
- 41
Der Kläger behauptet, bei korrekter Aufklärung hätte er die Investitionen unterlassen und die Gelder anderweitig investiert. Dabei hätte er einen Gewinn von durchschnittlich mindestens 4 Prozent p.a. erwirtschaften können.
- 42
Dem Kläger flossen aus den vorgenannter Wertpapiererwerben über Anleihen der Xxx im September 2005, der XXX im Februar/März 2007 und der XXX im März 2007 Erträge in Höhe von 5.897,36 Euro zu. Er hat die xxx gerichtlich auf Rückabwicklung dieser Erwerbsvorgänge in Anspruch genommen.
- 43
Über das Vermögen der Gemeinschuldnerin wurde am 17.9.2010 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Beklagte wurde zum Insolvenzverwalter bestellt. Der Kläger hat die streitgegenständlichen Forderungen zur Tabelle angemeldet. Der Beklagte hat als Insolvenzverwalter allen Anmeldungen widersprochen.
- 44
Der Kläger hat das Verfahren wiederaufgenommen. Hinsichtlich des Erwerbes von Anleihen der XXX im März 2007 hat er die Klage nach mündlicher Verhandlung zurückgenommen.
- 45
Die Gemeinschuldnerin unterhielt Haftpflichtversicherungen u.a. bei der Xxx. Jedenfalls diese Versicherung wäre für Ansprüche gegen die Gemeinschuldnerin aus Pflichtverletzungen bei Anlageberatungsverträgen grundsätzlich eintrittspflichtig, zumindest soweit diese im Einzelfall einen Selbstbehalt von 5.000 Euro pro Versicherungsfall übersteigen. Der Beklagte hat für sämtliche Ansprüche gegen die Haftpflichtversicherungen die Freigabe erklärt.
- 46
Der Kläger ist der Ansicht, dass ihm trotz der Freigabe der Versicherungsforderung durch den Verwalter eine Feststellung der bestrittenen Forderung zur Tabelle nicht nur hinsichtlich des Ausfalles zusteht, mit dem er nach Durchführung der abgesonderten Befriedigung aus der Versicherungsforderung ausfallen wird, sondern insgesamt, d.h. auch, soweit es die abgesonderte Befriedigung aus der Versicherungsforderung angeht. Der Beklagte sei als Insolvenzverwalter insoweit auch nach Freigabe der Forderung weiterhin passivlegitimiert.
- 47
Der Kläger beantragt,
- 48
1. Es wird festgestellt, dass dem Kläger im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Xxx (ehemals Xxx), ehemals geschäftsansässig xxx folgende Insolvenzforderungen zustehen:
- 49
Schadensersatz in Höhe von 82.886,70 Euro nebst Zinsen in Höhe von 4 % p. a. bis zum 17. September 2010 und seit und auf folgende Beträge:
- 50
auf 1.020,53 Euro seit dem 05.04.2007,
auf 17.975,43 Euro seit dem 10.03.2007,
auf 19.953,13 Euro seit dem 08.03.2007,
auf 19.948,24 Euro seit dem 07.03.2007,
auf 2.796,84 Euro seit dem 02.03.2007,
auf 6.976,75 Euro seit dem 02.03.2007 und
auf 20.113,14 Euro seit dem 28.02.2007.
- 51
2. Weiter wird festgestellt, dass dem Kläger ein zur Insolvenztabelle festzustellender Schadensersatzanspruch in Höhe von 1.241,69 Euro nebst Zinsen in Höhe von 4 % p. a. seit dem 13.09.2005 bis zum 17.09.2010 zusteht.
- 52
3. Der Antrag zu 1 wird gestellt, Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche aus nominal 89.000 Euro Inhaberteilschuldverschreibungen der XXX mit der amtlichen Wertpapierkennnummer XXX. Der Antrag zu 2 wird gestellt, Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche aus nominal 1.200 Euro Inhaberteilschuldverschreibungen der Xxx (jetzt xxx) mit der amtlichen Wertpapierkennnummer xxx.
- 53
Der Beklagte beantragt,
- 54
die Klage abzuweisen.
- 55
Er ist der Ansicht, Beratungsfehler lägen nicht vor. Die Beratung durch den Zeugen Xxx habe den Anforderungen an eine anleger- und objektgerechte Beratung entsprochen. Eine Verpflichtung zum Hinweis auf Provisionen, die die Gemeinschuldnerin für den Vertrieb der Anleihen im Wege von Bestandspflegeprovisionen erhielt, habe zum Zeitpunkt der Beratungsgespräche nicht bestanden und bestehe weiterhin nicht. Keinesfalls habe der Zeuge Xxx eine vorsätzliche Falschberatung durchgeführt.
- 56
Hinsichtlich des Erwerbsvorgangs vom 12.9.2005 (Inhaberschuldverschreibungen der Xxx von nominal 1.200 Euro) hat er zudem die Einrede der Verjährung erhoben.
- 57
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 28. Juni 2010 und 21. Juni 2011 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
- 58
Die zulässige Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
- 59
1. Nachdem das Verfahren durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gemeinschuldnerin und ehemaligen Beklagten gemäß § 240 ZPO unterbrochen war, hat der Kläger die Forderungen gemäß §§ 87, 174 InsO zur Tabelle angemeldet. Nach Widerspruch durch den Verwalter war er gemäß §§ 179, 180 Abs. 2 ZPO berechtigt, den Rechtsstreit wieder aufzunehmen und gegen den nunmehrigen Beklagten als Insolvenzverwalter die Feststellung der Forderungen zur Tabelle zu betreiben.
- 60
2. Hinsichtlich des Erwerbes von nominal 1.200,00 Euro Anleihen der Xxx (jetzt xxx) am 12.09.2005 für 1.241,69 Euro war die Klage abzuweisen. Auch wenn am 9.9.2005 in dem Telefonat des Klägers oder seiner Ehefrau mit einem Berater der Gemeinschuldnerin ein Anlageberatungsvertrag zustande kam, sind etwaige Ansprüche aus möglichen Pflichtverletzungen dieses Beratungsvertrages jedenfalls gemäß § 37a WpHG a.F. verjährt. Danach verjährten Ansprüche des Kunden gegen ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen auf Schadensersatz wegen Verletzung der Pflicht zur Information und wegen fehlerhafter Beratung im Zusammenhang mit einer Wertpapierdienstleistung oder Wertpapiernebendienstleistung in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Anspruch entstanden ist. Im Falle fehlerhafter Beratung wäre der Anspruch spätestens mit dem Erwerb der Papiere am 12.9.2005 entstanden. Die am 26.2.2010 bei Gericht eingegangene Klage wurde erst nach Ablauf der Verjährungsfrist erhoben.
