Landessozialgericht NRW Urteil, 18. Feb. 2016 - L 9 SO 145/14
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 12.02.2014 abgeändert und die Klage abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über die Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft im Rahmen von Leistungen nach dem Vierten Kapitel des Sozialgesetzbuches Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) in Höhe von 220 EUR monatlich im Zeitraum von August 2012 bis Juni 2013.
3Die am 00.00.1993 geborene Klägerin ist geistig behindert - bei ihr wurden ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 sowie verschiedene Merkzeichen, u.a. "G" und "H", an- erkannt - und ausweislich einer im April 2012 durch die Deutsche Rentenversicherung Bund getroffenen Feststellung ab dem 01.01.2003 dauerhaft voll erwerbsgemindert. Sie lebt im Haushalt der Eltern, ihre Mutter ist ihre gesetzliche Betreuerin, der Vater Ersatzbetreuer.
4Am 14.10.2011 beantragte die Klägerin, die zu diesem Zeitpunkt noch in einer Werkstatt für behinderte Menschen arbeitete, Leistungen der Grundsicherung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII. Die Beklagte bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 18.10.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.12.2011 diese Leistungen in Form des Regelbedarfs sowie eines Mehrbedarfs wegen Schwerbehinderung, nicht aber Leistungen für Unterkunft und Heizung. Nachdem die Klägerin Ende Oktober 2011 aus der Werkstatt ausschied, hob die Beklagte mit Bescheid vom 15.12.2011 den o.a. Bewilligungsbescheid ab dem 01.11.2011 auf. Mit Bescheiden vom 16.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.08.2012 bewilligte die Beklagte der Klägerin sodann Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII für die Monate November 2011 bis einschließlich März 2012 in Höhe der jeweiligen Regelbedarfe und wiederum ohne Leistungen für Unterkunft und Heizung. Gleichzeitig richtete die Beklagte an den o.a. Rentenversicherungsträger ein Ersuchen nach § 45 SGB XII, welches im April 2012 mit der Feststellung der dauerhaften vollen Erwerbsminderung der Klägerin seit dem 01.01.2003 endete. Gegen die Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII (ohne Kosten für Unterkunft und Heizung) bewilligenden o.a. Bescheide erhob die Klägerin am 07.09.2012 Klage vor dem Sozialgericht Köln (Az.: S 21 SO 383/12). Da die Beklagte der Klägerin sodann mit hier streitgegenständlichen Bescheiden vom 08.10.2012 wiederum Grundsicherungsleistungen anstelle der Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII rückwirkend ab November 2011 (ohne Unterkunfts- und Heizkosten) bewilligte, nahm die Klägerin diese Klage am 20.01.2013 zurück.
5Mit Beschluss des Amtsgerichts T vom 10.01.2012 wurde der Klägerin ein Ergänzungsbetreuer zum Abschluss eines Mietvertrages mit den Eltern als Vermieter bestellt (Az.: 43 XVII M 000). Unter dem 13.01.2012 wurde der Mietvertrag zwischen der Klägerin und ihren Eltern abgeschlossen. Mietgegenstand ist danach ein Zimmer im eine Gesamtwohnfläche von 240 qm umfassenden Einfamilienhaus der Eheleute N, und zwar ein "behindertengerechtes Zimmer im Erdgeschoss, mit ebenerdigem Zugang zum Bad mit WC und Dusche". Als Miete wurde ein Betrag von 180 EUR monatlich zzgl. 40 EUR monatlicher Heizkosten vereinbart. Mit Datum vom 08.02.2012 erfolgte eine Ergänzung zum Mietvertrag. Als Mietbeginn wurde der 01.01.2012 festgelegt und die Nutzung eines Zimmers von 10 qm sowie die gemeinschaftliche Benutzung der weiteren Wohnfläche von Wohnzimmer, Küche, Bad und WC von insgesamt 81,5 qm. Die Miete sollte auf das Konto der Eheleute N bei der Kreissparkasse L überwiesen werden. Ausweislich der aktenkundigen Kontoauszüge setzten die monatlichen Zahlungen vom Girokonto der Klägerin bei der Kreissparkasse L in Höhe von 180 EUR ("Miete") und 40 EUR ("Heizkosten") ab August 2012 ein.
6Mit Bescheid der Beklagten vom 08.10.2012 wurden der Klägerin Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII für den Zeitraum vom 01.11.2011 bis zum 30.06.2013 i.H.v. 340,47 EUR monatlich bewilligt. Hierbei wurden der Regelbedarf nach Stufe 3 und der Mehrbedarf für das Merkzeichen G berücksichtigt, jedoch wiederum keine Kosten für Unterkunft und Heizung. Mit weiterem Bescheid der Beklagten vom 08.10.2012 wurden die Grundsicherungsleistungen für den Zeitraum ab Januar 2012 wegen der Erhöhung des Regelsatzes auf 349,83 EUR monatlich festgesetzt, mit Änderungsbescheid vom 19.12.2012 ab dem 01.01.2013 wegen einer erneuten Regelsatzerhöhung auf 358,02 EUR.
7Hiergegen legte die Klägerin wegen der Nichtberücksichtigung der Kosten der Unterkunft Widerspruch ein (Schreiben vom 16.10.2012). Sie reichte Kontoauszüge ein, die die Mietzahlungen an ihre Eltern ab August 2012 belegen sollten.
8Mit Widerspruchsbescheid des S-Kreises vom 13.05.2013 wurde der Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurückgewiesen. Die Klägerin habe, so die Begründung, in der Vergangenheit keine Mietzahlungen an ihre Eltern geleistet. Die vertragliche Grundlage sei erst im Januar 2012 geschaffen worden. Es bestünden Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Mietvertrages. Der Vertrag sei über das bisher bewohnte Kinderzimmer abgeschlossen worden. Die erste Mietzahlung sei überdies erst ein halbes Jahr nach Abschluss des Mietvertrages kurz vor Einreichung der Klage im Rechtsstreit S 21 SO 383/12 erfolgt.
9Hiergegen hat sich die Klägerin mit der am 10.06.2013 bei dem Sozialgericht Köln erhobenen Klage gewandt und die Bewilligung von Grundsicherungsleistungen i.H.v. 220 EUR monatlich für Kosten der Unterkunft für den Zeitraum August 2012 bis Juni 2013 begehrt. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen geltend gemacht, dass der abgeschlossene Mietvertrag vertragliche Grundlage für die Zahlung der Kosten der Unterkunft sei. Aus den vorgelegten Kontoauszügen für den Zeitraum August 2012 bis Mai 2013 ergäben sich Mietzahlungen (per Dauerauftrag) auf das Konto ihrer Eltern. In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht haben die Eltern der Klägerin erklärt, dass sie ein Haus von 240 qm Wohnfläche mit drei Personen bewohnen, nämlich sie selbst und die Klägerin. Für das Haus seien noch Kredite zu bedienen. Insgesamt fielen etwa 1.300 EUR monatlich Kosten für Kredite und sonstige Kosten des Hauses an. Die Mutter der Klägerin sei wegen der Betreuung ihrer Tochter zurzeit nicht berufstätig.
10Die Klägerin hat beantragt,
11die Beklagte unter teilweiser Aufhebung ihrer Bescheide vom 08.10.2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides des Landrats des S-Kreises vom 13.05.2013 zu verpflichten, ihr gegenüber für die Zeit von August 2012 bis Juni 2013 weitere Grundsicherungsleistungen gemäß den Regelungen des Vierten Kapitels des SGB XII für monatliche Unterkunfts- und Heizungskosten in Höhe von jeweils 220 EUR zu gewähren.
12Die Beklagte hat beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Sie hat ausgeführt, dass der Mietvertrag am 13.01.2012 geschlossen worden sei, obwohl die Klägerin zu diesem Zeitpunkt über kein eigenes Einkommen und Vermögen verfügt habe. Das kostenlose Wohnrecht sei aufgegeben worden, um eine zusätzliche Einnahmequelle zulasten des Sozialhilfeträgers zu sichern. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin habe den Eltern in einem Schreiben die Überweisung der Miete empfohlen, um ein Leben des Mietvertrages nach außen belegen zu können. Das Kindergeld, das für die Klägerin gezahlt werde, werde nicht angerechnet, sondern verbleibe bei den Eltern. Ferner hat die Beklagte erklärt, dass in der Gemeinde S zurzeit für einen Ein-Personen-Haushalt unter Zugrundelegung von 50 qm Wohnfläche 290 EUR Kosten der Unterkunft monatlich höchstens bewilligt würden, hinzu kämen noch Heiz- und Betriebskosten.
15Mit Urteil vom 12.02.2014 hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben und die Beklagte antragsgemäß zur Übernahme von Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 220 EUR für die Zeit von August 2012 bis Juni 2013 verurteilt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen das Folgende ausgeführt:
16Die Klägerin habe Anspruch auf Bewilligung von Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII. Die dauerhaft erwerbsgeminderte Klägerin gehöre zum berechtigten Personenkreis der Grundsicherung nach § 41 SGB XII. Deren Leistungen umfassten nach § 42 Nr. 4 i.V.m. § 35 Abs. 1 Satz 1 SGB XII auch solche für Unterkunft und Heizung. Nach der Rechtsprechung des BSG komme bei einem Zusammenleben eines Bedürftigen mit nichtbedürftigen Personen die Übernahme von Kosten der Unterkunft nur dann in Betracht, wenn es eine vertragliche Grundlage hierfür gebe. Es reiche aus, dass der Hilfebedürftige im jeweiligen Leistungszeitraum einer wirksamen und nicht dauerhaft gestundeten Mietzinsforderung ausgesetzt sei. Ausgangspunkt für die Frage, ob eine wirksame Mietzinsverpflichtung des Hilfebedürftigen bestehe, sei in erster Linie der Mietvertrag, mit dem der geschuldete Mietzins vertraglich vereinbart worden sei. Die Klägerin habe mit ihren Eltern im Januar 2012 einen Mietvertrag abgeschlossen und es sei hierfür eigens vom Betreuungsgericht ein Ergänzungsbetreuer bestellt worden. Auch sei der Mietvertrag von der Klägerin bzw. deren Eltern tatsächlich durchgeführt worden. Dies habe die Klägerin durch Kontoauszüge nachgewiesen, ausweislich derer sie im streitbefangenen Zeitraum die Miete in Höhe von insgesamt 220 EUR per Dauerauftrag an ihre Eltern überwiesen habe (180 EUR monatlich, die Heizkosten i.H.v. 120 EUR vierteljährlich). Es gebe daher keine Anhaltspunkte dafür, dass der Mietvertrag nicht ernsthaft gewollt worden sei und nur ein Scheingeschäft darstelle. Es könne der Klägerin und ihren Eltern nicht vorgehalten werden, dass sie den Vorgaben des BSG gefolgt seien und eine vertragliche Grundlage für eine Mietzinszahlung geschaffen hätten. Die Eltern der Klägerin hätten erhebliche Kosten für ihr großes Haus aufzuwenden und verlangten von der Klägerin nur einen Bruchteil der anfallenden Kosten, nicht einmal ein Drittel, wie es ihrem Kopfanteil entsprechen würde. Das Bedürfnis der Eltern, von der erwachsenen Tochter, die noch in ihrem Haus lebe und für die die Mutter ihre Berufstätigkeit aufgegeben habe, wenigstens einen Kostenanteil für das Haus zu erhalten, sei nicht zu beanstanden und nachvollziehbar. Eltern, die ihre erwachsenen, behinderten Kinder in ihrem Haus behielten und nicht in ein Heim gäben, seien in aller Regel fürsorgliche Eltern. Ihnen entgegenzuhalten, dass sie von ihren erwachsenen, behinderten Kindern nicht ernsthaft Miete verlangen würden, würde eine Diskriminierung und Schlechterstellung gegenüber Eltern nichtbehinderter Kinder bedeuten. Dieser Einwand könne zumindest dann nicht gelten, wenn die Miete tatsächlich gezahlt würde. Die Kosten der Unterkunft in Höhe von 220 EUR monatlich seien auch angemessen, weil der Betrag deutlich unterhalb des Betrages liege, den die Beklagte für einen Ein-Personen-Haushalt bewillige. Dass in den Mietvertrag auch die Mitbenutzung weiterer Räume neben dem von der Klägerin bewohnten Zimmer aufgenommen worden sei, sei ebenfalls nicht zu beanstanden. Dies entspreche der Lebenswirklichkeit von schwerstbehinderten, erwachsenen Kindern im Haushalt ihrer Eltern, die von den Eltern versorgt würden. Auch müssten Mietverträge unter Verwandten nach der Rechtsprechung des BSG keinem Fremdvergleich standhalten. Die Situation eines erwachsenen, behinderten Kindes im Haushalt der Eltern sei völlig anders als der Fall der Vermietung an einen fremden Dritten.
17Gegen dieses ihr am 10.03.2014 zugestellte Urteil wendet sich die Beklagte mit der am 10.04.2014 eingelegten Berufung, die sie im Wesentlichen wie folgt begründet:
18Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts könne die Klägerin keine Leistungen für Unterkunft und Heizung geltend machen. Zwar habe sie nachgewiesen, dass von ihr seit August 2012 (rückwirkend seit Januar 2012) monatlich 180 EUR Miete und 40 EUR Heizkosten an ihre Eltern überwiesen worden seien. Es gelte aber auch hinsichtlich dieser Kosten, dass für deren Deckung durch den Träger der Grundsicherung ein Bedarf bestehen müsse. Die Übernahme der Unterkunftskosten müsse im Einzelfall erforderlich sein, um eine bestehende Notlage zu beseitigen oder das Entstehen einer Notlage für den Hilfesuchenden zu verhindern. Dies sei im Fall der Klägerin zu verneinen. Hier sei die Ernsthaftigkeit des zwischen der Klägerin und ihren Eltern geschlossenen Mietverhältnisses auszuschließen. Gegen eine ernsthafte Mietzinsforderung spreche schon die Tatsache, dass die Klägerin bis Januar 2012 im Haushalt ihrer Eltern lebte, ohne dass ein Mietvertrag geschlossen oder Miete verlangt worden sei. Auch vor Abschluss des Mietvertrages habe sie das ihr nun vermietete Zimmer genutzt und sei sie zur Mitbenutzung der weiteren Räume der elterlichen Wohnung berechtigt gewesen. Der Mietvertrag sei erst abgeschlossen worden, nachdem festgestanden habe, dass die Klägerin Leistungen nach dem SGB XII dem Grunde nach habe beanspruchen können, die Übernahme der Unterkunftskosten jedoch abgelehnt worden sei. Erst hiernach sei "nachgebessert" worden, nämlich durch Abschluss des Mietvertrages vom 13.01.2012 mithilfe eines hierfür bestellten Ergänzungspflegers und ohne dass zunächst auch tatsächlich Mietzahlungen erfolgt seien. Dies sei erst acht Monate später geschehen. Dies lasse in der Gesamtschau den Rückschluss zu, dass der Mietvertrag nur "pro forma" vor dem Hintergrund eines möglichen Anspruchs der Klägerin nach §§ 42, 35 SGB XII geschlossen worden sei. Auch bestehe auf Seiten der Klägerin keine Notlage und es sei auch nicht zu befürchten, dass eine solche bei ausbleibender Mietzinszahlung eintrete. Es sei auszuschließen, dass die Klägerin von Wohnungslosigkeit bei Nichtzahlung des Mietzinses bedroht werde. Die Klägerin sei zu keiner Zeit ernsthaften Forderungen ihrer Eltern ausgesetzt gewesen. Ein rechtlicher Bindungswille hinsichtlich des Mietvertrages habe daher nicht bestanden. Es sei auch unerheblich, ob die Eltern der Klägerin ein nachvollziehbares Bedürfnis nach einer Kostenbeteiligung der Klägerin hätten. Denn es komme nicht auf die Hilfebedürftigkeit der Eltern, sondern auf diejenige der Klägerin an. So könne eine freiwillige Leistung der Eltern in Form der Aufgabe der Berufstätigkeit nicht zu Lasten Dritter kompensiert werden. Dies stelle auch keine Diskriminierung und Schlechterstellung der Klägerin gegenüber nichtbehinderten Kindern dar. Denn es sei nicht ersichtlich, auf welcher Anspruchsgrundlage ein nichtbehindertes 21-jähriges Kind, das mit (Unter-)Mietvertrag im Haushalt seiner nicht hilfebedürftigen Eltern lebe, Aufwendungsersatz für die Kosten seiner Unterkunft und Heizung erhalten solle.
19Die Beklagte beantragt,
20das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 12.02.2014 abzuändern und die Klage abzuweisen.
21Die Klägerin beantragt,
22die Berufung zurückzuweisen.
23Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Soweit die Beklagte dem Mietverhältnis dessen Ernsthaftigkeit abspreche, handele es sich um das übliche "Totschlagargument", das im Umkehrschluss dazu führe, dass Eltern behinderter Kinder diese lebenslänglich kostenfrei bei sich wohnen zu lassen hätten. Dies widerspreche jedoch der aktuellen Rechtslage, die bei Vorliegen der Voraussetzungen auch volljährigen, dauerhaft erwerbsgeminderten Personen Anspruch auf Unterkunfts- und Heizkosten zubillige. Leistungsberechtigte würden von den Grundsicherungsträgern unter Verletzung von Auskunfts- und Beratungspflichten nicht darüber informiert, dass ihnen im Rahmen der Grundsicherung auch ein Anspruch auf Gewährung dieser Leistungen zustehe und welche Bedingungen hierfür erfüllt sein müssten. Insofern versuche die Beklagte aus der Verletzung der ihr auferlegten Beratungs- und Informationspflichten noch einen Vorteil zu ziehen, indem sie ihr - der Klägerin - vorwerfe, dass sie die ihr gesetzlich zustehenden Ansprüche geltend mache. Auch habe sie nur das getan, was das BSG in ständiger Rechtsprechung verlange, nämlich den Abschluss eines Mietvertrages und die tatsächliche Zahlung des Mietzinses. Daher könne ihr die Beklagte auch nicht vorhalten, den Mietvertrag abgeschlossen zu haben, ohne dass sich an ihrem Wohnumfeld etwas geändert habe.
24Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die Gerichtsakte SG Köln - S 21 SO 383/12 - sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
25Entscheidungsgründe:
26Die zulässige, insbesondere statthafte und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 12.02.2014 ist begründet. Das Sozialgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben, weil sie unbegründet ist. Die Bescheide der Beklagten vom 08.10.2012 und 19.12.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.05.2013 sind rechtmäßig, soweit sie darin die Gewährung von Leistungen für Unterkunft und Heizung abgelehnt hat und beschwert die Klägerin daher nicht i.S.d. § 54 Abs. 2 SGG.
271.) Streitgegenstand sind die Bescheide der Beklagten vom 08.10.2012 und 19.12.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.05.2013 (§ 95 SGG), mit dem die sachlich und örtlich im Wege der Heranziehung durch den S-Kreis zuständige Beklagte der Klägerin Leistungen der Grundsicherung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII in Form des Regelbedarfs sowie eines Mehrbedarfs wegen Schwerbehinderung, nicht aber der Bedarfe für Unterkunft und Heizung für den Zeit vom 01.11.2011 bis 30.06.2013 bewilligt hat. Hiergegen wendet sich die Klägerin statthaft mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 i.V.m. § 56 SGG). Der Streitgegenstand ist in sachlicher Hinsicht auf die Übernahme von Kosten für Unterkunft und Heizung beschränkt. Diese dem erstinstanzlichen Antrag der Klägerin zu entnehmende Beschränkung ist auch zulässig, weil es sich bei den Kosten für Unterkunft und Heizung um einen selbständigen Anspruch handelt, der durch einen selbständigen Verfügungssatz geregelt wird und dementsprechend auch alleiniger, selbständiger Gegenstand einer Klage sein kann (vgl. nur BSG, Urt. v. 14.04.2011 - B 8 SO 18/09 R -, juris Rn. 10). In zeitlicher Hinsicht hat die Klägerin den Streitgegenstand schon wegen ihres erstinstanzlichen Antrags zulässig auf die von den angefochtenen Bescheiden erfasste Zeit vom 01.08.2012 bis 30.06.2013 beschränkt (s. hierzu BSG, Urt. v. 24.03.2015 - B 8 SO 5/14 R -, juris Rn. 10).
282.) Die Klägerin hat gegen die Beklagte für den streitigen Zeitraum keinen Anspruch auf Übernahme von Kosten für Unterkunft und Heizung gemäß § 42 Satz 1 Nr. 4 i.V.m. § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 SGB XII.
29a) Die Klägerin gehört allerdings zum nach dem Vierten Kapitel des SGB XII anspruchsberechtigten Personenkreis (§§ 19 Abs. 2, 41 ff. SGB XII). Sie hatte im streitgegenständlichen Zeitraum das 18. Lebensjahr vollendet (§ 41 Abs. 3 SGB XII) und ist ausweislich der Feststellung der Deutschen Rentenversicherung Bund im Verfahren nach § 45 SGB XII seit dem Jahr 2003 dauerhaft voll erwerbsgemindert i.S.d. § 43 Abs. 2 SGB VI. Auch hatte sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland. Sie verfügte auch über kein eigenes Einkommen (§§ 82 ff. SGB XII) und Vermögen (§ 90 SGB XII). Auch ist das elterliche Einkommen nicht bedarfsmindernd zu berücksichtigen, weil ein solches von jährlich mindestens 100.000 EUR ausweislich der entsprechenden Erklärung der Klägerin im ursprünglichen Grundsicherungsantrag vom 14.10.2011 nicht vorhanden ist (s. § 43 Abs. 3 Satz 1 SGB XII).
30b) Die Beklagte hat jedoch zu Recht die Gewährung von Leistungen für Unterkunft und Heizung im streitbefangenen Zeitraum abgelehnt, weil ein entsprechender Bedarf der Klägerin nicht festgestellt werden kann.
31Nach § 42 Satz 1 Nr. 4 SGB XII umfassen die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Vierten Abschnitt des Dritten Kapitels des SGB XII. Gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 SGB XII werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in tatsächlicher Höhe erbracht. Sie werden sowohl nach dem SGB II als auch nach dem SGB XII nur erbracht, wenn und soweit der leistungsberechtigten Person tatsächliche Aufwendungen bzw. tatsächliche Kosten für Unterkunft und Heizung entstehen (vgl. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II, § 35 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 SGB XII). Ein Anspruch auf Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung setzt grundsätzlich einen entsprechenden tatsächlichen Bedarf - im Sinne einer wirksamen zivilrechtlichen Verpflichtung gegenüber Dritten - voraus (s. zur vergleichbaren Problematik im SGB II: BSG, Urt. v. 20.08.2009 - B 14 AS 34/08 R -, juris Rn. 16, BSG, Urt. v. 03.03.2009 - B 4 AS 37/08 R -, juris Rn. 24 f.; BSG, Urt. v. 07.05.2009 - B 14 AS 31/07 R -, juris Rn. 16 ff.). Dies gilt jedenfalls dann, wenn diese Person mit anderen, nichthilfebedürftigen Personen in einer Haushaltsgemeinschaft lebt, wenn also weder eine Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB II noch eine Einsatzgemeinschaft nach dem SGB XII noch eine sog. gemischte Bedarfsgemeinschaft (d.h. zwischen Leistungsberechtigten nach dem SGB II und dem SGB XII) besteht (BSG, Urt. v. 25.08.2011 - B 8 SO 29/10 R -, juris Rn. 12). Für einen Anspruch nach § 35 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 SGB XII kommt es daher in diesen Fällen darauf an, ob ein wirksamer, mit Rechtsbindungswillen unter Beachtung von §§ 117, 133 BGB geschlossener Mietvertrag vereinbart wurde und die hilfebedürftige Person darüber hinaus einer ernsthaften Mietzinsforderung der mit ihr zusammenlebenden Personen ausgesetzt ist (BSG, Urt. v. 03.03.2009 - B 4 AS 37/08 R -, juris Rn. 27). Die Annahme tatsächlicher Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach der sog. Kopfteilmethode, wonach die Kosten der Unterkunft und Heizung im Regelfall unabhängig von Alter und Nutzungsintensität anteilig pro Kopf aufzuteilen sind, wenn Hilfebedürftige eine Unterkunft gemeinsam mit anderen Personen, insbesondere anderen Familienangehörigen, nutzen, kommt demgegenüber nur dann in Betracht, wenn die Konstellation einer Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB II oder einer Einsatzgemeinschaft nach dem SGB XII oder einer sog gemischten Bedarfsgemeinschaft besteht, bei der mindestens eine Person dem System des SGB II und mindestens eine andere dem System des SGB XII zuzuordnen ist (vgl. BSG, Urt. v. 14.04.2011 - B 8 SO 18/09 R -, juris Rn. 15; BSG, Urt. v. 25.08.2011 - B 8 SO 29/10 R -, juris Rn. 12 f.). Auch für die Gewährung von Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 SGB II ist es grundsätzlich Voraussetzung, dass die leistungsberechtigte Person einer ernsthaften Mietzinsforderung ausgesetzt ist, was insbesondere dann einer besonderen Prüfung bedarf, wenn ein erwachsenes Kind - alleine oder zusammen mit anderen Personen - in einer einem Verwandten gehörenden Wohnung lebt (vgl. BSG, Urt. v. 03.03.2009 - B 4 AS 37/08 R -, juris Rn. 24 f.; BSG, Urt. v. 07.05.2009 - B 14 AS 31/07 R -, juris Rn. 16 ff.; s. auch Senat, Urt. v. 19.03.2015 - L 9 SO 309/14 -, juris Rn. 37).
32Am Kautel des Vorliegens einer ernsthaften Mietzinsforderung ist auch in Ansehung des Urteils des BSG vom 17.12.2015 - B 8 SO 10/14 R -, juris Rn. 16 f. festzuhalten. Zwar hat das BSG entschieden, dass Kosten für Unterkunft und Heizung nicht nur dann zu übernehmen sind, wenn ein wirksamer zivilrechtlicher Vertrag vorliegt, sondern es genügen lassen, wenn sich ein volljähriger Leistungsberechtigter und seine Eltern über eine Kostenbeteiligung faktisch einig waren. Jedoch kann auch eine "faktische" Einigung nur dann einen anerkennungsfähigen Bedarf begründen, wenn diese Einigung ernst gemeint und nicht nur deshalb erfolgt war, um gegen den Sozialhilfeträger einen Anspruch nach § 35 SGB XII zu begründen (ebenso BSG, a.a.O. -, juris Rn. 16 a.E.: [" ] ernsthafte Erwartung einer Beteiligung an den Kosten für Unterkunft und Heizung"). Nichts anderes kann auch für den Fall eines zivilrechtlich wirksamen Mietvertrages gelten. Ob und in welchem Umfang einem erwachsenen Kind, das mit seinen Eltern zusammenlebt, tatsächliche Aufwendungen für Unterkunft und Heizung entstehen, hängt deshalb weiterhin davon ab, ob es einer ernsthaften Mietzinsforderung seiner Eltern ausgesetzt ist, d.h. entweder ein wirksamer Mietvertrag abgeschlossen oder zumindest eine faktische Einigung über eine entsprechende Kostenbeteiligung erzielt worden ist und der Mietvertrag oder die faktische Einigung von Seiten des Vermieters auch tatsächlich vollzogen werden soll (vgl. LSG Schleswig-Holstein, Urt. v. 29.06.2011 - L 9 SO 16/10 -, juris Rn. 25; Senat, Urt. v. 19.03.2015 - L 9 SO 309/14 -, juris Rn. 39, 50). Ob insbesondere Letzteres der Fall ist, obliegt allein der tatrichterlichen Würdigung im Einzelfall (so BSG, a.a.O.).
33aa) Zwischen der im streitgegenständlichen Zeitraum bereits volljährigen Klägerin und ihren Eltern bestand keine Einsatzgemeinschaft (vgl. zum Begriff jurisPK-SGB XII/Coseriu, § 19 Rn. 12 ff., 17). Denn § 19 Abs. 2 i.V.m. mit § 27 Abs. 2 SGB XII sieht bei Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII grundsätzlich keine Berücksichtigung von Vermögen und/oder Einkommen der Eltern vor. Ein Ausnahmefall wegen eines besonders hohen elterlichen Einkommens (§ 43 Abs. 3 SGB XII) lag bei der Klägerin nicht vor, da ein solches Einkommen von mindestens 100.000 EUR, wie bereits erwähnt, nicht vorhanden war.
34bb) Dem Sozialgericht ist auch noch darin zu folgen, dass zwischen der Klägerin, vertreten durch den vom Amtsgericht T bestellten Ergänzungsbetreuer, und ihren Eltern ein wirksamer Mietvertrag vom 13.01.2012 nebst Ergänzungsvereinbarung vom 08.02.2012 mit Wirkung ab dem 01.01.2012 zustande gekommen ist. Es ist hier - schon wegen Bestehens eines rechtlichen Bindungswillens zumindest des Ergänzungsbetreuers der Klägerin - weder von einem nach § 117 Abs. 1 BGB nichtigen Scheingeschäft auszugehen, noch liegt, da der aktenkundige Mietvertrag mangels anderweitiger Regelung auf unbestimmte Zeit abgeschlossen worden ist und keinerlei Regelungen zu dessen Kündigung enthält, ein schwebend unwirksamer Vertrag mangels unterbliebener Genehmigung durch das Betreuungsgericht vor; denn bei einer wie hier jederzeit möglichen Kündigung des unbestimmte Zeit geschlossenen Vertrages bedarf dieser keiner Genehmigung (vgl. hierzu eingehend Senat, Urt. v. 19.03.2015 - L 9 SO 309/14 -, juris Rn. 42 ff., 47 ff.). Ebenso wenig handelt es sich bei dem Mietvertrag vom 13.01.2012 um einen grundsätzlich unzulässigen Vertrag zu Lasten Dritter, sprich des Sozialhilfeträgers (Senat, a.a.O. -, juris Rn. 45). Dieser ist auch nicht wegen Sittenwidrigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, weil die Begründung einer rechtlichen Verbindlichkeit zur Zahlung von Unterkunfts- und Heizkosten im Grundsatz als naheliegende und nicht beanstandungswürdige Gestaltungsmöglichkeit erscheint, wenn Eltern ihr behindertes oder sonst in Schwierigkeiten befindliches Kind in ihren Haushalt aufnehmen (ebenso LSG NRW, Urt. v. 11.08.2014 - L 20 SO 141/13 -, juris Rn. 42; Senat, a.a.O. -, juris Rn. 46).
35cc) Entgegen dem Sozialgericht vermag der Senat unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalles jedoch nicht festzustellen, dass die Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum von August 2012 bis Juni 2013 einer ernsthaften Mietforderung ihrer Eltern ausgesetzt war, obwohl sie - offenbar aus der ihr gewährten Regelleistung - ab August 2012 tatsächlich Zahlungen in Höhe von 180 EUR bzw. 40 EUR mit dem ausweislich der aktenkundigen Kontoauszüge benannten Bestimmungszwecken "Miete" und "Heizung" erbracht hat.
36Aus der nach Aktenlage sichtbaren Chronologie, den äußeren Umständen sowie der persönlichen Situation der Klägerin ist ersichtlich, dass die Klägerin und ihre Eltern mit dem Abschluss des Mietvertrages im Januar 2012 und den erst ab August 2012 einsetzenden Zahlungen ausschließlich einen entsprechenden Leistungsanspruch gegen die Beklagte als Sozialhilfeträger begründen wollten. So lebte die Klägerin von ihrer Geburt an (1993) im Haus ihrer Eltern, ohne dass diese von ihr - auch nicht mit Vollendung ihres 18. Lebensjahres ab dem 18.02.2011 - eine auch nur geringfügige Beteiligung an den Wohn- und Betriebskosten des Hauses verlangt hätten. Erst als die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 18.10.2011 erstmals Grundsicherungsleistungen ohne Berücksichtigung der Kosten für Unterkunft und Heizung bewilligte, wurde diese Problematik von den Eltern mit dem Widerspruch vom 27.11.2011 moniert. Und erst als die Beklagte bzw. der S-Kreis im Widerspruchsbescheid vom 16.12.2011 ausführte, dass kein Anspruch auf Berücksichtigung von anteiligem Bedarf für Unterkunft und Heizung nach Kopfteilen in Betracht käme, wenn es an einer rechtlichen Verpflichtung der nachfragenden Person mangele, haben die Klägerin und ihre Eltern mithilfe ihres mittlerweile eingeschalteten Prozessbevollmächtigten reagiert und nach Bestellung eines Ergänzungsbetreuers einen Mietvertrag vom 13.01.2012 abgeschlossen. Dass sich die wohnliche Situation der Klägerin im Haus ihrer Eltern ab Januar 2012 verändert hätte, ist nicht ersichtlich und von der Klägerin auch nicht geltend gemacht worden. Sie hat stets ihr 10 qm großes Zimmer sowie die Gemeinschaftsräume im Erdgeschoss des Hauses genutzt. Dass die Klägerin vor Beginn der rechtlichen Auseinandersetzungen mit der Beklagten auch keinerlei (ernsthaften) Mietforderung seitens ihrer Eltern ausgesetzt war, erklärt sich ohne Weiteres aus ihrer persönlichen Situation, weil sie - abgesehen von einem geringfügigen Werkstatteinkommen von monatlich 63 EUR in der Zeit von März bis Oktober 2011 - immer einkommens- und vermögenslos gewesen ist. Hieran hat sich auch im Januar 2012 nichts geändert, was ebenfalls dafür spricht, dass der Abschluss des Mietvertrages einzig und allein von dem Bestreben motiviert gewesen ist, der Klägerin einen Leistungsanspruch gegen die Beklagte auch hinsichtlich der Kosten für Unterkunft und Heizung zu verschaffen. Dass Eltern von ihren volljährigen Kindern, unabhängig davon ob sie behindert oder nichtbehindert sind, ernsthaft Miete verlangen, solange sie ihrem noch jungen Alter entsprechend - die Klägerin ist 1993 geboren - typischerweise noch über kein oder nur geringfügiges Einkommen verfügen, welches sie in die Lage versetzt, sich an den Unterkunftskosten zu beteiligen, ist absolut unüblich (so schon Senat, Urt. v. 19.03.2015 - L 9 SO 309/14 -, juris Rn. 53). Dies gilt erst recht, wenn die Eltern - wie hier - über ein Eigenheim verfügen und die laufenden Kosten mit ihren Mitteln decken können (Senat, a.a.O.).
37Weiterhin sprechen neben der dargestellten zeitlichen Abfolge auch die äußere Form sowie der Inhalt des am 13.01.2012 abgeschlossenen Mietvertrages gegen eine entsprechende ernsthafte Forderung der Eltern gegenüber ihrer Tochter. So besteht dieser aus einer ganzen halben Seite, auf der neben dem eigentlichen Mietzins (180 EUR Miete, 40 EUR Heizkosten) der Gegenstand des Mietvertrages nur äußerst rudimentär beschrieben worden ist und noch nicht einmal der Beginn des Mietverhältnisses angegeben war. Ebenso fehlten dort jegliche Angaben, an wen und in welcher Weise die angeblich zu zahlende Miete überwiesen werden sollte. Dementsprechend haben sich die "Mietparteien" auch veranlasst gesehen, den Mietvertrag am 08.02.2012 zu ergänzen, indem sie erst dann den Zeitpunkt des Mietbeginns zum 01.01.2012 festlegten, die Fläche des gemieteten Wohnraumes "bereichsscharf" bestimmten und die Überweisungsmodalitäten (Konto der Eheleute N) regelten. Aber auch dies entspricht nicht dem typischen Muster eines Mietvertrages, der die Haupt- und Nebenpflichten der jeweiligen Mietvertragsparteien normalerweise eingehend regelt. So fehlen beispielsweise jegliche Regelungen zur Kündigung des Mietvertrages, was aber typischerweise Bestandteil eines jeden Mietverhältnisses ist. Auch diese "unorthodoxe" Vertragsgestaltung spricht im hohen Maße dafür, dass hierbei nicht die Interessen der Mietvertragsparteien im Vordergrund standen, sondern es zuvörderst darum ging, die Beklagte als Sozialhilfeträgerin verpflichten zu wollen.
38Der Mietvertrag ist auch nicht deswegen ernsthaft vollzogen worden, weil die Klägerin ausweislich der vorgelegten Kontoauszüge ab August 2012 tatsächlich Zahlungen in vertragsgemäßer Höhe erbracht hat. So ist es bemerkenswert, dass diese Zahlungen erst über ein halbes Jahr nach Abschluss des Mietvertrages im Januar 2012 einsetzten, und zwar "pünktlich" kurz vor Erhebung der Klage in dem Rechtsstreit S 21 SO 383/12 (SG Köln) am 07.09.2012, was wiederum gegen ein ernsthaftes Mietverlangen seitens der Eltern spricht. Stattdessen ist die angebliche Miete ausweislich des aktenkundigen Kontoauszuges für die Zeit von Januar bis Juni 2012 am 07.08.2012 in Höhe von 1.080 EUR nachgezahlt worden. Da die Klägerin unstreitig einkommenslos war, konnte sie dies nur aus ihrer Regelleistung in Höhe von damals 299 EUR bestritten haben (299 EUR x 7 Monate = 2.093 EUR). Im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der laufenden rechtlichen Auseinandersetzung gegenüber der Beklagten kann dieser Vorgang, einschließlich des Beginns der regelmäßigen monatlichen Zahlungen der Klägerin, schlechterdings nicht als ernsthafte Mietzahlung, sondern lediglich als Simulation einer solchen gewertet werden.
39Einer ernsthaften Mietforderung ist die Klägerin seitens ihrer Eltern schließlich auch nicht deswegen ausgesetzt, weil diese noch Darlehensverbindlichkeiten für das Hausgrundstück zu bedienen haben. Zwar mag eine Beteiligung der Klägerin an den Wohnkosten im Hinblick auf Darlehensverpflichtungen, die über die "normalen" Betriebskosten des Hauses hinausgehen, nachvollziehbar erscheinen. Jedoch bestanden diese Darlehensverbindlichkeiten der Eltern der Klägerin schon weit vor dem Jahr 2012, ohne dass diese auch nur erwogen hätten, ihre weitgehend einkommens- und vermögenslose Tochter an den Wohnkosten zumindest anteilig zu beteiligen. Etwas Anderes haben sie im Klage- und Berufungsverfahren auch nicht geltend gemacht. Im Übrigen hat die Beklagte zutreffend eingewendet, dass aus einem Finanzierungsbedarf der Eltern nicht ohne Weiteres, d.h. ohne Hinzutreten weiterer Umstände, ein Bedarf der Klägerin hinsichtlich der Kosten für Unterkunft und Heizung resultiert. Auch ist nicht ersichtlich und von der Klägerin bzw. ihren Eltern nicht geltend gemacht worden, dass sie ohne eine Kostenbeteiligung der Klägerin nicht in der Lage (gewesen) wären, neben den laufenden Betriebskosten auch die laufenden Darlehensverbindlichkeiten hinsichtlich des Wohnhauses zu bedienen (vgl. hierzu auch Senat, Urt. v. 03.12.2015 - L 9 SO 51/14).
40Soweit die Klägerin das entscheidungserhebliche Moment der Ernsthaftigkeit mit der Argumentation, es handele sich um das übliche "Totschlagargument", das im Umkehrschluss dazu führe, dass Eltern behinderter Kinder diese lebenslänglich kostenfrei bei sich wohnen zu lassen hätten, ad absurdum führen will, greift dies zu kurz. Der Umstand der Behinderung hat bei der Prüfung, ob ein Mietzinsverlangen ernsthaft ist, schon im Ansatz keine Bedeutung. Vielmehr ist dies unabhängig vom Vorliegen einer Behinderung zu beurteilen, weil allein eine Behinderung die Ernsthaftigkeit eines Mietzinsverlangens weder begründet noch verstärkt. Entscheidend ist allein insofern der Umstand, ob Eltern überhaupt und wenn ja bis zu welchem Alter normalerweise in Erfüllung ihrer Unterhaltspflicht, darüber hinaus aber auch in elterlicher Fürsorge für ihr Kind aufkommen. Diese Frage ist nicht pauschalierend, sondern stets im konkreten Einzelfall zu beurteilen. Hier sind maßgeblich das junge Alter der im Jahre 1993 geborenen Klägerin, die unbestritten gute finanzielle Situation ihrer Eltern und das Ausmaß des ihnen in der 240 m2 großen Wohnfläche eröffneten Lebensraumes. Angesichts dieser Umstände erscheint es dem Senat ausgeschlossen, dass Eltern ernsthaft eine Mietzahlung von einem neunzehnjährigen jungen Erwachsenen, der noch in ihrem Haushalt lebt, erwarten. Ob sich dies mit zunehmendem Alter der Klägerin ändert und insbesondere wann dies der Fall ist, hat der Senat nicht zu entscheiden. Es ist durchaus vorstellbar und dann auch anspruchsbegründend, dass ab einem bestimmten Lebensalter kostenfreie Logis weder von einem Kind noch überhaupt erwartet werden kann. Aber auch dafür werden stets die konkreten Umstände des Einzelfalls und insbesondere der Lebenssituation aller Beteiligten prägend sein.
413.) Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
424.) Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG) bestehen nicht.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Landessozialgericht NRW Urteil, 18. Feb. 2016 - L 9 SO 145/14
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Der jeweils für die Ausführung des Gesetzes nach diesem Kapitel zuständige Träger ersucht den nach § 109a Absatz 2 des Sechsten Buches zuständigen Träger der Rentenversicherung, die medizinischen Voraussetzungen des § 41 Absatz 3 zu prüfen, wenn es auf Grund der Angaben und Nachweise des Leistungsberechtigten als wahrscheinlich erscheint, dass diese erfüllt sind und das zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen nicht ausreicht, um den Lebensunterhalt vollständig zu decken. Die Entscheidung des Trägers der Rentenversicherung ist bindend für den ersuchenden Träger, der für die Ausführung des Gesetzes nach diesem Kapitel zuständig ist; dies gilt auch für eine Entscheidung des Trägers der Rentenversicherung nach § 109a Absatz 3 des Sechsten Buches. Ein Ersuchen nach Satz 1 erfolgt nicht, wenn
- 1.
ein Träger der Rentenversicherung bereits die Voraussetzungen des § 41 Absatz 3 im Rahmen eines Antrags auf eine Rente wegen Erwerbsminderung festgestellt hat, - 2.
ein Träger der Rentenversicherung bereits nach § 109a Absatz 2 und 3 des Sechsten Buches eine gutachterliche Stellungnahme abgegeben hat, - 3.
Personen in einer Werkstatt für behinderte Menschen das Eingangsverfahren oder den Berufsbildungsbereich durchlaufen oder im Arbeitsbereich beschäftigt sind oder - 4.
der Fachausschuss einer Werkstatt für behinderte Menschen über die Aufnahme in eine Werkstatt oder Einrichtung eine Stellungnahme nach den §§ 2 und 3 der Werkstättenverordnung abgegeben und dabei festgestellt hat, dass ein Mindestmaß an wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung nicht vorliegt.
(1) Leistungsberechtigt nach diesem Kapitel sind Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus Einkommen und Vermögen nach § 43 bestreiten können, wenn sie die Voraussetzungen nach Absatz 2, 3 oder 3a erfüllen.
(2) Leistungsberechtigt sind Personen nach Absatz 1 wegen Alters, wenn sie die Altersgrenze erreicht haben. Personen, die vor dem 1. Januar 1947 geboren sind, erreichen die Altersgrenze mit Vollendung des 65. Lebensjahres. Für Personen, die nach dem 31. Dezember 1946 geboren sind, wird die Altersgrenze wie folgt angehoben:
für den Geburtsjahrgang | erfolgt eine Anhebung um Monate | auf Vollendung eines Lebensalters von |
1947 | 1 | 65 Jahren und 1 Monat |
1948 | 2 | 65 Jahren und 2 Monaten |
1949 | 3 | 65 Jahren und 3 Monaten |
1950 | 4 | 65 Jahren und 4 Monaten |
1951 | 5 | 65 Jahren und 5 Monaten |
1952 | 6 | 65 Jahren und 6 Monaten |
1953 | 7 | 65 Jahren und 7 Monaten |
1954 | 8 | 65 Jahren und 8 Monaten |
1955 | 9 | 65 Jahren und 9 Monaten |
1956 | 10 | 65 Jahren und 10 Monaten |
1957 | 11 | 65 Jahren und 11 Monaten |
1958 | 12 | 66 Jahren |
1959 | 14 | 66 Jahren und 2 Monaten |
1960 | 16 | 66 Jahren und 4 Monaten |
1961 | 18 | 66 Jahren und 6 Monaten |
1962 | 20 | 66 Jahren und 8 Monaten |
1963 | 22 | 66 Jahren und 10 Monaten |
ab 1964 | 24 | 67 Jahren. |
(3) Leistungsberechtigt sind Personen nach Absatz 1 wegen einer dauerhaften vollen Erwerbsminderung, wenn sie das 18. Lebensjahr vollendet haben, unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Absatz 2 des Sechsten Buches sind und bei denen unwahrscheinlich ist, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann.
(3a) Leistungsberechtigt sind Personen nach Absatz 1, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, für den Zeitraum, in dem sie
- 1.
in einer Werkstatt für behinderte Menschen (§ 57 des Neunten Buches) oder bei einem anderen Leistungsanbieter (§ 60 des Neunten Buches) das Eingangsverfahren und den Berufsbildungsbereich durchlaufen oder - 2.
in einem Ausbildungsverhältnis stehen, für das sie ein Budget für Ausbildung (§ 61a des Neunten Buches) erhalten.
(4) Keinen Anspruch auf Leistungen nach diesem Kapitel hat, wer in den letzten zehn Jahren die Hilfebedürftigkeit vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat.
(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden abweichend von Satz 1 Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; § 35a Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt nur, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem Kapitel, dem Vierten Kapitel oder dem Zweiten Buch bezogen worden sind. Bei Leistungsberechtigten, die in den letzten zwei Jahren vor dem Bezug von Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel Leistungen nach dem Zweiten Buch bezogen haben, wird die nach § 22 Absatz 1 Satz 2 bis 4 des Zweiten Buches bereits in Anspruch genommene Karenzzeit für die weitere Dauer der Karenzzeit nach den Sätzen 2 bis 5 berücksichtigt.
(2) Der Träger der Sozialhilfe prüft zu Beginn der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 6 die Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung. Übersteigen die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang, teilt der Träger der Sozialhilfe dies den Leistungsberechtigten mit dem ersten Bewilligungsbescheid mit und unterrichtet sie über die Dauer der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 6 sowie über das Verfahren nach Ablauf der Karenzzeit nach Absatz 3 Satz 2.
(3) Übersteigen die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang, sind sie in tatsächlicher Höhe als Bedarf der Personen, deren Einkommen und Vermögen nach § 27 Absatz 2 zu berücksichtigen sind, anzuerkennen. Satz 1 gilt nach Ablauf der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 6 so lange, bis es diesen Personen möglich oder zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Eine Absenkung der nach Absatz 1 Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre. Stirbt ein Mitglied der Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar.
(4) Der Träger der Sozialhilfe kann für seinen örtlichen Zuständigkeitsbereich für die Höhe der Bedarfe für Unterkunft eine monatliche Pauschale festsetzen, wenn auf dem örtlichen Wohnungsmarkt hinreichend angemessener freier Wohnraum verfügbar und in Einzelfällen die Pauschalierung nicht unzumutbar ist. Bei der Bemessung der Pauschale sind die tatsächlichen Gegebenheiten des örtlichen Wohnungsmarkts, der örtliche Mietspiegel sowie die familiären Verhältnisse der Leistungsberechtigten, insbesondere Anzahl, Alter und Gesundheitszustand der in der Unterkunft lebenden Personen, zu berücksichtigen. Absatz 3 Satz 1 gilt entsprechend.
(5) Bedarfe für Heizung umfassen auch Aufwendungen für zentrale Warmwasserversorgung. Die Bedarfe können durch eine monatliche Pauschale festgesetzt werden. Bei der Bemessung der Pauschale sind die persönlichen und familiären Verhältnisse, insbesondere Anzahl, Alter und Gesundheitszustand der in der Unterkunft lebenden Personen, die Größe und Beschaffenheit der Wohnung, die vorhandenen Heizmöglichkeiten und die örtlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen.
(6) Leben Leistungsberechtigte in einer Unterkunft nach § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3, so sind Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach § 42a Absatz 5 und 6 anzuerkennen. Leben Leistungsberechtigte in einer sonstigen Unterkunft nach § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 3, so sind Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach § 42a Absatz 7 anzuerkennen. Für die Bedarfe nach den Sätzen 1 und 2 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 6 nicht.
(7) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 3 und § 35a Absatz 2 Satz 2 gelten entsprechend.
(8) § 22 Absatz 11 und 12 des Zweiten Buches gelten entsprechend.
Die Bedarfe nach diesem Kapitel umfassen:
- 1.
die Regelsätze nach den Regelbedarfsstufen der Anlage zu § 28; § 27a Absatz 3 und Absatz 4 ist anzuwenden; § 29 Absatz 1 Satz 1 letzter Halbsatz und Absatz 2 bis 5 ist nicht anzuwenden, - 2.
die zusätzlichen Bedarfe nach dem Zweiten Abschnitt des Dritten Kapitels sowie Bedarfe nach § 42b, - 3.
die Bedarfe für Bildung und Teilhabe nach dem Dritten Abschnitt des Dritten Kapitels, ausgenommen die Bedarfe nach § 34 Absatz 7, - 4.
Bedarfe für Unterkunft und Heizung - a)
bei Leistungsberechtigten außerhalb von Einrichtungen nach § 42a, - b)
bei Leistungsberechtigten, deren notwendiger Lebensunterhalt sich nach § 27b Absatz 1 Satz 2 oder nach § 27c Absatz 1 Nummer 2 ergibt, in Höhe der nach § 45a ermittelten durchschnittlichen Warmmiete von Einpersonenhaushalten,
- 5.
ergänzende Darlehen nach § 37 Absatz 1 und Darlehen bei am Monatsende fälligen Einkommen nach § 37a.
(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden abweichend von Satz 1 Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; § 35a Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt nur, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem Kapitel, dem Vierten Kapitel oder dem Zweiten Buch bezogen worden sind. Bei Leistungsberechtigten, die in den letzten zwei Jahren vor dem Bezug von Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel Leistungen nach dem Zweiten Buch bezogen haben, wird die nach § 22 Absatz 1 Satz 2 bis 4 des Zweiten Buches bereits in Anspruch genommene Karenzzeit für die weitere Dauer der Karenzzeit nach den Sätzen 2 bis 5 berücksichtigt.
(2) Der Träger der Sozialhilfe prüft zu Beginn der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 6 die Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung. Übersteigen die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang, teilt der Träger der Sozialhilfe dies den Leistungsberechtigten mit dem ersten Bewilligungsbescheid mit und unterrichtet sie über die Dauer der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 6 sowie über das Verfahren nach Ablauf der Karenzzeit nach Absatz 3 Satz 2.
(3) Übersteigen die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang, sind sie in tatsächlicher Höhe als Bedarf der Personen, deren Einkommen und Vermögen nach § 27 Absatz 2 zu berücksichtigen sind, anzuerkennen. Satz 1 gilt nach Ablauf der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 6 so lange, bis es diesen Personen möglich oder zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Eine Absenkung der nach Absatz 1 Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre. Stirbt ein Mitglied der Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar.
(4) Der Träger der Sozialhilfe kann für seinen örtlichen Zuständigkeitsbereich für die Höhe der Bedarfe für Unterkunft eine monatliche Pauschale festsetzen, wenn auf dem örtlichen Wohnungsmarkt hinreichend angemessener freier Wohnraum verfügbar und in Einzelfällen die Pauschalierung nicht unzumutbar ist. Bei der Bemessung der Pauschale sind die tatsächlichen Gegebenheiten des örtlichen Wohnungsmarkts, der örtliche Mietspiegel sowie die familiären Verhältnisse der Leistungsberechtigten, insbesondere Anzahl, Alter und Gesundheitszustand der in der Unterkunft lebenden Personen, zu berücksichtigen. Absatz 3 Satz 1 gilt entsprechend.
(5) Bedarfe für Heizung umfassen auch Aufwendungen für zentrale Warmwasserversorgung. Die Bedarfe können durch eine monatliche Pauschale festgesetzt werden. Bei der Bemessung der Pauschale sind die persönlichen und familiären Verhältnisse, insbesondere Anzahl, Alter und Gesundheitszustand der in der Unterkunft lebenden Personen, die Größe und Beschaffenheit der Wohnung, die vorhandenen Heizmöglichkeiten und die örtlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen.
(6) Leben Leistungsberechtigte in einer Unterkunft nach § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3, so sind Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach § 42a Absatz 5 und 6 anzuerkennen. Leben Leistungsberechtigte in einer sonstigen Unterkunft nach § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 3, so sind Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach § 42a Absatz 7 anzuerkennen. Für die Bedarfe nach den Sätzen 1 und 2 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 6 nicht.
(7) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 3 und § 35a Absatz 2 Satz 2 gelten entsprechend.
(8) § 22 Absatz 11 und 12 des Zweiten Buches gelten entsprechend.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.
(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.
(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.
(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.
(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.
Hat ein Vorverfahren stattgefunden, so ist Gegenstand der Klage der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat.
Mehrere Klagebegehren können vom Kläger in einer Klage zusammen verfolgt werden, wenn sie sich gegen denselben Beklagten richten, im Zusammenhang stehen und dasselbe Gericht zuständig ist.
Tenor
-
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 27. August 2009 aufgehoben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stade vom 5. Januar 2007 zurückgewiesen, soweit Kosten für Unterkunft und Heizung in der Zeit vom 1. Januar 2003 bis zum 31. Januar 2006 betroffen sind.
-
Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
- 1
-
Im Streit sind (noch) Leistungen für Unterkunft und Heizung für den Zeitraum vom 1.1.2003 bis 31.12.2004 nach dem Grundsicherungsgesetz (GSiG) sowie für den Zeitraum vom 1.1.2005 bis 31.1.2006 nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII).
- 2
-
Die 1969 geborene Klägerin ist schwerbehindert bei einem Grad der Behinderung (GdB) von 100. Bei ihr sind die Nachteilsausgleiche "G", "H" und "RF" festgestellt worden. Sie lebt bei ihren Eltern in deren Eigenheim, ohne dass ein (Unter-)Mietverhältnis begründet oder eine finanzielle Belastung der Klägerin an den Gesamtkosten der Unterkunft vereinbart worden wäre; vertragliche Verpflichtungen gegenüber Gemeinde, Energieversorger oder Versicherung im Zusammenhang mit Nebenkosten und Heizung sind von der Klägerin ebenfalls nicht aufzubringen. Ab 1.1.2003 bezog sie Leistungen nach dem GSiG und ab dem 1.1.2005 nach § 41 ff SGB XII(Bescheid vom 17.4.2003, 15.9.2005, zwei Bescheide vom 16.9.2005, Bescheide vom 21.9.2005 und 2.12.2005; Widerspruchsbescheid vom 9.3.2006 unter Beteiligung sozial erfahrener Dritter). Die Bewilligung von Leistungen für Unterkunft und Heizung lehnte der Beklagte dabei mit der Begründung ab, die Klägerin habe insoweit keine Aufwendungen.
- 3
-
Die Klage, mit der die Klägerin unter anderem Leistungen für Unterkunft und Heizung geltend gemacht hat, hat das Sozialgericht (SG) Stade abgewiesen, weil die Klägerin keine Aufwendungen für Unterkunft und Heizung habe (Urteil vom 5.1.2007). Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen hat auf die Berufung der Klägerin den Beklagten verurteilt, "der Klägerin für die Zeit vom 1. Januar 2003 bis zum 31. Januar 2006 höhere Grundsicherungsleistungen für Aufwendungen für Unterkunft und Heizung zu zahlen, und zwar unter Berücksichtigung von einem Drittel der für das Haus L. anfallenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung" (Urteil vom 27.8.2009). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, dass die Aufwendungen für die Unterkunft einer hilfebedürftigen Person, die mit nicht hilfebedürftigen, mit ihr verwandten oder verschwägerten Personen in Haushaltsgemeinschaft lebten, in einem Teil der angemessenen Aufwendungen bestünden, die für die Wohnung der Haushaltsgemeinschaft zu entrichten seien. Die Unterkunftskosten seien dabei nach Kopfzahlen - hier drei - aufzuteilen. Dies gelte auch dann, wenn tatsächliche Aufwendungen im Sinne der Erfüllung vertraglicher Verpflichtungen nicht bestünden.
- 4
-
Mit seiner Revision rügt der Beklagte eine Verletzung des § 3 Abs 1 Nr 2 GSiG sowie des § 42 Satz 1 Nr 2 SGB XII. Übernahmefähig seien danach nur tatsächliche Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, die der Klägerin nicht entstanden seien.
- 5
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Der Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG zurückzuweisen, soweit Kosten für Unterkunft und Heizung in der Zeit vom 1.1.2003 bis zum 31.1.2006 betroffen sind.