- 61
§ 37a WpHG ist auch anwendbar. Die Gemeinschuldnerin betrieb u.a. auch Vermögensverwaltung, welche gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 6 WpHG a.F. bereits im Jahr 2005 als echte Wertpapierdienstleistung eingestuft war, sowie gewerbsmäßige Anlageberatung in Finanzinstrumenten, welche zum damaligen Zeitpunkt gemäß § 2 Abs. 3a Nr. 3 WpHG a.F. als Wertpapiernebendienstleistung eingestuft war. Sie war aus diesem Grunde bereits nach § 2 Abs. 4 WpHG Wertpapierdienstleistungsunternehmen und besaß eine entsprechende Erlaubnis.
- 62
Nicht von § 37a WpHG erfasst wären lediglich Ansprüche aus vorsätzlicher Falschberatung (BGH Urt. v. 08.03.2005 - XI ZR 170/04, BGHZ 162, 306; BGH Urt. v. 19.12.2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 172, 226; BGH Urt. v. 12.05.2009 - XI ZR 586/07, NJW 2009, 2298). Dass der Kläger oder seine Ehefrau im Rahmen des Telefongespräches bewusst falsch informiert worden wären, hat der Kläger nicht substantiiert behauptet und dafür auch keinen Beweis angetreten. Er stützt die Klage insoweit darauf, dass die Gemeinschuldnerin Provisionen für den Vertrieb erhalten habe und über diese nicht aufgeklärt habe. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei bei der Nichtaufklärung über aufklärungspflichtige Rückvergütungen ein vorsätzlicher Verstoß zu vermuten (BGH Urt. v. 12.05.2009 - XI ZR 586/07, NJW 2009, 2298).
- 63
Damit dringt der Kläger deshalb nicht durch, weil es sich bei den Provisionen, die die Gemeinschuldnerin für den Vertrieb von Anleihen und Genussscheinen erhielt, nicht um aufklärungspflichtige Rückvergütungen im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung handelte. Wie aus diversen Parallelverfahren gerichtbekannt ist, empfahl die Gemeinschuldnerin ihren Kunden häufig Anleihen und Genussscheine kleinerer Unternehmen. Mit einigen dieser Emittenten hatte sie Provisionsvereinbarungen geschlossen, aufgrund derer sie eine sog. Vertriebsprovision erhielt, wenn Wertpapiere erstmals neu vertrieben wurden und so der Emittentin Liquidität zufloss, sowie eine sog. Bestandspflegeprovision, die die Emittenten der Gemeinschuldnerin im Wesentlichen quartalsweise abhängig davon zahlten, welchen Bestand an Wertpapieren der Emittentin die Kunden der Gemeinschuldnerin jeweils hielten. Das war auch vorliegend bei den Anleihen der Xxx (jetzt xxx) der Fall. Streitig ist zwischen den Parteien hinsichtlich der für den vorliegenden Erwerb relevanten Bestandspflegeprovision lediglich, ob deren Höhe auf 0,25 % pro Quartal begrenzt war, oder ob sie höher war, wie der Kläger behauptet. Darauf kommt es für die Aufklärungspflicht nicht entscheidend an. Wie der Bundesgerichtshof in mittlerweile ständiger Rechtsprechung vertritt, ist für die Aufklärungspflicht zwischen Rückvergütungen und Innenprovisionen zu unterscheiden. Zwar handelt es sich in beiden Fällen um Zahlungen, die der Emittent an den Anlageberater vornimmt. Rückvergütungen betreffen dabei den Fall, dass neben dem Anlagebetrag ein gesonderter Betrag, zumeist als Ausgabeaufschlag oder Agio bezeichnet, ausgewiesen wird und der Emittent die an den Anlageberater gezahlten Beträge aus diesem Teil der Zahlungen des Anlegers entnimmt und an den Berater rückvergütet. Bei sog. Innenprovisionen unterscheidet der Emittent dagegen nicht zwischen einem Anlagebetrag und einem davon getrennten Ausgabeaufschlag. Vielmehr legt der Anleger einen einheitlichen Anlagebetrag an. Die an den Anlageberater geleistete Provision stellt sich für den Emittenten als Kostenbestandteil der Anlage selbst dar. Er entnimmt die an den Anlageberater geleisteten Beträge hier unmittelbar dem angelegten Betrag. Wie der Bundesgerichtshof mittlerweile mehrfach bestätigt hat, besteht eine Aufklärungspflicht nur für echte Rückvergütungen, nicht dagegen für reine Innenprovisionen (zuletzt BGH Beschl. v. 09.03.2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925; BGH Urt. v. 27.10.2009 – XI ZR 338/08, WM 2009, 2306). Dem schließt sich das erkennende Gericht an. Soweit die Kammer in vorangegangenen Verfahren dieser Unterscheidung nicht gefolgt war und eine Aufklärungspflicht für Innenprovisionen ebenso wie für Rückvergütungen angenommen hatte (LG Itzehoe, Urt. v. 16.07.2010 xxx), hält sie daran im Hinblick auf die neuerliche gefestigte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht fest.
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Bei den Vergütungen, die die Gemeinschuldnerin als sog. Vertriebsprovision und als sog. Bestandspflegeprovision von den Emittenten der Anleihen und Genussscheine erhielt, die sie ihren Kunden empfohlen hatte, handelt es sich nicht um Rückvergütungen im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Denn neben dem Anlagebetrag wurde auch beim Erstvertrieb kein gesonderter Ausgabeaufschlag ausgewiesen. Vielmehr handelte es sich um reine Innenprovisionen, die ungefragt grundsätzlich nicht aufklärungspflichtig waren. Dass der Kläger bzw. seine Ehefrau den Berater konkret nach den Provisionen gefragt hätten, die die Gemeinschuldnerin erhielt, trägt der Kläger nicht vor. Ungefragt waren Provisionen daher nur aufklärungspflichtig, wenn sie eine Höhe erreicht hätten, die die Rendite des Gesamtobjektes in Frage stellte. Das ist der Fall, wenn sie eine Größenordnung von 15 % erreichen oder übersteigen (BGH Urt. v. 12.02.2004 - III ZR 359/02, BGHZ 158, 110). Derartig hohe Provisionen behauptet auch der Kläger nicht.
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3. Hinsichtlich der nominal 89.000 Euro Inhaberteilschuldverschreibungen der XXX, die aufgrund des Telefongespräches vom 12.2.2007 in insgesamt sieben Teilausführungen erworben wurden, hat der Kläger einen Anspruch auf Rückabwicklung dieses Erwerbes. Durch das Telefongespräch kam zwischen der Gemeinschuldnerin einerseits und dem Kläger bzw. seiner Ehefrau andererseits ein Anlageberatungsvertrag zustande. Dabei kann dahinstehen, ob der Anlageberatungsvertrag mit dem Kläger selbst oder seiner Ehefrau geschlossen wurde, an die der Kläger das Gespräch weiterleitete und mit der der Zeuge Xxx das Gespräch im Wesentlichen führte. Die Ehefrau hat sämtliche Ansprüche wirksam an den Kläger abgetreten, so dass ein Schadensersatzanspruch auf Rückabwicklung, gleich in welcher Person er entstanden ist, jedenfalls einheitlich vom Kläger geltend gemacht werden kann. Durch den Anruf und die anschließenden Erläuterungen des Zeugen Xxx als Erfüllungsgehilfen der Gemeinschuldnerin kam ein Anlageberatungsvertrag zustande. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung kommt ein Beratungsvertrag regelmäßig konkludent zustande, wenn im Zusammenhang mit der Anlage eines Geldbetrages tatsächlich eine Beratung stattfindet (BGH Urt. v. 6.7.1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126; BGH Urt. v. 25.9.2007 - XI ZR 320/06, BKR 2008, 199). Tritt ein Anlageinteressent an ein Kreditinstitut oder der Anlageberater einer Bank an einen Kunden heran, um über die Anlage eines Geldbetrages beraten zu werden bzw. zu beraten, so liegt darin das Angebot zum Abschluss eines Beratungsvertrages, welches stillschweigend durch die Aufnahme des Beratungsgespräches angenommen wird (BGH Urt. v. 6.7.1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126; BGH Urt. v. 25.9.2007 - XI ZR 320/06, BKR 2008, 199). Erforderlich ist lediglich, dass zwischen den Parteien Klarheit besteht, dass der Anlageinteressent die Kenntnisse und Verbindungen des Beraters für seine Anlageentscheidung in Anspruch nehmen will (grundlegend BGH Urt. v. 04.03.1987 - IVa ZR 122/85, BGHZ 100, 117).
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Diese Maßstäbe gelten ebenso für die Gemeinschuldnerin, die als „Wertpapierhandelshaus“ firmiert und bei der es sich, wie ausgeführt, um ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen i.S.v. § 2 Abs. 4 WpHG handelte. Die Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung an eine Anlageberatung durch Kreditinstitute gelten in gleicher Form jedenfalls für alle Wertpapierdienstleistungsunternehmen.
- 67
Der Zeuge Xxx, der als Anlageberater bei der Gemeinschuldnerin tätig war, hat gegenüber der Zeugin Xxx eine besondere Sachkunde für sich in Anspruch genommen, indem er diese über die Risiken der Anlage aufklärte. Entscheidend ist, dass der Anleger, für den Berater erkennbar, dessen Fachwissen und Expertise in Anspruch nimmt, um darauf gestützt Anlageentscheidungen zu fällen. Das war vorliegend der Fall, nachdem die Zeugin Xxx im Gespräch explizit gefragt hatte, wie sich die neu vorgeschlagene Anlage vom Risiko her verhalte.
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Der Zeuge Xxx hat die Pflichten aus dem Beratungsvertrag schuldhaft verletzt. Diese Pflichtverletzung ist der Gemeinschuldnerin nach § 278 BGB zuzurechnen. Inhalt und Umfang der Beratungspflicht sind von einer Reihe von Faktoren abhängig, die sich einerseits auf die Person des Kunden und andererseits auf das Anlageobjekt beziehen. Die konkrete Ausgestaltung der Pflicht hängt entscheidend von den Umständen des Einzelfalls ab (BGH Urt. v. 6.7.1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126; BGH Urt. v. 25.9.2007 - XI ZR 320/06, BKR 2008, 199). Die Beratung muss anleger- und objektgerecht sein (BGH Urt. v. 25.9.2007 - XI ZR 320/06, BKR 2008, 199). Zur objektgerechten Beratung gehört, dass sich die Beratung in Bezug auf das Anlageobjekt auf diejenigen Eigenschaften und Risiken bezieht, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Dabei ist im Grundsatz über die allgemeinen wie die individuellen Risiken des Anlageobjekts wahrheitsgemäß, richtig und vollständig aufzuklären (BGH Urt. v. 6.7.1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126 m.weit.Nachw.; BGH Urt. v. 25.9.2007 - XI ZR 320/06, BKR 2008, 199 m.weit.Nachw). Fehlen dem Berater derartige Kenntnisse, so hat er das dem Kunden mitzuteilen und offenzulegen, dass er zu einer Beratung z.B. über das konkrete Risiko eines Geschäfts mangels eigener Information nicht in der Lage ist (BGH Urt. v. 6.7.1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126).
- 69
Die Aufklärung der Zeugin Xxx ist nicht in anleger- und objektgerechter Weise erfolgt. Vorliegend liegen Beratungsfehler jedenfalls darin, dass zum einen der Zeuge Xxx eine falsche Risikoklasse aufnahm. Für den Erwerb der Anleihen der XXX im Jahre 2007 war die Risikoklasse 4 erforderlich, da die Anleihen der XXX vom Anlageausschuss der Gemeinschuldnerin in diese Risikoklasse eingruppiert waren. Mit der zuvor bestehenden Risikoklasse 3 hätten diese Wertpapiere für das Gemeinschaftsdepot des Klägers und seiner Ehefrau nicht erworben werden dürfen. Indem der Zeuge Xxx gegenüber der Zeugin Xxx äußerte, bisher sei immer die Risikoklasse 4 schon „drin“ gewesen und fragte, ob er diese verlängern dürfe, suggerierte er, es handele sich lediglich um die Verlängerung einer bisher schon bestehenden Risikoklasse. Damit wurde die Zeugin Xxx davon abgehalten, erneut und gewissenhaft zu prüfen, ob sie das dieser Risikoklasse innewohnende Risiko tatsächlich eingehen wollte. Die Angabe, die Risikoklasse habe bisher schon bestanden, war objektiv unrichtig, da sich die Eheleute Xxx zuvor unstreitig lediglich in Risikoklasse 3 eingestuft hatten. Bei dieser Sachlage kommt es auch nicht darauf an, dass der Zeuge Xxx der Zeugin Xxx den Inhalt der Risikoklasse noch ein Mal - mehr oder weniger formelmäßig - vorlas. Denn dadurch, dass er geäußert hatte, es handele sich lediglich um die Klasse, die die Eheleute Xxx zuvor bereits gehabt hätten und dies auch unmittelbar nach Vorlesen des Textes noch einmal wiederholte, suggerierte er, es handele sich lediglich um eine Formalie und trug damit dazu bei, dass die Zeugin Xxx eine gewissenhafte Prüfung, ob sie diese Risiken tatsächlich eingehen wollte, unterließ. Das stellt einen schweren Anlageberatungsfehler dar.
- 70
Bereits dieser Fehler begründet einen Anspruch auf Rückabwicklung dieser Transaktion. Es ist nämlich davon auszugehen, dass, wenn der Zeuge Xxx die Zeugin Xxx darauf hingewiesen hätte, dass sie sich für den Erwerb der empfohlenen Wertpapiere in eine höhere Risikoklasse eingruppieren muss, die Zeugin Xxx vom Erwerb der Papiere Abstand genommen hätte. Dafür spricht bereits, dass sie ausdrücklich fragte, wie die neu empfohlenen Anlagen vom Risiko her seien. Die Antwort des Beraters, die neu empfohlene Anleihe sei mit der bisher gehaltenen vergleichbar, suggerierte, dass es eben keine Risikoerhöhung geben würde. Dass sich die Zeugin Xxx damit zufrieden gab, bedeutet nicht, dass sie mit einer höheren Risikoklasse einverstanden gewesen wäre.