- 6
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Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
- 7
-
Sie hält die Auffassung des LSG für zutreffend.
Entscheidungsgründe
- 8
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Die Revision des Beklagten ist begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz
) . Das LSG hat zu Unrecht den Beklagten zur Zahlung anteiliger Aufwendungen für Unterkunft und Heizung verurteilt. Die Klägerin hat in dem streitigen Zeitraum von Januar 2003 bis Januar 2006 keinen Bedarf an Kosten der Unterkunft und Heizung, der von dem Beklagten zu decken war.
- 9
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Gegenstand des Verfahrens sind die Bescheide vom 15.9.2005, 16.9.2005 (zwei Bescheide) sowie die Änderungsbescheide vom 21.9.2005 und 2.12.2005, alle in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9.3.2006. Der ursprüngliche Bescheid vom 17.4.2003, mit dem Leistungen der Grundsicherung nach dem GSiG ab 1.1.2003 bewilligt wurden, ist - soweit es den streitbefangenen Zeitraum betrifft - durch die genannten Bescheide, die Gegenstand des Vorverfahrens nach § 86 SGG geworden sind, ersetzt worden. Gegenstand des Verfahrens ist, was vom LSG übersehen wurde, insoweit auch der Bescheid vom 2.12.2005, mit dem der Beklagte in Abänderung des Bescheids vom 15.9.2005 idF des Änderungsbescheids vom 21.9.2005 die Leistungen für den Monat Januar 2006 auf 28,26 Euro festgesetzt hat.
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Der Senat hat hinsichtlich der angegriffenen Bescheide nur über die Kosten von Unterkunft und Heizung zu entscheiden, nachdem die Klägerin den ursprünglichen Klagegegenstand, höhere Leistungen nach dem GSiG bzw SGB XII, durch ihren Antrag in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG auf die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung zulässigerweise (BSGE 103, 181 ff RdNr 13 = SozR 4-3500 § 42 Nr 2; zum Recht des SGB II: BSGE 97, 217 ff RdNr 18 ff = SozR 4-4200 § 22 Nr 1; BSGE 104, 41 ff RdNr 13 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23; BSG, Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 70/08 R - RdNr 10) beschränkt hat. Bei den Ansprüchen auf Leistungen für Unterkunft und Heizung handelt es sich um abtrennbare selbstständige Ansprüche (BSGE 97, 217 ff RdNr 18 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1; BSG, Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 70/08 R- RdNr 10). Dabei spielt es keine Rolle, dass eine ausdrückliche Ablehnung von Kosten für Unterkunft und Heizung in den angegriffenen Bescheiden im Sinne einer Verfügung fehlt, weil eine solche Ablehnung stillschweigend in den Bewilligungsbescheiden enthalten ist, sich hiergegen der Widerspruch richtete und in dem Widerspruchsbescheid vom 9.3.2006 ausdrücklich eine (den Widerspruch zurückweisende) Entscheidung über Kosten für Unterkunft und Heizung getroffen wurde.
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Mangels in Niedersachsen angeordneten Behördenprinzips (vgl § 70 Nr 3 SGG) richtet sich die Klage zu Recht gegen den Rechtsträger, hier den Landkreis Cuxhaven als sachlich (§ 1 des Niedersächsischen Gesetzes zur Ausführung des Gesetzes über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung
vom 20.11.2002 - GVBl 728 iVm § 4 Abs 1 und 3 GSiG; ab 1.1.2005 §§ 3 Abs 2, 97 SGB XII iVm dem Niedersächsischen Gesetz zur Ausführung des Zwölften Buchs des Sozialgesetzbuchs vom 16.12.2004 - GVBl 644) und örtlich (§ 4 Abs 1 GSiG; ab 1.1.2005 § 98 Abs 1 Satz 2 SGB XII) zuständigen Träger der Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem GSiG bzw nach dem SGB XII.
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Hieran ändert auch nichts, dass die Samtgemeinde Beverstedt die ursprüngliche Entscheidung über Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung getroffen hat; dies beruhte auf § 3 Nds AG-GSiG iVm § 4 des Niedersächsischen Gesetzes zur Ausführung des Bundessozialhilfegesetzes(vom 20.3.1997 - GVBl 85), wonach die Landkreise zur Durchführung der ihnen als Grundsicherungsträger obliegenden Aufgaben unter anderem Samtgemeinden heranziehen können. Hiervon hatte der Landkreis Cuxhaven in der Satzung über der Heranziehung der Gemeinden und Samtgemeinden des Landkreises Cuxhaven sowie der Stadt Langen zur Durchführung von Aufgaben nach dem Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung vom 18.12.2002 (Amtsblatt Landkreis Cuxhaven Nr 1 vom 2.1.2003) zunächst Gebrauch gemacht. Dabei kann dahinstehen, ob die Entscheidung der Samtgemeinde eigenverantwortlich in eigenem Namen oder in einem bloßen Auftragsverhältnis zum Landkreis erging; denn die Satzung vom 18.12.2002 trat nach § 7 Abs 2 Nr 2 der Satzung über die Heranziehung der Gemeinden und Samtgemeinden des Landkreises Cuxhaven sowie der Stadt Langen zur Durchführung von Aufgaben nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - vom 8.12.2004 (Amtsblatt Landkreis Cuxhaven Nr 48 vom 30.12.2004) am 1.1.2005 außer Kraft. Zwar sah die (neue) Satzung vom 8.12.2004 für Leistungen nach §§ 41 ff SGB XII die Heranziehung der Samtgemeinde Beverstedt ab 1.1.2005 vor (§ 1 der Satzung). Die mit der Satzung übertragenen Aufgaben wurden aber nach § 7 Abs 1 dieser Satzung ab dem 1.1.2006 wieder vom Landkreis Cuxhaven wahrgenommen.
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Wird ein Gesetz mit verwaltungsverfahrensrechtlichem Inhalt während des gerichtlichen Verfahrens geändert, so richtet sich der zeitliche Anwendungsbereich des Gesetzes nach allgemeinen Grundsätzen des intertemporalen Prozessrechts, sofern nicht ein verfassungskonform abweichender Geltungswille des Gesetzes festzustellen ist (BSG SozR 3-4100 § 152 Nr 7 S 17). Danach sind Änderungen des Verfahrensrechts - soweit nichts anderes vorgeschrieben - bei bereits anhängigen Verfahren zu beachten. Deshalb ist das ab 1.1.2006 geltende Recht anzuwenden.
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Ob die - vom LSG bejahten - Voraussetzungen für Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem GSiG bzw nach dem SGB XII für den streitigen Zeitraum gegeben sind, kann hier dahingestellt bleiben, weil ein Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung - auf den die Klage beschränkt wurde - unabhängig vom Vorliegen der übrigen Anspruchsvoraussetzungen schon mangels Bedarf ausscheidet. Nach § 3 Abs 1 Nr 2 GSiG umfasst die bedarfsorientierte Grundsicherung die angemessenen tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung. Eine entsprechende Regelung für die Zeit ab 1.1.2005 sieht § 42 Nr 2 SGB XII vor. Danach umfassen die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung die angemessenen tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung entsprechend § 29 SGB XII. Nach § 29 Abs 1 Satz 1 und Abs 3 Satz 1 werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in tatsächlicher Höhe erbracht.
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Nach den Feststellungen des LSG hat die Klägerin jedoch keine Aufwendungen für Unterkunft und Heizung. Insoweit kommt nach dem Wortlaut der genannten Bestimmungen nur die Berücksichtigung tatsächlich anfallender Kosten als die Hilfebedürftigkeit begründender Bedarf in Betracht (BSG SozR 4-4200 § 9 Nr 9 RdNr 14),wenn - wie hier - eine hilfebedürftige Person mit nichthilfebedürftigen verwandten oder verschwägerten Personen in Haushaltsgemeinschaft lebt. Die vom LSG herangezogene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG), die eine Aufteilung der Kosten für Unterkunft und Heizung nach Kopfteilen vorsah, trifft nicht den vorliegenden Sachverhalt. Dort hatte - anders als vorliegend - die Hilfebedürftige über ihren Kopfteil hinausgehende Kosten für Unterkunft und Heizung (BVerwGE 79, 17, 21 f). Die Kopfteilmethode kann deshalb insbesondere zur Vermeidung eines Missbrauchs ihre Rechtfertigung erhalten, wenn überhaupt Kosten der Unterkunft anfallen, insbesondere wenn auch die übrigen Mitglieder des Haushalts hilfebedürftig sind.
(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden abweichend von Satz 1 Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; § 35a Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt nur, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem Kapitel, dem Vierten Kapitel oder dem Zweiten Buch bezogen worden sind. Bei Leistungsberechtigten, die in den letzten zwei Jahren vor dem Bezug von Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel Leistungen nach dem Zweiten Buch bezogen haben, wird die nach § 22 Absatz 1 Satz 2 bis 4 des Zweiten Buches bereits in Anspruch genommene Karenzzeit für die weitere Dauer der Karenzzeit nach den Sätzen 2 bis 5 berücksichtigt.
(2) Der Träger der Sozialhilfe prüft zu Beginn der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 6 die Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung. Übersteigen die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang, teilt der Träger der Sozialhilfe dies den Leistungsberechtigten mit dem ersten Bewilligungsbescheid mit und unterrichtet sie über die Dauer der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 6 sowie über das Verfahren nach Ablauf der Karenzzeit nach Absatz 3 Satz 2.
(3) Übersteigen die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang, sind sie in tatsächlicher Höhe als Bedarf der Personen, deren Einkommen und Vermögen nach § 27 Absatz 2 zu berücksichtigen sind, anzuerkennen. Satz 1 gilt nach Ablauf der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 6 so lange, bis es diesen Personen möglich oder zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Eine Absenkung der nach Absatz 1 Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre. Stirbt ein Mitglied der Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar.
(4) Der Träger der Sozialhilfe kann für seinen örtlichen Zuständigkeitsbereich für die Höhe der Bedarfe für Unterkunft eine monatliche Pauschale festsetzen, wenn auf dem örtlichen Wohnungsmarkt hinreichend angemessener freier Wohnraum verfügbar und in Einzelfällen die Pauschalierung nicht unzumutbar ist. Bei der Bemessung der Pauschale sind die tatsächlichen Gegebenheiten des örtlichen Wohnungsmarkts, der örtliche Mietspiegel sowie die familiären Verhältnisse der Leistungsberechtigten, insbesondere Anzahl, Alter und Gesundheitszustand der in der Unterkunft lebenden Personen, zu berücksichtigen. Absatz 3 Satz 1 gilt entsprechend.
(5) Bedarfe für Heizung umfassen auch Aufwendungen für zentrale Warmwasserversorgung. Die Bedarfe können durch eine monatliche Pauschale festgesetzt werden. Bei der Bemessung der Pauschale sind die persönlichen und familiären Verhältnisse, insbesondere Anzahl, Alter und Gesundheitszustand der in der Unterkunft lebenden Personen, die Größe und Beschaffenheit der Wohnung, die vorhandenen Heizmöglichkeiten und die örtlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen.
(6) Leben Leistungsberechtigte in einer Unterkunft nach § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3, so sind Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach § 42a Absatz 5 und 6 anzuerkennen. Leben Leistungsberechtigte in einer sonstigen Unterkunft nach § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 3, so sind Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach § 42a Absatz 7 anzuerkennen. Für die Bedarfe nach den Sätzen 1 und 2 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 6 nicht.
(7) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 3 und § 35a Absatz 2 Satz 2 gelten entsprechend.
(8) § 22 Absatz 11 und 12 des Zweiten Buches gelten entsprechend.
(1) Leistungsberechtigt nach diesem Kapitel sind Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus Einkommen und Vermögen nach § 43 bestreiten können, wenn sie die Voraussetzungen nach Absatz 2, 3 oder 3a erfüllen.
(2) Leistungsberechtigt sind Personen nach Absatz 1 wegen Alters, wenn sie die Altersgrenze erreicht haben. Personen, die vor dem 1. Januar 1947 geboren sind, erreichen die Altersgrenze mit Vollendung des 65. Lebensjahres. Für Personen, die nach dem 31. Dezember 1946 geboren sind, wird die Altersgrenze wie folgt angehoben:
für den Geburtsjahrgang | erfolgt eine Anhebung um Monate | auf Vollendung eines Lebensalters von |
1947 | 1 | 65 Jahren und 1 Monat |
1948 | 2 | 65 Jahren und 2 Monaten |
1949 | 3 | 65 Jahren und 3 Monaten |
1950 | 4 | 65 Jahren und 4 Monaten |
1951 | 5 | 65 Jahren und 5 Monaten |
1952 | 6 | 65 Jahren und 6 Monaten |
1953 | 7 | 65 Jahren und 7 Monaten |
1954 | 8 | 65 Jahren und 8 Monaten |
1955 | 9 | 65 Jahren und 9 Monaten |
1956 | 10 | 65 Jahren und 10 Monaten |
1957 | 11 | 65 Jahren und 11 Monaten |
1958 | 12 | 66 Jahren |
1959 | 14 | 66 Jahren und 2 Monaten |
1960 | 16 | 66 Jahren und 4 Monaten |
1961 | 18 | 66 Jahren und 6 Monaten |
1962 | 20 | 66 Jahren und 8 Monaten |
1963 | 22 | 66 Jahren und 10 Monaten |
ab 1964 | 24 | 67 Jahren. |
(3) Leistungsberechtigt sind Personen nach Absatz 1 wegen einer dauerhaften vollen Erwerbsminderung, wenn sie das 18. Lebensjahr vollendet haben, unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Absatz 2 des Sechsten Buches sind und bei denen unwahrscheinlich ist, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann.
(3a) Leistungsberechtigt sind Personen nach Absatz 1, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, für den Zeitraum, in dem sie
- 1.
in einer Werkstatt für behinderte Menschen (§ 57 des Neunten Buches) oder bei einem anderen Leistungsanbieter (§ 60 des Neunten Buches) das Eingangsverfahren und den Berufsbildungsbereich durchlaufen oder - 2.
in einem Ausbildungsverhältnis stehen, für das sie ein Budget für Ausbildung (§ 61a des Neunten Buches) erhalten.
(4) Keinen Anspruch auf Leistungen nach diesem Kapitel hat, wer in den letzten zehn Jahren die Hilfebedürftigkeit vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat.
Der jeweils für die Ausführung des Gesetzes nach diesem Kapitel zuständige Träger ersucht den nach § 109a Absatz 2 des Sechsten Buches zuständigen Träger der Rentenversicherung, die medizinischen Voraussetzungen des § 41 Absatz 3 zu prüfen, wenn es auf Grund der Angaben und Nachweise des Leistungsberechtigten als wahrscheinlich erscheint, dass diese erfüllt sind und das zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen nicht ausreicht, um den Lebensunterhalt vollständig zu decken. Die Entscheidung des Trägers der Rentenversicherung ist bindend für den ersuchenden Träger, der für die Ausführung des Gesetzes nach diesem Kapitel zuständig ist; dies gilt auch für eine Entscheidung des Trägers der Rentenversicherung nach § 109a Absatz 3 des Sechsten Buches. Ein Ersuchen nach Satz 1 erfolgt nicht, wenn
- 1.
ein Träger der Rentenversicherung bereits die Voraussetzungen des § 41 Absatz 3 im Rahmen eines Antrags auf eine Rente wegen Erwerbsminderung festgestellt hat, - 2.
ein Träger der Rentenversicherung bereits nach § 109a Absatz 2 und 3 des Sechsten Buches eine gutachterliche Stellungnahme abgegeben hat, - 3.
Personen in einer Werkstatt für behinderte Menschen das Eingangsverfahren oder den Berufsbildungsbereich durchlaufen oder im Arbeitsbereich beschäftigt sind oder - 4.
der Fachausschuss einer Werkstatt für behinderte Menschen über die Aufnahme in eine Werkstatt oder Einrichtung eine Stellungnahme nach den §§ 2 und 3 der Werkstättenverordnung abgegeben und dabei festgestellt hat, dass ein Mindestmaß an wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung nicht vorliegt.
(1) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie
- 1.
teilweise erwerbsgemindert sind, - 2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und - 3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
(2) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie
- 1.
voll erwerbsgemindert sind, - 2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und - 3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
- 1.
Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, und - 2.
Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt.
(3) Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
(4) Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung verlängert sich um folgende Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind:
- 1.
Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, - 2.
Berücksichtigungszeiten, - 3.
Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Zeit nach Nummer 1 oder 2 liegt, - 4.
Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung.
(5) Eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit ist nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist.
(6) Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren und seitdem ununterbrochen voll erwerbsgemindert sind, haben Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie die Wartezeit von 20 Jahren erfüllt haben.
(1) Einzusetzen ist das gesamte verwertbare Vermögen.
(2) Die Sozialhilfe darf nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung
- 1.
eines Vermögens, das aus öffentlichen Mitteln zum Aufbau oder zur Sicherung einer Lebensgrundlage oder zur Gründung eines Hausstandes erbracht wird, - 2.
eines nach § 10a oder Abschnitt XI des Einkommensteuergesetzes geförderten Altersvorsorgevermögens im Sinne des § 92 des Einkommensteuergesetzes; dies gilt auch für das in der Auszahlungsphase insgesamt zur Verfügung stehende Kapital, soweit die Auszahlung als monatliche oder als sonstige regelmäßige Leistung im Sinne von § 82 Absatz 5 Satz 3 erfolgt; für diese Auszahlungen ist § 82 Absatz 4 und 5 anzuwenden, - 3.
eines sonstigen Vermögens, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks im Sinne der Nummer 8 bestimmt ist, soweit dieses Wohnzwecken von Menschen mit einer wesentlichen Behinderung oder einer drohenden wesentlichen Behinderung (§ 99 Absatz 1 und 2 des Neunten Buches) oder von blinden Menschen (§ 72) oder pflegebedürftigen Menschen (§ 61) dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde, - 4.
eines angemessenen Hausrats; dabei sind die bisherigen Lebensverhältnisse der nachfragenden Person zu berücksichtigen, - 5.
von Gegenständen, die zur Aufnahme oder Fortsetzung der Berufsausbildung oder der Erwerbstätigkeit unentbehrlich sind, - 6.
von Familien- und Erbstücken, deren Veräußerung für die nachfragende Person oder ihre Familie eine besondere Härte bedeuten würde, - 7.
von Gegenständen, die zur Befriedigung geistiger, insbesondere wissenschaftlicher oder künstlerischer Bedürfnisse dienen und deren Besitz nicht Luxus ist, - 8.
eines angemessenen Hausgrundstücks, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in den § 19 Abs. 1 bis 3 genannten Person allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll. Die Angemessenheit bestimmt sich nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zum Beispiel behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes, - 9.
kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geldwerte; dabei ist eine besondere Notlage der nachfragenden Person zu berücksichtigen, - 10.
eines angemessenen Kraftfahrzeuges.
(3) Die Sozialhilfe darf ferner nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Dies ist bei der Leistung nach dem Fünften bis Neunten Kapitel insbesondere der Fall, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde.
(1) Für den Einsatz des Einkommens sind die §§ 82 bis 84 und für den Einsatz des Vermögens die §§ 90 und 91 anzuwenden, soweit in den folgenden Absätzen nichts Abweichendes geregelt ist. Einkommen und Vermögen des nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners sowie des Partners einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft, die dessen notwendigen Lebensunterhalt nach § 27a übersteigen, sind zu berücksichtigen.
(2) Zusätzlich zu den nach § 82 Absatz 2 vom Einkommen abzusetzenden Beträgen sind Einnahmen aus Kapitalvermögen abzusetzen, soweit sie einen Betrag von 26 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigen.
(3) Die Verletztenrente nach dem Siebten Buch ist teilweise nicht als Einkommen zu berücksichtigen, wenn sie auf Grund eines in Ausübung der Wehrpflicht bei der Nationalen Volksarmee der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik erlittenen Gesundheitsschadens erbracht wird. Dabei bestimmt sich die Höhe des nicht zu berücksichtigenden Betrages nach der Höhe der Grundrente nach § 31 des Bundesversorgungsgesetzes, die für den Grad der Schädigungsfolgen zu zahlen ist, der der jeweiligen Minderung der Erwerbsfähigkeit entspricht. Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 20 Prozent beträgt der nicht zu berücksichtigende Betrag zwei Drittel, bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 10 Prozent ein Drittel der Mindestgrundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz.
(4) Erhalten Leistungsberechtigte nach dem Dritten Kapitel in einem Land nach § 29 Absatz 1 letzter Halbsatz und Absatz 2 bis 5 festgesetzte und fortgeschriebene Regelsätze und sieht das Landesrecht in diesem Land für Leistungsberechtigte nach diesem Kapitel eine aufstockende Leistung vor, dann ist diese Leistung nicht als Einkommen nach § 82 Absatz 1 zu berücksichtigen.
(5) § 39 Satz 1 ist nicht anzuwenden.
Die Bedarfe nach diesem Kapitel umfassen:
- 1.
die Regelsätze nach den Regelbedarfsstufen der Anlage zu § 28; § 27a Absatz 3 und Absatz 4 ist anzuwenden; § 29 Absatz 1 Satz 1 letzter Halbsatz und Absatz 2 bis 5 ist nicht anzuwenden, - 2.
die zusätzlichen Bedarfe nach dem Zweiten Abschnitt des Dritten Kapitels sowie Bedarfe nach § 42b, - 3.
die Bedarfe für Bildung und Teilhabe nach dem Dritten Abschnitt des Dritten Kapitels, ausgenommen die Bedarfe nach § 34 Absatz 7, - 4.
Bedarfe für Unterkunft und Heizung - a)
bei Leistungsberechtigten außerhalb von Einrichtungen nach § 42a, - b)
bei Leistungsberechtigten, deren notwendiger Lebensunterhalt sich nach § 27b Absatz 1 Satz 2 oder nach § 27c Absatz 1 Nummer 2 ergibt, in Höhe der nach § 45a ermittelten durchschnittlichen Warmmiete von Einpersonenhaushalten,
- 5.
ergänzende Darlehen nach § 37 Absatz 1 und Darlehen bei am Monatsende fälligen Einkommen nach § 37a.
(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden abweichend von Satz 1 Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; § 35a Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt nur, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem Kapitel, dem Vierten Kapitel oder dem Zweiten Buch bezogen worden sind. Bei Leistungsberechtigten, die in den letzten zwei Jahren vor dem Bezug von Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel Leistungen nach dem Zweiten Buch bezogen haben, wird die nach § 22 Absatz 1 Satz 2 bis 4 des Zweiten Buches bereits in Anspruch genommene Karenzzeit für die weitere Dauer der Karenzzeit nach den Sätzen 2 bis 5 berücksichtigt.
(2) Der Träger der Sozialhilfe prüft zu Beginn der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 6 die Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung. Übersteigen die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang, teilt der Träger der Sozialhilfe dies den Leistungsberechtigten mit dem ersten Bewilligungsbescheid mit und unterrichtet sie über die Dauer der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 6 sowie über das Verfahren nach Ablauf der Karenzzeit nach Absatz 3 Satz 2.
(3) Übersteigen die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang, sind sie in tatsächlicher Höhe als Bedarf der Personen, deren Einkommen und Vermögen nach § 27 Absatz 2 zu berücksichtigen sind, anzuerkennen. Satz 1 gilt nach Ablauf der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 6 so lange, bis es diesen Personen möglich oder zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Eine Absenkung der nach Absatz 1 Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre. Stirbt ein Mitglied der Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar.
(4) Der Träger der Sozialhilfe kann für seinen örtlichen Zuständigkeitsbereich für die Höhe der Bedarfe für Unterkunft eine monatliche Pauschale festsetzen, wenn auf dem örtlichen Wohnungsmarkt hinreichend angemessener freier Wohnraum verfügbar und in Einzelfällen die Pauschalierung nicht unzumutbar ist. Bei der Bemessung der Pauschale sind die tatsächlichen Gegebenheiten des örtlichen Wohnungsmarkts, der örtliche Mietspiegel sowie die familiären Verhältnisse der Leistungsberechtigten, insbesondere Anzahl, Alter und Gesundheitszustand der in der Unterkunft lebenden Personen, zu berücksichtigen. Absatz 3 Satz 1 gilt entsprechend.
(5) Bedarfe für Heizung umfassen auch Aufwendungen für zentrale Warmwasserversorgung. Die Bedarfe können durch eine monatliche Pauschale festgesetzt werden. Bei der Bemessung der Pauschale sind die persönlichen und familiären Verhältnisse, insbesondere Anzahl, Alter und Gesundheitszustand der in der Unterkunft lebenden Personen, die Größe und Beschaffenheit der Wohnung, die vorhandenen Heizmöglichkeiten und die örtlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen.
(6) Leben Leistungsberechtigte in einer Unterkunft nach § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3, so sind Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach § 42a Absatz 5 und 6 anzuerkennen. Leben Leistungsberechtigte in einer sonstigen Unterkunft nach § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 3, so sind Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach § 42a Absatz 7 anzuerkennen. Für die Bedarfe nach den Sätzen 1 und 2 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 6 nicht.
(7) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 3 und § 35a Absatz 2 Satz 2 gelten entsprechend.
(8) § 22 Absatz 11 und 12 des Zweiten Buches gelten entsprechend.
(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.
(1a) (weggefallen)
(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.
(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.
(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.
(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn
- 1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann, - 2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder - 3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.
(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn
- 1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen, - 2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen, - 3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder - 4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.
(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:
- 1.
den Tag des Eingangs der Klage, - 2.
die Namen und die Anschriften der Parteien, - 3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete, - 4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und - 5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.
(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.
(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.
(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden abweichend von Satz 1 Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; § 35a Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt nur, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem Kapitel, dem Vierten Kapitel oder dem Zweiten Buch bezogen worden sind. Bei Leistungsberechtigten, die in den letzten zwei Jahren vor dem Bezug von Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel Leistungen nach dem Zweiten Buch bezogen haben, wird die nach § 22 Absatz 1 Satz 2 bis 4 des Zweiten Buches bereits in Anspruch genommene Karenzzeit für die weitere Dauer der Karenzzeit nach den Sätzen 2 bis 5 berücksichtigt.
(2) Der Träger der Sozialhilfe prüft zu Beginn der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 6 die Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung. Übersteigen die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang, teilt der Träger der Sozialhilfe dies den Leistungsberechtigten mit dem ersten Bewilligungsbescheid mit und unterrichtet sie über die Dauer der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 6 sowie über das Verfahren nach Ablauf der Karenzzeit nach Absatz 3 Satz 2.
(3) Übersteigen die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang, sind sie in tatsächlicher Höhe als Bedarf der Personen, deren Einkommen und Vermögen nach § 27 Absatz 2 zu berücksichtigen sind, anzuerkennen. Satz 1 gilt nach Ablauf der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 6 so lange, bis es diesen Personen möglich oder zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Eine Absenkung der nach Absatz 1 Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre. Stirbt ein Mitglied der Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar.
(4) Der Träger der Sozialhilfe kann für seinen örtlichen Zuständigkeitsbereich für die Höhe der Bedarfe für Unterkunft eine monatliche Pauschale festsetzen, wenn auf dem örtlichen Wohnungsmarkt hinreichend angemessener freier Wohnraum verfügbar und in Einzelfällen die Pauschalierung nicht unzumutbar ist. Bei der Bemessung der Pauschale sind die tatsächlichen Gegebenheiten des örtlichen Wohnungsmarkts, der örtliche Mietspiegel sowie die familiären Verhältnisse der Leistungsberechtigten, insbesondere Anzahl, Alter und Gesundheitszustand der in der Unterkunft lebenden Personen, zu berücksichtigen. Absatz 3 Satz 1 gilt entsprechend.
(5) Bedarfe für Heizung umfassen auch Aufwendungen für zentrale Warmwasserversorgung. Die Bedarfe können durch eine monatliche Pauschale festgesetzt werden. Bei der Bemessung der Pauschale sind die persönlichen und familiären Verhältnisse, insbesondere Anzahl, Alter und Gesundheitszustand der in der Unterkunft lebenden Personen, die Größe und Beschaffenheit der Wohnung, die vorhandenen Heizmöglichkeiten und die örtlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen.
(6) Leben Leistungsberechtigte in einer Unterkunft nach § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3, so sind Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach § 42a Absatz 5 und 6 anzuerkennen. Leben Leistungsberechtigte in einer sonstigen Unterkunft nach § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 3, so sind Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach § 42a Absatz 7 anzuerkennen. Für die Bedarfe nach den Sätzen 1 und 2 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 6 nicht.
(7) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 3 und § 35a Absatz 2 Satz 2 gelten entsprechend.
(8) § 22 Absatz 11 und 12 des Zweiten Buches gelten entsprechend.
Tenor
-
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 26. August 2010 aufgehoben, soweit darin über Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung entschieden worden ist, und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stade vom 13. Dezember 2007 zurückgewiesen.
-
Außergerichtliche Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
- 1
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Im Streit sind (noch) Leistungen für Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 1.1. bis 31.12.2005 nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII).
- 2
-
Der 1980 geborene Kläger bezieht seit dem 1.1.2003 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, zunächst (bis 31.12.2004) nach dem Grundsicherungsgesetz (GSiG). Bei ihm sind ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 und die Nachteilsausgleiche "G", "H" und "RF" anerkannt. Er lebt gemeinsam mit seinem Vater in einem Reihenhaus; dieser ist Eigentümer des Hausgrundstücks und trägt hierfür die laufenden Kosten. Am 9.3.2005 schloss der Kläger, vertreten durch einen gesondert hierfür bestellten Ergänzungsbetreuer, mit seinem Vater ab 1.1.2005 einen Mietvertrag über einen Mietzins von 300 Euro zzgl einer Vorauszahlung für Heizung und Warmwasser in Höhe von 50 Euro monatlich ab. Dem Kläger waren zuvor ab 1.1. bis 31.12.2005 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII ohne Berücksichtigung von Kosten für Unterkunft und Heizung bewilligt worden (bestandskräftiger Bescheid vom 3.1.2005; Widerspruchsbescheid vom 7.3.2005). Kosten für Unterkunft und Heizung wurden nach Vorlage des Mietvertrages vom 9.3.2005 in einem Überprüfungsverfahren erneut für das Jahr 2005 abgelehnt (Bescheide vom 11.5.2005 und 8.8.2005; Widerspruchsbescheid nach Beteiligung sozial erfahrener Dritter vom 31.8.2005).
- 3
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Die Klage, mit der der Kläger ua Leistungen für Unterkunft und Heizung geltend gemacht hat, hat das Sozialgericht (SG) Stade abgewiesen (Urteil vom 13.12.2007), weil der Kläger keine Aufwendungen für Unterkunft und Heizung habe. Der Mietvertrag sei nur zu dem Zweck eingegangen worden, höhere Grundsicherungsleistungen zu erhalten und dem Vater des Klägers als Vermieter der Räumlichkeiten Einnahmen zukommen zu lassen; die geleisteten Mietzahlungen seien von den Vertragspartnern als rechtlich nicht verbindlich angesehen worden. Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen hat den Beklagten auf die Berufung des Klägers verurteilt, dem Kläger für den Zeitraum vom 1.1. bis 31.12.2005 Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der Hälfte der für das bewohnte Haus anfallenden angemessenen Unterkunfts- und Heizkosten zu zahlen (Urteil vom 26.8.2010). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, dem Kläger seien zwar keine Aufwendungen für Unterkunft und Heizung durch entsprechende Zahlungsverpflichtungen aus dem mit seinem Vater als Vermieter geschlossenen Mietvertrag entstanden, weil unter Würdigung der Gesamtumstände nicht die erforderliche Überzeugung habe gewonnen werden können, dass der Kläger ernstlichen Forderungen seines Vaters auf Zahlung der sich aus dem vorliegenden - nicht mit ernsthaftem Bindungswillen abgeschlossenen - Mietvertrag ergebenden Gesamtmonatsmiete ausgesetzt sei; jedoch bestünden die Aufwendungen für die Unterkunft einer hilfebedürftigen Person, die mit nicht hilfebedürftigen, mit ihr verwandten oder verschwägerten Personen in Haushaltsgemeinschaft lebten, in einem Teil der angemessenen Aufwendungen, die für die Wohnung der Haushaltsgemeinschaft zu entrichten seien. Die Unterkunftskosten seien dabei nach Personenzahl - hier zwei - aufzuteilen. Dies gelte auch dann, wenn - wie hier - tatsächliche Aufwendungen im Sinne der Erfüllung vertraglicher Verpflichtungen nicht bestünden.
- 4
-
Mit seiner Revision rügt der Beklagte eine Verletzung des § 42 Satz 1 Nr 2 SGB XII. Übernahmefähig seien danach nur tatsächliche Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, die dem Kläger jedoch nicht entstanden seien.
- 5
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Der Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG unter Zurückweisung der Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG aufzuheben, soweit darin über Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung entschieden worden ist.
- 6
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Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
- 7
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Er hält die Auffassung des LSG für zutreffend.
Entscheidungsgründe
- 8
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Die Revision des Beklagten ist begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz
) . Das LSG hat zu Unrecht den Beklagten zur Zahlung anteiliger Aufwendungen für Unterkunft und Heizung verurteilt. Der Kläger hat in dem streitigen Zeitraum von Januar bis Dezember 2005 keinen Bedarf an Kosten der Unterkunft und Heizung, der von dem Beklagten zu decken war.
- 9
-
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 8.8.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31.8.2005, soweit der Beklagte Kosten für Unterkunft und Heizung abgelehnt hat. Der zunächst als Bescheid nach § 44 Abs 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) ergangene Überprüfungsbescheid vom 11.5.2005, der die Aufhebung des hinsichtlich der Kosten für Unterkunft und Heizung belastenden Verwaltungsakts vom 3.1.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7.3.2005 abgelehnt hat, wurde nämlich durch den im laufenden Widerspruchsverfahren ergangenen Bescheid vom 8.8.2005 insgesamt ersetzt (§ 86 SGG). Mit diesem Bescheid hat der Beklagte der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 17.12.2003 - 5 C 25/02 -, Buchholz 436.0 § 76 BSHG Nr 38) Rechnung getragen, wonach Kindergeld, das an den Kindergeldberechtigten ausgezahlt wird, nicht als Einkommen des (erwachsenen) Kindes zu berücksichtigen ist und deshalb die Leistung für das gesamte Jahr 2005 neu festgesetzt. Damit hat sich auch der Bescheid vom 11.5.2005 erledigt (§ 39 Abs 2 SGB X), weil er hinsichtlich des neuerlichen Bewilligungsbescheides keine Wirkung mehr entfaltet. Dabei spielt es keine Rolle, dass eine ausdrückliche Ablehnung von Kosten für Unterkunft und Heizung zwar noch in dem Bescheid vom 11.5.2005, nicht mehr aber in dem nur noch streitbefangenen Bescheid vom 8.8.2005 im Sinne einer ausdrücklichen Verfügung enthalten war, weil eine solche Ablehnung stillschweigend auch dieser Bescheid erklärt, sich hiergegen der (aufrechterhaltende) Widerspruch richtete und in dem Widerspruchsbescheid vom 31.8.2005 auch ausdrücklich eine den Widerspruch zurückweisende Entscheidung über Kosten für Unterkunft und Heizung getroffen wurde. Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 SGG iVm § 56 SGG). Der Senat hat nur über die Kosten von Unterkunft und Heizung zu entscheiden. Das LSG hat in seinem Urteil die Zulassung der Revision zulässigerweise auf diesen abtrennbaren selbstständigen Anspruch (BSGE 97, 217 ff RdNr 18 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1; BSG, Urteil vom 14.4.2011 - B 8 SO 18/09 R - RdNr 10 mwN zum Recht Grundsicherung für Arbeitsuchende) beschränkt.
- 10
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Soweit der Zeitraum von Oktober bis Dezember 2005 betroffen ist, ist die Anfechtungsklage bereits unzulässig, weil der Bescheid vom 8.8.2005 durch einen weiteren, nach Klageerhebung (23.9.2005) am 4.10.2005 ergangenen Bescheid ersetzt wurde und sich insoweit - also bezogen auf den Zeitraum von Oktober bis Dezember 2005 - erledigt hat (siehe oben). Der Bescheid vom 4.10.2005, mit dem die Leistung für diesen Zeitraum wiederum neu geregelt wurde, ist zwar nach § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden. SG und LSG haben ihn allerdings faktisch nicht in das Verfahren einbezogen, was von dem Kläger und dem Beklagten im Revisionsverfahren nicht gerügt worden ist. Die Nichtbeachtung eines Folgebescheids im Sinne des § 96 SGG stellt keinen in der Revisionsinstanz fortwirkenden und dort von Amts wegen zu beachtenden Verfahrensmangel dar(stRspr; vgl nur BSG SozR 1500 § 53 Nr 2). Die auf den Zeitraum von Oktober bis Dezember 2005 gerichtete Leistungsklage ist damit andererseits unbegründet, weil der Bescheid vom 4.10.2005 mangels Verfahrensrüge bestandskräftig geworden ist (§ 77 SGG).
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Soweit es den (verbleibenden) Zeitraum von Januar bis September 2005 betrifft, misst sich die Begründetheit der Klage - anders als das LSG meint - nicht an § 44 Abs 1 SGB X. Zwar hat es im Hinblick auf den bestandskräftigen Bescheid vom 3.1.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7.3.2005 zu Recht angenommen, dass der zunächst ergangene Bescheid vom 11.5.2005 als Bescheid nach § 44 Abs 1 SGB X zu werten war, der Bescheid vom 3.1.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7.3.2005 wurde jedoch durch den im laufenden Widerspruchsverfahren ergangenen Bescheid vom 8.8.2005, der Leistungen für Unterkunft und Heizung für das Jahr 2005 ablehnt und damit die Möglichkeit zur Anfechtung neu eröffnet, insgesamt ersetzt (siehe oben).
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Ob die Anspruchsvoraussetzungen der §§ 19 Abs 2, 41 ff SGB XII(jeweils in der Fassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022) für den Zeitraum von Januar bis September 2005 gegeben sind, kann hier dahingestellt bleiben, weil ein Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung, auf den die Klage beschränkt wurde, schon mangels Bedarfs ausscheidet. Nach § 42 Satz 1 Nr 2 SGB XII(in der Fassung des Gesetzes vom 27.12.2003) umfassen die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung die angemessenen tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung entsprechend § 29 SGB XII(in der Fassung des Gesetzes vom 27.12.2003 bzw für die Zeit ab 30.3.2005 in der Fassung des Gesetzes zur Vereinfachung der Verwaltungsverfahren im Sozialrecht vom 21.3.2005 - BGBl I 818). Nach § 29 Abs 1 Satz 1 und Abs 3 Satz 1 SGB XII werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in tatsächlicher Höhe erbracht. Nach dem Wortlaut von § 42 Satz 1 Nr 2 iVm § 29 SGB XII kommt dabei nur die Berücksichtigung tatsächlich anfallender Kosten als Hilfebedürftigkeit begründender Bedarf in Betracht, wenn - wie hier - eine volljährige hilfebedürftige Person mit nicht hilfebedürftigen verwandten oder verschwägerten Personen in einer Haushaltsgemeinschaft zusammenlebt(BSG, Urteil vom 14.4.2011 - B 8 SO 18/09 R - RdNr 15; BSG SozR 4-4200 § 9 Nr 9 RdNr 14)und weder die Konstellation einer Bedarfsgemeinschaft nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) noch einer Einsatzgemeinschaft nach dem SGB XII noch einer sog gemischten Bedarfsgemeinschaft besteht, bei der mindestens eine Person dem System des SGB II und mindestens eine andere dem System des SGB XII zuzuordnen ist (BSGE 99, 131 ff RdNr 12 = SozR 4-3500 § 28 Nr 1).
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So liegt der Fall hier. Nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen, für den Senat bindenden (§ 163 SGG) tatsächlichen Feststellungen des LSG hatte der in Haushaltsgemeinschaft mit seinem Vater lebende volljährige Kläger keine Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, weil mangels Bindungswillens kein wirksamer Mietvertrag geschlossen wurde (§§ 117 Abs 1, 133 Bürgerliches Gesetzbuch) und auch nicht die erforderliche Überzeugung habe gewonnen werden können, dass der Kläger ernsthaften Forderungen seines Vaters ausgesetzt gewesen sei. Dem Senat ist es nicht gestattet, eine andere Würdigung der Umstände des Einzelfalls vorzunehmen, weil er hierdurch im Ergebnis entgegen §§ 162, 163 SGG eine eigene Beweiswürdigung vornehmen und Tatsachen feststellen würde(vgl nur BSG, Urteil vom 22.9.1981 - 1 RJ 42/80). Die Beweislast für das Entstehen von Aufwendungen trägt der Kläger.
(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden abweichend von Satz 1 Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; § 35a Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt nur, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem Kapitel, dem Vierten Kapitel oder dem Zweiten Buch bezogen worden sind. Bei Leistungsberechtigten, die in den letzten zwei Jahren vor dem Bezug von Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel Leistungen nach dem Zweiten Buch bezogen haben, wird die nach § 22 Absatz 1 Satz 2 bis 4 des Zweiten Buches bereits in Anspruch genommene Karenzzeit für die weitere Dauer der Karenzzeit nach den Sätzen 2 bis 5 berücksichtigt.
(2) Der Träger der Sozialhilfe prüft zu Beginn der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 6 die Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung. Übersteigen die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang, teilt der Träger der Sozialhilfe dies den Leistungsberechtigten mit dem ersten Bewilligungsbescheid mit und unterrichtet sie über die Dauer der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 6 sowie über das Verfahren nach Ablauf der Karenzzeit nach Absatz 3 Satz 2.
(3) Übersteigen die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang, sind sie in tatsächlicher Höhe als Bedarf der Personen, deren Einkommen und Vermögen nach § 27 Absatz 2 zu berücksichtigen sind, anzuerkennen. Satz 1 gilt nach Ablauf der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 6 so lange, bis es diesen Personen möglich oder zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Eine Absenkung der nach Absatz 1 Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre. Stirbt ein Mitglied der Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar.
(4) Der Träger der Sozialhilfe kann für seinen örtlichen Zuständigkeitsbereich für die Höhe der Bedarfe für Unterkunft eine monatliche Pauschale festsetzen, wenn auf dem örtlichen Wohnungsmarkt hinreichend angemessener freier Wohnraum verfügbar und in Einzelfällen die Pauschalierung nicht unzumutbar ist. Bei der Bemessung der Pauschale sind die tatsächlichen Gegebenheiten des örtlichen Wohnungsmarkts, der örtliche Mietspiegel sowie die familiären Verhältnisse der Leistungsberechtigten, insbesondere Anzahl, Alter und Gesundheitszustand der in der Unterkunft lebenden Personen, zu berücksichtigen. Absatz 3 Satz 1 gilt entsprechend.
(5) Bedarfe für Heizung umfassen auch Aufwendungen für zentrale Warmwasserversorgung. Die Bedarfe können durch eine monatliche Pauschale festgesetzt werden. Bei der Bemessung der Pauschale sind die persönlichen und familiären Verhältnisse, insbesondere Anzahl, Alter und Gesundheitszustand der in der Unterkunft lebenden Personen, die Größe und Beschaffenheit der Wohnung, die vorhandenen Heizmöglichkeiten und die örtlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen.
(6) Leben Leistungsberechtigte in einer Unterkunft nach § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3, so sind Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach § 42a Absatz 5 und 6 anzuerkennen. Leben Leistungsberechtigte in einer sonstigen Unterkunft nach § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 3, so sind Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach § 42a Absatz 7 anzuerkennen. Für die Bedarfe nach den Sätzen 1 und 2 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 6 nicht.
(7) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 3 und § 35a Absatz 2 Satz 2 gelten entsprechend.
(8) § 22 Absatz 11 und 12 des Zweiten Buches gelten entsprechend.
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
Tenor
-
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 27. August 2009 aufgehoben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stade vom 5. Januar 2007 zurückgewiesen, soweit Kosten für Unterkunft und Heizung in der Zeit vom 1. Januar 2003 bis zum 31. Januar 2006 betroffen sind.
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Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
- 1
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Im Streit sind (noch) Leistungen für Unterkunft und Heizung für den Zeitraum vom 1.1.2003 bis 31.12.2004 nach dem Grundsicherungsgesetz (GSiG) sowie für den Zeitraum vom 1.1.2005 bis 31.1.2006 nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII).
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Die 1969 geborene Klägerin ist schwerbehindert bei einem Grad der Behinderung (GdB) von 100. Bei ihr sind die Nachteilsausgleiche "G", "H" und "RF" festgestellt worden. Sie lebt bei ihren Eltern in deren Eigenheim, ohne dass ein (Unter-)Mietverhältnis begründet oder eine finanzielle Belastung der Klägerin an den Gesamtkosten der Unterkunft vereinbart worden wäre; vertragliche Verpflichtungen gegenüber Gemeinde, Energieversorger oder Versicherung im Zusammenhang mit Nebenkosten und Heizung sind von der Klägerin ebenfalls nicht aufzubringen. Ab 1.1.2003 bezog sie Leistungen nach dem GSiG und ab dem 1.1.2005 nach § 41 ff SGB XII(Bescheid vom 17.4.2003, 15.9.2005, zwei Bescheide vom 16.9.2005, Bescheide vom 21.9.2005 und 2.12.2005; Widerspruchsbescheid vom 9.3.2006 unter Beteiligung sozial erfahrener Dritter). Die Bewilligung von Leistungen für Unterkunft und Heizung lehnte der Beklagte dabei mit der Begründung ab, die Klägerin habe insoweit keine Aufwendungen.
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Die Klage, mit der die Klägerin unter anderem Leistungen für Unterkunft und Heizung geltend gemacht hat, hat das Sozialgericht (SG) Stade abgewiesen, weil die Klägerin keine Aufwendungen für Unterkunft und Heizung habe (Urteil vom 5.1.2007). Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen hat auf die Berufung der Klägerin den Beklagten verurteilt, "der Klägerin für die Zeit vom 1. Januar 2003 bis zum 31. Januar 2006 höhere Grundsicherungsleistungen für Aufwendungen für Unterkunft und Heizung zu zahlen, und zwar unter Berücksichtigung von einem Drittel der für das Haus L. anfallenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung" (Urteil vom 27.8.2009). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, dass die Aufwendungen für die Unterkunft einer hilfebedürftigen Person, die mit nicht hilfebedürftigen, mit ihr verwandten oder verschwägerten Personen in Haushaltsgemeinschaft lebten, in einem Teil der angemessenen Aufwendungen bestünden, die für die Wohnung der Haushaltsgemeinschaft zu entrichten seien. Die Unterkunftskosten seien dabei nach Kopfzahlen - hier drei - aufzuteilen. Dies gelte auch dann, wenn tatsächliche Aufwendungen im Sinne der Erfüllung vertraglicher Verpflichtungen nicht bestünden.
- 4
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Mit seiner Revision rügt der Beklagte eine Verletzung des § 3 Abs 1 Nr 2 GSiG sowie des § 42 Satz 1 Nr 2 SGB XII. Übernahmefähig seien danach nur tatsächliche Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, die der Klägerin nicht entstanden seien.
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Der Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG zurückzuweisen, soweit Kosten für Unterkunft und Heizung in der Zeit vom 1.1.2003 bis zum 31.1.2006 betroffen sind.
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Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Sie hält die Auffassung des LSG für zutreffend.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Beklagten ist begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz
) . Das LSG hat zu Unrecht den Beklagten zur Zahlung anteiliger Aufwendungen für Unterkunft und Heizung verurteilt. Die Klägerin hat in dem streitigen Zeitraum von Januar 2003 bis Januar 2006 keinen Bedarf an Kosten der Unterkunft und Heizung, der von dem Beklagten zu decken war.
- 9
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Gegenstand des Verfahrens sind die Bescheide vom 15.9.2005, 16.9.2005 (zwei Bescheide) sowie die Änderungsbescheide vom 21.9.2005 und 2.12.2005, alle in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9.3.2006. Der ursprüngliche Bescheid vom 17.4.2003, mit dem Leistungen der Grundsicherung nach dem GSiG ab 1.1.2003 bewilligt wurden, ist - soweit es den streitbefangenen Zeitraum betrifft - durch die genannten Bescheide, die Gegenstand des Vorverfahrens nach § 86 SGG geworden sind, ersetzt worden. Gegenstand des Verfahrens ist, was vom LSG übersehen wurde, insoweit auch der Bescheid vom 2.12.2005, mit dem der Beklagte in Abänderung des Bescheids vom 15.9.2005 idF des Änderungsbescheids vom 21.9.2005 die Leistungen für den Monat Januar 2006 auf 28,26 Euro festgesetzt hat.
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Der Senat hat hinsichtlich der angegriffenen Bescheide nur über die Kosten von Unterkunft und Heizung zu entscheiden, nachdem die Klägerin den ursprünglichen Klagegegenstand, höhere Leistungen nach dem GSiG bzw SGB XII, durch ihren Antrag in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG auf die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung zulässigerweise (BSGE 103, 181 ff RdNr 13 = SozR 4-3500 § 42 Nr 2; zum Recht des SGB II: BSGE 97, 217 ff RdNr 18 ff = SozR 4-4200 § 22 Nr 1; BSGE 104, 41 ff RdNr 13 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23; BSG, Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 70/08 R - RdNr 10) beschränkt hat. Bei den Ansprüchen auf Leistungen für Unterkunft und Heizung handelt es sich um abtrennbare selbstständige Ansprüche (BSGE 97, 217 ff RdNr 18 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1; BSG, Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 70/08 R- RdNr 10). Dabei spielt es keine Rolle, dass eine ausdrückliche Ablehnung von Kosten für Unterkunft und Heizung in den angegriffenen Bescheiden im Sinne einer Verfügung fehlt, weil eine solche Ablehnung stillschweigend in den Bewilligungsbescheiden enthalten ist, sich hiergegen der Widerspruch richtete und in dem Widerspruchsbescheid vom 9.3.2006 ausdrücklich eine (den Widerspruch zurückweisende) Entscheidung über Kosten für Unterkunft und Heizung getroffen wurde.
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Mangels in Niedersachsen angeordneten Behördenprinzips (vgl § 70 Nr 3 SGG) richtet sich die Klage zu Recht gegen den Rechtsträger, hier den Landkreis Cuxhaven als sachlich (§ 1 des Niedersächsischen Gesetzes zur Ausführung des Gesetzes über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung
vom 20.11.2002 - GVBl 728 iVm § 4 Abs 1 und 3 GSiG; ab 1.1.2005 §§ 3 Abs 2, 97 SGB XII iVm dem Niedersächsischen Gesetz zur Ausführung des Zwölften Buchs des Sozialgesetzbuchs vom 16.12.2004 - GVBl 644) und örtlich (§ 4 Abs 1 GSiG; ab 1.1.2005 § 98 Abs 1 Satz 2 SGB XII) zuständigen Träger der Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem GSiG bzw nach dem SGB XII.
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Hieran ändert auch nichts, dass die Samtgemeinde Beverstedt die ursprüngliche Entscheidung über Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung getroffen hat; dies beruhte auf § 3 Nds AG-GSiG iVm § 4 des Niedersächsischen Gesetzes zur Ausführung des Bundessozialhilfegesetzes(vom 20.3.1997 - GVBl 85), wonach die Landkreise zur Durchführung der ihnen als Grundsicherungsträger obliegenden Aufgaben unter anderem Samtgemeinden heranziehen können. Hiervon hatte der Landkreis Cuxhaven in der Satzung über der Heranziehung der Gemeinden und Samtgemeinden des Landkreises Cuxhaven sowie der Stadt Langen zur Durchführung von Aufgaben nach dem Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung vom 18.12.2002 (Amtsblatt Landkreis Cuxhaven Nr 1 vom 2.1.2003) zunächst Gebrauch gemacht. Dabei kann dahinstehen, ob die Entscheidung der Samtgemeinde eigenverantwortlich in eigenem Namen oder in einem bloßen Auftragsverhältnis zum Landkreis erging; denn die Satzung vom 18.12.2002 trat nach § 7 Abs 2 Nr 2 der Satzung über die Heranziehung der Gemeinden und Samtgemeinden des Landkreises Cuxhaven sowie der Stadt Langen zur Durchführung von Aufgaben nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - vom 8.12.2004 (Amtsblatt Landkreis Cuxhaven Nr 48 vom 30.12.2004) am 1.1.2005 außer Kraft. Zwar sah die (neue) Satzung vom 8.12.2004 für Leistungen nach §§ 41 ff SGB XII die Heranziehung der Samtgemeinde Beverstedt ab 1.1.2005 vor (§ 1 der Satzung). Die mit der Satzung übertragenen Aufgaben wurden aber nach § 7 Abs 1 dieser Satzung ab dem 1.1.2006 wieder vom Landkreis Cuxhaven wahrgenommen.
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Wird ein Gesetz mit verwaltungsverfahrensrechtlichem Inhalt während des gerichtlichen Verfahrens geändert, so richtet sich der zeitliche Anwendungsbereich des Gesetzes nach allgemeinen Grundsätzen des intertemporalen Prozessrechts, sofern nicht ein verfassungskonform abweichender Geltungswille des Gesetzes festzustellen ist (BSG SozR 3-4100 § 152 Nr 7 S 17). Danach sind Änderungen des Verfahrensrechts - soweit nichts anderes vorgeschrieben - bei bereits anhängigen Verfahren zu beachten. Deshalb ist das ab 1.1.2006 geltende Recht anzuwenden.
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Ob die - vom LSG bejahten - Voraussetzungen für Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem GSiG bzw nach dem SGB XII für den streitigen Zeitraum gegeben sind, kann hier dahingestellt bleiben, weil ein Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung - auf den die Klage beschränkt wurde - unabhängig vom Vorliegen der übrigen Anspruchsvoraussetzungen schon mangels Bedarf ausscheidet. Nach § 3 Abs 1 Nr 2 GSiG umfasst die bedarfsorientierte Grundsicherung die angemessenen tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung. Eine entsprechende Regelung für die Zeit ab 1.1.2005 sieht § 42 Nr 2 SGB XII vor. Danach umfassen die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung die angemessenen tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung entsprechend § 29 SGB XII. Nach § 29 Abs 1 Satz 1 und Abs 3 Satz 1 werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in tatsächlicher Höhe erbracht.
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Nach den Feststellungen des LSG hat die Klägerin jedoch keine Aufwendungen für Unterkunft und Heizung. Insoweit kommt nach dem Wortlaut der genannten Bestimmungen nur die Berücksichtigung tatsächlich anfallender Kosten als die Hilfebedürftigkeit begründender Bedarf in Betracht (BSG SozR 4-4200 § 9 Nr 9 RdNr 14),wenn - wie hier - eine hilfebedürftige Person mit nichthilfebedürftigen verwandten oder verschwägerten Personen in Haushaltsgemeinschaft lebt. Die vom LSG herangezogene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG), die eine Aufteilung der Kosten für Unterkunft und Heizung nach Kopfteilen vorsah, trifft nicht den vorliegenden Sachverhalt. Dort hatte - anders als vorliegend - die Hilfebedürftige über ihren Kopfteil hinausgehende Kosten für Unterkunft und Heizung (BVerwGE 79, 17, 21 f). Die Kopfteilmethode kann deshalb insbesondere zur Vermeidung eines Missbrauchs ihre Rechtfertigung erhalten, wenn überhaupt Kosten der Unterkunft anfallen, insbesondere wenn auch die übrigen Mitglieder des Haushalts hilfebedürftig sind.
Tenor
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Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 26. August 2010 aufgehoben, soweit darin über Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung entschieden worden ist, und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stade vom 13. Dezember 2007 zurückgewiesen.
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Außergerichtliche Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
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Im Streit sind (noch) Leistungen für Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 1.1. bis 31.12.2005 nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII).
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Der 1980 geborene Kläger bezieht seit dem 1.1.2003 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, zunächst (bis 31.12.2004) nach dem Grundsicherungsgesetz (GSiG). Bei ihm sind ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 und die Nachteilsausgleiche "G", "H" und "RF" anerkannt. Er lebt gemeinsam mit seinem Vater in einem Reihenhaus; dieser ist Eigentümer des Hausgrundstücks und trägt hierfür die laufenden Kosten. Am 9.3.2005 schloss der Kläger, vertreten durch einen gesondert hierfür bestellten Ergänzungsbetreuer, mit seinem Vater ab 1.1.2005 einen Mietvertrag über einen Mietzins von 300 Euro zzgl einer Vorauszahlung für Heizung und Warmwasser in Höhe von 50 Euro monatlich ab. Dem Kläger waren zuvor ab 1.1. bis 31.12.2005 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII ohne Berücksichtigung von Kosten für Unterkunft und Heizung bewilligt worden (bestandskräftiger Bescheid vom 3.1.2005; Widerspruchsbescheid vom 7.3.2005). Kosten für Unterkunft und Heizung wurden nach Vorlage des Mietvertrages vom 9.3.2005 in einem Überprüfungsverfahren erneut für das Jahr 2005 abgelehnt (Bescheide vom 11.5.2005 und 8.8.2005; Widerspruchsbescheid nach Beteiligung sozial erfahrener Dritter vom 31.8.2005).