- 71
Das gilt auch unabhängig davon, ob die Anleihen tatsächlich vom Risiko her vergleichbar waren und sich lediglich die Risikoeinstufung durch die Gemeinschuldnerin nach dem vorangegangenen Erwerb der Anleihen der Firma Xxx geändert hatte. Denn jedenfalls hätte die Zeugin Xxx, bevor für sie eine höhere Risikoklasse aufgenommen wird, als es bisher ihrer Einstufung entsprach, deutlich darauf hingewiesen werden müssen, dass sich die Risikoeinstufung geändert hat.
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Im Übrigen streitet für den Kläger auch die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens. Steht eine Aufklärungspflichtverletzung fest, muss der Aufklärungspflichtige beweisen, dass der Anleger die Kapitalanlage auch bei richtiger Aufklärung erworben hätte, er also den unterlassenen Hinweis unbeachtet gelassen hätte (BGH Urt. v. 12.5.2009 - XI ZR 586/07, NJW 2009, 2298 m.weit.Nachw.; BGH Urt. v. 2.3.2009 - II ZR 266/07, WM 2009, 789; BGH Urt. v. 05.07.1973 - VII ZR 12/73, BGHZ 61, 118). Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger bzw. seine Ehefrau bei zutreffender Aufklärung darüber, dass für den Erwerb der Anleihen der XXX eine höhere Risikoklasse erforderlich ist, den Erwerb ebenfalls vorgenommen hätte, hat der Beklagte nicht vortragen können.
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Im Übrigen liegt ein weiterer Anlageberatungsfehler vor, weil der Kläger und seine Ehefrau im Analysebogen vom 9.9.2006 als eines von zwei Anlagezielen „Risikostreuung“ angekreuzt hatten. Es handelte sich mithin um ein Ziel, welches den Eheleuten Xxx wichtig war. Bei dieser Sachlage stellt die Investition von insgesamt 89.000 Euro, die den überwiegenden Anteil des investierten Vermögens ausmachten, in die Anleihe einer einzelnen Emittentin einen Verstoß gegen die Anlagerichtlinien dar. Die Zeugin Xxx hätte darauf hingewiesen werden müssen, dass die von ihr und ihrem Ehemann gewünschte Risikostreuung durch die empfohlene Anlage gerade nicht stattfindet. Auch ein solcher Hinweis ist in dem Telefongespräch vom 12.2.2007 nicht erfolgt. Ein Fehler liegt in der Empfehlung um so mehr, als auch die weitere Anleihe der Xxx, die im Jahre 2005 erworben worden war, aufgrund einer erheblichen Beteiligung der XXX an der Xxx in Höhe von mindestens 25 % unter dem Gesichtspunkt der Risikostreuung nur eingeschränkt als gesonderte Anlage gewertet werden kann. Durch Beteiligungsverhältnisse in dieser Größenordnung war nämlich die XXX von etwaigen Verlusten der Xxx unmittelbar betroffen, so dass eine echte Risikostreuung auch hierdurch nicht stattfand. Abgesehen davon wurde die Anleihe der Xxx nur in einer - im Verhältnis zum Nominalwert der gehaltenen Anleihen der XXX- vernachlässigbaren Größenordnung gehalten, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt keine ernsthafte Risikostreuung bestand.
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Die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens spricht auch hier dafür, dass die Eheleute Xxx, wären sie darauf hingewiesen worden, dass eine von ihnen gewünschte Risikostreuung durch die genannte Anlagestrategie gerade nicht stattfindet, den Erwerb der Anleihen der XXX in dieser Form nicht vorgenommen hätten, sondern das Risiko weiter verteilt hätten.
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Auch insoweit wird das Vertretenmüssen der Gemeinschuldnerin vermutet.
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In der Folge ist die Gemeinschuldnerin verpflichtet, dem Kläger die Kosten für den Erwerb der insgesamt nominal 89.000 Euro Anleihen der XXX abzüglich der Erträge, die ihm zugeflossen sind, zu erstatten. Der Kläger hat danach einen Anspruch gegen die Gemeinschuldnerin auf vollständigen Ersatz der geltend gemachten 82.886,70 Euro.
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Der Kläger hat außerdem Anspruch auf Ersatz des ihm entgangenen Gewinnes. Denn es ist davon auszugehen, dass die Eheleute Xxx, wäre die Investition in die Wertpapiere der XXX nicht erfolgt, den dafür aufgewendeten Betrag in anderer Weise verzinslich angelegt hätten. Naturgemäß steht die Höhe des Zinsgewinns, den sie dabei erwirtschaftet hätten, nicht fest, da es sich lediglich um eine hypothetische Anlage handelt. Dieser ist vom Gericht nach § 287 Abs. 2 ZPO zu schätzen. Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer ist ein durchschnittlicher Gewinn von 4 % auch mit vergleichsweise risikolosen Anlagen längerfristig zu erzielen. Ein entsprechender Zinsausfall, der den Eheleuten Xxx bei Investition in andere Wertpapiere zugeflossen wäre, steht ihnen daher hinsichtlich jeder der sieben Teilausführungen ab dem Zeitpunkt der Ausführung zu.
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Im Gegenzug gegen die Zahlung des Schadensersatzes und des Zinsausfallschadens hat der Kläger die erworbenen Anleihen zurückzugewähren, da er diese ohne den Erwerbsvorgang nicht besäße. Der Anspruch besteht daher nur Zug-um-Zug gegen Übertragung der erworbenen Anleihen der XXX.
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4. Die entsprechende Insolvenzforderung des Klägers ist zur Tabelle festzustellen. Eine Feststellung hat allerdings nur zum Ausfall zu erfolgen. Die Gemeinschuldnerin verfügt über eine Haftpflichtversicherung, die u.a. für den Schadensersatzanspruch des Klägers besteht. Sie kann daher im Innenverhältnis zur Versicherung im Rahmen der Vertragsbedingungen Freistellung von dem Anspruch des Klägers verlangen. Der Kläger kann nach § 157 VVG a.F wegen des ihm zustehenden Schadensersatzanspruchs abgesonderte Befriedigung aus dieser Entschädigungsforderung des Versicherungsnehmers verlangen. Auf die Haftpflichtversicherung ist vorliegend das Versicherungsvertragsgesetz in der Fassung bis zum 31.12.2007 (VVG a.F.) anzuwenden. Die Novellierung des Versicherungsvertragsgesetzes zum 1.1.2008 ist auf Altverträge, die bis zum 31.12.2007 abgeschlossen waren, nicht anzuwenden, wenn der Versicherungsfall vor dem 31.12.2008 eingetreten ist, Art. 1 Abs. 2 EGVVG. Vielmehr ist dann das Versicherungsvertragsgesetz in der bis 31.12.2007 geltenden Fassung anzuwenden. Das gilt auch vorliegend, da der Versicherungsfall bereits mit der Pflichtverletzung in dem Telefongespräch vom 12.2.2007 eingetreten ist.
- 80
Der Kläger hat als Geschädigter ein gesetzliches Pfandrecht entsprechend § 1282 BGB an dem Befreiungsanspruch der Gemeinschuldnerin gegen die Versicherung (vgl. statt aller Ganter in MünchKomm InsO § 50 Rn. 115 m.weit.Nachw.) und kann aus diesem Pfandrecht gemäß § 157 VVG a.F. abgesonderte Befriedigung verlangen. Zur anteiligen Befriedigung aus der Insolvenzmasse ist der Geschädigte nach § 52 Satz 2 InsO aber nur berechtigt, soweit er bei der Durchsetzung seines Pfandrechts am freigegebenen Anspruch auf Haftpflichtdeckung ausgefallen ist (BGH Urt. v. 02.04.2009 - IX ZR 23/08 Rn. 9, zitiert nach juris). Insoweit war der Klage stattzugeben.
- 81
5. Soweit der Kläger begehrt, die Schadensersatzforderung insgesamt zur Tabelle festzustellen, also auch, soweit es den Teil betrifft, den er im Rahmen der abgesonderten Befriedigung aus der Versicherungsforderung erhalten wird, war die Klage abzuweisen. Richtig ist im Grundsatz, dass der Geschädigte aus seinem Pfandrecht an dem Freistellungsanspruch gegen die Versicherung erst vorgehen kann, wenn der Anspruch des Versicherungsnehmers gegen die Versicherung auf Freistellung von der Verbindlichkeit fällig ist. Das ist gemäß § 156 Abs. 2 VVG a.F. der Fall, wenn die von dem Versicherungsnehmer an den Dritten zu bewirkende Leistung durch Vergleich, Anerkenntnis oder Urteil festgestellt ist. Ein Vorgehen gegen die Versicherung setzt mithin vorliegend voraus, dass die Haftung der Gemeinschuldnerin zuvor durch Vergleich, Anerkenntnis oder Urteil festgestellt wird. Diese Feststellung wirkt nach § 154 VVG a.F. auch im Verhältnis zur Versicherung (BGH Urt. v. 28.3.1996 – IX ZR 77/95, NJW 1996, 2035 m.weit.Nachw.). Ein Anerkenntnis in diesem Sinne wäre auch die Feststellung der Forderung durch den Verwalter zur Tabelle. Vorliegend hat der Verwalter aber allen Anmeldungen zur Tabelle widersprochen. Eine Inanspruchnahme der Versicherung wird daher erst möglich sein, wenn die Forderung im Verhältnis des Klägers als Geschädigtem zum Versicherungsnehmer prozessual geklärt ist.
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Grundsätzlich wäre die Klage auch, soweit es um die Befriedigung aus der Versicherungsforderung geht, gegen den Insolvenzverwalter zu richten, der als Partei kraft Amtes die alleinige Verfügungsbefugnis über die Insolvenzmasse, mithin auch den Befreiungsanspruch, hat. Kraft dieser Verfügungsbefugnis kann er etwa durch Anerkenntnis der Schadensersatzforderung auch die Fälligkeit des Befreiungsanspruchs herbeiführen. Er wäre daher grundsätzlich auch prozessual passivlegitimiert (BGH Urt. v. 28.3.1996 – IX ZR 77/95 Rn. 18 (noch zur KO)).
- 83
Vorliegend hat der beklagte Insolvenzverwalter den Befreiungsanspruch gegen die Versicherung aber freigeben. Die Freigabe bewirkt, dass die Forderung nicht mehr zur Insolvenzmasse. Die Verfügungsbefugnis des Verwalters endet (BGH Urt. v. 7.12.2006 – IX ZR 161/04, Rn. 20, zit. nach juris). Statt dessen lebt die eigene Verfügungsbefugnis des Gemeinschuldners durch die Freigabe wieder auf. Allein dieser ist nach Freigabe über den freigegebenen Gegenstand verfügungsbefugt. Die Freigabe des Befreiungsanspruchs gegen die Versicherung hat daher zur Folge, dass auch eine im Verhältnis zur Versicherung fälligkeitsbegründende Feststellung des Versicherungsfalls durch Klage gegen den Verwalter nicht mehr erreicht werden kann. Denn wenn der Verwalter über die Versicherungsforderung nicht mehr verfügungsbefugt ist, kann er die Fälligkeit dieser Forderung auch nicht mehr beeinflussen. Wenn er nach Freigabe die Schadensersatzforderung des Geschädigten anerkennt, ist dies allein für das Insolvenzverfahren von Bedeutung, begründet aber mangels Verfügungsbefugnis über die Versicherungsforderung keine Fälligkeit der Versicherungsforderung mehr. Gleiches gilt, wenn der Verwalter wegen einer solchen Forderung verurteilt wird. Eine Verurteilung hat nur Rechtswirkung im Verhältnis der Prozessbeteiligten und kann bestehende Forderungen nur betreffen, soweit die Prozessbeteiligten überhaupt verfügungsbefugt sind.
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Da die Verfügungsbefugnis über die Versicherungsforderung mit Freigabe durch den Verwalter auf die Gemeinschuldnerin übergeht, ist die Frage, ob ein Versicherungsfall besteht, nach Freigabe (wieder) im Verhältnis des Geschädigten zum Schädiger (Versicherungsnehmer) selbst zu klären (BGH Urt. v. 28.3.1996 – IX ZR 77/95 Rn. 20 (noch zur KO)). Nur durch ein Anerkenntnis, Urteil oder Vergleich im Verhältnis des Geschädigten zum – nach Freigabe allein - verfügungsbefugten Versicherungsnehmer kann eine für die Versicherung nach § 154 VVG a.F. bindende Feststellung des Versicherungsfalles erfolgen, die nach § 156 Abs. 2 VVG a.F. auch die Fälligkeit der Versicherungsforderung begründet. Der Kläger muss daher, soweit er eine Feststellung des Versicherungsfalles begehrt, um sein Recht auf abgesonderte Befriedigung aus seinem gesetzlichen Pfandrecht durchzusetzen, den Rechtsstreit nach Freigabe im Verhältnis zur Gemeinschuldnerin wieder aufnehmen und diese auf Zahlung – beschränkt auf die Leistung aus der Versicherungsforderung - verklagen. Der Insolvenzverwalter selbst ist nach Freigabe nur noch passivlegitimiert, soweit es um die Feststellung der Forderung zur Tabelle und damit um die Teilhabe an einer möglichen Insolvenzquote angeht. Nur insoweit – zum Ausfall – war die Forderung festzustellen. Soweit es um die Klärung geht, ob ein Versicherungsfall besteht und mithin ob eine Leistung aus der Versicherungsforderung geht, ist der Insolvenzverwalter nach Freigabe der Versicherungsforderung nicht mehr passivlegitimiert (ausdrücklich BGH Urt. v. 02.04.2009 - IX ZR 23/08, Rn. 4 (zit. nach juris)). Insoweit war die Klage abzuweisen.