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Die Klage, mit der der Kläger ua Leistungen für Unterkunft und Heizung geltend gemacht hat, hat das Sozialgericht (SG) Stade abgewiesen (Urteil vom 13.12.2007), weil der Kläger keine Aufwendungen für Unterkunft und Heizung habe. Der Mietvertrag sei nur zu dem Zweck eingegangen worden, höhere Grundsicherungsleistungen zu erhalten und dem Vater des Klägers als Vermieter der Räumlichkeiten Einnahmen zukommen zu lassen; die geleisteten Mietzahlungen seien von den Vertragspartnern als rechtlich nicht verbindlich angesehen worden. Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen hat den Beklagten auf die Berufung des Klägers verurteilt, dem Kläger für den Zeitraum vom 1.1. bis 31.12.2005 Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der Hälfte der für das bewohnte Haus anfallenden angemessenen Unterkunfts- und Heizkosten zu zahlen (Urteil vom 26.8.2010). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, dem Kläger seien zwar keine Aufwendungen für Unterkunft und Heizung durch entsprechende Zahlungsverpflichtungen aus dem mit seinem Vater als Vermieter geschlossenen Mietvertrag entstanden, weil unter Würdigung der Gesamtumstände nicht die erforderliche Überzeugung habe gewonnen werden können, dass der Kläger ernstlichen Forderungen seines Vaters auf Zahlung der sich aus dem vorliegenden - nicht mit ernsthaftem Bindungswillen abgeschlossenen - Mietvertrag ergebenden Gesamtmonatsmiete ausgesetzt sei; jedoch bestünden die Aufwendungen für die Unterkunft einer hilfebedürftigen Person, die mit nicht hilfebedürftigen, mit ihr verwandten oder verschwägerten Personen in Haushaltsgemeinschaft lebten, in einem Teil der angemessenen Aufwendungen, die für die Wohnung der Haushaltsgemeinschaft zu entrichten seien. Die Unterkunftskosten seien dabei nach Personenzahl - hier zwei - aufzuteilen. Dies gelte auch dann, wenn - wie hier - tatsächliche Aufwendungen im Sinne der Erfüllung vertraglicher Verpflichtungen nicht bestünden.
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Mit seiner Revision rügt der Beklagte eine Verletzung des § 42 Satz 1 Nr 2 SGB XII. Übernahmefähig seien danach nur tatsächliche Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, die dem Kläger jedoch nicht entstanden seien.
- 5
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Der Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG unter Zurückweisung der Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG aufzuheben, soweit darin über Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung entschieden worden ist.
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Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Er hält die Auffassung des LSG für zutreffend.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Beklagten ist begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz
) . Das LSG hat zu Unrecht den Beklagten zur Zahlung anteiliger Aufwendungen für Unterkunft und Heizung verurteilt. Der Kläger hat in dem streitigen Zeitraum von Januar bis Dezember 2005 keinen Bedarf an Kosten der Unterkunft und Heizung, der von dem Beklagten zu decken war.
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Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 8.8.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31.8.2005, soweit der Beklagte Kosten für Unterkunft und Heizung abgelehnt hat. Der zunächst als Bescheid nach § 44 Abs 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) ergangene Überprüfungsbescheid vom 11.5.2005, der die Aufhebung des hinsichtlich der Kosten für Unterkunft und Heizung belastenden Verwaltungsakts vom 3.1.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7.3.2005 abgelehnt hat, wurde nämlich durch den im laufenden Widerspruchsverfahren ergangenen Bescheid vom 8.8.2005 insgesamt ersetzt (§ 86 SGG). Mit diesem Bescheid hat der Beklagte der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 17.12.2003 - 5 C 25/02 -, Buchholz 436.0 § 76 BSHG Nr 38) Rechnung getragen, wonach Kindergeld, das an den Kindergeldberechtigten ausgezahlt wird, nicht als Einkommen des (erwachsenen) Kindes zu berücksichtigen ist und deshalb die Leistung für das gesamte Jahr 2005 neu festgesetzt. Damit hat sich auch der Bescheid vom 11.5.2005 erledigt (§ 39 Abs 2 SGB X), weil er hinsichtlich des neuerlichen Bewilligungsbescheides keine Wirkung mehr entfaltet. Dabei spielt es keine Rolle, dass eine ausdrückliche Ablehnung von Kosten für Unterkunft und Heizung zwar noch in dem Bescheid vom 11.5.2005, nicht mehr aber in dem nur noch streitbefangenen Bescheid vom 8.8.2005 im Sinne einer ausdrücklichen Verfügung enthalten war, weil eine solche Ablehnung stillschweigend auch dieser Bescheid erklärt, sich hiergegen der (aufrechterhaltende) Widerspruch richtete und in dem Widerspruchsbescheid vom 31.8.2005 auch ausdrücklich eine den Widerspruch zurückweisende Entscheidung über Kosten für Unterkunft und Heizung getroffen wurde. Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 SGG iVm § 56 SGG). Der Senat hat nur über die Kosten von Unterkunft und Heizung zu entscheiden. Das LSG hat in seinem Urteil die Zulassung der Revision zulässigerweise auf diesen abtrennbaren selbstständigen Anspruch (BSGE 97, 217 ff RdNr 18 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1; BSG, Urteil vom 14.4.2011 - B 8 SO 18/09 R - RdNr 10 mwN zum Recht Grundsicherung für Arbeitsuchende) beschränkt.
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Soweit der Zeitraum von Oktober bis Dezember 2005 betroffen ist, ist die Anfechtungsklage bereits unzulässig, weil der Bescheid vom 8.8.2005 durch einen weiteren, nach Klageerhebung (23.9.2005) am 4.10.2005 ergangenen Bescheid ersetzt wurde und sich insoweit - also bezogen auf den Zeitraum von Oktober bis Dezember 2005 - erledigt hat (siehe oben). Der Bescheid vom 4.10.2005, mit dem die Leistung für diesen Zeitraum wiederum neu geregelt wurde, ist zwar nach § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden. SG und LSG haben ihn allerdings faktisch nicht in das Verfahren einbezogen, was von dem Kläger und dem Beklagten im Revisionsverfahren nicht gerügt worden ist. Die Nichtbeachtung eines Folgebescheids im Sinne des § 96 SGG stellt keinen in der Revisionsinstanz fortwirkenden und dort von Amts wegen zu beachtenden Verfahrensmangel dar(stRspr; vgl nur BSG SozR 1500 § 53 Nr 2). Die auf den Zeitraum von Oktober bis Dezember 2005 gerichtete Leistungsklage ist damit andererseits unbegründet, weil der Bescheid vom 4.10.2005 mangels Verfahrensrüge bestandskräftig geworden ist (§ 77 SGG).
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Soweit es den (verbleibenden) Zeitraum von Januar bis September 2005 betrifft, misst sich die Begründetheit der Klage - anders als das LSG meint - nicht an § 44 Abs 1 SGB X. Zwar hat es im Hinblick auf den bestandskräftigen Bescheid vom 3.1.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7.3.2005 zu Recht angenommen, dass der zunächst ergangene Bescheid vom 11.5.2005 als Bescheid nach § 44 Abs 1 SGB X zu werten war, der Bescheid vom 3.1.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7.3.2005 wurde jedoch durch den im laufenden Widerspruchsverfahren ergangenen Bescheid vom 8.8.2005, der Leistungen für Unterkunft und Heizung für das Jahr 2005 ablehnt und damit die Möglichkeit zur Anfechtung neu eröffnet, insgesamt ersetzt (siehe oben).
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Ob die Anspruchsvoraussetzungen der §§ 19 Abs 2, 41 ff SGB XII(jeweils in der Fassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022) für den Zeitraum von Januar bis September 2005 gegeben sind, kann hier dahingestellt bleiben, weil ein Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung, auf den die Klage beschränkt wurde, schon mangels Bedarfs ausscheidet. Nach § 42 Satz 1 Nr 2 SGB XII(in der Fassung des Gesetzes vom 27.12.2003) umfassen die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung die angemessenen tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung entsprechend § 29 SGB XII(in der Fassung des Gesetzes vom 27.12.2003 bzw für die Zeit ab 30.3.2005 in der Fassung des Gesetzes zur Vereinfachung der Verwaltungsverfahren im Sozialrecht vom 21.3.2005 - BGBl I 818). Nach § 29 Abs 1 Satz 1 und Abs 3 Satz 1 SGB XII werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in tatsächlicher Höhe erbracht. Nach dem Wortlaut von § 42 Satz 1 Nr 2 iVm § 29 SGB XII kommt dabei nur die Berücksichtigung tatsächlich anfallender Kosten als Hilfebedürftigkeit begründender Bedarf in Betracht, wenn - wie hier - eine volljährige hilfebedürftige Person mit nicht hilfebedürftigen verwandten oder verschwägerten Personen in einer Haushaltsgemeinschaft zusammenlebt(BSG, Urteil vom 14.4.2011 - B 8 SO 18/09 R - RdNr 15; BSG SozR 4-4200 § 9 Nr 9 RdNr 14)und weder die Konstellation einer Bedarfsgemeinschaft nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) noch einer Einsatzgemeinschaft nach dem SGB XII noch einer sog gemischten Bedarfsgemeinschaft besteht, bei der mindestens eine Person dem System des SGB II und mindestens eine andere dem System des SGB XII zuzuordnen ist (BSGE 99, 131 ff RdNr 12 = SozR 4-3500 § 28 Nr 1).
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So liegt der Fall hier. Nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen, für den Senat bindenden (§ 163 SGG) tatsächlichen Feststellungen des LSG hatte der in Haushaltsgemeinschaft mit seinem Vater lebende volljährige Kläger keine Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, weil mangels Bindungswillens kein wirksamer Mietvertrag geschlossen wurde (§§ 117 Abs 1, 133 Bürgerliches Gesetzbuch) und auch nicht die erforderliche Überzeugung habe gewonnen werden können, dass der Kläger ernsthaften Forderungen seines Vaters ausgesetzt gewesen sei. Dem Senat ist es nicht gestattet, eine andere Würdigung der Umstände des Einzelfalls vorzunehmen, weil er hierdurch im Ergebnis entgegen §§ 162, 163 SGG eine eigene Beweiswürdigung vornehmen und Tatsachen feststellen würde(vgl nur BSG, Urteil vom 22.9.1981 - 1 RJ 42/80). Die Beweislast für das Entstehen von Aufwendungen trägt der Kläger.
(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.
(1a) (weggefallen)
(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.
(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.
(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.
(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn
- 1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann, - 2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder - 3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.
(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn
- 1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen, - 2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen, - 3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder - 4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.
(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:
- 1.
den Tag des Eingangs der Klage, - 2.
die Namen und die Anschriften der Parteien, - 3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete, - 4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und - 5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.
(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.
(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 12.06.2014 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten der Klägerin sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Leistungen für Unterkunft und Heizung ab dem 01.02.2012.
3Die am 00.00.1994 geborene Klägerin leidet nach den vorgelegten ärztlichen Unterlagen nach einer im Alter von 6 Monaten durchgeführten Hirnoperation an einem tetraspastischen Syndrom mit einer schweren generalisierten Dyston-dyskinetischen Bewegungsstörung aufgrund einer Stoffwechselerkrankung (Glutarazidurie Typ 1 / Störung des Lysin- und Hydroxylysinstoffewechsels). Bei ihr sind ein Grad der Behinderung von 100 mit den Nachteilsausgleichen "B, G, aG, H und RF" sowie die Pflegestufe III festgestellt worden. Mit Beschluss des Amtsgerichts C vom 31.01.2012 sind die Eltern der Klägerin zu ihren Betreuern in allen Angelegenheiten bestellt worden.
4Die Klägerin wohnt mit ihren Eltern gemeinsam in einem im Eigentum ihres Vaters stehenden Mehrfamilienhaus auf der L-str. 00 in der C Südstadt mit einer Gesamtwohnfläche von etwa 310 qm und einem Verkehrswert i.H.v. ca. 685.000 EUR (vgl. Verkehrswertgutachten Stand November 2011). Die Familie bewohnt das Erd- und Teile des 1. Obergeschosses des Hauses auf einer Wohnfläche von insgesamt ca. 130 qm. Im ersten Obergeschoss befinden sich zudem die vom Vater der Klägerin genutzten Kanzleiräume mit einer Fläche von 56 qm. Das 2. Obergeschoss und das Dachgeschoss mit einer Wohnfläche von insgesamt 124 qm sind an eine Wohngemeinschaft zu einem Nettokaltmietzins von jährlich 12.762 EUR vermietet. Das Grundstück hatte der Vater im Januar 1984 erworben und wohnte bis März 1997 zunächst mit der Familie im 2. Obergeschoss und dem ausgebauten Dachgeschoss, während er seine Kanzlei im ersten Obergeschoss betrieb und das Erdgeschoss an eine Steuerberatungsgesellschaft vermietet war. Aufgrund der mit der Erkrankung der Klägerin verbundenen Bewegungseinschränkungen entschloss sich die Familie, in das Erdgeschoss zu ziehen. Hierfür bauten die Eltern das Erdgeschoss und Teile des 1. Obergeschosses in den Jahren 1996/1997 behindertengerecht um und erweiterten das Haus mit einem Wintergarten und einem Anbau auf der Tiefparterre mit einem Obergeschoss zum Garten hin, wo sie im Jahre 2006 zusätzlich einen Aufzug einbauten. Aufgrund der auch im Zusammenhang mit dem Ausbau des Hauses verbundenen Kreditaufnahmen lasten auf dem Grundstück derzeit noch grundschuldgesicherte Bankverbindlichkeiten von etwa 89.677,34 EUR, für welche monatlich insgesamt 853,14 EUR für Zinsen und Tilgung aufgewendet werden. Im Jahr 2012 betrugen die Restschuld noch 128.000 EUR und die monatlich durchschnittlich zu entrichtenden Zinsen 418,48 EUR. Im Jahr 2011 waren nach Angaben der Eltern der Klägerin von ihnen Nebenkosten i.H.v. monatlich insgesamt 102,78 EUR zzgl. Strom- und Gaskosten von 101,11 EUR bzw. 125,22 EUR und damit insgesamt 329,11 EUR aufzuwenden.
5Die Klägerin wird von ihrer am 11.11.1957 geborenen Mutter in der gemeinsamen Wohnung gepflegt. Diese hatte ihren Beruf als Erzieherin für die Pflege der Klägerin aufgegeben. Seit 2009 bezieht sie eine Rente wegen voller Erwerbsminderung i.H.v. derzeit monatlich 1.022,43 EUR sowie eine Betriebsrente i.H.v. 194,48 EUR. Für die Klägerin wird Kindergeld i.H.v. 184 EUR gezahlt. Der am 06.08.1946 geborene Vater der Klägerin erhält eine Altersrente i.H.v. 183,52 EUR und geht weiterhin seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt nach, mit welcher er im Jahre 2012 ausweislich des vorgelegten Einkommensteuerbescheides Einkünfte i.H.v. 9.299 EUR erzielte. Die Klägerin besucht noch bis Juni 2015 die LVR Christophorus Schule. Nach einer von ihr vorgelegten Bescheinigung vom 15.11.2011 war zu diesem Zeitpunkt beabsichtigt, dass sie die Schule zum 31.07.2013 verlassen würde.
6Ende 2011 beantragten die Eltern der Klägerin erstmals für diese Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch (SGB XII) ab Februar 2012. Bis dahin hatte die Klägerin keine Leistungen der Sozialhilfe erhalten. Im Antragsformular vom 17.01.2012 gaben sie unter Punkt IIII "Angaben zur Wohnung" lediglich "Eigentum" und keine Unterkunftskosten für die Klägerin an. Nach einem in der Verwaltungsakte befindlichen Vermerk kontaktierte die zuständige Sachbearbeiterin der Beklagten den Vater der Klägerin am 30.01.2012 telefonisch und fragte bei diesem nach, ob von der Klägerin Kosten für Unterkunft und Heizung aufzubringen seien. Laut Vermerk antwortete dieser, dass kein Mietvertrag vorliege und auch der Abschluss eines Mietvertrages nicht beabsichtigt sei. Die Tochter wohne im Kinderzimmer und könne auch das Wohnzimmer nutzen. Ein entsprechendes Urteil des Bundessozialgerichts am 14.04.2011 zu Unterkunftskosten kenne er nicht, dieses könne auch nur falsch sein. Nach einem Vermerk über ein Telefonat vom 01.02.2012 teilte der Vater der Klägerin an diesem Tage mit, dass ein Mietvertrag mit seiner Tochter nun abgeschlossen werde. Schließlich erklärte der Vater in einem weiteren Telefongespräch vom 14.02.2012 ausweislich einer aktenkundigen Gesprächsnotiz, dass inzwischen eine Zusatzbetreuung eingerichtet worden sei und er nun einen Mietvertrag mit der Tochter abschließen wolle. In diesem Zusammenhang fragte der Vater nach, wie er den Mietvertrag aufteilen solle und was vom Sozialamt anerkannt werde. Die Tochter nutze ihr Kinderzimmer alleine und die restlichen Räume mit ihnen gemeinsam. Die Nachfrage, ob denn keine Erfahrungswerte über die Höhe der anzuerkennenden Mietkosten vorliegen würden, verneinte die Mitarbeiterin. Die Beklagte beauftragte in der Folge die Deutsche Rentenversicherung Rheinland gemäß § 45 SGB XII mit der Prüfung der Erwerbsfähigkeit bzw. der dauerhaften Erwerbsminderung der Klägerin. Diese teilte am 27.01.2012 mit, dass die Klägerin unabhängig von der Arbeitsmarktlage voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI und es unwahrscheinlich sei, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden könne.
7Mit Bescheid vom 10.02.2012 bewilligte die Beklagte der Klägerin Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII i.H.v. monatlich 349,83 EUR. Sie legte dabei einen Regelbedarf i.H.v. 299 EUR monatlich sowie einen Mehrbedarf wegen Erwerbsminderung i.H.v. 50,83 EUR zu Grunde. Der Bescheid enthielt den Hinweis der Beklagten, dass eine Entscheidung über die eventuell zu gewährenden anteiligen Leistungen für Unterkunft und Heizung erst bei Vorliegen eines Mietvertrages erfolgen könne.
8Mit Beschluss vom 20.03.2012 bestellte das Amtsgericht C den Zeugen Herrn Rechtsanwalt L zum Ergänzungsbetreuer mit dem Aufgabenkreis: Vertretung beim Abschluss eines Mietvertrages mit den Betreuern. Am 23.03.2012 schlossen die Eltern der Klägerin mit der durch den Ergänzungsbetreuer vertretenen Klägerin einen Mietvertrag über die ausschließliche und die anteilige Nutzung des Erdgeschosses unterseitig und des eingeschossigen Anbaus im Haus L-straße 00 mit einer Wohnfläche von insgesamt 46,35 m². Das Mietverhältnis sollte am 01.02.2012 beginnen und auf unbestimmte Dauer abgeschlossen werden. Es sollte mit dem Tag einer eventuell notwendigen dauerhaften Heimunterbringung der Klägerin enden, ohne dass es hierfür der Einhaltung einer gesetzlichen Kündigungsfrist bedarf. Als Kaltmiete vereinbarten die Parteien gemäß einer anliegenden Rechnung vom 14.02.2012 zur Ermittlung einer Vergleichsmiete 10,79 EUR pro Quadratmeter und damit 500,12 EUR. Als Anteil an den Kosten für Heizung und Warmwasser legten sie in Anlehnung an den Verbrauch für das Jahr 2011 66,60 EUR monatlich fest. Der Mietzins sollte zuzüglich der anteiligen Kosten für die Heizung und Warmwasserversorgung monatlich im Voraus, spätestens am dritten Werktag des Monats an den Vermieter gezahlt werden.
9Mit Bescheid vom 26.06.2012 lehnte die Beklagte den Antrag auf Übernahme der Kosten der Unterkunft und Heizung für die Klägerin ab. Zur Begründung führte sie aus, dass ein Anspruch auf Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen voraussetze, dass der Hilfebedürftige einer wirksamen und nicht dauerhaft gestundeten Mietzinsforderung ausgesetzt sei. Bei Verträgen unter nahen Angehörigen seien hohe Ansprüche an den Nachweis der Ernsthaftigkeit einer entsprechenden Mietzinsforderung zu stellen. Hierbei seien die näheren Umstände eines Vertragsabschlusses besonders sorgfältig zu untersuchen. Gerade dann, wenn nach Erreichen der Volljährigkeit des Kindes ein entsprechender Mietvertrag abgeschlossen werde, sich die Lebensumstände ansonsten aber nicht verändert hätten, spreche viel dafür, dass sich die tatsächlichen Wohnverhältnisse nicht ändern würden. Darüber hinaus habe der Vater der Klägerin zunächst auch telefonisch mitgeteilt, keinen Mietvertrag mit der Klägerin abgeschlossen zu haben und auch nicht zu beabsichtigen, einen solchen abzuschließen. Auch sei nicht nachvollziehbar, weshalb sich der Vater anschließend bei ihrer Mitarbeiterin darüber informiert habe, welche Miete vom Sozialamt akzeptiert werde. Die Klägerin entrichte zudem keinen Mietzins, da sie über kein eigenes Konto verfüge und auch nicht in der Lage sei, ein eigenes Konto zu führen.
10Die Klägerin legte gegen diesen Bescheid am 16.07.2012 über ihren Vater Widerspruch ein und machte geltend, dass sie nicht alleine in einem Zimmer schlafen könne, da sie sich infolge immer wieder auftretender Spasmen überstrecke und verbeiße und dann nicht mehr loslassen könne. Sie bedürfe einer "Rund um die Uhr-Betreuung" und könne keine Minute alleine gelassen werden. Insofern hätten sich die Eltern entschlossen, die Parterre des Hauses behindertengerecht umzubauen, das Schlafzimmer der Eltern in die erste Etage des neuen Anbaus zu verlegen und mit einem entsprechenden Aufzug für sie zugänglich zu machen. Sie hätten sämtliche Räume behindertengerecht umgebaut; insofern hätten sich die Wohnverhältnisse infolge ihrer Erkrankung erheblich verändert. Tatsächlich habe bei der Beantragung noch kein Mietvertrag vorgelegen und sei auch deshalb nicht beabsichtigt gewesen, weil ein solcher Mietvertrag nach der den Eltern bislang bekannten höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht notwendig gewesen sei. Aufgrund der zwischenzeitlich geänderten Rechtsprechung habe man diesem Umstand Rechnung tragen wollen und nach Bestellung eines Ergänzungspflegers einen solchen Mietvertrag geschlossen. Die Eltern hätten auch dann einen solchen Mietvertrag mit ihr geschlossen, wenn sie trotz ihrer Schwerbehinderung nach ihrem 18. Lebensjahr in der Lage gewesen wäre, eigenes Einkommen zu erzielen. Aufgrund der umfangreichen Umbaumaßnahmen hätten ihre Eltern sie nicht ab Vollendung des 18. Lebensjahres mietfrei wohnen lassen. Es sei auch nicht verständlich, dass sie ein eigenes Konto benötige, wenn sie über kein eigenes Vermögen und keine eigenen Einkünfte verfüge. Schließlich sei der Mietvertrag mit dem für sie handelnden Ergänzungsbetreuer geschlossen worden, welcher über alle Einzelheiten und die äußeren Umstände umfassend informiert gewesen sei und den Vertragsschluss ernsthaft gewollt habe. Dies werde auch an seinem an das Amtsgericht C verfassten Schreiben vom 23.03.2012 über die Umstände des Mietvertragsschlusses deutlich.
11Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin nach Anhörung sozial erfahrener Personen gemäß § 116 SGB XII mit Widerspruchsbescheid vom 22.01.2013 als unbegründet zurück. Sie gab zur Begründung an, dass aufgrund des vorliegenden Sachverhalts nicht von einer Ernsthaftigkeit der Mietforderung ausgegangen werden könne.
12Die Klägerin hat am 22.02.2013 vor dem Sozialgericht Köln Klage erhoben.
13Sie hat geltend gemacht, dass die Zweifel an der Ernsthaftigkeit des am 23.2.2012 abgeschlossenen Mietvertrages unbegründet seien, da der Abschluss des Mietvertrages sowohl von Seiten ihrer Eltern als auch vom Ergänzungsbetreuer ernsthaft gewollt sei. Dies ergebe sich schon aus dem vom Ergänzungsbetreuer an das Amtsgericht C verfassten Schreiben, mit welchem dieser das Amtsgericht über alle Einzelheiten der Angelegenheit umfassend informiert habe. Sie habe keine Kopf- und Rumpfkontrolle mehr und könne nicht essen und sprechen, sei inkontinent und spastisch. Zwar sei sie nicht geistig behindert, aber aufgrund ihrer totalen körperlichen Beeinträchtigungen retardiert entwickelt. Sie könne nicht längere Zeit in einem Rollstuhl sitzend verbringen und verbringe die meiste Zeit liegend auf einer Matte, teilweise auch in der Schule. Sie besuche weiter die Sonderschule des LVR in C. Für die Schuljahre 2012/2013 und auch 2013/2014 seien Anträge auf Verlängerung der Schulzeit gestellt worden, welchen entsprochen worden sei. Die bis zum Bundesgerichtshof verfolgten Schadensersatzklagen wegen ärztlicher Behandlungsfehler seien abgewiesen worden, da die Zivilrichter davon ausgegangen seien, dass es sich nicht um einen "groben" Behandlungsfehler gehandelt habe. Die vorgenommene umfassende Renovierung sowie der Anbau mit einem Obergeschoss seien alleine aufgrund ihrer Erkrankung erfolgt, damit sie alle Räume der Wohnung nutzen könne. Ihr Vater sei im Jahr 2004 an Borreliose erkrankt und seitdem nur noch äußerst eingeschränkt in der Lage, seine Anwaltskanzlei im ersten Obergeschoss des Hauses zu betreiben. Während beim Kauf des Hauses die als Altersversorgung abgeschlossenen Kapitallebensversicherungen bei weitem ausgereicht hätten, seien diese jedoch aufgrund der weiteren Kapitalaufnahmen für den behindertengerechten Ausbau der Wohnung mehr als aufgezehrt. Aufgrund der nach Eintritt der Behinderung der Klägerin weiter aufgenommenen Kredite bestünden noch heute mit Grundschulden gesicherte Bankverbindlichkeiten von über 100.000 EUR. Der noch laufende Kreditvertrag sei bis 2017 abgeschlossen und müsse dann entweder abgelöst oder verlängert werden. Sämtliche anderen Kredite seien vom Vater nach Vollendung seines 65. Lebensjahres im Jahre 2011 durch fällig gewordene Kapitallebensversicherungen abgelöst worden. Die noch laufende monatliche Kreditbelastung betrage 853,14 EUR. Aufgrund der seit dem Jahre 2004 bestehenden körperlichen und kognitiven Beeinträchtigungen des Vaters werfe die Anwaltskanzlei nur noch so geringe Erträge ab, dass die monatlichen Einnahmen schon jetzt kaum noch ausreichen würden, um die monatlichen Belastungen zu tragen. Deshalb müsse der Vater die Kanzlei in naher Zukunft aufgeben. Ohne ihre Beteiligung an den Unterkunftskosten müssten die Eltern auch das Haus verkaufen und mit ihr in eine behindertengerechte Wohnung ziehen, die sie mit dem Verkaufserlös nicht lange würden halten können. Sie sei ernsthaft gewillt, die vereinbarte Miete zu zahlen. Mietzahlungen seien bislang deshalb nicht erfolgt, weil dafür zurzeit keine ausreichenden finanziellen Mittel zur Verfügung stünden. Ihre Eltern würden ebenfalls den vereinbarten Mietvertrag vollziehen wollen. Es entspreche auch allgemeiner Praxis, von erwachsenen Kindern, die im Haushalt ihrer Eltern leben, einen Betrag zu den Unterkunftskosten zu fordern. Auch Eltern, deren nicht behinderte Kinder als Erwachsene noch zuhause lebten, würden von diesen erwarten, dass sie sich an den Kosten der Unterkunft beteiligten. Etwas anderes könne für erwachsene Kinder mit einer Erwerbsminderung nicht gelten. Es könne gerade aufgrund der sich ständig verändernden Einnahmen der Eltern und der eigens für sie aufgenommenen erheblichen langfristigen Belastungen nicht von den Eltern erwartet werden, dass diese sie kostenlos im eigenen Haus wohnen ließen. Darüber hinaus würden die Mietzinszahlungen auch den Eltern die Möglichkeit geben, sie zuhause zu betreuen und eine kostenintensivere stationäre Unterbringung, einen Verkauf des Hauses und den Eintritt einer dann absehbaren Altersarmut zu vermeiden. Darüber hinaus sichere die Zahlung von Unterkunftskosten auch ihre unabhängige Existenz.
14Die Klägerin hat beantragt,
15das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 12.06.2014 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 26.06.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.01.2013 zu verurteilen, ihr ab dem 01.02.2012 Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 566,72 Euro zu zahlen.
16Die Beklagte hat beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Sie hat macht geltend gemacht, dass sich die anzuerkennenden monatlichen Kosten für das gesamte Haus auf 556,71 EUR für Zinszahlungen, 176,25 EUR für Abgaben und 72,15 EUR für Versicherungen und damit auf insgesamt 805,06 EUR belaufen würden. Bezogen auf den Wohnflächenanteil der Familie der Klägerin ergebe sich daraus ein Kostenanteil von 334,61 EUR. Es sei auch nicht allgemeine Praxis, dass Kinder, die im Haushalt ihrer Eltern leben, einen Beitrag zu den Unterkunftskosten für das von ihnen weiter bewohnte Kinderzimmer zu zahlen hätten. Etwas anderes könne ggf. angenommen werden, wenn die Kinder aufgrund ihrer Volljährigkeit eine Einliegerwohnung bewohnen würden, welche bei Auszug des Kindes fremdvermietet werden könne.
19Das Sozialgericht Köln hat die Klage mit Urteil vom 12.06.2014 abgewiesen.
20In Anwendung der vom Bundessozialgericht entwickelten Maßstäbe hätten volljährige hilfebedürftige Personen, die mit nicht hilfebedürftigen verwandten oder verschwägerten Personen in einer Haushaltsgemeinschaft zusammen leben, und weder die Konstellation einer Bedarfsgemeinschaft nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II), noch einer Einsatzgemeinschaft nach dem SGB XII, noch einer so genannten gemischten Bedarfsgemeinschaft vorliege, lediglich einen Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung, wenn sie einer rechtswirksamen, ernsthaften Pflicht zur Tragung entsprechender Kosten ausgesetzt seien. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Zwar habe die Klägerin vertreten durch den Ergänzungsbetreuer mit ihren Eltern einen rechtswirksamen Mietvertrag abgeschlossen, da keine Anhaltspunkte für die Annahme eines Scheingeschäfts gemäß § 117 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) vorliegen würden. Der Ergänzungsbetreuer sei, wie sich aus seiner Korrespondenz mit dem Amtsgerichts C ergebe, vom Abschluss eines rechtswirksamen Mietvertrages ausgegangen. Allerdings setze der Anspruch auf Unterkunftskosten weiter voraus, dass es sich um eine sozial wirksame Forderung handele, was bei Verträgen unter nahen Angehörigen eine differenzierte Betrachtung erfordere. Dagegen spreche hier, dass der Vater und Betreuer der Klägerin noch im Januar 2012 die Ansicht vertreten habe, dass eine mietvertragliche Regelung nicht bestehe und auch nicht geschlossen werden solle. Erst nach der Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei ein Mietvertrag geschlossen worden, was sich auch daraus ergebe, dass der Mietvertrag der Eltern alleine mit Blick auf einen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen und nicht zur Begründung davon unabhängiger Mietverbindlichkeiten der Klägerin abgeschlossen worden sei. Darüber hinaus würden für den Abschluss eines Mietvertrages gerade zum 01.02.2012 unabhängig von der zu diesem Zeitpunkt eingetretenen Volljährigkeit der Klägerin keine Gesichtspunkte sprechen. Sowohl die Wohn- als auch die sonstige Lebensverhältnisse der Klägerin seien unverändert geblieben. Gleiches gelte für die wirtschaftlichen Verhältnisse der Eltern. Unverändert sei auch die wirtschaftliche Belastung der Eltern aufgrund der bereits in den Jahren 1996/1997 realisierten Baumaßnahmen gewesen. Ferner ändere auch die Volljährigkeit der Klägerin nichts an der Unterhaltsverpflichtung der Eltern gegenüber der Klägerin, welche bereits durch die Übernahme des Regelbedarfes ab dem 01.02.2012 entlastet würden. Schließlich entspreche es auch nicht der Üblichkeit, dass Eltern von ihren Kindern ohne eigenes Einkommen ab Vollendung des 18. Lebensjahres eine Beteiligung an den Kosten des Eigenheims verlangen. Selbst bei gerade volljährig gewordenen Kindern mit eigenem Einkommen dürfte dies eher die Ausnahme als die Regel sein. Dabei sei zu berücksichtigen, dass es sich bei den vermieteten Räumlichkeiten um nicht abtrennbare Teile der elterlichen Wohnung handele, welche für den Fall, dass die Klägerin die elterliche Wohnung verlasse, nicht getrennt vermietet werden könnten. Auch sei die Höhe des vereinbarten Mietzinses erkennbar nicht in Ansehung des auf dem Markt für das Mietobjekt konkret erzielbaren Mietzinses vereinbart worden, wie dies bei einer sozial wirksame Mietvereinbarung zu erwarten gewesen wäre. So sei die Orientierung an den entsprechenden formalen, im Mietspiegel festgelegten Kriterien nicht sachgerecht, da sich diese auf abgeschlossene Wohneinheiten bezögen und nicht auf die Wohnung der Klägerin und ihrer Eltern.
21Die Klägerin hat gegen das am 29.06.2014 zugestellte Urteil des Sozialgerichts am 24.07.2014 Berufung eingelegt. Ergänzend führt sie aus, dass ab dem 01.11.2014 ein weiteres Darlehen i.H.v. 50.000 EUR für erforderliche Reparaturmaßnahmen an der Heizungsanlage, Fenster des Hauses sowie die Rückführung des ausgeschöpften Kontokorrentrahmens der beiden Geschäftskonten des Vaters habe aufgenommen werden müssen. Dies wäre nicht erforderlich gewesen, wenn die Beklagte antragsgemäß seit Februar 2012 auch den Bedarf für den eigens für die Klägerin hergerichteten Wohnraum berücksichtigt hätte. Ihre Eltern seien sehr wohl auf Mietzahlungen angewiesen. Die Einnahmen des Vaters würden sich zunehmend verringern. Bei ihm sei 2004 gutachterlich eine Berufsunfähigkeit von 70 % festgestellt worden. Ihr Vater habe sich mit 65 nicht wie geplant zur Ruhe setzen können, da er aufgrund der weiterhin bestehenden Kreditverbindlichkeiten auf weitere Einnahmen aus seiner Anwaltstätigkeit angewiesen sei. Ansonsten hätte er schon 2011 das Haus verkaufen müssen. Es könnten nicht allein diejenigen Hilfebedürftigen Leistungen beanspruchen, deren Eltern bereit seien, sie bei Ausbleiben der Mietzinszahlungen auf die Straße zu setzen. Würde man jeden Mietvertrag, der anlässlich eines Antrages auf Grundsicherungsleistungen nach dem Vierten Kapitel geschlossen werde, als sittenwidrig bzw. nicht ernsthaft gewollt ansehen, sei es hilfebedürftigen Personen, die erst nach der maßgeblichen Entscheidung des Bundessozialgerichts volljährig geworden seien, nahezu unmöglich, einen Anspruch auf Leistungen für Kosten der Unterkunft durchzusetzen.
22Die Klägerin beantragt,
23das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 12.06.2014 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 26.06.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.01.2013 zu verurteilen, ihr ab dem 01.02.2012 Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 566,72 Euro zu zahlen.
24Die Beklagte beantragt,
25die Berufung zurückzuweisen.
26Die Beklagte verweist ergänzend darauf, dass auch aufgrund der Tatsache, dass die Eltern das Mietverhältnis trotz der aufgelaufenen Mietrückstände von bislang über 20.000 EUR noch nicht gekündigt hätten, nicht von einem ernsthaften Vertragsschluss ausgegangen werden könne.
27Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 19.03.2015 Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Zeugen Rechtsanwalt L. Für das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift, Bl. 214 ff. der Prozessakten, verwiesen. Für die übrigen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streit- und die beigezogene Verwaltungsakte sowie die darin enthaltenen Schriftsätze, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung geworden sind, Bezug genommen.
28Entscheidungsgründe:
29I. Die Berufung ist zulässig.
30Gegenstand des Berufungsverfahren ist alleine der die Bewilligung von Leistungen für Unterkunft und Heizung ablehnende Bescheid der Beklagten vom 26.06.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.01.2013 (§ 95 SGG). Bei den Kosten für Unterkunft und Heizung handelt es sich um einen selbstständigen Anspruch, der durch einen selbstständigen Verfügungssatz geregelt wird und dementsprechend auch alleiniger, selbstständiger Gegenstand einer Klage sein kann (vgl. Bundessozialgericht, Urt. v. 14.04.2011 - B 8 SO 18/09 R -, juris Rn. 10). Die Beklagte hatte der Klägerin zunächst mit einem gesondertem Bescheid vom 10.02.2012 Leistungen in Höhe der Regelbedarfsstufe 3 sowie eines Mehrbedarfs wegen ihrer Behinderung bewilligt und ausdrücklich noch keine Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen für Unterkunft und Heizung getroffen. Dagegen betraf der angegriffene Bescheid lediglich die Ablehnung von Leistungen für Unterkunft und Heizung, die damit alleiniger Klagegegenstand geworden sind.
31In zeitlicher Hinsicht ist bei der hier vorliegenden zeitlich unbefristeten Ablehnung grundsätzlich der gesamte Zeitraum bis zur letzten mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren Gegenstand des Rechtsstreits (Bundessozialgericht, Urt. v. 11.12.2007 - B 8/9b SO 12/06 R -, juris Rn. 8 m.w.N; Urt. v. 25.08.2011 - B 8 SO 19/10 R -, juris Rn. 9). Eine den Streitgegenstand in zeitlicher Hinsicht beschränkende prozessuale Erklärung liegt nicht vor (vgl. dazu Bundessozialgericht, Urt. v. 18.03.2008 - B 8/9b SO 11/06 R -, juris Rn. 10; Urt. v. 09.06.2011 - B 8 SO 11/10 R -, juris Rn. 10).
32II. Die Berufung ist jedoch unbegründet. Zutreffend hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die von der Klägerin erhobene Klage ist zulässig, aber unbegründet.
331. Das Begehren der Klägerin, mit welchem sie sich gegen die vollständige Ablehnung von Leistungen für Unterkunft und Heizung wendet, ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1 und Abs. 4 und § 56 SGG) statthaft (vgl. Bundessozialgericht, Urt. v. 25.08.2011 - B 8 SO 19/10 R -, juris Rn. 9). Richtiger Klagegegner (§ 70 Nr. 1 SGG) ist die Stadt C; das Vorverfahren nach § 78 Abs. 1 S. 1 SGG wurde ordnungsgemäß durchgeführt. Die erforderliche beratende Beteiligung sozial erfahrener Dritter (§ 116 Abs. 2 SGB XII) hat stattgefunden.
342. Die Klage ist nicht begründet. Die Klägerin ist durch den angegriffenen Bescheid der Beklagten vom 26.6.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.1.2013 nicht beschwert im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Der Bescheid ist rechtmäßig.
35a) Der Bescheid vom 26.06.2012 ist formell rechtmäßig. Insbesondere war die Beklagte für den Erlass des Bescheides sachlich und örtlich zuständig.
36Die sachliche Zuständigkeit des örtlichen Trägers der Sozialhilfe folgt aus § 97 Abs. 1 SGB XII. Eine vorrangige Zuständigkeit des überörtlichen Trägers nach Landesrecht (§ 97 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 2 der Ausführungsverordnung zum SGB XII des Landes Nordrhein-Westfalen) besteht nicht. Zuständiger örtlicher Träger der Sozialhilfe ist die Beklagte als nicht kreisangehörige Stadt gem. § 1 Abs. 1 Ausführungsgesetz zum SGB XII des Landes Nordrhein-Westfalen (AG-SGB XII NRW). Die örtliche Zuständigkeit der Beklagten folgt aus § 98 Abs. 1 Satz 2 SGB XII. Die Klägerin hatte während des streitigen Zeitraumes ihren gewöhnlichen Aufenthalt (§ 30 Abs. 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil) durchgehend im Haus ihres Vaters in C.
37b) Der angefochtene Bescheid ist auch materiell rechtmäßig.
38Es kann davon ausgegangen werden, dass die Klägerin ab dem 01.02.2012 dem Grunde nach die Anspruchsvoraussetzungen der §§ 19 Abs. 2, 41 ff. SGB XII erfüllt. Die Klägerin gehört dem Personenkreis des § 41 Abs. 1 und Abs. 3 SGB XII an. Die DRV Rheinland hat im Verfahren nach § 45 SGB XII festgestellt, dass die Klägerin seit jeher voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI ist. Es gibt für den Senat angesichts der von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Unterlagen keine Veranlassung, diese Einschätzung in Frage zu stellen. Die Klägerin verfügt auch über kein eigenes Einkommen und Vermögen. Auch das elterliche Einkommen und Vermögen ist nicht bedarfsmindernd zu berücksichtigen, da elterliches Einkommen von jährlich mindestens 100.000,00 EUR nicht vorhanden ist (§ 43 Abs. 3 Satz 1 SGB XII).
39Ein Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung ist schon mangels entsprechenden Bedarfs ausgeschlossen. Nach § 42 Satz 1 Nr. 4 SGB XII umfassen die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Vierten Abschnitt des Dritten Kapitels SGB XII. Gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 SGB XII werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in tatsächlicher Höhe erbracht. Sie werden sowohl nach dem SGB II als auch nach dem SGB XII nur erbracht, wenn und soweit der leistungsberechtigten Person tatsächliche Aufwendungen bzw. tatsächliche Kosten für Unterkunft und Heizung entstehen (vgl. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II, § 35 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 SGB XII). Ein Anspruch auf Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung setzt grundsätzlich einen entsprechenden tatsächlichen Bedarf - im Sinne einer wirksamen zivilrechtlichen Verpflichtung gegenüber Dritten - voraus (sh. zur vergleichbaren Problematik im SGB II: Bundessozialgericht, Urteil vom 20.08.2009 - B 14 AS 34/08 R -, juris Rn. 16, Urt. v. 03.03.2009 - B 4 AS 37/08 R -, juris Rn. 24 f.; Urt. v. 07.05.2009 - B 14 AS 31/07 R -, juris Rn. 16 ff.).). Dies gilt jedenfalls dann, wenn diese Person mit anderen, nichthilfebedürftigen Personen in einer Haushaltsgemeinschaft lebt, wenn also weder eine Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB II noch eine Einsatzgemeinschaft nach dem SGB XII noch eine sog. gemischte Bedarfsgemeinschaft (d.h. zwischen Leistungsberechtigten nach dem SGB II und dem SGB XII) besteht (Bundessozialgericht, Urt. v. 25.08.2011 - B 8 SO 29/10 R -, juris Rn. 12). Für einen Anspruch nach § 35 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 SGB XII kommt es daher in diesen Fällen darauf an, ob ein wirksamer, mit Rechtsbindungswillen unter Beachtung von §§ 117, 133 BGB geschlossener Mietvertrag geschlossen wurde und die hilfebedürftige Person darüber hinaus einer ernsthaften Mietzinsforderung der mit ihr zusammenlebenden Personen ausgesetzt ist (Bundessozialgericht, Urt. v. 03.03.2009 - B 4 AS 37/08 R -, juris Rn. 27). Die Annahme tatsächlicher Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach der sog. Kopfteilmethode, wonach die Kosten der Unterkunft und Heizung im Regelfall unabhängig von Alter und Nutzungsintensität anteilig pro Kopf aufzuteilen sind, wenn Hilfebedürftige eine Unterkunft gemeinsam mit anderen Personen, insbesondere anderen Familienangehörigen, nutzen, kommt demgegenüber nur dann in Betracht, wenn die Konstellation einer Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB II oder einer Einsatzgemeinschaft nach dem SGB XII oder einer sog gemischten Bedarfsgemeinschaft besteht, bei der mindestens eine Person dem System des SGB II und mindestens eine andere dem System des SGB XII zuzuordnen ist (vgl. Bundessozialgericht, Urt. v. 14.04.2011 - B 8 SO 18/09 R -, juris Rn. 15; Urt. v. 25.08.2011 - B 8 SO 29/10 R -, juris Rn. 12 f.). Auch für die Gewährung von Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 SGB II ist es grundsätzlich Voraussetzung, dass die leistungsberechtigte Person einer ernsthaften Mietzinsforderung ausgesetzt ist, was insbesondere dann einer besonderen Prüfung bedarf, wenn ein erwachsenes Kind - alleine oder zusammen mit anderen Personen - in einer einem Verwandten gehörenden Wohnung lebt (vgl. BSG, Urt. v. 03.03.2009 - B 4 AS 37/08 R -, juris Rn. 24 f.; Urt. v. 07.05.2009 - B 14 AS 31/07 R -, juris Rn. 16 ff.).
40Zwischen der Klägerin und ihren Eltern bzw. ihrem Vater bestand keine Einsatzgemeinschaft (zu diesem Begriff vgl. Coseriu, in: jurisPK-SGB XII, Stand 18.03.2015, § 19 Rn. 12 ff., 17). Denn § 19 Abs. 2 i.V.m. § 27 Abs. 2 SGB XII sieht bei Leistungen nach dem Vierten Kapitel SGB XII grundsätzlich keine Berücksichtigung von Vermögen und/oder Einkommen der Eltern vor; ein Ausnahmefall wegen eines besonders hohen elterlichen Einkommens (§ 43 Abs. 3 Satz 1 SGB XII) lag bei der Klägerin nicht vor, da elterliches Einkommen von mindestens 100.000,00 EUR nicht vorhanden war.
41Ob und in welchem Umfang einem erwachsenen Kind, das mit seinen Eltern zusammenlebt, tatsächliche Aufwendungen für Unterkunft und Heizung entstehen, hängt im Wesentlichen davon ab, ob es einer wirksam vereinbarten (Unter-)Mietzinsforderung seiner Eltern ausgesetzt ist, d.h. ob zum einen ein wirksamer Mietvertrag abgeschlossen worden ist und zum anderen dieser von Seiten des Vermieters auch tatsächlich vollzogen werden soll (vgl. Landessozialgericht Schleswig-Holstein, Urt. v. 29.06.2011 - L 9 SO 16/10 -, juris Rn. 25). Dabei bedarf es regelmäßig einer Beurteilung aller Umstände des Einzelfalls, welche sich einer verallgemeinerungsfähigen Betrachtung verschließt. Ausgehend hiervon ist die Klägerin keiner Mietzinsforderung ihrer Eltern ausgesetzt, da durch die Bestellung eines Ergänzungsbetreuers zwar ein wirksamer Mietvertrag abgeschlossen worden ist (aa), allerdings nicht vom ernsthaften Willen der Eltern ausgegangen werden kann, diesen auch umzusetzen (bb).
42aa) Zwischen den Eltern der Klägerin und der Klägerin ist ein wirksamer Mietvertrag mit Wirkung ab dem 01.02.2012 abgeschlossen worden.
43(1) Maßgeblich für die Frage eines wirksamen Mietvertragsschlusses ist der rechtliche Bindungswille der beteiligten Vertragsparteien. Ob ein solcher vorliegt, ist durch Auslegung zu ermitteln. Dabei sind alle Umstände des Einzelfalls zu würdigen. Ob der Hilfebedürftige der Verpflichtung aus eigenen Mitteln wird nachkommen können oder in der Vergangenheit nachkommen konnte, ist dabei ebenso wenig entscheidend (vgl. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urt. v. 20.02.2014 - L 15 SO 23/13 -, juris Rn. 70) wie der Umstand, ob die Aufwendungen bisher durch andere Sozialleistungen gedeckt wurden. Im Übrigen kommt eine Übertragung der in der steuerrechtlichen Rechtsprechung entwickelten Maßstäbe des sog. Fremdvergleichs nicht in Betracht (vgl. zum Ganzen Bundessozialgericht, Urt. v. 03.03.2009 - B 4 AS 37/08 R -, juris Rn. 24 ff.; Urt. v. 07.05.2009 - B 14 AS 31/07 R -, juris Rn. 17 ff.; Urt. v. 22.08.2013 - B 14 AS 85/12 R -, juris Rn. 26; vgl. auch Bundessozialgericht, Beschl. v. 25.08.2011 - B 8 SO 1/11 B -, juris Rn. 7). Für die Frage, ob die den Mietvertrag abschließenden Parteien mit Rechtsbindungswillen gehandelt haben, kommt es auf den objektiven Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB) an. In Bezug auf die Klägerin ist dabei wegen des eigens zum Zwecke des Mietvertragsschlusses bestellten weiteren Betreuers auf die Person des Betreuers abzustellen, der die Klägerin beim Vertragsschluss als gesetzlicher Vertreter vertreten hat (§ 1902 BGB).
44Eine empfangsbedürftige Willenserklärung ist gem. § 116 BGB nicht bereits deshalb nichtig, weil sich der Erklärende - wofür hier keine Anhaltspunkte bestehen - insgeheim vorbehält, das Erklärte nicht zu wollen und der Empfänger diesen Vorbehalt nicht kennt. Allerdings ist ein Vertrag als sogenanntes Scheingeschäft gem. § 117 Abs. 1 BGB nichtig, wenn eine Willenserklärung einem anderen gegenüber mit dessen Einverständnis nur zum Schein abgegeben wird. Ein Scheingeschäft liegt vor, wenn die Parteien einverständlich nur den äußeren Anschein des Abschlusses eines Rechtsgeschäfts hervorrufen, die mit diesem Geschäft verbundenen Rechtsfolgen dagegen nicht eintreten lassen wollen. Entscheidende Bedeutung kommt dabei der Frage zu, ob die Parteien die zivilrechtliche Wirksamkeit des Geschäfts ernstlich wollen oder nicht. Hierbei ist zu berücksichtigen, ob die Parteien zur Erreichung des mit dem Rechtsgeschäft erstrebten Erfolgs ein Scheingeschäft für genügend oder ein zivilrechtlich wirksames, ernst gemeintes Rechtsgeschäft für notwendig erachtet haben. Ersteres spricht für, letzteres gegen das Vorliegen eines Scheingeschäfts. Trotz der Abhängigkeit vom Willen der Parteien spricht viel gegen ein Scheingeschäft, wenn der von den Parteien erstrebte Erfolg objektiv die zivilrechtliche Gültigkeit des Geschäfts voraussetzt (vgl. Illmer, in: jurisPK-BGB, Stand 01.10.2014, § 117 Rn. 4 m.w.N.).
45Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass es sich bei dem zwischen den Eltern der Klägerin und dem Ergänzungsbetreuer geschlossenen Mietvertrag nicht um ein Scheingeschäft in diesem Sinne handelt. Der Ergänzungsbetreuer hat beim Abschluss des Mietvertrages mit Rechtsbindungswillen gehandelt haben und ist nicht von einem fehlenden Rechtsbindungswillen bzw. einem geheimen Vorbehalt der Eltern ausgegangen. Er wollte aus objektiver Empfängersicht erkennbar eine wirksame Verpflichtung der Klägerin zur Zahlung von Miete begründen. Es haben sich keine Anhaltspunkte dafür finden lassen, dass er gegenüber den Eltern zu erkennen gegeben hat, die Willenserklärung nur zum Schein - und ggf. auf Veranlassung der Eltern - für die Klägerin abgeben wollte. Dies legen zum einen seine Ausführungen in dem an das Amtsgericht C übermittelten Schreiben vom 23.03.2012 über die Gründe und den Inhalt des abgeschlossenen Mietvertrages nahe. Darin schildert er die gesundheitliche Situation der Klägerin, die Wohnverhältnisse der Familie sowie die für die Wohnbedürfnisse der Klägerin notwendig gewordenen baulichen Veränderungen in den Jahren 1996/1997. Daraus und aus der mit dem Mietspiegel der Stadt C ermittelten Vergleichsmiete von 10,79 EUR pro Quadratmeter folgert er, dass der abgeschlossene Mietvertrag angemessen und dem Wohle der Betreuten dienlich und förderlich sei. Zum anderen ergeben sich auch aus den Aussagen des Zeugen im Verhandlungstermin keine Gründe, an seinem Rechtsbindungswillen ernsthaft zu zweifeln. Zwar erscheinen seine Ausführungen zur Ermittlung und zur Höhe des Mietzinses durch ihn als Vertreter der Klägerin zumindest ungewöhnlich, da üblicherweise der Vermieter und nicht der Mieter den Mietpreis festlegt und darüber hinaus auch die Höhe der Miete über dem nach der Kopfteilmethode auf die Klägerin entfallenden Anteil aber auch höher als die Vergleichsmiete der übrigen Mieter der Eltern liegt. Dies erscheint auch im Hinblick auf seine am Wohl der Betreuten nach § 1901 Abs. 2 Satz 1 BGB auszurichtende Tätigkeit nicht zweckdienlich, da er für die weiterhin die Schule besuchende Klägerin möglicherweise zunächst ein kostenloses Wohnrecht oder aber einen deutlich günstigeren Mietzins hätte aushandeln können. Gleichwohl wollte er aber nach eigenem Bekunden insbesondere deshalb den Mietvertrag abschließen, da er selbst den Mietpreis für angemessen hielt und zudem davon ausging, dass der Sozialhilfeträger die Miete bezahlen werde. Er hielt den vereinbarten Mietzins auch unter Berücksichtigung der mit der Nutzung der Wohnung durch die Klägerin für die Eltern einhergehenden Einschränkungen ihres Wohnkomforts für gerechtfertigt. Überdies hat er auch glaubhaft versichert, beim Abschluss des Mietvertrages nicht an den Abschluss eines Scheingeschäftes gedacht zu haben.
46Geht man im Ergebnis von einem rechtlichen Bindungswille des Betreuers der Klägerin im Zusammenhang mit dem Abschluss des schriftlichen Mietvertrages vom 23.03.2012 aus objektiver Empfängersicht aus, fehlt es an dem für die Annahme eines Scheingeschäfts im Sinne von § 117 BGB erforderlichen Zusammenwirken der Vertragsparteien beim Hervorrufen eines bloßen Scheins des Rechtsgeschäfts. In diesem Fall kann ebenso wenig davon ausgegangen werden, dass der Ergänzungsbetreuer einen etwaigen geheimen Vorbehalt des Vaters der Klägerin kannte, das Erklärte nicht zu wollen. Nachweisbare Umstände hierfür sind jedenfalls nicht ersichtlich.
47(2) Bei dem Mietvertrag vom 23.03.2012 handelt es sich auch nicht um einen unzulässigen Vertrag zu Lasten Dritter. Dass sich eine zwischen zwei Parteien vereinbarte Regelung für einen Dritten wirtschaftlich nachteilig auswirkt, macht die Vereinbarung nicht zu einem Vertrag zu Lasten Dritter im Rechtssinne (vgl. Bundesgerichtshof, Urt. v. 06.02.2009 - V ZR 130/08 -, juris Rn. 8).
48(3) Er ist auch nicht wegen Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB nichtig. Die Frage der Sittenwidrigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB beurteilt sich danach, ob die Begründung von Zahlungsansprüchen mit der Folge, dass der Sozialhilfeträger eintreten muss, nach Inhalt, Beweggrund und Zweck in einer Weise zu missbilligen ist, dass es dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden widerspricht (vgl. Bundesgerichtshof, a.a.O., Rn. 10). Das ist im vorliegenden Fall nicht anzunehmen. Grundsätzlich erscheint die Begründung einer rechtlichen Verbindlichkeit zur Zahlung von Unterkunfts- und Heizkosten als naheliegende und nicht beanstandungswürdige Gestaltungsmöglichkeit, wenn Eltern ihr behindertes oder sonst in Schwierigkeiten befindliche Kind in ihren Haushalt aufnehmen (ebenso Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 11.08.2014 - L 20 SO 141/13 -, juris Rn. 42). Insoweit fällt auch ins Gewicht, dass im Falle des Auszugs der Klägerin aus der Wohnung ihrer Eltern, sei es durch den Umzug in eine eigene Wohnung oder durch Aufnahme in eine stationäre Einrichtung, in jedem Fall erheblich höhere Kosten entstünden.
49(4) Der Mietvertrag ist auch nicht wegen der unterbliebenen Genehmigung des Betreuungsgerichts schwebend unwirksam, denn der Mietvertrag war nicht genehmigungsbedürftig.