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6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Der Kläger gewinnt mit dem überwiegenden Teil seiner Forderungen, nämlich der Rückabwicklung der Erwerbe von Anleihen der XXX im Wert von 82.886,70 Euro zuzüglich Zinsausfallschäden. Dagegen unterliegt er, soweit er eine Rückabwicklung auch des Erwerbes von Anleihen der Xxx (jetzt xxx) im Wert von 1.241,69 Euro zuzüglich Zinsausfallschaden begehrt hat. Hinsichtlich der Anleihen der XXX im Wert von 5.118,12 Euro zuzüglich Zinsausfallschaden, deren Rückabwicklung der Kläger ebenfalls begehrt hat, hat er die Klage zurückgenommen. Insoweit waren die Kosten entsprechend der Einigung der Parteien bei der Bildung der Quote jeweils hälftig anzusetzen.
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Rechnerisch ergibt sich die aus dem Tenor ersichtliche Quote. Soweit der Kläger mit der Klage auf Feststellung der Forderung nicht nur als Insolvenzforderung zum Ausfall, sondern auch, soweit es sein Recht auf abgesonderte Befriedigung beinhaltet, unterlegen ist, hat das Gericht dieses Teilunterliegen bei der Kostenverteilung unberücksichtigt gelassen. Denn die Kosten des Verfahrens sind insgesamt nach dem Betrag der Schadensersatzforderungen entstanden, da die Klage bereits vor Insolvenzeröffnung anhängig war. Das gilt auch für die Terminsgebühr der Prozessbevollmächtigten, da auch vor Insolvenzeröffnung bereits verhandelt worden war. Für das Verhältnis der Obsiegens und Unterliegens war daher ebenfalls auf diese Beträge abzustellen.
(1) Hat die Leistung an den Pfandgläubiger und den Gläubiger gemeinschaftlich zu erfolgen, so sind beide einander verpflichtet, zur Einziehung mitzuwirken, wenn die Forderung fällig ist.
(2) Soweit der Pfandgläubiger berechtigt ist, die Forderung ohne Mitwirkung des Gläubigers einzuziehen, hat er für die ordnungsmäßige Einziehung zu sorgen. Von der Einziehung hat er den Gläubiger unverzüglich zu benachrichtigen, sofern nicht die Benachrichtigung untunlich ist.
(1) Ein Gläubiger, der zur abgesonderten Befriedigung berechtigt ist, hat spätestens innerhalb der in § 189 Abs. 1 vorgesehenen Ausschlußfrist dem Insolvenzverwalter nachzuweisen, daß und für welchen Betrag er auf abgesonderte Befriedigung verzichtet hat oder bei ihr ausgefallen ist. Wird der Nachweis nicht rechtzeitig geführt, so wird die Forderung bei der Verteilung nicht berücksichtigt.
(2) Zur Berücksichtigung bei einer Abschlagsverteilung genügt es, wenn der Gläubiger spätestens innerhalb der Ausschlußfrist dem Verwalter nachweist, daß die Verwertung des Gegenstands betrieben wird, an dem das Absonderungsrecht besteht, und den Betrag des mutmaßlichen Ausfalls glaubhaft macht. In diesem Fall wird der auf die Forderung entfallende Anteil bei der Verteilung zurückbehalten. Sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 bei der Schlußverteilung nicht erfüllt, so wird der zurückbehaltene Anteil für die Schlußverteilung frei.
(3) Ist nur der Verwalter zur Verwertung des Gegenstands berechtigt, an dem das Absonderungsrecht besteht, so sind die Absätze 1 und 2 nicht anzuwenden. Bei einer Abschlagsverteilung hat der Verwalter, wenn er den Gegenstand noch nicht verwertet hat, den Ausfall des Gläubigers zu schätzen und den auf die Forderung entfallenden Anteil zurückzubehalten.
(1) Auf die Feststellung ist im ordentlichen Verfahren Klage zu erheben. Für die Klage ist das Amtsgericht ausschließlich zuständig, bei dem das Insolvenzverfahren anhängig ist oder anhängig war. Gehört der Streitgegenstand nicht zur Zuständigkeit der Amtsgerichte, so ist das Landgericht ausschließlich zuständig, zu dessen Bezirk das Insolvenzgericht gehört.
(2) War zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Rechtsstreit über die Forderung anhängig, so ist die Feststellung durch Aufnahme des Rechtsstreits zu betreiben.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Auf einen Dienstvertrag oder einen Werkvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat, finden, soweit in diesem Untertitel nichts Abweichendes bestimmt wird, die Vorschriften der §§ 663, 665 bis 670, 672 bis 674 und, wenn dem Verpflichteten das Recht zusteht, ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen, auch die Vorschriften des § 671 Abs. 2 entsprechende Anwendung.
(2) Wer einem anderen einen Rat oder eine Empfehlung erteilt, ist, unbeschadet der sich aus einem Vertragsverhältnis, einer unerlaubten Handlung oder einer sonstigen gesetzlichen Bestimmung ergebenden Verantwortlichkeit, zum Ersatz des aus der Befolgung des Rates oder der Empfehlung entstehenden Schadens nicht verpflichtet.
(3) Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, die Anmeldung oder Registrierung des anderen Teils zur Teilnahme an Gewinnspielen zu bewirken, die von einem Dritten durchgeführt werden, bedarf der Textform.
(1) Begünstigtes Vermögen im Sinne des § 13b Absatz 2 bleibt vorbehaltlich der folgenden Absätze zu 85 Prozent steuerfrei (Verschonungsabschlag), wenn der Erwerb begünstigten Vermögens im Sinne des § 13b Absatz 2 zuzüglich der Erwerbe im Sinne des Satzes 2 insgesamt 26 Millionen Euro nicht übersteigt. Bei mehreren Erwerben begünstigten Vermögens im Sinne des § 13b Absatz 2 von derselben Person innerhalb von zehn Jahren werden bei der Anwendung des Satzes 1 die früheren Erwerbe nach ihrem früheren Wert dem letzten Erwerb hinzugerechnet. Wird die Grenze von 26 Millionen Euro durch mehrere innerhalb von zehn Jahren von derselben Person anfallende Erwerbe überschritten, entfällt die Steuerbefreiung für die bis dahin nach Satz 1 oder Absatz 10 als steuerfrei behandelten früheren Erwerbe mit Wirkung für die Vergangenheit. Die Festsetzungsfrist für die Steuer der früheren Erwerbe endet nicht vor dem Ablauf des vierten Jahres, nachdem das für die Erbschaftsteuer zuständige Finanzamt von dem letzten Erwerb Kenntnis erlangt.
(2) Der nach Anwendung des Absatzes 1 verbleibende Teil des begünstigten Vermögens bleibt außer Ansatz, soweit der Wert dieses Vermögens insgesamt 150 000 Euro nicht übersteigt (Abzugsbetrag). Der Abzugsbetrag von 150 000 Euro verringert sich, soweit der Wert dieses Vermögens insgesamt die Wertgrenze von 150 000 Euro übersteigt, um 50 Prozent des diese Wertgrenze übersteigenden Betrags. Der Abzugsbetrag kann innerhalb von zehn Jahren für von derselben Person anfallende Erwerbe begünstigten Vermögens nur einmal berücksichtigt werden.