50Nach § 1907 Abs. 3 BGB bedarf der Betreuer der Genehmigung des Betreuungsgerichts zu einem Miet- oder Pachtvertrag oder zu einem anderen Vertrag, durch den der Betreute zu wiederkehrenden Leistungen verpflichtet wird, wenn das Vertragsverhältnis länger als vier Jahre dauern oder vom Betreuer Wohnraum vermietet werden soll. Der Genehmigungsvorbehalt betrifft zwar nicht nur Verträge, die nach ihrer Geltungsfrist ausdrücklich auf eine längere Zeitspanne als vier Jahre abgeschlossen werden. Erfasst werden vielmehr auch Verträge, die auf unbestimmte Zeit abgeschlossen werden und eine Beendigung nicht oder nur unter erheblichen finanziellen Einbußen vor Ablauf von vier Jahren gestatten. Ist der Vertrag auf unbestimmte Zeit geschlossen, eine Kündigung indessen rechtlich und wirtschaftlich sinnvoll jederzeit möglich, bedarf der Vertrag keiner Genehmigung (zum Ganzen Jaschinski, in; jurisPK-BGB, § 1907, Stand 01.10.2014, Rn. 36 f. m.N.).
51Dies ist hier der Fall, weil der vom Kläger auf unbestimmte Zeit abgeschlossene Untermietvertrag ohne weiteres innerhalb der Kündigungsfrist des § 573c Abs. 1 Satz 1 BGB kündbar ist.
52bb) Allerdings kann zur Überzeugung des Senats unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin tatsächlich einer ernsthaften Mietzinsforderung ihrer Eltern ausgesetzt ist und der wirksam abgeschlossene Mietvertrag auch tatsächlich praktiziert wird. Unabhängig von der Frage eines wirksamen Mietvertragsschlusses, welcher vorliegend allein deshalb möglich werden konnte, da jedenfalls der Ergänzungsbetreuer der Klägerin mit Rechtsbindungswillen handelte und offenbar auch nicht am Rechtsbindungswillen der Eltern zweifelte, besteht kein Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung, wenn der wirksam abgeschlossene Mietvertrag tatsächlich nicht vollzogen wird bzw. die entstehenden Mietzinsforderungen dauerhaft gestundet werden (vgl. hierzu Bundessozialgericht, Urt. v. 23.03.2010 - B 8 SO 24/08 R -, juris Rn. 13). Insoweit steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Eltern der Klägerin die Vollziehung des Mietvertrages insbesondere die Zahlung des Mietzinses von ihrer Tochter nicht ernstlich verlangen bzw. gewollt haben.
53(1) Hierfür sprechen zum einen bereits die vom Vater der Klägerin im Vorfeld des Vertragsschlusses gemachten Äußerungen gegenüber der Beklagten. Sein ganzes Verhalten ist Ausdruck davon, dass die Eltern der Klägerin von ihrer Tochter zu keinem Zeitpunkt Mietzinszahlungen verlangten bzw. derzeit verlangen, sondern alleine einen Leistungsanspruch der Klägerin gegenüber der Beklagten begründen wollten. So hat der Vater unbestritten auf telefonische Nachfrage seitens der Beklagten mitgeteilt, dass ein Mietvertrag mit der Klägerin nicht bestehe und auch nicht beabsichtigt sei. Erst nachdem er von der Sachbearbeiterin auf die Geltendmachung von Unterkunfts- und Heizkosten angesprochen worden war und erfahren hatte, dass ein Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung den wirksamen Abschluss eines Mietvertrages voraussetzt, hat er die Absicht gefasst, mit seiner Tochter einen Mietvertrag zu schließen. Auch die Vertragsmodalitäten wollte der Vater jedoch nicht nach den eigenen Interessen als Vermieter oder aber nach den Vorstellungen der Mieterin gestalten, wie es auch unter Berücksichtigung ihrer familiären Beziehungen beim Abschluss eines zivilrechtlichen Vertrages anzunehmen wäre. Vielmehr wollte er sowohl die räumliche Aufteilung der Wohnung als auch den Mietzins danach bemessen, was von der Beklagten akzeptiert wird. Insofern sind seine Ausführungen keinesfalls so zu verstehen, dass er als Betreuer für die Klägerin eine Zustimmung zum Abschluss eines entsprechenden Vertrages erfragte. Vielmehr wollte er unabhängig offenbar von seinen Interessen die vertragliche Gestaltung so anpassen, dass die Beklagte die Mietzinsforderung akzeptierte. Gerade daran aber wird deutlich, dass nicht die eigene Tochter, sondern vielmehr nur die Beklagte mit Hilfe des Mietvertrages verpflichtet werden sollte. In diesem Sinne hat sich der Vater der Klägerin auch im Klageverfahren eingelassen. So hat er in seinem Schreiben vom 28.02.2013 mitgeteilt, dass er die gegenüber der Klägerin bestehenden Mietzinsforderungen gestundet habe, bis diese in der Lage sei , eine Arbeit aufzunehmen oder zu eigenem Vermögen komme. Im Verhandlungstermin hat er diese Aussage bekräftigt und ferner verdeutlicht, dass die Klägerin aufgrund ihrer spezifischen Behinderung nie in der Lage sein würde, eine Ausbildung zu absolvieren und einen gewöhnlichen Beruf auszuüben. Er würde von der Klägerin auch im Falle ihrer Erwerbsfähigkeit solange keine Mietzinszahlungen verlangen, wie sie nicht in der Lage sei, diese mit eigenem Einkommen zu begleichen. Selbst während einer Ausbildung würde er hiervon Abstand nehmen, wenn sie nicht mehr als die üblicherweise geringe Ausbildungsvergütung erhalte.
54Soll mit einem Mietvertrag tatsächlich keine Schuld des Leistungsempfängers, sondern eine Pflicht des Sozialhilfeträgers begründet werden, sind ernsthafte Zweifel angebracht, eine Vollziehung des geschlossenen Mietvertrages anzunehmen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn auch nach den weiteren persönlichen und finanziellen Umständen davon auszugehen ist, dass zu keinem Zeitpunkt eine tatsächliche Vollziehung des Mietvertrages von Seiten des Vermieters beabsichtigt war. Dabei wird nicht verkannt, dass die Begründung einer rechtlichen Verbindlichkeit zur Zahlung von Unterkunfts- und Heizkosten in Fällen der vorliegenden Art grundsätzlich als nahe liegende und nicht beanstandungswürdige Gestaltungsmöglichkeit erscheint, deren Wahrnehmung nicht zwingend als missbräuchlich anzusehen ist. § 43 Abs. 3 S. 1 SGB XII deutet darauf hin, dass bei derartigen wirtschaftlichen Verhältnissen im Falle der Betreuung eines voll erwerbsgeminderten erwachsenen Kindes im elterlichen Haushalt eine wirtschaftliche Zuweisung von für das Kind entstehenden Unterkunfts- und Heizkosten in die von der Allgemeinheit aufzubringenden Sozialhilfekosten durch entsprechende zivilrechtliche Gestaltungen gerechtfertigt erscheint (vergleiche Landessozialgericht Nordrheinwestfalen, a.a.O., Rn. 66).
55(2) Allerdings sprechen weitere Umstände des Einzelfalls gegen eine Ernsthaftigkeit der Mietzinsforderung. Gegen den ernsthaften Willen, von der Klägerin Mietzinszahlungen zu fordern, spricht auch die persönliche Situation der Klägerin zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Nach den Angaben ihres Vaters befand sich die Klägerin zum Zeitpunkt der Antragstellung in der zehnten Klasse der von ihr besuchten Schule, die sie auch weiterhin besucht und erst im Juni 2015 verlassen wird (bzw. aufgrund ihres Alters verlassen muss). Dass Eltern von ihren schulpflichtigen, einkommenslosen Kindern Mietzinsen für das von diesen bewohnte Kinderzimmer und für die Mitbenutzung der übrigen Räume verlangen, ist entgegen der vom Vater der Klägerin vertretenen Auffassung völlig unüblich und zwar unabhängig davon, ob die Kinder an einer Behinderung leiden oder nicht. Vielmehr kann davon ausgegangen werden, dass Eltern von ihren Kindern jedenfalls so lange keine Kosten für die Unterkunft und Heizung verlangen, wie diese sich in der schulischen Ausbildung befinden und darüber hinaus u. U. sogar bis zu demjenigen Zeitpunkt, ab dem sie die Möglichkeit haben, sich durch eigenes Einkommen an den Unterkunftskosten zu beteiligen. Andernfalls müssten volljährige Kinder zur Sicherstellung ihres Lebensunterhalts die Schule abbrechen und einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Selbst während einer Ausbildung oder eines Studiums dürfte bei Eltern lediglich dann ein ernsthafter Wille angenommen werden können, von ihren Kindern anteilig Mietzinszahlungen zu verlangen, wenn diese mit bzw. während ihrer Ausbildung Einkommen in relevanter Höhe erzielen. Gerade vor diesem Hintergrund ist nicht erkennbar, weshalb die Klägerin noch während ihrer Schulzeit für die Unterkunft im elterlichen Haushalt Mietzinsen aufwenden soll. Selbst die überobligatorischen finanziellen Belastungen für die bauliche Gestaltung der Familienwohnung zugunsten des behinderten Kindes und die damit für die Eltern verbundenen Einschränkungen der Nutzung ihrer Wohnung können eine solche Forderung nicht rechtfertigen. Dies gilt erst recht, wenn die Eltern über ein Eigenheim verfügen und die laufenden Kosten mit ihren Mitteln decken können. Jedenfalls bis zur Beendigung des Schulzeit im Juni 2015 und bis zum Zeitpunkt der Erzielung eigener Einnahmen etwa im Rahmen einer Tätigkeit in einer Werkstatt für behinderte Menschen wird von einem ernsthaften Mietzinsverlangen der Eltern nicht ausgegangen werden können.
56(3) Auch die Vertragsgestaltung und die getroffene Vereinbarung über die Miethöhe sprechen dafür, dass die Eltern einen Anspruch auf Mietzinszahlung gegenüber der Klägerin nicht begründen, jedenfalls aber nicht durchsetzen wollen. Allerdings stehen alleine die räumlichen Verhältnisse, insbesondere die fehlende Abgeschlossenheit der von der Klägerin bewohnten Räume, der Vereinbarung eines festen Mietzinses nicht entgegen. Denn auch wenn eine Vermietung an Fremde unter diesen Bedingungen auf dem freien Wohnungsmarkt (außerhalb von Wohngemeinschaften Gleichaltriger) kaum anzutreffen sein dürfte, so erscheint dies zwischen nahen Verwandten durchaus als nachvollziehbare Vermietungsmöglichkeit (so auch LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.). Jedoch entsprechen die vereinbarten Mietzinsen weder dem auf die Klägerin entfallenden Anteil der von der Familie aufzuwendenden Kosten für Zinsen, Tilgung, Nebenkosten und Heizkosten, noch entsprechen sie dem für die Mitbenutzung der Wohnung angemessenen Mietzins. Nach den vom Vater der Klägerin vorgelegten Unterlagen betragen die monatlichen Zahlungen für Zins und Tilgung 853 EUR und die kalten Nebenkosten ca. 102 EUR. Legt man diese Kosten zu Grunde, würde sich für die Klägerin ein Anteil an der Bruttokaltmiete i.H.v. etwa 318 EUR ergeben, welcher deutlich unter dem im Mietvertrag geregelten Kaltmietzins liegt. Auch vor dem Hintergrund der mit den Mietern in der zweiten Etage und im Dachgeschoss vereinbarten Kaltmiete von 8,57 EUR pro Quadratmeter erscheint der vereinbarte Mietzins so hoch, dass nicht ernsthaft davon ausgegangen werden kann, dass die Eltern von ihrer Tochter diesen Mietzins tatsächlich fordern. Es ist nicht erkennbar, weshalb gerade die Tochter einen höheren Anteil an den Unterkunftskosten tragen soll als die übrigen Familienmitglieder und auch mehr als die Mieter der anderen Etagen. Zwar könnte man insofern einwenden, dass für den behindertengerechten Umbau der Wohnung erhebliche Darlehen aufgenommen werden mussten, allerdings dienen die Mietzinszahlungen in dieser Höhe auch und ganz entscheidend der Vermögensbildung der Eltern. Insofern erscheinen auch die konkreten Umstände der Mietpreisbildung zumindest unüblich. So hat der Zeuge vorgetragen, dass er nach einer Inaugenscheinnahme der Wohnung und unter Zugrundelegung des C Mietspiegels selbst den Mietpreis ermittelt habe, welcher dem Mietvertrag zugrunde gelegt worden sei. Dass der Mieter und nicht der Vermieter den Mietpreis vorgibt und nicht jedenfalls versucht, diesen zu seinen Gunsten bzw. zu Gunsten des Betreuten günstig zu beeinflussen, entspricht nicht den marktüblichen Gepflogenheiten und vorliegend auch nicht den wirtschaftlichen Interessen der Klägerin. Zumindest hätten die fehlenden anderweitigen Vermietungsmöglichkeiten, die tatsächlich auf die Wohnung entfallenden anteiligen niedrigeren Unterkunfts- und Heizkosten sowie die niedrigeren Mietzinsen der übrigen Mieter berücksichtigt und in die Mietpreisbildung eingepreist werden können. Auf der anderen Seite wird auch von Eltern kaum zu erwarten sein, dass sie ihr Kind unverhältnismäßig hohen Mietzinsforderungen aussetzen.
57(4) Schließlich spricht auch die finanzielle Situation der Eltern nicht dafür, dass diese von der Klägerin ernsthaft Mietzinszahlungen verlangen. Zwar haben die Eltern die gemeinsam mit der Klägerin bewohnte Wohnung mit erheblichem finanziellen Aufwand behindertengerecht umgebaut und erweitert; jedoch sind die Eltern den hierdurch entstehenden Darlehensverbindlichkeiten schon seit den Jahren 1996/1997 bzw. 2006 ausgesetzt, so dass jedenfalls keine zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses neu entstandenen finanziellen Belastungen die Einnahmen von weiteren Mietzinsen notwendig erscheinen lassen. So sind die vom Vater der Klägerin dargestellten umfangreichen Umbaumaßnahmen überwiegend kurze Zeit nach der Geburt der Klägerin bzw. ihrer Erkrankung erfolgt, so dass die hierdurch entstandenen Verbindlichkeiten bereits seit 16 Jahren von den Eltern getragen werden. Auch der Einbau des Fahrstuhls lag zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses schon sechs Jahre zurück. Abgesehen von dem Umstand, dass die Umbau- und Erweiterungsmaßnahmen jedenfalls teilweise eine erhebliche Wertsteigerung der Immobilie mit sich gebracht haben dürften (Fußbodenheizung/Fahrstuhl/Anbau) und die hierdurch weiterhin bestehenden dinglich gesicherten Darlehensverbindlichkeiten von knapp über 100.000 EUR weit hinter dem Verkehrswert der Immobilie zurückbleiben, war und ist es den Eltern möglich, neben der Sicherung des eigenen Lebensunterhalts ihrer Unterkunfts- und Heizkosten zu tragen und ihre Darlehensverbindlichkeiten weiter zu tilgen. So verfügte die Mutter über eine Erwerbsminderungsrente und eine weitere Betriebsrente in Höhe von zusammen gerundet 1200 EUR, während der Vater der Klägerin eine Altersrente in Höhe von monatlich 183,52 EUR erhält. Zudem erzielen die Eltern durch die Vermietung der zweiten Etage und des Dachgeschosses eine Nettomiete von monatlich über 1000,- EUR. Alleine mit diesen Einnahmen können sie die auf das Jahr 2012 bezogenen und für die Mietzinsbildung relevanten Zins- und Tilgungszahlungen von monatlich 853, 14 EUR sowie die Neben- und Heizkosten von monatlich 706,36 EUR (inkl. Stromkosten) und damit von insgesamt 1559, 50 EUR neben ihren laufenden Lebenshaltungskosten aufbringen und zugleich durch die Tilgungsleistungen weiter Vermögen aufbauen.
58Für eine Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Eltern zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses spricht lediglich der Umstand, dass der Vater im Jahre 2011 das 65. Lebensjahr vollendet hat und aufgrund dessen nach seinen Angaben keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgehen will und auch nur noch einen begrenzten Zeitraum wird nachgehen können. Insofern ist zu beachten, dass die Familie ab der Einstellung der Erwerbstätigkeit des Vaters nicht mehr über monatlich weitere Einnahmen aus der anwaltlichen Tätigkeit in Höhe von etwa 750,- EUR verfügen wird, wenn man den Jahresgewinn des Vaters aus dem Jahre 2012 i.H.v. 9000 EUR zugrunde legt. Den Angaben des Vaters zufolge dürften die Einnahmen aus seiner anwaltlichen Tätigkeit jedoch bereits seit dem Jahre 2004 nicht wesentlich höher ausgefallen sein, da er seit dieser Zeit nur noch eingeschränkt berufsfähig gewesen sein soll. Allerdings verfügt die Familie nach Aufgabe der anwaltlichen Tätigkeit über die Möglichkeit, die bisherigen Kanzleiräume von etwa 56 m² weiter zu vermieten und anstelle der Einnahmen aus der Erwerbstätigkeit weitere Mieteinnahmen in nicht wesentlich geringerem Umfang zu erzielen, wenn man auf den zu Grunde gelegten Mietzins für Wohnraum von 10,79 EUR pro Quadratmeter abstellt. Daher wird man den bisherigen Einnahmen der Eltern der Klägerin jedenfalls mindestens weitere 500 EUR hinzurechnen können. Berücksichtigt man ferner das für die Klägerin geleistete Kindergeld i.H.v. 184 EUR, stehen ihren Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von etwa 1500 EUR monatlich Einnahmen in Höhe von ca. 3000,- EUR zzgl. Kindergeld gegenüber. Die Kosten für den Lebensunterhalt der Klägerin werden hingegen von der Beklagten getragen. Selbst bei der Berücksichtigung weiterer Darlehensverbindlichkeiten bzw. weiterer Kosten für die Wartung des Fahrstuhls verfügen die Eltern der Klägerin damit dauerhaft über ausreichend finanzielle Mittel, um ihren Lebensunterhalt zu sichern und zugleich die für die Immobilie aufgenommenen Darlehen zurückzuführen.
59III. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG.
60IV. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 1 und 2 SGG), liegen nicht vor.
Tenor
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Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10. Februar 2014 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Tatbestand
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Im Streit sind Leistungen für Unterkunft und Heizung im Rahmen der Leistungen nach dem 4. Kapitel des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) für die Zeit vom 1.9.2012 bis 31.8.2013.
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Die 1992 geborene Klägerin ist körperlich und geistig behindert (Grad der Behinderung von 100; Merkzeichen "G", "H" und "B"). Sie lebte seit März 2000 mit ihren Eltern, seit dem Tod ihrer Mutter (im Februar 2013) mit ihrem Vater, ihrem Betreuer, in einer Mietwohnung (3 Zimmer, Küche, Diele, Kammer, Bad). Der Mietvertrag benennt als Mieter die "Familie K u. V H" und ist von der Mutter unterschrieben; die Mietkosten beliefen sich ab 1.4.2012 auf 610,18 Euro monatlich (398,81 Euro Grundmiete, 101,93 Euro Neben- und 78,76 Euro Heizkostenvorauszahlung zzgl 30,68 Euro für eine Garage) und ab 1.4.2013 auf 621,57 Euro monatlich (Erhöhung der Grundmiete um 11,39 Euro). Im März 2013 rechnete der Vermieter die Nebenkosten ab und zahlte das sich daraus ergebende Guthaben in Höhe von 248,83 Euro an den Vater aus.
- 3
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Dieser war bis einschließlich März 2013 erwerbstätig und erzielte in der Zeit von September 2012 bis März 2013 monatliche Nettoverdienste zwischen 1959,14 Euro und 2599,75 Euro; im Anschluss war er arbeitslos und bezog Arbeitslosengeld nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III); der Zahlbetrag belief sich auf 48,43 Euro kalendertäglich. Das Kindergeld (monatlich 184 Euro) wurde - wie alle Einkünfte der Familie - an den Vater überwiesen und nicht an die Klägerin weitergereicht; die Mutter erzielte keine Einkünfte.
- 4
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Die Klägerin besuchte im streitbefangenen Zeitraum eine Werkstatt für behinderte Menschen und erhielt ein Ausbildungsgeld in Höhe von 75 Euro monatlich. Daneben bezog sie Pflegegeld aus der Sozialen Pflegeversicherung (SGB XI); eine Halbwaisenrente für die Zeit ab dem 8.2.2013 gelangte erst nach dem streitbefangenen Zeitraum zur Auszahlung (Bescheid vom 28.8.2013). Sie war vermögenslos; mit dem Tod der Mutter gingen keine Vermögenswerte auf sie über. Die Beklagte bewilligte Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsleistungen) in Höhe von monatlich 349 Euro (Regelbedarf nach der Regelbedarfsstufe 3 in Höhe von 299 Euro sowie einen Mehrbedarf in Höhe von 50,83 Euro); Bedarfe für Unterkunft und Heizung berücksichtigte sie dabei nicht (Bescheid vom 24.8.2012; Widerspruchsbescheid unter Beteiligung sozial erfahrener Dritter vom 27.9.2012).
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Die ausdrücklich auf die Übernahme von Kosten der Unterkunft und Heizung beschränkte Klage blieb beim Sozialgericht (SG) Gelsenkirchen und beim Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen ohne Erfolg (Urteil des SG vom 8.8.2013; Urteil des LSG vom 10.2.2014). Das LSG hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setze der Anspruch auf Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung grundsätzlich einen tatsächlichen Bedarf im Sinne einer wirksamen (zivil-)rechtlichen Verpflichtung voraus, wenn zwischen den Bewohnern weder eine Einsatzgemeinschaft im Sinne des SGB XII noch eine sog gemischte Bedarfsgemeinschaft im Sinne des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) iVm dem SGB XII bestehe. Vorliegend seien die Eltern bzw der Vater nicht hilfebedürftig gewesen. Da die Klägerin nicht Partei des Mietvertrages sei und sich eine wirksame zivilrechtliche Verpflichtung auch nicht aus einem Untermietvertrag ergebe, bestehe deshalb kein Anspruch auf Leistungen für Kosten der Unterkunft.
- 6
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Mit ihrer Revision macht die Klägerin geltend, der vorliegende Fall sei mit den bereits entschiedenen Fällen des BSG, auf die sich das LSG bezogen habe, nicht vergleichbar, weil es sich um eine Mietwohnung handele und sie sich an den Unterkunfts- und Nebenkosten beteiligen müsse. Dies lasse den Unterkunftsbedarf entstehen, ohne dass es auf den Abschluss eines Mietvertrags ankomme.
- 7
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Die Klägerin beantragt,
die Urteile des LSG und des SG aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 24.8.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.9.2012 zu verurteilen, Kosten der Unterkunft und Heizung zu zahlen.
- 8
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Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
- 9
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Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist zulässig; insbesondere genügt sie den Begründungsanforderungen des § 164 Abs 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Zwar nennt die Klägerin die verletzte Rechtsnorm nicht; aus ihrem Vorbringen ergibt sich aber eindeutig, welche Norm, nämlich § 35 SGB XII, sie als verletzt ansieht. Sie setzt sich ausreichend mit den Gründen der Vorinstanz auseinander (vgl zu dieser Voraussetzung BSG SozR 1500 § 164 Nr 12 S 17 und Nr 20 S 33 f mwN). Die Revision ist auch im Sinne der Aufhebung des Urteils des LSG und Zurückverweisung der Sache an dieses Gericht begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).
- 11
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Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 24.8.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.9.2012 (§ 95 SGG), gegen den sich die Klägerin mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 SGG iVm § 56 SGG) wendet, soweit Leistungen für Unterkunft und Heizung abgelehnt sind. In der Sache hat sie damit ihr Begehren in zulässiger Weise auf diese Leistungen dem Grund nach (§ 130 Abs 1 SGG) im Rahmen der Leistungen der Grundsicherung beschränkt (vgl zu dieser Möglichkeit nur BSGE 97, 217 ff RdNr 18 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1; BSGE 104, 41 ff RdNr 13 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23). Die Begrenzung des Streitgegenstands in zeitlicher Hinsicht folgt aus dem Bewilligungszeitraum (vgl § 44 Abs 1 Satz 1 SGB XII); Bescheide für folgende Bewilligungszeiträume sind nicht nach § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden.
- 12
-
Verfahrensfehler, die einer Entscheidung in der Sache entgegenstünden, liegen nicht vor. Insbesondere war die Klage am 30.10.2012 fristgerecht erhoben. Zwar gilt - anders als nach der früheren Rechtslage - bei Zustellung des Widerspruchsbescheids mittels Einschreiben mit Rückschein, die die Beklagte hier gewählt hat, gemäß § 85 Abs 3 Satz 2 SGG iVm § 4 Abs 2 Satz 1 Verwaltungszustellungsgesetz - VwZG - (idF des zum 1.2.2006 in Kraft getretenen Gesetzes zur Novellierung des Verwaltungszustellungsrechts vom 12.8.2005 - BGBl I 2354) die Zustellung an dem Tag als bewirkt, den der Rückschein angibt. Wenn - wie hier - ein Rückschein jedoch nicht zu den Akten gelangt ist, gilt die Zustellung nach § 4 Abs 2 Satz 2 VwZG am dritten Tag nach Aufgabe zur Post als erfolgt. Auf den von der Klägerin behaupteten späteren Zugang kommt es damit nicht an.
- 13
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Gemäß § 19 Abs 2 SGB XII iVm § 41 Abs 1 und 3 SGB XII(jeweils in der Normfassung des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch
vom 24.3.2011 - BGBl I 453) erhalten ua Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, auf Antrag Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, wenn sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus Einkommen und Vermögen, bestreiten können. Die Anspruchsvoraussetzungen für die Leistungen als solche erfüllte die Klägerin. Insbesondere war sie unter Berücksichtigung des Einkommens und Vermögens (§§ 82 ff, 90 ff SGB XII)durchgehend bedürftig, weil sie nach den Feststellungen des LSG neben den - nicht zu berücksichtigenden (§ 13 Abs 5 Satz 1 SGB XI) - Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung lediglich ein Ausbildungsgeld in Höhe von 75 Euro monatlich bezog und vermögenslos war.
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Dieser Anspruch richtet sich (wegen Heranziehung durch den örtlich und sachlich zuständigen Kreis Recklinghausen) nach den insoweit bindenden Feststellungen des LSG (§ 162 SGG) bis zum 31.12.2012 und ebenso danach gegen die Beklagte (vgl für die Zeit ab 1.1.2013 § 46b Abs 1 SGB XII idF des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 1.10.2013 - BGBl I 3733 - sowie das Landesausführungsgesetz zum SGB XII des Landes Nordrhein-Westfalen
idF des 2. ÄndG vom 5.3.2013 - Gesetz- und Verordnungsblatt .NRW 129 - und die Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten nach dem 4. Kapitel SGB XII vom 2.1.2013 - GV NRW 1)
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Ob die Klägerin im Rahmen der Grundsicherungsleistungen dem Grunde nach Anspruch auf Leistungen der Unterkunft und Heizung hat, kann der Senat vorliegend jedoch nicht entscheiden.
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Aufwendungen für Unterkunft und Heizung sind nach § 42 Nr 4 1. Halbsatz SGB XII iVm § 35 SGB XII(jeweils in der Normfassung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG) zu berücksichtigen; nach § 35 Abs 1 Satz 1 SGB XII werden Leistungen für die Unterkunft und Heizung "in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen" erbracht. Dabei ist - anders als das LSG meint - nicht Voraussetzung, dass solchen Zahlungen eine (miet-)vertragliche oder andere Verpflichtung des Leistungsberechtigten gegenüber einem Dritten zugrunde liegt. Ist der Leistungsberechtigte verpflichtet und insbesondere einer wirksamen (vgl §§ 117 Abs 1, 133 Bürgerliches Gesetzbuch) Mietzinsforderung ausgesetzt, folgt zwar schon allein daraus ein entsprechender Bedarf (vgl nur BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 15 RdNr 24). Zu den berücksichtigungsfähigen Kosten als tatsächliche Aufwendungen im normativen Sinn gehören aber auch die Kosten, die dem Leistungsberechtigten durch die Nutzung der Wohnung tatsächlich entstehen und von diesem faktisch (mit-)getragen werden (vgl BSG SozR 4-4200 § 11 Nr 52 RdNr 13 zu Kosten bei Nutzung einer von den Eltern angemieteten Wohnung und BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 44 RdNr 18 zu Kosten bei Nutzung eines Hausgrundstücks). Insoweit genügt, dass sich die betroffenen Bewohner der Unterkunft faktisch einig sind, ohne dass daraus eine rechtliche Verpflichtung entstehen muss. Dabei obliegt es allein der tatrichterlichen Würdigung im Einzelfall, ob gegenüber dem Leistungsberechtigten die ernsthafte Erwartung einer Beteiligung an den Kosten für Unterkunft und Heizung besteht.
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Dies folgt bereits aus der bisherigen Rechtsprechung des Senats: Wirksame vertragliche Verpflichtungen sind auch nach dieser Rechtsprechung nicht zwingende Voraussetzung. In den vom LSG zur Begründung seiner abweichenden Auffassung zitierten Entscheidungen war auf der Grundlage der dortigen bindenden (vgl § 163 SGG) tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanzen für den Senat allerdings davon auszugehen, dass unter keinem Gesichtspunkt - weder aufgrund mietvertraglicher Verpflichtung noch aus sonstigen Gründen - eine tatsächliche Belastung der nachfragenden Person mit Unterkunftskosten bestand; die dortigen Kläger waren vielmehr von Zahlungen endgültig freigestellt (vgl: BSG SozR 4-3500 § 29 Nr 3 RdNr 15; BSG, Urteil vom 25.8.2011 - B 8 SO 29/10 R - RdNr 13, missverständlich insoweit der in der Entscheidungsdatenbank von juris veröffentlichte nichtamtliche Orientierungssatz). Das LSG hat es vorliegend indes ausdrücklich dahinstehen lassen, ob die Kosten für die Mietwohnung von den Eltern bzw dem Vater endgültig allein getragen worden sind. Seine Feststellung, die Klägerin sei weder vertraglichen Forderungen eines Vermieters noch der Eltern als Untervermieter ausgesetzt gewesen, lässt deshalb allein nicht den rechtlichen Schluss zu, es bestünden keine tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung. Soweit die Eltern wegen der Unaufschiebbarkeit der Erfüllung ihrer eigenen (alleinigen) mietvertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem Vermieter die Kosten bis zur endgültigen Klärung der Leistungspflicht des Trägers, der diese Kosten bis zum 31.8.2012 bewilligt hatte, tatsächlich allein getragen haben, wäre dies nicht als Einkommen zu berücksichtigen und würde den Bedarf nicht entfallen lassen (vgl BSG SozR 4-4200 § 11 Nr 52 RdNr 18 f).
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Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden abweichend von Satz 1 Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; § 35a Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt nur, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem Kapitel, dem Vierten Kapitel oder dem Zweiten Buch bezogen worden sind. Bei Leistungsberechtigten, die in den letzten zwei Jahren vor dem Bezug von Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel Leistungen nach dem Zweiten Buch bezogen haben, wird die nach § 22 Absatz 1 Satz 2 bis 4 des Zweiten Buches bereits in Anspruch genommene Karenzzeit für die weitere Dauer der Karenzzeit nach den Sätzen 2 bis 5 berücksichtigt.
(2) Der Träger der Sozialhilfe prüft zu Beginn der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 6 die Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung. Übersteigen die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang, teilt der Träger der Sozialhilfe dies den Leistungsberechtigten mit dem ersten Bewilligungsbescheid mit und unterrichtet sie über die Dauer der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 6 sowie über das Verfahren nach Ablauf der Karenzzeit nach Absatz 3 Satz 2.
(3) Übersteigen die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang, sind sie in tatsächlicher Höhe als Bedarf der Personen, deren Einkommen und Vermögen nach § 27 Absatz 2 zu berücksichtigen sind, anzuerkennen. Satz 1 gilt nach Ablauf der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 6 so lange, bis es diesen Personen möglich oder zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Eine Absenkung der nach Absatz 1 Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre. Stirbt ein Mitglied der Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar.
(4) Der Träger der Sozialhilfe kann für seinen örtlichen Zuständigkeitsbereich für die Höhe der Bedarfe für Unterkunft eine monatliche Pauschale festsetzen, wenn auf dem örtlichen Wohnungsmarkt hinreichend angemessener freier Wohnraum verfügbar und in Einzelfällen die Pauschalierung nicht unzumutbar ist. Bei der Bemessung der Pauschale sind die tatsächlichen Gegebenheiten des örtlichen Wohnungsmarkts, der örtliche Mietspiegel sowie die familiären Verhältnisse der Leistungsberechtigten, insbesondere Anzahl, Alter und Gesundheitszustand der in der Unterkunft lebenden Personen, zu berücksichtigen. Absatz 3 Satz 1 gilt entsprechend.
(5) Bedarfe für Heizung umfassen auch Aufwendungen für zentrale Warmwasserversorgung. Die Bedarfe können durch eine monatliche Pauschale festgesetzt werden. Bei der Bemessung der Pauschale sind die persönlichen und familiären Verhältnisse, insbesondere Anzahl, Alter und Gesundheitszustand der in der Unterkunft lebenden Personen, die Größe und Beschaffenheit der Wohnung, die vorhandenen Heizmöglichkeiten und die örtlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen.
(6) Leben Leistungsberechtigte in einer Unterkunft nach § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3, so sind Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach § 42a Absatz 5 und 6 anzuerkennen. Leben Leistungsberechtigte in einer sonstigen Unterkunft nach § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 3, so sind Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach § 42a Absatz 7 anzuerkennen. Für die Bedarfe nach den Sätzen 1 und 2 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 6 nicht.
(7) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 3 und § 35a Absatz 2 Satz 2 gelten entsprechend.
(8) § 22 Absatz 11 und 12 des Zweiten Buches gelten entsprechend.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 27. Januar 2010 geändert und unter Abänderung der Bescheide vom 26. April 2005, 18. Mai 2005 und 27. Mai 2005 in der Fassung des betreffenden Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 2006 der Beklagte verpflichtet, der Klägerin für den Zeitraum von Januar bis Juni 2005 den Regelsatz für einen Haushaltsvorstand zu gewähren.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin hat der Beklagte zu 1/4 zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Klägerin begehrt für den Zeitraum von Juni 2004 bis Juni 2005 im Rahmen der Leistungen der Grundsicherung nach dem Grundsicherungsgesetz (GSiG) sowie dem Sozialgesetzbuch, Zwölftes Buch (SGB XII), die Gewährung des Regelsatzes für einen Haushaltsvorstand und von Unterkunftskosten.
- 2
Die Klägerin ist 1985 geboren. Sie ist voll erwerbsgemindert und verfügt über einen Schwerbehindertenausweis mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 80 v. H. mit den Merkzeichen „G“ und „B“. Die Klägerin wurde 2003 in den Ausbildungsbereich der N... Werkstätten aufgenommen und ist seit Mai 2005 in dem Arbeitsbereich der Werkstatt beschäftigt. Sie wohnt zusammen mit ihren Eltern im Haus ihrer Mutter. Dort stehen ihr zwei miteinander verbundene Zimmer zur eigenen Verfügung mit einer Gesamtquadratmeterzahl von 28 und ein Flur von ca. 5 qm. Neben diesen Zimmern befinden sich im ersten Stock des Hauses das Schlafzimmer der Mutter sowie ein Badezimmer, das von der Klägerin und ihrer Mutter genutzt wird. Sie kann die Küche in dem Haus im Erdgeschoss in Anspruch nehmen. Eine darüber hinausgehende räumliche Abtrennung der Wohnräume der Klägerin zum übrigen Wohnbereich des Hauses besteht nicht.
- 3
Am 30. Januar 2004 wurde der Klägerin ein Antrag auf Gewährung von Grundsicherungsleistungen nach dem GSiG ausgehändigt. Die Klägerin reichte den Antrag ausgefüllt am 11. Juni 2004 zurück und legte einen Mietvertrag mit ihrer Mutter über ein Zimmer, eine Toilette und die Mitbenutzung der Küche im elterlichen Haus zum 1. Juni 2003 vor zu einer monatlichen Miete inklusive Betriebskosten und Heizung von 350,00 EUR. Laut einer ebenfalls eingereichten Vermieterbescheinigung bestanden Mietrückstände für den Zeitraum von Juni 2003 bis Februar 2004. Außerdem reichte sie Kontoauszüge ein, aus denen hervorgeht, dass die Miete für die Monate März bis Mai 2004 abgebucht wurde.
- 4
Der Beklagte gewährte Leistungen nach dem GSiG für den Zeitraum von Juni bis Dezember 2004 zunächst mit Bescheid vom 27. April 2005 in Höhe von 70,30 EUR und mit Änderungsbescheid vom 18. Juli 2005 in Höhe von 107,80 EUR. Mit Bescheid vom 26. April 2005 gewährte er Leistungen nach dem SGB XII für den Zeitraum von Januar bis April 2005 und mit Bescheid vom 18. Mai 2005 für den Monat Mai 2005. Gegen diese Bescheide legte die Klägerin mit Schreiben vom 12. am 26. Mai 2005 Widerspruch ein. Mit Bescheid vom 27. Mai 2005 gewährte der Beklagte Leistungen nach dem SGB XII für Juni 2005. Dagegen legte die Klägerin am 16. Juni 2005 Widerspruch ein. In allen Bescheiden war in die Berechnung des Bedarfs der Regelsatz für Haushaltsangehörige eingeflossen und ausgeführt worden, dass Unterkunftskosten nicht übernommen werden könnten, weil der Mietvertrag als nicht ernstlich angesehen werde. Der Widerspruch gegen den Bescheid vom 27. April 2005 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 18. Juli 2005 wurde hinsichtlich der Unterkunftskosten und des Regelsatzes mit Widerspruchsbescheid vom 30. Januar 2006 zurückgewiesen. Mit Widerspruchsbescheid vom selben Tage wurden die Widersprüche hinsichtlich der Kosten der Unterkunft und des Regelsatzes gegen die Bescheide vom 26. April, 18. und 27. Mai 2005 zurückgewiesen.
- 5
Die Klägerin hat am 24. Februar 2006 Klage erhoben. Sie hat vorgetragen, sie habe Anspruch auf Übernahme der Unterkunftskosten von 350,00 EUR im Monat. Ihre Eltern seien nach Vollendung ihres – der Klägerin - 18. Lebensjahres nicht mehr bereit, für sie zu sorgen und sie mietfrei wohnen zu lassen. Sie führe in dem Haus auch ein selbstständiges Leben. Allerdings könne die Wohnung nicht räumlich abgetrennt werden, da sie wegen ihrer Krankheit (Epilepsie) ständiger akustischer Beaufsichtigung bedürfe. Im Laufe des Verfahrens hat die Klägerin Kontoauszüge vorgelegt, aus denen sich ergibt, dass im Jahre 2004 für den Zeitraum von Februar bis Mai Miete gezahlt worden ist, für das Jahr 2005 Miete für die Monate Oktober und November, für das Jahr 2006 für Mai und den Zeitraum von Juli bis November. Ab Januar 2007 – ausgenommen Februar 2007 – ist die Miete regelmäßig überwiesen worden.
- 6
Die Klägerin hat beantragt,
- 7
die Bescheide vom 27. April 2005 und 18. Juli 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 2006 sowie die Bescheide vom 26. April 2005, 18. Mai 2005, 27. Mai 2005 und 18. Juli 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 2006 jeweils abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 1. Juni 2004 bis zum 30. Juni 2005 Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz und nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch unter Berücksichtigung des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes sowie von Unterkunfts- und Heizkosten in Höhe von 350,00 EUR zu gewähren.
- 8
Der Beklagte hat beantragt,
- 9
die Klage abzuweisen.
- 10
Er hat vorgetragen, es sei fragwürdig, ob der Mietvertrag ernstlich gemeint sei. Darauf komme es aber letztlich nicht an, denn bei mehreren Personen in einer Unterkunft würden die Unterkunftskosten nach Kopfteilen auf die einzelnen Bewohner aufgeteilt. Da die Mutter der Klägerin sich weigere, Angaben über die Hauslasten zu machen, könnten auch keine Unterkunftskosten übernommen werden.
- 11
Das Sozialgericht Schleswig hat mit Beschluss vom 20. Januar 2010 der Klägerin Prozesskostenhilfe bewilligt unter Beiordnung von Rechtsanwältin S..., Norderstedt.
- 12
Mit Urteil vom 27. Januar 2010 hat das Sozialgericht Schleswig die Klage abgewiesen und ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch auf höhere Grundsicherungsleistungen. Zwischen der Klägerin und ihren Eltern bestehe eine Haushaltsgemeinschaft. Für ein gemeinschaftliches Wirtschaften spreche bereits die räumliche Situation innerhalb des Hauses. Die Klägerin verfüge lediglich über einen eigenen Wohn- und Schlafbereich. Die übrigen Räumlichkeiten des Hauses würden gemeinsam mit ihren Eltern genutzt. Die Klägerin verrichte auch die Dinge des täglichen Lebens nicht eigenständig allein. In der Haushaltsgemeinschaft sei die Mutter als Haushaltsvorstand anzusehen. Daher habe die Klägerin lediglich Anspruch auf den Regelsatz als Haushaltsangehörige. Wegen der Haushaltsgemeinschaft habe die Klägerin auch keinen eigenen Anspruch auf gesonderte Unterkunftskosten, sondern nur nach dem so genannten Kopfteilprinzip. Das Urteil ist der Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 25. März 2010 zugestellt worden.
- 13
Die Klägerin hat am 15. April 2010 Berufung eingelegt und vorgetragen, ihre Wohn- und Lebenssituation sei identisch mit derjenigen von behinderten Menschen in betreuten Einrichtungen. Sie erhalte Überwachung und Anleitung von ihren Eltern, weil sie darauf wegen ihrer Behinderung angewiesen sei. Außerdem benutze sie das Bad im Obergeschoss nur zusammen mit ihrer Mutter. Der Vater schlafe im Erdgeschoss und benutze das dortige Bad. Sie esse zusammen mit ihren Eltern lediglich deswegen, um eine ausgewogene Ernährung sicherzustellen. Außerdem trage sie über die Unterkunftskosten auch zu den Generalkosten des Hauses bei.
- 14
Die Klägerin beantragt,
- 15
das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 27. Januar 2010 aufzuheben, die Bescheide vom 27. April 2005 und 18. Juli 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 2006 sowie die Bescheide vom 26. April 2005, 18. Mai 2005 und 27. Mai 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 2006 des Beklagten jeweils abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihr - der Klägerin - für die Zeit vom 1. Juni 2004 bis zum 30. Juni 2005 Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz und nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch unter Berücksichtigung des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes sowie von Unterkunfts- und Heizkosten in Höhe von 350,00 EUR zu gewähren.
- 16
Der Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
- 18
Er hat zur Sache nicht Stellung genommen.
- 19
Der Senat hat mit Beschluss vom 15. März 2011 der Klägerin für das Berufungsverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin S..., N…, bewilligt.
- 20
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf die Gerichts- und Beiakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
- 21
Die Berufung der Klägerin ist zulässig und teilweise begründet.
- 22
Soweit das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 27. Januar 2010 und die angegriffenen Bescheide Unterkunftskosten nicht gewähren und auch für den Zeitraum von Juni 2004 bis Dezember 2004 lediglich der Regelsatz für einen Haushaltsangehörigen zugrunde gelegt wird, sind diese Entscheidungen nicht zu beanstanden, verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten und können nicht aufgehoben werden.
- 23
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung von Unterkunftskosten.
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Grundsicherungsleistungen nach dem GSiG und dem SGB XII werden gewährt, wenn die betreffende Person einen entsprechenden Bedarf hat. Hinsichtlich der Unterkunftskosten ist maßgeblich, dass der Hilfebedürftige im jeweiligen Leistungszeitraum einer wirksamen und nicht dauerhaft gestundeten Mietzinsforderung ausgesetzt ist. Ausgangspunkt für die Frage, ob eine wirksame Mietzinsverpflichtung des Hilfebedürftigen vorliegt, ist in erster Linie der Mietvertrag, mit dem der geschuldete Mietzins vertraglich vereinbart worden ist (vgl. Berlit in LPK SGB II, 2. Aufl. 2007, § 22 Rdn. 19). Hier liegt ein Mietvertrag vor, der die Miete auf 350,00 EUR monatlich inklusive Betriebskosten und Heizung festsetzt.
- 25
Weiter ist zu fragen, ob ein grundsicherungsrechtlicher Bedarf besteht, weil tatsächlich Aufwendungen getätigt werden und der im Mietvertrag festgelegte Inhalt tatsächlich vollzogen wird, also die Feststellung, ob die Absicht bestand oder besteht, den vereinbarten Mietzins zu zahlen (BSG, Urteil vom 3. März 2009 – B 4 AS 37/08 R -, recherchiert bei juris, Rdn. 27; BSG, Urteil vom 7. Mai 2009 – B 14 AS 31/07 R -, recherchiert bei juris, Rdn. 20). Als der Mietvertrag zum 1. Juni 2003 geschlossen wurde, war offenbar nicht ernstlich beabsichtigt, dass die Klägerin den vereinbarten Mietzins von 350,00 EUR zahlen sollte. Ab diesem Zeitpunkt ist nämlich eine Mietzahlung nicht erfolgt. Auch wenn der Vortrag der Klägerin stimmen sollte, ihre Eltern seien nach ihrem 18. Geburtstag am 11. Mai 2003 nicht mehr bereit, für Unterhalt und Miete aufzukommen, haben sie das offenbar getan. Die Klägerin sah sich auch nicht dem Druck ihrer Eltern ausgesetzt, die Miete zu zahlen, denn sonst hätte sie unmittelbar zu diesem Zeitpunkt einen Antrag auf Grundsicherungsleistungen gestellt. Erst nachdem die Klägerin am 30. Januar 2004 den Antrag auf Gewährung von Sozialhilfe abgeholt hatte und ihr offenbar mitgeteilt worden war, unter welchen Voraussetzungen Leistungen gewährt werden können, sind ab Februar 2004 Abbuchungen für die Miete zu verzeichnen. Abbuchungen sind aber nur für den Zeitraum von Februar bis zum Mai 2004 nachgewiesen. Für den Zeitraum danach sind keine Abbuchungen erfolgt, obwohl auf dem Konto der Klägerin noch ein Guthaben vorhanden war. Auch das spricht dafür, dass die Klägerin nicht dem Druck ausgesetzt war, Miete zu zahlen. Ein Bedarf ist somit nicht entstanden. Während des gesamten streitigen Zeitraums von Juni 2004 bis Juni 2005 sind keine Überweisungen verzeichnet.
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Bei Verträgen unter nahen Angehörigen sind an den Nachweis der Ernsthaftigkeit hohe Anforderungen zu stellen. Auch wenn sich ein Fremdvergleich verbietet (BSG, Urteil vom 3. März 2009 - B 4 AS 37/08 R -), ist es geboten, die Ernsthaftigkeit und die näheren Umstände eines Vertragsschlusses besonders sorgfältig zu untersuchen (vgl. Bayerisches Landessozialgericht [LSG], Beschluss vom 13. Mai 2009 – L 11 AS 177/09 B -). Insbesondere, wenn umgehend nach Erreichen der Volljährigkeit ein Mietvertrag geschlossen wird und sich die Lebensumstände insoweit nicht verändern, als der gerade volljährig gewordene Mensch weiterhin in seinem Kinder- bzw. Jugendzimmer verbleibt und er weiterhin im Hause seiner Eltern wohnt, spricht vieles dafür, dass sich auch die finanziellen Verhältnisse tatsächlich nicht ändern. Hier wurde der Mietvertrag umgehend nach Erreichen der Volljährigkeit abgeschlossen und unmittelbar nach Inkrafttreten des SGB XII vorgelegt. Mietzahlungen sind erst nachgewiesen, nachdem die Klägerin ihren Antrag auf Sozialleistungen abgeholt hat. Mietzahlungen wurden jedoch nur für den Zeitraum von Februar bis Mai 2004 nachgewiesen. Auch das spricht – wie bereits ausgeführt - nicht für die Ernsthaftigkeit des Mietvertrages.
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Schließlich sind die Angaben hinsichtlich der Mietzahlungen widersprüchlich. Nachdem zunächst in der vorgelegten Vermieterbescheinigung angegeben worden war, dass Mietrückstände für den Zeitraum von Juni 2003 bis Februar 2004 bestünden, hat der Vater der Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 29. Juni 2011 vorgetragen, er habe für seine Tochter die Miete an die Mutter gezahlt. Diese Aussagen sind nicht miteinander in Verbindung zu bringen und die Zahlung der Miete durch den Vater an seine Ehefrau für die Tochter erschließt sich vom Sinngehalt her für den Senat nicht.
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Das kann aber letztlich dahinstehen, denn im Übrigen hat das Sozialgericht zutreffend entschieden, dass bei einer Unterkunft, die von mehreren Personen genutzt wird, die nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehören, die Zuordnung aus Praktikabilitätsgründen grundsätzlich unabhängig von Alter oder Nutzungsintensität entsprechend einer Aufteilung nach Kopfteilen erfolgt (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22. Februar 2008 – L 28 AS 1065/07 -, recherchiert bei juris, Rdn. 23 m. w. N.). Das trifft auch hier zu. Voraussetzung für die Übernahme von Unterkunftskosten wäre daher für den maßgeblichen Zeitraum, dass die Mutter der Klägerin als Eigentümerin des Hauses mitteilt, wie hoch die Hauslasten sind. Das hat sie für diesen Zeitraum jedoch nicht getan, obwohl der Beklagte sie hierzu wiederholt aufgefordert und zugesichert hat, dann anteilmäßig die Unterkunftskosten zu übernehmen, wie er das für einen späteren Zeitraum nach entsprechendem Nachweis auch getan hat. Ein Anspruch auf Kosten der Unterkunft für die Zeit von Juni 2004 bis Juni 2005 bestand somit nicht.
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Ebenso hat die Klägerin keinen Anspruch auf Berücksichtigung des Regelsatzes für einen Haushaltsvorstand im Zeitraum von Juni bis Dezember 2004. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 GSiG umfasst die bedarfsorientierte Grundsicherung den für die Antragsberechtigten maßgebenden Regelsatz nach dem Zweiten Abschnitt des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG). Nach § 22 Abs. 2, Abs. 5 BSHG werden die Regelsätze durch eine Verordnung geregelt. Nach § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 22 BSHG (Regelsatzverordnung) vom 20. Juli 1962 (BGBl. I, S. 515) in der Fassung vom 14. November 2003 (BGBl. I, S. 2190) sind gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Regelsatzverordnung Regelsätze für den Haushaltsvorstand und für sonstige Haushaltsangehörige festzusetzen. Nach § 2 Abs. 3 Nr. 4 Regelsatzverordnung betragen die Regelsätze für Haushaltsangehörige von Beginn des 19. Lebensjahres an 80 v. H. des Regelsatzes für einen Haushaltsvorstand. Als Haushaltsvorstand ist die Person anzusehen, die nach ihrer Stellung in der Haushaltsgemeinschaft für die Generalunkosten der gemeinsamen Haushaltsführung aufzukommen hat (Schellhorn, Kommentar zum BSHG, 16. Aufl. 2002, § 2 Regelsatzverordnung, Rn. 6). Haushaltsvorstand in dem Haushalt der Klägerin und ihrer Eltern sind nach dieser Definition entweder der Vater oder die Mutter. Die Klägerin selbst ist somit Haushaltsangehörige. Sie hatte nach diesen Bestimmungen Anspruch auf 80 % des Regelsatzes für einen Haushaltsvorstand. Das ist auch in die Berechnung eingestellt worden.
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Dem angegriffenen Urteil und den Bescheiden vom 26. April 2005, 18. und 27. Mai 2005 in der Fassung des betreffenden Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 2006 ist aber insoweit nicht zu folgen, als diese den Regelsatz für einen Haushaltsvorstand für den Zeitraum von Januar bis Juni 2005 versagen. Für diesen Zeitraum hat die Klägerin nach der Rechtsprechung des BSG Anspruch auf den so genannten Eckregelsatz von 100 %. Das BSG hat entschieden (Urteil vom 19. Mai 2009 – B 8 SO 8/08 R; Urteil vom 23. März 2010 – B 8 SO 17/09 R), dass nach Inkrafttreten des SGB XII und des Sozialgesetzbuches, Zweites Buch (SGB II), am 1. Januar 2005 nach Maßgabe des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz) und zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen zwischen dem SGB II und dem SGB XII Einsparungen bei gemeinsamer Haushaltsführung nur dann anzunehmen seien, wenn die zusammenlebenden Personen bei Bedürftigkeit eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne des § 7 Abs. 3 SGB II oder eine Einsatzgemeinschaft im Sinne des § 19 SGB XII bilden. Der erkennende Senat hat mit Urteil vom 9. Dezember 2009 (L 9 SO 12/08) entschieden, dass gerade unter Berücksichtigung des Gleichheitssatzes für einen Haushaltsangehörigen lediglich 80 % des Eckregelsatzes zu gewähren seien. Auf die zugelassene Revision hat das BSG das Urteil des erkennenden Senates jedoch aufgehoben (Urteil vom 9. Juni 2011 – B 8 SO 11/10 R). Der Senat hält es daher für geboten, seine Auffassung nicht weiter zu vertreten und sich der Meinung des BSG anzuschließen. Zur Haushaltsgemeinschaft nach § 19 SGB XII gehören nur minderjährige Kinder. Die Klägerin war zum maßgeblichen Zeitpunkt bereits volljährig, so dass sie der Einsatzgemeinschaft im Sinne des § 19 SGB XII nicht zuzurechnen ist. Somit ist bei ihr für die Zeit von Januar 2005 bis Juni 2005 der Regelsatz für einen Haushaltsvorstand zu berücksichtigen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und orientiert sich an dem jeweiligen Obsiegen der Beteiligten.
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Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 12.06.2014 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten der Klägerin sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Leistungen für Unterkunft und Heizung ab dem 01.02.2012.
3Die am 00.00.1994 geborene Klägerin leidet nach den vorgelegten ärztlichen Unterlagen nach einer im Alter von 6 Monaten durchgeführten Hirnoperation an einem tetraspastischen Syndrom mit einer schweren generalisierten Dyston-dyskinetischen Bewegungsstörung aufgrund einer Stoffwechselerkrankung (Glutarazidurie Typ 1 / Störung des Lysin- und Hydroxylysinstoffewechsels). Bei ihr sind ein Grad der Behinderung von 100 mit den Nachteilsausgleichen "B, G, aG, H und RF" sowie die Pflegestufe III festgestellt worden. Mit Beschluss des Amtsgerichts C vom 31.01.2012 sind die Eltern der Klägerin zu ihren Betreuern in allen Angelegenheiten bestellt worden.
4Die Klägerin wohnt mit ihren Eltern gemeinsam in einem im Eigentum ihres Vaters stehenden Mehrfamilienhaus auf der L-str. 00 in der C Südstadt mit einer Gesamtwohnfläche von etwa 310 qm und einem Verkehrswert i.H.v. ca. 685.000 EUR (vgl. Verkehrswertgutachten Stand November 2011). Die Familie bewohnt das Erd- und Teile des 1. Obergeschosses des Hauses auf einer Wohnfläche von insgesamt ca. 130 qm. Im ersten Obergeschoss befinden sich zudem die vom Vater der Klägerin genutzten Kanzleiräume mit einer Fläche von 56 qm. Das 2. Obergeschoss und das Dachgeschoss mit einer Wohnfläche von insgesamt 124 qm sind an eine Wohngemeinschaft zu einem Nettokaltmietzins von jährlich 12.762 EUR vermietet. Das Grundstück hatte der Vater im Januar 1984 erworben und wohnte bis März 1997 zunächst mit der Familie im 2. Obergeschoss und dem ausgebauten Dachgeschoss, während er seine Kanzlei im ersten Obergeschoss betrieb und das Erdgeschoss an eine Steuerberatungsgesellschaft vermietet war. Aufgrund der mit der Erkrankung der Klägerin verbundenen Bewegungseinschränkungen entschloss sich die Familie, in das Erdgeschoss zu ziehen. Hierfür bauten die Eltern das Erdgeschoss und Teile des 1. Obergeschosses in den Jahren 1996/1997 behindertengerecht um und erweiterten das Haus mit einem Wintergarten und einem Anbau auf der Tiefparterre mit einem Obergeschoss zum Garten hin, wo sie im Jahre 2006 zusätzlich einen Aufzug einbauten. Aufgrund der auch im Zusammenhang mit dem Ausbau des Hauses verbundenen Kreditaufnahmen lasten auf dem Grundstück derzeit noch grundschuldgesicherte Bankverbindlichkeiten von etwa 89.677,34 EUR, für welche monatlich insgesamt 853,14 EUR für Zinsen und Tilgung aufgewendet werden. Im Jahr 2012 betrugen die Restschuld noch 128.000 EUR und die monatlich durchschnittlich zu entrichtenden Zinsen 418,48 EUR. Im Jahr 2011 waren nach Angaben der Eltern der Klägerin von ihnen Nebenkosten i.H.v. monatlich insgesamt 102,78 EUR zzgl. Strom- und Gaskosten von 101,11 EUR bzw. 125,22 EUR und damit insgesamt 329,11 EUR aufzuwenden.