(3) Voraussetzung für die Gewährung des Verschonungsabschlags nach Absatz 1 ist, dass die Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen (Sätze 6 bis 13) des Betriebs, bei Beteiligungen an einer Personengesellschaft oder Anteilen an einer Kapitalgesellschaft des Betriebs der jeweiligen Gesellschaft innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb (Lohnsummenfrist) insgesamt 400 Prozent der Ausgangslohnsumme nicht unterschreitet (Mindestlohnsumme). Ausgangslohnsumme ist die durchschnittliche Lohnsumme der letzten fünf vor dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) endenden Wirtschaftsjahre. Satz 1 ist nicht anzuwenden, wenn
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die Ausgangslohnsumme 0 Euro beträgt oder - 2.
der Betrieb unter Einbeziehung der in den Sätzen 11 bis 13 genannten Beteiligungen und Gesellschaften sowie der nach Maßgabe dieser Bestimmung anteilig einzubeziehenden Beschäftigten nicht mehr als fünf Beschäftigte hat.
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mehr als fünf, aber nicht mehr als zehn Beschäftigten eine Mindestlohnsumme von 250 Prozent, - 2.
mehr als zehn, aber nicht mehr als 15 Beschäftigten eine Mindestlohnsumme von 300 Prozent.
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die sich im Mutterschutz im Sinne des Mutterschutzgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Juni 2002 (BGBl. I S. 2318), das zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom 23. Oktober 2012 (BGBl. I S. 2246) geändert worden ist, befinden oder - 2.
die sich in einem Ausbildungsverhältnis befinden oder - 3.
die Krankengeld im Sinne des § 44 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477, 2482), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 30. Mai 2016 (BGBl. I S. 1254) geändert worden ist, beziehen oder - 4.
die Elterngeld im Sinne des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Januar 2015 (BGBl. I S. 33) beziehen oder - 5.
die nicht ausschließlich oder überwiegend in dem Betrieb tätig sind (Saisonarbeiter);
(4) Das für die Bewertung der wirtschaftlichen Einheit örtlich zuständige Finanzamt im Sinne des § 152 Nummer 1 bis 3 des Bewertungsgesetzes stellt die Ausgangslohnsumme, die Anzahl der Beschäftigten und die Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen gesondert fest, wenn diese Angaben für die Erbschaftsteuer oder eine andere Feststellung im Sinne dieser Vorschrift von Bedeutung sind. Bei Anteilen an Kapitalgesellschaften, die nach § 11 Absatz 1 des Bewertungsgesetzes zu bewerten sind, trifft die Feststellungen des Satzes 1 das örtlich zuständige Finanzamt entsprechend § 152 Nummer 3 des Bewertungsgesetzes. Die Entscheidung über die Bedeutung trifft das Finanzamt, das für die Festsetzung der Erbschaftsteuer oder die Feststellung nach § 151 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 des Bewertungsgesetzes zuständig ist. § 151 Absatz 3 und die §§ 152 bis 156 des Bewertungsgesetzes sind auf die Sätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden.
(5) Ein Erwerber kann den Verschonungsabschlag (Absatz 1) und den Abzugsbetrag (Absatz 2) nicht in Anspruch nehmen, soweit er begünstigtes Vermögen im Sinne des § 13b Absatz 2 auf Grund einer letztwilligen Verfügung des Erblassers oder einer rechtsgeschäftlichen Verfügung des Erblassers oder Schenkers auf einen Dritten übertragen muss. Gleiches gilt, wenn ein Erbe im Rahmen der Teilung des Nachlasses begünstigtes Vermögen im Sinne des § 13b Absatz 2 auf einen Miterben überträgt. Überträgt ein Erbe erworbenes begünstigtes Vermögen im Sinne des § 13b Absatz 2 im Rahmen der Teilung des Nachlasses auf einen Dritten und gibt der Dritte dabei diesem Erwerber nicht begünstigtes Vermögen hin, das er vom Erblasser erworben hat, erhöht sich insoweit der Wert des begünstigten Vermögens des Dritten um den Wert des hingegebenen Vermögens, höchstens jedoch um den Wert des übertragenen Vermögens.
(6) Der Verschonungsabschlag (Absatz 1) und der Abzugsbetrag (Absatz 2) fallen nach Maßgabe des Satzes 2 mit Wirkung für die Vergangenheit weg, soweit der Erwerber innerhalb von fünf Jahren (Behaltensfrist)
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einen Gewerbebetrieb oder einen Teilbetrieb, eine Beteiligung an einer Gesellschaft im Sinne des § 97 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Satz 1 des Bewertungsgesetzes, einen Anteil eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien oder einen Anteil daran veräußert; als Veräußerung gilt auch die Aufgabe des Gewerbebetriebs. Gleiches gilt, wenn wesentliche Betriebsgrundlagen eines Gewerbebetriebs veräußert oder in das Privatvermögen überführt oder anderen betriebsfremden Zwecken zugeführt werden oder wenn Anteile an einer Kapitalgesellschaft veräußert werden, die der Veräußerer durch eine Sacheinlage (§ 20 Absatz 1 des Umwandlungssteuergesetzes vom 7. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2782, 2791), zuletzt geändert durch Artikel 6 des Gesetzes vom 2. November 2015 (BGBl. I S. 1834), in der jeweils geltenden Fassung) aus dem Betriebsvermögen im Sinne des § 13b erworben hat oder wenn eine Beteiligung an einer Gesellschaft im Sinne des § 97 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Satz 1 des Bewertungsgesetzes oder ein Anteil daran veräußert wird, den der Veräußerer durch eine Einbringung des Betriebsvermögens im Sinne des § 13b in eine Personengesellschaft (§ 24 Absatz 1 des Umwandlungssteuergesetzes) erworben hat; - 2.
das land- und forstwirtschaftliche Vermögen im Sinne des § 168 Absatz 1 Nummer 1 des Bewertungsgesetzes und selbst bewirtschaftete Grundstücke im Sinne des § 159 des Bewertungsgesetzes veräußert. Gleiches gilt, wenn das land- und forstwirtschaftliche Vermögen einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft nicht mehr dauernd zu dienen bestimmt ist oder wenn der bisherige Betrieb innerhalb der Behaltensfrist als Stückländerei zu qualifizieren wäre oder Grundstücke im Sinne des § 159 des Bewertungsgesetzes nicht mehr selbst bewirtschaftet werden; - 3.
als Inhaber eines Gewerbebetriebs, als Gesellschafter einer Gesellschaft im Sinne des § 97 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Satz 1 des Bewertungsgesetzes oder als persönlich haftender Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft auf Aktien bis zum Ende des letzten in die Fünfjahresfrist fallenden Wirtschaftsjahres Entnahmen tätigt, die die Summe seiner Einlagen und der ihm zuzurechnenden Gewinne oder Gewinnanteile seit dem Erwerb um mehr als 150 000 Euro übersteigen; Verluste bleiben unberücksichtigt. Gleiches gilt für Inhaber eines begünstigten Betriebs der Land- und Forstwirtschaft oder eines Teilbetriebs oder eines Anteils an einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft. Bei Ausschüttungen an Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft ist sinngemäß zu verfahren; - 4.