5Die Klägerin wird von ihrer am 11.11.1957 geborenen Mutter in der gemeinsamen Wohnung gepflegt. Diese hatte ihren Beruf als Erzieherin für die Pflege der Klägerin aufgegeben. Seit 2009 bezieht sie eine Rente wegen voller Erwerbsminderung i.H.v. derzeit monatlich 1.022,43 EUR sowie eine Betriebsrente i.H.v. 194,48 EUR. Für die Klägerin wird Kindergeld i.H.v. 184 EUR gezahlt. Der am 06.08.1946 geborene Vater der Klägerin erhält eine Altersrente i.H.v. 183,52 EUR und geht weiterhin seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt nach, mit welcher er im Jahre 2012 ausweislich des vorgelegten Einkommensteuerbescheides Einkünfte i.H.v. 9.299 EUR erzielte. Die Klägerin besucht noch bis Juni 2015 die LVR Christophorus Schule. Nach einer von ihr vorgelegten Bescheinigung vom 15.11.2011 war zu diesem Zeitpunkt beabsichtigt, dass sie die Schule zum 31.07.2013 verlassen würde.
6Ende 2011 beantragten die Eltern der Klägerin erstmals für diese Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch (SGB XII) ab Februar 2012. Bis dahin hatte die Klägerin keine Leistungen der Sozialhilfe erhalten. Im Antragsformular vom 17.01.2012 gaben sie unter Punkt IIII "Angaben zur Wohnung" lediglich "Eigentum" und keine Unterkunftskosten für die Klägerin an. Nach einem in der Verwaltungsakte befindlichen Vermerk kontaktierte die zuständige Sachbearbeiterin der Beklagten den Vater der Klägerin am 30.01.2012 telefonisch und fragte bei diesem nach, ob von der Klägerin Kosten für Unterkunft und Heizung aufzubringen seien. Laut Vermerk antwortete dieser, dass kein Mietvertrag vorliege und auch der Abschluss eines Mietvertrages nicht beabsichtigt sei. Die Tochter wohne im Kinderzimmer und könne auch das Wohnzimmer nutzen. Ein entsprechendes Urteil des Bundessozialgerichts am 14.04.2011 zu Unterkunftskosten kenne er nicht, dieses könne auch nur falsch sein. Nach einem Vermerk über ein Telefonat vom 01.02.2012 teilte der Vater der Klägerin an diesem Tage mit, dass ein Mietvertrag mit seiner Tochter nun abgeschlossen werde. Schließlich erklärte der Vater in einem weiteren Telefongespräch vom 14.02.2012 ausweislich einer aktenkundigen Gesprächsnotiz, dass inzwischen eine Zusatzbetreuung eingerichtet worden sei und er nun einen Mietvertrag mit der Tochter abschließen wolle. In diesem Zusammenhang fragte der Vater nach, wie er den Mietvertrag aufteilen solle und was vom Sozialamt anerkannt werde. Die Tochter nutze ihr Kinderzimmer alleine und die restlichen Räume mit ihnen gemeinsam. Die Nachfrage, ob denn keine Erfahrungswerte über die Höhe der anzuerkennenden Mietkosten vorliegen würden, verneinte die Mitarbeiterin. Die Beklagte beauftragte in der Folge die Deutsche Rentenversicherung Rheinland gemäß § 45 SGB XII mit der Prüfung der Erwerbsfähigkeit bzw. der dauerhaften Erwerbsminderung der Klägerin. Diese teilte am 27.01.2012 mit, dass die Klägerin unabhängig von der Arbeitsmarktlage voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI und es unwahrscheinlich sei, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden könne.
7Mit Bescheid vom 10.02.2012 bewilligte die Beklagte der Klägerin Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII i.H.v. monatlich 349,83 EUR. Sie legte dabei einen Regelbedarf i.H.v. 299 EUR monatlich sowie einen Mehrbedarf wegen Erwerbsminderung i.H.v. 50,83 EUR zu Grunde. Der Bescheid enthielt den Hinweis der Beklagten, dass eine Entscheidung über die eventuell zu gewährenden anteiligen Leistungen für Unterkunft und Heizung erst bei Vorliegen eines Mietvertrages erfolgen könne.
8Mit Beschluss vom 20.03.2012 bestellte das Amtsgericht C den Zeugen Herrn Rechtsanwalt L zum Ergänzungsbetreuer mit dem Aufgabenkreis: Vertretung beim Abschluss eines Mietvertrages mit den Betreuern. Am 23.03.2012 schlossen die Eltern der Klägerin mit der durch den Ergänzungsbetreuer vertretenen Klägerin einen Mietvertrag über die ausschließliche und die anteilige Nutzung des Erdgeschosses unterseitig und des eingeschossigen Anbaus im Haus L-straße 00 mit einer Wohnfläche von insgesamt 46,35 m². Das Mietverhältnis sollte am 01.02.2012 beginnen und auf unbestimmte Dauer abgeschlossen werden. Es sollte mit dem Tag einer eventuell notwendigen dauerhaften Heimunterbringung der Klägerin enden, ohne dass es hierfür der Einhaltung einer gesetzlichen Kündigungsfrist bedarf. Als Kaltmiete vereinbarten die Parteien gemäß einer anliegenden Rechnung vom 14.02.2012 zur Ermittlung einer Vergleichsmiete 10,79 EUR pro Quadratmeter und damit 500,12 EUR. Als Anteil an den Kosten für Heizung und Warmwasser legten sie in Anlehnung an den Verbrauch für das Jahr 2011 66,60 EUR monatlich fest. Der Mietzins sollte zuzüglich der anteiligen Kosten für die Heizung und Warmwasserversorgung monatlich im Voraus, spätestens am dritten Werktag des Monats an den Vermieter gezahlt werden.
9Mit Bescheid vom 26.06.2012 lehnte die Beklagte den Antrag auf Übernahme der Kosten der Unterkunft und Heizung für die Klägerin ab. Zur Begründung führte sie aus, dass ein Anspruch auf Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen voraussetze, dass der Hilfebedürftige einer wirksamen und nicht dauerhaft gestundeten Mietzinsforderung ausgesetzt sei. Bei Verträgen unter nahen Angehörigen seien hohe Ansprüche an den Nachweis der Ernsthaftigkeit einer entsprechenden Mietzinsforderung zu stellen. Hierbei seien die näheren Umstände eines Vertragsabschlusses besonders sorgfältig zu untersuchen. Gerade dann, wenn nach Erreichen der Volljährigkeit des Kindes ein entsprechender Mietvertrag abgeschlossen werde, sich die Lebensumstände ansonsten aber nicht verändert hätten, spreche viel dafür, dass sich die tatsächlichen Wohnverhältnisse nicht ändern würden. Darüber hinaus habe der Vater der Klägerin zunächst auch telefonisch mitgeteilt, keinen Mietvertrag mit der Klägerin abgeschlossen zu haben und auch nicht zu beabsichtigen, einen solchen abzuschließen. Auch sei nicht nachvollziehbar, weshalb sich der Vater anschließend bei ihrer Mitarbeiterin darüber informiert habe, welche Miete vom Sozialamt akzeptiert werde. Die Klägerin entrichte zudem keinen Mietzins, da sie über kein eigenes Konto verfüge und auch nicht in der Lage sei, ein eigenes Konto zu führen.
10Die Klägerin legte gegen diesen Bescheid am 16.07.2012 über ihren Vater Widerspruch ein und machte geltend, dass sie nicht alleine in einem Zimmer schlafen könne, da sie sich infolge immer wieder auftretender Spasmen überstrecke und verbeiße und dann nicht mehr loslassen könne. Sie bedürfe einer "Rund um die Uhr-Betreuung" und könne keine Minute alleine gelassen werden. Insofern hätten sich die Eltern entschlossen, die Parterre des Hauses behindertengerecht umzubauen, das Schlafzimmer der Eltern in die erste Etage des neuen Anbaus zu verlegen und mit einem entsprechenden Aufzug für sie zugänglich zu machen. Sie hätten sämtliche Räume behindertengerecht umgebaut; insofern hätten sich die Wohnverhältnisse infolge ihrer Erkrankung erheblich verändert. Tatsächlich habe bei der Beantragung noch kein Mietvertrag vorgelegen und sei auch deshalb nicht beabsichtigt gewesen, weil ein solcher Mietvertrag nach der den Eltern bislang bekannten höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht notwendig gewesen sei. Aufgrund der zwischenzeitlich geänderten Rechtsprechung habe man diesem Umstand Rechnung tragen wollen und nach Bestellung eines Ergänzungspflegers einen solchen Mietvertrag geschlossen. Die Eltern hätten auch dann einen solchen Mietvertrag mit ihr geschlossen, wenn sie trotz ihrer Schwerbehinderung nach ihrem 18. Lebensjahr in der Lage gewesen wäre, eigenes Einkommen zu erzielen. Aufgrund der umfangreichen Umbaumaßnahmen hätten ihre Eltern sie nicht ab Vollendung des 18. Lebensjahres mietfrei wohnen lassen. Es sei auch nicht verständlich, dass sie ein eigenes Konto benötige, wenn sie über kein eigenes Vermögen und keine eigenen Einkünfte verfüge. Schließlich sei der Mietvertrag mit dem für sie handelnden Ergänzungsbetreuer geschlossen worden, welcher über alle Einzelheiten und die äußeren Umstände umfassend informiert gewesen sei und den Vertragsschluss ernsthaft gewollt habe. Dies werde auch an seinem an das Amtsgericht C verfassten Schreiben vom 23.03.2012 über die Umstände des Mietvertragsschlusses deutlich.
11Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin nach Anhörung sozial erfahrener Personen gemäß § 116 SGB XII mit Widerspruchsbescheid vom 22.01.2013 als unbegründet zurück. Sie gab zur Begründung an, dass aufgrund des vorliegenden Sachverhalts nicht von einer Ernsthaftigkeit der Mietforderung ausgegangen werden könne.
12Die Klägerin hat am 22.02.2013 vor dem Sozialgericht Köln Klage erhoben.
13Sie hat geltend gemacht, dass die Zweifel an der Ernsthaftigkeit des am 23.2.2012 abgeschlossenen Mietvertrages unbegründet seien, da der Abschluss des Mietvertrages sowohl von Seiten ihrer Eltern als auch vom Ergänzungsbetreuer ernsthaft gewollt sei. Dies ergebe sich schon aus dem vom Ergänzungsbetreuer an das Amtsgericht C verfassten Schreiben, mit welchem dieser das Amtsgericht über alle Einzelheiten der Angelegenheit umfassend informiert habe. Sie habe keine Kopf- und Rumpfkontrolle mehr und könne nicht essen und sprechen, sei inkontinent und spastisch. Zwar sei sie nicht geistig behindert, aber aufgrund ihrer totalen körperlichen Beeinträchtigungen retardiert entwickelt. Sie könne nicht längere Zeit in einem Rollstuhl sitzend verbringen und verbringe die meiste Zeit liegend auf einer Matte, teilweise auch in der Schule. Sie besuche weiter die Sonderschule des LVR in C. Für die Schuljahre 2012/2013 und auch 2013/2014 seien Anträge auf Verlängerung der Schulzeit gestellt worden, welchen entsprochen worden sei. Die bis zum Bundesgerichtshof verfolgten Schadensersatzklagen wegen ärztlicher Behandlungsfehler seien abgewiesen worden, da die Zivilrichter davon ausgegangen seien, dass es sich nicht um einen "groben" Behandlungsfehler gehandelt habe. Die vorgenommene umfassende Renovierung sowie der Anbau mit einem Obergeschoss seien alleine aufgrund ihrer Erkrankung erfolgt, damit sie alle Räume der Wohnung nutzen könne. Ihr Vater sei im Jahr 2004 an Borreliose erkrankt und seitdem nur noch äußerst eingeschränkt in der Lage, seine Anwaltskanzlei im ersten Obergeschoss des Hauses zu betreiben. Während beim Kauf des Hauses die als Altersversorgung abgeschlossenen Kapitallebensversicherungen bei weitem ausgereicht hätten, seien diese jedoch aufgrund der weiteren Kapitalaufnahmen für den behindertengerechten Ausbau der Wohnung mehr als aufgezehrt. Aufgrund der nach Eintritt der Behinderung der Klägerin weiter aufgenommenen Kredite bestünden noch heute mit Grundschulden gesicherte Bankverbindlichkeiten von über 100.000 EUR. Der noch laufende Kreditvertrag sei bis 2017 abgeschlossen und müsse dann entweder abgelöst oder verlängert werden. Sämtliche anderen Kredite seien vom Vater nach Vollendung seines 65. Lebensjahres im Jahre 2011 durch fällig gewordene Kapitallebensversicherungen abgelöst worden. Die noch laufende monatliche Kreditbelastung betrage 853,14 EUR. Aufgrund der seit dem Jahre 2004 bestehenden körperlichen und kognitiven Beeinträchtigungen des Vaters werfe die Anwaltskanzlei nur noch so geringe Erträge ab, dass die monatlichen Einnahmen schon jetzt kaum noch ausreichen würden, um die monatlichen Belastungen zu tragen. Deshalb müsse der Vater die Kanzlei in naher Zukunft aufgeben. Ohne ihre Beteiligung an den Unterkunftskosten müssten die Eltern auch das Haus verkaufen und mit ihr in eine behindertengerechte Wohnung ziehen, die sie mit dem Verkaufserlös nicht lange würden halten können. Sie sei ernsthaft gewillt, die vereinbarte Miete zu zahlen. Mietzahlungen seien bislang deshalb nicht erfolgt, weil dafür zurzeit keine ausreichenden finanziellen Mittel zur Verfügung stünden. Ihre Eltern würden ebenfalls den vereinbarten Mietvertrag vollziehen wollen. Es entspreche auch allgemeiner Praxis, von erwachsenen Kindern, die im Haushalt ihrer Eltern leben, einen Betrag zu den Unterkunftskosten zu fordern. Auch Eltern, deren nicht behinderte Kinder als Erwachsene noch zuhause lebten, würden von diesen erwarten, dass sie sich an den Kosten der Unterkunft beteiligten. Etwas anderes könne für erwachsene Kinder mit einer Erwerbsminderung nicht gelten. Es könne gerade aufgrund der sich ständig verändernden Einnahmen der Eltern und der eigens für sie aufgenommenen erheblichen langfristigen Belastungen nicht von den Eltern erwartet werden, dass diese sie kostenlos im eigenen Haus wohnen ließen. Darüber hinaus würden die Mietzinszahlungen auch den Eltern die Möglichkeit geben, sie zuhause zu betreuen und eine kostenintensivere stationäre Unterbringung, einen Verkauf des Hauses und den Eintritt einer dann absehbaren Altersarmut zu vermeiden. Darüber hinaus sichere die Zahlung von Unterkunftskosten auch ihre unabhängige Existenz.
14Die Klägerin hat beantragt,
15das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 12.06.2014 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 26.06.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.01.2013 zu verurteilen, ihr ab dem 01.02.2012 Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 566,72 Euro zu zahlen.
16Die Beklagte hat beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Sie hat macht geltend gemacht, dass sich die anzuerkennenden monatlichen Kosten für das gesamte Haus auf 556,71 EUR für Zinszahlungen, 176,25 EUR für Abgaben und 72,15 EUR für Versicherungen und damit auf insgesamt 805,06 EUR belaufen würden. Bezogen auf den Wohnflächenanteil der Familie der Klägerin ergebe sich daraus ein Kostenanteil von 334,61 EUR. Es sei auch nicht allgemeine Praxis, dass Kinder, die im Haushalt ihrer Eltern leben, einen Beitrag zu den Unterkunftskosten für das von ihnen weiter bewohnte Kinderzimmer zu zahlen hätten. Etwas anderes könne ggf. angenommen werden, wenn die Kinder aufgrund ihrer Volljährigkeit eine Einliegerwohnung bewohnen würden, welche bei Auszug des Kindes fremdvermietet werden könne.
19Das Sozialgericht Köln hat die Klage mit Urteil vom 12.06.2014 abgewiesen.
20In Anwendung der vom Bundessozialgericht entwickelten Maßstäbe hätten volljährige hilfebedürftige Personen, die mit nicht hilfebedürftigen verwandten oder verschwägerten Personen in einer Haushaltsgemeinschaft zusammen leben, und weder die Konstellation einer Bedarfsgemeinschaft nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II), noch einer Einsatzgemeinschaft nach dem SGB XII, noch einer so genannten gemischten Bedarfsgemeinschaft vorliege, lediglich einen Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung, wenn sie einer rechtswirksamen, ernsthaften Pflicht zur Tragung entsprechender Kosten ausgesetzt seien. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Zwar habe die Klägerin vertreten durch den Ergänzungsbetreuer mit ihren Eltern einen rechtswirksamen Mietvertrag abgeschlossen, da keine Anhaltspunkte für die Annahme eines Scheingeschäfts gemäß § 117 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) vorliegen würden. Der Ergänzungsbetreuer sei, wie sich aus seiner Korrespondenz mit dem Amtsgerichts C ergebe, vom Abschluss eines rechtswirksamen Mietvertrages ausgegangen. Allerdings setze der Anspruch auf Unterkunftskosten weiter voraus, dass es sich um eine sozial wirksame Forderung handele, was bei Verträgen unter nahen Angehörigen eine differenzierte Betrachtung erfordere. Dagegen spreche hier, dass der Vater und Betreuer der Klägerin noch im Januar 2012 die Ansicht vertreten habe, dass eine mietvertragliche Regelung nicht bestehe und auch nicht geschlossen werden solle. Erst nach der Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei ein Mietvertrag geschlossen worden, was sich auch daraus ergebe, dass der Mietvertrag der Eltern alleine mit Blick auf einen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen und nicht zur Begründung davon unabhängiger Mietverbindlichkeiten der Klägerin abgeschlossen worden sei. Darüber hinaus würden für den Abschluss eines Mietvertrages gerade zum 01.02.2012 unabhängig von der zu diesem Zeitpunkt eingetretenen Volljährigkeit der Klägerin keine Gesichtspunkte sprechen. Sowohl die Wohn- als auch die sonstige Lebensverhältnisse der Klägerin seien unverändert geblieben. Gleiches gelte für die wirtschaftlichen Verhältnisse der Eltern. Unverändert sei auch die wirtschaftliche Belastung der Eltern aufgrund der bereits in den Jahren 1996/1997 realisierten Baumaßnahmen gewesen. Ferner ändere auch die Volljährigkeit der Klägerin nichts an der Unterhaltsverpflichtung der Eltern gegenüber der Klägerin, welche bereits durch die Übernahme des Regelbedarfes ab dem 01.02.2012 entlastet würden. Schließlich entspreche es auch nicht der Üblichkeit, dass Eltern von ihren Kindern ohne eigenes Einkommen ab Vollendung des 18. Lebensjahres eine Beteiligung an den Kosten des Eigenheims verlangen. Selbst bei gerade volljährig gewordenen Kindern mit eigenem Einkommen dürfte dies eher die Ausnahme als die Regel sein. Dabei sei zu berücksichtigen, dass es sich bei den vermieteten Räumlichkeiten um nicht abtrennbare Teile der elterlichen Wohnung handele, welche für den Fall, dass die Klägerin die elterliche Wohnung verlasse, nicht getrennt vermietet werden könnten. Auch sei die Höhe des vereinbarten Mietzinses erkennbar nicht in Ansehung des auf dem Markt für das Mietobjekt konkret erzielbaren Mietzinses vereinbart worden, wie dies bei einer sozial wirksame Mietvereinbarung zu erwarten gewesen wäre. So sei die Orientierung an den entsprechenden formalen, im Mietspiegel festgelegten Kriterien nicht sachgerecht, da sich diese auf abgeschlossene Wohneinheiten bezögen und nicht auf die Wohnung der Klägerin und ihrer Eltern.
21Die Klägerin hat gegen das am 29.06.2014 zugestellte Urteil des Sozialgerichts am 24.07.2014 Berufung eingelegt. Ergänzend führt sie aus, dass ab dem 01.11.2014 ein weiteres Darlehen i.H.v. 50.000 EUR für erforderliche Reparaturmaßnahmen an der Heizungsanlage, Fenster des Hauses sowie die Rückführung des ausgeschöpften Kontokorrentrahmens der beiden Geschäftskonten des Vaters habe aufgenommen werden müssen. Dies wäre nicht erforderlich gewesen, wenn die Beklagte antragsgemäß seit Februar 2012 auch den Bedarf für den eigens für die Klägerin hergerichteten Wohnraum berücksichtigt hätte. Ihre Eltern seien sehr wohl auf Mietzahlungen angewiesen. Die Einnahmen des Vaters würden sich zunehmend verringern. Bei ihm sei 2004 gutachterlich eine Berufsunfähigkeit von 70 % festgestellt worden. Ihr Vater habe sich mit 65 nicht wie geplant zur Ruhe setzen können, da er aufgrund der weiterhin bestehenden Kreditverbindlichkeiten auf weitere Einnahmen aus seiner Anwaltstätigkeit angewiesen sei. Ansonsten hätte er schon 2011 das Haus verkaufen müssen. Es könnten nicht allein diejenigen Hilfebedürftigen Leistungen beanspruchen, deren Eltern bereit seien, sie bei Ausbleiben der Mietzinszahlungen auf die Straße zu setzen. Würde man jeden Mietvertrag, der anlässlich eines Antrages auf Grundsicherungsleistungen nach dem Vierten Kapitel geschlossen werde, als sittenwidrig bzw. nicht ernsthaft gewollt ansehen, sei es hilfebedürftigen Personen, die erst nach der maßgeblichen Entscheidung des Bundessozialgerichts volljährig geworden seien, nahezu unmöglich, einen Anspruch auf Leistungen für Kosten der Unterkunft durchzusetzen.
22Die Klägerin beantragt,
23das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 12.06.2014 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 26.06.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.01.2013 zu verurteilen, ihr ab dem 01.02.2012 Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 566,72 Euro zu zahlen.
24Die Beklagte beantragt,
25die Berufung zurückzuweisen.
26Die Beklagte verweist ergänzend darauf, dass auch aufgrund der Tatsache, dass die Eltern das Mietverhältnis trotz der aufgelaufenen Mietrückstände von bislang über 20.000 EUR noch nicht gekündigt hätten, nicht von einem ernsthaften Vertragsschluss ausgegangen werden könne.
27Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 19.03.2015 Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Zeugen Rechtsanwalt L. Für das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift, Bl. 214 ff. der Prozessakten, verwiesen. Für die übrigen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streit- und die beigezogene Verwaltungsakte sowie die darin enthaltenen Schriftsätze, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung geworden sind, Bezug genommen.
28Entscheidungsgründe:
29I. Die Berufung ist zulässig.
30Gegenstand des Berufungsverfahren ist alleine der die Bewilligung von Leistungen für Unterkunft und Heizung ablehnende Bescheid der Beklagten vom 26.06.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.01.2013 (§ 95 SGG). Bei den Kosten für Unterkunft und Heizung handelt es sich um einen selbstständigen Anspruch, der durch einen selbstständigen Verfügungssatz geregelt wird und dementsprechend auch alleiniger, selbstständiger Gegenstand einer Klage sein kann (vgl. Bundessozialgericht, Urt. v. 14.04.2011 - B 8 SO 18/09 R -, juris Rn. 10). Die Beklagte hatte der Klägerin zunächst mit einem gesondertem Bescheid vom 10.02.2012 Leistungen in Höhe der Regelbedarfsstufe 3 sowie eines Mehrbedarfs wegen ihrer Behinderung bewilligt und ausdrücklich noch keine Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen für Unterkunft und Heizung getroffen. Dagegen betraf der angegriffene Bescheid lediglich die Ablehnung von Leistungen für Unterkunft und Heizung, die damit alleiniger Klagegegenstand geworden sind.
31In zeitlicher Hinsicht ist bei der hier vorliegenden zeitlich unbefristeten Ablehnung grundsätzlich der gesamte Zeitraum bis zur letzten mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren Gegenstand des Rechtsstreits (Bundessozialgericht, Urt. v. 11.12.2007 - B 8/9b SO 12/06 R -, juris Rn. 8 m.w.N; Urt. v. 25.08.2011 - B 8 SO 19/10 R -, juris Rn. 9). Eine den Streitgegenstand in zeitlicher Hinsicht beschränkende prozessuale Erklärung liegt nicht vor (vgl. dazu Bundessozialgericht, Urt. v. 18.03.2008 - B 8/9b SO 11/06 R -, juris Rn. 10; Urt. v. 09.06.2011 - B 8 SO 11/10 R -, juris Rn. 10).
32II. Die Berufung ist jedoch unbegründet. Zutreffend hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die von der Klägerin erhobene Klage ist zulässig, aber unbegründet.
331. Das Begehren der Klägerin, mit welchem sie sich gegen die vollständige Ablehnung von Leistungen für Unterkunft und Heizung wendet, ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1 und Abs. 4 und § 56 SGG) statthaft (vgl. Bundessozialgericht, Urt. v. 25.08.2011 - B 8 SO 19/10 R -, juris Rn. 9). Richtiger Klagegegner (§ 70 Nr. 1 SGG) ist die Stadt C; das Vorverfahren nach § 78 Abs. 1 S. 1 SGG wurde ordnungsgemäß durchgeführt. Die erforderliche beratende Beteiligung sozial erfahrener Dritter (§ 116 Abs. 2 SGB XII) hat stattgefunden.
342. Die Klage ist nicht begründet. Die Klägerin ist durch den angegriffenen Bescheid der Beklagten vom 26.6.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.1.2013 nicht beschwert im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Der Bescheid ist rechtmäßig.
35a) Der Bescheid vom 26.06.2012 ist formell rechtmäßig. Insbesondere war die Beklagte für den Erlass des Bescheides sachlich und örtlich zuständig.
36Die sachliche Zuständigkeit des örtlichen Trägers der Sozialhilfe folgt aus § 97 Abs. 1 SGB XII. Eine vorrangige Zuständigkeit des überörtlichen Trägers nach Landesrecht (§ 97 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 2 der Ausführungsverordnung zum SGB XII des Landes Nordrhein-Westfalen) besteht nicht. Zuständiger örtlicher Träger der Sozialhilfe ist die Beklagte als nicht kreisangehörige Stadt gem. § 1 Abs. 1 Ausführungsgesetz zum SGB XII des Landes Nordrhein-Westfalen (AG-SGB XII NRW). Die örtliche Zuständigkeit der Beklagten folgt aus § 98 Abs. 1 Satz 2 SGB XII. Die Klägerin hatte während des streitigen Zeitraumes ihren gewöhnlichen Aufenthalt (§ 30 Abs. 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil) durchgehend im Haus ihres Vaters in C.
37b) Der angefochtene Bescheid ist auch materiell rechtmäßig.
38Es kann davon ausgegangen werden, dass die Klägerin ab dem 01.02.2012 dem Grunde nach die Anspruchsvoraussetzungen der §§ 19 Abs. 2, 41 ff. SGB XII erfüllt. Die Klägerin gehört dem Personenkreis des § 41 Abs. 1 und Abs. 3 SGB XII an. Die DRV Rheinland hat im Verfahren nach § 45 SGB XII festgestellt, dass die Klägerin seit jeher voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI ist. Es gibt für den Senat angesichts der von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Unterlagen keine Veranlassung, diese Einschätzung in Frage zu stellen. Die Klägerin verfügt auch über kein eigenes Einkommen und Vermögen. Auch das elterliche Einkommen und Vermögen ist nicht bedarfsmindernd zu berücksichtigen, da elterliches Einkommen von jährlich mindestens 100.000,00 EUR nicht vorhanden ist (§ 43 Abs. 3 Satz 1 SGB XII).
39Ein Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung ist schon mangels entsprechenden Bedarfs ausgeschlossen. Nach § 42 Satz 1 Nr. 4 SGB XII umfassen die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Vierten Abschnitt des Dritten Kapitels SGB XII. Gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 SGB XII werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in tatsächlicher Höhe erbracht. Sie werden sowohl nach dem SGB II als auch nach dem SGB XII nur erbracht, wenn und soweit der leistungsberechtigten Person tatsächliche Aufwendungen bzw. tatsächliche Kosten für Unterkunft und Heizung entstehen (vgl. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II, § 35 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 SGB XII). Ein Anspruch auf Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung setzt grundsätzlich einen entsprechenden tatsächlichen Bedarf - im Sinne einer wirksamen zivilrechtlichen Verpflichtung gegenüber Dritten - voraus (sh. zur vergleichbaren Problematik im SGB II: Bundessozialgericht, Urteil vom 20.08.2009 - B 14 AS 34/08 R -, juris Rn. 16, Urt. v. 03.03.2009 - B 4 AS 37/08 R -, juris Rn. 24 f.; Urt. v. 07.05.2009 - B 14 AS 31/07 R -, juris Rn. 16 ff.).). Dies gilt jedenfalls dann, wenn diese Person mit anderen, nichthilfebedürftigen Personen in einer Haushaltsgemeinschaft lebt, wenn also weder eine Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB II noch eine Einsatzgemeinschaft nach dem SGB XII noch eine sog. gemischte Bedarfsgemeinschaft (d.h. zwischen Leistungsberechtigten nach dem SGB II und dem SGB XII) besteht (Bundessozialgericht, Urt. v. 25.08.2011 - B 8 SO 29/10 R -, juris Rn. 12). Für einen Anspruch nach § 35 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 SGB XII kommt es daher in diesen Fällen darauf an, ob ein wirksamer, mit Rechtsbindungswillen unter Beachtung von §§ 117, 133 BGB geschlossener Mietvertrag geschlossen wurde und die hilfebedürftige Person darüber hinaus einer ernsthaften Mietzinsforderung der mit ihr zusammenlebenden Personen ausgesetzt ist (Bundessozialgericht, Urt. v. 03.03.2009 - B 4 AS 37/08 R -, juris Rn. 27). Die Annahme tatsächlicher Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach der sog. Kopfteilmethode, wonach die Kosten der Unterkunft und Heizung im Regelfall unabhängig von Alter und Nutzungsintensität anteilig pro Kopf aufzuteilen sind, wenn Hilfebedürftige eine Unterkunft gemeinsam mit anderen Personen, insbesondere anderen Familienangehörigen, nutzen, kommt demgegenüber nur dann in Betracht, wenn die Konstellation einer Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB II oder einer Einsatzgemeinschaft nach dem SGB XII oder einer sog gemischten Bedarfsgemeinschaft besteht, bei der mindestens eine Person dem System des SGB II und mindestens eine andere dem System des SGB XII zuzuordnen ist (vgl. Bundessozialgericht, Urt. v. 14.04.2011 - B 8 SO 18/09 R -, juris Rn. 15; Urt. v. 25.08.2011 - B 8 SO 29/10 R -, juris Rn. 12 f.). Auch für die Gewährung von Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 SGB II ist es grundsätzlich Voraussetzung, dass die leistungsberechtigte Person einer ernsthaften Mietzinsforderung ausgesetzt ist, was insbesondere dann einer besonderen Prüfung bedarf, wenn ein erwachsenes Kind - alleine oder zusammen mit anderen Personen - in einer einem Verwandten gehörenden Wohnung lebt (vgl. BSG, Urt. v. 03.03.2009 - B 4 AS 37/08 R -, juris Rn. 24 f.; Urt. v. 07.05.2009 - B 14 AS 31/07 R -, juris Rn. 16 ff.).
40Zwischen der Klägerin und ihren Eltern bzw. ihrem Vater bestand keine Einsatzgemeinschaft (zu diesem Begriff vgl. Coseriu, in: jurisPK-SGB XII, Stand 18.03.2015, § 19 Rn. 12 ff., 17). Denn § 19 Abs. 2 i.V.m. § 27 Abs. 2 SGB XII sieht bei Leistungen nach dem Vierten Kapitel SGB XII grundsätzlich keine Berücksichtigung von Vermögen und/oder Einkommen der Eltern vor; ein Ausnahmefall wegen eines besonders hohen elterlichen Einkommens (§ 43 Abs. 3 Satz 1 SGB XII) lag bei der Klägerin nicht vor, da elterliches Einkommen von mindestens 100.000,00 EUR nicht vorhanden war.
41Ob und in welchem Umfang einem erwachsenen Kind, das mit seinen Eltern zusammenlebt, tatsächliche Aufwendungen für Unterkunft und Heizung entstehen, hängt im Wesentlichen davon ab, ob es einer wirksam vereinbarten (Unter-)Mietzinsforderung seiner Eltern ausgesetzt ist, d.h. ob zum einen ein wirksamer Mietvertrag abgeschlossen worden ist und zum anderen dieser von Seiten des Vermieters auch tatsächlich vollzogen werden soll (vgl. Landessozialgericht Schleswig-Holstein, Urt. v. 29.06.2011 - L 9 SO 16/10 -, juris Rn. 25). Dabei bedarf es regelmäßig einer Beurteilung aller Umstände des Einzelfalls, welche sich einer verallgemeinerungsfähigen Betrachtung verschließt. Ausgehend hiervon ist die Klägerin keiner Mietzinsforderung ihrer Eltern ausgesetzt, da durch die Bestellung eines Ergänzungsbetreuers zwar ein wirksamer Mietvertrag abgeschlossen worden ist (aa), allerdings nicht vom ernsthaften Willen der Eltern ausgegangen werden kann, diesen auch umzusetzen (bb).
42aa) Zwischen den Eltern der Klägerin und der Klägerin ist ein wirksamer Mietvertrag mit Wirkung ab dem 01.02.2012 abgeschlossen worden.
43(1) Maßgeblich für die Frage eines wirksamen Mietvertragsschlusses ist der rechtliche Bindungswille der beteiligten Vertragsparteien. Ob ein solcher vorliegt, ist durch Auslegung zu ermitteln. Dabei sind alle Umstände des Einzelfalls zu würdigen. Ob der Hilfebedürftige der Verpflichtung aus eigenen Mitteln wird nachkommen können oder in der Vergangenheit nachkommen konnte, ist dabei ebenso wenig entscheidend (vgl. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urt. v. 20.02.2014 - L 15 SO 23/13 -, juris Rn. 70) wie der Umstand, ob die Aufwendungen bisher durch andere Sozialleistungen gedeckt wurden. Im Übrigen kommt eine Übertragung der in der steuerrechtlichen Rechtsprechung entwickelten Maßstäbe des sog. Fremdvergleichs nicht in Betracht (vgl. zum Ganzen Bundessozialgericht, Urt. v. 03.03.2009 - B 4 AS 37/08 R -, juris Rn. 24 ff.; Urt. v. 07.05.2009 - B 14 AS 31/07 R -, juris Rn. 17 ff.; Urt. v. 22.08.2013 - B 14 AS 85/12 R -, juris Rn. 26; vgl. auch Bundessozialgericht, Beschl. v. 25.08.2011 - B 8 SO 1/11 B -, juris Rn. 7). Für die Frage, ob die den Mietvertrag abschließenden Parteien mit Rechtsbindungswillen gehandelt haben, kommt es auf den objektiven Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB) an. In Bezug auf die Klägerin ist dabei wegen des eigens zum Zwecke des Mietvertragsschlusses bestellten weiteren Betreuers auf die Person des Betreuers abzustellen, der die Klägerin beim Vertragsschluss als gesetzlicher Vertreter vertreten hat (§ 1902 BGB).
44Eine empfangsbedürftige Willenserklärung ist gem. § 116 BGB nicht bereits deshalb nichtig, weil sich der Erklärende - wofür hier keine Anhaltspunkte bestehen - insgeheim vorbehält, das Erklärte nicht zu wollen und der Empfänger diesen Vorbehalt nicht kennt. Allerdings ist ein Vertrag als sogenanntes Scheingeschäft gem. § 117 Abs. 1 BGB nichtig, wenn eine Willenserklärung einem anderen gegenüber mit dessen Einverständnis nur zum Schein abgegeben wird. Ein Scheingeschäft liegt vor, wenn die Parteien einverständlich nur den äußeren Anschein des Abschlusses eines Rechtsgeschäfts hervorrufen, die mit diesem Geschäft verbundenen Rechtsfolgen dagegen nicht eintreten lassen wollen. Entscheidende Bedeutung kommt dabei der Frage zu, ob die Parteien die zivilrechtliche Wirksamkeit des Geschäfts ernstlich wollen oder nicht. Hierbei ist zu berücksichtigen, ob die Parteien zur Erreichung des mit dem Rechtsgeschäft erstrebten Erfolgs ein Scheingeschäft für genügend oder ein zivilrechtlich wirksames, ernst gemeintes Rechtsgeschäft für notwendig erachtet haben. Ersteres spricht für, letzteres gegen das Vorliegen eines Scheingeschäfts. Trotz der Abhängigkeit vom Willen der Parteien spricht viel gegen ein Scheingeschäft, wenn der von den Parteien erstrebte Erfolg objektiv die zivilrechtliche Gültigkeit des Geschäfts voraussetzt (vgl. Illmer, in: jurisPK-BGB, Stand 01.10.2014, § 117 Rn. 4 m.w.N.).
45Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass es sich bei dem zwischen den Eltern der Klägerin und dem Ergänzungsbetreuer geschlossenen Mietvertrag nicht um ein Scheingeschäft in diesem Sinne handelt. Der Ergänzungsbetreuer hat beim Abschluss des Mietvertrages mit Rechtsbindungswillen gehandelt haben und ist nicht von einem fehlenden Rechtsbindungswillen bzw. einem geheimen Vorbehalt der Eltern ausgegangen. Er wollte aus objektiver Empfängersicht erkennbar eine wirksame Verpflichtung der Klägerin zur Zahlung von Miete begründen. Es haben sich keine Anhaltspunkte dafür finden lassen, dass er gegenüber den Eltern zu erkennen gegeben hat, die Willenserklärung nur zum Schein - und ggf. auf Veranlassung der Eltern - für die Klägerin abgeben wollte. Dies legen zum einen seine Ausführungen in dem an das Amtsgericht C übermittelten Schreiben vom 23.03.2012 über die Gründe und den Inhalt des abgeschlossenen Mietvertrages nahe. Darin schildert er die gesundheitliche Situation der Klägerin, die Wohnverhältnisse der Familie sowie die für die Wohnbedürfnisse der Klägerin notwendig gewordenen baulichen Veränderungen in den Jahren 1996/1997. Daraus und aus der mit dem Mietspiegel der Stadt C ermittelten Vergleichsmiete von 10,79 EUR pro Quadratmeter folgert er, dass der abgeschlossene Mietvertrag angemessen und dem Wohle der Betreuten dienlich und förderlich sei. Zum anderen ergeben sich auch aus den Aussagen des Zeugen im Verhandlungstermin keine Gründe, an seinem Rechtsbindungswillen ernsthaft zu zweifeln. Zwar erscheinen seine Ausführungen zur Ermittlung und zur Höhe des Mietzinses durch ihn als Vertreter der Klägerin zumindest ungewöhnlich, da üblicherweise der Vermieter und nicht der Mieter den Mietpreis festlegt und darüber hinaus auch die Höhe der Miete über dem nach der Kopfteilmethode auf die Klägerin entfallenden Anteil aber auch höher als die Vergleichsmiete der übrigen Mieter der Eltern liegt. Dies erscheint auch im Hinblick auf seine am Wohl der Betreuten nach § 1901 Abs. 2 Satz 1 BGB auszurichtende Tätigkeit nicht zweckdienlich, da er für die weiterhin die Schule besuchende Klägerin möglicherweise zunächst ein kostenloses Wohnrecht oder aber einen deutlich günstigeren Mietzins hätte aushandeln können. Gleichwohl wollte er aber nach eigenem Bekunden insbesondere deshalb den Mietvertrag abschließen, da er selbst den Mietpreis für angemessen hielt und zudem davon ausging, dass der Sozialhilfeträger die Miete bezahlen werde. Er hielt den vereinbarten Mietzins auch unter Berücksichtigung der mit der Nutzung der Wohnung durch die Klägerin für die Eltern einhergehenden Einschränkungen ihres Wohnkomforts für gerechtfertigt. Überdies hat er auch glaubhaft versichert, beim Abschluss des Mietvertrages nicht an den Abschluss eines Scheingeschäftes gedacht zu haben.
46Geht man im Ergebnis von einem rechtlichen Bindungswille des Betreuers der Klägerin im Zusammenhang mit dem Abschluss des schriftlichen Mietvertrages vom 23.03.2012 aus objektiver Empfängersicht aus, fehlt es an dem für die Annahme eines Scheingeschäfts im Sinne von § 117 BGB erforderlichen Zusammenwirken der Vertragsparteien beim Hervorrufen eines bloßen Scheins des Rechtsgeschäfts. In diesem Fall kann ebenso wenig davon ausgegangen werden, dass der Ergänzungsbetreuer einen etwaigen geheimen Vorbehalt des Vaters der Klägerin kannte, das Erklärte nicht zu wollen. Nachweisbare Umstände hierfür sind jedenfalls nicht ersichtlich.
47(2) Bei dem Mietvertrag vom 23.03.2012 handelt es sich auch nicht um einen unzulässigen Vertrag zu Lasten Dritter. Dass sich eine zwischen zwei Parteien vereinbarte Regelung für einen Dritten wirtschaftlich nachteilig auswirkt, macht die Vereinbarung nicht zu einem Vertrag zu Lasten Dritter im Rechtssinne (vgl. Bundesgerichtshof, Urt. v. 06.02.2009 - V ZR 130/08 -, juris Rn. 8).
48(3) Er ist auch nicht wegen Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB nichtig. Die Frage der Sittenwidrigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB beurteilt sich danach, ob die Begründung von Zahlungsansprüchen mit der Folge, dass der Sozialhilfeträger eintreten muss, nach Inhalt, Beweggrund und Zweck in einer Weise zu missbilligen ist, dass es dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden widerspricht (vgl. Bundesgerichtshof, a.a.O., Rn. 10). Das ist im vorliegenden Fall nicht anzunehmen. Grundsätzlich erscheint die Begründung einer rechtlichen Verbindlichkeit zur Zahlung von Unterkunfts- und Heizkosten als naheliegende und nicht beanstandungswürdige Gestaltungsmöglichkeit, wenn Eltern ihr behindertes oder sonst in Schwierigkeiten befindliche Kind in ihren Haushalt aufnehmen (ebenso Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 11.08.2014 - L 20 SO 141/13 -, juris Rn. 42). Insoweit fällt auch ins Gewicht, dass im Falle des Auszugs der Klägerin aus der Wohnung ihrer Eltern, sei es durch den Umzug in eine eigene Wohnung oder durch Aufnahme in eine stationäre Einrichtung, in jedem Fall erheblich höhere Kosten entstünden.
49(4) Der Mietvertrag ist auch nicht wegen der unterbliebenen Genehmigung des Betreuungsgerichts schwebend unwirksam, denn der Mietvertrag war nicht genehmigungsbedürftig.
50Nach § 1907 Abs. 3 BGB bedarf der Betreuer der Genehmigung des Betreuungsgerichts zu einem Miet- oder Pachtvertrag oder zu einem anderen Vertrag, durch den der Betreute zu wiederkehrenden Leistungen verpflichtet wird, wenn das Vertragsverhältnis länger als vier Jahre dauern oder vom Betreuer Wohnraum vermietet werden soll. Der Genehmigungsvorbehalt betrifft zwar nicht nur Verträge, die nach ihrer Geltungsfrist ausdrücklich auf eine längere Zeitspanne als vier Jahre abgeschlossen werden. Erfasst werden vielmehr auch Verträge, die auf unbestimmte Zeit abgeschlossen werden und eine Beendigung nicht oder nur unter erheblichen finanziellen Einbußen vor Ablauf von vier Jahren gestatten. Ist der Vertrag auf unbestimmte Zeit geschlossen, eine Kündigung indessen rechtlich und wirtschaftlich sinnvoll jederzeit möglich, bedarf der Vertrag keiner Genehmigung (zum Ganzen Jaschinski, in; jurisPK-BGB, § 1907, Stand 01.10.2014, Rn. 36 f. m.N.).
51Dies ist hier der Fall, weil der vom Kläger auf unbestimmte Zeit abgeschlossene Untermietvertrag ohne weiteres innerhalb der Kündigungsfrist des § 573c Abs. 1 Satz 1 BGB kündbar ist.
52bb) Allerdings kann zur Überzeugung des Senats unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin tatsächlich einer ernsthaften Mietzinsforderung ihrer Eltern ausgesetzt ist und der wirksam abgeschlossene Mietvertrag auch tatsächlich praktiziert wird. Unabhängig von der Frage eines wirksamen Mietvertragsschlusses, welcher vorliegend allein deshalb möglich werden konnte, da jedenfalls der Ergänzungsbetreuer der Klägerin mit Rechtsbindungswillen handelte und offenbar auch nicht am Rechtsbindungswillen der Eltern zweifelte, besteht kein Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung, wenn der wirksam abgeschlossene Mietvertrag tatsächlich nicht vollzogen wird bzw. die entstehenden Mietzinsforderungen dauerhaft gestundet werden (vgl. hierzu Bundessozialgericht, Urt. v. 23.03.2010 - B 8 SO 24/08 R -, juris Rn. 13). Insoweit steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Eltern der Klägerin die Vollziehung des Mietvertrages insbesondere die Zahlung des Mietzinses von ihrer Tochter nicht ernstlich verlangen bzw. gewollt haben.
53(1) Hierfür sprechen zum einen bereits die vom Vater der Klägerin im Vorfeld des Vertragsschlusses gemachten Äußerungen gegenüber der Beklagten. Sein ganzes Verhalten ist Ausdruck davon, dass die Eltern der Klägerin von ihrer Tochter zu keinem Zeitpunkt Mietzinszahlungen verlangten bzw. derzeit verlangen, sondern alleine einen Leistungsanspruch der Klägerin gegenüber der Beklagten begründen wollten. So hat der Vater unbestritten auf telefonische Nachfrage seitens der Beklagten mitgeteilt, dass ein Mietvertrag mit der Klägerin nicht bestehe und auch nicht beabsichtigt sei. Erst nachdem er von der Sachbearbeiterin auf die Geltendmachung von Unterkunfts- und Heizkosten angesprochen worden war und erfahren hatte, dass ein Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung den wirksamen Abschluss eines Mietvertrages voraussetzt, hat er die Absicht gefasst, mit seiner Tochter einen Mietvertrag zu schließen. Auch die Vertragsmodalitäten wollte der Vater jedoch nicht nach den eigenen Interessen als Vermieter oder aber nach den Vorstellungen der Mieterin gestalten, wie es auch unter Berücksichtigung ihrer familiären Beziehungen beim Abschluss eines zivilrechtlichen Vertrages anzunehmen wäre. Vielmehr wollte er sowohl die räumliche Aufteilung der Wohnung als auch den Mietzins danach bemessen, was von der Beklagten akzeptiert wird. Insofern sind seine Ausführungen keinesfalls so zu verstehen, dass er als Betreuer für die Klägerin eine Zustimmung zum Abschluss eines entsprechenden Vertrages erfragte. Vielmehr wollte er unabhängig offenbar von seinen Interessen die vertragliche Gestaltung so anpassen, dass die Beklagte die Mietzinsforderung akzeptierte. Gerade daran aber wird deutlich, dass nicht die eigene Tochter, sondern vielmehr nur die Beklagte mit Hilfe des Mietvertrages verpflichtet werden sollte. In diesem Sinne hat sich der Vater der Klägerin auch im Klageverfahren eingelassen. So hat er in seinem Schreiben vom 28.02.2013 mitgeteilt, dass er die gegenüber der Klägerin bestehenden Mietzinsforderungen gestundet habe, bis diese in der Lage sei , eine Arbeit aufzunehmen oder zu eigenem Vermögen komme. Im Verhandlungstermin hat er diese Aussage bekräftigt und ferner verdeutlicht, dass die Klägerin aufgrund ihrer spezifischen Behinderung nie in der Lage sein würde, eine Ausbildung zu absolvieren und einen gewöhnlichen Beruf auszuüben. Er würde von der Klägerin auch im Falle ihrer Erwerbsfähigkeit solange keine Mietzinszahlungen verlangen, wie sie nicht in der Lage sei, diese mit eigenem Einkommen zu begleichen. Selbst während einer Ausbildung würde er hiervon Abstand nehmen, wenn sie nicht mehr als die üblicherweise geringe Ausbildungsvergütung erhalte.
54Soll mit einem Mietvertrag tatsächlich keine Schuld des Leistungsempfängers, sondern eine Pflicht des Sozialhilfeträgers begründet werden, sind ernsthafte Zweifel angebracht, eine Vollziehung des geschlossenen Mietvertrages anzunehmen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn auch nach den weiteren persönlichen und finanziellen Umständen davon auszugehen ist, dass zu keinem Zeitpunkt eine tatsächliche Vollziehung des Mietvertrages von Seiten des Vermieters beabsichtigt war. Dabei wird nicht verkannt, dass die Begründung einer rechtlichen Verbindlichkeit zur Zahlung von Unterkunfts- und Heizkosten in Fällen der vorliegenden Art grundsätzlich als nahe liegende und nicht beanstandungswürdige Gestaltungsmöglichkeit erscheint, deren Wahrnehmung nicht zwingend als missbräuchlich anzusehen ist. § 43 Abs. 3 S. 1 SGB XII deutet darauf hin, dass bei derartigen wirtschaftlichen Verhältnissen im Falle der Betreuung eines voll erwerbsgeminderten erwachsenen Kindes im elterlichen Haushalt eine wirtschaftliche Zuweisung von für das Kind entstehenden Unterkunfts- und Heizkosten in die von der Allgemeinheit aufzubringenden Sozialhilfekosten durch entsprechende zivilrechtliche Gestaltungen gerechtfertigt erscheint (vergleiche Landessozialgericht Nordrheinwestfalen, a.a.O., Rn. 66).
55(2) Allerdings sprechen weitere Umstände des Einzelfalls gegen eine Ernsthaftigkeit der Mietzinsforderung. Gegen den ernsthaften Willen, von der Klägerin Mietzinszahlungen zu fordern, spricht auch die persönliche Situation der Klägerin zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Nach den Angaben ihres Vaters befand sich die Klägerin zum Zeitpunkt der Antragstellung in der zehnten Klasse der von ihr besuchten Schule, die sie auch weiterhin besucht und erst im Juni 2015 verlassen wird (bzw. aufgrund ihres Alters verlassen muss). Dass Eltern von ihren schulpflichtigen, einkommenslosen Kindern Mietzinsen für das von diesen bewohnte Kinderzimmer und für die Mitbenutzung der übrigen Räume verlangen, ist entgegen der vom Vater der Klägerin vertretenen Auffassung völlig unüblich und zwar unabhängig davon, ob die Kinder an einer Behinderung leiden oder nicht. Vielmehr kann davon ausgegangen werden, dass Eltern von ihren Kindern jedenfalls so lange keine Kosten für die Unterkunft und Heizung verlangen, wie diese sich in der schulischen Ausbildung befinden und darüber hinaus u. U. sogar bis zu demjenigen Zeitpunkt, ab dem sie die Möglichkeit haben, sich durch eigenes Einkommen an den Unterkunftskosten zu beteiligen. Andernfalls müssten volljährige Kinder zur Sicherstellung ihres Lebensunterhalts die Schule abbrechen und einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Selbst während einer Ausbildung oder eines Studiums dürfte bei Eltern lediglich dann ein ernsthafter Wille angenommen werden können, von ihren Kindern anteilig Mietzinszahlungen zu verlangen, wenn diese mit bzw. während ihrer Ausbildung Einkommen in relevanter Höhe erzielen. Gerade vor diesem Hintergrund ist nicht erkennbar, weshalb die Klägerin noch während ihrer Schulzeit für die Unterkunft im elterlichen Haushalt Mietzinsen aufwenden soll. Selbst die überobligatorischen finanziellen Belastungen für die bauliche Gestaltung der Familienwohnung zugunsten des behinderten Kindes und die damit für die Eltern verbundenen Einschränkungen der Nutzung ihrer Wohnung können eine solche Forderung nicht rechtfertigen. Dies gilt erst recht, wenn die Eltern über ein Eigenheim verfügen und die laufenden Kosten mit ihren Mitteln decken können. Jedenfalls bis zur Beendigung des Schulzeit im Juni 2015 und bis zum Zeitpunkt der Erzielung eigener Einnahmen etwa im Rahmen einer Tätigkeit in einer Werkstatt für behinderte Menschen wird von einem ernsthaften Mietzinsverlangen der Eltern nicht ausgegangen werden können.
56(3) Auch die Vertragsgestaltung und die getroffene Vereinbarung über die Miethöhe sprechen dafür, dass die Eltern einen Anspruch auf Mietzinszahlung gegenüber der Klägerin nicht begründen, jedenfalls aber nicht durchsetzen wollen. Allerdings stehen alleine die räumlichen Verhältnisse, insbesondere die fehlende Abgeschlossenheit der von der Klägerin bewohnten Räume, der Vereinbarung eines festen Mietzinses nicht entgegen. Denn auch wenn eine Vermietung an Fremde unter diesen Bedingungen auf dem freien Wohnungsmarkt (außerhalb von Wohngemeinschaften Gleichaltriger) kaum anzutreffen sein dürfte, so erscheint dies zwischen nahen Verwandten durchaus als nachvollziehbare Vermietungsmöglichkeit (so auch LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.). Jedoch entsprechen die vereinbarten Mietzinsen weder dem auf die Klägerin entfallenden Anteil der von der Familie aufzuwendenden Kosten für Zinsen, Tilgung, Nebenkosten und Heizkosten, noch entsprechen sie dem für die Mitbenutzung der Wohnung angemessenen Mietzins. Nach den vom Vater der Klägerin vorgelegten Unterlagen betragen die monatlichen Zahlungen für Zins und Tilgung 853 EUR und die kalten Nebenkosten ca. 102 EUR. Legt man diese Kosten zu Grunde, würde sich für die Klägerin ein Anteil an der Bruttokaltmiete i.H.v. etwa 318 EUR ergeben, welcher deutlich unter dem im Mietvertrag geregelten Kaltmietzins liegt. Auch vor dem Hintergrund der mit den Mietern in der zweiten Etage und im Dachgeschoss vereinbarten Kaltmiete von 8,57 EUR pro Quadratmeter erscheint der vereinbarte Mietzins so hoch, dass nicht ernsthaft davon ausgegangen werden kann, dass die Eltern von ihrer Tochter diesen Mietzins tatsächlich fordern. Es ist nicht erkennbar, weshalb gerade die Tochter einen höheren Anteil an den Unterkunftskosten tragen soll als die übrigen Familienmitglieder und auch mehr als die Mieter der anderen Etagen. Zwar könnte man insofern einwenden, dass für den behindertengerechten Umbau der Wohnung erhebliche Darlehen aufgenommen werden mussten, allerdings dienen die Mietzinszahlungen in dieser Höhe auch und ganz entscheidend der Vermögensbildung der Eltern. Insofern erscheinen auch die konkreten Umstände der Mietpreisbildung zumindest unüblich. So hat der Zeuge vorgetragen, dass er nach einer Inaugenscheinnahme der Wohnung und unter Zugrundelegung des C Mietspiegels selbst den Mietpreis ermittelt habe, welcher dem Mietvertrag zugrunde gelegt worden sei. Dass der Mieter und nicht der Vermieter den Mietpreis vorgibt und nicht jedenfalls versucht, diesen zu seinen Gunsten bzw. zu Gunsten des Betreuten günstig zu beeinflussen, entspricht nicht den marktüblichen Gepflogenheiten und vorliegend auch nicht den wirtschaftlichen Interessen der Klägerin. Zumindest hätten die fehlenden anderweitigen Vermietungsmöglichkeiten, die tatsächlich auf die Wohnung entfallenden anteiligen niedrigeren Unterkunfts- und Heizkosten sowie die niedrigeren Mietzinsen der übrigen Mieter berücksichtigt und in die Mietpreisbildung eingepreist werden können. Auf der anderen Seite wird auch von Eltern kaum zu erwarten sein, dass sie ihr Kind unverhältnismäßig hohen Mietzinsforderungen aussetzen.
57(4) Schließlich spricht auch die finanzielle Situation der Eltern nicht dafür, dass diese von der Klägerin ernsthaft Mietzinszahlungen verlangen. Zwar haben die Eltern die gemeinsam mit der Klägerin bewohnte Wohnung mit erheblichem finanziellen Aufwand behindertengerecht umgebaut und erweitert; jedoch sind die Eltern den hierdurch entstehenden Darlehensverbindlichkeiten schon seit den Jahren 1996/1997 bzw. 2006 ausgesetzt, so dass jedenfalls keine zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses neu entstandenen finanziellen Belastungen die Einnahmen von weiteren Mietzinsen notwendig erscheinen lassen. So sind die vom Vater der Klägerin dargestellten umfangreichen Umbaumaßnahmen überwiegend kurze Zeit nach der Geburt der Klägerin bzw. ihrer Erkrankung erfolgt, so dass die hierdurch entstandenen Verbindlichkeiten bereits seit 16 Jahren von den Eltern getragen werden. Auch der Einbau des Fahrstuhls lag zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses schon sechs Jahre zurück. Abgesehen von dem Umstand, dass die Umbau- und Erweiterungsmaßnahmen jedenfalls teilweise eine erhebliche Wertsteigerung der Immobilie mit sich gebracht haben dürften (Fußbodenheizung/Fahrstuhl/Anbau) und die hierdurch weiterhin bestehenden dinglich gesicherten Darlehensverbindlichkeiten von knapp über 100.000 EUR weit hinter dem Verkehrswert der Immobilie zurückbleiben, war und ist es den Eltern möglich, neben der Sicherung des eigenen Lebensunterhalts ihrer Unterkunfts- und Heizkosten zu tragen und ihre Darlehensverbindlichkeiten weiter zu tilgen. So verfügte die Mutter über eine Erwerbsminderungsrente und eine weitere Betriebsrente in Höhe von zusammen gerundet 1200 EUR, während der Vater der Klägerin eine Altersrente in Höhe von monatlich 183,52 EUR erhält. Zudem erzielen die Eltern durch die Vermietung der zweiten Etage und des Dachgeschosses eine Nettomiete von monatlich über 1000,- EUR. Alleine mit diesen Einnahmen können sie die auf das Jahr 2012 bezogenen und für die Mietzinsbildung relevanten Zins- und Tilgungszahlungen von monatlich 853, 14 EUR sowie die Neben- und Heizkosten von monatlich 706,36 EUR (inkl. Stromkosten) und damit von insgesamt 1559, 50 EUR neben ihren laufenden Lebenshaltungskosten aufbringen und zugleich durch die Tilgungsleistungen weiter Vermögen aufbauen.
58Für eine Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Eltern zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses spricht lediglich der Umstand, dass der Vater im Jahre 2011 das 65. Lebensjahr vollendet hat und aufgrund dessen nach seinen Angaben keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgehen will und auch nur noch einen begrenzten Zeitraum wird nachgehen können. Insofern ist zu beachten, dass die Familie ab der Einstellung der Erwerbstätigkeit des Vaters nicht mehr über monatlich weitere Einnahmen aus der anwaltlichen Tätigkeit in Höhe von etwa 750,- EUR verfügen wird, wenn man den Jahresgewinn des Vaters aus dem Jahre 2012 i.H.v. 9000 EUR zugrunde legt. Den Angaben des Vaters zufolge dürften die Einnahmen aus seiner anwaltlichen Tätigkeit jedoch bereits seit dem Jahre 2004 nicht wesentlich höher ausgefallen sein, da er seit dieser Zeit nur noch eingeschränkt berufsfähig gewesen sein soll. Allerdings verfügt die Familie nach Aufgabe der anwaltlichen Tätigkeit über die Möglichkeit, die bisherigen Kanzleiräume von etwa 56 m² weiter zu vermieten und anstelle der Einnahmen aus der Erwerbstätigkeit weitere Mieteinnahmen in nicht wesentlich geringerem Umfang zu erzielen, wenn man auf den zu Grunde gelegten Mietzins für Wohnraum von 10,79 EUR pro Quadratmeter abstellt. Daher wird man den bisherigen Einnahmen der Eltern der Klägerin jedenfalls mindestens weitere 500 EUR hinzurechnen können. Berücksichtigt man ferner das für die Klägerin geleistete Kindergeld i.H.v. 184 EUR, stehen ihren Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von etwa 1500 EUR monatlich Einnahmen in Höhe von ca. 3000,- EUR zzgl. Kindergeld gegenüber. Die Kosten für den Lebensunterhalt der Klägerin werden hingegen von der Beklagten getragen. Selbst bei der Berücksichtigung weiterer Darlehensverbindlichkeiten bzw. weiterer Kosten für die Wartung des Fahrstuhls verfügen die Eltern der Klägerin damit dauerhaft über ausreichend finanzielle Mittel, um ihren Lebensunterhalt zu sichern und zugleich die für die Immobilie aufgenommenen Darlehen zurückzuführen.
59III. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG.
60IV. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 1 und 2 SGG), liegen nicht vor.
(1) Hilfe zum Lebensunterhalt ist Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln bestreiten können.
(2) Eigene Mittel sind insbesondere das eigene Einkommen und Vermögen. Bei nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern sind das Einkommen und Vermögen beider Ehegatten oder Lebenspartner gemeinsam zu berücksichtigen. Gehören minderjährige unverheiratete Kinder dem Haushalt ihrer Eltern oder eines Elternteils an und können sie den notwendigen Lebensunterhalt aus ihrem Einkommen und Vermögen nicht bestreiten, sind vorbehaltlich des § 39 Satz 3 Nummer 1 auch das Einkommen und das Vermögen der Eltern oder des Elternteils gemeinsam zu berücksichtigen.
(3) Personen, die ihren Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln und Kräften bestreiten können, jedoch einzelne im Haushalt erforderliche Tätigkeiten nicht verrichten können, erhalten auf Antrag einen angemessenen Zuschuss, wenn ihnen die Aufbringung der für die geleistete Hilfe und Unterstützung notwendigen Kosten nicht in voller Höhe zumutbar ist. Als angemessen gelten Aufwendungen, die üblicherweise als Anerkennung für unentgeltlich geleistete Hilfen und Unterstützungen oder zur Abgeltung des entsprechenden Aufwandes geleistet werden. Den Zuschuss erhält nicht, wer einen entsprechenden Anspruch auf Assistenzleistungen nach § 78 des Neunten Buches hat.
(1) Für den Einsatz des Einkommens sind die §§ 82 bis 84 und für den Einsatz des Vermögens die §§ 90 und 91 anzuwenden, soweit in den folgenden Absätzen nichts Abweichendes geregelt ist. Einkommen und Vermögen des nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners sowie des Partners einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft, die dessen notwendigen Lebensunterhalt nach § 27a übersteigen, sind zu berücksichtigen.
(2) Zusätzlich zu den nach § 82 Absatz 2 vom Einkommen abzusetzenden Beträgen sind Einnahmen aus Kapitalvermögen abzusetzen, soweit sie einen Betrag von 26 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigen.
(3) Die Verletztenrente nach dem Siebten Buch ist teilweise nicht als Einkommen zu berücksichtigen, wenn sie auf Grund eines in Ausübung der Wehrpflicht bei der Nationalen Volksarmee der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik erlittenen Gesundheitsschadens erbracht wird. Dabei bestimmt sich die Höhe des nicht zu berücksichtigenden Betrages nach der Höhe der Grundrente nach § 31 des Bundesversorgungsgesetzes, die für den Grad der Schädigungsfolgen zu zahlen ist, der der jeweiligen Minderung der Erwerbsfähigkeit entspricht. Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 20 Prozent beträgt der nicht zu berücksichtigende Betrag zwei Drittel, bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 10 Prozent ein Drittel der Mindestgrundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz.
(4) Erhalten Leistungsberechtigte nach dem Dritten Kapitel in einem Land nach § 29 Absatz 1 letzter Halbsatz und Absatz 2 bis 5 festgesetzte und fortgeschriebene Regelsätze und sieht das Landesrecht in diesem Land für Leistungsberechtigte nach diesem Kapitel eine aufstockende Leistung vor, dann ist diese Leistung nicht als Einkommen nach § 82 Absatz 1 zu berücksichtigen.
(5) § 39 Satz 1 ist nicht anzuwenden.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 12.06.2014 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten der Klägerin sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Leistungen für Unterkunft und Heizung ab dem 01.02.2012.
3Die am 00.00.1994 geborene Klägerin leidet nach den vorgelegten ärztlichen Unterlagen nach einer im Alter von 6 Monaten durchgeführten Hirnoperation an einem tetraspastischen Syndrom mit einer schweren generalisierten Dyston-dyskinetischen Bewegungsstörung aufgrund einer Stoffwechselerkrankung (Glutarazidurie Typ 1 / Störung des Lysin- und Hydroxylysinstoffewechsels). Bei ihr sind ein Grad der Behinderung von 100 mit den Nachteilsausgleichen "B, G, aG, H und RF" sowie die Pflegestufe III festgestellt worden. Mit Beschluss des Amtsgerichts C vom 31.01.2012 sind die Eltern der Klägerin zu ihren Betreuern in allen Angelegenheiten bestellt worden.
4Die Klägerin wohnt mit ihren Eltern gemeinsam in einem im Eigentum ihres Vaters stehenden Mehrfamilienhaus auf der L-str. 00 in der C Südstadt mit einer Gesamtwohnfläche von etwa 310 qm und einem Verkehrswert i.H.v. ca. 685.000 EUR (vgl. Verkehrswertgutachten Stand November 2011). Die Familie bewohnt das Erd- und Teile des 1. Obergeschosses des Hauses auf einer Wohnfläche von insgesamt ca. 130 qm. Im ersten Obergeschoss befinden sich zudem die vom Vater der Klägerin genutzten Kanzleiräume mit einer Fläche von 56 qm. Das 2. Obergeschoss und das Dachgeschoss mit einer Wohnfläche von insgesamt 124 qm sind an eine Wohngemeinschaft zu einem Nettokaltmietzins von jährlich 12.762 EUR vermietet. Das Grundstück hatte der Vater im Januar 1984 erworben und wohnte bis März 1997 zunächst mit der Familie im 2. Obergeschoss und dem ausgebauten Dachgeschoss, während er seine Kanzlei im ersten Obergeschoss betrieb und das Erdgeschoss an eine Steuerberatungsgesellschaft vermietet war. Aufgrund der mit der Erkrankung der Klägerin verbundenen Bewegungseinschränkungen entschloss sich die Familie, in das Erdgeschoss zu ziehen. Hierfür bauten die Eltern das Erdgeschoss und Teile des 1. Obergeschosses in den Jahren 1996/1997 behindertengerecht um und erweiterten das Haus mit einem Wintergarten und einem Anbau auf der Tiefparterre mit einem Obergeschoss zum Garten hin, wo sie im Jahre 2006 zusätzlich einen Aufzug einbauten. Aufgrund der auch im Zusammenhang mit dem Ausbau des Hauses verbundenen Kreditaufnahmen lasten auf dem Grundstück derzeit noch grundschuldgesicherte Bankverbindlichkeiten von etwa 89.677,34 EUR, für welche monatlich insgesamt 853,14 EUR für Zinsen und Tilgung aufgewendet werden. Im Jahr 2012 betrugen die Restschuld noch 128.000 EUR und die monatlich durchschnittlich zu entrichtenden Zinsen 418,48 EUR. Im Jahr 2011 waren nach Angaben der Eltern der Klägerin von ihnen Nebenkosten i.H.v. monatlich insgesamt 102,78 EUR zzgl. Strom- und Gaskosten von 101,11 EUR bzw. 125,22 EUR und damit insgesamt 329,11 EUR aufzuwenden.
5Die Klägerin wird von ihrer am 11.11.1957 geborenen Mutter in der gemeinsamen Wohnung gepflegt. Diese hatte ihren Beruf als Erzieherin für die Pflege der Klägerin aufgegeben. Seit 2009 bezieht sie eine Rente wegen voller Erwerbsminderung i.H.v. derzeit monatlich 1.022,43 EUR sowie eine Betriebsrente i.H.v. 194,48 EUR. Für die Klägerin wird Kindergeld i.H.v. 184 EUR gezahlt. Der am 06.08.1946 geborene Vater der Klägerin erhält eine Altersrente i.H.v. 183,52 EUR und geht weiterhin seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt nach, mit welcher er im Jahre 2012 ausweislich des vorgelegten Einkommensteuerbescheides Einkünfte i.H.v. 9.299 EUR erzielte. Die Klägerin besucht noch bis Juni 2015 die LVR Christophorus Schule. Nach einer von ihr vorgelegten Bescheinigung vom 15.11.2011 war zu diesem Zeitpunkt beabsichtigt, dass sie die Schule zum 31.07.2013 verlassen würde.
6Ende 2011 beantragten die Eltern der Klägerin erstmals für diese Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch (SGB XII) ab Februar 2012. Bis dahin hatte die Klägerin keine Leistungen der Sozialhilfe erhalten. Im Antragsformular vom 17.01.2012 gaben sie unter Punkt IIII "Angaben zur Wohnung" lediglich "Eigentum" und keine Unterkunftskosten für die Klägerin an. Nach einem in der Verwaltungsakte befindlichen Vermerk kontaktierte die zuständige Sachbearbeiterin der Beklagten den Vater der Klägerin am 30.01.2012 telefonisch und fragte bei diesem nach, ob von der Klägerin Kosten für Unterkunft und Heizung aufzubringen seien. Laut Vermerk antwortete dieser, dass kein Mietvertrag vorliege und auch der Abschluss eines Mietvertrages nicht beabsichtigt sei. Die Tochter wohne im Kinderzimmer und könne auch das Wohnzimmer nutzen. Ein entsprechendes Urteil des Bundessozialgerichts am 14.04.2011 zu Unterkunftskosten kenne er nicht, dieses könne auch nur falsch sein. Nach einem Vermerk über ein Telefonat vom 01.02.2012 teilte der Vater der Klägerin an diesem Tage mit, dass ein Mietvertrag mit seiner Tochter nun abgeschlossen werde. Schließlich erklärte der Vater in einem weiteren Telefongespräch vom 14.02.2012 ausweislich einer aktenkundigen Gesprächsnotiz, dass inzwischen eine Zusatzbetreuung eingerichtet worden sei und er nun einen Mietvertrag mit der Tochter abschließen wolle. In diesem Zusammenhang fragte der Vater nach, wie er den Mietvertrag aufteilen solle und was vom Sozialamt anerkannt werde. Die Tochter nutze ihr Kinderzimmer alleine und die restlichen Räume mit ihnen gemeinsam. Die Nachfrage, ob denn keine Erfahrungswerte über die Höhe der anzuerkennenden Mietkosten vorliegen würden, verneinte die Mitarbeiterin. Die Beklagte beauftragte in der Folge die Deutsche Rentenversicherung Rheinland gemäß § 45 SGB XII mit der Prüfung der Erwerbsfähigkeit bzw. der dauerhaften Erwerbsminderung der Klägerin. Diese teilte am 27.01.2012 mit, dass die Klägerin unabhängig von der Arbeitsmarktlage voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI und es unwahrscheinlich sei, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden könne.
7Mit Bescheid vom 10.02.2012 bewilligte die Beklagte der Klägerin Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII i.H.v. monatlich 349,83 EUR. Sie legte dabei einen Regelbedarf i.H.v. 299 EUR monatlich sowie einen Mehrbedarf wegen Erwerbsminderung i.H.v. 50,83 EUR zu Grunde. Der Bescheid enthielt den Hinweis der Beklagten, dass eine Entscheidung über die eventuell zu gewährenden anteiligen Leistungen für Unterkunft und Heizung erst bei Vorliegen eines Mietvertrages erfolgen könne.
8Mit Beschluss vom 20.03.2012 bestellte das Amtsgericht C den Zeugen Herrn Rechtsanwalt L zum Ergänzungsbetreuer mit dem Aufgabenkreis: Vertretung beim Abschluss eines Mietvertrages mit den Betreuern. Am 23.03.2012 schlossen die Eltern der Klägerin mit der durch den Ergänzungsbetreuer vertretenen Klägerin einen Mietvertrag über die ausschließliche und die anteilige Nutzung des Erdgeschosses unterseitig und des eingeschossigen Anbaus im Haus L-straße 00 mit einer Wohnfläche von insgesamt 46,35 m². Das Mietverhältnis sollte am 01.02.2012 beginnen und auf unbestimmte Dauer abgeschlossen werden. Es sollte mit dem Tag einer eventuell notwendigen dauerhaften Heimunterbringung der Klägerin enden, ohne dass es hierfür der Einhaltung einer gesetzlichen Kündigungsfrist bedarf. Als Kaltmiete vereinbarten die Parteien gemäß einer anliegenden Rechnung vom 14.02.2012 zur Ermittlung einer Vergleichsmiete 10,79 EUR pro Quadratmeter und damit 500,12 EUR. Als Anteil an den Kosten für Heizung und Warmwasser legten sie in Anlehnung an den Verbrauch für das Jahr 2011 66,60 EUR monatlich fest. Der Mietzins sollte zuzüglich der anteiligen Kosten für die Heizung und Warmwasserversorgung monatlich im Voraus, spätestens am dritten Werktag des Monats an den Vermieter gezahlt werden.
9Mit Bescheid vom 26.06.2012 lehnte die Beklagte den Antrag auf Übernahme der Kosten der Unterkunft und Heizung für die Klägerin ab. Zur Begründung führte sie aus, dass ein Anspruch auf Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen voraussetze, dass der Hilfebedürftige einer wirksamen und nicht dauerhaft gestundeten Mietzinsforderung ausgesetzt sei. Bei Verträgen unter nahen Angehörigen seien hohe Ansprüche an den Nachweis der Ernsthaftigkeit einer entsprechenden Mietzinsforderung zu stellen. Hierbei seien die näheren Umstände eines Vertragsabschlusses besonders sorgfältig zu untersuchen. Gerade dann, wenn nach Erreichen der Volljährigkeit des Kindes ein entsprechender Mietvertrag abgeschlossen werde, sich die Lebensumstände ansonsten aber nicht verändert hätten, spreche viel dafür, dass sich die tatsächlichen Wohnverhältnisse nicht ändern würden. Darüber hinaus habe der Vater der Klägerin zunächst auch telefonisch mitgeteilt, keinen Mietvertrag mit der Klägerin abgeschlossen zu haben und auch nicht zu beabsichtigen, einen solchen abzuschließen. Auch sei nicht nachvollziehbar, weshalb sich der Vater anschließend bei ihrer Mitarbeiterin darüber informiert habe, welche Miete vom Sozialamt akzeptiert werde. Die Klägerin entrichte zudem keinen Mietzins, da sie über kein eigenes Konto verfüge und auch nicht in der Lage sei, ein eigenes Konto zu führen.
10Die Klägerin legte gegen diesen Bescheid am 16.07.2012 über ihren Vater Widerspruch ein und machte geltend, dass sie nicht alleine in einem Zimmer schlafen könne, da sie sich infolge immer wieder auftretender Spasmen überstrecke und verbeiße und dann nicht mehr loslassen könne. Sie bedürfe einer "Rund um die Uhr-Betreuung" und könne keine Minute alleine gelassen werden. Insofern hätten sich die Eltern entschlossen, die Parterre des Hauses behindertengerecht umzubauen, das Schlafzimmer der Eltern in die erste Etage des neuen Anbaus zu verlegen und mit einem entsprechenden Aufzug für sie zugänglich zu machen. Sie hätten sämtliche Räume behindertengerecht umgebaut; insofern hätten sich die Wohnverhältnisse infolge ihrer Erkrankung erheblich verändert. Tatsächlich habe bei der Beantragung noch kein Mietvertrag vorgelegen und sei auch deshalb nicht beabsichtigt gewesen, weil ein solcher Mietvertrag nach der den Eltern bislang bekannten höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht notwendig gewesen sei. Aufgrund der zwischenzeitlich geänderten Rechtsprechung habe man diesem Umstand Rechnung tragen wollen und nach Bestellung eines Ergänzungspflegers einen solchen Mietvertrag geschlossen. Die Eltern hätten auch dann einen solchen Mietvertrag mit ihr geschlossen, wenn sie trotz ihrer Schwerbehinderung nach ihrem 18. Lebensjahr in der Lage gewesen wäre, eigenes Einkommen zu erzielen. Aufgrund der umfangreichen Umbaumaßnahmen hätten ihre Eltern sie nicht ab Vollendung des 18. Lebensjahres mietfrei wohnen lassen. Es sei auch nicht verständlich, dass sie ein eigenes Konto benötige, wenn sie über kein eigenes Vermögen und keine eigenen Einkünfte verfüge. Schließlich sei der Mietvertrag mit dem für sie handelnden Ergänzungsbetreuer geschlossen worden, welcher über alle Einzelheiten und die äußeren Umstände umfassend informiert gewesen sei und den Vertragsschluss ernsthaft gewollt habe. Dies werde auch an seinem an das Amtsgericht C verfassten Schreiben vom 23.03.2012 über die Umstände des Mietvertragsschlusses deutlich.
11Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin nach Anhörung sozial erfahrener Personen gemäß § 116 SGB XII mit Widerspruchsbescheid vom 22.01.2013 als unbegründet zurück. Sie gab zur Begründung an, dass aufgrund des vorliegenden Sachverhalts nicht von einer Ernsthaftigkeit der Mietforderung ausgegangen werden könne.
12Die Klägerin hat am 22.02.2013 vor dem Sozialgericht Köln Klage erhoben.
13Sie hat geltend gemacht, dass die Zweifel an der Ernsthaftigkeit des am 23.2.2012 abgeschlossenen Mietvertrages unbegründet seien, da der Abschluss des Mietvertrages sowohl von Seiten ihrer Eltern als auch vom Ergänzungsbetreuer ernsthaft gewollt sei. Dies ergebe sich schon aus dem vom Ergänzungsbetreuer an das Amtsgericht C verfassten Schreiben, mit welchem dieser das Amtsgericht über alle Einzelheiten der Angelegenheit umfassend informiert habe. Sie habe keine Kopf- und Rumpfkontrolle mehr und könne nicht essen und sprechen, sei inkontinent und spastisch. Zwar sei sie nicht geistig behindert, aber aufgrund ihrer totalen körperlichen Beeinträchtigungen retardiert entwickelt. Sie könne nicht längere Zeit in einem Rollstuhl sitzend verbringen und verbringe die meiste Zeit liegend auf einer Matte, teilweise auch in der Schule. Sie besuche weiter die Sonderschule des LVR in C. Für die Schuljahre 2012/2013 und auch 2013/2014 seien Anträge auf Verlängerung der Schulzeit gestellt worden, welchen entsprochen worden sei. Die bis zum Bundesgerichtshof verfolgten Schadensersatzklagen wegen ärztlicher Behandlungsfehler seien abgewiesen worden, da die Zivilrichter davon ausgegangen seien, dass es sich nicht um einen "groben" Behandlungsfehler gehandelt habe. Die vorgenommene umfassende Renovierung sowie der Anbau mit einem Obergeschoss seien alleine aufgrund ihrer Erkrankung erfolgt, damit sie alle Räume der Wohnung nutzen könne. Ihr Vater sei im Jahr 2004 an Borreliose erkrankt und seitdem nur noch äußerst eingeschränkt in der Lage, seine Anwaltskanzlei im ersten Obergeschoss des Hauses zu betreiben. Während beim Kauf des Hauses die als Altersversorgung abgeschlossenen Kapitallebensversicherungen bei weitem ausgereicht hätten, seien diese jedoch aufgrund der weiteren Kapitalaufnahmen für den behindertengerechten Ausbau der Wohnung mehr als aufgezehrt. Aufgrund der nach Eintritt der Behinderung der Klägerin weiter aufgenommenen Kredite bestünden noch heute mit Grundschulden gesicherte Bankverbindlichkeiten von über 100.000 EUR. Der noch laufende Kreditvertrag sei bis 2017 abgeschlossen und müsse dann entweder abgelöst oder verlängert werden. Sämtliche anderen Kredite seien vom Vater nach Vollendung seines 65. Lebensjahres im Jahre 2011 durch fällig gewordene Kapitallebensversicherungen abgelöst worden. Die noch laufende monatliche Kreditbelastung betrage 853,14 EUR. Aufgrund der seit dem Jahre 2004 bestehenden körperlichen und kognitiven Beeinträchtigungen des Vaters werfe die Anwaltskanzlei nur noch so geringe Erträge ab, dass die monatlichen Einnahmen schon jetzt kaum noch ausreichen würden, um die monatlichen Belastungen zu tragen. Deshalb müsse der Vater die Kanzlei in naher Zukunft aufgeben. Ohne ihre Beteiligung an den Unterkunftskosten müssten die Eltern auch das Haus verkaufen und mit ihr in eine behindertengerechte Wohnung ziehen, die sie mit dem Verkaufserlös nicht lange würden halten können. Sie sei ernsthaft gewillt, die vereinbarte Miete zu zahlen. Mietzahlungen seien bislang deshalb nicht erfolgt, weil dafür zurzeit keine ausreichenden finanziellen Mittel zur Verfügung stünden. Ihre Eltern würden ebenfalls den vereinbarten Mietvertrag vollziehen wollen. Es entspreche auch allgemeiner Praxis, von erwachsenen Kindern, die im Haushalt ihrer Eltern leben, einen Betrag zu den Unterkunftskosten zu fordern. Auch Eltern, deren nicht behinderte Kinder als Erwachsene noch zuhause lebten, würden von diesen erwarten, dass sie sich an den Kosten der Unterkunft beteiligten. Etwas anderes könne für erwachsene Kinder mit einer Erwerbsminderung nicht gelten. Es könne gerade aufgrund der sich ständig verändernden Einnahmen der Eltern und der eigens für sie aufgenommenen erheblichen langfristigen Belastungen nicht von den Eltern erwartet werden, dass diese sie kostenlos im eigenen Haus wohnen ließen. Darüber hinaus würden die Mietzinszahlungen auch den Eltern die Möglichkeit geben, sie zuhause zu betreuen und eine kostenintensivere stationäre Unterbringung, einen Verkauf des Hauses und den Eintritt einer dann absehbaren Altersarmut zu vermeiden. Darüber hinaus sichere die Zahlung von Unterkunftskosten auch ihre unabhängige Existenz.
14Die Klägerin hat beantragt,
15das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 12.06.2014 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 26.06.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.01.2013 zu verurteilen, ihr ab dem 01.02.2012 Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 566,72 Euro zu zahlen.
16Die Beklagte hat beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Sie hat macht geltend gemacht, dass sich die anzuerkennenden monatlichen Kosten für das gesamte Haus auf 556,71 EUR für Zinszahlungen, 176,25 EUR für Abgaben und 72,15 EUR für Versicherungen und damit auf insgesamt 805,06 EUR belaufen würden. Bezogen auf den Wohnflächenanteil der Familie der Klägerin ergebe sich daraus ein Kostenanteil von 334,61 EUR. Es sei auch nicht allgemeine Praxis, dass Kinder, die im Haushalt ihrer Eltern leben, einen Beitrag zu den Unterkunftskosten für das von ihnen weiter bewohnte Kinderzimmer zu zahlen hätten. Etwas anderes könne ggf. angenommen werden, wenn die Kinder aufgrund ihrer Volljährigkeit eine Einliegerwohnung bewohnen würden, welche bei Auszug des Kindes fremdvermietet werden könne.
19Das Sozialgericht Köln hat die Klage mit Urteil vom 12.06.2014 abgewiesen.
20In Anwendung der vom Bundessozialgericht entwickelten Maßstäbe hätten volljährige hilfebedürftige Personen, die mit nicht hilfebedürftigen verwandten oder verschwägerten Personen in einer Haushaltsgemeinschaft zusammen leben, und weder die Konstellation einer Bedarfsgemeinschaft nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II), noch einer Einsatzgemeinschaft nach dem SGB XII, noch einer so genannten gemischten Bedarfsgemeinschaft vorliege, lediglich einen Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung, wenn sie einer rechtswirksamen, ernsthaften Pflicht zur Tragung entsprechender Kosten ausgesetzt seien. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Zwar habe die Klägerin vertreten durch den Ergänzungsbetreuer mit ihren Eltern einen rechtswirksamen Mietvertrag abgeschlossen, da keine Anhaltspunkte für die Annahme eines Scheingeschäfts gemäß § 117 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) vorliegen würden. Der Ergänzungsbetreuer sei, wie sich aus seiner Korrespondenz mit dem Amtsgerichts C ergebe, vom Abschluss eines rechtswirksamen Mietvertrages ausgegangen. Allerdings setze der Anspruch auf Unterkunftskosten weiter voraus, dass es sich um eine sozial wirksame Forderung handele, was bei Verträgen unter nahen Angehörigen eine differenzierte Betrachtung erfordere. Dagegen spreche hier, dass der Vater und Betreuer der Klägerin noch im Januar 2012 die Ansicht vertreten habe, dass eine mietvertragliche Regelung nicht bestehe und auch nicht geschlossen werden solle. Erst nach der Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei ein Mietvertrag geschlossen worden, was sich auch daraus ergebe, dass der Mietvertrag der Eltern alleine mit Blick auf einen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen und nicht zur Begründung davon unabhängiger Mietverbindlichkeiten der Klägerin abgeschlossen worden sei. Darüber hinaus würden für den Abschluss eines Mietvertrages gerade zum 01.02.2012 unabhängig von der zu diesem Zeitpunkt eingetretenen Volljährigkeit der Klägerin keine Gesichtspunkte sprechen. Sowohl die Wohn- als auch die sonstige Lebensverhältnisse der Klägerin seien unverändert geblieben. Gleiches gelte für die wirtschaftlichen Verhältnisse der Eltern. Unverändert sei auch die wirtschaftliche Belastung der Eltern aufgrund der bereits in den Jahren 1996/1997 realisierten Baumaßnahmen gewesen. Ferner ändere auch die Volljährigkeit der Klägerin nichts an der Unterhaltsverpflichtung der Eltern gegenüber der Klägerin, welche bereits durch die Übernahme des Regelbedarfes ab dem 01.02.2012 entlastet würden. Schließlich entspreche es auch nicht der Üblichkeit, dass Eltern von ihren Kindern ohne eigenes Einkommen ab Vollendung des 18. Lebensjahres eine Beteiligung an den Kosten des Eigenheims verlangen. Selbst bei gerade volljährig gewordenen Kindern mit eigenem Einkommen dürfte dies eher die Ausnahme als die Regel sein. Dabei sei zu berücksichtigen, dass es sich bei den vermieteten Räumlichkeiten um nicht abtrennbare Teile der elterlichen Wohnung handele, welche für den Fall, dass die Klägerin die elterliche Wohnung verlasse, nicht getrennt vermietet werden könnten. Auch sei die Höhe des vereinbarten Mietzinses erkennbar nicht in Ansehung des auf dem Markt für das Mietobjekt konkret erzielbaren Mietzinses vereinbart worden, wie dies bei einer sozial wirksame Mietvereinbarung zu erwarten gewesen wäre. So sei die Orientierung an den entsprechenden formalen, im Mietspiegel festgelegten Kriterien nicht sachgerecht, da sich diese auf abgeschlossene Wohneinheiten bezögen und nicht auf die Wohnung der Klägerin und ihrer Eltern.
21Die Klägerin hat gegen das am 29.06.2014 zugestellte Urteil des Sozialgerichts am 24.07.2014 Berufung eingelegt. Ergänzend führt sie aus, dass ab dem 01.11.2014 ein weiteres Darlehen i.H.v. 50.000 EUR für erforderliche Reparaturmaßnahmen an der Heizungsanlage, Fenster des Hauses sowie die Rückführung des ausgeschöpften Kontokorrentrahmens der beiden Geschäftskonten des Vaters habe aufgenommen werden müssen. Dies wäre nicht erforderlich gewesen, wenn die Beklagte antragsgemäß seit Februar 2012 auch den Bedarf für den eigens für die Klägerin hergerichteten Wohnraum berücksichtigt hätte. Ihre Eltern seien sehr wohl auf Mietzahlungen angewiesen. Die Einnahmen des Vaters würden sich zunehmend verringern. Bei ihm sei 2004 gutachterlich eine Berufsunfähigkeit von 70 % festgestellt worden. Ihr Vater habe sich mit 65 nicht wie geplant zur Ruhe setzen können, da er aufgrund der weiterhin bestehenden Kreditverbindlichkeiten auf weitere Einnahmen aus seiner Anwaltstätigkeit angewiesen sei. Ansonsten hätte er schon 2011 das Haus verkaufen müssen. Es könnten nicht allein diejenigen Hilfebedürftigen Leistungen beanspruchen, deren Eltern bereit seien, sie bei Ausbleiben der Mietzinszahlungen auf die Straße zu setzen. Würde man jeden Mietvertrag, der anlässlich eines Antrages auf Grundsicherungsleistungen nach dem Vierten Kapitel geschlossen werde, als sittenwidrig bzw. nicht ernsthaft gewollt ansehen, sei es hilfebedürftigen Personen, die erst nach der maßgeblichen Entscheidung des Bundessozialgerichts volljährig geworden seien, nahezu unmöglich, einen Anspruch auf Leistungen für Kosten der Unterkunft durchzusetzen.
22Die Klägerin beantragt,
23das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 12.06.2014 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 26.06.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.01.2013 zu verurteilen, ihr ab dem 01.02.2012 Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 566,72 Euro zu zahlen.
24Die Beklagte beantragt,
25die Berufung zurückzuweisen.
26Die Beklagte verweist ergänzend darauf, dass auch aufgrund der Tatsache, dass die Eltern das Mietverhältnis trotz der aufgelaufenen Mietrückstände von bislang über 20.000 EUR noch nicht gekündigt hätten, nicht von einem ernsthaften Vertragsschluss ausgegangen werden könne.
27Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 19.03.2015 Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Zeugen Rechtsanwalt L. Für das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift, Bl. 214 ff. der Prozessakten, verwiesen. Für die übrigen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streit- und die beigezogene Verwaltungsakte sowie die darin enthaltenen Schriftsätze, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung geworden sind, Bezug genommen.
28Entscheidungsgründe:
29I. Die Berufung ist zulässig.
30Gegenstand des Berufungsverfahren ist alleine der die Bewilligung von Leistungen für Unterkunft und Heizung ablehnende Bescheid der Beklagten vom 26.06.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.01.2013 (§ 95 SGG). Bei den Kosten für Unterkunft und Heizung handelt es sich um einen selbstständigen Anspruch, der durch einen selbstständigen Verfügungssatz geregelt wird und dementsprechend auch alleiniger, selbstständiger Gegenstand einer Klage sein kann (vgl. Bundessozialgericht, Urt. v. 14.04.2011 - B 8 SO 18/09 R -, juris Rn. 10). Die Beklagte hatte der Klägerin zunächst mit einem gesondertem Bescheid vom 10.02.2012 Leistungen in Höhe der Regelbedarfsstufe 3 sowie eines Mehrbedarfs wegen ihrer Behinderung bewilligt und ausdrücklich noch keine Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen für Unterkunft und Heizung getroffen. Dagegen betraf der angegriffene Bescheid lediglich die Ablehnung von Leistungen für Unterkunft und Heizung, die damit alleiniger Klagegegenstand geworden sind.
31In zeitlicher Hinsicht ist bei der hier vorliegenden zeitlich unbefristeten Ablehnung grundsätzlich der gesamte Zeitraum bis zur letzten mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren Gegenstand des Rechtsstreits (Bundessozialgericht, Urt. v. 11.12.2007 - B 8/9b SO 12/06 R -, juris Rn. 8 m.w.N; Urt. v. 25.08.2011 - B 8 SO 19/10 R -, juris Rn. 9). Eine den Streitgegenstand in zeitlicher Hinsicht beschränkende prozessuale Erklärung liegt nicht vor (vgl. dazu Bundessozialgericht, Urt. v. 18.03.2008 - B 8/9b SO 11/06 R -, juris Rn. 10; Urt. v. 09.06.2011 - B 8 SO 11/10 R -, juris Rn. 10).
32II. Die Berufung ist jedoch unbegründet. Zutreffend hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die von der Klägerin erhobene Klage ist zulässig, aber unbegründet.
331. Das Begehren der Klägerin, mit welchem sie sich gegen die vollständige Ablehnung von Leistungen für Unterkunft und Heizung wendet, ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1 und Abs. 4 und § 56 SGG) statthaft (vgl. Bundessozialgericht, Urt. v. 25.08.2011 - B 8 SO 19/10 R -, juris Rn. 9). Richtiger Klagegegner (§ 70 Nr. 1 SGG) ist die Stadt C; das Vorverfahren nach § 78 Abs. 1 S. 1 SGG wurde ordnungsgemäß durchgeführt. Die erforderliche beratende Beteiligung sozial erfahrener Dritter (§ 116 Abs. 2 SGB XII) hat stattgefunden.
342. Die Klage ist nicht begründet. Die Klägerin ist durch den angegriffenen Bescheid der Beklagten vom 26.6.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.1.2013 nicht beschwert im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Der Bescheid ist rechtmäßig.
35a) Der Bescheid vom 26.06.2012 ist formell rechtmäßig. Insbesondere war die Beklagte für den Erlass des Bescheides sachlich und örtlich zuständig.
36Die sachliche Zuständigkeit des örtlichen Trägers der Sozialhilfe folgt aus § 97 Abs. 1 SGB XII. Eine vorrangige Zuständigkeit des überörtlichen Trägers nach Landesrecht (§ 97 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 2 der Ausführungsverordnung zum SGB XII des Landes Nordrhein-Westfalen) besteht nicht. Zuständiger örtlicher Träger der Sozialhilfe ist die Beklagte als nicht kreisangehörige Stadt gem. § 1 Abs. 1 Ausführungsgesetz zum SGB XII des Landes Nordrhein-Westfalen (AG-SGB XII NRW). Die örtliche Zuständigkeit der Beklagten folgt aus § 98 Abs. 1 Satz 2 SGB XII. Die Klägerin hatte während des streitigen Zeitraumes ihren gewöhnlichen Aufenthalt (§ 30 Abs. 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil) durchgehend im Haus ihres Vaters in C.
37b) Der angefochtene Bescheid ist auch materiell rechtmäßig.
38Es kann davon ausgegangen werden, dass die Klägerin ab dem 01.02.2012 dem Grunde nach die Anspruchsvoraussetzungen der §§ 19 Abs. 2, 41 ff. SGB XII erfüllt. Die Klägerin gehört dem Personenkreis des § 41 Abs. 1 und Abs. 3 SGB XII an. Die DRV Rheinland hat im Verfahren nach § 45 SGB XII festgestellt, dass die Klägerin seit jeher voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI ist. Es gibt für den Senat angesichts der von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Unterlagen keine Veranlassung, diese Einschätzung in Frage zu stellen. Die Klägerin verfügt auch über kein eigenes Einkommen und Vermögen. Auch das elterliche Einkommen und Vermögen ist nicht bedarfsmindernd zu berücksichtigen, da elterliches Einkommen von jährlich mindestens 100.000,00 EUR nicht vorhanden ist (§ 43 Abs. 3 Satz 1 SGB XII).
39Ein Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung ist schon mangels entsprechenden Bedarfs ausgeschlossen. Nach § 42 Satz 1 Nr. 4 SGB XII umfassen die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Vierten Abschnitt des Dritten Kapitels SGB XII. Gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 SGB XII werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in tatsächlicher Höhe erbracht. Sie werden sowohl nach dem SGB II als auch nach dem SGB XII nur erbracht, wenn und soweit der leistungsberechtigten Person tatsächliche Aufwendungen bzw. tatsächliche Kosten für Unterkunft und Heizung entstehen (vgl. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II, § 35 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 SGB XII). Ein Anspruch auf Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung setzt grundsätzlich einen entsprechenden tatsächlichen Bedarf - im Sinne einer wirksamen zivilrechtlichen Verpflichtung gegenüber Dritten - voraus (sh. zur vergleichbaren Problematik im SGB II: Bundessozialgericht, Urteil vom 20.08.2009 - B 14 AS 34/08 R -, juris Rn. 16, Urt. v. 03.03.2009 - B 4 AS 37/08 R -, juris Rn. 24 f.; Urt. v. 07.05.2009 - B 14 AS 31/07 R -, juris Rn. 16 ff.).). Dies gilt jedenfalls dann, wenn diese Person mit anderen, nichthilfebedürftigen Personen in einer Haushaltsgemeinschaft lebt, wenn also weder eine Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB II noch eine Einsatzgemeinschaft nach dem SGB XII noch eine sog. gemischte Bedarfsgemeinschaft (d.h. zwischen Leistungsberechtigten nach dem SGB II und dem SGB XII) besteht (Bundessozialgericht, Urt. v. 25.08.2011 - B 8 SO 29/10 R -, juris Rn. 12). Für einen Anspruch nach § 35 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 SGB XII kommt es daher in diesen Fällen darauf an, ob ein wirksamer, mit Rechtsbindungswillen unter Beachtung von §§ 117, 133 BGB geschlossener Mietvertrag geschlossen wurde und die hilfebedürftige Person darüber hinaus einer ernsthaften Mietzinsforderung der mit ihr zusammenlebenden Personen ausgesetzt ist (Bundessozialgericht, Urt. v. 03.03.2009 - B 4 AS 37/08 R -, juris Rn. 27). Die Annahme tatsächlicher Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach der sog. Kopfteilmethode, wonach die Kosten der Unterkunft und Heizung im Regelfall unabhängig von Alter und Nutzungsintensität anteilig pro Kopf aufzuteilen sind, wenn Hilfebedürftige eine Unterkunft gemeinsam mit anderen Personen, insbesondere anderen Familienangehörigen, nutzen, kommt demgegenüber nur dann in Betracht, wenn die Konstellation einer Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB II oder einer Einsatzgemeinschaft nach dem SGB XII oder einer sog gemischten Bedarfsgemeinschaft besteht, bei der mindestens eine Person dem System des SGB II und mindestens eine andere dem System des SGB XII zuzuordnen ist (vgl. Bundessozialgericht, Urt. v. 14.04.2011 - B 8 SO 18/09 R -, juris Rn. 15; Urt. v. 25.08.2011 - B 8 SO 29/10 R -, juris Rn. 12 f.). Auch für die Gewährung von Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 SGB II ist es grundsätzlich Voraussetzung, dass die leistungsberechtigte Person einer ernsthaften Mietzinsforderung ausgesetzt ist, was insbesondere dann einer besonderen Prüfung bedarf, wenn ein erwachsenes Kind - alleine oder zusammen mit anderen Personen - in einer einem Verwandten gehörenden Wohnung lebt (vgl. BSG, Urt. v. 03.03.2009 - B 4 AS 37/08 R -, juris Rn. 24 f.; Urt. v. 07.05.2009 - B 14 AS 31/07 R -, juris Rn. 16 ff.).
40Zwischen der Klägerin und ihren Eltern bzw. ihrem Vater bestand keine Einsatzgemeinschaft (zu diesem Begriff vgl. Coseriu, in: jurisPK-SGB XII, Stand 18.03.2015, § 19 Rn. 12 ff., 17). Denn § 19 Abs. 2 i.V.m. § 27 Abs. 2 SGB XII sieht bei Leistungen nach dem Vierten Kapitel SGB XII grundsätzlich keine Berücksichtigung von Vermögen und/oder Einkommen der Eltern vor; ein Ausnahmefall wegen eines besonders hohen elterlichen Einkommens (§ 43 Abs. 3 Satz 1 SGB XII) lag bei der Klägerin nicht vor, da elterliches Einkommen von mindestens 100.000,00 EUR nicht vorhanden war.
41Ob und in welchem Umfang einem erwachsenen Kind, das mit seinen Eltern zusammenlebt, tatsächliche Aufwendungen für Unterkunft und Heizung entstehen, hängt im Wesentlichen davon ab, ob es einer wirksam vereinbarten (Unter-)Mietzinsforderung seiner Eltern ausgesetzt ist, d.h. ob zum einen ein wirksamer Mietvertrag abgeschlossen worden ist und zum anderen dieser von Seiten des Vermieters auch tatsächlich vollzogen werden soll (vgl. Landessozialgericht Schleswig-Holstein, Urt. v. 29.06.2011 - L 9 SO 16/10 -, juris Rn. 25). Dabei bedarf es regelmäßig einer Beurteilung aller Umstände des Einzelfalls, welche sich einer verallgemeinerungsfähigen Betrachtung verschließt. Ausgehend hiervon ist die Klägerin keiner Mietzinsforderung ihrer Eltern ausgesetzt, da durch die Bestellung eines Ergänzungsbetreuers zwar ein wirksamer Mietvertrag abgeschlossen worden ist (aa), allerdings nicht vom ernsthaften Willen der Eltern ausgegangen werden kann, diesen auch umzusetzen (bb).
42aa) Zwischen den Eltern der Klägerin und der Klägerin ist ein wirksamer Mietvertrag mit Wirkung ab dem 01.02.2012 abgeschlossen worden.
43(1) Maßgeblich für die Frage eines wirksamen Mietvertragsschlusses ist der rechtliche Bindungswille der beteiligten Vertragsparteien. Ob ein solcher vorliegt, ist durch Auslegung zu ermitteln. Dabei sind alle Umstände des Einzelfalls zu würdigen. Ob der Hilfebedürftige der Verpflichtung aus eigenen Mitteln wird nachkommen können oder in der Vergangenheit nachkommen konnte, ist dabei ebenso wenig entscheidend (vgl. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urt. v. 20.02.2014 - L 15 SO 23/13 -, juris Rn. 70) wie der Umstand, ob die Aufwendungen bisher durch andere Sozialleistungen gedeckt wurden. Im Übrigen kommt eine Übertragung der in der steuerrechtlichen Rechtsprechung entwickelten Maßstäbe des sog. Fremdvergleichs nicht in Betracht (vgl. zum Ganzen Bundessozialgericht, Urt. v. 03.03.2009 - B 4 AS 37/08 R -, juris Rn. 24 ff.; Urt. v. 07.05.2009 - B 14 AS 31/07 R -, juris Rn. 17 ff.; Urt. v. 22.08.2013 - B 14 AS 85/12 R -, juris Rn. 26; vgl. auch Bundessozialgericht, Beschl. v. 25.08.2011 - B 8 SO 1/11 B -, juris Rn. 7). Für die Frage, ob die den Mietvertrag abschließenden Parteien mit Rechtsbindungswillen gehandelt haben, kommt es auf den objektiven Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB) an. In Bezug auf die Klägerin ist dabei wegen des eigens zum Zwecke des Mietvertragsschlusses bestellten weiteren Betreuers auf die Person des Betreuers abzustellen, der die Klägerin beim Vertragsschluss als gesetzlicher Vertreter vertreten hat (§ 1902 BGB).
44Eine empfangsbedürftige Willenserklärung ist gem. § 116 BGB nicht bereits deshalb nichtig, weil sich der Erklärende - wofür hier keine Anhaltspunkte bestehen - insgeheim vorbehält, das Erklärte nicht zu wollen und der Empfänger diesen Vorbehalt nicht kennt. Allerdings ist ein Vertrag als sogenanntes Scheingeschäft gem. § 117 Abs. 1 BGB nichtig, wenn eine Willenserklärung einem anderen gegenüber mit dessen Einverständnis nur zum Schein abgegeben wird. Ein Scheingeschäft liegt vor, wenn die Parteien einverständlich nur den äußeren Anschein des Abschlusses eines Rechtsgeschäfts hervorrufen, die mit diesem Geschäft verbundenen Rechtsfolgen dagegen nicht eintreten lassen wollen. Entscheidende Bedeutung kommt dabei der Frage zu, ob die Parteien die zivilrechtliche Wirksamkeit des Geschäfts ernstlich wollen oder nicht. Hierbei ist zu berücksichtigen, ob die Parteien zur Erreichung des mit dem Rechtsgeschäft erstrebten Erfolgs ein Scheingeschäft für genügend oder ein zivilrechtlich wirksames, ernst gemeintes Rechtsgeschäft für notwendig erachtet haben. Ersteres spricht für, letzteres gegen das Vorliegen eines Scheingeschäfts. Trotz der Abhängigkeit vom Willen der Parteien spricht viel gegen ein Scheingeschäft, wenn der von den Parteien erstrebte Erfolg objektiv die zivilrechtliche Gültigkeit des Geschäfts voraussetzt (vgl. Illmer, in: jurisPK-BGB, Stand 01.10.2014, § 117 Rn. 4 m.w.N.).
45Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass es sich bei dem zwischen den Eltern der Klägerin und dem Ergänzungsbetreuer geschlossenen Mietvertrag nicht um ein Scheingeschäft in diesem Sinne handelt. Der Ergänzungsbetreuer hat beim Abschluss des Mietvertrages mit Rechtsbindungswillen gehandelt haben und ist nicht von einem fehlenden Rechtsbindungswillen bzw. einem geheimen Vorbehalt der Eltern ausgegangen. Er wollte aus objektiver Empfängersicht erkennbar eine wirksame Verpflichtung der Klägerin zur Zahlung von Miete begründen. Es haben sich keine Anhaltspunkte dafür finden lassen, dass er gegenüber den Eltern zu erkennen gegeben hat, die Willenserklärung nur zum Schein - und ggf. auf Veranlassung der Eltern - für die Klägerin abgeben wollte. Dies legen zum einen seine Ausführungen in dem an das Amtsgericht C übermittelten Schreiben vom 23.03.2012 über die Gründe und den Inhalt des abgeschlossenen Mietvertrages nahe. Darin schildert er die gesundheitliche Situation der Klägerin, die Wohnverhältnisse der Familie sowie die für die Wohnbedürfnisse der Klägerin notwendig gewordenen baulichen Veränderungen in den Jahren 1996/1997. Daraus und aus der mit dem Mietspiegel der Stadt C ermittelten Vergleichsmiete von 10,79 EUR pro Quadratmeter folgert er, dass der abgeschlossene Mietvertrag angemessen und dem Wohle der Betreuten dienlich und förderlich sei. Zum anderen ergeben sich auch aus den Aussagen des Zeugen im Verhandlungstermin keine Gründe, an seinem Rechtsbindungswillen ernsthaft zu zweifeln. Zwar erscheinen seine Ausführungen zur Ermittlung und zur Höhe des Mietzinses durch ihn als Vertreter der Klägerin zumindest ungewöhnlich, da üblicherweise der Vermieter und nicht der Mieter den Mietpreis festlegt und darüber hinaus auch die Höhe der Miete über dem nach der Kopfteilmethode auf die Klägerin entfallenden Anteil aber auch höher als die Vergleichsmiete der übrigen Mieter der Eltern liegt. Dies erscheint auch im Hinblick auf seine am Wohl der Betreuten nach § 1901 Abs. 2 Satz 1 BGB auszurichtende Tätigkeit nicht zweckdienlich, da er für die weiterhin die Schule besuchende Klägerin möglicherweise zunächst ein kostenloses Wohnrecht oder aber einen deutlich günstigeren Mietzins hätte aushandeln können. Gleichwohl wollte er aber nach eigenem Bekunden insbesondere deshalb den Mietvertrag abschließen, da er selbst den Mietpreis für angemessen hielt und zudem davon ausging, dass der Sozialhilfeträger die Miete bezahlen werde. Er hielt den vereinbarten Mietzins auch unter Berücksichtigung der mit der Nutzung der Wohnung durch die Klägerin für die Eltern einhergehenden Einschränkungen ihres Wohnkomforts für gerechtfertigt. Überdies hat er auch glaubhaft versichert, beim Abschluss des Mietvertrages nicht an den Abschluss eines Scheingeschäftes gedacht zu haben.
46Geht man im Ergebnis von einem rechtlichen Bindungswille des Betreuers der Klägerin im Zusammenhang mit dem Abschluss des schriftlichen Mietvertrages vom 23.03.2012 aus objektiver Empfängersicht aus, fehlt es an dem für die Annahme eines Scheingeschäfts im Sinne von § 117 BGB erforderlichen Zusammenwirken der Vertragsparteien beim Hervorrufen eines bloßen Scheins des Rechtsgeschäfts. In diesem Fall kann ebenso wenig davon ausgegangen werden, dass der Ergänzungsbetreuer einen etwaigen geheimen Vorbehalt des Vaters der Klägerin kannte, das Erklärte nicht zu wollen. Nachweisbare Umstände hierfür sind jedenfalls nicht ersichtlich.
47(2) Bei dem Mietvertrag vom 23.03.2012 handelt es sich auch nicht um einen unzulässigen Vertrag zu Lasten Dritter. Dass sich eine zwischen zwei Parteien vereinbarte Regelung für einen Dritten wirtschaftlich nachteilig auswirkt, macht die Vereinbarung nicht zu einem Vertrag zu Lasten Dritter im Rechtssinne (vgl. Bundesgerichtshof, Urt. v. 06.02.2009 - V ZR 130/08 -, juris Rn. 8).
48(3) Er ist auch nicht wegen Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB nichtig. Die Frage der Sittenwidrigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB beurteilt sich danach, ob die Begründung von Zahlungsansprüchen mit der Folge, dass der Sozialhilfeträger eintreten muss, nach Inhalt, Beweggrund und Zweck in einer Weise zu missbilligen ist, dass es dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden widerspricht (vgl. Bundesgerichtshof, a.a.O., Rn. 10). Das ist im vorliegenden Fall nicht anzunehmen. Grundsätzlich erscheint die Begründung einer rechtlichen Verbindlichkeit zur Zahlung von Unterkunfts- und Heizkosten als naheliegende und nicht beanstandungswürdige Gestaltungsmöglichkeit, wenn Eltern ihr behindertes oder sonst in Schwierigkeiten befindliche Kind in ihren Haushalt aufnehmen (ebenso Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 11.08.2014 - L 20 SO 141/13 -, juris Rn. 42). Insoweit fällt auch ins Gewicht, dass im Falle des Auszugs der Klägerin aus der Wohnung ihrer Eltern, sei es durch den Umzug in eine eigene Wohnung oder durch Aufnahme in eine stationäre Einrichtung, in jedem Fall erheblich höhere Kosten entstünden.
49(4) Der Mietvertrag ist auch nicht wegen der unterbliebenen Genehmigung des Betreuungsgerichts schwebend unwirksam, denn der Mietvertrag war nicht genehmigungsbedürftig.
50Nach § 1907 Abs. 3 BGB bedarf der Betreuer der Genehmigung des Betreuungsgerichts zu einem Miet- oder Pachtvertrag oder zu einem anderen Vertrag, durch den der Betreute zu wiederkehrenden Leistungen verpflichtet wird, wenn das Vertragsverhältnis länger als vier Jahre dauern oder vom Betreuer Wohnraum vermietet werden soll. Der Genehmigungsvorbehalt betrifft zwar nicht nur Verträge, die nach ihrer Geltungsfrist ausdrücklich auf eine längere Zeitspanne als vier Jahre abgeschlossen werden. Erfasst werden vielmehr auch Verträge, die auf unbestimmte Zeit abgeschlossen werden und eine Beendigung nicht oder nur unter erheblichen finanziellen Einbußen vor Ablauf von vier Jahren gestatten. Ist der Vertrag auf unbestimmte Zeit geschlossen, eine Kündigung indessen rechtlich und wirtschaftlich sinnvoll jederzeit möglich, bedarf der Vertrag keiner Genehmigung (zum Ganzen Jaschinski, in; jurisPK-BGB, § 1907, Stand 01.10.2014, Rn. 36 f. m.N.).
51Dies ist hier der Fall, weil der vom Kläger auf unbestimmte Zeit abgeschlossene Untermietvertrag ohne weiteres innerhalb der Kündigungsfrist des § 573c Abs. 1 Satz 1 BGB kündbar ist.
52bb) Allerdings kann zur Überzeugung des Senats unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin tatsächlich einer ernsthaften Mietzinsforderung ihrer Eltern ausgesetzt ist und der wirksam abgeschlossene Mietvertrag auch tatsächlich praktiziert wird. Unabhängig von der Frage eines wirksamen Mietvertragsschlusses, welcher vorliegend allein deshalb möglich werden konnte, da jedenfalls der Ergänzungsbetreuer der Klägerin mit Rechtsbindungswillen handelte und offenbar auch nicht am Rechtsbindungswillen der Eltern zweifelte, besteht kein Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung, wenn der wirksam abgeschlossene Mietvertrag tatsächlich nicht vollzogen wird bzw. die entstehenden Mietzinsforderungen dauerhaft gestundet werden (vgl. hierzu Bundessozialgericht, Urt. v. 23.03.2010 - B 8 SO 24/08 R -, juris Rn. 13). Insoweit steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Eltern der Klägerin die Vollziehung des Mietvertrages insbesondere die Zahlung des Mietzinses von ihrer Tochter nicht ernstlich verlangen bzw. gewollt haben.