Anteile an Kapitalgesellschaften im Sinne des § 13b Absatz 1 Nummer 3 ganz oder teilweise veräußert; eine verdeckte Einlage der Anteile in eine Kapitalgesellschaft steht der Veräußerung der Anteile gleich. Gleiches gilt, wenn die Kapitalgesellschaft innerhalb der Frist aufgelöst oder ihr Nennkapital herabgesetzt wird, wenn diese wesentliche Betriebsgrundlagen veräußert und das Vermögen an die Gesellschafter verteilt wird; Satz 1 Nummer 1 Satz 2 gilt entsprechend; - 5.
im Fall des § 13b Absatz 1 Nummer 3 Satz 2 die Verfügungsbeschränkung oder die Stimmrechtsbündelung aufgehoben wird.
(7) Der Erwerber ist verpflichtet, dem für die Erbschaftsteuer zuständigen Finanzamt innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Ablauf der Lohnsummenfrist das Unterschreiten der Mindestlohnsumme (Absatz 3 Satz 1) anzuzeigen. In den Fällen des Absatzes 6 ist der Erwerber verpflichtet, dem für die Erbschaftsteuer zuständigen Finanzamt den entsprechenden Sachverhalt innerhalb einer Frist von einem Monat, nachdem der jeweilige Tatbestand verwirklicht wurde, anzuzeigen. Die Festsetzungsfrist für die Steuer endet nicht vor dem Ablauf des vierten Jahres, nachdem das für die Erbschaftsteuer zuständige Finanzamt von dem Unterschreiten der Mindestlohnsumme (Absatz 3 Satz 1) oder dem Verstoß gegen die Behaltensregelungen (Absatz 6) Kenntnis erlangt. Die Anzeige ist eine Steuererklärung im Sinne der Abgabenordnung. Sie ist schriftlich abzugeben. Die Anzeige hat auch dann zu erfolgen, wenn der Vorgang zu keiner Besteuerung führt.
(8) Soweit nicht inländisches Vermögen zum begünstigten Vermögen im Sinne des § 13b Absatz 2 gehört, hat der Steuerpflichtige nachzuweisen, dass die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) und während der gesamten in den Absätzen 3 und 6 genannten Zeiträume bestehen.
(9) Für begünstigtes Vermögen im Sinne des § 13b Absatz 2 wird vor Anwendung des Absatzes 1 ein Abschlag gewährt, wenn der Gesellschaftsvertrag oder die Satzung Bestimmungen enthält, die
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die Entnahme oder Ausschüttung auf höchstens 37,5 Prozent des um die auf den Gewinnanteil oder die Ausschüttungen aus der Gesellschaft entfallenden Steuern vom Einkommen gekürzten Betrages des steuerrechtlichen Gewinns beschränken; Entnahmen zur Begleichung der auf den Gewinnanteil oder die Ausschüttungen aus der Gesellschaft entfallenden Steuern vom Einkommen bleiben von der Beschränkung der Entnahme oder Ausschüttung unberücksichtigt und - 2.
die Verfügung über die Beteiligung an der Personengesellschaft oder den Anteil an der Kapitalgesellschaft auf Mitgesellschafter, auf Angehörige im Sinne des § 15 der Abgabenordnung oder auf eine Familienstiftung (§ 1 Absatz 1 Nummer 4) beschränken und - 3.
für den Fall des Ausscheidens aus der Gesellschaft eine Abfindung vorsehen, die unter dem gemeinen Wert der Beteiligung an der Personengesellschaft oder des Anteils an der Kapitalgesellschaft liegt,
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ist der Erwerber verpflichtet, dem für die Erbschaftsteuer zuständigen Finanzamt die Änderungen der genannten Bestimmungen oder der tatsächlichen Verhältnisse innerhalb einer Frist von einem Monat anzuzeigen, - 2.
endet die Festsetzungsfrist für die Steuer nicht vor dem Ablauf des vierten Jahres, nachdem das für die Erbschaftsteuer zuständige Finanzamt von der Änderung einer der in Satz 1 genannten Bestimmungen oder der tatsächlichen Verhältnisse Kenntnis erlangt.
(9a) Das für die Bewertung der wirtschaftlichen Einheit örtlich zuständige Finanzamt im Sinne des § 152 Nummer 2 und 3 des Bewertungsgesetzes stellt das Vorliegen der Voraussetzungen für den Abschlag nach Absatz 9 und dessen Höhe auf den Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) gesondert fest, wenn diese Angaben für die Erbschaftsteuer von Bedeutung sind. Die Entscheidung über die Bedeutung trifft das Finanzamt, das für die Festsetzung der Erbschaftsteuer zuständig ist. § 151 Absatz 3 und die §§ 152 bis 156 des Bewertungsgesetzes sind auf die Sätze 1 und 2 entsprechend anzuwenden.
(10) Der Erwerber kann unwiderruflich erklären, dass die Steuerbefreiung nach den Absätzen 1 bis 9 in Verbindung mit § 13b nach folgender Maßgabe gewährt wird:
- 1.
In Absatz 1 Satz 1 tritt an die Stelle des Verschonungsabschlags von 85 Prozent ein Verschonungsabschlag von 100 Prozent; - 2.
in Absatz 3 Satz 1 tritt an die Stelle der Lohnsummenfrist von fünf Jahren eine Lohnsummenfrist von sieben Jahren; - 3.
in Absatz 3 Satz 1 und 4 tritt an die Stelle der Mindestlohnsumme von 400 Prozent eine Mindestlohnsumme von 700 Prozent; - 4.
in Absatz 3 Satz 4 Nummer 1 tritt an die Stelle der Mindestlohnsumme von 250 Prozent eine Mindestlohnsumme von 500 Prozent; - 5.
in Absatz 3 Satz 4 Nummer 2 tritt an die Stelle der Mindestlohnsumme von 300 Prozent eine Mindestlohnsumme von 565 Prozent; - 6.
in Absatz 6 tritt an die Stelle der Behaltensfrist von fünf Jahren eine Behaltensfrist von sieben Jahren.
(11) Die Absätze 1 bis 10 gelten in den Fällen des § 1 Absatz 1 Nummer 4 entsprechend.
(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen.
(2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn
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das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295), insbesondere eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 139) oder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, feststellt, - 2.
nachträglich Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die einen Wiederaufnahmegrund (§§ 579, 580) bilden, oder - 3.
zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung und dem Schluss der Beratung und Abstimmung (§§ 192 bis 197 des Gerichtsverfassungsgesetzes) ein Richter ausgeschieden ist.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
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Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.