53(1) Hierfür sprechen zum einen bereits die vom Vater der Klägerin im Vorfeld des Vertragsschlusses gemachten Äußerungen gegenüber der Beklagten. Sein ganzes Verhalten ist Ausdruck davon, dass die Eltern der Klägerin von ihrer Tochter zu keinem Zeitpunkt Mietzinszahlungen verlangten bzw. derzeit verlangen, sondern alleine einen Leistungsanspruch der Klägerin gegenüber der Beklagten begründen wollten. So hat der Vater unbestritten auf telefonische Nachfrage seitens der Beklagten mitgeteilt, dass ein Mietvertrag mit der Klägerin nicht bestehe und auch nicht beabsichtigt sei. Erst nachdem er von der Sachbearbeiterin auf die Geltendmachung von Unterkunfts- und Heizkosten angesprochen worden war und erfahren hatte, dass ein Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung den wirksamen Abschluss eines Mietvertrages voraussetzt, hat er die Absicht gefasst, mit seiner Tochter einen Mietvertrag zu schließen. Auch die Vertragsmodalitäten wollte der Vater jedoch nicht nach den eigenen Interessen als Vermieter oder aber nach den Vorstellungen der Mieterin gestalten, wie es auch unter Berücksichtigung ihrer familiären Beziehungen beim Abschluss eines zivilrechtlichen Vertrages anzunehmen wäre. Vielmehr wollte er sowohl die räumliche Aufteilung der Wohnung als auch den Mietzins danach bemessen, was von der Beklagten akzeptiert wird. Insofern sind seine Ausführungen keinesfalls so zu verstehen, dass er als Betreuer für die Klägerin eine Zustimmung zum Abschluss eines entsprechenden Vertrages erfragte. Vielmehr wollte er unabhängig offenbar von seinen Interessen die vertragliche Gestaltung so anpassen, dass die Beklagte die Mietzinsforderung akzeptierte. Gerade daran aber wird deutlich, dass nicht die eigene Tochter, sondern vielmehr nur die Beklagte mit Hilfe des Mietvertrages verpflichtet werden sollte. In diesem Sinne hat sich der Vater der Klägerin auch im Klageverfahren eingelassen. So hat er in seinem Schreiben vom 28.02.2013 mitgeteilt, dass er die gegenüber der Klägerin bestehenden Mietzinsforderungen gestundet habe, bis diese in der Lage sei , eine Arbeit aufzunehmen oder zu eigenem Vermögen komme. Im Verhandlungstermin hat er diese Aussage bekräftigt und ferner verdeutlicht, dass die Klägerin aufgrund ihrer spezifischen Behinderung nie in der Lage sein würde, eine Ausbildung zu absolvieren und einen gewöhnlichen Beruf auszuüben. Er würde von der Klägerin auch im Falle ihrer Erwerbsfähigkeit solange keine Mietzinszahlungen verlangen, wie sie nicht in der Lage sei, diese mit eigenem Einkommen zu begleichen. Selbst während einer Ausbildung würde er hiervon Abstand nehmen, wenn sie nicht mehr als die üblicherweise geringe Ausbildungsvergütung erhalte.
54Soll mit einem Mietvertrag tatsächlich keine Schuld des Leistungsempfängers, sondern eine Pflicht des Sozialhilfeträgers begründet werden, sind ernsthafte Zweifel angebracht, eine Vollziehung des geschlossenen Mietvertrages anzunehmen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn auch nach den weiteren persönlichen und finanziellen Umständen davon auszugehen ist, dass zu keinem Zeitpunkt eine tatsächliche Vollziehung des Mietvertrages von Seiten des Vermieters beabsichtigt war. Dabei wird nicht verkannt, dass die Begründung einer rechtlichen Verbindlichkeit zur Zahlung von Unterkunfts- und Heizkosten in Fällen der vorliegenden Art grundsätzlich als nahe liegende und nicht beanstandungswürdige Gestaltungsmöglichkeit erscheint, deren Wahrnehmung nicht zwingend als missbräuchlich anzusehen ist. § 43 Abs. 3 S. 1 SGB XII deutet darauf hin, dass bei derartigen wirtschaftlichen Verhältnissen im Falle der Betreuung eines voll erwerbsgeminderten erwachsenen Kindes im elterlichen Haushalt eine wirtschaftliche Zuweisung von für das Kind entstehenden Unterkunfts- und Heizkosten in die von der Allgemeinheit aufzubringenden Sozialhilfekosten durch entsprechende zivilrechtliche Gestaltungen gerechtfertigt erscheint (vergleiche Landessozialgericht Nordrheinwestfalen, a.a.O., Rn. 66).
55(2) Allerdings sprechen weitere Umstände des Einzelfalls gegen eine Ernsthaftigkeit der Mietzinsforderung. Gegen den ernsthaften Willen, von der Klägerin Mietzinszahlungen zu fordern, spricht auch die persönliche Situation der Klägerin zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Nach den Angaben ihres Vaters befand sich die Klägerin zum Zeitpunkt der Antragstellung in der zehnten Klasse der von ihr besuchten Schule, die sie auch weiterhin besucht und erst im Juni 2015 verlassen wird (bzw. aufgrund ihres Alters verlassen muss). Dass Eltern von ihren schulpflichtigen, einkommenslosen Kindern Mietzinsen für das von diesen bewohnte Kinderzimmer und für die Mitbenutzung der übrigen Räume verlangen, ist entgegen der vom Vater der Klägerin vertretenen Auffassung völlig unüblich und zwar unabhängig davon, ob die Kinder an einer Behinderung leiden oder nicht. Vielmehr kann davon ausgegangen werden, dass Eltern von ihren Kindern jedenfalls so lange keine Kosten für die Unterkunft und Heizung verlangen, wie diese sich in der schulischen Ausbildung befinden und darüber hinaus u. U. sogar bis zu demjenigen Zeitpunkt, ab dem sie die Möglichkeit haben, sich durch eigenes Einkommen an den Unterkunftskosten zu beteiligen. Andernfalls müssten volljährige Kinder zur Sicherstellung ihres Lebensunterhalts die Schule abbrechen und einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Selbst während einer Ausbildung oder eines Studiums dürfte bei Eltern lediglich dann ein ernsthafter Wille angenommen werden können, von ihren Kindern anteilig Mietzinszahlungen zu verlangen, wenn diese mit bzw. während ihrer Ausbildung Einkommen in relevanter Höhe erzielen. Gerade vor diesem Hintergrund ist nicht erkennbar, weshalb die Klägerin noch während ihrer Schulzeit für die Unterkunft im elterlichen Haushalt Mietzinsen aufwenden soll. Selbst die überobligatorischen finanziellen Belastungen für die bauliche Gestaltung der Familienwohnung zugunsten des behinderten Kindes und die damit für die Eltern verbundenen Einschränkungen der Nutzung ihrer Wohnung können eine solche Forderung nicht rechtfertigen. Dies gilt erst recht, wenn die Eltern über ein Eigenheim verfügen und die laufenden Kosten mit ihren Mitteln decken können. Jedenfalls bis zur Beendigung des Schulzeit im Juni 2015 und bis zum Zeitpunkt der Erzielung eigener Einnahmen etwa im Rahmen einer Tätigkeit in einer Werkstatt für behinderte Menschen wird von einem ernsthaften Mietzinsverlangen der Eltern nicht ausgegangen werden können.
56(3) Auch die Vertragsgestaltung und die getroffene Vereinbarung über die Miethöhe sprechen dafür, dass die Eltern einen Anspruch auf Mietzinszahlung gegenüber der Klägerin nicht begründen, jedenfalls aber nicht durchsetzen wollen. Allerdings stehen alleine die räumlichen Verhältnisse, insbesondere die fehlende Abgeschlossenheit der von der Klägerin bewohnten Räume, der Vereinbarung eines festen Mietzinses nicht entgegen. Denn auch wenn eine Vermietung an Fremde unter diesen Bedingungen auf dem freien Wohnungsmarkt (außerhalb von Wohngemeinschaften Gleichaltriger) kaum anzutreffen sein dürfte, so erscheint dies zwischen nahen Verwandten durchaus als nachvollziehbare Vermietungsmöglichkeit (so auch LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.). Jedoch entsprechen die vereinbarten Mietzinsen weder dem auf die Klägerin entfallenden Anteil der von der Familie aufzuwendenden Kosten für Zinsen, Tilgung, Nebenkosten und Heizkosten, noch entsprechen sie dem für die Mitbenutzung der Wohnung angemessenen Mietzins. Nach den vom Vater der Klägerin vorgelegten Unterlagen betragen die monatlichen Zahlungen für Zins und Tilgung 853 EUR und die kalten Nebenkosten ca. 102 EUR. Legt man diese Kosten zu Grunde, würde sich für die Klägerin ein Anteil an der Bruttokaltmiete i.H.v. etwa 318 EUR ergeben, welcher deutlich unter dem im Mietvertrag geregelten Kaltmietzins liegt. Auch vor dem Hintergrund der mit den Mietern in der zweiten Etage und im Dachgeschoss vereinbarten Kaltmiete von 8,57 EUR pro Quadratmeter erscheint der vereinbarte Mietzins so hoch, dass nicht ernsthaft davon ausgegangen werden kann, dass die Eltern von ihrer Tochter diesen Mietzins tatsächlich fordern. Es ist nicht erkennbar, weshalb gerade die Tochter einen höheren Anteil an den Unterkunftskosten tragen soll als die übrigen Familienmitglieder und auch mehr als die Mieter der anderen Etagen. Zwar könnte man insofern einwenden, dass für den behindertengerechten Umbau der Wohnung erhebliche Darlehen aufgenommen werden mussten, allerdings dienen die Mietzinszahlungen in dieser Höhe auch und ganz entscheidend der Vermögensbildung der Eltern. Insofern erscheinen auch die konkreten Umstände der Mietpreisbildung zumindest unüblich. So hat der Zeuge vorgetragen, dass er nach einer Inaugenscheinnahme der Wohnung und unter Zugrundelegung des C Mietspiegels selbst den Mietpreis ermittelt habe, welcher dem Mietvertrag zugrunde gelegt worden sei. Dass der Mieter und nicht der Vermieter den Mietpreis vorgibt und nicht jedenfalls versucht, diesen zu seinen Gunsten bzw. zu Gunsten des Betreuten günstig zu beeinflussen, entspricht nicht den marktüblichen Gepflogenheiten und vorliegend auch nicht den wirtschaftlichen Interessen der Klägerin. Zumindest hätten die fehlenden anderweitigen Vermietungsmöglichkeiten, die tatsächlich auf die Wohnung entfallenden anteiligen niedrigeren Unterkunfts- und Heizkosten sowie die niedrigeren Mietzinsen der übrigen Mieter berücksichtigt und in die Mietpreisbildung eingepreist werden können. Auf der anderen Seite wird auch von Eltern kaum zu erwarten sein, dass sie ihr Kind unverhältnismäßig hohen Mietzinsforderungen aussetzen.
57(4) Schließlich spricht auch die finanzielle Situation der Eltern nicht dafür, dass diese von der Klägerin ernsthaft Mietzinszahlungen verlangen. Zwar haben die Eltern die gemeinsam mit der Klägerin bewohnte Wohnung mit erheblichem finanziellen Aufwand behindertengerecht umgebaut und erweitert; jedoch sind die Eltern den hierdurch entstehenden Darlehensverbindlichkeiten schon seit den Jahren 1996/1997 bzw. 2006 ausgesetzt, so dass jedenfalls keine zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses neu entstandenen finanziellen Belastungen die Einnahmen von weiteren Mietzinsen notwendig erscheinen lassen. So sind die vom Vater der Klägerin dargestellten umfangreichen Umbaumaßnahmen überwiegend kurze Zeit nach der Geburt der Klägerin bzw. ihrer Erkrankung erfolgt, so dass die hierdurch entstandenen Verbindlichkeiten bereits seit 16 Jahren von den Eltern getragen werden. Auch der Einbau des Fahrstuhls lag zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses schon sechs Jahre zurück. Abgesehen von dem Umstand, dass die Umbau- und Erweiterungsmaßnahmen jedenfalls teilweise eine erhebliche Wertsteigerung der Immobilie mit sich gebracht haben dürften (Fußbodenheizung/Fahrstuhl/Anbau) und die hierdurch weiterhin bestehenden dinglich gesicherten Darlehensverbindlichkeiten von knapp über 100.000 EUR weit hinter dem Verkehrswert der Immobilie zurückbleiben, war und ist es den Eltern möglich, neben der Sicherung des eigenen Lebensunterhalts ihrer Unterkunfts- und Heizkosten zu tragen und ihre Darlehensverbindlichkeiten weiter zu tilgen. So verfügte die Mutter über eine Erwerbsminderungsrente und eine weitere Betriebsrente in Höhe von zusammen gerundet 1200 EUR, während der Vater der Klägerin eine Altersrente in Höhe von monatlich 183,52 EUR erhält. Zudem erzielen die Eltern durch die Vermietung der zweiten Etage und des Dachgeschosses eine Nettomiete von monatlich über 1000,- EUR. Alleine mit diesen Einnahmen können sie die auf das Jahr 2012 bezogenen und für die Mietzinsbildung relevanten Zins- und Tilgungszahlungen von monatlich 853, 14 EUR sowie die Neben- und Heizkosten von monatlich 706,36 EUR (inkl. Stromkosten) und damit von insgesamt 1559, 50 EUR neben ihren laufenden Lebenshaltungskosten aufbringen und zugleich durch die Tilgungsleistungen weiter Vermögen aufbauen.
58Für eine Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Eltern zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses spricht lediglich der Umstand, dass der Vater im Jahre 2011 das 65. Lebensjahr vollendet hat und aufgrund dessen nach seinen Angaben keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgehen will und auch nur noch einen begrenzten Zeitraum wird nachgehen können. Insofern ist zu beachten, dass die Familie ab der Einstellung der Erwerbstätigkeit des Vaters nicht mehr über monatlich weitere Einnahmen aus der anwaltlichen Tätigkeit in Höhe von etwa 750,- EUR verfügen wird, wenn man den Jahresgewinn des Vaters aus dem Jahre 2012 i.H.v. 9000 EUR zugrunde legt. Den Angaben des Vaters zufolge dürften die Einnahmen aus seiner anwaltlichen Tätigkeit jedoch bereits seit dem Jahre 2004 nicht wesentlich höher ausgefallen sein, da er seit dieser Zeit nur noch eingeschränkt berufsfähig gewesen sein soll. Allerdings verfügt die Familie nach Aufgabe der anwaltlichen Tätigkeit über die Möglichkeit, die bisherigen Kanzleiräume von etwa 56 m² weiter zu vermieten und anstelle der Einnahmen aus der Erwerbstätigkeit weitere Mieteinnahmen in nicht wesentlich geringerem Umfang zu erzielen, wenn man auf den zu Grunde gelegten Mietzins für Wohnraum von 10,79 EUR pro Quadratmeter abstellt. Daher wird man den bisherigen Einnahmen der Eltern der Klägerin jedenfalls mindestens weitere 500 EUR hinzurechnen können. Berücksichtigt man ferner das für die Klägerin geleistete Kindergeld i.H.v. 184 EUR, stehen ihren Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von etwa 1500 EUR monatlich Einnahmen in Höhe von ca. 3000,- EUR zzgl. Kindergeld gegenüber. Die Kosten für den Lebensunterhalt der Klägerin werden hingegen von der Beklagten getragen. Selbst bei der Berücksichtigung weiterer Darlehensverbindlichkeiten bzw. weiterer Kosten für die Wartung des Fahrstuhls verfügen die Eltern der Klägerin damit dauerhaft über ausreichend finanzielle Mittel, um ihren Lebensunterhalt zu sichern und zugleich die für die Immobilie aufgenommenen Darlehen zurückzuführen.
59III. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG.
60IV. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 1 und 2 SGG), liegen nicht vor.
(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.
(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 09.01.2013 aufgehoben und die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 20.12.2005, 23.01.2006 und 17.02.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.06.2011 verurteilt, dem Kläger für den Monat Januar 2006 weitere Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 128,56 EUR zu gewähren. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen. Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten nach Abschluss eines Teilunterwerfungsvergleichs noch über die Höhe der zu gewährenden Unterkunftskosten im Rahmen der Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII im Monat Januar 2006.
3Der 1969 geborene Kläger leidet an einer psychischen Erkrankung in Form einer chronisch verlaufenden Depression mit einer unsicheren, ängstlich-vermeidenden Persönlichkeitsstörung und einer ausgeprägten sozialen Phobie. Er ist dadurch jedenfalls seit dem 01.01.2003 unabhängig von der Arbeitsmarktlage dauerhaft voll erwerbsgemindert. Bis zum 19.12.2013 war für den Kläger auf Grund seiner Erkrankung für die Aufgabenkreise Behörden- und Sozialhilfeangelegenheiten eine Betreuung eingerichtet. Seit dem 01.01.2003 erhält er Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz bzw. seit dem 01.01.2005 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII. Er bewohnte im streitigen Zeitraum zwei Zimmer (ca. 11 und 7 m²) im elterlichen Reihenhaus, das über eine Gesamtwohnfläche von 82,5 m² verfügt. Bad, Küche und die sonstigen Räume abgesehen von Wohn- und Schlafzimmer sowie der Garten standen ihm zur Mitbenutzung zur Verfügung. In dem Haus lebten außerdem seine Eltern, wobei die Mutter ebenfalls an einer psychischen Erkrankung sowie einer Sehbehinderung leidet und der Pflege des Vaters bedarf. Im streitbefangenen Zeitraum erzielte der Vater Einkommen aus einer Rente in Höhe von nicht mehr als 1.026,04 EUR (Betrag nach heutigem Stand) monatlich. Die Mutter erhielt ausschließlich Blinden- und Pflegegeld. Die Eltern tragen die für das Hausgrundstück anfallenden laufenden Kosten.
4Mit Schreiben vom 10.02.2005 überreichte der Kläger einen mit seinen Eltern geschlossenen Mietvertrag vom 01.02.2005. Danach hat das Mietverhältnis bereits am 01.01.2003 begonnen; zuvor habe eine entsprechende mündliche Vereinbarung bestanden. Nach dem Vertrag war der Kläger verpflichtet, monatlich 110,40 EUR Miete, 46,60 EUR für die Mitbenutzung der weiteren Räume sowie 83,00 EUR Betriebskosten, insgesamt also 240,00 EUR zu zahlen. In den sog. Betriebskosten sollten ausweislich einer Aufstellung des Vaters auch die anteiligen Vorauszahlungen für Heizung und Strom enthalten sein. Der Abschluss eines Mietvertrages sei ihm von der Beklagten im Januar 2005 nahe gelegt worden. Ihm war ein Gespräch des Klägers mit der Beklagten vorausgegangen, in dem der Kläger den Regelsatz für einen Haushaltsvorstand an Stelle des Regelsatzes für einen Haushaltsangehörigen begehrt hatte. Die Beklagte hatte darauf hingewiesen, dass der Regelsatz eines Haushaltsvorstandes nur bei Mitgliedern einer Wohngemeinschaft mit separaten Mietverträgen gewährt werden könne. Zur Begründung des Mietvertrages führte der Kläger aus, sein Vater sei ihm gegenüber nicht zum Unterhalt verpflichtet; es könne daher nicht erwartet werden, dass er ihm kostenlos Wohnraum zur Verfügung stelle. Der Mietvertrag diene auch seiner Absicherung, falls den Eltern etwas zustoßen sollte. Schließlich sei er auch auf Druck seiner Geschwister zu Stande gekommen, die gefordert hätten, seinen Unterhalt im elterlichen Testament zu berücksichtigen. Einem Nachtrag zum vorgelegten Testament der Eltern ist zu entnehmen, dass dem Kläger ab seinem 27. Geburtstag monatlich 200,00 DM Kostgeld zzgl. 3 % Zinsen pro Jahr auf sein Erbteil angerechnet werden sollen. Nach einer Erläuterung zum Nachtrag waren bis zum Erhalt der Grundsicherung am 01.01.2003 insgesamt 8.388,38 EUR angefallen, die vom Erbteil des Klägers abzuziehen seien.
5Für den Zeitraum Januar bis Dezember 2005 zahlte die Beklagte, teilweise auf Grund gerichtlichen Eilrechtschutzes, zunächst die mietvertraglich vereinbarten Kosten. Ab 01.01.2006 wurden nur noch die kopfteilig anfallenden Unterkunftskosten gewährt, für den Monat Januar 2006 in Höhe von 84,77 EUR. Aus diesem Grunde legte der Kläger gegen die für den Zeitraum vom 01.01.2006 bis zum 30.11.2011 ergangenen Bewilligungs- und Änderungsbescheide (Bescheide vom 20.12.2005, 23.01.2006, 17.02.2006, 23.08.2006, 21.09.2006, 23.10.2006, 22.11.2006, 15.12.2006, 23.01.2007, 20.02.2007, 20.06.2007, 23.07.2007, 23.10.2007, 22.11.2007, 17.12.2007, 23.01.2008, 19.03.2008, 20.06.2008, 23.07.2008, 23.10.2008, 20.11.2008, 22.01.2009, 18.02.2009, 22.06.2009, 22.10.2009, 20.11.2009, 21.01.2010, 18.02.2010, 23.03.2010, 23.08.2010, 21.10.2010, 22.11.2010, 21.01.2011, 18.02.2011, 23.03.2011) Widerspruch ein, so unter anderem gegen den Bescheid vom 20.12.2005 am 03.01.2006.
6Mit Widerspruchsbescheid vom 07.06.2011 wies der Kreis W nach Beteiligung sozial erfahrener Dritter die Widersprüche des Klägers zurück. Bei den von dem Kläger bewohnten Räumlichkeiten handele es sich nicht um eine abgeschlossene Wohnung, welche auch an fremde Personen vermietet werden könne. Auch der Mietvertrag ändere an der Höhe der zu berücksichtigenden Unterkunftskosten nichts. Die Sozialhilfe diene der Sicherung des Lebensunterhalts des Anspruchsberechtigten, nicht aber der Erhöhung des Einkommens der Eltern. Eine schriftliche Vereinbarung zwischen Mitgliedern einer Haushaltsgemeinschaft könne die Aufteilung der Unterkunftskosten nach Kopfteilen nicht beeinflussen. Die sozialgerichtliche Rechtsprechung habe Untermietverträge von Eltern mit volljährigen Kindern als nichtiges Scheingeschäft gewertet.
7Mit Bescheiden vom 21.06.2011 und 21.10.2011 änderte die Beklagte nochmals die Bewilligungen für die Monate Juli bis November 2011 hinsichtlich der Kosten für Unterkunft und Heizung ab.
8Am 06.07.2011 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Düsseldorf Klage erhoben, mit der er ausschließlich die Berücksichtigung der Unterkunftskosten entsprechend dem Mietvertrag begehrt hat. Die Maßstäbe eines Fremdvergleichs seien für die Frage, ob ein Mietvertrag abgeschlossen wurde, nach der Rechtsprechung des Bundesozialgerichts nicht zu berücksichtigen. Sein Vater sei schon deshalb nicht bereit, ihn - den Kläger - kostenfrei in seinem Haus wohnen zu lassen, weil dies eine Benachteiligung der Geschwister bedeute. Er habe nach seinen finanziellen Möglichkeiten stets Zahlungen aus den bewilligten Leistungen und auch aus erhaltenen Nachzahlungen erbracht. Darüber hinaus habe er 640,00 EUR aus der Auflösung eines Sparbuchs und aus Genossenschaftsanteilen an den Vater gezahlt.
9Zum Nachweis seiner Zahlungen hat der Kläger eine Aufstellung seines Vaters zu den Gerichtsakten gereicht; danach hat er im Jahr 2006 einen Betrag von 1.910,94 EUR, in 2007 1.261,88 EUR, in 2008 1.579,36 EUR, in 2009 2.607,76 EUR, in 2010 6.467,68 EUR und in 2011 2.979,12 EUR auf die Unterkunftskosten gezahlt. Daneben hat er Kontoauszüge vorgelegt, wonach er Nachzahlungen der Beklagten zur Tilgung seiner Mietschulden an den Vater überwiesen hat. Schließlich hat er eine eidesstattliche Versicherung zu den Akten gereicht, wonach er bereits im Dezember 2002 mit seinem Vater mündlich einen Mietvertrag abgeschlossen habe, weil seine Geschwister sich benachteiligt gefühlt hätten.
10Er hat beantragt,
11die Bescheide vom 20.12.2005, 23.01.2006, 17.02.2006, 23.08.2006, 21.09.2006, 23.10.2006, 22.11.2006, 15.12.2006, 23.01.2007, 20.02.2007, 20.06.2007, 23.07.2007, 23.10.2007, 22.11.2007, 17.12.2007,23.01.2008, 19.03.2008, 20.06.2008, 23.07.2008, 23.10.2008, 20.11.2008, 22.01.2009, 18.02.2009, 22.06.2009, 22.10.2009, 20.11.2009, 21.01.2010, 18.02.2010, 23.03.2010, 23.08.2010, 21.10.2010, 22.11.2010, 21.01.2011, 18.02.2011, 23.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.06.2011 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, für die Zeit ab dem 01.01.2006 Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch für die Kosten der Unterkunft nach dem Mietvertrag vom 01.02.2005 zu bewilligen.
12Die Beklagte hat beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Sie hat ausgeführt, der Kläger habe durch den Abschluss des Mietvertrages seine Wohnform zwar formell, nicht aber tatsächlich verändert. Dies sei zu Lasten des Sozialhilfeträgers nicht hinnehmbar. Zum Abschluss des Mietvertrages bestehe kein Rechtsbindungswille; die Eltern würden keine Kündigung bzw. Zwangsräumung gegen ihren Sohn betreiben.
15Mit Urteil vom 09.01.2013 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Mietvertrag vom 01.02.2005 sei nur eingegangen worden, um höhere Grundsicherungsleistungen zu erhalten. Der Kläger habe zuvor jahrelang mietfrei im Hause der Eltern gelebt. Bei Abschluss des mündlichen Mietvertrages seien die Vertragsparteien offensichtlich nicht von dessen Rechtsverbindlichkeit ausgegangen. Denn 2003 sei zu keinem Zeitpunkt eine Mietzahlung vorgenommen worden, ohne dass hieraus mietrechtliche Konsequenzen erwachsen wären. 2004 und 2005 habe der Kläger auch unter Berücksichtigung von Rückständen aus dem Jahr 2003 weit höhere als die angeblich geschuldeten Beträge an die Eltern geleistet. Gegen das Bestehen eines Mietvertrages vor dem 01.02.2005 spreche zudem, dass der Kläger entsprechende Unterkunftskosten gegenüber der Beklagten zuvor nicht geltend gemacht habe.
16Gegen das ihm am 15.02.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 14.03.2013 Berufung eingelegt. Er habe jahrelang mietfrei bei seinen Eltern gewohnt, weil diese ihm gegenüber unterhaltspflichtig gewesen seien. Soweit er in den Jahren 2004 und 2005 höhere als die geschuldeten Beträge an den Vater gezahlt habe, sei dies darauf zurückzuführen, dass er immer die gesamten Nachzahlungsbeträge an ihn überwiesen habe. Er habe zu diesem Zeitpunkt keine Aufstellung über die Schulden gehabt; diese seien immer zum Ende eines Jahres gefertigt worden. Außerdem habe er seinem Vater von diesem gezahltes Taschengeld und Krankenkassenbeiträge erstatten wollen. Schließlich spreche auch die erbrechtliche Regelung im Testament der Eltern dafür, dass Wohnraum nicht unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden sollte.
17In der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten im Wege des Teilunterwerfungsvergleichs den streitigen Zeitraum auf den Monat Januar 2006 beschränkt und vereinbart, das rechtskräftige Ergebnis des vorliegenden Verfahrens entsprechend auf die Leistungen für die Zeit ab dem 01.02.2006 bis zum 31.03.2013 (dem Zeitpunkt des Auszuges des Klägers aus dem elterlichen Haus) anzuwenden.
18Der Kläger beantragt,
19das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 09.01.2013 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 20.12.2005, 23.01.2006 und 17.02.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.06.2011 zu verurteilen, ihm für den Monat Januar 2006 weitere Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 128,56 EUR zu gewähren.
20Die Beklagte hat beantragt,
21die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
22Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
23Mit Schreiben vom 15.01.2013 hat der Vater den Mietvertrag mit dem Kläger zum 30.06.2013 gekündigt, weil er das Zimmer des Klägers für ein Pflegebett für dessen Mutter benötige. Bereits zum 31.03.2013 zog der Kläger in eine andere Wohnung. Er zahlt aktuell noch monatliche Raten von 50,00 EUR zur Schuldentilgung an seinen Vater.
24Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Diese sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
25Entscheidungsgründe:
26Die nach § 144 Abs. 1 S. 2 SGG statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist begründet. Zu Unrecht hat es das Sozialgericht abgelehnt, die Beklagte zur Erbringung höherer Unterkunftskosten im Rahmen der Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII zu verurteilen.
27I. Gegenstand des Verfahrens sind nach Abschluss des Teilunterwerfungsvergleichs in der mündlichen Verhandlung nur noch die Bescheide vom 20.12.2005, 23.01.2006 und 17.02.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.06.2011, soweit die Beklagte darin für den Monat Januar 2006 keine höheren als die tatsächlich gewährten Leistungen für Unterkunfts- und Heizkosten von 84,77 EUR bewilligt hat. Gegen diese richtet sich der Kläger mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG i.V.m. § 56 SGG). Vor Erlass des Widerspruchsbescheides wurden sozial erfahrene Dritte ordnungsgemäß beteiligt (§ 116 Abs. 1 SGB XII).
28Der Kläger konnte sein Begehren zulässigerweise auf den Teil der genannten Bescheide beschränken, der die Kosten für Unterkunft und Heizung betrifft. Bei den Ansprüchen auf Leistungen für Unterkunft und Heizung handelt es sich um abtrennbare selbstständige Ansprüche (vgl. BSG, Urteil vom 14.04.2012 - B 8 SO 18/09 R Rn. 10 m.w.N.; Urteil des Senats vom 10.02.2014 - L 20 SO 401/13). Dass es an einer ausdrücklichen Ablehnung der Bewilligung von Unterkunftskosten in Höhe der mietvertraglichen Vereinbarung fehlt, ist dabei unerheblich. Denn eine solche ist jedenfalls stillschweigend durch die Bewilligung niedrigerer Leistungen für Unterkunft und Heizung erfolgt. Zudem lässt sich eine Entscheidung hierüber ausdrücklich auch aus der Begründung des Widerspruchsbescheides vom 07.06.2011 entnehmen.
29Richtiger Klagegegner (§ 70 Nr. 1 SGG) ist die Stadt U als die den Bescheid erlassende Stelle (vgl. Straßfeld, SGb 2010, 520 ff., 522; BSG, Urteil vom 12.12.2013 - B 8 SO 13/12 R Rn. 11). Ihr war nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 der Satzung über die Durchführung der Sozialhilfe im Kreis W vom 30.12.2004 (Amtsblatt Kreis W 2004, S. 1051) durch den an sich sachlich und örtlich zuständigen Kreis W (§ 97 Abs. 1, § 98 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 3 Abs. 2 SGB XII und §§ 1, 2 AG NRW-SGB XII vom 16.12.2004 - GVBl. NRW 816 - i.V.m. der Ausführungsverordnung zum SGB XII des Landes Nordrhein-Westfalen vom 16.12.2004 - GVBl. NRW 817) die Befugnis zur Durchführung der Entscheidung über die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII im eigenen Namen übertragen. Aus dieser Aufgabenübertragung ist auch die Berechtigung abzuleiten, die Entscheidung im Falle einer Klage vor dem Sozialgericht zu vertreten.
30II. Anspruchsgrundlage für die vom Kläger begehrten Leistungen ist § 42 Nr. 2 i.V.m. § 29 SGB XII (jeweils in der bis zum 06.12.2006 gültigen Fassung).
311. Der Kläger erfüllte im streitbefangenen Zeitraum die Voraussetzungen der §§ 19 Abs. 2 (in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung), 41 SGB XII (in der bis zum 06.12.2006 geltenden Fassung). Er ist (und war) unabhängig von der Arbeitsmarktlage dauerhaft voll erwerbsgemindert. Einkommen erzielte er nicht; insbesondere erhielt er keine Rente wegen voller Erwerbsminderung, weil er die allgemeine Wartezeit nach §§ 43 Abs. 2 Nr. 3, 50 Abs. 1, 51 Abs. 1 SGB VI nicht erfüllte. Nach § 90 SGB XII einzusetzendes Vermögen hatte er ebenfalls nicht. Im streitbefangenen Zeitraum besaß er lediglich Vermögen in Höhe von 981,79 EUR (27,54 EUR Bargeld; 340,66 EUR Sparbuchguthaben, 613,59 EUR Genossenschaftsanteile), das somit unterhalb des Freibetrages von 2.600,00 EUR (§ 1 Abs. 1 Nr. 1a der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII) lag.
322. Auch die Eltern des Klägers hatten kein einsatzpflichtiges Einkommen. Nach § 43 Abs. 3 SGB XII bleiben Unterhaltsansprüche Leistungsberechtigter gegenüber ihren Kindern und Eltern unberücksichtigt, sofern deren jährliches Gesamteinkommen im Sinne des § 16 SGB IV unter einem Betrag von 100.000,00 EUR liegt. Zu berücksichtigen sind nur Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1 Nrn. 1 - 7 EStG (vgl. Blüggel in jurisPK-SGB XII, § 43 SGB XII Rn. 35, Stand: 25.07.2014). Von vornherein nicht einsatzpflichtig sind deshalb sowohl das Pflege- als auch das Blindengeld der Mutter des Klägers. Vielmehr ist allein die Rente des Vaters als Einkommen zu berücksichtigen, die jedoch mit monatlich etwas oberhalb von 1000,00 EUR (aktueller Stand) den Grenzbetrag nicht erreicht.
333. Dem Kläger standen Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der mietvertraglich vereinbarten Kosten abzüglich des darin enthaltenen Anteils für Haushaltsstrom zu.
34a) Nach §§ 42 S. 1 Nr. 2, 29 SGB XII werden Leistungen für die Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht. Nutzen Hilfebedürftige eine Unterkunft gemeinsam mit anderen Personen, so sind die Leistungen für Unterkunft und Heizung zwar grundsätzlich - wie vorliegend auch geschehen - unabhängig von Nutzungsintensität und Alter anteilig pro Kopf aufzuteilen (vgl. BSG, Urteil vom 22.08.2013 - B 14 AS 85/12 R Rn. 20). Das BSG hat allerdings Ausnahmen für Fälle zugelassen, in denen eine andere Aufteilung auf Grund eines Vertrages bei objektiver Betrachtung angezeigt ist (Urteil vom 29.11.2012 - B 14 AS 161/11 R Rn. 16). Liegt eine abweichende, bindende vertragliche Regelung der Nutzung der Wohnung zu Grunde, so ist vom Kopfteilprinzip abzuweichen.
35b) Der 8. Senat des BSG hat die Anspruchsvoraussetzungen für eine Übernahme mietvertraglich vereinbarter Unterkunftskosten eines volljährigen Hilfebedürftigen, der mit nichthilfebedürftigen verwandten oder verschwägerten Personen in einer Haushaltsgemeinschaft lebt, dahingehend konkretisiert, dass grundsätzlich ein entsprechender Bedarf im Sinne einer wirksamen zivilrechtlichen Verpflichtung gegenüber Dritten bestehen muss (vgl. BSG, Urteil vom 14.04.2011 - B 8 SO 18/09 R Rn. 15 und Urteil vom 25.08.2011 - B 8 SO 29/10 R Rn. 12 f.). Dies gilt jedenfalls dann, wenn weder eine Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB II noch eine Einsatzgemeinschaft nach dem SGB XII oder eine sog. gemischte Bedarfsgemeinschaft besteht, bei der mindestens eine Person dem System des SGB II und mindestens eine andere dem System des SGB XII zuzuordnen ist (vgl. auch Urteil des Senats vom 10.02.2014 - L 20 SO 401/13 Rn. 51).
36Der Kläger bildete mit seinen Eltern weder eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne des § 7 Abs. 3 SGB II noch eine sog. gemischte Bedarfsgemeinschaft. Denn er lebte nicht mit einer Partnerin oder einem Partner, sondern mit seinen Eltern zusammen und hatte im streitbefangenen Zeitraum das 25. Lebensjahr längst vollendet. Beide Eltern hatten bereits das 65. Lebensjahr überschritten und wären bei - tatsächlich jedoch nicht bestehender - Hilfebedürftigkeit ebenfalls dem System des SGB XII unterfallen. Eine sozialhilferechtliche Einstandsgemeinschaft mit dem Kläger bildeten sie ebenfalls nicht. § 19 Abs. 2 SGB XII sieht insofern lediglich eine Berücksichtigung des Einkommens und Vermögens des nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners sowie des Partners einer eheähnlichen Gemeinschaft vor. Demgegenüber bleiben nach § 43 Abs. 3 SGB XII Unterhaltsansprüche bei einem jährlichen Gesamteinkommen des Unterhaltspflichtigen von weniger als 100.000,00 EUR gegenüber Eltern und Kindern unberücksichtigt (vgl. dazu auch Coseriu in jurisPK-SGB XII, § 19 SGB XII Rn. 26, Stand: 17.06.2014). Dass ein solches Einkommen bei den Eltern des Klägers nicht vorlag, wurde bereits ausgeführt (s.o. 2.).
37c) Der Kläger war - entgegen der Auffassung des Sozialgerichts und der Beklagten - auf Grund des mit den Eltern geschlossenen Mietvertrages rechtsverbindlich zur Zahlung des darin vereinbarten Mietzinses verpflichtet.
38aa) Seine gegenteilige Auffassung begründet das Sozialgericht im Wesentlichen mit dem Umstand, dass der schriftliche Vertrag erst abgeschlossen wurde, nachdem im Januar 2005 in einem Gespräch mit der Beklagten ein Mietvertrag verlangt wurde, um dem Kläger den Regelsatz eines Haushaltsvorstandes zahlen zu können. Zuvor sei ein entsprechender Vertrag nicht erwähnt worden. Zudem sei nicht nachvollziehbar, warum der Kläger in den Jahren 2004 und 2005 höhere Zahlungen als die tatsächlich vereinbarte Miete an seine Eltern geleistet habe. Sozialgericht und Beklagte gehen daher letztlich von einem Scheingeschäft im Sinne des § 117 Abs. 1 BGB zu Lasten der Beklagten aus.
39bb) Der Senat teilt diese Auffassung nicht.
40Es kann dahinstehen, ob für die Jahre 2003 und 2004 ein (mündlicher) Mietvertrag tatsächlich existierte. Denn streitbefangen ist ausschließlich der Zeitraum ab 01.01.2006. Jedenfalls für diesen lag mit dem Mietvertrag vom 01.02.2005 eine schriftliche Vereinbarung vor. Selbst, wenn ein Rechtsbindungswille vor Vertragsabschluss nicht feststellbar wäre, so schlösse dies einen solchen für die Zeit ab Vertragsunterzeichnung nicht aus. Zudem sprechen weder die Form des (zunächst ggf. nur mündlich vereinbarten) Mietvertrages noch die Zahlungsmodalitäten gegen einen mit Rechtsbindungswillen abgeschlossenen Vertrag. Sowohl die für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate als auch der für die Sozialhilfe zuständige 8. Senat des Bundessozialgerichts haben insofern übereinstimmend erkannt, dass zur Beantwortung der Frage, ob unter Verwandten ein rechtsverbindliches Mietverhältnis begründet wurde, ein Fremdvergleich mit anderen Mietverhältnissen nicht anzustellen ist (BSG, Urteil vom 07.05.2009 - B 14 AS 31/07 R; Urteil vom 03.03.2009 - B 4 AS 37/08 R; Urteil vom 23.03.2010 - B 8 SO 24/08 R Rn. 14; Beschluss vom 25.08.2011 - B 8 SO 1/11 B Rn. 7). Es ist daher unschädlich, dass die Eltern des Klägers trotz zwischenzeitlich erheblicher Mietrückstände weder das Mietverhältnis gekündigt noch die Räumung betrieben haben. Dass sie dies möglicherweise aus familiärer Verbundenheit oder aus Rücksichtnahme auf den Gesundheitszustand des Klägers unterlassen haben, spricht keineswegs gegen einen Rechtsbindungswillen. Denn immerhin waren bei der Beklagten für den hier streitbefangenen Zeitraum Januar 2006 und für die gesamte Folgezeit bis zum Auszug des Klägers entsprechende Widersprüche anhängig; eine Nachzahlung des offenen Mietzinses war deshalb nicht ausgeschlossen. Auch die räumlichen Verhältnisse, insbesondere die fehlende Abgeschlossenheit der durch den Kläger bewohnten und eine gemeinsame Nutzung etlicher anderer Räume, sprechen nicht gegen einen Rechtsbindungswillen. Denn auch, wenn eine Vermietung an Fremde unter diesen Bedingungen auf dem freien Wohnungsmarkt (außerhalb von Wohngemeinschaften Gleichaltriger) kaum anzutreffen sein dürfte, so erscheint dies zwischen nahen Verwandten durchaus als nachvollziehbare Vermietungsmöglichkeit.
41Hinsichtlich der Zahlungen des Klägers in den Jahren 2004 und 2005 ist überdies zu berücksichtigen, dass der Kläger auf Grund seiner psychischen Erkrankung unter Betreuung stand und sämtliche Zahlungen der Beklagten auf das Konto des Vaters (und gleichzeitigen Betreuers) erfolgten. Ein eigenes Konto des Klägers wurde erst zum 01.01.2006 eingerichtet. Der Vater zahlte dem Kläger ausweislich der vorgelegten Aufstellung im Jahr 2005 im Wesentlichen immer einen Betrag aus, der dem bewilligten Regelsatz entsprach, und behielt den restlichen Betrag sowie etwaige Nachzahlungen als Unterkunftskosten ein. Angesichts der schon 2005 bestehenden Streitigkeiten zwischen den Beteiligten über die Höhe der Leistungen für Unterkunft erscheint ein solches Vorgehen jedenfalls nicht rechtsmissbräuchlich, zumal eine Klärung der Rechtsfrage damals noch nicht absehbar war. Durch das Belassen von Nachzahlungsbeträgen auf dem Konto des Vaters, im Übrigen auch durch bis zum heutigen Tag (also auch nach dem Auszug) nachträglich immer wieder geleistete Teilzahlungen, hat der Kläger darüber hinaus hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass er sich (nach wie vor) verpflichtet fühlt, die mietvertraglich geschuldeten Zahlungen zu erbringen.
42Die umfangreichen und detaillierten Aufzeichnungen des Vaters über bestehende Schulden des Klägers wegen Unterkunftskosten lassen ebenfalls darauf schließen, dass eine vertragliche Verpflichtung gewollt war. Muten diese Aufzeichnungen zum Teil auch buchhalterisch etwas laienhaft an, so lassen sie doch das Bemühen des Vaters erkennen, über noch offene Beträge eine genaue Buchführung sicherzustellen. Der Senat hält es dabei für schwer vorstellbar, dass derart detaillierte Aufstellungen erst nachträglich erstellt worden sein sollten.
43Im Übrigen erscheint dem Senat auch ein Bestreben des Vaters nachvollziehbar, dem Kläger aus den elterlichen Möglichkeiten im Vergleich zu seinen Geschwistern keine wirtschaftlichen Vorteile durch kostenfreies Wohnen einzuräumen. Hierfür sprechen zum einen die Angaben des Klägers in seiner glaubhaften eidesstattlichen Versicherung vom 30.12.2012, zum anderen das vorgelegte elterliche Testament, wonach dem Kläger vor Eintreten der Grundsicherung bzw. Sozialhilfe gewährte finanzielle Unterstützung auf seinen Erbteil angerechnet werden sollen. Dafür, dass dem bereits lange erwachsenen Kläger nicht auf Dauer zum Selbstkostenpreis eine Unterkunft zur Verfügung gestellt werden sollte, spricht schließlich auch der Umstand, dass seine Geschwister in jüngeren Jahren, als sie noch bei den Eltern wohnten, an diese (wenn auch keine Miete, so doch) Kostgeld zu geben hatten. Dies spricht für eine Handhabung der Eltern, ihre Kinder schon frühzeitig wirtschaftlich in die Pflicht zu nehmen; erst recht erscheint es dann nachvollziehbar, wenn sie den Kläger (mit im Januar 2006 bereits 36 Jahren) zu einer Mietzahlung auch über ihre Selbstkosten hinaus heranziehen wollten.
44Im Übrigen hat der Senat bereits darauf hingewiesen (vgl. Urteil vom 10.02.2014 - L 20 SO 401/13), dass in Fällen wie dem vorliegenden die Begründung einer rechtlichen Verbindlichkeit zur Zahlung von Unterkunfts- und Heizkosten grundsätzlich als naheliegende und nicht beanstandungswürdige Gestaltungsmöglichkeit erscheint, deren Wahrnehmung kaum als rechtsmissbräuchlich angesehen werden kann. Ebenso wie in dem dortigen Fall leben die Eltern des Klägers vorliegend in durchaus überschaubaren wirtschaftlichen Verhältnissen. Nach ihrem Testament besteht ihr Vermögen im Wesentlichen in dem Hausgrundstück mit dem kleinen Reihenhaus (82,5 m²). Der gesetzlichen Wertung des § 43 Abs. 3 S. 1 SGB XII ist zu entnehmen, dass in solchen Fällen eine Übernahme der Unterkunftskosten, die auf dem Abschluss eines Mietvertrages mit den Eltern beruhen, durch die Allgemeinheit als Teil der Sozialhilfe zu tragen sind. Ohnehin haben die Eltern durch die Betreuung des erwachsenen, voll erwerbsgeminderten Klägers und das Zurverfügungstellen vergleichsweise preiswerten Wohnraums einen Beitrag erbracht, der anderenfalls möglicherweise ebenfalls vom Sozialhilfeträger aufzubringen gewesen wäre. Selbst eine über den bloßen Unkostenausgleich hinausgehende Gewinnerzielungsabsicht der Eltern schadet in diesem Zusammenhang nicht. Eine solche ist vielmehr für ein Mietvertragsverhältnis typisch. Sie kompensiert zudem die fehlende eigene Nutzungsmöglichkeit. Vorliegend entschädigte sie (in recht bescheidenem Umfang) die Eltern des Klägers letztlich auch dafür, dass sie ihren ohnehin beschränkten Wohnraum mit ihrem seit langem erwachsenen Sohn teilten. Angesichts der psychischen Erkrankung des Klägers und der ausgeprägten Pflegebedürftigkeit seiner Mutter erscheint ein solches Motiv auch nicht sittenwidrig. Dass der Vater des Klägers die (Kalt-)Mieteinnahmen (sofern der Kläger Zahlungen für Miete geleistet hat) beim Finanzamt kaum zur Steuer auf Einkommen für Vermietung und Verpachtung erklärt haben wird, spricht in diesem Zusammenhang nicht gegen eine gewollte Verpflichtung des Klägers zur Mietzahlung; schon angesichts der geringen Beträge, die aus der Miete als nach Abzug der Nebenkosten verbleibendes Einkommen des Vaters anfielen, machen dieses (gleichwohl pflichtwidrige) Versehen ebenso nachvollziehbar wie die nur unregelmäßigen Zahlungen des Klägers.
45d) Ist damit die Beklagte dem Grunde nach zur Übernahme der mietvertraglich geschuldeten Unterkunfts- und Heizkosten verpflichtet, so ergibt sich für den Monat Januar 2006 ein Nachzahlungsbetrag von 128,56 EUR. Denn geschuldet war eine Warmmiete von 240,00 EUR. Nach der Aufstellung des Vaters ist darin eine Vorauszahlung für Strom von 50,00 EUR enthalten. Der Aufstellung ist ebenfalls zu entnehmen, dass die Stromkosten kopfteilig auf die Familienmitglieder verteilt werden sollten. Die angefallenen Stromkosten setzten sich allerdings nach der Abrechnung der Stadtwerke U aus Heizstrom (NT) und sonstigem Haushaltsstrom (HT) zusammen. Haushaltsstrom war jedoch auch nach § 28 Abs. 1 SGB XII in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung bereits aus dem Regelsatz zu zahlen. Denn zwar wurde Haushaltsenergie - anders als in § 20 Abs. 1 SGB II in der ab dem 01.06.2007 geltenden Fassung - nicht ausdrücklich in § 27 Abs. 1 SGB XII (in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung) aufgeführt. Nach § 28 Abs. 1 SGB XII umfassten die Regelsätze den gesamten Bedarf des notwendigen Lebensunterhalts mit Ausnahme der ausdrücklich aufgezählten Bedarfe, zu denen aber die Haushaltsenergie nicht gehörte (vgl. hierzu auch Gutzler in jurisPK-SGB XII, § 27a SGB XII Rn. 53, Stand: 25.07.2014). Der in der Gesamtmiete enthaltene Anteil für Haushaltsstrom ist deshalb nicht von der Beklagten zu übernehmen, so dass dieser Anteil vom vertraglich geschuldeten Gesamtmietzins in Abzug zu bringen ist. Nach der Abrechnung der Stadtwerke U vom 31.01.2004 war für den gesamten Haushalt im Januar 2006 ein Abschlag für HT-Strom in Höhe von 80,00 EUR zu entrichten; hiervon entfiel auf den Kläger ein (nur kopfteilig ermittelbarer) Anteil von 26,67 EUR. Dies führt zu einer leistungsauslösenden Inklusivmiete in Höhe von 213,33 EUR (240,00 EUR./. 26,67 EUR). Hat die Beklagte bereits Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 84,77 EUR an den Kläger gezahlt, ergibt sich deshalb ein weiterer Zahlungsanspruch für Januar 2006 von 128,56 EUR.
46III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 S. 1 SGG und trägt dem Erfolg der Berufung Rechnung.
47IV. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 12.06.2014 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten der Klägerin sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Leistungen für Unterkunft und Heizung ab dem 01.02.2012.
3Die am 00.00.1994 geborene Klägerin leidet nach den vorgelegten ärztlichen Unterlagen nach einer im Alter von 6 Monaten durchgeführten Hirnoperation an einem tetraspastischen Syndrom mit einer schweren generalisierten Dyston-dyskinetischen Bewegungsstörung aufgrund einer Stoffwechselerkrankung (Glutarazidurie Typ 1 / Störung des Lysin- und Hydroxylysinstoffewechsels). Bei ihr sind ein Grad der Behinderung von 100 mit den Nachteilsausgleichen "B, G, aG, H und RF" sowie die Pflegestufe III festgestellt worden. Mit Beschluss des Amtsgerichts C vom 31.01.2012 sind die Eltern der Klägerin zu ihren Betreuern in allen Angelegenheiten bestellt worden.
4Die Klägerin wohnt mit ihren Eltern gemeinsam in einem im Eigentum ihres Vaters stehenden Mehrfamilienhaus auf der L-str. 00 in der C Südstadt mit einer Gesamtwohnfläche von etwa 310 qm und einem Verkehrswert i.H.v. ca. 685.000 EUR (vgl. Verkehrswertgutachten Stand November 2011). Die Familie bewohnt das Erd- und Teile des 1. Obergeschosses des Hauses auf einer Wohnfläche von insgesamt ca. 130 qm. Im ersten Obergeschoss befinden sich zudem die vom Vater der Klägerin genutzten Kanzleiräume mit einer Fläche von 56 qm. Das 2. Obergeschoss und das Dachgeschoss mit einer Wohnfläche von insgesamt 124 qm sind an eine Wohngemeinschaft zu einem Nettokaltmietzins von jährlich 12.762 EUR vermietet. Das Grundstück hatte der Vater im Januar 1984 erworben und wohnte bis März 1997 zunächst mit der Familie im 2. Obergeschoss und dem ausgebauten Dachgeschoss, während er seine Kanzlei im ersten Obergeschoss betrieb und das Erdgeschoss an eine Steuerberatungsgesellschaft vermietet war. Aufgrund der mit der Erkrankung der Klägerin verbundenen Bewegungseinschränkungen entschloss sich die Familie, in das Erdgeschoss zu ziehen. Hierfür bauten die Eltern das Erdgeschoss und Teile des 1. Obergeschosses in den Jahren 1996/1997 behindertengerecht um und erweiterten das Haus mit einem Wintergarten und einem Anbau auf der Tiefparterre mit einem Obergeschoss zum Garten hin, wo sie im Jahre 2006 zusätzlich einen Aufzug einbauten. Aufgrund der auch im Zusammenhang mit dem Ausbau des Hauses verbundenen Kreditaufnahmen lasten auf dem Grundstück derzeit noch grundschuldgesicherte Bankverbindlichkeiten von etwa 89.677,34 EUR, für welche monatlich insgesamt 853,14 EUR für Zinsen und Tilgung aufgewendet werden. Im Jahr 2012 betrugen die Restschuld noch 128.000 EUR und die monatlich durchschnittlich zu entrichtenden Zinsen 418,48 EUR. Im Jahr 2011 waren nach Angaben der Eltern der Klägerin von ihnen Nebenkosten i.H.v. monatlich insgesamt 102,78 EUR zzgl. Strom- und Gaskosten von 101,11 EUR bzw. 125,22 EUR und damit insgesamt 329,11 EUR aufzuwenden.
5Die Klägerin wird von ihrer am 11.11.1957 geborenen Mutter in der gemeinsamen Wohnung gepflegt. Diese hatte ihren Beruf als Erzieherin für die Pflege der Klägerin aufgegeben. Seit 2009 bezieht sie eine Rente wegen voller Erwerbsminderung i.H.v. derzeit monatlich 1.022,43 EUR sowie eine Betriebsrente i.H.v. 194,48 EUR. Für die Klägerin wird Kindergeld i.H.v. 184 EUR gezahlt. Der am 06.08.1946 geborene Vater der Klägerin erhält eine Altersrente i.H.v. 183,52 EUR und geht weiterhin seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt nach, mit welcher er im Jahre 2012 ausweislich des vorgelegten Einkommensteuerbescheides Einkünfte i.H.v. 9.299 EUR erzielte. Die Klägerin besucht noch bis Juni 2015 die LVR Christophorus Schule. Nach einer von ihr vorgelegten Bescheinigung vom 15.11.2011 war zu diesem Zeitpunkt beabsichtigt, dass sie die Schule zum 31.07.2013 verlassen würde.
6Ende 2011 beantragten die Eltern der Klägerin erstmals für diese Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch (SGB XII) ab Februar 2012. Bis dahin hatte die Klägerin keine Leistungen der Sozialhilfe erhalten. Im Antragsformular vom 17.01.2012 gaben sie unter Punkt IIII "Angaben zur Wohnung" lediglich "Eigentum" und keine Unterkunftskosten für die Klägerin an. Nach einem in der Verwaltungsakte befindlichen Vermerk kontaktierte die zuständige Sachbearbeiterin der Beklagten den Vater der Klägerin am 30.01.2012 telefonisch und fragte bei diesem nach, ob von der Klägerin Kosten für Unterkunft und Heizung aufzubringen seien. Laut Vermerk antwortete dieser, dass kein Mietvertrag vorliege und auch der Abschluss eines Mietvertrages nicht beabsichtigt sei. Die Tochter wohne im Kinderzimmer und könne auch das Wohnzimmer nutzen. Ein entsprechendes Urteil des Bundessozialgerichts am 14.04.2011 zu Unterkunftskosten kenne er nicht, dieses könne auch nur falsch sein. Nach einem Vermerk über ein Telefonat vom 01.02.2012 teilte der Vater der Klägerin an diesem Tage mit, dass ein Mietvertrag mit seiner Tochter nun abgeschlossen werde. Schließlich erklärte der Vater in einem weiteren Telefongespräch vom 14.02.2012 ausweislich einer aktenkundigen Gesprächsnotiz, dass inzwischen eine Zusatzbetreuung eingerichtet worden sei und er nun einen Mietvertrag mit der Tochter abschließen wolle. In diesem Zusammenhang fragte der Vater nach, wie er den Mietvertrag aufteilen solle und was vom Sozialamt anerkannt werde. Die Tochter nutze ihr Kinderzimmer alleine und die restlichen Räume mit ihnen gemeinsam. Die Nachfrage, ob denn keine Erfahrungswerte über die Höhe der anzuerkennenden Mietkosten vorliegen würden, verneinte die Mitarbeiterin. Die Beklagte beauftragte in der Folge die Deutsche Rentenversicherung Rheinland gemäß § 45 SGB XII mit der Prüfung der Erwerbsfähigkeit bzw. der dauerhaften Erwerbsminderung der Klägerin. Diese teilte am 27.01.2012 mit, dass die Klägerin unabhängig von der Arbeitsmarktlage voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI und es unwahrscheinlich sei, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden könne.
7Mit Bescheid vom 10.02.2012 bewilligte die Beklagte der Klägerin Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII i.H.v. monatlich 349,83 EUR. Sie legte dabei einen Regelbedarf i.H.v. 299 EUR monatlich sowie einen Mehrbedarf wegen Erwerbsminderung i.H.v. 50,83 EUR zu Grunde. Der Bescheid enthielt den Hinweis der Beklagten, dass eine Entscheidung über die eventuell zu gewährenden anteiligen Leistungen für Unterkunft und Heizung erst bei Vorliegen eines Mietvertrages erfolgen könne.
8Mit Beschluss vom 20.03.2012 bestellte das Amtsgericht C den Zeugen Herrn Rechtsanwalt L zum Ergänzungsbetreuer mit dem Aufgabenkreis: Vertretung beim Abschluss eines Mietvertrages mit den Betreuern. Am 23.03.2012 schlossen die Eltern der Klägerin mit der durch den Ergänzungsbetreuer vertretenen Klägerin einen Mietvertrag über die ausschließliche und die anteilige Nutzung des Erdgeschosses unterseitig und des eingeschossigen Anbaus im Haus L-straße 00 mit einer Wohnfläche von insgesamt 46,35 m². Das Mietverhältnis sollte am 01.02.2012 beginnen und auf unbestimmte Dauer abgeschlossen werden. Es sollte mit dem Tag einer eventuell notwendigen dauerhaften Heimunterbringung der Klägerin enden, ohne dass es hierfür der Einhaltung einer gesetzlichen Kündigungsfrist bedarf. Als Kaltmiete vereinbarten die Parteien gemäß einer anliegenden Rechnung vom 14.02.2012 zur Ermittlung einer Vergleichsmiete 10,79 EUR pro Quadratmeter und damit 500,12 EUR. Als Anteil an den Kosten für Heizung und Warmwasser legten sie in Anlehnung an den Verbrauch für das Jahr 2011 66,60 EUR monatlich fest. Der Mietzins sollte zuzüglich der anteiligen Kosten für die Heizung und Warmwasserversorgung monatlich im Voraus, spätestens am dritten Werktag des Monats an den Vermieter gezahlt werden.
9Mit Bescheid vom 26.06.2012 lehnte die Beklagte den Antrag auf Übernahme der Kosten der Unterkunft und Heizung für die Klägerin ab. Zur Begründung führte sie aus, dass ein Anspruch auf Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen voraussetze, dass der Hilfebedürftige einer wirksamen und nicht dauerhaft gestundeten Mietzinsforderung ausgesetzt sei. Bei Verträgen unter nahen Angehörigen seien hohe Ansprüche an den Nachweis der Ernsthaftigkeit einer entsprechenden Mietzinsforderung zu stellen. Hierbei seien die näheren Umstände eines Vertragsabschlusses besonders sorgfältig zu untersuchen. Gerade dann, wenn nach Erreichen der Volljährigkeit des Kindes ein entsprechender Mietvertrag abgeschlossen werde, sich die Lebensumstände ansonsten aber nicht verändert hätten, spreche viel dafür, dass sich die tatsächlichen Wohnverhältnisse nicht ändern würden. Darüber hinaus habe der Vater der Klägerin zunächst auch telefonisch mitgeteilt, keinen Mietvertrag mit der Klägerin abgeschlossen zu haben und auch nicht zu beabsichtigen, einen solchen abzuschließen. Auch sei nicht nachvollziehbar, weshalb sich der Vater anschließend bei ihrer Mitarbeiterin darüber informiert habe, welche Miete vom Sozialamt akzeptiert werde. Die Klägerin entrichte zudem keinen Mietzins, da sie über kein eigenes Konto verfüge und auch nicht in der Lage sei, ein eigenes Konto zu führen.
10Die Klägerin legte gegen diesen Bescheid am 16.07.2012 über ihren Vater Widerspruch ein und machte geltend, dass sie nicht alleine in einem Zimmer schlafen könne, da sie sich infolge immer wieder auftretender Spasmen überstrecke und verbeiße und dann nicht mehr loslassen könne. Sie bedürfe einer "Rund um die Uhr-Betreuung" und könne keine Minute alleine gelassen werden. Insofern hätten sich die Eltern entschlossen, die Parterre des Hauses behindertengerecht umzubauen, das Schlafzimmer der Eltern in die erste Etage des neuen Anbaus zu verlegen und mit einem entsprechenden Aufzug für sie zugänglich zu machen. Sie hätten sämtliche Räume behindertengerecht umgebaut; insofern hätten sich die Wohnverhältnisse infolge ihrer Erkrankung erheblich verändert. Tatsächlich habe bei der Beantragung noch kein Mietvertrag vorgelegen und sei auch deshalb nicht beabsichtigt gewesen, weil ein solcher Mietvertrag nach der den Eltern bislang bekannten höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht notwendig gewesen sei. Aufgrund der zwischenzeitlich geänderten Rechtsprechung habe man diesem Umstand Rechnung tragen wollen und nach Bestellung eines Ergänzungspflegers einen solchen Mietvertrag geschlossen. Die Eltern hätten auch dann einen solchen Mietvertrag mit ihr geschlossen, wenn sie trotz ihrer Schwerbehinderung nach ihrem 18. Lebensjahr in der Lage gewesen wäre, eigenes Einkommen zu erzielen. Aufgrund der umfangreichen Umbaumaßnahmen hätten ihre Eltern sie nicht ab Vollendung des 18. Lebensjahres mietfrei wohnen lassen. Es sei auch nicht verständlich, dass sie ein eigenes Konto benötige, wenn sie über kein eigenes Vermögen und keine eigenen Einkünfte verfüge. Schließlich sei der Mietvertrag mit dem für sie handelnden Ergänzungsbetreuer geschlossen worden, welcher über alle Einzelheiten und die äußeren Umstände umfassend informiert gewesen sei und den Vertragsschluss ernsthaft gewollt habe. Dies werde auch an seinem an das Amtsgericht C verfassten Schreiben vom 23.03.2012 über die Umstände des Mietvertragsschlusses deutlich.
11Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin nach Anhörung sozial erfahrener Personen gemäß § 116 SGB XII mit Widerspruchsbescheid vom 22.01.2013 als unbegründet zurück. Sie gab zur Begründung an, dass aufgrund des vorliegenden Sachverhalts nicht von einer Ernsthaftigkeit der Mietforderung ausgegangen werden könne.
12Die Klägerin hat am 22.02.2013 vor dem Sozialgericht Köln Klage erhoben.
13Sie hat geltend gemacht, dass die Zweifel an der Ernsthaftigkeit des am 23.2.2012 abgeschlossenen Mietvertrages unbegründet seien, da der Abschluss des Mietvertrages sowohl von Seiten ihrer Eltern als auch vom Ergänzungsbetreuer ernsthaft gewollt sei. Dies ergebe sich schon aus dem vom Ergänzungsbetreuer an das Amtsgericht C verfassten Schreiben, mit welchem dieser das Amtsgericht über alle Einzelheiten der Angelegenheit umfassend informiert habe. Sie habe keine Kopf- und Rumpfkontrolle mehr und könne nicht essen und sprechen, sei inkontinent und spastisch. Zwar sei sie nicht geistig behindert, aber aufgrund ihrer totalen körperlichen Beeinträchtigungen retardiert entwickelt. Sie könne nicht längere Zeit in einem Rollstuhl sitzend verbringen und verbringe die meiste Zeit liegend auf einer Matte, teilweise auch in der Schule. Sie besuche weiter die Sonderschule des LVR in C. Für die Schuljahre 2012/2013 und auch 2013/2014 seien Anträge auf Verlängerung der Schulzeit gestellt worden, welchen entsprochen worden sei. Die bis zum Bundesgerichtshof verfolgten Schadensersatzklagen wegen ärztlicher Behandlungsfehler seien abgewiesen worden, da die Zivilrichter davon ausgegangen seien, dass es sich nicht um einen "groben" Behandlungsfehler gehandelt habe. Die vorgenommene umfassende Renovierung sowie der Anbau mit einem Obergeschoss seien alleine aufgrund ihrer Erkrankung erfolgt, damit sie alle Räume der Wohnung nutzen könne. Ihr Vater sei im Jahr 2004 an Borreliose erkrankt und seitdem nur noch äußerst eingeschränkt in der Lage, seine Anwaltskanzlei im ersten Obergeschoss des Hauses zu betreiben. Während beim Kauf des Hauses die als Altersversorgung abgeschlossenen Kapitallebensversicherungen bei weitem ausgereicht hätten, seien diese jedoch aufgrund der weiteren Kapitalaufnahmen für den behindertengerechten Ausbau der Wohnung mehr als aufgezehrt. Aufgrund der nach Eintritt der Behinderung der Klägerin weiter aufgenommenen Kredite bestünden noch heute mit Grundschulden gesicherte Bankverbindlichkeiten von über 100.000 EUR. Der noch laufende Kreditvertrag sei bis 2017 abgeschlossen und müsse dann entweder abgelöst oder verlängert werden. Sämtliche anderen Kredite seien vom Vater nach Vollendung seines 65. Lebensjahres im Jahre 2011 durch fällig gewordene Kapitallebensversicherungen abgelöst worden. Die noch laufende monatliche Kreditbelastung betrage 853,14 EUR. Aufgrund der seit dem Jahre 2004 bestehenden körperlichen und kognitiven Beeinträchtigungen des Vaters werfe die Anwaltskanzlei nur noch so geringe Erträge ab, dass die monatlichen Einnahmen schon jetzt kaum noch ausreichen würden, um die monatlichen Belastungen zu tragen. Deshalb müsse der Vater die Kanzlei in naher Zukunft aufgeben. Ohne ihre Beteiligung an den Unterkunftskosten müssten die Eltern auch das Haus verkaufen und mit ihr in eine behindertengerechte Wohnung ziehen, die sie mit dem Verkaufserlös nicht lange würden halten können. Sie sei ernsthaft gewillt, die vereinbarte Miete zu zahlen. Mietzahlungen seien bislang deshalb nicht erfolgt, weil dafür zurzeit keine ausreichenden finanziellen Mittel zur Verfügung stünden. Ihre Eltern würden ebenfalls den vereinbarten Mietvertrag vollziehen wollen. Es entspreche auch allgemeiner Praxis, von erwachsenen Kindern, die im Haushalt ihrer Eltern leben, einen Betrag zu den Unterkunftskosten zu fordern. Auch Eltern, deren nicht behinderte Kinder als Erwachsene noch zuhause lebten, würden von diesen erwarten, dass sie sich an den Kosten der Unterkunft beteiligten. Etwas anderes könne für erwachsene Kinder mit einer Erwerbsminderung nicht gelten. Es könne gerade aufgrund der sich ständig verändernden Einnahmen der Eltern und der eigens für sie aufgenommenen erheblichen langfristigen Belastungen nicht von den Eltern erwartet werden, dass diese sie kostenlos im eigenen Haus wohnen ließen. Darüber hinaus würden die Mietzinszahlungen auch den Eltern die Möglichkeit geben, sie zuhause zu betreuen und eine kostenintensivere stationäre Unterbringung, einen Verkauf des Hauses und den Eintritt einer dann absehbaren Altersarmut zu vermeiden. Darüber hinaus sichere die Zahlung von Unterkunftskosten auch ihre unabhängige Existenz.
14Die Klägerin hat beantragt,
15das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 12.06.2014 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 26.06.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.01.2013 zu verurteilen, ihr ab dem 01.02.2012 Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 566,72 Euro zu zahlen.
16Die Beklagte hat beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Sie hat macht geltend gemacht, dass sich die anzuerkennenden monatlichen Kosten für das gesamte Haus auf 556,71 EUR für Zinszahlungen, 176,25 EUR für Abgaben und 72,15 EUR für Versicherungen und damit auf insgesamt 805,06 EUR belaufen würden. Bezogen auf den Wohnflächenanteil der Familie der Klägerin ergebe sich daraus ein Kostenanteil von 334,61 EUR. Es sei auch nicht allgemeine Praxis, dass Kinder, die im Haushalt ihrer Eltern leben, einen Beitrag zu den Unterkunftskosten für das von ihnen weiter bewohnte Kinderzimmer zu zahlen hätten. Etwas anderes könne ggf. angenommen werden, wenn die Kinder aufgrund ihrer Volljährigkeit eine Einliegerwohnung bewohnen würden, welche bei Auszug des Kindes fremdvermietet werden könne.
19Das Sozialgericht Köln hat die Klage mit Urteil vom 12.06.2014 abgewiesen.
20In Anwendung der vom Bundessozialgericht entwickelten Maßstäbe hätten volljährige hilfebedürftige Personen, die mit nicht hilfebedürftigen verwandten oder verschwägerten Personen in einer Haushaltsgemeinschaft zusammen leben, und weder die Konstellation einer Bedarfsgemeinschaft nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II), noch einer Einsatzgemeinschaft nach dem SGB XII, noch einer so genannten gemischten Bedarfsgemeinschaft vorliege, lediglich einen Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung, wenn sie einer rechtswirksamen, ernsthaften Pflicht zur Tragung entsprechender Kosten ausgesetzt seien. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Zwar habe die Klägerin vertreten durch den Ergänzungsbetreuer mit ihren Eltern einen rechtswirksamen Mietvertrag abgeschlossen, da keine Anhaltspunkte für die Annahme eines Scheingeschäfts gemäß § 117 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) vorliegen würden. Der Ergänzungsbetreuer sei, wie sich aus seiner Korrespondenz mit dem Amtsgerichts C ergebe, vom Abschluss eines rechtswirksamen Mietvertrages ausgegangen. Allerdings setze der Anspruch auf Unterkunftskosten weiter voraus, dass es sich um eine sozial wirksame Forderung handele, was bei Verträgen unter nahen Angehörigen eine differenzierte Betrachtung erfordere. Dagegen spreche hier, dass der Vater und Betreuer der Klägerin noch im Januar 2012 die Ansicht vertreten habe, dass eine mietvertragliche Regelung nicht bestehe und auch nicht geschlossen werden solle. Erst nach der Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei ein Mietvertrag geschlossen worden, was sich auch daraus ergebe, dass der Mietvertrag der Eltern alleine mit Blick auf einen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen und nicht zur Begründung davon unabhängiger Mietverbindlichkeiten der Klägerin abgeschlossen worden sei. Darüber hinaus würden für den Abschluss eines Mietvertrages gerade zum 01.02.2012 unabhängig von der zu diesem Zeitpunkt eingetretenen Volljährigkeit der Klägerin keine Gesichtspunkte sprechen. Sowohl die Wohn- als auch die sonstige Lebensverhältnisse der Klägerin seien unverändert geblieben. Gleiches gelte für die wirtschaftlichen Verhältnisse der Eltern. Unverändert sei auch die wirtschaftliche Belastung der Eltern aufgrund der bereits in den Jahren 1996/1997 realisierten Baumaßnahmen gewesen. Ferner ändere auch die Volljährigkeit der Klägerin nichts an der Unterhaltsverpflichtung der Eltern gegenüber der Klägerin, welche bereits durch die Übernahme des Regelbedarfes ab dem 01.02.2012 entlastet würden. Schließlich entspreche es auch nicht der Üblichkeit, dass Eltern von ihren Kindern ohne eigenes Einkommen ab Vollendung des 18. Lebensjahres eine Beteiligung an den Kosten des Eigenheims verlangen. Selbst bei gerade volljährig gewordenen Kindern mit eigenem Einkommen dürfte dies eher die Ausnahme als die Regel sein. Dabei sei zu berücksichtigen, dass es sich bei den vermieteten Räumlichkeiten um nicht abtrennbare Teile der elterlichen Wohnung handele, welche für den Fall, dass die Klägerin die elterliche Wohnung verlasse, nicht getrennt vermietet werden könnten. Auch sei die Höhe des vereinbarten Mietzinses erkennbar nicht in Ansehung des auf dem Markt für das Mietobjekt konkret erzielbaren Mietzinses vereinbart worden, wie dies bei einer sozial wirksame Mietvereinbarung zu erwarten gewesen wäre. So sei die Orientierung an den entsprechenden formalen, im Mietspiegel festgelegten Kriterien nicht sachgerecht, da sich diese auf abgeschlossene Wohneinheiten bezögen und nicht auf die Wohnung der Klägerin und ihrer Eltern.
21Die Klägerin hat gegen das am 29.06.2014 zugestellte Urteil des Sozialgerichts am 24.07.2014 Berufung eingelegt. Ergänzend führt sie aus, dass ab dem 01.11.2014 ein weiteres Darlehen i.H.v. 50.000 EUR für erforderliche Reparaturmaßnahmen an der Heizungsanlage, Fenster des Hauses sowie die Rückführung des ausgeschöpften Kontokorrentrahmens der beiden Geschäftskonten des Vaters habe aufgenommen werden müssen. Dies wäre nicht erforderlich gewesen, wenn die Beklagte antragsgemäß seit Februar 2012 auch den Bedarf für den eigens für die Klägerin hergerichteten Wohnraum berücksichtigt hätte. Ihre Eltern seien sehr wohl auf Mietzahlungen angewiesen. Die Einnahmen des Vaters würden sich zunehmend verringern. Bei ihm sei 2004 gutachterlich eine Berufsunfähigkeit von 70 % festgestellt worden. Ihr Vater habe sich mit 65 nicht wie geplant zur Ruhe setzen können, da er aufgrund der weiterhin bestehenden Kreditverbindlichkeiten auf weitere Einnahmen aus seiner Anwaltstätigkeit angewiesen sei. Ansonsten hätte er schon 2011 das Haus verkaufen müssen. Es könnten nicht allein diejenigen Hilfebedürftigen Leistungen beanspruchen, deren Eltern bereit seien, sie bei Ausbleiben der Mietzinszahlungen auf die Straße zu setzen. Würde man jeden Mietvertrag, der anlässlich eines Antrages auf Grundsicherungsleistungen nach dem Vierten Kapitel geschlossen werde, als sittenwidrig bzw. nicht ernsthaft gewollt ansehen, sei es hilfebedürftigen Personen, die erst nach der maßgeblichen Entscheidung des Bundessozialgerichts volljährig geworden seien, nahezu unmöglich, einen Anspruch auf Leistungen für Kosten der Unterkunft durchzusetzen.
22Die Klägerin beantragt,
23das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 12.06.2014 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 26.06.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.01.2013 zu verurteilen, ihr ab dem 01.02.2012 Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 566,72 Euro zu zahlen.
24Die Beklagte beantragt,
25die Berufung zurückzuweisen.
26Die Beklagte verweist ergänzend darauf, dass auch aufgrund der Tatsache, dass die Eltern das Mietverhältnis trotz der aufgelaufenen Mietrückstände von bislang über 20.000 EUR noch nicht gekündigt hätten, nicht von einem ernsthaften Vertragsschluss ausgegangen werden könne.
27Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 19.03.2015 Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Zeugen Rechtsanwalt L. Für das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift, Bl. 214 ff. der Prozessakten, verwiesen. Für die übrigen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streit- und die beigezogene Verwaltungsakte sowie die darin enthaltenen Schriftsätze, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung geworden sind, Bezug genommen.
28Entscheidungsgründe:
29I. Die Berufung ist zulässig.
30Gegenstand des Berufungsverfahren ist alleine der die Bewilligung von Leistungen für Unterkunft und Heizung ablehnende Bescheid der Beklagten vom 26.06.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.01.2013 (§ 95 SGG). Bei den Kosten für Unterkunft und Heizung handelt es sich um einen selbstständigen Anspruch, der durch einen selbstständigen Verfügungssatz geregelt wird und dementsprechend auch alleiniger, selbstständiger Gegenstand einer Klage sein kann (vgl. Bundessozialgericht, Urt. v. 14.04.2011 - B 8 SO 18/09 R -, juris Rn. 10). Die Beklagte hatte der Klägerin zunächst mit einem gesondertem Bescheid vom 10.02.2012 Leistungen in Höhe der Regelbedarfsstufe 3 sowie eines Mehrbedarfs wegen ihrer Behinderung bewilligt und ausdrücklich noch keine Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen für Unterkunft und Heizung getroffen. Dagegen betraf der angegriffene Bescheid lediglich die Ablehnung von Leistungen für Unterkunft und Heizung, die damit alleiniger Klagegegenstand geworden sind.
31In zeitlicher Hinsicht ist bei der hier vorliegenden zeitlich unbefristeten Ablehnung grundsätzlich der gesamte Zeitraum bis zur letzten mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren Gegenstand des Rechtsstreits (Bundessozialgericht, Urt. v. 11.12.2007 - B 8/9b SO 12/06 R -, juris Rn. 8 m.w.N; Urt. v. 25.08.2011 - B 8 SO 19/10 R -, juris Rn. 9). Eine den Streitgegenstand in zeitlicher Hinsicht beschränkende prozessuale Erklärung liegt nicht vor (vgl. dazu Bundessozialgericht, Urt. v. 18.03.2008 - B 8/9b SO 11/06 R -, juris Rn. 10; Urt. v. 09.06.2011 - B 8 SO 11/10 R -, juris Rn. 10).
32II. Die Berufung ist jedoch unbegründet. Zutreffend hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die von der Klägerin erhobene Klage ist zulässig, aber unbegründet.
331. Das Begehren der Klägerin, mit welchem sie sich gegen die vollständige Ablehnung von Leistungen für Unterkunft und Heizung wendet, ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1 und Abs. 4 und § 56 SGG) statthaft (vgl. Bundessozialgericht, Urt. v. 25.08.2011 - B 8 SO 19/10 R -, juris Rn. 9). Richtiger Klagegegner (§ 70 Nr. 1 SGG) ist die Stadt C; das Vorverfahren nach § 78 Abs. 1 S. 1 SGG wurde ordnungsgemäß durchgeführt. Die erforderliche beratende Beteiligung sozial erfahrener Dritter (§ 116 Abs. 2 SGB XII) hat stattgefunden.
342. Die Klage ist nicht begründet. Die Klägerin ist durch den angegriffenen Bescheid der Beklagten vom 26.6.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.1.2013 nicht beschwert im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Der Bescheid ist rechtmäßig.
35a) Der Bescheid vom 26.06.2012 ist formell rechtmäßig. Insbesondere war die Beklagte für den Erlass des Bescheides sachlich und örtlich zuständig.
36Die sachliche Zuständigkeit des örtlichen Trägers der Sozialhilfe folgt aus § 97 Abs. 1 SGB XII. Eine vorrangige Zuständigkeit des überörtlichen Trägers nach Landesrecht (§ 97 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 2 der Ausführungsverordnung zum SGB XII des Landes Nordrhein-Westfalen) besteht nicht. Zuständiger örtlicher Träger der Sozialhilfe ist die Beklagte als nicht kreisangehörige Stadt gem. § 1 Abs. 1 Ausführungsgesetz zum SGB XII des Landes Nordrhein-Westfalen (AG-SGB XII NRW). Die örtliche Zuständigkeit der Beklagten folgt aus § 98 Abs. 1 Satz 2 SGB XII. Die Klägerin hatte während des streitigen Zeitraumes ihren gewöhnlichen Aufenthalt (§ 30 Abs. 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil) durchgehend im Haus ihres Vaters in C.
37b) Der angefochtene Bescheid ist auch materiell rechtmäßig.
38Es kann davon ausgegangen werden, dass die Klägerin ab dem 01.02.2012 dem Grunde nach die Anspruchsvoraussetzungen der §§ 19 Abs. 2, 41 ff. SGB XII erfüllt. Die Klägerin gehört dem Personenkreis des § 41 Abs. 1 und Abs. 3 SGB XII an. Die DRV Rheinland hat im Verfahren nach § 45 SGB XII festgestellt, dass die Klägerin seit jeher voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI ist. Es gibt für den Senat angesichts der von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Unterlagen keine Veranlassung, diese Einschätzung in Frage zu stellen. Die Klägerin verfügt auch über kein eigenes Einkommen und Vermögen. Auch das elterliche Einkommen und Vermögen ist nicht bedarfsmindernd zu berücksichtigen, da elterliches Einkommen von jährlich mindestens 100.000,00 EUR nicht vorhanden ist (§ 43 Abs. 3 Satz 1 SGB XII).
39Ein Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung ist schon mangels entsprechenden Bedarfs ausgeschlossen. Nach § 42 Satz 1 Nr. 4 SGB XII umfassen die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Vierten Abschnitt des Dritten Kapitels SGB XII. Gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 SGB XII werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in tatsächlicher Höhe erbracht. Sie werden sowohl nach dem SGB II als auch nach dem SGB XII nur erbracht, wenn und soweit der leistungsberechtigten Person tatsächliche Aufwendungen bzw. tatsächliche Kosten für Unterkunft und Heizung entstehen (vgl. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II, § 35 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 SGB XII). Ein Anspruch auf Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung setzt grundsätzlich einen entsprechenden tatsächlichen Bedarf - im Sinne einer wirksamen zivilrechtlichen Verpflichtung gegenüber Dritten - voraus (sh. zur vergleichbaren Problematik im SGB II: Bundessozialgericht, Urteil vom 20.08.2009 - B 14 AS 34/08 R -, juris Rn. 16, Urt. v. 03.03.2009 - B 4 AS 37/08 R -, juris Rn. 24 f.; Urt. v. 07.05.2009 - B 14 AS 31/07 R -, juris Rn. 16 ff.).). Dies gilt jedenfalls dann, wenn diese Person mit anderen, nichthilfebedürftigen Personen in einer Haushaltsgemeinschaft lebt, wenn also weder eine Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB II noch eine Einsatzgemeinschaft nach dem SGB XII noch eine sog. gemischte Bedarfsgemeinschaft (d.h. zwischen Leistungsberechtigten nach dem SGB II und dem SGB XII) besteht (Bundessozialgericht, Urt. v. 25.08.2011 - B 8 SO 29/10 R -, juris Rn. 12). Für einen Anspruch nach § 35 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 SGB XII kommt es daher in diesen Fällen darauf an, ob ein wirksamer, mit Rechtsbindungswillen unter Beachtung von §§ 117, 133 BGB geschlossener Mietvertrag geschlossen wurde und die hilfebedürftige Person darüber hinaus einer ernsthaften Mietzinsforderung der mit ihr zusammenlebenden Personen ausgesetzt ist (Bundessozialgericht, Urt. v. 03.03.2009 - B 4 AS 37/08 R -, juris Rn. 27). Die Annahme tatsächlicher Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach der sog. Kopfteilmethode, wonach die Kosten der Unterkunft und Heizung im Regelfall unabhängig von Alter und Nutzungsintensität anteilig pro Kopf aufzuteilen sind, wenn Hilfebedürftige eine Unterkunft gemeinsam mit anderen Personen, insbesondere anderen Familienangehörigen, nutzen, kommt demgegenüber nur dann in Betracht, wenn die Konstellation einer Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB II oder einer Einsatzgemeinschaft nach dem SGB XII oder einer sog gemischten Bedarfsgemeinschaft besteht, bei der mindestens eine Person dem System des SGB II und mindestens eine andere dem System des SGB XII zuzuordnen ist (vgl. Bundessozialgericht, Urt. v. 14.04.2011 - B 8 SO 18/09 R -, juris Rn. 15; Urt. v. 25.08.2011 - B 8 SO 29/10 R -, juris Rn. 12 f.). Auch für die Gewährung von Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 SGB II ist es grundsätzlich Voraussetzung, dass die leistungsberechtigte Person einer ernsthaften Mietzinsforderung ausgesetzt ist, was insbesondere dann einer besonderen Prüfung bedarf, wenn ein erwachsenes Kind - alleine oder zusammen mit anderen Personen - in einer einem Verwandten gehörenden Wohnung lebt (vgl. BSG, Urt. v. 03.03.2009 - B 4 AS 37/08 R -, juris Rn. 24 f.; Urt. v. 07.05.2009 - B 14 AS 31/07 R -, juris Rn. 16 ff.).
40Zwischen der Klägerin und ihren Eltern bzw. ihrem Vater bestand keine Einsatzgemeinschaft (zu diesem Begriff vgl. Coseriu, in: jurisPK-SGB XII, Stand 18.03.2015, § 19 Rn. 12 ff., 17). Denn § 19 Abs. 2 i.V.m. § 27 Abs. 2 SGB XII sieht bei Leistungen nach dem Vierten Kapitel SGB XII grundsätzlich keine Berücksichtigung von Vermögen und/oder Einkommen der Eltern vor; ein Ausnahmefall wegen eines besonders hohen elterlichen Einkommens (§ 43 Abs. 3 Satz 1 SGB XII) lag bei der Klägerin nicht vor, da elterliches Einkommen von mindestens 100.000,00 EUR nicht vorhanden war.
41Ob und in welchem Umfang einem erwachsenen Kind, das mit seinen Eltern zusammenlebt, tatsächliche Aufwendungen für Unterkunft und Heizung entstehen, hängt im Wesentlichen davon ab, ob es einer wirksam vereinbarten (Unter-)Mietzinsforderung seiner Eltern ausgesetzt ist, d.h. ob zum einen ein wirksamer Mietvertrag abgeschlossen worden ist und zum anderen dieser von Seiten des Vermieters auch tatsächlich vollzogen werden soll (vgl. Landessozialgericht Schleswig-Holstein, Urt. v. 29.06.2011 - L 9 SO 16/10 -, juris Rn. 25). Dabei bedarf es regelmäßig einer Beurteilung aller Umstände des Einzelfalls, welche sich einer verallgemeinerungsfähigen Betrachtung verschließt. Ausgehend hiervon ist die Klägerin keiner Mietzinsforderung ihrer Eltern ausgesetzt, da durch die Bestellung eines Ergänzungsbetreuers zwar ein wirksamer Mietvertrag abgeschlossen worden ist (aa), allerdings nicht vom ernsthaften Willen der Eltern ausgegangen werden kann, diesen auch umzusetzen (bb).
42aa) Zwischen den Eltern der Klägerin und der Klägerin ist ein wirksamer Mietvertrag mit Wirkung ab dem 01.02.2012 abgeschlossen worden.
43(1) Maßgeblich für die Frage eines wirksamen Mietvertragsschlusses ist der rechtliche Bindungswille der beteiligten Vertragsparteien. Ob ein solcher vorliegt, ist durch Auslegung zu ermitteln. Dabei sind alle Umstände des Einzelfalls zu würdigen. Ob der Hilfebedürftige der Verpflichtung aus eigenen Mitteln wird nachkommen können oder in der Vergangenheit nachkommen konnte, ist dabei ebenso wenig entscheidend (vgl. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urt. v. 20.02.2014 - L 15 SO 23/13 -, juris Rn. 70) wie der Umstand, ob die Aufwendungen bisher durch andere Sozialleistungen gedeckt wurden. Im Übrigen kommt eine Übertragung der in der steuerrechtlichen Rechtsprechung entwickelten Maßstäbe des sog. Fremdvergleichs nicht in Betracht (vgl. zum Ganzen Bundessozialgericht, Urt. v. 03.03.2009 - B 4 AS 37/08 R -, juris Rn. 24 ff.; Urt. v. 07.05.2009 - B 14 AS 31/07 R -, juris Rn. 17 ff.; Urt. v. 22.08.2013 - B 14 AS 85/12 R -, juris Rn. 26; vgl. auch Bundessozialgericht, Beschl. v. 25.08.2011 - B 8 SO 1/11 B -, juris Rn. 7). Für die Frage, ob die den Mietvertrag abschließenden Parteien mit Rechtsbindungswillen gehandelt haben, kommt es auf den objektiven Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB) an. In Bezug auf die Klägerin ist dabei wegen des eigens zum Zwecke des Mietvertragsschlusses bestellten weiteren Betreuers auf die Person des Betreuers abzustellen, der die Klägerin beim Vertragsschluss als gesetzlicher Vertreter vertreten hat (§ 1902 BGB).
44Eine empfangsbedürftige Willenserklärung ist gem. § 116 BGB nicht bereits deshalb nichtig, weil sich der Erklärende - wofür hier keine Anhaltspunkte bestehen - insgeheim vorbehält, das Erklärte nicht zu wollen und der Empfänger diesen Vorbehalt nicht kennt. Allerdings ist ein Vertrag als sogenanntes Scheingeschäft gem. § 117 Abs. 1 BGB nichtig, wenn eine Willenserklärung einem anderen gegenüber mit dessen Einverständnis nur zum Schein abgegeben wird. Ein Scheingeschäft liegt vor, wenn die Parteien einverständlich nur den äußeren Anschein des Abschlusses eines Rechtsgeschäfts hervorrufen, die mit diesem Geschäft verbundenen Rechtsfolgen dagegen nicht eintreten lassen wollen. Entscheidende Bedeutung kommt dabei der Frage zu, ob die Parteien die zivilrechtliche Wirksamkeit des Geschäfts ernstlich wollen oder nicht. Hierbei ist zu berücksichtigen, ob die Parteien zur Erreichung des mit dem Rechtsgeschäft erstrebten Erfolgs ein Scheingeschäft für genügend oder ein zivilrechtlich wirksames, ernst gemeintes Rechtsgeschäft für notwendig erachtet haben. Ersteres spricht für, letzteres gegen das Vorliegen eines Scheingeschäfts. Trotz der Abhängigkeit vom Willen der Parteien spricht viel gegen ein Scheingeschäft, wenn der von den Parteien erstrebte Erfolg objektiv die zivilrechtliche Gültigkeit des Geschäfts voraussetzt (vgl. Illmer, in: jurisPK-BGB, Stand 01.10.2014, § 117 Rn. 4 m.w.N.).
45Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass es sich bei dem zwischen den Eltern der Klägerin und dem Ergänzungsbetreuer geschlossenen Mietvertrag nicht um ein Scheingeschäft in diesem Sinne handelt. Der Ergänzungsbetreuer hat beim Abschluss des Mietvertrages mit Rechtsbindungswillen gehandelt haben und ist nicht von einem fehlenden Rechtsbindungswillen bzw. einem geheimen Vorbehalt der Eltern ausgegangen. Er wollte aus objektiver Empfängersicht erkennbar eine wirksame Verpflichtung der Klägerin zur Zahlung von Miete begründen. Es haben sich keine Anhaltspunkte dafür finden lassen, dass er gegenüber den Eltern zu erkennen gegeben hat, die Willenserklärung nur zum Schein - und ggf. auf Veranlassung der Eltern - für die Klägerin abgeben wollte. Dies legen zum einen seine Ausführungen in dem an das Amtsgericht C übermittelten Schreiben vom 23.03.2012 über die Gründe und den Inhalt des abgeschlossenen Mietvertrages nahe. Darin schildert er die gesundheitliche Situation der Klägerin, die Wohnverhältnisse der Familie sowie die für die Wohnbedürfnisse der Klägerin notwendig gewordenen baulichen Veränderungen in den Jahren 1996/1997. Daraus und aus der mit dem Mietspiegel der Stadt C ermittelten Vergleichsmiete von 10,79 EUR pro Quadratmeter folgert er, dass der abgeschlossene Mietvertrag angemessen und dem Wohle der Betreuten dienlich und förderlich sei. Zum anderen ergeben sich auch aus den Aussagen des Zeugen im Verhandlungstermin keine Gründe, an seinem Rechtsbindungswillen ernsthaft zu zweifeln. Zwar erscheinen seine Ausführungen zur Ermittlung und zur Höhe des Mietzinses durch ihn als Vertreter der Klägerin zumindest ungewöhnlich, da üblicherweise der Vermieter und nicht der Mieter den Mietpreis festlegt und darüber hinaus auch die Höhe der Miete über dem nach der Kopfteilmethode auf die Klägerin entfallenden Anteil aber auch höher als die Vergleichsmiete der übrigen Mieter der Eltern liegt. Dies erscheint auch im Hinblick auf seine am Wohl der Betreuten nach § 1901 Abs. 2 Satz 1 BGB auszurichtende Tätigkeit nicht zweckdienlich, da er für die weiterhin die Schule besuchende Klägerin möglicherweise zunächst ein kostenloses Wohnrecht oder aber einen deutlich günstigeren Mietzins hätte aushandeln können. Gleichwohl wollte er aber nach eigenem Bekunden insbesondere deshalb den Mietvertrag abschließen, da er selbst den Mietpreis für angemessen hielt und zudem davon ausging, dass der Sozialhilfeträger die Miete bezahlen werde. Er hielt den vereinbarten Mietzins auch unter Berücksichtigung der mit der Nutzung der Wohnung durch die Klägerin für die Eltern einhergehenden Einschränkungen ihres Wohnkomforts für gerechtfertigt. Überdies hat er auch glaubhaft versichert, beim Abschluss des Mietvertrages nicht an den Abschluss eines Scheingeschäftes gedacht zu haben.
46Geht man im Ergebnis von einem rechtlichen Bindungswille des Betreuers der Klägerin im Zusammenhang mit dem Abschluss des schriftlichen Mietvertrages vom 23.03.2012 aus objektiver Empfängersicht aus, fehlt es an dem für die Annahme eines Scheingeschäfts im Sinne von § 117 BGB erforderlichen Zusammenwirken der Vertragsparteien beim Hervorrufen eines bloßen Scheins des Rechtsgeschäfts. In diesem Fall kann ebenso wenig davon ausgegangen werden, dass der Ergänzungsbetreuer einen etwaigen geheimen Vorbehalt des Vaters der Klägerin kannte, das Erklärte nicht zu wollen. Nachweisbare Umstände hierfür sind jedenfalls nicht ersichtlich.
47(2) Bei dem Mietvertrag vom 23.03.2012 handelt es sich auch nicht um einen unzulässigen Vertrag zu Lasten Dritter. Dass sich eine zwischen zwei Parteien vereinbarte Regelung für einen Dritten wirtschaftlich nachteilig auswirkt, macht die Vereinbarung nicht zu einem Vertrag zu Lasten Dritter im Rechtssinne (vgl. Bundesgerichtshof, Urt. v. 06.02.2009 - V ZR 130/08 -, juris Rn. 8).
48(3) Er ist auch nicht wegen Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB nichtig. Die Frage der Sittenwidrigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB beurteilt sich danach, ob die Begründung von Zahlungsansprüchen mit der Folge, dass der Sozialhilfeträger eintreten muss, nach Inhalt, Beweggrund und Zweck in einer Weise zu missbilligen ist, dass es dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden widerspricht (vgl. Bundesgerichtshof, a.a.O., Rn. 10). Das ist im vorliegenden Fall nicht anzunehmen. Grundsätzlich erscheint die Begründung einer rechtlichen Verbindlichkeit zur Zahlung von Unterkunfts- und Heizkosten als naheliegende und nicht beanstandungswürdige Gestaltungsmöglichkeit, wenn Eltern ihr behindertes oder sonst in Schwierigkeiten befindliche Kind in ihren Haushalt aufnehmen (ebenso Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 11.08.2014 - L 20 SO 141/13 -, juris Rn. 42). Insoweit fällt auch ins Gewicht, dass im Falle des Auszugs der Klägerin aus der Wohnung ihrer Eltern, sei es durch den Umzug in eine eigene Wohnung oder durch Aufnahme in eine stationäre Einrichtung, in jedem Fall erheblich höhere Kosten entstünden.
49(4) Der Mietvertrag ist auch nicht wegen der unterbliebenen Genehmigung des Betreuungsgerichts schwebend unwirksam, denn der Mietvertrag war nicht genehmigungsbedürftig.
50Nach § 1907 Abs. 3 BGB bedarf der Betreuer der Genehmigung des Betreuungsgerichts zu einem Miet- oder Pachtvertrag oder zu einem anderen Vertrag, durch den der Betreute zu wiederkehrenden Leistungen verpflichtet wird, wenn das Vertragsverhältnis länger als vier Jahre dauern oder vom Betreuer Wohnraum vermietet werden soll. Der Genehmigungsvorbehalt betrifft zwar nicht nur Verträge, die nach ihrer Geltungsfrist ausdrücklich auf eine längere Zeitspanne als vier Jahre abgeschlossen werden. Erfasst werden vielmehr auch Verträge, die auf unbestimmte Zeit abgeschlossen werden und eine Beendigung nicht oder nur unter erheblichen finanziellen Einbußen vor Ablauf von vier Jahren gestatten. Ist der Vertrag auf unbestimmte Zeit geschlossen, eine Kündigung indessen rechtlich und wirtschaftlich sinnvoll jederzeit möglich, bedarf der Vertrag keiner Genehmigung (zum Ganzen Jaschinski, in; jurisPK-BGB, § 1907, Stand 01.10.2014, Rn. 36 f. m.N.).
51Dies ist hier der Fall, weil der vom Kläger auf unbestimmte Zeit abgeschlossene Untermietvertrag ohne weiteres innerhalb der Kündigungsfrist des § 573c Abs. 1 Satz 1 BGB kündbar ist.
52bb) Allerdings kann zur Überzeugung des Senats unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin tatsächlich einer ernsthaften Mietzinsforderung ihrer Eltern ausgesetzt ist und der wirksam abgeschlossene Mietvertrag auch tatsächlich praktiziert wird. Unabhängig von der Frage eines wirksamen Mietvertragsschlusses, welcher vorliegend allein deshalb möglich werden konnte, da jedenfalls der Ergänzungsbetreuer der Klägerin mit Rechtsbindungswillen handelte und offenbar auch nicht am Rechtsbindungswillen der Eltern zweifelte, besteht kein Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung, wenn der wirksam abgeschlossene Mietvertrag tatsächlich nicht vollzogen wird bzw. die entstehenden Mietzinsforderungen dauerhaft gestundet werden (vgl. hierzu Bundessozialgericht, Urt. v. 23.03.2010 - B 8 SO 24/08 R -, juris Rn. 13). Insoweit steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Eltern der Klägerin die Vollziehung des Mietvertrages insbesondere die Zahlung des Mietzinses von ihrer Tochter nicht ernstlich verlangen bzw. gewollt haben.
53(1) Hierfür sprechen zum einen bereits die vom Vater der Klägerin im Vorfeld des Vertragsschlusses gemachten Äußerungen gegenüber der Beklagten. Sein ganzes Verhalten ist Ausdruck davon, dass die Eltern der Klägerin von ihrer Tochter zu keinem Zeitpunkt Mietzinszahlungen verlangten bzw. derzeit verlangen, sondern alleine einen Leistungsanspruch der Klägerin gegenüber der Beklagten begründen wollten. So hat der Vater unbestritten auf telefonische Nachfrage seitens der Beklagten mitgeteilt, dass ein Mietvertrag mit der Klägerin nicht bestehe und auch nicht beabsichtigt sei. Erst nachdem er von der Sachbearbeiterin auf die Geltendmachung von Unterkunfts- und Heizkosten angesprochen worden war und erfahren hatte, dass ein Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung den wirksamen Abschluss eines Mietvertrages voraussetzt, hat er die Absicht gefasst, mit seiner Tochter einen Mietvertrag zu schließen. Auch die Vertragsmodalitäten wollte der Vater jedoch nicht nach den eigenen Interessen als Vermieter oder aber nach den Vorstellungen der Mieterin gestalten, wie es auch unter Berücksichtigung ihrer familiären Beziehungen beim Abschluss eines zivilrechtlichen Vertrages anzunehmen wäre. Vielmehr wollte er sowohl die räumliche Aufteilung der Wohnung als auch den Mietzins danach bemessen, was von der Beklagten akzeptiert wird. Insofern sind seine Ausführungen keinesfalls so zu verstehen, dass er als Betreuer für die Klägerin eine Zustimmung zum Abschluss eines entsprechenden Vertrages erfragte. Vielmehr wollte er unabhängig offenbar von seinen Interessen die vertragliche Gestaltung so anpassen, dass die Beklagte die Mietzinsforderung akzeptierte. Gerade daran aber wird deutlich, dass nicht die eigene Tochter, sondern vielmehr nur die Beklagte mit Hilfe des Mietvertrages verpflichtet werden sollte. In diesem Sinne hat sich der Vater der Klägerin auch im Klageverfahren eingelassen. So hat er in seinem Schreiben vom 28.02.2013 mitgeteilt, dass er die gegenüber der Klägerin bestehenden Mietzinsforderungen gestundet habe, bis diese in der Lage sei , eine Arbeit aufzunehmen oder zu eigenem Vermögen komme. Im Verhandlungstermin hat er diese Aussage bekräftigt und ferner verdeutlicht, dass die Klägerin aufgrund ihrer spezifischen Behinderung nie in der Lage sein würde, eine Ausbildung zu absolvieren und einen gewöhnlichen Beruf auszuüben. Er würde von der Klägerin auch im Falle ihrer Erwerbsfähigkeit solange keine Mietzinszahlungen verlangen, wie sie nicht in der Lage sei, diese mit eigenem Einkommen zu begleichen. Selbst während einer Ausbildung würde er hiervon Abstand nehmen, wenn sie nicht mehr als die üblicherweise geringe Ausbildungsvergütung erhalte.
54Soll mit einem Mietvertrag tatsächlich keine Schuld des Leistungsempfängers, sondern eine Pflicht des Sozialhilfeträgers begründet werden, sind ernsthafte Zweifel angebracht, eine Vollziehung des geschlossenen Mietvertrages anzunehmen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn auch nach den weiteren persönlichen und finanziellen Umständen davon auszugehen ist, dass zu keinem Zeitpunkt eine tatsächliche Vollziehung des Mietvertrages von Seiten des Vermieters beabsichtigt war. Dabei wird nicht verkannt, dass die Begründung einer rechtlichen Verbindlichkeit zur Zahlung von Unterkunfts- und Heizkosten in Fällen der vorliegenden Art grundsätzlich als nahe liegende und nicht beanstandungswürdige Gestaltungsmöglichkeit erscheint, deren Wahrnehmung nicht zwingend als missbräuchlich anzusehen ist. § 43 Abs. 3 S. 1 SGB XII deutet darauf hin, dass bei derartigen wirtschaftlichen Verhältnissen im Falle der Betreuung eines voll erwerbsgeminderten erwachsenen Kindes im elterlichen Haushalt eine wirtschaftliche Zuweisung von für das Kind entstehenden Unterkunfts- und Heizkosten in die von der Allgemeinheit aufzubringenden Sozialhilfekosten durch entsprechende zivilrechtliche Gestaltungen gerechtfertigt erscheint (vergleiche Landessozialgericht Nordrheinwestfalen, a.a.O., Rn. 66).
55(2) Allerdings sprechen weitere Umstände des Einzelfalls gegen eine Ernsthaftigkeit der Mietzinsforderung. Gegen den ernsthaften Willen, von der Klägerin Mietzinszahlungen zu fordern, spricht auch die persönliche Situation der Klägerin zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Nach den Angaben ihres Vaters befand sich die Klägerin zum Zeitpunkt der Antragstellung in der zehnten Klasse der von ihr besuchten Schule, die sie auch weiterhin besucht und erst im Juni 2015 verlassen wird (bzw. aufgrund ihres Alters verlassen muss). Dass Eltern von ihren schulpflichtigen, einkommenslosen Kindern Mietzinsen für das von diesen bewohnte Kinderzimmer und für die Mitbenutzung der übrigen Räume verlangen, ist entgegen der vom Vater der Klägerin vertretenen Auffassung völlig unüblich und zwar unabhängig davon, ob die Kinder an einer Behinderung leiden oder nicht. Vielmehr kann davon ausgegangen werden, dass Eltern von ihren Kindern jedenfalls so lange keine Kosten für die Unterkunft und Heizung verlangen, wie diese sich in der schulischen Ausbildung befinden und darüber hinaus u. U. sogar bis zu demjenigen Zeitpunkt, ab dem sie die Möglichkeit haben, sich durch eigenes Einkommen an den Unterkunftskosten zu beteiligen. Andernfalls müssten volljährige Kinder zur Sicherstellung ihres Lebensunterhalts die Schule abbrechen und einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Selbst während einer Ausbildung oder eines Studiums dürfte bei Eltern lediglich dann ein ernsthafter Wille angenommen werden können, von ihren Kindern anteilig Mietzinszahlungen zu verlangen, wenn diese mit bzw. während ihrer Ausbildung Einkommen in relevanter Höhe erzielen. Gerade vor diesem Hintergrund ist nicht erkennbar, weshalb die Klägerin noch während ihrer Schulzeit für die Unterkunft im elterlichen Haushalt Mietzinsen aufwenden soll. Selbst die überobligatorischen finanziellen Belastungen für die bauliche Gestaltung der Familienwohnung zugunsten des behinderten Kindes und die damit für die Eltern verbundenen Einschränkungen der Nutzung ihrer Wohnung können eine solche Forderung nicht rechtfertigen. Dies gilt erst recht, wenn die Eltern über ein Eigenheim verfügen und die laufenden Kosten mit ihren Mitteln decken können. Jedenfalls bis zur Beendigung des Schulzeit im Juni 2015 und bis zum Zeitpunkt der Erzielung eigener Einnahmen etwa im Rahmen einer Tätigkeit in einer Werkstatt für behinderte Menschen wird von einem ernsthaften Mietzinsverlangen der Eltern nicht ausgegangen werden können.
56(3) Auch die Vertragsgestaltung und die getroffene Vereinbarung über die Miethöhe sprechen dafür, dass die Eltern einen Anspruch auf Mietzinszahlung gegenüber der Klägerin nicht begründen, jedenfalls aber nicht durchsetzen wollen. Allerdings stehen alleine die räumlichen Verhältnisse, insbesondere die fehlende Abgeschlossenheit der von der Klägerin bewohnten Räume, der Vereinbarung eines festen Mietzinses nicht entgegen. Denn auch wenn eine Vermietung an Fremde unter diesen Bedingungen auf dem freien Wohnungsmarkt (außerhalb von Wohngemeinschaften Gleichaltriger) kaum anzutreffen sein dürfte, so erscheint dies zwischen nahen Verwandten durchaus als nachvollziehbare Vermietungsmöglichkeit (so auch LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.). Jedoch entsprechen die vereinbarten Mietzinsen weder dem auf die Klägerin entfallenden Anteil der von der Familie aufzuwendenden Kosten für Zinsen, Tilgung, Nebenkosten und Heizkosten, noch entsprechen sie dem für die Mitbenutzung der Wohnung angemessenen Mietzins. Nach den vom Vater der Klägerin vorgelegten Unterlagen betragen die monatlichen Zahlungen für Zins und Tilgung 853 EUR und die kalten Nebenkosten ca. 102 EUR. Legt man diese Kosten zu Grunde, würde sich für die Klägerin ein Anteil an der Bruttokaltmiete i.H.v. etwa 318 EUR ergeben, welcher deutlich unter dem im Mietvertrag geregelten Kaltmietzins liegt. Auch vor dem Hintergrund der mit den Mietern in der zweiten Etage und im Dachgeschoss vereinbarten Kaltmiete von 8,57 EUR pro Quadratmeter erscheint der vereinbarte Mietzins so hoch, dass nicht ernsthaft davon ausgegangen werden kann, dass die Eltern von ihrer Tochter diesen Mietzins tatsächlich fordern. Es ist nicht erkennbar, weshalb gerade die Tochter einen höheren Anteil an den Unterkunftskosten tragen soll als die übrigen Familienmitglieder und auch mehr als die Mieter der anderen Etagen. Zwar könnte man insofern einwenden, dass für den behindertengerechten Umbau der Wohnung erhebliche Darlehen aufgenommen werden mussten, allerdings dienen die Mietzinszahlungen in dieser Höhe auch und ganz entscheidend der Vermögensbildung der Eltern. Insofern erscheinen auch die konkreten Umstände der Mietpreisbildung zumindest unüblich. So hat der Zeuge vorgetragen, dass er nach einer Inaugenscheinnahme der Wohnung und unter Zugrundelegung des C Mietspiegels selbst den Mietpreis ermittelt habe, welcher dem Mietvertrag zugrunde gelegt worden sei. Dass der Mieter und nicht der Vermieter den Mietpreis vorgibt und nicht jedenfalls versucht, diesen zu seinen Gunsten bzw. zu Gunsten des Betreuten günstig zu beeinflussen, entspricht nicht den marktüblichen Gepflogenheiten und vorliegend auch nicht den wirtschaftlichen Interessen der Klägerin. Zumindest hätten die fehlenden anderweitigen Vermietungsmöglichkeiten, die tatsächlich auf die Wohnung entfallenden anteiligen niedrigeren Unterkunfts- und Heizkosten sowie die niedrigeren Mietzinsen der übrigen Mieter berücksichtigt und in die Mietpreisbildung eingepreist werden können. Auf der anderen Seite wird auch von Eltern kaum zu erwarten sein, dass sie ihr Kind unverhältnismäßig hohen Mietzinsforderungen aussetzen.
57(4) Schließlich spricht auch die finanzielle Situation der Eltern nicht dafür, dass diese von der Klägerin ernsthaft Mietzinszahlungen verlangen. Zwar haben die Eltern die gemeinsam mit der Klägerin bewohnte Wohnung mit erheblichem finanziellen Aufwand behindertengerecht umgebaut und erweitert; jedoch sind die Eltern den hierdurch entstehenden Darlehensverbindlichkeiten schon seit den Jahren 1996/1997 bzw. 2006 ausgesetzt, so dass jedenfalls keine zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses neu entstandenen finanziellen Belastungen die Einnahmen von weiteren Mietzinsen notwendig erscheinen lassen. So sind die vom Vater der Klägerin dargestellten umfangreichen Umbaumaßnahmen überwiegend kurze Zeit nach der Geburt der Klägerin bzw. ihrer Erkrankung erfolgt, so dass die hierdurch entstandenen Verbindlichkeiten bereits seit 16 Jahren von den Eltern getragen werden. Auch der Einbau des Fahrstuhls lag zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses schon sechs Jahre zurück. Abgesehen von dem Umstand, dass die Umbau- und Erweiterungsmaßnahmen jedenfalls teilweise eine erhebliche Wertsteigerung der Immobilie mit sich gebracht haben dürften (Fußbodenheizung/Fahrstuhl/Anbau) und die hierdurch weiterhin bestehenden dinglich gesicherten Darlehensverbindlichkeiten von knapp über 100.000 EUR weit hinter dem Verkehrswert der Immobilie zurückbleiben, war und ist es den Eltern möglich, neben der Sicherung des eigenen Lebensunterhalts ihrer Unterkunfts- und Heizkosten zu tragen und ihre Darlehensverbindlichkeiten weiter zu tilgen. So verfügte die Mutter über eine Erwerbsminderungsrente und eine weitere Betriebsrente in Höhe von zusammen gerundet 1200 EUR, während der Vater der Klägerin eine Altersrente in Höhe von monatlich 183,52 EUR erhält. Zudem erzielen die Eltern durch die Vermietung der zweiten Etage und des Dachgeschosses eine Nettomiete von monatlich über 1000,- EUR. Alleine mit diesen Einnahmen können sie die auf das Jahr 2012 bezogenen und für die Mietzinsbildung relevanten Zins- und Tilgungszahlungen von monatlich 853, 14 EUR sowie die Neben- und Heizkosten von monatlich 706,36 EUR (inkl. Stromkosten) und damit von insgesamt 1559, 50 EUR neben ihren laufenden Lebenshaltungskosten aufbringen und zugleich durch die Tilgungsleistungen weiter Vermögen aufbauen.
58Für eine Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Eltern zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses spricht lediglich der Umstand, dass der Vater im Jahre 2011 das 65. Lebensjahr vollendet hat und aufgrund dessen nach seinen Angaben keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgehen will und auch nur noch einen begrenzten Zeitraum wird nachgehen können. Insofern ist zu beachten, dass die Familie ab der Einstellung der Erwerbstätigkeit des Vaters nicht mehr über monatlich weitere Einnahmen aus der anwaltlichen Tätigkeit in Höhe von etwa 750,- EUR verfügen wird, wenn man den Jahresgewinn des Vaters aus dem Jahre 2012 i.H.v. 9000 EUR zugrunde legt. Den Angaben des Vaters zufolge dürften die Einnahmen aus seiner anwaltlichen Tätigkeit jedoch bereits seit dem Jahre 2004 nicht wesentlich höher ausgefallen sein, da er seit dieser Zeit nur noch eingeschränkt berufsfähig gewesen sein soll. Allerdings verfügt die Familie nach Aufgabe der anwaltlichen Tätigkeit über die Möglichkeit, die bisherigen Kanzleiräume von etwa 56 m² weiter zu vermieten und anstelle der Einnahmen aus der Erwerbstätigkeit weitere Mieteinnahmen in nicht wesentlich geringerem Umfang zu erzielen, wenn man auf den zu Grunde gelegten Mietzins für Wohnraum von 10,79 EUR pro Quadratmeter abstellt. Daher wird man den bisherigen Einnahmen der Eltern der Klägerin jedenfalls mindestens weitere 500 EUR hinzurechnen können. Berücksichtigt man ferner das für die Klägerin geleistete Kindergeld i.H.v. 184 EUR, stehen ihren Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von etwa 1500 EUR monatlich Einnahmen in Höhe von ca. 3000,- EUR zzgl. Kindergeld gegenüber. Die Kosten für den Lebensunterhalt der Klägerin werden hingegen von der Beklagten getragen. Selbst bei der Berücksichtigung weiterer Darlehensverbindlichkeiten bzw. weiterer Kosten für die Wartung des Fahrstuhls verfügen die Eltern der Klägerin damit dauerhaft über ausreichend finanzielle Mittel, um ihren Lebensunterhalt zu sichern und zugleich die für die Immobilie aufgenommenen Darlehen zurückzuführen.
59III. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG.
60IV. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 1 und 2 SGG), liegen nicht vor.
Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.
(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.
(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.